ZOBODAT - www.zobodat.at

Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Entomologische Nachrichten und Berichte

Jahr/Year: 1988

Band/Volume: 32

Autor(en)/Author(s): Pimpl Friedemann

Artikel/Article: Beiträge zur Kenntnis der (Pyraustidae). Die Entwicklungsbiologie von (La Harpe , 1855). 249-252 © Entomologische Nachrichten und Berichte;Entomologische download unter Nachrichtenwww.biologiezentrum.at und Berichte, 32, 1988/G 249

F. PIMPL, Zwönitz

Beiträge zur Kenntnis der Scopariinae (Pyraustidae). Die Entwicklungsbiologie von Scoparia ancipitella (LA IIARPE, 1855)

Summary This paper deals with the developmental biology of Scoparia ancipitella (LA HARPE, 1855), describes the still unknown developmental stages and the present distribution of this species in Europe. P e 3 io m e OraTbfl 3aHMMaeTCÄ ÔMOJiorweü pa3BMTMK o t Scoparia ancipitella, onwcHBaeTcn ao cmx nop He H3BecTHbie cTaflMM pa3BMTMH m aaer HacTOHmoe pacnpocTpaHeHMe Bwaa b Eßpone.

Vorbemerkungen Juli an den Fundstellen nicht selten/ P IM P L 1985) Die Unterfamilie Scopariinae ist von HANNE­ DR: Bertelsdorf (1 9 Ende Juli/BECK 1986 M ANN (1964) e in er n eu eren B earb eitu n g u n te r­ — neu für die Fauna des Bezirkes) zogen w orden. Von R IN N H O FER (1980) w u rd e SU : Themar (1 Ex./SUTTER), Kloster Veßra erstmalig die DDR-Fauna dieser Kleinschmet­ (19.7. 1985, 1 $ / SUTTER) terlingsgruppe erarbeitet. Für die DDR-Fauna konnten bisher 14 Arten festgestellt werden. Nach den vorliegenden Funddaten kommt die Die Scopariinen stellen innerhalb der Familie Art hauptsächlich im Mittelgebirgsraum im Be­ der Pyraustidae eine gut abgegrenzte und in reich von 350—800 m ü. NN vor. Der Falter fliegt sich geschlossene Gruppe dar. Hinsichtlich der äußerst lokal entlang von Bächen in kühlen und Determination bereiten alle Arten durch ihr feuchten Waldschluchten, frühestens ab Mitte relativ uniformes Erscheinungsbild Schwierig­ Juli. Die Flugzeit erstreckt sich bis Mitte keiten, so daß fast in jedem Fall die Genitalien August. Die Flugaktivität beschränkt sich auf zur Untersuchung herangezogen werden müs­ das unmittelbare Habitat entlang eines Baches. sen. Die Entwicklungsbiologie der einzelnen Die Falter sitzen tagsüber an Baumstämmen. Arten ist weitgehend unerforscht. Nach Bei Annäherung laufen sie auf der Rinde davon HANNEMANN (1964) ernähren sich die Larven oder fliegen rasch auf, um sich dann sofort wie­ ausschließlich von Flechten und Moosen. Dies der an einem anderen Stamm niederzulassen. bezieht sich insbesondere auf die Gattung Stärker bedrängt, fliegen sie in die Bodenvege­ . Für die Gattung Scoparia hingegen tation und schlüpfen dort bis zur Streuschicht. fehlen jegliche Angaben zur Biologie. In der Dämmerung beginnt der Falter zu flie­ gen, kommt aber nur selten ans Licht. Die Scoparia ancipitella (LA H ARPE, 1855) ; (= con- Paarung erfolgt nachts und wird gegen Morgen spicualis HOD GK IN SON , 1881, =■ u lm ella beendet. Die Flügelspannweite beträgt acht bis KNAGGS, 1867) ist in E uropa aus D änem ark, zehn Millimeter. Die Männchen sind oft etwas Schweden, Finnland, Norwegen, der DDR und kleiner als die Weibchen (s. 1. Umschlagseite). der BRD bekannt geworden. In der UdSSR Die A rt ist von Scoparia am bigualis (TREITSCH- wurde die Art in der Litauischen und der Letti­ KE, 1829) n u r g e n ita lite r sicher zu tren n en , w o­ schen SSR gefunden (PA LM 1986). A us der bei in den männlichen Genitalien der Vergleich DDR wurden bisher folgende Fundorte be­ der Valven und des Cucullus keine sicheren Er­ k a n n t : gebnisse liefert. Für die Determination gut er­ H A: A rte rn (29. 7.1898 1 Ç /R A P P 1936) kennbare und verwertbare Merkmale liefern ERF: Brandesbachtal (6.8.1985 1 $ /SUT­ bei den männlichen Genitalien die Zahl und TER) Struktur der Cornuti im Aedoeagus, bei den GE: Bad Blankenburg (vereinzelt/STEUER weiblichen Genitalien der Ductus bursae, wel­ 1966), Umg. von Gera (E Juli 1970/RIT­ cher unterhalb der Abzweigung des Ductus TER, 2 Ex.) seminalis deutlich bedornt ist (s. 3. Umschlag­ KMST : Zwönitz, Hartenstein, Lößnitz (ab Mitte seite). 250 Entomologische Nachrichten© Entomologische und NachrichtenBerichte, und 32, Berichte; 1988/6 download unter www.biologiezentrum.at

Die Entwicklungsstadien m atu m 5; SO3 liegt unmittelbar links darunter; Die Eier sind ovalrund, etwa 0,8 mm lang und 0|, 0;>, O;) bilden einen rechten Winkel (Bezeich­ haben eine weißlich-grüne Färbung. Die Ei­ nung’nach HASENFUSS [I960]) (Abb. 4). Die hülle ist wabenartig strukturiert. (Abb. 1) Die Brustfüße sind normal ausgebildet, der Haken­ Falter legen sie nachts in Reihen von vier bis kranz ist 1—2rangig, die Borsten VIIa—VIIC bil­ sechs Stück, paarweise oder auch einzeln auf den einen spitzen Winkel. Auf der Fußsohle der Oberseite von Blättern des Gemeinen (Planta) zeigt ein größerer Haken im Kranz Widertonmooses, Polytrichum commune L. nach vorn, nach hinten sind die Hakenreihen (Fam. Widertonmoose — Polytrichaceae) und mehr oder weniger offen (Abb. 5). am Schwanenhalsigen Sternmoos, Mnium hor- Zur Überwinterung fertigt die Raupe ein kugel­ num L. (Fam. Sternmoose — Mniaceae) ab. Den förmiges Gespinst am Grund der Moospflanzen Faltern wurden sechs Moosarten, die im Biotop an, das außen mit Kot und zerbissenen Pflan­ Vorkommen, zur Eiablage angeboten. Acht zenteilen beklebt ist. In dieser Gespinstkugel Tage nach der Eiablage beginnen sich die Eier überwintert die Raupe zusammengekrümmt bis hellrotbraun zu färben. Anfang April des kommenden Jahres. Danach beginnt sie wieder mit der Futteraufnahme. Es wurden insgesamt fünf Häutungen beobachtet. Ende Mai bis Anfang Juni stellen die Raupen die Nahrungsaufnahme ein und wandern in die Bodenstreu. Dort fertigen sie zur Verpuppung wiederum ein kugelförmiges Gespinst an.

P uppe Die zehn bis zwölf Millimeter lange Puppe ist mit dem Kremaster innerhalb der Gespinst­ U,4 mm hülle verankert. Der Kremaster weist einen kurzen stumpfen Stachel auf, der bei der weib­ lichen Puppe mit drei großen Haken besetzt Abb. 1 : Eistruktur ist, die bei der männlichen Puppe wesentlich kleiner ausgebildet sind (Abb. 6). Die P uppe ist R aupe glatt, hellbraun glänzend und zeichnungslos. Auffällig sind die großen Augenwölbungen. Die Raupen schlüpfen nach 20 Tagen aus den Nach 18—22 Tagen schlüpft der Falter. Schlupf- Eiern. Sie wandern unmittelbar nach dem regulierend wirken im besonderen Maße die Schlupf zur Bodenstreu. Dort fertigen sie ein Luftfeuchtigkeit und die Temperatur. Trocken röhrenförmiges Gespinst an, in dem sie sich gehaltene Puppen, die nach 22 Tagen den Falter aufhalten. Nachts werden diese Röhren bis an immer noch nicht entlassen haben, sind durch den Blattbereich des Mooses erweitert. Die Erhöhung der Luftfeuchtigkeit (Wasserzugabe) Blätter der Futterpflanze werden vom Rand her rasch zu stimulieren, so daß die Falter inner­ abgefressen. Den Kot heftet die Raupe direkt halb weniger Stunden schlüpfen. Dies erklärt an den Gespinstwandungen fest. Tagsüber ver­ auch die Beobachtung im Biotop, daß bei Auf­ kriechen sich die Raupen am Grund der Röhre. treten günstiger Witterungsverhältnisse (warm, Die Raupen sind einfarbig erdgrau, der Kopf hohe Luftfeuchtigkeit) in den Nachmittagsstun­ ist kastanienbraun. Der Nackenschild (NA) ist den die Falter plötzlich häufig zu beobachten am unteren Rand in zwei größere und einen sind, obwohl am Vormittag des gleichen Tages kleineren Zapfen ausgezogen. Die Borsten X, kein einziger festgestellt wurde. III a und III (Bezeichnung nach GERASIMOV) bilden einen nahezu rechten Winkel, Borste V auf dem Mesothorax ist makroskopisch; in der Abschließende Bemerkungen Gruppe VII auf den Abdominalsegmenten zwei Es erscheint verfrüht, schon jetzt allgemeine makroskopische Borsten (Abb. 2). Die Epicra­ Schlüsse in bezug auf die Entwicklungsbiologie nialnahtgabelung ist oval erweitert und trägt in der Scopariinen zu ziehen, da erst das weitere paarweiser Anordnung die Frla—Frlb (Abb. 3). Studium anderer Arten allgemeine Aussagen Stemmatum 5 liegt dorsocaudal von Stemma- zuläßt. Der ökologische Aspekt in bezug auf die tum 6 ; die S tem m ata 4, 6, 5 bilden einen stump­ Moose als Futterpflanzen ist aber sicherlich von fen Winkel; Oj befindet sich rechts unter Stem­ entscheidender Bedeutung, da diese Pflanzen- © Entomologische Nachrichten und Berichte;Entomologische download unter Nachrichtenwww.biologiezentrum.at und Berichte, 32, 1988/6 251

Abb. 2: Chaetotaxie: A - Prothorax; B - Mesothorax; C - 8. Abdominalsegment; D - 9. Abdominalsegment

Abb. 4 : Stemmatalregion

Abb. 5: Brustfuß — 3. Abdominalsegment 252 Entomologische Nachrichten© Entomologische und NachrichtenBerichte, und 32, Berichte; 1988/6 download unter www.biologiezentrum.at gruppe einerseits zu den „Pionierpflanzen“ zu versteckte Lebensweise. Viele Merkmale konn­ rechnen ist, andererseits aber auch als Bioindi­ ten erst nach Erzielen einer zweiten Generation kator für bestimmte Biotopverhältnisse zu wer­ unter Zimmertemperaturverhältnissen eindeu­ te n ist. tig festgestellt werden. Die Raupen machen aber auch hier eine mindestens einmonatige Die Klärung der Biologie ist nicht einfach, da .Überwinterungsruhe, unabhängig von der Tem­ die Falter naturnahe Bedingungen zur Fort­ pflanzung benötigen. Stundenlanges Suchen der peratur, durch. geschlüpften Raupen und das Verfolgen von Herrn Dr. R. GAEDIKE/Eberswalde gilt mein deren Entwicklung ist meist nur unter dem besonderer Dank für die fachliche Beratung und Binokular möglich, bedingt durch die äußerst die kritische Durchsicht des Manuskriptes.

Literatur HANNEMANN, H. J. (1964): Kleinschmetter­ linge oder Microlepidoptera. II. Die Wickler (s. 1.) (Cochylidae und Carposinidae), die Züns­ lerartigen (Pyraloidea). In: DAHL, P\ Die Tier­ w elt D eutschlands. Jena, Teil 50, 401 S., 22 Taf. HASENFUSS, I. (1960): Die Larvalsystematik der Zünsler (). — Abh. zur Larval­ systematik der Insekten Nr. 5, Berlin, 263 S., 219 Fig. PALM, E. (1986): Nordeuropas Pyralider. In: Danmarks Dyreliv 3, Fauna B eger, Kebenhavn, 287 S., 256 Fig., 8 Farbtaf., Scopariinae p. 170 bis 190. PETERSEN, G., & R. GAEDIKE (1987): Bei­ träge zur Insektenfauna der DDR: Nachträge IV. - Ent. Nachr. Ber. 31, 29-36. R IN N H O FER , G. (1980) : B eiträge z u r In se k te n ­ fauna der DDR: — Scopariinae. — B eitr. Ent. B erlin 30, 121-136, 27 Fig.

Anschrift des Verfassers : Friedemann Pimpl Straße der Befreiung 83 Abb. 6: Kremaster: oben: 9/rechts — lateral, links Z w önitz ventral; unten: â/rechts — lateral, links — ventral DDR - 9417