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Strategische Lösungsansätze und Best-Practice-Beispiele zum Thema Landentwicklung und Infrastruktur

9. Beispiele

Bereich Hochwasserschutz / Beispiel-Nr. F 3 Gewässerstruktur

Vereinfachte Flurbereinigung Badenheim- Rheinland-Pfalz

Ausgangslage

In Rheinhessen wurden die Ackerflächen in fast allen Gemeinden kurz vor dem zweiten Weltkrieg oder in den 1950er Jahren flurbereinigt. Wesent- liche Merkmale dieser Erstbereinigung in den leicht hügeligen intensiv genutzten Ackerlagen waren ein grundlegend neues Wegenetz (Breite 4 m) mit überwiegend parallelen Grundstücken. Die Feldbereinigung in Badenheim ist im Jahr 1928 durchgeführt worden und hat durchschnitt- lich 0,4 ha große Flurstücke hervorgebracht. Die auf die tierische Anspannung ausgelegte Furchenlänge betrug ca. 200 m. Bäche und Gräben wurden mit minimaler Breite dimensioniert. In staunassen Bereichen wurde die Bewirtschaftung durch flächenhafte Drainagen verbessert. Ziele der im Jahr 2001 beantragten Ackerzweitbereinigung Badenheim-Pleitersheim waren eine Verdoppelung der Furchenlänge durch die Rekul- tivierung entbehrlicher Zwischenwege, die Schaffung von 5 – 10 ha großen Schlägen durch Zusammenlegung von Eigentums- und Pachtflächen sowie die Verbesserung der Erschließung durch Ergänzung des befestigten Wegenetzes (u. a. zur Zuckerrübenabfuhr).

Maßnahmen der Landentwicklung, Ergebnisse

Die Anlage der Gewässerrandstreifen wurde mit der Teilnehmergemeinschaft abgestimmt und in den Wege- und Gewässerplan integriert. Der notwendige Flächenbedarf konnte dem jeweiligen Träger über Landverzichtserklärungen nach § 52 FlurbG im Verfahrensgebiet beschafft und an den Gewässern landwirtschaftsverträglich ausgewiesen werden. Neben den erreichten Zielen der Agrarstrukturverbesserung konnte das Flächenmanagement für folgende wasserwirtschaftlichen Maßnahmen erfolgreich umgesetzt werden:

Gewässerrandstreifen für VG und VG - am Karlebach Gewässerrandstreifen für OG Wöllstein am Seegraben als Ausgleich für ein Gewerbegebiet Gewässerrandstreifen für den Appelbachverband zur geplanten Renaturierung sowie Flächen für Riegeldeiche zum Hochwasserschutz am Appelbach. Teilweise Flächenbereitstellung durch die Straßenverwaltung als landespflegerischer Ausgleich für Parkplatzausbau an der A 61 (flächensparender Synergieeffekt)

Abb. 4: Seebach - Alter Bestand OG Wöllstein Abb. 5: Seebach - Neuer Bestand OG Wöllstein 97

Maßnahmen der Wasserwirtschaft

Neben der angestrebten Agrarstrukturverbesserung wurden seitens der Träger öffentlicher Belange auch wasserwirtschaftliche Ziele zur Verbesse- rung der Gewässersituation formuliert. Diese betrafen das Flächenmanagement für Gewässerrandstreifen an verschiedenen Gewässern 3. Ordnung und Hochwasserschutzmaßnahmen am Appelbach. Am Seegraben war die zuständige Gemeinde Wöllstein bereits im Besitz von geeigneten Tauschflächen als Ausgleichsverpflichtung für ein Gewer- begebiet. Sie beantragte die Zuziehung dieser Flächen zum Flurbereinigungsverfahren zur Optimierung der Planung. Die zuständigen Verbandsgemeinden Bad Kreuznach und Sprendlingen-Gensingen sowie der Appelbachverband (kreisübergreifender Wasser- und Bodenverband) waren am Karlebach und am Appelbach noch nicht im Besitz von entsprechenden Tauschflächen. Veranlasst durch mehrere schadenträchtige Hochwasser am unteren Appelbach wurden durch den Appelbachverband Hochwasserschutzpla- nungen in Auftrag gegeben. Das Hochwasserschutzkonzept besteht aus einem überörtlich wirkenden Rückhalteraum, der Renaturierung des Appelbaches im Bereich der Rückhaltung sowie aus innerörtlichen Uferertüchtigungen. Durch die Kombination dieser Maßnahmen kann für die Gemeinden Badenheim, Pfaffen-Schwabenheim und Planig ein 50-jährlicher Hochwasser- schutz hergestellt werden. Zur Hochwasserspeicherung werden zwei Rückhaltedämme errichtet, die in der Lage sind, insgesamt rd. 370.000 m³ aufzunehmen und gedrosselt abzugeben. Die Ausweisung der zwei Riegeldeiche zur Rückhaltung am Appelbach konnte bei der Aufstellung des Planes nach § 41 FlurbG nicht berücksich- tigt werden, weil es zu diesem Zeitpunkt noch keine gesicherte Planungsgrundlage gab. Auf der Grundlage der Entwurfsplanung wurden dem Appelbachverband im Zuge der Neuzuteilung Ackerflächen, die über Landverzichtserklärungen nach § 52 FlurbG gesichert werden konnten, in Lage der geplanten Riegeldeiche zugeteilt. Dadurch konnte der Planungsprozess in diesem Teilbereich wesentlich erleichtert und verkürzt werden.

Abb. 1: Flächenmanagement für wasserwirtschaftliche Maßnahmen im Verfahrensgebiet

Abb.3: Appelbach, Hochwasserschutz und Renaturierungsplanung Abb. 2: Gewässerrandstreifen westlich des Appelbachs