Per Schiff von der Donau zum Bodensee?

Von Hans Willbold, Dürnau "Die am 29. Juli im .Buchhorner Hof' in Fried- richshafen tagende öffentliche Versammlung, die Am 29. 7. 1917, einem Sonntagnachmittag, von Vertretern aus dem ganzen württembergischen fand im Saal des .Buchhorner Hofes" in Friedrichs- Oberland sehr zahlreich besucht ist, hält die Schiff- hafen eine Versammlung statt, deren Ziel es war, barmachung des Oberrheins im Interesse Ober- Verständnis für einen Wasserweg von der Donau schwabens für dringend geboten. Die Durch- zum Bodensee zu schaffen. führung dieses Werkes ist als eine der ersten und Initiiert wurde die Veranstaltung von dem am dringendsten Aufgaben für die Zeit unmittelbar 9. 12. des Vorjahres in Stuttgart gegründeten Süd- nach Friedensschluß anzusehen. Die Schiffbarma- westdeutschen Kanalverein. zu dessen Mitgliedern chung des Oberrheins bis zum Bodensee ist auch auch Dr. h. c.Robert Bosch zählte. Er vor allem war die entscheidende Voraussetzung für die Schaffung es, der dem Kanalbaugedanken durch eine großzü- eines Schiffahrtsweges vom Bodensee bis zur gige finanzielle Stiftung besondere Förderung an- Donau, die von Oberschwaben angestrebt wird. Da gedeihen ließ. die Schiffbarmachung des Oberrheins vom Rhein- Bei der Versammlung in Friedrichshafen wurde schiffahrtsverband Konstanz, die Verbindung von den Reichs- und Landtagsabgeordneten. den Ver- Donau und Bodensee vom Südwestdeutschen Ka- tretern der Oberämter. Handelskammern, Indu- naIverein bearbeitet wird, so sichert die Versamm- striebetriebe und interessierten Gemeinden zwi- lung beiden ihre nachdrücklichste Unterstützung schen Ulm und dem Bodensee das seinerzeit aktu- zu. Die Versammlung wünscht, daß beide Körper- elle, aus dem Jahre 1907 stammende Projekt der schaften durch gemeinschaftliche Arbeit ihre Ziele Bauräte Gugenhan und Eberhardt vorgestellt, wel- gegenseitig fördern." ches vorsah, die Täler der Riß und Schussen für den In Hochstimmung ging man auseinander. Kanalbau zu nutzen. Geplant war, daß der Kanal Lange hielt sie jedoch nicht an, denn schon ein oberhalb von Biberach das Rißtal verlassen und Jahr später, im August 1918, mußte der Plan, den dann mit einem 45 m hohen Hebewerk die 31 km Federsee zu stauen, aufgegeben werden, nachdem lange Scheitelhaltung ersteigen sollte, die bei Bi- man sich mit den örtlichen Verhältnissen etwas berach begonnen und an Schussenried und Aulen- näher befaßt hatte. Der vom Südwestdeutschen dorf vorbeigeführt hätte. Zur Speisung der Scheitel- Kanalverein mit den Untersuchungen beauftragte haltung war nach diesem Projekt der Federsee vor- U1mer Stadtbaurat und spätere Professor Adolf Göl- gesehen. Er sollte nach Abdämmung des Kanz- ler hatte festgestellt, daß der Federsee als Stau- achtals und des Federbaches mit mäßig hohen becken für den Kanal nicht in Betracht kommen Dämmen aufgestaut und dadurch von 225 ha Was- kann. Ain Ende stand die Erkenntnis, daß ein Auf- serfläche auf rund 4000 ha. also etwa seine frühere stauen des Sees auch nur um wenige Meter "einen Größe, gebracht werden. Die Planer errechneten Teil des Städtchens Buchau sowie verschiedener durch diese Maßnahmen für den Federsee eine Ortschaften" in die Gefahr des Ertrinkens bringt. Wassermenge von über 100 Millionen Kubikmeter. Zudem ergaben die Berechnungen, daß die Zu- Die Gründe für den Kanalwunsch lagen im Jahre leitung des Wassers vom See zum Kanal bei Schus- 1917 nicht zuletzt auch in der Bedeutung für die senried wegen der Überwindung der Wasserscheide Entwicklung der Wasserkräfte sowie vor allem in Rhein-Donau viel teurer käme als ursprünglich an- kriegswirtschaftlicher Hinsicht, nachdem sich 1916 genommen. zunehmende Spannungen im Transportbereich ge- Noch ein halbes Jahr zuvor war Göller davon zeigt hatten. "Von oben" wurde daher dekretiert: ausgegangen, daß "Gelegenheit vorbanden ist, eine Der Ausbau der Wasserstraßen ist sowohl im Inter- Anzahl Seen, so den Federsee, den Schreckensee esse der Heeresverwaltung als auch im Interesse und den Altshauser Weiher mit einfachen Mitteln der Zivilbevölkerung und der Industrie zu deren um einige Meter anzustauen und damit auch die Versorgung mit Rohstoffen und Fertigfabrikaten sonst bei Hochwasser unbenützt ablaufenden Was- unerläßlich. sermengen zu einem guten Teil nutzbar zu machen. Außer den Vertretern des Südwestdeutschen Ka- Im Federsee kann beispielsweise bei einer Anstau- naIvereins, die sich für die Strecke zwischen U1m ung um 1,7 m. was noch als durchaus zulässig be- und dem Bodensee stark machten, ergriffen auch trachtet werden muß, ein Stauraum von zirka 17 der Vorsitzende und der Geschäftsführer des in Millionen Kubikmeter geschaffen werden, im Konstanz beheimateten Rheinschiffahrtsverbandes Schreckensee bei 3 m Aufstau ein solcher von 3 das Wort. Sie betonten ihren Willen zur Zusam- Millionen Kubikmeter, im Altshauser Weiher bei 2 menarbeit mit dem Südwestdeutschen Kanalver- m Aufstau von 1,4 Millionen Kubikmeter." Außer- ein. Beide betonten jedoch, daß ein Kanalbau in dem hatte er zunächst den aus dem Federseeried Oberschwaben nur dann in Frage komme bzw. kommenden Federbach mit 0,07 Sekundenkubik- überhaupt Sinn habe, wenn zuvor Ober- und meter Wasserlieferung sowie die obere Kauzach Hochrhein schiffbar gemacht würden. Darüber war samt dem Bierstetter Bach mit 0,30 Sekundenku- man sich allgemein einig. So entstand als Ergebnis bikmeter Wassermenge in seine Planungen mit ein- der Versammlung folgende Resolution: bezogen. Waren dies die Ursachen für das Fehlen

58 des Donau-Bodensee-Kanals bis zum heutigen geologischen Probleme führten aber zur Ableh- Tage? nung dieses Planes. Ganz so einfach ist das Problem nicht gelagert. Da man sich inzwischen in Stuttgan auch über Ein Blick zurück! Erstmals 1819 wurde ein Ka- die Trasse der Verbindung vom zur Donau rialplan. der vom Ulmer Baurat Schlumberger geeinigt hatte, wofür die Flußtäler von Rerns. Ko- stammte, bearbeitet. Dieser sah mindestens 95 cher, Brenz. Lone und Fils zur Wahl standen, be- Schleusen und für die damalige Zeit horrende Ko- gann nun, wie eingangs geschildert, wieder die Dis- sten vor. Die Trasse verlief von Ulm südlich an Er- kussion um einen Donau-Bodensee-Kanal. bach und Rißtissen vorbei und dann über Schem- In den Oberamtsstädten Oberschwabens wurden merberg. Warthausen. Biberach. Ummendorf, Informationsveranstaltungen abgehalten. Ausstel- Schweinhausen. Degernau, Winterstettendori, lungen sollten den Menschen den Kanalgedanken Schussenried, . Mochenwangen, Ravens- näherbringen. burg. Weissenau, Brochenzell nach Friedrichsha- Bei einer derartigen Kanalausstellung im Ra- fen. vensburger Konzerthaus sprach am 9. 7. 1920 der Kritiker bezeichneten ihn als abenteuerlich und vom Südwestdeutschen Kanalverein mit der Pla- gingen nicht von 95, sondern von 158 Schleusen nung beauftragte Professor Göller. aus. Das war sein Todesurteil, obwohl Rentabilitäts- Er war nach der Prüfung verschiedener Varian- berechnungen für einen Kanal nicht ungünstige ten zu der Überzeugung gekommen, daß der be- Auspizien ergaben, denn Wassertransport war da- reits 1907 von den Bauräten Gugenhan und Eber- mals weniger als halb so teuer wie die Beförderung hardt vorgeschlagene Weg über Riß und Schussen auf dem Lande. nach Abänderungen und Verbesserungen der ein- Wenige Jahre später wurde ein anderes Projekt deutig beste, weil kürzeste, ökonomisch beste und debattiert. Es basierte auf einem Plan des Oberleut- technisch relativ einfachste war.Folgen wir seinen nants Duttenhofer, welcher eine Kanalverbindung Ausführungen: vom Neckar über die Erms und bis zur Do- "Die 104 km lange Schiffahrtsstraße nimmt nau vorsah.Auf letzterer, die durch Staustufen ihren Ausgang im Ulmer Osthafen bei der Fried- fahrbar gemacht werden sollte, ging es dann nach richsau mit einer Stauhöhe von 464,50 m. Eine Dangendorf anschließend das Kanzachta l aufwärts Wehr- und Schleusenanlage bei der Ziegellände bis zum Federsee. Von dort wurde bei Sattenbeuren (Anm.: bei der Eisenbahnbrücke) vermittelt den die Endmoräne als Wasserscheide überschritten, Aufstieg von 3,50 m in die obere Ulmer Haltung, um dann in großen Zügen der Schussen zu folgen. die dem Unterwasser des Ulmer Elektrizitätswerks Die Kritiker beanstandeten besonders das Kanal- entspricht. Oberhalb der Illermündung, wo im ende am Bodensee. das in unmittelbarer Nähe des Gögglinger Ried ein Ulmer Westhafen geplant ist, königlichen Schlosses liegen sollte. Des weiteren beginnt nun die eigentliche Kanalstrecke mit einer wurde gerügt, die seinerzeitigen technischen Mög- Länge von 99 km. Diese folgt im großen und lichkeiten seien völlig außer acht gelassen worden. ganzen dem Laufe der Südbahn Ulm-Friedrichsha- Die Trasse hätte zudem außer keines fen.Sie durchzieht zunächst das Gögglinger Ried, der oberschwäbischen Zentren berührt, was eben- überschreitet kurz unterhalb von Erbach auf einer falls als Mangel empfunden wurde. Somit wurde Kanalbrücke die Donau. verläuft zwischen Laup- der Plan wieder ad acta gelegt. heim und Warthausen am Fuße des östlichen Tal- Weitere Überlegungen für den Bau eines Kanals hanges und folgt nun von da aus dem Tal der Riß wurden bereits im Jahre 1838 angestellt, als sogar bis zu ihrem Ursprung bei Winterstettendorf. Hier- König Wilhelm I. einige Zeit lang erwog, statt der bei wird kurz oberhalb Biberach gegenüber der Sta- Südbahn Ulm-Friedrichshafen eine Wasserstraße tion Ummendorf die Südbahn unterfahren und in ins Auge zu fassen. Er beauftragte den Kreisbaurat die 26 km lange Scheitelhaltung aufgestiegen, die v. Bühler. mit den Vorarbeiten für einen Kanalbau sich bis unterhalb Aulendorf erstreckt. Die Scheitel- zu beginnen. Wieder stand der Federsee als Wasser- haltung liegt auf 546 m. Bei Winterstettenstadt, wo lieferant zur Diskussion. Als aber die oberschwäbi- die Südbahn nochmals gekreuzt werden muß, be- schen Oberämter mit Ausnahme von Ulm die ginnt der eigentliche Scheiteleinschnitt. welcher Chancen eines Kanals, der erneut 95 Schleusen ha- sich über Winterstettendorf und Hagnaufurt bis zu ben sollte, als ungünstig beurteilten, wurde dieser dem von der Schussen durchflossenen Schwaig- Entwurf vom Jahre 1839 an nicht weiter verfolgt. furtweiher südlich dem Bahnhof Schussenried er- Bühler erhielt für seine Bemühungen immerhin ei- streckt und durchschnittlich 10-12 m, auf einer nen Orden. kurzen Strecke, nämlich bei der Durchschneidung Danach fiel der oberschwäbische Kanal in einen der europäischen Wasserscheide bei Hagnaufurt, jahrzehntelangen Dornröschenschlaf. Dieser en- sogar 25 m Tiefe aufweist. dete mit einem Pa ukenschlag, als 1916 aus der Unterhalb vom Bahnhof Aulendorf muß das Schweiz der Vorschlag kam, Oberschwaben zu um- Schussental auf kurze Zeit verlassen werden, weil gehen und die Donau von Ulm bis Immendingen der nunmehr beginnende eng gewundene Schus- notfalls mit einem Seitenkanal zu benützen, um sentobel, den bekanntlich die Eisenbahn benützt, von dort aus nach Passieren eines Tunnels über die Kanalführung nicht mehr gestattet. Engen und Singen nach Radolfzell zu kommen. Die Der Kanal überschreitet daher, immer noch in Länge der Trasse, welche die der Strecke der Scheitelhaltung. unterhalb dem Bahnhof auf Ulm-Friedrichshafen um 60% übertraf, sowie die einer Kanalbrücke die Südbahn und zieht sich auf

59 Nord 1

Ehingen o Ehingen 0

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Biberach Ochsenhausen Ochsen hausen Federsep Federseeß o o o Buchau 0 Buchau '--- .--... SchussenrieCO

Aulendorf

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10 20 )an

Bodensee 10 20 km Kanalprojekt Konz 1942

Kanalprojekt Göller 1921

Zeichenerklärung:

DS Doppelschleuse H Hebewerk HSEHebewerk Schiefe Ebene K Kraftwerk S Schleuse ST Schleusentreppe Kanal Südbahn Wasserscheide - ...- Kanaltunnel

60 der rechten Talseite bis Münchenreute hin. Von nannte Wassermenge reicht bei Verwendung der hier ab beginnt nun der 99 m hohe Abstieg ins vorgesehenen Sparschleusen für einen Jahresver- Schussenbecken bei Mochenwangen, für welchen kehr von 3 Millionen Tonnen aus. Steigt der Ver- eine sogenannte Verbundschleusentreppe vorgese- kehr über dieses Maß hinaus, so kann mit einfa- hen ist. Es ist das eine Reihenfolge von zehn je 9,9 chen Mitteln durch Aufpumpen von Wasser aus m hohen Schleusen, die durch 350 m lange Zwi- den Haltungen der Nordrampe eine allmähliche schenhaltungen zum Ausweichen der Schiffe von- künstliche Vermehrung des Wasservorrats bis zu ei- einander getrennt sind. nem Jahresverkehr von 10 Millionen Tonnen und Von Mochenwangen abwärts bietet die Kanal- darüber hinaus erzielt werden. führung in dem nunmehr geräumigen Schussental Von einer Heranziehung des Federsees zur Was- keine Schwierigkeiten mehr. In Ravensburg ist ein serspeisung habe ich neuerdings Abstand genom- ca. 1100 m langer Hafen ganz in der Nähe des men, weil er sich infolge seiner flachen Ufer nicht Bahnhofs geplant. In vier großen Haltungen, die bis leicht für einen Stauweiherbetrieb eignet und die westlich, von da ab nach Unterfah- Rechnung ergibt, daß die beabsichtigte Steigerung rung der Südbahn östlich derselben verlaufen und des Wasservorrats, wenn eine solche notwendig mit Schleusengefallen von 9, 12, 14 Lind17 m wird wird, auf dem geschilderten Weg billiger zu errei- in der Achmündung das Seeufer bei Friedrichsha- chen ist. fen erreicht. Die Baukosten des Kanals sind vorläufig nach Kanalhäfen sind geplant außer den beiden UI- Friedenspreisen zu 110 Millionen errechnet wor- mer Häfen bei Laupheim, Biberach.Aulendorf Lind den. Ravensburg. Der in Friedrichshafen neu zu schaf- Wie bei den meisten Schiffahrtskanälen, so bietet fende Handels- und Umschlagshafen ist im An- sich auch beim Bau eines Ulm-Bodensee-Kanals schluß an den dortigen Dampfschiffhafen und als eine hervorragende Gelegenheit zu einer Verbesse- dessen östliche Erweiterung gedacht. rung der wasserwirtschaftlichen Verhältnisse.Vor Zu ersteigen sind von Ulm aus bis zur Scheitel- allem läßt sich fast mühelos eine restlose Ausnut- haltung 81,5 m. Vom Bodensee her, dessen Mittel- zung der heute zum größeren Teil noch schlum- wasser auf 395 m liegt, sind es 151 m. Die Nord- mernden Wasserkräfte der Riß und der Schussen rampe weist außer der 3,5 m hohen Donauschleuse herbeiführen. Im Gebiet der Riß und Schussen sind oberhalb der Eisenbahnbrücke acht Kammer- bis heute nur etwa 1280 effektive Pferdestärken schleusen von 8 bis 11 m Gefälle auf. Die Südrampe ausgenützt. Nach dem Ausbau des Kanals werden hat 14 Schleusen erhalten, darunter die 10 Schleu- in 5 Triebwerken der Südrampe. worunter das 99 sen der Mochenwanger Schleusenrreppe. Die größ- m hohe Hochdruckwerk bei Mochenwangen, und ten Gefälle von 14 und 17 m haben die beiden letz- drei Triebwerke der Nordrampe. welche durchweg ten Schleusen der Südrampe bei Meckenbeuren akkumulierbar sind, bei elfstündigem Betrieb und St. Georgen erhalten. 13100 PS roh gewonnen werden. Hinzu kommen Insgesamt sind also in der reinen Kanalstrecke noch die beiden. allerdings nicht akkumulierbaren zwischen Illermündung und Bodensee 22 Schleu- Donauwerke gegenüber Gögglingen und bei der sen vorgesehen. Die nutzbare Breite der Schleusen Ulmer Ziegellände mit zusammen 6070 PS, so daß ist zu 12 m angenommen; ihre Länge beträgt je 110 insgesamt 19 200 rohe PS ausgenützt sein werden. m. Diese ist so bemessen, daß ein Kahn von 1200 Diese Kräfte werden allerdings mit der Steige- Tonnen und der dazugehörige Schlepper gleichzei- rung des Schiffsverkehrs eine entsprechende tig durchgeschleust werden können. Schmälerung erfahren. Doch werden bei einem Eine Ausnahme hiervon machen die unmittelbar Jahresverkehr von 2 Millionen Tonnen beispiels- an die Scheitelhaltung anschließenden Schleusen, weise immer noch 12 000 PS zur Verfügung stehen. nämlich die zehn des Mochenwanger Abstiegs und Über den großen wirtschaftlichen Wert eines die zwei bei Rißegg, die nur 90 m lang werden, weil Ulm-Bodensee-Kanals nicht nur für Oberschwaben angenommen wird, daß in der Scheitelhaltung ein und den deutschen Süden, sondern weit darüber sogenannter Pendelbetrieb eingerichtet wird, so hinaus auch für den internationalen Verkehr be- daß es nicht nötig wird, die von der Donau bzw. steht heute kein Zweifel mehr. Die Industrie Ober- vom See her kommenden Schlepper mit hindurch- schwabens wird durch ihn Anschluß finden nicht zuschleusen. Es hat dies eine nicht unwesentliche nur an den Oberrhein. sonderm auch an die Donau Verbilligung dieser Schleusen und eine Ersparnis und den kanalisierten eckar und durch diese an an Betriebswasser zur Folge. Der Betrieb in der den Ursprungsort der Kohle und die Meerhäfen Schleusen treppe erfolgt mit Treidellokomotiven. und dadurch eine mächtige Förderung erfahren Sämtliche Schleusen sind mit Sparkammern aus- durch die wesentlich günstigere Gestaltung ihrer gerüstet und verbrauchen nur 40% einer normalen Produktionsbedingungen und die Erschließung Schleusenfüllung. Die wichtige Frage der Wasser- neuer Absatzgebiete. Vorarlberg, Tirol und die speisung gestaltet sich dank der großen Länge und ganze Ostschweiz werden durch diesen Kanal nicht tiefen Lage der Scheitelhaltung recht günstig, in- nur dem südwesteuropäischen Wirtschaftsgebiet, dem dieser das gesamte Rißgebiet einschließlich sondern auch den Donauländern nähergerückt der Umlach und das ganze Schussengebiet bis zum werden. Noch mehr wird aber seine Bedeutung für Durlesbach mit insgesamt 1,9 Kubikmeter Wasser den internationalen Transitverkehr in die Erschei- in der Sekunde, teils unmittelbar, teils mit kurzen nung treten, wenn einmal der von der Schweiz er- Speisegräben. zugeführt werden kann. Die ge- wogene Plan eines transhelvetischen Kanals über

61 die , den Bieler und Neuenburger zum Genfer von rund 4 Milliarden Kilowattstunden ergeben. See und von da weiter über die Rhone zum Mittel- Die letzte Staustufe wird das Bodenseeregulierwerk meer zur Tatsache geworden sein wird." zu bilden haben. So weit die Ausführungen Professor Göllers. Durch Kanalisierung des Hochrheins wird der Auch sein Projekt blieb nicht ohne Kritik. Die re- Bodensee zu einem großen Binnenhafen. Rhein lativ geringe Zahl von 22 Schleusen hätte zur Folge und Donau sind dann nur noch durch einen rund gehabt. daß man dafür teils tiefe Einschnitte ins 100 km breiten Landrücken getrennt. Die Verbin- Gelände (bis 28 m) und hohe Dammstrecken (bis 9 dung von Friedrichshafen über das Schussen- und m Höhe) benötigt hätte. Außer der Schleuse bei der Rißtal zur Donau bei Ulm hat die erste Aussicht auf Ulmer Ziegellände wären auf der Nordrampe wei- Verwirklichung. Der Ausbau des Donau-Bodensee- tere bei Donausretten. Erbach. Achsterten. Laup- Kanals ist nicht nur als Verbindungskanal vom heim, Baltringen. Warthausen und Appendorf- Rhein über den Bodensee zur Donau ein Gebot der Rißegg entstanden, während die Südrampe außer Stunde, sondern auch vom Standpunkt der der zehnstufigen Schleusentreppe bei Mochenwan- Raumordnung und Ansiedlung der sich entvöl- gen noch je eine bei Meßhausen, Ravensburg, kernden Kreise in Oberschwaben eine politische Meckenbeuren und St. Georgen erhalten hätte. Notwendigkeit. " Dann kam die Inflation und später die Weltwirt- Da inzwischen der von Prof. Göller aus dem schaftskrise. in deren Gefolge die Kanalpläne wie- Jahre 1920 stammende Kanalentwurf veraltet war der für einige Zeit in der Schublade verschwanden. und die Gemeinden an Riß und Schussen mehr Im Dritten Reich wurden sie erneut hervorge- und mehr in der Entwicklung behinderte, beauf- holt. allerdings nur zögerlich. Wir wissen, daß da- tragte der Südwestdeutsche Kanalverein im De- mals zunächst der Bau der Reichsautobahnen in zember 1940 den Strombaudirektor a. D. Dr. h. C. den Vordergrund gestellt wurde, nicht zuletzt auch Otto Konz mit der Erstellung eines neuen Kanal- aus militärstrategischen Erwägungen hera us. Da planes.Dieser war im Sommer 1942 fertig. sich damals ferner abzeichnete, daß von Regie- Konz hielt sich in großen Zügen an das Gö!ler- rungsseite der Rhein--Donau-Kanal favori- sehe Projekt. Er verzichtete aber auf die Aus- siert und eine eventuelle private Finanzierung ab- führung des Kanals als reiner Schleusenkanal und gelehnt wurde, stellte man gezwungenermaßen die ersetzte die zehnstufige Schleusentreppe bei Mo- geplante, technisch aber nicht einfache Verbindung chenwangen durch eine Schiefe Ebene mit 104 m vom Neckar über das Filstal und einen Albtunnel Hub, 5 km Länge und 2% Gefälle beim Weiler Hal- zur Donau bei Ulm zurück und verlegte sich wieder ler. Auf der Schiefen Ebene, die als Doppelhebe- mehr auf den Ausbau des Hochrheins bis zum Bo- werk ausgelegt war, würden die Schiffe in Trogwa- densee als weitere Voraussetzung für den Kanal gen befördert. Außerdem sah er vier Gegenge- von Ulm zum Bodensee. wichtshebewerke mit einem Hub von 22, 23 und So wurden im September 1937 zwischen 32 m bei Unterkirchberg. Baltringen, Ummendorf Deutschland, Österreich und der Schweiz Pläne und Ravensburg vor. Hinzu kamen drei Doppel- erörtert. durch deren Verwirklichung der Bodensee schleusen mit je 10m Gefälle bei Ulm, Staig und zum "größten Binnenhafen Mitteleuropas" gewor- Friedrichshafen. Somit gab es insgesamt nur noch den wäre.Hierzu sollte der See reguliert werden, sieben Haltungen (Neu-Ulm, Laupheirn, Biberach. damit er als Speicherbecken für die Hochrhein- Scheitelhaltung Aulendorf 550 m ü. N. N., Mo- Kraftwerke und den zu bauenden Hochrhein-Ka- chenwangen. Niederbiegen, Ravensburg) anstatt nal nach Basel dienen konnte. Durch die Regulie- deren 22 wie beim Entwurf Göllers. Bei Winterstet- rung und den Hochrheinausbau versprach man tenstadt plante er einen kurzen Scheiteltunnel sich die Erweiterung aller Bodenseehäfen. nicht durch den Schloßberg von 1000 m Länge und 15 m zuletzt auch, "wenn der See außerdem noch durch Durchmesser. Die Fahrwassertiefe sollte auf der den projektierten Seitenkanal von Friedrichshafen ganzen Länge des Kanals von 106 km 3 bis 4 m be- nach Ulm Anschluß an die großen Wasserstraßen tragen. Donau-Neckar und Donau-Main-Rhein findet". An den drei Doppelschleusen sollten insgesamt Nach wie vor vertrat man in Stuttgart jedoch die sechs Kraftwerke mit einer Jahreserzeugung von Ansicht, der Kanal von der Donau zum Bodensee 37,6 Millionen kWh entstehen, wovon für den Ka- werde erst nach dem Ausbau des Neckars. der obe- nalbetrieb (Hebewerke etc.) 20 bis 22 Millionen ren Donau zwischen Regensburg und Ulm und des kWh benötigt würden. Als Fahrzeit der Schiffe zwi- Hochrheins aktuell. schen Ulm und Friedrichshafen setzte er maximal In den Jahren 1940 und 1941 wurden die Akti- 36 Stunden an. vitäten zugunsten der Verbindung Basel-Bodensee Da Konz mit seinem Kanalentwurf Ulm jedoch -Donau wieder verstärkt aufgenommen. In einem südlich (mit südlichstem Punkt Gerlenhofen) um- Memorandum schreibt Dr.-Ing. Schwarz aus Stutt- ging und erst bei Thalfingen in der überdies auch gart: "Der Hochrhein als Teilstück im südwestdeut- noch zu verlegenden Donau beginnen bzw. enden schen Wasserstraßennetz muß für das 1200- bis ließ, erhob die Stadt Ulm Einspruch, weil dadurch 1500-Tonnen-Schiff ausgebaut werden. Auf der zu ihr Vorhaben, dort ein Kraftwerk zu bauen, nicht kanalisierenden Strecke sind insgesamt 17 Staustu- mehr realisierbar gewesen wäre. fen vorgesehen, wovon sechs bereits fertiggestellt Dieser, wie sich zeigen sollte, letzte Kanalplan sind. An ausbaufähigen Wasserkräften sind insge- mit einem Kostenvoranschlag von 202 Millionen samt 800000 PS vorhanden, die eine Jahresleistung Reichsmark wurde schließlich vom Innenministe-

62 rium 1943 auf Eis gelegt mit dem Bemerken, es hatte. Der Kanal von Ulm zum Bodensee blieb ent- handele sich hier um Friedensplanung. gegen der jahrzehntelang an den Tag gelegten opti- In der Schweiz dagegen liefen während des mistischen Überzeugung seiner Verfechter letzten ganzen Zweiten Weltkrieges die Vorarbeiten für die Endes doch eine Utopie. Schiffbarmachung des Hochrheins weiter. Im März 1945 waren sie nahezu abgeschlossen. An- schließend ging man daran, die Frage des Transhel- vetischen Kanals erneut zu prüfen. Aber auch hier Quellen und Literatur scheiterte letztendlich die Realisierung vor allem an Feuchtinger, M. E.,Der Donau-Bodensee-Kanal. Berlin Wirtschaftlichkeitsberechnungen. Genau so war es 1926 Gelpke, R., Rheinwasserstraße Basel-Bodensee, Zürich beim Ausbau der Donaustrecke von Kelheim bis 1909 Ulm, wo 19 Staustufen benötigt worden wären. Geyer, O. F. und Gwinner, M. P., Einführung in die Geo- Statt dessen wurde ab 1958 die Obere Donau mit logie von Baden- Württemberg, Stuttgart 1968 20 Kraftwerken zur Kraftwasserstraße ausgebaut Göller, A., Großschiffahrtsweg Ulm-Bodensee, München, "als Vorstufe des späteren Ausbaus zur Großschiff- o. J. Göller,A., Großschiffahrtsweg Ulm-Bodensee, Stuttgart fahrtsstraße" . 1918 Nachdem im Juli 1968 die Neckarstrecke Stutt- Gradmann, R.,Süddeutschland, Stuttgart, 1935 gart-Plochingen dem Verkehr übergeben worden Hessenberger, M., Der Ausbau der Oberen Donau, Mün- war, lebte für einige Jahre die Diskussion um die chen 1963 Fortsetzung zur Donau wieder auf. Aber schon Isendahl. W.,Der projektierte Kanal von Genua nach dem Bodensee über die Alpen, Berlin 1908 1970 erklärte das Stuttgarter Innenministerium Kässbohrer. W., Der Ausbau der Oberen Donau zwischen "daß die Neckar-Donau-Wasserstraße in absehba- Regensburg und Ulm als Großschiffahrtsstraße, Tübin- rer Zeit nicht verwirklicht werden kann". gen 1930 Damit entfielen sämtliche Voraussetzungen für Konz. 0., Donau-Bodensee-Kanal Ulm-Friedrichshafen, den oberschwäbischen Kanal. Ulm 1949 Krucker, H., Oberrhein-Bodensee-Obere Donau, Basel Zudem hatte das Innenministerium in Stuttgart 1949 bereits am 3. 9. 1963 einen Erlaß herausgegeben, Müller, E., Kleine Geschichte Württembergs, Stuttgart "daß der frühere Plan eines Donau-Bodensee-Ka- 1963 nals zur Verbindung des Bodensees mit dem Was- Neuffer, W., Der Rhein-Neckar-Donau-Kanal, Stuttgart serstraßengebiet der Donau unter den heutigen 1922 Pfaff, K., Zur Geschichte der Neckarschiffahrt in Würt- Verhältnissen wohl nicht mehr verwirklicht wer- temberg, Stuttgart 1859 den kann". Rädle, P., Die Schiffbarmachung des Hochrheins. Tübin- Einen Monat später begrub man in Stuttgart gen 1957 auch den Hochrhein-Ausbau zum Bodensee und Röhnisch, A.,Studie zum Donau-Bodensee-Kanal, Ulm beschränkte ihn auf die Strecke von Basel bis 1969 Seidelmann, W. 1., Der Neckar-Donau-Kanal,St. Kathart- Waldshut. nen, 1988 Der Generalverkehrsplan der Stuttgarter Landes- Seyfried, E., Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Do- regierung von 1965 erklärte schließlich u. a. nau-Bodensee-Kanals. Tübingen 1921 "Darum scheint es auch nicht geboten, die Trasse Siemens, G.,Der Ausbau des Hochrheins zum Schiffahrts- des geplanten Kanals offenzuhalten ", weg, Karlsruhe 1061 Wagner, G., Einführung in die Erd-und Landschaftsge- Überall konnte nun das für den Kanalbau reser- schichte Süddeutschlands. Öhringen 1950 vierte Areal überbaut werden. In Biberach und BuchauerZeitung 1917, 1919, 1920, 1921 Umgebung war das bereits schon geschehen, Tageszeitung "Der Oberländer" 1929, 1936, 1937, 1938, während man in Ravensburg und Friedrichshafen 1941 damit noch zugewartet hatte. Donau- Bodenseezeitung 1945 An der Aufgabe der Kanalpläne änderte auch ein Schwäbische Zeitung 1950, 1956, 1965, 1966 Gutachten des Stuttgarter Professors Dr. Arthur Röhnisch nichts mehr, das dieser im Auftrag des Im Neckarschiffahrtsmuseum Heilbronn. Frankfurter Straße, befindet sich ein sehr anschauliches und informa- Verbandes Obere Donau im Jahre 1969 fertigge- tives Modell des Konzschen Kanalprojekts Neckar - Fils- stellt und in welchem dieser sogar eine Verbreite- - Ulm - Bodensee von der Größe eines kleinen Saales rung des Kanals von 39 auf 55 m vorgeschlagen aus dem Jahre 1942.

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