Naturwanderführer Unterwegs zum Nationalpark

Wanderungen durch den Oberen und Nördlichen Steigerwald Impressum

Naturwanderführer – Unterwegs zum Lektorat Nationalpark Steigerwald Barbara Neukam Neun ausgewählte Wanderungen im Nördlichen und Oberen Stei- gerwald mit Informationen zu den Wäldern im Steigerwald und Satz und Gestaltung über den diskutierten Nationalpark Steigerwald. Markus Weber Mit 9 Wanderkarten, 1 Übersichtskarte und 97 Farbbilder. Druck 2. Auflage, 2012 Brühlsche Universitätsdruckerei GmbH & Co KG, Gießen ISBN 978-3-9808986-9-0 Foto-/Bildnachweis Herausgeber Thomas Stephan, Bund Naturschutz, Susanne Klarmann, Wolf- Bund Naturschutz in Bayern e.V. gang Willner, Johannes Otto Först, Max Dorsch, Dr. Georg Sperber, Waldreferat der Landesfachgeschäftsstelle Hubertus Eicke, Manfred Obermeyer, Manfred Braun Bauernfeindstraße 23 Kartengrundlage 90471 Nürnberg DTK50 Landesamt f. Vermessung u. Geoinformation www.lvg. Tel. 0911 - 81878-0 bayern.de; Bearbeitung: Susanne Klarmann, Ursula Erlwein- www.bund-naturschutz.de Blassl, Attila Sargin [email protected] Dieses Buch wurde mit der größtmöglichen Sorgfalt realisiert. Redaktion und V.i.S.d.P. Falls Informationen trotzdem falsch oder inzwischen überholt Dr. Ralf Straußberger, Bund Naturschutz in Bayern, Referat Wald sein sollten, bedauern wir dies, können dafür aber keine Haftung Text übernehmen. Für die aufgeführten Internetseiten übernehmen Susanne Klarmann, Dr. Ralf Straußberger, Stefanie Weigelmei- wir keine Gewähr und keine Verantwortung für die Richtigkeit er, Ulla Reck, Gerhard Spörlein, Simone Peuleke, Erich Rößner, der Inhalte. Funktion und Inhalte dieser Internetseiten unterlie- Jochen Frank, Judith Fürst, Dr. Georg Sperber, Matthias Fanck, gen der Haftung der jeweiligen Anbieter und begründen keine Manfred Göswald geschäftlichen Beziehungen mit dem Bund Naturschutz.

Wir freuen uns über jeden Korrekturhinweis und Anregungen zu diesem Naturwanderführer!

Zum Gebrauch des Wanderführers Jeder Wanderung ist eine Kurzcharakteristik (grün hinterlegt) und ein Tourensteckbrief (hellbraun hin- terlegt) vorangestellt. Die Wegbeschreibungen werden durch blaue Schrift hervorgehoben, ergänzende Erläuterungen durch schwarze Schrift. Detaillierte naturkundliche Zusatzinformationen sind in geson- derten Kästen grün hinterlegt. Die Touren sind als Rundwanderungen konzipiert, für einige Touren gibt es Abkürzungsmöglichkeiten. Fachbegriffe werden in einem Glossar erläutert. Am Ende jeder Tourenbe- schreibung sind eine Wanderkarte und nützliche Informationen (hellbraun hinterlegt) zu finden.

2 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Inhalt

Impressum 2 Inhaltsverzeichnis 3 Verzeichnis der Infokästen 4

Vorwort 5

Wandertouren

Tour 1: Von zu den dicken Schaufelbuchen (Ebrach) 7

Tour 2: Über den Handthalgrund zum Naturwaldreservat Waldhaus (Ebrach) 13

Tour 3: Auf schattigen Wegen zur Stollburg (Ebrach) 21

Tour 4: Auf der Suche nach Methusalem (Ebrach) 29

Tour 5: Auf den Spuren von Bernhard Grzimek (Prüßberg, Gemeinde Michelau) 35

Tour 6: Zu den Riesenbuchen in der berühmten Waldabteilung Kleinengelein (Fabrikschleichach, Gemeinde Rauhenebrach) 41

Tour 7: Durch gepfl egte Wälder zum gepfl egten Bier (Fabrikschleichach, Gemeinde Rauhenebrach) 49

Tour 8: Auf verschlungenen Wegen durch die Schluchtwälder (Zell am Ebersberg, Gemeinde Knetzgau) 57

Tour 9: Über den Weinberg in die Schluchtwälder (Zell am Ebersberg, Gemeinde Knetzgau) 65

Informationen zum Steigerwald und zum diskutierten Nationalpark Weitere naturkundlich interessante Ziele und nützliche Adressen in der Region 72 Naturschutzgebiet, Naturpark, Natura 2000 oder Nationalpark? 73 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald 75 Bayerns besondere Verantwortung für die besonderen Buchenwälder 77 Typische und seltene Tier-, Pilz- und Pfl anzenarten des Steigerwaldes 79 Bedenken ernst nehmen – auf Vorteile eines Nationalparks hinweisen 85

Glossar Wanderführer 87

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 3 Verzeichnis Info-Kästen

Tour 1: Von Ebrach zu den dicken Schaufelbuchen r Zwerg- und Halsbandschnäpper ...... 8 r Naturwaldreservat Brunnstube ...... 9 r Dreiherrnbrunnen ...... 10 Tour 2: Über den Handthalgrund zum Naturwaldreservat Waldhaus r Naturwaldreservat Waldhaus: Einzigartiges Juwel unter Deutschlands Buchenwäldern ...... 15 r „Willst du den Wald vernichten, so pflanze nichts als Fichten, Fichten, Fichten“ ...... 16 r Totholz lebt! ...... 17 Tour 3: Auf schattigen Wegen zur Stollburg r Kleinod der Artenvielfalt: Die Weiher im Handthalgrund...... 22 r Ruine Stollburg...... 23 r Ulmensterben ...... 24 r Elsbeere – ein bis zu 300 Jahre altes und 30 Meter hohes Rosengewächs ...... 24 r Abstecher zum Steinernen Kreuz ...... 25 r Historische Waldnutzungsform Mittelwald...... 26 Tour 4: Auf der Suche nach Methusalem r Naturschutzgebiet Spitzenberg bei Ebrach ...... 29 r Wie lange leben Bäume? ...... 30 r Naturschutzgebiet Weihergrund bei Ebrach ...... 33 Tour 5: Auf den Spuren von Bernhard Grzimek r Artenreiches Naturschutzgebiet Spitalgrund – Oberes Volkachtal ...... 35 r Grzimeks Spuren im Steigerwald ...... 37 r Schilfsandstein - einstmals ein begehrter Baustoff ...... 39 Tour 6: Zu den Riesenbuchen in der berühmten Waldabteilung Kleinengelein r Naturdenkmal Wotansborn...... 42 r Naturschutzgebiet Weilersbachtal...... 42 r Fliegenkesselfalle des Aronstabs...... 43 r Waldabteilung Kleinengelein ...... 44 r Schwarzstorch ...... 45 r Fakultativer Exkursionspunkt: Teiche beim Wotansborn ...... 46 Tour 7: Durch gepflegte Wälder zum gepflegten Bier r Auf den Spuren Balthasar Neumanns durch die Glashütten-Wälder ...... 50 r Pflaum´sche Forstwirtschaft: Kahlschlagsfrei, dennoch schlecht für Specht & Co...... 50 r Historische Grenzsteine an der Jagdgrenze zwischen den Hochstiften und Würzburg . . . .51 r Geheimnisvolle Eulen und Waldgeister am Wegesrand...... 52 r Theinheimer Kreuzweg ...... 53 r Viel Holz im Wald – gut für’s Klima! ...... 54 Tour 8: Auf verschlungenen Wegen durch die Schluchtwälder r Geologie des Steigerwalds ...... 58 r Vielfältige Lebensbedingungen in den Schluchtwäldern...... 58 r Lange schallt´s im Walde noch: Salamander lebe hoch! ...... 60 r Frühjahrsblüher im Schattenreich der Buchen- und Schluchtwälder ...... 61 r Uriger Böhlbach ...... 62 Tour 9: Über den Weinberg in die Schluchtwälder r Naturschutzgebiet und Naturwaldreservat Mordgrund ...... 65 r „Naturpark muss bleiben“ ...... 68 r Grundsatz „Wald vor Wild“ ...... 69

4 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Vorwort

Mitteleuropa wäre von Natur aus ein Waldland, ein dürfen, gibt es selbst Land der Buchenwälder. Doch von der einstigen im Steigerwald nur Pracht alter und mächtiger Buchenwälder sind nur in wenigen kleinen wenige Reste erhalten – Inseln inmitten der heuti- Schutzgebieten. Sie gen Kulturlandschaft, Perlen der Natur. Eine dieser sind der große Reich- Perlen liegt im Herzen Frankens, im Steigerwald. tum dieser Region: Ursprüngliche Natur Eingebettet zwischen den Weltkulturerbestätten zum Entdecken und Würzburg und Bamberg ist der Steigerwald ein Staunen. Diesen Reich- ideales Ziel für Tagesausfl üge und mehrtägige Wan- tum können wir ge- derungen. Er ist aus fast ganz Bayern, aber auch aus meinsam erhalten und den angrenzenden Bundesländern gut zu erreichen. mehren. Der globale Naturschutz hat einen Auftrag Als Ausgangspunkt für einige Wanderungen ist auch für uns in Bayern: Schutz der Buchenwälder, Ebrach seit Mai 2011 sogar an Sonn- und Feiertagen die weltweit nur auf kleiner Fläche vorkommen! Die mit Bahn und Bus gut erreichbar (www.vgn.de). Zeit ist reif für Bayerns ersten fränkischen Buchen- Nationalpark im Nordsteigerwald. Auf ausgewählten Routen können Besucher im Nördlichen und Oberen Steigerwald uralte Baum- Der Bund Naturschutz wünscht Ihnen gute Erho- riesen bewundern, mit etwas Glück seltene Tiere lung und viel Freude bei Ihren Naturerlebnissen beobachten und gefährdete Pfl anzen oder im draußen in der Waldnatur des Steigerwaldes. Herbst sogar fi ligrane Pilz-Kunstwerke entdecken. Es ist ein besonderes Anliegen dieses Wanderfüh- rers, Ihnen neben detaillierten Wegbeschreibungen Prof. Dr. Hubert Weiger und Karten auch fundierte Informationen über den 1. Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern Lebensraum der Buchenwälder mitsamt seinen Be- wohnern nahezubringen. Zusätzlich gibt es vielfäl- tige Informationen zu Gastronomie und Übernach- tungsmöglichkeiten sowie zu Natur und Landschaft.

Wir laden Sie herzlich zum Besuch des Steigerwal- des ein. Lernen Sie ein Herzstück bayerisch-fränki- Dank scher Kultur- und Naturlandschaft kennen. Denn Der Bund Naturschutz dankt dem Verein Organische nur was wir kennen, werden wir auch schützen. Wir Müllabfuhr – OMA e.V. (OMA) aus Würzburg für die werben mit diesem Naturwanderführer „Unterwegs fi nanzielle Förderung dieses Wanderführers. Herzli- zum Nationalpark Steigerwald“ für einen besseren cher Dank geht an den Steigerwaldklub und insbe- Schutz dieses fränkischen Waldnaturerbes. Denn sondere an die Aktiven im Freundeskreis National- richtig urige Waldnatur, in der die Bäume groß und park Steigerwald für ihre Mithilfe bei der Erstellung mächtig werden sowie in Würde altern und sterben dieses Wanderführers.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 5 Unterstützen Sie unser Engagement für einen Nationalpark Steigerwald!

Und so können Sie mitmachen:

r Informieren Sie Freunde und Kollegen über die großen Chancen eines Nationalparks im Nordsteigerwald für Mensch und Na- tur. Weiterführende Informationen unter www.ja-zum-nationalpark-steigerwald.de und www.pro-nationalpark-steigerwald.de. r Zeigen Sie Flagge für den ersten Buchenwald- Nationalpark in Bayern, den ersten Frankens, und werben Sie dafür! r Melden Sie sich bei uns und machen Sie bei unse- ren Aktionen mit. r Besuchen Sie den Steigerwald und machen Sie sich selbst ein Bild. Unser Informationsbüro in Ebrach unterstützt Sie gerne dabei (Adresse s. Seite 76). r Treten Sie dem Bund Naturschutz bei und unter- stützen Sie uns mit Ihrem Mitgliedsbeitrag. r Unterschreiben Sie online für Bayerns Naturerbe im Steigerwald bei www.ja-zum-nationalpark- steigerwald.de. r Unterstützen Sie unser Engagement für einen Nationalpark Steigerwald mit einer Spende: Ihre Spende hilft uns, möglichst viele Menschen in der Region zu überzeugen!

Bund Naturschutz Spendenkonto 9 300 000 635 Bank für Sozialwirtschaft BLZ 700 205 00 Verwendungszweck: Steigerwald

6 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Von Ebrach zu den dicken Schaufelbuchen Rundweg: Ebrach - Naturwaldreservat Brunnstube - Ebrach

Tour 1 Von Ebrach zu den dicken Schaufelbuchen

Dieser Rundweg verbindet die herrlichen zu den bedeutendsten Werken der Frühgotik in Kultur- und Naturschätze des Steigerwaldes. Deutschland zählt (siehe Karte 1 ). Vom malerisch gelegenen Ebrach und seinen Rechter Hand folgt anschließend der Kräutergar- prächtigen Klosterbauten aus wandern wir ten der Justizvollzugsanstalt Ebrach, auf der linken oberhalb des Horbachgrundes. Anschließend Seite das Ebracher Rathaus. Direkt links daneben ist umrunden wir das Naturwaldreservat Brunn- das Informationsbüro des Freundeskreises National- stube mit seinen uralten Schaufelbuchen. Am park Steigerwald untergebracht. Dreiherrnbrunnen lassen wir uns von einem An der Kreuzung nach dem Bamberger Tor folgen wir kühlen Quellbach bezaubern. Ein schmaler Pfad der Neudorfer Straße nach links Richtung Eltmann/ und schließlich der Ebracher Panoramaweg Haßfurt. Nach ca. 200 Metern biegen wir an der Apo- führen uns zurück ins kulturelle Zentrum des theke nach rechts ab und gehen die Brucksteigstraße Steigerwaldes. hinunter. Ab hier folgen wir bis zum Naturwaldre- Wir erreichen den Felsenkellerparkplatz in Ebrach, indem wir - vom Marktplatz kommend – von der Würzburger Straße (B 22) nach rechts in die Wald- straße abbiegen. Wir folgen dieser über die ehema- ligen Bahngleise bergauf. Am Ende der Waldstraße biegen wir links in die Felsenkellerstraße ein. Dort befi ndet sich gleich links ein beschilderter kleiner Parkplatz, von dem unsere Wanderung startet. Vom Parkplatz an der Felsenkellerstraße aus gehen wir Parkplatz Felsenkellerstraße in Ebrach zuerst die Waldstraße hinunter zum Marktplatz. Ausgangs- und Endpunkt: Anforderungen: Leichte Wanderung mit einigen leichten Steigungen Dort wählen wir die Bamberger Straße und gehen Ca. 8 km, etwa 2,5 Stunden Strecke/Gehzeit: entlang der ehemaligen Klosteranlage. Vom Parkplatz Brunnstube aus ca. 4 km, Routenvariante: Der prachtvolle Bau war die erste rechtsrheinische Gehzeit etwa 1 Stunde Horbachgrund, Naturwaldreservat Brunnstube, Zisterziensergründung im Jahre 1127. Heute befi n- Besonderheiten: den sich hier eine Justizvollzugsanstalt und das Mu- Dreiherrnbrunnen Eine Busverbindung von Bamberg nach seum zur Ebracher Abteigeschichte. Ein Stück weiter Öff entliche Verkehrsmittel: sehen wir die wunderschöne ehemalige Klosterkir- Ebrach besteht wochentags (Mo-Fr) mit der Linie 991 der Omnibusverkehr Franken GmbH (www.reiseauskunft.bahn.de). che, die mit ihrer farbenprächtigen Fensterrosette Über die VGN-Freizeitlinie 990 ist Ebrach seit Mai 2011 auch an Sonn- und Feiertagen mit Bus und Bahn erreichbar (www.vgn.de). Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 7 Tour 1: Von Ebrach zu den dicken Schaufelbuchen

servat Brunnstube den Wegmarkierungen E3 und Weiter geht es auf dem mit E1 markierten Brunn- E8. Nachdem wir das letzte Haus passiert haben, weg immer geradeaus. geht es zwischen dem eingezäunten Regenrückhal- Unterhalb des Weges schlängelt sich ein kleiner tebecken und dem neu gebauten Radweg hinunter Waldbach, an dessen Ufer die natürliche Waldge- in den Horbachgrund. Auf einer kleinen Holzbrü- sellschaft mit Schwarzerlen und Eschen zu finden cke überqueren wir zuerst den Harbach und dann ist. Die früher auf diesen Nassstandorten häufig den Wiesengrund am Rande des neu angelegten angepflanzten Fichten fallen zunehmend Borken- Mountainbike-Geländes. Vom Waldrand führt uns käfern und Windwürfen zum Opfer. Das zeigen die direkt neben einer dicken Alteiche und einem weiß aufgestellten Wurzelteller. Wo der Boden nicht markierten Grenzstein ein schmaler, steiler Fußpfad dauerhaft nass ist, lösen Eichen und Hainbuchen den Berg hinauf bis zur Forststraße. Wir wenden uns den Auwald ab. Mit ansteigendem Gelände kom- auf der geschotterten Forststraße nach links. men immer mehr Buchen dazu, die keine „nassen Drunten im Horbachgrund können wir einen Weiher Füße“ mögen. Entlang des Brunnweges hat das erkennen. Nach kurzer Wegstrecke öffnet sich linker vormalige Forstamt Ebrach etliche Tümpel ange- Hand der Blick auf den Wiesengrund und einzelne legt (siehe Karte 5 , 8 , 9 , 12 ), an denen mit Häuser am Gegenhang. An dieser Stelle wurde 1938 etwas Glück der Schwarzstorch beobachtet wer- der Ebracher Götze gefunden, eine ca. 120 Zentime- den kann. ter hohe Steinfigur, die der Frühgeschichte Frankens zuzuordnen ist und einen Gott oder Götzen darstel- Zwerg- und Halsbandschnäpper len soll (siehe Karte 2 ). Sie steht jetzt im Museum Zwei Attraktionen des Nordsteigerwaldes sind der Geschichte Ebrachs. die seltenen Halsbandschnäpper (Rote Liste Oberhalb unseres Wanderweges befindet sich in Deutschland: gefährdet) und Zwergschnäpper der Waldabteilung Brucksteig einer der ältesten (Rote Liste Bayern: stark gefährdet). Der Hals- Buchenbestände des Steigerwaldes, der außer- bandschnäpper ist ein überaus eleganter Flug- halb der Naturwaldreservate erhalten wurde. Die künstler (s. Foto). Er besiedelt alte, totholzreiche alten Buchen erreichen hier ein Alter von weit über Buchenbestände, die wenigstens acht als Brut- 250 Jahren. Ist Ihnen z.B. die dicke Uraltbuche mit nischen geeignete Specht- und Faulhöhlen pro Rissen in der Rinde direkt am Wegesrand aufge- Hektar aufweisen müssen. fallen (siehe Karte 3 )? Unter der abstehenden Halsbandschnäpper Rinde haben Waldfledermäuse ihre Schlafplätze und Sommerquartiere. Wir folgen weiter den E8-Markierungen bis zur Steigerwald-Höhenstraße (St. 2258). Bitte auf den Straßenverkehr achten! Auf der Teerstraße angekommen biegen wir zuerst links ab und nach nur 30 Metern wieder rechts in einen Forstweg mit der Markierung E1. Vor uns liegt das Naturwaldreservat Brunnstube, in dem sich auf kleiner Fläche ein einzigartiger „Urwald von morgen“ entwickeln darf (siehe Infokasten, Karte Noch höhere Ansprüche stellt der Zwergschnäp- 4 ). Das Naturwaldreservat ist als Naturschutzgebiet per, dessen glockenreinen Gesang man aber geschützt und darf abseits der gekennzeichneten nicht jedes Jahr in urwaldähnlichen Buchenre- Wege nicht betreten werden. servaten vernehmen kann.

8 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 1: Von Ebrach zu den dicken Schaufelbuchen

Naturwaldreservat Brunnstube genannte „Napoleonbuche“ standen schon, als Na- Dieses Naturwaldreservat (siehe Karte 4 ) wur- poleon 1806 mit seinem Heer unter ihnen dahinzog. de 1978 ausgewiesen und 1997 auf ca. 50 Hektar Bereits damals waren sie 150 Jahre alt – älter als erweitert. Seit 2001 ist die Fläche als Naturschutz- die meisten Buchen heute, die im Wirtschaftswald gebiet mit dem Ziel unter Schutz gestellt, die immer jünger gefällt werden. naturnahen und charakteristischen Laubwaldge- Die Uralt-Buchen im Naturwaldreservat Brunnstu- sellschaften des Steigerwaldes zu erhalten und be erreichen Brusthöhendurchmesser (gemessen ihre unbeeinfl usste Entwicklung zu sichern. Damit in 1,3 Meter Höhe) von bis zu 135 Zentimetern. soll ihre typische Tier- und Pfl anzenwelt geschützt Erhalten wurde dieses Kleinod, weil bis ca. 1950 werden. nur Einzelbäume entnommen worden sind und danach keine Holznutzung mehr stattfand. Die- ser einmalige urwaldartige Buchenwald bietet zahlreichen Tier-, Pilz- und Pfl anzenarten einen Lebensraum, wie er im Wirtschaftwald so nicht existiert. Ab dem Spätwinter können hier Grau-, Schwarz- und Mittelspecht bei der Balz und dem Höhlenbau beobachtet werden. Auch der ansonsten sehr seltene und wunderschön „Forschungsobjekt“ Totholz anzuschauende Halsbandschnäpper fi ndet hier Die Kernfl äche des Reservates (siehe Karte 4 ) in den vielen alten Bäumen genügend Höhlen bildet ein nur wenige Hektar großer, 210 Jahre al- für seine Jungenaufzucht. Im Herbst erscheint ter Buchenbestand. Daneben sind hier etliche über mit dem seltenen Igelstachelbart außerdem ein 300-jährige Buchen, die sogenannten „Schaufelbu- attraktiver Pilz. chen“ zu fi nden. Die Schaufelbuchen mussten im Steigerwald richtig alt und dick werden, um aus ihnen Getreideschaufeln „aus einem Stück“ fertigen zu können. Ein Teil der Kernfl äche ist eingezäunt, um ein natürliches Aufwachsen der jungen Bäume ohne Wildverbiss zu ermöglichen. Im Reservat stehen noch Bäume und Baumrelikte wie die „Hans-Eisen- mann-Buche“, von der noch ein mächtiger Baum- stumpf zeugt, nachdem ein Sturm die riesige Krone Igelstachelbart umgerissen hat. Viele der alten Buchen wie die so-

Auf der rechten Seite des Brunnweges am Ende entnommen. Dadurch gingen die ursprünglich des Naturwaldreservates, fällt der Unterschied zum vorhandenen, wertvollen Lebensräume verloren. Wirtschaftswald deutlich ins Auge. In der Abteilung Um 1850 hat hier in der Abteilung Störleinsgrund Brunnstube und in der nördlich angrenzenden Ab- in einem Schaufelbuchenbestand der Arzt und Na- teilung Störleinsgrund treff en wir auf junge Laub- turforscher Ignaz Kress den „Urwaldzeiger“ Zwerg- wälder, die nach dem früher typischen Verjüngungs- schnäpper erstmals für den Steigerwald festgestellt verfahren entstanden sind (siehe Karte 6 ). Alte und dessen Verhalten sehr detailliert beschrieben Bäume und Biotopbäume wurden damals auf gro- (s. Infokasten Seite 8). ßer Fläche in einem Zug gefällt, also im Kahlschlag

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 9 Tour 1: Von Ebrach zu den dicken Schaufelbuchen

Dreiherrnbrunnen Der Dreiherrnbrunnen ist ein naturnaher Quell- bereich mit etlichen alten, stattlichen Roterlen. Ein Stück oberhalb ruht ein Fels, der als Tisch dienen soll, links und rechts davon stehen ver- witterte Holzbänke. Es ist ein wundervoller Platz, an dem man die Seele baumeln lassen Naturwaldreservat Brunnstube und den Geräuschen des Waldes lauschen kann – dem Gemurmel des Baches und dem Zwit- In den letzten Resten dieser Buchenwälder brütet schern der Vögel. Die Dreiherrnquelle speist das heute noch der Grauspecht. Ein Stück weiter stoßen sich direkt am Weg entlang schlängelnde Bäch- wir rechts des Brunnweges auf einen Teppich aus lein. Dort tummeln sich Steinforelle und der we- Schlangen-Bärlapp (s. Karte 7 ). Früher wurde die gen der Krebspest selten gewordene Steinkrebs. Pflanze als Aphrodisiakum und Heilpflanze (z.B. die Sporen als Puder gegen Wundsein) verwendet. Wir folgen dem Brunnweg bis zu einer Kreuzung, Auf dem E7 weitergehend, biegen wir am Parkplatz an der fünf Wege aufeinander stoßen. Wir biegen Brunnstube kurz vor der Steigerwald-Höhenstraße den zweiten unmarkierten Weg etwa im 90° Winkel rechts auf den mit E7 und E8 gekennzeichneten nach links ab, gehen also nicht den E1 hinein. Walter-Hartmann-Weg ab. Wir überqueren ein Linker Hand können wir einige mit Immergrün be- Holzbrücklein und folgen dem mit feinem Basalt- wachsene Stellen entdecken. Immergrün ist eine splitt befestigten Fußweg Richtung Ebrach. Der Zeigerpflanze, die auf „Störungen“ der Vegetation, Fußpfad mündet in einen Erdweg, der uns schließ- z.B. auf alte Siedlungsreste hinweist. lich bis an den Ortsrand von Ebrach führt. Kurz bevor Wir folgen dem unmarkierten Wirtschaftsweg in wir wieder auf die Steigerwald-Höhenstraße tref- einer langgezogenen Rechtskurve bergab, bis wir fen, wenden wir uns nach rechts und folgen dem im Talgrund auf den Dreiherrnweg treffen. Dort mit einem Feuersalamander gekennzeichneten biegen wir nach links ab und nehmen den E7- Weg. Wir gehen zuerst am Waldrand entlang den Wanderweg talabwärts Richtung Ebrach. Nach Hang hinauf, an einer Parkbucht vorbei und folgen etwa 250 Metern stoßen wir linker Hand auf Res- dann dem Weg zwischen der letzten Häuserzeile te sehr alter Buchenbestände der Waldabteilung und einer Obstbaumanpflanzung nach links. Holzkreuz (siehe Karte 10 ). Einige der Bäume sind An der Hangkante entlang laufend, genießen wir mit einem roten „M“ als „Methusalembäume“ ge- diesen Teil des Ebracher Panoramawegs mit einem kennzeichnet. Nach den derzeitigen Plänen will der wunderschönen Blick auf Ebrach und Umgebung. Forstbetrieb Ebrach diese markierten „Methusa- Am Waldrand angekommen, steigen wir die Treppe lembäume“ erhalten. Es bleibt zu hoffen, dass die ein Stück durch den Wald hinunter und erreichen vielen anderen nicht in dieser Weise gekennzeich- über eine zweite Treppe wieder den Parkplatz an neten Methusalembäume, die auf großen Flächen der Felsenkellerstraße. Nach rechts geht es zum abseits der Wanderwege vorkommen, ebenfalls ge- Waldspielplatz. schützt werden. Nach wenigen 100 Metern können wir rechts das Schild „Dreiherrnbrunnen“ entdecken (siehe Infokasten, Karte 11 ).

10 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 1: Von Ebrach zu den dicken Schaufelbuchen

Weitere Einkehrmöglichkeiten: r$BGF4FOEOFS &CSBDI .BSLUQMBU[  Tel. 09553 – 224 r4&3764-" (SP“HSFTTJOHFO  Koster-Ebrach-Str. 4 , Tel. 09553 - 9899922 r1J[[FSJB5SF$PMPSJ &CSBDI #BNCFSHFS4US  Tel. 09553 – 989020 r.BSJPOAT$BGÊ,POEJUPSFJ ,MFJOHSFTTJOHFS Str. 18, Großgressingen, Tel. 09553 - 9899700 Übernachtungsmöglichkeiten in Pensionen und Ferienwohnungen: r1FOTJPO)PSTU,BJTFS &CSBDI #SVDLTUFJHTUS  Tel. 09553-1250 r'FSJFOXPIOVOH)VCFSU3ÕEJOH &CSBDI  Lausbühlstr. 11, Tel. 09553 - 981027 r'FSJFOXPIOVOH,VMMJH (SP“HSFTTJOHFO  St. Rochusstr. 30, Tel. 09553 – 1018 r'FSJFOXPIOVOH6MSJDI (SP“HSFTTJOHFO ,MFJO gressinger Str. 18, Tel. 09553-445 od. 1600 r'FSJFOIBVTJN4UFJHFSXBME (SP“HSFTTJOHFO  Kleingressinger Str. 21, Tel. 09553 – 1019, www.ferienhaus-im-steigerwald.de r'FSJFOXPIOVOH'BNJMJF4BVFSTDIFMM (SP“ gressingen, Neuburgstr. 9, Tel. 09553 – 1511 r'FSJFOIBVT4UFJHFSXBME3PNBOUJL  Kleingressingen 6, Tel. 09861 - 709353, www.fewo-direkt, Objekt-Nr. 790859 Besichtigungen und Führungen: r,MPTUFSLJSDIF&CSBDIHFÕíOFUWPN"QSJM bis 31. Oktober, von 10.00 bis 12.00 Uhr und 14.00 bis 18.00 Uhr (Kirchenführung: Tel. 09553 – 266) r5SFQQFOIBVTVOE,BJTFSTBBMJOEFS+VTUJ[WPMM zugsanstalt Ebrach (ehemaliges Kloster): Nützliche Informationen: 01. April bis 31. Oktober täglich Führungen um Markt Ebrach (PLZ 96157) mit Ortsteilen Großbirkach, Klein- und 10.30 und 14.30 Uhr (Gruppenführungen: Großgressingen Tel. 09553 – 17-150) Gaststätten mit Unterkunftsmöglichkeiten: r.VTFVNEFS(FTDIJDIUF&CSBDITJNFIFNBMJ r)JTUPSJLIPUFM,MPTUFSCSÅV &CSBDI .BSLUQMBU[ 5FMm  gen Zisterzienserkloster, vom 01. April bis 31. www.landidyll.com/klosterbraeu Oktober täglich geöff net von 14.00 bis 16.00 r(BTUIPG;VN"MUFO#BIOIPG &CSBDI #BIOIPGTUS 5FMm  Uhr (Gruppenführungen: Tel. 09553 –92200) www.gaststaette-zum-alten-bahnhof.de r'ÛISVOHFOJNt(FTBNUQBLFUi ,MPTUFSLJSDIF  r(BTUIBVT4DIXBS[FS"EMFS (SP“CJSLBDI "N"OHFS 5FMm  Treppenhaus, Kaisersaal sowie das Museum www.schwarzer-adler-grossbirkach.de zur Geschichte Ebrachs): Tel. 09553 – 92200 r$BGF1SÅMBUVS'FSJFOXPIOVOHFO &CSBDI .BSLQMBU[ 5FMm  r(SP“CJSLBDIFWBOH1GBSSLJSDIF4U+PIBOOFT  www.baeckerei-achtziger.de romanisch, Relief aus dem 11. Jahrhundert Weitere Informationen unter www.ebrach.de.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 11 Tour 1: Von Ebrach zu den dicken Schaufelbuchen

Mächtige Buchenstämme im Naturwaldreservat Brunnstube

Exkursion ins Naturwaldreservat Brunnstube, das nur mit Genehmigung betreten werden darf

12 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Über den Handthalgrund zum Naturwaldreservat Waldhaus Rundweg: Ebrach – Naturschutzgebiet und Naturwaldreservat Waldhaus - Ebrach Tour 2 Über den Handthalgrund zum Natur- waldreservat Waldhaus

Das ca. 90 Hektar große Naturwaldreservat ersten abgehenden, schmaleren Fußweg nach links, Waldhaus steht im Mittelpunkt dieser gemüt- der parallel zur Bebauung verläuft. Wir lassen also lichen Rundwanderung inmitten eines der die abgehende breitere Forststraße rechts liegen. schönsten geschlossenen Buchenwaldgebiete Dieser hübsche Weg, den mehrere Feldahorne säu- Deutschlands. Der Rundweg führt zuerst an men, führt uns oberhalb der Siedlung zum Handtha- einem urigen Waldrand und einer idyllischen ler Graben und seinen Weihern. Die „E2“-Markierun- Weiherkette entlang. Danach umrunden wir gen tauchen erst später wieder auf. Die Weiher im das Naturwaldreservat Waldhaus und kehren Handthalgrund wurden von den Zisterziensern zur schließlich über den Michelauer Richtweg Fischzucht, Wasserversorgung und -regulierung an- zurück zum Ausgangspunkt. Teiche, Hecken gelegt (Details siehe Infokasten , S. 22). und Wälder sorgen für abwechslungsreichen Entlang der Wegstrecke fallen mächtige Vogelkir- Wandergenuss. Das Naturschutzgebiet und das schen (Baum des Jahres 2010) und alte Hainbu- Naturwaldreservat Waldhaus beherbergen eine chen mit ihrer weiß gebänderten Rinde ins Auge. immense Artenfülle und etliche gefährdete Ganz unten am Hang, zwischen Weihern und Weg, Arten, die wir mit etwas Glück beobachten wächst ein Eichen-Hainbuchen-Wald. Eichen und können. Hainbuchen vertragen die wechselnde Boden- feuchte der Tonböden besser als die Buchen. Die- Wir erreichen den Felsenkellerparkplatz in Ebrach, se siedeln sich weiter oben am Hang an, um den indem wir – vom Marktplatz kommend – von der Würzburger Straße nach rechts in die Waldstraße Parkplatz Felsenkellerstraße in Ebrach Ausgangs- und Endpunkt: abbiegen. Wir folgen dieser über die ehemaligen Anforderungen: Leichte Wanderung mit einzelnen Bahngleise bergauf. Am Ende der Waldstraße bie- moderaten Steigungen ca. 9 km, Gehzeit etwa 2 – 3 Stunden gen wir links in die Felsenkellerstraße ein. Dort Strecke/Gehzeit: Abkürzung nach den Weihern, Gehzeit etwa 1 Stunde Routenvariation: befi ndet sich gleich links ein beschilderter, kleiner Naturwaldreservat Waldhaus, naturnahe Weiherkette Parkplatz, von dem unsere Wanderung startet. Besonderheiten: Eine Busverbindung von Bamberg nach Öff entliche Verkehrsmittel: Zunächst nehmen wir die Forststraße bergauf (Rich- Ebrach besteht wochentags (Mo-Fr) mit der Linie 991 der Omnibusverkehr tung „Rundweg Steinernes Kreuz“, Markierung E2) Franken GmbH (www.reiseauskunft.bahn.de).rach seit Mai 2011 auch an Sonn- und und sehen rechts oberhalb im Wald einen Kinder- Über die VGN-Freizeitlinie 990 ist Eb spielplatz. Nach kurzer Wegstrecke folgen wir dem Feiertagen mit Bus und Bahn erreichbar (www.vgn.de).

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 13 Tour 2: Über den Handthalgrund zum Naturwaldreservat Waldhaus

An den alten Bäumen unterhalb des Weges gibt es eine Menge zu entdecken. Hier wachsen Bäume, die im Wirtschaftswald üblicherweise ausgesondert werden: Bäume mit Drehwuchs, geteilten Stäm- men (Zwiesel) oder Knollen. Neben reichlich Totholz finden sich auch abgebrochene Bäume mit Höhlen und Baumpilzen, wie z.B. dem Zunderschwamm. Hier kann man Vogelarten wie Kleiber, Baumläufer und Spechte beobachten. Wurzelteller umgekippter „Baumriesen“ dienen als Wohnraum für Zaunkönig, Rotkehlchen oder Eisvogel. Im weiteren Wegverlauf kann man rechts des Weges immer wieder Fichtenbestände sehen, die in Teilen zusammengebrochen sind, weil sie für die tonigen Standorte und das Klima im Steigerwald nicht ge- eignet sind. Nach einer Wegbiegung mit Bank (hier kreuzt ein Bach unter dem Weg) sehen wir links ein interes- santes Dreiergespann aus bemoosten Buchen: Eine Buche mit tief geteiltem Stamm, die nächste mit „nassen Füßen“ durch die winterliche Staunässe Drehwuchs und anschließend einen Baum mit Loch zu entgehen. Außerdem werden die Wurzeln der im „Schoß“. Links unterhalb wächst ein naturnaher Buchen (anders als bei Eichen) auf den Lehrberg- Erlen-Bruchwald. tonen durch tiefreichende Schwundrisse infolge Der Weg führt uns etwas weg von den Weihern und sommerlicher Trockenperioden geschädigt. Als mündet in eine kleine T-Kreuzung (s. Karte 2 ). Der weitere Baumarten finden wir die Sandbirke, die nun rechts abbiegende Weg bietet die Möglichkeit, Zitterpappel und den Feldahorn. Der Feldahorn die Wanderung auf insgesamt etwa eine Stunde ab- hat nicht nur die kleinsten Blätter unserer heimi- zukürzen. Dazu gehen wir etwa 750 Meter bergauf, schen Ahorngewächse, sondern auch die weichste bis wir auf einen breiten, geschotterten Forstweg Borke: Sie lässt sich problemlos mit dem Finger- stoßen. Dort biegen wir rechts ab und folgen der nagel eindrücken. Daran kann diese Baumart gut E2-Markierung auf dem schnurgerade verlaufenden auch während der unbelaubten Zeit des Jahres „Michelauer Richtweg“ nach Ebrach zum Felsenkel- erkannt werden, ebenso wie an den weichen lerparkplatz. Korkleisten, die an den Zweigen entlanglaufen. An der Kreuzung können wir über einen natürlichen Wir gelangen schließlich an eine Kreuzung, die Auwald aus Schwarzerlen und Eschen hinweg einen ein kleines dreieckiges Waldstück einschließt. Bei schönen Blick auf das Naturwaldreservat Waldhaus dem Baum direkt hinter dem Schild „2 km, Ebrach“ werfen, das als Naturschutzgebiet geschützt ist und handelt es sich um eine stattliche Elsbeere (s. Karte nicht abseits der Forstwege betreten werden darf (s. 1 , s. Foto). Zu ihren Füßen kann man im Frühjahr Infokasten, Karte 3 ). die Blüten einer violetten Schmarotzerpflanze, die Laubholz-Schuppenwurz, bewundern. Wir folgen weiter dem E2 geradeaus.

14 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 2: Über den Handthalgrund zum Naturwaldreservat Waldhaus

Ästigen Stachelbart, der wie blühende Eiskristal- le morsche Buchenstämme überzieht (s. Foto), bis hin zum unscheinbaren Mosaik-Schichtpilz. Letzterer ist eine Urwaldreliktart, die nur auf bereits stärker zersetztem Kernholz toter Eichen ihre mosaiksteinchenartigen Fruchtkörper aus- bildet. Ästiger Stachelbart An einigen der besonders dicken Altbuchen wurde mit dem Grünen Besenmoos eine Be- Naturwaldreservat Waldhaus: sonderheit im Buchenwald entdeckt – in den Einzigartiges Juwel unter schattigen Buchenwäldern gedeihen ansonsten sehr wenige Moosarten. Das Grüne Besenmoos Deutschlands Buchenwäldern ist eine lichtbedürftige, in Bayern insgesamt Seit über 30 Jahren nicht mehr genutzt, konnte gefährdete Moosart, die die Stämme alter und sich der Wald im Naturwaldreservat Waldhaus sehr dicker Buchen besiedelt. Es ist in Ober- und ungestört entwickeln. Von ehemals nur zehn Mittelfranken nur noch in den wenigen alten Bu- Hektar wurde es 1998 auf ca. 90 Hektar erweitert chenwäldern zu fi nden. und zusammen mit den Handthalweihern als Na- Auf der ehemaligen Kernfl äche des Naturwald- turschutzgebiet gesetzlich geschützt. reservats mit ihren bis zu 300 Jahre alten Buchen Das Naturwaldreservat Waldhaus gilt mittlerwei- herrscht eine immense Artenfülle. Allein auf die- le als eines der am besten untersuchten Waldge- sen zehn Hektar Buchenwald wurden 407 Groß- biete Deutschlands. Dort konnte man viel über pilzarten, 349 Nachtschmetterlingsarten und den natürlichen Artenreichtum von Buchenwäl- 289 holzbewohnende Käferarten festgestellt. dern herausfi nden: Fledermausforscher brachten Hier leben auch 15 der 24 in Bayern heimischen Aufnahmegeräte hoch in die Baumkronen, um Fledermausarten. Viele dieser Arten kommen mit den aufgenommenen Stimmen die jeweilige nur in alten Laubwäldern vor, sind zumeist stark Fledermausart festzustellen. Käferspezialisten gefährdet und gelten als Schirm- oder Zeigerar- bestimmten unzählige der sechsbeinigen Krab- ten. Diese haben sehr spezielle Ansprüche an die beltiere und auch für den Pilz-Kenner gab es viel Qualität und die Größe ihres Lebensraums. Das zu entdecken. Die Palette reicht vom auff älligen Auftreten von Zeigerarten deutet also darauf hin, Zunderschwamm (einem Baumpilz an dem zwei dass der betreff ende Lebensraum eine besondere Dutzend Pilzkäferarten leben) über den bizarren Qualität aufweist. Eine typische Zeigerart ist bei- spielsweise der holzbewohnende Käfer Eremit (s. Foto), der nur in Höhlen alter Bäume zu fi nden ist.

Für die längere Route folgen wir dem Schild „Handthal“ nach links. Nach der Kurve kreuzt ein Weg zur anderen Talseite, wir bleiben aber auf un- serem Weg und folgen dem E2 Richtung „Handthal, Eremit 2,5 km“ weiter geradeaus. Wir blicken nun links des Weges auf ein kleines Wiesental.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 15 Tour 2: Über den Handthalgrund zum Naturwaldreservat Waldhaus

„Willst du den Wald vernichten, so pflanze nichts als Fichten, Fichten, Fichten“ Mit diesen Worten beginnt ein Mahnspruch, den 1903 der badische Förster Felix von Hornstein nach einem schweren Orkan mit großen Wind- schäden in Stein meißeln ließ. In der Vergangen- heit wurde die Fichte weit über ihr natürliches Verbreitungsgebiet hinweg angebaut, weil man Ringelnatter sich größere Erträge versprach, so auch im Stei- gerwald. Von Natur aus kommt die Fichte im Entlang unseres Weges zieht sich eine üppige Hecke Steigerwald und weiten Bereichen Bayerns gar aus Hartriegel, Holunder, Pfaffenhütchen, Wildbir- nicht vor. Der ursprüngliche Anteil von knapp ne und Gemeinem Schneeball. Am Bachrand wach- 10 % wurde in Bayern auf über 40 % ausgewei- sen die kugelförmigen Büsche der Öhrchenweide. tet. Lediglich in Hochlagen der Mittelgebirge, in Diese heißt so, weil jedes der großen, verkehrt den Alpen und auf moorigen Standorten ist die eiförmigen Blätter ein kleines „öhrchenförmiges“ Fichte von Natur aus zu finden. Weil Fichten aber Gegenüber hat. Am Bach kann man mit etwas Glück in vielen Gegenden nicht an Klima und Böden die Gebirgsstelze beobachten. Ein metallisches angepasst sind, nehmen seit Jahrzehnten die „ziss-ziss“ deutet auf ihre Anwesenheit hin. Wähnt Ausfälle zu. Insbesondere der Steigerwald mit sie ihren Brutplatz in Gefahr, lässt sie ein scharfes seinem warm-trockenen Klima und den tonigen „siebzickzick“ erklingen. Im südlichen Teil der Frei- Böden erweist sich für den Anbau der Fichte, fläche existieren einige alte Amphibientümpel. Von wie auch der Lärche, Kiefer oder Douglasie als dort ertönt im Sommerhalbjahr ein lautes Konzert denkbar ungeeignet. Deshalb erreichen viele der zahllosen Grünfrösche. Dort fühlt sich auch die Nadelbäume kein höheres Alter, sondern fallen scheue Ringelnatter wohl, Frösche sind schließlich bereits in jungen Jahren den Stürmen, Dürre- ihre Leibspeise (s. Foto). Der westliche Teil der Wie- perioden und dem Borkenkäfer zum Opfer. In se wurde leider mit fremdländischen Zuchtpappeln Fichtenbeständen versauert der Boden durch aufgeforstet. Darunter hat sich ein reicher Unter- die Anhäufung der sauren Nadelstreu. Fichten wuchs aus heimischen Traubenkirschen entwickelt. sind Flachwurzler, das bedeutet, dass ihre Wur- Am Ende des Naturwaldreservats biegen wir nach zeln nicht in die Tiefe gehen und dort den Baum rechts ab und folgen dem Schild „Radweg Rui- entsprechend stabil verankern, sondern dass das ne Stollburg, Geusfeld“ bergauf. Links sehen wir Wurzelwerk wie ein umgedrehter flacher Teller nun eine ca. 80 Meter x 50 Meter große Fichten- nur in den obersten Bodenschichten verhaftet Windwurffläche (s. Karte 4 ). Hier hat im Januar ist. Bei stärkeren Windereignissen bieten die 2007 der Orkan Kyrill, wie auf zahlreichen anderen flachwurzelnden Fichten eine ideale Angriffs- Waldflächen auch, die standortfremden Fichten fläche für den Wind und werden großflächig umgeworfen (s. Infokasten). Wegen des drohen- umgeworfen. Man kann einen Windwurf gut den Borkenkäferbefalls wurde nahezu das gesamte an den umgekippten oder aufgestellten Wurzel- geworfene Holz aufgearbeitet, also aus dem Wald tellern und einzelnen höheren Baumstümpfen entfernt. erkennen. Bei regulären Fällungen werden die

16 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 2: Über den Handthalgrund zum Naturwaldreservat Waldhaus

Bäume möglichst nah an der Bodenoberfl ä- Totholz lebt! che geschnitten. Die Fichten sind bei stärkeren Uraltbäume sind schon zu Lebzeiten, aber auch Stürmen immer deutlich mehr betroff en als die später als Totholz die wichtigsten Bewahrer der tiefer wurzelnden Baumarten Buche, Eiche oder Artenvielfalt unseres Urwalderbes. Baumindi- Tanne. Wie alle Monokulturen zeigt sich auch die viduen, die den natürlichen Zyklus des Heran- Fichte im Reinanbau als sehr anfällig für Schädi- wachsens, Reifens, Alterns bis zum Absterben gungen durch Rotfäule (verursacht durch Holz- und Zerfall in allen Phasen durchleben, sichern pilze wie den Hallimasch oder den Rotfäulepilz) den natürlichen Artenreichtum an Pilzen, baum- oder für den Borkenkäfer. Der Klimawandel ver- bewohnenden Moosen und Flechten, Insekten, schärft die Lage für die Fichten im Steigerwald Vögeln und Kleinsäugern, insbesondere Fle- zusehends, so dass die Staatswälder, laut Aus- dermäusen. Im Urwald konnten sich in langen kunft des Forstbetriebes Ebrach, binnen weniger Evolutionszeiträumen Tausende von Arten darauf Jahre fi chtenfrei sein dürften. spezialisieren, die gewaltige Biomasse solcher Baumpatriarchen erst zu besiedeln, dann zu Wir wandern weiter an der Grenze des Naturwald- verwerten und schließlich wieder zu Humus zu reservats Waldhaus entlang. Etwa 200 Meter nach verwandeln. In den Wirtschaftswäldern fehlen der Kreuzung im Handthalgrund beginnt links des solche Baummethusaleme fast vollständig – das Weges ein zweischichtiger Buchenmischbestand, Totholz ist auf einen Bruchteil seiner natürlichen der typisch ist für die naturgemäße Buchenwald- Menge zurückgedrängt. Damit ist die Artenviel- wirtschaft vergangener Jahre (s. Karte 5 ). Rechts falt der natürlichen Lebensgemeinschaften im des Weges befi nden sich Ausläufer des Naturwald- Wald stark reduziert. reservats Waldhaus. Besonders wichtig ist das reich- In Mitteleuropa sind allein bei den Käfern 1350 lich vorhandene Totholz für viele Tier- und Pfl anzen- Arten an Holzbiotope gebunden, bei den Groß- arten, aber auch für Pilzarten. pilzen mindestens 600 Arten. Mehr als die Hälfte dieser holzbewohnenden Arten ist heute in ih- rem Bestand gefährdet. Dies gilt auch für höh- lenbrütende Vogelarten, bei denen z.B. von den acht waldtypischen Spechtarten in Bayern nicht weniger als sechs auf der Roten Liste der gefähr- deten Arten stehen. Stehendes Totholz wird von zahlreichen Arten besiedelt. Totholz bietet aber nicht nur selbst vie- le Strukturen, sondern schaff t auch welche. Fal- len die abgestorbenen Bäume um, werden neue Strukturen geschaff en: Ganze Bäume werden umgerissen, Äste abgerissen, kleine Lichtungen entstehen, in denen sich der Wald kleinfl ächig wieder erneuern kann. Das liegende Totholz wird von anderen Arten besiedelt. Letztendlich wird es wieder zu Humus und Erde. Der Kreislauf Lebensraum Totholz schließt sich. Totholz lebt!

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 17 Tour 2: Über den Handthalgrund zum Naturwaldreservat Waldhaus

Die nächste Kreuzung überqueren wir geradeaus in Gleich nach der Abzweigung stoßen wir linker Richtung Geusfeld. Die ehemalige Forststraße, die Hand auf eine besonders dicke und respektable nach rechts ins Naturwaldreservat abzweigt, wird Buche, an welcher eine etwas bemooste Bank nicht mehr genutzt und wurde rückgebaut. steht. Entlang des Weges stehen immer wieder Wir wandern jetzt an einem rechts des Weges mit „M“ gekennzeichnete Methusalembuchen, gelegenen, ausgedehnten ca. 150-jährigen Bu- die einen Durchmesser von bis zu einem Meter chenwald der Abteilung „Erlensumpf“ entlang. besitzen. Diese einzelnen Altbuchen werden vom Wie der Name sagt, ist es hier örtlich sehr feucht. Forstbetrieb nicht eingeschlagen und dürfen in Wie im Forst früher üblich, wurden auch hier die Würde altern. Wälder durch Entwässerung trocken gelegt, so dass Weiter geht es auf dem Michelauer Richtweg, der nur noch kleinflächig Schwarzerlen übrig blieben kerzengerade, aber mit etlichen wechselnden (s. Karte 6 ). Steigungen von Ebrach in Richtung Michelau ver- Links des Weges schlängelt sich ein kleiner Bach läuft. Wir wandern entlang von 100 -130 jährigen entlang. An ihm wachsen ausgedehnte Bestände Buchenmischwäldern der Waldabteilungen Winter- des Wechsel- und Gegenständigen Milzkrautes. rangen, Dreibrunn und Lausbühl, die sich links des Wir gehen weiter geradeaus den Berg hinauf, Weges befinden. Diese Wälder sind aus dem soge- ignorieren den nächsten abgehenden Forstweg und nannten Großschirmschlag entstanden, bei dem treffen, nach ca. 200 Metern am höchsten Punkt auf großer Fläche gleichmäßig Bäume entnommen angekommen, auf einen kreuzenden Weg. Ab hier wurden. beginnt die Waldabteilung Rotmarter. An einer Kreuzung, an der nach links der E7 zum An dieser Stelle bietet sich für Interessierte ein klei- Dreiherrnbrunnen (s. Infokasten bei Tour 1, S. 10) ner Abstecher zu einer pilzkundlichen Rarität an. abzweigt, sehen wir an zwei Bäumen die Wald- Dazu wenden wir uns hinter dem Naturschutzge- abteilungsschilder „Felsenkeller“ und „Winterran- bietsschild nach rechts: Beidseits des Weges hängen gen“. Kurz vor diesem Abzweig stehen links junge die Waldabteilungsschilder „Erlensumpf“ und „Rot- Weißtannen (s. Karte 9 ). Wenn man tief gebückt marter“ an den Bäumen. Wir laufen ca. 50 Meter den Boden absucht, kann man viele winzige Tan- diesen Weg, bis links eine unbefestigte Schneise in nenbäumchen sehen. Diese werden auch „Tannen- den Wald abbiegt. Dieser folgen wir und nach ca. sterne“ genannt, weil sie wie winzige grüne Ster- 20 Metern finden wir eine mächtige abgebrochene ne den Waldboden überziehen. Die Weißtannen Buchenleiche mit reichlich Zunderschwamm. Im werden oft mit den Fichten verwechselt, sogar von Spätsommer bzw. Frühherbst können wir hier den einem ehemaligen bayerischen Forstminister. Die seltenen Igelstachelbart, einen Baumpilz, bewun- flachen Tannennadeln sind an den zwei weißen dern (s. Karte 7 , s. Foto auf Seite 9). Wachsstreifen auf der Unterseite zu erkennen, sie Zurück auf dem Hauptweg, gehen wir bergab auf sind weich und stechen im Gegensatz zu den vier- unserem Weg nach rechts weiter. Auf der linken Sei- kantigen, spitzen Fichtennadeln nicht. An dersel- te sehen wir kurz darauf kleine Reste eines sehr al- ben Kreuzung weist ein Schild „Wechselbank“ auf ten, über 200-jährigen Buchenwaldes (s. Karte 8 ). die historische Bedeutung des Ortes hin (s. Karte Dann biegen wir rechts in den nächsten abgehen- 10 ). Der Überlieferung nach haben hier insbe- den Weg ein, der die Markierung E2 trägt: den sondere jüdische Viehhändler Geschäfte mit den Michelauer Richtweg. Von hier sind es noch knapp Mönchen des Klosters Ebrach gemacht, da ihnen drei Kilometer bis zurück zu unserem Ausgangs- der Zugang zum engeren Klosterbereich verwehrt punkt. war.

18 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 2: Über den Handthalgrund zum Naturwaldreservat Waldhaus

Naturwaldreservat Waldhaus

Wir passieren die 430 Meter hoch gelegene Er- am Wegrand den letzten Methusalembaum unse- hebung namens „Kappe“, folgen unserem E2 / E7 rer Wanderung, eine tief geteilte Buche (Zwiesel). geradeaus in Richtung Ebrach weiter bergab und Zurück in Ebrach gibt es rund um das ehemalige kommen wieder zum Parkplatz an der Felsenkeller- Kloster viel zu besichtigen, verschiedene Cafes und straße zurück. Ca. 50 Meter davor sehen wir rechts Gaststätten laden zur Einkehr ein.

Nützliche Informationen: r.BSJPOAT$BGÊ,POEJUPSFJ ,MFJOHSFTTJOHFS4US  Markt Ebrach (PLZ 96157) mit Ortsteilen Großbirkach, Großgressingen, Tel. 09553 - 9899700 Klein- und Großgressingen Übernachtungsmöglichkeiten in Pensionen und Gaststätten mit Unterkunftsmöglichkeiten: Ferienwohnungen: r)JTUPSJLIPUFM,MPTUFSCSÅV &CSBDI .BSLUQMBU[  r1FOTJPO)PSTU,BJTFS &CSBDI #SVDLTUFJHTUS  Tel. 09553 – 180, www.landidyll.com/klosterbraeu Tel. 09553 – 1250 r(BTUIPG;VN"MUFO#BIOIPG &CSBDI #BIOIPGTUS  r'FSJFOXPIOVOH)VCFSU3ÕEJOH &CSBDI -BVTCÛIMTUS  Tel. 09553 – 1241, www.gaststaette-zum-alten-bahnhof.de Tel. 09553 – 981027 r(BTUIBVT4DIXBS[FS"EMFS (SP“CJSLBDI "N"OHFS  r'FSJFOXPIOVOH,VMMJH (SP“HSFTTJOHFO 4U3PDIVTTUS  Tel. 09556 – 321, www.schwarzer-adler-grossbirkach.de Tel. 09553 – 1018 r$BGF1SÅMBUVS'FSJFOXPIOVOHFO &CSBDI .BSLQMBU[  r'FSJFOXPIOVOH6MSJDI (SP“HSFTTJOHFO ,MFJOHSFTTJOHFS Tel. 09553 – 1282, www.baeckerei-achtziger.de Str. 18, Tel. 09553 – 445 od. 1600 r'FSJFOIBVTJN4UFJHFSXBME (SP“HSFTTJOHFO  Weitere Einkehrmöglichkeiten: Kleingressinger Str. 21, Tel. 09553 – 1019, r$BGF4FOEOFS &CSBDI .BSLUQMBU[ 5FMm www.ferienhaus-im-steigerwald.de r4&3764-" (SP“HSFTTJOHFO  r'FSJFOXPIOVOH'BNJMJF4BVFSTDIFMM (SP“HSFTTJOHFO  Koster-Ebrach-Str. 4 , Tel. 09553 - 9899922 Neuburgstr. 9, Tel. 09553 – 1511 r1J[[FSJB5SF$PMPSJ &CSBDI #BNCFSHFS4US  r'FSJFOIBVT4UFJHFSXBME3PNBOUJL ,MFJOHSFTTJOHFO  Tel. 09553 – 989020 Tel. 09861 - 709353, www.fewo-direkt, Objekt-Nr. 790859

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 19 Tour 2: Über den Handthalgrund zum Naturwaldreservat Waldhaus

Abkürzung der Wanderung, s. Seite 14

Besichtigungen und Führungen: r.VTFVNEFS(FTDIJDIUF&CSBDITJNFIFNBMJHFO;JTUFS[JFOTFS- r,MPTUFSLJSDIF&CSBDIHFÕíOFUWPN"QSJMCJT0LUPCFS  kloster, vom 01. April bis 31. Oktober täglich geöffnet von von 10.00 bis 12.00 Uhr und 14.00 bis 18.00 Uhr (Kirchen- 14.00 bis 16.00 Uhr (Gruppenführungen: Tel. 09553 –92200) führung: Tel. 09553 – 266) r'ÛISVOHFOJNt(FTBNUQBLFUi ,MPTUFSLJSDIF 5SFQQFOIBVT  r5SFQQFOIBVTVOE,BJTFSTBBMJOEFS+VTUJ[WPMM[VHTBOTUBMU Kaisersaal sowie das Museum zur Geschichte Ebrachs): Ebrach (ehemaliges Kloster): 01. April bis 31. Oktober täglich Tel. 09553 – 92200 Führungen um 10.30 und 14.30 Uhr (Gruppenführungen: r(SP“CJSLBDIFWBOH1GBSSLJSDIF4U+PIBOOFT SPNBOJTDI  Tel. 09553 – 17-150) Relief aus dem 11. Jahrhundert

Weitere Informationen unter www.ebrach.de.

20 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Auf schattigen Wegen zur Stollburg Rundweg: Ebrach - Handthal - Stollburg - Ebrach

Tour 3 Auf schattigen Wegen zur Stollburg

Diese Wanderung gilt als einer der Klassiker einem für Fahrzeuge gesperrten schmalen Damm- unter den Wanderungen im Steigerwald. weg den Handthalgrund und landen schließlich an Von Ebrach geht es am Naturwaldreservat einer Wegkreuzung mit einem Schild „E2-Ebrach Waldhaus und den Weihern im Handthalgrund 2 km“, das nach rechts weist. Hier wenden wir uns vorbei nach Handthal. Dieser idyllisch am nach links und gehen am über 100 Hektar großen

Steigerwaldrand gelegene Weinort ist ein Naturschutzgebiet Waldhaus entlang, d as aus dem beliebtes Ausfl ugsziel und für seine zahlreichen Naturwaldreservat Waldhaus und einer Weiherkette Weinstuben bekannt. Auf unserem Weg rund (s. Infokasten, Karte 1 ) im Handthalgrund besteht. um Handthal eröff nen sich von verschiedenen Aussichtspunkten wie der Ruine Stollburg oder dem Magdalenenkreuz traumhafte Blicke ins Steigerwaldvorland. Auf dem Rückweg nach Ebrach durchwandern wir interessante Hang- mischwälder.

An der Bundesstraße 22 Richtung Breitbach/ Würzburg weist kurz hinter Ebrach ein Schild nach rechts in Richtung Wanderparkplatz. Eine schmale Asphaltstraße führt uns an Schrebergärten vorbei zum Parkplatz am Waldrand. Gleich links am Park- platzanfang, vor dem Naturparkschild, führt ein Wanderparkplatz am Grillplatz im Handthaler Pfad zum ehemaligen Grillplatz, der versteckt im Ausgangs- und Endpunkt: Graben bei Ebrach Wald an einer fossilen Sanddüne liegt. Hier befi n- Anforderungen: Leichte Wanderung mit einzelnen, teilweise stärkeren den sich einige sehr alte, sehenswerte Buchen, die Steigungen. Ab Handthal nicht für Kinderwagen geeignet. ca. 14 km, Gehzeit etwa 3 ½ – 4 Stunden Strecke/Gehzeit: diesen kurzen Abstecher wert sind. Vom Parkplatz naturnahe Weiherkette, Handthal, Ruine Stollburg, aus folgen wir dem Wegweiser „Steigerwald-Pano- Besonderheiten: Steinernes Kreuz, MagdalenenkreuzEine Busverbindung von Bamberg nach ramaweg“ und laufen auf dem Handthalgrundweg Öff entliche Verkehrsmittel: zunächst an einer Wiese entlang. Zwei mächtige Ebrach besteht wochentags (Mo-Fr) mit der Linie 991 der Omnibusverkehr alte Eichen säumen links den Weg. Nach etwa 100 Franken GmbH (www.reiseauskunft.bahn.de).rach seit Mai 2011 auch an Sonn- und Metern biegen wir rechts ab. Wir überqueren auf Über die VGN-Freizeitlinie 990 ist Eb Feiertagen mit Bus und Bahn erreichbar (www.vgn.de).

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 21 Tour 3: Auf schattigen Wegen zur Stollburg

Kleinod der Artenvielfalt: Die Weiher Wespenbussard im Handthalgrund Die Weiher am Handthaler Graben (s. Karte 1 ) zeugen noch von der enormen Kulturtätigkeit der Zisterzienser, welche nicht nur Teiche zur Fischzucht angelegt haben, sondern auch das Land durch ihre Wasserregulierung und -ver- sorgung urbar gemacht haben. Seit vielen Jahr- zehnten sind die Teiche nun in staatlichem Besitz und werden von zahlreichen Wasservögeln als Lebensraum genutzt. Mit etwas Glück kann man s. Infokasten bei Tour 2, Seite 15). Hier biegen wir hier den scheuen Schwarzstorch, einen Bewoh- links ab und folgen dem Schild „Handthal“. Nach ner alter und geschlossener Wälder, beobachten einer Kurve kreuzt ein Weg zur anderen Talseite, wir oder den Eisvogel (Vogel des Jahres 2009) wie bleiben auf unserem Weg und folgen dem E2 Rich- einen blau funkelnden Edelstein vorbeizischen tung „Handthal, 2,5 km“. sehen. Auch Stock- und Reiherenten brüten Wir gehen immer weiter Richtung Handthal und sto- hier und während der Zugzeiten findet sich der ßen schließlich an einer Kreuzung auf ein Steinkreuz Waldwasserläufer, eine Schnepfenart, als Nah- (390 Meter ü. NN.). Dieses Marterl wurde vor eini- rungsgast ein. Zwischen den Weihern wechseln gen Jahren anlässlich eines Jubiläums der Volkacher sich Großseggenriede mit Erlenbruchwäldern Prozession errichtet, die seit Jahrhunderten hier ab. Der breite, vegetationsreiche Verlandungs- vorbei bis nach Burgwindheim führt. Dahinter sieht gürtel stellt einen wichtigen Laichplatz für den man viele junge Buchen, die als Naturverjüngung in Laubfrosch dar. In derart naturnahen Gewässern einer Lücke hoch wachsen konnten, weil einzelne leben auch seltene Süßwasserfischarten, wie Altbuchen zusammengebrochen sind (s. Karte 3 ). das Moderlieschen und der Schlamm peitzger. Hier befindet sich ein kleiner Rastplatz mit Tisch und Bis vor wenigen Jahren war hier noch eine große Bänken sowie eine Tafel mit Wanderkarte. Bitterling-Population anzutreffen. Diese kleine Unser Weg führt weiter geradeaus Richtung Karpfenart wurde hier ausgelöscht, weil die aus Handthal, bis wir nach etwa 500 Metern aus dem Nordamerika eingeführten Bisamratten die Mu- Wald kommen, wo sich der Blick in den Talkessel von scheln sehr stark dezimierten, auf die der Bitter- Handthal öffnet. Rechter Hand erhebt sich der Ban- ling in seiner Fortpflanzung angewiesen ist. Die zerrangen, links der Stollberg mit seinem Weinberg Vegetation um den Bach bildet eine Schwarz- und der im Sommerhalbjahr zugewachsenen Ruine erlengalerie, in deren Unterstand die heimischen Stollburg. Wir blicken auf offene Kulturlandschaft Traubenkirschen wachsen. mit alten Birnbäumen und einem großen Damwild- gehege. Neuntöter und Dorngrasmücke brüten in Dieser Wegabschnitt bis zum Ende des Naturwald- den Hecken, auch die Nachtigall ist hier zu Hause. Bei reservates ist bei Tour 2 auf Seite 13 auch detaillier- guter Thermik kann man an den Steilhängen zahlrei- ter beschrieben. Der Weg führt uns etwas weg von che kreisende Großvögel, wie Mäusebussard, Wes- den Weihern und mündet in eine kleine T-Kreuzung. penbussard (s. Foto) oder Kolkraben beobachten. Von dort sehen wir das Naturwaldreservat Wald- Handthal bietet verschiedene Einkehrmöglichkeiten haus (s. Karte 2 ) vor uns liegen (weitere Details in Gasthäusern und Weinstuben.

22 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 3: Auf schattigen Wegen zur Stollburg

und Leberblümchen. Von der Ruine Stollburg und dem Burgplateau können wir einen phantastischen Ausblick auf den Steigerwaldrand und sein Vorland genießen (s. Foto).

Ruine Stollburg Von der Stollburg, die vermutlich im 12. Jahrhun- dert errichtet wurde, ist nur noch die Ruine des achteckigen Bergfrieds erhalten. Die Burg wurde wohl aus Blasensandstein erbaut, der auf dem Blick vom Stollberg nach Süden Berg noch als Hangschutt zu fi nden ist. 1237 fi el Wir gehen am Brunnenhof vorbei und biegen an die Stollburg an das Hochstift Würzburg, 1525 der Durchgangsstraße im Ortszentrum rechts ab. wurde sie im Bauernkrieg zerstört. Um 1700 Nach etwa 200 Metern gehen wir an der zwei- wurde sie vom Bistum Würzburg als Steinbruch ten Straßeneinmündung nach links in eine kleine freigegeben – die Steinquader dienten als Bau- Asphaltstraße. Wir folgen dem Wegweiser „Pano- material für Gebäude in der Umgebung. Knor- ramaweg“ in Richtung Michelau. Hier geht es zu- rige Baumgestalten prägen heute das Bild des nächst steil bergauf, an einigen Häusern vorbei und Burgberges. Als botanischen Hinweis auf die weiter bis zu einem Parkplatz. Von hier aus gehen menschliche Besiedlung fi nden wir das Immer- wir auf der Fahrstraße bergauf durch die Weinberge grün als Bodendecker. Den verstärkten Eintrag mit Rebsorten wie Müller-Thurgau, Silvaner oder von Nährstoff en im Umfeld der Burg kann man Bacchus. Die Lage „Handthaler Stollberg“ ist das an Nährstoff zeigern in der Bodenvegetation, wie höchstgelegene Weinanbaugebiet Deutschlands. Brennesseln und Brombeeren, erkennen. Bis vor Artenreiche Weinberggesellschaften sind nach etwa 30 Jahren das Ulmensterben (s. Infokasten) mehreren Flurbereinigungen kaum anzutreff en, es einsetzte, standen rund um die Ruine noch viele gibt aber Begrünungsversuche. Mit etwas Glück las- mächtige Ulmen. sen sich Goldammern und Feldlerchen beobachten. Wir gehen am Weingut der staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- Obst- und Gartenbau Veitshöchheim vorbei, das hier eine Gaststätte mit schöner Aussichtsterrasse betreibt. Anschließend folgen wir dem Weg in Richtung Wald und steigen am Waldrand rechts, dem O2 folgend, eine steile Treppe zur Ruine Stollburg hinauf (s. Infokasten). Diese liegt auf einer Höhe von 443 Metern ü. N.N. (s. Karte 4 ). Linker Hand wachsen Eichen und ein alter Feldahorn. Oben angekommen sehen wir rechts eine mit „M“ gekennzeichnete Methusalem- buche. Direkt dahinter steht eine alte Hainbuche, die an ihrer weiß gebänderten Rinde gut erkennbar ist. Im Frühjahr blühen entlang der Treppe Veilchen Ruine Stollburg

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 23 Tour 3: Auf schattigen Wegen zur Stollburg

erinnert. Ein Stück weiter hangaufwärts befindet Ulmensterben sich ein Gedenkstein für den Förster, der 1880 vom Das Ulmensterben wird durch den Schlauchpilz Wilderer Michael Ziegler, in der Gegend bekannt Ceratocystis ulmi verursacht, der ursprünglich als „Rehbock Schuster“, erschossen wurde. An der aus Ostasien und später aus Nordamerika ein- folgenden Wegkehre wenden wir uns nach rechts geschleppt wurde. Ulmensplintkäfer tragen den (NICHT nach links Richtung Murrleinsnest). Pilz in sich und infizieren ihre Fraßgänge unter der Rinde der Ulmen. Der Pilz verstopft durch sein Wachstum schließlich die Wasserleitungs- Elsbeere – ein bis zu 300 Jahre altes bahnen der Bäume, so dass fast alle befallenen und 30 Meter hohes Rosengewächs Ulmen an Wasser- und Nährstoffmangel sterben. Die Elsbeere, lateinisch Sorbus torminalis, ist ein Überlebt haben deshalb nur jüngere Ulmen, die selten gewordener Wildfruchtbaum. Sie gehört, von den Ulmensplintkäfern noch nicht befallen wie viele Obstbäume, zu den Rosengewächsen. werden, weil sie zu dünn sind. Erfreulicherwei- Die Elsbeere kann über 300 Jahre alt und bis zu se bilden die Ulmen bereits in jungen Jahren einem Meter dick werden. Dabei erreicht sie Samen, so dass derzeit durch die reichliche Na- eine Höhe von 30 Metern und ist somit eines turverjüngung zumindest das Überleben der Art der größten Rosengewächse überhaupt. Die gewährleistet scheint. Blüten sind eine hervorragende Bienenweide. Ihre kleinen gelb- bis rotbraunen Früchte haben Wir steigen von der Burg zunächst wieder den glei- den höchsten Vitamin-C-Gehalt aller heimischen chen Wanderweg hinab. Wir gehen aber nicht den Wildfrüchte. Erste Nachweise über ihre Nutzung Weg über die Treppe zurück, sondern wenden uns durch den Menschen finden sich schon im frü- an der Informationstafel nach rechts. Auf dieser ge- hen Mittelalter. Der Trivialname Ruhrbirne (lat. schotterten Forststraße folgen wir dem Wegweiser tormina = Ruhr) lässt den Verwendungszweck „Handthal-Rundweg“ nach rechts. Unsere Wande- erahnen: Die Elsbeere wurde wegen ihres hohen rung führt uns jetzt durch einen zweischichtigen Gerbstoffgehaltes gegen Durchfallerkrankungen älteren Buchenwald mit Winterlinden, in dem sich wie Ruhr und Cholera eingesetzt. Aus den Früch- durch Naturverjüngung ein Unterwuchs aus Berg- ten, die per Hand geerntet werden müssen, kann und Spitzahornen sowie Hainbuchen, Winterlinden Marmelade oder Kompott hergestellt werden, sie und Rotbuchen eingestellt hat. sind auch in der Schnapsbrennerei sehr begehrt. Über einen Kilometer nach der Stollburg treffen wir In Österreich wird aus ihnen der Adlitzbeeren- auf eine T-Kreuzung und halten uns links, biegen brand gebrannt, einer der teuersten Brände also nach Norden ab, dem Wegweiser „Ebrach über Kammweg“ bzw. „Michelau“ folgend. Wir kommen an ausgedehnten Hangmischwäldern vorbei, die hier auf trockenen Geländerippen wachsen und kleinflächig als Orchideen-Buchenwald ausgeprägt sind (s. Karte 5 ). Hier wachsen zahlreiche Elsbee- ren (s. Infokasten, Foto) und hin und wieder kann man Orchideen wie das Weiße Waldvögelein finden. Wir durchqueren nun die Waldabteilung „Scholl- stein“, deren Name an den Förster Valentin Scholl Elsbeere

24 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 3: Auf schattigen Wegen zur Stollburg

überhaupt. Im Elsaß kennt man den Alsier, dem Abstecher zum Steinernen Kreuz aber auch noch die preisgünstigere Mehlbeere Für einen kleinen Abstecher zum Steinernen zugefügt wird. Von Vögeln, Eichhörnchen & Co. Kreuz verlassen wir die Forststraße und folgen werden die Früchte gerne verzehrt. Das wertvolle dem E2 in Richtung des Wegweisers „Steinernes Holz der Elsbeere mit seiner fl ammenden Mase- Kreuz“ nach links (s. Karte 7 ). Wir laufen auf rung zählt zu einem der härtesten europäischen dem gleichen Weg zurück, Hin- und Rückweg Hölzer und fi ndet Verwendung im Musikinstru- dauern zusammen ca. 20 Minuten. Das Kreuz mentenbau oder als Furnier. trägt die lateinische Inschrift: „SUB HOC SANCTO SIGNO PROTE GENS DOMINE“ („Unter diesem Entlang des nun folgenden längeren Wegabschnit- heiligen Zeichen schütze Gott das Volk“). Hier tes sind zahlreiche Bäume vom Forstbetrieb Ebrach befi nden sich eine Tafel mit einer Wanderkarte mit einer Wellenlinie als Höhlenbäume gekenn- und eine Unterstellhütte mit Tischen und Bän- zeichnet. Wir wandern in der Waldabteilung „Stein- ken, die der Zweigverein des Stei- rangen“, die ihrem Namen angesichts zahlreicher gerwaldklubs im Jahre 2002 errichten ließ. Das Felsbrocken aus Blasensandstein an den abschüs- Steinerne Kreuz steht auf der Grenze zwischen sigen Hängen alle Ehre macht (s. Karte 6 ). Eine dem Staatswald (dem ehemaligen fürstbischöf- umgekippte Buche bleibt hier am Wegesrand als lichen Würzburger Wald) und dem Bürgerwald Totholz und damit als Lebensraum für viele Arten von Gerolzhofen--Rügshofen, der liegen. Wir befi nden uns in einem Schwarzspechtre- im Norden liegt. Die Eigentumsgrenze verläuft vier, mit etwas Glück kann man den krähengroßen, entlang der Hangkante vom Plateau bis zum schwarzen Vogel sehen oder hören. Bald nachdem Nordhang, der Richtung Rauhe Ebrach abfällt. wir das Abteilungsschild „Banzerrangen“ an einem Baum sehen, treff en wir auf eine T-Kreuzung und Zurück auf dem Hauptweg folgen wir dem Weg biegen nach links in einen Forstweg ein, der leicht E2 in Richtung und Magdalenen- bergauf führt. Im Frühjahr gibt es hier rechts des kreuz. Nach ca. 450 Metern biegen wir rechts in Weges reiche Bärlauchvorkommen. einen schmalen Weg zum steinernen Magdalenen- An der nächsten Kreuzung halten wir uns rechts und kreuz (s. Karte 8 ). Das Kreuz trägt das Bibelzitat folgen zunächst dem Schild „Steinernes Kreuz“ für „CONSUMATUM EST“ („Es ist vollbracht“, aus dem gut 150 Meter den Berg hinauf (NICHT rechts hinun- Johannesevangelium, Kapitel 19, Vers 30). Hier ter nach Handthal abbiegen). Links neben dem Weg gibt es einen Tisch mit Sitzbänken – eine Einla- liegt zu Beginn ein kleiner Tümpel. dung, bei herrlicher Aussicht auf Handthal und das An der nächsten Kreuzung können wir durch Abbie- Steigerwaldvorland Brotzeit zu machen. Danach gen nach rechts einen Abstecher zum Steinernen folgen wir dem Wegweiser O3 (ehemals als E2 aus- Kreuz (s. Infokasten) machen . geschildert), zuerst auf einem schattigen Waldpfad an der Hangkante entlang, dann auf steileren Par- tien hangabwärts. Wir laufen durch den Gemein- dewald Handthal, einen ehemaligen Mittelwald (s. Infokasten, Karte 9 ).

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 25 Tour 3: Auf schattigen Wegen zur Stollburg

Historische Waldnutzungsform Nützliche Informationen: Mittelwald Marktgemeinde Oberschwarzach (PLZ 97516) mit nahegelegenen Ortsteilen Handthal, Breitbach und Der Mittelwald ist eine historische Bewirtschaf- Kammerforst tungsform. Der Wald wurde auf derselben Fläche sowohl für Bauholz- als auch für Brennholzzwecke Gaststätten mit Unterkunftsmöglichkeiten: genutzt. Bei der Mittelwaldwirtschaft werden r'FSJFOXPIOVOHVOE8FJOTUVCF8JO[FSNÅOOMF  die Bäume der Unterschicht (Unterholz) ca. alle Handthal 51, Tel. 09382 – 1600, 30 Jahre zur Brennholzgewinnung kurz über www.weingut-winzermaennle.de r(BTUIBVTVOE1FOTJPO;VS5SBVCF #SFJUCBDIV  dem Boden absägt („auf den Stock gesetzt“). Tel. 09553 – 981090, Dadurch werden Baumarten gefördert, die ein www.traube-breitbach.de gutes Stockausschlagvermögen haben, also wie- r'FSJFOXPIOVOHFO"MUFS,FMMFS 'BNJMJF8BHOFS 0CFS- der austreiben können, wie z.B. Hainbuche oder schwarzach, Untere Ofengasse 7, Tel. 09382 - 3101919, Linde, hier eingeschränkt auch die Buche. Sie www.famwagner.de r8FJOTUVCF 8FJOLFMMFSFJVOE&EFMPCTUCSFOOFSFJ+ÛSHFO wachsen oftmals mehrstämmig nach und können Rebhann, Kammerforst 11, Tel. 09553 – 921080, nach 30 Jahren wieder geerntet werden. Durch www.rebhann.de die regelmäßigen, starken Auflichtungen werden Lebensräume für licht- und wärmeliebende Arten Gaststätten und Einkehrmöglichkeiten: geschaffen. Vereinzelt dürfen Bäume der Ober- r(BTUIPG'PSFMMFOIPG )BOEUIBM 5FMm  www.forellenhof-handthal.de schicht, das Oberholz (z.B. Eichen oder Eschen) r-BOEHBTUIBVT%FS#SVOOFOIPG )BOEUIBM  als sogenannte „Lassreitel“ stehen bleiben und Tel. 09382 – 99828, www.der-brunnenhof.de alt und dick werden. Sie werden später als Bau- r(BTUIBVT4UPMMCFSH )BOEUIBM 5FMm holz genutzt und dienen der Samenbildung. Der r$BGF-VTU )BOEUIBM 5FMm Ausdruck „durchgewachsener Mittelwald“ besagt, r8FJOHBTUIBVT4DIPQQFOTUÛCMB )BOEUIBM  Tel. 09382 – 8976 dass diese Bewirtschaftungsform aufgegeben r(BTUIBVT[VS'SÕIMJDILFJU #SFJUCBDI 5FM wurde und das Unterholz nicht mehr auf den r(BTUIBVT4FCBTUJBOJIBVT 0CFSTDIXBS[BDI )BOEUIBMFS Stock gesetzt wird. Die einstigen „Brennholzliefe- Str. 26, Tel. 09382 – 317443, www.sebastianihaus.de ranten“ wachsen hoch, sind aber noch zeitlebens r(BTUIBVT[VS5SBVCF 0CFSTDIXBS[BDI )BVQUTUS 5FM an der Mehrstämmigkeit gut als Stockausschläge 09382 8631 erkennbar. Bewirtschaftete Mittelwälder beher- Übernachtungsmöglichkeiten in Pensionen und bergen wegen ihrer dicken, alten Eichen und ihrer Ferienwohnungen: mehrschichtigen und lichten Struktur oft eine be- r1FOTJPO)BVT'SJFEB )BOEUIBM 5FMm sonders artenreiche Tierwelt, wie sie im heutigen r1FOTJPO)BVT.BSHBSFUF )BOEUIBM  Wirtschaftswald oder in der offenen Landschaft Tel. 09382 – 315466 r'FSJFOXPIOVOHBN4UFJHFSXBME "EPMG,SBJ“ )BOEUIBM  nahezu völlig verschwunden ist. Kirchberg 19, Tel. 09382 – 5103 r'FSJFOXPIOVOHFO)BVT5IFSFTJB 'BNJMJF&CFSMFJO  Unten angekommen gehen wir den O3-Weg nach Breitbach 21, Tel. 09553 – 1335 links weiter bis zur Forststraße, auf der wir nach r'FSJFOXPIOVOHFOBN)PMMFSHSBCFO 1FUSBVOE,BSM rechts in Richtung Oberschwarzach abbiegen. An Liebler, Oberschwarzach, Am Hollergraben 4, Tel. 09382 – 314990, www.ferienwohnung-am-hollergraben.de der nächsten T-Kreuzung stoßen wir wieder auf den r'FSJFOXPIOVOHFO"OEFS4DIXBS[BDI 'BNJMJF(SPIB  Handthalgrundweg, halten uns links und folgen ab Oberschwarzach, Handthaler Str. 4, Tel. 09382 – 90840, hier immer den Schildern Richtung Ebrach bis zum www.ferienwohnung-groha.de Parkplatz am Handthaler Graben.

26 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 3: Auf schattigen Wegen zur Stollburg

r'FSJFOXPIOVOHVOE'FSJFOIBVTBOEFS4DIMPTTNBVFS  r'FSJFOXPIOVOH)VCFSU3ÕEJOH &CSBDI -BVTCÛIMTUS  Monika Lindner, Oberschwarzach, Handthaler Str. 1, Tel. 09553 - 981027 Tel. 09382 – 6555, www.monikalindner.de r'FSJFOXPIOVOH,VMMJH (SP“HSFTTJOHFO 4U3PDIVTTUS  r1FOTJPO#BSCBSB 0CFSTDIXBS[BDI .BVSJUJVTHBTTF  Tel. 09553 – 1018 Tel. 09382 – 318586, Mobil: 0152 - 04737821 r'FSJFOXPIOVOH6MSJDI (SP“HSFTTJOHFO ,MFJOHSFTTJOHFS Weitere Informationen unter www.oberschwarzach.de. Str. 18, Tel. 09553 – 445 od. 1600 r'FSJFOIBVTJN4UFJHFSXBME (SP“HSFTTJOHFO  Markt Ebrach (PLZ 96157) mit Ortsteilen Großbirkach, Kleingressinger Str. 21, Tel. 09553 – 1019, Klein- und Großgressingen www.ferienhaus-im-steigerwald.de r'FSJFOXPIOVOH'BNJMJF4BVFSTDIFMM (SP“HSFTTJOHFO  Gaststätten mit Unterkunftsmöglichkeiten: Neuburgstr. 9, Tel. 09553 – 1511 r)JTUPSJLIPUFM,MPTUFSCSÅV &CSBDI .BSLUQMBU[  r'FSJFOIBVT4UFJHFSXBME3PNBOUJL ,MFJOHSFTTJOHFO  Tel. 09553 – 180, www.landidyll.com/klosterbraeu Tel. 09861 - 709353, www.fewo-direkt, Objekt-Nr. 790859 r(BTUIPG;VN"MUFO#BIOIPG &CSBDI #BIOIPGTUS  Tel. 09553 – 1241, www.gaststaette-zum-alten-bahnhof.de Besichtigungen und Führungen: r(BTUIBVT4DIXBS[FS"EMFS (SP“CJSLBDI "N"OHFS  r,MPTUFSLJSDIF&CSBDIHFÕíOFUWPN"QSJMCJT Tel. 09556 – 321, www.schwarzer-adler-grossbirkach.de Oktober, von 10.00 bis 12.00 Uhr und 14.00 bis 18.00 Uhr r$BGF1SÅMBUVS'FSJFOXPIOVOHFO &CSBDI .BSLQMBU[  (Kirchenführung: Tel. 09553 – 266) Tel. 09553 – 1282, www.baeckerei-achtziger.de r5SFQQFOIBVTVOE,BJTFSTBBMJOEFS+VTUJ[WPMM[VHTBOTUBMU Ebrach (ehemaliges Kloster): 01. April bis 31. Oktober Weitere Einkehrmöglichkeiten: täglich Führungen um 10.30 und 14.30 Uhr r$BGF4FOEOFS &CSBDI .BSLUQMBU[ 5FMm (Gruppenführungen: Tel. 09553 – 17-150) r4&3764-" (SP“HSFTTJOHFO ,PTUFS&CSBDI4US  r.VTFVNEFS(FTDIJDIUF&CSBDITJNFIFNBMJHFO;JTUFS Tel. 09553 - 9899922 zienserkloster, vom 01. April bis 31. Oktober täglich r1J[[FSJB5SF$PMPSJ &CSBDI #BNCFSHFS4US  geöff net von 14.00 bis 16.00 Uhr (Gruppenführungen: Tel. 09553 – 989020 Tel. 09553 –92200) r.BSJPOAT$BGÊ,POEJUPSFJ ,MFJOHSFTTJOHFS4US  r'ÛISVOHFOJNt(FTBNUQBLFUi ,MPTUFSLJSDIF 5SFQQFOIBVT  Großgressingen, Tel. 09553 - 9899700 Kaisersaal sowie das Museum zur Geschichte Ebrachs): Übernachtungsmöglichkeiten in Pensionen und Tel. 09553 – 92200 Ferienwohnungen: r(SP“CJSLBDIFWBOH1GBSSLJSDIF4U+PIBOOFT SPNBOJTDI  r1FOTJPO)PSTU,BJTFS &CSBDI #SVDLTUFJHTUS  Relief aus dem 11. Jahrhundert Tel. 09553 – 1250 Weitere Informationen unter www.ebrach.de.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 27 Tour 3: Auf schattigen Wegen zur Stollburg

Laubholzschuppenwurz

28 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Auf der Suche nach Methusalem Rundweg: Radstein-Parkplatz – Methusalem- pfad – Naturschutzgebiete Spitzenberg und Weihergrund – Radstein-Parkplatz Tour 4 Auf der Suche nach Methusalem

Diese kurze, aber naturkundlich hochinteres- Naturschutzgebiet Spitzenberg bei sante Route führt durch das Naturschutzgebiet Ebrach Spitzenberg bei Ebrach. Hier können wir Das Naturschutzgebiet „Spitzenberg bei Ebrach“ auf dem ausgeschilderten Methusalemweg wurde 1987 ausgewiesen und umfasst ca. 25 „Radstein“ alte Baumriesen bewundern. Der Hektar. Der Spitzenberg zeichnet sich durch die Forstbetrieb Ebrach hat dazu verschiedene alte große Artenvielfalt (ca. 40 Baum- und Strauch- Bäume gekennzeichnet, die durch markan- arten), das hohe Alter einiger Waldteile sowie te und bizarre Wuchsformen auff allen. An etliche Höhlen- und Biotopbäume aus. Im diesen kurzen Rundweg schließt sich noch ein Naturschutzgebiet soll die typische Tier- , Pilz- Abstecher in eines der schönsten naturnahen und Pfl anzenwelt dieses artenreichen Laub- Täler im Steigerwald an. Wir streifen durch das mischwalds mit seinem hohen Altholzanteil Naturschutzgebiet Weihergrund mit seinem erhalten werden. Besonders schützenswert sind vielfältigen Mosaik an Lebensräumen. außerdem die Quellsümpfe und Auwaldreste im Quellgebiet des Breitbaches mit der sich an- Unsere Wanderung startet am Radstein-Parkplatz schließenden Feuchtwiese. In diesen wertvollen an der Bundesstraße 22, 1,5 Kilometer nach dem und selten gewordenen Lebensräumen geht es Ortsausgang Ebrach in Richtung Würzburg links auch um den Erhalt der typischen Bodenbeschaf- am Waldrand (Beschilderung „Wertholzplatz Kohl- fenheit und des Bodenwasserhaushalts. Es ist der steig / Forstbetrieb Ebrach“). besonderen Umsicht der früheren und heutigen Der 2008 vom Forstbetrieb Ebrach angelegte Me- Förster zu verdanken, dass hier viele Methusa- thusalemweg ist gut ausgeschildert, zusätzlich gibt lembäume so dick und alt werden durften. Denn es am Beginn des Weges eine Box mit Informations- blättern. Schilder mit einem roten „M“ weisen den Radstein-Parkplatz an der B 22 bei Ebrach Ausgangs- und Endpunkt: Weg, der überwiegend mit feinem Basaltsplitt Anforderungen: Einfache Wanderung mit wenigen, kurzen Steigungen aufgeschüttet wurde. Die Methusalembäume sind Strecke: 4 km, reine Gehzeit etwa 1½ Stunden Die Route kann auch vom Weihergrund aus begonnen von M1 bis M9 durchnummeriert, zusätzlich sind Routenvariation: die Namen einiger Baumarten ausgeschildert. Wir werden, den man zu Fuß von Ebrach erreicht: von der B 22 Richtung Naturbad abbiegen, dann dem E5 folgen. Methusalembäume, Wertholzlagerplatz, idyllische befi nden uns im Naturschutzgebiet Spitzenberg bei Besonderheiten: Ebrach (s. Infokasten, Karte 1 ). Weiherkette Wanderkarten: Naturpark Steigerwald 1:50 000 (LVG Bayern) oder Naturpark Steigerwald 1:50 000Der (Fritsch Radstein-Parkplatz Wanderkarte) ist für Wanderungen Öff entliche Verkehrsmittel: nicht ausreichend mit öff entlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 29 Tour 4: Auf der Suche nach Methusalem

wie in den allermeisten Naturschutzgebieten ist auch hier eine reguläre, d.h. „ordnungsgemäße“ Waldwirtschaft zulässig. Dies bedeutet, dass auch in Naturschutzgebieten Bäume in relativ jungen Jahren gefällt werden dürfen. Wegen der guten Wuchsbedingungen weisen die Bäume hier trotz des nicht sonderlich hohen Alters be- reits einen beachtlichen Umfang auf. Sie dürfen hoffentlich noch älter werden.

Bei den Baumindividuen am Methusalemweg han- delt es sich um Ehrfurcht einflößende Geschöpfe, die uns staunen lassen: Wie viele Wandererarme braucht es wohl, um den einen oder anderen Me- thusalembaum zu umarmen? Die ersten Exemplare (siehe Karte: M1 und M2) sehen wir nach wenigen Metern links und rechts des Weges. Es sind mit 150 Jahren vergleichsweise junge Bergahorne, da diese Baumart bis zu 600 Jahre alt werden kann (s. Info- Zwiesel- kasten). Auffällig ist ihre Rinde, die sich in Stücken buche M4 vom Stamm löst und darunter schön anzusehende Muster preisgibt. Weiter führt der Weg entlang eines Bodenauf- Wie lange leben Bäume? schlusses, der einen Teil des regionalen geologi- schen Schichtprofils zeigt: die hier anstehende Das natürliche Lebensalter unserer Laub- und Schicht der Lehrbergtone. Diese wird heute auch Nadelbaumarten ist sehr unterschiedlich. Eine Steigerwald-Formation genannt und enthält über- Rotbuche würde natürlicherweise um die 300 bis wiegend rotbraune, manchmal auch grünlichgraue, 400 Jahre alt, wird aber im Wirtschaftswald bereits massige Tonsteine, die vor über 220 Mio. Jahren mit 120 bis 140 Jahren eingeschlagen, also geern- entstanden sind. tet. Eichen können problemlos 800 bis 1000 Jahre Der Methusalemweg verlässt nun die geschotter- und Bergahorne 600 Jahre alt werden, wenn sie te Forststraße und weist nach rechts in ein kleines nicht schon mit 180 bis 300 Jahren bzw. 120 bis Tal hinab, in dem zwei Quellbäche entspringen. An 140 Jahren gefällt werden würden. In fast allen einem der beiden Bachläufe führt unser Weg ent- Wäldern werden Bäume lange vor Erreichen ihres lang und wir nähern uns den nächsten respektablen natürlichen Lebensalters, d. h. in einem relativ „ju- Baumriesen. Es handelt sich um eine Drillingsbuche gendlichen“ Zustand genutzt, der nur 20 bis 50 % (siehe Karte: M3) mit Baumpilzen am abgebroche- der möglichen Lebenszeit beträgt. Die Forstwirt- nen Starkast und einige Meter weiter um eine Zwie- schaft nennt diese (vor allem aus wirtschaftlichen sel- oder Zwillingsbuche (siehe Karte: M4, s. Foto). Erwägungen gesetzte) Zeitspanne „Umtriebszeit“. Sie ist mit einem Umfang von rund 460 Zentimetern Somit gibt es bei uns kaum noch Wälder, die ihr na- die stärkste Buche am Methusalemweg. Wir steigen türliches Alter erreichen und in denen sich die volle über einige Stufen wieder aus dem kleinen Tal hinauf natürliche Artenvielfalt entwickeln kann.

30 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 4: Auf der Suche nach Methusalem

fallen sie aber wegen Borkenkäferbefall und Kli- maerwärmung nach und nach aus. Kurz nach einer Wegkehre treff en wir auf einen hier von Natur aus vorkommenden Auwald mit den Baumarten Esche und Schwarzerle. Wir bleiben dem Methusalemweg treu, biegen von der Forststraße nach links ab und folgen dem Wegweiser bergauf. Unser Weg führt uns nun über Stufen den bewaldeten Hang hinauf durch einen überwiegend jungen Laubwald. Einige vom Sturm gefällte Bäume dürfen hier liegen bleiben, große Wurzelteller ragen hoch in die Luft. Wir folgen den Stufen bis ganz nach oben, kreuzen auf halber Strecke einen Waldweg und stoßen schließlich auf eine Forststraße, in die wir nach links einbiegen. Der Methusalempfad zweigt nach einiger Zeit nach links zum Parkplatz ab, wir aber gehen geradeaus bis zu einer Kreuzung weiter, wo wir uns nach rechts wenden. Nach weiteren 200 Metern kommen wir wieder an eine Kreuzung, an der eine Hütte und Verwachsungen an der Wertholzlagerplatz „Kohlsteig“ des Forstamtes Buche M5 Ebrach liegen (s. Karte 2 ). Hier und auch an der vor- hergehenden Kreuzung sind je nach Jahreszeit dicke, zur Forststraße und gehen auf dieser einige Meter wertvolle Baumstämme zu sehen, die für Käufer zur zurück, wo wir von einer kleinen Absperrung aus Ansicht bereit liegen. Wir überqueren die Kreuzung einen Blick auf eine bizarr verwachsene Rotbuche geradeaus und gehen den Forstweg weiter bergab. werfen können (siehe Karte: M5 und Foto). Nun ge- Auf der rechten Seite unseres Weges, im Inneren hen wir die Forststraße weiter bergab, biegen nach des Waldes, befi nden sich eingezäunte Weißtannen der Kehre dem „M“-Schild folgend nach rechts ab mit Naturverjüngung (s. Karte 3 ). Die Weißtanne und überqueren mittels Brücke einen kleinen Bach. gilt im Steigerwald als gute Alternative zu den Am idyllischen Waldbächlein entlang kommen wir Fichten, da sie sich mit ihren Wurzeln wesentlich zur nächsten Baumgruppe (siehe Karte: M6 – M9). tiefer im Boden verankert. Die Tanne ist deshalb Diese besteht aus zwei Buchen, einer Traubeneiche recht gut gegen Windwurf gewappnet. Außer- und einem Feldahorn. Die Traubeneiche hat einen dem ist sie ähnlich schattentolerant wie die Buche tief angesetzten Zwiesel, d.h. sie gabelt sich an und vermag deshalb zusammen mit den jungen einer tiefen Stelle (M6). Im mächtigen Feldahorn Buchen aufzuwachsen. Als seltene Amphibienart (M8) wohnen immer wieder Spechte. Die M7-Buche können wir hier mit etwas Glück den hellbraunen hat durch einen Sturm ihre Krone verloren, bei M9 bis rötlichen Springfrosch durch die Laubwälder handelt es sich um eine Waldrandbuche. Wir treff en hüpfen sehen. Er ist auf der Roten Liste der Bun- schließlich wieder auf die Forststraße und gehen desrepublik Deutschland als gefährdet eingestuft. auf dieser nach rechts weiter. Dabei passieren wir In einem Bogen geht es nun hinunter bis an die einen Wald aus Fichten, die künstlich angepfl anzt Mittelebrach. Hier weist ein Schild auf das Natur- wurden. Hier im feuchten Talgrund des Breitbaches schutzgebiet „Weihergrund bei Ebrach“ hin, in

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 31 Tour 4: Auf der Suche nach Methusalem

Tiefzwiesel bei Eiche M6

dem wir uns jetzt befinden (s. Infokasten und Karte Metern stoßen wir auf einen nicht weiter gekenn- 4 ). Wir schwenken nach links und gehen in Rich- zeichneten Fußpfad, auf dem wir nach rechts wei- tung Ebrach an der Weiherkette entlang. Nach tergehen. Wir bleiben auf diesem Pfad und steigen deren Ende passieren wir den renovierten Jugend- ohne abzubiegen den Hügel hinauf. Der Fußpfad zeltplatz. Hier heißt es aufpassen: 10 Meter nach geht dann in einen wenig befahrenen Forstweg einem verschlossenen Zauntor - noch bevor der über, dem wir geradeaus bis zur Kreuzung am Wert- Weg in eine asphaltierte Straße übergeht – biegen holzlagerplatz folgen. Dort wenden wir uns nach wir nach links in den Wald ein. Nach weiteren zehn rechts und gelangen so zum Parkplatz zurück.

32 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 4: Auf der Suche nach Methusalem

Naturschutzgebiet Weihergrund

Naturschutzgebiet Weihergrund störten Umgebung besitzen die Teiche vor allem bei Ebrach Bedeutung als Lebensraum für bedrohte Tierar- Das Naturschutzgebiet „Weihergrund bei Ebrach“ ten. So ist hier noch eine vergleichsweise große wurde 1988 ausgewiesen, umfasst 24,5 Hektar und Population des Laubfrosches vorhanden (s. Foto liegt etwa einen Kilometer südwestlich von Ebrach. auf Seite 46). An weiteren Amphibienarten leben Derartige noch relativ ungestörte und naturnahe hier Grasfrosch, Wasserfrosch, Erdkröte, Bergmolch Talabschnitte, wie hier am Oberlauf der Mittel- und Teichmolch. Vogelarten wie u.a. Zwergtaucher, ebrach, sind im oberfränkischen Teil des Steiger- Stockente, Reiherente, Teichhuhn, Bläßhuhn, Sum- waldes so nicht mehr vorhanden und insgesamt in pfrohrsänger, Teichrohrsänger und Rohrammer Oberfranken sehr selten. Kernstücke des Gebietes können hier beobachtet werden. Der Graureiher sind drei sehr naturnahe Teiche mit reichlichem ist regelmäßiger Gast an den Gewässern. Typische Röhrichtbestand und eine über fünf Hektar große, Feuchtgebietspfl anzen sind das Breitblättrige Kna- zusammenhängende Feuchtgebietsfl äche mit benkraut und das Schmalblättrige Wollgras. Mit der Schilf, Seggen und Hochstauden. Schmale Feucht- Ausweisung des Naturschutzgebietes soll dieses gebietsstreifen, kleine Bachauwaldreste sowie ein vielfältige Mosaik an Lebensräumen vor Eingriff en dichter Gehölzsaum ziehen sich außerdem an der bewahrt werden. Die naturnahen Teiche und die Mittelebrach entlang. In den Teichen wurde der in Feuchtgebiete sollen als Lebensräume für bedrohte Oberfranken relativ seltene Teichfaden gefunden, Tier- und Pfl anzenarten geschützt und der dazu er- eine unter Wasser lebende Pfl anze. Aufgrund der forderliche Wasserhaushalt sowie die notwendige ausgedehnten Verlandungszonen und der unge- Bodenbeschaff enheit gesichert werden.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 33 Tour 4: Auf der Suche nach Methusalem

Nützliche Informationen: r'FSJFOIBVTJN4UFJHFSXBME (SP“HSFTTJOHFO  Markt Ebrach (PLZ 96157) mit Ortsteilen Großbirkach, Kleingressinger Str. 21, Tel. 09553 – 1019, Klein- und Großgressingen www.ferienhaus-im-steigerwald.de Gaststätten mit Unterkunftsmöglichkeiten: r'FSJFOXPIOVOH'BNJMJF4BVFSTDIFMM (SP“HSFTTJOHFO  r)JTUPSJLIPUFM,MPTUFSCSÅV &CSBDI .BSLUQMBU[  Neuburgstr. 9, Tel. 09553 – 1511 Tel. 09553 – 180, www.landidyll.com/klosterbraeu r'FSJFOIBVT4UFJHFSXBME3PNBOUJL ,MFJOHSFTTJOHFO  r(BTUIPG;VN"MUFO#BIOIPG &CSBDI #BIOIPGTUS  Tel. 09861 - 709353, www.fewo-direkt, Objekt-Nr. Tel. 09553 – 1241, www.gaststaette-zum-alten-bahnhof.de 790859 r(BTUIBVT4DIXBS[FS"EMFS (SP“CJSLBDI "N"OHFS   Besichtigungen und Führungen: Tel. 09556 – 321, www.schwarzer-adler-grossbirkach.de r,MPTUFSLJSDIF&CSBDIHFÕíOFUWPN"QSJMCJT0LUP- r$BGF1SÅMBUVS'FSJFOXPIOVOHFO &CSBDI .BSLQMBU[  ber, von 10.00 bis 12.00 Uhr und 14.00 bis 18.00 Uhr Tel. 09553 – 1282, www.baeckerei-achtziger.de (Kirchenführung: Tel. 09553 – 266) Weitere Einkehrmöglichkeiten: r5SFQQFOIBVTVOE,BJTFSTBBMJOEFS+VTUJ[WPMM[VHTBOTUBMU r$BGF4FOEOFS &CSBDI .BSLUQMBU[ 5FMm Ebrach (ehemaliges Kloster): 01. April bis 31. Oktober r4&3764-" (SP“HSFTTJOHFO ,PTUFS&CSBDI4US  täglich Führungen um 10.30 und 14.30 Uhr (Gruppenfüh- Tel. 09553 - 9899922 rungen: Tel. 09553 – 17-150) r1J[[FSJB5SF$PMPSJ &CSBDI #BNCFSHFS4US  r.VTFVNEFS(FTDIJDIUF&CSBDITJNFIFNBMJHFO Tel. 09553 – 989020 Zisterzienserkloster, vom 01. April bis 31. Oktober r.BSJPOAT$BGÊ,POEJUPSFJ ,MFJOHSFTTJOHFS4US  täglich geöffnet von 14.00 bis 16.00 Uhr Großgressingen, Tel. 09553 - 9899700 (Gruppenführungen: Tel. 09553 –92200) Übernachtungsmöglichkeiten in Pensionen und Ferien- r'ÛISVOHFOJNt(FTBNUQBLFUi ,MPTUFSLJSDIF 5SFQQFO- wohnungen: haus, Kaisersaal sowie das Museum zur Geschichte r1FOTJPO)PSTU,BJTFS &CSBDI #SVDLTUFJHTUS  Ebrachs): Tel. 09553 – 92200 Tel. 09553 – 1250 r(SP“CJSLBDIFWBOH1GBSSLJSDIF4U+PIBOOFT SPNBOJTDI  r'FSJFOXPIOVOH)VCFSU3ÕEJOH &CSBDI -BVTCÛIMTUS  Relief aus dem 11. Jahrhundert Tel. 09553 – 981027 r'FSJFOXPIOVOH,VMMJH (SP“HSFTTJOHFO 4U3PDIVTTUS  Weitere Informationen unter www.ebrach.de. Tel. 09553 – 1018 Weitere Informationen auch unter www.oberschwarzach. r'FSJFOXPIOVOH6MSJDI (SP“HSFTTJOHFO  de bzw. siehe bei Tour 3, Seite 26. Kleingressinger Str. 18, Tel. 09553 – 445 od. 1600

34 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Auf den Spuren von Bernhard Grzimek Rundweg: Prüßberg – Neuhausen – Heinachshof - Prüßberg

Tour 5 Auf den Spuren von Bernhard Grzimek

Diese Route führt uns entlang wildromanti- Artenreiches Naturschutzgebiet scher Schluchtwälder und naturnaher Bächlein, Spitalgrund – Oberes Volkachtal vorbei an Feuchtwiesen, Streuobstbeständen und Weinbergen. Wir wandern von Prüßberg aus auf den Spuren von Bernhard Grzimek am Westrand des Steigerwaldes durch das Natur- schutzgebiet Spitalgrund - Oberes Volkachtal. Der berühmte Tierfi lmer Grzimek hatte enge Verbindungen zum Steigerwald und hat dem Bund Naturschutz eine Teilfl äche des heutigen Naturschutzgebietes geschenkt. Im zeitigen Frühjahr beeindruckt die große Pfl anzenvielfalt in den Wiesen und Wäldern.

Von Michelau kommend, biegen wir in der Ortsmit- Bärlauchteppich am Spitalbach te von Prüßberg an der Straßengabelung links ab Das Naturschutzgebiet Spitalgrund – Oberes in Richtung Heinachshof. Am Ortsende fi nden wir Volkachtal wurde 1985 ausgewiesen. Der Ober- einen Parkplatz. Wir beginnen diese außergewöhn- lauf der Volkach trägt oberhalb von Michelau lich schöne Wanderung, indem wir dem Wegweiser den Namen Spitalbach (bzw. Aubach), der von „Neuhausen 2 km“ folgen und den Weg in das Au- den kleineren Bächen Mühlbach, Holzbach und bachtal hineingehen. Gleich zu Beginn der Wan- derung betreten wir das Naturschutzgebiet Spital- Parkplatz am Spitalgrund in Prüßberg grund - Oberes Volkachtal (s. Infokasten, Karte 1 ). Ausgangs- und Endpunkt: Anforderungen: Leichte Wanderung mit wenigen Steigungen ca. 6 km, Gehzeit etwa 1,5 – 2 Stunden Der Tierfi lmer und Naturschützer Bernhard Grzimek Strecke/Gehzeit: hatte enge Verbindungen zum Steigerwald: Er Wanderkarten: Naturpark Steigerwald 1:50 000 (LVG Bayern) oder Naturpark Steigerwald 1:50 000 (Fritsch Wanderkarte) wohnte im Steigerwaldvorland und engagierte sich Wildromantische Schluchtwälder mit naturnahen für dessen Schutz (s. Infokasten S. 37). Ein Groß- Besonderheiten: Bächen und mächtigen Sandsteinblöcken, artenreiche Wiesen und Streu- teil des Weges von Prüßberg über Neuhausen nach obstbestände im NaturschutzgebietPrüßberg Spitalgrund ist für Wanderungen nicht Heinachshof ist Teil des Steigerwald-Panoramawegs. Öff entliche Verkehrsmittel: (weiter S.38) ausreichend mit öff entlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 35 Tour 5: Auf den Spuren von Bernhard Grzimek

Grundbach gespeist wird. Diese fließen wild mä- wie Knollen oder Zwiebeln. Im Frühjahr findet andrierend durch bunte Wiesen und Auwälder man beispielsweise die gelben, weißen und lila und streifen dabei steile Schluchtwälder. Die na- Blüten von Scharbockskraut, Buschwindröschen, turnahen Bächlein sind der typische Lebensraum Lerchensporn und Waldveilchen. Gerne in der für Mühlkoppe oder Bachneunauge. In einigen Küche verwendet wird der – hier den Bach be- Nebengewässern ist neben dem Flusskrebs sogar gleitende – Bärlauch, dessen weiße Blüten ihren vereinzelt der Steinkrebs zu finden. In kleinen typischen Knoblauchgeruch verströmen. Stillbereichen sauberer Hangbäche legen die An den Hängen findet man im späten Frühjahr lebendgebärenden Weibchen der Feuersalaman- auch die schöne Türkenbundlilie, die leider nicht der im Frühjahr schon fertige kleine Larven ab. nur für Wanderer, sondern auch für knospenfres- Bei Trockenheit findet man die Feuersalaman- sende Rehe attraktiv ist. der in feuchtem Totholz, Erdhöhlen oder unter Zahlreiche Vogelarten bewohnen die unbewirt- Baumwurzeln bzw. Steinen. schafteten Hangschluchtwälder. Im reichlich Im Spitalgrund bei Prüßberg trifft man auf ein- vorkommenden Totholz suchen immerhin sechs zigartige Schluchtwälder. Die Hänge fallen z.T. Spechtarten nach Käferlarven: Mittel-, Bunt-, so steil ab, dass Forstwirtschaft nicht lohnt und Klein-, Grün-, Grau- und Schwarzspecht. Ihre viele Bäume sich zu alten Baumriesen entwickeln Höhlen werden von unzähligen Nachmietern, wie konnten. Hier wachsen neben den häufigeren Hohltauben, Siebenschläfern, Fledermäusen und Buchen und Eichen auch seltener anzutreffende Hornissen genutzt. Baumarten wie Vogelkirsche, Hainbuche, Win- terlinde, Bergulme und Elsbeere, an den Bächen Esche und Schwarzerle. Die Vielfalt des Geländes, des Bodens und der Wälder spiegelt sich in der abwechslungsrei- chen Pflanzen-, Pilz- und Tierwelt wieder. Ein Laubwald steht im Winter nackt da, es ist hell am Boden. Erst im Laufe des Frühjahrs schließt sich das Kronendach wieder und fängt Sonnenlicht ab. Für die Pflanzen am Boden gilt es deshalb, das zeitige Frühjahr zu nutzen. Die sogenannten Frühblüher nehmen die Nährstoffe zum Wachsen Schwefelporling meist aus ihren unterirdischen Speicherorganen, Für Pilzliebhaber hat der Spitalgrund ebenfalls Türkenbundlilie einiges zu bieten: Von den 1.100 Großpilzarten, die der Pilzexperte Heinz Engel im Nordsteiger- wald kartierte, sind hier einige markante Arten zu entdecken. So kann man im späteren Frühjahr an Eschen den Schwefelporling finden, dessen leuchtend schwefelgelbe bis orange Konsolen einen Durchmesser von über 50 Zentimetern er- reichen (s. Foto).

36 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 5: Auf den Spuren von Bernhard Grzimek

Wildkätzchen

Grzimeks Spuren im Steigerwald den Weg zu bringen. Mit großzügiger fi nanzieller Der weltbekannte und beliebte Tierfi lmer Bern- Hilfe von Bernhard Grzimek und der Frankfurter hard Grzimek war Tierarzt, Verhaltensforscher, Zoologischen Gesellschaft gelang es dem Bund Autor vieler Bücher und langjähriger Direktor des Naturschutz bereits 1979, ein Kleinod am Rande Frankfurter Zoos. Zeitlebens war er ein engagier- des Steigerwaldes zu retten. Die angekauften, ter Kämpfer für den Erhalt unserer natürlichen ökologisch sehr wertvollen Wälder und Feucht- Lebensräume. Bekannt wurde er durch seinen wiesen im Spitalgrund bei Prüßberg bilden heu- Einsatz in Afrika, er war jedoch nicht nur dort te das Kernstück des ca. 40 Hektar großen Natur- aktiv: Grzimek war maßgeblicher Mitinitiator schutzgebietes Spitalgrund – Oberes Volkachtal. bei der Gründung des ersten deutschen Natio- Seit dieser Zeit durfte sich ein wild romantischer nalparks vor 40 Jahren im Bayerischen Wald. Hangschluchtwald natürlich entwickeln, den Bernhard Grzimek hatte einen sehr persönlichen der Bund Naturschutz in einen künftigen Natio- Bezug zu dem von ihm hochgeschätzten Stei- nalpark Steigerwald einbringen wird. Grzimeks gerwald. Am Fuß des Nordsteigerwaldes diente Vermächtnis soll in ein Großschutzgebiet „Bu- ihm die Mittelmühle bei als Alters- chenwälder des Nordsteigerwalds“ einbezogen ruhesitz. Er unterstützte bereits vor 30 Jahren und die Wälder auf einer Fläche von etwa 11.000 den Bund Naturschutz tatkräftig bei Vorleistun- Hektar durch einen Nationalpark gesichert wer- gen für einen künftigen Nationalpark. So hatte den. Damit wären für eine erfolgversprechende er entscheidend dazu beigetragen, die Wieder- Bewerbung des Steigerwaldes als Weltnaturerbe einbürgerung der Wildkatze im Steigerwald auf gute Voraussetzungen geschaff en.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 37 Tour 5: Auf den Spuren von Bernhard Grzimek

Wir orientieren uns nahezu während der gesamten pers entstanden sind (s. Foto und Karte: 6 ). Nach Wanderung an der Wanderwegmarkierung „N2“, le- weiteren 70 Metern hört die Befestigung auf, wir diglich nach Neuhausen begleitet uns ein Stück die „N biegen an der Kreuzung links ab und folgen dem 1“-Markierung. Gleich am Taleingang treffen wir auf „N 1“ Schild. Von dieser Kreuzung ist ein kurzer beachtliche Schilfrohrflächen. Entlang des Weges be- Abstecher – weitere 100 Meter geradeaus – zur wundern wir die jahreszeitenabhängige Artenvielfalt markanten „Fürsteneiche“ möglich (s. Karte 7 ). verschiedener Wiesengesellschaften wie Kohldistel- Der Hauptweg mit „N1“-Beschilderung führt etwa Wiesen, Wiesensalbei-Glatthafer-Wiesen und Halb- 100 Meter über einen unbefestigen Waldweg, bis trockenrasen sowie die bunten Hochstaudenfluren am wir auf eine geschotterte Forststraße stoßen, die Wegesrand (s. Karte 2 ). Längs der Bachläufe können wir geradeaus weitergehen. Kurz darauf mün- wir für den Auwald typische Baum- und Straucharten det der „N2“-Weg von links kommend wieder in entdecken. Hier wachsen unter anderem Esche, Berg-, unseren Weg ein. Wir kommen an einem stillen Spitz- und Feldahorn, Schwarzerle, Haselnuss und Waldweiher vorbei, für den der Holzbach aufge- Vogelkirsche. staut wurde (s. Karte 8 ). Im weichen, tonigen Nach gut einem Kilometer Wegstrecke überqueren Boden haben sich viele Rinnsale und kleine Bäche wir auf einem schmalen Pfad einen Wiesengrund eingetieft und Gräben hinterlassen. Hier finden und passieren die Grenze des Naturschutzgebietes. wir auch die für diese Böden typische Waldgesell- Wir betreten einen schattigen Laubmischwald, in schaft: den Eichen-Hainbuchenwald mit beson- dem uns im Frühjahr eine reiche Krautschicht (s. ders vielen Hainbuchen und prächtigen Eichen. An Karte 3 ) aus Leberblümchen, Frühlingsplatterbse der nächsten T-Kreuzung biegen wir links ab und und Türkenbundlilien die Steigung hinauf zu einer kommen wieder in einen Buchen-Eichenwald mit großen Lichtung begleitet. Dort gehen wir auf der etlichen dicken alten Eichen und einigen Kiefern. linken Seite einen sonnigen Weg an einem artenrei- Nach einer langgezogenen Rechtskurve können chen Waldrand entlang (s. Karte 4 ), zuerst auf ei- wir rechter Hand eine mächtige abgestorbene Ei- ner Wiese, dann auf einem Basaltschotterweg. Ver- che im Wald liegen sehen (s. Karte 9 ), ein sehr treten sind hier zahlreiche Baum- und Straucharten wertvolles, im Wirtschaftswald aber leider viel zu wie Feldahorn, Elsbeere, Traubeneiche, Hainbuche, seltenes Habitat. Wildbirne, Weißdorn, Schlehe und Essigrose. Wir Auf der linken Seite des Weges weist eine Holztafel bleiben auf dem Hauptweg und biegen vor einer auf die Waldabteilung „Holzbach“ hin, die nach umzäunten Weidefläche nach rechts nach Neuhau- dem gleichnamigen Bach benannt wurde. Auf der sen ab. Dort ist das „Hexenhäusle“ eine Einkehr- linken Seite können wir jetzt immer wieder Blicke möglichkeit, die ihrem Namen alle Ehre macht. Wer in das tief eingeschnittene Grundbachtal werfen. einkehren möchte, kann hier am Ortsrand rechts Ein paar hundert Meter weiter sehen wir rechts am abbiegen und dann dem Schild „Zum Hexenhäusle“ den Berg hinauf folgen (s. Karte 5 ). Wir wandern gleich weiter, folgen der Markierung „N 2 Heinachshof 2,5 km“ den gepflasterten Weg bergauf. Nach nur 30 Metern können wir links am Hang einen interessanten Bodenaufschluss studie- ren, der durch den Weg freigelegt wurde. Es han- delt sich dabei um die tonigen Estherienschichten, Bodenaufschluss mit die in der geologischen Epoche des Mittleren Keu- Estherienschichten

38 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 5: Auf den Spuren von Bernhard Grzimek

Hang massige, ockerfarben verwitterte Sandstein- Mit der nächsten scharfen Linkskurve überqueren blöcke liegen (s. Foto). Sie gehören der Schicht des wir den Grundbach, dessen Abhänge von stattlichen Schilfsandsteines an, der an vielen Hängen im Stei- Eschen, Schwarzerlen und Bergahornen bewachsen gerwald anzutreff en ist (s. Infokasten, Karte 10 ). sind. Jetzt sind es nur noch wenige hundert Meter auf einem leicht ansteigenden Weg bis zum Hein- Schilfsandstein – einstmals ein achshof. Im weiteren Wegverlauf passieren wir öfter begehrter Baustoff Rückegassen, auf denen die Maschinen bei der Holz- Die bis 40 Meter mächtigen Schilfsandstein- abfuhr tiefe Gleise und Bodenschäden hinterlassen schichten liegen oberhalb der tonigen Schichten haben (s. Foto, Karte 11 ). An dem idyllisch in einer des Unteren Gipskeupers mit seinen oft berühm- Rodungsinsel gelegenen Heinachshof folgen wir ten Weinlagen. Am Steigerwaldrand ist der dem Wegweiser nach links in Richtung Prüßberg, Übergang vom Unteren Gipskeuper zum Schilf- es sind noch zwei Kilometer zu gehen. Entlang des sandstein als erste markante Stufe erkennbar Weges, der zunächst durch Weidefl ächen führt, hat und oft identisch mit der Grenze von Weinanbau der Bund Naturschutz mehrere Speierlinge gepfl anzt zum Laubwald. Zu seinem Namen ist er durch (s. Karte 12 ). Weiter geht es durch einen jungen fossile Pfl anzenreste gekommen, die die Stein- Laubmischwald mit Kiefern zur Feldfl ur oberhalb brecher früher irrtümlich als Schilf interpretier- von Prüßberg. Etwa 50 Meter nach dem Waldrand ten. In Wahrheit handelt es sich aber um einen lädt rechter Hand eine Holzbank bei einer kleinen großwüchsigen Vertreter der Schachtelhalme. Streuobstwiese ein, den Blick weit in das Steiger- waldvorland schweifen zu lassen (s. Karte 13 ). Wir gehen an neu angepfl anzten Hecken vorbei und steigen an Weinbergen und steilen Streuobstwiesen entlang hinunter zum Ausgangspunkt. Ausklingen lassen kann man die Wanderung bei einem Schop- pen Wein in der Gastwirtschaft Zinner, die nur we- nige Meter vom Parkplatz entfernt an der Kreuzung Vollburgstraße und Spitalgrund liegt (s. Karte 14 ).

Schilfsandstein Der leicht zu bearbeitende Schilfsandstein war in den vergangenen Jahrhunderten ein begehrter Rohstoff zum Bau von Brücken, Häusern, Kirchen, Burgen oder Schlössern. Der grünliche Stein wird wegen seiner Farbe auch „Grüner Mainsand- stein“ genannt. Für zahlreiche Bauten in Unter- und Oberfranken wurde er verwendet, so z.B. für die Würzburger Residenz, den Bamberger Dom, den Bamberger Reiter und den Ebracher Herkulesbrunnen. Auch das älteste Bildwerk aus Sandstein im Steigerwald, ein Wandrelief in der Großbirkacher Dorfkirche, ist im 11. Jahrhundert Bodenschäden durch Holzernte aus Schilfsandstein gemeißelt worden.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 39 Tour 5: Auf den Spuren von Bernhard Grzimek

Spitalgrund bei Prüßberg

Gaststätten und Weinstuben: r(BTUIBVTVOE8FJOCBV;JOOFS T,BSUF  Prüßberg, Vollburgstr. 9, Tel. 09382 – 1531, www.gasthaus-vollburg.de r(BTUIBVT;VN'BMLFOCFSH "MUNBOOTEPSG  Falkenbergstr. 3, Tel. 09528 – 361 r8FJOHVUVOE)FDLFOXJSUTDIBGU"N4POOFO winkel, Altmannsdorf, Am Sonnenwinkel 6, Tel. 09528 – 426 r(BTUIBVT#FEFOL )VOEFMTIBVTFO  Zabelsteinstr. 17, Tel. 09528 – 455 Weingut und Übernachtungsmöglichkeiten in Ferienwohnungen: r8JO[FSIPG,BSMVOE8BMUFS'VDITNJU'FSJFOXPI- nung, Altmannsdorf, Falkenbergstr. 5, Tel. 09528 – 631, www.weingutkarlfuchs.de r'FSJFOIBVTVOE8FJOHVU&SJDI#BSUI .JDIFMBV  Hauptstr. 27, Tel. 09382 – 8821 Übernachtungsmöglichkeiten in Ferienwohnungen: r'FSJFOXPIOVOH'BNJMJF4BVFS /FVIBVTFO  Jägergasse 5, Tel. 09363 – 18 49 r'FSJFOXPIOVOH-PSFUUB(SFEJH .JDIFMBV 6OUFSFS Taubenherd 20, Tel. 09382 – 5512 Nützliche Informationen: Gemeinde Michelau (PLZ 97513) mit den Ortsteilen Prüßberg, Neuhausen, r'FSJFOXPIOVOH3JUB-PS[ .JDIFMBV 6OUFSFS Taubenherd 18, Tel. 09382 – 7114 Altmannsdorf und Hundelshausen Besichtigungen Gaststätten mit Übernachtungsmöglichkeiten: rTFIFOTXFSUF1GBSSLJSDIFJO.JDIFMBVWPO r(BTUIBVTVOE¾CFSOBDIUVOHTIÛUUF)FYFOIÅVTMF T,BSUF /FVIBVTFO  Balthasar Neumann Wirtsgasse 2, Tel. 09382 – 315222, www.hexenhaeusle-neuhausen.com Weitere Informationen unter www.michelau.de. r(BTUIPG.FUFPSB .JDIFMBV )BVQUTUS 5FMm r'FSJFOXPIOVOHVOE)FDLFOXJSUTDIBGU.BSLFSU 4FFXFH )VOEFMTIBVTFO  Tel. 09528 - 950106

40 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Zu den Riesenbuchen in der berühmten Waldabteilung Kleinengelein Rundweg: Parkplatz Wotansborn – Naturschutzgebiet Weilersbachtal – Waldabteilung Kleinengelein – Parkplatz Wotansborn Tour 6 Zu den Riesen- buchen in der berühmten Waldabteilung Kleinengelein

Das Ziel dieser Route sind die Riesenbuchen in Hand eine Kahlfl äche und können rechts – noch im der Waldabteilung Kleinengelein, einem der Naturdenkmal – einige mächtige abgestorbene Bu- berühmtesten Waldbestände Deutschlands. chenstämme bewundern. Einen ersten Eindruck, wie dick Buchen werden können, bekommen wir bereits im Naturdenk- mal Wotansborn. Mit dem Naturschutzgebiet Weilersbachtal lernen wir ein typisches Wiesen- tal des Steigerwaldes kennen. Am absoluten Höhepunkt dieser Wanderung können wir in Kleinengelein die mächtigen, altehrwürdigen Buchen bestaunen, die hier auf nur fünf Hektar durch eine glückliche Fügung des Schicksals bis heute überlebt haben. Ein Traum von einem Buchenwald! Die Buchen hier werden zu den ältesten und höchsten in ganz Deutschland gezählt. Altholzinsel Wotansborn Vom Parkplatz Wotansborn aus folgen wir dem Schild „R8 Wotansborn“ und gehen etwa 200 Meter auf einem Fußpfad bis zum Naturdenkmal Wotans- gekennzeichneter Parkplatz Wotansborn born. Der Weg führt uns an einer Holzbank vorbei Ausgangs- und Endpunkt: und zwischen mächtigen Stammteilen einer liegen- etwa 2 Kilometer westlich von Fabrikschleichach an der Kreisstraße HAS 26 in Richtung Hundelshausen den Buche hindurch zu einer Quellfassung im Natur- Mittelschwere Wanderung mit einigen stärkeren Stei- denkmal (siehe Karte 1 ). Wir überqueren die kleine Anforderungen: gungen und einem zugewachsenen, feuchten Waldwegabschnitt. Schlucht, steigen an der Quellfassung vorbei einige Gutes Schuhwerk empfehlenswert! Stufen hoch und stoßen nach wenigen Metern auf Strecke/Gehzeit: ca. 9 km, Gehzeit etwa 3 bis 4 Stunden Waldabteilung Kleinengelein, Naturdenkmal Wotans- eine Forststraße. Hier hängen zwei Nistkästen, da- Besonderheiten: von ein spezieller fl acher Fledermausnistkasten.Wir born, Naturschutzgebiet WeilersbachgrundDer Parkplatz Wotansborn bzw. Fabrik- biegen auf der Forststraße rechts ab, passieren linker Öff entliche Verkehrsmittel: schleichach sind für Wanderungen nicht ausreichend mit öff entlichen Verkehrmitteln zu erreichen.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 41 Tour 6: Zu den Riesenbuchen in der berühmten Waldabteilung Kleinengelein

Naturdenkmal Wotansborn Talgrund typisch ist. Die früher hier angepflanzten Fichten fallen zunehmend aus und die von Natur vorkommenden Baumarten wie Esche, Schwarzer- le oder Buche erobern sich das verlorengegangene Terrain wieder zurück.

Naturschutzgebiet Weilersbachtal Das Naturschutzgebiet Weilersbachtal wurde 1995 ausgewiesen und umfasst auf einer Fläche von 93 Hektar den nördlichen Teil des Weilers- Das Naturdenkmal Wotansborn umfasst eine bachtals mit seinen bewaldeten Randarealen. Es sehenswerte, knapp zwei Hektar große Altholz- liegt zwischen dem Hohenberg und dem Stein- insel mit einer Quellfassung. Der etwa 170- berg im Osten sowie dem Wustvieler Forst im jährige Buchenbestand wird seit einiger Zeit nicht Westen. Die Talflächen bilden ein abwechslungs- mehr genutzt, entsprechend viele Biotopbäume reiches Landschaftsmosaik aus Wiesengesell- gibt es auf dieser Fläche. Jede dieser Altbuchen schaften mit Hochstaudenfluren, Quellbereichen ist einzigartig und hat ihren eigenen Charakter: und naturnahen Bachläufen mit Auwäldern. Am Man findet stehende und liegende Stämme, mit naturnahen Bachlauf mit seinen seitlichen Quell- glatter oder rauer Rinde, mit Flechten oder mit bächen reihen sich Bäume und Sträucher des Zunderschwamm bewachsen oder bis weit nach Schwarzerlen-Eschen-Auwaldes wie Perlen an oben bemoost. Etliche Altbuchen wurden auch einer Schnur. Das Weilersbachtal gilt als typisches bereits von Spechten bearbeitet, was zeigt, dass Wiesental des Steigerwaldes und ist auch Teil des der Tisch für die Spechte hier reich gedeckt ist. FFH-Gebietes „Buchenwälder und Wiesentäler Gegenüber der Quelle, die bereits 1912 gefasst des Nordsteigerwaldes“ sowie des Europäischen wurde, laden zwei Bänke zu einer Rast ein. Im Vogelschutzgebietes „Oberer Steigerwald“. kleinen, fischfreien Quellbach tummeln sich im Frühjahr viele Larven des Feuersalamanders. Nachdem wir etwa 1,5 Kilometer im Weilersbachtal gewandert sind, gelangen wir an eine Abzweigung, Wir überqueren in einem Rechtsbogen den kleinen an der links am Hauptweg ein Schild mit „Fahrrad- Bach und biegen nach weiteren 50 Metern an einem weg“ und „R10“-Markierung steht. Hier biegen wir Wegedreieck nach links auf die Forststraße ein. Hier rechts ab und folgen einem Holzschild mit drei Wel- folgen wir bis auf weiteres der „R10“-Beschilderung lenlinien über den Weilersbach zur anderen Talseite mit Feuersalamander-Symbol, die uns in das Wei- hinüber. Dort ignorieren wir die nach rechts bzw. lersbachtal führt. Nach etwa 400 Metern überque- links abgehenden Forststraßen. Wir gehen gera- ren wir geradeaus eine Kreuzung und passieren ein deaus weiter auf einem wenig begangenen Pfad Hinweisschild auf das Naturschutzgebiet Weilers- am Waldrand, auf der linken Seite einer idyllischen bachtal. Nach etwa 750 Metern bergab haben wir Wiese entlang. Dem Waldrand folgen wir in einem den Talgrund erreicht und halten uns links (R10). Rechtsbogen bis zur hinteren oberen Ecke der Wie- Ab hier bewegen wir uns im Talgrund des Weilers- se, wo wir wieder auf ein Schild mit den drei Wellen- baches. Der Weg führt immer an den Randberei- linien stoßen. Hier tauchen wir in den Wald ein und chen des Naturschutzgebietes „Weilersbachtal“ gehen ca. 50 Meter auf einer etwas sumpfigen Rü- entlang (siehe Karte 2 ). Anfangs begleitet uns ckegasse entlang. Im April läuft man hier auf einem ein Schwarzerlen-Eschen-Auwald, wie er für den Teppich aus Scharbockskraut, im Sommerhalbjahr

42 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 6: Zu den Riesenbuchen in der berühmten Waldabteilung Kleinengelein sollte man bei feuchter Witterung auf junge Erdkrö- Fliegenkesselfalle des Aronstabs ten achtgeben, die gerne den Weg kreuzen. Dann biegen wir auf einen schmalen Fußpfad halblinks ab und laufen auf das Holzschild mit den drei Wellenli- nien an einer dicken Fichte in 20 Metern Entfernung zu. Wir gehen an der Fichte vorbei und biegen direkt dahinter nach rechts auf eine Rückegasse ein, der wir etwa 300 Meter bergauf folgen. Diese Rücke- gasse ist wenig befahren, etwas zugewachsen und oft rutschig - Trittsicherheit ist erforderlich. An der Gefl eckter Aronstab nächsten Wegkreuzung biegen wir rechts ab. Nach Der Blütenstand des Aronstabs bildet eine soge- ca. 70 Metern auf ebenem Weg biegen wir links in nannte Fliegenkesselfalle. Insekten werden durch einen Weg ein, der uns den Hang hinauf führt. den Aasgeruch der Keule angelockt, können sich an der Innenseite des glatten Hüllblatts aber nicht halten und rutschen nach unten in das Innere des Kessels. Durch einen Ring sperriger Borsten werden sie am Verlassen des Kessels gehindert. Am Grunde des Kessels bildet sich nektarhaltiges Wasser, das den Insekten Nahrung bietet. Wenn man während der Bestäubungszeit das Hüllblatt aufschneidet, fi ndet man am Kesselgrund eine Riesenesche gewaltige Menge von Fliegen, die dort zur Bestäu- bung vorübergehend gefangen sind. Bis zu 4.000 Nach ca. 75 Metern fällt links an einem Stamm ein Exemplare wurden schon in einer einzigen Aron- Täfelchen mit einem schwarzen „N“ auf gelbem stabblüte gezählt. Der intensive Stoff wechsel im Grund auf. Es weist auf die dickste Esche im Steiger- Bereich der Blüten sorgt sogar für Temperaturen wald mit über einem Meter Brusthöhendurchmes- im Kessel, die deutlich über der Außentemperatur ser hin, die von hier aus etwas weiter oben am Hang liegen. Der Boden des Hüllblatts wirkt also wie zu erkennen und als Naturdenkmal ausgewiesen ist. eine beheizte Wohnung. Wenn alle weiblichen Anhand ihrer asymmetrisch bemoosten Stammba- Blüten bestäubt sind, welkt das Hüllblatt und die sis und einer langen Narbe lässt sie sich auch ohne Fliegen werden wieder in die Freiheit entlassen. Blick in die belaubte Krone von den benachbarten Im Spätsommer kann man die leuchtenden, koral- Baumindividuen unterscheiden (s. Karte 3 , Foto). lenroten Beeren als befruchtete weibliche Blüten Wir gehen weiter bergauf und erreichen wieder bewundern (siehe Foto). eine breite Forststraße, in die wir links abbiegen. Da diese Wegeinmündung von der Forststraße aus Nach knapp 1,5 Kilometern auf der Forststraße er- nicht gut zu sehen ist, ist es nicht empfehlenswert, reichen wir eine Informationstafel, die über die an- diese Route in entgegengesetzter Richtung zu grenzende Waldabteilung Kleinengelein informiert. wandern. Am Wegrand der Forststraße kann man Der berühmte, bis über 370 Jahre alte Buchenbe- möglicherweise den gefl eckten Aronstab entdecken stand wird heute nicht mehr forstwirtschaftlich ge- (s. Infokasten). nutzt, dafür aber wissenschaftlich erforscht (siehe Karte 4 ).

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 43 Tour 6: Zu den Riesenbuchen in der berühmten Waldabteilung Kleinengelein

Riesenbuchen in Kleinengelein

Waldabteilung Kleinengelein als die Eichen, konnten etliche, heute über 370 Dieser Buchenbestand gilt als einer der ältesten Jahre alte Buchen überleben. Seit 1880 ist die Deutschlands und befand sich ab 1023, so wie Entwicklung der Waldabteilung Kleinengelein der gesamte nordwestliche Teil des Steigerwal- durch Aufzeichnungen dokumentiert. Es wurde des, im Besitz des Würzburger Hochstiftes. Da eine natürliche Verjüngung beschlossen. Außer- die Forstflächen bis in das 16. Jahrhundert hinein dem wurde die Nutzung auf Starkbuchen fest- nur ziellos bewirtschaftet und zuweilen sogar gelegt, die für die Herstellung von Holzschaufeln regelrecht ausgeplündert worden waren, erließ gebraucht wurden. Der heutige Bestand zeigt das Hochstift Würzburg 1721 eine Waldordnung. die Wuchsfreudigkeit der Buchen. Einzelne Ex- Diese regelte, dass Hauptbäume innerhalb der emplare stammen noch aus der Zeit des 30-jäh- Schlagfläche belassen werden sollten. Dank rigen Krieges, der Großteil stammt aus dem 18. dieser Vorschrift entstanden mehrschichtige und Jahrhundert. Die dünneren Stämme müssten oberholzreiche Mittelwälder, welche für die Glas- etwa 70 bis 80 Jahre alt sein. Die alten Buchen und Eisenverhüttung gebraucht wurden. Nach erreichen mit etwa 110 Zentimetern beachtliche der Säkularisation wechselten die Wälder um Brusthöhendurchmesser. Die Buche gilt als wich- 1800 in den Besitz verschiedener Herzogtümer tigste Baumart des Steigerwaldes und wächst Frankens, Nieder- und Oberbayerns und gingen ausgezeichnet auf den hier vorkommenden gut 1814 schließlich an das Königreich Bayern über. durchlüfteten, nährstoffreichen Braunerden, die Die Mittelwälder entwickelten sich zu Hoch- mit guter Wasserversorgung gesegnet sind. Im wäldern, Eichen wurden vermehrt als Bauholz Bereich der Waldabteilung Kleinengelein sind genutzt. Da die Buchen weniger begehrt waren regelmäßig Kolkraben anzutreffen, die an ihren

44 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 6: Zu den Riesenbuchen in der berühmten Waldabteilung Kleinengelein

Werden und Vergehen in Kleinengelein typischen „Krok-krok“-Rufen einfach zu erken- Schwarzstorch nen sind. Nachdem schon lange ein konsequen- ter Schutz für Kleinengelein gefordert worden war, wurde hier 2010 ein über 50 Hektar großes Naturwaldreservat ausgewiesen. Damit dürfen sich zumindest die Wälder bei Kleinengelein künftig natürlich entwickeln. Literatur: Preuhsler, Teja & Rebhan, Peter (1991): „Kleinenge- lein“ – ein Buchenstarkholzrelikt im Forstamt Gerolzhofen. In: Forst und Holz 16, 46. Jahrgang, S. 436-445. www.wwk. forst.tu-muenchen.de/info/publications/Online Publications/318.pdf

Nach unserem Abstecher zu den Altbuchen gehen wir weiter geradeaus auf der Forststraße, die uns Der Schwarzstorch (s. Foto) ist etwas kleiner als auf dem „R2“-Wanderweg leicht bergab wieder in der Weißstorch und ein sehr scheuer Bewohner das Weilersbachtal führt. Etwa 1,2 Kilometer nach alter geschlossener Laub- und Mischwälder. Der Kleinengelein macht die Forststraße einen lang- Schwarzstorch baut sein Nest auf starken Bäumen gezogenen 90°-Bogen nach links, um dann das oder in Felsen und benutzt es oft über viele Jahre Weilersbachtal zu queren. Rechter Hand hat der hinweg. Da er es immer wieder instand setzt und Landkreis Haßberge in einer Wiese einige Tümpel erweitert, bekommt es unter Umständen ein gro- anlegen lassen (siehe Karte 5 ). Dadurch soll die ßes Gewicht, Nestabstürze sind daher nicht selten. Nahrungsversorgung für den Schwarzstorch sicher Wichtig ist für den Schwarzstorch neben großen gestellt werden, der im Wiesengrund des Weilers- störungsfreien Waldgebieten auch die Nähe zu bachtals regelmäßig zu beobachten ist (s. Infokas- seinem Jagdrevier: Still- und Fließgewässer so- ten).

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 45 Tour 6: Zu den Riesenbuchen in der berühmten Waldabteilung Kleinengelein

lersbaches, der hier frei von einer Talseite auf die wie Lichtungen und Feuchtwiesen außerhalb des andere mäandriert und von einem Galeriewald Waldes. Die Nahrung besteht hauptsächlich aus aus Schwarzerlen und Eschen gesäumt ist. Nach Fröschen, Fischen und Krebsen, aber auch aus In- gut 1200 Metern queren wir den Ochsengraben, sekten, Reptilien oder anderen Kleintieren. der, von rechts kommend, den Weilersbach speist. Ein Storchenpaar bleibt sich meist ein Leben lang Nach weiteren 200 Metern kommen wir wieder zu treu. Den Winter verbringen die Schwarzstörche der Kreuzung, an der wir auf dem Hinweg von der in Afrika. Bei der Rückkehr im Mai trifft sich das Forststraße abgebogen sind und den Wiesengrund Paar am Nest wieder, da die Männchen etwas überquert haben. Ab hier laufen wir den bereits früher eintreffen. bekannten Weg das Weilersbachtal hinauf, dies- Die Jungen sind erst mit drei Jahren geschlechts- mal in umgekehrter Richtung. Der geschotterten reif. Der älteste beringte Schwarzstorch wurde Forststraße folgen wir bis zur Abzweigung, an der über 18 ½ Jahre alt. wir den Weilersbachgrund nach rechts in Richtung Parkplatz Wotansborn verlassen („R10“). Ab hier Nachdem wir den Wiesengrund überquert haben, gewinnen wir wieder an Höhe und erreichen nach wenden wir uns an der T-Kreuzung nach links und rund 1200 Metern den Parkplatz Wotansborn. wandern das Weilersbachtal auf dem „R10-Weg“ Einkehrmöglichkeiten gibt es z.B. im nahen Fabrik- wieder hinauf. Rechts von uns liegt der Steinberg schleichach. Auf der Fahrt dorthin können Amphi- (425 Meter ü. N.N.), hier im Talgrund befinden bienfreunde noch einen lohnenden Abstecher zu wir uns auf einer Höhe von etwa 330 Meter über den Teichen beim Wotansborn machen (s. Karte 6 dem Meeresspiegel. Wir laufen entlang des Wei- , siehe Infokasten unten).

Fakultativer Exkursionspunkt: Teiche beim Wotansborn (s. Karte 6 ) Die Teiche, die wir auf der Fahrt vom Parkplatz Wotansborn nach Fabrikschleichach auf der rechten Straßenseite sehen können, sind seit 1997 im Besitz des Land- kreises Haßberge. Der Landkreis unterhält die Teiche ohne jegli- chen Fischbesatz, sie sind daher ein hervorragender Amphibien- lebensraum mit überregionaler Bedeutung. Die Erdkrötenpopu- lation zählt mit mehreren Tau- send Exemplaren zur größten im Landkreis. Bemerkenswert ist die Laubfrösche große und stabile Laubfroschpo- pulation mit bis zu 300 rufenden Männchen molch, Gelbbauchunke und Grünfrosch mit gro- (s. Foto). Weitere Arten sind Teichmolch, Berg- ßer Individuenzahl (Quelle: www.hassfurt.de).

46 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 6: Zu den Riesenbuchen in der berühmten Waldabteilung Kleinengelein

Vielblütiges Salomonsiegel

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 47 Tour 6: Zu den Riesenbuchen in der berühmten Waldabteilung Kleinengelein

Nützliche Informationen: r(BTUXJSUTDIBGU;VN4UFJHFSXBME /FVTDIMFJDIBDI  Gemeinde Rauhenebrach (PLZ 96181) mit nahegele- An der Glashütte 1, Tel. 09529 - 595 genen Ortsteilen Fabrikschleichach, Untersteinbach, r1J[[FSJB1JOPDDJP 6OUFSTDIMFJDIBDI "OEFS"VSBDI  Theinheim und Koppenwind Tel. 09529 - 9500220 Gaststätten mit Unterkunftsmöglichkeiten: r(BTUIPG;VSBMUFO(MBTIÛUUF 'BCSJLTDIMFJDIBDI  Übernachtungsmöglichkeiten in Ferienwohnungen: Glashüttenstr. 8, Tel. 09554 – 534, r'FSJFOXPIOVOHFO&DLFOSFJUFS 0CFSTDIMFJDIBDI 1GBSSFS www.gasthof-glashuette.de Baumann-Str. 49, Tel. 09529 – 661 r'FSJFOXPIOVOHt)FYFOIÅVTDIFOi4DIJSNFS  Gaststätten und Einkehrmöglichkeiten: Oberschleichach, Kohlbergstr. 14, Tel. 09529 – 368 r$BGFVOE,FSBNJLXFSLTUBUU$BGF5PO 'BCSJLTDIMFJDIBDI  r'FSJFOIBVT5BMCMJDL /FVTDIMFJDIBDI 5BMCMJDL  Balthasar-Neumann-Weg 1, Tel. 09554 – 1402, Tel. 0178 -9313213, www.keramik-im-steigerwald.de www.familieriegger2talblickoberaurach.de r)JSTDIFOCSÅV.JDIFM 6OUFSTUFJOCBDI )BVQUTUS  Weitere Informationen unter www.oberaurach.de. Tel. 09554 - 221 r3FTUBVSBOU"QPMMPO 6OUFSTUFJOCBDI )BVQUTUS  Gemeinde Michelau (PLZ 97513) mit den Ortsteilen Tel. 09554 – 341 Neuhausen, Altmannsdorf und Hundelshausen r#SBVFSFJ(BTUIPG;VN(SÛOFO#BVN 5IFJOIFJN  Gaststätte mit Übernachtungsmöglichkeiten: Schulterbachstr. 15, Tel. 09554 – 293 r(BTUIBVTVOE¾CFSOBDIUVOHTIÛUUF)FYFOIÅVTMF r(BTIBVT$BGF8BMECMJDL ,PQQFOXJOE #FSHTUS  (s. Karte 8), Neuhausen, Wirtsgasse 2, Tel. 09554 - 229 Tel. 09382 – 315222, r(BTUIBVT)FV“ 8ÛS[CFSH ,PQQFOXJOE 5FMm www.hexenhaeusle-neuhausen.com r'FSJFOXPIOVOHVOE)FDLFOXJSUTDIBGU.BSLFSU  Übernachtungsmöglichkeiten: Seeweg 2, Hundelshausen, Tel. 09528 - 950106 r1FOTJPO0QQFMU 5IFJOIFJN )PM[CFSH  Gaststätten und Weinstuben: Tel. 09554 - 8326 r(BTUIBVT;VN'BMLFOCFSH "MUNBOOTEPSG  Falkenbergstr. 3, Tel. 09528 – 361 Weitere Informationen unter www.rauhenebrach.de. r8FJOHVUVOE)FDLFOXJSUTDIBGU"N4POOFOXJOLFM  Altmannsdorf, Am Sonnenwinkel 6, Tel. 09528 – 4 26 Gemeinde Oberaurach (PLZ 97514) mit nahegele- r(BTUIBVT#FEFOL )VOEFMTIBVTFO ;BCFMTUFJOTUS  genen Ortsteilen Fatschenbrunn, Ober-, Unter- und Tel. 09528 – 455 Neuschleichach Weingut und Übernachtungsmöglichkeiten in Ferien- Gaststätten mit Unterkunftsmöglichkeiten: wohnungen: r-BOEHBTUIPGVOE1FOTJPO-JOEFOIPG 'BUTDIFOCSVOO  r8JO[FSIPG,BSMVOE8BMUFS'VDITNJU'FSJFOXPIOVOH  Lindenstr. 7, Tel. 09529 – 981061, Altmannsdorf, Falkenbergstr. 5, Tel. 09528 – 631, www.lindenhof-steigerwald.de www.weingutkarlfuchs.de r)PUFM3FTUBVSBOU$BGF-BOEIBVT0CFSBVSBDI 0CFS- Übernachtungsmöglichkeiten in Ferienwohnungen: schleichach, Tel. 09529 – 92200, r'FSJFOXPIOVOH'BNJMJF4BVFS /FVIBVTFO +ÅHFSHBTTF  www.landhaus-oberaurach.de Tel. 093 63 – 18 49 r#SBVFSFJ(BTUIPG1FOTJPO;FOHMFJO 0CFSTDIMFJDIBDI  Weitere Informationen unter www.michelau.de. Pfarrer-Baumann-Str. 21/23, Tel. 09529 – 92240 Gemeinde Knetzgau (PLZ 97478) mit nahegelegenem Gaststätten, Weinstuben und Einkehrmöglichkeiten: Ortsteil Eschenau r8FJOTUVCF8FJOHVU/JDP4DIPMUFOT 'BUTDIFOCSVOO 3JFO Gaststätte mit Übernachtungsmöglichkeiten: eckstr. 6, Tel. 09529 – 326, www.weingut-scholtens.com r(BTUIPG-ÕCM ,OFU[HBV&TDIFOBV "VHVTU8BDLFS4US  r(BTUIPG/FVNBOO /FVTDIMFJDIBDI "SNJO,OBC4US  Tel. 09527 – 376, www.gasthof-loebl.com Tel. 09529 – 529, www.neumanns-kulinar.de r(BTUIPG5FMM /FVTDIMFJDIBDI "SNJO,OBC4US  Weitere Informationen unter www.knetzgau.de. Tel. 09529 – 433

48 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Durch gepflegte Wälder zum gepflegten Bier Rundweg: Parkplatz N.U.O. Schleichach - Glashütter Waldkapelle – Theinheim – Parkplatz N.U.O. Schleichach Tour 7 Durch gepfl egte Wälder zum gepfl egten Bier

Diese Tour führt uns durch abwechslungsreiche Wirtschaftswälder, wie sie für den Nordsteiger- wald typisch sind. Auf unserer Wanderung durch die ausgedehnten Laub- und Mischwälder können wir das „Glashütter Käpella“ entdecken und den Theinheimer Kreuzweg mit seinen Stationen bewandern. Der Wegabschnitt mit den originellen Glashütter Waldkäpella Holzfi guren des „Waldgeister-Skulpturenwegs“ ist vor allem für Kinder ein Höhepunkt. Wir passieren Biotopbäume mit eindrucksvollen Spechtspuren. viele kleine Täler und Kuppen und überwinden Nach ca. 200 Metern kommen wir an eine Kreu- dabei insgesamt beinahe 400 Höhenmeter. Da zung, an der ein Schild „Theinheim“ nach links kommt schließlich nach zwei Dritteln des Weges zeigt. Um das Glashütter Käpella zu sehen, halten eine Einkehr in einer traditionsreichen Brauerei- wir uns aber halb rechts und gehen noch 100 Me- gaststätte gerade recht. ter weiter (s. Foto, Karte 1 ). Es liegt als lohnendes Ziel mitten im Wald, umgeben von Bänken und ist Wir starten vom gut ausgeschilderten Parkplatz vor allem innen sehr hübsch eingerichtet. Es wurde „N.U.O.Schleichach“ nordöstlich von Fabrik- 1730 auf Grund des Gelöbnisses eines Holzfuhr- schleichach und gehen ein kurzes Stück auf mannes zur Zeit der Glashütten erbaut. der Staatsstraße nach rechts Richtung Fabrik- schleichach. Nach ungefähr 200 Metern biegen wir Parkplatz N.U.O. (Neu-, Unter-, Ober-) vor einer scharfen Linkskurve nach links auf einen Ausgangs- und Endpunkt: Schleichach ca. 850 Meter nach dem OrtsrandAlternativer von Fabrikschleichach Ausgangs- und links kleinen Parkplatz ein, von dem Holzschilder den an der Staatsstraße 2258 nach Eltmann. Weg nach „Theinheim 5 km“ und zur Waldkapelle Endpunkt: Ortskern von Theinheim (siehe Routenvariation) (O3) weisen. Diesen Weg gehen wir geradeaus in Anforderungen: Unschwierige, mittellange Wanderung mit einzelnen langgezogenen stärkeren Steigungen den Wald hinein und treff en auf Reste eines alten 16 km, 4 – 4,5 Stunden Strecke/Gehzeit: Buchenwaldes, wie er im Steigerwald nicht mehr kürzerer Rundweg von Theinheim aus, der Kreuzweg Routenvariante: oft vorkommt. Unter den alten dicken Buchen und und Waldgeister-Skulpturenweg umfasst (ca. 5 km, Markierung R3) Glashütter Käpella, historische Jagdgrenzsteine, einigen Eichen hat sich ein Buchenunterwuchs Besonderheiten: eingestellt. Sofort fällt rechterhand eine mächtige Waldgeister Skulpturenweg, KreuzwegFabrikschleichach bzw. Theinheim sind alte Buche auf und nach 50 Metern fi nden wir zwei Öff entliche Verkehrsmittel: für Wanderungen nicht ausreichend mit öff entlichen Verkehrmitteln zu erreichen.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 49 Tour 7: Durch gepflegte Wälder zum gepflegten Bier

können immer wieder schöne Blicke auf die Hang- Auf den Spuren Balthasar Neumanns wälder werfen – eine willkommene Abwechslung durch die Glashütten-Wälder zu den später folgenden geradlinig verlaufenden, Fabrikschleichach ist erst 300 Jahre alt und wurde breiten Forststraßen. Hier sind auch eine Vielzahl am 1. Januar 1706 vom Hüttenmeister Adam Ber- an Nisthilfen für Insekten, Fledermäuse und Vögel ger als Glashütte und damit als Industriestandort angebracht, die den Mangel an Biotopbäumen und gegründet. Wegen des hohen Holzbedarfs wur- Baumhöhlen im Wirtschaftswald etwas mildern den die Glashütten in den Wäldern angesiedelt, sollen. Die hiesige Waldwirtschaft ist eng mit dem meist in einer siedlungsärmeren Gegend. Mit Namen Moritz Pflaum verbunden, der in der ersten Holzkohle als Energieträger wurde aus den Roh- Hälfte des 20. Jahrhunderts hier arbeitete und der stoffen Sand und Pottasche Waldglas hergestellt. die Laubwälder so intensiv pflegte, dass kaum ein Der Holzbedarf einer Glashütte zur Herstellung Biotopbaum übrig blieb (siehe Infokasten). von Pottasche und zum Heizen der Glasöfen be- trug jährlich 2.000 bis 3.000 Festmeter Holz. Pflaum´sche Forstwirtschaft: Die Auswirkungen der Glashütte waren hier aber Kahlschlagsfrei, dennoch schlecht für nicht so verheerend wie z.B. im Nordspessart, wo die Buchenwälder großflächig abgeholzt und Specht & Co schließlich durch Nadelforste ersetzt wurden. Um Oberforstmeister Moritz Pflaum prägte 1921 bis die Glasfabrik entstand eine Siedlung mit klei- 1948 entscheidend die Wälder im Nordsteiger- nen, ebenerdigen Häuschen, die Kaserne. Den wald. Die von oben verordneten sehr starken Ortsnamen Fabrikschleichach erhielt der Ort erst Holznutzungen in den Notjahren während und 140 Jahre später. In Fabrikschleichach erinnern nach den beiden Weltkriegen führte Pflaum in historische Bauwerke an die Zeit der Glasproduk- den Waldbeständen um Fabrikschleichach in tion, allen voran die vom fürstbischöflichen Hof- Form einer sehr intensiven Pflege durch. baumeister Balthasar Neumann 1747 errichtete Über Jahrzehnte nutzte er im Gegensatz zu sei- Pottaschesiederei. Die Glasproduktionsstätte war nen Kollegen im Süden des Steigerwaldes den der bedeutendste Wirtschaftsbetrieb des Hoch- Buchenvorrat nicht in Form von Kahlschlägen, stifts Würzburg. Balthasar Neumann war viele sondern für die damalige Zeit sehr fortschrittlich Jahre Pächter der Glashütte und produzierte in durch eine intensive Hochdurchforstung auf der Fabrikschleichach das Glas für den Prachtbau der ganzen Fläche. Dabei wurde in den Nachkriegs- Würzburger Residenz. In der ehemaligen Pott- jahren doppelt so viel Holz genutzt wie später. aschesiederei in Fabrikschleichach befindet sich Die Nutzung erfolgte stets nach dem Prinzip: „Das Schlechte fällt zuerst“. Dadurch entwickel- heute die Töpferei Cafe Ton (siehe Karte 8 ), die unter Kennern als Geheimtipp gehandelt wird. ten sich auch aus jüngeren Buchenbeständen Literatur: Loibl, Werner (2006): Fabrik-Schleichach - Die Bäume mit starken Durchmessern, so wie sie Geschichte der Glashütte im Steigerwald. Arbeitskreis für heute das Ziel moderner Durchforstungskonzep- Heimatgeschichte Rauhenebrach zur 300-Jahr-Feier (Hrsg.). te sind. Aus heutiger Sicht positiv: Er schuf eine kahlschlagsfreie Waldwirtschaft, begünstigte die Nach diesem Abstecher zur Kapelle gehen wir wie- Laubbäume, löste den Laubwald nicht durch Na- der zurück und folgen dem Wegweiser nach Thein- delwald ab und hinterließ Laubwälder von hoher heim. Der etwas zugewachsene Fußweg schlängelt ökonomischer Wertleistung. Aus heutiger Sicht sich etwa 800 Meter die Hangkante entlang und wir negativ: Der intensiven Pflege fielen (fast) alle

50 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 7: Durch gepfl egte Wälder zum gepfl egten Bier

Biotopbäume zum Opfer. Weil bei seinem Durch- forstungsverfahren die für viele holzbewohnen- den Käferarten und höhlenbrütenden Vogelarten lebenswichtigen Strukturen (z.B. anbrüchige Ein- zelbäume) schon im Frühstadium entfernt wur- den, konnten sich nur relativ anspruchslose Arten halten. Für Arten wie den Nashornkäfer, Zunder- schwamm oder den Grauspecht war schließlich kein Platz mehr. Die Folge waren einschneidende Verluste bei der Artenvielfalt. Literatur: Müller, Jörg (2005): Waldstrukturen als Steuergrö- ße für Artengemeinschaften in kollinen bis submontanen Buchenwäldern. Dissertationsschrift an der TU München, Wissenschaftszentrum Weihenstephan für Ernährung, Landnutzung und Umwelt Department für Ökosystem- und Landschaftsmanagement – Lehrstuhl für Waldwachstums- kunde. Grenzstein Bamberg-Würzburg (1688) Nach der kleinen Lichtung mit einer Waldschutz- dem Jagdhorn die Buchstaben B:S für Bamberger hütte und einem Rastplatz folgen wir der Beschil- Schulterbach und W:S für Würzburger Lehen zu derung Richtung Theinheim und biegen nach rechts erkennen. Im Volksmund wurden sie scherzhaft in die Forststraße ein. Der Name „Steinknuck“ der als Bamberger Süffl ing und Würzburger Lump örtlichen Waldabteilung ist auf eine Beschreibung bezeichnet. Der Stein ist 1688 hier aufgestellt des Standortes als Steinhügel bzw. Hügel aus Stein worden. In der damaligen Zeit spielte die Jagd zurückzuführen. bei Fürsten und Fürstbischöfen noch eine bedeu- Von dieser Kreuzung an begleiten uns beidseitig tende Rolle. Insbesondere die Hohe Jagd auf das der Forststraße immer wieder eingezäunte Buchen- sogenannte „Hochwild“ war begehrt und deshalb Eichenwälder – ein Hinweis darauf, dass noch zu damals dem Adel bzw. den Klöstern vorbehalten. viele Rehe den nachwachsenden Mischwald verbei- Unter das „Hochwild“ fi elen z.B. Wildschweine ßen. Der Nachwuchs der Waldbäume muss immer oder auch Wölfe und Rothirsche, die damals noch noch durch teure Zäune geschützt werden. im Steigerwald vorkamen. Gut 1000 Meter nach dieser Kreuzung treff en wir links des Weges auf einen bemoosten Grenzstein Direkt gegenüber bezeichnet ein kleines weißes neben einer Bank (siehe Infokasten, Karte 2 ). Schild hinter der abzweigenden Forststraße nach Fabrikschleichach die lokale Waldabteilung als Historische Grenzsteine an der Jagd- „Mühlschlag“. Der Name weist darauf hin, dass der grenze zwischen Hochstift Bamberg hiesige Müller hier das besondere Recht hatte, Holz und Würzburg einzuschlagen. Nach weiteren 200 Metern können Der Grenzstein markiert eine historische Jagd- wir den nächsten Grenzstein entdecken, der etwas grenze zwischen den Hochstiften Bamberg und versteckt im jungen Buchenwald – etwa fünf Meter Würzburg, auf die man sich nach langwierigem links vom Wegesrand entfernt – zu fi nden ist. Auf Streit geeinigt hatte. Auf dem Stein sind über dieser Seite zieht auch kurz darauf ein imposanter abgestorbener Höhlenbaum die Aufmerksamkeit

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 51 Tour 7: Durch gepflegte Wälder zum gepflegten Bier

auf sich. Die Bearbeitungsspuren von Specht und Co. beobachten. Statt der bisher vorherrschen Buchen sind gut zu erkennen. Die tiefen Spalten und Risse und Eichen treffen wir nun vermehrt auf jüngere bieten Fledermausarten im Sommer gute Quartier- Wälder, in denen Fichten und Kiefern dominieren: möglichkeiten. Wir haben den Staatswald verlassen und wandern nun auf einem hellen Schotterweg durch den Ge- meindewald Rauhenebrach. Wir überqueren nach einiger Zeit ein kleines Wie- sental und bei der anschließenden T-Kreuzung wählen wir nicht den kürzeren Weg nach rechts (Schild „Theinheim 2,5 km“), sondern wenden uns nach links. Wir folgen der Beschilderung „Theinheim 3 km“ bzw. „Skulpturenweg R3“. Junge Eichen werden von Rehen abgefressen Geheimnisvolle Eulen und Gleich hinter dem Höhlenbaum biegen wir nach Waldgeister am Wegesrand links in eine Forststraße in Richtung „Fürnbach“ ein. Wir gehen über einen Kilometer bergab durch ansehnliche Buchen-Eichenwälder, die auf großen Flächen eine Buchennaturverjüngung aufweisen. Vereinzelte Fichtenforste beginnen sich aufzulö- sen und hinterlassen Kahlflächen, die nach und nach mit Laubbäumen wieder zuwachsen. Kurz vor einer Waldwiese biegen wir an einer T-Kreu- zung nach rechts ab und folgen der Beschilderung „Richtung Theinheim 3,5 km“. Rechter Hand vom Kreuzungsbereich sehen wir ein kleines idyllisches Waldbächlein, das sich hier durch den natürlichen Eichen-Hainbuchenwald schlängelt (s. Karte 3 ). Im weiteren Wegverlauf passieren wir einige lichte Partien rechts des Weges, auf denen wir bei nähe- rem Hinsehen (s. Foto) tausende von kleinen Eichen feststellen können, die aus Naturverjüngung stam- men. Sie scheinen alle in einer Höhe von 20 Zenti- metern wie mit dem Rasenmäher abgeschnitten: Wir befinden uns nun auf dem Waldgeister- Es waren leider die vielen Rehe, die hier die Eichen- Skulpturenweg, der im Jahre 2008 nach einer verjüngung zu 100 % verbissen haben. Es bleibt zu Idee des Theinheimer Wirts Michael Bayer einge- hoffen, dass es den Eichen gelingt in den nächsten richtet wurde (siehe Foto, Karte 4 ). Die Figuren Jahren hochzuwachsen. weisen auf den Sagenschatz Theinheims hin, das An einem auffälligen, dreieckig ausgeformten bis zum Mittelalter noch mitten im Wald lag. Die Holzlagerplatz rechts des Forstweges begrüßen uns Skulpturen wurden vom Schnitzer Adam Müller einige Zeit später zwei weitere Grenzsteine. Ab hier und vom Motorsägen-Künstler Dietmar Herold können wir einen markanten Baumartenwechsel

52 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 7: Durch gepfl egte Wälder zum gepfl egten Bier aus Baumstämmen kunstvoll angefertigt. Der Theinheimer Kreuzweg Pfad mit den Holzfi guren weckt vor allem bei Den Kreuzweg legten die Theinheimer bereits Kindern die Entdeckerlust – von einer Sagenge- 1903 mit Relieftafeln aus Terrakotta an. Darauf stalt zur nächsten läuft es sich gleich doppelt so sind die Leidensstationen Christi dargestellt. Kar- schnell. Aber auch ein Holzwigwam mit kleinen freitags wird hier eine eindrucksvolle Prozession Sitzgelegenheiten lädt zum Verweilen ein. abgehalten.

Diesem Weg folgen wir nun in Richtung Theinheim. Wir gehen gemächlich den Holzberg hinauf und Hier werden wir vom sanft hügeligen, abwechs- überwinden, vorbei an bunten Hecken, Höhenmeter lungsreichen und pfadähnlichen Streckenverlauf um Höhenmeter. Beim kurzen Verschnaufen lohnt verwöhnt. Wir passieren linkerhand ein Nebental des der Blick zurück auf die ausgedehnten Steigerwald- Schulterbachtals mit einem off enen Wiesengrund. Hochfl ächen. Am Wegesrand wachsen verschiedene Anschließend tauchen wir gleich noch einmal auf Wildkräuter und im Spätsommer blühen hier u.a. geschlängeltem Weg für kurze Zeit in den Wald mit die Rundblättrige Glockenblume, der Gewöhnliche seinen vielfältigen Holzgeistern ein. Nachdem der Hornklee oder die Wiesen-Flockenblume. Waldrand beinahe erreicht ist, gabelt sich der Weg Nachdem wir wieder den Wald erreicht haben, und wir folgen der Wegmarkierung R3 scharf nach lassen wir die Abzweigung zum Waldgeister-Skulp- rechts hangabwärts. Wir lassen nun den Wald hinter turenweg (R3) rechts liegen und folgen geradeaus uns und gehen an mehreren aneinandergereihten einem Holzschild in Richtung „Fabrikschleichach Fischweihern vorbei. Unser Weg verläuft parallel zum 4 km“. Lauf des Schulterbaches, der am Fuß des Bamberger Wir durchqueren zumeist jüngere bis mittelalte Berges entlang fl ießt. An der nächsten Weggabelung Wälder mit wechselnden Anteilen an Buchen, Ei- wenden wir uns nach links und sehen Theinheim mit chen, Fichten und Kiefern. Kurz bevor wir die rechts seinen ersten landwirtschaftlichen Gebäuden vor uns abzweigende Forststraße nach Fürnbach bzw. liegen. Im Ort angekommen, halten wir uns links und Markertsgrün erreichen, passieren wir linker Hand gehen die Holzberg-Straße in Richtung Ortsmitte hi- einen größeren Komplex mit einem jungen Laub- nunter zur Schulterbachstraße. Dort angekommen, wald, der wohl nach Kahlschlag entstanden ist und biegen wir rechts ab und erreichen nach wenigen in dem kein Altbaum mehr zu fi nden ist. Metern die Traditionsgaststätte „Zum Grünen Baum“ Das folgende Wegstück kennen wir bereits vom (siehe Karte 5 ). Nach zwei Drittel der Wegstrecke Hinweg. Wir gehen es weiter ohne abzubiegen und können wir nun eine wohlverdiente Rast einlegen. erreichen wieder die Abzweigung in Richtung Wald- Besonders erfreulich: In der zum Gasthaus gehören- kapelle. Diesmal gehen wir jedoch 70 Meter weiter den Brauerei wird seit über 300 Jahren Bier gebraut. und biegen an einem Holzschild, das rechts des Für den Rückweg gestärkt, gehen wir zur Holzberg- Weges nach Theinheim zurückweist, links in einen Straße zurück. Wir bleiben auf dieser bergauf, bis Forstweg ein. die Straße in einen Feldweg übergeht und wir den Auf dem Weg zum Parkplatz passieren wir rechter Theinheimer Kreuzweg erreichen. Links des Weges Hand umzäunte Wald-Versuchsfl ächen (siehe Info- können wir dessen Stationen besichtigen (siehe kasten und Karte 7 ). Nach weiteren 200 Metern Karte 6 ). kommen wir wieder zum Parkplatz an der Staats- straße Fabrikschleichach – Eltmann zurück.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 53 Tour 7: Durch gepflegte Wälder zum gepflegten Bier

Versuchsfläche bei Fabrikschleichach

Viel Holz im Wald – gut für’s Klima! der Photosynthese sechs Kilogramm Kohlenstoff- Die Versuchsflächen bei Fabrikschleichach wurden dioxid und baut beim Wachsen große Mengen 1870 in einem damals 48-jährigen Buchenwald Kohlenstoff in ihre Biomasse ein. Darüber hinaus eingerichtet, der aus Naturverjüngung hervorge- wird Kohlenstoff aus verrottetem Material und in gangen war. Die Buchen hier sind also heute im Wurzeln zum Teil über Jahrhunderte im Boden Durchschnitt über 180 Jahre alt. Bis zum Jahre gespeichert. Urwälder gehören so zu den größ- 1990 wurden in Abständen von fünf bis maximal ten Kohlenstoffspeichern der Landfläche. Aktive 15 Jahren der Brusthöhendurchmesser und die Kahlschläge oder auch Sturmwürfe in instabilen Baumhöhe aller Einzelbäume gemessen. Das Ziel Wäldern wirken dagegen klimaschädlich, weil dieses Versuches war und ist es, die Wuchsleis- der in Humus und Boden gespeicherte Kohlen- tung der Buche unter dem Einfluss verschiedener stoff und weitere klimawirksame Gase freigesetzt Durchforstungsstärken zu untersuchen. Die Ergeb- werden. Die Forschungsergebnisse aus den Fab- nisse belegen eindrucksvoll eine besonders hohe rikschleichacher Versuchsflächen weisen auf die Wuchskraft der Buchen im Steigerwald. Besonders große Bedeutung alter, wenig bis nicht genutzter in den wenig bis schwach durchforsteten Buchen- Buchenwälder für den Klimaschutz hin. Dies be- waldparzellen sind im Laufe der Zeit immense stätigt auch eine breit angelegte Studie der Uni- Holzvorräte angewachsen, die teilweise über 1000 versität Antwerpen in 519 Waldgebieten. Das Fazit Festmeter Holz pro Hektar betragen. Die geringen der Forscher: „Es mag zwar sinnvoll sein, Wälder Ausfälle auf dieser Versuchsfläche trotz der zahl- wieder aufzuforsten, noch sinnvoller ist es aber, reichen Stürme in den letzten Jahren zeigen, dass alte Bäume nicht zu fällen.“ diese Buchenwälder mit den hohen Holzvorräten Literatur: Franz, F. et al. 1993: Wachstumsgang und Ertrags- sehr stabil sind. Da stabile Wälder über Jahrzehnte leistung der Buche. In: AFZ/Der Wald, 48: 262-267. Veröffentlichung Nature, Vol. 455, 11. September 2008, und Jahrhunderte Kohlenstoff einlagern, können pp 213-5, DOI 10.1038/nature07276, und Global Change sie als effektiver Kohlenstoffspeicher dienen: Eine Biology, Vol. 13(12), pp 2509-37, DOI 10.1111/j.1365- durchschnittliche Buche verbraucht pro Tag bei 2486.2007.01439.x

54 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 7: Durch gepfl egte Wälder zum gepfl egten Bier

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 55 Tour 7: Durch gepflegte Wälder zum gepflegten Bier

Nützliche Informationen: Gemeinde Oberaurach (PLZ 97514) mit nahegelegenen Gemeinde Rauhenebrach (PLZ 96181) mit nahegele- Ortsteilen Fatschenbrunn, Ober-, Unter- und Neusch- genen Ortsteilen Fabrikschleichach, Untersteinbach, leichach, Hummelmarter, Tretzendorf und Trossenfurt Prölsdorf, Geusfeld, Theinheim, Koppenwind, Fürnbach Gaststätten mit Unterkunftsmöglichkeiten: und Schindelsee r-BOEHBTUIPGVOE1FOTJPO-JOEFOIPG 'BUTDIFOCSVOO  Gaststätten mit Unterkunftsmöglichkeiten: Lindenstr. 7, Tel. 09529 – 981061, r(BTUIPG;VSBMUFO(MBTIÛUUF 'BCSJLTDIMFJDIBDI  www.lindenhof-steigerwald.de Glashüttenstr. 8, Tel. 09554 – 534, r)PUFM3FTUBVSBOU$BGF-BOEIBVT0CFSBVSBDI 0CFS- www.gasthof-glashuette.de schleichach, Tel. 09529 – 92200, r(BTUIBVT)PGNBOO 4DIJOEFMTFF/S 5FMm  www.landhaus-oberaurach.de www.schindelsee.de r#SBVFSFJ(BTUIPG1FOTJPO;FOHMFJO 0CFSTDIMFJDIBDI  Gaststätten und Einkehrmöglichkeiten: Pfarrer-Baumann-Str. 21/23, Tel. 09529 – 92240 r$BGFVOE,FSBNJLXFSLTUBUU$BGF5PO T,BSUF  Gaststätten, Weinstuben und Einkehrmöglichkeiten Fabrikschleichach, Balthasar-Neumann-Weg 1, Tel. 09554 r8FJOTUVCF8FJOHVU/JDP4DIPMUFOT 'BUTDIFOCSVOO 3JFO – 1402, eckstr. 6, Tel. 09529 – 326, www.weingut-scholtens.com www.keramik-im-steigerwald.de r(BTIPG/FVNBOO /FVTDIMFJDIBDI "SNJO,OBC4US  r)JSTDIFOCSÅV.JDIFM 6OUFSTUFJOCBDI )BVQUTUS  Tel. 09529 – 529, www.neumanns-kulinar.de Tel. 09554 - 221 r(BTUIPG5FMM /FVTDIMFJDIBDI "SNJO,OBC4US  r3FTUBVSBOU"QPMMPO 6OUFSTUFJOCBDI )BVQUTUS  Tel. 09529 – 433 Tel. 09554 - 341 r(BTUXJSUTDIBGU;VN4UFJHFSXBME /FVTDIMFJDIBDI "OEFS r#SBVFSFJ(BTUIPG;VN(SÛOFO#BVN 5IFJOIFJN  Glashütte 1, Tel. 09529 - 595 Schulterbachstr. 15, Tel. 09554 – 293 r)VNNFMIPG'BNJMJF-VU[ 5SPTTFOGVSU )VNNFMIPG  r(BTIBVT$BGF8BMECMJDL ,PQQFOXJOE #FSHTUS  Tel. 09522 – 5553, www.der-hummelhof.de Tel. 09554 - 229 r(BTUXJSUTDIBGU.PTFS 5SPTTFOGVSU 5FMm r(BTUIBVT)FV“ 8ÛS[CFSH ,PQQFOXJOE 5FMm r#SBVFSFJm(BTUTUÅUUF#JFSLFMMFS3PQQFMU 5SPTTFOGVSU  r(BTUXJSUTDIBGU4UBVC 1SÕMTEPSG .BSLUTUS 5FM An der Steige 2, Tel. 09522 - 1840 – 387 r(BTUXJSUTDIBGU;VN4UFJHFSXBME 5SPTTFOGVSU ,MJOHFOTUS  r(BTUXJSUTDIBGU%FSS 1SÕMTEPSG 5FMm Tel. 09522 –1683 r(BTUXJSUTDIBGU8FOHFM (FVTGFME 5FMm Übernachtungsmöglichkeiten in Pensionen und r%SFJ,SPOFO 1SÕMTEPSG .BSLUTUSB“F 5FMm Ferienwohnungen: 923156 r'FSJFOXPIOVOHFO&DLFOSFJUFS 0CFSTDIMFJDIBDI 1GBSSFS Übernachtungsmöglichkeiten: Baumann-Str. 49, Tel. 09529 – 661 r1FOTJPO0QQFMU 5IFJOIFJN )PM[CFSH 5FMm r'FSJFOXPIOVOHt)FYFOIÅVTDIFOi4DIJSNFS 0CFS- r'FSJFOXPIVOHFO)FJOSJDI,FMMFS 'ÛSOCBDI  schleichach, Kohlbergstr. 14, Tel. 09529 – 368 Tel. 09554 – 1252, www.urlaub-bei-keller.de r'FSJFOIBVT5BMCMJDL /FVTDIMFJDIBDI 5BMCMJDL  r'FSJFOXPIOVOH/FFC 'ÛSOCBDI 4DIVMCFSH  Tel. 0178 – 9313213, Tel. 09554 – 1256 www.familieriegger2talblickoberaurach.de r(ÅTUFIBVT4DIBBG 5SFU[FOEPSG 'PSFMMFOXFH  Weitere Informationen unter www.rauhenebrach.de. Tel. 09522 – 485

Weitere Informationen unter www.oberaurach.de.

56 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Auf verschlungenen Wegen durch die Schluchtwälder Rundweg: Zell am Ebersberg – Schlangenweg – Böhlgrund – Zell am Ebersberg Tour 8 Auf verschlungenen Wegen durch die Schluchtwälder

Die Schlangenweg-Wanderung ist sicher eine Diese Wirtschaftsbaumarten Kiefer, Fichte und Lärche der landschaftlich reizvollsten Waldwande- kommen von Natur aus hier nicht vor und weisen auf rungen im Steigerwald. Ein wunderschöner, die intensive Nutzung des Waldes in Ortsnähe hin. schmaler und „geschlängelter“ Pfad führt uns Auch die hohlwegartig eingetieften Fahrspuren zeu- bergauf durch die Schluchtwälder im Nordstei- gen vom Holztransport aus dem Wald (siehe Karte 1 ). gerwald bei Zell am Ebersberg. Über unzählige Der Versuch, weitere Steillagen durch den Schlangen- Wegschleifen erwandern wir uns immer neue weg zu erschließen, schlug aufgrund der labilen geo- Einsichten in die tief eingeschnittenen Seiten- logischen Verhältnisse fehl. Deshalb dürfen sich diese täler des Böhlgrundes. Nur einen Steinwurf Bereiche heute weitgehend natürlich entwickeln. Vor entfernt vom dicht besiedelten Maintal hat sich dem Hintergrund der „Nationalparkdiskussionen“ hier ein Stück Waldnatur so rein und unver- wurden von diesen Wäldern 2010 über 180 Hektar als fälscht erhalten, dass es dem Rest der Welt wie Naturwaldreservat ausgewiesen. entrückt scheint. Mit etwas Glück begegnen Auch geologisch gesehen ist der Schlangenweg wir auf unseren schattigen Wegen Feuersala- interessant, weil wir während der Wanderung ver- mander und Springfrosch. Der Rückweg unserer schiedene Schichten des Mittleren Keupers durch- Wanderung führt steil hinab in den Böhlgrund laufen (s. Infokasten). Zu Beginn der Wanderung und entlang des naturbelassenen Böhlbaches nach Zell am Ebersberg. In diesem sonnigen Wanderparkplatz am Ende der Ausgangs- und Endpunkt: Wiesental gibt es vor allem im Frühjahr eine Böhlstraße in Zell am Ebersberg vielfältige Pfl anzenwelt zu entdecken. Anforderungen: Mittelschwere Wanderung mit teilweise kräftigen An- und Abstiegen. Nach Regenfällen beim Abstieg ggf. rutschig, Aus Richtung Oberschleichach kommend, biegt Wanderstöcke empfehlenswert. Ca. 10 km, Gehzeit etwa 5 Stunden (lange man in Zell am Ebersberg kurz nach dem Ortsschild Strecke/Gehzeit: in die Böhlstraße nach links in ein Wohngebiet. Ein Variante) bzw. 3 Stunden (kurze Variante) Kürzere Variante mit steilem Abstieg ca. 5 km Schild weist außerdem den Weg zum Böhlgrund. Routenvariante: (punktierte Markierung in der Karte) Von einem kleinen Parkplatz am Waldrand aus begin- Schluchtwälder, reichhaltige Frühjahresvegetati- Besonderheiten: nen wir die Wanderung und folgen den „Schlangen- on, naturbelassener Böhlbach Nach dem aktuellem Fahrplan weg-Schildern“. Öff entliche Verkehrsmittel: Die Route führt zunächst an einer Weidefl äche vorbei, ist eine ausreichende Busverbindung nach Zell a. Ebersberg nur dann beginnt ein leichter Anstieg durch Laubmisch- wochentags (Mo-Fr) von Haßfurt aus gewährleistet (Buslinien 8178 wälder, in die auch Nadelbäume eingestreut sind. bzw. 9308). Detaillierte weitere Informationen unter www.reiseauskunft.bahn.de

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 57 Tour 8: Auf verschlungenen Wegen durch die Schluchtwälder

sind es die Estherien- und Myophorienschichten Blasensandstein und später der immer mächtiger werdende Schilf- Lehrbergschichten 4 sandstein (s. Karte ). Unterwegs passieren wir Schilfsandstein neben einigen kleineren Aufschlüssen einen ehe- Esterienschichten maligen Steinbruch im Schilfsandstein. Der Künstler Obere Myophorienschichten Corbula-Acrodus-Bank Herman de Vries hat dort im Rahmen einer Aktion Untere Myophorien- Bleiglanzbank die Inschrift „natura numquat errat“ (Die Natur irrt schichten niemals) eingraviert. Gegenüber des Steinbruchs ist an einer absterbenden Buche der Zunderschwamm, flächen und die Ostabdachung haben neben dem ein typischer Holz zersetzender Pilz, in mehreren Blasensandstein den Coburger Bausandstein und Exemplaren gut zu sehen. den Burgsandstein als geologischen Untergrund.

Geologie des Steigerwalds Je weiter wir den Schlangenweg entlang wandern, Der Steigerwald erhebt sich mit einer bis zu desto länger und tiefer werden die Täler. An den 250 Meter hohen Bergmauer markant aus dem steilen Flanken kommen neben der Rotbuche auch flachen mainfränkischen Vorland mit seinen Bergahorn, Spitzahorn und Sommerlinde vor. War- fruchtbaren Gäulandschaften. Es handelt sich me Lagen bevorzugt die Elsbeere, die wegen ihres um die Keuperstufe der naturgroßräumlichen wertvollen Holzes sehr gefragt ist. Häufig können Treppe, die das süddeutsche Schichtstufenland wir säbelwüchsige Bäume sehen, die sich mit bizarr vom Buntsandstein des Spessarts im Westen geformten Wurzeln am Gestein festklammern (siehe 2 bis zu den Jurakalksteinen der Frankenalb und Karte ). Fränkischen Schweiz im Osten bildet. Nach Osten erstreckt sich eine Hochfläche, die allmählich Vielfältige Lebensbedingungen in zum Regnitzgrund hin abflacht, gegliedert durch den Schluchtwäldern eine Reihe von Westen nach Osten fließender Gewässer. Neben der Aurach im Norden sind dies die Rauhe, Mittlere und und schließlich die , deren Talgrund den Steiger- wald im Süden begrenzt. Der steil ansteigende Stufenhang besteht im unteren Bereich aus den mächtigen Tonsteinschichten des Unteren Gips- keupers (Myophorien- und Estherienschichten) und dem terrassenbildenden Schilfsandstein. Nach oben hin schließen sich die roten Tonstei- Auf den abschüssigen Steilhängen des Schlan- ne des Oberen Gipskeupers (Lehrbergschicht) genweges kann die Buche sich nicht so gut ver- an. Darauf folgt der Sandsteinkeuper mit dem wurzeln wie andere Laubbaumarten und verliert mächtigen, verwitterungsbeständigen Blasen- damit ihre gewohnte Überlegenheit. Die toni- sandstein. Dieser bildet die höchsten, früher mit gen, oft kaum bewachsenen Böden sind instabil, Burgen bestandenen Erhebungen entlang der örtlich kommt es auch zu Erdrutschen. So kom- Traufkante des nördlichen Steigerwalds (Ebers- men hier neben der Buche die drei heimischen berg, Großer und Kleiner Knetzberg, Zabelstein, Ahornarten Berg-, Spitz- und Feldahorn sowie Vollburg, Murrleinsnest und Stollberg). Die Hoch- Eschen und Elsbeeren in stattlichen Exemplaren

58 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 8: Auf verschlungenen Wegen durch die Schluchtwälder

tere reizvolle Einblicke hinunter in den Hangwald: Zahlreiche umgestürzte Bäume haben sich wie Brü- cken über die Schluchten gelegt, der Wald wirkt wie ein Dom mit seinen mächtigen Baumstämmen als Säulen und dem Blätterdach als Decke. Zwischen den Stämmen können wir weit blicken, kein Unter- wuchs versperrt die Sicht. Der Wald, durch den wir wandern, ist nach der europäischen FFH-Richtlinie als prioritärer Lebens- raumtyp „Schlucht- und Hangmischwälder“ beson- ders geschützt. Da die Hangmischwälder die steilen Hänge davor bewahren abzurutschen, sind die Be- Junger Uhu reiche zwischen Schlangenweg und Böhlgrund als vor. Diese Baumarten können hier unbehelligt gesetzlicher Bodenschutzwald ausgewiesen. in die Höhe wachsen, da die steilen Hangpartien In die Schluchten (geomorphologisch: Kerbtäler) vom Rehwild gemiedenen werden. Andernorts haben sich kleine Quellbäche eingegraben, die die werden die Knospen der jungen Bäume, insbe- Schluchten beständig weiter vertiefen und so auch sondere im Winter, regelmäßig von Rehen ab- den Farnbach speisen, einen Zufl uss des Böhlbachs. gefressen, was als „Wildverbiss“ bezeichnet wird. Diese kühl-feuchte Umgebung mit klaren Bächen Auf trockenen, freiliegenden Stellen kommen und hoher Luft- und Bodenfeuchtigkeit liebt der manchmal unerwartet wärmeliebende Arten vor, Feuersalamander, der vor allem bei regnerischem beispielsweise Schwalbenwurz, Maiglöckchen Wetter unterwegs ist. Eine weitere Charakterart oder das Weiße Waldvögelein. Die Unzugänglich- der Hangmischwälder ist der Springfrosch.Von den keit der Steilhänge schützt die störungsempfi nd- Bilchen kommen hier Siebenschläfer und Hasel- lichen Horstbereiche von Habicht und Kolkrabe. mäuse vor. Ansonsten fehlt es bisher an einer sys- Auch der Uhu hat sich in den Steilhangbereichen tematischen Erfassung der Tierwelt dieses Teils des des Böhlgrundes bereits mit Bodenbruten ver- Steigerwaldes. sucht. Eine weitere hier vorkommende Vogelart ist die Hohltaube, die wegen ihres Nistverhaltens in unbenutzten Baumhöhlen auf die Existenz von Altholzbeständen und die von vielen Tieren be- gehrten Schwarzspechthöhlen angewiesen ist (siehe Karte: Punkte 3 und 5 mit markanten Höhlenbäumen).

In Schlangenlinien führt nun der Pfad an den Hän- gen der steil eingeschnittenen Seitentälchen ent- lang und macht damit seinem Namen alle Ehre. Wer will, kann hier auch immer wieder kurz innehalten und die wunderbare Stille des Waldes auf sich wir- ken lassen. Nach jeder Kehre bietet der Weg wei-

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 59 Tour 8: Auf verschlungenen Wegen durch die Schluchtwälder

eingestreut sind (s. Karte 8 ). Nur wenige Meter Lange schallt’s im Walde noch: unterhalb des Weges kann man insbesondere im Salamander lebe hoch! Frühjahr reichlich junge Tannen sehen, die wegen Feuersalamander des starken Wildverbisses aber alle absterben. Wer sich für die kürzere Variante dieser Route ent- scheidet, kann hier bereits nach einer etwa drei Ki- lometer langen Wanderung auf dem Schlangenweg in den Böhlgrund absteigen. Unmittelbar an der Stelle, wo ein grasbewachsener Forstweg kreuzt, führt nach rechts ein nicht beschilderter Weg steil zum Böhlgrund hinab. Direkt an der Abzweigung Vielen älteren Menschen ist der Feuersalamander steht ein Hochsitz, links daneben finden wir eine noch aus diesem Werbeslogan einer Schuhfirma dicke Elsbeere mit einer großen Faulhöhle am bekannt. Feuersalamander sind typische Laub- Stammfuß. waldbewohner und können einige Jahrzehnte alt Besonders bei Regen oder feuchtem Boden ist der werden. Sie benötigen zur Fortpflanzung fisch- Abstieg in den Böhlgrund vorsichtig anzugehen, da freie Quellbäche, in denen die Weibchen Larven die tonigen Böden dann rutschig sind. Am sichers- gebären, also nicht wie die anderen Amphibien ten geht man hier mit Wanderstöcken. Beim Abstieg ablaichen. Trotz ihrer auffälligen Färbung haben fallen wieder stattliche Elsbeeren und Spitzahorne viele Waldbesucher Feuersalamander noch nie links des Weges ins Auge. beobachten können. Dies liegt an der Nachtakti- Unten im Böhlgrund am Wirtschaftsweg angekom- vität der Tiere – tagsüber kann man sie nur bei men, wenden wir uns nach rechts und gehen am Regenwetter finden. Im Steigerwald sind Über- Böhlbach entlang zurück nach Zell zum Parkplatz, gangsformen der Feuersalamander zwischen der wo die Wanderung endet. gefleckten und gestreiften Unterart anzutreffen. Wer die längere Variante bevorzugt, folgt dem Die Farbe der Flecken variiert zwischen gelb Schlangenweg über viele weitere Kehren immer und orange und wird auch von Umweltfaktoren weiter. Der Weg verläuft auf tonigen, wasserstauen- mitbestimmt. Über Hautdrüsen können giftige den Bodenschichten, so dass man nach einer Regen- Sekrete abgesondert werden, die Fressfeinde periode manchmal um kleine Wasserlöcher herum abschrecken sollen. Früher glaubte man, dass manövrieren muss. Die Schluchten hören nicht auf, die Hautsekrete auch Brände löschen können. Ein allerdings wird das Gelände allmählich etwas flacher. tödlicher Aberglaube für viele Feuersalamander, Viele Kehren später kommen wir etwa 3,5 Kilo- warfen doch die Menschen die Tiere ins Feuer, meter nach der Abstiegsmöglichkeit der kürzeren um es damit zu löschen. Darauf soll auch der Variante an eine geschotterte Forststraße, der wir Name Feuersalamander zurückgehen. im 90°-Winkel nach rechts und nach ca. 200 Me- tern wieder im 90°-Winkel nach rechts in Richtung Wir wandern an zwei Nadelbaumbeständen (s. Kar- Böhl grund folgen. Nach einem Abstieg von etwa te 6 , 7 ) aus Fichten und Douglasien vorbei, die 1,5 Kilometer erreichen wir den lichten Böhlgrund hier um etwa 1970 angepflanzt wurden. Kurz bevor mit seinen Wiesenflächen und reichen Vorkommen die Abkürzung zum Böhlgrund abzweigt, gehen wir von Frühjahrsblühern und folgen dem Talweg nach an einem ca. 150-jährigen Eichen-Buchenbestand rechts Richtung Zell. vorbei, in dem etliche heimische Weißtannen

60 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 8: Auf verschlungenen Wegen durch die Schluchtwälder

Frühjahrsblüher im Schattenreich der fällt. Die Krautschicht des Buchenwaldes hat sich Buchen- und Schluchtwälder auf die besonderen Lichtverhältnisse eingestellt. Sobald jedoch der Neuaustrieb der Bäume den Boden beschattet, welken die Frühjahrsblüher und die blütenreiche Krautschicht verschwin- det ebenso schnell wie sie gekommen ist. Die sogenannten Geophyten überdauern die für sie ungünstige schattige Sommerzeit und kalte Winterzeit mit Zwiebeln oder Rhizomen unter der Erde. Die Buche selbst ist an ihr schattiges Dasein sehr Lerchensporn gut angepasst: Sie produziert in ihren ersten Je nach Jahreszeit zeigt sich ein vollkommen an- Lebensjahren fast nur Schattenblätter, die unter deres Bild: Im Frühjahr, etwa ab März / April, be- direkter Sonnenbestrahlung kümmern und da- vor das Laub der Bäume völlig entfaltet ist, spielt her ganz besonders dem Schutz der Mutterbäu- sich der Vegetationszyklus der Frühjahrsblüher me bedürfen. Ja, die Schattenverträglichkeit ist wie im Zeitraff ertempo ab. Leberblümchen, sogar eine der großen Stärken der Buche, die mit Wald- und Hain-Veilchen, Buschwindröschen, einem sechzigstel des vollen Tageslichtes noch Lungenkraut, Waldmeister, Bärlauch, Primeln gedeihen kann. Selbst im Juni, wenn das Blätter- und Lerchensporn (s. Foto) reagieren üppig auf dach sich völlig geschlossen hat, ist es auf dem das viele Licht, das im zeitigen Frühjahr durch Schlangenweg auch bei höheren Temperaturen die noch unbelaubten Kronen auf den Boden noch angenehm kühl und schattig.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 61 Tour 8: Auf verschlungenen Wegen durch die Schluchtwälder

Etwa 700 Meter nachdem wir auf den Talweg eingeschwenkt sind, stoßen wir rechter Hand auf einen Steilhangbereich, der sich bis zur Mündung des Farnbachs hinzieht und im Volksmund „Heiden- schloß“ genannt wird (siehe Karte 9 ). Am Fuß des Hanges beeindrucken uns mächtige Buchen, einige sind erst jüngst einem Gewittersturm zum Opfer gefallen. Im Steilhang haben sich ein Bergahorn und eine Elsbeere zu einzigartigen Baumgestalten entwickelt. Wir folgen dem Wirtschaftsweg weiter entlang des Baches und sind nach knapp zwei Kilo- metern wieder am Parkplatz angelangt. In Zell und Kerbtal mit Quellbach Umgebung finden wir in den Heckenwirtschaften gute Einkehrmöglichkeiten, die diese Wanderung angenehm abrunden.

Uriger Böhlbach Tief hat sich der Böhlbach zwischen die Abhänge des Großen und Kleinen Knetzbergs linkerhand und des Beerbergs rechterhand eingegraben. Er verläuft als unverbautes natürliches Fließgewäs- ser ca. fünf Kilometer durch Wälder und Wiesen. Frei mäandrierend windet er sich im Talgrund und wird vor allem im Frühjahr von zahlreichen seitlichen Zuflüssen gespeist. Vor dem Laubaus- trieb sind reiche Vorkommen von Frühjahrsblü- hern, z.B. Bärlauch und Lerchensporn zu bewun- Eisvogel und Wasseramsel kommen vor, aller- dern. Es gibt auch ausgedehnte Vorkommen der dings in geringer Dichte, die Gebirgsstelze ist Türkenbundlilien, von denen wegen des über- verbreitet. Schwarzstörche sind auch zur Brutzeit mäßigen Rehwildverbisses allerdings nur weni- ständig als Nahrungsgäste anzutreffen. Es gibt ge zur vollen Blüte kommen (s. Foto auf S. 36). reiche Vorkommen von Amphibien, insbesonde- Über den Status der bachbewohnenden Tierarten re des Springfroschs. Die naturnahen Wiesentä- ist wenig bekannt, da bisher keine systematische ler sind Bestandteile des FFH-Gebietes 6128-301 Erfassung erfolgte. Vorkommen von Steinforelle, „Buchenwälder- und Wiesentäler des Nordstei- Groppe, Bachschmerle, Bachneunauge und Fluß- gerwaldes“ und des Europäischen Vogelschutz- sowie ggfs. Steinkrebs sind aber wahrscheinlich. gebietes 6029-401 „Oberer Steigerwald.“

62 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 8: Auf verschlungenen Wegen durch die Schluchtwälder

Abkürzung der Wanderung, s. Seite 60

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 63 Tour 8: Auf verschlungenen Wegen durch die Schluchtwälder

Nützliche Informationen: Gemeinde Oberaurach (PLZ 97514) mit nahegelegenen Gemeinde Knetzgau (PLZ 97478) mit Ortsteilen Zell am Ortsteilen Ober-, Unter- und Neuschleichach Ebersberg und Eschenau Gaststätten mit Unterkunftsmöglichkeiten: Gaststätte mit Übernachtungsmöglichkeiten: r)PUFM3FTUBVSBOU$BGF-BOEIBVT0CFSBVSBDI  r(BTUIPG-ÕCM &TDIFOBV "VHVTU8BDLFS4US  Oberschleichach, Tel. 09529 – 92200, Tel. 09527 – 376, www.gasthof-loebl.com www.landhaus-oberaurach.de r#SBVFSFJ(BTUIPG1FOTJPO;FOHMFJO 0CFSTDIMFJDIBDI  Gaststätten, Weinstuben und Einkehrmöglichkeiten: Pfarrer-Baumann-Str. 21/23, Tel. 09529 – 92240 r)FDLFOXJSUTDIBGU(FPSHVOE&MLF.BIS ;FMMB&  Silbersteige 3, Tel. 09529 – 1303 Gaststätten, Weinstuben und Einkehrmöglichkeiten: r)FDLFOXJSUTDIBGU'MPSJBO.ÛIMGFMEFS ;FMMB& ;FMMFS r(BTIPG/FVNBOO /FVTDIMFJDIBDI "SNJO,OBC4US  Hauptstraße 38, Tel. 09529 – 732 o. 487, Tel. 09529 – 529, www.neumanns-kulinar.de www.weinbau-muehlfelder.de r(BTUIPG5FMM /FVTDIMFJDIBDI "SNJO,OBC4US  r)FDLFOXJSUTDIBGU.ÛMMFS ;FMMB& "N#VSHTUBMM  Tel. 09529 – 433 Tel. 09529 -520 r(BTUXJSUTDIBGU;VN4UFJHFSXBME /FVTDIMFJDIBDI  r)FDLFOXJSUTDIBGU3JQQTUFJO ;FMMB&  An der Glashütte 1, Tel. 09529 - 595 Zeller Hauptstr. 16, Tel. 09529 – 738 r1J[[FSJB1JOPDDJP 6OUFSTDIMFJDIBDI "OEFS"VSBDI  r)FDLFOXJSUTDIBGU)FSCFSU4DIBNCFSHFS ;FMMB&  Tel. 09529 - 9500220 Am Burgstall 24, Tel. 09529 – 666 r)FDLFOXJSUTDIBGU.BOGSFE4QPOTFM ;FMMB&  Übernachtungsmöglichkeiten in Ferienwohnungen: Zeller Hauptstr. 46, Tel. 09529 – 1284 r'FSJFOXPIOVOHFO&DLFOSFJUFS 0CFSTDIMFJDIBDI 1GBSSFS r(BTUTUÅUUFt;VN"MUFO#BDIi ;FMMB& 4BOEFS4US  Baumann-Str. 49, Tel. 09529 – 661 Tel. 09529 – 284 r'FSJFOXPIOVOHt)FYFOIÅVTDIFOi4DIJSNFS  r8FJOTUVCF3JTUPSBOUF#BTJMJDP ;FMMB&  Oberschleichach, Kohlbergstr. 14, Tel. 09529 – 368 Höhstr. 2, Tel. 09529 – 981414 od. 403, r'FSJFOIBVT5BMCMJDL /FVTDIMFJDIBDI 5BMCMJDL www.weinstube-zell.de Tel. 0178– 9313213, r8FJOHVU1FUFS(ÕU[ ;FMMB& )ÕITUS 5FMm  www.familieriegger2talblickoberaurach.de www.goetz-wein.de r4QPSUIFJNHBTUTUÅUUF547;FMMB& +BIOTUSB“F ;FMMB&  Weitere Informationen unter www.oberaurach.de. Tel. 09529 - 690 Weitere Informationen auch unter www.sand-am-.de.

Übernachtungsmöglichkeiten: r8FJLJ)PG ;FMMB& (BSUFOTUS 5FMm  Übernachtungsmöglichkeiten in zwei Ferienwohnungen, www.weiki-hof.de

Weitere Informationen unter www.knetzgau.de.

64 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Über den Weinberg in die Schluchtwälder Rundweg: Naturwaldreservat Mordgrund – Ebersberg – Zell – Schlangenweg – Parkplatz Marswald – Marswald Tour 9 Über den Weinberg in die Schluchtwälder

Bei dieser abwechslungsreichen Rundwanderung Naturschutzgebiet und passieren wir zunächst das Naturwaldreservat Naturwaldreservat Mordgrund Mordgrund mit seinen Waldmeister-Buchen- wäldern und wandern aufwärts in Richtung Schlossberg mit der Ruine Ebersberg. Auf einem schattigen Pfad gehen wir am mittelalterlichen Eselsbrunnen vorbei und genießen die herrliche Aussicht vom Schlossberg. Danach steigen wir durch die Weinberge nach Zell hinunter. Nach kurzem Spaziergang durch den beschaulichen Weinort kommen wir zum Schlangenweg, der Schwarzspecht oberhalb des Böhlgrundes verläuft. Für den stetigen Aufstieg werden wir hier mit tiefen Das Naturwaldreservat Mordgrund liegt etwa Blicken in die Schluchtenwälder des Zeller Waldes einen Kilometer südöstlich von Zell a. Ebersberg belohnt. Später wandern wir auf gemütlichen im Zeller Forst auf den Hangschultern des Mars- Wegen zurück zum Waldparkplatz Marswald. bachtales am Hangfuß des Ebersberges. Der Name Mordgrund rührt einer Sage zufolge aus Wir erreichen den Parkplatz Marswald an der der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, als Bauern Staatsstraße 2276 etwa 1,5 Kilometer außerhalb hier schwedische Soldaten erschlagen und in die von Zell a. Ebersberg in Richtung Oberschleichach rechts am Waldrand. Am Parkplatz, neben dem sich Waldparkplatz Marswald an der Staatsstraße der Waldspielplatz Marswald befi ndet, überqueren Ausgangs- und Endpunkt: wir die Staatsstraße und folgen den Steigerwald- von Zell a. Ebersberg in Richtung Oberschleichach Anforderungen: Abwechslungsreiche Wanderung mit einigen Steigungen Panoramaweg-Schildern mit dem geschwungenen ca. 8 km, Gehzeit etwa 2 - 3 Stunden Strecke/Gehzeit: Naturwaldreservat Mordgrund, Aussicht vom Zellberg, „S“-Symbol bis zum Schlossberg. Wir wandern Besonderheiten: zuerst an einer Teilfl äche des Naturwaldreservates Schluchtenwälder, WaldspielplatzNach Marswald dem aktuellen Fahrplan ist eine aus- Mordgrund (s. Karte 1 und Infokasten) mit sei- Öff entliche Verkehrsmittel: nem Buchen-Eichen-Mischwald entlang. Wer noch reichende Busverbindung nach Zell a. Ebersberg bzw. Oberschleichach nur besseren Einblick in den Wald gewinnen will, kann wochentags (Mo-Fr) von Haßfurt (Linie 8178 der Omnibusverkehr Franken GmbH) aus gewährleistet. Detaillierte weitere Informationen unter für die ersten 100 Meter des Weges den ca. 15 Meter www.reiseauskunft.bahn.de „waldeinwärts“ parallel verlaufenden Pfad benut- zen, der am Parkplatz jenseits der Straße beginnt. Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 65 Tour 9: Über den Weinberg in die Schluchtwälder

Schlucht geworfen haben sollen, die seitdem Mordgraben heißt. Im abwechslungsreichen Übergangsbereich des Steigerwaldtraufes vom Gipskeuper zum Sandsteinkeuper dominieren im Nordteil des Reservates Eichenmischwälder, im Süden dagegen Waldmeister-Buchenwälder. Neben den Buchen und Eichen finden sich auch andere Baumarten wie Hainbuche, Elsbeere, Spitz-, Berg- und Feldahorn sowie Kirsche, Ulme Junger Eichenwirtschaftswald nach Kahlschlag und Schwarzerle. Die Schlucht- und Laubmisch- wälder im Naturwaldreservat werden seit dessen Die vertrockneten Fruchtstände der Vogel-Nestwurz Einrichtung 1998 nicht mehr bewirtschaftet. Seit bleiben oft noch mehrere Jahre lang stehen. Wir 2002 ist das Naturwaldreservat auch als Natur- kommen an eine Kreuzung und folgen dem Weg- schutzgebiet geschützt. Auf einer Gesamtfläche weiser „Zell a. E. 2 km“ nach links. Ab hier können von 27 Hektar sollen die für den Steigerwald- wir im weiteren Verlauf deutliche Unterschiede im anstieg typischen Waldlebensgemeinschaften Waldaufbau beobachten. Im Naturwaldreservat - der Gipskeuperböden mit ihrer Tier- und Pflan- links des Weges - kann der Wald sich natürlich ent- zenwelt erhalten und in ihrer natürlichen Ent- wickeln und die Bäume dürfen dick und alt werden. wicklung gesichert werden. Ziel ist außerdem, Rechterhand im Wirtschaftswald dagegen, wurden die Höhlenbäume für Höhlenbrüter wie Spech- die Bäume mit einem kahlschlagsartigen Eingriff te, Eulen und Hohltauben zu erhalten und eine vor etwa 30 Jahren nahezu komplett genutzt und Ruhezone für vorhandene Greifvogelhorste zu ein junger Eichen-Buchenwald begründet (s. Karte schaffen. Schließlich gilt es auch, die im Gebiet 2 und Foto). Die ökologisch wertvollen Altbäu- vorhandene Gruppe der sieben Hügelgräber zu me werden daher auf dieser großen Fläche in den schützen, was in Wirtschaftswäldern mit vie- nächsten 100 bis 200 Jahren völlig fehlen. len Rückegassen problematisch ist. Die Anlage Gut 200 Meter nach der Kreuzung treffen wir auf der Hügelgräber wird zwischen dem 12. und 5. eine Holztafel am linken Wegrand, die auf Hügel- Jahrhundert v. Chr. datiert. Das Naturschutzge- gräber im Naturwaldreservat hinweist (s. Karte 3 biet liegt vollständig innerhalb des gemeldeten und nebenstehender Infokasten). Wir folgen der FFH-Gebietes „Buchenwälder und Wiesentäler Forststraße weiter leicht bergauf und biegen in ei- des Nordsteigerwaldes“ sowie des Europäischen ner langgezogenen Rechtskurve in einen schmalen Vogelschutzgebietes „Oberer Steigerwald“. Waldweg nach links in Richtung Schlossberg ab („S 5“-Markierung). Auf diesem Weg wandern Auf dem Panoramaweg wandern wir an einem wir an der Hangkante entlang durch Laubwälder Zufluss des Marsbaches entlang, der sich bis über (s. Foto), die wegen des steilen Geländes und man- 20 Meter tief in den Schilfsandstein eingeschnit- gelnder Erschließung nur extensiv bewirtschaftet ten hat. Zwischen der Forststraße und dem steilen werden. Eine Holztafel weist uns schließlich auf den Abhang der Schlucht ist ein reiches Vorkommen Eselsbrunnen hin (s. Karte 4 ), eine mittelalterliche der Vogel-Nestwurz zu sehen. Diese Orchideenart Wasserstelle, an der das Wasser in einem Stollen besitzt kein Blattgrün (Chlorophyll) und ist deshalb gesammelt und von Eseln zur Burg getragen wurde. gelb bis braun gefärbt. Sie holt sich als Parasit ihre Kurz darauf eröffnet sich uns ein erster herrlicher Nährstoffe von einem Pilz, der wiederum auch mit Blick über den Zeller Weinberg hinüber zum Böhl- Waldbäumen eine Lebensgemeinschaft eingeht. grund. Die Schutzhütte lassen wir rechts liegen, denn der Wegweiser „Schlossberg schöne Aussicht

66 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 9: Über den Weinberg in die Schluchtwälder

Auf schattigen Pfaden zum Schlossberg und der Burg Ebersberg 200m“, dem wir jetzt folgen, bringt uns zu einem Gesättigt mit schönen Eindrücken und vielleicht wesentlich attraktiveren Rastplatz (s. Karte 5 ). auch durch ein Picknick gehen wir zurück zur ersten Entlang der Mauerreste der Burganlage von 1115 Schutzhütte und wandern auf dem gepfl asterten gelangen wir zu einer wunderbaren Stelle, an der schmalen Fahrweg durch die Weinberge bis in den Holztische und Bänke, eine kleine Schutzhütte und Ort Zell hinunter. Am Weinberg wird unter anderem vor allem der phantastische Rundumblick (s. Foto, die rote Rebsorte Schwarzriesling angebaut, ein Ab- Seite 68) zum Verweilen einladen. Der Blick geht kömmling des Blauen Spätburgunders. weit ins Steigerwaldvorland, zum wildromanti- Im Ort angekommen, überqueren wir die Zeller schen Böhlgrund und zum Großen Knetzberg. Auf Hauptstraße und gehen halblinks auf der Böhlstra- einer Informationstafel wird die Geschichte der ße in den Böhlgrund. Nach ca. 250 Metern biegen Burg Ebersberg erzählt, die hier Bischof Otto von wir an einem kleinen Parkplatz nach links ab und Bamberg 1115 auf einem Bergsporn errichten ließ folgen den „Schlangenweg“-Schildern. (siehe Bild). Der nun folgende Wegabschnitt auf dem Schlan- genweg deckt sich mit Teilen der Tour 8 (mehr De- tails dazu auf Seite 57). Unser Weg führt zunächst an einer Weidefl äche vor- bei, dann beginnt ein leichter Anstieg durch Laub- mischwälder, in die auch Nadelbäume eingestreut sind. Je weiter wir den Schlangenweg entlang wandern, desto länger und tiefer werden die Täler. An den steilen Flanken kommen neben der Rotbu- che auch Berg- und Spitzahorn, Sommerlinde und Elsbeere vor. Holztafel am Schlossberg mit Burg Ebersberg

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 67 Tour 9: Über den Weinberg in die Schluchtwälder

Weinlese am Kleinen Ebersberg mit Blick in den Böhlgrund und zum Großen Knetzberg

In Schlangenlinien führt der Pfad an den Hängen An einer kleinen Kreuzung biegen wir nach links in der steil eingeschnittenen Seitentälchen entlang. einen mit Gras bewachsenen, befestigten Forstweg Nach jeder Kehre bietet der Weg weitere reizvolle ab, der im spitzen Winkel auf den Schlangenweg Einblicke hinunter in den Hangwald. Zahlreiche um- trifft. Die Kreuzung ist auch an einem Elsbeerbaum gestürzte Bäume haben sich wie Brücken über die zu erkennen (s. Foto auf Seite 24), vor dem ein Schluchten gelegt, der Wald wirkt wie ein Dom mit Hochsitz steht. den Baumstämmen als Säulen und dem Blätterdach Anfangs begleiten uns auf diesem Grasweg noch als Decke. Zwischen den Stämmen kann man weit einige „Naturpark muss bleiben“-Graffitti (s. Info- blicken, kein Unterwuchs versperrt die Sicht. kasten). In die Schluchtentäler haben sich kleine Quellbäche eingegraben, die die Schluchten beständig weiter „Naturpark muss bleiben“ vertiefen. Diese kühl-feuchte Umgebung mit kla- Diese Parole der Nationalparkgegner prangt ren Bächen und hoher Luft- und Bodenfeuchtigkeit an etlichen Bäumen in mehreren markanten liebt der Feuersalamander. Vom Frühjahr bis in den Waldgebieten des Steigerwalds. Unabhängig Herbst sind diese Lurche vor allem bei regnerischem davon, dass solche „Schmierereien“ die Waldäs- Wetter mit großer Wahrscheinlichkeit anzutreffen. thetik stören, lassen sich die Befürchtungen der Wir passieren zwei kleine Nadelbaumbestände Nationalparkgegner widerlegen. Zwar werden links des Weges und danach rechts des Weges einen für die Wälder im Steigerwald verschiedene Laubwald mit vereinzelten Weißtannen. Schutzgebietstypen vom Naturpark über ein Bio- Knapp drei Kilometer nach dem Beginn des Schlan- sphärenreservat bis hin zum Nationalpark disku- genweges heißt es dann aufpassen: Wir verlassen tiert. Der bestehende Naturpark würde jedoch in den Schlangenweg an der ersten möglichen Stelle. jedem Fall bestehen bleiben, völlig unabhängig

68 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 9: Über den Weinberg in die Schluchtwälder

Grundsatz „Wald vor Wild“ In der Vergangenheit haben überhöhte Schalen- wildbestände, vor allem beim Rehwild, zu massi- ven Verbissschäden im Wald geführt. Bestimmte Baumarten wie Eiche oder Tanne können sich zwar natürlich verjüngen, werden aber schon als Keimling so stark verbissen, dass sie vielerorts nicht mehr aufwachsen können, sondern abster- ben. Dies führt schon seit Jahrzehnten dazu, dass für die stabilen, naturnahen Wälder von Morgen wichtige Baumarten ausfallen. Dies ist gerade in Zeiten des Klimawandels nicht nur aus ökologi- scher Sicht eine Desaster, sondern führt auch zu immensen Kosten und Schäden für die deutschen Waldbesitzer von einigen 100 Millionen Euro pro Jahr. Deshalb fordert der Bund Naturschutz schon seit langem, dass die Schalenwildbestände auf ein waldverträgliches Maß reduziert werden Drückjagdstand müssen, damit alle Baumarten ohne Schutzmaß- nahmen aufwachsen können. Dieser Grundsatz „Wald vor Wild“ bedeutet, dass das Waldökosys- davon, ob ein Nationalpark Steigerwald kommt tem mit seinen Tausenden von Tier-, Pilz- und oder nicht. Die Schriftzüge belegen, dass off en- Pfl anzenarten als Ganzes Vorrang haben muss sichtlich viele Menschen im Steigerwald bewusst vor einer einseitigen Hege. Denn diese verfolgt oder unbewusst falsch informiert werden, wenn vielerorts das Ziel, z.B. vom Rehwild möglichst sie glauben, der Naturpark würde abgeschaff t. viele Individuen und Trophäenträger heranzuzie- hen. Die Bayerische Staatsregierung hat deshalb Wir passieren einige Drückjagdstände (s. Foto), 2005 folgerichtig den Grundsatz „Wald vor Wild“ von denen aus im Herbst und Winter Reh- und ins Waldgesetz aufgenommen. Schwarzwild bejagt werden, um den Grundsatz „Wald vor Wild“ umzusetzen (s. Infokasten). Nach ca. einem Kilometer mündet der Forstweg in eine geschotterte Forststraße. Wir folgen im letzten Teil der Wanderung der Forststraße etwa 1,5 Kilometer gemütlich bergab und erreichen wieder den Park- platz am Marswald-Spielplatz (s. Karte 6 ), der allerhand Spielgeräte und viel Platz zum Toben für Kinder bietet. Im nahegelegenen Weinort Zell gibt es zur Abrundung der Wanderung zahlreiche Mög- lichkeiten für eine gemütliche Einkehr (s.u.). Kernbeißer

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 69 Tour 9: Über den Weinberg in die Schluchtwälder

Nützliche Informationen: Gemeinde Oberaurach (PLZ 97514) mit nahegelegenen Gemeinde Knetzgau (PLZ 97478) mit Ortsteilen Zell am Ortsteilen Fatschenbrunn, Ober-, Unter- und Ebersberg und Eschenau Neuschleichach

Gaststätte mit Übernachtungsmöglichkeiten: Gaststätten mit Unterkunftsmöglichkeiten: r(BTUIPG-ÕCM &TDIFOBV "VHVTU8BDLFS4US  r-BOEHBTUIPGVOE1FOTJPO-JOEFOIPG 'BUTDIFOCSVOO  Tel. 09527 – 376, www.gasthof-loebl.com Lindenstr. 7, Tel. 09529 – 981061, www.lindenhof- steigerwald.de Gaststätten, Weinstuben und Einkehrmöglichkeiten: r)PUFM3FTUBVSBOU$BGF-BOEIBVT0CFSBVSBDI  r)FDLFOXJSUTDIBGU(FPSHVOE&MLF.BIS ;FMMB&  Oberschleichach, Tel. 09529 – 92200, www.landhaus- Silbersteige 3, Tel. 09529 – 1303 oberaurach.de r)FDLFOXJSUTDIBGU'MPSJBO.ÛIMGFMEFS ;FMMB&  r#SBVFSFJ(BTUIPG1FOTJPO;FOHMFJO 0CFSTDIMFJDIBDI  Zeller Hauptstraße 38, Tel. 09529 – 732 o. 487, Pfarrer-Baumann-Str. 21/23, Tel. 09529 – 92240 www.weinbau-muehlfelder.de r)FDLFOXJSUTDIBGU.ÛMMFS ;FMMB& "N#VSHTUBMM  Gaststätten, Weinstuben und Einkehrmöglichkeiten: Tel. 09529 -520 r8FJOTUVCF8FJOHVU/JDP4DIPMUFOT 'BUTDIFOCSVOO 3JF- r)FDLFOXJSUTDIBGU3JQQTUFJO ;FMMB&  neckstr. 6, Tel. 09529 – 326, www.weingut-scholtens.com Zeller Hauptstr. 16, Tel. 09529 – 738 r(BTIPG/FVNBOO /FVTDIMFJDIBDI "SNJO,OBC4US 5FM r)FDLFOXJSUTDIBGU)FSCFSU4DIBNCFSHFS ;FMMB&  09529 – 529, www.neumanns-kulinar.de Am Burgstall 24, Tel. 09529 – 666 r(BTUIPG5FMM /FVTDIMFJDIBDI "SNJO,OBC4US 5FM r)FDLFOXJSUTDIBGU.BOGSFE4QPOTFM ;FMMB&  09529 – 433 Zeller Hauptstr. 46, Tel. 09529 – 1284 r(BTUXJSUTDIBGU;VN4UFJHFSXBME /FVTDIMFJDIBDI "OEFS r(BTUTUÅUUFt;VN"MUFO#BDIi ;FMMB& 4BOEFS4US  Glashütte 1, Tel. 09529 - 595 Tel. 09529 – 284 r8FJOTUVCF3JTUPSBOUF#BTJMJDP ;FMMB&  Übernachtungsmöglichkeiten in Ferienwohnungen: Höhstr. 2, Tel. 09529 – 981414 od. 403, r'FSJFOXPIOVOHFO&DLFOSFJUFS 0CFSTDIMFJDIBDI 1GBSSFS www.weinstube-zell.de Baumann-Str. 49, Tel. 09529 – 661 r8FJOHVU1FUFS(ÕU[ ;FMMB& )ÕITUS 5FMm  r'FSJFOXPIOVOHt)FYFOIÅVTDIFOi4DIJSNFS 0CFS- www.goetz-wein.de schleichach, Kohlbergstr. 14, Tel. 09529 – 368 Übernachtungsmöglichkeiten: r'FSJFOIBVT5BMCMJDL /FVTDIMFJDIBDI 5BMCMJDL 5FMm r8FJLJ)PG ;FMMB& (BSUFOTUS 5FMm  9313213, www.familieriegger2talblickoberaurach.de Übernachtungsmöglichkeiten in zwei Ferienwohnungen, www.weiki-hof.de Weitere Informationen unter www.oberaurach.de.

Weitere Informationen unter www.knetzgau.de. Weitere Informationen unter www.sand-am-main.de.

Siebenschläfer

70 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Tour 9: Über den Weinberg in die Schluchtwälder

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 71 Weitere naturkundlich interessante Ziele und nützliche Adressen in der Region

r Aussichtsturm auf dem Zabelstein (Gemeinde r Naturschutzgebiet „Sulzheimer Gipshügel“ Michelau, PLZ 97513): Herrlicher Ausblick über das (Gemeinde Sulzheim, PLZ 97529): Hügeliges Steigerwaldvorland. Von Hundelshausen, Altmanns- Karstgestein mit hoch spezialisierter Pflanzenwelt, dorf oder Neuhof aus gut zu erwandern. Mit dem Auto im Frühjahr faszinierende Blüte des Frühlingsadonis- erreichbar über den Abzweig an der Verbindungsstra- röschens. 2010 ausgezeichnet als eines der schönsten ße Fabrikschleichach – Hundelshausen (www.miche- Biotope Bayerns. Bitte die Pfade im Naturschutzgebiet lau.de/zabelstein.html) nicht verlassen! Links an der Straße von Sulzheim nach r Naturschutzgebiet Tretzendorfer Weiher (Ge- (www.sulzheim.de). meinde Oberaurach, PLZ 97514): Bedeutendstes r Naturschutzgebiet Vogelschutzgebiet Alter und Amphibienvorkommen im Landkreis Haßberge, ent- Neuer See bei Mönchstockheim (Gemeinde Sulz- lang der Straße zwischen Unterschleichach und Tret- heim, PLZ 97529): Ornithologisch interessante Seen zendorf. mit ausgeprägtem Schilfgürtel beidseits der Straße (St r Kilianseiche bei Falsbrunn (Gemeinde Rauhen- 2275) von Gerolzhofen in Richtung Mönchstockheim. ebrach, PLZ 96181): Zählt zu den „1000jährigen r Naturschutzgebiet Mahlholz bei Gerolzhofen Eichen“, als Naturdenkmal geschützt. Vor dem Wald- (PLZ 97447): Geologisch interessante Karsterschei- rand auf einem Hügel rechts neben der Straße nach nungen im Grundgips: Dolinenfelder im Laubmisch- Kehlingsdorf. wald. Wassergefüllte Dolinen (Lokven) und „Schluck- r Kirchenlinde Fatschenbrunn (Gemeinde Oberau- löcher“ (Ponore), interessante Tier- und Pflanzenwelt. rach, PLZ 97514) r Naturschutzgebiet Hörnauer Wald (nordwest- r Tanzlinde Untersteinbach (Gemeinde Rauhen- lich der Gemeinde Gerolzhofen, PLZ 97447): ebrach, PLZ 96181) Feuchte Waldstandorte mit flächigem Vorkommen von r Life-Natur-Projekt Mainaue (Haßfurt, PLZ 97437 Frühjahrsblühern, wie Märzenbechern. Lebensraum bis Eltmann, PLZ 97483): Mehrere Naturschutzge- auf Dünen und Dünenresten an der B286 südlich von biete, u.a. Mainaue bei Augsfeld, Graureiherkolonie Alitzheim. bei Dippach, Altmain und Sandmagerrasen bei Lim- r Kaisereiche bei Füttersee (Gemeinde Geisel- bach. Informationstafeln, Radwege und Naturlehrpfa- wind, PLZ 96160): Rechts am Ortsausgang von de (www.flussparadies-franken.de). Füttersee an der Straße nach Neugrub-Ilmenau. Zählt r Vogelbeobachtungsturm und Grauhreiher- zu den ältesten Eichen Deutschlands und ist als Natur- kolonie bei Dippach (Gemeinde Eltmann, PLZ denkmal geschützt. 97483): Naturschutzgebiet Vogelfreistätte Graurei- herkolonie bei Dippach am Main. Wichtiges Europäi- Nützliche Adressen in der Region sches Vogelschutzgebiet, größte Graureiherkolonie in r Tourismusverband und Naturpark Steigerwald, den westlichen Bundesländern. An der B26 zwischen Hauptstrasse 1, 91443 Scheinfeld, Tel. 09162 - 124-24, Roßstadt und Dippach (www.mainaue.de, www. www.steigerwald-info.de bund-naturschutz-ebern.de/html/natur-life.html). r Steigerwaldklub, Geschäftsstelle, Lausbühlstr. 15, r Pilzausstellung im Steigerwaldstüble in Fal- 96157 Ebrach, Tel. 09553 - 590, www.steigerwaldklub.de kenstein (Gemeinde Donnersdorf, PLZ 97499): r Informationsbüro Freundeskreis National- Im Herbst hat die Pilzausstellung des bekannten Pilz- park Steigerwald, Rathausplatz 4, 96157 Ebrach, experten, Dr. Lothar Krieglsteiner, schon Tradition in Tel. 09553 - 98 90 -42 oder -43, Fax 09553 - 98 90 der Region. Nähere Informationen: Gaststätte – Pen- -95, [email protected], sion Steigerwaldstüble, Donnersdorf-Falkenstein, Tel. www.freundeskreis-nationalpark-steigerwald.de 09528 - 233, www.steigerwaldstueble.de.

72 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Naturschutzgebiet, Naturpark, Natura 2000 oder Nationalpark? Welches Schutzgebiet braucht der Steigerwald?

In Deutschland gibt es derzeit 8481 Naturschutz- schränkt mitunter den ökologischen Wert solcher gebiete (NSGs), die mit einer Fläche von ca. 1,3 Wald-Naturschutzgebiete entscheidend ein. So Mio. Hektar 3,6 % der Landesfl äche ausmachen gibt es für alte Baumindividuen in einem Wald- (Stand 12/09 aus „Naturschutzgebiete“, Bundesamt Naturschutzgebiet wie z.B. im NSG Spitzenberg bei für Naturschutz). In Bayern wurden bis jetzt 587 Ebrach keinerlei dauerhaften rechtlichen Schutz. Da NSGs mit einer Gesamtfl äche von knapp 160.000 man sich bis heute noch nicht auf Kriterien einer Hektar ausgewiesen, was 2,3 % der Landesfl äche guten forstlichen, fachlichen Praxis einigen konnte, entspricht. Große Flächen nehmen dabei die NSGs in ist der naturschutzfachliche Wert solcher Wald-Na- den Alpen ein. Im Nordteil des Naturparks Steiger- turschutzgebiete in Deutschland zumeist eher frag- wald gibt es neun Naturschutzgebiete, die auch im würdig. Welchen Anteil daran Buchenwaldgesell- Umfeld des diskutierten Nationalparks liegen. Die schaften haben, ist momentan nicht eindeutig mit Flächen reichen dabei von 25 bis über 100 Hektar. Daten zu belegen. Echten Naturschutz gewähren nur Waldschutzgebiete, in denen sich die Wälder Gemäß § 23 Absatz 1 des Bayerischen Naturschutz- natürlich entwickeln dürfen, d.h. eine Holznutzung gesetzes sind Naturschutzgebiete „rechtsverbind- müsste zum großen Teil untersagt werden. Der ge- lich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer samtdeutsche Anteil von Buchenwäldern ohne Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit Holznutzung in Wald-Naturschutzgebieten wird auf oder in einzelnen Teilen nur 10.000 Hektar geschätzt, dies sind 0,6 % aller 1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstel- Buchenwaldgebiete in Deutschland. lung von Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pfl anzenar- Ein Naturpark ist ebenfalls ein geschützter ten, Landschaftsteil, der sich durch die Nutzung und 2. aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen Bewirtschaftung durch den Menschen über lange oder landeskundlichen Gründen oder Zeiträume entwickelt hat. Er soll der Erholung und 3. wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart dem Tourismus dienen und ist deutlich größer als oder hervorragenden Schönheit erforderlich ist.“ die Naturschutzgebiete. Die Gesamtfl äche des Na- turparks Steigerwald ist etwa 128.000 Hektar groß In Naturschutzgebietsverordnungen sind jene Ver- und beinhaltet 51.000 Hektar Wald. Davon sind ca. bote aufgeführt, die zu einer Zerstörung, Beschä- 50 % als Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen, digung oder Veränderung des Naturschutzgebietes was mit gewissen Einschränkungen für die weitere in Teilen oder im Ganzen führen können, so z.B. Siedlungsentwicklung verbunden ist. Innerhalb ei- das Freilaufenlassen von Hunden, Aktivitäten wie nes Naturparkes können sich, wie hier im Steiger- Zelten und Feuermachen oder die Entnahme von wald, auch Naturschutzgebiete befi nden. In einem Tieren und/oder Pfl anzen. Ausgenommen von die- Naturpark gibt es allerdings kaum Nutzungsbe- sen Verboten ist aber i.d.R. der ordnungsgemäße schränkungen für die Land- und Forstwirtschaft. Land- und Forstwirtschaftsbetrieb. Diese Nutzung

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 73 Im Nördlichen und Oberen Steigerwald gibt es auch Umweltbildung und der Erholung dienen und för- zwei Natura 2000-Gebiete. Zum einen das FFH dert damit erheblich die allgemeine regionale und (Fauna-Flora-Habitat)-Gebiet „Buchenwälder und lokale Entwicklung. Ein zukünftiger Nationalpark im Wiesentäler des Nordsteigerwalds“ und das SPA Nördlichen und Oberen Steigerwald könnte zusam- (Special protected area)-Gebiet „Oberer Steiger- men 11.000 Hektar an Staatswäldern umfassen, wald“. Beide Gebiete überschneiden sich in weiten das entspräche nur 8,5 % der aktuellen Fläche des Bereichen und sind über 15.000 Hektar groß. Hier Naturparks Steigerwald. gilt lediglich ein Verschlechterungsverbot, die Wäl- der werden weiterhin forstwirtschaftlich genutzt. Schutzgebiete als Rettungsnetz Um die Biologische Vielfalt zu erhalten, ist es wich- Ein Nationalpark hingegen umfasst ein sehr gro- tig, ein Schutzgebietsnetz aus ungenutzten Wäl- ßes Schutzgebiet, in dem langfristig nicht in die dern über Deutschland auszubreiten. Einige größe- Natur eingegriffen werden darf. Nach dem Baye- re nutzungsfreie Flächen erlauben dabei der Natur, rischen Naturschutzgesetz muss ein Nationalpark sich natürlich zu entwickeln und sich an Verände- mindestens 10.000 Hektar groß sein, davon müssen rungen anzupassen. Sie dienen uns als Lernfläche mindestens 50 % der Fläche nutzungsfrei sein. Die für den naturgemäßen Waldbau. Sie müssen aller- Kernzone soll sich selbst überlassen bleiben, so dass dings groß genug sein, damit in ihnen Populationen die natürlichen Vorgänge in der Landschaft und der anspruchsvoller Waldarten dauerhaft überleben Tier- bzw. Pflanzenwelt ohne Störungen ablaufen können. Der Nordsteigerwald gehört zu den wert- können. Dies nennt man dann Prozessschutz: Bäu- vollsten größeren Laubwaldgebieten Deutschlands me dürfen so alt werden, wie die Natur es zulässt, und ist deshalb als Großschutzgebiet unentbehr- und der Wald verjüngt sich von selbst. Es kann sich lich. Zwischen verschiedenen Großschutzgebieten somit eine Art „Urwald von morgen“ entwickeln. Im sollen kleinere bewirtschaftungsfreie Schutzgebie- Steigerwald würden große Teile der Kernzone im te als Trittsteine und Korridore einen Austausch zwi- Laufe der Zeit so aussehen wie die beiden Natur- schen den Populationen gewährleisten. Auf den 95 waldreservate Brunnstube oder Waldhaus, in denen Prozent der Waldfläche, die weiterhin bewirtschaf- seit über 30 Jahren keine Bäume mehr eingeschla- tet werden, wird eine naturnahe und nachhaltige gen werden. Ein Nationalpark soll aber auch der Forstwirtschaft gefordert.

74 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald Intensive Diskussionen um den ersten Nationalpark Frankens

Bund Naturschutz und Freundeskreis Zum ersten fränkischen Nationalpark werben für Nationalpark prädestiniert Seit Anfang 2007 wird für den Nördlichen und Obe- Der Nördliche und Obere Steigerwald wäre gera- ren Steigerwald ein dritter bayerischer Nationalpark dezu prädestiniert, als erster fränkischer National- diskutiert. Die Diskussionen werden sehr intensiv park ausgewiesen zu werden. Auch der bayerische und emotional geführt. Trotz der augenscheinlichen Zukunftsrat rät in seinem Bericht 2011 zu einem Chancen und Vorteile, die ein Nationalpark bietet, dritten Nationalpark. Die Wälder sind ausschließlich gibt es vor Ort immer noch Ängste und Proteste im Staatsbesitz und von Straßen weitgehend unzer- gegenüber diesen Plänen. Der Bund Naturschutz schnitten (s. Karte S. 76). Nach einer aktuellen Stu- hat sich deshalb mit anderen Verbänden, wie dem die der Universität Stuttgart ist der Steigerwald von WWF und dem Landesbund für Vogelschutz zum den 16 bayerischen Naturparken der am wenigsten Freundeskreis Nationalpark Steigerwald zusam- zerschnittene. Außerdem rangiert er in diesem Zu- men geschlossen, um gemeinsam für den ersten sammenhang bei den 96 bayerischen Naturräumen Nationalpark in Franken zu werben. Die Verbände hinter fünf Alpengebieten an sechster Stelle. im Freundeskreis setzen sich dafür ein, die Dis- kussionen um den möglichen Nationalpark zu versachlichen und führen dazu eine Vielzahl von Veranstaltungen durch. In Ebrach wurde ein Büro eingerichtet, das als Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger sowie Touristen aus nah und fern dienen soll (Adresse siehe S. 76).

Schutz für den Schatz – warum ein Nationalpark? Keine Schutzkategorie kann den Erhalt und die Wiederherstellung ursprünglicher Waldnatur besser garantieren als ein Nationalpark mit seiner Philoso- phie „Natur Natur sein lassen“. Die beiden bayeri- schen Nationalparke – Bayerischer Wald und Berch- tesgaden – beweisen, dass sie den Dreiklang dieser höchsten internationalen Schutzkategorie bestens bewirken: Natur bewahren – Natur erforschen – Natur erleben. Was Bayern noch fehlt, ist ein Nationalpark in Franken und ein Buchen-National- park. Die Antwort auf diese doppelte Lücke heißt Nationalpark Steigerwald.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 75 Der Nördliche und Obere Steigerwald ist das ökolo- In den unbewirtschafteten kleinen staatlichen gisch wertvollste größere Laubwaldgebiet Bayerns. Schutzgebieten gibt es sie noch: den eleganten Auf über 11.000 Hektar befi nden sich zwischen Halsbandschnäpper, den nach Leder duftenden Ebrach, Gerolzhofen und Eltmann Buchenwälder Juchtenkäfer, auch Eremit genannt, und viele der und andere Laubwälder überwiegend in einem öko- heimischen Fledermausarten. logisch hochwertigen Zustand, was unter anderem durch ein aktuelles Gutachten des Bundesamtes Weitere Informationen gibt es unter für Naturschutz bestätigt wird. Die hervorragende www.pro-nationalpark-steigerwald.de, Naturausstattung der Wälder mit einer Reihe von www.ja-zum-Nationalpark-Steigerwald.de Schutzgebieten und Naturwaldreservaten ist mitt- und http://www.bund-naturschutz.de/fakten/ lerweile bestens wissenschaftlich untersucht. Dabei wald/nationalpark-steigerwald.html. wurde deutlich, dass auch eine noch so naturnah und „nachhaltig“ praktizierte Forstwirtschaft die Büro Freundeskreis Artenvielfalt in Gänze nicht, wie gefordert, erhalten Informationsbüro Freundeskreis Nationalpark kann. Denn Holznutzung bedeutet immer, dass die Steigerwald Bäume in relativ jungen Jahren geerntet werden. Im Rathausplatz 4, 96157 Ebrach Wirtschaftswald erreichen sie nur ein Drittel bis die Tel. 09553 - 98 90 -42 oder -43 Hälfte ihrer natürlichen Lebensspanne. Deshalb sind Fax 09553 - 98 90 -95 Arten, die in richtig alten Wäldern leben, hierzulan- [email protected] de sehr selten geworden oder bereits ausgestorben. www.freundeskreis-nationalpark-steigerwald.de

76 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Bayerns besondere Verantwortung für die besonderen Buchenwälder Ein Nationalpark Steigerwald wäre eine großartige So bedecken die 14 Nationalparke in Deutschland Chance für den Naturschutz in Deutschland und nur 0,6 % der Landesfl äche. Um diese Defi zite im ein wichtiges Signal aus Bayern, dass man auch Artenschutz abzubauen, hat die Bundesregierung hier die internationalen und nationalen Vorga- unter Bundeskanzlerin Angela Merkel Ende 2007 ben zum Schutz der Biodiversität in den Wäldern die Nationale Biodiversitätsstrategie auf den Weg ernst nimmt. Denn aktuell gibt es in Deutschland gebracht. Danach sollen 10 % des öff entlichen Wal- und Bayern noch große Defi zite beim dauerhaften des bis 2020 der natürlichen Entwicklung überlas- Schutz von sich natürlich entwickelnden Wäldern. sen werden.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 77 Bislang große Defizite beim Schutz der Buchen- im Vergleich zu anderen Bundesländern mangelt es wälder vor allem an alten Wäldern mit starken Buchen. Durch die Ausweisung eines Nationalparks Steiger- Bayern steht international in der Pflicht wald bietet sich in Bayern die Chance, die großen Der Freistaat Bayern als Eigentümer der Waldflä- bestehenden Defizite im Waldnaturschutz abzu- chen ist deshalb besonders aufgerufen, den inter- bauen - bislang wurden nur etwa 2 bis 3 % des bay- nationalen Verpflichtungen nachzukommen und erischen Staatswaldes dauerhaft aus der Nutzung wenigstens einen kleinen Teil des Waldes seiner genommen. Mit der Ausweisung als Nationalpark Bürger als Weltnaturerbe einzubringen. Andere könnte das Bundesland Bayern auch seiner beson- Bundesländer wie Thüringen oder Hessen haben deren Verpflichtung nachkommen, Buchenwälder bereits Laubwaldnationalparke ausgewiesen. Teile zu schützen. Die Baumart Buche hat ein begrenztes davon wurden sogar 2011 zum UNESCO-Weltnatur- Verbreitungsgebiet mit Schwerpunkt in Mitteleu- erbe erklärt. Die Bayerische Staatsregierung kommt ropa. Deutschland und hier gerade das Flächenland dagegen ihrer Verantwortung als größtes Flächen- Bayern liegen im Zentrum dieses Verbreitungsge- land mit den meisten Buchenwäldern aller Bundes- bietes. Nur 7 % der ursprünglichen Buchenwald- länder bislang nicht nach. Die entwickelten Länder fläche Deutschlands ist heute noch übrig, fast alles können – wie auf der Vertragsstaatenkonferenz davon junger Wirtschaftswald. Bayern hat deshalb zum Übereinkommen über die Biologische Vielfalt eine besondere Verantwortung, die Buchen- und im Jahr 2010 in Nagoya, Japan geschehen – kaum Laubmischwälder zu schützen. Aktuell ist die Buche von den Entwicklungsländern fordern, ihre Arten zu in Bayerns Wäldern aber nur mit 12 % beteiligt und erhalten, wenn sie nicht bereit sind, entsprechende Schritte in ihrem eigenen Land umzusetzen. Bayern – Schlusslicht bei den dicken Buchen

Sachsen Sachsen- Anhalt Mecklenburg- Vorpommern Brandenburg + Berlin Nordrhein- Westfalen Schleswig- Holstein Saarland

Thüringen Niedersachsen + Hamburg + Bremen Rheinland- Pfalz Hessen Baden- Württemberg Bayern

0 2 4 6 8 10 12 14 Anteil des Buchenvorrates über 80 cm BHD am gesamten Buchenvorrat [%] 78 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Typische und seltene Tier-, Pilz- und Pflanzenarten des Steigerwaldes

Mittelspecht

Kleiber, Stare, Fledermäuse oder Hornissen reißen Der Mittelspecht braucht weiches, von Pilzbefall sich um den knappen „Wohnraum“. Die sanfte Hohl- geschädigtes Holz für den Bau seiner Höhlen. taube zieht im Kampf um die begehrten Höhlen oft Zur Nahrungssuche stochert er mit seinem spit- den Kürzeren. Gefährdet ist sie nicht nur wegen des zen Schnabel in grober Borke oder morschem geringen Höhlenangebots in den Wirtschaftswäl- Holz nach Insekten und Spinnen - er hackt nicht dern, sondern auch wegen des verschwindend ge- wie andere Spechte. Früher galt er als typischer ringen Anteils unbewirtschafteter alter Laubwälder. „Eichen-Specht“, weil es in der rissigen Eichen- Da sie den Winter als Kurzstreckenzieherin meist im borke genügend Kleintiere gibt. Heute ist er auch Mittelmeergebiet verbringt, hat sie auf ihrem Zug in Buchenwäldern wieder anzutreff en. Allerdings auch mit den Gefahren der Vogeljagd zu kämpfen. nur dort, wo die Buchen richtig alt werden dürfen und nicht wie im Wirtschaftswald mit 120 bis 140 Rauhfußkauz Jahren gefällt werden. Der Mittelspecht gilt heute Früher als typischer Nadelwaldbewohner bekannt, als Leitart für über 180 Jahre alte Buchenwälder. So fi ndet man den Rauhfußkauz seit einigen Jahren ist er heute in den Naturwaldreservaten an uralten auch in den alten, strukturreichen Mischwäldern Buchen verbreitet anzutreff en. im Steigerwald. Dort fi ndet er genügend Schwarz- spechthöhlen zum Bewohnen. Der Rauhfußkauz Hohltaube verhält sich unauff ällig und ist nur nachts unter- Die Hohltaube kommt bevorzugt in älteren Waldbe- ständen vor. Die Brutpopulation der Hohltaube im Steigerwald ist eine der bedeutensten bekannten Brutpopulationen in Mitteleuropa. Als Höhlenbrü- terin ist sie auf alte morsche Bäume mit natürlichen Höhlungen und den Schwarzspecht als „Zimmer- mann“ angewiesen. Die Konkurrenz um Höhlen ist angesichts der Höhlenknappheit in den Wirtschafts- wäldern groß: Viele Tiere wie Dohlen, Waldkäuze,

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 79 wegs. Er badet gerne in Wasser, Schnee, Regen oder Bechsteinfledermaus Sonnenschein. Nicht selten verlässt das Weibchen nach zwei bis drei Wochen die Familie und brütet mit einem anderen Partner ein zweites Mal. In so einem Fall übernimmt das Männchen die weitere Aufzucht und Führung der Jungen. Der Rauhfuß- kauz ernährt sich vorwiegend von Kleinsäugern wie Mäusen und Bilchen. Seine natürlichen Feinde sind Baummarder, Waldkauz und Uhu. Stark zu schaffen macht ihm, wie vielen anderen Höhlenbrütern auch, der Mangel bzw. der Verlust an Höhlenbäumen. Die Bechsteinfledermaus ist eine typische Bewoh- nerin alter europäischer Laubmischwälder. Im Sommer ziehen mehrere Weibchen gemeinsam ihre Jungen in verlassenen Spechthöhlen auf. Sie wechseln diese Wochenstubenquartiere alle paar Tage, wahrscheinlich zur Vermeidung von Parasiten oder Fressfeinden. Es müssen also viele alte Höh- lenbäume und Totholz zur Verfügung stehen. Als langsame, aber wendige Flugkünstlerin steuert die Bechsteinfledermaus nachts durch die Laubblätter, um mit Ultraschallortung fliegende Insekten, wie Nachtfalter und Mücken zu fangen. Zusätzlich sam- Wildkatze melt sie nach Gehör im Rüttelflug Raupen und Spin- Wer sollte einer Wildkatze schon gefährlich werden? nen von Blättern und vom Boden auf. Die Bechstein- Allerdings war sie in Bayern schon mal ausgerottet, fledermaus hat ihren Verbreitungsschwerpunkt bevor der Bund Naturschutz sie wieder zurückge- in Deutschland, dort in Unterfranken und auch im bracht hat. Auf leisen Sohlen streift die Wildkatze Nordsteigerwald. Sie gehört zu den europaweit ge- durch ihr ausgedehntes Revier. Kaum einer be- fährdeten Arten. Insgesamt wurden im Steigerwald kommt sie zu Gesicht, da sie menschliche Nähe mei- 15 Fledermausarten nachgewiesen! det. Um die 3.000 Tiere leben in Deutschland - meist unbemerkt. Aktenkundig werden sie oft erst, wenn Haselmaus sie überfahren am Straßenrand liegen. Wo Ver- Die Haselmaus gehört zur Familie der Schlafmäuse kehrswege, Industriegebiete und Siedlungsgebiete oder Bilche. Den Tag verschläft sie in einer Baum- die Wälder zerstückeln, haben Wildkatzen keine höhle oder einem nur faustgroßen Kugelnest, das Zukunft. Nur in großen zusammenhängenden und sie kunstvoll aus Gras, Blättern und Moos baut. unzerschnittenen alten Laubwaldgebieten wie dem Nachts huscht sie auf der Suche nach Nahrung, wie Steigerwald finden sie, was sie zum Leben brau- Früchten oder Haselnüssen, durch die Zweige. Die chen. Hier und in ein paar wenigen anderen alten Haselmaus lebt in Laubmischwäldern mit reichem Laubwaldgebieten gibt es sie also noch, die weiten Unterwuchs und kleinen Lichtungen. Besonders unzerteilten Wälder mit großzügigem Höhlenange- beliebt sind Haselsträucher. Im Spätherbst frisst sie bot und viel Beute für die schönen wilden Katzen. sich einen Speckvorrat an, dann hält sie ca. sieben

80 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer er vor allem mit der Zerstörung seines Lebensrau- mes und dem zunehmenden Straßenverkehr. Im Steigerwald fi ndet er noch weitgehend intakte Lebensräume.

Eremit (Juchtenkäfer) Die Eremitenlarven leben in Mulmhöhlen alter, di- cker Laubbäume (Foto S. 15). Für drei bis vier Jahre ernähren sie sich von zersetztem Holz (Mulm) und Pilzfäden an der Höhlenwand. Gute Brutbäume Monate lang Winterschlaf. In den Laubwäldern des beherbergen über Jahrzehnte, vielleicht sogar Nordsteigerwaldes fi ndet dieser putzige Kletterer Jahrhunderte, viele Käfergenerationen. Im Sommer noch alles, was er braucht. Andernorts hat er viele sitzen die Männchen im Ausgangsloch und locken Lebensräume durch die Umwandlung von Laubwäl- die Weibchen mit ihrem nach Juchtenleder oder dern in Nadelholzforste verloren. Aprikosen „duftenden“ Sexuallockstoff an. Früher waren Eremiten weit verbreitet. Alte Höhlenbäume Springfrosch und vor allem Großhöhlen sind im Wirtschaftswald kaum noch vorhanden. Der Eremit ist deshalb sehr selten geworden und mittlerweile europaweit streng geschützt. Der erste Fund eines Eremiten in Buchen in Süddeutschland gelang 2006 in einem Naturwaldreservat im Steigerwald.

Berliner Prachtkäfer

Der Springfrosch ist ein echter „Waldler“, der lichte und gewässerreiche Laubmischwälder bevorzugt. Er benötigt Wassergräben oder Waldtümpel, ger- ne mit besonnter Flachwasserzone. Hier legen die Springfrosch-Weibchen sehr zeitig im Frühjahr ihre Eiballen ab. Im Sommer entfernen sich die Frösche bis über einen Kilometer weit vom Laichgewässer. Nachts gehen sie dort auf Jagd nach Insekten, Erst vor wenigen Jahren wurde entdeckt, dass Spinnen, Würmern und Schnecken. Der Spring- der Berliner Prachtkäfer, einer der ganz seltenen frosch steht europaweit unter Schutz. Seine langen Prachtkäfer, auch in den alten Buchenwäldern des Beine unterscheiden ihn u.a. vom sehr ähnlichen Steigerwaldes vorkommt. Er bewohnt die Wipfel- braunen Grasfrosch. Will man wissen, welchen der region sehr alter Buchen. Dort haben ihn Baumkro- beiden Frösche man vor sich hat, achte man auf sei- nenforscher gefunden. In den Baumkronen fi ndet ne Sprünge: Wenn er ein bis zwei Meter weit sprin- er zwischen abgestorbenen Ästen und Sonnenglut, gen kann, war es ein Springfrosch! Zu kämpfen hat was er zum Leben braucht. Eigentlich klar, dass er,

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 81 wie andere licht- und wärmehungrige Arten, dort oben anzutreffen ist und nicht in den eher schattig- kühlen unteren Stockwerken des Buchenwaldes. Goldener Prachtkäfer ist ein weiterer Name für den Berliner im Steigerwald. Hinweise genug, dass es sich um ein echtes Juwel handelt!

Großer Rosenkäfer (Großer Goldkäfer) treiben Brutpflege. Dafür graben sie unterirdische Gänge und Kammern. In Letzteren wird jeweils ein Ei und genügend Kot für die schlüpfenden Larven abgelegt und der Gang sorgsam verschlossen. Oft benutzen mistfressende Milben den Mistkäfer als „fliegendes Taxi“, um von einem Kothaufen zum anderen zu gelangen.

Buchenrotschwanz Der Große Rosenkäfer ist der große Verwandte des verbreiteten Gemeinen Rosenkäfers, den wir aus unseren Gärten kennen. Er mag es gerne warm und bewohnt die besonnten Kronen alter Laubwälder. Seine Larven entwickeln sich dort über drei Jahre in Baumhöhlen, bevorzugt von Eichen. Die erwach- senen Käfer verzehren Pollen, den Saft blutender Bäume und überreifes Obst. Wegen der glänzenden dunkelgrünen Flügeldecken sieht der Käfer beim Fliegen aus wie ein grüner Edelstein. Weil in den Wäldern zu wenige Bäume alt werden dürfen, gibt Der Buchenrotschwanz ist ein Schmetterling, des- es kaum mehr geeignete Kinderstuben für diesen sen Raupen auffallend behaart sind und einen prachtvollen Käfer. Er ist nicht nur der größte, son- roten Haarpinsel am Hinterleib tragen. Wie bei dern mittlerweile der seltenste Rosenkäfer Mittel- allen Nachtfaltern sind die Sinnesorgane der er- europas. Nach der Bundesartenschutzverordnung wachsenen Tiere hoch entwickelt. Die Männchen ist er streng geschützt. nehmen über Antennen die Sexuallockstoffe der Weibchen kilometerweit wahr. Die erwachsenen Mistkäfer Falter sind unscheinbar hellgrau, fliegen nachts von Abfall für den einen ist schmackhafte Nahrung für Mai bis Juni und verbringen den Tag gut getarnt an den anderen: Mistkäfer haben eine wichtige Funkti- Baumstämmen. In Ruhestellung streckt er das erste on im Naturkreislauf, sie räumen „den Mist von an- Beinpaar geradeaus nach vorne, was ihm auch den deren weg“. Ihre Nahrung besteht aus Kot und ab- Namen „Buchen-Streckfuß“ eintrug. Der Falter ist gestorbenen Pflanzenteilen. Aber auch Pilze stehen in Laubwäldern weit verbreitet. Seine schönen, am auf ihrer Speisekarte. Bei uns leben z.B. der Gemei- „roten Schwanz“ gut erkennbaren Larven ernähren ne Mistkäfer, der Wald- und der Frühlingsmistkäfer. sich von Blättern verschiedener Laubbäume, bevor- Die Käfer sorgen sich um ihren Nachwuchs, sie be- zugt aber von Buchen.

82 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Nagelfl eck nämlich nicht an Blüten, sondern sie saugen an Kot, Tierleichen und feuchten Bodenstellen. Ihre grünen Raupen tragen ab dem zweiten Entwicklungssta- dium zwei Kopfhörner. Sie leben ausschließlich an breitblättrigen Weiden, vor allem an der Sal- weide. Diese sind an schattigen, etwas feuchten Waldwegen zu fi nden. Der Kleine Schillerfalter hat ein ähnliches Habitat, ist aber wärmebedürftiger. Seine Raupen ernähren sich vorwiegend von Zitter- pappeln (Aspen). Diese zusammen mit Weiden an Dieser Schmetterling gilt als Leitart der Buchenwäl- Waldwegen und –rändern stehen zu lassen, kommt der gemäßigter Zonen. Sieht man im Frühjahr einen nicht nur den Schillerfaltern, sondern auch vielen orange-braunen Falter in hektischen Zickzackfl ug anderen Arten zugute. Nicht zuletzt gelten Weiden- dicht über dem Boden durch den Buchenwald gau- kätzchen als eine der ersten Nahrungsquellen für keln, handelt es sich um ein Nagelfl eckmännchen Bienen und Hummeln nach einem langen Winter. auf der Suche nach einem Weibchen. Es gelingt fast nie, sie in Ruhe zu betrachten. Es ist die Zeit von Zunderschwamm Mitte April bis Mai, wenn die Bäume beginnen aus- Der Zunderschwamm ist ein Baumpilz, der 30 Jah- zutreiben. Die erwachsenen Falter nehmen keine re alt werden kann und dabei „Jahresringe“ wie Nahrung auf, da ihnen die Mundwerkzeuge fehlen ein Baum bildet. In und von ihm leben zahlreiche – sie leben nur wenige Tage. Die Raupen ernähren sich u.a. von Laubblättern der Salweide, Birke oder Eiche, vor allem aber der Buche.

Schillerfalter

Insekten. Der Zunderschwamm lebt vom Holz ge- schwächter oder verwundeter Laubbäume, gerne an Buchen oder Birken. Er ist einer der ersten Pilze in der Reihe der Holzzersetzer. Auch wenn seine Sporen überall herumfl iegen, wird nur ein kleiner Prozentsatz der Bäume besiedelt und zum Abster- Seine Flügel schillern je nach Lichteinfall in herrli- ben gebracht. Dadurch entstehen kleine Lichtinseln chem Blau: Der Große Schillerfalter steht an Schön- im Wald, die jungen Bäumen das Hochwachsen er- heit den tropischen Schmetterlingen in nichts nach. lauben. Der Zunderschwamm dient also der Wald- Da er sich vorwiegend im Kronenbereich aufhält, verjüngung. Seinem Namen hat er erhalten, weil bekommt man ihn selten zu Gesicht. Anlocken kann er früher zum Feueranzünden verwendet wurde. man ihn mit stinkendem Käse. Schillerfalter trinken Dazu wurden die gesammelten Fruchtkörper meist

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 83 einige Tage eingeweicht und die extrem harte Au- geschieht vor allem über ihre unterirdischen Zwie- ßenschicht entfernt. Die wattige Schicht darunter beln. wurde herausgetrennt und in Urin oder später Sal- Bärlauch ist in der Küche seit jeher ein beliebtes peterlösung eingeweicht. Das Ganze wurde dann Gewürz und Gemüse. Er enthält ätherische Öle mit getrocknet, geklopft, gekämmt – und fertig war Schwefelverbindungen und kommt in seiner Heil- der Zunder. Durch Funkenschlag mit Pyrit, einem wirkung dem Knoblauch sehr nahe. Beim Sammeln schwefelhaltigem Gestein, und Feuerstein entstand sollte man darauf achten, die Blätter des Bärlauchs eine Glut, die der Zunder sehr lange am Glimmen nicht mit denen des hochgiftigen Maiglöckchens zu hielt. Auch die Gletschermumie „Ötzi“ hatte ein verwechseln. Säckchen mit Zunder dabei. Zunder (ohne Urin!) wurde auch als blutstillende Watte verwendet. In Leberblümchen manchen Gebieten Osteuropas wird er heute noch Die Leberblümchen als Lederersatz zur Herstellung von Hüten oder an- gehören zu den ers- deren Kleidungsstücken verwendet. ten Frühlingsblühern im Laubwald, die den Ästiger Stachelbart und Igelstachelbart Waldboden nach dem Stachelbärte (Foto S. 15 Ästiger Stachelbart, S. 9 Winter an vielen Stel- Igelstachelbart) sind sehr seltene Pilze, die an to- len im Steigerwald tem Buchenholz wachsen und dafür sorgen, dass schmücken. Ab März dessen Bestandteile wieder in den Stoffkreislauf des können Insekten an seinen wunderschönen hell- Waldes zurückfließen. Für intakte, unbewirtschaf- blauen bis violetten Blüten auftanken. Der Name tete Buchenwälder sind die Stachelbartpilze her- „Leberblümchen“ stammt von der dreilappigen vorragende „Zeigerarten“. Manches deutet darauf Blattform, die im Umriss an die menschliche Leber hin, dass die Inhaltsstoffe der Stachelbärte für die erinnert. In der ca. achttägigen Blühzeit wachsen die menschliche Gesundheit einmal sehr wichtig wer- Blütenblätter auf das Doppelte der Ursprungslänge den könnten. In der chinesischen Medizin spielen an. Leberblümchen gehören zu den Pflanzen, die sie schon lange eine Rolle bei der Krebsvorsorge. von Ameisen verbreitet werden. Die Samen werden Es gibt noch viele Beispiele dafür, dass Artenschutz in den Ameisenbau getragen und als „Abfall“ vom auch wirtschaftliche Aspekte haben kann. Welch ein eiweiß- und fetthaltigen Samenanhängsel getrennt. wundervolles Lebewesen ein Stachelbart ist, wird jeder verstehen, der einmal so eine filigrane Schön- Laubholz-Schuppenwurz heit im alten Buchenwald gefunden hat. Die Laubholz-Schuppenwurz (Foto Seite 28) besitzt kein eigenes Blattgrün, kann also nicht mit Hilfe von Bärlauch Sonnenlicht Zucker und andere organische Stoffe Im zeitigen Frühjahr können wir den Bärlauch (Fo- produzieren. Deshalb zapft sie mit ihren unterirdi- tos Seite 35) auf feuchten, nährstoffreichen und schen Sprossen die Laubbäume an. Hier holt sie sich kalkhaltigen Waldböden oft flächendeckend fin- die nötigen Nährstoffe ohne Gegenleistung – die den. Im Steigerwald wächst er z.B. im Böhlgrund Laubholz-Schuppenwurz gehört zu den Schmarot- und im Spitalgrund bachbegleitend. Seine weißen zerpflanzen. Aufmerksame Wanderer können ihre Blüten verströmen weithin ihren Lauchgeruch. Zwei trüb-rosa bis violetten Blüten von April bis Mai am bis drei Monate nach dem Austreiben vergilben die Fuße einiger Bäume, wie Buchen, Haseln oder Erlen, Bärlauchblätter wieder. Die Ausbreitung der Pflanze entdecken.

84 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Bedenken ernst nehmen – auf Vorteile eines Nationalparks hinweisen

Wenn man durch den Nordteil des Steigerwaldes reist, kann man hier und da Schilder gegen einen Natio- nalpark entdecken. Wie jede größere Veränderung ruft auch das Projekt „Nationalpark“ bei den betroff enen Menschen Bedenken hervor. Deshalb muss die Bevölkerung im Steigerwald intensiv in die Diskussionen ein- gebunden werden. Einige Befürchtungen können schon jetzt also genügend Holz für die Verwertung in der zerstreut werden: Region. r &JO /BUJPOBMQBSL 4UFJHFSXBME XJSE OVS BVG r &JO óÅDIJHFT "CTUFSCFO WPO 8ÅMEFSO EVSDI Staatswälder begrenzt. Privat- und Gemeinde- Schädlingsbefall ist nicht zu befürchten. Dies hat wälder werden ausgeklammert. Deshalb wird es es bei Buchenwäldern in Europa noch nie gege- keine Enteignungen geben. ben. r #FUSPíFOF -BOE VOE 'PSTUXJSUF NÛTTFO LFJOF r &JOF 4DIBMFOXJMESFHVMJFSVOH WPO 3FIFO VOE Aufl agen für ihre Äcker und Wälder fürchten. Wildschweinen ist auch im Nationalpark uner- r %JF #FXPIOFS EFT 4UFJHFSXBMEFT XFSEFO CFJ lässlich, um Schäden in den angrenzenden Wäl- Entscheidungsprozessen zum Nationalpark ein- dern und Feldern zu vermeiden. gebunden. r &TJTUFJOXJDIUJHFT;JFMFJOFT/BUJPOBMQBSLT JN r %JF 7FSTPSHVOH EFS ÕSUMJDIFO 4ÅHFXFSLF VOE Rahmen der Umweltbildung die Bevölkerung an Brennholzinteressenten muss gewährleistet die unberührte Natur heranzuführen. Deshalb bleiben. Ein Nationalpark betriff t nur 20 % des wird es keine fl ächigen Betretungsverbote ge- Waldes im Naturpark Steigerwald. Es bleibt ben.

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 85 r &JO8BMEOBUJPOBMQBSLJTUHVUGÛSEFO,MJNBTDIVU[  Doch auch die Menschen vor Ort profitieren weil im Urwald von morgen mehr Kohlenstoff direkt von einem Nationalpark: gespeichert wird. r /BUJPOBMQBSLFFSIBMUFOTUBBUMJDIF;VTDIÛTTFXF- r *O VOCFXJSUTDIBGUFUFO 8ÅMEFSO JTU EJF 7JFMGBMU gen ihrer großen nationalen und internationalen laubwaldtypischer Tier-, Pilz- und Pflanzenarten Bedeutung. höher. Waldwirtschaft mit Holzernte hat zum r .JUFJOFN/BUJPOBMQBSLHJCUFT[BIMSFJDIF*OWFT- Rückgang der Bewohner alter Wälder beigetra- titionen in die Infrastruktur, um es den vielen Be- gen. suchern zu ermöglichen, die Natur hautnah und intensiv zu erleben. Der Bund Naturschutz bietet deshalb zusammen r 7POEFSHFGÕSEFSUFO*OGSBTUSVLUVSFJOFT/BUJPOBM- mit dem Freundeskreis Nationalpark Steigerwald parks profitiert auch die einheimische Bevölke- eine Vielzahl von Veranstaltungen wie Waldführun- rung, z.B. beim Ausbau des ÖPNV. gen, Vorträge, Seminare oder Busfahrten in andere r )FJNJTDIF'JSNFOQSPñUJFSFOWPOEFO*OWFTUJUJP- Waldnationalparke an, damit sich die Bevölkerung nen in die Infrastruktur. vor Ort selbst ein Bild davon machen kann, welche r /BUJPOBMQBSLFTDIBíFO"SCFJUTQMÅU[FJO(BTUTUÅU- Chancen ein Nationalpark für die eher struktur- ten, Handel und Handwerk. schwache Region bietet. r /BUJPOBMQBSLF CFMFCFO OBDIXFJTMJDI EFO 'SFN- denverkehr einer ganzen Region. Ein sanfter Tourismus wird gefördert. r "CTBU[NÅSLUFGÛSSFHJPOBMF1SPEVLUFXFSEFOHF- stärkt. r %JFSFHJPOBMF-BOEXJSUTDIBGUXJSEHFGÕSEFSU r %JF,PNNVOFOFSIBMUFOFJOFOCFTTFSFO;VHBOH zu Fördermöglichkeiten. r %FSTUSVLUVSTDIXBDIFMÅOEMJDIF3BVNXJSEJOT- gesamt gestärkt.

40 Jahre Nationalpark – 37 Jahre Naturpark Einwohner Übernachtungen

Naturpark Steigerwald: Vorschlagsgebiet für Nationalpark Alt-Nationalpark Bayerischer Wald

86 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer Glossar Wanderführer

Altholzinsel: Zumeist kleinerer Waldteil mit älteren Pfl anzen (Flora) in Europa (Fauna-Flora-Habitat- Bäumen, der sich selbst überlassen bleibt und in Richtlinie der EU von 1992). Zusammen mit den dem i.d.R. kein Holzeinschlag stattfi ndet. Ein ge- Vogelschutz (SPA) - Gebieten bilden sie das euro- setzlicher Schutz ist zumeist nicht gegeben. paweit zusammenhängende Schutzgebietsnetz „Natura 2000“. Biodiversität (Biologische Vielfalt): Umfasst die Vielfalt der Lebensräume (z.B. Wälder, Gewässer, Festmeter (fm): Forstliches Raummaß für das Vo- Berge), Arten (Pfl anzen, Pilze, Tiere) und Gene (Erb- lumen von Holz. Ein Festmeter entspricht einem anlagen). Kubikmeter fester Holzmasse ohne Zwischenräume. Die Einheit für 1 Kubikmeter gesägtes und gestapel- Biotopbaum (Habitatbaum): Bäume mit beson- tes Holz inklusive der Luft-Zwischenräume ist ein deren Strukturmerkmalen, die von vielen wald- Raummeter oder Ster. typischen Arten bewohnt werden. Dazu zählen Höhlen- und Horstbäume sowie Bäume mit Rissen, Forststraße: I.d.R. nicht öff entliche, mit Pkw Faulstellen, abfallender Rinde, abgebrochenen Kro- und Lkw befahrbare, geschotterte Waldstraße nen, abgestorbenen Starkästen, Holzpilzen etc. für den Abtransport des Holzes aus den Wäldern (Zufahrt und Transportweg der Forstwirtschaft). Bodenaufschluss/Aufschluss: Senkrechter Anschnitt der Bodenoberfl äche an steilen Abhängen, Wege- Galeriewald: Schmaler Streifen mit Bäumen ent- böschungen oder an Abgrabungen. In Bodenauf- lang von Fließgewässern. Oftmals wachsen dabei schlüssen werden die einzelnen Bodenschichten Eschen und Schwarzerlen – wie perlschnurartig sichtbar. aufgereiht – an einem oder beiden Ufern von Bä- chen und Flüssen. Brusthöhendurchmesser (BHD): Der Durch- messer von stehenden Bäumen wird als übli- Großseggenried: Wechselfeuchter bis nasser ches Maß in der Forstwirtschaft standardisiert Lebensraumtyp (Biotoptyp). Die Pfl anzenge- in 1,30 Meter Höhe (= Brusthöhe) gemessen. sellschaft besteht vorwiegend aus größeren Seggen (Gattung der Sauergräser), sowie aus Europäisches Vogelschutzgebiet (Special Protection wenigen blühenden Niedermoorpfl anzen. Le- Area SPA): Schutzgebiete zur Erhaltung, Wieder- bensraum u.a. von Amphibien und Ringelnattern. herstellung bzw. Neuschaff ung der Lebensräume wildlebender Vogelarten in Europa (Vogelschutz- Habitat (Wohnstätte; lat.: habitare = wohnen): Le- Richtlinie der EU von 1979). Zusammen mit den bensraum (Standort), in dem eine Art regelmäßig FFH-Gebieten bilden sie das europaweit zusam- anzutreff en ist. menhängende Schutzgebietsnetz „Natura 2000“. Hege: Ein nicht genau defi nierter Überbegriff jagd- FFH-Gebiet (Fauna-Flora-Habitat Gebiet): Schutz- licher Maßnahmen, die die Lebensgrundlagen von gebiete zur Erhaltung der natürlichen Lebensräu- Wildtieren betreff en. Darunter fallen Maßnahmen me einheimischer wildlebender Tiere (Fauna) und wie Verbesserung der Lebensräume oder Förderung

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 87 der Artenvielfalt. Oftmals werden aber auch aus Na- Mittelwald: Heute noch gebietsweise praktizierte, turschutzsicht kritische Aspekte der Jagd wie Füt- historische Bewirtschaftungsform zur Gewinnung terung, Aufbau überhöhter Wildbestände zulasten von Bau- und Brennholz auf derselben Fläche. der Waldvegetation, einseitige trophäenorientierte Bäume, wie z.B. Linde oder Hainbuche werden zur Jagd und nicht tierschutzgerechte Jagdausübung Brennholzgewinnung genutzt (Unterschicht). Dazu darunter verstanden. werden sie alle 15-30 Jahre abgesägt und wachsen mehrstämmig nach. Die Bäume der Oberschicht Hektar (ha): Flächenmaß, das einer Fläche von 100 (z.B. Eichen oder Eschen) dürfen als Bauholzliefe- x 100 Meter (10 000 m2) bzw. 0,01 km2 entspricht. ranten hoch wachsen. Es entstehen lichte, wärme- begünstigte Kulturwälder. Hochdurchforstung: Methode der Holzernte, bei der dickere bzw. höhere Bäume aus der oberen, herr- Nachhaltige Waldwirtschaft bedeutet, die Wälder schenden Baumschicht (Oberstand) entnommen heute so nutzen, dass auch künftige Generationen werden. Gegensatz von Niederdurchforstung, bei sie in gleichem Umfang nutzen können. Dies wird der Bäume aus dem Unter- oder Zwischenstand und nicht nur auf die Holznutzung, sondern auch auf die Schwachwüchsige entnommen werden. ökologischen und sozialen Leistungen der Wälder bezogen, die sie für die Allgemeinheit erbringen, Hochwald: Hochstämmiger Wirtschaftswald, der wie z.B. Artenvielfalt, Klimaschutz, Erholung und durch Naturverjüngung, Saat oder Pflanzung ent- sauberes Trinkwasser. Leider gibt es hier Defizite bei steht. Produktionsziel ist die Gewinnung von Nutz- der Umsetzung. holz. Die Fällung der Bäume erfolgt, wenn sie die erwünschte Dicke (Zielstärke/ Hiebsreife) erreicht Naturwaldreservat: Natürliche oder weitgehend na- haben. turnahe Waldfläche, auf der keine Bewirtschaftung und keine Holzentnahme mehr stattfindet. Natur- Holzvorrat: Die gesamte oberirdisch gewachse- waldreservate sollen die natürlichen Waldgesell- ne Holzmenge einer Waldfläche, in der Regel pro schaften landesweit repräsentieren und dem Erhalt Hektar. Erfasst wird zumeist das Holz, das inklusive von Biologischer Vielfalt und der Forschung dienen. Rinde mehr als sieben Zentimeter im Durchmesser Ein gesetzlicher Schutz besteht durch die Bezeich- misst (= Derbholz). Maßeinheit für den stehenden nung nicht. Der Anteil der Naturwaldreservate an Holzvorrat ist der „Vorratsfestmeter/ Hektar“ (Vfm/ der gesamten Waldfläche Bayerns beträgt weniger ha). als 0,3 % (Stand 2011).

Kahlschlag: Großflächige und vollständige Abhol- Naturdenkmal: Ein unter Naturschutz stehendes zung einer Waldfläche. Da die Bäume i.d.R. vollstän- Landschaftselement. Dazu gehören z.B. charak- dig entnommen werden, entstehen Freiflächen, die teristische Bodenformen, Felsbildungen, Quellen, im Hinblick auf Nitratproblematik im Grundwasser, Wasserläufe, Wasserfälle, alte oder seltene Bäume Oberflächenabfluss, Humusschwund und Freiset- und besondere Pflanzenvorkommen. Dabei handelt zung klimaschädlicher Gase sehr kritisch zu sehen es sich um Einzelobjekte oder kleinflächige Gebiete. sind. Kahlschläge sind kein Merkmal einer naturna- hen Waldwirtschaft, sie sind in den Waldgesetzen Nationalpark: Strengste Schutzkategorie für ein verschiedener Bundesländer untersagt. großräumiges Schutzgebiet, zur Sicherung möglichst ungestörter Naturabläufe. Das Gebiet darf nur we-

88 Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer nig durch den Menschen beeinfl usst sein oder muss zung natürlicher Auslese, Holzernte- und Wald- geeignet sein, sich wieder in einen solchen Zustand pfl ege in einem Arbeitsgang. zu entwickeln. Nationalparks dienen daneben auch der wissenschaftlichen Erforschung, der Bildung und Rote Listen: Verzeichnisse ausgestorbener oder dem Naturerlebnis der Bevölkerung. In Deutschland gefährdeter Arten, Pfl anzengesellschaften und gibt es 14 Nationalparks, alle zusammen nehmen Lebensraumtypen. Herausgeber der Roten Liste 0,54 % der Landesfl äche ein (Stand 2011). Deutschland ist das Bundesamt für Naturschutz, für Bayern das Bayerische Landesamt für Umwelt- Naturschutzgebiet: Strenge Schutzgebietskategorie schutz. zur Sicherung wichtiger Lebensräume und Arten. Problematisch ist vor allem, dass eine „ordnungs- Rückegasse: Unbefestigter, erdgebundener Wald- gemäße“ Bewirtschaftung in der Regel zulässig weg im Inneren des Waldes zum „Vorrücken“ des ist. So sind viele Naturschutzgebiete durch weitere geernteten Holzes. Das Holz wird hier mit Forst- Nutzungen beeinträchtigt, z.B. Land-, Forst-, Was- schleppern bzw. Rückezügen aus dem Waldbestand serwirtschaft, Freizeitnutzung und Verkehr. Negativ zum nächstgelegenen Holzlagerplatz gezogen bzw. wirken sich auch die Verinselung der Gebiete und gefahren. Für die Anlage von Rückegassen werden störende Einfl üsse der Umgebung aus. in der Regel drei Meter breite Schneisen oft sche- matisch im Abstand von ca. 20 bis 40 Metern in die Naturverjüngung: Der nachwachsende Wald ent- Wälder geschlagen. Durch die schweren Forstma- steht, wie im Urwald, durch herabfallende Samen schinen wird der Boden hier dauerhaft verdichtet. älterer Bäume oder durch Austrieb aus Wurzeln Nach Aussage der Bayerischen Staatsforsten betriff t (Wurzelbrut). dies weniger als 20 % der Waldfl äche. Im Vergleich dazu: Naturwaldreservate nehmen knapp 1 % der Naturpark: Großräumiges Schutzgebiet, das wegen Waldfl äche ein. seiner landschaftlichen Voraussetzung besonders gut zur menschlichen Erholung geeignet ist und Schalenwild: Der Begriff Schalenwild stammt aus sanften Tourismus fördern soll. Ziel ist auch, eine dem Jagdrecht. Darunter fallen unter anderem hei- durch umweltgerechte Bewirtschaftung geprägte mische Wildarten wie Rehe, Rothirsche und Wild- Kulturlandschaft mit ihrer Artenvielfalt zu erhalten. schweine. In Deutschland gibt es momentan knapp über 100 Naturparke, die zusammen ein Viertel der Landes- Schaufelbuchen: Die sogenannten Schaufelbuchen fl äche bedecken (Stand 2011). durften im Steigerwald so dick und alt werden, weil aus ihnen Getreideschaufeln „aus einem Stück“ Naturgemäße Waldwirtschaft: Ziel ist ein artenrei- gefertigt wurden. Dazu mussten die geviertelten cher und stabiler Dauerwald (= dauerhafte Wald- Buchenstämme noch mindestens 60 Zentimeter bestockung auf der Fläche ohne Kahlschlag), der dick sein. auch hohe Gewinne abwerfen soll. Kriterien sind u.a.: Mischwald mit standortheimischen Bäumen, Schluchtwälder: Schluchten sind enge Täler mit kleinfl ächige Nutzungen durch Entnahme einzel- steilen Wänden und Hängen, die durch Einschnei- ner Bäume oder kleiner Gruppen und Naturver- den eines Fließgewässers in den Untergrund ent- jüngung im Schutz der Altbäume. Angestrebt sind stehen. Das typische Kleinklima in Schluchtwäldern Erhalt aller Altersstufen nebeneinander, Ausnüt- ist feucht-schattig und eher kühl. Da Forstwirtschaft

Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald – Naturwanderführer 89 hier mühsam ist, bilden Schluchtwälder oft letzte Standortheimisch: Standortheimische Pflanzen und Refugien alter Wälder. Häufige Baumarten sind Baumarten wachsen von Natur aus auf den ange- Bergahorn, Ulme, Esche und Linde. Zu den typi- troffenen Standorten und sind in der Regel an die schen Bewohnern zählen z.B. Feuersalamander. standörtlichen Verhältnisse, d.h. an das jeweilige Klima, die Höhenlage, die Böden und den Boden- Speierling: Wildobstbaum aus der Familie der Ro- wasserhaushalt gut angepasst. Die von Natur aus sengewächse, mit gefiederten, bis zu 25 Zentimeter häufigste Baumart im Steigerwald ist die Buche. langen Blättern, ähnlich denen der verwandten Vogelbeere. Die weißen Doldenblüten nähren viele Weltnaturerbe: Weltnaturerbestätten sind un- Insekten. Die gerbstoffreichen Früchte werden von schätzbare und unersetzliche Güter eines Volkes Vögeln und Säugetieren gerne gefressen. Menschen und der gesamten Menschheit. Seit 1972 wird von verarbeiten Speierlingfrüchte zu Mus oder fügen sie der UNESCO aufgrund des Welterbe-Übereinkom- dem Most zu, um ihn zu klären und die Haltbarkeit mens eine Liste mit Weltnatur- und Kulturerbe- zu verlängern. stätten geführt. Eine Weltnaturerbestätte muss im weltweiten Vergleich einzigartig und von herausra- Standortfremd: Standortfremde Pflanzen und Bau- gender universeller Bedeutung sein, sich in relativ marten wachsen von Natur aus nicht auf den Stand- unversehrtem Zustand befinden und bereits nati- orten, auf denen sie aktuell angetroffen werden. onal unter strengem Schutz stehen. Fünf deutsche Sie sind deshalb oft nicht an die standörtlichen und Buchenwaldschutzgebiete in den Bundesländern klimatischen Verhältnisse angepasst. Ein typisches Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern Beispiel sind die Fichten im Steigerwald. und Thüringen wurden 2011 als Weltnaturerbe von der UNESCO ausgewiesen (http://www.weltnatur- erbe-buchenwaelder.de).

Wandergruppen aus ganz Bayern besuchen den Steigerwald

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Zell

8 9 Oberschleichach

Neuschleichach Unterschleichach Hundels- hausen 6 7 Fatschenbrunn Neuhausen Fabrikschleichach 5 Prüßberg

Michelau Karbach

Obersteinbach Sudrach Waldschwind Wustviel Untersteinbach Geusfeld Theinheim

Handthal Neudorf Koppenwind

3 4 2 1 Ebrach

Der Naturwanderführer Unterwegs zum Nationalpark Steigerwald stellt 9 Wanderungen im Oberen und Nördlichen Steigerwald vor: r ausführliche, reich bebilderte Tourenbeschreibungen r vielfältige Informationen zu Gastronomie und Über- r detaillierte Wanderkarten nachtungsmöglichkeiten r eine Übersichtskarte r Informationsteil zum Lebensraum Buchenwälder und r kleine und große Besonderheiten am Wegesrand zum diskutierten Nationalpark Steigerwald

Schutzgebühr: 5,– € ISBN 978-3-9808986-9-0