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SWR2 Musikstunde

Urbane Jazzgeschichten London – foggy & free! (3)

Von Julia Neupert

Sendung: Mittwoch, 26. Februar 2014 9.05 – 10.00 Uhr Redaktion: Bettina Winkler

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1 AT Nein, auch im Jazz hat man vor diesem Klischee nicht Halt gemacht:

Das Wetter in London ist immer schlecht, sagt es und: wenn mal kein

Regen, dann eben Nebel. Aber: „So What?“. Auch ein „Foggy Day“

kann ja sehr nett sein! Die berühmte Gershwin Hymne an London

jedenfalls soll nicht als mürrische Wetterballade verstanden werden –

auch wenn sie zu Beginn dieser Musikstunde über London als

Jazzstadt von der Frau interpretiert wird, die so neblig singen konnte,

wie sonst keine. {00:31}

Musik 1 T: A Foggy Day (in London Town) INTRO unterlegen K: George Gershwin I: Billie Holiday CD: Songs for distingué lovers Verve 539056-2, LC 00383 {04:40}

2 AT Billie Holiday kann sich am Ende dann doch noch über Sonne freuen

und klingt hier für ihre Verhältnisse fast schon übermütig beschwingt.

Wer die Briten ärgern will, sagt, das liege daran, dass dieser Song

1937 weit weg vom Ort des Geschehens entstanden ist. „A Foggy Day

In London Town“ kommt nämlich genau genommen aus dem

sonnigen Beverly-Hills, aus dem Sommerhaus von George und Ira

Gershwin.London als Jazzmetropole gab es zu diesem Zeitpunkt noch

nicht – wie überall in Europa hatte man sich hier zwar schon nach

dem ersten Weltkrieg sehr interessiert gezeigt an der neuen

musikalischen Mode aus Amerika. Aber: Es war eben zunächst

wirklich nur eine Mode, ein aufregendes Abenteuer mit Synkopen.

1919 als Tanzmusik ins Land gebracht von Orchestern wie der Original Dixieland Jazz Band und dem Southern Syncopated

Orchestra. His Majesty Himself, King George V, hatte in den

Buckingham Palace eingeladen: {00:57}

Musik 2 T: Tiger Rag K: Nick LaRocca I: Original Dixieland Jazz Band CD: Jazz Tribune No. 70 – The complete Original Dixieland Jazz Band (1917-1936) RCA ND 90026, LC 00316 {00:10}

3 AT Als ob Käfer auf ihnen krabbeln würden, hätten die vornehmen Gäste

sie zuerst versteinert angestarrt, erinnerte sich später Nick La Rocca

an diesen Auftritt mit der Original Dixieland Jazz Band. Dann aber

hätte der König gelacht und heftig applaudiert. Jazz stand von da an

unter dem Schutz der britischen Krone und immer wieder waren

Musiker wie Sidney Bechet oder Louis Armstrong zu Gast im

Buckingham Palace.

Musik 2 T: Tiger Rag K: Nick LaRocca I: Original Dixieland Jazz Band CD: Jazz Tribune No. 70 – The complete Original Dixieland Jazz Band (1917-1936) RCA ND 90026, LC 00316 {00:10}

4 AT Jazzmusik beziehungsweise die tanzbare Showvariante dieser Musik

hatte bald viele Anhänger in London. Die Nachfrage war groß, auch

einheimische Bands versuchten sich an der „hot dance music“, wie

man diese Klänge hier erst nannte. Zu „heiß“ durfte es aber nicht sein

– zum Tanzen bitte ein konstant moderates Tempo, bei ihren

Radioübertragungen achtet die BBC damals strikt darauf, höchstens

alle 3-4 Nummern mal einen „Hot-Title“ zu spielen. Als erster Leiter des BBC Tanzorchesters hielt sich Jack Payne an diese Vorgaben

und orientierte sich dementsprechend eher am süßlichen

Orchestersound eines Paul Whiteman als an den ruppigen Klängen

des New Orleans Jazz. {00:42}

Musik 3 T: You’re Driving Me Crazy K: Walter Donaldson I: Jack Payne & The BBC Dance Orchestra CD: Say It With Music: Jack Payne & The BBC Dance Orchestra Dutton CDEA6191, kein LC {00:20}

5 AT Gastspiele amerikanischer Musiker, Schallplatten und

Radioübertragungen: Zuhören und nachspielen war das Rezept

damals für Londoner Musiker wie Jack Payne. Immerhin, mit der

Modemusik Jazz ließ sich ja auch ganz gut Geld verdienen. Ärgerlich

nur, dass Publikum und Veranstalter immer noch die amerikanischen

Originale bevorzugte, umgekehrt aber das Interesse an Tourneen mit

britischen Jazzmusikern in den USA gen Null ging.

Verständlicherweise. Die Britische Musikergewerkschaft aber fand

das unerhört und reagierte mit einer recht kauzigen Regelung: Nur im

Austausch dürften Amerikaner in Großbritannien spielen. Also pro

Auftritt eines amerikanischen Jazzmusikers hier, müsste ein britischer

in den USA engagiert werden. Mitte der 1930er Jahre wurde das so

beschlossen und bis in die späten 50er Jahre beibehalten. Die bis

dato regelmäßigen Besuche aus Übersee wurden in dieser Zeit recht

sporadisch.

Musik 4 T: The Theme K: I: The Couriers of Jazz (, Tubby Hayes, Terry Shannon, , ) LP: The Couriers of Jazz Carlton LP 12/116, kein LC {00:15}

6 AT Die stilistischen Weiterentwicklungen des Jazz in Amerika verfolgte

man auf der Insel also hauptsächlich über Schallplattenaufnahmen, so

erreichten Bebop, Hardbop oder Cool Jazz immer etwas verzögert die

aktuelle Londoner Szene. Eine ihrer wendigen Hauptfiguren in den

1950er und 60er Jahren wurde der Saxophonist Ronnie Scott. Mit 32

Jahren eröffnet er 1959 den bis heute bekanntesten Londoner

Jazzclub nach New Yorker Vorbild: Nach dem Ende der unsinnigen

Restriktionen traten m „Ronnie Scott’s“ viele der berühmtesten

Jazzstars auf, unter ihnen Ben Webster, Sonny Stitt, Stan Getz, Ella

Fitzgerald, Chico Freeman und viele andere. Ab und an aber spielte

der Hausherr auch selbst:

Musik 5 T: On a Misty Night K: Tubby Hayes I: The Couriers of Jazz (Ronnie Scott, Tubby Hayes, Terry Shannon, Jeff Clyne, Bill Eyden) LP: The Couriers of Jazz Carlton LP 12/116, kein LC {05:10}

7 AT Ronnie Scott, Tubby Hayes und „The Jazz Couriers“ von 1957. Jazz

hatte zu dieser Zeit auch in London die goldenen Jahre hinter sich,

die Jobs in Tanzorchestern, Theatern, Rundfunkbands wurden rarer

– und so waren zum Beispiel die Plätze in der Hausband des

„Ronnie Scott’s Jazzclub“ sehr beliebt. Für durchreisende Gastsolisten

stand hier jederzeit einsatzbereit eine eingespielte Rhythmusgruppe

bereit – stilistisch flexibel, anpassungsfähig und vor allem schnell

aufnahmefähig musste man für diese Aufgabe sein. Als harte, aber gute Schule hat der Schlagzeuger Tony Oxley seine Zeit

als Stammschlagzeuger im „Ronnie Scott’s“ in Erinnerung. Von 1966

bis 1972 spielte er da. Viel interessanter aber fand Oxley schon

damals die informellen Konzerte im „Little Theatre“ . Das war ein

kleiner Londoner Club, in dem der Schlagzeuger John Stevens ab

1966 regelmäßige Jam Sessions organisierte. Hier entwickelten

Musiker wie Derek Bailey, Paul Rutherford, Evan Parker oder auch

Tony Oxley eine Musiksprache, die später als „free music“ die

Entwicklung der freien Improvisation in ganz Europa mitprägen sollte.

Musik 6 T: 2.B.Ornette K: Paul Rutherford I: The Spontaneous Music Ensemble LP: Challenge (1966) Eyemark Records EMPL 1002 {02:10}

8 AT „Turn off your mind and listen to sounds becoming music“ – Verstand

ausschalten und auf die Klänge hören, die zu Musik werden“ – heißt

es auf dem Plattencover von „challenge“ im Jahr 1966 und weiter:

„Forget your preconceptions which tell you how jazz should sound,

because this is what’s happening today“ –

Vergiss die Vorurteile, die dir sagen, wie Jazz klingen soll, denn das

ist, was heute passiert! „The Spontaneous Music Ensemble“ nennt

John Stevens sein Quintett damals. Angeregt von den jüngsten

Entwicklungen des Free Jazz in Amerika suchen er und seine

Kollegen nach neuen Ausdrucksformen für eine Musik, die es sich

ihrer Meinung inzwischen in zu engen formalen Grenzen bequem

gemacht hatte. In ihren Sessions im „Little Theatre“ entwickelten sie

eine freiere Spielhaltung, zunächst stark orientiert an Vorbildern wie Ornette Coleman, Eric Dolphy oder Albert Ayler – bald aber

verfolgten sie immer eigenwilliger eine Richtung, die später recht

grob mit „Klangforschung“ umschrieben wurde. „Non-idiomatisch“

wollte man spielen, also losgelöst von harmonischen und

rhythmischen Standards, radikal spontan, frei von Vorgedachtem

oder Vorgeprobten.

Musik 7 T: Vertical Duo K: Tony Oxley, Adriano Orru I: Tony Oxley, Adriano Orru CD: Improvised Pieces For Trio Big Round Records CD 8904, kein LC {00:30}

9 AT Für diese non-idiomatische Musik war es also nicht mehr wichtig,

nach bestimmten Akkordabläufen zu spielen, rhythmische Muster zu

verfolgen oder Melodien zu erfinden – die Musiker beschäftigten sich

dafür viel mehr mit dem Parameter „Klang“.

Musik 8 T: aus: Aerobatics 1 K: Evan Parker I: Evan Parker LP: saxophone solos incus 19 {00:10}

Musik 9 T: aus: Fingerprints 2 K: Evan Parker I: Evan Parker LP: at the finger palace The Break Doctor 3/ Metalanguage 110 {00:15}

10 AT Erweiterte Spieltechniken, der Um- oder Ausbau des eigenen

Instruments: Musiker wie der Schlagzeuger Tony Oxley oder der

Saxophonist Evan Parker konzentrierten sich auf das, was sie im

herkömmlichen Jazz damals so vermissten: individuellen Ausdruck, eine persönliche Sprache – möglichst klischeebefreit. Aus dieser

Motivation heraus entstanden in diesem Kreis nicht nur zahlreiche im

Kollektiv improvisierende Formationen, sondern auch auffällig viele

solistische Arbeiten. Der Gitarrist Derek Bailey zum Beispiel

verordnete sich selbst immer wieder Solo-Phasen, um, wie er

meinte, sein „eigenes Spiel unter die Lupe zu nehmen und

herauszufinden, was falsch und was richtig daran war.“

Musik 10 T: What’s New K: Johnny Burke, Robert Haggart I: Derek Bailey CD: Ballads Tzadik TZ 7607, LC ? {01:35}

11 AT Derek Bailey mit einer seiner späten Aufnahmen aus dem Jahr 2002

– überraschenderweise erschienen damals 2 Alben von ihm, auf

denen er bekannte Standards interpretiert – alle dogmatischen

Anhängern seiner Idee von non-idiomatischer Musik also heftig

irritiert. Irritiert war Anfang der 1970er Jahre natürlich auch das

Londoner Jazzpublikum: Die „free music“ von Bailey, Stevens,

Parker, Oxley, Guy oder Rutherford stieß auf Unverständnis und

Ablehnung. Bei den Konzerten waren oft mehr Musiker anwesend

als Zuhörer.

Viel erfolgreicher zu dieser Zeit: die britische Fusion von Rock und

Jazz. „Nucleus“ hieß eine Formation mit der offenbar perfekten

Mischung aus Groove- und Improvisations-Energie. Von Ian Carr

1969 gegründet, wurde diese Band gleich mit ihrem Debütalbum

international bekannt. Musik 11 T: Elastic Rock K: Karl Jenkins I: Nucleus CD: Elastic Rock Repertoire Records REPUK 1076, LC 08065 {05:00}

12 AT „Nucleus“ von ihrer Debüt-LP „Elastic Rock“. Von London aus

wurden diese Formation eine der erfolgreichsten Jazzrock-Gruppen

Großbritanniens: „explore different ways of grooving“ war hier das

Motto – nicht unbedingt ein völlig neues – Parallelen zu Miles Davis’

„Bitches Brew“ oder Joe Zawinuls „Weather Report“ waren sicher kein

Zufall. Nach Amerika auszuwandern, kam Bandleader Ian Carr aber

trotz seines Erfolgs dort nie in den Sinn – im Gegenteil: Er schätze

London als unaufgeregte Basis und ruhigen Ort zum Leben. New York

sei wie ein Wald voll von wilden Biestern, wo man sich nie sicher sein

könne, wer hier Jäger und Gejagter ist, meinte der Trompeter einmal

und bezeichnete die britische Hauptstadt dagegen als kleinen Park mit

putzigen Tierchen. So ganz im Spaziergang kam man als Jazzmusiker

damals aber auch in diesem Park nicht voran: Die Konkurrenz

verdichtete sich. Denn Groove kam auch aus einer anderen Richtung

– von einer Gruppe Einwanderern aus Südafrika um den Pianisten

Christian McGregor. Mit seiner Big Band

„Brotherhood of Breath“ setzte er auf die Kraft der Fusion von

afrikanischen Rhythmen und den Ausdrucksmitteln des Free Jazz.

Musik 12 T: MRA K: Dudu Pukwana I: Brotherhood of Breath LP: Chris McGregor’s Brotherhood of Breath RCA NEON NE2, kein LC {05:06} 13 AT „Musik muss einen Rhythmus besitzen. Ich habe einfach genug von

dieser beschissenen Avantgarde, die meint, dass die Musik auf die

time verzichten sollte.“ – Das war die ganz persönliche Meinung des

Pianisten und Brotherhood of Breath-Bandleader Christian

McGregor. Solche Aussagen aus prominentem Munde aber

bestätigten damals natürlich Kritiker der freien Improvisationsszene,

die inzwischen zwar internationalen Ruhm genoss, in der Heimat aber

dafür nicht etwa stolz beklatscht, sondern immer noch eher

misstrauisch beäugt wurde. Über Experimente freute man sich auch in

London eben eher, wenn sie nicht ganz so radikal daherkam. So wie

in den 1980er Jahren eine Bewegung, die der britische Journalist

Stuart Nichols „New Jazz“ nannte. Bestens ausgebildet in den

Jazzklassen der Londoner Musikhochschulen nutzte eine junge

Generation von Musikern ein breites stilistisches Wissen für eine

moderne Auslegung der verschiedenen Traditionen. Jazzrock,

afrikanische und jamaikanische Rhythmen, Free Jazz oder Bebop

kamen hier in einer Mixtur zusammen, die in der Stadt eine neue

Begeisterungswelle für den Jazz auslösen konnte. Diese Szene hatte

keinen einheitlichen Sound, Courtney Pine, Julian Argüelles, Gary

Crosby, Soweto Kinch oder Denys Baptist gehörten zu diesem Kreis

genauso wie der junge Django Bates. Ein unerschrockener

Multinstrumentalist mit Hang zu humorvoller Selbstironie.

Musik 13 T: Hi-Lili, hi-lo K: Bronislaw Kaper I: Django Bates, Josephine Crønholm, Michel Mondesir, Martin France, Iain Ballamy CD: Quiet Nights Screwgun 70007, kein LC {04:05} 14 AT Jazz in London Ende der 1980er, Anfang der 90er: Das war wieder

mehr als nur eine Nischenmusik. Viele neue Clubs wurden

gegründet, Konzertreihen und Open-Air-Veranstaltungen, das

Jazz Café in Camden Town zog ein junges, hippes Publikum

auch zum Tanzen an. Mit „Jazz FM“ gab es seit 1990 sogar einen

Sender, auf dem nur Jazz gespielt wurde. Zumindest wurde das

behauptet: 2005 musste man sich umbenennen in „Smooth FM“,

weil Jazz hier eigentlich längst nur noch Synonym geworden war

für entspanntes Lounge-Gedudel. Dieser Verharmlosung und

Kommerzialisierung ihrer Musik entgegenspielend, gründet sich

1995 ein Kollektiv mit dem kämpferischen Namen F-IRE! Das ist

eine Abkürzung von „Fellowship for Integrated Rhythmic

Expression“ – denn ein wichtiges gemeinsames Interesse aller

Mitglieder galt anfangs vor allem der Raffinesse afrikanischer

Rhythmen. Diffiziler Groove statt eingängiger Beat und dazu

komplexe Kompositionen – zwei Markenzeichen, die die Arbeit

aller F-IRE-Leute auszeichnet und für die viele von ihnen unter

anderem für den renommierten BBC Jazz Award nominiert

wurden. Unter anderem Julia Biel, David Okumu, die Band Polar

Bear, Ingrid Laubrock oder auch der Trompeter Tom Arthurs:

Musik 14 T: Pollock K: Tom Arthurs I: Tom Arthurs, Ingrid Laubrock, Jez Franks, Max de Wardener, Tim Gile CD: Centripede Babel BDV 2341, LC 4443 {05:19}

15 AT Tom Arthurs mit seiner Band von dem 2003 erschienen Album

„Centripede“. Im letzten Jahrzehnt war es etwas stiller geworden um die

Londoner Jazzszene, nicht zuletzt auch, weil einige tonangebende

Stimmen die Stadt in Richtung Berlin oder New York verlassen haben. Es

ist eben – zumindest im Vergleich zu Berlin – auch ein sehr teurer Ort

zum Leben, öffentliche Fördermittel sind wie überall anders auch knapp,

und die letzte Pop-Jazz-Welle mit Protagonisten wie Jamie Cullum

machen es experimentierfreudigeren Musikerinnen und Musikern auch

hier besonders schwer, Jazz als eine Kunstform auszuüben, die eben

auch kantig klingen kann. Und trotzdem: es gibt sie noch, die innovative

Londoner Szene oder besser gesagt, die Londoner Szenen – auch im

Nachwuchsbereich mit furiosen Bands wie „Led Bib“, „ Sons of Kemet“,

„Acoustic Ladyland“ oder „dem Alexander Hawkins Ensemble“. In der

nächsten Folge der urbanen Jazzgeschichten geht es morgen, am

Donnerstag in der Musikstunde um Berlin. Am Ende heute noch ein

junger Pianist, den der „Evening Standard“ 2009 in seine Liste der 1000

einflussreichsten Menschen Londons aufgenommen hat. Gwilym

Simcock heißt der Mann und hier ist er mit seiner Band „Lighthouse

Project“ zu hören. Ich bin Julia Neupert, wünsche noch einen schönen

Tag!

Musik 15 T: Nostalgia in Times Square K: Charles Mingus I: Tim Garland's Lighthouse Trio M0241278.012