Kultur

Aber die Showbiz- POP Karriere der Brüder, gestartet nach ersten Einfach zu Erfahrungen als Kin- dermode-Models und ein wenig Filmstudium kompliziert in , hat sich als überraschend Seit einem Vierteljahrhundert langlebig erwiesen – vielleicht auch, weil gelingen den Sparks große Hits – die verschrobenen und doch stilisieren sich die nun Brüder mit demselben durch Deutschland tourenden Mutterwitz wie ihre US-Musiker gern zu Außenseitern. großen Namenspaten ausgestattet sind. Ge-

eboren wurden die Gebrüder Mael KPA tauft wurde das Duo in Kalifornien unter den bürgerli- Pop-Brüder Ron und (1986): Genialische Phantome von Albert Grossman, Gchen Namen J. Ronald und Dwight der als Mann an der Russell Day – und eine der schönsten Le- belt und gefesselt auf einem Motorboot Seite Bob Dylans berühmt wurde: „Jungs, genden um die beiden seltsamen Helden zeigten, irritierten sie das große Publikum, ihr seht aus wie die Marx Brothers, nennt besagt, sie seien in Wahrheit die Söhne der schufen aber zugleich eine Aura des Ge- euch Sparks.“ Schauspielerin Doris Day. heimnisvollen. Ihren ersten großen Hit hatten sie 1974 Das ist leider falsch, „auch wenn uns in Doch ihre Laufbahn nahm einen wilden mit dem Song „This Town Ain’t Big Schweden mal ein Agent einen Tantie- Zickzackkurs. Regelmäßig sind die Pop- Enough for the Both of Us“, einem wun- menscheck für unsere Mutter Doris mit- Dadaisten mit ihrer so kunstvollen wie derbar hysterischen Stück, das heute noch geben wollte“, wie , 52, berichtet. exzentrischen Musik in den vergangenen so eindrucksvoll ist wie vor einem Vier- Einen Ruf als genialische Pop-Phanto- drei Jahrzehnten in der Versenkung ver- teljahrhundert. Damals waren die Sparks me genießen die Maels auch so. 1971 for- schwunden, um dann ebenso regelmäßig bereits aus Kalifornien weggezogen und nach England emigriert – weil die Ameri- kaner sich weigerten, ihren Humor zu kapieren. Keyboarder Ron etwa trug zu jener Zeit ein Charlie-Chaplin-Bärtchen – und das soll John Lennon anlässlich eines Sparks- Auftritts im Fernsehen zu dem Aufschrei animiert haben: „Unglaublich, das ist ja Adolf Hitler!“ Der Chaplin-Bart klebt längst hinter Glas im „Hard Rock Cafe“ von Los Angeles. Auch in neuerer Zeit gelangen ihnen große Pop-Erfolge, die das Außenseiter- Image der Maels ein wenig relativieren. Ihr jüngster Hit hieß „When Do I Get to Sing ,My Way‘“ und war in Deutschland die meistgespielte Radiosingle des Jahres 1995; nebenbei bescherte sie dem Duo eine ausverkaufte Tournee in großen Hallen, wo sich selbst Teenager für alte und neue

POP-EYE Sparks-Songs begeisterten. Sparks-Duo Russell und Ron Mael: Aura des Geheimnisvollen Ganz so erfolgreich ist das in diesem Herbst veröffentlichte 18. Sparks-Album mierten sie sich als Sparks – und gelten in- wieder aufzutauchen: zu selten, um sie zu „Balls“ bislang weder bei Kritikern noch zwischen als „Band, die das meiste der mo- Superstars zu machen, zu häufig, um bei je- bei Käufern – und deshalb beklagen dernen Popmusik vorwegnahm“ („Los An- dem Album vom Comeback zu sprechen. sich Ron und Russell Mael derzeit, dass geles Times“). Zu den Kollegen, die ihnen Absicht stecke hinter diesem Auf und Ab sie offenbar auf ewig zum Schicksal einer huldigen, gehören die Isländerin Björk so- nicht, behaupten die Sparks, sondern ein- so genannten Kultband verdammt seien: wie Bands wie Depeche Mode, Prodigy fach Pech. „Sicher, das könnte eine geris- „Auf Dauer sind wir für ein Massenpubli- und die Pet Shop Boys. sene Strategie sein“, sagt Russell Mael, 47, kum wohl einfach zu kompliziert“, sagt Das skurrile Pop-Duo, das derzeit durch „dummerweise aber ist es in Wahrheit nur Russell. Deutschland tourt, entdeckte Mitte der die anstrengendste Art von Karriere, die Nicht aber für den französischen Komi- siebziger Jahre die Möglichkeiten des Syn- man sich vorstellen kann.“ ker : Den begeisterten die thesizers und nahm später mit dem Pro- Das mag daran liegen, dass das Publi- Sparks so sehr, dass er sie schon für einen duzenten Songs wie „The kum von den Sparks oft so irritiert war Film eingeplant hatte. Dass er vor Dreh- Number One Song in Heaven“ auf, die wie die Sparks von der Welt um sie herum. beginn verstarb, passt wiederum perfekt heute als wegweisend für den Elektropop Sie produzierten zahlreiche Platten für in ihre Karrierestory der verpassten Mög- gelten. Firmen, die längst das Interesse an ihnen lichkeiten. Ron zuckt mit den Schultern: Mit theatralischen Auftritten, ausgefal- verloren hatten, oder sie komponierten „Es ist ein Wunder, dass wir das alles lenen Texten und Plattenhüllen, die sie mal Soundtracks für Filme, von denen nie je- durchgestanden haben – und ganz sicher neben einem Flugzeugwrack, mal gekne- mand gehört hat. auch eine Kunst.“ Christoph Dallach

250 der spiegel 50/2000