Deutscher Protokoll Nr. 17/109 17. Wahlperiode

Ausschuss für Gesundheit Wortprotokoll 109. Sitzung

Berlin, den 13.05.2013, 11:00 Uhr Sitzungsort: Reichstag, CDU/CSU-Fraktionssaal Sitzungssaal: 3 N001

Vorsitz: Dr. Carola Reimann, MdB

TAGESORDNUNG:

Öffentliche Anhörung zum: Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP

Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften

BT-Drucksache 17/13083 Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drs. 263/13 (Beschluss)) zum Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften (BR-Drs. 263/13) und Gegenäußerung der Bundesregierung vorbehaltlich der Überweisung sowie dem Antrag der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Bärbel Bas, Elke Ferner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD

Versorgung mit Arzneimitteln sicherstellen

BT-Drucksache 17/12847 und dem

Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP

Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes von Apotheken (Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz - ANSG)

BT-Drucksache 17/13081 Stellungnahme des Bundesrates (BR-Drs. 216/13 (Beschluss)) zum Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes von Apotheken (Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz - ANSG) (BR-Drs. 216/13) und Gegenäußerung der Bundesregierung vorbehaltlich der Überweisung Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013

Anwesenheitsliste*

Mitglieder des Ausschusses

Ordentliche Mitglieder des Ausschusses Stellv. Mitglieder des Ausschusses CDU/CSU Henke, Rudolf Bär, Dorothee Hennrich, Michael Bilger, Steffen Koschorrek, Rolf, Dr. Brehmer, Heike Maag, Karin Gerig, Alois Michalk, Maria Heinrich, Frank Monstadt, Dietrich Hüppe, Hubert Riebsamen, Lothar Ludwig, Daniela Rüddel, Erwin Luther, Michael, Dr. Spahn, Jens Middelberg, Mathias, Dr. Stracke, Stephan Philipp, Beatrix Straubinger, Max Selle, Johannes Vogelsang, Stefanie Singhammer, Johannes Zöller, Wolfgang Tauber, Peter, Dr. Zylajew, Willi Zimmer, Matthias, Dr.

SPD Bas, Bärbel Ferner, Elke Franke, Edgar, Dr. Gerdes, Michael Graf, Angelika Gleicke, Iris Lauterbach, Karl, Dr. Hellmich, Wolfgang Lemme, Steffen-Claudio Kramme, Anette Mattheis, Hilde Meßmer, Ullrich Rawert, Mechthild Schmidt, Silvia Reimann, Carola, Dr. Schurer, Ewald Volkmer, Marlies, Dr. Tack, Kerstin

FDP Ackermann, Jens Dyckmans, Mechthild Aschenberg-Dugnus, Christine Kauch, Michael Lanfermann, Heinz Knopek, Lutz, Dr. Lindemann, Lars Kober, Pascal Lotter, Erwin, Dr. Kolb, Heinrich L., Dr. Molitor, Gabriele Luksic, Oliver

DIE LINKE. Bunge, Martina, Dr. Binder, Karin Senger-Schäfer, Kathrin Höger, Inge Vogler, Kathrin Möhring, Cornelia Weinberg, Harald Tempel, Frank

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Bender, Birgitt Göring-Eckardt, Katrin Klein-Schmeink, Maria Kekeritz, Uwe Scharfenberg, Elisabeth Kieckbusch, Susanne Terpe, Harald, Dr. Kurth, Markus

______*) Der Urschrift des Protokolls ist die Liste der Unterschriften beigefügt. 2 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013

Bundesregierung

Bundesrat

Fraktionen und Gruppen

3 Beginn der Sitzung: 11.01 Uhr SV Dr. Sebastian Schmitz (Arbeitsgemein- schaft der Deutschen Apothekerverbände Die Vorsitzende, Abg. Dr. Carola Reimann (ABDA)): Wir sind mit dem Gesetzentwurf (SPD): Ich darf Sie alle, die Sachverständi- sehr einverstanden. Er wird sein Ziel, die gen, die Staatssekretärin, die Gäste und Versorgung mit Arzneimitteln, vor allem natürlich Sie, liebe Kolleginnen und in der Fläche weiter zu verbessern, errei- Kollegen, ganz herzlich begrüßen. Die chen. Der Gesetzentwurf greift ein für uns Anhörungszeit beträgt heute zwei Stun- wichtiges Thema, die unterschiedlichen den. Gegenstand der Anhörung ist der Belastungen der Apotheken mit Nacht- „Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Ände- und Notdiensten, auf. Diese Belastungen rung arzneimittelrechtlicher und anderer sind sehr unterschiedlich und davon Vorschriften“ (BT.-Drs. 17/13083). abhängig, wo die jeweilige Apotheke liegt Einbezogen sind die Stellungnahme des und wie hoch die Apothekendichte ist. Bundesrates und der Antrag der SPD Gravierend ist die Differenz zwischen „Versorgung mit Arzneimitteln sicherstel- Stadt und Land. Das ANSG schafft deutli- len“ (BT.-Drs. 17/12847), sowie der „Ent- che Verbesserungen, die in Anbetracht der wurf eines Gesetzes zur Förderung der angespannten wirtschaftlichen Lage, in Sicherstellung des Notdienstes von der sich die Apotheken befinden, beson- Apotheken“ (BT.-Drs. 17/13081) mit der ders wichtig sind. Sie wissen vielleicht, entsprechenden Stellungnahme des dass die Zahl der Notdienste sehr stark Bundesrates und der Gegenäußerung der variiert. Ein großer Teil der Apotheken hat Bundesregierung. Sobald diese schriftlich im Abstand von nur wenigen Tagen Not- vorliegen, werden wir sie verteilen. Dann und Nachtdienste, andere im Abstand von darf ich Sie bitten, Ihre Telefone leise zu Wochen. Es ist sinnvoll, die zusätzlichen stellen. Die Sachverständigen bitte ich, vor Mittel zielgerichtet an diejenigen Apothe- der Beantwortung der Frage ihren Namen ken zu leiten, die den Notdienst leisten. und ihre Institution zu nennen. Die uns Das wird durch den Gesetzentwurf zur Verfügung stehende Zeit ist in Kontin- gewährleistet. Die Umsetzbarkeit ist aus gente nach Stärke der Fraktionen im unserer Sicht gegeben. Die gesetzten Fris- Parlament unterteilt. Der Fraktion der ten für die Abwicklung des CDU/CSU stehen zunächst 23 Minuten Fonds-Geschehen sind relativ knapp, aber Fragezeit zur Verfügung, dann folgt die aus unserer Sicht einzuhalten. Der 1. Au- Fraktion der SPD mit 14 Minuten, die FDP gust 2013 ist für uns erreichbar. mit 18 Minuten, die Fraktion DIE LINKE. mit 15 Minuten und die Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN mit 13 Minuten ESV Klaus-Dieter Voß: Es ist plausibel, Fragezeit. In der zweiten Runde hat die dass die politischen Ziele mit Hilfe des Fraktion der CDU/CSU noch einmal 23 Fonds erreicht werden. Der Zuschuss setzt Minuten und die Fraktion der SPD 14 stärker als bisher Anreize, Notdienste auch Minuten Zeit für Fragen. in Flächenstaaten vorzuhalten. Ich denke, dass mit Hilfe des ANSG auch die Verpflichtung der Apothekerkammern, Abg. (CDU/CSU): Ich habe einen tatsächlich bedarfsgerechten Not- eine Frage an die ABDA und den Einzel- dienst sicherzustellen, steigt und nicht sachverständigen Herrn Voß. Wie bewer- sinkt. Zunächst war die Umsetzung für ten Sie grundsätzlich das Ziel des Entwur- den 1. Juli angedacht. Das wäre extrem fes eines Apothekennotdienstsicherstel- ambitioniert bzw. kaum möglich gewesen. lungsgesetzes und die Fonds-Lösung? Ist Der 1. August ist ebenfalls noch ambitio- aus Ihrer Sicht gewährleistet, dass wir das niert, aber es scheint, wie die Gespräche pünktlich zum 1. August 2013 umgesetzt mit denjenigen, die die Daten zu liefern bekommen? Die letzte Frage geht auch an haben, zeigen, möglich, wenn alle den GKV-Spitzenverband. verfügbaren Kräfte zusammengenommen werden. Darum kümmern wir uns. Eine gewisse Schwachstelle, ich will es einmal Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 so bezeichnen, sind die Selbsterklärungen SV Josef Hecken (Gemeinsamer für diejenigen Daten, die nicht von Seiten Bundesausschuss (G-BA)): Wir beurteilen der Rechenzentren für GKV-Versicherte die Klarstellung hinsichtlich des § 35a kommen. Um eine lückenlosere Erfassung Absatz 8 SGB V als außerordentlich hilf- zu gewährleisten und ein höheres Maß an reich. Wir haben verschiedene, irritie- Gerechtigkeit bei der Verteilung der Gel- rende Signale vom Landessozialgericht der und den Einnahmen des Fonds sicher- Berlin-Brandenburg erhalten, die dahin zustellen, wäre es hilfreich, wenn der gehen, dass bei den Bestandsmarktbewer- Fonds bei der Beitragsfeststellung auf tungen möglicherweise eine Unklarheit in Schätzungen zurückgreifen könnte. Eine der gesetzlichen Formulierung enthalten solche Regelung fehlt bisher. Es gibt keine sei und dadurch nach einer frühen Sanktionen für diejenigen, die die Nutzenbewertung durch den Gemeinsa- Selbsterklärungen nicht fristgerecht oder men Bundesausschuss ein Rechtsweg falsch abgeben. Deshalb wäre hier das eröffnet werde. Das wäre fatal für das Be- Instrument, das im öffentlichen Recht standsmarktbewertungsverfahren insge- üblich ist, hilfreich. Über den Weg der samt, weil Verfahren in die Länge gezogen Schätzungen erreicht man, dass säumige und Bestandsmarktbewertungen faktisch Apotheken, wenn es sie geben sollte, die nicht mehr zielgerichtet durchgeführt notwendigen Erklärungen abgeben. Das werden könnten. Wir halten das, was jetzt System der Selbsterklärung ist natürlich Gegenstand der gesetzlichen Neuregelung aufwendig, aber machbar. Wir haben dafür werden soll, für absolut präzise und hilf- entsprechende Fristen vorgesehen, die reich, um Irritationen auch in der Judika- auch eingehalten werden können. tur zu beseitigen. Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Der G-BA würde ebenso wie der GKV-Spitzenverband anregen, noch ein- SV Johann-Magnus von Stackelberg mal darüber nachzudenken, ob die Grenze (GKV-Spitzenverband): Wir bedanken uns, für die Privilegierung von Orphan Drugs dass Sie die Frist vom 1. Juli auf den 1. von 50 Millionen auf 30 Millionen August 2013 verlegt haben. Das ist für die herabgesetzt werden könnte. Wir haben Festbeträge insofern sehr wichtig, weil hier ein deutliches Anwachsen der An- sonst – wie Sie wissen – die Arzneimittel träge auf Nutzenbewertungen, die aus dem für die Versicherten aufzahlungspflichtig Bereich der Orphan Drugs kommen. Wir würden, obwohl keine Preisänderungen haben die Masse der Orphan Drugs in vorliegen. Der 1. August ist immer noch einem Bereich unter 30 Millionen. In der sehr ambitioniert, aber wir sind Kummer letzten Woche hat auch die EMA in einem gewöhnt, was Fristen betrifft und es ist Warnhinweis darauf aufmerksam ge- machbar. Zum ersten Teil der Frage: Hier macht, dass es ein für sie im Augenblick sehen wir eine Doppelfinanzierung. Wir unerklärliches Phänomen sei, dass jenseits regen an, die 2,50 Euro zu streichen. der üblichen Wellenbewegungen, die bei Orphan Drugs aufträten, bei diesen Anträ- gen deutliche Zuwächse zu verzeichnen Abg. Jens Spahn (CDU/CSU): Ich habe seien. Vor diesem Hintergrund wäre es Fragen zu den AMG-Reglements, auch zu hilfreich, wenn die Grenze von 50 auf 30 den beabsichtigten Änderungen bei der Millionen herabgesetzt würde, damit die Umsetzung des AMNOG. Ich frage zu- Privilegierung, die im Gesetzgebungs- nächst den G-BA: Wie beurteilen Sie die verfahren ohnehin umstritten war, Klarstellung beim Bestandsmarktaufruf, wirklich nur echten Nischenprodukten die wir mit dem Änderungsantrag vorneh- zugute kommt und keine Umge- men? Ich frage den G-BA und den hungsstrategien Platz greifen können. GKV-Spitzenverband, ob Sie weiteren Änderungsbedarf zum AMNOG sehen, der über das hinaus geht, was das Gesetz jetzt SVe Dr. Antje Haas vorsieht? (GKV-Spitzenverband): Ich möchte darü-

5 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 ber hinaus noch weitere Ergänzungsvor- Streichung der Vorlagepflicht, weil sie den schläge machen. Wichtig für die abrech- Verwaltungsaufwand deutlich reduziert. nungstechnische Anwendung der Erstat- Durch die Vielzahl der Verträge in den tungsbeträge ist eine gesetzliche Klarstel- vergangenen Jahren haben sich die Geneh- lung zum Begriff, sowohl terminologisch migungszeiten doch stark verlängert. Wir und auch zur Anwendung als Bezugs- würden es andererseits begrüßen, wenn größe. Erstattungsbetrag als Bezugsgröße ein Vorlagerecht sowohl der Krankenkas- sowohl für die Arzneimittelpreisverord- sen als auch der Leitungserbringer be- nung als auch für den Herstellerabschlag stünde, um ggf. einzelne Vertragspositio- und nicht zuletzt auch für die Zuzahlung nen überprüfen zu lassen. der Patienten. Per Schreiben des BMG am 15. August gab es eine Klarstellung, aller- dings haben sich die meisten SV Heinz Christian Esser pharmazeutischen Unternehmen, der (Bundesarbeitsgemeinschaft der Großhandel, die Apothekerschaft und Heilmittelverbände e. V. (BHV)): Wir auch die mit ihnen assoziierten begrüßen diese Lösung uneingeschränkt. Dienstleister dieser Sichtweise nicht Es ist eine Maßnahme des Verwaltungsab- angeschlossen bzw. haben sie ignoriert. baus und der Erleichterung der Verfahren. Die Folgen dieser Ignoranz behindern jetzt die abrechnungstechnische Umsetzung. Hier entsteht Schaden für jede einzelne ESV Dr. Christoph Straub: Wir begrüßen Krankenkasse und auch eine Mehrbelas- die Rücknahme der Vorlagepflicht für tung, was die Zuzahlung betrifft. Es bedarf Heil- und Hilfsmittelverträge ebenfalls. der eindeutigen gesetzlichen Klarstellung, Die Kasse, für die ich arbeite, hat in den dass der Erstattungsbetrag, also der letzten drei Jahren 518 Verträge vorgelegt, Abgabepreis des pharmazeutischen Unter- die jeweils 80 bis 120 Seiten im Bereich nehmers abzüglich des Rabatts nach § der Hilfsmittel umfassten. Wenn die Bei- 130b die Grundlage für die Arzneimittel- trittsverträge auch noch vorgelegt worden preisverordnung, den Herstellerabschlag wären, wären es weitere 3.200 Verträge und die Zuzahlung ist. geworden. Das heißt, es ist ein hoher bürokratischer Aufwand. In den letzten Jahren gab es zu diesen Verträgen lediglich Abg. Jens Spahn (CDU/CSU): Noch eine eine Nachfrage vom BVA. Wir regen an, Frage zu den Änderungsanträgen: Die die Rücknahme der Vorlagepflichten auf Vorlagepflicht für die Vergütungs- den Bereich der Selektivverträge vereinbarungen bei Heil- und Hilfsmitteln auszuweiten, weil wir seit der neuen bei den zuständigen Aufsichtsbehörden Regelung erleben, dass die Entwicklung wird, auch im Sinne einer neuer Versorgungsformen und Entbürokratisierung, gestrichen. Ich bitte -möglichkeiten gebremst wird. Das hat dazu um eine Bewertung des Bundes- zum Teil fachliche, aber auch sachliche innungsverbandes Orthopädietechnik und Gründe. Als Folge eines BSG-Urteils, in des BHV. Zudem frage ich den dem festgestellt wurde, dass in den Einzelsachverständigen Dr. Straub, ob er Selektivverträgen jeweils der überwie- mit Blick auf das, was wir mit dieser gende Teil der Regelversorgung abgebildet Streichung erreichen wollen, nämlich vor werden müsse, kommen all diejenigen allem eine Vereinfachung und eine Verträge unter die Räder, die im Sinne des schnellere Genehmigung von Selektiv- Gesetzgebers und im Interesse der verträgen, darüber hinaus gehende Patientinnen und Patienten die Koordina- Vorschläge aus Sicht der Krankenkassen tion und Kommunikation verbessern. hat? Solche Verträge werden a priori diskrimi- niert. Es wird sehr kleinteilig geprüft, so SV Norbert Stein (Bundesinnungsverband dass Verträge, die allgemein positiv für Orthopädietechnik): Wir begrüßen die bewertet werden, wie der Vertrag „agnes-

6 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 zwei“ in Brandenburg, bei uns zu einmal vor Augen. Die Selbstverwaltung Rückfragen und Beanstandungen führten. fühlt sich, was die Krankenversicherung In diesem Zusammenhang ist die starre betrifft, ins Mark getroffen. Das sage ich Versicherungseinschreibungspflicht von jetzt in aller Ernsthaftigkeit. Sie behindern einem Jahr zu betrachten. Diese führt häu- mit der Vorlagefrist, d. h. mit der vorheri- fig dazu, dass Verträge, die z. B. eine Not- gen Genehmigung von Vorstandsverträgen fallbehandlung umfassen, behindert wer- auch die Personalauswahl. Das muss man den, weil Versicherte nicht einsehen, dass ganz offen sagen. Die Selbstverwaltung hat sie sich im Rahmen einer integrierten die dringende Bitte, ich kann das hier nur Versorgung, die auf Unfälle und Unfallfol- in aller Form wiederholen, dass Sie von gen zielt, für ein Jahr einschreiben sollen. dieser Regelung Abstand nehmen.

Abg. (CDU/CSU): Ich Abg. Karin Maag (CDU/CSU): Ich wende hätte eine Frage zu den Änderungsanträ- mich einem ganz anderen Thema, den gen zu § 35a bzw. § 85 SGB IV. Hier ist Anwendungsbeobachtungen, zu. Die Frage vorgesehen, dass die Beschlüsse über eine geht an den KBV, den GKV-Spitzenver- Vorstandsvergütung oder Mietverträge band und an den vfa. Halten Sie den von frühzeitig vorgelegt werden müssen. Ist den Koalitionsfraktionen vorgelegten das nach Ansicht des GKV-Spitzen- Änderungsantrag zu den Anwendungsbe- verbandes, der sich kritisch dazu geäußert obachtungen für ausreichend, um die hat, tatsächlich eine Maßnahme mit der Anzeigepflichten zu den geleisteten Ent- dem Gebot der Sparsamkeit Rechnung schädigungen zu verbessern? Muss getragen wird? eindeutig definiert werden, d. h. in Euro und Cent, was eine angemessene Vergü- tung ist? Müssen feste Zeitvorgaben für SV Johann-Magnus von Stackelberg den Aufwand in Korrelation gesetzt wer- (GKV-Spitzenverband): Womit haben wir den? das verdient, Herr Abgeordneter, was Sie sich da ausgedacht haben? Was ist der Anlass dafür? Es sind ganz wenige SV Stefan Gräf (Kassenärztliche Ausnahmefälle, die ins Auge springen und Bundesvereinigung (KBV)): Wir halten die die durch die Presse gehen. Der zusätzlichen Erfordernisse für zielfüh- GKV-Spitzenverband und seine rend. Je mehr Transparenz, um so weniger Trägerorganisationen lehnen die Ände- Korruption ist in diesem Bereich möglich. rung ab. Ich habe schon gehört, dass sich Wir hätten uns gewünscht, vielleicht als die ersten Rechtsexperten vorbereiten und ergänzende Anregung, dass die entspre- das vorbeugende Aufsicht nennen. Ich chenden Informationen, aggregiert, auch frage mich, ob das nicht in den Bereich der bei einer Bundesoberbehörde für jeder- Fachaufsicht hereinreicht? Ich kann Sie mann abrufbar sind. Aber das müssen Sie nur dringend bitten, diesen Vorschlag entscheiden. Und was die Frage betrifft, fallen zu lassen. Ich frage mich auch, ob es inwiefern eine Angemessenheit der nicht eine gewisse Form von Übermaßge- Entlohnung geregelt werden soll, sind wir bot ist. Stellen Sie sich vor, der Haushalt verhältnismäßig entspannt. Wir hätten wird selbstständig von den jeweiligen nichts dagegen. Die Frage ist, ob man den Selbstverwaltungsorganisationen Bereich damit überregelt. Wenn über- beschlossen und dann ist er schwebend haupt, dann sollte die Angemessenheit da unwirksam, bis er genehmigt wird. In enden, wo die Honorierung für eine haus- einer derartigen Situation haben Sie Ein- ärztliche Tätigkeit, beispielsweise für flussmöglichkeiten als Aufsicht. Aber einen Hausbesuch, liegt. Der Aufwand trotzdem, behindern Sie nicht die darf nicht höher sein, damit von einer Autonomie der Selbstverwaltung. Halten solchen Honorierung keine Motivation Sie sich diese Rechtskonstruktion noch ausgeht, Zuwendungen entgegenzuneh-

7 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 men, es sei denn für die Fälle von Anwen- bestimmter Angaben im Sinne der dungsbeobachtungen. Transparenz. Nichts desto trotz haben wir an einigen Punkten Bedenken. Das betrifft die bereits angesprochene Angemessen- SVe Dr. Antje Haas heit. Hier handelt es sich um einen sehr (GKV-Spitzenverband): Wir freuen uns, offenen, unklaren Rechtsbegriff und wir dass eine langjährige Anregung unserer- könnten uns vorstellen, dass man ggf. in seits aufgegriffen worden ist und begrüßen Anlehnung an die Empfehlungen des diese Regelung. Wir haben ein paar Ergän- BfArM und des PEI aus dem Jahr 2010 zungsvorschläge, die die Sache abrunden klarstellt, dass besondere Dokumen- könnten und nicht allzu kritisch sind. Ziel tationspflichten dazu führen, dass auch ist es ja, der Fachwelt die Erkenntnisse aus ein höheres Entgelt gezahlt wird. Dies der Pharmakovigilanz, regelmäßig zur sollte im Sinne der Angemessenheit Verfügung zu stellen. Wenn die entspre- klargestellt werden, denn bei Verstößen chenden Studien oder Anwendungs- handelt es sich um einen Straftatbestand. beobachtungen beendet sind, würden wir Weiter ist uns nicht klar, warum ein Arzt, es für hilfreich und notwendig erachten, wenn er zu Lasten der GKV verordnet, die dass ein Abschlussbericht publiziert wird, Anwendungsbeobachtungen und der dann kostenfrei und auch elektronisch nichtinterventionellen Unbedenklich- zur Verfügung steht. Die Angemessenheit keitsstudien u. a. an den Verband der der Vergütung ist leicht zu bejahen. Unter privaten Krankenversicherungen melden technischen Gesichtspunkten wird es aber muss. Das sollte noch einmal überprüft etwas schwieriger. Sie können einerseits werden. den Zeitaufwand als Bemessungs- grundlage nehmen, aber andererseits ist es auch sinnvoll, die Ergebnisse zur Abg. Jens Spahn (CDU/CSU): Ich habe Grundlage der Angemessenheitsbeurtei- noch eine Frage an den lung zu machen. Auch die Kriterien eines GKV-Spitzenverband. Sie haben jetzt ge- solchen Abschlussberichts sind wichtig. rade in der Antwort zur Anwendungsbe- Es wird also sowohl vom Input als auch obachtung mehrfach das Wort „Angemes- vom Output her notwendig sein, über senheit“ verwendet. Jetzt sieht der Ände- Angemessenheit nachzudenken, als Korri- rungsantrag zur Vorlagepflicht für Vor- dor oder als Obergrenze. standsvergütungen auch vor, dass zu prü- fen ist, ob die Höhe der Vergütungen angemessen ist. Gibt es denn Anlass, an SV Dr. Markus Frick (Verband Forschen- den Vorstandsvergütungen zu zweifeln? der Arzneimittelhersteller (vfa)): Es gibt Ich gehe grundsätzlich erst einmal davon dazu eine gemeinsame Position der aus, dass es nur angemessene Vergütungen pharmazeutischen Verbände. Ich würde gibt, oder? deshalb, wenn Sie gestatten, die Frage an den BAH weitergeben. SV Johann-Magnus von Stackelberg (GKV-Spitzenverband): Darin bestärke ich SVe Andrea Schmitz (Bundesfachverband Sie ausdrücklich, Herr Abgeordneter. Ich der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH)): bitte Sie, bei dieser Meinung zu bleiben. Wir begrüßen grundsätzlich, dass bereits Wir haben das Gefühl, dass nicht die GKV, im zweiten AMG-Änderungsgesetz, das sondern einige andere angesprochen sind. Instrument der Anwendungsbeobachtung, Trotzdem geht es hier um eine gewichtige der nichtinterventionellen Unbedenklich- Grundsatzfrage. Sie greifen in Grundrechte keitsstudien gestärkt und als Instrument der Selbstverwaltung ein. Die zur Untersuchung der Unbedenklichkeit Selbstverwaltung definiert sich über anerkannt wurde. In diesem Zusammen- Haushalts- und über Personalauswahlfra- hang begrüßen wir auch die Offenlegung gen der Spitze. Und hier greifen Sie ein,

8 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 ohne dass, wie Sie selber sagen, für angemessen? Die gleich Frage geht offenkundiger Anlass dazu besteht. auch an die PKV.

Abg. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Ich frage SVe Dr. Antje Haas zur Sicherstellung des Notdienstes von (GKV-Spitzenverband): Wir tragen das Apotheken. Meine Frage geht an den Grundanliegen, die Stützung von Apothe- GKV-Spitzenverband und an den Verband ken in strukturschwachen Regionen, mit. der privaten Krankenversicherungen. Der Wenn wir uns aber die Ausgestaltung Normenkontrollrat hat in seiner Stellung- ansehen, so gibt es nicht nur diesen einen nahme zum Apothekennotdienst- Fehler, dass die Nachtgebühr erhalten sicherungsgesetz festgestellt, dass die bleibt. Mit der Arzneimittelpreisverord- vorgesehene Einrichtung eines Fonds zur nung ist ab 1. Januar 2013 explizit, so die Verteilung der zusätzlichen Mittel einen Begründung, eine leistungsgerechte unverhältnismäßigen bürokratischen Finanzierung umgesetzt worden. Auch Aufwand darstellt. Teilen Sie diese Ein- damals gab es schon die Nachtversorgung. schätzung oder hätten Sie andere Vor- Nun gibt es sie in Zukunft mit einer schläge zur Finanzierung dieser Aufgabe? zusätzlichen Finanzierung. Die muss aber nicht dreifach sein, wenn ich noch ein weiteren Webfehler ansprechen darf. Da- SV Johann-Magnus von Stackelberg mit meine ich die implizite Dynamisie- (GKV-Spitzenverband): Wir teilen diese rung über die Bindung an die Auffassung. Der Aufwand ist sehr hoch Packungszahlen. Sie wissen vielleicht, und wir schlagen vor, die Mitteleintrei- dass seit vielen Jahren ein steter Anstieg bung über den Großhandel zu organisie- der Anzahl der abgegebenen Packungen zu ren. Im Übrigen: Vergessen Sie nicht die beobachten ist. Wenn die erwähnten 16 2,50 Euro zu streichen. Sie sind doppelt Cent an die Packung gebunden sind, so ist benannt. damit implizit ein Anstieg verknüpft. Das halten wir für ausgleichsfähig und gehen davon aus, dass der Gesetzgeber nicht SV Dr. Volker Leienbach (Verband der beabsichtigt hat, diese Bindung herzustel- privaten Krankenversicherung e. V. len. (PKV)): Wir halten die vorgeschlagene Lösung für insgesamt sachgerecht. Es wur- den im Vorfeld der Gesetzgebung eine SV Johann-Magnus von Stackelberg Reihe von Alternativen geprüft und die (GKV-Spitzenverband): Warum man das waren insgesamt deutlich bürokratie- Land fördert, indem man die Städte besser lastiger als die jetzige Regelung. Ich meine, bezahlt, ist uns unerklärlich. der Notdienst ist ureigenste Sache der Apothekerschaft, deshalb sollte es auch eine Regelung in diesem Umfeld geben. SV Dr. Volker Leienbach (Verband der privaten Krankenversicherungen (PKV)): Wir haben hier ein Novum. Erstmalig wird Abg. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Herr von im Gesundheitswesen, bei den freien Stackelberg, Sie haben bereits gesagt, dass Berufen, nicht die tatsächlich erbrachte der von den Patienten zu bezahlende, Leistung, sondern die Bereitstellung der existierende Nachtzuschlag in Höhe von Leistung bezahlt. Und nicht nur das, wir 2,50 Euro, beibehalten werden soll. Für haben jetzt eine zweigleisige Finanzie- die Inanspruchnahme des Nachtdienstes rung. Die grundlegende Bereitstellung zahlt der Patient künftig zusätzlich für wird über die 16 Cent pro abgegebener jedes verschriebene Arzneimittel noch Arzneimittelpackung bezahlt und tatsäch- einmal 16 Cent. Halten Sie diese Regelung lich wird auch die faktische Abgabe mit 2,50 Euro bezahlt. Das heißt, es werden

9 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 zwei Stränge parallel bedient. Hier hätten entwurf enthaltenen Änderungen wir das Petitum, sich für einen Strang zu ausdrücklich. Die Vorstufe des Besitzes entscheiden. Die tatsächliche Abgabe wäre wird damit abgegriffen und das sachgerecht, denn sonst öffnet man die Erwerbsverbot beschränkt sich auf die Tür auch für andere freie Berufe. Wenn es Stoffe und die Menge nach der geltenden bei der Pauschale bleibt, sollten zumindest Besitzverbotsregelung. Das halten wir für die 2,50 Euro gestrichen werden. sachgerecht.

Abg. (SPD): Ich möchte Abg. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Meine zunächst mein Bedauern zum Ausdruck erste Frage geht an den Bundesverband der bringen, dass die Nationale Antido- Deutschen Krankenhausapotheken und an ping-Agentur nicht anwesend ist. Ich hätte die Deutsche Krankenhausgesellschaft. Es einige Fragen an sie gehabt. Diese richten gibt beim BfArM seit Kurzem ein sich jetzt an den Deutschen Olympischen Melderegister für bestehende oder zu Sportbund. Bisher ist es so, dass der Besitz erwartende Engpässe, allerdings werden von Doping-Mitteln nur dann strafbar ist, die Arzneimittelhersteller lediglich auf wenn es sich um eine „nicht geringe freiwilliger Basis gebeten, Lieferengpässe Menge“ handelt. Jetzt sagen uns zu melden. Wie beurteilen Sie unsere Bundeskriminalamt, Doping-Schwer- Forderung nach einem verpflichtenden punkt-Staatsanwaltschaften, Zoll, Inter- Melderegister, oder finden Sie die Rege- pol u. a., dass der Begriff „nicht geringe lung auf freiwilliger Basis ausreichend? Menge“ eine massive Behinderung in der Dopingbekämpfung und bei den Ermittlungsverfahren darstellt. Meine SV Markus Müller (Bundesverband Deut- Frage an Herrn Dr. Niese: Wieso ist der scher Krankenhausapotheker e. V. DOSB für die Beibehaltung des Begriffs (ADKA)): Grundsätzlich begrüßen wir die „nicht geringe Menge“, wenn doch der Möglichkeit, Lieferengpässe an eine zent- DOSB ein Höchstmaß an Interesse an der rale Stelle zu melden. Sinnvoll und Dopingbekämpfung mitbringen sollte? zielführend kann diese Maßnahme auf Dauer nur sein, wenn die Meldung für alle Marktteilnehmer in diesem Bereich ver- SV Dr. Holger Niese (Deutscher Olympi- pflichtend wird. Das Register besteht jetzt scher Sportbund (DOSB)): Es handelt sich seit Mitte April, das ist fast ein Monat. hier um ein Themenfeld, das anderen Orts Bislang enthält es fünf Meldungen. Wenn bereits sehr ausführlich behandelt wurde. ich das mit der täglichen Praxis abgleiche, Die einfache Antwort auf Ihre Frage lautet: wo es bis zu 25 Lieferengpässen kommt, Der DOSB ist der Auffassung, dass man halte ich eine Verpflichtung in diesem durch die Abschaffung der Bezeichnung Bereich für unbedingt erforderlich. „nicht geringe Menge“ mehr Probleme als Gewinn auf Seiten des Sports hätte, vor allem mit Blick auf die Sportgerichtsbar- SV Christian Ziegler (Deutsche Kranken- keit. Diese käme letzten Endes nur hausgesellschaft e. V. (DKG)): Eines der zeitverzögert zum Einsatz, wenn staatliche gravierendsten Probleme bei Lieferengpäs- Ermittlungsbehörden, weil sie davon aus- sen war in der Vergangenheit die fehlende gingen, dass Besitzstrafbarkeit vorläge, ein Information der Kliniken und der behan- Ermittlungsverfahren aufnehmen würden. delnden Ärzte. Deswegen begrüßen wir es Diese Ermittlungstätigkeit würde die ausdrücklich, dass beim BfArM ein Regis- Sportgerichtsbarkeit blockieren und eine ter auf freiwilliger Basis eingerichtet solche Verzögerung ist nicht akzeptabel. wurde. Wir halten es für erforderlich zu Es gibt eine Reihe von weiteren Argumen- beobachten, ob sämtliche Lieferengpässe ten, die aber an dieser Stelle zu weit füh- dort auch tatsächlich auf freiwilliger Basis ren würden. Wir begrüßen die im Gesetz- gemeldet werden. Sollte das nicht der Fall

10 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 sein, und das lässt sich nachprüfen, halten überhaupt nicht vorhanden ist und des- wir eine gesetzliche Verpflichtung für halb die gesamte Therapie nicht durchge- notwendig. führt werden kann, scheint doch noch nicht allgemein bekannt zu sein. Diese Dramatik kann durchaus wieder auftreten, Abg. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Die SPD z. B. wenn ein Infusionspräparat nicht zur hat in ihrem Antrag weitergehende Vor- Verfügung steht und auf das entspre- schläge gemacht. Ich frage den Bundesver- chende orale Präparat zurückgegriffen band Deutscher Krankenhausapotheker wird, dieses orale Präparat dann aber und die Deutsche Gesellschaft für wiederum für andere Therapien nicht zur Onkologische Pharmazie, wie Sie diese Verfügung steht. Das betrachten wir mit Vorschläge beurteilen? großer Sorge und wir halten es für erforderlich, die Verantwortlichkeit gesetzlich festzuschreiben. Wir vertreten SV Markus Müller (Bundesverband Deut- als Verband nicht nur scher Krankenhausapotheker e. V. Krankenhausapotheken, sondern auch (ADKA)): Es geht um diejenigen Apotheken, die für die § 52b Arzneimittelgesetz. Danach gibt es pharmazeutische Versorgung der eine Lieferverpflichtung des pharmazeuti- ambulanten onkologischen Therapien und schen Unternehmers für den pharmazeuti- das sind 80 bis 90 Prozent aller schen Großhandel. Unser Verband fordert, Krebstherapien, verantwortlich sind. dass in diesem Paragraphen eine Auch hier sehen wir die beschriebene Lieferverpflichtung für die pharmazeuti- Dramatik. schen Unternehmer, sowohl gegenüber Krankenhausapotheken als auch für die krankenhausversorgenden Apotheken Abg. Heinz Lanfermann (FDP): Ich habe aufgenommen wird. Der pharmazeutische eine Frage an den G-BA, die kassenärztli- Großhandel hat für viele Präparate, zum che Bundesvereinigung, die Deutsche Beispiel im Bereich der i. V.-Antibiosen Krankenhausgesellschaft und den oder der Zytostatika nicht die Vorräte, um GKV-Spitzenverband bezüglich der Erpro- den Bedarf in den Krankenhäusern zu bung sonstiger Leistungen durch den decken. Aus diesem Grund halte ich es für G-BA. Sehen Sie Bedarf für die Möglich- sinnvoll, diesen Paragraphen zu erweitern. keit der Erprobung weiterer Leistungen oder Maßnahmen zur Krankenbehand- lung, die nicht unter die geltende Erpro- SV Klaus Meier (Deutsche Gesellschaft für bungsregelung des § 137e SGB V fallen? Onkologische Pharmazie e. V.(DGOP)): Ich Für welche weiteren Leistungen oder kann dem gerade Gesagten nur noch Maßnahmen zur Krankenbehandlung Folgendes hinzufügen: Wir sehen es als sehen Sie den Bedarf einer großen Fortschritt, dass diese Liste über- Erprobungsmöglichkeit? Handelt es sich haupt zustande gekommen ist. Noch vor um Leistungen oder Maßnahmen, die vier Monaten sah es so aus, als wenn es ambulant oder stationär erbracht werden? überhaupt keine Probleme gebe. Wir ha- ben dann gemeinsam mit der Ärzteschaft öffentlich darauf hingewiesen, dass bereits SV Josef Hecken (Gemeinsamer im November vergangenen Jahres eine Bundesausschuss (G-BA)): Wir sind sehr kritische Situation eingetreten ist, bei der dankbar für die jetzt in den wir davon ausgehen mussten, dass nahezu Änderungsanträgen vorgesehene Regelung 200.000 Darmkrebspatienten nicht mehr des § 137e SGB V. Es gibt eine Reihe von hätten behandelt werden können. Das Bereichen, die weder den Arzneimitteln wird in der Dramatik der Diskussion nicht zugehörig sind und damit der frühen Nut- so deutlich. Dass es Situationen gibt, in zenbewertung unterliegen, noch Metho- denen eine Substanz für eine Therapie den, die formaljuristisch der Methodenbe-

11 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 wältigung unterliegen, bei denen es aber der sich ja nach dem vorliegenden Ände- gleichwohl sehr langwierige Verfahren im rungsantrag auch an bereits laufenden Rahmen der Erbringung dieser Leistungen Studien beteiligen kann, diese Möglichkeit gibt, weil bestimmte Evidenzen hinsicht- nicht bekäme und zunächst der lich ihres Nutzens streitig oder nicht Erkenntnisgewinn der Studie abgewartet erwiesen sind. Ich nenne hier aus der würde. jüngsten Vergangenheit die im G-BA mitt- lerweile drei Jahre andauernde Diskussio- nen zur Frage des Nutzens der SV Johann-Magnus von Stackelberg Ernährungsberatung, die auf einen Auftrag (GKV-Spitzenverband): Wir haben grund- zurückgeht, den der Deutsche Bundestag sätzliche Schwierigkeiten und Überlegun- bereits vor acht Jahren erteilt hat. Und gen. Wir müssen aufpassen, dass die GKV weil diese Fragestellung offen geblieben nicht die Forschungs- und ist und sich die Diskussion im Kreise Entwicklungskosten für die Industrie oder, dreht, wäre das ein Fall, den man sicher- hier in diesem Fall, für die lich unter dieser Vorschrift subsumieren Heilmittelerbringer übernimmt. Wir haben könnte, indem man in einem Modelver- bereits im G-BA diskutiert, ob dann, wenn such eine entsprechende Überprüfungen die Entwicklungskosten von der GKV hinsichtlich des Nutzens vornimmt. Vor übernommen werden, die diesem Hintergrund halten wir diese Anschubfinanzierungen zurück zu zahlen Regelung für hilfreich. Wir sagen aber sind. Diese Auffassung wurde nach der ausdrücklich, dass es wichtig ist, den gegenwärtigen Rechtslage vom Ausnahmecharakter der Vorschrift in die- G-BA so nicht geteilt. Das sollte verbessert ser Regelung zu unterstreichen. Sie soll werden. Es kann nicht sein, dass man nicht die Methodenbewertung nach § 137e Verluste sozialisiert und Gewinne privati- SGB V und auch nicht die Arzneimittelbe- siert. wertungen ersetzen, aber es gibt relevante Fälle, die auch dem Gesetzgeber wichtig sind, die ohne eine solche Regelung Abg. Heinz Lanfermann (FDP): Es liegen dauerhaft in einer Sackgasse stecken aktuell Anträge der Koalitionsfraktionen bleiben. Das kann nicht unser Ziel sein. zum Bereich Heilmittel vor. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, inwie- weit es im Bereich der physikalischen SV Stefan Gräf (Kassenärztliche Therapie zur Prüfung der Anforderungen Bundesvereinigung (KBV)): Wir hatten an die Qualität von zunächst gedacht, dass eine Weiterbildungseinrichtungen und Öffnungsklausel in §137e in den §138 SGB Fachlehrern sowie für die Führung einer V ausreichen würde, um auch diese Fälle Positivliste einer rechtlichen Klarstellung mit zu umfassen. Nach den Ausführungen bedarf. Wie bewerten Sie diese Fragestel- von Herrn Hecken würden wir uns der lung und sehen Sie den Änderungsbedarf Auffassung des G-BA anschließen. auf der Ebene des G-BA oder auf der Ebene der Rahmenempfehlungen und Verträge nach § 125 SGB V? Die Frage richtet sich SV Christian Ziegler (Deutsche Kranken- an den GKV-Spitzenverband, den G-BA hausgesellschaft e. V. (DKG)): Wir begrü- und die Bundesarbeitsgemeinschaft der ßen den vorgesehenen Änderungsantrag Heilmittelverbände. ebenfalls und unterstützen den Hinweis von Herrn Hecken, dass es sich hier um eine sinnvolle Einzelfallregelung handelt. SVe Dr. Antje Haas Wir haben nur zwei Anmerkungen. Ers- (GKV-Spitzenverband): Hier gibt es unter- tens wäre eine Verortung im §137 h SGB V schiedliche Ebenen: Der G-BA muss die aus unserer Sicht sinnvoller und zweitens Heilmittelrichtlinie auf dem aktuellen hielten wir es für besser, wenn der G-BA, Stand halten und Markierungen, die er

12 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 vornimmt, wie z. B. besondere Abg. Heinz Lanfermann (FDP): Ich habe Weiterbildungserfordernisse, daraufhin eine Frage an den GKV-Spitzenverband abgleichen, ob eine solche für die und an die Kassenärztliche Ausbildung eines Physiotherapeuten Bundesvereinigung und möchte noch weiterhin erforderlich ist. Das ist eine einmal auf die Vorlage zu den Ebene. Die zweite Ebene betrifft die Vorstandsverträgen eingehen. Ich meine Ausbildung eines Physiotherapeuten. Sie mich zu erinnern, dass zumindest von muss sich auf dem neuesten Stand der einzelnen Kassen die Meinung vertreten medizinischen Wissenschaft befinden. wurde, dass sie solche Verträge eigentlich Das ist aber etwas, was weder in den Rah- nicht vorlegen müssten und dass diese menvereinbarungen oder Rahmenempfeh- Streitigkeiten nie ausgetragen wurden, lungen, noch im G-BA geklärt wird. Es sondern Vorlagen nur unter Beibehaltung darf nicht so sein, dass die der Rechtsposition erfolgten. Gibt es aus Heilmittelrichtlinie lauter extra Zeichen Ihrer Sicht noch andere Ursachen für den hat, die nur über Weiterbildung zu jetzigen Versuch des Gesetzgebers, etwas erwerben sind, denn das würde die zu ändern? Herr von Stackelberg hat auf Ausbildung eines abgeschlossenen Grundrechte und Autonomie der Physiotherapeuten entwerten. Hier gibt es Selbstverwaltung hingewiesen. Verstehe aus unserer Sicht gesetzlichen ich Sie richtig, dass Sie mit diesen Begrif- Klärungsbedarf und es ist uns auch über fen das System einer öffentlich rechtlichen gerichtliche Entscheidungen mitgeteilt Körperschaft vor dem Hintergrund des worden, dass es Veränderungen geben Sozialgesetzbuches beschreiben und dies muss. Wir empfehlen, in den bei den Auslegungen zu berücksichtigen Rahmenempfehlungen bestimmte Voraus- ist? Drittens würde ich gerne wissen, wo- setzungen zu klären. her die Vermutung stammt, hier würde versucht eine Ausdehnung von der Rechts- auf die Fachaufsicht vorzuneh- SV Josef Hecken (Gemeinsamer men? Ich wüsste gerne, wo genau Sie die- Bundesausschuss (G-BA)): Ich schließe sen Ansatz in dem vorgeschlagenen mich den Erläuterungen von Frau Dr. Haas Paragraphen sehen? Aus der Sicht derjeni- an und sage, gerade mit Blick auf die gen, die ihn initiiert haben, verhindert das richtigen Entscheidungen bedarf es einer Instrument der Einwilligung zu einem Klarstellung in den Rahmenempfehlun- vorgelegten Vertrag, dass nicht wie bisher gen, denn der G-BA kann die Dinge, die bei der nachträglichen Genehmigung eine hier präzisiert werden müssen, im Rah- Übergangszeit entsteht, in der dann men seiner Aufgaben nicht gerichtsfest öffentliche Diskussionen geführt wurden, klären. die aus unserer Sicht mit Sicherheit hätten vermieden werden können, wenn dieser Prozess vorher stattgefunden hätte. Und SV Heinz Christian Esser dann wüsste ich, wegen Ihres Vorhaltes, (Bundesarbeitsgemeinschaft der dass neue Verfahren werde die Findung Heilmittelverbände e. V. (BHV)): Ich von geeignetem Personal erschweren und schließe mich den Aussagen von Frau Dr. werfe Probleme bei der Vertragskonstruk- Haas und Herrn Hecken ausdrücklich an. tion auf, auf welche Einzelheiten, Inhalte Das BSG hat, soweit es ihm vorgelegen hat, oder Bestandteile von Verträgen sich diese ausdrücklich bestätigt, dass sich das Äußerung bezieht. Sie müssen diese derzeitige System bewährt hat. Der Punkte zwischen den Vertragsparteien Gesetzgeber muss jetzt klarstellen, dass verhandeln, unabhängig davon, zu wel- wir das, was sich in den vergangenen 20 chem Zeitpunkt Sie dem Ministerium, das Jahren bewährt hat, auch tatsächlich so im Rahmen der Rechtsaufsicht gewisse weitermachen machen können. In welcher Prüfungen vornehmen kann und muss, Form das geschieht, müsste mit dem BMG den Vertrag vorlegen müssen. Wenn Sie besprochen werden.

13 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 mir diese Fragen in aller Kürze beantwor- Selbstverwaltung in weiser Voraussicht ten könnten, wäre ich Ihnen dankbar. gefundene Einigung angemessen ist. Es gibt bei den GKV-Vorstandsvergü- tungsverträgen keinerlei Beanstandung SV Johann-Magnus von Stackelberg von Seiten der Aufsicht. Warum machen (GKV-Spitzenverband): Vielleicht ist es Sie das? Die Selbstverwaltung heutiger möglich, das die KBV die Chance auf eine Prägung definiert sich durch die Antwort bekommt. Ich bin als langatmig Personalauswahl an der Spitze und durch bekannt und würde mich dann anschlie- die Haushaltsaufstellung. Die ßen. langwierigen Verhandlungen mit der Aufsicht, in die Sie uns jetzt drängen, gehen letztlich in die Inhalte der SV Stefan Gräf (Kassenärztliche Personalauswahl ein, denn bestimmte Bundesvereinigung (KBV)): Die KBV Kandidaten werden auf einer schließt sich im Wesentlichen den angemessenen Rückmeldefrist bestehen Ausführungen des GKV-Spitzenverbandes und ihre Bewerbung im Zweifel an. zurückziehen. Den Rest der Fragen habe ich jetzt leider vergessen.

SV Johann-Magnus von Stackelberg (GKV-Spitzenverband): Nein, so nicht. Abg. Heinz Lanfermann (FDP): Welche Herr Abgeordneter habe ich noch eine der Bestimmungen geben Ihnen Grund zu Chance zu antworten? der Annahme, dass das Ministerium statt der erlaubten Rechts- auch eine Fachauf- sicht ausüben würde? Die Frage stellt sich SV Johann-Magnus von Stackelberg übrigens auch bei dem, was Sie gerade (GKV-Spitzenverband): Ihre Erinnerung gesagt haben. Woher nehmen Sie die bezüglich der Vorlage trügt nicht. Aus Vermutung, Sie würden jetzt anders unserer Sicht ist zurzeit folgende behandelt als bei der Vorlage eines bereits Konstruktion gültig: Die Selbstverwaltung geschlossenen Vertrages? schließt einen rechtsgültigen Vertrag ab und legt ihn der Aufsicht vor. Mit der neuen Regelung muss die Aufsicht dem SV Johann-Magnus von Stackelberg Vertrag vor dem rechtsgültigen Abschluss (GKV-Spitzenverband): Ich bitte Sie, sich zustimmen. Das ist Fachaufsicht. Sie wer- in die Situation hinein zu versetzen. Sie den bei bestimmten Kandidaten verhandeln mit einem möglichen möglicherweise eine langwierige Diskus- Kandidaten und sprechen dann, relativ sion über die angemessene Vergütungs- spät im Übrigen, über die Vergütung. Dann höhe mit der Aufsichtsbehörde führen sind wir als Selbstverwaltung gezwungen müssen. Herr Abgeordneter, wir benötigen zu sagen, dass wir das zunächst nachfra- hochqualifizierte Leute, weil wir gute gen müssen. Ich verstehe nicht, dass Sie Arbeit abliefern möchten. Die Industrie das das nicht verstehen. bezahlt gut und wir stehen nicht nur in Konkurrenz zu Ministerien, sondern auch, wenn Sie sich die neueste Besetzungsliste SV Stefan Gräf (Kassenärztliche der großen Kassen ansehen, in Konkurrenz Bundesvereinigung (KBV)): Wir schließen mit privaten Krankenhausträgern oder uns dieser Auffassung an, haben aber noch Beratungsunternehmen. Sie machen jetzt eine ergänzende Erwägung. Die Zustim- gute Arbeit für die GKV und wir möchten mungspflicht mit Wirkungsvorbehalt wird als Selbstverwaltung keine langwierige u. a. begründet mit Wirtschaftlichkeits- Diskussion über die Vergütungshöhe mit sowie Kosten-Nutzenerwägungen? Wir der Aufsicht führen müssen. Ich halte fest, sind uns nicht sicher, was das bedeuten dass diese bestätigt hat, dass die von der soll? Betrifft die Kosten-Nutzenerwägung

14 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 die Anzahl der Mitglieder oder den von Studien, die eindeutig Marketingziele Mitgliederzuwachs? Ich stelle mir das im verfolgten. Eine Umfrage bei deutschen Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Ärzten hat ergeben, dass sich etwa 50 wie folgt vor: die Kassenärztliche Vereini- Prozent von ihnen an gung Bayern hat 25.000 Mitglieder, die nichtinterventionellen Studien beteilig- Kassenärztliche Vereinigung Saarland ten. Viele dieser Studien dienten nicht 2.000 und die Kassenärztliche dem Erkenntnisgewinn, sondern in erster Bundesvereinigung hat 17. Es wird ein Linie Werbezwecken und der Information Wirtschaftlichkeitsprinzip an die Wand von Ärzten über neue Arzneimittel, die geworfen und danach werden Wirtschaft- dann relativ unkritisch eingesetzt wurden. lichkeit oder Angemessenheit durch eine Auf der anderen Seite will ich nicht Aufsichtsbehörde überprüft. Das wider- verhehlen, dass es durchaus spricht auch unseren Vorstellungen von nichtinterven-tionelle Unbedenklichkeits- Selbstverwaltung und Selbstverwal- studien gibt, die den hohen Qualitätskrite- tungsautonomie. rien, so wie sie 2010 beispielsweise von den Bundesoberbehörden aber auch von der Arzneimittelkommission der deut- Abg. (DIE LINKE.): Ich schen Ärzteschaft formuliert wurden, möchte mich dem Thema Anwendungsbe- genügen. Diese Qualitätskriterien werden obachtungen zuwenden und habe zu- derzeit im Alltag definitiv nicht eingehal- nächst eine Frage an die ten. Vor diesem Hintergrund begrüßen Arzneimittelkommission der deutschen sowohl die Bundesärztekammer als auch Ärzteschaft und Transparency Internatio- die AkdÄ die jetzige Verschärfung der nal. Nicht nur die Pharmaindustrie betont, Vorgaben und ich würde mir wünschen, dass Phase IV-Studien notwendig wären, dass Transparenz nicht nur hinsichtlich z. B. um sehr seltene Nebenwirkungen zu der bereits angesprochen Punkte erkennen, die erst in großen gewährleistet würde, sonder, dass wir die Patientenkollektiven sichtbar werden. Art von Transparenz hätten, wie sie für Welche Art von Studien halten Sie für klinische Prüfungen vorgesehen ist, d. h. notwendig und sinnvoll? Wie müssten die konkret, dass Ergebnisse nach einem Jahr nach Ihrer Vorstellung ablaufen und wofür verpflichtend vorgelegt und sollte es ein generelles Verbot geben? nichtinterventionelle Unbedenklichkeits- studien ebenfalls veröffentlicht werden. Es wird nur ein minimaler Teil dieser SV Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig Studien veröffentlicht, d. h. die (Arzneimittelkommission der deutschen Erkenntnisse werden der breiten Ärzteschaft (AkdÄ)): Ich vertrete die Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht. Bundesärztekammer und die Ich empfehle Ihnen, sich als Richtschnur Arzneimittelkommission der deutschen die Vorgaben der EMA zu den PASS Ärzteschaft. Zur Klarstellung möchte ich (Post-Authorisation Safety Studies), zu betonen, dass es unterschiedliche Formen den Wirksamkeits- und Sicherheitsstudien von Studien nach der Zulassung eines nach der Zulassung anzuschauen, was die Arzneimittels gibt. Die Art von Studien, Transparenz derartiger klinischer die Frau Abg. Vogler angesprochen hat, Studienberichte angeht. Es ist absolut sind angeordnete Studien, die einer klini- notwendig, damit wir dem in der Vergan- schen Prüfung entsprechen, im Sinne von genheit zu Recht kräftig kritisierten Studien, die nach der Zulassung hinsicht- Instrument der nichtinterventionellen lich Effizienz, Wirksamkeit und Sicherheit Studien oder Anwendungsbeobachtungen eines Arzneimittels durchgeführt werden. in Deutschland Einhalt gebieten. Das, was wir zurzeit als Anwendungsbe- obachtung oder nichtinterventionelle Unbedenklichkeitsstudie bezeichnen, war SV Dr. Wolfgang Wodarg (Transparency in der Vergangenheit ein Sammelsurium International (TI)): Wir haben uns um die

15 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013

Anwendungsbeobachtungen gekümmert der Industrie gesagt, dass die hohen und erstritten, dass wir Einsicht in die Ausgaben für Forschung und Entwicklung abgegebenen Anträge erhalten. Das war ihren Beitrag leisten zu den doch erhebli- nicht so einfach. Bei der Durchsicht haben chen Arzneimittelpreisen. Wir haben im wir festgestellt, dass viele Anträge sehr Vorfeld dieser Anhörung vergeblich ver- dürftig sind und sie manchmal nur eine, sucht herauszufinden, welches Volumen teilweise aber auch 100 Seiten umfassen. die sogenannten Anwendungs- Das ist sehr unterschiedlich. Häufig sind beobachtungen einnehmen. Wo werden die Angaben unsystematisch und die An- denn bei Ihren Mitgliedsunternehmen die träge enthalten keine Studienpläne. Eine Kosten für dieAnwendungsbeobachtungen vergleichende Auswertung der vorliegen- verbucht? Sind das Forschungs- und den Anwendungsbeobachtungen wird Entwicklungs- oder sind es dadurch sehr schwer. Die elektronische Marketingausgaben? Haben Sie eine Antragsstellung macht eine solche ungefähre Einschätzung, wie hoch das Auswertung leichter. Das ändert aber Volumen ist, über das wir hier sprechen? nichts daran, dass wir festgestellt haben, dass offensichtlich ausschließlich wirtschaftliche Gesichtspunkte eine Rolle SVe Andrea Schmitz (Bundesfachverband spielen, denn die Summe, die die Ärzte der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH)): bezahlt bekommen, steht in einem sehr Da wir uns geeinigt haben, dass der BAH deutlichen Verhältnis zum angestrebten für alle Verbände spricht, hier die Ant- Umsatz, d. h. es ist nicht so, dass die Ar- wort: Ich kann Ihnen keine Größenord- beit der Ärzte honoriert wird, sondern je nung nennen. Anwendungsbeobachtun- größer das dahinter stehende Umsatzver- gen sind nicht interventionelle Studien, sprechen, desto höher auch die deshalb werden die Ausgaben sicherlich Zuwendungen an die Ärzte. Das hat schon nicht im Marketingbereich verbucht wer- den Charakter von Korruption. Die Ergeb- den. Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sa- nisse werden wir demnächst veröffentli- gen. chen und ich hoffe, dass es endlich zu einem Verbot der Anwendungsbeobach- tungen kommt. Ich stimme überein mit der Abg. Kathrin Vogler (DIE LINKE.): Lassen Forderung nach Nachbeobachtungen. wir das einmal so stehen. Wir kommen Diese müssen dann aber standardisiert jetzt zu einem anderen Bereich des sein und die Auswertung dieser Arzneimittelrechts. Da habe ich eine Frage Nachbeobachtungen sollten regelmäßig an die Arzneimittelkommission der Ärzte- veröffentlicht werden. Es ist auch unser schaft und an die Gesellschaft für Eindruck, dass von den Arbeiten so gut Onkologische Pharmazie. Die Marktrück- wie nichts veröffentlicht wird. Die nahme von Alemtuzumab als Krebsarznei- Verträge enthalten Klauseln, dass die mittel hat zu Recht medial große Wellen Daten den Sponsoren gehören. Häufig geschlagen. Bitte können Sie uns noch werden die Anwendungsbeobachtungen einmal schildern, was sich da abgespielt auch von CRO’s (Contract Research hat und uns erläutern, welche Lösungsan- Organizations), speziellen Organisationen sätze Sie sehen und inwieweit der jetzt durchgeführt, um herauszufinden, welche vorliegende Gesetzentwurf aus Ihrer Sicht Ärzte bestechlich sind. Da gibt es auch ausreichend ist, um diese Probleme zu „Anfütterungsversuche“. Es ist ein richti- lösen? ger Markt entstanden, um über Anwen- dungsbeobachtungen Einfluss auf die Vermarktung von Arzneimitteln zu neh- SV Prof. Dr. med. Wolf-Dieter Ludwig men. (Arzneimittelkommission der deutschen Abg. Kathrin Vogler (DIE LINKE.): Ich Ärzteschaft (AkdÄ)): Alemtuzumab ist ein schließe hier an mit einer Frage an den vfa, Antikörper, der zur Behandlung der chro- an den BPI und den BAH. Es wird seitens nisch lymphatischen Leukämie vor eini-

16 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 gen Jahren zugelassen wurde, aber als „off label“ unter anderem auch im Bereich der SV Klaus Meier (Deutsche Gesellschaft für Transplantationsmedizin eingesetzt Onkologische Pharmazie e. V. (DGOP)): wurde und dort unverzichtbar war. Dieser Vielleicht lässt sich noch ergänzen, dass Antikörper wurde vom Hersteller vom das nicht nur bei einem solchen Wirkstoff Markt genommen, weil er eine Zulassung stattgefunden hat, sondern vor drei Jahren zur Behandlung von Multipler Sklerose wurde zum Beispiel ein ganz einfaches anstrebt und dort mit sehr viel höheren Präparat wie Penicillin vom Umsätzen rechnet. Der Antikörper war Originalhersteller vom Markt genommen. verfügbar als nichtzugelassenes Es stand dann ein halbes Jahr lang nicht Arzneimittel, mit allen haftungsrechtli- zur Verfügung, um danach, sehr viel teu- chen Konsequenzen für Apotheker und rer, neu aufzuleben. Das gibt es auch bei Ärzte und einem relativ aufwendigen anderen Substanzen und das ist nur die Dokumentationsverfahren, d. h. für die Spitze des Eisbergs. Ich kann nicht Ärzte ist es jetzt ungleich schwieriger einschätzen, ob das kriminell ist, aber ich geworden, diesen Antikörper bei jener sehe es schon als schwierig, wenn es für kleinen Gruppe von Patienten, die ihn kleine Gruppen von Krankheitsfällen eine dringend benötigt, einzusetzen. Die AkdÄ Zulassung von Präparaten im hat auf diesen Präzedenzfall hingewiesen, „Off-Label-Use“ gibt. Das bringt die ärztli- weil wir fest davon überzeugt sind, dass chen Kollegen in eine relativ schwierige sich derartige Vorkommnisse wiederholen Situation und zum anderen bringt es große werden. Ich habe meine Mitgliedschaft im Schwierigkeiten innerhalb der Management-Board der Europäischen Versorgungslandschaft. Die Frage der Arzneimittelagentur vor wenigen Wochen Finanzierung, der Bezahlung von genutzt, um dort mit der Europäischen Arzneimitteln ist einer der ganz entschei- Kommission über dieses Problem zu spre- denden Punkte, die noch nicht angespro- chen und ich habe die Antwort erhalten, chen wurde. Wenn heute bestimmte Pro- dass die Kommission keine Möglichkeit dukte nur noch in Indien hergestellt wer- sieht, ein Unternehmen zur den, sehe ich das als große Gefahr und ich Aufrechterhaltung einer Zulassung zu habe Angst davor, dass wir an unseren zwingen. Gleichzeitig hat die Europäische eigenen Krankheiten sterben, weil uns Kommission die Frage gestellt, wie es uns keine Medikamente mehr zur Verfügung gelingen könnte, bei Arzneimitteln, die stehen. Nicht nur, weil sie in Indien möglicherweise auch bei anderen hergestellt werden und der Seeweg behin- Indikationen sinnvoll eingesetzt werden dert sein könnte, sondern weil auch in könnten, die Indikationsausweitung mit Indien immer mehr Menschen in der Lage den entsprechenden Anreizen zu verse- sind, Medikamente zu bezahlen. Das heißt, hen. Diese Frage betrifft die Europäischen wenn die Produktion von Produkten nicht Kommission mehr als die nationale Poli- ausgeweitet wird, werden diese in den tik. Ich persönlich halte es für unhaltbar, Bereichen, in denen die Preise so niedrig dass wir bei einem der wenigen, wirklich sind, dass nicht einmal bestimmte Versor- gut wirksamen Krebsmedikamente, auf gungskosten gesichert sind, auch nicht einmal vor die Situation gestellt werden, mehr zum Verkauf kommen. Wenn man in dass wir unsere Patienten nicht mehr da- Europa verkaufen will, sollte man auch in mit behandeln können, nur weil der Europa herstellen. Hersteller, da er in einem anderen Indikationsgebiet einen größeren Umsatz erwartet, das Arzneimittel vom Markt Abg. Kathrin Vogler (DIE LINKE.): Ich zieht. Im Hinblick auf mögliche habe eine kurze Frage zum Apothekennot- regulatorische oder juristische dienstgesetz an die ABDA und den Konsequenzen kann ich mich als Medizi- GKV-Spitzenverband. Und zwar möchte ner hier nicht profunde äußern. ich von Ihnen wissen, ob Sie die Regelung zur Einbeziehung von Selbstzahlern in die

17 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013

Finanzierung des Notdienstfonds für versorgungsspezifische Quote. Diese hat sachgerecht und umsetzbar halten? sich bewährt. Sie ist umgesetzt worden und die dafür vorgesehenen Versorgungsanteile wurden aufgefüllt, die SVe Andrea Schmitz (Bundesvereinigung Sitze sind besetzt. Anders sieht es mit der Deutscher Apothekerverbände (ABDA)): sogenannten Ärztequote in der Wir halten diese Regelung für umsetzbar. Psychotherapie aus. Das ist eine Quote, die Sie berücksichtigt die Anteile der uns Sorge bereitet, denn in den ländlichen Selbstzahler in den Apotheken. Das ist die Gebieten im Osten der Republik konnten beste Lösung, die man für diesen Teilbe- die seit 1999 für ärztliche reich des Apothekennotdienstsicherstel- Psychotherapeuten reservierten Sitze lungsgesetzes finden kann. nicht besetzt werden. Wir sehen auch nicht, wie das bei dem Mangel an Hausärzten und an sonstigem Personal SV Johann-Magnus von Stackelberg geschehen sollte. Nach unserer Auffassung (GKV-Spitzenverband): Wir erinnern an blockiert die sogenannte Ärztequote die unseren Vorschlag, dies über den eigentlich angestrebte Verbesserung der Großhandel abzuwickeln. Das halten wir Versorgung. Deshalb glauben wir, dass sie für einfacher. entbehrlich ist.

Abg. Kathrin Vogler (DIE LINKE.): Ich Abg. (BÜNDNIS 90/DIE habe eine Frage an den GRÜNEN): Dazu habe ich eine Nachfrage: GKV-Spitzenverband. Der DAV erhält mit Sie sprechen von bundesweit mindestens der Beleihung der Vorverwaltung prak- 276 Sitzen für Psychotherapeuten, die tisch den Status einer Behörde. Ist er Ihrer durch die Mindestquote für ärztliche Psy- Ansicht nach dafür die richtige Adresse? chotherapeuten nicht zur Verfügung stün- den. Ist das richtig, dass diese Sitze in den östlichen Ländern liegen? SVe Dr. Antje Haas (GKV-Spitzenverband): Da ich keine Juris- tin bin, kann ich die Frage zum juristi- SVe Andrea Mrazek (Bundespsychothera- schen Charakter dieser Institution nicht peutenkammer (BPtK)): Die Sitze liegen in beantworten. Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Das sind die Bundesländer, die in ihren ländlichen Bereichen am meisten betrof- Abg. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE fen sind. Wir sehen nicht, wie diese Sitze GRÜNEN): Meine erste Frage richtet sich zurzeit von ärztlichen Psychotherapeuten an die Bundespsychotherapeutenkammer. besetzt werden könnten. Uns geht es da- Die Kammer fordert einerseits die rum, dass die Sitze zur Versorgung der unbefristete Fortführung der Mindest- Bevölkerung zur Verfügung stehen und quote für die psychotherapeutische nicht vorrangig, von welcher Fachgruppe Versorgung von Kindern und Jugendli- sie besetzt werden. chen, andererseits das Auslaufen der Min- destquote für psychotherapeutisch tätige Ärztinnen und Ärzte. Wie passt das Abg. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE zusammen? GRÜNEN): Die nächste Frage bezieht sich SVe Andrea Mrazek (Bundespsychothera- auf die Erprobung sonstiger Leistungen peutenkammer (BPtK)): Diese diffizile durch den G-BA und geht an den Unterscheidung löst sich sehr einfach auf. GKV-Spitzenverband. Das sehen Sie als Die Quote für die Versorgung von Kindern nachvollziehbar an und der und Jugendlichen war keine fach- oder Bundesinnungsverband Orthopädietech- berufsgruppenspezifische, sondern eine nik sieht keinen Grund dafür, dass neben

18 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013

Heil- auch Hilfsmittel einbezogen werden. Es scheint auch so zu sein, dass Institutio- Abg. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE nen wie die KBV und die BÄK nur von GRÜNEN): Eine Frage an den DAMID. Sie Heilmitteln ausgehen. Wie verstehen Sie begrüßen die Erweiterung der den Vorschlag und sehen Sie Bedarf, be- Erprobungsregelung auf sonstige Leistun- stimmte Hilfsmittelgruppen auch in die gen, schlagen jedoch einige Ergänzungen Erprobung mit einzubeziehen? vor, die sich an §137e SGB V anlehnen. Wäre eine Aufnahme, insbesondere der Heilmittel, in diese Regelung sinnvoll und SVe Dr. Antje Haas welche zusätzlichen Aspekte müssten aus (GKV-Spitzenverband): Genauso wie es im Ihrer Sicht berücksichtigt werden? Heilmittelbereich produkt- und nichtpro- duktgebundene Anwendungen gibt, sehen wir keinen Grund, den Hilfsmittelbereich, SVe Barbara Wais (Dachverband der produktgebunden ist, von einer sol- Anthroposophischer Medizin in Deutsch- chen Überprüfung auszuschließen. Das land (DAMID)): Wir halten die Aufnahme wäre ein logischer und nicht zu der Erprobungsregelung für sinnvoll, wür- begründender Bruch. den allerdings einige Ergänzungen vorschlagen: Das eine wäre die Kostenerstattung der Heilmittel durch die Abg. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE Krankenkassen während der Erprobung, GRÜNEN): Dazu eine Nachfrage an den das andere wäre die Definition der GKV-Spitzenverband: Wie sollte Ihrer teilnahmeberechtigten Leistungserbringer Ansicht nach sichergestellt werden, dass und auch ein eigenes Antragsrecht der neue Methoden im Bereich der Heilmittel- Berufsverbände sowie die Schaffung der versorgung erprobt und wissenschaftliche Möglichkeit, dass sich die Krankenkassen Studien dazu finanziert werden können? an den Kosten der Evaluation beteiligen, da die Berufsverbände, die für die Heilmittel stehen, nicht über die SVe Dr. Antje Haas finanziellen Mittel verfügen, die es (GKV-Spitzenverband): Die Verantwor- ermöglichen würden, sich maßgeblich an tung für die Unterlagen, die Methode und den Evaluationskosten zu beteiligen. In Evidenz beleuchten sollen, kann weder jedem Fall ist zu beachten, dass die beim G-BA noch beim Bewertungsmethode bzw. das Studiende- GKV-Spitzenverband liegen. Wenn es sign der spezifischen Natur des jeweiligen einen Hersteller gibt, liegt die Verantwor- Heilmittels angemessen ist. tung, analog zur Arzneimittelgesetz- gebung, bei diesem. Das sehen wir, anders als bei den nicht-produktgebunden Abg. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE Heilmittel, so auch für Heil- und Hilfsmit- GRÜNEN): Meine nächste Frage geht an tel. Für die nicht-produktgebundenen den GKV-Spitzenverband und betrifft die Heilmittel liegt die Verantwortung beim Vorlagepflicht der Vergütungsverträge für Entwickler dieser Heilmittelmethode, Heil- und Hilfsmittel bei der Aufsichtsbe- etwa analog der Bewertung der Entwick- hörde. Sie begrüßen, dass die Vorlage- lung einer Operationsmethode. Dass bei pflicht bei den Hilfsmitteln entfällt, bei nichtproduktgebundenen Heilmitteln die den Heilmitteln schlagen Sie ein differen- Finanzierung anders aussieht als bei de- ziertes Vorgehen vor. Was halten Sie vom nen, die einen Hersteller haben, der dann Vorschlag des Bundesinnungsverbandes vom return of investment profitiert, ist der Orthopädietechnik, dass Krankenkas- selbstverständlich. Für diesen Bereich sen und Leistungserbringer die Möglich- wäre dann sicherlich eine Mischfinanzie- keit erhalten, bei Zweifeln an der rung erforderlich. Zulässigkeit einzelner Bestimmungen die

19 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013

Verträge der Aufsicht zur Prüfung sam, dass hier ein Problem der doppelten vorzulegen? Umsatzsteuerzahlung entstehen könnte. Wieso ist das so und was wäre der Aus- weg? Bei der Erhebung der 16 Cent von SVe Dr. Antje Haas den europäischen Versandapotheken wäre (GKV-Spitzenverband): Wir haben uns es so, dass der DHV außerhalb Deutsch- deshalb differenziert geäußert, weil es bei lands die Möglichkeit erhielte, Betriebs- den Heilmitteln eine Bindung an die und Geschäftsräume zu betreten und gege- Grundlohnsummenentwicklung gibt. Wir benenfalls Unterlagen einsehen und möchten nicht, dass dieses Instrument als kopieren könnte. Das könnte völkerrecht- Voraussetzung verloren geht. Den Vor- lich problematisch sein. Wie bewerten Sie schlag des Bundesinnungsverbandes der den Vorschlag der EAMSP, dass diese die Orthopädietechnik begrüßen wir. notwendigen Angaben der Mitgliedsfir- men erhebt, zusammenführt und den Be- trag quartalsweise überweist. Abg. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Meine Frage zum Apothekennotdienstsicherstellungsgesetz SV Dr. Sebastian Schmitz (Bundesvereini- geht an den PHAGRO: Wir haben vom gung Deutscher Apothekerverbände GKV-Spitzenverband gehört, dass er als (ABDA)): Beim ersten Themenkomplex Alternative die Erhebung der 16 Cent auf „Umsatzsteuer“ haben wir in der Tat ein der Ebene des Großhandels vorschlägt. Klarstellungsproblem. Die Situation ist so, Was sagen Sie dazu? dass die 16 Cent, die zunächst über die Erhöhung des Festzuschlags ausgezahlt werden, der Umsatzsteuer unterliegen. Die SVe Bernadette Sickendick (Bundesver- Frage ist, ob im zweiten Schritt, und dafür band des pharmazeutischen Großhandels spricht einiges, die Pauschale, die aus dem e. V. (PHAGRO)): Ich hätte mir gewünscht, Fonds an die Apotheken ausgezahlt wird, dass wir vorab nach der Realisierbarkeit noch einmal der Umsatzsteuer unterwor- gefragt worden wären. Es ist festzuhalten, fen wird. Das hätte zur Folge, dass eine dass die Sicherstellung des Nacht- und Doppelbesteuerung durch die Umsatz- Notdienstes nicht orginäre Aufgabe des steuer auf die 16 Cent auf dem Weg in die pharmazeutischen Großhandels ist, d. h. Notdienst tuende Apotheke erfolgt. Das ist es würde auch von seiner Spanne nicht vom Gesetzgeber wahrscheinlich so nicht abgedeckt werden. Der Vorschlag liest sich intendiert und wird von uns abgelehnt. so, als ob wir es aus unserer Spanne Unser Vorschlag ist, an diesem Punkt im finanzieren sollten. Das lehnen wir ab. Gesetz eine klare Aussage zur Umsatz- Wichtig ist, dass die Abrechnungen auf steuer zu treffen und deutlich zu machen, der Ebene der Apotheken erfolgt. Das auf dass es sich bei der Pauschale um einen unsere Ebene zu ziehen, würde einen Zuschuss handelt, der nicht der Umsatz- ungerechtfertigten und hohen Aufwand steuer unterliegt. Bei ausländischen Ver- bedeuten. Wenn man sich vor Augen sandapotheken, die sich auf dem deut- führt, dass mindestens 15 Prozent des schen Markt engagieren, gehen wir grund- Handels im Direktgeschäft zwischen Apo- sätzlich davon aus, dass sie den deutschen theken und Herstellern abgewickelt wird Rechtsvorschriften unterliegen. Wir haben und nicht über den Großhandel läuft, gehört, dass sie es als selbstverständlich merkt man, dass dieses Modell nicht ansehen, die entsprechenden Zahlungen funktionieren kann. zu leisten und gehen davon aus, dass das Instrumentarium des Verwaltungsverfah- rensrechts hier ausreicht. Ergänzend Abg. Birgitt Bender (BÜNDNIS 90/DIE schlagen wir vor, die entsprechenden GRÜNEN): Meine nächste Frage geht an Beträge bei Nichteinhaltung der Melde- die ABDA. Sie machen darauf aufmerk- pflichten oder nicht geleisteten Zahlungen

20 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 zu schätzen, um Verwaltungsverfahren Anbieter vorhanden sind. Gleichzeitig vollstrecken zu können. berührt dieser Punkt die Frage der Liefer- engpässe, wenn ein Impfstoff aufgrund von Produktionsmängeln nicht geliefert Abg. Karin Maag (CDU/CSU): Ich wende werden kann, dann ist es eine Verpflich- mich der Impfstoffversorgung zu. Hier tung für den pharmazeutischen Hersteller, gehen meine Fragen an den dies rechtzeitig bekannt zu machen. Das Einzelsachverständigen Dr. Straub, an die Beispiel vom vergangenen Sommer, als in KBV und an die BÄK: Wie beurteilen Sie der Schweiz und Italien bekannt war, dass den Änderungsvorschlag, dass in den der für Deutschland vorgesehene Impfstoff Lieferverträgen der Krankenkassen mit nicht lieferbar sein würde, in Deutschland Impfstoffherstellern auch Vereinbarungen aber bis Mitte Oktober auf diese Informa- zur rechtzeitigen, bedarfsgerechten tion gewartet wurde, zeigt, wie wichtig es Versorgung der Versicherten vorzusehen ist, die Transparenz zu verbessern. Ich sind. Wie könnte insgesamt die Praxis bei persönlich glaube, dass Impfstoffe kein der Lieferfähigkeit verbessert werden? Wirkstoff für Rabattverträge oder Ausschreibungen sind, aber dasp was Dr. Straub sagte, ist möglicherweise ein Weg, ESV Dr. Christoph Straub: Die GKV hat in um derartige Pannen wie im vergangenen der Weiterentwicklung der Ausschreibun- Jahr zu verhindern. gen die Erfahrung nachvollzogen, so dass jetzt einerseits mehr Partnermodelle in den Ausschreibungen zur Anwendung Abg. Karin Maag (CDU/CSU): Meine kommen und die Liefersicherheit darüber nächste Frage betrifft die Mindestquote bei erhöht wird. Zum anderen werden die den Psychotherapeuten und geht an die Klauseln eingefügt, die bei sich KBV und die Psychotherapeutenkammer. abzeichnender Nicht-Lieferfähigkeit oder Die gesetzliche vorgesehene Mindestquote anderen Problemen sicherstellen, dass die für die ärztlichen Psychotherapeuten führt Impfstoffversorgung gesichert wird. Das dazu, dass die Sitze nicht durch heißt, es gibt in den Ausschreibungen psychologische Psychotherapeuten besetzt bereits Regelungen, die die Lieferfähigkeit, werden können. Wie beurteilen Sie den durch Ausweichen auf andere Lieferanten Änderungsvorschlag? Sehen Sie die Mög- usw., sicherstellen sollen. lichkeit, die Quote fortzuführen und zu- gleich die negativen Folgen für die Versorgung zu verhindern? SV Stefan Gräf (Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)): Wir sehen die vorgeschlagene Neuregelung als Schritt in SV Stefan Gräf (Kassenärztliche die richtige Richtung, sind aber gleich- Bundesvereinigung (KBV)): Von Seiten der wohl skeptisch und meinen, dass die Ver- KBV stellen wir die Prämisse, dass durch träge aus der Rabattverpflichtung eine Mindestquote für ärztliche herausgenommen werden sollten um die Psychotherapeuten die Besetzung durch Vielfalt und Versorgung mit saisonalen psychologische Psychotherapeuten Impfstoffen tatsächlich sicherzustellen. verhindert wird, in Frage. Diese Prämisse ist in ihrer Allgemeinheit nicht zutreffend. Wir haben 372 Planungsbereiche für die- SV Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig (Bundes- sen Bereich. 133 Planungsbereiche sind ärztekammer (BÄK)): Im Prinzip sind die offen, 135 sind für psychologische und wichtigsten Punkte genannt worden. ärztliche Psychotherapeuten gesperrt. 44 Impfstoffe als Biopharmazeutika sollten Planungsbereiche sind offen für anders behandelt werden als Generika. psychologische Psychotherapeuten und Das heißt, man muss im Rahmen der Aus- gesperrt für ärztliche Psychotherapeuten. schreibung garantieren, dass mehrere

21 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013

Lediglich 60 Planungsbereiche sind ge- wie Versorgung konkret durchgeführt sperrt für psychologische Psychothera- wird, sondern dass es um Quoten für be- peuten und offen für ärztliche stimmte Berufsgruppen geht. Darum geht Psychotherapeuten. Von diesen 60 Pla- es meiner Meinung nicht und dies ist auch nungsbereichen sind etwa 50 so gestaltet, nicht die Haltung der Bundespsychothera- dass es keine weiteren Zulassungen von peutenkammer. Uns geht es darum, dass psychologischen Psychotherapeuten gibt, sich der Anteil der Sitze, die seit 1999, da die Zahl der psychologischen besonders in den genannten Gebieten, Psychotherapeuten oberhalb der Sperr- unbesetzt sind, endlich besetzt werden grenze dort bereits heute die Zahl der und nicht weitere hinzukommen. Die von Sitze, die für ärztliche Psychotherapeuten der KBV genannten 50 Planungsbereiche freigehalten werden, übersteigt. Das heißt, liegen in den drei genannten Länder. wenn in einer Region zwei Plätze für Wenn für eine Berufsgruppe eine Quote ärztliche Psychotherapeuten frei gehalten eingeführt wird, sollte sie so eingeführt wird, es aber gleichzeitig oberhalb der werden, dass es der Versorgung zugute Sperrgrenze drei zusätzliche psychothera- kommt und die Sitze besetzt werden von peutische Psychologen gibt, kommt es denjenigen, die qualifiziert sind, die Leis- nicht zu einer Neuzulassung, weil die tung zu erbringen. Ich fordere hier von der Sperrgrenze um einen Sitz überschritten KBV mehr als die Fortführung einer nach- wird. Das gilt für 50 der erwähnten 60 weislich nicht flächendeckend wirksamen Planungsbereiche. Wenn auf diese Weise Quotierung. die Nachbesetzung von ärztlichen Psycho- therapeutenstellen verhindert wird, führt dies zu einer Verschlechterung der Abg. Max Straubinger (CDU/CSU): Ich Versorgungslage, weil verhindert wird, habe eine Frage an die PKV und den Bun- dass auch in der Perspektive die ärztliche desverband der Pharmazeutischen Indust- und somatische Kompetenz dort einge- rie. Die Unternehmen der Privaten bracht wird. Vor diesem Hintergrund, und Krankenversicherungen haben gemäß den nach den uns vorliegenden Zahlen aus der Regelungen des Arzneimittelrabattgeset- Bedarfsplanung, können wir diese Initia- zes Anspruch auf den sogenannten tive unter keinen Umständen nachvollzie- Herstellerabschlag. Gab es in der Vergan- hen. Wir votieren für die entfristete genheit Probleme bei der Umsetzung der Weiterführung der ärztlichen Mindest- Regelung? Bitte begründen Sie dazu Ihre quote und sind der Auffassung, dass die Auffassung. Klärung der Frage im Gemeinsamen Bun- desausschuss erfolgen sollte. Dort kann die Selbstverwaltung, wie bereits gesche- SV Dr. Volker Leienbach (Verband der hen, unter Beteiligung der psychologi- privaten Krankenversicherungen e. V. schen Psychotherapeuten, im Rahmen der (PKV)): In der Tat gibt es Probleme bei der Bedarfsplanungsrichtlinie Vorgaben ma- derzeitigen Gesetzesfassung. Es bestehen chen, es können Quoten festgelegt werden, offensichtlich Interpretationsspielräume, von denen auf Landesebene abgewichen die zu Streitigkeiten geführt haben. Aus werden kann und es sind unserer Sicht, aber auch aus Sicht aller Sonderbedarfszulassungen möglich. relevanten Kommentatoren, ist die Sach- Damit kann den Versorgungs- lage klar: Die Rabatte sind zu zahlen und notwendigkeiten Rechnung getragen etwaige Eigen- oder Selbstbehalte spielen werden. keine Rolle. Denn gerade dort, wo Eigen- und Selbstbehalte geleistet werden, soll es zu einer Entlastung kommen, die letztlich SVe Andrea Mrazek (Bundespsychothera- den Versicherten zugute kommt. Insofern peutenkammer (BPtK)): Ich bedauere die begrüßen wir die Klarstellung, die hier Haltung der KBV in dieser Frage, aber vorgenommen wird, außerordentlich. auch, dass nicht darüber diskutiert wird, Bisher haben wir offene Posten in der

22 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013

Größenordnung von 85 Millionen Euro, zahlt, ersetzt oder vergütet wird. Dies setzt eine durchaus relevante Summe. Eine eine vorherige Ausgabe voraus, die aber Klarstellung ist zwingend erforderlich, nicht vorliegt, wenn von den Kostenträ- denn wir merken, dass diese Interpretation gern aufgrund von Selbstbehalten keine von Einzelnen in der Pharmaindustrie Kosten erstattet wurden. Der nun anfängt Schule zu machen. Das heißt, wir beabsichtigte, weitergehende Eingriff in bekommen hier ein strukturelles Problem das Grundrecht der Berufsfreiheit der und eine Klarstellung dessen, was tatsäch- pharmazeutischen Unternehmer ist lich gewollt war, ist überfällig. Natürlich, deswegen unverhältnismäßig und nicht aber das ist selbstredend, mit Wirkung für verfassungsgemäß. Die Änderung ist auch die Vergangenheit. zur Erreichung der in der Begründung genannten Zwecke nicht geeignet, denn zum einen sind Kostenverlagerungen auf SV Dr. Norbert Gerbsch (Bundesverband Privatversicherte aufgrund der einheitli- der Pharmazeutischen Industrie e. V. chen Geltung der Arzneimittelpreisver- (BPI)): Im Rahmen der Verbändethemen- ordnung rechtlich nicht möglich. Der aufteilung beantworte ich diese Frage Rabatt nach §130b AMNOG ist an die stellvertretend für die Kolleginnen und Selbstzahler, an die PKV und an die Kollegen von BAH, ProGenerika und VfA. Beihilfestellen zu gewähren. Selbstbehalte In der Tat gibt es bei der Auslegung der sind in der Prämienkalkulation bereits Frage der Berücksichtigung des berücksichtigt. Eine Stabilisierung von Selbstbehaltes der Versicherten ein Prämien scheidet bei den Beihilfeträgern Problem. In diesem Bereich konnte im mangels Prämienzahlung der Zuge der Erarbeitung der Beihilfeberechtigten ohnehin aus. Und ein Rahmenvereinbarung zwischen den legitimes Gemeinwohlinteresse daran, Abrechnungsbeteiligten keine Einigung dass ausschließlich die Arzneimittel- erzielt werden. Der Gesetzgeber beabsich- hersteller zu einem Einnahmegewinn der tigt nun mit Änderungsantrag 16 PKV und der öffentlichen Hand beitragen, klarzustellen, dass die Rabatte zugunsten ist nicht ersichtlich. Es ist nicht klar, der privaten Krankenversicherer und der warum es pharmazeutischen Beihilfe von den pharmazeutischen Unternehmen als privatrechtlich Unternehmern auch dann zu entrichten organisierten Unternehmen zumutbar sein sind, soweit von diesen auf Grund verein- soll, andere privatrechtlich organisierte barter Selbstbehalte keine Unternehmen, die ebenfalls auf Arzneimittelkosten an Versicherte erstat- Gewinnerzielung ausgerichtet sind, durch tet werden. Wir sehen hier in der Tat einen Geldleistungen zu unterstützen. Bereits Klarstellungsbedarf, aber in die die Anordnung der Zwangsabschläge zu Gegenrichtung, denn die vorgeschlagene Gunsten der PKV und Beihilfeträger ist aus Änderung beinhaltet keine Klarstellung, unserer Sicht nicht verfassungsgemäß, sie sondern stellt einen weitergehenden Ein- wird auch rechtlich angegriffen. Die nun griff in die Grundrechte der pharmazeuti- beabsichtigte Zahlungsverpflichtung ver- schen Unternehmen gemäß Art. 12 Abs. 1 stärkt diesen Effekt. Die hier bezifferten und Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz dar. Die Außenstände von 85 Millionen sind auch Verpflichtung zur Abschlagszahlung nicht im Zusammenhang mit den hier zugunsten von PKV und Beihilfe beabsichtigten Klarstellungen zu sehen. unabhängig davon, ob Arzneimittelkosten erstattet wurden, geht über den bestehen- den Gesetzeswortlaut hinaus. Dort ist Abg. Karin Maag (CDU/CSU): Zum Antrag ausdrücklich die Rede von der Erstattung der SPD und zu den Lieferengpässen hätte der Arzneimittelkosten. Also wörtlich ich eine Frage an VfA, BPI und BAH. In steht dort: „… deren Kosten diese ganz diesem Antrag wird auch die Konzentra- oder teilweise erstattet haben.“ Der Begriff tion der Wirkstoffherstellung in Drittlän- „erstattet“ bedeutet, dass etwas zurückge- dern angesprochen. Nach hiesiger Kennt-

23 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 nis haben die größten Exportstaaten, näm- vorgegangen, obwohl eigentlich Preisver- lich Indien und China, signalisiert, die handlungen vorgesehen waren. Ich frage Zertifikate, die ab Juli 2013 auf Grund der den VfA, was er davon hält und ob man neuen europäischen Vorgaben gefordert eine Vorgabe oder ähnliches braucht? sind, auszustellen. Sehen Sie dann trotz- dem noch die Probleme in der Versorgung mit qualitativ einwandfreien Wirkstoffen SV Dr. Markus Frick (Verband Forschen- aus diesen Ländern? der Arzneimittelhersteller (VfA)): Wir hatten in der Tat noch keine finale Spruchpraxis, aber ein Verfahren bei SVe Andrea Schmitz (Bundesfachverband einem Arzneimittel mit Zusätzen ist abge- der Arzneimittel-Hersteller e. V. (BAH)): schlossen worden, ein zweites steht jetzt Die Frage kann ich mit ja beantworten. Wir kurz vor der Verkündung. Wenn die Ver- sind natürlich schon sehr froh, dass wir handlungslösung tatsächlich durch einen inzwischen Signale aus China und Indien Algorithmus ersetzt wird, der im haben, dass man dort bereit ist, die Wesentlichen durch die Jahrestherapie- entsprechenden Zertifikate, die sogenann- kosten getrieben ist, würde aus unserer ten „written confirmation“, auszustellen. Sicht die eigentliche Idee des AMNOG, auf Trotz alledem haben wir Bedenken, ob das dem Verhandlungsweg den Preis zu in der Praxis bis Mitte des Jahres, der 2. identifizieren, völlig ausgehöhlt. Zur Juli ist der Stichtag, tatsächlich erfolgt. Es Erinnerung: Wir haben eine zweijährige gibt noch eine ganze Reihe offener Fragen, Diskussion über gesundheitsökonomische insbesondere wer die berechtigten Stellen Bewertungen gehabt, über ein in den Drittländern sind. Auf Deutschland Effizienzgrenzen-Konzept, eine stark herunter gebrochen wären die Regierungs- normative Entscheidungskomponente und präsidien zuständig, aber wir sind uns das hat mit dazu geführt, dass es abgelehnt nicht sicher, ob es bei den dort zuständi- und durch das AMNOG, d. h. aus meiner gen Lokalregierungen inzwischen ange- Sicht durch eine Verhandlungslösung, kommen ist, dass sie diese „written ersetzt worden ist. Diese würde, wenn sich confirmation“ mit der Bestätigung, dass bestätigt, was Sie angesprochen haben, die Wirkstoffe GMP-gerecht (Good komplett negiert werden. Wenn Manufacturing Practice) oder entspre- tatsächlich die Preisadjustierung von chend GMP hergestellt worden sind, innovativen Arzneimitteln, die ihre ausstellen müssen. Hinzu kommt eine Forschungskosten noch einspielen ganze Reihe weiterer Fragen, was beson- müssen, auf der Basis von Generika dere Wirkstoffe angeht. Das betrifft zum berechnet wird, dann werden wir relativ Beispiel die „atypical actives“, das sind schnell auch Versorgungsprobleme Inhaltsstoffe, die zwar hauptsächlich in bekommen. Und dass, was mit dem kosmetischen Artikeln oder in Lebensmit- AMNOG auch beabsichtigt war, nämlich teln benutzt werden, aber auch in die Entwicklung von Fortschritt bei Wirkstoffen enthalten sein können und Arzneimitteln zu incentivieren, entfällt auch dafür müssen, wenn sie nach damit. Wenn das AMNOG in sein Gegen- Deutschland importiert werden, „written teil verkehrt wird, wenn sich die Spruch- confirmation“ vorgelegt werden. Davon praxis der Schiedsstelle bestätigt, dann sind insbesondere z. B. ätherische Öle müsste man gesetzlich nachjustieren, jetzt usw. betroffen. sicherlich nicht.

Abg. Karin Maag (CDU/CSU): Ich habe Abg. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Ich eine letzte Frage in Bezug auf das AMNOG komme zurück auf den Antrag der SPD und die Schiedsverfahren. Mittlerweile „Versorgung mit Arzneimitteln sicherstel- gibt es für zwei Produkte Schiedsverfahren len“. Meine Frage geht an Transparency und es wurde nach einem Algorithmus International und an die Deutsche Gesell-

24 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013 schaft für Onkologische Pharmazie. Die dig und sie wurde auch bereits diskutiert SPD fordert eine Prüfung, ob bei der und es wurden Vorschläge gemacht. Rückgabe der Arzneimittelzulassung Inwieweit diese jetzt schon umgesetzt durch den Hersteller aus profitorientierten worden sind, konnte ich noch nicht Gründen, also Beispiel Alemtuzumab, der feststellen. Ich möchte zu bedenken geben, Patentschutz gegen eine Entschädigung dass in dieser Liste dann z. B. auch die entzogen werden kann. Wie beurteilen Sie Preissystematik mit berücksichtigt werden diese Forderung? Wir wollen rechtlich muss. Denn wenn man die Substanzen prüfen lassen, ob das möglich ist, denn festhält, aber nicht auch sagt, dass sie bisher gibt es offensichtlich keine finanzierbar und bezahlbar sein müssen, Möglichkeit dagegen einzuschreiten. dann steht man vor einer Liste, die nicht umgesetzt werden kann.

SV Dr. Wolfgang Wodarg (Transparency International (TI)): Mit diesem Thema hat SV Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig sich Transparency nicht befasst. (Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ)): Das ist eine wichtige Frage. Ich glaube, man sollte noch mal SV Klaus Meier (Deutsche Gesellschaft für betonen, dass seit Dezember in drei sehr Onkologische Pharmazie (DGOP e. V.)): konstruktiven Gesprächsrunden mit dem Das ist eine juristische Frage, inwieweit Bundesministerium für Gesundheit nach man das umsetzten kann oder nicht. Ohne Lösungen gesucht wurde und wir derzeit Zweifel übt es politischen Druck aus. ausschließlich präventive Lösungen gefunden haben, die natürlich nicht die Ursachen dieser Lieferengpässe angehen, Abg. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Meine sondern verhindern sollen, dass wir Frage geht noch einmal an die Deutsche irgendwann in eine Situation kommen, Gesellschaft für Onkologische Pharmazie, wie sie viele europäische Länder und die an die Arzneimittelkommission der deut- USA in der Vergangenheit erlebt haben. schen Ärzteschaft, an die Ich denke, das ist der richtige Weg. Ich Arzneimittelkommission der Deutschen will kurz, weil das noch nicht angespro- Apotheker und an den Bundesverband der chen wurde, darauf hinweisen, dass es Deutschen Krankenhausapotheken. Die sowohl in den USA als auch in Frank- SPD fordert, dass das BfArM zusammen reich, wo seit 2002 derartige Maßnahmen mit den medizinischen Fachgesellschaften getroffen werden, deutlich weniger Liefer- und den Verbänden der Apotheker bzw. engpässe gibt. Das heißt, auch präventive der Krankenhausapotheker eine Liste Maßnahmen sind sinnvoll, deswegen halte lebensnotweniger Arzneimittel erstellt. ich es für wichtig, dass Listen von den Diese unverzichtbaren Arzneimittel sollen betroffenen Fachgesellschaften, wie z. B. von den Herstellern in ausreichender der Deutschen Gesellschaft für Hämatolo- Menge vorgehalten werden, um so die gie und Onkologie und den pädiatrischen Lieferbereitschaft für ca. sechs Monate Onkologen aber auch durch die sicherzustellen. Ich sage das auch vor dem Infektiologie, erstellt werden, die kurzfris- Hintergrund der zu erwartenden tig unverzichtbare Arzneimittel aufführen. Konformitätserklärungen aus China und Wir haben eine onkologische Liste. Diese Indien, wo von der Industrie selbst wurde dem BMG auch bereits vorgelegt. signalisiert worden ist, dass es möglicher- Ich glaube, dass es extrem wichtig ist, weise Probleme geben werde. damit man erkennt, welche Arzneimittel für die Versorgung onkologischer Patien- ten unverzichtbar sind und dass nach SV Klaus Meier (Deutsche Gesellschaft für Lösungen gesucht wird, damit diese Onkologische Pharmazie (DGOP e. V.)): Medikamente über Vorratshaltung und Wir erachten diese Liste als sehr notwen- über Mehrfachanbieter dann auch zur

25 Ausschuss für Gesundheit, 109. Sitzung, 13.05.2013

Verfügung stehen. Es ist aus Sicht der dass diese Liste der unverzichtbaren Arz- AKDÄ absolut inakzeptabel, mit einer neimittel gemeinsam mit den Fachgesell- Situation konfrontiert zu werden, in der schaften erstellt wird. Es müssen noch wir einen lebensnotwendigen Wirkstoff, in mehr Fachgesellschaften einbezogen wer- diesem Fall das angesprochene den, auch in den Dialog beim BMG. Für Alemtuzumab, zur Behandlung von uns als Krankenhausapotheker stellt sich Darmkrebs nicht einsetzen können und dann die Frage, was wir mit den Listen stattdessen auf ein sehr viel teureres machen. Welche Auswirkungen hat dies Medikament, das oral verabreicht wird, für den pharmazeutischen Unternehmer? aber weniger gut geprüft ist, ausweichen Ist er zur Vorratshaltung verpflichtet? müssen. Das sind Situationen, die wir Wird die Vorratshaltung von sechs oder unseren Patienten in Deutschland gerne neun Monaten zentral durchgeführt? Geht ersparen möchten. Deswegen sind präven- die Vorratshaltung zu Lasten der Kliniken, tive Maßnahmen über die Erstellung der d. h. müssen diese ihre Lagertiefe erhö- angesprochenen Register erforderlich. Sie hen? Ich sehe die Verpflichtung zur Lager- müssen dann natürlich sowohl von den tiefe auch beim pharmazeutischen Unter- Kommissionen der Apothekerschaft als nehmer. auch der Ärzteschaft noch einmal kritisch angesehen werden, aber ich halte es für das richtige präventive Instrument. Wir Abg. Dr. Marlies Volkmer (SPD): Unser haben nicht die Zeit, um auf die Gründe Antrag enthält die Forderung, dass die und die eigentlichen Ansatzpunkte für pharmazeutischen Unternehmen die Lösungen, wie wir diese Lieferengpässe Lieferbereitschaft für sechs Monate sicher- verhindern, ausführlicher einzugehen. stellen sollen. Und es steht im Grunde genommen auch bereits jetzt im Gesetz, dass ein Unternehmen, das ein Medika- SV Prof. Dr. (Arzneimittel- ment in Europa und in Deutschland auf kommission der Deutschen Apotheker dem Markt hat, auch für die Lieferfähigkeit (AMK)): Wir stimmen im Wesentlichen zu sorgen hat. Nur die Praxis ist eben mit der AkdÄ überein. Die medizinischen manchmal anders. Fachgesellschaften für Onkologie und pädiatrische Onkologie haben eine Liste erstellt und die Arzneimittelkommissio- Die Vorsitzende: Vielen Dank. Die Anhö- nen der Ärzte und Apotheker haben sie rung ist damit beendet. Ich darf mich bei kritisch begutachtet. Das Verfahren sollte allen Anwesenden für die Fragen und vor ausgeweitet werden auf die allen Dingen für die Antworten bedanken. lebensnotwendigen Substanzen bei Infektionen, sprich Antibiotika, sowie Ende der Sitzung: 13.00 Uhr Mittel bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der konstruktive Prozess mit dem Ministerium hat begonnen. Wir brauchen eine solche Liste relativ schnell und ich sehe hier große Übereinstimmung, dass die medizinischen Fachgesellschaften eine solche auf Grund ihrer Expertise entwerfen und diese dann von den unab- hängigen Arzneimittelkommissionen der Ärzte und Apotheker geprüft und begutachtet wird.

SV Markus Müller (Bundesverband Deut- scher Krankenhausapotheker e. V. (ADKA)): Wir halten es für wesentlich,

26