FÜR FREIHEIT, RECHT UND DEMOKRATIE

13017 Nr. 5/2010

Verschwundene Milliarden

Politische Sicherungsverwahrung

Spitzel in Cottbus

Gegründet 1991 vom BSV-Landesverband Berlin

2 Aktuell Inhalt Nützliche Idioten Aktuell Wie die SED zum „Königsmacher“ im vereinten Deutschland 3 Rentenkürzung rechtmäßig wurde Ehrenpension statt Opferrente UOKG widerspricht Von Rainer Wagner Gratulation Resolution Bürgerrechte eingeschränkt Wer hätte am 3. Oktober 1990 geglaubt, die Geschichte zeigen, wie gefährlich es Umgezogen daß die Staatspartei der gerade zu Grabe für Demokraten ist, Kommunisten in ihr Thema getragenen DDR schon 20 Jahre später politisches Machtspiel einzubauen. Die 4 Währungsunion 1990 – im bevölkerungsreichsten Land der alten Sozialdemokraten Rußlands bezahlten Die wundersamen Wege von Geld und Gold, Teil II Bundesrepublik Zünglein an der Waage dieses Spiel 1917, ebenso wie die mittel- der Regierungsbildung wird? Mit Recht deutsche SPD nach 1946, mit dem Leben. spezial freute sich der größte Teil unseres Volkes Kaiser Wilhelm II. ließ Lenin während 6 Psychiatriemißbrauch in der DDR, Teil II des Sieges der unblutigen Revolution über des Ersten Weltkriegs im geschlossenen Aufarbeitung die kommunistische Willkürherrschaft. Al- Waggon durch Deutschland nach St. 8 Alles Spitzel oder was? lerdings hätte man auch damals bereits Petersburg fahren. Er hoffte, den Kriegs- einige dunkle Schatten auf dem Bild des gegner Rußland damit zu schwächen. In Berichte neuen „Deutschland, einig Vaterland“ Wirklichkeit öffnete er dem Bolschewis- 10 Studentischer Widerstand erkennen können. Schon tauchten zu mus damit die Tür. Wilhelm war Lenins Pfarrer und Zuträger neuen Kapitalisten mutierte ehemalige nützlicher Idiot. 11 Sängertreffen 12 Parade für die Sieger DDR-Funktionäre auf und sicherten sich 17. Juni 2010 in Bautzen die besten Plätze an den Fleischtöpfen Als Reinhardt Höppner sich 1994 mit 13 UOKG-Verbändetreffen der westlichen Marktwirtschaft. den Stimmen der PDS zum Ministerprä- Nachtrag Recht sidenten wählen ließ und sie später in Die SED wechselte ihren Namen wie eine die Regierung aufnahm, hoffte er, sie Verbände Schlangenhaut und nannte sich zunächst durch die Zwänge der Tagespolitik zu 14 Halle-Forum SED/PDS. Ihre Führer, die „verdienten entzaubern. Es ging ihm wie Goethes Mühlberg Genossen“ Modrow, Gysi und im Hin- Zauberlehrling, der die Geister, die er 15 Sachsenhausen tergrund Markus Wolf, hatten bereits rief, nicht mehr los wurde. Heute sitzen Forum zur Aufklärung einen Überlebensplan entwickelt, mit sie schon in der vierten Landesregierung, Lindenstraße 54 dem sie nicht nur große Teile des Partei- und Hannelore Kraft hat sich gerade zur BSV vermögens retten wollten, sondern vor Ministerpräsidentin von Linken-Gnaden UOKG allem das politische Überleben zu sichern gemacht. Die Verachtung dieser Partei 16 Suchanzeigen meinten. Und nicht wenige derer, die mit für Demokraten und ihre Sympathie für Leserbriefe , Hans-Dietrich Genscher und das SED-Regime wurde erst jüngst wieder Service | Bücher Richard von Weizsäcker auf der Bühne deutlich, als der Bundestagsabgeordnete 17 Offenes Postgeheimnis vor dem Reichstag jubelten, hatten sich der Linken, , die Bundesprä- Aus deutscher Teilungszeit in der DDR unterschriftlich dem bru- sidentschaftskandidaten Wulff und Gauck 18 Nachruf Hans Corbat talsten Machtinstrument des untergegan- mit Hitler und Stalin verglich; oder als die 19 Nachruf Bernd Eisenfeld gen „Arbeiter-und-Bauern-Staates“, der Kandidatin der Linkspartei, Luc Jochim- Gedenkveranstaltung Jamlitz Staatssicherheit, angedient. sen, ausgerechnet am 17. Juni erklärte, Service/Veranstaltungen die DDR sei kein Unrechtsstaat gewesen. 17-19 Daß Demokraten, ob sozialdemokra- Und Sahra Wagenknecht, stellvertretende tischer, konservativer oder christlicher Partei-Vorsitzende, ist die Galionsfigur Prägung, manchmal etwas naiv sind, hat- der linksextremen Kommunistischen te schon Lenin in seinem mörderischen Plattform. Sie hat ihren Wahlkreis in Düs- Revolutionsplan kalkuliert. Redete er seldorf, der Landeshauptstadt von Han- doch abfällig von ihnen als „nützliche Idi- nelore Kraft. oten“. Sicher waren auch wir Opfer und Widerständler vor 20 Jahren noch etwas Mögen einige verblendete Idealisten oder naiv, als wir meinten, nun sei der SED- in der Freiheit der alten Bundesländer Umschlagbild: Spuk endgültig vorbei. Wie wir uns irrten, sozialisierte „nützliche Idioten“ sich über Das Fenster des Gedenkens. Es ist Teil des Außenge- beweist ein Blick in den heutigen Bundes- den Charakter einer kommunistischen ländes der Gedenkstätte Berliner Mauer und erinnert an Menschen, die an der Mauer bei einem Fluchtver- tag. Ja, noch schlimmer, dank Lafontaine Partei Illusionen machen – wir, die wir such oder im Zusammenhang mit dem Grenzregime sind die Gefolgsleute Honeckers heute in ihren unverdeckten Terror in der DDR er- erschossen wurden bzw. tödlich verunglückten. Auf fast allen Landtagen der Bundesrepublik leiden mußten, lassen uns nicht täuschen. dem Fenster sind die Portraits der Toten, ihre Namen präsent. Selbst in ihren extremsten Er- Wir freuen uns am 3. Oktober über 20 und Daten zu sehen. Hier kann jedes einzelnen Opfers scheinungsformen, wie in NRW, werden Jahre Einheit in Freiheit. Weil uns diese individuell gedacht werden, kleine Nischen in der Wand die SED- und DKP-Nachfolger zu den Freiheit aber so lieb und wichtig ist, wer- bieten Raum für eine Kerze oder Blumen. Fenster des „Königsmachern“. SPD-Genossen und den wir allen ihren Gegnern weiter illusi- Gedenkens, Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bern- ihre grünen Juniorpartner machen sie sa- onslos und mutig entgegen treten. auer Straße, 13355 Berlin. Foto: N. Radlitz lonfähig. Dabei könnte ein kurzer Blick in Aktuell 3 Rentenkürzung unabhängig von der sozialen Bedürftig- keit gewährt werden „und damit zugleich Resolution rechtmäßig eine Anerkennung des Eintretens für De- Auf ihrem Verbändetreffen am 19. und mokratie und Freiheit in der SED-Diktatur 20. Juni haben die Mitglieder der UOKG (bverge) Mit seiner Entscheidung vom 6. sein.“ sich in einer Resolution von der Aussage Juli 2010 hat das Bundesverfassungs- der Bundespräsidentschaftskandidatin gericht bestätigt, daß die Kürzung be- der Linken, Luc Jochimsen, kritisiert, die stimmter Zusatzrenten einzelner Gruppen DDR sei kein Unrechtsstaat gewesen. mit leitenden Funktionen im Partei- und UOKG „Daß Frau Jochimsen den Gedenktag Staatsapparat der DDR verfassungsge- des Volksaufstandes in der DDR dazu mäß ist. Geklagt hatten der ehemalige widerspricht mißbrauchte, mit dieser Geschichtslüge DDR-Minister für Umweltschutz und die Opfer des SED-Staates zu beleidigen Wasserwirtschaft, Hans Reichelt, sowie Gesine Schwan und zu verletzen, zeigt den moralischen der stellvertretender Minister für Leicht- Tiefstand ihrer Ideologie und der ihrer industrie, Hans Lessing. Der Einwand der (st) Die Union der Opferverbände kom- Partei.“ Kläger, bei dieser Rentenkürzung handle munistischer Gewaltherrschaft UOKG hat es sich um ein „Rentenstrafrecht“ des die Rede der ehemaligen SPD-Präsident- bundesdeutschen Gesetzgebers, greife schaftskandidatin Gesine Schwan am 17. nicht. Der entsprechende Paragraph im Juni 2010 vor dem Deutschen Bundestag Bürgerrechte Anspruchs- und Anwartschaftsüberfüh- als unverantwortlich bezeichnet. Schwan rungsgesetz sanktioniere nicht früheres hatte die Ursachen des Volksaufstandes weiter Verhalten von Betroffenen, sondern un- 1953 in der DDR mit der heutigen Situ- terbinde die Fortschreibung von Vorteilen ation in der Bundesrepublik verglichen: eingeschränkt aus dem DDR-System im Rentenrecht der „Angesichts der Übermacht der ökono- Bundesrepublik. Die auf die Zeiten der mischen Probleme in der DDR blieb der (st) Mit der Unterschrift Präsident Medwe- Funktionsausübung beschränkte Renten- Führung nur die Aussetzung der letzten dews unter ein neues Gesetz hat der rus- kürzung sei auch nicht unverhältnismä- bürgerlichen Freiheiten, die es bis dato sische Inlandsgeheimdienst FSB – Nach- ßig, denn die verbleibende Rente liege noch gegeben hatte. Nur so ließ sich das folger des KGB – weitere Vollmachten immer noch erheblich über der Durch- Zwangssystem der Planwirtschaft vertei- erhalten. Nun kann auch legal ohne Be- schnittsrente eines früheren Bürgers der digen. Heute stehen wir vor einer ähnlich weise bei bloßem Verdacht gegen Bürger DDR. schwierigen Situation...“ Dazu erklärte vorgegangen werden. Auffälliges Verhal- die UOKG: “Während die Bevölkerung ten genügt bereits für eine Vorladung. Der Gesetzgeber habe die Kürzung auf der DDR seinerzeit unter einer unmensch- Wer ihr nicht Folge leistet, kann mit bis zu eine Personengruppe beschränkt, der lichen Diktatur leiden mußte, verfügen umgerechnet 1250 � Geldbuße oder 15 unzweifelhaft Entgelte gezahlt worden wir heute über eine freiheitliche Gesell- Tagen Haft bestraft werden. Offiziell soll seien, die teilweise nicht leistungsbezo- schaftsordnung mit demokratischen Me- das Gesetz der Extremismus- und Terror- gen waren, sondern Prämien für System- chanismen zur Lösung von Problemen.“ Bekämpfung dienen. Menschenrechtler treue darstellten. Damit habe sie von un- Dies gelte auch gegenüber den Heraus- hingegen kritisieren es als Festigung des gerechtfertigten Vorteilen profitiert. forderungen der Globalisierung. Überwachungsstaates und fürchten, es könne zur Einschüchterung der unlieb- samen Opposition verwendet werden. Die vagen Formulierungen öffneten Tür Ehrenpension Gratulation und Tor für einen Mißbrauch durch den Geheimdienst. statt Opferrente Der Vorsitzende der Union der Opferver- bände kommunistischer Gewaltherrschaft (st-ba) Anläßlich der Würdigung des UOKG, Rainer Wagner, hat im Namen der Volksaufstandes am 17. Juni 1953 in Mitgliedsverbände Christian Wulff zur der DDR hat (CDU), Wahl als Bundespräsident gratuliert. „Für Vorstandvorsitzender der Bundesstiftung uns Opfer und Widerständler aus der Zeit Umgezogen Aufarbeitung, auf Defizite bei der Ent- des Unrechtsstaates DDR waren die bis- schädigung von Opfern der kommuni- herigen Bundespräsidenten die politische (st) Die Stiftung für ehemalige politische Häftlinge in stischen Gewaltherrschaft hingewiesen. Instanz, mit der wir uns in besonderer Bonn ist umgezogen. Vor dem Hintergrund der im kommenden Weise identifizieren konnten. Wir sahen Jahr auslaufenden Antragsfristen der unsere Anliegen bei ihnen verstanden Neue Adresse: SED-Unrechtsbereinigungsgesetze sehe und von ihnen vertreten. Wir sind davon An der Marienkapelle 10, 53179 Bonn er es als erforderlich an, „die Befristung überzeugt, daß sich dieses gute Verhält- der Antragstellung nach den Rehabili- nis unter Ihrer Präsidentschaft noch wei- Mail-Adressen, Telefon- und Fax-Nummern bleiben tierungsgesetzen zu streichen sowie die ter vertiefen wird.“ Christian Wulff hatte, unverändert. Beweislastumkehr für die Anerkennung noch als Präsidentschaftskandidat, ein von in politischer Haft in der SBZ und Grußwort an das Verbändetreffen der DDR erlittenen Gesundheitsschäden zu UOKG am 19. Juni in Berlin-Hohenschön- realisieren.“ Die sogenannte Opferrente hausen gerichtet. für ehemalige politische Gefangene solle 4 Thema Die Währungsunion 1990 Vermögen“ des Deutschen Bundestages in Bonn u.a. auch zu diesen 460 Millio- Eine Geschichte der wundersamen Wege von Geld und Gold nen befragt, verweist darauf, daß er am 31.3.1990 ausgeschieden sei und nicht Von Reinhard Dobrinski wisse, wo das Geld herkomme, das im April 1990 bei der MfS-Sparkasse ein- gegangen war. Nach den Feststellungen Teil II – Land in Sicht für die Milliar- fassung der 14. Strafkammer verhielten der Untersuchungskommission ist die den sich die Finanzjongleure so, wie sie sich Gutschrift auf dem Empfängerkonto durch Vertrag der Partei gegenüber ge- der MfS-Sparkasse im Juni 1990 und der Hintergrund der folgenden Ausführungen bunden sahen und schließlich auch han- Transfer zur Deutschen Handelsbank AG sind die kriminellen Energien zur Siche- delten. Das Verfahren endete also wie am 12. September 1990, also ein Viertel rung von Vermögensteilen der SED/PDS das Hornberger Schießen. Jahr später, erfolgt. Durch die zwischen- im Prozeß der Währungs-, Wirtschafts- zeitliche Währungsunion waren aus Mark und Sozialunion. Neben dem bis in das Zum Fall selbst: Im Juni 1990 wird durch der DDR begehrte D-Mark geworden und Jahr 2010 reichenden NOVUM-Prozeß die Regierung de Maizière kraft Gesetzes damit für den Auslandszahlungsverkehr gehören die Transfers im Vorfeld und mit Blick auf die Währungsumstellung verfügbar. Am 2. Oktober, einen Tag vor während der Währungsunion zu den auf- eine Untersuchungskommission einge- der deutschen Einheit, wurden die 107 sehenerregendsten Prozessen. setzt, die strafbares Handeln im Zusam- Millionen Mark an die Firma Putnik über- menhang mit der Währungsunion unter- wiesen. Ein Deal, der schließlich die für Die Parteiaktivisten Pohl, Langnitschke suchen soll. Alle Inhaber von zeitnah er- Regierungs- und Vereinigungskriminalität und Kaufmann, getragen von dem Wil- öffneten Konten, die natürliche Personen zuständigen Behörden auf den Plan rief. len, SED-/PDS-Vermögen zu retten (gege- mit Guthaben über 100 000 Mark oder benenfalls in den Untergrund), vollzogen juristische Personen mit Guthaben über Das Forum zur Aufklärung und Erneu- im April 1990 einen dubiosen Transfer 250 000 Mark sind, müssen dieser Un- erung griff den Fall im Rahmen seines von 460 Millionen Mark über die Staats- tersuchungskommission von der Staats- Forschungsprojektes „SED-/MfS-Finanz- bank der DDR, Hauptabteilung I, zur MfS- bank gemeldet werden. Bei auffälligen gebaren als Bestandteil des repressiven Sparkasse, um diesen Betrag nach mehr- Kontobewegungen ist die Prüfung von Systems“ auf. Der damalige Vorstands- monatigem „Parken“ an die Deutsche Verdachtsgründen auf strafbares Handeln vorsitzende, Dr. , Handelsbank AG weiterzuleiten. Eine fi- vorgegeben. Und § 4 dieses Gesetzes hatte die Präsidentin des Bundesrech- nanzielle Transaktion, deren Quelle auch verpflichtet die Kommission bei Bestäti- nungshofes um ein Gespräch mit Gerd heute noch als nicht endgültig aufgeklärt gung des Verdachts zur Anzeige. Henneberg, am 2. Oktober 1990 Chef gelten muß. des Rechnungshofes der DDR und der Am 15.8.1990 schreibt DDR-Finanzmi- Untersuchungskommission „Währungs- Anklage und erstinstanzliches Gericht nister Walter Romberg an de Maizière umstellung“, ersucht und die Zustim- gingen von einem Straftatbestand aus. – beigefügt ist ein Untersuchungsbericht – mung zu einer Befragung erhalten. Den Mit Urteil vom 20.3.1992 verhängte der erwähnten Kommission. Dort un- Schwerpunkt bildeten prüfungsrelevante das Landgericht Berlin Freiheitsstrafen ter erstens, für den Ministerpräsidenten Hintergründe zu dem fraglichen Konto von zwei Jahren sowie einem Jahr und unübersehbar aufgeführt, eine dubiose bei der MfS-Sparkasse, besonders, was neun Monaten, jeweils zur Bewährung Geldbewegung über 460 Millionen Mark die Finanzexperten bewogen hatte, den ausgesetzt. Auf die Revisionsanträge der zugunsten eines Kontos „6612-35- Auffälligkeiten nicht nachzugehen. Hen- Angeklagten hin hob der Bundesgerichts- 445007“ (die drei Endziffern erschei- neberg führte aus, daß sie Fragen der hof das Urteil jedoch auf und verwies die nen in diesem Zusammenhang wie ein Begehung von Strafentaten nicht nachge- Sache an eine andere Strafkammer des schlechter Witz). Weitergehenden Hand- gangen seien. Entsprechend wurde auch Landgerichts Berlin zurück. Dort wurden lungsbedarf im Sinne der gesetzlichen nicht geprüft, wer das Konto bei der MfS- mit Urteil vom 20. Juli 1995 die Ange- Forderungen sehen beide aber offensicht- Sparkasse überhaupt eröffnet habe. Die- klagten freigesprochen, denn nach Auf- lich nicht. se Argumentation eines ausgewiesenen Finanzexperten gab und gibt Rätsel auf. Nach den bei der Stasi-Unterlagenbe- Sie schließt sogar ein, daß Prüfungen hörde (BStU) vorhandenen Unterlagen ins Leere geführt wurden. Eine solche über die Gründung einer, nach den Annahme leitet sich aus der Tatsache Grundsätzen der Konspiration geführten, her, daß die Staatsbank der DDR am 30. MfS-eigenen Sparkasse (s. Abb. S. 5) ist Juni 1990 ihre Geschäftstätigkeit kraft diese Sparkasse zweifelsfrei Empfänger Gesetzes eingestellt hat. Die danach er- des dreistelligen Millionenbetrages. Nur folgten Transaktionen von der MfS-Spar- Eingeweihte wissen, daß der Zahlungs- kasse zur Deutschen Außenhandelsbank verkehr dieser Einrichtung über Verrech- konnten nur durch Insider der ehemaligen nungskonten der Hauptabteilung I der Staatsbank, soweit sie vom Rechtsnach- Staatsbank der DDR abgedeckt, d.h. für folger Berliner Staatsbank übernommen den zivilen Sektor nicht erkennbar wurde. wurden, konspirativ abgewickelt werden. Der tatsächliche Hergang wird sich nicht Der ehemalige Generalmajor des MfS, mehr aufklären lassen, weil die noch Jah- Quelle: H. Michael Stahl Werner Hennig, am 7. März 1995 vor re nach der Wiedervereinigung bei der Landgericht Berlin in Moabit. dem 2. Untersuchungsausschuß „DDR- Kreditanstalt für Wiederaufbau vorhan- Thema 5 denen Bankbelege der Hauptabteilung I konnte, wurde bei sichtlicher Auskunfts- der Staatsbank von der BStU nicht über- bereitschaft die Existenz einer solchen nommen und deshalb vernichtet wurden. Goldmenge generell in Zweifel gezogen. Der Hinweis auf Schalck-Golodkowskis Ähnlich ist die Abwicklung der Bankge- „Deutsch-deutsche Erinnerungen“, schäfte der MfS-Sparkasse innerhalb des Rowohlt-Verlag, wo die Goldgeschäfte Komitees zur Auflösung des MfS/AfNS bestätigt sind, vermochte nicht zu über- einzuordnen. Nach den Recherchen des zeugen. Entgegen jeder Logik drohte so Forums zur Aufklärung und Erneuerung ein durch Beteiligte und unabhängige wurden bis Februar 1990 neben der Zah- Quellen bestätigter Tatbestand zu einem lung von Agentenlöhnen aus sogenann- Phantom zu werden. ten Operativgeldern zum Teil noch nicht getilgte Kredite auch aus Haushaltsmit- Zunächst kaum glaubhafte Hinweise, teln abgedeckt. Daß die MfS-Sparkasse wonach die der Staatsbank der DDR die ihre Tätigkeit in diesem Komitee fort- ihr zur Verwahrung übergebenen Gold- führte, ist auf eine Entscheidung der zivi- mengen in die Mark-Schlußbilanz per

len Sparkassen zurückzuführen. Sie wei- 30. Juni 1990 eingestellt habe und die- Quelle: BStU gerten sich im Januar 1990, einer Wei- se in die DM-Eröffnungsbilanz per 1. Juli Eine Frage der Sicherheit: Brief Erich Mielkes vom 1.11.1973 an sung des stellvertretenden Präsidenten 1990 des eigenen Rechtsnachfolgers, der die Präsidentin der DDR-Staatsbank. der Staatsbank der DDR zur Übernahme Staatsbank Berlin, eingegangen seien, der MfS-Sparkasse nachzukommen. Der boten immerhin einen neuen Ansatz. Na- Leiter der Hauptabteilung 1 der Staats- heliegend war also die Einsichtnahme in In der DM-Eröffnungsbilanz, Berichts- bank der DDR, der die Übernahme ge- die den Wirtschaftsprüfern vorgelegten anhang Randziffer 59, treffen die Wirt- genüber Hennig bereits verkündet hatte, Geschäftsunterlagen der Wirtschafts-, schaftsprüfer derselben Prüfungsgesell- mußte tags darauf zurückrudern. Währungs- und Sozialunion. Dabei bestä- schaft zu dem Vorgang die folgende tigten sich nicht nur die Hinweise zu den Aussage: Zu den herausragenden Ereignissen der Bilanzierungsvorgängen; es sollte noch Umbruchzeit 1989/90 und der Wäh- schlimmer kommen. Der neue 24-Stun- „Der Goldbestand resultiert aus Übertra- rungsunion gehört auch ein Vorgang, den-Eigentümer, die Staatsbank der gungen des Ministeriums der Finanzen der es verdient, als Regierungs- und DDR, veranlaßte am 29. Juni 1990 eine der DDR von Ende 1989 und Mitte 1990 Bankenskandal bezeichnet zu werden. Gutschrift in Höhe von 463.956.512, 62 an die Staatsbank; nähere Erläuterungen In jahrelangen Recherchen ist das Forum Mark der DDR, und die Berliner Staats- enthält der Berichtsanhang zur Mark- zur Aufklärung und Erneuerung den wun- bank weist die Edelmetallbestände in der Schlußbilanz unter Text 10. ...“ dersamen Wegen nachgegangen, den DM-Eröffnungsbilanz per 1. Juli 1990 mit die von KoKo-Chef Alexander Schalck- 460.000.000,00 DM aus. Der Vorgang stellt sich als dubioser Ei- Golodkowski angelegte und bei seiner gentumswandel dar, jetzt durch Über- Flucht am 2./3. Dezember 1989 im Keller Die mit der Prüfung der M-Schlußbilanz tragungen vollzogen, die eine Leiden- seines Dienstsitzes in der Berliner Wall- der Staatsbank der DDR beauftragten schaft des Ministeriums der Finanzen straße zurückgelassene Goldreserve von Wirtschaftsprüfer der TREUARBEIT Ak- und seines Ministers für Verlustgeschäfte insgesamt 21,2 Tonnen genommen hat. tiengesellschaft führen in Randziffer 10 dokumentiert. Das Handeln des „Verkäu- des Berichtsanhanges aus: fers“, vorausgesetzt die Darstellung der Im Bericht der Staatlichen Finanzrevision/ Wirtschaftsprüfer ist belegt, ist nach den Valutakontrollgruppe vom 16.2.1990 „Den Goldbestand kaufte die Staatsbank Grundsätzen ordnungsgemäßer Haus- über eine Prüfung des KoKo-Bereiches ist im Juni 1990 zu einem Preis von Mark haltführung weder nachvollzieh- noch auf Seite 18 ausgeführt, daß 1988/89 für 463,9 Mio. Im Herbst 1990 wurden die verantwortbar. Gegen die Darstellung insgesamt 493,2 Mio. Valutamark 19,97 Bestände in Anwesenheit der Innenrevi- der Wirtschaftsprüfer spricht die Tatsa- Tonnen Gold gekauft und am 8. Dezem- sion gewogen; dabei wurde festgestellt, che, daß sich der letzte DDR-Finanzmi- ber 1989 eine Gesamtmenge von 21,2 daß das Rauhgewicht bei insgesamt rd. nister an diese Goldgeschäfte nicht erin- Tonnen zur Verwahrung an die Staats- 22.224 kg und damit rd. 48 kg höher lag nern kann … bank übergeben wurden. Eine Übernah- als im Kaufvertrag zugrunde gelegt. Der me von Inventurlisten zu den Arbeitsun- Wert des Goldbestandes wurde durch Angesichts dieses nebulösen Hinter- terlagen der Prüfer bleibt unerwähnt. eine entsprechende Zuschreibung in grunds ist die Einsichtnahme in den Kauf- Höhe von Mark 1,0 Mio. erhöht.“ vertrag bei einer in Frankfurt am Main Unsere Bemühungen, Herkunft und Ver- ansässigen Wirtschaftsprüfungsgesell- bleib dieser nicht unerheblichen Menge Dieser Kauf/Verkauf des Goldbestandes schaft, von der die damalige Prüfungsge- zu klären, scheiterten. Die Adressaten setzte voraus, daß ein Bevollmächtigter sellschaft übernommen wurde, zur Auf- unserer Anfragen, die beiden letzten der Regierung (wer war es und wer war hellung des Geschehens unverzichtbar. DDR-Ministerpräsidenten sein Vollmachtgeber?) zu einem wider- und Lothar de Maizière, verloren sich sinnigen Vertragsabschluß zum Nachteil in Antworten auf nicht gestellte Fragen der DDR ermächtigt wurde; die Umrech- oder hüllten sich in staatsmännisches nung der Goldreserve nach dem einst (Der Autor war bis zu seinem Ruhestand Schweigen. Im Bundesfinanzministerium, üblichen Kurs von DDR-Mark zu DM von Mitarbeiter einer Berliner Finanzkontroll- wo auch der letzte DDR-Finanzminister 1 : 1 war finanzwirtschaftlicher Unsinn behörde und ist Vorsitzender des Forums Werner Skowron einbezogen werden von strafrechtlicher Relevanz. zur Aufklärung und Erneuerung.) 6 spezial

in Mitleidenschaft zieht. Dies führt zur Politische Sicherungsverwahrung Ausbildung von körperlichen Funktions- Psychiatriemißbrauch in der DDR störungen. Solche waren bei Dr. Koch we- der beschrieben noch beklagt und auch Von Dietrich Koch nicht im Leipziger Krankenblatt benannt. Aus heutiger Sicht spricht alles dafür, daß es sich damals um eine konkrete beruf- Teil II – Ein Einzelfall, der keiner war weise im Haftkrankenhaus für Psychiatrie liche Problematik gehandelt hat. An- und Neurologie Waldheim verabreichten haltspunkte dafür, daß im Zeitraum der Durch Rehabilitierungsbeschluß des 1. Dosen von Psychopharmaka erwähnte, Erstattung des Gutachtens in Waldheim Senats für Rehabilitierung des Bezirksge- griff er zum Telefon. Anschließend er- neurotische Fehlentwicklungen noch bis richts vom 21.10.1992 wurde das klärte er mir, eine Frau Dr. Süß habe ihn ins ‚Psychopathologische hineinreichten’ DDR-Urteil vom 13.3.1972 vollständig beraten. Sie meine, ich hätte nur Placebo- oder gar ‚die psychische Verfassung des aufgehoben, einschließlich der psychiat- Präparate erhalten. Darin sah ich aller- Beschuldigten unbedingt fachärztliche rischen Teile. dings keinerlei Sinn. Eberhard Uhlig faßte therapeutische Hilfe erfordere’, konnten zusammen, er habe bereits alle Waldhei- sich bei Gutachtenerstattung 1972 nicht Prof. Dr. Klaus Weise aus Leipzig sagte mer Gutachten durchgesehen und keinen mehr ergeben.“ mir ca. 1995, daß die DDR-Gerichte keine Fall von Psychiatriemißbrauch darin ge- Neigung zur Überprüfung solcher Einwei- funden. Ich wäre also sein einziger Fall. Der Kurzbericht der Kommission zu mei- sungsbeschlüsse gehabt hätten, so daß Das fand ich erstaunlich. ner Person, Einzelfall Nr. 183, lautet: „Er- dieses Gutachten über mich praktisch gebnis: Psychiatriemißbrauch.“ Außer- lebenslänglich bedeute. Er empfahl mir, Die Kommission beauftragte Professor Dr. dem enthält der Kommissionsbericht die mich an die sächsische Psychiatriemiß- Klaus Foerster von der Universität Tübin- auf mich bezogene taktische Konzeption brauchskommission zu wenden. Außer- gen mit der Überprüfung des Waldheimer des MfS „in einem Verfahren, bei dem dem sprach ich mit Prof. Dr. Otto Bach, Gutachtens. Mein Gespräch mit ihm fand die ‚Überführung’ des Beschuldigten sich Direktor der Psychiatrischen Universitäts- in einer guten, zugleich verständnisvollen schwierig gestaltete“ (S. 26). klinik Dresden. Er bestätigte mir: „Als wir und sachlichen, Atmosphäre statt. An- Sie damals [1969/70] bei uns angestellt schließend sagte er mir, nach seinem Dr. Petermann hat der Kommission ge- haben, waren Sie gesund.“ Zu meinem fachlichen Urteil seien sowohl der Einwei- genüber bestritten, mit dem MfS Kontakt Buch hat Prof. Dr. Bach eine Rezension im sungsvorschlag als auch die Zuerkennung gehabt zu haben. Aber zum einen lagen erheblich verminderter Zurechnungsfä- ihm die Akten der Staatssicherheit ein- higkeit falsch und weiter: „Das Gutach- schließlich des Begutachtungsauftrages ten Dr. Petermanns ist fachlich eine Ka- vor, so daß er die Absicht des MfS kann- tastrophe.“ Außerdem glaubte Foerster te. Zum anderen hatte sein Vorgesetzter nicht, daß sich Petermann kaum mehr an Dr. Ochernal regelmäßigen Kontakt zum mich erinnern könne. Er jedenfalls habe MfS. an jeden seiner Probanden eine genaue Erinnerung. Das Gutachten über mich ist von Oberst- leutnant Obermedizinalrat Dr. Ochernal, Das Kommissionsgutachten (S. 7) stellt seiner Stellvertreterin Oberleutnant Dr. fest, „daß das Gutachten des Dr. Pe- L. Piechocki und Leutnant Dr. Petermann termann in seinen Grundlagen wie im unterschrieben - für das Haftkranken- Ergebnis fehlerhaft war“, und kommt haus Waldheim ungewöhnlich. Da es als zum Ergebnis: „Die Unterbringung des ausgeschlossen gelten kann, daß drei Antragstellers im Haftkrankenhaus für Psychiater übereinstimmend zu einem Psychiatrie und Neurologie Waldheim vollständig falschen Gutachten kommen, war nicht gerechtfertigt.“ (S. 1) muß es also einen externen Grund geben. Dafür aber kommt nur der Wille des MfS Die Kommission (S. 6 f.) bestätigte meine in Betracht. oben dargelegten Auffassungen: „Das medizinische Gutachten ist aus heutiger Dr. Sonja Süß hatte ich das Manuskript Sicht nicht vertretbar. Die Beurteilung meines Buches geschickt. Später rief sie Dietrich Koch: „Die Opfer des Psychiatriemißbrauchs in der DDR durch Dr. Petermann war im Ergebnis me- mich an und erklärte mir, sie habe dessen schweigen fast alle.“ thodisch ungenügend, inhaltlich falsch. Ausführungen in ihrem Buch (Sonja Süß: Bereits die von Dr. Petermann erwähnten Politisch mißbraucht? Psychiatrie und Ärzteblatt Sachsen 1/2001 geschrieben. ‚paranoiden Ansätze’ waren aufgrund Staatssicherheit in der DDR. Links Verlag Auch war er als Vertreter der Ärztekam- der Befunde der psychiatrischen Univer- Berlin 1998) nicht berücksichtigt, weil ich mer Mitglied der Psychiatriemißbrauchs- sitätsklinik Leipzig nicht zu belegen. Das diese in einem Telefonat mit ihr zurück- kommission. gleiche gilt für die von Dr. Petermann genommen hätte. Das hatte ich allerdings angenommene Schichtneurose nach mit keinem Wort getan. Als dann das Als ich mit dem Kommissionsvorsitzen- Schultz. Darunter versteht man eine ab- Manuskript von Dr. Süß‘ Buch bei mir an- den, dem Leitenden Oberstaatsanwalt norme seelische Entwicklung, die aus in- kam, hatte ich nur anderthalb Tage Zeit i.R. Eberhard Uhlig, in Dresden sprach neren unbewältigten Konflikten entsteht für eine Stellungnahme zu den falschen, und dabei auch die hohen, mir zwangs- und tiefere Schichten der Persönlichkeit mich betreffenden Ausführungen. Unter spezial 7 diesen Umständen habe ich ihr die Dar- legung meines Falles untersagt.

Bei einer Tagung in der Tutzinger Aka- demie für politische Bildung traf ich vor wenigen Jahren wieder auf Frau Dr. Süß, die ihre These vortrug, daß es in der DDR keinen (systematischen) Psychiatriemiß- brauch gegeben habe. Ich widersprach ihr öffentlich. Daraufhin sagte sie, für eine Entgegnung müsse sie auf ihre Ein- sicht in meine Stasi-Akten Bezug neh- men, was die ärztliche Schweigepflicht ihr verbiete. Ich habe Frau Dr. Süß sofort öffentlich von ihrer Schweigepflicht ent- bunden. Darauf schwieg sie. Am näch- sten Tag, als ich meinen Vortrag über den Psychiatriemißbrauch hielt, war sie abgereist.

Dr. Süß hat durch ihr Buch praktisch eine Art Monopol zum Psychiatriemißbrauch in der DDR erworben, dessen Existenz sie leugnet. Dies ist für Psychiatriemiß- brauchsopfer aus der DDR eine Kata- Quelle: BStU strophe. Denn da es angeblich keinen Beurteilungsblatt vom Tage der Abschiebung D. Kochs in den Westen, abgezeichnet Mißbrauch gab, war eben jeder Psychi- von Erich Mielke persönlich. atrisierte wirklich krank. Also schweigen fast alle. Psychiatrie, kämpft seit langem gegen Waldheim und später auch für Hohen- Nach Dr. Süß bestand politischer Psy- die Verharmlosung des politischen Psy- schönhausen etwa 1000 Gutachten. chiatriemißbrauch in der Sowjetunion chiatriemißbrauchs an (Friedrich Wein- Wie viele davon haben zu gerichtlichen gerade darin, „dass politisch misslie- berger: Schizophrenie ohne Symptome? Einweisungen nach § 16 Abs. 3 StGB der bige Personen von KGB-Psychiatern als Zum systematischen Mißbrauch der Psy- DDR geführt? Das ist unbekannt. Wie angeblich psychisch krank falsch dia- chiatrie in der DDR. Zeitschrift des For- war das Schicksal der Betroffenen? Ich gnostiziert, zwangsmediziniert und ohne schungsverbundes SED-Staat, 2009, 25). erinnere mich an mehrere Mitgefangene Zeitbegrenzung inhaftiert wurden“ (Dr. in Waldheim, z.B. Otto S. oder Kurt R., med. Sonja Süß: Kein Mißbrauch à la So- Die Freie Presse vom 15./16.8.2009 an denen ich keinerlei Anzeichen einer wjetunion. Zur Rolle der Staatssicherheit veröffentlichte einen ehrenden Lebens- psychischen Erkrankung bemerkt habe. in der Psychiatrie. Deutsches Ärzteblatt lauf des Waldheimer Dr. Petermann, Um die Korrektheit der Ochernalschen Jg. 106, Heft 39, 25.9.2009). Alle diese nach wie vor Gutachter am Landgericht Gutachten zu klären, müßten Fall für Fall Kriterien sind in meinem Fall erfüllt. Nur Zwickau, der allerdings vollständig aus- Überprüfungen durch neue Gutachten anstelle von KGB-Psychiatern fand meine läßt, daß Leutnant Dr. Petermann in den der Betroffenen stattfinden. Es ist extrem Psychiatrisierung durch Gutachten eines siebziger Jahren im Haftkrankenhaus für unwahrscheinlich, daß ich dabei der ein- DDR-Oberstleutnants, einer Frau Ober- Psychiatrie und Neurologie der Haftan- zige Fall von politischem Psychiatriemiß- leutnant und eines Leutnants statt, auf stalt Waldheim tätig war und dort Gut- brauch sein sollte. Antrag eines MfS-Majors, durch Urteil achten für Stasi-Prozesse anfertigte. Auf eines Strafsenats. meinen Leserbrief, der dies klarstellte, Als ich 1970 wissenschaftlicher Mitar- antwortete mir der Ressort-Chef vom beiter der Psychiatrischen Universitäts- Es gibt wenige positive Ausnahmen. Dienst, Dr. Peter Möbius, am 21.8.2009, klinik wurde, war Professor Dr. Bernhard Der Petitionsausschuß des Bundestages „aufgrund der Brisanz der Thematik“ Schwarz, der Obergutachter des Bezirkes kommt zu dem Schluß, „dass Psychiat- könne der Leserbrief nicht veröffentlicht Leipzig, mein Vorgesetzter. Hätten er, riemissbrauch in der ehemaligen DDR werden. Im Deutschen Ärzteblatt konnte Oberarzt Dr. Klaus Weise oder Dr. Bach in unterschiedlicher Ausprägung, unter ich schließlich einen ausführlichen Le- nicht von meiner angeblichen Krankheit anderem zur Disziplinierung unbequemer serbrief unterbringen (Dietrich Koch: Die und Unterbringungsbedürftigkeit etwas Menschen durch politische Machthaber, Waldheim-Story: Psychiatriemißbrauch bemerken müssen? In einem Rechtsstaat tatsächlich stattgefunden hat“. Und: „Es selbst erlebt. Dt. Ärztebl. 2009, 106[50], hätte ich sie im Prozeß als Gegengut- ist eine historische Tatsache, dass in der u. Januar 2010). achter zu Ochernal u.a. wählen können. DDR zumindest in Einzelfällen Regime- Aber das war in der DDR nicht möglich. gegner zwangspsychiatrisiert [...] worden Das Haftkrankenhaus Waldheim war in MfS und Haftkrankenhaus Waldheim bil- sind.“ (Beschlossen v. Deutschen Bun- den siebziger Jahren die zentrale Stel- deten ein geschlossenes System. Und das destag am 13.12.2007, BT-Drucksache le für Begutachtungsaufträge des MfS. gehört zum systematischen Psychiatrie- 16/7493) Friedrich Weinberger, Vorsit- Dr. Ochernal hat pro Jahr etwa 40 Gut- mißbrauch. zender der Gesellschaft für Ethik in der achten angefertigt, also in 25 Jahren in 8 Aufarbeitung

tungen (BV) nach Karl-Marx-Stadt (1986: Alles Spitzel oder was? 8,2 %, 1987: 8,4 %, 1988: 8,3 %). Zum Das Phänomen des Stasi-Bezirkes Cottbus Vergleich: In Halle gab es nur 1,5 Pro- zent IMB. Müller-Enbergs: „Statistisch Von Tomas Kittan gesehen war Cottbus die Krisenregion in der DDR schlechthin, gefolgt von den Bezirken Schwerin, Rostock und Frank- „Deutschland, einig Spitzel-Land?“ – Die „Inoffizielle Mitarbeiter“ (IM), von denen furt/Oder“. Das überrascht, denn der Luft war zum Schneiden, als Dr. Helmut Müller-Enbergs sechs typische Kategorien Widerstand in der DDR konzentrierte sich Müller-Enbergs am 1. Juni dieses Jahres vorstellte, vor allem die IMB - „Inoffizielle eigentlich mehr auf die Bezirke der heu- im Keller der Berliner Gedenkbibliothek Mitarbeiter mit Feindberührung“. IM war tigen Länder Sachsen und Thüringen. zu Ehren der Opfer des Stalinismus/ eben nicht gleich IM. Kommunismus seinen Vortrag begann. In den achtziger Jahren legte die BV Cott- Eng gedrängt lauschten die Gäste dem Im Westen hatte das MfS während der bus jährlich rund 500 Operative Personen- Experten der Birthler-Behörde, sogar DDR-Zeit 12 000 Spione „unter Vertrag“, kontrollen (OPK) an (1986: 508, 1987: um die Ecke auf dem Flur standen und bei Mauerfall noch 3000 IMB. Die Hoch- 476 und 1988: 480), in denen Menschen saßen sie. Müller-Enbergs hat sich spä- burgen waren Nordrhein-Westfalen und - vom MfS zielgerichtet bearbeitet wurden. testens seit den Enthüllungen um den wie zu erwarten - West-Berlin. Allein hier Diese rund 500 OPK kamen zu den durch- Stasi-Spitzel und Ex-Polizisten Karl-Heinz schnüffelten seit DDR-Gründung 3000 schnittlich bestehenden 1 200 OPK noch Kurras 2009 einen Namen als führender Spione. Im Umbruchjahr 1989 waren für hinzu. Jährlich wurden auch rund 500 Wissenschaftler bei der Aufarbeitung des West-Berlin noch 750 IMB registriert. OPK wieder beendet (1986: 546, 1987: „Erbes“ des Ministeriums für Staatssi- 513 und 1988: 522). Mit dieser Quote cherheit gemacht, während er in seiner Der Wissenschaftler erklärte, daß das MfS belegte die Cottbuser Staatssicherheit Behörde wegen des (angeblich nicht ab- offenbar kaum Skrupel kannte, auch min- ebenfalls regelmäßig einen Spitzenplatz. gestimmten) Ganges an die Öffentlichkeit derjährige IM zu rekrutieren: „Der jüngste Spießruten laufen mußte. Und der Mann mir bekannte IM war ein elfjähriger Jun- Etwa jede sechste OPK mündete in einen ge aus Bad Salzungen in Thüringen, der „Operativen Vorgang“ (OV), dessen Ziel seine Lehrerin ausspionieren sollte, die es war, dem Opfer eine strafbare Hand- einen Ausreiseantrag gestellt hatte.“ Ins- lung nachzuweisen. Die Cottbuser BV gesamt verfügte die Stasi über 1300 Min- eröffnete jährlich 70 bis 100 neue OV derjährige als „Inoffizielle Mitarbeiter“. (1986: 108, 1987: 71 und 1988: 111) und schloß fast ebenso viele wieder ab Müller-Enbergs dokumentierte an diesem (1986: 86, 1987: 101 und 1988: 103). Im Abend das besondere Phänomen in der Schnitt führte sie pro Jahr 160 OV (1984: IM-Verteilung innerhalb der DDR. Das 158 und 1986: 170). Jeder vierte OV thematisiert ebenfalls der Leiter der BStU- hatte ein Ermittlungsverfahren zur Folge Außenstelle Frankfurt/Oder, Rüdiger (1986: 22, 1987: 22 und 1988: 17), das Sielaff, in seinen Vorträgen. Auch meine zumeist Haft bedeutete, häufig in der Recherchen zum politischen Zuchthaus Strafvollzugseinrichtung (StVE) Cottbus. Cottbus kommen zum selben Ergebnis: Cottbus war der Stasi-Bezirk Nummer Auch darin stand die Cottbuser Staats- eins in der DDR. In der Gedenkbibliothek sicherheit an vorderer Stelle, besonders, rieben sich viele ungläubig die Augen. was die Einleitung von Ermittlungsver- Cottbus – dieser Durchschnittsbezirk? fahren wegen verschiedener „Staatsver- Die Fakten: Im Kohle- und Energie-Bezirk brechen“ betraf – es waren 14 Prozent kam ein IM auf 84 Einwohner. DDR-Re- aller von den MfS-Bezirksverwaltungen kord! Zum Vergleich: Im Chemie-Bezirk eingeleiteten Ermittlungsverfahren. Cott- Halle war es „nur“ ein IM auf 161 Be- bus fällt noch in anderer Hinsicht auf. Die wohner. Zählt man die hauptamtlichen operativen Mitarbeiter der BV führten Mitarbeiter hinzu, kommt man auf eine durchschnittlich 14 IM (1985), in einzel- Quote von einem Stasi-Mitarbeiter auf nen Kreisdienststellen sogar 16. In Halle etwa 60 Personen, hat Cottbus-Experte waren es pro Führungsoffizier nur zehn Siegmar Faust (Geschäftsführer des Men- IM, im statistischen Mittel aller Bezirke schenrechtszentrums) errechnet. Und er elf IM. ergänzt, weil auch Kaderleiter und Teile der Volkspolizei (u.a. die K 1) berufsbe- 172 000 Personenkarteiakten sind aus dingt eng an die Stasi gebunden waren, dem Bezirk Cottbus überliefert. Das Stadt- ergibt sich sogar eine Quote von unter gebiet von Cottbus war flächendeckend Helmut Müller-Enbergs: Cottbus war die Krisenregion der DDR schlechthin. 50. mit „konspirativen Wohnungen“ (Treff- punkten) gefüllt. 780 solcher Stasi-Treff- der einst so geheimen Zahlen und Fakten Im Bezirk Cottbus gab es 1988 10 546 punkte mit IM gab es in der Bezirksstadt präsentierte dann auch die neueste Stasi- IM. 5,1 Prozent waren „Inoffizielle Mit- laut Straßenkartei F 78. Allein in der Statistik. Am 31. Oktober 1989 gab es arbeiter mit Feindberührung“, das ist der „Straße der Jugend“ hatte das MfS 35 exakt 91 015 hauptamtliche und 189 000 zweithöchste Anteil aller Bezirksverwal- geheime Treffpunkte. Aufarbeitung 9

Immerhin neun konspirative Wohnungen in der gesamten DDR haben und Unzu- befanden sich in der Bautzener Straße friedenheit und widerständiges Verhal- mit dem berüchtigten Anlieger StVE, dem ten fördern würden.“ Sielaff belegt die zentralen DDR-Gefängnis für Republik- Wirtschaftsorientierung der Stasi für den flüchtlinge und andere später freigekauf- wichtigen Kreis Senftenberg. Danach wa- te Häftlinge. Über 5 000 Männer wurden ren im „Ruhrpott des Ostens“ 1989 von von hier aus gegen DM in den Westen 801 IM immerhin 460 in der Wirtschaft abgeschoben. Auch in den anderen eingesetzt, mehr als die Hälfte. Straßen rund um die Haftanstalt konzen- trierten sich die Stasi-Wohnungen. Wohl Weitere Überlegungen: Die Bevölke- kaum ein Zufall. rung in Cottbus lebte etwas privilegiert, schielte oft nach Berlin, und deshalb war Ich will versuchen, die Hintergründe die- die Rekrutierung von IM weniger schwie- ser extrem hohen Stasi-Konzentration rig als in den widerständigen Südbezir- in Cottbus zu erklären. Müller-Enbergs ken. 1989 zeigte sich, daß der Umbruch präsentierte in der Gedenkbibliothek in Cottbus erst mit Verzögerung einsetzte. die These: „Je mehr Repression, je mehr Während Leipzig seit September 1989 je- Rüdiger Sielaff zeigt die Säcke mit Aktenschnipseln aus Cottbus. Widerstand. Je mehr IM, je größer die den Montag marschierte, schlief Cottbus Probleme. Dabei darf nicht allein auf noch, es besaß ein schwaches Protestpo- politische Opposition geschaut werden, tential. In der Niederlausitz begann die und Peter Ulrich Weiß, wie schleppend sondern auch auf Phänomene, die sich friedliche Revolution mit deutlicher Ver- und widerspruchsvoll die Auflösung des zwar dem Auge der Öffentlichkeit entzie- spätung. Die erste Demonstration in der MfS gerade im Bezirk Cottbus erfolgte. hen, damals nicht aber dem der Staats- Bezirksstadt war am 30. Oktober 1989. Berichtet wird von leeren Panzerschrän- sicherheit.“ Auch ein Zeichen von Anpassung. „Au- ken, qualmenden Schornsteinen in Stasi- ßenseiter- und Stillhaltebezirk“ nennen Objekten, angelieferten Papiervernich- Das mag allgemein stimmen, doch das es treffend Elena Demke und Peter Ulrich tungsmaschinen und Transporten der Stasi-Phänomen Cottbus erklärt es nur Weiß. Manfred Stolpe hatte hier dann Akten zur Papiermühle. Die dennoch ge- unzureichend. Nach meiner fünfjährigen später seinen zuverlässigen Wahlkreis. sicherten Unterlagen wurden in zwei Mu- Forschungsarbeit vermute ich einen nitionsbunker der Stasi eingelagert, die Komplex von Ursachen. Zunächst war Auch das politische Zuchthaus kann man man am 2. März 1990 zumauerte. Durch die Stasi-Führung von Cottbus besonders im Stasi-Zusammenhang sehen. Es ist ge- chaotische Lagerung und Feuchtigkeit diensteifrig, bemühte sich um Übererfül- wiß kein Zufall, daß sich die SED-Führung ging dabei weiteres Schriftgut verloren. lung der IM-Pläne und legte eine große trotz der 45 anderen Haftanstalten des Ein Jahr später, im April 1991, erfolgte Repressions-Energie an den Tag. Harte Innenministeriums Ende der 60er Jahre dann die Öffnung der Bunker und die Konflikte mit dem Mielke-Ministerium in für Cottbus als politisches Gefängnis ent- Überführung der erhaltenen Bestände Berlin, wie in anderen Bezirken, sind aus schied. Wenn die Gefangenen aus ihren nach Frankfurt/Oder. Da war die Stasi- Cottbus nicht bekannt. An der Spitze von vergitterten Fenstern nachts die deutsche Aufarbeitung an anderen Orten schon Stasi (erst Oberst Hans Ullmann, später Nationalhymne oder andere Protestlieder im Gange. Es gibt Vermutungen, daß es Generalmajor Horst Fitzner) und SED- sangen, dann lagen binnen kurzer Zeit auch da noch zu Vernichtungen gekom- Bezirksleitung (Werner Walde) gab es im die IM-Berichte von Anwohnern auf den men sein könnte, denn die Mehrheit der Bezirk eine große personelle Kontinuität. Tischen am Nordrand der Stadt, wo die ehemaligen Stasi-Auflöser (des Bürger- Cottbus war einer der Wachstumsbe- Stasi-Bezirksverwaltung in Plattenbauten komitees) von 1990 erfuhr nicht einmal zirke. Während die DDR seit ihrer Grün- residierte. Auch unter den Häftlingen, vom Termin der Umlagerung. Angesichts dung weit über eine Millionen Menschen Mitarbeitern und Zivilangestellten der der fortdauernden Aktenvernichtungen verlor, verdoppelte allein die Bezirksstadt StVE hatte das MfS im Laufe der Jahre erscheint die Cottbuser MfS-Auflösung ihre Einwohnerzahl bis zum Mauerfall etwa 100 IM. als (negativer) Sonderfall, wertet BStU- auf knapp 130 000. Plattenbau-Wohn- Experte Ilko-Sascha Kowalczuk („End- gebiete wie Sandow, Sachsendorf und Der größte denkbare Widerspruch zur spiel“, München 2009). Doch auch aus Schmellwitz schossen aus dem Boden. Rolle des MfS in diesem Bezirk ist die der BV Cottbus gibt es noch rund 750 Durch die Energieproduktion erwuchs der Tatsache, daß Cottbus 1990/91 der ein- gerettete Säcke mit Papierschnipseln. Sie Bezirk zu zentraler volkswirtschaftlicher zige ehemalige DDR-Bezirk war, der kei- lagern in Frankfurter Kellern bei der BStU. Bedeutung. 40 Prozent der gesamten IM- ne eigene BStU-Außenstelle bekam. Die Diese rekonstruierbaren Papiere lassen Kraft steckte das MfS in den Schutz der Dominanz des MfS in Cottbus bis 1990 hoffen, das Stasi-Geheimnis von Cottbus eigenen (Miss-)Wirtschaft. Auch Rüdiger traf später auf die Ignoranz bei der Stasi- noch lüften zu können. Müller-Enbergs Sielaff bestätigt das: „Meine Vermutung Aufarbeitung. Bis heute dominiert dort resümierte vorläufig: „Dokumente, die war stets, daß die hohe IM-Dichte des die Verdrängung. das Cottbus-Phänomen abschließend er- ehemaligen Bezirkes Cottbus aus der klären, haben wir noch nicht gefunden.“ volkswirtschaftlichen Bedeutung der in Die geretteten Akten wurden zunächst ihm gelegenen Industrieeinrichtungen einbetoniert und dann in die kleinere Ex- resultiert. Eine Störung in der ohnehin Bezirksstadt Frankfurt/Oder gebracht. In sensiblen Industrie- und Energieproduk- einem erstklassigen Beitrag des Heftes Der Autor dankt Dr. Helmut Müller-En- tion konnte das MfS nicht akzeptieren. „Revolution. Die DDR im Jahr 1989“ vom bergs, Rüdiger Sielaff, Siegmar Faust und Der Stasi war klar, daß volkswirtschaft- Berliner Landesbeauftragten für die Stasi- Janet Thomalsky für Ihre Zuarbeiten und liche Störungen höchste Auswirkungen Unterlagen dokumentierten Elena Demke kritische Durchsicht dieses Beitrages. 10 Berichte Studentischer Widerstand Gedenkveranstaltungen in Halle und Leipzig

Zwei zentrale Veranstaltungen der Uni- 700 Seiten starke Publikation von Dr. Sy- rat und besonders mit Wolfgang Natonek versitäten Halle-Wittenberg und Leipzig bille Gerstengarbe und Generalarzt a.D. berichten. Es wurden die Spannungen erinnerten am 26. und 28. April 2010 an Dr. Horst Hennig, „Opposition, Wider- deutlich zwischen den demokratischen den studentischen Widerstand in der SBZ/ stand und Verfolgung an der Martin-Lu- Grundauffassungen von Natonek, Krö- DDR nach 1945. Mit einer Gedenkfeier in ther-Universität Halle-Wittenberg 1945- ber oder Dr. Günther Krone einerseits Halle gedachte die Universität ganz be- 1961“, die von der Stiftung Aufarbeitung und den Vorstellungen der SED und der sonders jener Studenten und Dozenten, in Berlin mit einem Druckkostenzuschuß sowjetischen Besatzungsmacht anderer- die infolge von sowjetischen Repressi- unterstützt wurde. Das Werk, eingeleitet seits. Sie führten schließlich zum Ende ei- onen ihr Leben verloren hatten. Zugleich von Bundesaußenminister a.D. Hans- ner der letzten demokratisch legitimierten ehrte sie die zwischen 1945 und 1989 Dietrich Genscher, dokumentiert in um- Institutionen an der Universität Leipzig. politisch verfolgten Universitätsangehö- fassender Weise den studentischen Wi- rigen. „Es geht nicht zuletzt“, so Rektor derstand an der Martin-Luther-Universität Die abendliche Festveranstaltung stand Wulf Diepenbrock, „um eine öffentliche von den ersten Nachkriegsjahren bis zum unter dem Motto „Der mündige Stu- Anerkennung ihres Leidens von Seiten der Bau der Berliner Mauer. dent“. Rektor Franz Häuser erinnerte an Universität.“ Mit der Veranstaltung sollte den Lebensweg von Wolfgang Natonek, aber auch für die jüngere Generation ein Während 2009 der studentische Wider- und Steffi Böttger las aus den von ihr Zeichen gesetzt werden, wie kostbar der stand der Belter-Gruppe im Mittelpunkt edierten Briefen Natoneks an seinen Va- Erhalt der Freiheit, insbesondere auch der der Betrachtungen stand, waren die 2. ter. Diese zeitgeschichtlichen Zeugnisse Freiheit der wissenschaftlichen Lehre und Belter-Dialoge der Konrad-Adenauer- haben auch heute nicht an Aktualität Forschung ist, den es stetig zu verteidigen Stiftung und der Universität Leipzig dem eingebüßt, wie der Politikwissenschaftler gilt. In seinem Festvortrag „Erinnerung Wirken des Studentenrates gewidmet. In und Rektor der Universität Jena, Klaus als Aufgabe“ wies darauf seinem Einführungsvortrag sprach Gün- Dicke, unterstrich. Sein Credo: „Poli- hin, daß „auch die Macht ihre Gesichter“ ther Heydemann, Direktor des Hannah- tisches Engagement ist eine Pflicht für hatte. Sybille Gerstengarbe trug über Arendt-Instituts in Dresden, über den die nachwachsende Generation, um die ausgewählte Schicksale von politisch ver- Aufbruch der jungen Generation in der Erfahrungen und Erlebnisse der Vergan- folgten Stundenten vor und Klaus-Dieter Hoffnung auf eine neue Gesellschaft, genheit nicht als vergessenes Erbteil zu Müller, Leiter der Dokumentationsstelle über das Arbeiterstudium und über die verschenken.“ Dazu wünschte man sich Stiftung Sächsische Gedenkstätten in Möglichkeiten und Grenzen der Stun- für kommende Veranstaltungen sowohl Dresden, berichtete etwas überraschend dentenräte. Immer wieder fiel der Name in Halle als auch in Leipzig mehr Stu- über die erfolgreiche Zusammenarbeit bei des legendären Vorsitzenden Wolfgang denten unter den Zuhörern. Im nächsten der Aufarbeitung von Nachkriegsschick- Natonek, der wie so viele andere von den Jahr, so abschließend Dr. Joachim Klose salen, darunter nicht wenigen universi- Kommunisten ausgeschaltet wurde. von der Konrad-Adenauer-Stiftung, wer- tären, mit der Russischen Förderation. den die 3. Belter-Dialoge dem christlichen Aus eigener Anschauung konnte an- studentischen Widerstand gewidmet sein. Im Mittelpunkt des Interesses stand die schließend Rechtsanwalt Dr. Günter Krö- rechtzeitig vollständig erschienene, über ber über seine Erfahrungen im Studenten- Gerald Wiemers

Pfarrer und Zuträger felder Historikerin Hedwig Richter hat darüber eine ausgezeichnete Dissertation Stasi-Spitzel verlor Prozeß geschrieben, die unter dem Titel „Pie- tismus im Sozialismus. Die Herrnhuter Brüdergemeine in der DDR“ 2009 veröf- Die „Herrnhuter Brüdergemeine“, die mit dig und 1929 zur Stadt erhoben wurde. fentlicht wurde. Da sie dort auch an fünf heute 825 000 Mitgliedern auf drei Kon- Die „Herrnhuter“ gelten noch heute als Stellen den Namen des Pfarrers und In- tinenten verbreitet ist, wurde im 18. Jahr- glaubensstarke Christen innerhalb des offiziellen Mitarbeiters, Christian Weber, hundert von Nikolaus Ludwig Graf von Protestantismus, die in Afrika und Asien eines Nachwuchstheologen der „Brüder- Zinzendorf (1700-1760) auf seinem Gut Missionsarbeit leisten. gemeine“, genannt hatte, wurden sie Berthelsdorf bei Görlitz in der Oberlau- und ihr Verlag mit einer Unterlassungs- sitz gegründet. Er hatte 1722 verfolgten Mit Gründung des SED-Staates 1949 lag klage überzogen, die am 4. Februar 2010 Christen aus Mähren im Königreich Böh- die Stadt Herrnhut auf DDR-Gebiet, und vom Landgericht Dresden zu Ungunsten men, den „böhmischen Brüdern“, Auf- die „Brüdergemeine“ war in diesen 40 des Klägers entschieden wurde. nahme gewährt. Vier Jahre nach seinem Jahren bis zum Mauerfall der ununter- Tod übernahmen sie 1764 Schloß und brochenen Überwachung und Verfolgung Christian Weber, der heute in Radebeul Gut, gründeten dort die Kolonie „Herrn- durch Behörden und das Ministerium für bei Dresden lebt, hatte mit einer einstwei- hut“, die als Gemeinde 1895 selbstän- Staatssicherheit ausgesetzt. Die Biele- ligen Verfügung die Veröffentlichung des Berichte 11

400 Seiten starken Buches verhindern Das Gericht aber vertrat vernünftiger- wollen, weil er dort als Informant der weise die Auffassung, daß das „Infor- Staatssicherheit bezeichnet worden war. mationsinteresse der Öffentlichkeit“ an So konnte man auf Seite 265 lesen: „Der oberster Stelle stünde und kam zum Er- Leiter des Hauses, Christian Weber, ein gebnis: „Jedoch enthalten die in der Akte viel versprechender Nachwuchstheologe befindlichen Berichte jede Menge Detail- der Brüdergemeine, arbeitete zugleich wissen, welches dem Verfügungskläger konspirativ mit der Staatssicherheit.“ zuzuschreiben ist…“

Die Klage wurde abgewiesen, obwohl Nun fragt man sich als ehemaliger DDR- der Kläger vor Gericht geltend gemacht Häftling, der über dieses Urteil hocher- hatte, keinen „bewussten Kontakt“ zur freut ist, warum Christian Weber, wenn er Staatssicherheit unterhalten und „keine ohne sein Wissen, wie er behauptet, von Verpflichtungserklärung unterzeichnet“ der Staatssicherheit abgeschöpft wurde, zu haben. Bei fortgesetzter Behauptung überhaupt eine Klage angestrengt hat. Hedwig Richters, Pfarrer Christian Weber Denn dann wäre er völlig unschuldig und wäre Inoffizieller Mitarbeiter gewesen, hätte nicht klagen müssen. sollte ein Ordnungsgeld von 250 000 Hedwig Richters Veröffentlichung, ganz Euro oder ersatzweise Ordnungshaft an- legal im Buchhandel erhältlich. gedroht werden. Jörg Bernhard Bilke

Sängertreffen am Fuße der Wartburg

Wie schon seit einigen Jahren, trafen sich dem Rathaus beeindruckte. Abends sa- sängern. Wieder zu Hause, empfanden auch 2010 - vom 6. bis 10. Juni - vier- ßen wir bei Gesprächen zusammen oder wir am 13. Juni vor dem Fernsehschirm zehn noch reisefähige „Ehemalige“ des sahen Videofilme. Dabei rief uns unser dankbar, daß die Anstaltspfarrerin die ökumenischen Bautzener Kirchenchores bewährter Dokumentator Jochen Berndt fast unglaubliche Geschichte dieser Kir- der 1950er Jahre im Eisenacher „Haus das vorjährige Treffen lebendig in Erin- che in unseren Haftjahren angemessen Hainstein“ unweit der Wartburg. Es ist nerung und zeigte uns verschiedene Auf- mit einbezog. Damit trug die Sendung seit dem ersten Wiedersehen vor über zeichnungen von Fernsehberichten über dazu bei, die Thematik der politischen fünfzig Jahren Tradition, daß die Frauen Kirchenchormitglieder und „das letzte Gefangenen nicht völlig in Vergessenheit der Sänger – früher sogar die Kinder – Gespräch“ mit Walter Kempowski, den geraten zu lassen. ebenfalls teilnehmen, so auch diesmal. letzten Chorleiter in Bautzen und später Ulrich Haase berühmten Schriftsteller. Die traditionelle Natürlich wird unser Kreis kleiner, und so Andacht hielt wiederum Hansjörg Ste- mußten wir vier jüngst Verstorbene be- phan, dieses Mal durch einen plötzlichen Zu wenig zu haben, ist ein Elend. trauern, darunter unseren Senior Albert Krankheitsfall nicht in der hauseigenen Genug zu haben, ist ein Segen. Fischer, dem wir noch im vergangenen Kapelle und ohne Orgel und mehrstim- Jahr zu seinem 103. Geburtstag über migen Chorgesang (der mittlerweile auch Zu viel zu haben, ist eine große Telefon ein Ständchen sangen. Einen nicht mehr für fremde Ohren geeignet Gefahr. Dies gilt von allen Din- eigens für ihn komponierten Kanon ist). gen, aber besonders vom Geld. konnte aber seine anwesende Tochter Dschuang-Tse hören. Bevor wir auseinandergingen, infor- mierten wir uns noch über den drei Tage Der obligatorische Halbtagsausflug führte später vom ZDF ausgestrahlten Gottes- Genug wäre völlig ausreichend... die schon recht betagte Gesellschaft nach dienst aus der Bautzener Anstaltskirche, Gotha, das uns mit seinem imposanten jenem Ausgangspunkt unserer nun schon Deshalb: Bitte spenden Sie für den STACHELDRAHT, Schloß, aber auch jahrhundertealten, lie- fast sechzigjährigen Gemeinschaft von und werben Sie Spender und Abonnenten. bevoll restaurierten Bürgerhäusern und heute noch gut zwanzig Kirchenchor- Für Spenden gibt es kein Limit, und jedes Abo hilft. Das Jahresabonnement mit 9 Ausgaben kostet 9,-Euro.

Name und Anschrift an die Redaktion senden, Über- weisungen bitte auf das Konto BSV-Förderverein, Konto-Nr. 665 52 45 01, BLZ 100 708 48, Berliner Bank AG, Verwendungszweck „Stacheldraht-Abo“ oder „Stacheldraht-Spende“. Nach fast 60 Jah- ren: Der Kirchen- chor des „Gelben (Für UOKG-Mitglieder besteht keine Zahlungspflicht.)

Foto: Jochen Berndt Elends“. 12 Berichte Parade für die Sieger

Vom 19. bis 23. Mai 2010 fand in Bra- hungen ist die Verabschiedung eines sov (Rumänien), ehemals Kronstadt, der „Lustrationsgesetzes“ (zur Erhellung der XVIII. Kongreß der Internationalen Asso- Vergangenheit) durch das Parlament in ziation ehemaliger Häftlinge und Opfer Bukarest, das mit 203 Stimmen bei 40 des Kommunismus (Inter-Asso) statt. Nein-Stimmen angenommen wurde. Es Vertreter aller Länder des ehemaligen bezieht sich nicht nur auf Securitate-Mit- Ostblocks, außer Polen und der Ukraine, glieder, sondern auch auf führende Per- waren vertreten. Moldawien wurde als sonen der Kommunistischen Partei, des neues Mitglied aufgenommen. Staatsrates und Ministerrates, Sekretäre und Diplomaten. Bedauerlich, daß dieses Der Kongreß stand unter dem Motto Gesetz erst so spät in Kraft tritt. Man hät- „Verschieden in Ethnizität, Kultur und te es sich schon vor 20 Jahren gewünscht.

Religion – vereinigt unter der Kuppel Foto: N. Radlitz des Leidens“. Vor allem ging es darum, Sehr beeindruckend war eine Kranznie- den Stand der Aufarbeitung der Folgen Emblem des Inter-Asso-Kongresses 2010. derlegung am Denkmal der Opfer des der kommunistischen Gewaltherrschaft Kommunismus in der Stadtmitte – mit in den einzelnen Ländern zu diskutieren dieser Organisation ist noch heute das allen Waffengattungen des Militärs, den und sich eventuell gegenseitig zu unter- Auffinden von Stellen, an denen erschos- örtlichen Behörden, je einem orthodoxen, stützen. sene oder verhungerte Häftlinge von der katholischen und evangelischen Geist- Securitate verscharrt wurden, um ihnen lichen und mit der Parade einer Formati- Vorsitzender der Inter-Asso ist Jure Kne- endlich eine würdige Beerdigung zu be- on der Streitkräfte. zovic´ aus Kroatien, Spiritus Rektor des reiten. diesjährigen Kongresses war der Präsi- Der Vize-Präfekt der Region Brasov sagte dent der rumänischen Opferorganisation, Der Kongreß wurde von der örtlichen Ver- zum Abschied: „Ihr, die früheren Opfer, Octav Bjoza. Eindrucksvoll schilderte Bjo- waltung hervorragend unterstützt. Rumä- seid die Sieger der Geschichte, und vor za die Leiden der Opfer nach der Beset- nien will nun endlich vom Image eines Siegern ist eine Parade angemessen!“ zung des Landes durch die Sowjetunion postkommunistischen Staates wegkom- und besonders in der Ceaus¸ escu-Ära am men, obwohl auch dort ehemalige Kader Beispiel von Delegierten des rumänischen „die Kriminalität privatisiert haben“ (O. Opferverbandes. Eine der Hauptaufgaben Bjoza). Sichtbarer Ausdruck der Bemü- Hans-Peter Schudt

SED und MfS Erinnerung an Mut und Zivilcourage

Zum Gedenken an den Volksaufstand innert an den Mut, die Zivilcourage, das 1953 fand am 17. Juni 2010 in der Kapel- Verantwortungsbewußtsein der Men- le auf dem Karnickelberg in Bautzen eine schen, deren Taten Ansporn und Ermuti- ökumenische Andacht statt, die mit einer gung für viele waren, die sich in Zeiten Kranzniederlegung abschloß. der Unterdrückung nie ganz gebeugt und die Ideale von 1953 bewahrt und wei- Bürger der Stadt Bautzen, darunter tergetragen haben. Diese Erinnerung ist Vertreter der Stadtverwaltung und des für die Zeitzeugen, aber besonders auch Landratsamtes, der Sächsische Landes- für die Jugendlichen wichtig. Jede Zeit beauftragte für die Stasi-Unterlagen, der braucht Menschen, die gegen Unrecht stellvertretende Vorsitzende der Stiftung aufbegehren. Deshalb verweist das Baut- Sächsische Gedenkstätten und seine zen-Komitee auf die Notwendigkeit, die Mitarbeiter folgten aufmerksam den Er- jüngeren Generationen zu sensibilisieren, lebnisberichten und den wegweisenden sich mit den Geschehnissen von damals Empfehlungen der Pfarrer. Die musika- zu beschäftigen. lische Umrahmung gestaltete der Baut- zener Gospelchor. Die jugendlichen Mu- So nutzte das Bautzen-Komitee auch siker boten ein musikalisches Ereignis der gern die Möglichkeit, die Gedenkveran- besonderen Art. Sie sorgten klangvoll für staltungen am 17. Juni in Görlitz auf dem

Foto: Carola Schulze Gänsehaut-Stimmung und verkündeten Postplatz und in Zittau am Krematorium, ihre Botschaft. die vom CDU-Stadtverband organisiert (v.r.) Prof. Dr. Manfred Wilke, Pfarrer Manfred Fischer (Modera- wurden, zu besuchen. In Zittau verlasen tion) und der Frankfurter BStU-Außenstellenleiter Rüdiger Sielaff Das Bautzen-Komitee betont, daß der Schülerinnen die Namen der Opfer und auf dem Podium einer Veranstaltung der UOKG und der Stiftung Berliner Mauer im Juni 2010. Eindeutig wiesen sie die prinzipielle 17. Juni 1953 ein bedeutendes Datum das Alter, in dem sie umkamen. Führungsrolle der SED gegenüber der DDR-Staatssicherheit nach. in der deutschen Geschichte ist und er- Bautzen-Komitee Berichte 13 Erinnern, gedenken, mahnen UOKG-Verbändetreffen am 19. und 20. Juni 2010 in Berlin

(st) Die zweite Zusammenkunft der Ver- beide Blöcke unmittelbar bewaffnet ge- „Vollarchivierung“ einfach die Mittel bandsvertreter in diesem Jahr beschäftigte genüberstanden. Noch nicht entschieden fehlten. Nachdem er anschließend einen sich mit „Formen der Mahnung, der Auf- sei, ob die Minimalvariante einer 600 oder Überblick über die manuelle Rekonstruk- arbeitung und des Gedenkens“. Wieder die Maximalvariante einer 3000 Quadrat- tion der MfS-Aktenschnipsel gegeben konnte UOKG-Vorsitzender Rainer Wag- meter großen Ausstellungsfläche dort hatte, beschrieben sein Behördenkollege ner im Bericht des Vorstandes eine erfolg- umgesetzt werde. Mit Blick auf die vielen Joachim Häußler und Dr. Bertram Nikolay reiche Arbeit des Dachverbandes bilanzie- kritischen Stimmen zu diesem Projekt be- vom Fraunhofer-Institut detailreich und ren. Das Ansehen in der Öffentlichkeit sei tonte Klemke, es habe einen Aufruf der interessant den Stand der Entwicklung gestiegen, nicht zuletzt wegen des sach- Amerikaner zur Gründung eines Museums einer „virtuellen Rekonstruktion“, auf bezogenen Auftretens der Organisation des Kalten Krieges in Berlin gegeben, den deren Basis die zerrissenen Akten in über und der Vermeidung von Querelen. Wag- zahlreiche internationale Persönlichkeiten 15 000 Säcken in einigen, statt manuell in ner beschrieb dann u.a. die politischen Be- unterschrieben hätten. Das Museum solle ca. 500 Jahren zusammengesetzt werden mühungen der UOKG in den vergangenen sich nach einer Starthilfe aus öffentlichen könnten. Monaten, auch den Opfern von Gewalt in Mitteln selbst tragen. Daß die Frage der Kinderheimen der DDR am „Runden Tisch Mittel jedoch nicht im Vordergrund der Die Erinnerungskultur in den osteuropä- Kindesmißbrauch“ Gehör zu verschaffen. Kritik steht, zeigte die anschließende Dis- ischen Staaten am Beispiel von Mahnma- In Anknüpfung an eine Vortragsveranstal- kussion. Schwerpunkt war vor allem die len, Gedenkstätten und Museen war das tung des Dachverbandes und der Gedenk- Problematik, welches Verständnis vom Thema Dr. Anna Kaminskys, Geschäfts- stätte Berliner Mauer am 16. Juni zum Kalten Krieg jene Epoche des 20. Jahrhun- führerin der Bundesstiftung Aufarbeitung. Verhältnis von SED und Staatssicherheit derts dann historisiere. Befürchtungen, Die Gedenkkultur der osteuropäischen wies er noch einmal auf die fatale Einsei- die Darstellung könne politisch neutrali- Staaten sei sehr heterogen. Das belegte tigkeit hin, mit der seit zwei Jahrzehnten sierend ausfallen, konnte Rainer Klemke sie mit zahlreichen Beispielen. So gebe es das MfS statt der führenden SED als nicht wirklich zerstreuen. z.B. in Albanien seit 1996 eine Ausstel- DDR-Grundübel wahrgenommen werde. lung im Nationalmuseum, jedoch keinen Abschließend beschrieb Rainer Wagner Die „virtuelle und manuelle Rekonstrukti- weiteren Gedenkort im ganzen Land. die zahlreichen Probleme, die wegen der on zerrissener Stasi-Unterlagen“ war ein Ganz anders die Situation in der Ukraine. Sanierung von Haus 1 - der ehemaligen weiteres Thema des Verbändetreffens. Dort werde staatlich gefördert und oft Stasi-Zentrale und dem heutigen Sitz der Der erste Referent, Andreas Petter von der künstlerisch hervorragend gestaltet an meisten Berliner Verbände und der UOKG BStU, ging zunächst jedoch auf eine ak- den Holodomor (bewußt herbeigeführte - im Zusammenhang mit dem Ausweich- tuelle Frage ein, die der UOKG-Vorstand Hungerkatastrophe) erinnert. In zahl- quartier aufgetreten sind. bereits an dessen Behörde gerichtet hat- reichen osteuropäischen Ländern seien te, die Frage nach der Aktenvernichtung. die umfangreichen Deportationen der Be- Um „Ausführungen zu einem Museum Petter erklärte, es handle sich dabei weder völkerung Hintergrund von Gedenkorten, des Kalten Krieges“ zu machen, war Rai- um Opfer- noch um Täterakten, sondern häufig gekennzeichnet mit einem Findling ner Klemke von der Berliner Senatskanzlei um Duplikate, Kantinenbons u.ä., „für die aus den Deportationsgebieten. Denkmä- für Kulturelle Angelegenheiten eingela- Aufarbeitung unwichtige“ Dokumente. ler, die allen Opfern des Kommunismus den worden. Der Berliner „Checkpoint Für diese Vernichtung gebe es eine gewidmet seien, gebe es bislang relativ Charlie“ sei der einzige Ort der Welt Rechtsgrundlage, und sie sei notwenig, selten, resümierte Dr. Kaminsky, und solch gewesen, begann Klemke, an dem sich weil für die fach- und bestandsgerechte eine Darstellung sei auch nicht leicht.

Nachtrag Recht In Ergänzung des Beitrages „Der Grad der Schädigung“, Ausgabe 4/2010, S. 4, und aufgrund einiger Nachfragen hier nun die vollständigen Leistungstabellen der Grund- und der Ausgleichsrente.

Beschädigte erhalten eine monat- Die Grundrente erhöht sich für Beschädigte mit einem Grad der Die volle Ausgleichsrente be- liche Grundrente bei einem Grad Schwerbeschädigte, die das 65. Schädigungsfolgen von 100, die trägt monatlich bei einem Grad der Schädigungsfolgen Lebensjahr vollendet haben, bei durch die anerkannten Schädi- der Schädigungsfolgen einem Grad der Schädigungsfol- gungsfolgen gesundheitlich außer- von 30 – in Höhe von 123 � gen gewöhnlich betroffen sind, erhal- von 50 oder 60 – 396 � von 40 – in Höhe von 168 � ten eine monatliche Schwerstbe- von 70 oder 80 – 479 � von 50 – in Höhe von 226 � von 50 und 60 – um 25 � schädigtenzulage, die in folgenden von 90 – 576 � von 60 – in Höhe von 286 � von 70 und 80 – um 31 � Stufen gewährt wird: von 100 – 646 � von 70 – in Höhe von 396 � von mind. 90 – um 38 � Stufe I – 74 � von 80 – in Höhe von 479 � Stufe II – 154 � von 90 – in Höhe von 576 � Stufe III – 229 � von 100 – in Höhe von 646 � Stufe IV – 306 � Stufe V – 382 � Stufe VI – 460 � Florian Kresse, Jurist, UOKG e.V. 14 Verbände Halle-Forum 2010 Zudem wird am Eröffnungstag, am 17.09.2010, im Hotel MARITIM Staats- „War die DDR ein Unrechtsstaat? Diskursive Forschung versus minister und Chef der Staatskanzlei des ostalgische Verklärung“ Landes Sachsen-Anhalt, Rainer Robra, erwartet. Johannes Rink (VOS) reflek- tiert zum Thema des Halle-Forums aus Mit der deutsch-deutschen Wiederverei- menden öffentlich-medialen Präsenz. Das Sicht der Opferverbände. Ab 19.00 Uhr nigung vor 20 Jahren wurden die gesell- Halle-Forum 2010 greift diesen Diskurs läuft der Film: „Gesicht zur Wand“ über schaftlichen Parameter der freiheitlich-de- auf und hinterfragt den strittigen Cha- das Haftschicksal von Melanie Kollatzsch, mokratischen Rechtsordnung, die bislang rakter der DDR im Kontext einer heftig die vor Gründung der DDR von den So- nur in einem Teil Deutschlands galten, auf geführten Debatte um Rechtsstaatlichkeit wjets verhaftet und verurteilt und nach das Gebiet der ehemaligen DDR übertra- und ostalgische Verklärung. dem Bau der Berliner Mauer aus dem gen. Eine anfangs noch angedachte Ver- Strafvollzug des DDR-Innenministeriums fassungsdiskussion für das neue Deutsch- Zum Rechtsstaatsbegriff aus ideenge- in die DDR entlassen wurde. Melanie land erwies sich recht bald in einer Zeit, schichtlicher Sicht spricht am 17.09.2010 Kollatzsch spricht im Anschluß an die wo derartige gesellschaftlich gravierende in einem einleitenden Referat der Münch- Filmpräsentation als Zeitzeugin. Umbrüche seit Herbst 1989 in der DDR zu ner Jurist Dr. Thomas Claer im MARI- verzeichnen waren, als obsolet. Die De- TIM Hotel Halle. Am 18.09.2010 referiert Es wird eine Teilnahmegebühr erhoben: batte um den Charakter des SED-Staates, der bekannte Experte für politisches 25,00 � mit Übernachtung; 10,00 � die an Vorstellungen eines vermeintlichen Strafrecht – selbst vom MfS in die DDR ohne Übernachtung; 5,00 � für Tages- „sozialistischen Rechtsstaates“ (siehe die verschleppt und dort inhaftiert – Dr. gäste Diskussionen innerhalb der SED in den Karl-Wilhelm Fricke zum Problembe- 80er Jahren) anknüpfte, sollte bis heute reich des Systemunrechtes in der DDR. Anmeldungen bitte bis 25. August 2010 nicht verstummen. Dem Thema der politischen Willkür als an die Landeszentrale für politische Simulation von Rechtsstaat widmet sich Bildung Sachsen-Anhalt, Referat II, 20 Jahre nach dem deutsch-deutschen der langjährige Mitarbeiter am Gesamt- Schleinufer 12, 39104 Magdeburg, Hr. Einigungsvertrag ist das Thema „Rechts- deutschen Institut, Bernd Lippmann Jürgen Breitenfeld, Tel.: 0391-567 6457. staat versus Unrechtsstaat DDR“ offenbar aus Berlin. Das Schweigen der Opfer hin- Das Halle-Forum ist als Lehrerfortbildung aktueller denn je. Die Erinnerung daran, terfragt Dipl.-Psych. Stefan Trobisch- anerkannt. daß „nicht alles schlecht“ im SED-Staat Lütge von der Berliner Beratungsstelle war, wird bundesweit über Medien, ver- “Gegenwind“ für politisch Traumatisierte Freitag, den 17.09.2010, Beginn: 15.30 schiedene erinnerungspolitische und bil- der SED-Diktatur. Das abschließende Re- Uhr im Hotel MARITIM; Sonnabend, den dungspolitische Institutionen und Netz- ferat am 18.09.2010 nach dem Mittags- 18.09.2010, Beginn: 9.30 Uhr in der Ge- werke offensiv thematisiert. Ehemalige imbiß hält Oberstaatsanwalt Bernhard denkstätte ROTER OCHSE Halle (Saale). Parteifunktionäre und Verantwortliche Jahntz (Berlin) zum Thema: Die Ahndung des SED-Staates, aber auch einstige Of- politisch motivierter Strafverfahren in der fiziere der berüchtigten Stasi der DDR DDR nach dem deutsch-deutschen Eini- befördern diesen Diskurs mit einer zuneh- gungsvertrag 1990. André Gursky

XX. Mahn- und Gedenktreffen Die Initiativgruppe Lager Mühlberg e.V. lädt zu ihrem Mahn- und Gedenktreffen 2010 in Mühlberg/Elbe und Neuburxdorf ein.

Programm Sonnabend, 4. September 2010 Einweihung der Texttafel im Bereich der Namensträger; Ansprache: Günter Noo- 9.30 Uhr – Gedenkveranstaltung mit ke, Beauftragter der Bundesregierung für Freitag, 3. September 2010 Kranzniederlegung am Denkmal für die Menschenrechtspolitik und humanitäre verstorbenen Kriegsgefangenen auf dem Hilfe im Auswärtigen Amt 14.00 Uhr – Jahreshauptversammlung Friedhof in Neuburxdorf der Initiativgruppe Mühlberg e.V. (Mit- 13.00 Uhr – Stunde der Begegnung im glieder erhalten gesonderte Einladungen) 10.30 Uhr – Ökumenischer Gottesdienst Zelt am Lagergelände mit der Möglich- im Zelt am Lagergelände; Predigt: Rainer keit, ein Mittagessen einzunehmen 17.00 Uhr – Eröffnung und Vortrag im Wagner (Prediger), Vorsitzender der Uni- Rathaus Mühlberg/Elbe: Dr. Hans-Jürgen on der Opferverbände kommunistischer (Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln Grasemann, Braunschweig, spricht zum Gewaltherrschaft UOKG nach Mühlberg kommt und zu den Ver- Thema „Die DDR – ein Unrechtsstaat?“ anstaltungen gefahren werden möchte, – Gedenkveranstaltung mit melde sich bitte sofort bei Frau Stamm, 11.30 Uhr Geschäftsstelle Mühlberg, Schulplatz 2, 19.00 Uhr – gemeinsames Abendessen Kranzniederlegung am Hochkreuz für 04931 Mühlberg, Tel. 03 53 42-874 87, im Rathaussaal Mühlberg die Opfer des Speziallagers einschließlich E-Mail [email protected]) Verbände 15 Veranstaltung in Gute Bilanz UOKG-Kongreß Sachsenhausen Die Projektwerkstatt „Lindenstraße 54“ der Gedenkstätte für Opfer politischer Mission erfüllt? Zur Gedenkveranstaltung anläßlich des Gewalt im 20. Jahrhundert in Potsdam 65. Jahres der Wiederinbetriebnahme hat die Bilanz ihrer politischen Bildungs- 1990 – Die Rolle von Politik, des Konzentrationslagers Sachsenhausen arbeit im Schuljahr 2009/2010 gezogen. Medien, Gesellschaft bei der durch den NKWD und zu einer Vortrags- Aufdeckung von DDR-Unrecht und Diskussionsveranstaltung lädt die Ar- I. Anzahl der Veranstaltungen und im Umgang damit beitsgemeinschaft Lager Sachsenhausen 1. betreute Gruppen in der Projektwerk- 1945-1950 e.V. herzlich ein. statt: 163 Mit Oberstaatsanwalt (Schüler, Auszubildende, Studenten, Dr. Hans-Jürgen Grasemann Die Veranstaltung in Zusammenarbeit Referendare, Lehrer) u.v.a. mit der Gedenkstätte Sachsenhausen und Herkunft mit freundlicher Unterstützung der Bun- - Stadt Potsdam: 59 Sonnabend, 16. Oktober 2010, desstiftung Aufarbeitung findet statt am - Land Brandenburg: 83 ab 10.00 Uhr Sonnabend, dem 4. September 2010, ab - andere Bundesländer: 16 (Berlin, 10.30 Uhr auf dem Kommandantenhof in NRW, Hamburg, Meckl.-Vorp., Nie- Ort: der Gedenkstätte Sachsenhausen, Straße dersachsen, Hessen Bayern, Rheinl.- Besucherzentrum der Gedenkstätte der Nationen 22, 16515 Oranienburg. Pfalz, Baden-Württemberg) Berliner Mauer - Ausland: 5 (Schweiz, Niederlande, Bernauer Str. 119 10.30 Uhr: Ökumenischer Gottesdienst Frankreich, USA) 13355 Berlin mit Generalsuperintendent i.R. Martin- 2. Zeitzeugengespräche: 169 Michael Passauer; Ansprachen: Dr. Mar- - in Schulen: 60 (Programm in der nächsten Ausgabe) tina Münch, Ministerin f. Wissenschaft, - in der Projektwerkstatt: 109 Forschung, Kultur des Landes Branden- 3. Lehrerfortbildungen: 5 burg, Dr. Ingeborg Berggreen-Merkel, Mi- II. Anzahl der Teilnehmer nisterialdirektorin beim Beauftragten der 1. bei Projekttagen in der Gedenkstätte: Bundesregierung für Kultur und Medien, 3554 Neue Detlev Putzar, Überlebender des Spezi- 2. bei Zeitzeugengesprächen in der Ge- allagers Sachsenhausen; anschließend denkstätte: 1867 Kontonummern Kranzniederlegung; 12.15-13.30 Uhr: 3. bei Zeitzeugengesprächen in Schulen: Empfang der Regierung des Landes Bran- 1662 Bitte beachten! Der „stacheldraht“und denburg (nur geladene Gäste); 13.45- 4. bei Lehrerfortbildungen: 30 der BSV-Landesverband Berlin-Branden- 16.00 Uhr, im Veranstaltungsraum (ehe- burg haben neue Kontonummern. malige Häftlingswäscherei) der Gedenk- Außerdem wurden drei Praktikanten be- stätte: Begrüßungen und Vortrag „Die treut. „der stacheldraht“ Zeit nach den Zeitzeugen. Opfergedenken Catrin Eich Konto: BSV-Förderverein und historisch-politische Bildungsarbeit in Konto-Nr.: 665 52 45 01 den kommenden Jahrzehnten“ von Prof. BLZ: 100 708 48 Dr. Bernd Faulenbach, Vorsitzender der Neue Dokumente Berliner Bank AG Fachkommission der Stiftung Branden- Der BSV-Förderverein für Beratungen lädt burgische Gedenkstätten; anschließend die Mitglieder des BSV-Landesverbandes BSV Berlin-Brandenburg Diskussion; Anmeldungen bitte bei Vic- Berlin-Brandenburg und alle Interessier- Konto: BSV Berlin toria Heydecke, Tel. (030) 802 84 76, E- ten zu einem Literaturbericht von Viktor Konto-Nr.: 66 72 98 400 Mail [email protected] Gorynia mit anschließender Gesprächs- BLZ: 100 708 48 Victoria Heydecke, Mariagnes Pense runde ein. Thema: „Neue Dokumente zur Berliner Bank AG Tätigkeit der sowjetischen Geheimdienste in der SBZ/DDR 1945 bis 1953 – in Strahlen an der Deutschland bisher nicht veröffentlicht“

Grenze Mittwoch, den 25. August 2010, 14.30 Uhr, Ort: Ruschestr. 103, Haus 22 (ge- In eigener Sache Das Forum zur Aufklärung und Erneue- genüber dem Stasi-Museum Haus 1), rung e.V. lädt ein zu einem Vortrag von 10365 Berlin-Lichtenberg Durch den Umzug in ein anderes Ge- Reinhard Dobrinski: „Cs-137-Strahlen- bäude (Postadresse bleibt!) sind vielfach quellen im DDR-Grenzregime gegen Per- technische Schwierigkeiten entstanden. sonenschleusungen“ (s.a. „der stachel- Das Zitat Die Redaktion ist noch immer nicht te- draht“ 8/2009, S. 10). lefonisch und per Fax zu erreichen. Wir Eine Diktatur ist ein Staat, bitten deshalb die Leser, vorerst auf Brief- Sonnabend, den 4. September 2010, in dem sich alle vor einem fürchten post und E-Mail auszuweichen. 14.00 Uhr, im Zeitgesch. Forum Leipzig, und einer vor allen. Grimmaische Str. 6, 04109 Leipzig Alberto Moravia Die Redaktion 16 Verbände

Suchanzeigen Studienteilnehmer Sind Sie… Zersetzung gesucht • eine Person, deren Mutter, Vater oder beide El- tern in der ehemaligen SBZ/DDR (1945-1989) Wer wurde vor (oder auch nach) 1989 in der aus politischen Gründen inhaftiert waren? Für ein Forschungsprojekt der Universität Leipzig ehemaligen DDR von Fremden gestalkt, gemobbt zu Auswirkungen politischer Inhaftierung in der oder terrorisiert (sogenannte Zersetzungsmaß- Dann melden Sie sich bitte bei: Department für ehemaligen DDR auf die Familien der Inhaftierten nahmen der Staatssicherheit)? Bitte bei der Stasi- Psychische Gesundheit, Abteilung Medizinische suchen wir noch StudienteilnehmerInnen, die sich opfer-Selbsthilfe unter Tel. (053 74) 67 15 63 zur Psychologie und Medizinische Soziologie, Dipl.- bereit erklären, einen Fragebogen auszufüllen. Gründung einer Selbsthilfegruppe und Durchset- Psych. Grit Klinitzke, Philipp-Rosenthal-Str. 55, zung von Rechten dieser Opfer melden. 04103 Leipzig, Tel. (03 41) 971 54 15, E-Mail Folgenden Fragen möchten wir nachgehen: Stasiopfer-Selbsthilfe [email protected] • Wirkt sich die politische Haft einer Person auch auf die anderen Familienmitglieder aus? • In welchen Lebensbereichen wirkt sich die po- Zeitzeugen gesucht litische Verfolgung der Eltern auf ihre Kinder Mißhandelte Kinder aus? Wir sind eine Filmproduktionsfirma mit Sitz in Ber- • Wie wurde in den Familien mit der Hafterfah- Endlich finden auch Frauen und Männer am Run- lin und produzieren für den MDR die Dokumenta- rung der Eltern umgegangen? den Tisch Gehör, denen als Kinder und Jugend- tion „Stasi auf dem Schulhof“ über Schüler-IMs/ liche in DDR-Jugendwerkhöfen seelisches und minderjährige Inoffizielle Mitarbeiter der Staatssi- Falls Sie sich eine Teilnahme an dieser Studie vor- körperliches Leid zugefügt wurde. cherheit der DDR. Dafür suchen wir dringend Zeit- stellen können oder Fragen dazu haben, wenden zeugen, die in der Vergangenheit mit dem Thema Sie sich bitte an uns. Alle Angaben werden ver- Doch was ist mit jenen Menschen, die wegen poli- in Berührung gekommen sind. Kontakt: E-Mail traulich behandelt. Kosten für Porto und Rückpor- tischer Repressalien gegen ihre leiblichen Eltern in [email protected], Tel. (030) 27 87 76 24 to werden von uns übernommen. anderen Heimen aufwuchsen oder die in Adoptiv- familien genau das gleiche Leid erfahren mußten? Sind Sie… Bisher wird diese Gruppe noch übersehen. Transitreisende • eine Person, die in der ehemaligen DDR (1949- 1989) aus politischen Gründen inhaftiert wur- Wir suchen Menschen, denen Gewalt und Miß- Für eine umfangreiche wissenschaftliche Studie de und Kinder hat? brauch in Jugendwerkhöfen, in anderen Heimen (Doktorarbeit) bin ich auf der Suche nach Zeitzeu- • eine Person, die mit einer/einem politisch In- oder bei ihren Adoptivfamilien in der DDR ange- gen. Dabei interessieren mich besonders Personen haftierten lebt oder lebte und Kinder hat? tan wurde. Sind sie selbst davon betroffen oder (sowohl Bürger der Bundesrepublik, West-Berlins kennen Sie Menschen, denen so etwas widerfah- als auch der ehemaligen DDR), die während ihres Dann melden Sie sich bitte bei: Department für ren ist? Je mehr Betroffene sich melden, desto DDR-Transitverkehrs in den Überwachungsap- Psychische Gesundheit, Abteilung Medizinische mehr Gewicht wird unser Anliegen haben, diese parat der damaligen Sicherheitsorgane gerieten. Psychologie und Medizinische Soziologie, Dipl.- Fälle ebenfalls zum Thema am Runden Tisch Kin- Sofern Sie sich angesprochen fühlen und bereit Psych. Maya Böhm, Philipp-Rosenthal-Str. 55, desmißbrauch zu machen. wären, mir über Ihre Erlebnisse ein Interview zu 04103 Leipzig, Tel. (03 41) 223 11 55, E-Mail geben, bitte ich Sie, sich zu melden unter Tel. [email protected] UOKG-Beratungsstelle DDR-Zwangsadoption, (0174) 736 95 21. Kontakt über Katrin Behr, Tel. (030) 55 77 93 54, E-Mail [email protected] Torsten Schopf

Leserbriefe

Absicht nicht nachweisbar Nicht profitiert

Zum Beitrag „Neue Diktatur statt Entnazifizierung“, Nr. 3/2010, S. 12 Zum Kommentar „Zu Dank verpflichtet“, Nr. 4/2010, S. 3 Im Ihrem Bericht über eine Tagung der Arbeitsgemeinschaft Sachsen- Der Autor schreibt, Altbundeskanzler Kohl habe mit seiner Initiative, hausen 1945-50 e.V. am 27. März 2010 werden die zentralen Aussa- Klugheit, aber auch Zurückhaltung den Weg zur deutschen Einheit gen des Vortrages von Alexander Heinert, wissenschaftlicher Mitar- geebnet. Das sehe ich auch so. beiter der Gedenkstätte Sachsenhausen, unzutreffend wiedergegeben. Aber weiter: „Profitiert von seiner geschichtlichen Leistung haben Herr Heinert, der über „Speziallager und Gefängnisse in der SBZ auf zweifellos besonders die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft dem Weg in den Hungerwinter 1946/1947“ referierte, hat ausgeführt, im Osten Deutschlands.“ Man achte auf das „besonders“. Das ist für daß die Einlieferung von Häftlingen durch unterschiedliche Terroror- mich der blanke Hohn. Alle Menschen in Deutschland sollten dankbar gane der sowjetischen Besatzungsmacht erfolgte. Für ihre Versorgung für die Wiedervereinigung sein, dafür waren wir auch im Zuchthaus, waren wechselnde Militärdienststellen zuständig, die Verwaltung der und das MfS hat uns unsere Freiheit genommen und unser Leben ka- Lager erfolgte durch das NKWD/MWD. Er gelangte zu der Schlußfol- puttgemacht. Darunter leiden wir heute noch – auch ich persönlich. gerung, daß eine nachweisbare Tötungsabsicht in den Speziallagern Profitiert haben die Opfer nicht davon. Profitiert haben die Menschen, nicht erkennbar ist. die sich in den letzten Stunden der DDR gewendet haben, um somit wieder materielle Vorteile zu erhalten. Die Opfer der SED-Diktatur blie- Dr. Horst Seferens ben wieder auf der Strecke und begegnen ihren Tätern, die in geho- Pressesprecher d. Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten benen Stellungen sitzen. Roland Hesselberg, Salzgitter Service | Bücher 17

Veranstaltungen Der Band ist ein wichtiger wissenschaft- Offenes licher Beitrag zur Beurteilung der DDR- Diktatur, gleichzeitig auch ein erschüt- 19.8. (Do), Postgeheimnis „Den Feinden die Faust“. Die ge- terndes persönliches Dokument gegen planten Isolierungslager des MfS. Film jede Form von Weichzeichnung dieses u. Diskussion mit Christian Booß, BStU, Am 26. März 1969 nahmen Mitarbei- Staates. Dem ausgezeichneten Buch ist Dr. Stefan Wolle, Historiker, Thomas Auerbach, ehem. BStU; Veranstaltung ter des DDR-Ministeriums für Staatssi- eine weite Verbreitung zu wünschen, be- d. BStU; Ort: Gedenkstätte für die Op- cherheit den Studenten Peter Hellström sonders in den Seminaren der Historiker fer politischer Gewalt im 20. Jahrhun- „zur Klärung eines Sachverhalts“ fest. und Lehrer, denen oft die Kenntnisse über dert, Lindenstr. 54/55, 14467 Potsdam Vorgeworfen wurde ihm, „Hetzbriefe unsere jüngste Vergangenheit fehlen. 23.8. (Mo), 16.00 u. 20.00 Uhr: nach Westberlin“ verschickt zu haben. Erinnerungsveranstaltung zum Hellström war nicht beunruhigt, denn er Anton Odenthal 23.8.1939. 16.00 Uhr: Vorträge „Der glaubte noch immer an das in der DDR- 23.8.1939 aus deutscher und pol- nischer Perspektive“; 20.00 Uhr: „Das Verfassung verbriefte „Postgeheimnis“ Peter Hellström: Die Postkontrolle der Verbrechen von Katyn“, Filmvorfüh- und meinte, das MfS käme mit dieser An- Staatssicherheit – Aus der Sicht eines Zeit- rung; Veranstaltung d. LStU Sachsen- klage bei Gericht nicht durch. Denn dann zeugen. Morgana Edition, Berlin 2010, Anhalt u.a.; Orte: 16.00 Uhr – Gedenk- müßte es die Verletzung des Postgeheim- 435 S., 29,90 � stätte „Roter Ochse“, Am Kirchtor 20a, 06108 Halle(Saale), 20.00 Uhr – Lux nisses ja zugeben. Kino am Zoo, Seebener Str. 172, 06114 Halle Doch er hatte nicht mit den Manipulati- 24.8. (Di), 19.00 Uhr: onen der Ermittlungsbehörden gerechnet, „Elemente wie „... kein polnischer Staatsbürger“. die in einer besonderen Konstruktion die Lesung mit Autorin Victoria Korb; Ver- Öffnung des Briefes begründeten. Nach anstaltung der Gedenkbibliothek zu Sie müßte man Ehren der Opfer des Stalinismus/Kom- 83 Stunden Verhör und knapp vier Mo- munismus; Ort: Gedenkbibliothek, Ni- naten Untersuchungshaft wurde Peter liquidieren!“ kolaikirchplatz 5-7, 10178 Berlin-Mitte Hellström am 10. Juli 1969 vom Bezirks- gericht Frankfurt/Oder wegen „staats- Insgesamt verfaßte der Autor 16 Bücher 24.8. (Di), 19.30 Uhr: „Wie Erich seine Arbeit verlor“. Mo- feindlicher Hetze“ zu einem Jahr und acht über die DDR, manche in mehrfachen mentaufnahmen aus der DDR 1989. Monaten Haft verurteilt. Er kam nach Auflagen. Seine Spezialgebiete sind die Filmvorführung u. Diskussion mit Kai v. Berlin-Hohenschönhausen ins „Lager X“. innerdeutsche Grenze und die Grenztrup- Westerman, Regisseur, Mod. Christian Booß, BStU; Veranstaltung d. BStU Selbst ein MfS-Offizier war dort erstaunt, pen. Im vergangenen Jahr hat Peter Lapp Außenstelle Schwerin; Ort: Schleswig- als er den wirklichen Grund der Verhaf- seine Biographie veröffentlicht, und mit Holstein-Haus, Puschkinstr. 12, 19053 tung von Hellström erfuhr: „Ich habe ei- dieser persönlichen Geschichte erlebt der Schwerin nen Brief an einen Freund nach Westber- Leser noch einmal die Jahrzehnte deut- 25.8. (Mi), 14.30 Uhr: lin geschrieben und Kritik am Einmarsch scher Teilung. Neue Dokumente zur Tätigkeit der Truppen des Warschauer Pakts [in die der sowjetischen Geheimdienste Cˇ SSR am 21. August 1968 – d. Verf.]ge- Sein Elternhaus gab ihm nicht die not- in der SBZ/DDR 1945 bis 1953 – in Deutschland bisher unveröffentlicht. übt.“ Am 1. Juli 1970 war die Haftzeit zu wendige Zuwendung und Geborgenheit. Literaturbericht v. Viktor Gorynia mit Ende, nicht aber die Überwachung durch Glücklich fühlte er sich nur bei seinen anschl. Gesprächsrunde; Veranstaltung das MfS, die bis zur friedlichen Revolution Großeltern in Thüringen. 1959 siedelt d. BSV-Fördervereins f. Beratungen u. 1989 dauerte. er zu ihnen in die DDR über. In seinen des BSV-Landesverbandes Berlin-Bran- denburg; Ort: Ruschestr. 103, Haus 22 jugendlichen Träumen glaubt er der Pro- (gegenüber d. Stasi-Museum Haus 1), Peter Hellström gehörte dann zu den ak- paganda Ost-Berlins über die nationale 10365 Berlin-Lichtenberg tiven Bürgerrechtlern des Herbstes 1989 Frage und den Sozialismus. Ein politischer 25.8. (Mi), 19.00 Uhr: im Demokratischen Aufbruch. In jah- Verdacht gegen ihn zerbricht indes sein „Wir fordern Freiheit für alle!“ Die relanger akribischer Arbeit hat er – ein „naives Zutrauen zu diesem System, in Häftlingsaufstände in den Gefängnis- begeisterter Philatelist – später sein Buch dem ich eine Heimat finden wollte“. Mit sen der DDR und ihre Folgen. Lesung u. Gespräch mit Autor Birger Dölling; über die Postkontrolle der Staatssicher- wachsender Ablehnung der DDR planen Veranstaltung d. Gedenkstätte Baut- heit geschrieben. Dabei geht er weit über er und einige Freunde, illegal Widerstand zen; Ort: Gedenkstätte Bautzen, Wei- seinen eigenen Fall hinaus und schildert zu leisten – letztlich romantische, un- gangstr. 8a, 02625 Bautzen die Tätigkeit der 2177 MfS-Mitarbeiter, ausgegorene Aktivitäten. Durch Verrat 26.8. (Do), 19.30 Uhr: die täglich etwa 90 000 Briefe kontrol- werden alle verhaftet. Eigentlich hätte „Die eisige Naht.“ Die innerdeutsche lierten und teilweise illegal öffneten. der MfS-Vernehmer feststellen müssen, Grenze bei Hötensleben, Offleben und Diese „Abteilung M“ bewegte sich im daß vor ihm kein großer Staatsfeind Schöningen 1952 bis 1990. Buch- premiere mit Autor Achim Walther, rechtsfreien Raum, denn in der Verfas- steht, dennoch brüllt er: „Elemente wie Grenzdenkmalverein Hötensleben; Ver- sung der DDR war das „Postgeheimnis“ Sie müßte man liquidieren!“, und wirft anstaltung d. Mitteldeutschen Verlags sehr wohl aufgeführt. Aber die Angestell- ihm „hohe Gesellschaftsgefährlichkeit“ u.a.; Ort: Stadtbibliothek Magdeburg, ten von „Schild und Schwert der Partei“ vor – wohl, um seine eigene Bedeutung Breiter Weg 109, 39104 Magdeburg verletzten es nicht nur, sondern stahlen herauszustreichen. Das Gericht verurteilt 31.8. (Di), 10.00-16.00 u. 19.00 Uhr: auch im Auftrag Devisen und Wertgegen- Lapp zu vier Jahren und sechs Monaten 20 Jahre Museum in der „Runden stände aus den Postsendungen – dafür Zuchthaus. Er müsse als „Feind der DDR Ecke“. 10.00-16.00 Uhr: Kostenlose Sonderführungen durch die Daueraus- gab es sogar staatliche Planvorgaben! unschädlich gemacht werden“. stellung „Stasi – Macht und Banalität“; 19.00 Uhr: „Stasi – zwischen Repres- 18 Service | Bücher

Das Zuchthaus Waldheim wird seine Le- Uhr, die politische Wende ist sehr deutlich Veranstaltungen bensschule: Das Zusammenleben mit po- zu spüren. Nach der Wiedervereinigung litischen und kriminellen Gefangenen aus erfährt der Autor von seiner Beurteilung sion und Alltag“. Podiumsdiskussion; allen Schichten vermittelt ihm Einsichten durch das MfS: „Vom DLF genießt Peter Veranstaltung d. Bürgerkomitees Leip- und Erfahrungen, die er in Freiheit nie Lapp den Ruf, die DDR in ihren inneren zig; Ort: Gedenkstätte Museum in der erlangt hätte. Unterstützung in all den Strukturen von allen Journalistenkolle- „Runden Ecke“, Dittrichring 24, 04109 qualvollen Jahren findet er bei den „Po- gen am besten zu kennen. Er hat die Leipzig litischen“ – oftmals sind es Wissenschaft- Schwachstellen und Angriffspunkte der 31.8. (Di), 18.00 Uhr: ler, Ingenieure und Studenten. Einen gu- sozialistischen Demokratie sowie des Ver- Solidarität mit „Solidarnos´c´ “. Die ten Ruf haben auch die Zeugen Jehovas teidigungssystems am besten analysiert.“ Angst der DDR-Staatssicherheit vor der polnischen Freiheitsbewegung mit ihrer kompromißlosen Ablehnung der Gibt es eine größere Ehrung als diese Ein- 1980/81; Podiumsdiskussion u. Filma- DDR. Der Anstaltspfarrer, ein religiöser schätzung durch die Staatssicherheit? bend mit Dr. Christian Halbrock, BStU, Sozialist, ist ohne Überzeugungskraft und Dr. Burkhard Olschowsky, Bundesinsti- tut f. Kultur u. Geschichte der Deut- ohne innere Wärme für „Staatsfeinde“. Friedrich-Wilhelm Schlomann schen im östlichen Europa, u.a.; Veran- Als 1961 die Berliner Mauer entsteht und staltung d. BStU u.a.; Ort: Vertretung der Westen nichts tut, arrangieren sich Peter Joachim Lapp: Aus deutscher Tei- des Landes Brandenburg beim Bund, In den Ministergärten 3, 10117 Berlin die ersten „Politischen“ resignierend mit lungszeit. Eine Ost-West-Biographie. He- dem SED-Regime… lios-Verlag, Aachen 2009, 208 S. mit 39 2.9. (Do), 19.00 Uhr: Abb., 19,90 � „Urteile unter zehn Jahren dürfen Drei Jahre später wird Lapp von Bonn frei- nicht gefällt werden“. Die Waldhei- mer Schnellprozesse vor 60 Jahren. gekauft: „Ein unbeschreibliches Glücks- Vortrag u. Diskussion mit Dr. Falco gefühl stellt sich ein, eine Art von be- Werkentin, Historiker u. Soziologe, wußter Wiedergeburt.“ Bald kann er auf einem Zeitzeugen u. Johann Jagenlauf, Ein Leben für Vors. Richter d. LG Leipzig; Veranstal- einer Hamburger Akademie und dann auf tung d. BStU Außenstelle Leipzig; Ort: der dortigen Universität studieren, wo er Freiheit und Außenstelle Leipzig, Dittrichring 24, mit einer Promotion über die DDR-Volks- 04109 Leipzig kammer abschließt. In Norddeutschland Demokratie 4.9. (Sa), 14.00 Uhr: wird er Leiter einer Volkshochschule. Mit Cs-137-Strahlenquellen im DDR- tiefem Bedauern muß er indes feststellen, (gb-st) Der langjährige Vorsitzende des Grenzregime gegen Personen- daß die Wiedervereinigung nicht mehr Bautzen-Komitees, Hans Corbat, ist am schleusungen. Ref. Reinhard Do- brinski; Veranstaltung d. Forums zur auf der politischen Tagesordnung steht. 10. Juni 2010 nach langer Krankheit im Aufklärung und Erneuerung; Ort: Zeit- Seine Lebensgeschichte stempelt ihn Alter von 83 Jahren verstorben. geschichtliches Forum Leipzig, Grim- nun ab als „Kalten Krieger“. Keineswegs Zehn Jahre hatte er in Lagern und Ge- maische Str. 6, 04109 Leipzig wenige junge Leute – auch Studenten! – fängnissen des sowjetischen NKWD und 6.9. (Mo), 19.00 Uhr: halten Lenin und Stalin für ihre Vorbilder. des DDR-Innenministeriums verbracht. „Wir sind das Volk!“ Montagsge- Wegen der bevorstehenden Zwangs- spräch in der „Runden Ecke“ mit Ro- land Quester; Veranstaltung d. Bürger- Ende 1976 erhält er eine Anstellung bei vereinigung der SPD mit der KPD war komitees Leipzig; Ort: Museum in der der Ost-West-Redaktion des Deutsch- er aus der Sozialdemokratischen Partei „Runden Ecke“, Dittrichring 24, 04109 landfunks (DLF). Hatte dieser den klaren ausgetreten und wurde im April 1946 Leipzig gesamtdeutschen Auftrag, der Informa- verhaftet. Ein Sowjetisches Militärtribunal 7.9. (Di), 19.00 Uhr: tion der DDR-Bevölkerung zu dienen, verurteilte ihn zu 20 Jahren Lagerhaft. Mein Vater – der Spion. Lebensbe- so beginnt man selbst dort, die Existenz Sein Weg durch Gefängnisse und Spezi- richt von u. mit Thomas Raufeisen; der offenen deutschen Frage zu leugnen. allager endete erst im März 1956 mit der Veranstaltung der Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Stalinismus/Kom- Führende Redakteure verhindern nicht Entlassung aus der Strafvollzugsanstalt munismus; Ort: Gedenkbibliothek, Ni- selten unbequeme Sendungen – wollen Bautzen. kolaikirchplatz 5-7, 10178 Berlin-Mitte sie im Zuge einer mißverstandenen Ent- Nach der Haft heiratete Hans Corbat und 8.9. (Mi), 18.00 Uhr: spannungspolitik doch gegenüber der durchlief eine Beamtenlaufbahn im geho- Stasi Opfer – Unsichtbare Wunden. DDR-Diktatur nett und höflich sein. Im benen Dienst. Doch immer sah er es auch Spätfolgen politischer Repression in August 1987 wird ein Interview Lapps mit als Verpflichtung an, die Erinnerung an der DDR. Ref. Dr. Karl-Heinz Bomberg, FA f. Psychotherapeutische Medizin u. einem bekannten Prager Reformer gesen- seine umgekommenen Haftkameraden Psychoanalytiker, Prof.Dr. Bernd Löwe, det, der das baldige Ende des Sowjet- wachzuhalten und sich für Demokratie Dir. d. Universitären Klinik f. Psychoso- blocks prognostiziert. Verbittert schreibt und Freiheit einzusetzen. Neben dem En- mat. Med. u. Psychotherapie Hamburg, dazu der Autor: „Aber das wollten die gagement für das Bautzen-Komitee und PD Dr. Carsten Spitzer, Ltd. OA d. Uni- versitären Klinik f. Psychosomat. Med. meisten Menschen im Westen gar nicht dem Aufbau der Gedenkstätte Bautzen u. Psychotherapie Hamburg; Veranstal- wissen. Mit dem Status quo hatte man berichtete er unermüdlich in Vorträgen, tung d. Universitären Klinik f. Psycho- sich längst abgefunden, an grundlegende Lesungen und Zeitzeugengesprächen somat. Med. u. Psychotherapie, Schön Klinik Hamburg-Eilbek; Ort: Schön Kli- Veränderungen glaubte kaum jemand. über die schrecklichste Zeit seines Lebens. nik Hamburg-Eilbek, Auditorium, Haus Und wollte sie auch nicht!“ Eine Presse- 2004 veröffentlichte er seine Hafterleb- 7, 4. Stock, Dehnhaide 120, 22081 Einladung beim BND hingegen kündigt nisse unter dem Titel „Unserer Entwick- Hamburg; Informationen zur Anmel- dung über Tel. (040) 20 92 72 01 diese „grundlegenden Veränderungen“ lung steht er feindlich gegenüber“. Für an. seinen Einsatz erhielt er 2009 das Bun- 11.9. (Sa), 18.00 Uhr: desverdienstkreuz. Gewalt hinter Gittern. Gefange- Ab Oktober 1989 berichtet der DLF über Hans Corbat war ein sehr aufgeschlos- nenmißhandlungen in der DDR. Aus- stellungseröffnung; Veranstaltung d. das Geschehen in der DDR rund um die sener Mensch. Bereits im höheren Alter, Service | Bücher 19

erarbeitete er sich den Umgang mit Com- 11.00 Uhr - Gedenkgottesdienst mit Pfar- putertechnik und nutzte sie begeistert. rer D. Plasan in der Evangelischen Land- Und er hatte einen ganz eigenen Humor, kirche zu Lieberose Gedenkstätte Bautzen; Ort: Gedenk- mit dem er sich und anderen immer wie- - Gedenken an den Massen- stätte Bautzen, Weigangstr. 8a, 02625 14.00 Uhr Bautzen der über Kummer und Ärger hinweghalf. gräbern auf dem Waldfriedhof Jamlitz: Hans Corbat wird nicht nur seinen Baut- Kranzniederlegungen, Begrüßung der 12.9. (So), 10.00-17.00 Uhr: zener Haftkameraden fehlen. Teilnehmer, Erinnern an die Toten, Ge- Tag des offenen Denkmals. Füh- rungen, Zeitzeugengespräche und denkansprache, Grußworte, Schlußdank Dokumentarfilme; Veranstaltung d. 16.00 Uhr – im Gemeindehaus: Lesung Gedenkstätte Bautzen; Ort: Gedenk- mit Ursula Fischer und Buchvorstellung stätte Bautzen, Weigangstr. 8a, 02625 Verlust für die Bautzen Andreas Weigelt „Erhebe den Blick – So- Aufarbeitung wjetische Haftstätten in Deutschland im 14.9. (Di), 19.00 Uhr: Spiegel künstlerischer und literarischer Deutschland 2.0 – Eine vorläufige Bilanz der deutschen Einheit. Buch- (gbh-st) Am 12. Juni 2010 ist der frühere Zeugnisse“ präsentation mit Autor Claus Christian DDR-Oppositionelle, Bernd Eisenfeld, im Büchertisch, Gelegenheit zum Essen, An- Malzahn; Veranstaltung d. Bundes- Alter von 69 Jahren verstorben. Nach- sprechpartner der Initiativgruppe im Ge- stiftung Aufarbeitung u.a.; Ort: Hertie dem er bereits 1966 den Wehrdienst mit meindehaus School of Governance, Friedrichstr. 180, 10117 Berlin der Waffe verweigert hatte, sogenannter Wer vom Bahnhof Lübben oder Cottbus Bausoldat wurde und Berufsverbot er- abgeholt werden möchte, melde sich bit- 16.9. (Do), 18.00 Uhr: hielt, wurde er 1968 verhaftet, weil er te bei Kurt Noack an, Tel. (03 56 00) 65 „Der gute Vater – eine Tochter klagt an“. Wie Stasi-Akten die unbekann- gegen die Niederschlagung des Prager 52, E-Mail [email protected] te Vergangenheit des Vaters ans Licht Frühlings durch Truppen des Warschauer Kurt Noack brachten. Filmvorführung u. anschlie- Pakts protestiert hatte. In 180 selbstge- ßendes Gespräch mit Beate Niemann, druckten Flugblättern, die er verteilte, Der BSV Berlin-Brandenburg gratuliert Autorin d. Buchvorlage des Films, seinen Mitgliedern, die im Juli und Au- Yoash Tatari, Filmemacher, Henry Lei- hatte er ohne jeden Kommentar Auszüge gust Geburtstag haben de, BStU; Veranstaltung d. BStU Au- aus Lenins „Dekret über den Frieden“ zi- Siegfried Taßbach am 1. Juli, Evelyn ßenstelle Leipzig u.a.; Ort: Außenstelle tiert. In dieser Schrift verurteilte Lenin die Trunschke-Krüger am 4. Juli, Asnath Bog- Leipzig, Dittrichring 24, 04109 Leipzig gasch, Werner Jahn, Michael Teltz, Otto Annexion fremder Territorien. Über den Wienke am 5. Juli, Hartmut Rührdanz am 17.9. (Fr), 18.00 Uhr: Text hatte Bernd Eisenfeld geschrieben: 7. Juli, Lotte Ohnezeit, Herbert Pfaff am Jugend in der DDR – Rock und Punk „Denk bitte nach! bitte schweig nicht!!“ 8. Juli, Theo Mittrup am 14. Juli, Jutta Lie- als alternative Protest- und Spaß- feldt am 16. Juli, Irene Gobereit am 17. Juli, kultur. Ref. Thomas Lukow; Veranstal- Später sagte er dazu: „Die Bürger zu bit- Christel Hofmann am 19. Juli, Sigrid Lorenz tung d. BStU Außenstelle Rostock, Ort: ten, über ein Lenin-Zitat nachzudenken am 20. Juli, Chris Milcke am 21. Juli, Heinz Volkshochschule Greifswald, Martin- und nicht zu schweigen – das erschien Pahl am 22. Juli, Helmut Kuhn, Monika Luther-Str. 7 a, 17489 Greifswald Munski am 24. Juli, Jürgen Kurt Wenzel mir legal. Doch irrte ich gewaltig!“ Im am 25. Juli, Ute Görge-Waterstraat am 21.9. (Di), 19.00 Uhr: September 1968 wurde er verhaftet 26. Juli, Hans-Joachim Wolf am 28. Juli, Erinnerungsorte an die kommuni- und nach knapp sechs Monaten zu zwei Heinz Keller am 29. Juli, Hans-Joachim stischen Diktaturen im Europa des Schafft am 1. August, Thomas Drobisch am 20. Jahrhunderts. Ref. Dr. Anna Ka- Jahren und sechs Monaten Haft wegen 3. August, Gretel Staschek am 4. August, minsky, Geschäftsführerin d. Bundes- mehrfacher „staatsfeindlicher Hetze“ ver- Ekkehard Schultz am 7. August, Olaf Burow, stiftung Aufarbeitung; Veranstaltung urteilt. Er mußte die Strafe bis zum letzten Jürgen Klandt, Alfred Ullmann am 8. Au- gust, Elisabeth Junge am 9. August, Rudolf der Gedenkbibliothek zu Ehren der Op- Tag verbüßen. fer des Stalinismus/Kommunismus; Ort: Böhm, Volker Pilz am 10. August, Waldemar Gedenkbibliothek, Nikolaikirchplatz Nach mehreren abgelehnten Ausreise- Moritz am 12. August, Marianne Modrack 5-7, 10178 Berlin-Mitte anträgen durfte Bernd Eisenfeld 1975 am 14. August, Wolfgang Göllnitz am 15. August, Horst Schüler am 16. August, schließlich nach West-Berlin ausreisen. Holger Buge am 17. August, Ingeborg Wra- Dort schrieb er u.a. das erste Buch über Wehrdienstverweigerung in der DDR und half ehemaligen politisch Verfolgten aus UOKG-Beratungsstelle der DDR. Ab 1985 arbeitete er am Ge- Postadresse: Ruschestr. 103, Haus 1, samtdeutschen Institut, später in der 10365 Berlin Besucheradresse: Frankfurter Allee 187, Bundeszentrale für politische Bildung Haus 14, 10365 Berlin und ab 1992 in der Stasi-Unterlagen-Be- Fax (030) 55 77 93 40 hörde. Die Auseinandersetzung mit dem Florian Kresse, Jurist, Mo-Do, 10-16 Uhr DDR-System hat sein Leben bestimmt. Tel. (030) 55 77 93 53 E-Mail [email protected]

Carola Schulze, Di-Fr, 10-16 Uhr Vorschau Gedenken in Tel. (030) 55 77 93 52 E-Mail [email protected]

23.9. (Do), 19.00 Uhr: Jamlitz Katrin Behr (Thema DDR-Zwangsadoption), „Knastmauke“. Das Schicksal von Mo-Fr, 10-16 Uhr politischen Häftlingen der DDR nach Die Initiativgruppe Internierungslager Tel. (030) 55 77 93 54 der deutschen Wiedervereinigung. Jamlitz lädt alle ehemaligen Häftlinge, E-Mail [email protected] Buchvorstellung mit Autorin Dr. Sibylle Plogstedt; Veranstaltung d. Bundesstif- Angehörigen und Interessierten zur dies- Für persönliche Beratungen wird tung Aufarbeitung u.a.; Ort: Bundes- jährigen Feier des Gedenkens der To- die telefonische Anmeldung empfohlen. stiftung Aufarbeitung, Kronenstr. 5, ten des NKWD-Lagers Nr. 6 Jamlitz am Das Projekt wird gefördert vom LStU Berlin. 10117 Berlin 11. September 2010 ein. Westkreuz-Druckerei Ahrens KG, Postfach 490280, 12282 Berlin bec am 22. August, Erika Ryssel am 25. Au- PVSt. DPAG, Entgelt bezahlt. 13017 gust, Günther Rudolph am 29. August Auch allen nicht genannten Lesern, die Ge- burtstag haben, gratuliert herzlich die Redaktion

Herzlichen Dank unseren Spendern Hans Corbat †, Elke Daßau, Hans Engelke, Wolfgang Heitmann, Peter E. Müller, Wal- ter u. Doris Schulze, Werner Selka, Dr. Egon Weber, Rudolf Zenker BSV Berlin Spenden und Beitragskonto 66 72 98 400 Berliner Bank AG BLZ 100 708 48 Absenderangabe nicht vergessen! Verwendungszweck bitte mit „Beitrag“ oder „Spende LV Berlin“ angeben (Stacheldraht- Konto siehe Impressum unter „Redaktion“). Die Spenden sind steuerlich absetzbar. Bei Bedarf wird eine Spendenquittung zuge- stellt. Impressum DER STACHELDRAHT Besonders danken wir allen, die für den STACHELDRAHT gespendet haben Herausgegeben von der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V. (UOKG) und dem Gerd Ahnert, Horst u. Rosemarie Badock, BSV-Förderverein für Beratungen e.V. Gottfried Dutschke, Dr. Karl-Heinrich Ebel, Ingrid u. Günter Grimmer, Prof.Dr. Werner Übersicht Redaktion: Sybille Ploog, Ruschestraße 103, Haus 1, 10365 Berlin, Tel. (030) 55 77 92 30, Fax (030) 55 77 92 31, Gumpel, Margot Hampe, Benno v. Heynitz, E-Mail: [email protected] Gottfried Hieronymus, Dr. Hartmut Holz, IG BSV-Förderverein, Konto-Nr. 665 52 45 01, BLZ 100 708 48, Berliner Bank AG Internierungslager Jamlitz, Hans Joachim Kaiser, Ursula Koeppen, Elisabeth Kranen- Gefördert von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur poot, Willi Kranz, Logo Klaus 1a Krüger, Christa Logo 1b Langner, Walter Lattorff, Jürgen Lorenz, Verlag: Westkreuz-Verlag GmbH, Berlin/Bonn, Postfach 49 02 80, 12282 Berlin, Gerhard u. Hannelore Nehls, Lotte Ohne- Telefon (030) 7 45 20 47, Fax (030) 7 45 30 66 zeit, Manfred u. Gisela Rohde, Bernd Dieter Auflage: 10 300 Salamon, Anneliese Schilling, Günther u. Gi- Verkaufspreis 1,– Euro sela Schlierf, Anita Schmidt, Ulrich Schmidt, Logo 2a Logo 2b Volker Schmidt, Wolfgang Scholze, Gabriele Herstellung und Vertrieb: Westkreuz-Druckerei Ahrens KG Berlin/Bonn, Streckfuß, Oskar Stück, Dieter u. Helga Töpchiner Weg 198/200, 12309 Berlin Weise, Otto Wienke, Hans-Georg Wolf, H. E-Mail:[email protected], Internet:www.westkreuz.de Wüstemann Stacheldraht-Konto: BSV Förderverein, Bezug über die Redaktion Konto-Nr. 665 52 45 01, BLZ 100 708 48, Logo 3a Logo 3b Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht jedoch in jedem Fall die der Herausgeber, Berliner Bank AG, Verwendungszweck „Sta- des Fördermittelgebers oder der Redaktion wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos kann keine cheldraht-Spende“ Haftung übernommen werden. Eine nicht sinnentstellende Bearbeitung eingereichter Texte behält sich die Redaktion vor. Redaktionsschluß dieser Ausgabe: 31. Juli 2010 Bund der Stalinistisch Verfolgten e.V. (BSV) LV Berlin-Brandenburg Vorsitzender: Viktor Gorynia Beitrags- u. Spendenkonto des BSV LV Berlin: Berliner Bank AG, BLZ 100 708 48 Konto-Nr. 66 72 98 400 E-Mail: [email protected] BSV-Förderverein für Beratungen Geschäftsstelle Postadresse: Ruschestr. 103, Haus 1 Pralle s onne 2008 10365 Berlin Besucheradresse: Frankfurter Allee 187, Haus 14, 10365 Berlin Telefon (030) 55 49 63 34 Fax (030) 55 49 63 35 E-Mail: [email protected] Sprechzeiten u. Beratung, Juristin Elke Weise: Mi u. Do 10-16 Uhr, Di 9-18 Uhr

Union der Opferverbände Kommunisti scher Gewaltherrschaft e.V. (UOKG) Bundesvorsitzender: Rainer Wagner Verbändekoordination: Carola Schulze, Florian Kresse Sprechzeiten: Mo-Fr 16-18 Uhr Tel. (030) 55 77 93-52/-53, Fax -40 Leiter der Geschäftsstelle: Theo Mittrup, Tel. (030) 55 77 93-51 Postadresse: Ruschestr. 103, Haus 1 10365 Berlin Besucheradresse: Frankfurter Allee 187, Haus 14,10365 Berlin Internet: www.uokg.de E-Mail: [email protected] UOKG-Spendenkonto: Nr. 7342 728, Deutsche Bank, BLZ 100 700 24