PRO BAHN Hessen
Fahrgastzeitung Informationen von PRO BAHN für Hessen und Rhein-Neckar
Nr. 106 November – Dezember 2014
Bahnhofsumbau Gießen/Wetzlar S. 8 Bahnhofsumbau Babenhausen S. 18 Ausbau der Heidelberger Straßenbahn S. 21
Die Lahntalbahn - eine Nostalgiebahn? S. 17 Der neue Nahverkehrsplan des RMV S. 16 Neubaustrecke Frankfurt - Mannheim S. 25 Rheinland-Pfalz-Takt 2015 S. 30
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Titelbild: Herbstliche Stimmung auf der Lahntalbahn westlich von Wetzlar. Herbstlich trüb ist auch der Ausbauzustand dieser wichtigen Hauptbahn, die als eine der wenigen in Deutschland nicht elektrifiziert und deren Zustand an vielen Stellen stark erneuerungsbedürftig ist. Mehr dazu auf Seite 7. (Foto: Thomas Kraft) Rückseite oben: Wie nach einem Bombenangriff sah es in den vergangenen Wochen im Bahnhof Frankenberg aus. Doch keine Angst: Aus alt wird hier nur neu. Im Zuge der Reaktivierung der Strecke nach Korbach werden auch der Bahnhof und die Gleisanlagen in der ehemaligen nordhessischen Kreisstadt grundlegend erneuert. (Foto: Thomas Kraft) Rückseite unten: Abschied von der Schiene. Am 3. November 2014 fuhr der letzte S-Bahn- Triebwagen vom Typ 420 in Frankfurt. Seit 1976, noch im Vorlaufbetrieb der S-Bahn Rhein- Main, war diese Baureihe im Einsatz. (Foto: Michael Brusse)
Impressum Die „Fahrgastzeitung“ ist eine Informationszeitschrift des PRO BAHN Landesverbandes Hessen e. V. und der Regionalverbände Starkenburg e. V., Großraum Frankfurt am Main e. V., Nordhessen, Mittel- hessen, Osthessen und Rhein-Neckar. Sie erscheint im Jahr 2014 mit sechs Ausgaben im Jahr. Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit Genehmigung der Redaktion und Quellenangabe (PRO BAHN/Fahrgastzeitung für Hessen und Rhein- Neckar) erlaubt. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Sie können die Fahrgastzeitung (FGZ) auch erhalten, wenn Sie nicht Mitglied bei PRO BAHN sind. Das Jahresabonnement kostet 8,00 Euro und beinhaltet die Zusendung von derzeit sechs Ausgaben pro Jahr. Bitte bestellen Sie mit Angabe Ihrer Adresse beim Landesverband (Postfach 11 14 16, 60049 Frankfurt a. M.) unter Beifügung von 8,00 Euro in bar oder in Briefmarken. Die FGZ kann auch online unter [email protected] bestellt werden (bitte senden Sie gleichzeitig den Unkostenbeitrag an die Adresse des Landesverbands). Leserbriefe sind gerne gesehen, sollen sich jedoch auf Artikel in der FGZ beziehen. Die Redaktion druckt keine „offenen“ oder anonymen Briefe ab, ebensowenig Beschwerden, die an Verkehrsbetriebe gerichtet sind und der FGZ in Kopie zugehen. Änderungen der Bezugsadresse melden Vereinsmitglieder bitte an die Mitgliederverwaltung in München (siehe Seite 34). Wer die Zeitung als Jahresabonnement/Freiverteiler erhält, meldet Adressenänderungen bitte an Holger Kötting, Am Karlshof 12, 64287 Darmstadt, E-Mail: [email protected]. Redaktion: Wolfgang Brauer (wb), Holger Kalkhof (hka), Hermann Hoffmann (hh). Alle anderen Artikel sind namentlich gekennzeichnet. V. i. S. d. P.: wb, für die einzelnen Regional- verbände: hh, hka, wb. Endredaktion dieser Ausgabe: wb Druck und Versand: Holger Kötting Regionalredaktionen: Nordhessen: Hermann Hoffmann, Am Juliusstein 18, 34130 Kassel, Tel. (0 5 61) 6 71 79, E-Mail: [email protected] Mittelhessen und Osthessen: N.N. Großraum Frankfurt: N.N. Starkenburg: Holger Kalkhof, Carsonweg 40, 64289 Darmstadt, E-Mail: [email protected] Rhein-Neckar: Wolfgang Brauer, Brückenkopfstraße 6, 69120 Heidelberg, Tel. (0 62 21) 47 01 34, Fax (0 62 21) 41 10 34, E-Mail: [email protected]
Redaktionsschluss für diese Ausgabe: 1.11.2014 (Heft November – Dezember 2014) Fahrgastzeitung Nr. 106, November – Dezember 2014 3 Inhalt dieser Ausgabe
Nordhessen Kein gedrucktes Fahrplanbuch mehr beim NVV ..……..……………...... 4 Was tun gegen das Verkehrschaos am Bergpark Wilhelmshöhe? …….…… 5 Bildimpressionen von der Reaktivierungsstrecke Frankenberg – Korbach ... 6
Mittelhessen Modernisierung tut bei der Lahntalbahn not ……..……………………...... 7 Buseck: Bilanz nach dem Unglück am Bahnübergang ………...... …… 11
Großraum Frankfurt Umbau Bahnhof Höchst ……………...... 12
Hessen Neuer Nahverkehrsplan des RMV ………………...…………………….…. 16 Reaktivierung von Bahnstrecken in Hessen? ……………………...….……. 21
Starkenburg Verschiedene Varianten für die Neubaustrecke in der Diskussion ………... 25 Neues zum Fahrplanwechsel …………………………………………….…. 27
Rhein-Neckar RE-Linie von Heidelberg nach Stuttgart soll wegfallen ……...…...…..….... 29
Rheinland-Pfalz Zum Fahrplanwechsel: Der neue Rheinland-Pfalz-Takt 2015 ………...…… 30
PRO BAHN intern Enge Zusammenarbeit der PRO BAHN Landesverbände vereinbart …...... 32
Das Allerletzte Gold für Bus- und Bahnfahrer ……………………..…………………….... 33
PRO BAHN – Adressen und Spendenkonten ...... 34
PRO BAHN – Termine ...... 35
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Nordhessen Hat Papier ausgedient? Auch in Nordhessen vorschnelle Ab- schaffung des gedruckten Kursbuches
Der Nordhessische Verkehrsverbund (NVV) schafft sein gedrucktes Fahr- planbuch ab. Begründet wird dies mit „dem stark veränderten Verhalten der Kunden, die zunehmend auf Online-Me- dien setzen“, schreibt der NVV in einer Pressemitteilung. So habe die NVV-App pro Tag 170.000 Downloads, die Fahr- planauskunft im Internet verzeichne 500.000 Abfragen täglich. Die Aufla- Ein Auslaufmodell? genhöhe des Fahrplanbuches habe sich in den letzten fünf Jahren dagegen halbiert, Gedruckte Fahrpläne sind nach wie von 40.000 auf 20.000. Außerdem ließe vor wichtig zur Orientierung über das ge- sich ein Fahrplanbuch aus Papier nach samte ÖPNV-Angebot in Nordhessen dem Druck nicht mehr aktualisieren. Dies und als Ergänzung zu den digitalen Infor- sei aber bei einzelnen Linienfahrplänen mationen. Außerdem gibt es immer noch noch möglich, die der NVV in Zukunft viele Kunden, die über das Internet oder nur noch linienbezogen für alle 270 Li- Smartphone nicht zu erreichen sind, spe- nien im Verbungebiet im Taschenformat ziell ältere Fahrgäste. Besonders fragwür- herausgeben will. Als gedruckte Medien dig ist die Entscheidung des NVV gerade sollen in Zukunft außerdem noch die auch deshalb, weil der Verbund mit der Faltpläne „Nordhessen zum Ausklap- Karte 60plus besonders die ältere Bevöl- pen“, „KasselPlus zum Entfalten“ sowie kerung bewerbe. die PocketCard „Nordhessen zum Ein- Auch der Verweis auf die einzelnen stecken“, die einen Überblick über das Linienfahrpläne oder individuelle Aus- Bahn- und Busangebot im NVV bieten, drucke der Fahrplantabellen aus dem In- erscheinen. Diese und weitere Informa- ternet greift zu kurz, denn die Fahrgäste tionsmedien sind wie gewohnt in allen benötigen je Linie einen Faltplan. Alleine NVV-Kundenzentren und NVV-Info- für das Kasseler Stadtgebiet sind so über Points und zahlreichen Rathäusern 30 Pläne nötig. Mit den Regionalbahn- kostenlos erhältlich. strecken und den Buslinien ins Umland Für PRO BAHN sowie andere Ver- verdoppelt sich diese Zahl nochmals – kehrsverbände in Nordhessen ist die Ab- das ist nicht übersichtlich. schaffung des Fahrplanbuches dagegen Auch das Problem der fehlenden Ak- kein guter Zug des NVV. tualisierungsmöglichkeiten für gedruckte Fahrpläne während der Fahrplanperiode ist vernachlässigbar. Über die Kunden- Fahrgastzeitung Nr. 106, November – Dezember 2014 5 zentren könnten Fahrgäste im Einzelfall auch eine Lösung. Diese Kreisfahrpläne aktualisierte Ausdrucke erhalten, um ein- müssen aber auch als Paket erhältlich zelne Buchseiten auszutauschen. Grund- sein. sätzlich sollte es aber während einer PRO BAHN hält nicht nur die Ab- Fahrplanperiode so wenig Änderungen schaffung des Fahrplanbuches für eine wie möglich geben, da dies die Fahrgäste Fehlentscheidung. Auch die Art, wie nur verwirrt. Durch den Wegfall des diese Entscheidung still und heimlich an Fahrplanbuches besteht dagegen die Ge- den Kunden vorbei vorbereitet wurde, fahr, dass es häufiger Fahrplanänderun- kritisiert der Fahrgastverband. Weder gen im laufenden Fahrplanjahr gibt – das PRO BAHN noch der Fahrgastbeirat der ist nicht fahrgastfreundlich. Kasseler Verkehrsgesellschaft (KVG) Das heißt aber nicht, dass das riesige, oder andere Verkehrsverbände wurden unhandliche NVV-Fahrplanbuch in der vor der Entscheidung befragt. Der NVV bisherigen Form fortbestehen muss. Ein sollte auch deshalb seine Entscheidung anderes Format oder die Aufteilung in nochmals überdenken und auch in mehrere einzelne Fahrplanbücher, aufge- Zukunft gedruckte Gesamtangebotshefte teilt nach Landkreisen, wie im Rhein- anbieten. (hh/wb) Main-Verkehrsverbund (RMV), wäre
Nordhessen Nächstes Jahr wieder Chaos? Förderverein Neue Herkulesbahn zieht negative Verkehrsbilanz
Jedes Jahr das gleiche Chaos: Weil es an vernünftigen ÖPNV-Verbindungen fehlt, gibt es während der Wasserspiele im Weltkulturerbe Bergpark Kassel-Wilhelmshöhe regelmäßig ein Verkehrschaos durch zugeparkte Wege und Straßen, während Busnutzer im Stau steckenblei- ben. Dabei gibt es eine aus öffentlichen Mitteln geförderte Nachhaltigkeitsstudie der Uni Kassel zu einem neuen Verkehrskonzept, die aber bis- lang nicht veröffentlicht wurde. Nach den ersten bekannt gewordenen Infor- mationen setzt sich die Studie sehr kritisch mit dem von der Kasseler Stadtverordneten-Ver- sammlung 2010 verabschiedeten Verkehrskon- zept für den Bergpark auseinander, das immer noch gültig ist und das regelmäßige Verkehrs- chaos verhindern könnte. Das Gutachten schlägt offenbar eine Verlängerung der Straßen- bahnlinien 1 Vision von der Herkulesbahn
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Deshalb sei es unver- ständlich, dass die Studie der Uni Kassel noch nicht öffentlich diskutiert wor- den sei, so Wolfgang Kann: „Nachhaltig ist der Bergpark erst dann, wenn Verkehrschaos am Bergpark. (Foto: Michael Schwab) so wenig wie möglich mo- torisierter Verkehr wie und 3 vor, keine weiteren Parkplätze am nötig und so viel öffentlicher Verkehr Herkules oder Schloss und die Erarbei- wie möglich stattfindet“, meint Wolfgang tung eines Park & Ride-Konzepts. Kann. Davon sei man aber noch meilen- „Das seit vier Jahren andauernde und weit entfernt. Deshalb müsse die Ge- in den hiesigen Medien umfangreich do- heimniskrämerei um die Nachhaltigkeits- kumentierte Verkehrschaos im Bergpark studie zum Bergpark endlich ein Ende belegt, dass das Verkehrskonzept aus haben, so das Vorstandsmitglied des För- 2010 ganz offensichtlich auf falschen dervereins. Prognosen und fehlerhaften Vorfestle- Der Förderverein Neue Herkulesbahn gungen basiert, die zum Schutz des Welt- setzt sich seit Jahren dafür ein, dass kulturerbes dringend korrigiert werden wieder eine Straßenbahn hinauf zum Her- müssen“, so Wolfgang Kann vom För- kules fährt (so wie zwischen 1902 bis derverein Neue Herkulesbahn. Alles, was 1966), denn eine moderne Herkulesbahn bislang in Fachkreisen über die Studie könne einen Großteil der Verkehrspro- bekannt wurde, deutet darauf hin, dass bleme rund um die Welterbestätten lösen. eine „Neue Herkulesbahn“ die einzig (hh/wb) wirklich nachhaltige Strategie für die Bürgerparkerschließung sei. Die größte Bahnbaustelle Nordhessens Impressionen vom Ausbau der Haltepunkte und Bahnhöfe im Zuge der Reaktivierung der Bahnstrecke nach Korbach: links der Haltepunkt Herzhau- sen, unten der Bahnhof Fran- kenberg. (Fotos: Thomas Kraft)
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Lahntalbahn bei Runkel 1997. (Foto: DB) Mittelhessen Modernisierung tut not Lahntalbahn: Alltagsverkehrsmittel oder „Nostalgiebahn?
Seit 1863 führt die Lahntalbahn zwischen Gießen und Koblenz entlang des Rhein-Nebenflusses. Doch welche Bedeutung hat die Bahnstrecke heute noch, rund 150 Jahre nach ihrer Fertigstellung? Wird sie den Bedürfnissen der Region gerecht? PRO BAHN sieht hier, insbesondere im hessischen Streckenteil von Limburg bis Wetzlar, Nachholbedarf. Die Lahntalbahn
Eröffnung: 1858-1863; Streckenlänge: 104 km, davon 90 Kilometer zweigleisig und sechs Kilometer in Tunneln; Höchstgeschwindigkeit: 120 km/h.
Bahnstrecken stehen heute im harten werden, will man auf die Feinschot- Konkurrenzkampf zum Individualverkehr terfläche zwischen den zwei Gleisen, um auf der Straße. Seit 1995 wird die B49 im in Richtung Limburg in den Zug ein- Lahntal zwischen Limburg und Gießen steigen zu können. Für ältere und gehbe- ausgebaut, bis 2020 soll sie komplett fer- hinderte Menschen ist das hier kaum tig gestellt sein. Von Ausbauplänen der möglich, auch nicht an den Haltepunkten Lahntalbahn, die diesen Namen auch ver- Villmar, Arfurt, Löhnberg, Stockhausen/ dienen, liest man nichts! Lahn und Solms. Wie will man die ge- Ein Teil der Bahnhaltepunkte entlang wünschte Verkehrswende erreichen und der Lahntalbahn befindet sich in einem neue Fahrgäste gewinnen, wenn die Men- nostalgischen Ausbauzustand. So muss schen auch bei Wind und Regen im auf- an mehreren Haltepunkten, wie Gräven- geweichten Boden stehen müssen, um eck, noch eine Kette mit Hand geöffnet auf ihre Züge zu warten?
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Bahnhof Gräveneck (Fotos: Thomas Kraft)
Es gibt auch noch von Hand betätigte in Gießen, Wetzlar, Weilburg und Lim- Schranken für Straßenübergänge, wie in burg. Der Bahnhof Weilburg wurde im Fürfurt. In anderen Bundesländern wur- Zusammenhang mit der Ausrichtung des den solche historischen Bahnanlagen Hessentags im Jahr 2005 ausgebaut. Es schon längst modernisiert. Hessen jedoch wurde jedoch nur für die Mindestan- hinkt hier deutlich hinterher, insbeson- forderung ein Ausbau vorgenommen. dere auf der Lahntalbahn. Fahrzeuge länger abstellen, um sie z.B. in Weilburg starten zu lassen: dies geht Unzureichende Zusammenführung nicht mehr. Bei den Zwischenstationen in Die Lahntalbahn vereinigt sich in den kleineren Orten entlang der Lahn- Wetzlar mit der Dillstrecke aus Siegen talbahn gibt es keinen einzigen Bahn- und führt weiter nach Gießen. Östlich des steig, welcher die Höhe von 55 cm über Bahnhofs Wetzlar müssen sich nach der Schienenoberkante aufweist. Dabei einem Rückbau zwei Gleise vor der gilt das Maß 55 cm für alle neuen Typen Lahnbrücke vereinigen. Die Lahntalbahn von Nahverkehrstriebwagen, welche auf mit den Gleisen 3 und 4 führt auf ein Strecken wie der Lahntalbahn zum Ein- Gleis vor der Einfädelung in die Durch- satz kommen. Eigentlich müsste dies Zei- gangsgleise der Dillstrecke (Gleise 5 und chen genug dafür sein, dass man diese 7) zusammen. Hier kommt es stets zu Höhe vorsieht, wenn man Bahnsteige Verspätungen, weil der Begegnungsver- ausbaut. Falsch gedacht, der Rhein-Main- kehr im Fahrplan nicht klappt. Es muss Verkehrsverbund hat kein Interesse somit ein Ausbau mit der Zusammenfüh- daran, diese Ausbauvariante generell rung von jeweils zwei Gleisen erfolgen. vorzusehen. In anderen Bundesländern ist Ärgerlich ist, dass dies nicht mit dem dies meistens Standard, in Hessen nicht. Ausbau des Bahnhofs Wetzlar 2011-2013 Die Haltepunkte Fürfurt, Aumenau und erfolgte. Leun/Braunfels erhielten zwar neue Bahnsteigoberflächen und eine zeitge- Fast kein stufenloser Einstieg möglich mäße Standardpflasterung, nur angeho- Ein weiteres Problem ist der stufen- ben wurde nicht. Für den Fahrgastver- lose Einstieg. Diesen gibt es bislang nur band PRO BAHN ist das nicht nur
Fahrgastzeitung Nr. 106, November – Dezember 2014 9 hinausgeworfenes Geld, sondern in Zei- In Arfurt macht es Sinn, den bestehenden ten der Inklusion und der Vorgaben, dass Haltepunkt aufzugeben und neue Seiten- bis 2022 alle Haltestellen barrierefrei bahnsteige am Bahnübergang Langgasse ausgebaut sein sollen, nicht hinnehmbar. zu errichten. In Aumenau muss ein auf- Ein Beispiel hierfür ist der Bahnhalt in geständerter Seitenbahnsteig den „schma- Aumenau: Der Bahnsteig in Richtung len Mittelpfad“ ersetzen. Außerdem fehlt Gießen wurde erneuert, der Mittelbahn- hier eine ausreichende Zahl von Park- steig in Richtung Limburg ist aber wei- plätzen. terhin die „schmalkantige Leiste“ mit al- Neue Haltepunkte nötig ter Höhe, fast auf Schotterniveau. Hier, wie an vielen anderen Stellen, bedarf es Es braucht aber auch zusätzliche Halte des Baus von Mittelbahnsteigen mit der entlang der Lahntalbahn – dies haben geforderten Höhe von 55 cm. Es sind Abschlussarbeiten angehender Verkehrs- überall Bahnübergänge vorhanden, so- bauingenieure nachgewiesen. Diese wür- dass die Fahrgäste gefahrlos die Mittel- den ein zusätzliches Potential an Fahr- bahnsteige erreichen können. gästen bringen. Biskirchen, Stadtteil von Leun, Kurort und Tor zum Ulmtal könnte mit dem benachbarten Ausbau der Β49 eine Station erhalten. Ein neuer Halte- punkt Wetzlar-West/Steindorf würde für Fahrgäste die zusätzliche Fahrt mit dem Stadtbus ersparen, wenn man zum Bei- spiel nach Gießen will. Südlich von Lahnau, einer Gemeinde mit urbaner Struktur, würde sich ein Haltepunkt Lahnau in Nachbarschaft der L 3020 an- bieten. Hier sind Fußwegverbindungen vorhanden, eine unmittelbare Nachbar- schaft mit dem Fernstraßenknoten Wetz- lar-Ost (A 45/B 49) bringt sicherlich Be- darf für einen größeren P&R-Parkplatz.
55 cm Höhe: Bahnsteig in Aumenau Verknüpfung mit der ICE-Strecke fehlt
Schlechte Lage vieler Haltepunkte Das größte Manko der Lahntalbahn ist der fehlende Anschluss an die ICE- Wo liegen die Bahnhaltepunkte? Das Strecke Köln-Frankfurt/Main. Hier ist Lahntal bietet in Einzelfällen keine opti- eine Riesenchance für die Region ver- male Lage zwischen den Stationen und passt worden, im Bereich Eschhofen ei- den Siedlungen. Im Fall von Gräveneck nen Turmbahnhof zu errichten, um den ist keine Optimierung in der Lage mög- direkten Umstieg zwischen Lahntalbahn lich, jedoch eine Fußgängerbrücke über und Schnellfahrstrecke zu ermöglichen. die Lahn zum Ort Falkenbach würde für diesen Ort eine Optimierung darstellen.
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Der Regionalplan Mittel- hessen hatte in den 1980er und 1990er Jahren eine di- rekte Anbindung vorge- schrieben, woran sich bei der Ausführung aber einfach nicht gehalten wurde. Wie ist nun die aktuelle Situa- tion? Eine völlig unzurei- chende ICE-Shuttle-Linie, Fehlkonstruktion: ICE-Bahnhof Limburg Süd (Foto: DB) welche in Wahrheit keine ist. Es sind nur Einzelfahrten an Werkta- Gebiet auf dem Schienenweg verbunden. gen, die noch nicht mal in den Stadt- Die heutigen Umwege über Limburg verkehr integriert sind. Hier werden die bzw. Gießen würden wegfallen und für Stadt Limburg und die für den Landkreis den Abschnitt der Taunusbahn nördlich tätige Verkehrsgesellschaft Lahn-Dill- von Usingen würde dies außerdem Fahr- Weil ihrem Auftrag nicht gerecht. In die gaststeigerungen bringen und so man- Fahrplantakte der Lahntalbahn aber auch chen Autofahrer, der auf der B 456 an der der Taunusstrecke muss ein täglicher Saalburg im Stau steht, zum Umsteigen Verkehr mit einem 30-Minuten-Takt im bewegen. Querschnitt eingerichtet werden, um an- Neigetechnik wird abgeschaltet satzweise eine durchgängige Reisekette zu ermöglichen. Diese Buslinie kann In den 1990er Jahren war die Lahntal- vom Stadtzentrum Limburg über den bahn Vorreiter bei der Neigetechnik. Die Fernbahnhof Limburg-Süd dann noch Strecke wurde hierfür optimiert und aus- den Bahnhof Eschhofen ansteuern und gebaut. Seither fahren die Züge der Bau- dort enden. reihe 612 alle zwei Stunden zwischen Gießen und Koblenz als RegionalEx- Fehlende Anbindung nach Frankfurt press. Sie werden jetzt durch die Bau- Die Taunusbahn endet in Grävenwies- reihe 643 von Bombardier ersetzt. Dies bach bzw. Brandoberndorf. Früher ging bedeutet eine Fahrzeitverlängerung von es hier weiter nach Weilburg als Weiltal- elf Minuten zwischen Koblenz und Gie- bahn und nach Albshausen/Wetzlar als ßen. Die Querachse zwischen den wich- Solmsbachtalbahn. Beide Strecken sind tigen Nord-Süd-Strecken Main-Weser- weg. Im Rahmen des Regionalen Nah- Bahn und Rheintalbahn wird so noch un- verkehrsplanes des RMW wurde zwar attraktiver. Da fragt natürlich der PRO diskutiert, die Weiltalbahn wieder aufzu- BAHN Regionalverband Mittelhessen, bauen, doch konkrete Pläne gibt es bis- warum man die Neigetechnik nicht auch lang nicht. Auch wenn aufgrund der po- in Zukunft nutzt. Andernorts geht man litische Lage und der Finanzen eine Re- einen anderen Weg. aktivierung in absehbarer Zeit nicht Zu loben ist an dieser Stelle das Land wahrscheinlich ist, wäre sie sinnvoll, Rheinland-Pfalz. Ab dem Fahrplanwech- denn so würde die Region Oberlahn/ sel im Dezember wird hier der Regio- Weilburg direkt mit dem Rhein-Main- nalbahnverkehr neu geordnet. Durch den
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Bau des neuen elektronischen „Stell- werden wegen des Lahntal-Tourismus werks Untere Lahn“ werden Angebots- mit Fahrrädern und Kanus auf und ent- ausweitungen zwischen Bad Ems und lang des Flusses. Wegen mangelnder Ka- Koblenz sowie im Knoten Diez mit der pazitäten bleiben immer wieder Fahr- Reaktivierung der Aartalbahn bis Zoll- gäste an den Stationen stehen. Hier ist haus möglich. aber auch die Industrie gefordert, andere Mehrzweckwagen zu entwickeln, die an Fahrzeugtypen wie den LINT (Leichter innovativer Nahverkehrstriebwagen) ge- koppelt werden können. Und warum gibt es heute keine durch- gehenden Verbindungen nach Trier, Luxemburg oder Kassel, wie es sie früher einmal gab, als auch D-Züge auf der Lahntalbahn fuhren? Dadurch könnten beispielsweise stark verspätungsanfällige Bahnknoten wie Köln oder Frankfurt/ Einst stiegen hier Kaiser und Zaren aus: Main umfahren werden. Und nicht nur Bahnhof Bad Ems. (Foto: wb) das. Warum sollen die Bahnhöfe Wetzlar und Weilburg so bleiben wie sie sind? Die Neuordnung in Hessen 2011 für Einfache Zusatzbahnsteige in Weilburg die Lahntalbahn in Kombination mit der oder auch in Wetzlar würden Zusatz- Vogelsbergbahn hat keine Angebotsaus- fahrten auf kürzeren Streckenabschnitten weitung erfahren. Wichtig sind weitrei- auf der Lahntalbahn ermöglichen. chende Verbesserungen in der Fahrzeug- (Thomas Kraft) bereitstellung. Die Wagenzahl muss in der Sommerzeit je Fahrt deutlich erhöht
Mittelhessen In Buseck nichts Neues Eine Bilanz über ein Jahr nach dem Unglück am Bahnübergang
Anfang Juli 2013 im mittelhessischen zum Glück nicht zu Schaden – dieses Buseck. Ein Lkw kann einen Bahnüber- Mal nicht. Alle haben nach dem Unfall gang in einem größeren Industrie- und aufgehorcht: Politiker, Vertreter von Ver- Gewerbegebiet im Osten der Gemeinde waltung, Fachverbänden, Nahverkehrs- nicht mehr rechtzeitig räumen, denn das trägern und Verkehrsunternehmen waren Fahrzeug steht in einer Warteschlange. vor Ort. Doch was hat sich seitdem Ein Triebwagen des Modells „LINT“ getan? PRO BAHN Mittelhessen fragte kollidiert mit dem Lkw, es entsteht be- den Bürgermeister der Gemeinde Buseck, trächtlicher Schaden. Menschen kommen Erhard Reinl, nach dem Stand:
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„Aufgrund des Bahnun- falls wurde durch die Bundespolizei in Zu- sammenarbeit mit der Gemeinde Buseck eine Präventionsveranstal- tung ‚Gefahrenschau am Bahnübergang Gro- ßen-Buseck’ durchge- Der gefährliche Bahnübergang in Buseck. (Foto: Thomas Kraft) führt. Bei dieser Veranstaltung wurden geraten schnell wieder in Vergessenheit. durch die einzelnen Fachbehörden Vor- Hier ist der Gesetzgeber gefordert, die schläge zur Verbesserung der Situation rechtlichen und finanziellen Rahmenbe- am Bahnübergang erarbeitet. Die Vor- dingungen so auszugestalten, dass die nö- schläge, die eine zeitnahe Verbesserung tigen baulichen Änderungen an gefahr- der Situation ermöglichten, wurden durch vollen Bahnübergängen viel schneller als die Gemeinde umgehend alle umgesetzt. bisher (und das sind oft acht, zehn oder Für die mittel- und langfristigen Ziele gar mehr Jahre) erfolgen können. Hier wurde eine Machbarkeitsstudie erstellt. am Bahnübergang in Buseck hätten 2013 Die Ergebnisse hierzu befinden sich je- sofort Vollschranken installiert werden doch noch nicht in der Umsetzung oder müssen, bevor man eine Entlastungs- sind aus heutiger Sicht nicht ohne wei- straße für den gefährlichen Bahnüber- teres umsetzbar.“ gang plant. Der PRO BAHN Regional- Wir vom Fahrgastverband PRO verband Mittelhessen wird die Sache BAHN sehen die Sachlage kritischer als weiter besonders im Auge behalten und die wenig aussagende Auskunft des Bür- die erforderlichen Umsetzungen in regel- germeisters. Nach glimpflich ausgegan- mäßigen Abständen einfordern. genen Unfällen an Bahnübergängen gibt (Thomas Kraft) es oftmals ein Aufatmen, die Probleme
Großraum Frankfurt am Main Umbau Bahnhof Höchst Drei Anregungen von PRO BAHN werden umgesetzt
Bei der Modernisierung der Bahnsteiganlagen im Bahnhof Frankfurt am Main Höchst werden erfreulicherweise drei Anregungen des Regionalverbandes Frankfurt am Main, die teilweise bis ins Jahr 2008 zurückreichen, umgesetzt. Im Sep- tember gab es dazu neue Gespräche.
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Beteiligt waren neben Bahnhofsmanager Straßenbahnstrom auf einfache und Heiko Scholz Vertreter des RMV, der kostensparende Weise realisieren. Planungsgesellschaft der Regionaltan- Leider nicht erfüllt dagegen wurde die gente-West (RTW), der Bürgerinitiative vielleicht bedeutsamste dritte Forderung, und von PRO BAHN. Besprochen wurde nämlich die der Entflechtung der Ver- die Führung der RTW über den Bahn- kehre von S-Bahn und Regionalexpress- steig 6 und nicht, wie ursprünglich vorge- zügen der Linie 20 (sowie bestimmter sehen, über Bahnsteig 4, die betriebs- Güterzüge mit Überbreite) und damit ein- technisch überhaupt nicht umsetzbar ist. hergehend die Möglichkeit der Anhebung der Bahnsteigkante der Gleise 1 bis 3 auf die tatsächlich barrierefreie Standardhöhe von 96 cm über Schienenoberkante. La- pidares Gegenargument der Bahn: be- triebliche Gründe lassen dies nicht zu. An die Realisierung seines fünften Vorschlags hat PRO BAHN von Anfang an selbst nicht geglaubt und diesen Plan vorläufig zurückgezogen, nicht etwa, weil die Idee zu überspannt gewesen wäre, sondern weil ihre Umsetzung min- destens 20 Millionen Euro verschlungen Bahnsteig 1 in Höchst: Für Rollstuhl- hätte. Die Rede ist von der Verlängerung fahrer wird das Passieren der Engstelle der Straßenbahnlinie 11 bis in den schwierig. (Fotos: Wilfried Staub) Bahnhof Höchst hinein, wodurch diese Station zu einem echten „Westkreuz“ mit Des Weiteren werden die Aufzüge bis im Schnitt mehr als einem Zug pro Minu- auf eine Ausnahme (Bahnsteig 6) auf der te aufgewertet worden wäre. Andere Ver- Westseite der Unterführung errichtet, wo- kehrsprojekte in Frankfurt haben derzeit durch erreicht wird, dass sich der Abfluss zugegebenermaßen Vorgang. Mit der an- der bis zu 300 Fahrgäste pro ankommen- gelaufenen Umgestaltung der Gleisan- dem Zug wesentlich flüssiger gestaltet. lagen verbaut man sich jedoch jegliche Der dritte Vorschlag betrifft die einglei- Option für die nächsten 25 Jahre. Schade sige Führung der RTW von Sossenheim für Höchst und jammerschade um einen kommend in den Bahnhof Höchst ab dem zukunftsorientierten ÖPNV im Westen Einfahrtsignal bis zur Kante des Bahn- Frankfurts. steigs 6. Neben ästhetischen Aspekten durch Wegfall von zwei Brückenbau- Bei der Jahreshauptverammlung des PRO werken, in erster Linie aber das Ziel der BAHN Regionalverbandes Großraum Konfliktvermeidung zwischen den ein- Frankfurt am 6. Oktober 2014 wurde der fahrenden HLB-Zügen vom Hauptbahn- Vorstand neu gewählt: 1. Vorsitzender hof mit den ausfahrenden Zügen der Thomas Schwemmer, Stellvertreter Will- RTW Richtung Sossenheim verfolgend. fried Staub und Michael Alfter. Neuer Zudem lässt sich dann auf diesem Ab- Kassenwart: Helmut Lind, Kassenprüfer schnitt die Trennstelle von Bahn– auf Konrad Nieft und Jochen Ridder.
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Die bei jeder sich bietenden Gelegen- hätten“, also einer Summe, die der ge- heit nach außen hin vorgetragenen, aber samte jetzige Umbau von sechs Bahn- nicht näher bezeichneten „betrieblichen steigen und fünf Aufzügen in etwa kosten Gründe“ und die Argumente, warum der soll. Zu der Höhe der Kosten seien vor- jetzige Umbau der Bahnsteige 5 und 6 sichtige Bedenken angemeldet, denn die nicht einem späteren Bau der RTW ent- bescheiden ausfallende Gleisverknüpfung gegensteht, sollte der BI durch die poli- würde damit dreimal höher ausfallen, als tisch Verantwortlichen im Ortsbeirat 6 ein Bahnexperte dem Fahrgastverband und PRO BAHN ausführlich dargelegt seinerzeit vorgerechnet hat, zumal keine werden. Eingriffe in die bestehenden Signalanla- Eine vertane Chance gen notwendig gewesen wären (s. Skiz- ze). Noch mehr verwundert die katego- Hans-Joachim Hammer vom DB rische Ablehnung, wenn man bedenkt, Fahrplanmanagement nutzte zu Beginn welche zum Ausbau der Infrastruktur die der Gesprächsrunde die Gelegenheit, die Bahn bewilligten Bundesmittel jährlich Gleissituation im Bahnhof Höchst und verfallen, weil nicht alle deutschlandweit die sich daraus und aus der hohen Fre- vorgesehenen Baumaßnahmen umgesetzt quentierung der Rebstock-Strecke erge- werden können. benden betrieblichen Zwänge darzustel- Wie sich groteskerweise jetzt im len. Dabei kam auch der dritte Vorschlag Nachhinein dazu noch herausstellt, wären von PRO BAHN zur Sprache, den Ver- sogar nur zwei Weichen erforderlich ge- kehr auf die Art zu entflechten, dass zwi- wesen, weil die beiden anderen zusätz- schen dem Haltepunkt Farbwerke Höchst lichen Weichen für den Bau der Regio- und dem Bahnhof Höchst vier zusätzliche naltangente West - nach Darstellung von Weichen eingebaut werden, und zwar in Rolf Valussi von der Planungsgesell- spiegelbildlicher Form, wie sie bereits in schaft der RTW - sowieso ab dem Jahr den siebziger Jahren zur Vorbereitung 2019 benötigt werden. Für die Entflech- des S-Bahn Verkehrs auf der westlichen tung von S-Bahn- und Regionalbahn- Seite des Haltepunkt verlegt wurden. Verkehr wären also in der abgespeckten Dieser Vorschlag wurde angeblich be- Form nicht einmal - und in diesem Punkt reits in einem sehr frühen Stadium durch bleibt der Fahrgastverband bei seiner die Planer fallen gelassen, weil die Kostendarstellung - drei Millionen Euro Kosten hierfür den Betrag (Zitat:) „jen- erforderlich gewesen. Was diese Sache seits von 12 Millionen Euro verschlungen betrifft, so überlässt PRO BAHN die ab-
Fahrgastzeitung Nr. 106, November – Dezember 2014 15 schließende Bewertung dieser Angele- Die RTW kann eine maximale Stei- genheit jetzt den für die Planung und die gung von 1:16 überwinden, d.h., auf 16 Bewilligung von Geldern Verantwortli- m Länge darf die Steigung nicht mehr als chen. Völlig unverständlich bleibt, wa- einen Meter betragen. Damit die RTW rum der RMV von Anfang an sein Ge- die auf den Bahnsteig 5 verschwenkte wicht im Interesse der Fahrgäste nicht Königsteiner Bahn unterqueren kann, mit mehr Nachdruck in die Waagschale muss die mindestens 100 Meter lange geworfen hat. Schließlich soll diese Bau- Abfahrt in den Tunnel in etwa an der maßnahme 50 und mehr Jahre Bestand Stelle beginnen, an welcher der Fuß- haben. gängeraufgang auf dem Bahnsteig oben Als Fahrgastvertreter haben wir auf ankommt. Der gesamte westliche Bereich jeden Fall in einer sehr frühen Phase der ab hier muss den Stützmauern für die Planungen auf eine für die täglich über Rampe weichen und der Rest des Bahn- 20.000 Ein- und Aussteiger komfor- steigs muss Richtung Osten auf 100 Me- tablere Variante einer hundertpro- zentigen Barrierefreiheit hingewie sen.
Eine Story für das Weißbuch des Bundes der Steuerzahler?
Was die Modernisierung der Bahnsteige 5 und 6 betrifft, so bleibt PRO BAHN auch nach der Gesprächsrunde bei seiner Auffassung, dass hierbei mit Steuergeldern in nicht ange- messener Weise umgegangen wird. Bekanntlich werden die Bahnsteig 6: Spätestens ab der eingezeichneten Quer- beiden nördlichen Bahnsteige linie muss der Abstieg der RTW beginnen, damit sie zunächst einmal entsprechend etwa in Höhe des Ausfahrtsignals 6 Meter tiefer in den den Anforderungen des derzei- Tunnel abtauchen kann. tigen Betriebs umgebaut. Das, was dabei im Jahre 2016 errichtet wird, ter nutzbare Länge erweitert und von 76 muss mit Baubeginn der RTW zu einem auf 96 cm Höhe angehoben werden. Alle beträchtlichen Teil nach dem Jahre 2019 bisher befragten politischen Entschei- wieder zurückgebaut werden. dungsträger waren sich übereinstimmend darin einig, dass man die – in deren Au- Das automatische Rechtschreibprogramm gen geringfügigen Korrekturen – im In- hat leider in FGZ 105 „zugeschlagen“ und teresse des Gesamtkonzeptes des Bahn- den Namen des neuen Pressesprechers des hof Umbaus in Kauf nehmen muss und RMV, Sven Hirschler, korrumpiert. Wir bit- einkalkulieren müsse, dass Fördergelder ten dieses Versehen zu entschuldigen. Sven in vernachlässigbarer Höhe halt zurück- Hirschler löst Peter Vollmer ab, der in eine andere RMV-Abteilung wechselte. (red) zuzahlen seien. (Wilfried Staub)
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Vorstellung des neuen Regionalen Nahverkehrsplanes: v.l. Ulrich Krebs, Peter Feld- mann, Tarek Al-Wazir, Prof. Knut Ringart, Sven Hirschler. (Foto: RMV)
Hessen Blick in die Zukunft Neuer Regionaler Nahverkehrsplan des RMV vorgestellt
Zehn Jahre nach der Veröffentlichung des letzten Regionalen Nahverkehrsplan (RNVP) präsentierte der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) Ende September in Wies- baden gemeinsam mit ´Hessens Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir und dem Vorsitzenden des RMV-Aufsichtsrates, dem Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann, einen neuen Regionalen Nahverkehrsplan. Fünf Jahre wurde an dem neuen langfristigen Gesantkonzept für den öffentlichen Personennahverkehr für Süd- und Mittelhessen sowie die Rhein-Main-Region gearbeitet. FGZ-Autor Wilfried Staub war bei der Präsentation des Berichtes in Wiesbaden dabei und ordnet die Ergebnisse des Regionalen Nahverkehrsplanes ein. Dazu die wichtigsten Details aus dem Plan:
So schlecht wie sein Image in der Öf- bahnen und das letzte Drittel verteilt sich fentlichkeit oft dargestellt wird, kann der auf U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse. RMV nach seiner eigenen Darstellung nicht sein, denn die stolze Zahl von 2,5 Millionen Fahrgästen nutzen die Ver- bund-Busse und -Bahnen an Wochen- tagen täglich. Es sei dabei einmal dahin- Der RMV ist, wie alle Referenten gestellt, ob sie dies aus freien Stücken selbstredend feststellten, ein Erfolgsmo- und freudig oder aus den unterschied- dell und sein außerordentlich hoher lichsten Zwängen heraus tun. Ein Drittel Deckungsgrad und – als herausragendes der Fahrgäste befördert alleine das Pro- Kriterium – die Steigerung der Fahrgast- dukt S-Bahn, ein weiteres Drittel nutzen zahlen auf der Schiene in den zurücklie- die Regional-Expresszüge und Regional- genden Jahren in und im unmittelbaren
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Umfeld von Frankfurt belegen dies auf Anforderungen für die Zukunft betrifft, anschauliche Weise. Die Prognosen bei unter einem beträchtlichen Investitions- diesem nachfragestärksten Segment wer- stau. Eine ganze Reihe von Zubringer- den den RMV in der nahen Zukunft vor linien nach Frankfurt haben ihre Kapazi- ernsthafte Kapazitätsprobleme stellen, so tätsgrenzen längst überschritten. die übereinstimmende Feststellung aller Redner.
Großes Stadt-Land-Gefälle
Im Kernraum des RMV ist davon aus- zugehen, dass die Zahl der Personenfahr- ten im öffentlichen Verkehr um acht Pro- zent wächst. Dieses Wachstum kann nur durch einen Ausbau der Infrastruktur auf- Demnächst viergleisig: der Haltepunkt Frankfurt-Berkersheim. (Foto: MdE) gefangen werden, insbesondere bei der S- Bahn. Auf den wichtigen Schienenach- Der RNVP des RMV listet in mah- sen, die den Kernraum mit den Regionen nender Weise eine ganze Reihe von Pro- verbinden, ist sogar mit einer überpropor- jekten auf, die nunmehr vordringlich in tionalen Nachfragesteigerung von plus die Tat umgesetzt werden müssen. Tarek zwölf Prozent zu rechnen. In den Regio- Al-Wazir nannte unter anderem den Aus- nen dagegen wird die Nachfrage voraus- bau der Kinzigtal- und der Main-Weser- sichtlich um bis zu acht Prozent zurück- Bahn (Baubeginn 2015), verteidigte ve- gehen. Hier soll das Angebot, vor allem im Busverkehr, ausgedünnt und gestri- S-Bahn-Ausbau chen werden. Bessere Anbindung des Frankfurter Glücklicherweise hatte man sich sei- Ostens, Maintals und von Hanau durch nerzeit frühzeitig von den Plänen für die neue nordmainische S-Bahn (S5) „Frankfurt 21“ verabschiedet. Das Pro- Der nördliche Ast der S5 soll über jekt sah, analog zu „Stuttgart 21“, die Friedrichsdorf hinaus bis Usingen verlän- „Tieferlegung“ des Frankfurter Haupt- gert werden. bahnhofes und die Umwandlung der Mit dem Ausbau der S6 zwischen Station in einen Durchgansbahnhof vor. Frankfurt West und Friedberg (Ausbau Mit dem Ersatz-Projekt Frankfurt Rhein- S6, 2. Stufe) ist es möglich, die Linie S6 Mainplus waren die Planer und PRO in der Hauptverkehrszeit im 15-Minuten- BAHN sich übereinstimmend sicher, die Takt bis Friedberg zu fahren. Gleichzei- gleiche Effektivität auf wesentlich preis- tig soll die S6 über Frankfurt Süd hinaus wertere Weise erreichen zu können. Lei- bis Langen bzw. Darmstadt verlängert der sind aber nach fast 15 Jahren noch werden. Nord-Süd-Durchmesserlinie von längst nicht alle 2001 beschlossenen und Friedberg nach Langen beziehungsweise 2008 modifizierten Ersatzmaßnahmen in von Groß-Karben nach Darmstadt. Dafür die Tat umgesetzt. Das zentrale deutsche enden die Linien S3 und S4 dann in Drehkreuz Frankfurt leidet, was seine Frankfurt Süd.
18 Fahrgastzeitung Nr. 106, November – Dezember 2014 hement das Projekt der 240 Millionen Als eines der wichtigsten Projekte für teuren Anbindung der Station Gateway die Zukunft bezeichnete Professor Knut Gardens an die Schiene (Inbetriebnahme Ringat die Reform des Tarifsystems, das 2019) und machte sich stark für die in seiner Struktur auf das Gründungsjahr Verlängerung der S5 nach Usingen, den 1995 des RMV zurückgeht und der da- Bau der nordmainische S-Bahn und der maligen Rechnerkapazität Rechnung tra- Regionaltangente West, wobei er aller- gen musste. Die kontraproduktiven Preis- dings ganz kategorisch Zuschüsse des sprünge im Kreisgrenzen überschreiten- Landes bei der Errichtung der Infrastruk- den Verkehr soll es in Zukunft nicht tur und für den laufenden Betrieb dieser mehr geben. dringend notwendigen Entlastungs- Das bedeutet im Gegenzug aber auch, strecke, die er als „halbe Ringbahn“ be- dass sich bestimmte – bisher preiswerte zeichnete, ausschloss. Relationen – dramatisch verteuern müs- sen. Die gesamte Einnahmesituation des RMV darf sich durch die Reform nicht merklich verschlechtern und der Deckungsgrad, also die Einnahmen aus dem direkten und indirekten Fahrkarten- verkauf, muss, so die Vorgabe der Poli- tik, unverändert bei knapp 60 Prozent der Betriebskosten liegen. < geplante Station Gateway Gardens
Hessen-Express
Im Zuge des demografischen Wandels wird mit einer zunehmenden Konzentration der Arbeitsplätze und Wohnstätten in den großen Zentren gerechnet. Eine Folge davon ist die Zunahme der Verkehrsnachfrage auf den Verbindungsachsen zwischen diesen Städten. Dies macht eine Stärkung der schnellen Verkehre über längere Distanzen zur Verbindung der wichtigsten Zentren notwendig. Folgende Linien, Hessen-Express genannt, sieht der Nahverkehrsplan vor: