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Maria Michalk (A)techniker. Warum ist das so? Das ist so, weil wir ein sehr lich, dass wir uns wieder auf dem richtigen Weg, auf (C) gutes Ausbildungssystem haben. Wir geben den Men- dem Weg einer präventiven Gesundheitspolitik, befinden schen eine verpflichtende Weiterbildung auf. Deshalb sage ich an dieser Stelle: Wir lassen nicht durch Wind (Beifall bei der SPD) aus Brüssel an unserem bewährten Ausbildungssystem und dass auch ein verhältnismäßig kleiner Haushalt eine rütteln, weder dann, wenn es um Pflegekräfte geht, noch große Wirkung entfalten kann. dann, wenn es, wie aktuell, um die Handwerksmeister geht. Wir müssen uns natürlich die Frage stellen: Was macht gute Gesundheitspolitik aus, wann ist sie erfolg- (Beifall bei der CDU/CSU) reich und nachhaltig? Unserer Ansicht nach ist das dann der Fall, wenn das Prinzip gilt: erst Gesundheit bewah- Vizepräsidentin : ren und dann, wenn notwendig, Krankheiten heilen. Das Merkmal für nachhaltige Gesundheitspolitik ist daher: Frau Kollegin Michalk, denken Sie bitte an die Rede- Sie muss vorsorgen, sie muss auf Gesundheitsgefahren zeit. hinweisen und über Gesundheitsrisiken aufklären, und sie muss Menschen weitestgehend vor Krankheit bewah- (CDU/CSU): ren. Vorsorgende Gesundheitspolitik ist damit auch ein Zum Schluss möchte ich sagen: Wir werden bei Mo- Teil des vorsorgenden Sozialstaates. Sie muss daher eng dellprojekten bleiben. Sie haben sie kritisiert. Ich finde, mit der Bildungs- und Familienpolitik wie auch mit der sie sind richtig. Neben den Modellprojekten, die im Pfle- aktiven Arbeitsmarktpolitik verzahnt werden. gebereich laufen, haben wir seit dem 1. April dieses Jah- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten res übrigens auch ein männliches Modellprojekt, liebe- der CDU/CSU) voll „ARMIN“ genannt, in dessen Rahmen in enger Kooperation mit allen Leistungserbringern getestet wird, An dieser Stelle erinnere ich schon daran: Prävention ob die Wirkstoffverordnung zu einer qualitativ besseren und Gesundheitsförderung spielen sich in Lebenswelten Leistungserbringung im Interesse der Versicherten führt. wie der Kita, der Schule, dem Betrieb, aber auch im Wir sind auf das Ergebnis in fünf Jahren gespannt. Ich Pflegeheim ab. Der kommunalen Gesundheitsvorsorge wünsche mir schon heute, – wird dabei in nächster Zeit eine größere Bedeutung zu- kommen. Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Frau Kollegin Michalk! Prävention ist daher ein zentraler Bereich unserer Ge- (B) sundheitspolitik. Prävention ist keine Einbahnstraße. (D) Maria Michalk (CDU/CSU): – dass der Gesundheitsausschuss ganz schnell für die (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Umsetzung sorgt und dies in Gesetzesform gießt. Das Prävention muss alle Teile der Gesellschaft erreichen. zeigt, dass wir nicht nur auf die jetzige Legislaturperiode schauen, sondern auch in die Zukunft. Ich möchte einige Beispiele dafür nennen, vor wel- chen Herausforderungen wir stehen: Erst vor kurzem Danke schön. gab es wieder Meldungen über die wachsende Drogen- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- problematik an der deutsch-tschechischen Grenze. Ins- neten der SPD) besondere Jugendliche, teilweise jünger als 16 Jahre, greifen immer häufiger zur Modedroge Crystal, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Für relativ wenig Geld ein Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Maximum an Leistungsfähigkeit kaufen, das ist der Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist der Wunsch der Jugendlichen. Die enormen Risiken und ge- Kollege , SPD-Fraktion. fährlichen Nebenwirkungen werden ignoriert. Hier müs- sen wir handeln. Hier muss Aufklärungsarbeit geleistet (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten werden – hier müssen Projekte über die Gefahren infor- der CDU/CSU) mieren –, und den Betroffenen muss geholfen werden.

Burkhard Blienert (SPD): (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) Frau Präsidentin! Herr Bundesminister Gröhe! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einen direkten Sehen wir uns das Feld der Onlinesucht an. Jeder Blick auf den Haushalt werfen. Wir haben viel über die fünfte Jugendliche in Deutschland ist computerabhängig Pflege und andere Bereiche gehört. Diese Themen oder zumindest gefährdet. Meistens betrifft es die Jungs. werden uns an anderen Tagen noch beschäftigen. Heute Onlinespiele, soziale Netzwerke, all dies gehört bei vie- geht es erst einmal um die Zahlen des Haushalts len Jugendlichen zur täglichen Freizeitbeschäftigung. des Bundesgesundheitsministeriums. Hinter diesen Hier ein Post und dann noch schnell in den Chat, das ist Zahlen verbergen sich erste Vorstellungen von unserer normal. Die Übergänge zwischen Freizeitgestaltung und Gesundheitspolitik. Dabei geht es um die alten und Sucht sind oftmals fließend und nur schwer erkennbar. neuen gesundheitspolitischen Herausforderungen, die Außerdem gibt es noch eine große Unsicherheit in der wir in nächster Zeit bewältigen müssen. Es wird deut- Gesellschaft, ab wann wir jemanden als onlinesüchtig Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 30. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 10. April 2014 2523

Burkhard Blienert (A)bezeichnen müssen. Von 30 Stunden pro Woche ist häu- Vorsorge beginnt natürlich im Denken und Handeln (C) fig die Rede. Aber stimmt das tatsächlich? Und was pas- jedes Einzelnen. Deshalb müssen wir mit unseren Bera- siert dann? Wo ist Hilfe, wie sieht die Hilfe aus? Was tungsangeboten dort ansetzen, wo wir die Menschen fin- machen die Angehörigen, die oftmals erst dann etwas den und abholen können, damit wir niemanden aus dem mitbekommen, wenn das Kind sprichwörtlich online Blick verlieren. Mit diesem ersten Haushalt der Großen verschwunden ist? Sinnvolle und vorsorgende Gesund- Koalition untermauern wir dies. heitspolitik kann auch vor dieser besorgniserregenden Entwicklung nicht die Augen verschließen. Auch hier Danke für die Aufmerksamkeit. müssen Beratungsangebote gesichert und ausgebaut (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) werden. Eltern und Jugendliche brauchen Anlaufstellen, die niedrigschwellig helfen. Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Vielen Dank, Herr Kollege Blienert. Ich gratuliere Ih- der CDU/CSU) nen ganz herzlich zu Ihrer ersten Rede hier im Deut- schen Bundestag. Die Diagnose wäre damit klar. Stimmt auch die The- rapie? Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesem (Beifall) Haushalt setzt die Große Koalition den Schwerpunkt im Bereich der Prävention. Über 43 Millionen Euro werden Die Kollegin hat jetzt das Wort für die für Präventions- und Aufklärungsarbeit eingestellt, Geld, CDU/CSU-Fraktion. das dringend für die Sicherstellung von Projekten zum (Beifall bei der CDU/CSU) Beispiel in der Sucht- und Drogenprävention benötigt wird. Hier muss auch gesagt werden: Schon vor 2009 hat Gesundheitsministerin Ulla Schmidt viele richtige und Karin Maag (CDU/CSU): wichtige Modellprojekte aufgelegt. Frau Präsidentin! Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei Gesamtausgaben von 11 Milliarden (Beifall bei der SPD) Euro sind für die eigentlich gesundheitspolitisch rele- vanten Aufgaben insgesamt 78 Millionen Euro veran- In den letzten vier Jahren sind viele Projekte leider aus- schlagt. gelaufen; wir haben dies in der letzten Wahlperiode zu Recht immer wieder kritisiert. (Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!) Präventionsangebote kosten Geld, das sich aber lang- (B) fristig auszahlt. Deshalb sind im Haushalt für die Arbeit Von diesen Ausgabentiteln mit einem Gesamtvolumen (D) gegen Drogen- und Suchtmittelmissbrauch über 12 Mil- von 78 Millionen Euro liegen mir weiterhin natürlich lionen Euro eingestellt. Wir werden auch eine Dreivier- vor allem die Ausgabentitel für die Aids- und die Dro- telmillion für Computer- und Onlinesucht-Prävention genaufklärung am Herzen. Mit der Mittelaufstockung zur Verfügung stellen. Auch den Bereich der Glücks- auch der vergangenen Jahre, Herr Kollege, wurde die spiele müssen wir im Auge behalten. Glücksspielsucht Reichweite der Maßnahmen erhöht und der zielgruppen- ist ein ernstzunehmendes Problem in unserer Gesell- spezifische Ansatz verbessert, und da bleiben wir weiter- schaft. hin eng dran. Nur eine Zahl hierzu: Allein die Belastungen der (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Krankenkassen aufgrund der Behandlung belaufen sich neten der SPD) auf eine halbe Milliarde Euro. Auch das müssen wir Auch die Mittel für die Forschung in diesem Bereich noch stärker in den Blick nehmen. Auch institutionell in Höhe von 1,6 Millionen Euro wurden wieder gut an- verbessern wir die Präventionsarbeit. Mit 4 Millionen gelegt. Ein Beispiel für den Bereich Aids: Wir sprechen Euro mehr statten wir die Bundeszentrale für gesund- hier in mittlerweile rund 20 Fällen – das hört sich wenig heitliche Aufklärung aus. Das sind im Vergleich zu 2013 an, ist aber eine bahnbrechende Verbesserung – von knapp 25 Prozent mehr. funktioneller Heilung; das heißt, diese Menschen sind (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten praktisch virusfrei, ohne spezielle Medikamente. Hier ist der CDU/CSU) das Geld also wirklich toll angelegt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Prävention hat viele Frau Hinz, ich bin mit Ihnen absolut einer Meinung: Facetten. Sie ist für vorsorgende Gesundheitspolitik un- 2014, spätestens aber 2015 müssen wir die Mittel für die ablässig und kostet Geld. Gesundheitsrisiken sind ab- Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV- hängig von Lebensgewohnheiten und Umwelteinflüssen, infizierte Personen“ aufstocken. Das haben Sie vollkom- aber auch vom sozialen Status. Richtige Präventionsar- men richtig gesagt. beit muss hierauf reagieren. Es ist an uns, das alles nicht (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. aus den Augen zu verlieren. Neue Entwicklungen müs- [DIE LINKE]) sen in der Gesundheitsvorsorge mitgedacht und aufge- nommen werden. Fakt ist aber auch: Politik kann nicht Die Renten sind bis maximal 2017 finanziert, und es alles regeln. Manches kann aber nur durch Politik beför- muss jetzt einfach zu einer Anschlussfinanzierung kom- dert werden. men. Hier bin ich auf Ihrer Seite.