Bezirksamt Steglitz- von 26.02.2012 Abt. Bildung, Kultur, Sport und Bürgerdienste 7700 BiSpoBüD Dez

Vorlage zur Kenntnisnahme für die Bezirksverordnetenversammlung

1. Gegenstand der Vorlage: BVV-Beschluss Nr. 408 vom 16.04.2008 Konzept zur bezirklichen Erinnerungskultur für Steglitz-Zehlendorf „Erinnern für die Zukunft – Geschichte in Steglitz-Zehlendorf“ Drs.-Nr. 0514/III

2. Berichterstatter: Bezirksstadträtin Richter-Kotowski

3. Die Bezirksverordnetenversammlung wird gebeten, von Nachstehendem Kenntnis zu nehmen:

Zwischenbericht zu Punkt 9: „Kurzdokumentation“

Den anliegenden vierten Bericht zur Erinnerungskultur in Steglitz-Zehlendorf bitten wir zur Kenntnis zu nehmen.

Kopp Richter-Kotowski Bezirksbürgermeister Bezirksstadträtin

ERINNERUNGSKULTUR IN STEGLITZ-ZEHLENDORF

2012

1. Erläuterung

2. Ausstellung

2.1 Reform und Tradition – Auf den Spuren des Architekten Paul Mebes

2.2 Geheim! Die fotografiert Steglitz und Zehlendorf

2.3 Verraten und Verkauft Jüdische Unternehmen in Berlin, Steglitz und Zehlendorf 1933-1945

2.4 140 Jahre Bahnhof -West – eine bewegte Geschichte –

3. Vortrag/Gespräch

3.1 Zehlendorfer Dächerkrieg

3.2 Die Westarbeit der Stasi

3.3 Mir aber zerriss es das Herz Der stille Widerstand der Elisabeth Schmitz

3.4 Die Euthanasie in Belarus 1941-1944

4. Lesung

4.1 Karl May Ein biografisches Porträt

4.2 Steglitz – nobler Südwesten

4.3 „Ich sagte mir, ich sei für etwas Großes bestimmt“ Sabina Spielrein – Briefwechsel mit Freud und Jung

4.4 Meine Lehrerin, Dr. Dora Lux 1882-1959 Nachforschungen

5. Publikation

5.1 Über Steglitz. Der Kreisel Eine Hochhausgeschichte

5.2 Zwei jüdische Unternehmen in Zehlendorf

5.3 Verraten und Verkauft Jüdische Unternehmen in Steglitz und Zehlendorf 1933-1935

5.4 Lichterfelder Bahnhofsgeschichte(n) 140 Jahre Bahnhof Berlin Lichterfelde-West

6. Institutionelle Förderung

6.1 Heimatverein Steglitz e.V.

6.2 Heimatverein Zehlendorf e.V.

7. Regionalhistorische Informationsstele

7.1 Ballonflucht mit tödlichem Ausgang

7.2 Ein Filmatelier in Steglitz

8. Sonstiges

8.1 Geteilte Erinnerung – Migration nach Berlin

8.2 Begleitmedium zur Festschrift 100. Kirchweihjubiläum der Markus Kirchengemeinde

8.3 Restaurierung des Grabkreuzes Ernst Ferdinand Schäde

8.4 Besucherintensivierung Heimatmuseum Zehlendorf

8.5 Vervollständigung des Archivs und Erweiterung der Biblio- thek im Steglitz Museum

1. Erläuterung

Der Bericht zur Erinnerungskultur in Steglitz-Zehlendorf 2012 zeigt die große Bedeutung, die in diesem Bezirk der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit zukommt. Es wurden un- terschiedliche Förderinstrumente wahrgenommen. Mit Mitteln des Programms Dezentrale Kulturarbeit / Regionalgeschichte, Sondermitteln der Bezirksverordnetenversammlung, den laufenden Haushaltsmitteln des Kulturamtes und dem Berliner Projektfonds Kulturelle Bil- dung, verwaltet durch das Kulturamt Steglitz-Zehlendorf, wurden vielfältige Projekte unter- stützt.

Wichtig waren konstruktive Kooperationen mit regionalen und überregionalen Partnern. So waren die Ausstellungen des Kulturamtes nur auf dieser Basis realisierbar: „Geheim!“ war dank der großzügigen Leihgaben durch den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Mi- nisteriums für Staatssicherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in die- ser Form möglich, die überwältigende Besucherresonanz ist auch mit der erfolgreichen Ein- bindung in den Monat der Fotografie zu erklären, durchgeführt von der Kulturprojekte GmbH.

Die Ausstellung „Verraten und Verkauft. Jüdische Unternehmen in Berlin“ konnte dank des Aktiven Museums Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. und dem Forschungsprojekt „Jüdische Unternehmen in Berlin 1930-1945“ am Lehrstuhl für Geschichte im 20. Jahrhun- dert, Humboldt-Universität zu Berlin kurzfristig übernommen und mit zwei neuen eigenstän- digen Tafeln zu Firmen der Steglitzer und Zehlendorfer Regionalgeschichte ergänzt werden. – Hier wurde die Zusammenarbeit mit den Regionalmuseen in Steglitz und Zehlendorf ge- pflegt, die mit Rat und Leihgaben zur Seite standen. Zudem konnte Irene-Alice Scherk als private Leihgeberin gewonnen werden.

Die Kooperation mit den Regionalmuseen wurde insgesamt intensiviert: Neben der institutio- nellen Förderung des Heimatvereins Steglitz e.V. und des Heimatvereins Zehlendorf e.V., die deren regionalhistorische Arbeit nachhaltig unterstützte, gab es für die Institutionen zu- sätzliche finanzielle Mittel für Projekte der Besucherbetreuung und der Inventarisierung von Kulturgut.

Darüber hinaus kam es zu einer inhaltlichen Zusammenarbeit mit dem Heimatverein Zehlen- dorf für die Ausstellung „Auf den Spuren des Architekten Paul Mebes“ im Heimatmuseum Zehlendorf. Ein Beitrag zu zwei jüdischen Firmen in Zehlendorf, die auch auf die Ausstellung „Verraten und Verkauft“ hinwies, wurde im Zehlendorfer Jahrbuch 2013 veröffentlicht. Die Zusammenarbeit soll weiter ausgebaut werden. So wird die erfolgreiche Ausstellung „Ge- heim!“, die mit über 3000 Besucherinnen und Besuchern weit über dem Durchschnitt der Schwartzschen Villa lag, im nächsten Jahr im Heimatmuseum Zehlendorf erneut gezeigt werden.

Eine kontinuierliche Aufgabe des Kulturamtes sind die regionalhistorischen Informationsste- len, zwei wurden in diesem Jahr realisiert. „Ballonflucht mit tödlichem Ausgang“ und „Ein Filmatelier in Steglitz“ spiegeln erneut die Vielfalt der historischen Themen. Zur Enthüllung der Stele über die gescheiterte Flucht aus der DDR war Reinhold Freudenberg, der Bruder des Opfers, mit seiner Frau anwesend – ein für alle Beteiligten berührender Moment.

Das Kulturamt knüpfte mit seiner Arbeit an bisherige regionalhistorische Ausstellungen an. Besonders hervorzuheben sind dieses Mal Begleitveranstaltungen und Führungen, mit de- nen zusätzlich Interesse geweckt wurde. Die Medien berichteten über Ausstellungen und Begleitprogramm sowie die Enthüllungen der regionalhistorischen Informationsstelen.

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf 2. Ausstellung

Ausstellung 2.1 Reform und Tradition – Auf den Spuren des Architekten Paul Mebes Heimatmuseum Zehlendorf, 16. März 2012 – 20. Juni 2012

Die Ausstellung widmete sich dem Architekten Paul Mebes (1872-1938), dessen Name un- trennbar mit der Baugeschichte Zehlendorfs und Berlins verbunden ist. Mit seinen Siedlun- gen, Wohnanlagen, Landhäusern, Schulen, Büro- und Geschäftshäusern war er wie kaum ein anderer Architekt hier am baulichen Geschehen beteiligt. Gemeinsam mit seinem Schwager Paul Emmerich (1876-1958) führte er die Architektengemeinschaft „Mebes & Emmerich“. Von 1908 bis 1938 lebte Mebes in Zehlendorf.

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg entstanden jene Werke, die Mebes zu einem führenden Vertreter des genossenschaftlichen Reformwohnungsbaus werden ließen. Als technisches Vorstandsmitglied des Beamten-Wohnungs-Vereins zu Berlin machte er sich schon mit sei- nen ersten Wohnanlagen am Fritschweg in Steglitz (1907-08) und an der Paul-Francke- Straße in Niederschönhausen (1908-09) einen Namen. Mebes orientierte sich an der Archi- tektur der Zeit „Um 1800“, so auch der Titel des von ihm 1908 herausgegebenen Buches. Klassizistische Formelemente bestimmten das Erscheinungsbild seiner Wohnanlagen. Beim Bau der Gartenstadt Zehlendorf an der Berlepschstraße (ab 1913) bewies Mebes zudem seine Aufgeschlossenheit gegenüber neuesten Entwicklungen und Einflüssen im Siedlungs- bau.

© Heimatmuseum Zehlendorf, Archiv

In der Weimarer Republik avancierte der in Magdeburg geborene Architekt zu einem der produktivsten Wohnungs- und Siedlungsbauer. Während die Bauten nach dem Ersten Welt- krieg wie die Siedlung am Heidehof in Zehlendorf (1923-25) und der Werrablock in Neukölln (1924-26) zunächst noch von traditionellen und expressionistischen Gestaltungsmitteln ge- prägt wurden, waren später mit der Verwendung des Flachdachs und der Zeilenbauweise z.B. beim Laubenganghaus in Lichterfelde (1928-30) und der Friedrich-Ebert-Siedlung im (1928-31) Einflüsse des Neuen Bauens spürbar. Neben seiner Tätigkeit für verschiedene Beamten-Wohnungs-Vereine wirkte Mebes auch als freier Architekt und entwarf zahlreiche Landhäuser wie das Haus Hanschke (1907-08) oder das Haus für den Bildhauer Walter Schmarje (1911-12). Doch Mebes widmete sich nicht nur dem Wohnungsbau. Noch vor dem Ersten Weltkrieg entstanden mit der Nordstern- Versicherung in Schöneberg (1913-15) und dem heutigen Schadow-Gymnasium in Zehlen- dorf (1911-14) zwei größere Bauten, die zu seinen Hauptwerken zu zählen sind.

Die Ausstellung im Heimatmuseum zeigte anhand von teilweise unveröffentlichten Zeich- nungen, Gemälden, Fotografien und Dokumenten die Biografie und das Werk des Architek- ten, der Zeit seines Lebens aufs engste mit Zehlendorf verbunden war.

Presse: Gazette Zehlendorf, März 2012, Regional Rundschau, 21. März 2012, Abendblatt Zehlendorf, 25. Mai 2012, Paulus Blätter, Mai 2012, S. 8

Heimatmuseum Zehlendorf mit wissenschaftlich-kuratorischer Unterstützung des Kulturam- tes Steglitz-Zehlendorf

Ausstellung 2.2 Geheim! Die Stasi fotografiert Steglitz und Zehlendorf Fotoausstellung im Rahmen des 5. Europäischen Monats der Fotografie Schwartzsche Villa, Atelier, 17. Oktober 2012 – 11. November 2012

In der Behörde des „Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Ministeriums für Staatssi- cherheit der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik“ (BStU) befinden sich Hunder- te Fotografien, die von Mitarbeitern des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in den Westbezirken Steglitz und Zehlendorf seit den 1950er Jahren bis zum Sommer 1989 herge- stellt wurden.

Einladungskarte

Das Kulturamt Steglitz-Zehlendorf wurde von der Behörde auf diese Fotos im Rahmen einer Recherche für die Ausstellung „Aspekte des Kalten Krieges in Steglitz und Zehlendorf 1945- 1961“ (2009/2010) hingewiesen, für diese Ausstellung konnten damals nur einige wenige Fotos verwendet werden. Es entstand jedoch die Idee einer eigenen Fotoausstellung. Bei vielen Fotografien erschließt sich der Hintergrund ihrer Entstehung durch die einschlägi- ge Beschriftung. So wurden vermeintliche Treffpunkte westlicher Geheimdienstmitarbeiter fotografiert. Auch explizit antikommunistische Organisationen wie die „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ und der „Untersuchungsausschuss Freiheitlicher Juristen“ waren im Fo- kus des MfS. Daneben gibt es viele Fotos einzelner Straßen und Häuser, die nicht immer zuzuordnen sind.

Manchen Fotografien sieht man an, dass sie hastig im Vorübergehen gemacht wurden, bei anderen Aufnahmen gab es für die Fotografen keinen Grund, sich zu verbergen.

Manche Fotos wurden Ende 1989 zerrissen und von der BStU-Behörde wieder zusammen- gesetzt.

Jenseits des MfS-Kontextes ist ein Panorama historischer Ansichten entstanden. Die meis- ten Aufnahmen stammen aus den 1950er, 1960er Jahren und bilden Straßen und Häuser ab, die von den Verhältnissen der Nachkriegszeit in Steglitz und Zehlendorf zeugen. Nach der Fertigstellung des „Kreisels“ wurde auch dieser von allen Seiten fotografiert. Die letzten Aufnahmen stammen aus dem Mai 1989 – es sind Farbfotografien der Steglitzer Schloss- straße.

Die Ausstellung wurde durch einige wenige Materialien aus der BStU ergänzt, u.a. die Be- schreibung eines MfS-Treffpunkts vor dem Adria-Kino, die Wegbeschreibung der Stasi- Mitarbeiter zum DDR-„Büro für Besuchs- und Reiseangelegenheiten“ im Forum Steglitz und die Beschreibung einer „Schleuse“ durch die Grenze für IMs an der Grenze zu Zehlendorf in der Sachtlebenstraße.

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf

Presse: Berliner Morgenpost, 16. Oktober 2012, Berliner, Zeitung, 17. Oktober 2012, Abend- schau, 21. Oktober 2012, Berliner Kurier, 30. Oktober 2012, Gazette Zehlendorf 11/12, Berli- ner Woche, 7. November 2012, Bäke-Courier, 8. November 2012, Berliner Woche, 28. No- vember 2012, Berliner Morgenpost, 11. Dezember 2012

Ausstellung 2.3 Verraten und Verkauft. Jüdische Unternehmen in Berlin, Steglitz und Zehlendorf 1933-1945 Schwartzsche Villa, Galerie, 28. November – 10. Februar 2013

Ausgangspunkt war die Ausstellung „Jüdische Unternehmen in Berlin 1933-1945“, die vom Aktiven Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. und dem Forschungsprojekt „Ausgrenzungsprozesse und Überlebensstrategien. Kleine und mittlere jüdische Gewerbeun- ternehmen in Berlin 1930/31-1945“ am Lehrstuhl für Zeitgeschichte der Humboldt-Universität zu Berlin erarbeitet und 2008 erstmals im Foyer der Humboldt-Universität gezeigt wurde.

Neu hinzu kamen zwei regional bemerkenswerte Firmengeschichten aus dem Bezirk Steglitz-Zehlendorf: das Schuhhaus Münzer aus Steglitz und die Norddeutsche Hut- Compagnie Leopold Levy aus Zehlendorf. Gemeinsamkeiten waren: Beide Unternehmen waren Familienbetriebe. Die Familienmitglieder gehörten der Jüdischen Gemeinde an. Und beiden Familien gelang die Flucht aus NS-Deutschland in die Emigration.

Die Unternehmensgeschichten wurden aus Akten der Behörden rekonstruiert, die zum gro- ßen Teil in der NS-Zeit entstanden und somit die Verfolgung der jüdischen Eigentümer spie- geln; der andere Teil der Akten aus der Nachkriegszeit behandelte Ansprüche der ehemali- gen jüdischen Eigentümer und gab Hinweise auf ihr Leben in der Emigration. Ein komplexes, vollständiges Bild über die Geschichte der Unternehmen, die Eigentümer und ihre Angehöri- gen entstand sicher nicht. Viele Akten waren standardisiert und im Blick auf die jeweilige Behörde formuliert. Aber die beschriebenen Firmengeschichten waren ein Anfang. In den Vitrinen erzählten ausgewählte Dokumente und Objekte einzelne Aspekte zweier weiterer Firmen: der Parfümerie Scherk GmbH und dem Kaufhaus Moritz Feidt. Inserate im Steglitzer

Foto: © StadtrandNachrichten

Anzeiger dokumentierten die Verdrängung jüdischer Unternehmen aus dem Wirtschaftsle- ben. Sie erinnerten daran, dass in unmittelbarer Nachbarschaft diese Unternehmen existier- ten. Es waren konkrete Geschichten.

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf in Kooperation mit dem Aktiven Museum Faschismus und Wi- derstand in Berlin e.V. und dem Forschungsprojekt „Jüdische Unternehmen in Berlin 1930- 1945“ am Lehrstuhl für Geschichte im 20. Jahrhundert, Humboldt-Universität zu Berlin

Presse: StadtrandNachrichten, 20. November 2012 und 27. November 2012, Berliner Wo- che, 5. Dezember 2012, Berliner Morgenpost, 6. Dezember 2012

Ausstellung 2.4 140 Jahre Bahnhof Lichterfelde-West – eine bewegte Geschichte – Bürgertreffpunkt, 15. Dezember 2012 – Ende Februar 2013

Der Bahnhof Berlin-Lichterfelde West wurde am 15. Dezember 1872 eröffnet. Die neue Hal- testelle an der Potsdamer Bahn trug wesentlich zur Erschließung der Carstennschen Villen- kolonie in Groß-Lichterfelde bei und ist auch heute ein wichtiger Bahnhof der innerstädti- schen Verkehrsanbindung. Das Empfangsgebäude, das im Stil einer toskanischen Land- hausvilla errichtet wurde, gilt als eines der markantesten historischen Gebäude von Lichter- felde West, wird heute nicht mehr als Bahnhof benutzt.

Die Ausstellung präsentierte die Geschichte des Bahnhofsgebäudes. Sie behandelte sied- lungs- und verkehrsgeschichtliche Entwicklungen, die Namensgebung des Bahnhofs, den Aus- und Umbau der Haltestelle, den Übergang von der Dampf- zur elektrischen S-Bahn, die Nutzung als Güterbahnhof und als US-Militärbahnhof, den Brand des Gebäudes 1964, die Still-Legung der S-Bahn 1980, die Wiedereröffnung des S-Bahnhofs 1985 und die Nutzung des Empfangsgebäudes als Bürgertreffpunkt.

Förderverein Bürgertreffpunkt Bahnhof Lichterfelde West e.V.

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf / Dezentrale Kulturarbeit / Regionalgeschichte

3. Vortrag/Diskussion/Gespräch

Vortrag 3.1 Zehlendorfer Dächerkrieg Christine Mengin 14. September 2012, Ernst-Moritz-Arndt-Kirche

Der Siedlungsverein Papageiensiedlung lud Dr. Christine Mengin zu einem Vortrag „Dächer- krieg in der Onkel-Tom-Siedlung“ ein. Die Professorin für Kunstgeschichte und Dekanin an der Pariser Sorbonne hatte die Publikation „Guerre du toit & modernité architecturale“ ver- fasst, die sich mit den Hintergründen des Dächerkrieges und den damaligen Spannungen zwischen der traditionellen und der funktionalen Architektur auseinandersetzte.

Siedlungsverein Papageiensiedlung

Sondermittel der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf

Vortrag und Gespräch 3.2 Die Westarbeit der Stasi Christian Booß 30. Oktober 2012, Schwartzsche Villa, Großer Salon

Christian Booß ist Mitarbeiter in der Forschungsabteilung der „BStU“ – Der Bundesbeauftrag- te für die Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR – und refe- rierte über die Hintergründe, unter denen die ausgestellten Fotografien entstanden und ge- sammelt wurden.

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf, Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung „Geheim!“

Vortrag und Gespräch 3.3 Mir aber zerriss es das Herz Der stille Widerstand der Elisabeth Schmitz Manfred Gailus 4. Dezember 2012, Schwartzsche Villa, Großer Salon

Manfred Gailus sprach über Elisabeth Schmitz. Sie war Historikerin und Theologin, Lehrerin an der Beethoven-Oberschule, verfasste 1935/1936 anonym eine Denkschrift gegen die Ju- denverfolgung, die in der Evangelischen Kirche jedoch keine Wirkung erzielte. Nach dem Novemberpogrom 1938 quittierte sie aus Gewissensgründen den Schuldienst. Sie nahm verfolgte Juden bei sich auf und zog 1943 zurück in ihre Geburtsstadt Hanau. Sie war eine der sehr wenigen Protestanten, die sich mit dem Schicksal der Juden befassten – und nach dem Krieg vergessen. Dr. Manfred Gailus ist apl. Professor für Neuere Geschichte am Institut für Geschichte und Kunstgeschichte an der TU Berlin. Er hat u.a. das „Elisabeth Schmitz und ihre Denk- schrift gegen die Judenverfolgung“ herausgegeben, über die Bekennende Kirche geforscht und dabei manchen Mythos entzaubert.

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf, Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung „Verraten und Ver- kauft“

Vortrag 3.4 Die Euthanasie in Belarus 1941-1944 Andrey Zamoisky 18. Dezember 2012, Schwartzsche Villa, Großer Salon

Zusätzlich ins Veranstaltungsprogramm aufgenommen, referierte Andrey Zamoisky über das Thema in russischer Sprache, der Vortrag wurde ins Deutsche übersetzt.

Der Vortrag behandelte die Krankenmorde in Belarus, die Ärzte als Kollaborateure und die sowjetischen Beziehungen zu diesem Problem in der Nachkriegszeit.

Andrey Zamoisky ist Historiker aus Minsk und Mitarbeiter einer deutsch-weißrussischen For- schungsgruppe.

Presse: Berliner Woche, 12. Dezember 2012, S. 6 und S. 13

Berliner Bürger Danken e.V., Brücke der Gesundheit Berlin-Minsk

4. Lesungen

Lesung 4.1 Karl May Ein biografisches Porträt Thomas Kramer 13. März 2012, Schwartzsche Villa, Großer Salon

Vor 100 Jahren starb Karl May. Zu seinen prominenten Verehrern zähl(t)en so unterschiedli- che Menschen wie Albert Einstein, Adolf Hitler, Bert Brecht, Ernst Bloch und Thomas Gott- schalk. Der Schöpfer von Winnetou, Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi war Sohn armer Weber, entwickelte sich vom Kleinkriminellen zum Zeitschriftenredakteur und schließlich Bestsellerautor. Der Literaturwissenschaftler Thomas Kramer ist Privatdozent an der Hum- boldt-Universität zu Berlin.

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf

Lesung 4.2 Steglitz – Berlins nobler Südwesten Christian Simon 20. März 2012, Schwartzsche Villa, Großer Salon

Christian Simon las aus seinem neuen Buch und zeigte Fotos. Um 1900 schwärmte ganz Berlin für die vor den Toren der Stadt gelegenen Orte Steglitz, Lichterfelde und . Verschlafene Dörfer wurde zu beliebten Villenkolonien, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch Politiker wie Karl Liebknecht und Wilhelm Pieck, Schriftsteller wie Franz Kafka und Schauspielerinnen wir Henny Porten anzogen.

Christian Simon wurde 1960 in Berlin geboren und lebt in Steglitz.

Veranstalter: be.bra Verlag

Szenische Lesung mit Musik 4.3 „Ich sagte mir, ich sei für etwas Großes bestimmt“ Sabina Spielrein – Briefwechsel mit Freud und Jung Erika Eller und Mathias Eysen, Lesung Uwe Streibel, Klavier 11. und 12. August 2012, Schwartzsche Villa, Zimmertheater

Sabina Spielrein (1885-1942) aus Rostow am Don wurde 1904 Patientin des Psychiaters C. G. Jung im Burghölzli in Zürich. Nach ihrer Behandlung studierte sie ab 1905 Medizin und promovierte 1911 als erste Frau mit einem dezidiert psychoanalytischen Thema. Ihre wis- senschaftliche Arbeit fand Anerkennung durch Sigmund Freud.

Im Briefwechsel mit Freud und Jung erschien sie als kluge humorvolle, dem Leben und ihrer Wissenschaft zugewandte Person. Am 12. August 1942 wurde sie zusammen mit ihren beiden Töchtern und mindestens 2000 anderen jüdischen Menschen vom SS-Sonderkommando 10a in ihrer Heimatstadt Rostow am Don erschossen.

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf / Dezentrale Kulturarbeit

Lesung und Gespräch 4.4 Meine Lehrerin, Dr. Dora Lux 1882-1959 Nachforschungen Hilde Schramm 16. Dezember 2012, Schwartzsche Villa, Großer Salon

Dora Lux gehörte zu den ersten Abiturientinnen, war eine Wegbereiterin des Frauenstudiums und setzte ihr Recht auf Bildung und Ausübung eines akademischen Berufs durch. Sie er- hielt 1933 umgehend Berufsverbot. Sie verstieß gegen die Vorschrift, sich als Jüdin registrie- ren zu lassen und sie überlebte. Nach 1945 war sie wieder als Lehrerin tätig und unterrichte- te gegen den Zeitgeist.

Hilde Schramm wurde 1936 in Berlin geboren, studierte Germanistik, Latein, Erziehungswis- senschaften und Soziologie, promovierte und habilitierte. Sie ist Mitbegründerin der „Stiftung Zurückgeben“, die Stipendien für jüdische Künstlerinnen und Wissenschaftlerinnen vergibt.

Presse: StadtrandNachrichten, 6. Dezember 2012, Berliner Woche, 12. Dezember 2012, S. 6 und S. 13, taz, 13. Dezember 2012

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf, Veranstaltung im Rahmen der Ausstellung „Verraten und Ver- kauft“

5. Publikation

Neuauflage 5.1 Über Steglitz. Der Kreisel Eine Hochhausgeschichte

Begleitend zu der Ausstellung des Kulturamtes Steglitz über den Steglitzer Kreisel erschien 1998 ein Katalog, der mittlerweile vergriffen ist. Bis heute enthält diese Broschüre die einzige umfassende Darstellung der Geschichte dieses Gebäudes. Das Kulturamt Steglitz- Zehlendorf hat sie nun neu aufgelegt. Mit Rolf Lautenschläger wurde ein versierter Autor für einen aktuellen Beitrag gewonnen. Die Neuauflage wurde noch von Sabine Weißler, bis No- vember 2011 Leiterin des Kulturamtes Steglitz-Zehlendorf, in die Wege geleitet und verant- wortet.

Titel Einband

Der Steglitzer Kreisel gerät nach wir vor in die Schlagzeilen: Seit einigen Jahren steht das Gebäude leer, seine Zukunft ist ungewiss. Vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um den Kreisel liefern die in der Broschüre erläuterten Hintergrundbeiträge zu der Bau- und Nut- zungsgeschichte wertvolle Informationen.

Presse: Berliner Woche, 7. November 2012, S. 11, Berliner Woche, 14. November 2012

Beitrag 5.2 Zwei jüdische Unternehmen in Zehlendorf Heike Stange

Im Jahrbuch 2013 des Heimatvereins Zehlendorf erschien 2012 der Beitrag einer Mitarbeite- rin des Kulturamtes Steglitz-Zehlendorf. Der Beitrag verweist auf die spezifischen Ergebnisse zu Zehlendorf, die im Rahmen der Ausstellungsvorbereitung „Verraten und Verkauft. Jüdi- sche Unternehmen in Berlin, Steglitz und Zehlendorf“ gewonnen werden konnten.

Herausgeber: Heimatverein Zehlendorf e.V.

Broschüre 5.3 Verraten und Verkauft Jüdische Unternehmen in Steglitz und Zehlendorf 1933-1945 Heike Stange

Zur Ausstellung „Verraten und Verkauft. Jüdische Unternehmen in Berlin, Steglitz und Zeh- lendorf 1933-1945“ – erschien eine Begleitbroschüre, die den neuen, ergänzenden Teil zur Regionalgeschichte in Steglitz-Zehlendorf festhielt.

Herausgeber: Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin, Abteilung Bildung, Kultur, Sport und Bürgerdienste, Fachbereich Kultur

Druckkostenzuschuss 5.4 Lichterfelder Bahnhofsgeschichte(n) 140 Jahre Bahnhof Berlin-Lichterfelde West Harald Hensel, Christina Kundt

Begleitbuch zur Ausstellung „140 Jahre Bahnhof Berlin-Lichterfelde West“: Die Lichterfelder Bahnhofsgeschichte(n) erläutern historische Fakten und schildern persönliche Erlebnisse. Sie dokumentieren die Ergebnisse der Projektgruppe, die ein Jahr lang in verschiedenen Archiven recherchierte und Material zur Regional- und Bahnhofsgeschichte suchte und fand. Die in der Ausstellung präsentierten Briefwechsel aus dem 19. Jahrhundert, bislang unbe- kannte Fotos, kuriose Zeitungsartikel und anrührende Geschichten wurden in der Veröffentli- chung durch historische Bilddokumente ergänzt.

Herausgeber: Förderverein Bürgertreffpunkt Bahnhof Lichterfelde West e.V.

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf / Dezentrale Kulturarbeit / Regionalgeschichte

6. Institutionelle Förderung

6.1 Heimatmuseum Steglitz

Die Arbeit des Heimatvereins Steglitz e.V. wurde mit einem Zuschuss von 5000,- € unter- stützt. Zu den Tätigkeiten des Hauses zählen u.a. Ausstellungen und die Publikation „Steglit- zer Heimat“. Aktuelle Hinweise zu Ausstellungen, Projekten und Veranstaltungen finden sich unter www.heimatverein-steglitz.de

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf / Dezentrale Kulturarbeit

6.2 Heimatmuseum Zehlendorf

Die Arbeit des Heimatvereins Zehlendorf e.V. wurde mit einem Zuschuss von 5000,- € unter- stützt. Zu den Tätigkeiten des Hauses zählen u.a. Ausstellungen, die Periodika „Heimatbrief Zehlendorf“ und „Jahrbuch“. Aktuelle Hinweise zu Ausstellungen, Projekten und Veranstal- tungen finden sich unter www.heimatverein-zehlendorf.de

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf / Dezentrale Kulturarbeit

7. Regionalhistorische Informationsstelen

Regionalhistorische Informationsstele 7.1 Enthüllung der Informationsstele Ballonflucht mit tödlichem Ausgang 26. November 2012 Erdmann-Graeser-Weg Ecke Goethestraße

Am Morgen des 8. März 1989 verfing sich gegen 7.50 Uhr ein selbstgebauter Gasballon in den Bäumen auf dem Mittelstreifen der Potsdamer Chaussee, unweit der Spanischen Allee. An seinem Tragegestell waren Taschen mit persönlichen Gegenständen befestigt. Kurze Zeit später fand eine Anwohnerin im Vorgarten ihres Hauses einen DDR-Personalausweis. Am Nachmittag entdeckte ein Hausbesitzer in seinem Garten in der Limastraße die Leiche des Ballonfahrers: Es war der 32-jährige Ost-Berliner Winfried Freudenberg. Das tragische Ende seiner Sehnsucht nach Freiheit erschütterte die Anwohner und löste Bestürzung im In- und Ausland aus. Das SED-Regime rückte auf die Anklagebank: Wie verzweifelt mussten Men- schen über ihre Lebensumstände in der DDR sein, dass sie ein solch waghalsiges Unter- nehmen starteten?

Der Elektronikingenieur Winfried Freudenberg und seine Frau, von Beruf Diplomchemikerin, sahen für sich keine beruflichen Perspektiven in der DDR. Sie wollten nicht länger hinneh- men, dass ihnen Reisen, Tagungen, Forschungsmöglichkeiten und Kontakte in westliche Länder von Staats wegen vorenthalten wurden. Deshalb plante das junge Paar die Flucht mit einem Ballon. In unauffälligen Kleinmengen kauften die beiden Polyäthylenfolien, wie sie für Frühbeetfenster Verwendung finden. Im Januar 1989 begannen sie, mit einem Klebeband in ihrer Wohnung eine dreizehn Meter hohe Ballonhülle von elf Metern Durchmesser anzuferti- gen, die sie mit einem Netz aus Verpackungsschnur umspannten.

Foto: © Pressestelle Steglitz-Zehlendorf Am Abend des 7. März 1989 wehte ein günstiger Nordostwind. Mit ihrem Trabant brachten die Freudenbergs den Ballon zu einer Reglerstation der Berliner Gasversorgung im Norden Ost-Berlins. Winfried Freudenberg hatte aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit einen Schlüs- sel zu der Anlage. Gegen Mitternacht zapfte er die Station an und begann, die Hülle mit Erd- gas zu füllen. Langsam richtete sich der Ballon auf, trotz der Dunkelheit wurde er weithin sichtbar. Die Flucht hätte dennoch gelingen können. Doch jemand sah das Gefährt – und alarmierte die Volkspolizei.

Der Ballon war noch nicht ausreichend gefüllt, um zwei Personen zu tragen, als kurz nach 2 Uhr ein Funkstreifenwagen vor dem Gelände bremste. Das Paar entschied, dass Winfried Freudenberg allein starten sollte. Er kappte das Ankerseil und stieg in den Nachthimmel auf. Der überstürzte Start hatte unvorhersehbare Folgen. Der Ballon stieg schneller und höher auf, als Winfried Freudenberg berechnet hatte. Unbemerkt überflog er die Grenze zu West- Berlin. Mit einer halben Stunde Flug in niedriger Höhe hatte er gerechnet. Stattdessen war er Stunden über dem nächtlichen Berlin unterwegs. In großer Höhe und eisiger Kälte auf einem 40 Zentimeter breiten und zwei Zentimeter starken Holzstock kauernd, kämpfte er verzweifelt um sein Leben. Und dann nach mehr als fünf Stunden der Absturz – das Ziel dicht vor Au- gen.

Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde Winfried Freudenberg am 24. April 1989 in seiner Heimatgemeinde Lüttgenrode in der DDR beigesetzt.

Acht Monate und einen Tag vor dem Fall der Mauer ist Winfried Freudenberg ihr letztes To- desopfer in Berlin.

Autor: Dr. Hans-Hermann Hertle

Presse: Berliner Zeitung, 17/18. November 2012, Berliner Woche, 21. November 2011Berliner Morgenpost, 23. November 2012, info Radio, 26. November 2012, Abend- schau, 26. November 2012, taz, 27. November 2012, Regional Rundschau, 12. Dezember 2012

Regionalhistorische Informationsstele 7.2 Enthüllung der Informationsstele Ein Filmatelier in Steglitz 4. Dezember 2012 Berlinickestraße 11

Das Hinterhaus in der Berlinickestraße 11 erinnert an die frühe, überregional bedeutsame und vielseitige Filmkultur in Steglitz. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts befanden sich in diesem Quergebäude nacheinander die Ateliers dreier Filmgesellschaften: der B.-B.-Film von Heinrich Bolten, der Universum-Film-AG (Ufa), das 1917 gegründete größte deutsche Filmunternehmen, und der Sirius-Farbenfilm.

Heinrich Bolten (1871-1938), bekannt unter dem Pseudonym Bolten-Baeckers, war seit 1891 als Dramaturg und Regisseur an Theatern in Berlin und Köln engagiert. Zudem schrieb er Texte für Operetten des Komponisten Paul Lincke, insbesondere die Operette „Frau Luna“ begeisterte damals das Publikum.

Seinen wahrscheinlich ersten Spielfilm „Der Hauptmann von Köpenick“ inszenierte Bolten- Baeckers kurz nach der wirklichen „Köpenickiade“ am 16. Oktober 1906. 1912 mietete er für seine neue Produktionsfirma B.-B.-Film im Hinterhaus der Berlinickestraße 11 ein circa 100 Quadratmeter großes, 5 Meter 50 hohes Atelier im obersten Stock mit Dunkelkammer, An- kleideraum und Glasdach. Obwohl die B.-B.-Film bereits strombetriebene Lampen für die Innenaufnahmen verwendete, hing die Bildqualität nach wie vor entscheidend vom Sonnen- licht ab. Für Außenaufnahmen diente bis 1914 ein Grundstück in Südende, Steglitzer Straße 8. Als Direktor des Lustspielhauses in der Friedrichstraße setzte Bolten-Baeckers häufig Mit- glieder seines Ensembles, darunter Leo Peukert und Aenne Köhler, in den über einhundert Filmen ein, die bis 1917 im Steglitzer „B.-B.-Filmatelier“ entstanden. Es handelte sich zu- meist um Lustspiele wie „Leo, der Bazillenträger“ (1912) und „Der rasende Roland“ (1915). Der Erste Weltkrieg förderte die Geschäfte deutscher Filmunternehmen wie der B.B.-Film, denn ihre Produktionen ersetzten die ehemals marktbeherrschenden, nunmehr verbotenen Filme aus „Feindstaaten“ wie Frankreich und Italien.

Foto: © Pressestelle Steglitz-Zehlendorf

Seit 1918 ruhte der Filmbetrieb im Obergeschoss. Bolten-Baeckers mietete jedoch das da- runterliegende Stockwerk hinzu, baute einen Vorführungs- und Kleberaum sowie einen Raum für „Versuchstiere“ ein und übergab 1920 beide Etagen der Ufa-Kulturabteilung. Gelei- tet von Ernst Krieger, stellte sie dort populärwissenschaftliche Filme über Kleintiere und Pflanzen für den Schulunterricht oder das Kino her. So drehte der Regisseur Ulrich K.T. Schulz 1922 an diesem Ort mit einer Laiendarstellerin Spielszenen für den kurzen Ufa- Lehrfilm „Der Gärtner in Not“ mit der Obstmade als „Star“. Wegen Platzmangels ließ die Kul- turabteilung noch im selben Jahr das Hinterhaus aufstocken. Während das Aufnahmestudio nun im neuen Dachgeschoss lag, wurde aus dem ehemaligen B.-B.-Atelier ein Büro und Ge- rätelager.

Nachdem die Kulturabteilung der Ufa 1926 ausgezogen war, fand sich erst zwei Jahre später ein Nachmieter aus der Filmbranche: die Sirius Farbenfilm GmbH. Ihr Chef Kurt von Specht und seine Mitarbeiter produzierten im Auftrag der Ufa kurze Werbefilme nach dem neuarti- gen „Sirius“-Farbverfahren. In einem weiteren, schon von der Ufa genutzten einstöckigen Hintergebäude hatte die Firma Sirius ein technisches Büro und eine Kopieranstalt unterge- bracht. Da es nicht gelang, das von Ludwig Horst entwickelte Farbsystem an die Ufa oder einen anderen Kunden zu verkaufen, musste das Kleinunternehmen 1931 aus Kostengrün- den die gemieteten Räume verlassen.

Autor: Ulrich Döge Einführung: Jeanpaul Goergen

Presse: Berliner Woche, 12. Dezember 2012 S. 7

8. Sonstiges

Film 8.1 Geteilte Erinnerung – Migration nach Berlin 24. August – 7. September 2012

Schülerinnen und Schüler der 8. Klasse am Gymnasium der Königin-Luise-Stiftung realisier- ten den Dokumentarfilm „Geteilte Erinnerung“. Dabei wurde das Thema Migration in den 1960er Jahren nach Deutschland behandelt. Anhand von Interviews über die persönlichen Lebensgeschichten und Fotos aus dem Familien- und Verwandtschaftsleben der Protagonis- tinnen und Protagonisten erarbeiteten die Schülerinnen und Schüler genaue Vorstellungen über die Zeit der ersten Generation „Gastarbeiter“. Sie erfuhren von Motivationen, Vorstel- lungen, Wünschen und Träumen, die die Interviewten zur Migration brachten und ihre Erfah- rungen mit der Realität in Deutschland.

Am 27. Oktober 2012 fand am Tag der offenen Tür der Königin-Luise-Stiftung eine öffentli- che Filmvorführung statt.

Kooperation Kerstin Gruner und Königin-Luise-Stiftung (Gymnasium)

Berliner Projektfonds Kulturelle Bildung / Kulturamt Steglitz-Zehlendorf

Restaurierung 8.2 Restaurierung des Grabkreuzes von Ernst Ferdinand Schäde Oktober 2012

Am 18. November 2012 wurde nach dem Gottesdienst zum Volkstrauertag in der Alten Dorfkirche gleich nebenan auf dem kleinen Kirchhof das Kreuz am Grabe von Ernst Ferdi- nand Schäde (geboren am 26. August 1772; gestorben am 14. März 1861) wieder aufge- stellt. Vor geraumer Zeit war es aus der Verankerung gerissen worden. Vorübergehend fand das beschädigte Kreuz Unterschlupf im Heimatmuseum Zehlendorf.

Vor einem Jahr gab es einen Aufruf, für die Wiederherstellung des Kreuzes zu spenden. Zahlreiche Spenderinnen und Spender ermöglichten, den Schmied Torsten Theel mit der Restaurierung zu betrauen.

Der Heimatverein Zehlendorf ist Ernst Ferdinand Schäde in besonderem Maße verpflichtet. Er war Küster und erster ausgebildeter Lehrer Zehlendorfs, der im alten Schulhaus seit 1828 mit seiner Familie lebte, dort arbeitete und als erster Chronist Zehlendorfs aufs engste mit dem Ort verbunden war.

Heimatverein Zehlendorf e.V.

Sondermittel der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf

Öffentlichkeitsarbeit 8.3 Besucherintensivierung Heimatmuseum Zehlendorf 1. Juli – 31. Dezember 2012

Um das Interesse der Bürgerinnen und Bürger an der Kultur im Kiez zu steigern, bemühte sich der Heimatverein Zehlendorf e.V. gezielt um eine Intensivierung des Besuchs. Nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Kita-Gruppen und Schulklassen sollten verstärkt gewonnen werden. Hierfür waren Betreuerinnen und Betreuer erforderlich, die den Besucherinnen und Besuchern für sachgerechte Auskünfte zur Verfügung stehen und die Gruppen angemessen durch die Ausstellungen führen sollten – sowohl durch die Dauerausstellung „Vom Bauern- dorf zur Vorortgemeinde“ sowie die thematischen Sonderausstellungen. Hierfür wurde eine Aufwandsentschädigung gewährt.

Heimatverein Zehlendorf e.V.

Kulturamt Steglitz Zehlendorf / Dezentrale Kulturarbeit / Regionalgeschichte

Inventarisierung 8.4 Vervollständigung des Museumsarchivs und Erweiterung der Bibliothek

Zunehmende Anfragen zu den Beständen des Heimatvereins Steglitz erforderten vom Hei- matverein Steglitz, die weitere Digitalisierung der Bestände zu betreiben und online zur Ver- fügung zu stellen. Auch für die Bibliothek, die ab Juni 2012 Nutzerinnen und Nutzern öffent- lich zur Verfügung steht, sollten die Bestände eingegeben werden. Für die Aufgaben wurden Ausstattungsmaterialien benötigt.

Heimatverein Steglitz e.V.

Kulturamt Steglitz-Zehlendorf / Dezentrale Kulturarbeit / Regionalgeschichte

Website-Zuschuss 8.5 Begleitmedium zur Festschrift 100. Kirchweihjubiläum der Markus Kirchengemeinde

Auf Basis der Festschrift „100 Jahre Markus Kirche“ wurde eine Website bearbeitet und er- stellt, die zeitgenössische Fotografien und Tondokumente berücksichtigt. Darüber hinaus wurde weitergehendes ergänzendes Material recherchiert, ein Quiz erarbeitet und unter Nut- zung verschiedener Medien realisiert. Ab Januar 2013 wird das Resultat online gestellt.

Evangelische Markus-Kirchengemeinde Berlin-Steglitz

Sondermittel der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf