Beiträge zur Schwarzerle Impressum

Titelseite: Erlenzeisig an Erle (Foto: Robert Grofl, Fulda)

ISSN 0945 – 8131

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Herausgeber und Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) Bezugsadresse: Am Hochanger 11 85354 Freising Tel.: +49 (0) 81 61/71-4881 Fax: +49 (0) 81 61/71-4971 Email: [email protected] www.lwf.bayern.de/ Verantwortlich: Olaf Schmidt, Leiter der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Redaktion, Schriftleitung: Dr. Joachim Hamberger Layout: Rothe Design, Langenbach Druck: Lerchl Druck, Freising Auflage: 800

© Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, Dezember 2003

2 Vorwort

Die Hochwasser-Katastrophen 1999 und 2002 rückten die Auenbereiche wieder in den Mittelpunkt einer weitsichtigen Landes- und Bauplanung. Außerdem wurden erhebliche Mittel für weitgehend technische Hochwasser-Schutzmaßnahmen für die kommenden Jahre eingeplant.Viel ist von Dammrückverlegungen, Poldern, Rückhaltebecken, Hochwasserfreilegungen die Rede. Dagegen wird viel seltener von Auen und Auwäldern als Lebensraum gesprochen, obwohl der Wald auch das natürliche Vegetationskleid der Tief- länder wäre.

Eine der wichtigsten Baumarten der Wälder in den Auen, der Niedermoore, aber z.B. auch der ober- bayerischen Grundmoränen ist die Schwarzerle. Mit ihrer biologischen Anpassung durch ein Luftkanal- system übersteht sie auch eine wochenlage Überschwemmung besser als jede andere Baumart. Ihre Wahl zum Baum des Jahres 2003 war damit schlüssig.

Die Vorlage dieses Berichts auf der Grundlage der gemeinsamen Tagung der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) und der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Landesverband Bayern e.V.(SDW) im Mai 2003 in Rott am Inn (Lkr.Rosenheim) setzt die schöne und wichtige Tradition der Beiträge zum Baum des Jahres fort.

Die Reihe will bewusst den forstfachlichen Horizont überschreiten und ganz unterschiedlich interessier- te Bürger für die Baumart,den Wald und unsere Umwelt begeistern.Tagung und Berichtsband sollen damit ein Beitrag sein,mehr Menschen für den Wald als Lebensraum zu gewinnen.Dazu gehören gerade bei der Schwarzerle wirtschaftliche Aspekte eines raschen Wachstums und eine hochwertige Verarbeitung durch Schreiner ebenso wie arzneiliche Aspekte eines interessanten Naturheilmittels oder insekten- und pilz- kundliche Aspekte für Naturforscher.

Die Schwarzerle verdient mehr Aufmerksamkeit, der vorliegende Band ist ein feiner Beitrag dazu. Ich wünsche ihm weite Verbreitung.

Eugen Freiherr von Redwitz

1.Vorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Landesverband Bayern e.V.

3 Inhaltsübersicht

Impressum 2

Vorwort 3

Inhaltsübersicht 4

Die Schwarzerle () – Dendrologische Anmerkungen 7 GREGOR AAS

Die Rolle der Schwarzerle in den Pflanzengesellschaften Mitteleuropas 11 HELGE WALENTOWSKI UND JÖRG EWALD

Arzneiliche Anmerkungen zur Schwarzerle (Alnus glutinosa (L.) GAERTNER) 20 NORBERT LAGONI

Waldwachstumskundliche Charakterisierung der Schwarzerle (Alnus glutinosa (L.) GAERTNER) am Beispiel der Wuchsreihe Wasserburg 642 23 HEINZ UTSCHIG

Waldbauliches Konzept zur Pflege der Schwarzerle 27 THOMAS IMMLER

Zum Vermehrungsgut der Roterle 31 RANDOLF SCHIRMER

Die Phytophthora – Wurzelhalsfäule der Erlen in Bayern: Krankheitsverbreitung, Ausbreitungswege und mögliche Gegenmaßnahmen 35 THOMAS JUNG UND MARKUS BLASCHKE

Pilzwelt der Schwarzerle 42 MARKUS BLASCHKE UND WOLFGANG HELFER

Bedeutung der Schwarzerle in der Wasserwirtschaft 46 PETER JÜRGING

4 Sagentiere an Erlen 50 HEINZ BUSSLER

Das Holz der Schwarzerle – Eigenschaften und Verwendung 51 DIETGER GROSSER

Die Schwarzerle in der Hand des Schreiners 56 STEPHAN SCHLAUG

Die Schwarzerle in der Gartenkunst: Ausgewählte Beispiele aus Bayern und Franken 59 RAINER HERZOG

Forstinsekten an Erle: Interaktionen zwischen Erlenblattkäfern und Erle 64 OLAF SCHMIDT

Die Erle in Sage und Legende 67 JAQUES ANDREAS VOLLAND

Zusammenfassung 73

Summary 75

Anschriften der Autoren 77

5 Die Schwarzerle, Alnus glutinosa – Dendrologische Anmerkungen

Die Schwarzerle, Alnus glutinosa Dendrologische Anmerkungen GREGOR AAS

Keine einheimische Baumart ist besser in der subtropische Gebiete südlich des Äquators vor. Lage, auf nassen Standorten zu wachsen als die Je nach Autor und taxonomischer Auffassung Schwarzerle (Alnus glutinosa).Sie ist vor allem ent- werden zwischen 17 und 50 Erlenarten unterschie- lang von Flüssen und an Ufern von Bächen und den, realistischerweise dürften es weltweit etwa 30 Seen verbreitet und bildet Reinbestände in Bruch- verschiedene sein. Die Gattung wird nach Blüten- wäldern auf torfigen, durch hoch anstehendes merkmalen sowie teilweise auch nach Merkmalen Grundwasser dauernd nassen Böden.Intakte Erlen- der Laubblätter und Knospen in drei oder vier Grup- brüche sind in Folge Entwässerung selten gewor- pen unterteilt, die als Sektionen, Untergattungen den und gelten als die am stärksten gefährdete oder als Gattungen geführt werden.Die Einordnung Waldgesellschaft Mitteleuropas. der drei einheimischen Erlenarten in die Gattung zeigt die Tabelle. Der Verwandtschaftskreis, zu dem die Grünerle gehört,wird bis heute verschiedentlich Systematik: Erlen sind als eigene Gattung Duschekia (syn.:Alnobetula) von „Kätzchenblüher“ Alnus s.str. abgetrennt. Die für die Grünerle syno- nym verwendeten wissenschaftlichen Namen Du- Erlen (Alnus) gehören zusammen mit den Bir- schekia alnobetula und Betula viridis weisen darauf ken (Betula), der Hasel (Corylus) und der Hainbu- hin,dass sie viele Merkmale mit den Birken (Betula) che (Carpinus) zur Familie der Birkengewächse gemeinsam hat. Während bei der Schwarz- und (Betulaceae). Alle Birkengewächse sind sommer- Grauerle die Blütenstände beiderlei Geschlechtes grüne Gehölze mit wechselständigen, einfachen nackt überwintern,erscheinen die weiblichen Kätz- Blättern. Die eingeschlechtigen und einhäusig ver- chen der Grünerle im Frühjahr aus Knospen,so wie teilten, windbestäubten Blüten sind in Kätzchen das auch bei allen Birken der Fall ist. angeordnet.Ein wichtiges Familienmerkmal ist,dass die Vor- und Tragblätter der weiblichen Teilblüten- stände (Dichasien) bei der Samenreife erhalten Morphologie: Die drei einheimischen bleiben. Sie entwickeln sich bei Erle und Birke zu den verholzten Schuppen der zapfenähnlichen Erlen sind leicht zu unterscheiden Fruchtstände und bei Hainbuche und Hasel zu den Die einheimischen Erlen sind trotz einer großen flügel- oder laubblattartigen Hüllen um die Nuss- morphologischen und ökologischen Variabilität frucht.Kennzeichnend für die Erlen ist,dass die ver- taxonomisch unproblematisch, das heißt sie sind holzten Fruchtzäpfchen bei der Samenreife nicht gut unterscheidbar (siehe Kasten). Hybriden kom- zerfallen so wie das bei den Birken der Fall ist. men, wenn überhaupt, nur zwischen A. glutinosa Erlen sind zirkumpolar auf der Nordhalbkugel und A. incana vor. Verlässt man den mitteleuro- der Erde verbreitet.Das Areal der Gattung reicht von päischen bzw. europäischen Raum, so bilden vor den Subtropen der Nordhemisphäre, z.B. Untergattung Merkmale Arten den mediterranen Ge- bieten in Europa und Subgenus Alnus Knospen gestielt, mit 2 Schuppen; Schwarzerle Nordamerika oder den Blüte vor dem Laubaustrieb; + Blü- Alnus glutinosa warmtemperiertenlau- tenstände erscheinen im Sommer rophyllen Wäldern in und überwintern nackt, Früchte Grauerle Asien, bis in die borea- kaum geflügelt le (subarktische) Flo- Subgenus Alnaster Knospen sitzend, mit 3-6 Schuppen; Grünerle renzone. Abweichend (=Genus Duschekia) Blüte mit dem Laubaustrieb; + Blü- Alnus viridis vom sonstigen Areal tenstände überwintern in der Knospe dringt Alnus in den Gebirgen Südamerikas Tab.1: Die drei einheimischen Erlenarten gehören zu zwei verschiedenen weit in tropische und Untergattungen der Gattung Alnus.

7 Die Schwarzerle, Alnus glutinosa – Dendrologische Anmerkungen

allem Grau- und Grünerle taxonomisch schwierige Stamm in die Wurzeln zu leiten und durch eine Sym- Gruppen,da beide in Asien und Nordamerika nahe biose mit Mikroorganismen, die zur Bindung von Verwandte haben, deren Abgrenzung strittig ist. Es Stickstoff aus der Luft befähigt sind. ist anzunehmen, dass Grau- und Grünerle zirkum- polar verbreitet sind. Unklar ist dabei lediglich, ob A.viridis eine Art ist,die nur in den mittel- und süd- 1. Die Wurzel osteuropäischen Gebirgen vorkommt und ihre mor- Schwarzerlen bilden ein sehr tief gehendes phologisch und ökologisch ähnlichen Verwandten Herzwurzelsystem, das auch dichte,Wasser stauen- in Nordasien und Nordamerika eigene Arten sind de Bodenschichten gut zu durchdringen vermag. oder ob alle zusammen eine zirkumpolar verbrei- Eine auffällige Eigenschaft ist das Fehlen von Stark- tete Art bilden mit geografischen Unterarten bzw. wurzeln,die Hauptmasse bilden Wurzeln mit einem Varietäten. Ähnliches gilt für die europäische Durchmesser von weniger als 3 cm. Dabei weist das Grauerle (A. incana s.str.) und ihre in Nodamerika Wurzelwerk häufig eine Zweiteilung auf: Morpholo- (A. tenuifolia, A. rugosa), Sibirien (A. sibirica) oder gisch und mit Blick auf die Funktion lässt sich ein Japan (A. matsumurae) vorkommenden nächsten Bereich mit Horizontalwurzeln nahe an der Boden- Verwandten. Bei der Schwarzerle haben die Taxo- oberfläche unterscheiden von vertikalen Senker- nomen da viel weniger Möglichkeiten zu diskutie- wurzeln,die tief in den Boden vordringen.Die Hori- ren, am ehesten noch über die Abgrenzung einer zontalwurzeln dienen vornehmlich der Aufnahme transkaukasisch-kleinasiatischen Form der Schwarz- von Mineralstoffen, während die Senker der Veran- erle, die man je nach Auffassung für eine Unterart kerung des Baumes dienen sowie der Wasserver- (A. glutinosa ssp. barbata) oder eine eigene Art (A. sorgung bei extrem niedrigen Wasserständen. Fein- barbata) halten kann. wurzeln, Mykorrhizen und Wurzelknöllchen (s.u.) befinden sich vor allem an den Horiziontalwurzeln nahe der Bodenoberfläche. Ökologie: Keine Baumart toleriert Das Überleben und Wachsen der Wurzeln in mehr stagnierende Nässe wassergesättigten Schichten mit anaeroben Bedin- Alnus glutinosa ist eine eurosibirische Pflanze, gungen wird dadurch ermöglicht, dass Erlen ihre die in fast ganz Europa,nördlich bis zum Polarkreis Wurzeln mit Sauerstoff versorgen können. Dabei und östlich bis ins südliche Obgebiet,im Kaukasus, tritt Luft über die auffallend großen Lentizellen am in Kleinasien und in Nordafrika verbreitet ist. Die unteren Stamm und am Wurzelhals in das Gewebe Hauptvorkommen liegen in den Tieflagen und im ein und wird über Interzellularen im Holz (Aeren- Hügelland, in den Nordalpen steigt sie bis rund chyme) bis in die Spitzen der Wurzeln geleitet. 1000 m,in den Zentralalpen sogar bis 1800 m. Hoher Lichtbedarf, rasches Jugendwachstum 2. Wurzelknöllchen: Symbiose mit und eine Lebenserwartung von maximal 100 bis Actinomyceten 120 Jahren weisen die Schwarzerle als Pionier- baumart aus. Bis ins höhere Alter sind freies Längen- Erlen leben (ebenso wie Arten der Gattungen wachstum der Triebe und sylleptische Verzweigung Casuarina,Elaeagnus,Hippophae und Myricaria) in möglich.Kennzeichnend für die vegetative Regene- Symbiose mit Bakterien aus der Gruppe der Actino- ration ist ein gutes Stockausschlagvermögen, im myceten (Strahlenpilze der Gattung Frankia), die Unterschied zur Grauerle wird keine Wurzelbrut dazu befähigt sind, Stickstoff direkt aus der Atmo- gebildet. Typische Standorte der Schwarzerle sind sphäre zu nutzen.Durch diese Lebensgemeinschaft sicker- und staunasse, auch zeitweise überflutete, sind Erlen in der Lage,trotz ihrer eher hohen Nähr- nährstoffreiche und meist kalkarme,humose Sand-, stoffansprüche stickstoffarme Standorte zu besie- Ton- oder Torfböden in Au- und Bruchwäldern, an deln. Die Bakterien dringen über die Wurzelhaare Ufern von Bächen und Seen oder an versumpften in die Wurzel ein, die Pflanze reagiert darauf mit Stellen, beispielsweise im Bereich von Quellaus- Gewebewucherungen zur Kompartimentierung der tritten. Mikroorganismen, es kommt zur Bildung von Wur- zelknöllchen (Rhizothamnien, Abb. 6). Die einzel- Über das Pionierstadium hinaus ist die Schwarz- nen Knöllchen entstehen aus kurzen, verdickten erle vor allem im Bruchwald auf dauernd nassen und gabelig verzweigten Feinwurzeln und wachsen Böden konkurrenzfähig und ist hier die dominie- Korallen ähnlich bis zur Größe eines Apfels heran. rende,oft sogar die einzige Baumart.Diese ökologi- Die darin eingekapselten Bakterien entziehen sche Leistung wird ermöglicht durch ein besonde- ihrem Wirt Kohlenhydrate und produzieren daraus res Wurzelsystem mit der Fähigkeit, Sauerstoff vom zusammen mit dem Stickstoff aus der Luft Amino-

8 Die Schwarzerle, Alnus glutinosa – Dendrologische Anmerkungen

säuren und Eiweiße,die dann auch der Erle zur Ver- Stickstoff (bis zu 3 % der Trockensubstanz), wobei fügung stehen. sich die Bäume den Luxus erlauben,im Herbst grü- ne Blätter mit einem kaum reduzierten Gehalt an N Das Ausmaß der Fixierung ist abhängig von der abzuwerfen. Über die sehr leicht abbaubare Laub- N-Verfügbarkeit im Boden. Auf stickstoffarmen streu - das Verhältnis C/N der Schwarzerle liegt bei Standorten werden erheblich mehr Wurzelknöll- etwa 15 - gelangt viel Stickstoff in den Boden, in chen gebildet und mehr Stickstoff gebunden als auf intakten Erlenbruchwäldern bis über 70 kg pro eutrophen Substraten. Der symbiontisch gewonne- Jahr und Hektar. ne Stickstoff kommt nicht nur den Symbiosepart- nern zugute. Schwarzerlen-Blätter sind reich an

Abb.1: Stämme der Schwarz- Abb. 2: Erlenbruchwald in der Rheinaue bei Abb. 3: Winterknospen von erle mit der typischen Wasenweiler: Nach Entwässerung wurde der für Schwarzerle (links) dunklen Schuppenborke intakte Erlenbrüche typische Bruchwaldtorf abge- und Grauerle (rechts) baut, die Bodenoberfläche abgesenkt, worauf die Erlen mit der Bildung von „Stelzwurzeln“ reagierten (Foto: A. Reif).

Abb. 4: Männliche Blütenstände kurz vor dem Abb. 5: Zweig einer Schwarz- Abb. 6: Wurzelknöllchen Stäuben und darüber die unscheinbaren, rot- erle im Sommer: Geöffnete einer etwa fünfjährigen Erle braunen weiblichen Infloreszenzen. Bei der Fruchtzäpfchen vom Vorjahr, Schwarzerle werden die Kätzchen beiderlei grüne, noch geschlossene Geschlechtes bereits im Jahr vor der Blüte diesjährige Fruchtstände angelegt und überwintern nackt. und die männlichen Blüten- kätzchen, die nackt über- wintern und im Vorfrühling des kommenden Jahres blühen werden.

9 Die Schwarzerle, Alnus glutinosa – Dendrologische Anmerkungen

*

* Abbildungen aus: HESS et al., 1976: Flora der Schweiz, Birkhäuser

10 Die Rolle der Schwarzerle in den Pflanzengesellschaften Mitteleuropas

Die Rolle der Schwarzerle in den Pflanzen- gesellschaften Mitteleuropas HELGE WALENTOWSKI UND JÖRG EWALD

Einleitung Erlen-Arten: Nach HUNTLEY UND BIRKS (1983) ist ein Überwintern nördlich der Alpen für die Grünerle, Natürliche Vorkommen der Schwarzerle sind mit möglicherweise sogar für die Grauerle wahrschein- extremen Bodenfaktoren verknüpft: Sie wächst an lich. Als Hauptrefugium der Schwarzerle vermu- häufig überfluteten Bachufern und bildet in amphi- ten die Autoren Süd-Russland (Kaspisches Meer, bischen Lebensräumen die Nässegrenze des Wal- Schwarzes Meer), wo während der Eiszeit ausge- des. Ihre Rolle ist aber auch rätselhaft: Es stellt sich dehnte Schmelzwasserdynamik angenommen die Frage, warum eine Baumart, die in extrem win- wird.In der Nacheiszeit breitete sich die Schwarzer- terkalte Bereiche Asiens vorstößt, in den Gebirgen le erst relativ spät,mit Beginn des Boreal,von Osten Mitteleuropas nur bis in die montane Höhenstufe her aus.Die größte Verbreitung von Erlenwäldern ab vorkommt.Des weiteren ist zu klären,unter welchen der zweiten Hälfte des Atlantikum und dem nach- Bedingungen und mit welchen Strategien sich eine folgenden Subboreal steht in Zusammenhang mit lichtliebende Pionierbaumart in den von ihr domi- großräumigen Versumpfungs- und Verlandungspro- nierten Waldtypen verjüngen kann. zessen.

Vegetationsgeschichte und Heutiges Areal der Schwarzerle Arealbildung Die Schwarzerle reicht vom mediterranen Hart- Bei der Frage, wo die Schwarzerle die Eiszeit laubgebiet/Zonobiom IV bis in die boreale Nadel- überdauerte, stellt sich die grundsätzliche Schwie- waldzone bzw.Taiga/VIII. Die West-Ost-Erstreckung rigkeit der möglichen Unterscheidbarkeit der drei des Areals reicht vom warmtemperierten atlanti-

e Ob

4 VIIIoc VIIIco gebirg

Ural 3

Irtysch V 2 VI 1a VII 1b 1c

V . VII (rIII)

Schwarz. 1a = Bamberg (VI) Kasp 1b = Hohenpeißenberg IV 1c = Wendelstein IV 2 = Chkalov (VII) 3 = Tobolsk (VIII co) 4 = Sundsval (VIII oc)

Abb. 1: Areal der Schwarzerle (Alnus glutinosa) mit Angabe der Zonobiome nach WALTER (1984) und Lage der in Tab. 1 dargestellten Klimastationen; IV = mit Sommerdürre und Winterregen, arido-humid; V = warmtemperiert (ozeanisch), humid; VI = typisch gemäßigt mit kurzer Frostperiode, nemoral; VII = Arid-gemäßigt mit kalten Wintern, kontinental; VIII = kalt-gemäßigt mit kühlen Sommern, boreal; oc = ozeanisch, co = kontinental; (r III) = Regen so gering wie im subtropischen Wüstenklima

11 Die Rolle der Schwarzerle in den Pflanzengesellschaften Mitteleuropas

Höhengrenze in Deutschland Wendelstein

Abb. 2: Höhengrenze der Schwarzerle in Deutschland, die Klima- station am Wendelstein (vgl. Tab. 1) liegt ca. 700 m darüber.

schen Laubwaldgebiet/V bis in kontinentale Step- können keinesfalls zu kalte Winter ausschlagge- pen-/VII und Wüstengebiete/VII (rIII) (Abb.1). bend für ihre Höhengrenze im Gebirge sein. Die Temperaturen des kältesten Monats liegen in den Trotz dieser weiten zonalen Klimaamplitude ist kontinental geprägten Stationen mit –13,8°C die Höhenverbreitung der Schwarzerle allerdings (Chkalov) und –18,9°C (Tobolsk) viel niedriger als weniger rekordverdächtig (Abb. 2). In Mitteleuropa in der subalpinen Stufe der nördlichen Randalpen reicht sie vom Tiefland bis in die mittleren Berg- (Wendelstein/1.832 m:–3,7°C). lagen,am nördlichen Alpenrand ist sie baumförmig nur bis 1.050 m (EWALD UND FISCHER 1993), strauch- Aus dem zweidimensionalen Verbreitungsbild förmig bis 1.140 m (STORCH 1983). ergibt sich,dass die klimatische Verbreitungsgrenze von einer ausreichenden Wärme in der Vegetations- Wären die Jahresmitteltemperaturen in Tab. 1 zeit abhängt. In der subalpinen Stufe der Randalpen ein geeigneter Maßstab, müsste die Schwarzerle in sind die Sommer zu kühl und wolkenreich für den den nördlichen Randalpen bis in der alpinen Stufe Vegetationszyklus der Schwarzerle (die Juli-Tempe- vorkommen (+ 0,2°C wie in Tobolsk / Russland wer- ratur am Wendelstein beträgt nur knapp +10°C, bei den hier auf ca.2.200 m Meereshöhe erreicht).Auch den Vergleichs-Stationen mindestens + 15°C,Tab.1).

Januar- Juli- Jahres- Klimastation Höhe Geographische Koordinaten temp. temp. temp. m ü.NN in °C in °C in °C Bamberg (kollin-submontan) 239 49°53´N 10°55´E -0,2 +18,3 +8,8 Hohenpeißenberg (montan) 977 47°48´N 11°01´E -0,9 +15,3 +6,8 Wendelstein (subalpin) 1.832 47°42´N 11°01´E -3,7 + 9,7 +2,4 Chkalov/Russland (Steppe) 109 51°80´N 55°10´E -12,6* +21,7 +4,6 Tobolsk/Russland (östliche Taiga) 34 58°09´N 68°11´E -18,9 +18,8 +0,2 Sundsvall/Schweden (westliche Taiga) 4 62°32´N 17°27´E -9,0 +15,3 +3,2 * Februar = kältester Monat (-13,8°C). Tab.1: Vergleich von Klimadiagrammen im mittleren, nördlichen und östlichen Teil des Erlen-Areals; die Klimastation Wendelstein liegt deutlich oberhalb der Höhenverbreitung der Schwarzerle (www.klimadiagramme.de und http://www.wetter-und-klima.de/klimadiagramme/welt.htm).

12 Die Rolle der Schwarzerle in den Pflanzengesellschaften Mitteleuropas

Abb.3: Autökologie der Schwarz-Erle

Biologie, Autoökologie Konkurrenz mit anderen waldbilden- Die Erle ist windbestäubt und einhäusig. Die den Baumarten in Auen und Mooren kleinen geflügelten Samen werden v.a.durch Wind In Konkurrenz zu anderen wichtigen waldbilden- verbreitet (anemochor). Sie ist ein Licht- und Roh- den Baumarten in Auen und Mooren sind folgende bodenkeimer (r-Strategie mit wenig Speicherstoffen Möglichkeiten und Grenzen der Schwarzerle festzu- im Samen). Durch Luftstickstoff-bindende Wurzel- halten: knöllchen mit Bakterien der Gattung Frankia (Acti- ❖ nomycetes) kann sie relativ stickstoffarme Standorte Wegen extremer Toleranz gegen Nässe, ja sogar (z.B. Rohböden) besiedeln und spielt dort eine gegen wochenlange Überstauung der Bodenober- wichtige Rolle als Wegbereiterin der weiteren Vege- fläche, kann sie jenseits der Möglichkeiten von tationsentwicklung. An das Basenangebot stellt sie Fichte und Esche waldbildend auftreten. mäßig hohe Ansprüche. Hoch anspruchsvoll ist sie ❖ Wegen ihrer mittleren Ansprüche an Basen- und in Bezug auf die Wasserversorgung,ja sie gilt als die Nährstoffversorgung wird sie auf stark sauren,nähr- Baumart mit der höchsten Verdunstung,noch mehr stoffarmen Standorten durch die Moor-Birke ersetzt. als Birke oder Weide. Durch ein Interzellularen- ❖ reiches Grundgewebe (Aerenchym) versorgt sie Wegen Sommerwärmebedürfnis wird sie hoch- ihre Wurzeln in wassergesättigten Böden mit Sauer- montan von der Grauerle abgelöst. stoff,was ihr eine hohe Nässetoleranz verleiht.Nass- ❖ Wegen ihres Bodenfeuchte-Bedürfnisses fehlt böden werden tief durchwurzelt und Schwarzerlen sie in extremen Wasserspiegelschwankungen aus- besitzen selbst hier eine hohe Standfestigkeit. Die gesetzten Flussauewäldern (die Grauerle erträgt Jungpflanzen haben ein hohes Lichtbedürfnis dagegen die Austrocknung von Flussschottern). (geringe Konkurrenzkraft gegenüber Schattbaum- arten). Abb. 3 fasst den ökologischen Steckbrief der Schwarzerle zusammen.

13 Die Rolle der Schwarzerle in den Pflanzengesellschaften Mitteleuropas

Von der Schwarzerle dominierte den Abschnitten steckbriefartig vorgestellt. Neben Waldgesellschaften einer Verteilung der natürlichen Baumartenanteile in Bayern wird der besiedelte ökologische Bereich Die Schwarzerle bildet Waldbestände auf nassen bezüglich Basen- und Wasserhaushalt in einem oder häufig überfluteten Standorten. Sie dominiert Ökogramm gekennzeichnet, das die wichtigsten regelmäßig in folgenden Waldgesellschaften (im Zeigerpflanzen und ihre Amplitude enthält. Anhalt an OBERDORFER 1992): ❖ Erlen-Bachauenwald (Stellario nemori-Alnetum glutinosae), Erlen-Bachauenwald (Stellario nemori-Alnetum) ❖ Erlen-Sumpfwald (Circaeo alpinae-Alnetum glutinosae), Dieser Waldtyp stockt im Mittelgebirge auf sili- katreichen, alluvialen Mineralböden im Über- ❖ Erlen-Bruchwald (Carici elongatae-Alnetum schwemmungsbereich der Bäche. Die häufigen glutinosae). Überschwemmungen bringen eine Ablagerung von Die drei Waldgesellschaften werden in den folgen- mitgeführter Feinerde und Nährstoffen.

Wald-Sternmiere, Bruch-Weide und Straußfarn (von l. n.r.) sind Kenn-/Trennarten.

Hochmontan wird die Schwarzerle (links) durch die Grauerle (rechts) ersetzt.

14 Die Rolle der Schwarzerle in den Pflanzengesellschaften Mitteleuropas

Erlen-Sumpfwald (Circaeo-Alnetum sowohl in breiter Front als auch in Form durchzie- glutinosae) hender Bahnen und Bäche eintritt (vgl.SUCCOW UND JESCHKE 1990).Die hangabwärts fortschreitende Ver- Man findet diese Waldgesellschaft auf mäßig armung an mineralischen Nährstoffen führt zu der nassen mineralischen Weichböden mit mittlerer Zonierung vom Erlen-Sumpfwald zum Fichten- Basenversorgung,z.B.an Moorrändern.Für Eschen- Moorwald (auf saurem Zwischenmoor). Im Tal- dominanz genügt hier die Basenversorgung nicht. grund sorgt dann das rasch ziehende Grundwasser Das im Steckbrief dargestellte Hangmoor (Welke- in Bachnähe für ein erneutes Vorkommen des Erlen- ringmoos im Lallinger Winkel,submontane Höhen- Sumpfwaldes,der zwischen Fichten-Moorwald und stufe) wird durch Mineralbodenwasser geprägt,das Erlen-Bachauenwald zwischengeschaltet ist.

Abb. 5: Ökogramm der ökologischen Artengruppen

Abb. 6: Hangmoor-Komplex mit Erlen-Sumpfwald im Lallinger Winkel (Teil-Wuchsbezirk 11.2/1)

15 Die Rolle der Schwarzerle in den Pflanzengesellschaften Mitteleuropas

Erlen-Bruchwald (Carici elongatae- Alnetum glutinosae) Vermoorung (Niedermoortorf) prägt den Erlen- bruchwald. In der Bodenvegetation überwiegen deutlich Nässezeiger. Arten der „Landwälder“ feh- len. Erlen-Bruchwälder stellen oft das Schlusssta- dium von Verlandungs- oder Versumpfungsmooren dar. Das Grundwasser reicht stets bis nah an die Oberfläche, wobei die Jahresdynamik aus winter- licher Überstauung und sommerlicher oberfläch- licher Abtrocknung gerade noch Baumwuchs ermöglicht (STEGNER 2000). Bruchwälder wachsen auf meso- bis eutrophen Torfböden,die aus pflanz- lichen Zersetzungsprodukten bestehen. Keine andere Baumart ist in der Lage, soweit ins Nasse vorzustoßen. Auch in der Bodenvegetation fehlen die typischen Laubwaldarten.Den Boden bedecken stattdessen häufig horstartig wachsende Sauer- gräser. Schwarzerlen-Bruchwäler besitzen aufgrund ihres extremen Wasserhaushalts eine markant eigenständige Artenausstattung.Einerseits fehlen in ihnen viele häufige Waldpflanzen (Frischezeiger der Ordnung Fagetalia), die Überstauung und Sau- erstoffmangel nicht vertragen. Dafür kommen eine ganze Reihe von Pflanzenarten fast ausschließlich Abb. 7: Hoher Grundwasserstand, jahreszeitliche im Erlenbruchwald vor oder haben hier doch einen Grundwasserdynamik sowie Vermoorung (Nieder- deutlichen Schwerpunkt. Umgekehrt deuten Vor- moortorf) prägen den Erlenbruchwald. In der kommen dieser Arten in einer Landschaft auf wahr- Bodenvegetation überwiegen deutlich Nässezeiger. scheinliche Vorkommen von Bruchwäldern hin. Arten der „Landwälder“ fehlen.

Abb. 8: Ökogramm der ökologischen Artengruppen.

16 Die Rolle der Schwarzerle in den Pflanzengesellschaften Mitteleuropas

Man kann eine derart enge Gesellschaftsbin- Verjüngungsökologie von dung nutzen, um großräumige Verbreitungsschwer- Erlenbeständen punkte von floristisch gut ausgestatteten Erlen- bruchwäldern zu modellieren (zur Methode vgl. Waldtypen,die von einer Pionierbaumart domi- SCHEUERER UND SCHÖNFELDER 2000). Dazu wurde im niert werden, können sich auf Dauer nur dann Internet unter floraweb.de (BUNDESAMT FÜR NATUR- erhalten,wenn Störungen und Dynamik stattfinden, SCHUTZ 2003) die Verbreitung von neun Kennarten welche die Sukzession immer wieder in Gang brin- abgerufen (Abb.3). Es werden folgende Verbrei- gen,Es liegt daher nahe,in Erlenwäldern disturban- tungsschwerpunkte von Schwarzerlenbruchwäldern ce-driven ecosystems im Sinne von KIMMINS (1987) in Deutschland deutlich: zu vermuten. Eine vegetative Verjüngung findet v.a. ❖ Norddeutsches Tiefland, große Urstromtäler durch Stockausschlag nach Biberfraß statt, selten auch nach Abknicken von Stämmen durch Orkane. (z.B.Spreewald; GLAVAC 1972,SCAMONI 1954,PASSARGE 1956) und Seenplatten (Mecklenburgische und Die Schwarzerle hat sich zudem in das System Pommersche Seenplatte).; Niederwald eingefügt, in dem der zoogene Stress- faktor „Biberfraß“ durch den anthropogenen Stress- ❖ Jungmoränengebiet des südlichen Alpenvorlan- faktor des „Auf-den-Stock-Setzens“ ersetzt wird (Bei- des als natürliches Schlusswald-Stadium der Seen- spiel für Epharmonie, WILMANNS 2001). Für eine Verlandung und in torfmoosreicher Ausbildung im generative Verjüngung ergeben sich im Erlen- Rand-Sumpf (Lagg) der Hochmoore (PFADENHAUER Bachauenwald einerseits und in Erlen-Bruch- und 1969); Erlen-Sumpfwäldern andererseits unterschiedliche ❖ Mittelfränkische und oberpfälzische Weiherge- Möglichkeiten. biete (FRANKE 1986).

Abb. 8: Ökogramm der ökologischen Artengrup- pen

Abb. 9: Modellierte potenzielle Verbreitung von Schwarzerlen-Bruchwäldern des Verbandes Alnion glutinosae in Deutschland; die Karte zeigt pro Messtischblatt die Anzahl der vorkommenden Kennarten (rechts dargestellt): Schwarzerle (Alnus glutinosa), Walzensegge (Carex elongata), Sumpf-Reitgras (Calamgrostis canescens), Schwarze Johannisbeere (Ribes nigrum), Kammfarn (Dryopteris cristata), Königsfarn (Osmunda regalis), Sumpf-Labkraut (Galium palustre), Sumpffarn (Thelypteris palustris) und Glatte Segge (Carex laevigata); Ergebnis der Datenbank- Abfrage in www.flora-web.de

17 Die Rolle der Schwarzerle in den Pflanzengesellschaften Mitteleuropas

Generative Verjüngung im Erlen- v. K ÖNIGSWALD 2002) zu rechnen sind. In den som- Bachauenwald merwarmen, wasser- und nahrungsreichen Fluss- niederungen und Seenlandschaften wurden die Fließgewässerbegleitend ergeben sich durch höchsten Wilddichten erreicht. An Interaktionen die Auendynamik besonders gute Möglichkeiten. bzw.Anpassungen sind zu nennen: Sowohl frische Anlandungen als auch Uferanrisse ❖ Bei Bodenverwundungen,wie sie in Suhlen oder gewährleisten immer wieder neue vegetationsfreie durch Trittsiegel von großen Huftieren entstehen, Kleinstandorte. Früchte und Samen (= generative können sich überaus rasch und reichlich Erlen- Diasporen) werden dabei nicht nur mit dem Wind sämlinge etablieren. (anemochor), sondern auch im Ufersediment (hydrochor) herbeigeführt (SCHWABE 1991). ❖ Durch Dammbauten des Bibers neu geschaffe- ne Feucht- und Nassstandorte werden rasch von angrenzenden Erlenvorkommen kolonisiert. Generative Verjüngung im Erlen- ❖ Die aufwachsenden Jungpflanzen werden auf- Sumpf- und -Bruchwald grund von Inhaltsstoffen vom Wild kaum verbissen, so dass der Verlust durch Tierfraß gering ist. Im Sumpf- und Bruchwald finden i.d.R. keine Anlandungen, keine Uferanrisse und auch keine ❖ Auf mechanische Beschädigungen durch Pflan- hydrochore Verbreitung statt. Lichte Stellen sind oft zenfresser, insbesondere Biberfraß, reagiert die sehr gras- oder krautwüchsig.Eine generative Verjün- Schwarzerle mit Stockausschlag. gung ist hier nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich: ❖ nach außergewöhnlich hohen und langandau- Zusammenfassung ernden Grundwasserüberstauungen (STEGNER 2000); Die Schwarzerle ist eine frost-,überflutungs- und ❖ nach Windwurf flach wurzelnder Baumarten nässeresistente Pionierbaumart der Bachauen, (Fichte). Im „nassen baltischen Fichten-Schwarzer- Sümpfe und Niedermoore.Von der Erle dominierte len-Auenwald“ dominiert die Erle als Vorwaldbaum- Waldgesellschaften sind der Erlen-Bachauenwald art in jüngeren Phasen, die Fichte als Schlusswald- (Stellario-Alnetum), der Erlen-Sumpfwald (Circaeo- baumart in älteren Phasen, wobei Windwurf und Alnetum) und der Erlen-Bruchwald (Carici elon- Rotfäule bei der Fichte die Wiederverjüngung ein- gatae-Alnetum).Durch ihre mittleren Ansprüche an leiten (MAYER 1974,1984); die Basen- und Nährstoffversorgung und ihre hohen Ansprüche an Bodenfeuchte und Sommerwärme ❖ auf Seggen-Bulten (Carex elata, Carex panicu- ist sie v.a. in Niederungen und Seenlandschaften lata); beheimatet, die ursprünglich eine reiche Pflanzen- ❖ bei Austrocknung / Degradation von baumfreien fresser-Fauna beherbergte. Einige Merkmalssyndro- Nieder- und Zwischenmooren; me der Erle (rasche Keimung auf Rohboden, Ver- bissresistenz und vegetative Regenerationsfähig- ❖ beim Brachfallen von Nasswiesen. keit) sind womöglich Anpassungen zur Regulierung ❖ nach Anlage von Teichen (Stauwurzel); beim zoogener Stress-Faktoren. Brachfallen von Teichen (Gesamtfläche); ❖ als Kadaververjüngung (Keimlinge wachsen auf liegenden toten Stämmen); Danksagung ❖ in vom Wildschwein durchwühlten Weichböden, Für kritische Anmerkungen zum Manuskript in Wildfährten und Wildsuhlen. danken wir Herrn Dipl. Biol. Dr. J. Stegner / Schön- wölkau.

Interaktionen Erle-Pflanzenfresser Literatur Die Vermutung liegt nahe, dass die Erle einige ihrer Eigenschaften durch Interaktionen mit den BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (2003): FloraWeb - Daten und Pflanzenfressern der Flussniederungen erworben Informationen zu Wildpflanzen und zur Vegetation hat, zu der neben Biber und Wildschwein auch die Deutschlands.Internet: www.floraweb.de. Mega-Herbivoren der warmzeitlichen „Waldelefan- BORK, H.-R., BORK, H., DALCHOW, C., FAUST,B.,PIORR, H.-P., ten-Fauna“ (z.B.Waldelefant, Elch, Auerochse,Wald- SCHATZ, T. (1998): Landschaftsentwicklung in Mittel- nashorn,regional auch Flusspferd und Wasserbüffel; europa: 328 S.,Gotha.

18 Die Rolle der Schwarzerle in den Pflanzengesellschaften Mitteleuropas

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19 Arzneiliche Anmerkungen zur Schwarzerle – Alnus glutinosa (L.) GAERTNER

Arzneiliche Anmerkungen zur Schwarzerle – Alnus glutinosa (L.) GAERTNER NORBERT LAGONI

„Medicus curat,natura sanat“ auch die Bedeutung der überlieferten medizinisch- Galenos v.Pergamon (129-99 n.Chr.) botanischen Schriften. So berichtet BOCK (1489- 1554) über den Infus aus Erlenblättern bei „blut- speyen und zanwehe“. Auch MATTHIOLUS verweist Erlen unserer Breitengrade gehören nicht zu auf die Anwendung bei Blutungen,Mundfäule und den „bedeutenden Medizinbäumen“ wie etwa Wei- Rotz. Der englische Arzt BEECH,Vertreter des medi- den, Birken, der Wacholder oder die Rosskastanie. zinischen Eklektizismus, empfahl die Erle zur ‚Blut- Doch gibt es Hinweise zur spezifischen Verwendung reinigung‘. von Erlenblätten und -rinde, deren Ursprung in der Volksheilkunde liegt. Drogengewinnung - Erlenrinde Erlen - medizinhistorisch und -blätter Traditionell werden in der Natur- und Erfah- Von den griechischen Ärzten der vorchristlichen rungsheilkunde Erlenrinde und -blätter zur Berei- Zeit ist der Einsatz von Bestandteilen der Erlen als tung natürlicher Heilmittel verwendet.Rindendroge Heilmittel nicht eindeutig belegt. Jedoch bei Hei- wird durch Sammlung aus Wildbeständen gewon- lern der römischen Antike finden sich Hinweise auf nen (Tab.2). Die weiche Rinde (Alni cortex) wird die Verwendung der Erle (Tab.1).So berichtet Peda- zeitig im Frühjahr, wenn sie noch leicht vom Holz nios Dioskurides über die innere Anwendung von lösbar ist,von den jungen Ästen geschält und natür- Rindentee bei Leib- und Darmkrämpfen. In der lich oder in temperierten Räumen bei max. 40º C mittelalterlichen Klostermedizin mit ihrer bekann- getrocknet. Die schonende Lagerung des Sammel- testen Vertreterin - der Äbtissin HILDEGARD V.BINGEN gutes erfolgt in Papier- oder Stoffsäcken.Die grünen (1098-1148) - hat die Erle als Heilmittel keine Bedeu- Blätter werden in den Monaten Mai bis Juli sorg- tung, sie ist „...Sinnbild der Nutzlosigkeit“. fältig gepflückt. Die schonende Trocknung erfolgt Die Renaissance leitet die Wende ein: Mit dem durch häufiges Wenden. Alni-folium-Schnittdroge Abbau christlichen Argwohns gegenüber einer besitzt keinen deutlich wahrnehmbaren Geruch heidnisch begründeten Heilkunde änderte sich und schmeckt zusammenziehend und bitter.

RÖMISCHES IMPERIUM ERNTE - ALNI CORTEX PLINIUS D. ÄLTERE (23–79 n. Chr.): „Naturalis Historiae“ ❖ März ➔ Mai ❖ PEDANIOS DIOSKURIDES (41-80 n. Chr.): „De Materia 2–3-jährige Zweige Medica“ – innerl.: Leib-, Darmkrämpfe (Kolik) ❖ Abziehen frisch. Rinde ➔ Schnittdroge MITTELALTER TROCKNUNG DER SCHNITTDROGE ❖ Äbt. hl. HILDEGARD V. BINGEN (1098-1148): Erle = Luft-/Sonnentrocknung „...Sinnbild der Nutzlosigkeit“ ❖ Trockenkammer bis 40°C RENAISSANCE ERNTE - ALNI FOLIUM ❖ ➔ BOCK, HIERONYMUS (1489-1554): innerl.: Dysenterie, Mai Juli Blutstillung – ‚blutspeyen‘ + ‚zanwehe‘; äußerl.: ❖ ganze Blätter adulter Bäume Breiumschlag bei Schwellung, Gichtknoten „...kület und heilet alte schäden an beinen, Tab. 2: Ernte und Aufbereitung so man sie damit wäschet...“ MATTHIOLUS, PETRUS, A. (1500-77): Blutungen, Mund- Inhaltsstoffe bestimmen die fäule bei Kindern, Rotz Anwendung BEECH, WOOSTER (1794-1868): innerl.:‚zur Blut- reinigung‘ Die Zusammensetzung der Inhaltstoffe von Alni cortex ist,bedingt durch den Standort und Sammel- Tab. 1: Historie zeitpunkt,variabel.Herausragend hoch ist der Gerb-

20 Arzneiliche Anmerkungen zur Schwarzerle – Alnus glutinosa (L.) GAERTNER

stoffgehalt der Rinde. Die Tannin-Gehalte können von Hautausschlägen beschrieben.Einige Verfasser bis zu 20 % betragen (Tab.3).Wichtige Begleitstoffe erwähnen die leicht fiebersenkende (Antipyrese) sind Anthrachinone,Harzsäuren,Emodin und Alnu- Wirkung bei innerer Anwendung. lin. Weiterhin sind Flavonoglykoside, hier haupt- sächlich das Hyperosid, nachgewiesen. Steroide (z.B. Sitosterol) und Triterpenderivate sind als Inhaltsstoffe der Laubblätter analysiert. Traditionelle Anwendung Erst in den Kräuterbüchern des 16.+ 17.Jh.wird HAUPTWIRKSTOFFE die äußerliche Anwendung der Blätter - verabreicht ❖ Gerbstoffe als Absud - bei Geschwüren, Beulen und Wunden (10-20% Gallussäureester) (Eiterflechte) sowie bei Gichtknoten an den Füßen ❖ Phenylpropane beschrieben.Die mit einen Zusatz von Alaun aufge- - Flavonolglykoside (Hyperosid) kochte Rinde diente zur Stärkung des Zahnfleisches - Zimtsäure und zur Behandlung von Geschwüren in Mund und - Stilbenderivate Rachen. Zum Abstillen wurde Erlenblättertee auf ❖ Steroide die Brüste aufgetragen. Aufkochungen fanden als ❖ Triterpensäuren Klysma bei Darmkatarrh und Durchfallerkrankun- - Taroxerol (Alnulin) gen Anwendung. - Taroxeron (Protaenulin) Im 19.Jh.fand die frische Rinde von Alnus serru- NEBENWIRKSTOFFE lata (Dryand. ex Ait.) Willd. zur Herstellung von ❖ Anthrachinone Essenzen (HAB 34) Eingang in die Homöopathie. - Emodin Die Rinde dieser Erlenart stammte aus Nordameri- ❖ Zucker ka,wo dieser Baum heimisch ist. ❖ Harzsäuren ❖ Wachse Arzneiliche Anwendung Tab. 3: Inhaltsstoffe Heute wird für die Herstellung phytotherapeuti- scher Arzneimittel offizinell Alnus-glutinosa-Rinde Pharmakologische Wirkungen für Tees oder Lösungen eingesetzt (Tab. 5). Die äußerliche Anwendung bei Haut- und Schleimhaut- Der hohe Gehalt an Gerbstoffen (Tannine, Cate- erkrankungen steht im Vordergrund naturheilkund- chin-Gerbstoffe) macht die Alnus-Rinde zu einer licher Behandlung. Bei Angina und Pharyngitis „Bitterdroge“, vergleichbar der Eichenrinde (Quer- kommen Abkochungen (Dekokt) zum Gurgeln und cus cortex). Die Gerbstoffe wirken auf die Schleim- Spülungen bei Mundaphten und Zahnfleischbluten häute adstringierend (Tab.4). Dieser zusammen- zur Anwendung. Die gezielte Nutzung der adstrin- ziehende Effekt hat Bedeutung bei kleineren,meist gierenden Wirkungen, verwendet als Waschlotion oberflächlichen Blutungen und wirkt schwach bei Dermatiden, ist nicht ausreichend belegt. Bei hämostatisch.Die lokale entzündungswidrige (anti- äußerlicher Anwendung ist die Unbedenklichkeit phlogistische) Wirkung der Gerbstoffe ist bei und Anwendungssicherheit erlenrindenhaltiger Schleimhautentzündungen und leichten Formen Präparationen sichergestellt.

INNERLICH ÄUßERLICH: DEKOKT/GURGELMITTEL ❖ adstringierend ❖ Mund- + Rachenraumentzündungen - zusammenziehend - Rachenkatarrh (Angina) - ‚stopfend‘ - Gingivitis, Tonsillitis, Pharyngitis ❖ antiphlogistisch - Zahnschmerzen, Zahnfleischbluten - entzündungswidrig ÄUßERLICH: WASCHLOTION, UMSCHLAG, SITZBAD ❖ antipyretisch ❖ Hauterkrankungen, -entzündungen - fiebersenkend - Ekzeme ÄUßERLICH - eitrige Wunden ❖ adstringierend - Verbrennungen ❖ wundheilend (Bad) - Analfissuren (Hämorrhoiden)

Tab. 4: Pharmakologische Wirkungen Tab. 5: Arzneiliche Anwendung – Alni cortex

21 Arzneiliche Anmerkungen zur Schwarzerle – Alnus glutinosa (L.) GAERTNER

Homöopathie mit der Glatten Erle Die Monografie des amtlichen Homöopathi- schen Arzneibuches - Alnus serrulata - sieht die Her- stellung und Anwendung verschiedener homöo- pathischer Darreichungsformen vor. Verwendet wird die frische Rinde von Alnus serrulata, der in Europa nicht heimischen Hasel- oder Glatten Erle. Die Anwendungsgebiete entsprechen dem homöo- pathischen Arzneimittelbild, dazu gehören: Haut- eiterung und Ekzeme.

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22 Waldwachstumskundliche Charakterisierung der Schwarzerle (Alnus glutinosa (L.) GAERTNER)

Waldwachstumskundliche Charakterisierung der Schwarzerle (Alnus glutinosa (L.) GAERTNER) am Beispiel der Wuchsreihe Wasserburg 642 HEINZ UTSCHIG

Einleitung Versuchswesens in Bayern wird das Wachstum der Schwarzerle in Südbayern auf einer flächenbedeut- Außerhalb des eigentlichen Verbreitungsopti- samen Standorteinheit in vier typischen Wuchspha- mums in Nord- und Ostdeutschland gibt es viele sen langfristig beobachtet.Die Erstaufnahme erfolg- hervorragende Schwarzerlenstandorte im Gebiet te im Rahmen einer Diplomarbeit von ESPER (1998), der oberbayerischen Grundmoräne.Die in Südbay- weiterführende Ergebnisse hierzu sind von UTSCHIG ern stockenden Schwarzerlenbestände sind häufig et al.(2000) erarbeitet worden. in ihrer Qualität unbefriedigend und die Durch- messerentwicklung ist zu gering. Durch die Sturm- schäden zu Beginn der 1990er Jahre kam es zu einer Flächenbezogene Kennwerte regelrechten Anbauwelle der Schwarzerle in Süd- bayern. Gleichzeitig gab es in den letzten Jahren Die Stammzahlen sinken mit zunehmendem eine immer größere Nachfrage nach qualitativ Alter sehr rasch.Wird der Schwarzerlenbestand mit hochwertigem Schwarzerlenholz. Diese Faktoren ca. 6000 Bäumen/ha begründet, so stehen im Alter haben dazu geführt, dass der waldbaulichen von 20 Jahren nur noch 800 bis 1400 Bäume/ha. Behandlung der Erle mehr Beachtung geschenkt Beste Bonitäten haben im Alter 80 noch ca. 200 wird. Bäume/ha. Damit ist die Stammzahlhaltung in der Jugend deutlich niedriger als bei unseren Licht- baumarten Kiefer, Lärche oder Eiche. Im Alter von 80 Jahren nähern sich die Stammzahlhaltungen Wachstum der Schwarzerle an. Die Schwarzerle wird bei besten Standortbedin- Die Oberhöhenentwicklung der Schwarzerle auf gungen bis zu 35 m hoch. Der Stamm ist wipfel- der untersuchten Standorteinheit 459 (feuchter schäftig und erreicht bei Kernwüchsen i.d.R. 50 bis humusreicher toniger Schlufflehm) (Abb. 1) ver- 80, maximal bis zu 100 cm Durchmesser in Brust- läuft sehr rasant. Im Alter von 20 Jahren sind 50 % höhe bei einem Alter von 120 bis 150 Jahren. Das und im Alter von 40 Jahren bereits 85 % der End- Herzwurzelsystem ermöglicht eine tiefreichende höhe erreicht. Dies charakterisiert die Schwarzerle Durchwurzelung selbst schwierigster Böden. Die als Lichtbaumart mit extrem rascher Jugendent- Schwarzerle gilt daher als eine völlig sturmsichere wicklung. Der laufende jährliche Höhenzuwachs Baumart. (Abb.1) startet bei 1 m pro Jahr und fällt sehr rasch bis zum Alter von 40 Jahren auf Werte unter 25 Im Jahr 1995 stellte LOCKOW die „Neue Ertrags- cm/Jahr zurück.Die anfänglich rasante Wuchsdyna- tafel für die Roterle“ vor. Sie ist die aktuellste Pla- mik ist in der zweiten Hälfte der Umtriebszeit nur nungsgrundlage für die Schwarzerle.Diese Tafel ist, mehr sehr eingeschränkt vorhanden. Daraus muss wie die früheren Ertragstafeln für Roterle von die Schlussfolgerung gezogen werden,dass nur frü- SCHWAPPACH (1902) und MITSCHERLICH (1945), aus he Eingriffe mit zunächst sehr kurzem Durchfor- Datenmaterial berechnet worden, das aus Ost- stungsturnus die Kronenausbildung und das Durch- preußen und dem Norddeutschen Tiefland stammt. messerwachstum nachhaltig beeinflussen können. Für die Schwarzerle im südbayerischen Raum sind aufgrund der standörtlichen und klimatischen Ver- Der verbleibende Vorrat/ha bewegt sich bei hältnisse Abweichungen vom Wachstumsverlauf einer mittleren Bonität bei Maximalwerten von 320 der Ertragstafeln zu erwarten. Bisher gab es in die- Erntefestmetern pro Hektar (Efm/ha),beste Bonitä- sem Raum jedoch keine Versuchs- oder Probeflä- ten erreichen 400 Efm/ha. Damit liegt die Schwarz- chen, die das Wuchsverhalten der Schwarzerle erle am unteren Ende der Dichteskala von geschlos- untersuchen. senen Waldbeständen. Mit der Anlage der Schwarzerlen-Wuchsreihe Auf den Versuchsflächen kulminiert der laufen- Wasserburg 642 im Rahmen des Ertragskundlichen de jährliche Volumenzuwachs etwa im Alter von 30

23 Waldwachstumskundliche Charakterisierung der Schwarzerle (Alnus glutinosa (L.) GAERTNER)

30 1,2 Höhe [m] Höhenzuwachs [m/Jahr]

25 1,0

20 0,8

15 0,6 Abb.1: iho Wuchsreihe Wasser- Alter 20 burg 642, Wachstum 10 0,4 Alter 40 der Oberhöhen- Alter 100 bäume über dem 5 0,2 Alter (links) und Höhenzuwachs der 0 0,0 Oberhöhenbäume 0 20406080100120 0 20 40 60 80 100 120 über dem Alter Alter in Jahren Alter in Jahren (rechts)

7,0 60 Durchmesserzuwachs [mm/Jahr] Durchmesser [cm] 6,0 50

5,0 40 4,0 Abb.2: Wuchsreihe Wasser- 30 P1 burg 642, Durch- P2 3,0 ir_pot P3 Alter 20 messerwachstum 20 P4 2,0 Alter 40 der Oberhöhen- Ekl. I.0 Alter 100 bäume über dem 10 Ekl. II.0 1,0 Alter(links) und Ekl. III.0 Darstellung der d_pot 0 0,0 potenziellen Jahr- 0 20 40 60 80 100 120 0 20 40 60 80 100 120 ringbreiten über Alter [Jahre] Alter in Jahren dem Alter (rechts)

Jahren bei 14 - 16 Efm/ha und Jahr.Danach sinkt der Abbildung 2 zeigt auf der linken Seite die Ent- Volumenzuwachs sehr rasch ab. Damit kulminiert wicklung der potenziellen Jahrringbreiten auf der der Zuwachs - für eine Lichtbaumart typisch - sehr Schwarzerlen-Wuchsreihe WBG 642 über dem Alter. früh auf relativ hohem Niveau. Diese sind aus Zuwachsbohrungen abgeleitet wor- den. Sie zeigen die maximalen Werte im Datensatz an. Im Alter von 20 Jahren können von herrschen- Jahrringbreitenentwicklung den Bäumen Jahrringbreiten von 5 mm gebildet Aus der Durchmesserentwicklung ausgewählter werden. Im Alter von 40 Jahren liegen die mög- Einzelbäume auf der Schwarzerlen-Wuchsreihe lichen Jahrringbreiten noch bei 3 mm. Ab einem WBG 642 konnte eine potenzielle Obergrenze der Alter von 60 Jahren erreichen die potenziellen Jahr- Durchmesserentwicklung für diesen mittleren ringbreiten nur noch 1 - 2 mm. Daraus ist ableitbar, Schwarzerlenstandort abgeleitet werden (Abb. 2). dass Maßnahmen zur Förderung des Durchmesser- Im Alter von 80 Jahren sind unter optimalen Bedin- wachstums nach dem Alter von 40 Jahren keinen gungen Brusthöhendurchmesser von 50 cm bei der Erfolg zeigen werden. Schwarzerle möglich.Dieses Potenzial liegt deutlich Analysiert man die Jahrringbreitenentwicklung über den mit den bisherigen Durchforstungskon- in Altbeständen mittels Zuwachsbohrung,so zeigen zepten erreichten Werten. Um das Durchmesser- sich interessante Reaktionsmuster von Bäumen wachstum zu steigern,muss die Eingriffsstärke nach unterschiedlicher sozialer Stellung (Abb. 3). Die Erreichen der astfreien Schaftlänge erhöht und der allerdicksten Bäume haben in der Altersphase zwi- Eingriffsturnus im Vergleich zur bisher geübten Pra- schen 12 und 42 Jahren einen gleichmäßigen und xis zumindest in der ersten Hälfte der Umtriebszeit hohen Zuwachs ohne Einbrüche. Ab einem Alter verkürzt werden. von 50 Jahren sinken die Jahrringbreiten in allen

24 Waldwachstumskundliche Charakterisierung der Schwarzerle (Alnus glutinosa (L.) GAERTNER)

durchwachsen. Nur in dieser Phase kann entschei- dend auf die Kronenausbildung eingewirkt werden. Die Kronenuntersuchungen verdeutlichen,dass die Schwarzerle eine ausgeprägte Lichtbaumart mit äußerst schwacher Konkurrenzkraft ist. 50 bis 70 % der Versuchsparzellen sind einfach überschirmt. Es treten kaum Mehrfachüberschirmungen auf, d.h. die Kronen berühren oder durchdringen sich nicht (Abb. 4). Relativ große Flächenteile bleiben unbe- schirmt.Nur wenige Bäume sind im Zwischenstand lebensfähig. Die Erle meidet den Kronenkontakt mit den Nachbarn. Deswegen müssen auch die Durchforstungen bereits bei lockerem Kronen- schluss und damit frühzeitiger als in Buchenbestän- den erfolgen. Abb. 3: Wuchsreihe Wasserburg 642, Jahrringbreiten- Wird die Kronendimension herrschender Bäu- entwicklung unterschiedlicher Baumkollektive auf me analysiert, so ergeben sich für Bäume mit Parzelle 4 über dem Alter Brusthöhendurchmessern von etwa 50 cm mittlere Durchmesserklassen auf Werte unter 2 mm ab. Das Kronenradien von 3 m. Bei Betrachtung der maxi- typische Reaktionsmuster einer extremen Licht- malen Kronenausdehnung einzelner Bäume kann baumart wird deutlich. der Kronenradius bis auf 6,5 m ansteigen. Berech- net man aus diesen Eckwerten den Standraum- bedarf einzelner Bäume und unterstellt, dass 70 % Kronenmerkmale der Bestandesfläche überschirmt sind,so ergibt sich Die durchschnittlichen Bekronungsgrade liegen eine minimale Stammzahl von 51 Bäumen/ha und auf den Versuchsflächen zwischen 35 und 40 %.Die eine maximale Stammzahl von 247 Bäumen/ha in bisher aus den Beobachtungen ableitbare optimale reifen Altbeständen. Kronenentwicklung der besten Bäume auf den Parzellen der Schwarzerlen-Wuchsreihe WBG 642 Risikofaktoren zeigt,dass Bekronungsgrade zwischen 40 und 50 % möglich sind. Besonders wichtig für die Kronen- Ab dem Alter von 40 bis 50 Jahren steigt der entwicklung ist die Altersphase von10 bis 30Jahren, Graukernanteil erheblich an. In den untersuchten hier wird der Oberhöhenbereich von 10 bis 20 m 90jährigen Beständen haben 70 % der Stämme einen mittleren bis großen Graukern. Zur Werterhaltung muss die Zielstärke von 45 cm Brusthöhendurchmesser im Altersbereich von 70 bis 80 Jahren erreicht werden. Bedrohliche Ausmaße hat mittler- weile der Befall von Erlenbeständen durch die Wurzelhalsfäule (Phytoph- thora cambivora) (JUNG et al., 2000) angenommen. Die erstmals 1995 fest- gestellte Erkrankung ist in Bayern weit verbreitet und kann zum Ausfall ganzer Bestände führen. Ein Problem in jüngeren Schwarz- erlenbeständen ist der Erlenwürger (Cryptorrhynchus lapahti). Es gibt ein hohes Befallsrisiko für herrschende Bäume, bis zu 50 % aller Bäume eines Bestandes können befallen sein.In der Abb. 4: Wuchsreihe Wasserburg 642, Kronenkarte der Bäume auf Folge treten Kronenbrüche häufig auf. Parzelle 2 im Jahr 1999 Daher ist bei ersten positiven Pflege-

25 Waldwachstumskundliche Charakterisierung der Schwarzerle (Alnus glutinosa (L.) GAERTNER)

maßnahmen stets eine ausreichend hohe Zahl von Die extrem rasche Jugendentwicklung zwingt zu Kandidaten zu fördern (ca.300 Stück/ha). einer sehr raschen Vorgehensweise, um die anfäng- lich hohen Durchmesser- und Höhenzuwächse aus- Ertragssituation zunutzen.Werden die Eingriffe z.B.in Oberhöhenin- tervallen von 3 m wiederholt,so muss zwischen der Zufrieden stellende Erträge aus der Bewirtschaf- Oberhöhe 10 m (Alter = 10 Jahre) und der Ober- tung von Schwarzerlenbeständen können wegen höhe von 20 m (Alter = 30 Jahre) viermal eingegrif- der geringen Volumenleistung nicht aus der erzeug- fen werden. ten Holzmasse, sondern nur aus der Qualität des Die Schwarzerle kann ab dem Alter 60 nur noch erzeugten Holzes erzielt werden.Wichtigstes Ziel ist Jahrringbreiten von 1 bis maximal 2 mm/Jahr bil- die Erhöhung des A-Holzanteils am untersten den. Späte Eingriffe haben demzufolge nur noch Stammstück. eine sehr eingeschränkte Wirkung. Erlenholz, das hohen Qualitätsanforderungen Insgesamt ist die Schwarzerle auf schwierigen (A-Qualität) entspricht, ohne bedeutenden Grau- Grundmoränenstandorten eine gute Alternative zu kern ist und einen Mittendurchmesser > 40 cm hat, labilen Fichtenbestockungen. Wenn als Pflanzma- wird gut bezahlt (100 bis 150 EURO /fm).Für B-Qua- terial Spitzenherkünfte zum Einsatz kommen und lität (50 bis 70 EURO/fm) und C-Qualität (< 40 die Durchforstungen der extremen Lichtbaumart EURO/fm) sind Preise und Vermarktungsmöglich- Erle angepasst werden, können wertvolle Bestände keiten wesentlich schlechter.Nach Abzug der Holz- in kurzer Umtriebszeit erzogen werden. erntekosten können mit einem Erlenbestand etwa folgende Erlöse erzielt werden (Umtriebszeit = 80 Neben den Leistungsaspekten ist die ökologi- Jahre): sche Bedeutung der Schwarzerle immer wieder her- vorzuheben. Sie ist ein wichtiges Gestaltungsele- 150 Bäume, 5 m A-Qualität: 24.000 € /ha (= 300 € ment für Feuchtstandorte, wächst unter widrigsten durchschnittliche jährliche Wertleistung); Standortbedingungen, ist Begleiter hochwertiger € € 150 Bäume, 5 m B-Qualität: 10.000 /ha (= 125 Feuchtbiotope und ist z.B. als Nahrungsressource durchschnittliche jährliche Wertleistung). für phytophage Insektenarten (GHARADJEDAGHI, Im Vergleich zu anderen Baumarten ist die 1997) von großer Bedeutung. Ertragssituation nur bei guter Qualität befriedigend, es werden annähernd Vergleichswerte wie sie für die Buche gelten erreicht. Die Faktoren gute Her- kunft (RUETZ et al.,2000) und richtige Durchforstung Literatur spielen für den Erfolg die entscheidende Rolle. ESPER,M.,(1998):Wachstum der Schwarzerle (Alnus gluti- Neben den wirtschaftlichen Aspekten muss aber nosa (L.) Gaertn.) in Südbayern am Beispiel einer Wuchsreihe im Forstamt Wasserburg a. Inn. MWW-DA Nr. auch die sehr hohe Stabilität der Bestockung und 127,115 Seiten. ihre hohe ökologische Wertigkeit in eine Beurtei- JUNG,T.;SCHLENZIG, A.; BLASCHKE, M.; ADOLF,B.;OßWALD,W.F. lung einbezogen werden. (2000): Erlensterben durch Phytophthora. Droht Bayerns Erlen eine Epidemie ? LWF Aktuell 24: 22-25 GHARADJEDAGHI, B. (1997): Phytophage Arten an Erlen Beurteilung der Ergebnisse (Alnus spp.) in bachbegleitenden Gehölzsäumen Ober- Die Ertragstafel Lockow (1995) ist auch für süd- frankens. Teil 1: Klopfprobenuntersuchungen. Forstw. deutsche Erlenbestände eine brauchbare Planungs- Cbl.,Jg.116,S.158 – 177. grundlage. Tendenziell wird aber die Zuwachs- LOCKOW,K.-W.(1995): Neue Ertragstafel für die Roterle.Der leistung vor allem in älteren Beständen von dieser Wald,Berlin,45 (1995) 8,S.268 - 271 Tafel unterschätzt. MITSCHERLICH, G. (1945): Schwarzerlen-Ertragstafel (starke Das Ziel, im Alter von 80 Jahren Bäume mit Durchforstung) In: SCHOBER, R. 1975: Ertragstafeln wichti- ger Baumarten bei verschiedener Durchforstung; J. D. einem BHD von 45 cm erziehen zu wollen,kann auf Sauerländer’s Verlag Frankfurt am Main,154 S. einem mittleren Standort von der Schwarzerle nur SCHWAPPACH, K.J. (1902): Untersuchungen über Zuwachs bei intensiver Förderung erreicht werden. Dies ist und Form der Schwarzerle.Verlag von J. Neumann, Neu- nur mit einer konsequenten Durchforstungsstrate- damm,119 Seiten. gie möglich. Die Schwarzerle reagiert sehr rasch RUETZ,W.F.;FRANKE,A.; RAU,H.M.(2000): Prüfung der Nach- auf Bedrängung durch die Nachbarn.Deswegen ist kommen einiger Bestände und Samenplantagen der die nächste Durchforstung bereits bei lockerem Schwarzerle (Alnus glutinosa (L.) Gaertn.)., Forst und Kronenschluss notwendig. Für hohe Zuwachslei- Holz,55.Jg.H.2,S.39 – 43. stungen wird eine gut ausgebaute Krone benötigt. UTSCHIG, H.;ESPER, M.; PRETSCH, H. (2000): Ökologie und Bekronungsgrade von 50 bis 60 % sind anzustreben. Wachstum der Schwarzerle.LWFaktuell, H.27, S.30 – 34.

26 Waldbauliches Konzept zur Pflege der Schwarzerle

Waldbauliches Konzept zur Pflege der Schwarzerle THOMAS IMMLER

Baumartenanteil der Schwarzerle hochrentable Stärken von L4 bis L5a. Auf durch- schnittlichen Standorten beginnt die Graukern- Der Baumartenanteil der Schwarzerle im Staats- bildung bereits ab Alter 45. Sortierungswirksam ist wald der Forstdirektion Oberbayern-Schwaben liegt der Kern dann ab 60–70 Jahren. Abschnitte von mit 1,4 % geringfügig niedriger als der von Esche rund 8 m astfreier Schaftlänge und der Stärken- oder Eiche (beide rund 1,9 %).Im Bereich der ober- klasse L3b bis L4a sind hier ein realistisches Ziel. bayerisch-schwäbischen Jungmoräne hat die Schwarzerle ihren Schwerpunkt in Bayern (Abb.1). Jungwuchs- und Dickungspflege Schwarzerlenanteile in den Altersklassen des Staatswal Oberbayern-Schwaben in % Die südbayerische Moränenerle ist genetisch in 4 Wachstum und Qualität herausragend.Rasch durch- läuft diese Herkunft die Jungwuchs- und Dickungs- phase der ersten 10 Höhenmeter. Pflegeziel ist, 2 Dichtschluss und Seitendruck zu erhalten, um die gute Astreinigung so früh wie möglich zu unterstüt- zen: Keine Standraumregulierung, sondern eine 0 frühe extensive negative Auslese der allergröbsten

Gesamt (100-120) (120-140) (140-160) (160-180) (0-20) (20-40) (40-60) (60-80) (80-100) Erlen. Mischungsregelung ist in dieser Phase not- wendig als Grundlage zur späteren Erziehung einer leistungsfähigen und vitalen Krone (Abb.2).

Anteil der Schwarzerle in der Jungmoräne Auslesedurchforstung 0-20 20-40 40-60 60-80 80-100 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Eine zentrale Frage bei der Erlenpflege ist, ab welchem Alter das Dickenwachstum von Auslese- 14,3 % 8,7 % 6,3 % 5,5 % 3,6 % bäumen gezielt gefördert wird. Ist Zeit für die bei Abb. 1: Anteil der Schwarzerle im Bereich der Forst- anderen Laubhölzern mögliche Trennung der direktion (oben) und in der Jungmoräne (unten) Phasen Astreinigung und Durchmesserwachstum? Eiche lässt sich Zeit, sie verkernt ohne wirtschaft- lichen Nachteil und wächst bei vitaler Krone im Alter ausreichend. Buche ermöglicht durch ihre Produktionsziel ist Wertholz Fähigkeit des zuwachsstarken Lichtwuchses die statt C-Holz erforderliche Dimension vor Eintritt des Rotkerns. Edellaubholz hat bedingt Zeit,erreicht aber mit den Die Schwarzerle setzt wegen ihres rasanten heutigen Pflegekonzepten die Produktionsziele. Wachstumsverlaufs eine schmale Bandbreite des zeitlichen Handlungsspielraumes. Ein frühzeitig Bei der Schwarzerle ist es wegen des begrenzten eintretender Falschkern begrenzt die Erlenwirt- Produktionszeitraumes (Wuchsdynamik und Grau- schaft zusätzlich.Die Erle hat dann rasch nur einen kernbildung) notwendig, das starke Dickenwachs- sehr geringen Wert. Vieles zum Graukern der Erle tum im Alter von 10–20 Jahren zur Sicherung des ist ungeklärt.Aus unseren Praxiserfahrungen ist nur Produktionszieles beim Durchmesser zu nutzen. das Alter eine signifikante Größe. Anbindungen Die Erle wird in dieser Phase um 10 cm – einen an grüne oder faule Äste und Wunden sind oft Klassensprung – stärker. Im Pflegeziel verknüpfen nicht ausschlaggebend ursächlich. Nur auf den wir daher das Erreichen der astfreien Schaftlänge besten Hang- und Bachmullerden und basenrei- mit einer – vorsichtigen – Förderung des Dicken- chen Mullerdeweichböden bleiben Schwarzerlen wachstums bei zunächst rund 300 Auslesebäu- bis 80 Jahre ohne nachteiligen Kern und erreichen men/ha (Abb.3).

27 Waldbauliches Konzept zur Pflege der Schwarzerle

Abb. 2: Jungwuchs – und Dickungsphase

Abb. 3: Auslesedurchforstung

28 Waldbauliches Konzept zur Pflege der Schwarzerle

Abb. 4: Umlichtungsphase

Umlichtung Folgeeingriffe sind immer dann notwendig, wenn die Kronen in Kontakt zueinander treten. Wegen Mit Erreichen einer Oberhöhe von rund 16 m einer von Natur aus etwas kleineren Krone als bei endet die Phase der Astreinigung. Die Bäume sind Edellaubholz oder Eiche können mehr Stämme pro bei normaler Wüchsigkeit rund 20 Jahre alt. Die Hektar gehalten werden. Es werden rund 120 Z – Schwarzerle ist in diesem Alter noch sehr wüchsig. Bäume festgelegt. Zum Erreichen maximaler Durchmesser wird jetzt durch Umlichtung auf Dimension durchforstet. Die Krone soll sich vital weiter ausbauen, die Totast- zone nicht wegen eingeengter Kronen weiter nach Anpassung der Pflege an das oben verschieben. Da die Schwarzerle zur Wasser- reiserbildung neigt,beschränkt sich die Umlichtung Schneedruckrisiko zunächst auf die Entnahme jedes zweiten Bedrän- In der 5–12 m hohen Dickung ist die Erle sehr gers. Anschließend, ab einer Oberhöhe von rund schlank. Die H/D-Werte liegen über 100. Schnee- 20 m, werden die Auslesebäume voll umlichtet. schäden nehmen in der Moräne über 750 m NN Der Kronenschluss bleibt auf Dauer unterbrochen. so zu, dass das Konzept angepasst werden muss.

ANPASSEN DES PFLEGEKONZEPTES AN DAS SCHNEEDRUCKRISIKO ❖ Astfreie Schaftlänge: Von 8 m auf 6 m reduzieren, die positive Förderung startet früher ❖ Zeitpunkt der Pflege: Im Frühjahr, nicht im Herbst direkt vor dem Nassschneerisiko ❖ Erhaltung des Stützgerüstes: Ringeln statt Umschneiden Bei vorhandenen Schadsituationen: ❖ Vereinzelte Schäden mit ausreichend unbeschädigten Auslesebäumen: Abwarten ❖ Flächiges Auftreten mit noch 50 % Auslesebäumen: Hänger auf Brusthöhe abtrennen (füllt entstehende Lücken schneller als bodenebenes Abschneiden). Die frischen Stockaustriebe sind binnen 2 Jahren Füllholz für die lückig stehenden verbliebenen Bäume. ❖ Partien mit flächigem Schaden: Auf den Stock setzen und zwei Jahre später vereinzeln

29 Waldbauliches Konzept zur Pflege der Schwarzerle

Von außen betrachtet ist das Bild,„Erle liegt nester- Fichten-Schwarzerlen Mischbestände weise bis flächig umgedrückt“, entmutigend. Betritt man die Bestände,ist umgedrückte Erle mit weniger Die Einzelmischung von Fichte und Schwarzer- betroffenen Partien eng verzahnt. Stabilere Bäume le vermeiden wir. Bei der geringen Beschattung werden von anderen durch Auflegen oft nur ange- durch die Erlenkrone verjüngt sich die Fichte in der bogen. Schneebruch an stabiler Erle tritt meist nur Erle und bedrängt diese bald. Die Erle schiebt an der Fraßstelle des Erlenwürgers auf. Schnee- wegen der Kronenkonkurrenz die grüne Krone druck trifft die schwächeren Partien. Kleinstandört- nach oben und reagiert mit enormem Zuwachs- lich konzentrieren sich Schäden auf Lücken, ehe- rückgang. Das Produktionsziel wird nicht erreicht. malige Wurzelteller der Fichte, Bestandesränder Eine rechtzeitige Entnahme der Fichte bei Bedrän- und entlang von Wassergräben. Frisch gepflegte gung einer Erle ist daher erforderlich. In älteren Bestände mit stärkerem Eingriff ohne Erhalt eines Beständen mit vorhandener Fichten-Schwarzerlen- Stützgefüges sind besonders gefährdet. Mischung ist nach folgendem Beispiel abzuschät- zen, ob auf die Erle oder aus wirtschaftlichen Gründen auf die Fichte gesetzt wird.

Schwarzerle – Mischung mit Fichte

Beispiel: 30-jähriger Fi/SErlen- Mischbestand auf StE 75 Fichte für gute Schwarzerle Durchmesser einer vitalen zurücknehmen Schwarzerle: 24 cm Wenn: Erwartete Durchmesserzu- Erle nahme im Jahrzehnt: 17cm den Kronenraum noch 30 - 40: 7 cm erschließen kann 40 - 50: 5 cm - von Kronenvolumen und Vitalität 50 - 60: 3 cm abhängig – 60 - 70: 2 cm und somit erreichbare Ziel- Erle vor dem Graukern einen Stärke:24+17 cm = End-BHD 41 BHD >40 cm (3 b/L 4a) cm (= L 3 b) erreicht Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, keine Förderung der Erle, sondern Setzen auf die Fichte. Fichte im weiteren Verlauf rechtzeitig verjüngen

STE 75=feuchter, humusreicher (Ton-)Schlufflehm

Abb. 5: Mischung mit Fichte

30 Zum Vermehrungsgut der Roterle

Zum Vermehrungsgut der Roterle RANDOLF SCHIRMER

Herkunft und Genetik werden (Abb.1).Das Zymogramm zeigt für Rot- und Weißerle wesentlich ähnlichere Erbmuster, woge- Roterlenpopulationen verfügen über eine aus- gen die Strukturen der Grünerle deutlich abgrenz- geprägte genetische Variation zwischen den Her- bar sind. Diese Unterschiede zeigen sich auch an künften und auch innerhalb von Populationen. anderen DNA-Abschnitten. Dies zeigt sich sowohl in deutlichen Unterschie- Die Bedeutung der genetischen Beschaffenheit den bei genetisch bedingten Wuchs- und Formei- von Erntebeständen für forstliche Zwecke zeigt das genschaften (Tab. 1) als auch bei enzymatischen Beispiel der Saatguternten um 1870: Der Großteil Untersuchungen. In Saatgutpartien verschiedener des in Deutschland verarbeiteten Saatguts kam bayerischer Erntebestände wurde eine genetische damals aus einem kleinräumigen Erntegebiet bei Diversität von 1,20 bis 1,28 ermittelt. Die mittlere Malines (Belgien), wo Saatgut vorwiegend an früh Anzahl der Genvarianten/Genort, ein Maß für die fruktifizierenden Mutterbäumen, die in Brennholz- genetische Vielfalt, lag bei 2,5. Diese Werte entspre- umtrieben beerntet wurden, gewonnen wurde. chen Fichten- und Kiefernpopulationen und sind Diese einseitige Selektion auf frühe Mannbarkeit höher als bei Tanne und Lärche. führte zur genetischen Einengung der Baumschul- Der Grad der Gemischterbigkeit,ein Maß für die pflanzen und in der Folge um die Jahrhundertwen- genetische Variation des Einzelbaumes, liegt zwi- de zum flächigen Ausfallen von Erlenbeständen. schen 16 und 21 % wie bei den meisten Nadelbaum- arten. Deutliche genetische Unterschiede gibt es zwi- schen einzelnen Erlenvorkommen. Der Vergleich von sechs bayerischen Beständen ergab mittlere Genabstände von 6–12 % für die Genvarianten bzw. von 9–18 % für die Genotypen. Diese Werte sind deutlich höher als z.B.bei bayerischen Fichten- und Buchenvorkommen. Abstandswerte über 5 % bei Genvarianten bzw.über 10 % bei Genotypen weisen im allgemeinen auf deutliche genetische Unter- schiede hin. Die drei heimischen Erlenarten können auf- Abb. 1: Isoenzymmuster heimischer Erlenarten am grund ihrer Isoenzymmuster klar unterschieden Genort MDH

Eigenschaft Bedeutung Länge der Vegetationsperiode Zeitpunkt Laubaustrieb/-abwurf beeinflußt Schneebruchgefährdung Fruktifikationsverhalten Frühfruktifikation (5 - 10 jährig), z.T. einhergehend mit Kümmer- wuchs; erhöhte Schneebruchgefährdung Wuchsleistung Tieflagenherkünfte raschwüchsiger als Hochlagenherkünfte Wurzelentwicklung Herkünfte von Bruchwaldstandorten (hoher, langanhaltender Wasserstand) bilden Wurzeln mit großer Wurzelmasse aus (v.a. norddt. Herkünfte). Herkünfte von Auwald- bzw. Bachstandorten (starker Wasserzug, kurzzeitige Überschwemmungen) sind durch geringe Wurzelmasse, aber kräftige Wurzeln gekennzeichnet (süddt. Herkünfte). Frosthärte Anwuchsverhalten, Wuchsgeschwindigkeit in der Jugend

Tab. 1: Genetisch beeinflußte Eigenschaften bei Roterle

31 Zum Vermehrungsgut der Roterle

Roterlen-Nachkommenschaftsprüfung 1973 - Bayern (Raisting) In Nachkommenschaftsprü- Aufnahme: Frühjahr 2001 fungen wies Vermehrungsgut mBHD(cm) aus nichtzugelassenen Bestän- 30 den einen signifikant geringe- 25 ren Anteil an guten Stammfor- 20 men auf als solches aus zugelas- 15 senen Erntebeständen. Pflan- 10 zen aus Saatgut der Sonderher- 5 kunft „Moränenroterle“ sowie

0 aus Samenplantagen zeigten sich wipfelschäftiger,feinästiger

Uetze, Spl und zuwachskräftiger als zahl- Schongau,Geisenfeld, B B Rotter Erle, Shk Ostpreußen, Spl Kinzigerle, Shk reiche andere Herkünfte (vgl. Vogelsbergerle, Shk Moränen-Roterle, Shk Harzer Gebirgstäler, Spl Abb. 2). Dagegen hatten Nach- Tieflagen Oberbayern, Spl Übriges OberrheinischesSüddeutschland, Tiefland,Spl Spl Hessisches Mittelgebirge, Spl kommen von Bestandesab- saaten geringere Zuwächse und Südbay. Mor.- und Mol.-Landsch. (Ernt.. Südbay. Mor.- und Mol.-Landsch. (Ernt.. Qualitätseigenschaften. Abb. 2: Roterlennachkommenschaftsprüfung Raisting (Shk=Sonderherkunft; Spl=Samenplantage) Saatgutrecht und Erntebestände Abb.3 zeigt die Herkunftsge- biete (HKG) für Roterle in der BRD.Herkunftsgebiete besitzen annähernd einheitliche ökolo- gische Bedingungen (Klima, 190 kg Boden) und verfügen über Ern- tebestände,die ähnliche phäno- typische oder genetische Merk- 25 kg male aufweisen. Sie sind Vor- aussetzung für die Handels- sortierung des Vermehrungs- 41 kg guts nach Herkünften. Verbreitungs- und somit Ern- teschwerpunkt der Roterle liegt in den Bruchwäldern NO- Deutschlands. Das durch- 84 kg schnittliche Ernteaufkommen an reinem Saatgut beträgt im 44 kg nordostdeutschen Tiefland (HKG 802 02) 190 kg /Jahr. Es ist etwa dreimal so hoch wie 11 kg das Saatgutaufkommen im größten Herkunftsgebiet Süd- deutschlands (HKG 802 07). 68 kg Roterlensaatgut unterliegt grundsätzlich den Bestimmun- gen des Forstvermehrungsgut- gesetzes (FoVG). Pflanzen (auch Wildlinge) sind nur den 16 kg rechtlichen Regelungen unter- worfen, sofern sie für forstliche Abb.3: Herkunftsgebiete und durchschnittliches Ernteaufkommen/Jahr – Zwecke bestimmt sind. Angaben in kg reinen Saatguts - (Zeitraum 1992–2001; Quelle: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung) Erlenbestände werden vor-

32 Zum Vermehrungsgut der Roterle

wiegend für forstliche Zielset- Herkunftsgebiet Zulassungsfläche Wichtigste (ha red.) Ernteforstämter zungen zugelassen,können aber 802 04 Westdeutsches 7 auch speziell für den Land- Bergland schaftsbau zugelassen werden. 802 05 Oberrheingraben 6 Ba d Br ückenau (6,0 ha) Voraussetzung ist ein Mindestal- 802 06 Südostdeutsches 6 Mellrichstadt ter von 40 Jahren, eine Mindest- Hügel- und Bergland fläche von 0,50 ha sowie phäno- SHK Unterfranken 802 07 Süddeutsches Hügel- 75 Nürnberg (6,5 ha) Heilsbronn typisch überdurchschnittliche und Bergland SPL Freilassing (geprüft) Qualitätseigenschaften hinsicht- SHK Mittelfranken 802 08 Alpen- und 139 Füssen (11,8 ha) Landsberg (35,9 ha) lich Wipfelschäftigkeit, Gesund- Alpenvorland Weilheim (43,5 ha) SHK Moränenroterle Wasserburg (26,9 ha) heitszustand und Geradschaftig- Rotter Erle Wolfratshausen (19,0 ha) SPL Laufen (geprüft) keit.Saatgut für den Vertrieb darf Summe 233 nur in zugelassenen Beständen geerntet werden. Zur Erhaltung Tab. 2: Herkunftsgebiete und Erntebestände in Bayern (SHK–Sonderherkunft; der genetischen Vielfalt müssen SPL–Samenplantage) mindestens 20 von 40 ausrei- chend fruktifizierenden Erntebäumen an einem Da das Saatgut sehr intensiv im Zäpfchen haftet, Standort beerntet werden. In Bayern sind 232,8 ha werden diese gemahlen und das Material anschlie- Roterlenbestände zur Beerntung zugelassen (Baum- ßend gereinigt. artenanteilsfläche, Stand 1. 2. 2003). Schwerpunkt Erlen fruktifizieren regelmäßig, jedoch finden der Erntebestände liegt im Bereich der oberbayeri- häufig nur Spreng- und Teilmasten statt.Eine Vorrats- schen Jungmoräne (vgl.Tab.2). haltung an Saatgut ist daher erforderlich. Die Saat- Eine besondere Rolle spielen Plantagen. Sie lie- gutlagerung ist bei einem Wassergehalt von 5 % bei fern Saatgut mit einem erhöhten Anbauwert auf- ca.– 5 Grad für 5 – 10 Jahre möglich. grund verbesserter genetischer Wuchs- und Formei- genschaften (geprüftes Vermehrungsgut). Das Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht (ASP) bewirt- schaftet 3,8 ha Roterlenplantagen.

Saatgut und Ernte Die Beerntung von Erlenaltbäumen gestaltet sich oft schwierig, da sie im Bestand meist nur schmale Kronen und dünne Äste aufweisen. Gerin- ger Ertrag und schwierige Bedingungen für Zapfen- pflücker beim Herausschneiden von gut fruktifizie- renden Ästen aus der Krone machen Ernten am lie- genden Stamm daher zum Regelfall. Für das ASP sind Ernten in den eigenen Plantagen mit Hilfe von Hebebühnen (Abb.4) zusätzlich eine kostengünsti- ge Ergänzung zu Bestandsernten. Eine Ernte lohnt nur,wenn bei Zapfenschnitten ca. 10 volle Körner/Schnittfläche vorhanden sind. Bei Vollmasten kann dann mit Ernteerträgen von ca. 20 kg/ ha gerechnet werden. Im Mittel der Periode 1992 - 2001 wurden in Deutschland jährlich ca. 6800 kg Erlenzäpfchen geerntet.Hiervon konnten ca.540 kg reines Saatgut gewonnen werden (Ausbeute ca.8 - 14 %). Die Saatgutaufbereitung der Erlenzäpfchen erfolgt ähnlich dem Nadelholz. Zunächst werden Abb. 4: Ernte von Roterle im ASP-Baumschulbetrieb die Zäpfchen bei 45 Grad in der Klenge getrocknet. Laufen

33 Zum Vermehrungsgut der Roterle

Kornzahl/Kg 1000 – Korn- Gewicht von Pflanzen- Aussaatfläche Durchschn. Flügelsamen gewicht (g) 100 Liter % /kg Breitsaat erzielbare Pflanzen- (in Tsd) geflügeltem (m2) zahl einjähriger Saatgut (kg) Sämlinge/kg

Roterle 500 – 800 1,2 32 3 60 - 120 10-15.000

Esche 11 - 13 60 - 75 16 15 - 20 12 - 14 1500 - 2500 Bergahorn 10 - 18 80 - 110 13 20 12 - 14 2000 - 8500

Tab. 3: Saatguteigenschaften von Roterle, Esche und Bergahorn

Bei Aussaat erfolgt kein Überliegen.Keimprozen- Literatur te von 50 – 70 % sind bei guter Saatgutqualität die Regel.Während im Labor etwa 200 – 400 Sämlinge/g RUETZ,W.F.;FRANKE, A.; RAU, H.-M., 2000: Prüfung der Saatgut auflaufen,kann man in der Baumschule nur Nachkommen einiger Bestände und Samenplanta- mit 10 – 20 Sämlingen/g rechen. Das Pflanzenpro- gen der Schwarzerle (Alnus glutinosa (L.) Gaertn.) zent liegt mit 3 % daher entsprechend niedrig. Forst und Holz,55.Jahrgang,Nr.2/2000,S.39 - 43 Aufgrund der im Vergleich zu den schwerfrüchti- MÜNCH, E., 1936: Das Erlensterben. Forstwiss.Cbl. 58, gen Laubhölzern aufwendigen Ernte und Aufberei- 173-248 tung liegt der Preis für Erlensaatgut mit ca.230 €/kg ROHMEDER, E., 1972: Das Saatgut in der Forstwirt- sehr hoch. schaft.Parey Verlag,Hamburg/Berlin.

SCHMIDT-VOIGT, H., 1971: Wachstum und Wurzelent- wicklung von Schwarzerlen verschiedener Her- kunft. Allg.Forst- u.Jagdzeitung 6,149 - 156.

BEHM, A., KONNERT, M., 2003: Optimierung bioche- misch-genetischer Methoden zur Herkunftssiche- rung von forstlichem Vermehrungsgut – ein Beitrag zur Sicherung der Waldbewirtschaftung, insbeson- dere zur Umwandlung von Nadelholzreinbestän- den,BMBF- Forschungsbericht,138 S.

Weitere Literaturhinweise auf Anfrage beim Verfas- Abb. 5: Zäpfchen und Samen der Roterle ser. (Foto: Hans Münch)

Erlen werden i.d.R. als zweijährige Pflanzen (1+1) in der Größensortierung 60/100 bzw.100/140 ausgeliefert. Die bayerischen Forstämter erhalten durch die geschlossene Produktionskette (Ernte - Reinigung - Lagerung - Aussaat - Verschulung – Auslieferung) der ASP-Baumschulbetriebe Bindlach und Laufen die Gewähr, dass sie herkunftsgesichertes Pflanzgut aus eigenen Wäldern in bester Qualität beziehen können.

34 Die Phytophthora – Wurzelhalsfäule der Erlen in Bayern

Die Phytophthora – Wurzelhalsfäule der Erlen in Bayern: Krankheitsverbreitung, Ausbreitungs- wege und mögliche Gegenmaßnahmen THOMAS JUNG UND MARKUS BLASCHKE

Einleitung Die Rindennekrosen können sich zungenförmig bis zu 3 m Stammhöhe erstrecken und den Stamm In Südengland wurde 1993 erstmals ein massi- umfassen, was zum Absterben des Baumes führt ves Absterben von Schwarzerlen (Alnus glutinosa (GIBBS 1995; GIBBS et al. 1999). Auch weniger stark (L.) Gaertn.) entlang von Flußläufen sowie in fluß- geschädigte Erlen weisen eine deutlich verminder- fernen Pflanzungen beobachtet. Das Krankheits- te Vitalität auf, was sie für den Befall durch Schwä- bild ist charakterisiert durch kleinblättrige,vergilbte cheparasiten prädisponiert (WERRES 1998).Ursache und spärliche Belaubung (Abb. 1), teilweise starke der Rindennekrosen ist eine bislang unbekannte Fruktifikation sowie an verholzten Wurzeln und am Phytophthora-Art,die sich als Hybrid zwischen Phy- Stammfuß orangebraune Nekrosen der inneren tophthora cambivora und einer noch unbekannten Rinde mit äußerlich sichtbaren schwarzbraunen mit P. fragariae nahe verwandten Art erwies (BRASIER Flecken („Teerflecke“) aufgrund der Ausscheidung et al. 1995 u. 1999). Pilze der Gattung Phytophthora von Exsudaten (Abb. 2). Ein Merkblatt mit weiteren sind weltweit als primärparasitische Feinwurzel- Farbabbildungen der Krankheitssymptome kann zerstörer sowie Auslöser von Wurzelkragenfäulen unter: http://www.lwf.bayern.de/lwfmerkblatt/phy- an Jung- und Altpflanzen hunderter Baum- und to-aorg.pdf heruntergeladen werden. Straucharten bekannt und gehören zu den aggres-

Abb. 1: An Phytophthora-Wurzelhalsfäule erkrankte Abb. 2: Gepflanzte 15-jährige Schwarzerle an der Schwarzerle an der Großen Vils bei Vilsbiburg mit spär- Abens mit typischen Symptomen der Phytophthora- licher kleinblättriger Belaubung und Zurücksterben der Wurzelhalsfäule: orangebraune zungenförmige Nekro- Krone. se der inneren Rinde und schwarze Schleimflussflecke („Teerflecke“) auf der äußeren Rinde.

35 Die Phytophthora – Wurzelhalsfäule der Erlen in Bayern

sivsten und bedeutensten Pflanzenpathogenen der Welt (ERWIN UND RIBEIRO 1996). Phytophthora-Arten verbreiten sich über begeisselte Zoosporen, die in das Bodenwasser oder in Fließgewässer entlassen werden. Diese schwimmen chemotaktisch ange- lockt zu anfälligem Wirtsgewebe, in der Regel jun- gen Feinwurzelspitzen,und infizieren diese. Die Krankheit tritt auch an Grauerle (A. incana (L.) Moench.) und Italienischer Erle (A. cordata Desf.) auf. Landesweite Erhebungen in Großbritan- nien ergaben, daß 1994 fünf Prozent und 1999 bereits elf Prozent der Erlen erkrankt oder abgestor- ben waren (GIBBS et al. 1999; GIBBS 2003). In Nord- deutschland und Bayern wurde die Erkrankung 1995 erstmals nachgewiesen (HARTMANN 1995; JUNG et al.2000b u.2001;JUNG UND BLASCHKE 2003).Mittler- weile liegen Nachweise aus vielen europäischen Ländern vor (CECH 1997; WERRES 1998; GIBBS et al. 1999 u. 2003; SZABÓ et al. 2000; SANTINI et al. 2000; WERRES et al.2001; STREITO et al.2002). In den späten 1990er Jahren häuften sich in Bay- Abb. 3: Verbreitung der Phytophthora – Wurzelhals- ern Meldungen über absterbende Erlen in fluss- fäule der Erlen entlang der Flüsse 1. und 2. Ordnung begleitenden Beständen sowie in flussfernen Pflan- in Bayern zungen (SCHMIDT et al. 1998 u. 1999). Deshalb wer- den seit April 1999 in Zusammenarbeit von Sach- Länge festzustellen.Teilweise sind mehr als die Hälf- gebiet V (Waldökologie und Waldschutz) der LWF te der Erlen geschädigt oder bereits abgestorben. und dem Fachgebiet Pathologie der Waldbäume Starke Schäden wurden auch in den Uferzonen ver- der TU München die Verbreitung der Erlenerkran- schiedener Seen mit infizierten Zuläufen wie z.B. kung und der neuen sogenannten Erlen-Phyto- dem Chiemsee,dem Starnberger See,dem Simssee, phthora flächendeckend untersucht. Weiterhin sol- dem Hofstätter See,dem Rinser See und dem Staud- len Mechanismen der Krankheitsausbreitung ge- hamer See gefunden. klärt,der Erfolg verschiedener praktischer Bekämp- Das Schadausmaß war bei den Erlen am höch- fungsmaßnahmen erprobt und ein bayernweites sten,die ständigen Kontakt zum Flußwasser haben, Managementkonzept für die Erkrankung erarbeitet oder die auf Standorten stocken, bei denen Hoch- werden. wasser nur langsam abfließt,wie z.B.Altarme (Abb. 4), Flutmulden und regelmäßig überflutete Bruch- wälder.Auffällig ist,dass das Schadausmaß in Erlen- Verbreitung der Phytophthora- beständen entlang von Tieflandflüssenoder -bächen Erkrankung der Erlen in Bayern deutlich höher ist als entlang von Wildbächen im Voralpenland. Dies dürfte wohl auf die tieferen Krankheitsverbreitung entlang der bayerischen Fließgewässer Die Erfassung der Krankheitsverbreitung ent- lang aller Gewässer 1. und 2. Ordnung wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Wasserwirtschaft (LfW) durch die Landespfleger und Flussmeister der Wasserwirtschaftsämter zwi- schen Juni und November 2001 durchgeführt. Die derzeit bekannte Verbreitung geht aus Abb.3 hervor. Demnach sind weit über 50 % der bayerischen Flüs- se 1.und 2.Ordnung betroffen.Hinzu kommen zahl- reiche Fließgewässer 3. Ordnung, die zumeist von den Forstämtern gemeldet wurden.Bei vielen Fließ- Abb. 4: Absterbende und tote Schwarzerlen entlang gewässern sind Erlenschäden fast auf der gesamten eines Altarmes der Glonn bei Hohenkammer

36 Die Phytophthora – Wurzelhalsfäule der Erlen in Bayern

Wassertemperaturen, die höheren Fließgeschwin- Erstaufforstungen kleiner als 0,3 ha groß sind und digkeiten und die kürzere Dauer der Hochwässer deshalb oft nicht gemeldet wurden.Auch auf diesen bei Wildbächen zurückzuführen sein. Unterschied- Flächen ist mit einem hohen Anteil erkrankter liche Anfälligkeiten von Schwarz- und Grauerle Bestände zu rechnen. dürften dagegen nur eine geringe Rolle spielen, da Die geographische Verteilung der geschädigten die beiden Erlenarten in Mischbeständen etwa in Bestände geht aus Abb. 5 hervor. Es konnte gezeigt gleichem Ausmaß geschädigt werden. werden, dass geschädigte forstliche Erlenbestände landesweit verbreitet sind und der Schwerpunkt der Schäden im Hauptanbaugebiet der Schwarzerle im Krankheitsverbreitung in forstlichen Bereich der Forstdirektionen Oberbayern-Schwa- Erlenbeständen ben sowie Niederbayern-Oberpfalz liegt. Die Schadkartierung in forstlich relevanten Analysiert nach Altersstufen war der Großteil Erlenbeständen wurde nach umfangreichen Schu- der geschädigten Bestände zwischen 6 und 15 Jah- lungen an allen Forstdirektionen im ersten Halbjahr re alt (775 Bestände = 74,4 %). Der Anteil geschä- 2002 durch die Revierleiter an fast allen bayeri- digter Erlenbestände war am höchsten bei den schen Forstämtern über alle Besitzarten durchge- 16- bis 20-jährigen (41 %),gefolgt von den 6- bis 15- führt. Die Bestände wurden vor Ort nach Sympto- jährigen (36 %) Beständen (Abb.6).In diesen Alters- men der Wurzelhalsfäule untersucht. stufen waren auch die höchsten Anteile an massive- Im Rahmen der forstlichen Schadkartierung e wurden insgesamt 3247 Erlenbestände gemeldet. t 1000 Davon waren 2412 Bestände (74,3 %) jünger als 21 k Jahre. Zum Großteil handelt es sich dabei um n 36% a 750 Wiederaufforstungen von Sturmwurfflächen aus r k dem Winter 1990 sowie um Erstaufforstungen. Die r Gesamtgröße der gemeldeten Erlenbestände be- e 500 trug 3664 ha. Die Kartierer konnten dabei in 1041 l Beständen (32,1 %) mit einer Fläche von 1655 ha h 250 (45,2 %) einen Befall durch die Wurzelhalsfäule dia- aZahl erkrankter Bestände Z 41% 21% 19% 16% 20% 14% 7% gnostizieren. Die Überprüfung von mehr als 300 0 gemeldeten Beständen durch die LWF ergab, dass 1-5 6-15 16-20 21-40 41-60 61-80 81-100 >100 AltersstufenAltersstufen (Jahre) (Jahre) zusätzlich mit einer gewissen Dunkelziffer bereits geschädigter Bestände gerechnet werden muss. Abb. 6: Anzahl und prozentualer Anteil erkrankter Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass viele Erlen- Erlenbestände nach Altersstufen

ren Schäden bis hin zum Totalausfall der Erle auf einzelnen Standorten zu erkennen.Bei den 1- bis 5- jährigen Pflanzungen betrug der Anteil geschädig- ter Bestände lediglich 16 %. Dies ist jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf eine geringere Präsenz der Erlen-Phytophthora zurückzuführen. Vielmehr dürfte hier auf den nicht überstauten Standorten der Zeitraum seit der Pflanzung für das Pathogen zu kurz gewesen sein,um durch das Wur- zelsystem zum Wurzelhals vorzudringen und erkennbare Schadsymptome auszubilden. So hän- gen das Ausmaß und die Geschwindigkeit der Erkrankung ganz entscheidend vom Wasserhaus- halt des Standortes ab.Während auf stark staunas- sen und zeitweise überstauten Standorten teilweise bereits 3 Jahre nach der Pflanzung erste Krankheits- symptome („Teerflecken“) am Wurzelhals auftreten, kann dies auf anderen Standorten bis zu 10 Jahre und länger dauern. Für einen zukünftigen Anstieg Abb. 5: Verbreitung forstlicher Erlenbestände mit der Schäden bei den derzeit 1- bis 5-jährigen Erlen- Phytophthora – Wurzelhalsfäule in Bayern. beständen spricht außerdem, dass in mehreren

37 Die Phytophthora – Wurzelhalsfäule der Erlen in Bayern

Beständen ohne Symptome der Wurzelhalsfäule die selektive Entnahme der geschädigten Bäume im Erlen-Phytophthoraim Wurzelraum nachgewiesen Rahmen der Durchforstungseingriffe ist dann nicht werden konnte. mehr möglich, ohne den Bestandesaufbau zu zer- stören. Etwa die Hälfte der geschädigten 842 Jungbe- stände (F 20 Jahre) stockte auf nichtüberfluteten Auslöser der Erkrankung „Landwald“-Standorten (389 Bestände = 46,2 %),bei denen eine Einschleppung der Erlen-Phytophthora Bisher wurden in 116 flußbegleitenden Erlenbe- über Zoosporen im Fließgewässer ausgeschlossen ständen, in 13 Bruchwaldbeständen bzw. Verlan- werden kann. Die geschädigten Jungbestände auf dungsbereichen sowie in 52 Erlenpflanzungen auf „Landwald“-Standorten waren fast ausschließlich Landwald-Standorten Isolierungen aus nekrotischer durch Pflanzung begründet worden (356 Bestände Erlenrinde durchgeführt. Die Erlen-Phytophthora = 91,5 %).Mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgte die konnte dabei in 105 flußbegleitenden Beständen Einschleppung hier über bereits infiziertes Baum- entlang von 86 Flüssen oder Bächen, in 13 Bruch- schulmaterial. Dafür sprechen auch die Ergebnisse waldbeständen sowie in 44 von 52 Pflanzungen im der Untersuchung der Wurzelsysteme zahlreicher Landwald nachgewiesen werden. Andere Phyto- gepflanzter Jungerlen auf „Landwald“-Standorten. phthora-Arten wurden nur sporadisch nachgewie- So ist bei diesen zumindest ein Teil des Wurzelsy- sen.Die neuartige Erlen-Phytophthora ist somit auch stems unterhalb der Wurzelhalsnekrose in der Regel in Bayern die fast auschließliche Ursache für die bereits abgestorben und oftmals kann sogar exakt weitverbreiteten Erlenschäden. festgestellt werden, über welche Wurzelstränge die Erlen-Phytophthora zum Wurzelhals vorgedrungen Ausbreitung und Biologie der ist. Aufgrund weitgehender Wurzelzerstörung kommt es in 10- bis 20-jährigen Erlenpflanzungen Erlen-Phytophthora auch teilweise zu Sturmwürfen.Dagegen erfolgt die Bisher wurde bayernweit an 60 Flüssen und Infektion natürlicher flussbegleitender Erlen meist Bächen intensiv nach der potenziellen Quelle der über Adventivwurzeln am Wurzelhals und setzt sich Erkrankung geforscht. In 58 Fällen konnten dabei fast ausschließlich stammaufwärts fort, so dass das flußaufwärts gelegene infizierte Erlenpflanzungen darunter liegende Wurzelsystem noch längere Zeit im Überflutungsbereich oder forstliche Erlenpflan- gesund bleibt. zungen,die über Entwässerungsgräben oder Bäche Im Vergleich zu den Jungbeständen bestand bei mit dem Fluss in Verbindung stehen,als wahrschein- den Altbeständen eine deutlich stärkere Abhängig- liche Quelle der Erkrankung ausgemacht werden. keit zwischen dem Auftreten der Erkrankung und Erlenpflanzungen im Landwald befinden sich in dem Kontakt zu Fließgewässern. So befanden sich der Regel auf staunassen oder wechselfeuchten 78,6 % der erkrankten 154 Altbestände im Überflu- Standorten. Hier kommt es nach starken oder lang- tungsbereich von Fließgewässern. Ein weiterer anhaltenden Regenfällen oftmals zu zeitweiser kleinerer Anteil lag unmittelbar hangabwärts von Überstauung, die der Erlen-Phytophthora ideale Be- jüngeren infizierten Beständen. Schließlich hatte, dingungen zur Ausbreitung mittels Zoosporen bie- wie die Stichproben zeigten, ein weiterer Teil der an tet. So wurden bei vielen infizierten Pflanzungen Altbäumen angesprochenen Schäden insbesonde- natürliche Stockausschläge und Alterlen sowie im re in den 33 „Landwald“-Beständen auch andere Wasserzug liegende Alterlenbestände gefunden,die Ursachen. So waren hier ausschließlich Rinden- ebenfalls infiziert waren. Ein besonders interessan- nekrosen zu beobachten, die keinen Kontakt zum ter Fall ist dabei der Rotter Forst im Forstamt Wasser- Stammanlauf zeigten und somit nicht auf Phyto- burg. Hier hat sich die Erlen-Phytophthora aus etwa phthora-Befall zurückgingen. 60 infizierten Pflanzungen während der letzten zehn Jahre entlang von Entwässerungsgräben in In 455 Beständen (= 43,7 %) waren lediglich Ein- verschiedene Bäche und über diese in die Flüsse zelbäume erkrankt oder abgestorben.1-10 % Anteil Rott,Attel und Inn ausgebreitet, wo es in der Folge geschädigter Erlen wurde in 275 Beständen,11-25 % zu starken Schäden in den natürlichen Erlenbestän- in 179 Beständen, 26-50 % in 99 Beständen, 51-75 % den im Überflutungsbereich kam. in 19 Beständen und 76-100 % in 14 Beständen gefunden. Ab einem Anteil von 25 % geschädigter Eine begrenzte Ausbreitung der Erlen-Phytoph- Bäume, kann man die Bestände als massiv beein- thora über tierische Vektoren wie z.B.Fische, Wasser- trächtigt ansehen,insbesondere da die Erkrankung schnecken und Wasservögel scheint ebenfalls in aller Regel geklumpt in den Beständen auftritt. stattzufinden,da in seltenen Fällen einzelne infizier- Hier ist mit schweren waldbaulichen und wirt- te Erlen flußaufwärts von infizierten Pflanzungen schaftlichen Einschränkungen zu rechnen. Eine gefunden wurden.

38 Die Phytophthora – Wurzelhalsfäule der Erlen in Bayern

Vorkommen der Erlen-Phytophthora von Schwarzerle auf Standorten mit unterschied- in Baumschulen lichem Wasserhaushalt Stockausschlagversuche gestartet. Bei allen drei Pflanzungen war die Erlen- Die Phytophthora-Wurzelhalsfäule tritt in mehr Phytophthora mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der als 300 gepflanzten Jungbeständen auf nicht-über- Baumschule mitgebracht worden. fluteten Standorten sowie an zahlreichen Flussyste- men auf, wo sie wahrscheinlich von jungen Erlen- Die Untersuchungen vor dem „Auf-den-Stock- pflanzungen ausging. Dies spricht dafür, dass infi- Setzen“ ergaben, dass bei Pflanzungen auf nicht- ziertes Pflanzgut wesentlich zur Krankheitsverbrei- überfluteten Standorten Schadausmaß und die tung beigetragen hat. Diese Hypothese wird durch Geschwindigkeit des Krankheitsverlaufes eindeutig die Ergebnisse der Untersuchung von Erlenquartie- vom Wasserhaushalt des Standortes abhängen. So ren in Baumschulen auf Phytophthora unterstützt. waren in der Versuchsfläche Beuerberg sechs Jahre So konnte die Erlen-Phytophthora bei drei von vier nach der Pflanzung auf dem nassen Standort am Baumschulen nachgewiesen werden,die ihre Erlen- Hangfuß bereits doppelt soviele Erlen am Wurzel- pflanzen regelmäßig von Großbaumschulen bezo- hals infiziert und sogar dreimal soviele Erlen abge- gen.Außerdem wurde zumindest bei zwei der drei storben wie auf dem mäßig feuchten Standort am betroffenen Baumschulen das Bewässerungswas- Oberhang (Tab. 1). Unterschiedliche Infektionsgra- ser aus infizierten Fließgewässern entnommen. de in der Baumschule können als Ursache dieses Dagegen wurde der Haupterreger der Wurzelhals- Unterschiedes ausgeschlossen werden,da die Erlen fäule der Erlen in den Erlenquartieren der vier beider Pflanzungen aus derselben Lieferung Baumschulen,deren Erlenpflanzen aus eigener Aus- stammten. Dies deckt sich mit der in zahlreichen saat stammten und die mit Brunnenwasser bewäs- infizierten Pflanzungen gemachten Beobachtung, sern,nicht gefunden.Hier wurden lediglich ebenso dass oberirdische Schäden auf den nässeren Klein- wie bei den anderen vier Baumschulen eine Reihe standorten früher auftreten. von anderen weitverbreiteten Phytophthora-Arten In allen drei Pflanzungen war der Ausschlager- nachgewiesen, die zwar gegenüber zahlreichen folg der Stöcke hochsignifikant mit dem Anteil des Baumarten, jedoch nicht gegenüber Erle aggressiv Stammumfanges mit nekrotischer Rinde korreliert. sind. Die Korrelation mit der Kronenvitalität war dagegen deutlich schwächer und weniger signifikant. Für Prognosen über den kurzfristigen Erfolg dieser Mögliche Gegenmaßnahmen Bekämpfungsmaßnahme ist somit das Ausmaß der Stockausschlagversuche Rindenschädigung am Stammfuß aussagekräftiger als die Kronenvitalität. Ergebnisse eines fünfjährigen Versuches in Eng- land ergaben eine sehr geringe Neuinfektionsrate Verglichen mit dem Ausschlagerfolg der Erlen in der Stockausschläge infizierter bachbegleitender den englischen Stockausschlagversuchen waren Schwarzerlen (GIBBS 2003).Deshalb wurden in Bay- die Ergebnisse unserer Versuche enttäuschend. ern im Februar/März 2001 in drei Erstaufforstungen Lediglich bei der Pflanzung am Oberhang mit

Standortsbedingungen Anzahl Erlen Kranke (tote) Erlen Ausschlagprozent gesamt mit Teerflecken am Stammfuß (%) 2001 2002 Landwald mäßig feucht, 150 31,3 72,9 57,1 Oberhang1 (6,7) feucht bis nass, 257 52,1 30,6 24,0 Hangfuß1 (23,7) Auwald2 6993 26,5 28,3 25,4 (34,8)

1 Erstaufforstung bei Wolfratshausen aus dem Jahr 1995. 2 Erstaufforstung an der Abens aus dem Jahr 1988. 3 Nur 159 Erlen wurden auf den Stock gesetzt.

Tab. 1: Einfluß des Wasserhaushaltes des Standortes auf den Schädigungsgrad von Schwarzerlen in Pflanzungen, die mit der Erlen-Phytophthora infiziert sind, und Ausschlagprozent 5 bzw. 17 Monate nach dem „Auf-den-Stock- Setzen“.

39 Die Phytophthora – Wurzelhalsfäule der Erlen in Bayern

einem relativ geringen Ausmaß oberirdischer unterschiedlichen Alters und Schädigungsgrades Schäden (38 %) wurde fünf Monate nach dem „Auf- auf verschiedenen Standorten Dauerbeobach- den-Stock-Setzen“ im Juli 2001 mit 73 % ein Aus- tungsflächen angelegt. schlagerfolg erzielt, der wieder zu einem geschlos- senen Bestand führen könnte (Tab. 1). Auf der nassen Fläche am Unterhang und in der regelmäßig Neue Anzuchtbedingungen für Erlen überfluteten Pflanzung an der Abens mit wesentlich in Baumschulen höheren Schäden erlauben Auschlagsprozente von Um eine Verbreitung der Erlen-Phytophthora mit etwa 30 % dagegen keine weitere forstliche Produk- möglicherweise infiziertem Pflanzmaterial in der tion. Aufgrund einer Neuinfektion der Stockaus- Zukunft auszuschließen, wurden im Jahr 2002 zwi- schläge vom Wurzelsystem aus starben zudem auf schen dem Bayerischen Staatsministerium für Land- allen Flächen zahlreiche Stöcke im Frühsommer wirtschaft und Forsten und zahlreichen in der 2002 ab (Tab.1). Erzeugergemeinschaft Forstpflanzen Süddeutsch- Die geringen Ausschlagerfolge sind wahrschein- land organisierten Baumschulen neue Anzuchtbe- lich darauf zurückzuführen, dass die Infektion der dingungen für Erlen vereinbart. Zentrale Punkte Erlen in allen drei Pflanzungen im Wurzelsystem sind dabei die Aussaat und Verschulung vor Ort auf erfolgte und somit bei Erlen mit Rindennekrosen Flächen, die für mindestens fünf Jahre nicht mit am Stammfuß bereits ein Teil des Wurzelsystems Erle bestockt waren, sowie der Verzicht auf Bewäs- abgestorben war.Insbesondere bei Erlen mit nahe- serung mit Oberflächenwasser. Höchstwahrschein- zu stammumfassender Rindennekrose, bei denen lich dürfte ein Rotationszyklus von drei Jahren der Erreger über mehrere Wurzeln zum Wurzelhals genügen, da die Erlen-Phytophthora in den zwei gelangte, war sogar ein Großteil des Wurzelsystems Baumschulquartieren, die im Jahr 2000 mit dem bereits abgestorben. Dies führte auch dazu, dass in Pathogen infiziert waren, nach zwei Jahren nicht allen drei Pflanzungen zahlreiche Erlen vom Wind mehr nachgewiesen werden konnte. geworfen waren. Aufgrund der Wurzelschädigung ist auch die Versorgung der Stockausschläge mit Selektion resistenter Schwarzerlen Wasser und Mineralstoffen deutlich erschwert. So Durch strikte Einhaltung der neuen Anzucht- konnte auf allen drei Flächen beobachtet werden, bedingungen in Baumschulen kann für forstliche dass bei einigen stark geschädigten Stöcken zwar Erlenpflanzungen auf nicht-überfluteten Standor- Stockausschläge gebildet wurden,diese jedoch bei ten ohne Anbindung an potenziell infektiöse Fliess- hohen Lufttemperaturen vertrockneten.Flußbeglei- gewässer oder bereits infizierte Erlenbestände in tende nicht-gepflanzte Erlen, wie sie in den engli- der Zukunft ein Befall durch die Erlen-Phytophthora schen Versuchen verwendet wurden, werden dage- weitgehend ausgeschlossen werden. Für Erlen- gen mittels Zoosporen über Adventivwurzeln und pflanzungen auf regelmäßig oder episodisch über- Lentizellen am Wurzelhals infiziert. Da die Erlen- fluteten Standorten sowie forstliche Erlenpflanzun- Phytophthora in erster Linie stammaufwärts wächst, gen mit Anbindung an infizierte Erlenbestände bleibt das Wurzelsystem zumindest noch eine Zeit kann eine Befallsfreiheit langfristig jedoch nur lang funktionsfähig. Werden solche Erlen auf den durch die Verwendung resistenter oder toleranter Stock gesetzt, stehen für die Bildung von Stockaus- Erlen erreicht werden. schlägen mit Sicherheit höhere Kohlenhydratreser- ven zur Verfügung als bei Erlen mit reduziertem Wur- Gegen die meisten Pathogene gibt es resistente zelsystem. oder zumindest tolerante Individuen. Zwei groß angelegte Versuchsreihen in Großbritannien haben In allen drei Pflanzungen wie auch in vielen gezeigt, dass bei Schwarzerle auf der Provenienz- anderen Beständen wurden zahlreiche Erlen gefun- ebene keine Resistenz gegenüber der Erlen-Phyto- den,die starke Rindenschäden durch Phytophthora phthora besteht (GIBBS 2003). Das Vorkommen von am Stammfuß aufwiesen, diese jedoch zunächst gesunden Schwarzerlen in von der Erkrankung erfolgreich überwallt haben. Es ist somit denkbar, stark betroffenen flussbegleitenden Erlenbestän- dass auf manchen nicht-überfluteten Standorten den spricht jedoch dafür,dass in der Natur resisten- „Abwarten-und-Beobachten“ sinnvoller ist als „Auf- te bzw.tolerante Individuen vorkommen.Daher wer- den-Stock-Setzen“. den seit Mai 2001 überlebende Schwarzerlen in Um Prognosen über die langfristige Entwicklung stark erkrankten flussbegleitenden Freilandbestän- des Schadausmaßes in infizierten Beständen in den gezielt auf Resistenz gegenüber der Erlen- Abhängigkeit vom Standort geben zu können, wur- Phytophthora untersucht. Mit ersten Ergebnissen ist den deshalb im Sommer 2003 in 15 Pflanzungen im Herbst 2003 zu rechnen.

40 Die Phytophthora – Wurzelhalsfäule der Erlen in Bayern

Danksagung Wir danken dem Bayerischen Staatsministerium für Landwirtschaft und Forsten für die Finanzierung des Forschungsprojektes. Ein herzlicher Dank gebührt außerdem allen Angehörigen der Bayeri- schen Staatsforstverwaltung und der Wasserwirt- schaftsverwaltung, hier insbesondere Dr. Peter Jür- ging, für die umfangreich durchgeführten Erhebun- gen der Krankheitsverbreitung.

Literatur Auf Anfrage bei den Verfassern.

41 Pilzwelt der Schwarzerle

Pilzwelt der Schwarzerle MARKUS BLASCHKE UND WOLFGANG HELFER

Es gibt wahrlich eine eigene Welt von Pilzen,die Etwas Namenskunde eine besondere Bindung zur Schwarzerle oder doch zumindest der Gattung Alnus besitzen. Ganz Der Zusammenhang zu einer speziellen Baum- besonders eng ist dieses Verhältnis zu einigen art wird bei vielen Pilzen auch in ihrem Namen Mykorrhizapilzarten ausgebildet.So besteht im Prin- erkennbar. So sind es zahlreiche Pilzarten aus ver- zip fast die ganze Gattung der Erlenschnitzlinge schiedenen Gattungen, die die Erle in ihrem deut- (Alnicola Syn. Naucoria) aus streng an die Erlen schen Namen enthalten (Tab.1) (KEIZER,BON 1988). Eine Datenbankabfrage brachte auch 53 wissen- gebundenen Symbionten (HELFER 1999). schaftliche Pilznamen zutage, die im Namen den Stamm der Gattung Alnus enthielten. Und die mei- sten dieser Pilznamen wird man auch in den Arten- listen von verschiedenen Pilzkartierungen aus Erlenbeständen wiederfinden. Untersuchungen aus der Oberrheinaue haben gezeigt, das die Zahl der Pilze die Zahl der Gefäß- pflanzen um das 5- bis 16-fache (im Mittel das 8- fache) übersteigt (WINTERHOFF 1993). Dabei zeigen sich lichte Stellen im Verhältnis krautreicher und pilzärmer. Zwischen der Totholzmenge und der Artenzahl der Gefäßpflanzen besteht kein erkenn- barer Zusammenhang. Auch zwischen den Arten- zahlen von Gefäßpflanzen und Pilzen ist zunächst kein direkt korrelierbarer Zusammenhang erkenn- Abb. 1: Der Honiggelbe Erlenschnitzling ist eng an ein bar. Dabei konnten in den vorwiegend von der Leben mit der Erle gebunden.

Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Bitterer Erlenschnitzling Alnicola amarescens (Quél.)Romagn. Weißstieliger Erlenschnitzling Alnicola bohemica (Velen.)Singer Großsporiger Erlenschnitzling Alnicola langei (Kuehn.)Singer Faseriger Erlenschnitzling Alnicola luteolofibrillosa Kuehn. Honiggelber Erlenschnitzling Alnicola melinoides (Bull.:Fr.)Kuehn. Kahler Erlenschnitzling Alnicola scolecina (Fr.)Romagn. Duftender Erlenschnitzling Alnicola suavis (Bres.)Kuehn. Behangener Erlenschnitzling Alnicola subconspersa (Kuehn.ex Orton)Moser Erlen-Scheidenstreifling Amanita friabilis (Karst.)Bas Blasses Erlenbecherchen Calycina alniella (Nyl.)Baral in Ba.& Kr. Erlenzäpfchen-Becherling Ciboria viridifusca (Fckl.)Höhnel Erlen-Gürtelfuß Cortinarius (Tel.) alnetorum (Velen.)Mos. Violetter Erlenwasserkopf Cortinarius (Tel.) bibulus Quél. Gefurchter Erlenkugelpilz Eutypella alnifraga Sacc. Erlengrübling Gyrodon lividus (Bull.:Fr.)Sacc. Erlen-Schillerporling Inonotus radiatus (Sow.:Fr.)Karst. Erlen-Milchling obscuratus (Lasch:Fr.)Fr. Erlenkrempling Paxillus rubicundulus Orton Erlen-Zystidenrindenpilz Peniophora erikssonii Boidin Erlen-Schüppling Pholiota alnicola (Fr.)Singer Erlen-Täubling Russula alnetorum Romagn. Tab. 1: Pilzarten, die in ihrem deutschen Artnamen die Erle enthalten

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Schwarzerle mit beeinflussten Pflanzengesellschaf- 1993).Andererseits kann z.B.in Erlenbruchwäldern ten 853 Großpilze gefunden werden. Allerdings der Pilzaspekt von Mykorrhizapilzen während der wird nur ein geringer Teil unmittelbar an die Pilzsaison aspektbildend sein. Aus vielen bedeuten- Schwarzerle gebunden sein. den Gattungen haben sich Pilze an diese besonde- ren Standortsverhältnisse der Erlenwälder ange- Untersuchungen in bayerischen Naturwald- passt und sich zur Art fortentwickelt. Nun bilden reservaten (NWR) erbrachten 15 an die Schwarz- viele von ihnen mit den Erlen eine exklusive erle gebundene Mykorrhizapilzarten, 14 Boden- Gemeinschaft. Darunter sind Vertreter der Täub- saprotrophen in reinen Erlenwaldteilen und 92 linge (z.B. der Erlentäubling (Russula alnetorum)), Holzzersetzer an der Erle. Milchlinge (z.B. der Lila Milchling (Lactarius lila- Regionale Untersuchungen über die Pilzflora cinus)), Schleierlinge aus der Gruppe der Gürtel- beschrieben im Nationalpark Bayerischer Wald füße (z.B. der Erlen-Gürtelfuß (Cortinarius alneto- zehn Mykorrhizapilzarten und 42 Holzzersetzer als rum), der Violette Erlen-Gürtelfuß (C. bibulus), der enge Begleiter der Schwarzerle (LUSCHKA 1993) und Dickblättrige Erlen-Gürtelfuß (C. helvelloides), auf der Mainfränkischen Platte 31 Blätterpilze, 68 Risspilze (z.B. der Erlenrisspilz (Inocybe alnea)) Nichtblätterpilze und 41 Schlauchpilze als Totholz- und auch ein Röhrling,der Erlengrübling (Gyrodon bewohner mit enger Substratbindung zur Schwarz- lividus,Abb. 2), ein Krempling, der Erlen-Krempling erle (KRIEGELSTEINER 1999). (Paxillus rubicundulus) und ein Wulstling, der Erlen-Scheidenstreifling (Amanita friabilis). Die ganze Gattung der Erlenschnitzlinge (Alnicola Syn. Naucoria) hat sich nahezu komplett auf die Symbiose Gemeinschaft mit der Erle eingelassen. Leider ist die Bestimmung dieser kleinen Pilze nur etwas für Zur Sicherung ihres Stickstoffbedarfs haben die den mikroskopierenden Mykologen. Erlen mit den Knöllchenbakterien ihre eigene Stra- tegie entwickelt.Allerdings bedienen sie sich für die Aufnahme von anderen Nährstoffen wie z.B. dem Phosphor,aber teilweise auch von Wasser,der Pilze, die mit ihnen eine weitere intensive Symbiose ein- gehen. Wie bei unseren wirtschaftlich wichtigsten Nadelbäumen sowie den Buchen und Eichen ent- wickeln sich bei der Erle zusammen mit den Pilzen ekto- trophe Mykorrhizen („Pilzwurzeln“).

Abb. 3: Der Moosmilchling als Mykorrhizapartner der Erle gehört zu den kleinsten Milchlingen.

Es fällt auf, dass viele Fruchtkörper der Mykor- rhizapilzpartner der Erle kleiner erscheinen als die- Abb. 2: Der Erlengrübling ist der einzige Röhrling, der jenigen bei anderen Baumarten. Ein typisches Bei- regelmäßig in Erlenwäldern zu finden ist. spiel hierfür ist der Moosmilchling (Lactarius omphaliformis,Abb.3).Hinzu kommt,dass die Farbe „lila“ nicht nur in einzelnen Artnamen häufiger ver- Wahrscheinlich werden viele Mykorrhizapilze, wendet wird,sondern auch dem Betrachter mögli- die wir von den anderen Baumarten her kennen, cherweise häufiger ins Auge sticht. Als Beispiele durch die Bodennässe und den hohen Stickstoff- können der Violette Erlen-Gürtelfuß (Cortinarius gehalt des Bodens in den von der Schwarzerle bibulus) und der Lila Milchling (Lactarius lilacinus) dominierten Wäldern ausgeschlossen (WINTERHOFF aufgezeigt werden.

43 Pilzwelt der Schwarzerle

Holz ist unser Leben

WINTERHOFF (1993) zeigt bei seinen Untersu- chungen in den Erlenwäldern der Oberrheinebene, dass der Anteil der holzbesiedelnden Pilzarten mit zunehmender Feuchte des Bodens ansteigt. Im Erlenbruchwald erreicht dieser Anteil schließlich 69-76 %. Von Bedeutung ist im naturbelassenen Erlen- wald der Anteil stehenden Totholzes. Unter den Arten die auf den ersten Blick auffallen, sind aller- dings vor allem erst einmal jene,die auch von ande- ren Laubbaumarten bekannt sind. Die am häufigsten anzusprechenden Zersetzer des liegenden Erlenholzes waren bei Untersuchun- gen in den bayerischen NWR der Samtige Schicht- pilz (Stereum subtomentosum), der Ockerrötliche Resupinatstacheling (Steccherinum ocharaceum), der Warzige Drüsling bzw. die Hexenbutter (Exidia plana),der Flache Lackporling (Ganoderma lipsien- se), die Vielgestaltige Kohlenbeere (Hypoxylon multiforme) und der Gemeine Rindensprenger (Vuilleminia comedens), ebenfalls Arten, die ein Abb. 4: Der Erlenschüppling ist einer der auffälligen sehr breit gestreutes Wirtsspektrum besitzen. Holzabbauer des Erlenholzes Liegende Stämme erwiesen sich bislang als etwas artenreicher als stehendes Totholz. So angepasst ist und die Kleinsporige Kohlenbeere konnte WINTERHOFF (1993) an stehendem Totholz 86 (Camerops microspora) (HELFER 1999). Arten und an liegendem 151 Arten nachweisen. Die Kartierungen in den bayerischen NWR erbrach- ten am liegenden Totholz bislang 66 Arten gegen- über 50 Arten an stehendem. Wir kümmern uns um den Rest(müll)

Auch DERBSCH UND SCHMITT (1987) finden unter Für die Abfallentsorgung einzelner Teile der den 15 häufigsten Holzbesiedlern der Erle nur drei Erlen haben sich auch Spezialisten entwickelt. Um Arten,die eine engere Bindung zur Erle aufweisen. die Erlenkätzchen kümmert sich der Erlenkätzchen- So werden die Schmankerl der Holzbesiedler der Becherling (Ciboria amentacea), um die Erlenzäpf- Erle erst auf den zweiten Blick erfasst. Dazu zählen chen der Erlenzäpfchen-Becherling (Ciboria viridi- Arten wie der Körnchen-Rindenpilz (Bulbillomyces fusca) und das Erlenzäpfchen-Weichbecherchen farinosus), der an ein Leben in feuchten Gebieten (Mollisia amenticola).Auch auf die Zersetzung der

Pilzarten NWR Bayern Erlenbruch Weingartner Moor nach WINTERHOFF (1993)

Rötende Tramente (Daedaleopsis confragosa) 6 59 Erlenschillerporling (Inonotus radiatus) (Abb. 5) 11 10 Samtiger Schichtpilz (Stereum subtomentosum) 2 10 Angebrannter Rauchporling (Bjekandera adusta) 3 8 Kohliger Kugelpilz (Daldinia sp.) 1 7 Gelbstieliger Muschelseitling (Panellus serotinus) 1 6 Erlen-Schüppling (Pholiota alnicola) (Abb. 4) 6 0

Glänzender Lackporling (Ganoderma lucidum) 4 0

Tab. 2: Erfasste Funde der häufigsten Besiedler von stehendem Totholz

44 Pilzwelt der Schwarzerle

Erlenblätter haben sich einige Arten weiter speziali- alni verursacht werden. Mit Melampsoridium hirat- siert, so z.B. der Flockenstiel-Helmling (Mycena sukanum gibt es einen Rostpilz,der gewöhnlich mit rhenana) und das Rotbraunstielige Sklerotien- der Lärche den Wirt wechselt. Seine Kennzeichen keulchen (Typhula erythrophus), das insbesondere sind orange-gelbe Pusteln auf der Blattunterseite. an den Stielen der Blätter zu finden ist. Untersuchungen haben gezeigt,dass er hin und wie- der auch ohne Wirtswechsel nur auf Erle vorkom- men kann. Pilz-Krankheiten Typisch für einen Mehltaupilz verursacht Micro- Einige Pilzarten haben es auch auf das leben- sphaera penicillata auf der Blattunterseite der Erlen- dige Gewebe der Erlen abgesehen und führen aus blätter ein spinnenwebartiges Myzelgeflecht. Die kleinen Fruchtkörper,die sich ab dem Spätsommer Sicht des Menschen zu Krankheiten (BUTIN 1996, mit einer Lupe als kleine schwarze Kugeln zwischen PEHL & WULF 2003). So verursacht der Erreger der Kräuselkrankheit der Erle Taphrina tosquinetii bla- dem Geflecht zeigen,sind durch Anhängsel charak- senartige Auftreibungen auf den Blättern.Besonde- terisiert,die vier- bis sechsmal verzweigt sind. res mikroskopisches Kennzeichen des Pilzes sind Schließlich können auch die Erlen unter stamm- hefeartige Sprosszellen in den Fruchtkörper-Schläu- und astbürtigen Pilzen leiden,die wir vor allem von chen, die er auf den Blättern ausbildet. Ein enger anderen Bäumen her kennen. Dazu gehört neben Verwandter,der Erreger der Kätzchenkrankheit der dem Nectria-Krebs der Rotbuche Nectria ditissima, Erle Taphrina amentorum verursacht rötliche, zun- der häufig regelmäßig aufgebaute, rhombische genartige Auswüchse an den weiblichen Kätzchen. Wucherungen an Stämmen verursacht, auch die Diese Wucherungen sind besonders häufig bei der Rotpustelkrankheit Nectria cinnabarina und der Grauerle zu sehen. Beide Erkrankungen sind zwar Hallimasch (Armillaria sp.). auffällig, stellen allerdings an sich für den Baum Einige der bereits vorgestellten Holzbesiedler keine Gefahr dar.Bräunliche, runde Blattflecke ver- können auch zu Stammbrüchen noch lebender ursacht u.a.Asteroma alneum.Bis 2 cm große brau- Erlen führen. Vor allem der Erlenschillerporling ne Blattflecken können auch durch Monostichella (Abb. 5) befindet sich regelmäßig an Erlen mit Rindenverletzungen, auch wenn diese nur einen dünnen Saum entlang der Gewässer bilden.

Literatur

BON,MARCEL (1988): Pareys Buch der Pilze, Parey, Hamburg und Berlin BUTIN,HEINZ (1996):Krankheiten der Wald- und Parkbäume,3. Auflage,Georg Thieme Verlag,Stuttgart DERSCH,HELMUT UND SCHMITT,JOHANNES A. (1987): Atlas der Pilze des Saarlandes,Teil 2:Nachweise,Ökologie,Vorkommen und Beschreibung,Eigenverlag Delattinia,Saarbrücken HELFER,WOLFGANG (1999):Abschlussbericht zu den mykologi- schen Untersuchungen in den Schwarzerlen-Naturwaldreser- vaten Böhmlach und Schiederholz (1998/99), Unveröfft. Bericht für die LWF LUSCHKA,NORBERT (1993): Die Pilze des Nationalparks Bayeri- scher Wald im bayerisch-böhmischen Grenzgebirge,Hoppea, Denkschr.Regensb.Bot.Ges 53(1993): 5-363 KEIZER,GERRIT J.: Die Enzyklopädie der Pilze,Komet MA-Servi- ce,Frechen KRIEGLSTEINER,LOTHAR (1999): Pilze im Naturraum Mainfränki- sche Platten und ihre Einbindung in die Vegetation, Regens- burger Mykologische Schriften,Band 9 PEHL,LEO UND WULF,ALFRED (2003): Krankheiten und Schäd- linge der Schwarzerle,AFZ-DerWald 9/2003,S.454-459 WINTERHOFF,WULFARD (1993): Die Großpilzflora von Erlen- bruchwäldern – und deren Kontaktgesellschaften in der nordbadischen Oberrheinebene.Beihefte zu den Veröffentli- chungen für Naturschutz und Landschaftspflege in Baden- Abb. 5: Er fehlt in keinem Erlenwald – der Erlen- Württemberg, Band 74, Landesanstalt für Umweltschutz schillerporling Baden-Württemberg

45 Bedeutung der Schwarzerle in der Wasserwirtschaft

Bedeutung der Schwarzerle in der Wasserwirtschaft PETER JÜRGING

Die Schwarzerle gehört neben einige Weiden- Die Erle an ausgebauten arten zu den wenigen Baumarten, die sehr gut mit Fließgewässern hoher Bodennässe und mit rohen Nassstandorten zurecht kommen. Deshalb kann sie auch für die In früheren Jahrhunderten bedeckten ausge- Wasserwirtschaft etliche wichtige Funktionen über- dehnte Erlenwälder weite Teile Deutschlands. nehmen. Rodung, Grundwasserabsenkung und Begradigung von Flussläufen haben den Beständen sehr zuge- setzt.Vor allem durch die sicherheits- und nutzungs- Die Erle an natürlichen, für den orientierte Begradigung von Fließgewässern muss- te vielerorts der Auwald und mit ihm die Erle wei- Wasserhaushalt bedeutsamen chen. An verbliebenen Auestandorten wurde sie Standorten auch oft in Form eines Niederwaldes genutzt.Letzt- lich erwuchs ihr aber durch die ausbaubedingt Die Schwarzerle kennzeichnet neben dem trockener werdenden Standorte eine zunehmende Bach- und Quell-Eschenerlenwald kleinerer Fließ- Konkurrenz anderer Arten. Auch der Mensch ver- gewässer vor allem den Schwarzerlen-Eschen- suchte die veränderten Standorte meist mit Erfolg wald in den Auen größerer Flüsse. Letzterer ist aber anderen Nutzungen zuzuführen oder mit anderen, nicht nur in Flussauen zu finden, sondern kann schnellwüchsigeren Arten aufzuforsten, z.B. mit auch außerhalb der Auen große Flächen mit hoch- Hybridpappeln. anstehendem Grundwasser einnehmen,denken wir nur an den Spreewald, das heute noch bedeutend- Schwarzerlen haben sich in Feuchtwäldern, in ste Erlenwaldgebiet Mitteleuropas. denen diese Baumart oft noch bestandsbildend ist, In natürlichen Auen steht die Erle auch im und vor allem an Bach- und Flussläufen sowie an Bereich der Fließgewässerdynamik. Sie verträgt den Ufern von Seen erhalten. Allerdings verblieb an Überflutung, Überstau, Überschotterung, Eisgang vielen, insbesondere an kleineren Fließgewässern sowie Grundwasserschwankungen. Alles Standort- nur noch eine Gehölzreihe direkt am Ufer oder im eigenschaften, die der Erle wenig Konkurrenz er- günstigsten Fall ein Gehölzsaum als Uferstreifen wachsen lassen.Nur anspruchslose Gehölze wie die (Abb. 1). In diesen Säumen ist die Schwarzerle oft Erle mit guter Keimfähigkeit, guter Durchwurzelung die häufigste Baumart,die mancherorts heute noch des Standortes und hoher Regenerationsfähigkeit u.a. zur Brennholzgewinnung oder aus Unterhalts- können hier bestehen.Bei Hochwasser dämpfen sie gründen regelmäßig „auf den Stock“ gesetzt wird. in den Auen als „Abflusshindernis“ den Hochwas- serabfluss und leisten somit einen Retentionsbei- trag bei gleichzeitig begünstigtem Sedimenteintrag (auch Nährstoffe). Nach Abklingen des Hochwas- sers pumpen sie quasi durch ihre hohe Verdunstung Wasser aus dem Auenboden, der dann bei lang anhaltenden Niederschlägen oder im Hochwasser- fall wieder entsprechend Wasser aufnehmen kann, so dass dieses nicht spontan abfließt. Völlig konkurrenzlos herrscht dagegen die Schwarz-Erle im Erlen-Bruchwald,der sich dadurch auszeichnet,dass der Grundwasserstand ganzjährig sehr hoch ist und nur wenig schwankt. Der Boden bleibt daher fast immer nass und wird fast regelmä- ßig nur im zeitigen Frühjahr (während der Schnee- Abb. 1: Schwarzerlen-Bestand an einem naturnahen schmelze) überschwemmt, wobei im Gegensatz zu Fließgewässer im Hügelland (Strogen bei Erding). Die Auenwäldern aber keine Nährstoffe zugeführt wer- Erlen halten das Ufer und beschatten im Sommer den den,da das Wasser nicht fließt. Wasserkörper.

46 Bedeutung der Schwarzerle in der Wasserwirtschaft

Die Erle und ihre wasserwirtschaft- Pioniereigenschaften lich bedeutsamen Eigenschaften Die Schwarz-Erle besitzt wie keine andere heimi- Die Schwarzerle hat in unseren Fließgewässer- sche Baumart die Fähigkeit, nasse Standorte zu landschaften vielfache Funktionen, z.B.im Hinblick besiedeln und wird in der Natur aufgrund ihrer Kon- auf die Ingenieurbiologie, die gewässerbiologische kurrenzschwäche auch auf diese Standorte ver- Wirksamkeit, den Unterhalt und nicht zuletzt auch drängt. Das Überleben ist ihr dort nur wegen ihrer als eigener (Teil-) Lebensraum sowie für das Land- Fähigkeit des Lufttransportes in die Wurzeln mög- schaftsbild und den erholungssuchenden Men- lich. Im Wurzelbereich geht die Schwarzerle mit schen. Mikroorganismen eine Symbiose unter Ausbildung von dauerhaften Wurzelknöllchen ein.Diese Mikro- organismen können den Stickstoff aus der Luft bin- Ingenieurbiologie den und verändern ihn so, dass er von den Erlen direkt aufgenommen werden kann. Im Gegenzug Schwarzerlen haben in der Ingenieurbiologie erhalten die Mikroorganismen von der Erle lebens- schon immer eine wichtige Rolle für die Wasserwirt- wichtige Nährstoffe. Aufgrund dieser Lebensge- schaft gespielt, sei es bei der Uferbefestigung, bei meinschaft kann die Erle auch sehr stickstoffarme der Regelung des Bodenwasserhaushaltes oder als Standorte besiedeln. Diese Eigenschaften befähi- Pionier. gen die Schwarz-Erle zu einer typischen Pionier- baumart nasser Standorte (Abb. 2). Dies und die Uferbefestigung gute Keimfähigkeit der Schwarzerle sorgt für eine Die Erle, die sich von Natur aus vorwiegend auf relativ schnelle Spontanbegrünung (natürliche Suk- Höhe der Mittelwasserlinie (entsprechend der zession) von z.B. feuchten Rohböden nach Gestal- Samentrift) in den Uferbereichen ansiedelt, ent- tungsmaßnahmen an Gewässern. wickelt im Laufe der Zeit ein sehr dichtes Wurzel- werk über und unter dem Wasserhorizont und „ver- klammert“ so die Ufer mit ihren z.T. über vier Meter langen Wurzeln, so dass selbst energiereiche Hoch- wasser kaum etwas zur Ufererosion beitragen kön- nen. Dementsprechend hilft ein Uferstreifen mit einem hohen Anteil an Schwarzerlen (neben Wei- den) die Ufer durch seine intensive Durchwurze- lung zu sichern. Selbst Beschädigungen der Erlen durch Eistrieb, Eisregen, Windbruch oder gar teil- weise Entwurzelung durch Hochwasser sind bei der hohen Regenerationsfähigkeit der Schwarzerle kein nennenswertes Problem. Durch die ingenieurbiolo- gische Stabilisierung der Uferböschungen (Abb. 1) kann sich der Aufwand für den Unterhalt (Instand- Abb. 2: Durch Verlandung eines Altgewässers (Naab haltung) der Ufer ganz erheblich verringern. Aller- bei Luhe) entwickelt sich ohne Zutun des Menschen dings kann eine durchgehende ingenieurbiolo- im Laufe der Zeit ein Bruchwald mit Schwarzerlen. gische Sicherung der Ufer von ausgebauten Fließ- gewässern mitunter den Zielen einer eigendynami- schen Gewässerentwicklung widersprechen. Wasserqualität und Gewässer- unterhalt Bodenwasserhaushalt Ufergehölze verbessern insbesondere bei klei- Die Erle erträgt nicht nur Dauernässe, sondern neren Fließgewässern die Beschattung (weitgehen- sie hat andererseits auch sehr hohe Ansprüche an der Kronenschluss) und verhindern dadurch im die Wasserversorgung, ja sie gilt als die Baumart Sommer eine unnatürliche Temperaturerhöhung mit der höchsten Verdunstung. Früher nutzte man des Wasserkörpers. Dadurch bleibt der Gehalt an diese Eigenschaft z.B. zur Drainage eingedeichter gelöstem Sauerstoff erhalten, der dann dem Öko- Flächen. Heute steht mehr die „Entwässerung“ system Fließgewässer in kritischen Sommersitua- feuchte, und damit oft rutschgefährdeter Hang- tionen zur Verfügung steht.Das größere Sauerstoff- bereiche im Vordergrund (Entzug des „Gleitmit- angebot kommt darüber hinaus einem verbesser- tels“). ten biologischen Abbau von Belastungen im Gewässer zugute.

47 Bedeutung der Schwarzerle in der Wasserwirtschaft

Beschattung bedeutet auch einen Lichtentzug, Früchte als „Wintersteher“ sehr lange am Baum ver- der das Wachstum von Algen und Makrophyten bleiben, ein wichtiger Nahrungslieferant, z.B. für dämpft. Somit wächst weniger Biomasse im Wasser- Vogelarten wie Erlen- und Bergzeisig oder Stieglitz. körper auf, deren Absterben zur Belastung des Gewässers führen kann. Gleichzeitig kann bei Gewässern, die zur Verkrautung neigen, der mecha- nische Gewässerunterhalt (Krautung im Hinblick auf einen „ordnungsgemäßen Abfluss“) durch die Beschattung weitgehend entfallen oder zumindest wesentlich reduziert werden (Abb.3).

Abb. 4: Der Blaue Erlenblattkäfer (Agelastica alni) bei der Eiablage an einem Erlenblatt

Flüsse und Bäche mit Gehölz- bzw.Erlensäumen weisen auch einen weitaus größeren Fischreichtum auf als solche mit baumlosen Ufern,weil die Erle in den Oberläufen indirekt eine wichtige Nahrungs- Abb. 3: Wenn Schwarzerlen ein Fließgewässer (Dumme bei Bergen) beschatteten, können sich praktisch keine quelle darstellt. Dies gilt besonders für Fische, die Makrophyten entwickeln. Eine mögliche Krautung im von der Wasseroberfläche ihre Nahrung aufnehmen Rahmen des Gewässerunterhaltes wird auf keinen Fall (u.a. eintropfende Insekten). Dazu gehören u.a. die notwendig. Bachforelle, die Rotfeder und die Hasel, die die Insektenvielfalt und die niedrigeren Wassertempe- Zudem können ausreichend breite Gehölzstrei- raturen in Gewässern unter Bäumen bevorzugen. fen mit Erlen einen wirksamen „Abstandshalter“ Hier sorgen ins Gewässer gefallene Blätter, von zwischen intensiv landwirtschaftlich genutzten denen sich Zerkleinerer wie z.B. Bachflohkrebse Auen und den Gewässern darstellen. Dichter und (Abb. 5) ernähren, für reichlich Fischnährtiere. Zu- hoher Bewuchs begünstigt den Schutz der Gewäs- sätzlich bereichern die freigespülten Wurzeln und ser vor Direkteintragungen von Dünge- und Pflan- Wurzelbärte der Schwarzerlen sowie ins Gewässer zenbehandlungsmitteln und wirkt außerdem als gefallene Äste oder Bäume als Totholz die Gewäs- Puffer gegen Stoffeinträge aus angrenzenden Nutz- ser- bzw.Biotopstruktur wesentlich. flächen und unter entsprechenden Voraussetzun- gen auch als Filter.

Lebensraum und Biotopfunktion Erlensäume bilden eigenständige Dauerlebens- räume für eine Vielzahl von Arten und Individuen. Darüber hinaus haben sie Funktionen als Nah- rungs-, Fortpflanzungs-, Deckungs-, Rückzugs-, Überwinterungs-, Rast- und Ausbreitungsareal. Vor allem Insekten bietet die Schwarzerle Nahrung und Unterschlupf. Einige davon ernähren sich nur von absterbenden Pflanzenteilen und bilden mit der Erle eine Lebensgemeinschaft zum beiderseitigen Vorteil. Andere können die Baumart schädigen, wie z.B. der glänzende Blaue Erlenblattkäfer (Abb. Abb. 5: Von dem ins Gewässer gefallenen Laub ernäh- 4), der durchaus auch einen Kahlfraß verursachen ren sich Zerkleinerer wie z.B. Bachflohkrebse, die kann. Selbst im Winter ist die Schwarzerle, deren wiederum den Fischen als Nahrung dienen.

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Des Weiteren tragen Gehölz- bzw. Erlensaum- „Erlensterben“ systeme zur Längs- und Quervernetzung an Gewäs- sern bei. Sie stellen somit das Rückgrat für den Ausgerechnet der natürliche Lebensraum an Biotopverbund in Tallandschaften dar. Insgesamt Gewässern und in feuchten bis nassen Standorten gesehen unterstützen Erlensäume als Lebensraum könnte nun der Schwarzerle zum Verhängnis wer- undWanderkorridoredasökologischeGleichgewicht den, denn ausgerechnet hier kann sich das soge- und damit auch den integrierten Pflanzenschutz in nannte Erlensterben optimal mit dem Wasser aus- angrenzenden landwirtschaftlichen Kulturen. breiten.(Vgl.Beitrag von Th.Jung). Sollte dieses Erlensterben tatsächlich unsere Bestände an den Fließgewässern weitgehend elimi- Landschaftsbild nieren,so wäre dies sicherlich auch für die Wasser- Damit die Augen eine Landschaft erfassen und wirtschaft ein herber Verlust, noch dazu, da derzeit Blickbeziehungen aufbauen können, sind unter- eine Neubepflanzung an Bächen und Flüssen mit schiedliche,prägende Strukturen und einzelne Ele- Schwarzerlen das Problem offensichtlich nicht mente notwendig. Dabei ist für die Erlebniswirk- lösen kann, sondern eher verschärfen könnte. samkeit die räumliche Gliederung einer Landschaft Bliebe also nur ein gleichzeitiges, systematisches entscheidend. Dementsprechend kommt Rand- und rigoroses Entfernen oder „auf den Stock set- zonen und Grenzen,wie sie vor allem durch Linien- zen“ aller Erlen an den „befallenen Gewässern“ und elemente wie Fließgewässer gebildet werden, eine deren Überschwemmungsbereiche von der Quelle besondere Bedeutung zu. Mit Erlen bestandene bis zur Mündung bzw.bis zum letzten Baum fluss- Fließgewässer sind in unseren meist geometrisch abwärts. Dies kann und darf aber auf keinen Fall angelegten Produktionsflächen eine optische Be- das erklärte Ziel bei der Bekämpfung der durch reicherung. Zudem mildern bei regulierten Fließ- den Pilz bedingten Erlen-Wurzelhalsfäule sein. Un- gewässern Erlensäume die oft eintönige Linien- abhängig von den wasserwirtschaftlichen und öko- führung und sorgen somit vielerorts für eine will- logischen Funktionen der Erlensäume und dem kommene Gliederung und Auflockerung der Land- Charakter des Landschaftsbildes wäre ein derarti- schaft (Abb.6 und 7). Diese positiven Auswirkungen ges Vorgehen sicherlich ein zu arbeitsintensives, von Ufergehölzen auf das Landschaftsbild und möglicherweise uferdestabilisierendes und vermut- somit auch auf den erholungssuchenden Menschen lich auch unnötiges Überreagieren. Noch dazu, sind natürlich nicht nur von der Schwarzerle wenn man bedenkt, dass ein dann als „Phyto- geprägt, aber sie spielt in der landschaftlichen phthora-frei“ erklärtes Gewässer durchaus neu infi- Gesamtkomposition in Tälern die wichtigste Rolle. ziert werden kann, z.B. durch Wasservögel, die den

Abb. 6 und 7: Die Schwarzerle als landschaftsprägender Baum im Frühjahr und im Sommer.

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Pilz aus anderen Gebieten übertragen könnten. Es Naturverjüngung setzen. Dieses Vorgehen hilft genügt sicherlich, alle paar Jahre befallene sicherlich mit, dass die Schwarzerle in unseren Schwarz- und Grauerlen „auf den Stock zu setzen“, Gewässerlandschaften weiterhin präsent ist und es so dass die gesunden bzw.noch gesund aussehen- fördert zugleich eine größere genetische Vielfalt den Erlen weiterhin einen wenn auch mitunter innerhalb der Erlenstandorte, was im Hinblick auf lückigen Gehölzsaum an unseren Gewässern aus- die Entwicklung von widerstandsfähigeren bzw. bilden können. Müssen in ein bis zwei Jahren resistenten Erlen gegenüber Phytophthora sicher- erneut in der Zwischenzeit erkrankte Erlen „auf lich von großem Vorteil sein könnte. den Stock gesetzt“ werden, so haben die in den Vorjahren „auf den Stock gesetzten“ Erlen bereits neue Triebe ausgebildet, die in wenigen Jahren wieder eine erwünschte Gehölzkulisse ausbilden können. Zusätzlich wird die Wasserwirtschaft, die den Nutzen der Schwarzerle kennt und auf diesen Baum nicht verzichten möchte, in Zukunft verstärkt auf eine Selbstansiedlung (natürliche Sukzession) bzw.

anderen Fundorten wurde die Art mehrmals in Sagentiere an Erlen den Brutgängen des ebenfalls sehr seltenen und HEINZ BUSSLER sagenhaften Borkenkäfers Xyleborus pfeili (RATZ.,1837) gefunden,der in absterbenden Erlen brütet,deren Wurzeln noch im Wasser stehen. An Erlen leben zwei der seltensten Käferar- ten Deutschlands. Schon die Umstände des Ein sensationeller Wiederfund der Art gelang Erstfundes von Agnathus decoratus (Fam.Feuer- nach über 100 Jahren im Jahr 2001 in Österreich. käfer) sind bemerkens- Am Ufer der Vellach in wert: 1818 von E.F.GERMAR Kärnten fanden sich fünf anlässlich einer abend- Exemplare an einem vom lichen Bootsfahrt bei Halle Hochwasser geknickten an der Saale als fliegendes Erlenstamm, der schräg Exemplar gefangen. Bis aus dem Wasser ragte und heute existieren nur drei von der Strömung um- weitere Nachweise aus spült wurde. Begleitart Deutschland. In Branden- und möglicherweise Beu- burg wurde die Art 1888 im te von Agnathus decoratus Spreewald in einem Stück war hier der Ungleiche im Anspüllicht der Ober- Holzbohrer (Xyleborus spree gefunden, in Bayern dispar F.). fand 1949 der Borkenkäfer- In Bayern gelten spezialist H. WICHMANN sowohl Agnathus decora- unterhalb der Walhalla bei tus, wie auch Xyleborus Donaustauf ebenfalls ein pfeili als „ausgestorben Einzelexemplar. Der letzte oder verschollen“. Durch deutsche Nachweis gelang die verstärkte Aufmerk- in Westfalen im Jahr 1972. Agnathus decoratus (Fam. Feuerkäfer) samkeit, die die Schwar- Agnathus decoratus zerle durch die Wahl zum GERMAR ist eine mitteleuropäische Art mit dis- Baum des Jahres erfährt, besteht die Hoffnung, kontinuierlicher Ost-West-Verbreitung von Ru- dass auch die „Sagentiere“ der Erle wieder mänien bis Frankreich. In Frankreich und an gefunden werden.

50 Das Holz der Schwarzerle – Eigenschaften und Verwendung

Das Holz der Schwarzerle – Eigenschaften und Verwendung DIETGER GROSSER

Allgemeine Hinweise als bis zu 0,5 mm breite, hellrötliche, unscharf begrenzte Linienzüge,auf dem Tangentialschnitt als In Deutschland bzw.Mitteleuropa kommen mit schmale dunkle,vom Praktiker als „Haare“ bezeich- der Schwarz- oder Roterle (Alnus glutinosa (L.) nete Streifen mit Längen bis zu mehreren Zentime- Gaertn.) und der Weißerle oder Grauerle (A.incana tern und auf dem Radialschnitt teils als unregelmä- (L.) Moench) zwei baumförmig wachsende Erlen- ßige rötlichbraune Flecken oder Bänder, teils als arten vor.Wenn im Holzhandel allgemein von Erlen- verwaschene Spiegel. Die Jahrringe bleiben mehr holz bzw. Erle gesprochen wird, ist bei einheimi- oder weniger unscheinbar, ihre Grenzen sind aber schen Herkünften in der RegeldasHolzder Schwarz- durch ein dichteres letztes Spätholzband recht gut erle gemeint. Das Holz der Weißerle wird in der markiert. Auf den Tangentialflächen ergibt sich Regel als geringerwertig eingestuft, ohne dass aber dadurch eine zarte,dekorative Fladerung.Die Radi- signifikante Eigenschaftsunterschiede bestehen. alflächen bleiben dagegen weitgehend gleichför- Auch besitzen Schwarzerle und Weißerle einen mig strukturiert. identischen holzanatomischen Aufbau, so dass selbst mikroskopisch eine Unterscheidung ihres Charakteristisch für Erlenholz ist das häufige Vor- Holzes nicht möglich ist. Die geringe Wertschätzung kommen von durch eine Minierfliege verursachten und zuweilen auch ablehnende Bewertung der braunen Markflecken, die auf allen Schnittrichtun- Weißerle dürfte vielmehr darauf beruhen, dass sie gen deutlich in Erscheinung treten. In Einzelfällen nur selten fehlerfreie Stämme in nutzholztauglichen sind Markflecken derartig häufig,dass sie zu einem Dimensionen erzeugt. gravierenden Holzfehler werden oder aber - wie vom Drechslerhandwerk - als eine das Holzbild belebende Strukturabweichung gesucht werden. Holzbeschreibung Die Erlen zählen zu den Splintholzbäumen bzw. Holzarten mit „verzögerter Kernholzbildung“. Das heißt, Splint- und Kernholz sind farblich nicht unter- schieden. Das Holz ist rötlichweiß, rötlichgelb bis hell rötlichbraun gefärbt. Unter Lichteinfluss dun- kelt es merklich nach. Auch das Dämpfen bewirkt eine dunklere rotbraune Färbung gegenüber der natürlichen Holzfärbung. Frisch eingeschlagene Stämme besitzen auf der Hirnfläche vorüberge- hend eine auffällige orangerote Oxidationsfärbung, die mit zunehmender Austrocknung verblasst und schließlich wieder verschwindet. Die Erlen gehören zu den zerstreutporigen Holz- arten mit weitgehend gleichmäßig über den Jahr- ring verteilten Gefäßen (Abb. 1). Die zahlreichen Gefäße sind häufig zu radialen Ketten (Vielfach- poren) gruppiert,allerdings recht fein und deshalb selbst auf sauber abgezogenen Hirnflächen ohne Lupenvergrößerung kaum erkennbar. Die nur schmalen Holzstrahlen fallen ebenfalls wenig auf und bleiben in ihrer großen Mehrzahl ohne Einfluss Abb.1: Querschnitt durch Erlenholz; Gefäße fein, auf das Holzbild. Sie sind jedoch – wie bei der Hain- gleichmäßig über die Jahrringe verteilt, Holzstrahlen in buche – häufiger zu so genannten Scheinholzstrah- typischer Bündelung zu Scheinholzstrahlen deutlich len gebündelt und als solche auf allen Schnittrich- abgegrenzt; Jahrringgrenzen durch ein dichtes Spät- tungen deutlich hervortretend:auf dem Querschnitt holzband markiert; Lupenbild – 10x

51 Das Holz der Schwarzerle – Eigenschaften und Verwendung

3 Gesamtcharakter Rohdichte (rN) in g/cm Holzarten Hellfarbiges rötlichweißes bis hell rötlichbrau- Mittelwert Grenzwerte nes,zerstreutporiges Laubholz mit zarter Fladerung; Leichtere Laubhölzer mit feinen Gefäßen und Scheinholzstrahlen; letztere Schwarzerle 0,55 0,49 – 0,64 Weide 0,35 – 0,45 – 0,56 0,29 – 0,63 die typischen so genannten Haare bildend. Schwarzpappel 0,45 0,41 - 0,56 Pappel Zitterpappel (Aspe) 0,49 0,40 - 0,60 Eigenschaften Linde 0,53 0,35 – 0,60 Die Schwarzerle liefert ein weiches Holz von Schwerere Laubhölzer gleichmäßig feiner, geradfaseriger Struktur. Mit Stieleiche 0,67 - 0,69 0,43 - 0,96 3 Buche 0,69 - 0,72 0,54 - 0,91 einer mittleren Rohdichte von 0,55 g/cm bezogen Bergahorn 0,61 - 0,63 0,53 - 0,79 auf eine Holzfeuchte von 12-15 % ist es zwischen Birke 0,65 0,51 - 0,83 leicht und mittelschwer einzustufen.Unter den ein- Nadelhölzer heimischen Nutzhölzern zählt es zu den leichteren Fichte 0,47 0,33 - 0,68 Hölzern (Tab. 1). Der relativ niedrigen Rohdichte Kiefer 0,52 0,33 - 0,89 entsprechend ist Erlenholz nur wenig fest bzw.trag- Tab 1: Rohdichte der Schwarzerle im Vergleich zu aus- fähig. Seine Elastizitäts- und Festigkeitswerte sind gewählten einheimischen Nutzhölzern; Werte nach denen der Linde vergleichbar (Tab.2). DIN 68364; GROSSER 1998; GROSSER UND ZIMMER 1998

Elastizitäts- Zugfestigkeit Druckfestig- Biegefestig- Bruchschlag- Härte nach modul aus längs keit längs keit Arbeit Brinell Holzarten Biegeversuch ␴ ZB ሻ ␴ DB ሻ ␴ BB ␻ N mm-2 E ሻ N mm-2 N mm-2 N mm-2 N mm-2 kJ/m2 längs quer Laubhölzer Schwarzerle 7.700-11.760 94 47-55 85-97 50-54 33-38 16-17 Weide 7,200 42-64 24-34 31-47 — 23-35 13-16 Schwarzpappel 8,800 77 30-35 55-56 50 30 10 Zitterpappel (Aspe) ˜7.800 75 25-40 52-60 40 20-23 11 Linde 7.400 85 44-52 90-106 50 38-40 16 Stieleiche 11.700-13.000 90-110 52-61 88-95 60-75 64 41 Buche 14.000-16.000 135 53-62 105-123 100 72 34 Bergahorn 9.400-11.400 82-144 49-58 95-112 62-65 62 27 Birke 14.000-16.500 137 43-60 120-147 85-100 49 23 Nadelhölzer Fichte 10.000-11.000 80-90 40-50 66-78 46-50 32 12 Kiefer 11.000-12.000 100-104 45-55 80-100 40-70 40 19 Tab. 2: Elastizität, Festigkeit und Härte von Schwarzerle im Vergleich zu ausgewählten einheimischen Nutzhölzern; Werte nach DIN 68364; GROSSER 1998; GROSSER UND ZIMMER 1998

Schwindmaß vom frischen bis zum Differentielles Schwind- / Quellmaß in % gedarrten Zustand bezogen auf die je 1% Holzfeuchteänderung im Bereich Holzarten Abmessungen im frischen Zustand in % von u = 5% bis u=20% ␤ ␤ ␤ ␤ l r t V radial tangential t/r Laubhölzer Schwarzerle 0,4-0,5 4,3/4,4 7,3-9,3 12,6-13,6 0,15-0,17 0,24-0,30 Ϸ1,7 Weide 0,5 2,4-3,9 6,3-6,8 9,6-11,2 0,11-0,13 0,22 Ϸ1,8 Schwarzpappel 0,3 5,2 8,3 13,8-14,3 0,13 0,31 2,4 Zitterpappel (Aspe) - 3,5 8,5 11,0-12,8 0,12 0,25 2,1 Linde 0,3 5,5 9,1 14,4-14,9 0,15-0,23 0,24-0,32 Ϸ1,5 Stieleiche 0,4 4,0-4,6 7,8-10,0 12,6-15,6 0,16 0,36 2,2 Buche 0,3 5,8 11,8 17,5-17,9 0,20 0,41 2,1 Bergahorn 0,4/0,5 3,3-4,4 8,0-8,5 11,2-12,8 0,10-0,20 0,22-0,30 Ϸ1,7 Birke 0,6 5,3 7,8-8,2 13,7-14,2 0,29 0,41 1,4 Nadelhölzer Fichte 0,3 3,6 7,8 11,9-12,0 0,19 0,39 2,1 Kiefer 0,4 4,0 7,7 12,1-12,4 0,19 0,36 1,9 Tab. 3: Schwindmaße von Schwarzerle im Vergleich zu ausgewählten einheimischen Nutzhölzern; Werte nach DIN 68100; GROSSER 1998; GROSSER UND ZIMMER 1998

52 Das Holz der Schwarzerle – Eigenschaften und Verwendung

Mit einem durchschnittlichen Volumenschwind- nur schwach reaktiv im Kontakt mit Metallen. Stark maß von 13,6 % reiht sich Erlenholz in die nur reaktiv verhält sie sich dagegen im Kontakt mit mäßig schwindenden Holzarten ein (Tab. 3). Zu- Zement,dessen Abbindung stark gestört wird. dem besitzt es nach der Austrocknung ein ausge- Bezüglich der natürlichen Dauerhaftigkeit weist zeichnetes Stehvermögen, neigt also kaum zum Erlenholz ausgesprochen widersprüchliche Eigen- „Arbeiten“.Die Trocknung selbst bereitet sowohl bei schaften auf. Der Witterung ausgesetzt,das heißt bei natürlichem als auch technischem Vorgehen keiner- ständigem Feuchtewechsel, und bei Erdkontakt lei Schwierigkeiten,da Erle weder zum Reißen noch besitzt es eine nur geringe natürliche Dauerhaftig- zum Verwerfen neigt. Zu berücksichtigen ist aller- keit. Unter Wasser verbaut zeichnet sich Erle dage- dings, dass sie leicht verstockt. Daher bedarf sie gen durch eine ungewöhnlich hohe, der Eiche nicht einer sorgfältigen Pflege. Hierzu gehören unter viel nachstehende Dauerhaftigkeit aus. Hiervon anderem Winterfällung, rascher Einschnitt sowie wurde schon in ältesten Zeiten Gebrauch gemacht, eine witterungsgeschützte Lagerung des Schnitthol- wie Grabungsfunde alter Pfahlbauten immer wie- zes in luftigen Stapeln mit Schutz der Hirnflächen der beweisen, die neben Eichenhölzern ebenso z.B. durch deckende Anstriche, Bekleben oder Erlenhölzer zu Tage fördern. Die Altstädte von Benageln. Amsterdam sowie Venedig ruhen außer auf Eichen- Zu den besonderen Vorzügen des Erlenholzes pfählen teilweise auch auf Erlenpfählen. gehört seine leichte und saubere Bearbeitbarkeit. So ist es mühelos zu sägen,zu messern und zu schä- len wie auch problemlos zu hobeln, fräsen, drech- Verwendungsbereiche seln und schnitzen. Des Weiteren ist Erle leicht zu Erlenholz wird als Rundholz,Schnittholz und in spalten. Beim Einschnitt des Rundholzes sollte Form von Furnieren gehandelt. Aufgrund seines jedoch nicht mit einem zu schnellen Vorschub gear- geringen Gewichts und seiner homogenen Struktur beitet werden,weil sonst die Oberflächen aufgeraut verbunden mit einer ausgesprochen leichten Bear- werden. Beim Hobeln ist auf sauber abgezogene beitbarkeit und einem guten Stehvermögen ist es Hobelmesser zu achten,da Messerscharten auf dem recht vielseitig einsetzbar. Zugleich ist Erle ein weichen Holz Riefen hinterlassen, die sich durch geschätztes Spezialholz für eine größere Anzahl nachträgliches Schleifen zwar beheben lassen,aber besonderer Verwendungszwecke. Nicht einsetzbar bei der Oberflächenbehandlung als Abdrücke wie- ist sie allerdings wegen ihrer nur geringen Tragfähig- der in Erscheinung treten können. Beim Nageln ist keit, Härte und Witterungsbeständigkeit im Hoch- zu berücksichtigen, dass dünnes Holz leicht ein- bau als Bau- und Konstruktionsholz sowie als Bau- reißt oder splittert. Auch ist die Nagelfestigkeit nicht tischlerholz. ganz problemlos. Gut halten dagegen Schrauben- verbindungen,besonders fest Leimverbindungen. Im Möbelbau gehört die Erle infolge der durch die Tropenholzdiskussion ausgelösten Rückbesin- Die Oberflächen lassen sich mit allen handels- nung auf einheimische Holzarten zu einer wieder- üblichen Produkten ohne nennenswerte Probleme entdeckten und nunmehr seit vielen Jahren regel- behandeln, wenn einmal davon abgesehen wird, mäßig eingesetzten Holzart. Gleichermaßen als dass sich bei Lacken auf Polyesterbasis die Filmaus- Massivholz sowie als Furnier findet sie Verwendung trocknung verzögern kann. Erle nimmt vorzüglich für Küchenmöbel (Abb. 2), Büromöbel, Wohnzim- Polituren, Lacke und Beizen/Pigment- beizen an.Aufgrund ihrer ausgezeich- neten Beizbarkeit gehört sie seit alters her zu den bevorzugten Holzarten für die Imitation verschiedener Edelhöl- zer wie Nussbaum,Kirschbaum,Maha- goni sowie in früherer Zeit auch Eben- holz. Zum chemischen Verhalten ist anzumerken,dass sich im Zusammen- hang mit Feuchtigkeit bei Kontakt mit Eisen schwache graue Reaktionsver- färbungen ergeben. Das Eisen selbst unterliegt einer schwachen Korrosion. Ansonsten ist Erle mit einem mittleren Extraktgehalt von etwa 5 % chemisch Abb.2: Kücheneinrichtung aus Erlenholz Modell „Team 7“

53 Das Holz der Schwarzerle – Eigenschaften und Verwendung

Holzsohlen und Schuhabsätze herge- stellt.Wegen ihrer früher sehr häufigen Verwendung für die Herstellung von hölzernen Schuhen oder „Holschen“ wurde die Schwarzerle in Westfalen und im Oldenburgischen Land auch „Holschenboom“ (Holzschuhbaum) genannt. Im Musikinstrumentenbau kommt ihr Holz vor allem in Form von Einbauteilen in Akkordeons zum Ein- satz. Außerdem werden aus Erle die Hälse preiswerter Gitarren, Lauten und Mandolinen gefertigt. Zu ihren speziel- len Einsatzbereichen gehört die Ver- wendung als Rähmchenholz für die Seitenteile der Innenrahmen von Bie- nenkästen,die die tragenden Elemente für den Wabenbau der Bienen bilden und denen eine hohe Maßhaltigkeit abverlangt wird. Die oberen und unte- Abb. 3: Drehregale aus Erlenholz im Designerstil; Modell: reim interline ren Rähmchenteile bestehen gewöhn- GmbH. lich aus Linde, da Erle beim Nageln leicht aufsplittert. Zu den zahlreichen mer- und Schafzimmermöbel.Selbst ausgesprochen weiteren Verwendungsbereichen des Erlenholzes anspruchsvolle Designermöbel werden aus ihr her- gehören unteren anderem Haus- und Küchenge- gestellt (Abb. 3). Außerdem zählt die Erle – und räte,Kleiderbügel,Bürsten- und Besenrücken, Stiele das seit alters her – wegen ihrer vorzüglichen Beiz- von Mal- und Kosmetikpinseln, Bleistiftfassungen, barkeit im Möbel- und Stuhlbau zu den bevorzug- Schuhleisten und Hutformen. ten Holzarten für die Imitation wertvoller Edel- hölzer wie Nussbaum, Kirschbaum und Mahagoni. Als Schälholz gehört Erle zu den bevorzugten Aus gleichem Grund wird sie auch gerne für Restau- Holzarten für Zigarrenkistchen. Aus geringwertigen rierungsarbeiten alter Möbel verwendet, sofern Qualitäten werden gerne Obstverluststeigen, Apfel- nicht eine Ergänzung mit der Originalholzart gefor- kisten und dergleichen hergestellt. Als Massivholz dert ist. Ferner liefert Erle wegen ihres ausgezeich- dient sie der Fertigung von Kästchen und Kästen neten Stehvermögens ein hochwertiges Blindholz aller Art, Etuis und – wiederum bei minderwertige- für Möbel, Türfüllungen und Innenausbauten. ren Qualitäten – von Verpackungskisten und Ein- Lange Zeit war sie auch ein gesuchtes Spezialholz wegpaletten. Außerdem werden aus Erlenholz die für die Seiten, Laufleisten und Streifenleisten von so genannten Zahnleisten gefertigt, die im Inneren Schubkästen sowie für die Anfertigung von Transportkisten der Fixierung von Maschinen- von Nähmaschinen. In Form von Leisten wird Erlenholz vor allem in der Tonmöbel- und Uhren- gehäuseindustrie, daneben aber auch in der Möbelindustrie sowie für Bilder- rahmen eingesetzt. Einen festen Platz nimmt es des weiteren in der Modell- tischlerei zur Herstellung von Gussmo- dellen ein. Aufgrund ihrer leichten, sauberen Bearbeitbarkeit wird Erle auch gerne für Spielzeuge (Abb. 4) her- genommen, z.B. für die Fertigung der Einrichtungen von Puppenstuben. Ge- schätzt ist ihr Holz ferner für Drechsler- und Schnitzarbeiten wie auch in der Holzbildhauerei. Traditionell werden aus Erle Holzschuhe einschließlich Abb.4: Bauklötze aus Erlenholz.

54 Das Holz der Schwarzerle – Eigenschaften und Verwendung und Zubehörteilen dienen. In früheren Zeiten war Literatur es wegen seines geringen Gewichts bei gleichzeitig gutem Stehvermögen vielfach in der Kofferindustrie DIN 68100: Toleranzen für Längen- und Winkelmaße in der Holzbe- und verarbeitung.Ausgabe 02.1977 anzutreffen. DIN 68364: Kennwerte von Holzarten; Festigkeit, Elasti- Wegen der beschriebenen hohen Dauerhaftig- zität,Resistenz.Ausgabe 11.79 keit unter Wasser besitzt Erlenholz beste Eignung für den Erd- und Wasserbau,wovon in früheren Zeiten GROSSER, D. (1998): Loseblattsammlung: Einheimische sehr viel mehr Gebrauch gemacht wurde als heut- Nutzhölzer. Vorkommen, Baum- und Stammform, Holz- beschreibung, Eigenschaften,Verwendung. Herausgeber: zutage, wie z.B. als Pfahlholz, für Roste, Faschinen, Holzabsatzfonds, Bonn. Centrale Marketinggesellschaft Schleusentore, Quelleneinfassungen, Brunnentrö- der deutschen Agrarwirtschaft mbH,Bonn ge, Wasserleitungen und Drainageröhren. Ebenso wurde es vielfach im Mühlen- und daneben im GROSSER,D.;ZIMMER, B. (1998): Einheimische Nutzhölzer Grubenbau eingesetzt. und ihre Verwendungsmöglichkeiten. Informationsdienst Holz. Schriftenreihe „holzbau handbuch“. Reihe 4,Teil 2, In der Holzwerkstoffindustrie wird Erle zur Her- Folge 2; Arbeitsgemeinschaft Holz e.V., Düsseldorf; Bund stellung von Spanplatten, Spanplattenformteilen Deutscher Zimmerermeister,Bonn; Entwicklungsgemein- und Faserplatten verwendet. In der heimischen schaft Holzbau in der Deutschen Gesellschaft für Holz- Spanplattenindustrie gehört sie zusammen mit Pap- forschung e.V.,München pel und Birke zu den am häufigsten den Hauptholz- arten Kiefer, Fichte und Buche beigemischten Bunt- laubhölzern. Erle eignet sich aufgrund ihres homo- genen Jahrringaufbaus ähnlich wie Rotbuche, Pappel und Birke bestens zur Herstellung von Fur- niersperrholz. Die ersten Sperrholzwerke, um 1880 in Reval (Estland) und Riga (Lettland) – damals rus- sische Provinzen – gegründet, verarbeiteten neben Birke vielfach auch Erle. Ebenso liefert Erlenholz ein ausgezeichnetes Mittellagenholz für Stab- und Stäbchensperrholz (= Tischlerplatten). Auch lässt sich aus Erle ein guter Holzschliff für die Weiter- verarbeitung zu Papier gewinnen. Ferner werden aus Erle Spezial-Holzkohlen, wie z.B. Zeichenkohle, Lötkohle und Laboratoriums- kohle hergestellt. Zu erwähnen ist schließlich ihre Verwendung für Räucherspäne.

55 Die Schwarzerle in der Hand des Schreiners

Die Schwarzerle in der Hand des Schreiners STEPHAN SCHLAUG

Erlenarten tes (mit braunem Kern) und wieder später das ungedämpfte fast weiße Buchenholz. Ebenso kann Neben der Schwarz- bzw. Roterle,die Namen lei- sich die Nachfrage nach den im Augenblick schwer ten sich zum einen von der schwarzen Borke der zu vermarktenden Braunkernerlen je nach Mode- alten Erle bzw. vom rotem Holz der frischgeschnit- erscheinung steigern. tenen Erle ab, gibt es bei uns noch die Weiß- bzw. Grauerle und die Grünerle. Die Grünerle kommt vorwiegend in den Bergen Holzstruktur und Farbton vor und ist auf Grund ihrer Wuchsform nicht als Schreinerholz gebräuchlich. Die Erle gehört zu der Gruppe der zerstreut- fein- porigen Laubhölzer. Das Schnittholz ist deshalb Die Weißerle unterscheidet sich in den physika- sehr dicht und weist eine sehr feine Struktur auf. lischen Holzeigenschaften so gut wie gar nicht von Dadurch hat die Erle eine sehr schlichte Holzzeich- der Schwarzerle, das Holz ist jedoch meistens etwas nung, die allerdings durch die Bündelung der heller als das der Schwarzerle. Da die Weißerle nur Scheinholzstrahlen oft sehr belebt wird. in unbedeutenden Mengen am Holzmarkt auf- taucht, wird sie nicht besonders sortiert und unter Während die einzelnen Holzstrahlen auf den dem Handelsname Erle bzw.Schwarzerle vermark- radialen Schnittflächen als „Spiegel“ kaum zu tet. erkennen sind, treten die Bündelungen sehr mar- kant auf und sind neben den Markflecken das In Deutschland werden jährlich 15.000 – 16.000 Erkennungsmerkmal der Schwarzerle. Somit kön- 3 m Erlenholz eingeschlagen und abgesetzt. nen mit der richtigen Holzauswahl Möbel gebaut Die Bezeichnung Walderle und Bacherle sind keine werden, die durch ihre schlichte Holzmaserung botanischen Namen,sondern sind vom Holzhandel eine besonders feine Ausstrahlung haben. geführte Begriffe, die den Standort und somit die Das Holz der Erle besitzt einen „warmen“, hell- Wuchsform des jeweiligen Erlenholzes beschreibt. rot bis braunrötlichen Farbton, der unter Sonnen- Walderle: im Verband gewachsene, weitgehend ast- licht leicht nachdunkelt. Die Holzstruktur und Fär- freie, schlanke Erle bung des Holzes kommt dem des Kirschbaumes, des Elsbeerebaumes oder des Birnbaumes sehr Flusserle: im Freistand gewachsen, grobastige, ab- nahe, so dass das preisgünstige und in großen Men- holzige Erle gen verfügbare Erlenholz oft als Ersatzholz für diese Der Schreiner bevorzugt das feinjährige, astar- edleren Hölzer eingesetzt wird. me Holz der Walderlen.

Holzfehler Holzbeschreibung Während die Scheinholzstrahlen als spezielle Die Schwarzerle ist ein Splintholzbaum mit ver- Eigenheit der Erle anerkannt sind, werden Mark- zögerter Kernholzbildung, d.h., die junge Erle be- flecken bei der Furnierherstellung als Holzfehler sitzt eine gleichmäßige Farbverteilung über den eingeordnet, da sie Texturstörungen bewirken. Im Stammquerschnitt, während die ältere Erle häufig Schnittholz bedeuten Markflecken keine Qualitäts- im Kernbereich dunkler wird. Für die meisten minderung. (Markflecken sind „Wundholzbildun- Arbeiten wird ein Holz mit einheitlicher Farbe gen“ in den verlassenen Fraßgängen der Kambium- bevorzugt. Für besondere Effekte kann man aber Minierfliegen.) den dunklen Kern gut in Szene setzen. Weitere Holzveränderungen,die für Schreinerar- Des Weiteren kann man auch beobachten, dass beiten nicht zulässig sind und herausgeschnitten sich im Möbelbau gewisse Modeerscheinungen werden müssen, sind: Krümmungen, gravierende abwechseln. So war zuerst nur gleichmäßig rötli- Faserabweichungen, Spannrückigkeit, Kernverlage- ches (gedämpftes) Buchenholz gefragt, dann bun- rung, (fakultativer dunkler Kern), Drehwuchs,

56 Die Schwarzerle in der Hand des Schreiners

Wasserreiserköpfe, Rindengallen, Verfärbungen Erlenholz bei der Verarbeitung durch Pilze,Fraßgänge von Insekten. Spanende Bearbeitung Holzeigenschaften Erlenholz lässt sich wegen seiner Feinporigkeit und mäßigen Härte problemlos bearbeiten. So Vorteile kann Erlenholz sehr einfach für die Gewinnung von Furnier gemessert und geschält werden. Gehobelt Durch sein leichtes und gleichmäßig dichtes und profiliert ergeben sich beim Erlenholz glatte, Holz ist die Erle sehr gut zu verarbeiten. Erlenholz gleichmäßige Oberflächen, die kaum der Nachbe- gehört mit seiner mittleren Rohdichte von 550 arbeitung bedürfen. In Bezug auf die Struktur und kg/m3, bei u=12–15 % Holzfeuchtigkeit zu den die Rohdichte ist die Erle mit der Linde, die als leichteren einheimischen Laubhölzern. (Vergleich: ausgezeichnetes Schnitzholz bekannt ist,vergleich- Buche 720 kg /m3). bar und lässt sich daher sehr gut mit scharfen Mes- Ein weiterer Vorteil des Erlenholzes ist sein gutes sern schnitzen und drechseln. Stehvermögen. Getrocknetes Erlenholz neigt kaum zum „ Arbeiten“ und bleibt sehr dimensionsstabil. Erlenholz lässt sich sowohl technisch als auch Verbindungen natürlich sehr gut trocknen. Es trocknet schnell und Mit den handelsüblichen Leimen (PVAC-Lei- ohne nennenswerte Trocknungsschäden. men) ist Erlenholz sehr gut zu verleimen. Auch die Einschraubfestigkeit ist vorteilhaft hervorzuheben, Nachteile während Erlenholz beim unvorgebohrten Nageln leicht splittert. Im Außenbereich verbautes Erlenholz ist wenig dauerhaft. Aufgrund der relativ niedrigen Rohdich- te und der daraus resultierenden geringen Festigkeit und Elastizität ist das Erlenholz wenig tragfähig und deshalb nur sehr bedingt für konstruktive Zwecke geeignet. Somit ist es fast ausschließlich für den Schreiner im Innenbereich im Möbelbau zu ver- wenden. Kleine Anmerkung: Vollständig unter Wasser genutztes Erlenholz kommt an die geschätzte Beständigkeit des Eichenholzes heran. So steht Abb. 2a: Eckverbindung Abb. 2b: Verwendung Venedig zur Hälfte auf Eichen-Pfählen und zur mit Schwalben und beim Küchenbau anderen Hälfte auf Erlen-Pfählen. Zinken Wichtig ist es, die Erle möglichst rasch nach dem Hieb einzuschneiden, mit schmalen Stapelleisten Reaktionen mit anderen Stoffen aufzurichten und beim Trocknen vor Witterungs- einflüssen wie Sonne und Regen zu schützen. Bei der Verarbeitung der Erle ist der Kontakt mit der Kombination aus Feuchte und Metall oder auch Schlecht gelagertes Holz neigt zum Verstocken. Zement zu vermeiden.Die Kontaktstellen verfärben sich grau bis schwarz.

Oberfläche Erlenholz kann mit verschiedensten Oberflä- chenbehandlungen aufgewertet werden. Das pro- blemlose Lackieren und Ölen der Oberfläche ver- leiht dem Holz einen seidigen, schützenden Über- zug. Mit Beizen können farbige Akzente gesetzt oder auch das Erlenholz an andere Holzarten ange- passt werden bzw. teuere Holzarten wie Mahagoni, Nussbaum, Ebenholz und Kirschbaum imitiert Abb. 1: Vom Baum zum Möbel werden.

57 Die Schwarzerle in der Hand des Schreiners

Rückblick auf die Verwendung der keit, das geringe Gewicht und gute Bearbeitbarkeit Schwarzerle voll ausspielen. So werden Türfüllungen,Unterkon- struktionen, Rahmen und Leisten gerne in Erle Die Erle wurde bis vor 25 Jahren als minderwer- ausgeführt.Profilierte Erlenleisten sind auch häufig tiges Holz angesehen und außer in ein paar Nischen- das Grundmaterial für Bilderrahmen. Hierbei nutzungen hauptsächlich als Brennholz verwendet. kommt neben den schon erwähnten Vorteilen auch Diese Nischenbereiche waren die Verpackungs- die gute Beizbarkeit des Erlenholzes hinzu. industrie,die aus hochwertigen Erlenhölzern Koffer Der Schreiner nutzt neben dem Massivholz Erle, und Zigarrenkisten und aus minderwertigen Erlen- wenn auch oft unbewusst,die Erle in Form der ver- hölzern Obstkisten und Einwegverpackungen bau- schiedenen Holzwerkstoffplatten. So wird die Erle te. Doch dann wandelte sich die Möbelmode und neben Birke und Pappel für die Herstellung von man besann sich auf die Vorteile des Erlenholzes. Spanplatten genutzt. Zu den Nadelholzarten, die Ausschlaggebend waren der warme Farbton den Hauptanteil der Späne bei der Plattenproduk- und die leichte Verarbeitbarkeit des Erlenholzes. tion bilden, werden die genannten Buntlaubhölzer Bestimmt war auch der damals noch sehr günstige bis zu 15 % zugemischt und somit die Qualität der Preis ein Kriterium, das Erlenholz als Alternative Holzwerkstoffplatten verbessert. zu den traditionellen Möbelhölzern wie Eiche, Aber auch bei der Sperrholzherstellung nutzte Kirschbaum und Ahorn anzubieten. Nachteilig man das Erlenholz für die Mittellage und auch für erwies sich, dass die Erle überwiegend nur in sehr die Deckschicht von Stab- und Stäbchenplatten. Mit schlanken Wuchsformen und somit auch in schma- der Einfuhr von günstigen ausländischen Hölzern ler Brettware vorhanden war. wie z.B.Okoume,die in großen astfreien Dimensio- Eine Firma aus Österreich war damals Vorreiter nen verfügbar sind, hat der Anteil des Erlenholzes in der Verarbeitung von Erlenholz und der Gestal- stark abgenommen. Mit dem wieder gefundenen tung von Erlenholzmöbeln. Die Erlen wurden in Umweltbewusstsein werden wieder vermehrt Erlen- schmale Bretter aufgetrennt (Breite ca. 5–6 cm) Sperrhölzer angeboten. und dann zu Platten verleimt. Um die Materialaus- Zusammenfassend ist zu sagen, dass das Erlen- beute zu erhöhen, wurden die Bretter sogar über holz für den Schreiner angenehm und vielseitig zu Hirn gestoßen und im Verband in den Platten verar- verarbeiten ist und bei dem Kunden als Möbelholz beitet. Diese mutige Holzverarbeitung verbunden sehr geschätzt ist. mit stark gerundeten Bauteilkanten, organischen Möbelformen und geölter Oberfläche kreierte ein neues Möbelkonzept, das großen Zuspruch fand. Die Erle gehört seitdem mit zu den beliebtesten Literatur Möbelhölzern. Auf Anfrage beim Verfasser Während das Erlenholz in dieser Verarbeitung Bilder: Fachschule für Schreiner, Garmisch-Parten- hauptsächlich junge und ökologisch denkende kirchen Menschen ansprach, ist es jetzt auch im Ladenbau und im modernen Innenausbau gefragt. Erlenholz wird im Möbelbau neben der sichtba- ren Verwendung gerne als Blindholz eingesetzt. Hier kann es seine Vorteile wie die gute Standfähig-

Abb. 3: Ansprechende Badezimmermöbel - aus Erlen- holz gefertigt (Möbelkatalog TEAM 7)

58 Die Schwarzerle in der Gartenkunst – Ausgewählte Beispiele aus Bayern und Franken

Die Schwarzerle in der Gartenkunst Ausgewählte Beispiele aus Bayern und Franken RAINER HERZOG

Die Schwarzerle, Alnus glutinosa, ist „seit alter Schlossgebäude errichtet. Auf dem Areal, das im Zeit in Kultur“ (KRÜSSMANN, Bd. 1, S. 139). Wann sie Osten an dieses „Neue Schloss“ angrenzte, befand Einzug in die Gärten hielt,konnte bislang nicht ein- sich ein markgräflicher Garten aus dem 16.Jahrhun- deutig geklärt werden, zumal die Erlen in der Pri- dert. Er erfuhr nun eine deutliche Erweiterung und märliteratur und in den historischen Archivalien gravierende Umgestaltung durch das Markgrafen- meist ohne Unterscheidung der Arten erwähnt wer- paar FRIEDRICH und WILHELMINE VON BAYREUTH. Der den. überaus differenzierte Plan des neuen Hofgartens geht vermutlich auf den Bayreuther Hofbaumeister ANTOINE JOSEPH DEZALLIER D’ARGENVILLE veröffent- RUDOLF HEINRICH RICHTER zurück.Er bezog die bereits lichte 1709 in Paris „La Théorie et la Pratique du 1679 aus Linden und Kastanien gepflanzte Allee der Jardinage“. Dieser Traktat enthielt nicht nur Vor- Mailbahn in den neuen Garten ein. Dazu hieß es schläge für die Gestaltung sondern auch Hinweise in einer um 1800 entstandenen „Geschichte und zur Ausführung der Gärten. 1731 erschien in Augs- Beschreibung des Neuen Schlosses und des Hofgar- burg die deutsche Übersetzung des Salzburger Hof- tens“: „bald nach Erbauung des Schloßes und Ver- gärtners FRANZ ANTON DANREITTER, der sich eng an schönerung des Gartens,wurden die Bäume,so weit den französischen Originaltext hielt. Über die Bäu- dieser leztere reichte, weggeschlagen, dafür aber an me als Hauptbestandteil der vegetabilen Ausstat- beyden Seiten ein ziemlich geräumiger Bogen-Gang tung der Gärten wurde einleitend festgestellt: „Man von allerley Laubholz angelegt, den man hernach theilet die Bäume,so in Lust Gärten gehören,gemei- anfänglich oben aushieb, u. die Wände gerade auf- niglich in zweyerley Arten, indem man die einen die wachsen ließ“ (zitiert bei HABERMANN,S.192).Da der wilden, und die andern die Wasser=Bäume nennet. Bogengang über ein Areal mit hohem Grundwasser- Die wilden Bäume werden also genennet,weil sie in stand verlief,bestand er vornehmlich aus Erlen und Wäldern und Gehöltzen wachsen, als Eichen = Weiden.Im Dezember 1793 berichtete der zuständi- Ulmen = Castanien = Buchen und andere Bäume. ge Hofgärtner AUGUST CHRISTIAN OERTEL: „Die Allee Die Wasser=Bäume, deren nicht so viel sind, haben vom Portal des Schloßes aus, nach den obern ihren Nahmen daher,weil sie gerne am Wasser sind, Garten Thor zu,besteht aus 4 Linien von Weiden und und allda besser als an einem andern Orte wachsen, Erlen,welche meistentheils alt und kernfaul,und also als Pappeln = Espen = Erlen und andere Bäume“ sehr unansehnlich sind“ (zitiert bei HABERMANN, (DANREITTER, S. 204). Über die Verwendung der S.188). Das Bayreuther Beispiel zeigt, dass Erlen „Wasserbäume“ in den Lustgärten hieß es: „An unter Berücksichtigung der Standortverhältnisse denen tieffen und morastigen Orten pflantzet man im 18.Jahrhundert tatsächlich für „schöne Gänge“ – Pappeln = Espen = Bircken = und Erlen=Bäume,wel- wie DEZALLIER D’ARGENVILLE bzw. DANREITTER schrie- che die besten sind,um dadurch eine hohe Waldung ben – verwendet wurden. und schöne Gänge zu formiren“ (DANREITTER, S. 220). Bereits 1658 hatte der Verleger CHARLES DE SERCY in einer Ergänzung zu „Remarques necessaires pour la Culture des Fleurs“ von PIERRE MORIN auch die Erle als geeignetes Gehölz für die Füllpflanzung der „Bosquets de haute fustaye“ barocker Land- hausgärten genannt (WIMMER,S.46).

Erlen im formalen Garten – das Beispiel Bayreuth In Bayreuth wurde 1753 nach dem Brand des alten Residenzschlosses ein neues Abb. 1: Hofgarten Bayreuth, Plan von 1753

59 Die Schwarzerle in der Gartenkunst – Ausgewählte Beispiele aus Bayern und Franken

Erlen im frühen Landschaftsgarten – das Beispiel Fantaisie In Fantaisie bei Bayreuth ließ sich Herzogin ELISABETH FRIEDERIKE SOPHIE VON WÜRTTEMBERG zwi- schen 1765 und 1780 einen Rokokogarten anlegen, an dessen südlicher Peripherie ein schmales, von zwei Bächen flankiertes Wiesental verlief. Hier wurden in der Manier der Zeit ländliche Schäfer- spiele inszeniert und im angrenzenden Fichten- wald ein Eremitenhäuschen errichtet. Darin deutet sich die bewusste Hinwendung zur Landschaft an vor dem Hintergrund einer gewaltigen Gartenrevo- lution: Der in England entstandene Landschafts- Abb. 2: Fantaisie, Wiesental mit Schwarzerlen garten gewann in der zweiten Hälfte des 18. Jahr- hunderts auf dem europäischen Festland zuneh- mend an Einfluss und verdrängte nach und nach Die Erle bei Friedrich den formalen französischen Garten. Ludwig von Sckell 1793 erwarb Herzogin FRIEDERIKE DOROTHEE Der bayerische Hofgarten-Intendant FRIEDRICH SOPHIE VON WÜRTTEMBERG Fantaisie und begann LUDWIG VON SCKELL (1750-1823) war der führende sofort,den Rokokogarten durch einen Landschafts- Gartenkünstler seiner Zeit. Es gelang ihm, die land- garten der sentimentalen Phase zu ergänzen. Sie schaftliche Gartenkunst in Deutschland zur klassi- bezog auch das bereits erwähnte Tal in ihren Garten schen Reife zu führen.Als SCKELLS Hauptwerke gel- ein. JOBST CHRISTOPH ERNST VON REICHE, ein Offizier in ten der Schlosspark Nymphenburg und der Engli- preußischen Diensten, veröffentlichte 1796 eine sche Garten in München.In Nymphenburg verwan- Beschreibung von Schloss und Garten Fantaisie mit delte er im Auftrag des bayerischen Königs Max I. dem Titel „Die Fantaisie [–] ein Gemählde der Natur Joseph zwischen 1801 und 1823 den formalen Gar- und der Tugend“.Darin beschrieb er wiederholt das ten aus dem 18. Jahrhundert in einen Landschaft- Tal,wobei er insbesondere die Erlen als dominante spark.Dabei ersetzte SCKELL die regelmäßigen Allee- vegetabile Bestandteile hervorhob: „Und o! wie und Achsenstrahlen, Kanäle, Wasserbecken, Beet- reitzend ist das vorliegende Thal! – Gleich einem und Heckenanlagen durch natürlich anmutende Amphitheater stellt es sich dem Auge dar, und die schlanken Erlen,welche an den Ufern des zur rechten dahin rieselnden Mühlbächleins und des zur linken über Steine dahin gleitenden Geisbachs stehen,sind desselben schöne Verzierungen“ (REICHE, S. 20). „Der Geisbach sagen die Bewohner dieses Thales, habe seinen Nahmen von den Geisböcken, die sich, weil er mit Erlenbäumen [bestanden ist,R.H.],deren Laub ein angenehmer Fraß für sie ist, an seinen Ufern gerne aufhalten“ (REICHE, S. 16, Fußnote t). An anderer Stelle schwärmte REICHE noch einmal: „In schönen Krümmungen durchrieselt dieser [Mühl- bach, R. H.], und sein Nachbar, der Geisbach sanfte das Thal; ihre Ufer beschatten laubreiche schlanke Erlen und sind die angenehmste Promenade im Abb. 3: Nymphenburg, „Pasinger Durchblick“ mit soli- Sommer.Ja! sie sind so unterhaltend, so schön, daß tärer Schwarzerle selbst die erhabene Fürstin,Dorethee [sic!] an ihnen Gestaltungselemente, wie Gehölze mit ihren natur- oft hinging und sich Ruhebänke an einen jeden haften Wuchsformen in unterschiedlicher Anord- Bogen des Baches hinsetzen ließ“ (REICHE,S.16). nung als Einzelbäume, Baumgruppen, Haine und Im Fall des Wiesentals von Fantaisie wurde allem Waldpartien, durch Wiesen mit Bodenmodellierun- Anschein nach gestalterisch kaum in den vorgefun- gen,durch Seen und Bäche mit naturgetreu geform- denen Landschaftraum und dessen natürliche ten Ufern und Inseln. Vegetation eingegriffen. 1818 veröffentlichte er seine Erfahrungen aus einem mehr als vierzigjährigen Berufsleben in dem

60 Die Schwarzerle in der Gartenkunst – Ausgewählte Beispiele aus Bayern und Franken

Lehrbuch „Beiträge zur bildenden Gartenkunst für hell wirkende, d = dunkle bzw. dunkel wirkende angehende Gartenkünstler und Gartenliebhaber“. Belaubung). Das Beispiel 28 stellt eine Pflanzen- Darin kommt SCKELLS Wertschätzung der Erle zum kombination dar,die für feuchte Standorte als natur- Ausdruck, die er im übrigen grundsätzlich „Eller“ nah anzusehen ist: “Betula Alnus,d./ Salix alba,h./ nannte.Er führte sie in der Liste der „einheimischen Prunus Padus,d.“ (SCKELL,S.311). und ausländischen Bäume und Sträucher, die man Im Beispiel 36 dagegen verbindet SCKELL die Erle bei Garten=Anlagen größtentheils anwenden kann“ als rundblättriges, dunkellaubiges Leitgehölz mit unter dem Gattungsnamen Betula auf. Zur botani- fiederblättrigen, vornehmlich hellaubigen Gehölz- schen Nomenklatur bemerkte MORITZ BALTHASAR arten, die zudem überwiegend trockene Standorte BORKHAUSEN in seinem 1800 erschienenen „Hand- bevorzugen: „Betula Alnus, d. / Robinia Pseudoaca- buch der Forstbotanik und Forsttechnologie“, das cia,h./ Sorbus aucuparia,d./ Sophora japonica,h./ mit großer Wahrscheinlichkeit bereits zur Zeit Cytisus Laburnum, d. [= Laburnum anagyroides] / SCKELLS in der Bibliothek der Hofgarten-Intendanz Robinia Caragana, h. [= Caragana arborescens] / vorhanden war: „Linné und andere, welche ihm fol- Staphylea pinnata,h./ Staphylea trifoliata,h. [= S.tri- gen, verbinden die Erlen mit den Birken; allein folia] / Zanthoxylon Clavaherculis,h. [= Z.fraxineum sowohl in der Blüte, als in der Frucht unterscheiden = Zanthoxylum americanum] / Amorpha fruticosa, sich beyde Gattungen wesentlich“ (BORKHAUSEN,S. h.“ (SCKELL,S.313 f.). 467). SCKELL jedenfalls ordnete die Erle entspre- chend ihrer maximalen Wuchshöhe in die „II.Clas- se.50 bis 70 Schuh hoch“ ein – das entspricht etwa 15 bis 20 m – und führte dort auf: Die Erle an Gewässern „Betula Alnus. Eller. SCKELL ordnete die Erle vor allem dem Wasser zu. Betula Alnus glutinosa. Klebrige. Bei der Uferbepflanzung von Seen ging er von exakt Betula Alnus incana. Weiße. beobachteten Naturerscheinungen aus, um sie dann mit künstlerischen Mitteln zu variieren und zu Betula Alnus laciniata. Eingeschnittene.“ steigern: „Bei der Auswahl jener Bäume und Sträu- (SCKELL,S.264). cher, welche zur Bepflanzung der See=Ufer dienen Einen Einblick in die differenzierte Gestaltung sollen, dürfte vorzugsweise auf jene Rücksicht ge- der Gehölzpflanzungen geben die 64 „Beispiele von nommen werden, die gerne am Wasser wachsen, Zusammenstellungen verschiedener Bäume und und die ihr Gedeihen an feuchten Stellen finden,wie Gesträuche“, die SCKELL am Ende seines Lehrbuchs die Eschen, die Ellern, die Silberbellen [= Silber- darbot. Daraus wird ersichtlich, dass er der Erle pappeln, R. H.], die Weiden, die Traubenkirschen, die besondere gestalterische Bedeutung beimaß:Allein Pappeln u. s. w. Freilich wird dieses von der Natur sieben Pflanzbeispiele – und zwar Nr.2,3,9,28,36,40 [ . . . ] nicht immer treu beobachtet; denn sie wählet und 52 – enthalten „Betula Alnus“. Die Erle wird in statt jenen,gar oft Tannen= und Birkenwälder,die sie der Anzahl der Nennungen (in Klammern) nur doch gewöhnlich an trockenen Stellen erscheinen übertroffen von Carpinus betulus (11), Fraxinus läßt. Daher kann ein ähnliches Verfahren der Kunst excelsior (9), Acer platanoides (8),Populus alba (8) nicht verarget werden,wenn sie sich gelegenheitlich und Ulmus glabra (8). Die anderen großkronigen auch ähnliche Abweichungen erlaubt“ (SCKELL,S. Gehölze mit Wuchshöhen von mehr als 15 m 156). Das Beispiel 40 stellt einen detaillierten Vor- berücksichtigte SCKELL zum Teil deutlich weniger, wie z. B. Acer pseudoplatanus (4), Aesculus hippo- castanum (3), Fagus sylvatica (1), Fagus sylvatica ‚Atropunicea’ (1), Juglans regia (2), Juglans nigra (5), Platanus occidentalis (3), Populus nigra (2), Quercus robur (2), Robinia pseudoacacia (7) und Tilia platyphyllos (5).

Aus den von SCKELL empfohlenen sieben Gehölz- zusammenstellungen mit „Betula Alnus“ stechen zwei Beispiele hervor, die die gartenkünstlerisch gewollte Vielfalt, aber auch die große Bandbreite der für die Schwarzerle möglichen Standortverhält- nisse verdeutlichen. Die Erle zeichnet sich dabei stets durch ihre dunkel wirkende Belaubung aus, Abb. 4: Nymphenburg, Seeufer mit Alnus glutinosa, worauf SCKELL ausdrücklich hinwies (h = helle bzw. Fraxinus excelsior und Salix alba

61 Die Schwarzerle in der Gartenkunst – Ausgewählte Beispiele aus Bayern und Franken

schlag für die Bepflanzung von Seeufern dar,wobei bald in Gesellschaft eine vorzüglich schöne bildliche neben der Erle als Leitgehölz der hohe Anteil an Wirkung,besonders durch ihre dunkeln Wiederschei- einheimischen wie fremdländischen Sträuchern ne hervorbringen, um so mehr, wenn diese noch, mit deutlichem Zierwert auffällt: „Betula Alnus, d. und wie es auch geschehen muß,mit den hochwach- mit den / Hohen Weidenarten,h,in kräftigen Massen senden Weiden hie und da verbunden werden.[ ...] / am Wasser aufgestellt und verbunden mit / Popu- Uebrigens aber müßen diese Pflanzungen bei Strö- lus nigra italica, h. / Spiraea opulifolia, h [= Physo- men [= Flüssen, R. H.], und besonders da (wenn es carpus opulifolius] / Cornus alba,d./ Rubus odora- die malerischen Ansichten erlauben), wo sie den tus, h. / Syringa vulgaris, d. / Berberis vulgaris, d. / Strom am wenigsten decken, wo sich die wesent- Syringa chinensis,d.“ (SCKELL,S.315). lichen Biegungen Strom einwärts zeigen,und wo sie zugleich auch als die Ursache dieser Biegungen Der Erle kam bei SCKELL auch für die Bepflan- angesehen werden können,ihre Anwendung finden. zung der Inseln eine maßgebende Rolle zu, insbe- Solche Stellen können zum öftern mit Gruppen von sondere im Zusammenwirken mit den Weiden: Silberbellen, Rüstern, Ellern, Weiden, Eschen, Hain= „Wenn in einem See mehrere Inseln bestehen, so und Rothbuchen u.s.w. besetzt werden, die aber sollte auch eine jede in einem andern Styl von Pflan- mit ganz kurzen Stämmen versehen seyn sollten, zung erscheinen; z. B. eine könnte mit den verschie- wodurch sie Kraft und Widerstand anzeigen und denen Weidenarten, mit Gruppen italienischer Pap- auch zu leisten im Stande sind“ (SCKELL,S.162). peln, der Trauerweide, und an einigen Stellen mit der dunkeln Eller, in dichten Massen verbunden, besetzt werden, die sich bald auf den hellen Silber- Die Schwarzerle und ihr farben der Weiden, oder diese umgekehrt auf den gartenhistorischer Wert dunkeln Ellern wechselseitig deutlich und malerisch auszeichnen würden. Eine zweite [Insel, R. H.] Der Garten als dreidimensionales Kunstwerk könnte lauter durchsichtige getrennte Gruppen von enthält eine Vielzahl bewusst inszenierter und beim schlanken Eschen, von Ellern, von Silberpappeln Begehen der Wege erlebbarer Räume und Bilder, und Rüstern aufnehmen“ (SCKELL,S.154 f.). die vornehmlich aus Gehölzen gebildet und von Gehölzen geprägt werden. Als gestalterisches Ele- ment trägt die Bepflanzung entscheidend zur gar- tenkünstlerischen Einmaligkeit und Unverwechsel- barkeit der jeweiligen Gartenanlage bei. Gehölze sind aber aufgrund der ihnen eigenen biologischen Entwicklung vergänglich und müssen zur Erhaltung des Gartenkunstwerks immer wieder ersetzt wer- den.Daher ist es ein wichtiges Ziel der gartendenk- malpflegerischen Arbeit, einerseits möglichst lang- fristig die ursprünglich konzipierten Bilder zu erhal- ten und andererseits bei unabwendbarem Verlust der raum- und bildprägenden Gehölze durch natür- liches Alter, Witterungsunbilden, Schädlinge oder Abb. 5: Nymphenburg, Seeufer mit Zwillingspflanzung Krankheiten Ersatz durch die gleiche Art am glei- aus Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior chen Standort zu schaffen. Im Schlosspark Nymphenburg gibt es mehrere Zur Bepflanzung von fließenden Gewässern markante Altbäume von Alnus glutinosa. Sie kön- äußerte SCKELL allgemein, die „Ströme [= Flüsse, R. nen allein schon aufgrund der natürlichen Lebens- H.] und Bäche sind gewöhnlich Erzeugungen der erwartung der Gehölzart von etwa 150 Jahren nicht Natur,die sich und ihre Ufer=Pflanzungen von selbst der Erstbepflanzung der Anlage durch FRIEDRICH rechtfertigen und entschuldigen. Ueberhaupt aber LUDWIG VON SCKELL zugerechnet werden. Dennoch sollten dergleichen Pflanzungen außerordentlich stimmt ihre gestalterische Verwendung prinzipiell lieblich, leicht und mit vieler Grazie gleichsam hin- mit SCKELL Empfehlungen in den „Beiträgen zur bil- gestreut sich zeigen“ (SCKELL, S. 163). SCKELL kon- denden Gartenkunst“ überein, wodurch noch heu- kretisierte seine Empfehlungen in Abhängigkeit von te die gartenkünstlerischen Ideen der Entstehungs- den Dimensionen der Fließgewässer: „Die schlan- zeit des Gartens nachvollzogen werden können.Die ken dunkeln Ellern finden ihre schicklichsten Stand- Schwarzerle zählt dabei zu den gartenhistorisch orte an den Ufern der Bäche, wo sie bald einzeln, bedeutsamen Gehölzen und es wäre ein gravieren-

62 Die Schwarzerle in der Gartenkunst – Ausgewählte Beispiele aus Bayern und Franken

der Einschnitt – nach dem weitgehenden Ausfall der heimischen Ulmenarten – vielleicht auch die Schwarzerle als Baum historischer Gärten, z. B. durch die weitere Ausbreitung der Erlen-Phyto- phthora,zu verlieren.

Literatur

BORKHAUSEN,M.B. (1800):Handbuch der Forstbotanik und Forsttechnologie,Gießen und Darmstadt

DEZALLIER D’ARGENVILLE, A. J. (1709): La Théorie et la Pratique du Jardinage,Paris

DANREITTER,F.A.(1731): Die Gärtnerey,sowohl in ihrer The- orie oder Betrachtung,als Praxi oder Übung,Augsburg

HABERMANN,S. (1982):Bayreuther Gartenkunst.Die Gärten der Markgrafen von Brandenburg-Culmbach im 17. und 18.Jahrhundert,Worms

HERZOG, R. (1994): Pyramidenpappel oder Pyramidenei- che? Anmerkungen zur Verwendung von Gehölzen mit säulenförmigem Habitus bei Friedrich Ludwig von Sckell, in: Erika Schmidt et al. (Hrsg.), Garten Kunst Geschichte. Festschrift für Dieter Hennebo zum 70.Geburtstag,Worms, S.67-74

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HERZOG, R. (2003): Friedrich Ludwig von Sckell und Nym- phenburg. Zur Geschichte, Gestaltung und Pflege des Schlossparks Nymphenburg,München

KRÜSSMANN,G. (1976): Handbuch der Laubgehölze in drei Bänden,2.Aufl.,Berlin und Hamburg

REICHE,J.C.E.VON (1796):„Die Fantaisie [–]ein Gemählde der Natur und der Tugend“,Bayreuth

SCKELL,F.L.VON (1818): Beiträge zur bildenden Garten- kunst,1.Aufl.,München

WIMMER,C.A. (2001):Bäume und Sträucher in historischen Gärten. Gehölzverwendung in Geschichte und Denkmal- pflege,Dresden

63 Interaktionen zwischen Erlenblattkäfern und Erle

Forstinsekten an Erle: Interaktionen zwischen Erlenblattkäfern und Erle OLAF SCHMIDT

Mit 54 phytophagen Insektenarten besitzt die besonnten Stand- Schwarzerle im Vergleich mit anderen kurzlebigen orten.Befallen wer- Baumarten mit Pioniercharakter („Weichlaubhöl- den hauptsächlich zer“) deutlich weniger Arten als z.B. die Birke (164 einzelstehende Arten) oder die Weide (218 Arten), aber fasst so viel Erlen. Im Inneren wie die Aspe (67 Arten) und mehr als die Vogel- von Erlenbruch- beere (26 Arten) (SCHMIDT 1998). Neben dem forst- wäldern ist meist lich besonders bedeutsamen Erlenwürger (Cryptor- keine Massenverm- hynchus lapathi) treten an Erlen v.a.auch auffällige ehrung dieser Art Blattkäferarten,derErzfarbeneErlenblattkäfer (Mela- zu verzeichnen, da soma aenea) und der Blaue Erlenblattkäfer (Agela- das dortige kühle, stica alni) auf.Neben Gemeinsamkeiten,z.B.fressen schattige Bestands- beide an Erlenblättern, besitzen sie aber auch klima und die Unterschiede in der Morphologie und im Auftreten. hohe Luftfeuchtig- keit diesen Blattkä- Abb. 2: Blauer Erlenblattkäfer fern nicht zusagt. (Agelastica alni) Dagegen werden Erlen an suboptimalen Standorten vergleichsweise häufiger von dieser Blattkäferart befallen als ande- re. Die Weibchen dieser Art legen Mitte bis Ende Mai ihre gelben Eier in plattenförmigen Gelegen, bestehend aus 60–70 Eiern unterseits an Erlenblät- tern meist in Bodennähe ab.Die schlüpfenden Lar- ven befressen anfangs gemeinschaftlich an der Unterseite der Erlenblätter die Epidermis. Diese auffällige Gruppenbildung bei Blattkäferlarven deutet man neuerdings als Strategie, die vorhande- Abb.1: Erzfarbener Erlenblattkäfer (Melasoma aenea); ne Nahrungsressource optimal auszunutzen, um Foto: Roland Vopper Übernutzung zu vermeiden (SCHÖLLER 1996).

Der Erzfarbene Erlenblattkäfer (Abb. 1) tritt v.a. an Erlen in direkter Gewässernähe z.B.an Bachläu- Zum Wechselspiel Erle und fen besonders gerne auf.Die Käfer schimmern und Erlenblattkäfer glänzen metallisch grün, blau oder rotgolden. Die Für durch Erlenblattkäfer befressene Erlen erge- Weibchen dieser Art legen ihre Eier an unbeschä- ben sich im Laufe der Vegetationsperiode durch die digten Erlenblättern unterseits in kleinen Grüpp- Ei- und Puppenperioden des Käfers immer wieder chen ab. Im Gegensatz zum Blauen Erlenblattkäfer gewisse Erholungszeiten. Die Erlen bilden nach befindet sich die Puppe an der Unterseite von Blät- dem Verlust von Blattmasse neue Blätter und Triebe tern mit dem Kopf abwärts hängend.Insgesamt ver- deren Zusammensetzung an Inhaltsstoffen anders läuft die Entwicklung etwas schneller als beim ist (TISCHLER 1977). Sie wirken einer weiteren Mas- Blauen Erlenblattkäfer,sodass bereits im Juni Jung- senvermehrung des Erlenblattkäfers entgegen. So käfer dieser Art an Erlen zu finden sind. Forstlich konnte bei der Grauerle (Alnus incana) nachgewie- gesehen ist der Befall von Erlen durch diese Blatt- sen werden, dass durch starken Blattfraß der Erlen- käferart zwar auffällig,aber unbedeutend. blattkäfer im Vorjahr sich Blätter entwickelten, die Sehr häufig tritt an der Schwarzerle der Blaue zu einer höheren Larvensterblichkeit und geringe- Erlenblattkäfer (Abb. 2) auf und führt ebenfalls zu rer Fruchtbarkeit bei den Erlenblattkäfern führten sehr auffälligem Blattfraß.Der Blaue Erlenblattkäfer (JEKER 1981).Dabei konnte auch nachgewiesen wer- befällt besonders Schwarzerlen an lichten und den, dass die Reaktion auf den Erzfarbenen Erlen-

64 Interaktionen zwischen Erlenblattkäfern und Erle

Erzfarbener Erlenblattkäfer Blauer Erlenblattkäfer Größe 6,5 – 8,5 mm 6 – 7 mm Farbe metallisch grün-, blau- oder rotgolden schwarzblau, dunkelblau, blauviolett Halsschild ohne gut abgesetzte Seitenwulst glatt gewölbt und deutlichem Seitensaum Fühler 1.–6. Fühlerglied mindestens zum Teil gelbbraun Fühler gänzlich schwarz Eiablage In Partien von ca. 20–30 Stück an der In Parien von ca. 60–70 Stück an der Blattunterseite Blattunterseite, bodennah Eizeit 5–10 Tage 15–18 Tage Larvenzeit ca. 15 Tage 22–24 Tage Puppe an Blattunterseite kopfabwärts frei in der Erde oder an Erdoberfläche Puppenruhe 5–8 Tage 8–11 Tage Jungkäfer Juni Juli Überwinterung ab September einzeln unter Laub, in trockener Streu ab September im Boden, auch in Astgabeln am Baum Tab. 1: Morphologie und Phänologie vom Erzfarbenen Erlenblattkäfer (Melasoma aenea L.) und dem Blauen Erlen- blattkäfer (Agelastica alni L.) im Vergleich. blattkäfer im Folgejahr sich weniger stark negativ Forstliche Bedeutung auswirkte als auf den Blauen Erlenblattkäfer. Aus wirtschaftlicher Sicht sind die Schäden des Für Schwarzerlen stellt selbst starker Befall des Erlenwürgers in Weidenkulturen wesentlich bedeut- Blauen Erlenblattkäfers meist keine tödliche Gefahr samer als die Schäden an Erlen.Allerdings kann der dar. Gefährdet können allerdings frisch gepflanzte Erlenwürger gerade in Erlenkulturen, die v.a.nach Erlen sein.Normalerweise ist es jedoch nicht nötig, den Windwürfen 1990 in Bayern an waldbaulicher die Erlenblattkäfer zu bekämpfen. Bedeutung gewonnen haben,durch seine Schäden In der obenstehenden Tabelle (Tab. 1) werden größere Bedeutung erlangen.Die Käfer bevorzugen die beiden Erlenblattkäferarten miteinander ver- für ihren Stichfraß saftreiches,junges Pflanzengewe- glichen um die Unterschiede in Morphologie und be von 1- bis 2-jährigen Trieben mit noch glatter Rin- Phänologie deutlich zu machen, da die beiden de. Für die Erle stellt dieser Stichfraß keine wesent- Arten durch ihr ähnliches Aussehen immer wieder liche Schädigung dar, dagegen kann der Käferfraß verwechselt werden. in Weidenkulturen sehr problematisch sein. Rein mechanisch lässt sich der Erlenwürger Der Erlenwürger durch die Entnahme frisch befallener Erlen be- kämpfen,die ungefähr im Juli durchgeführt werden Der Erlenwürger (Cryptorhynchus lapathi) ge- sollte.Die Käfer bevorzugen zur Eiablage 2- bis 4-jäh- hört zur Familie der Rüsselkäfer. Seine Hauptwirts- rige Erlen.DasHauptgefährdungsalterliegt zwischen pflanzen sind Erle, Pappel und Weide. Der überwie- 2 bis 10 Jahren. Der eigentliche Schaden an Erlen gend dunkle Käfer ist am Hinterleibsende auffällig entsteht durch den Fraß der Larven an diesen Jung- weiß bzw.hell gefärbt. pflanzen.Zunächst fressendie Larven plätzendunter Der Erlenwürger ist über ganz Europa und weite der Rinde, drin- Teile Asiens weit verbreitet. In Mitteleuropa hat er gen dann in den eine zweijährige Generation. Jungkäfer schlüpfen Holzkörper ein bei uns Mitte bis Ende August und führen an den und höhlen das jungen Trieben der Erlen bis Oktober/November Stämmchen von Reifefraß in Form des sogenannten Stichfraßes innen her aus. durch. Die Jungkäfer überwintern in der Bodens- Erkennbar ist der treu, in Rindenritzen und in alten Fraßgängen. Im Befall an Auswurf- folgenden Frühjahr legen die Käfer ihre Eier in der material und Aus- Zeit von Mai bis August ab.In dieser Zeit führen die bohrlöchern so- Altkäfer wiederum Stichfraß durch.Im Juni schlüp- wie an den über- fen die Larven im Stamm.Noch im ersten Larvensta- wallten Rinden- dium setzt die bis April/Mai des Folgejahres dauern- partien. de Diapause ein. Die weitere Larven- und Puppen- entwicklung wird bis Ende Juli Anfang August abge- Abb.3: Erlenwürger (Cryptor- schlossen. hynchus lapathi);

65 Interaktionen zwischen Erlenblattkäfern und Erle

Literatur TISCHLER, W. (1977): Kontinuität des Biosystems Erle (Alnus) – Erlenblattkäfer (Agelastica alni L.) Zeitschrift JEKER,TH. B. (1981): Durch Insektenfraß induzierte, für Angewandte Zoologie 64,S.69 – 92. resistenzähnliche Phänomene bei Pflanzen: Wechsel- wirkungen zwischen Grauerle, Alnus incana L. u. den Abb. 1 und 2: S.230, „Die Forstschädlinge Europas“, 2. Erlenblattkäfern Agelastica alni L.u.Melasoma aenea L. Band,PROF.DR.WOLFGANG SCHWENKE,Parey-Verlag sowie zwischen stumpfblättrigen Ampfer, Rumex obtusi- folius L. u. Ampferblattkäfer, Gastrophysa viridula Deg. Diss.ETH Zürich,Nr.6895.

PEHL, L./A.WULF (2003): Krankheiten und Schädlinge der Schwarzerle, AFZ – Der Wald, S.454– 459

SCHMIDT,O.(1998): Die Tierwelt des Weichlaubholzes, LWF aktuell Nr.15,S.14–18

SCHMIDT, O. (2003): Wehrlose Erlen? Zum Wechselspiel Erle-Erlenblattkäfer,LWF aktuell 38,S.17–18

SCHÖLLER, N. (1996): Ökologie mitteleuropäischer Blatt- käfer, Samenkäfer und Breitrüssler. Aus: Die Käfer von Vorarlberg und Lichtenstein,Bd.11,Vigl,Dornbirn,65.S.

Der Erlenzeisig Der Erlenzeisig (Carduelis spinus) ist ein kleiner, über- wiegend gelbgrün gefärbter Singvogel (vgl. Abbildung). Das Erlenzeisig-Männchen besitzt eine schwarze Kopf- platte und einen kleinen schwarzen Kinnfleck. Das Erlenzeig-Weibchen ist ober- seits ebenfalls olivgrünlich, besitzt jedoch keine schwar- ze Kopfplatte.Der Erlenzeisig ist Brutvogel von Westeuropa bis Zentralasien, fehlt aber im westlichen Frankreich, in Teilen Spaniens und in Grie- chenland. Der ganzjährig bei uns anwesende Vogel be- wohnt v. a. Nadelwälder im Mittel- und Hochgebirge. Bevorzugt bauen die heraus.In manchen Jahren erscheinen von Herbst Erlenzeisige ihre Nester hoch in Fichten.Im Winter- bis April besonders große Erlenzeisig-Trupps aus halbjahr ziehen sie auch ins Tiefland und sind dort Nord- und Nordosteuropa bei uns. v.a. an Birken und Erlen zu finden. Mit dem Neben den Erlenzeisig nutzen auch andere typischen schmalen Finkenschnabel können die Finkenarten Erlensamen als Nahrung. So Stieglitz, Zeisige sehr gut die kleinen Samen zwischen den Birkenzeisig, Zitronenfink, Girlitz, Gimpel, Kreuz- Schuppen der Erlenzäpfchen heraus holen. Die schnäbel, Buchfink und Bergfink. Der Erhalt Erlen spielen mit ihren Zäpfchen gerade im Winter unserer Erlenwälder und von Erlensäumen an eine bedeutsame Rolle für Zeisige,die aus Nordeu- Gewässern hilft auch den nordeuropäischen ropa zu uns kommen, um hier zu überwintern. Erlen- und Birkenzeisigen bei uns im Winter zu Sehr geschickt turnen die Zeisige an den Zäpfchen überleben. kopfunter herum und holen die kleinen Samen

66 Die Erle in Sage und Legende

Die Erle in Sage und Legende JACQUES ANDREAS VOLLAND

Die Erle im Volksglauben Esche und Ulme). Dies bestätigt Lucanus, 65 n.Chr. verstorbener römischer Dichter, der berichtet, dass Die Suche nach der „Erle in Sage und Legende“ die Kelten neben Eiche, Eibe, Esche und Zypresse erscheint schwierig im Informationszeitalter, wenn auch die Erle verehren. Vermutlich liegt hier ein die Suchmaschinen des world-wide-web mit den archaischer vorkeltischer Kult der Erlenverehrung Schultern zucken, wenn ganze Bibliotheken in zu Grunde. Magazinen unbegehbar werden. Wenn dazu die Gesellschaft vermeintlich aktuellen Trends nach- Keltische Kultorte werden auch bei christiani- hetzt und universalen Idolen Glauben schenkt. sierten altbayerischen Wallfahrsorten vermutet,wel- Globalisiert, vereinfacht und vergessen wird in che die Erle im Namen führen (Erlbach, Irlach, modernen Staatengemeinschaften auch die Kultur Erlach). der einzelnen Landschaften und ihrer Bewohner – Erst in der Lex salica bekommt die Erle mit einer von Folklore und Volkstümelei einmal abgesehen. symbolischen Eideshandlung eine nachweislich Das spezielle Wissen geht verloren,einen wirklichen eigene Bedeutung. Nach diesem altfränkischen Glauben gibt es kaum noch.Muss man damit nicht Recht sollten vier Erlenstäbe zerbrochen und aus- schon den Begriff des Volksglaubens – der aus der einandergeworfen werden, wenn ein Mitglied aus Vielfältigkeit der Völker lebt - in Frage stellen? der Sippe schied. Die roten Bruchstellen des Erlen- Lohnt es sich überhaupt,mit der Erle,einem unauf- holzes symbolisieren den Schmerz der Trennung fälligen Nischenbesetzer,der nun Baum des Jahres und die Verbundenheit. ist,nachzustellen? Die Suche nach der „Erle in Sage und Legende“ wird zwingend eine Reise in die Vergangenheit,die Die unheimliche Erle spätestens mit dem Untergang von „Volkskunde“ Der genaue Blick auf die Erle verdeutlicht einen und Germanenkult des Dritten Reiches ein Ende zu besonderen Status unter den Bäumen, denn wel- haben scheint. Zumal sich die Erle auch im Volks- ches Holz wird nach dem Hieb rot? Welches Holz glauben des 18.und 19.Jahrhunderts hinter bekann- scheint so nutzlos, wächst oft in sonderlichen For- teren Vertretern verbirgt... men und an abgelegenen Orten? Die Erlenbrüche befinden sich in unfruchtbaren Gegenden, nahe Spurensuche gefährlicher Moore, wo Irrlichter die Wanderer täu- schen - deren Hilferufe ungehört bleiben,bis sie der Vergil berichtet in der Aeneis von den Töchtern wankende Boden verschlingt, um sie Jahrhunderte des Helios,die ihren Bruder Phaeton überreden,des später wieder als Moorleichen freizugeben. Nach Vaters Sonnenwagen anzuspannen.Da Phaeton die germanischem Recht wurden verschiedene Verbre- Pferde nicht in der Gewalt hat,streift er die Erde und chen mit der Versenkung im Moor bestraft. Frevler entfacht einen Weltenbrand. Mit einem Blitz tötet und Grenzsteinverrücker,auch Heimatlose wurden ihn der erzürnte Zeus. Die Schwestern hingegen hier begraben. Die Seelen von Ertrunkenen, unge- beweinen den Tod des Bruders an den Ufern des Po tauften Kindern und Selbstmördern treiben in den und verwandeln sich hier in Erlen.Circe,eine späte- Mooren und Brüchen als Nebelschwaden umher. re Tochter Helios und Perses, lebt - umgeben von Diese verrufenen Orte wurden gemieden;sie galten ihren trauernden Schwestern, den Erlen - auf der lange als Aufenthaltsorte der Toten und dienen Insel Aiaia.Als Odysseus hier strandet,verzaubert sie noch im aktuellen dritten Jahrtausend den ver- seine Gefährten in Schweine, zeugt mit ihm den meintlichen Höhepunkten der (Fantasy-) Kinofilme Telegonos und schickt ihren Liebhaber zu weiteren als geeignete Kulisse.Die als unheimlich empfunde- Prüfungen in den Hades.Die Erle steht in diesen frü- ne Landschaft musste mit ihren typischen Pflanzen hen Quellen für Trauer und Trügerisches. die sagenbildende Phantasie anregen. Nach dem Glauben der keltischen Iren ent- So werden in der norddeutschen Volkssage Übel- sprang der erste Mann einer Erle, seine Gefährtin täter und böse Menschen, aber auch die dänische einer Eberesche (ähnlich dem Eddamythos mit Ellefru, in Erlen gebannt. Sie ist es, die blutet und

67 Die Erle in Sage und Legende

klagt, wenn man die Axt an den Stamm legt. Bei lebte oder auch unter ihr und den Unwägbarkeiten Tegernfelden sieht man sie bei Mondlicht gelegent- der Natur litt, fand allerlei Glaube und Zauber zur lich das Haar kämmen. Den Scheitel salbt sie mit Sicherung oder Verbesserung von Ernte und Ertrag Honig, den sie von den Blättern der Erlen streift. In Eingang in den Jahreskreis. Die Mittel basierten der Märkischen Heide gilt die Erle schlicht als ein auch oft auf dem Prinzip des Gegenzaubers; daher Baum des Teufels. Der Volksmund fasst die Scheu fand die Erle als Baum des Teufels recht häufige Ver- zusammen: wendung. „Rotes Haar und Erlenloden Noch in den 1870er Jahren trugen in Thüringen wachsen nicht auf gutem Boden“ die Bauern am Karfreitag schweigend Erlenzweige ins Haus und fertigten Kreuze und Kränze.Während der Aussaat von Weizen und Gerste wurde das Kreuz Das Kreuz Christi und des Teufels in den Mund genommen oder das Getreide durch Großmutter den Kranz gelassen, um die Vögel von der Saat zu halten.Ähnlicher Ringzauber fand im ausgehenden Die rote Farbe des Erlenholzes verbindet man in 19. Jahrhundert auch in Niederschlesien statt und Mecklenburg mit Christus:der blutende Erlöser hing wurde im bayerischen Schwaben erweitert: an Kar- an einem aus Erlenholz gezimmerten Kreuz, das freitag werden zum Füttern die Gerstenkörner in Holz und damit der Baum versinnbildlichen das einen Ring gelegt,um die Hühner vor dem Fuchs zu Böse.Die Estländer erzählen,dass sich eine Gatten- schützen.Im Voigtland wurden die benötigten Erlen- mörderin unter einer Erle verborgen habe und auch zweige immer an Karfreitag geschnitten –wiederum in Pommern begründet man die rote Farbe mit kein Zufall, denn der Karfreitag galt mit der Kreuzi- einem familiären Konflikt: der Teufel habe seine gung Christi als Unglückstag.In der Schweiz vertrieb Großmutter im Zuge eines Streits so lange mit der freitags gesteckte Erlenzweig den Mehltau. An einem Erlenknüppel geschlagen, bis diese blutete Karfreitag oder Johannistag wurden in Posen,Böh- und jener rot wurde. men und Mähren mit Erlenstecklingen die unheim- Auch in Tirol taucht die Erle als beliebter Aufent- lichen (da unterirdischen) Maulwürfe vertrieben. haltsort für das Böse auf, gleichzeitig als hervorra- Vier Zweige in jedem Eck der Scheune halfen in gender Bestandteil für Zaubereien. So hat in Ulten Hessen und Nassau gegen Mäusefraß,der letzte Ern- bei Meran ein Bursche einen Streit unter Hexen tewagen schließlich wurde mit einem Erlenwimpel beobachtet,in dessen Verlauf eine der Hexen zerris- oder Erlenast geschmückt, um die gesamte Ernte sen wurde.Als sie nach Beilegung der Auseinander- abschließend zu sichern. setzung wieder zusammengesetzt werden sollte, Für den Feldzauber war die Erle in Finnland von wurde eine fehlende Rippe (die der Bursche aufge- besonderer Wichtigkeit. Drei mit rotem Faden fangen hatte) mit Erlenholz ausgebessert.Dies wur- zusammengebundene Reiser schützten vor dem de zum Schicksal der wieder lebendigen Hexe,soll- bösen Blick; mit drei Erlenstöcken in der Hand te sie doch sofort tot umfallen, wenn sie jemand umkreiste man das Feld zur Förderung der Frucht- „örlene“ Hexe nennen würde. Dies geschah am barkeit: „Mögen die Rüben so groß werden wie nächsten Tag, als der Bauernbursch eines der diese Stümpfe“,lauteten die Zauberworte,zu denen schönsten Mädchen des Ortes ansprach... an die noch vorhandenen Baumstümpfe geklopft Hexen wussten sich die Erle für ihre Künste wurde. Mit dem Zauber „Dies säe ich für den Frost, dienstbar zu machen,etwa zum Wettermachen: Bei dies für die Raupen,dies für den Rost und den Neid“ Fischen im Allgäu lebte ein altes Weib,dass nur am versprach selbst die Erlenerde Wunder. „Eldreboschen“ rütteln musste,um ein Gewitter her- Dem zu erwartenden Schadenzauber besonders beizurufen.Den jungen Mädchen und Frauen dage- der Milchhexen wurde mit verschiedenem Stall- gen,die sich durch eine gewisse Unsolidität hervor- zauber begegnet. In Sachsen veranstaltete man in taten, hängte man im Rheingebiet und westwärts der Freinacht auf den ersten Mai – also entgegen nicht einen Maien,sondern rote,somit für sich spre- der Walpurgisnacht der Hexen – einen wahren chende Erlenzweige an die Tür ... Zauberapparat: Nachdem auf die Stalltüre mit schwarzer Kreide drei Kreuze gezeichnet waren, legte die Bäuerin auf die Schwelle eine Sichel, ein Ringzauber, Feldzauber und Beil und einen Hollunderstengel über Kreuz, dann räucherte sie den Stall mit „achterlei Holz,was nicht Stallzauber Baum heißt“ (nämlich Weide, Erle, Buche, Esche, Da bis ins 2o. Jahrhundert ein großer Teil der Eiche,Birke,Hasel und Kreuzdorn).Erst dann konn- Bevölkerung unmittelbar von der Landwirtschaft ten die Kühe übers Jahr viel Milch geben. Stallzau-

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ber fand auch in bayerischen Schwaben statt. Die nach vorn nachhause getragen, nackend vor dem Erlenzweige,mit denen an Fronleichnam Altäre und Ofen über der Aschengrube recht tüchtig zu schlagen Häuser geschmückt wurden, wurden nach dem und wenn es nicht helfe, dies noch zweimal zu Feiertag an den Stalltüren angebracht,um das Vieh wiederholen.“ Natürlich wirkte dieses Mittel mit Hil- zu verschonen.„Schneide an Karfreitag vor der Son- fe der Erle gegen die dort lebenden Hexen,die den nen Aufgang Erlenholz unberaffelt,brich einen Klotz Müttern ihre Kinder nahmen und gegen Wechsel- davon.Probat“,empfiehlt Albertus Magnus in seinen bälger austauschten. „Egyptischen Geheimnissen“,um gegen die Rinder- Aber auch der Teufel selbst leidet zumindest in krankheit zu schützen. Polen unter der Erle, da er nur die Schläge mit Prügeln aus Erlenholz spürt, sofern diese über kreuzweise Äste verfügen.Aus Zweigmissbildungen Der Zeisig und die Erle fertigte man in Sachsen „Alpruten“, die, bei Schlaf Der kleine Vogel hat seit dem Mittelalter beson- unter den Kopf gelegt, vor Hexen und schlechten dere Beschäftigung geboten, weil sein Nest sehr Träumen (Alp) schützten – und wohl auch vor dem schwer zu finden ist. Dieses sei dem direkten Blick Schlaf selbst. unsichtbar und kann nur im Wasserspiegel gesehen werden.Mit dem Blendstein im Nest mache der Zei- sig das Nest unsichtbar.Man war sich in Bayern und Erlenmedizin und Aphrodisiakum Tirol sicher, dass der Zeisig bevorzugt auf Erlen niste.Dies war wichtig zu wissen,da der Zauber des „Die müden botten unnd andere so ubel zu fuß Zeisig auf den Menschen übertragbar ist.Wenn ein seind unnd in der hitz müd worden, das sie auf jren Mensch in den Besitz des Blendsteines (Oberpfalz, füssen nicht mehr gehn mögen,sollen grün Erlenlaub Tirol, et al.) oder auch eines Eis (Brandenburg, inn die schu legen unnd darauff wandlen,das miltert Schlesien, Tirol) kommt, dann könne auch er den schmerzen, zeucht auß die hitz und alle müdig- unsichtbar werden oder sich in beliebige Gestalt keit“,empfiehlt Bock (1551) in seinem in Straßburg verwandeln. erschienenen Kräuterbuch wegen der enthaltenen Gerbsäure. Aufwendiger ist ein Mittel der Wenden im Spreewald gegen Hörfehler: der Rauch von Similia similibus curantur Erlenblättern, die auf glühende Kohlen gelegt wur- den, wird mittels Trichter ins Ohr geleitet. Noch In der Homöopathie wird Ähnliches durch Ähn- schwieriger nachvollziehbar ist eine sächsische liches geheilt. Dies gilt auch für den Teufels- und Methode gegen Warzen, bei der so viele Kerben in Hexenbaum Erle,der Hexen und Unheil vertreiben eine Erle zu schneiden hat,wie man hat und loswer- kann. In seinem tractatus polyhistoricus magico den möchte.Sind die Kerben von Borke überwach- medicus erwähnt GOCKELIUS (1717): sen,seien auch die Warzen verschwunden.Die Zau- „Wenn jemand am Charfreitag vor Sonnenaufgang berkraft der Erle bewirkte, Fieber und Sumpffieber eine Gerte oder Rute von dem Alno oder Erlen- und auf sie übertragen zu können,ebenso das Zahnweh. dem Ligustro oder Hartriegel-, Beinholz und Els- Im Allgäu ließ sich mit einem Erlenästchen,am Kar- beerenbaum abbricht und solche Zweige, zusam- freitag vor Sonnenaufgang mit einem Streich abge- mengedreht, miteinander gewickelt, geflochten oder hauen,das Blut stillen. wie eine Weiden geglecket, in die Stuben oder Kam- Als Aphrodisiakum schließlich werden die mern, Ställe und hin und wieder in dem Hause auf- Fruchtzäpfchen der Erle genutzt, etwa in Württem- henke, so sei er vor aller Hexerei und Bezauberung berg, indem neun „Erlenknöpf“ mit frischem Brot gesichert und befreit“. Dieser Brauch wird übrigens gegeben werden; oder im böhmischen Plan durch noch 1895 für Thüringen bestätigt, wo man in der ein Pulver von „Erlenbetzln“ – so wirkungsvoll nach- Walpurgisnacht Erlenzweige in Stall und Haus zum gewiesen allerdings nur bei Kühen. Schutz vor Hexen aufhängt. In Schwaben schützt selbst die Asche der Erle,in der Joppen getragen,vor Wirkung zeigt sich jedoch auch bei den Men- unheimlichen Begegnungen.Und wie der Teufel sei- schen, wie Grimm bestätigt: „nu aber bin ich auch ner Großmutter, so kam man in Estland ähnlichen ein Kerl, der was im Dorfe gilt, gewachsen wie im Unholden bei: „Ein Weib hatte ein hübsches Kind. Busch die Erl, rasch wie im Busch das Wild (nach Plötzlich magerte dieses ab und wurde zu einem Burmann)“ Oder eindeutiger Virgils ecloge „ihm,des Wechselbalg. Da rieten die Nachbarn der Mutter, Liebe so hoch mir stündlich emporwächst, als im das Kind an einem Donnerstagabend nach Sonnen- erneuten Lenz die grünende Erle sich aufschwingt“. untergang mit Ellenruten, die sie schweigend abge- brochen und unter dem linken Arm mit den Spitzen

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Flöhhatz Christmette auf einem aus neunerlei Holz - ohne jeden Eisennagel – gefertigten Schemel kniee. „Denn auch die Kammer war besprengt, Hexen sähe man dann dem Altar den Rücken und Igelschmalz daran gehängt, zukehren oder trügen Melkeimer auf dem Kopf und auch viele Erlenzweige, (Milchhexe). Der Melkschemel aus gleichem Mate- daß Trug der Flohschar man erzeige“, rial verspricht die Milch vom ganzen Dorf, und will so JOHANN FISCHART (1573) in seiner Flöhhatz. Da man das Jahr hindurch im Wald Holz stehlen,ohne die jungen Erlenzweige klebrig sind,fanden sie Ver- vom Jäger angetroffen zu werden,so solle man vor- wendung gegen Flöhe, die an den Blättern haften her in der Christnacht neunerlei Holz stehlen. In sollten. Ähnliche Ansicht vertrat schon Domherr Franken hilft allein das Beisichführen des Holzes Konrad von Mengenburg in seinem „Buch der gegen einigen Zauber, der den Wanderer unter Natur“, der ersten Naturgeschichte in deutscher freiem Himmel bedrängen könnte. Sprache: „diu erlpleter haben die art, wa man sie sträut in ain kammern, da toetend si die floech, Eher die Bedrängnis suchen schienen die Mäg- und daz ist war von den pletern, die newleich aus- de,die neunerlei Holz als Liebesorakel nutzten und geschozzen sint, wan da müezent die floech an in der Heiligen Nacht ihr Hemd vor die Kammertür hängen“. Aber auch gegen Wanzen sollten die warfen: Blätter im Elsaß wirken und gegen Erdflöhe junge „Hier sitze ich splitterfasennackigt und bloß, Stecklinge in Amberg.Die Erlen gegen Flöhe zu ver- wenn doch nur mein Liebster käme, wenden, mag einerseits wegen der zauberwehren- und würfe mir mein Hemde in den Schoß!“ den Wirkung aus dem Aberglauben entstanden Der Liebhaber müsse dann kommen, und das sein, da auch Flöhe und Wanzen als angehexte Hemd hineinwerfen. Wohl nicht nur dieses, denn Tiere galten; anderseits finden hier frühe naturwis- dieser Brauch wurde nachweislich im Coburger senschaftliche Beobachtungen und Erkenntnisse Land so ausgiebig und häufig betrieben, dass sich Anwendung. die Obrigkeit zum Einschreiten veranlasst sah. Alternativ konnte die Jungfer sich in der Weih- nachtsnacht einen Kranz aus neunerlei Holz auf Gegenzauber zur Feuersnot den Kopf setzen – um den Liebsten dann allerdings nur zu sehen.Dies wollten auch die Mädchen,die in „An Karfreitag vor Sonnenaufgang brich Erlen- der Neujahrsnacht ein Feuer aus neunerlei Holz zweige, die im vorigen Jahr gewachsen sind. Ver- machten und zwischen den Beinen in die Glut hin- wahre sie das ganze Jahr und mache Kränze daraus. ein schauten, bis ihnen der Zukünftige erschien Entsteht eine Feuersbrunst,so wirf einen davon in die (nachdem er sich ein rechtes Bild hatte machen Glut,so wird sie verlöschen.Ein Haus,worin ein sol- können, wenn man „erscheinen“ nach GRIMM inter- cher Kranz hängt, ist vor Feuersgefahr sicher.“ Diese pretiert). Anweisung galt in der Elbgegend,ähnliches in Thü- Um die genannten Wirkungen erfolgreich erzie- ringen, wo die Erlenreiser bereits in der Neujahrs- len zu können,lässt man im Chamer Raum bei der nacht geschnitten werden sollten.Wieder ist es die „Steckerlweihe“ am Karsamstag neunerlei Holz den Farbe des Holzes, die Nähe zum roten Feuer, die rechten Segen geben. einen Gegenzauber bewirken soll. Im Oberinntal werden zu Johanni während des Scheibenschla- gens brennende Erlenholzscheiben zu Tale gerollt, um Unholde und Geister zu vertreiben. Die Wünschelrute Der Glaube an die mit magischen Kräften behaf- tete Wünschelrute lässt sich in Deutschland bis weit Neunerlei Holz vor das Jahr 1000 zurückverfolgen. Heidnischen Ursprunges hat sie ihre Vorbilder im Altertum bei Aus neun Holzarten gewonnen, deren Namen Griechen (Hermes), Römern (aquileges und die nicht auf –baum enden, konnte neunerlei Holz als Brunnennymphe Tuturna) und Semiten (Moses). Räucherung,Absud oder Asche verwendet werden. Höhepunkt in Deutschland war das 16. Jahrhun- Die Erle gehört regelmäßig dazu.Fasst man die Ver- dert,als nahezu alle Bergleute,Brunnenmacher und wendungen zusammen, dann entsteht beinah ein Schatzgräber damit ausgestattet waren – auch wenn Allheilmittel, hilft es doch in Landwirtschaft, Haus Paracelsus ihre Anwendung den „unsicheren Kün- und Hof gegen nahezu jeden denkbaren Schaden - sten“ zuordnete. 1490 und um 1600 erschienen bis hin zum Ehebrecher. Lehrbücher zu Bau und Gebrauch sieben verschie- Besonders in Altbayern heißt es,könne man die dener Ruten, und 1630 machte ein französischer Hexen der Gemeinde erkennen, wenn man in der Edelmann in Böhmen die Entdeckung, dass neben

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Hasel auch Erlenzweige zum Auffinden unterirdi- wie Körper und Geist mit ungewohnter Energie scher Wasseradern verwendet werden könnten.Als vibrieren. Außenseiter, wenn sie zufällig im Erlen- im 17. Jahrhundert der französische Bauer JACQUES grund zugegen sind, wo Hellsichtige eine solche AYMAR bekannt wurde, der Mörder und Diebe zu Reise machen,müssen sich nicht wundern.Es scheint entdecken behauptete, begann man die Wünschel- wirklich ein Hexentanzplatz zu sein ...“ rute hinsichtlich Reliquienfindung, „animalischer Elektrometrie“ und feiner Atome zu untersuchen, ihr Wirken mit Himmel und Hölle zu erklären – bis Der Erlkönig heute. JOHANN GOTTFRIED HERDER übersetzte 1778 für die Die zauberhaften Kräfte der Wünschelrute wer- Stimmen der Völker die dänische Volksballade „Herr den genutzt zum Auffinden von Schätzen aller Art. Oluf“. Dieser trifft bei einem Ritt durch den nächt- Insbesondere in Bayern findet man verborgene lichen Wald eine Elfe, die Tochter des (dänischen) Marksteine, verirrtes Vieh, Seeschätze und unbe- Ellerkonge, also Elfenkönigs, den Herder allerdings kannte Wege. Die Wünschelrute dient der Wahrsa- unzutreffend mit Erlkönig übersetzt. Herr Oluf, zu gung und entfernt Feuersbrünste, informiert über Hochzeitsladungen unterwegs,verweigert sich dem Leben und Tod, Gesundheit und Krankheit selbst Verlangen der Elfe,mit ihr zu tanzen und bezahlt das entfernter Angehöriger, das Geschlecht des zu todbringende Zusammentreffen (Mensch und Elfe) erwartenden Kindes, auch der Bestätigung der noch in der selben Nacht mit seinem Leben. Die Wahrheit von Geschichten. Übersetzung weniger als Fehler, sondern vielmehr als Interpretation HERDERS anzusehen,hat sich zwar nicht durchgesetzt, ist jedoch angesichts des eroti- Blick in die Zukunft: Orakel schen Moments des Elfentanzes in Verbindung mit In der Oberpfalz blickt man mit Hilfe der Erlen- ähnlichem Symbolgehalt der Erle in der Volkskunde blätter in die Zukunft: Güte und Umfang der Kraut- nicht von der Hand zu weisen. ernte werden anhand des Zustandes und der Vita- Zumal diese Übersetzung und Zusammenstel- lität junger Erlenblätter bestimmt,ein grundsätzlich lung HERDERS so treffend und stimmig schien, dass schlechtes Jahr kündigen schwach belaubte Erlen- sie auch „hernach Göthen verführte“ (GRIMM 186o), stauden an. Genau anders herum in Mecklenburg. was wohl der richtige Ausdruck ist. „Ellernholz voll Knöpfe bringt volle Töpfe“.Im Voigtland wird die beste Saatzeit bestimmt: JOHANN WOLFGANG VON GOETHE schreibt in seiner „Wenn die Erlen spitzen wie die Mauseohren, säe Ballade vom Erlkönig das Geschehen völlig um. Gerste; wenn ihre Triebe sind wie die Sauohren, ist Nun reitet ein Vater mit seinem Kind,das die Gestal- es zu spät“. ten des Erlkönigs und seiner Töchter sieht,Stimmen hört. Die Angst überträgt sich schließlich auf den Sinkt in Finnland ein ins Wasser geworfenes Vater,der das Heil in der schnellen Flucht sucht.Zu Erlenreis auf den Grund,ist Gerste zu säen.Je nach spät erkennt der Vater die eigentliche Bedrohung Ausschlag der weiblichen Blütenstände ist in Est- durch den Erlkönig,die Berührung des Knaben und land Gerste zu säen, Roggen dagegen mit den den folgenden Tod. männlichen Kätzchen. Erste und letzte Strophe der Ballade führt ein Erzähler, die mittleren fünf laufen in abwechseln- Hexenmedizin in der Moderne den Dialogen in stetig steigendem Sprachtempo von der vertrauten Situation Vater-Sohn hin zur pani- Zu den Eingangsbemerkungen zurückkom- schen Aufregung beider in der vorletzten Strophe mend, finden sich auch in unserer modernen Welt mit dem Tod des Sohnes. Dem Vater grausets,er Hinweise auf die Erle und ihre Zauberkraft. Dies beginnt zu zweifeln und ist offenbar von der Magie lässt sich mit der Hinwendung zu Esoterik und der Natur,von den Kräften einer unsichtbaren Welt Mystik erklären.Allerdings werden allgemein ledig- bezwungen. Der Leser verfolgt die Lust des Elfen- lich Ausschnitte alten Wissens und Volksglaubens greises, der den Sohn mit seiner Liebe martert. mediengerecht und verkaufstauglich zusammenge- (Noch heute bietet der Stoff Interpretationsfülle,wie setzt, um zu einer entsprechenden Stimmung zu eine aktuelle kultur-kriminalistische Studie über das führen. „... überall rumpelt und pumpelt es; Gnome, Erlkönig-Syndrom beweisen will.) Moosmännlein und Wassergeister, die ständig ihre Gestalt ändern, gelegentlich auch ein blinkendes Letztlich enden Ballade und Interpretationen in Irrlicht, zeigen sich dem Besucher. Wenn man aus der Erkenntnis der Willkür,die man nur Geisterfrei- diesen Gründen wieder auftaucht, merkt man (...), heit und menschlicher Angst zutrauen möchte und

71 Die Erle in Sage und Legende kann.Die dem Sohn das Leben nimmt.In der unbe- Literatur kannte Mächte über Leib und Leben eines wehrlo- sen Menschen verfügen. BÄCHTOLD-STÄUBLI, H., Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens,Berlin und Leipzig,1927

DEICHERT, H., Wissenschaftliche und volkstümliche Heil- Schubert und andere kunde,Hannover,1909 DIEPGEN,PAUL,Deutsche Volksmedizin,Stuttgart,1934 Die Ballade vom Erlkönig verfasste JOHANN WOLF- GANG VON GOETHE 1782 als Lied für das Singspiel „Die GOETHE,JOHANN W.,Hamburger Ausgabe (E.Trunz),1981 Fischerin“.Die Vertonung der Ballade war beabsich- GRIMM,J.U.W.,Deutsches Wörterbuch,Leipzig,1860 tigt,Versmaß und Rhythmik entsprechend gewählt. Für die psychologische Spannung, die sich bereits HOEFLER,MAX,Altgermanische Heilkunde,1902 im Text ergibt,bietet die Musik enorme Umsetzungs- NEUBURGER-PAGEL,Handbuch der Geschichte der Medizin, möglichkeiten.Auf Komponisten wirkte dies wie ein 1902

Magnet, sodass letztlich mindestens 131 Vertonun- HERDER,JOHANN G.,Volkslieder,Übertragungen,Dichtungen gen erfolgten.Bekannteste und gedrängteste Versio- Frankfurt,1990 nen bieten sicher GOETHES Zeitgenossen CARL LOEWE HOVORKA/KRONFELD,Vergleichende Volksmedizin 1/2,Stutt- (Erlkönig, opus 1 no 3; 1822) und FRANZ SCHUBERT gart,1908 (Erlkönig, opus 1, 1815-21). Letztere kommentierte Goethe: „... so vorgetragen gestaltet sich das Ganze INGENSIEP,HANS, Geschichte der Pflanzenseele, Stuttgart, zu einem sichtbaren Bild“. 2001 KERLER,D.H.,Die Patronate der Heiligen,Ulm,19o5

MANNHARDT,W.,Wald- und Feldkulte der Germanen,Berlin, Resumee 1905

Die Erle hat einen festen Platz in Sage und MARZELL,HEINRICH,Bayerische Volksbotanik,1968 Legende der verschiedensten Landschaften.Wegen MARZELL,HEINRICH,Bäume in der Volkskunde,1995 ihres Vorkommens an verrufenen und unheim- lichen Orten, Erlenbrüchen,Sümpfen und Mooren, MARZELL,HEINRICH,Pflanzen im deutschen Volksleben,1925 aber auch wegen des rot färbenden Holzes,werden Marzell,Heinrich,Volksmedizin,1934 ihr viele negative Wirkungen zugeschrieben.Gerade daher gewinnt die Erle mit dem im Volksglauben MARZELL,HEINRICH,Zauberpflanzen,Hexentränke,1963 üblichen Mittel des Gegenzaubers umfangreiche PREßLER,WILHELM,Handbuch der deutschen Volkskunde Bedeutung. Dabei finden viele der genannten RICHTER,MARITA,Das Erlkönig-Syndrom,Aachen 1998 Verwendungen ausschließlich mit der Erle statt. GOETHE baut in seinem „Erlkönig“ dichte psycholo- STORL ET AL.,Hexenmedizin,2002 gische Spannung um die Magie der Natur und die SCHMELLER,A.,Bayerisches Wörterbuch,1863 Freiheit der Geister auf. Dies bildet in Literatur und Musik die Ausgangslage für umfangreiches Schaf- VULPIUS, C.A., Handwörterbuch der Mythologie, 1826; fen und Wirken bis in die Gegenwart.In der aktuel- Geschichte der okkultischen Forschung,Pfullingen,1902 len Welle um Esotherik und Mythologie hat die Erle LOEWE,CARL,Goethe Lieder,pavane records,2000 weniger wegen des alten Wissens um ihre Wirkun- SCHUBERT,FRANZ, Goethe Lieder,pavane records, 2000; Die gen, sondern vielmehr wegen ihrer eher abgelege- schöne Müllerin,Vier Lieder,Phillips classics,1974 nen und „unheimlichen“ Standorte in den (Erlen- )Brüchen an Bedeutung gewonnen.Die besondere Wirkung als Gegenzauber hat der Erle im Volksglau- ben Jahrhunderte lang einen festen Platz erhalten. Mit den Veränderungen in Landwirtschaft und Gesellschaft sind Gebräuche und Wissen bereits heute nahezu vergessen - und die Erle wird ihre Kraft und ihre Geheimnisse in stillen Brüchen und Mooren bewahren.

72 Zusammenfassung

Zusammenfassung

Die Schwarzerle wurde für das Jahr 2003 zum NORBERT LAGONI berichtet über die Schwarzerle Baum des Jahres gewählt.In der natürlichen Verbrei- in der Volksheilkunde und Pharmazie. Traditionell tung prägt sie das Bild der nassen Grundwasser- werden Erlenrinde und –blätter zur Bereitung natür- böden entlang von Flüssen und an Ufern von licher Heilmittel verwendet. Herausragend ist der Bächen und Seen.Auf torfigem Substrat bildet sich hohe Gerbstoffgehalt der Rinde. Heute steht die Reinbestände in Bruchwäldern.Sie besiedelt somit äußerliche Anwendung bei Haut- und Schleimhaut- Lebensräume,die durch Veränderungen besonders erkrankungen im Vordergrund naturheilkundlicher stark bedroht sind und daher zum großen Teil durch Behandlung. das Bayerische Naturschutzgesetz und als Lebens- Die waldwachstumskundliche Charakterisie- räume der FFH-Richtlinie geschützt sind. rung der Schwarzerle übernahm HEINZ UTSCHIG.Das Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forst- Ziel,im Alter von 80 Jahren Schwarzerlen mit einem wirtschaft richtete mit der Schutzgemeinschaft Brusthöhendurchmesser von 45 cm zu erziehen, Deutscher Wald – Landesverband Bayern – in Rott kann auf mittlerem Standort nur bei intensiver För- am Inn eine Fachtagung zum Baum des Jahres aus. derung von früher Jugend an erreicht werden. Die In bewährter Tradition wurden in Vorträgen ver- Baumart benötigt für hohe Zuwachsleistungen eine schiedenste Aspekte zur Schwarzerle beleuchtet gut ausgebaute Krone. Die extrem rasche Jugend- und hier zusammengefasst. entwicklung zwingt zu einer sehr raschen Vorge- hensweise, um die anfänglich hohen Durchmesser- In seinen dendrologischen Anmerkungen zur und Höhenzuwächse auszunutzen. Die Schwarz- Schwarzerle gibt GREGOR AAS einen Überblick der erle ist auf schwierigen Grundmoränenstandorten systematischen Besonderheiten dieses Birkenge- eine gute Alternative zu labilen Fichtenbestockun- wächses. Die Pionierbaumart zeichnet sich durch gen. Es können wertvolle Bestände in kurzer hohen Lichtbedarf, rasches Jugendwachstum und Umtriebszeit erzogen werden. eine Lebenserwartung bis 120 Jahre aus. Keine Baumart toleriert mehr stagnierende Nässe,was auf Waldbauliche Konzepte zur Pflege der Schwar- ihr sauerstoffleitendes Wurzelsystem zurückzufüh- zerle vermittelte THOMAS IMMLER Das Produktionsziel ren ist.Eine weitere Besonderheit ist ihre Fähigkeit, ist Wertholz statt C-Holz. Die Schwarzerle setzt in Symbiose mit Bakterien aus der Gruppe der wegen ihres rasanten Wachstumsverlaufs eine Actinomyceten Luftstickstoff zu binden. schmale Bandbreite des zeitlichen Handlungsspiel- raumes. Ein frühzeitig eintretender Falschkern ver- Die Rolle der Schwarzerle in den heimischen ringert den Wert beträchtlich. Hochrentabel sind Waldgesellschaften stellen JÖRG EWALD und HELGE Stärken von L4 bis L5a.Um dieses Ziel zu erreichen, WALENTOWSKI vor.Ihr heutiges Areal reicht vom medi- müssen bereits im Alter 10-20 Jahre rd.300 Auslese- terranen Hartlaubgebiet bis in die boreale Nadel- bäume gefördert werden.Anschließend wird durch waldzone und in die kontinentalen Steppen- und kräftige Umlichtung auf Dimension durchforstet, Wüstengebiete. Ihre Höhenverbreitung geht am um dann ab einer Oberhöhe von 20 m die Auslese- Nördlichen Alpenrand bis 1050 m.Die Schwarzerle bäume voll zu umlichten. bildet Waldbestände auf nassen oder häufig über- fluteten Standorten in den Waldgesellschaften des Roterlenpopulationen zeigen nach RANDOLF Erlen-Bachauenwaldes, des Erlen-Sumpfwaldes SCHIRMER eine ausgeprägte genetische Variation zwi- und des Erlen-Bruchwaldes.Sie hat mittlere Ansprü- schen Herkünften und innerhalb von Populationen. che an die Basen- und Nährstoffversorgung und Die genetische Beschaffenheit von Erntebeständen hohe Ansprüche an Bodenfeuchte und Sommer- ist äußerst wichtig z.B. hinsichtlich der Stammfor- wärme. Einige Merkmalssyndrome wie eine rasche men.Der Verbreitungs- und somit Ernteschwerpunkt Keimung auf Rohboden,Verbissresistenz und vege- liegt in den Bruchwäldern Nordostdeutschlands. tative Regenerationsfähigkeit sind womöglich An- Das Saatgut unterliegt grundsätzlich den Bestim- passungen zur Regulierung zoogener Stress-Fakto- mungen des Forstvermehrungsguts.Erlen fruktifizie- ren. ren regelmäßig, jedoch finden häufig nur Spreng- und Teilmasten statt.

73 Zusammenfassung

THOMAS JUNG weist darauf hin, dass die Phyto- gemessert und geschält werden.Wie Linde lässt es phthora-Wurzelhalsfäule der Erlen in Bayern seit sich gut schnitzen und drechseln. Auch ist es sehr 1995 beobachtet wird. Entlang von Flussläufen wie gut zu verleimen. Lackieren und Ölen verleihen auch in flussfernen Pflanzungen kommt es zu dem Holz einen seidigen,schützenden Überzug.Mit Krankheits- und häufig auch Absterbeerscheinun- Beizen lassen sich farbige Akzente setzen. gen. Ursache der Rindennekrosen ist eine bislang Ein neues Thema eröffnete RAINER HERZOG mit unbekannte Phytophthora-Art. Eine landesweite der Schwarzerle in der Gartenkunst.Die Baumart ist Schaderhebung ergab ein Befallsprozent von fast „seit alter Zeit in Kultur“.Wann sie Einzug in die Gär- einem Drittel aller untersuchten Bestände. Zum ten hielt,konnte bislang nicht eindeutig geklärt wer- Großteil handelt es sich dabei um Wiederauffor- den, zumal die Erlen in der Primärliteratur und in stungen von Sturmwurfflächen aus dem Winter den historischen Archivalien meist ohne Unter- 1990 sowie um Erstaufforstungen. scheidung der Arten erwähnt werden. Im 18. Jahr- Mit der Welt der Pilze beschäftigen sich MARKUS hundert wird von ihrem Vorkommen beim neuen BLASCHKE und WOLFGANG HELFER.Die Schwarzerle hat Residenzschloss in Bayreuth und in der nahegele- ein enges Verhältnis zu einigen Mykorrhizapilzar- genen Fantaisie berichtet. Besondere Wertschät- ten. So erbrachten Untersuchungen in bayerischen zung erfuhr die Baumart beim bayerischen Hofgar- Naturwaldreservaten 15 an die Schwarzerle gebun- ten-Intendanten Friedrich Ludwig Sckell.Er maß ihr dene Mykorrhizapilzarten,aber auch 92 Holzzerset- besondere gestalterische Bedeutung vor allem am zer.Im naturbelassenen Erlenwald ist der Anteil lie- Wasser zu. genden Totholzes von besonderer Bedeutung. Pilz- Die Ausführungen von JAQUES ANDREAS VOLLAND krankheiten treten sowohl an Blättern wie auch im zur Erle in Sage und Legende der verschiedensten Ast- und Stammbereich auf. Landschaften beendeten die Vortragsreihe. Wegen Schwarzerlen haben laut PETER JÜRGING in der ihres Vorkommens an verrufenen und unheim- Ingenieurbiologie schon immer eine wichtige Rolle lichen Orten, Erlenbrüchen,Sümpfen und Mooren, für die Wasserwirtschaft gespielt,sei es bei der Ufer- aber auch wegen des rot färbenden Holzes,werden befestigung, bei der Regelung des Bodenwasser- ihr viele negative Wirkungen zugeschrieben.Gerade haushaltes oder als Pionier. Besonders hervorzuhe- daher gewinnt sie mit dem im Volksglauben übli- ben ist ihr Einfluss auf die Wasserqualität. Gehölz- chen Mittel des Gegenzaubers umfangreiche Be- streifen entlang der Gewässer wirken als Puffer und deutung.Dabei finden viele der genannten Verwen- Filter gegen Stoffeinträge aus angrenzenden Nutz- dungen ausschließlich mit der Erle statt. Goethe flächen. Außerdem tragen sie zur Vernetzung der baut in seinem „Erlkönig“ dichte psychologische Lebensräume bei. Mit Erlen bestandene Fließge- Spannung um die Magie der Natur und die Freiheit wässer sind in unseren meist geometrisch angeleg- der Geister auf.Dies bildet in Literatur und Musik die ten Produktionsflächen eine optische Bereiche- Ausgangslage für umfangreiches Schaffen und Wir- rung. ken bis in die Gegenwart.In der aktuellen Welle um Esoterik und Mythologie hat die Erle an Bedeutung Nach DIETER GROSSER zählt die zerstreutporige gewonnen. Mit den Veränderungen in Landwirt- Schwarzerle zu den Splintholzbäumen. Das leichte schaft und Gesellschaft sind Gebräuche und Wissen bis mittelschwere Holz ist weich,von feiner Struktur bereits heute nahezu vergessen. und nur wenig tragfähig.Es ist leicht und sauber zu bearbeiten. Im Wasserbau ist die Dauerhaftigkeit sehr hoch, nicht jedoch, wenn das Holz der Witte- rung ausgesetzt ist.Es wird als Rundholz,Schnittholz und in Form von Furnieren gehandelt.Im Möbelbau wurde es wieder entdeckt als Massivholz wie als Furnier und Blindholz.Nicht selten dient es der Imi- tation von wertvollen Edelhölzern.Traditionell wer- den Holzschuhe hergestellt. Über die Schwarzerle in der Hand des Schrei- ners berichtet STEPHAN SCHLAUG In Deutschland wer- den jährlich rund 15.000 Festmeter Erlenholz einge- schlagen und abgesetzt. Bis von 25 Jahren wurde die Schwarzerle als minderwertiges Holz angese- hen. Dabei lässt sich das Holz problemlos bearbei- ten und kann so für die Gewinnung von Furnier

74 Summary

Summary

Red was elected the tree of the year 2003. preparation of natural medicines.The high content It naturally grows on wet ground water soils along of tanning agents of the bark is outstanding.Today rivers and the shores of creeks and lakes,where it is the external use in the case of illnesses of the skin a typical part of the landscape.It forms pure stands and mucous membrane are common in alternative on peaty substrates in swamp forests.Red alder thus treatments. grows in habitats which are particularly threatened HEINZ UTSCHIG took over the characterization of by changes and which are therefore for the most red alder in the view of forest yield science.The aim part protected by the Bavarian Nature Conservation to obtain a diameter at breast hight of 45 cm at the Law and as habitats of the FFH directive. age of 80 on medium sites can only be achieved The Bayerische Landesanstalt für Wald und when the trees are supported intensively,beginning Forstwirtschaft (Bavarian State Institute of Forestry) from early juvenile stages.Red alder requires a well and the Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (Com- developped crown for high increments. Due to the munity for the Protection of the German Forest) – extremely rapid juvenile growth, a very quick pro- Association Bavaria – carried out a symposium ceeding is required in order to make use of the regarding the tree of the year in Rott am Inn.Accord- increments in diameter and height, which are very ing to the established tradition lectures were held high in the beginning.On difficult ground moraines on the various aspects of red alder.They are summa- red alder is a good alternative to unstable fir stock- rized in the following. ings. Precious stands can be raised in a short ro- tation period. GREGOR AAS looks at red alder from a dendrologi- cal point of view.He presents a survey of the syste- THOMAS IMMLER explained silvicultural concepts matic particularities of this relative of birch. The for tending red alder.The production goal is high- pioneer tree species is characterized by a high light quality wood instead of C wood. The time for the requirement,rapid juvenile growth and a maximum procedures is limited as a result of the rapid growth age of 120.No other tree species can tolerate poorer of red alder.A false heartwood occuring early redu- drainage conditions, which is a result of its oxygen ces the value of the wood considerably.Classes L4 conducting root system.A further particularity is its to L5a are highly profitable. In order to achieve the capability to fix atmospheric nitrogen in symbiosis goal, approximately 300 selected trees have to be with bacteria of the group of actinomycetes. supported already at the age of 10-20 years. Then the stand is thinned heavily for dimension by setting JÖRG EWALD and HELGE WALENTOWSKI I explain the free the selected trees.Starting from a top height of role of red alder in the native forest communities.Its 20 m the selected trees are set free completely. present range extends from the mediterranean sclerophyll woodland to the boreal coniferous According to RANDOLF SCHIRMER red alder popu- forest zone and the continental prairie and desert lations exhibit a distinctive genetic variation bet- areas.Red alder grows on elevations below 1050 m ween provenances and within populations. The on the northern edge of the Alps.It forms stands on genetic property of harvest stands is extremely wet or frequently flooded sites in the forest commu- important, e.g. in view of the type of the stems. nities of the alder creek lowland forest and the alder The main area of distribution and thus harvesting is swamp forest. Its requirements regarding base and in the swamp forests in north-eastern Germany. nutrient supply are medium,but high regarding soil The seeds are generally subject to the regulations moisture and summer warmth.Some characteristics for forestry seeds. fructify regularly,but often such as a quick germination on raw soil,resistance there are only partial masts. to browsing and the capability to vegetative regene- THOMAS JUNG points out that the phytophthora ration may be adaptations for the regulation of zoo- root collar decay of the alders in Bavaria has been gene stress factors. observed since 1995.Along rivers as well as in plan- NORBERT LAGONI talks about red alder in traditio- tations away from rivers illnesses occur and trees nal medicine and pharmacy. The bark and the die. The cause of bark necroses is a species of leaves of the alder are traditionally used for the phytophthora which has been unknown so far. A

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nation-wide investigation showed that almost one species in primary literature and in historic archi- third of all stands investigated were infested. The ves. In the 18th century red alder is reported to majority of the stands were reforestations of areas occur at the new Residenzschloss in Bayreuth and affected by the storm in the winter of 1990 as well as in the near Fantaisie. Red alder was particularly afforestations. appreciated by Friedrich Ludwig Sckell, the Bavari- an Hofgarten director. Particularly in connection MARKUS BLASCHKE and WOLFGANG HELFERare deal- with water he considered it to be of high artistic ing with the world of the mushrooms.Red alder has importance. a close relationship with some species of mykor- rhiza. Investigations carried out in Bavarian natural The course of lectures was ended by JAQUES forest reserves showed 15 species of mykorrhiza ANDREAS VOLLAND who talked about alder in myths bound to red alder,but also 92 wood decomposers. and legends of various landscapes.Due to its occu- In a natural alder forest the proportion of fallen rance at infamous and eerie places, alder swamps, dead wood is particularly important. Fungal infec- bogs and fens, but also due to the red colouring tions occur in the leaves as well as in the branches wood,many negative effects are attributed to alder. and stems. This is exactly the reason why it is extremely impor- tant in connection with the means of counter-spells According to PETER JÜRGING red alders have which were common in popular belief. Many always played an important role in ingeneering bio- methods exclusively use alder.Goethe builds up an logy for water management, in shoreline stabilisa- intense psychological tension about the magic of tion, the regulation of the ground water balance or nature and the liberty of the spirits in his “Erlkönig”. as a pioneer.Its impact on the water quality is to be This is the basis of extensive works in literature and emphasised. Strips of wood along the waterbodies music. In the pesent trend towards esoteric and serve as buffer and filter against substances from mythology,alder has gained importance. As a result adjacent agricultural areas.Furthmore,they help to of the changes in agriculture and society the link up the habitats.Waterbodies lined with alders customs and the knowledge have nearly been for- are an optical enrichment within the production gotten already today. areas which are mostly designed geometrically.

According to DIETER GROSSER the diffus-porous red alder belongs to the sap-wood trees.The light to medium light wood is soft,finely structured and not very load resistant. It can be worked easily and exactly. In hydraulic engineering the durability is very high,but this is not the case if the wood is expo- sed to the weather.It is traded in the form of round timber, sawn timber and veneer. In furniture con- struction it was redescovered as solid wood as well as veneer and blind wood. Frequently it serves as imitation of precious high-grade wood.Traditionally wooden shoes are manufactured.

STEPHAN SCHLAUG reports about red alder in the hand of the carpenter and joiner.In Germany appro- ximately 15.000 cubic meters (solid volume) are harvested and sold yearly. Until 25 years ago red alder was considered as wood of poor quality.But the wood can be worked without any problems and can thus be preturned. Like basswood it can easily be carved and shaped.Furthermore,it is suitable for sizing. Varnishing and greasing give a silken and protective coating to the wood. Colourful accents can be set by pickling.

RAINER HERZOG opened a new subject with red alder in garden art. The tree has been used in gardens since ancient times. It is still not known when red alder entered the gardens since alders are mostly mentioned without any distinction of the

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Anschriften der Autoren

DR.GREGOR AAS,Ökologisch-Botanischer Garten DR.NORBERT LAGONI, c/o Robugen GmbH der Universität Bayreuth, Postfach 10 03 36,73703 Esslingen, Universitätsgelände,95440 Bayreuth, Falkenhorstweg 4,81476 München, Tel.:0921/5529-60, Tel.:0711/366016, e-mail: [email protected] e-mail: [email protected]

MARKUS BLASCHKE,Bayer.Landesanstalt für Wald RANDOLF SCHIRMER,Bayerisches Amt für forstliche und Forstwirtschaft, Saat- und Pflanzenzucht (ASP), Am Hochanger 11,85354 Freising, Forstamtsplatz 1,83317 Teisendorf, Tel.:08161/71-4935, Tel.:08666/9883, e-mail: [email protected] e-mail: [email protected]

PROF.DR.JÖRG EWALD,Fachhochschule Weihen- STEFAN SCHLAUG,Fachschule des Bezirks Ober- stephan Fachbereich Wald und Forstwirtschaft, bayern für Schreiner und Holzbildhauer mit Am Hochanger 5,86356 Freising, Fachakademie für Holzgestaltung, Tel.:08161/71-5909, Hauptstr.70,82467 Garmisch-Partenkirchen, e-mail: [email protected] Tel.:08821-95 92-0, e-mail: [email protected] DR.DIETGER GROSSER,Institut für Holzforschung der Technischen Universität München, OLAF SCHMIDT,Bayer.Landesanstalt für Wald Winzererstr.45,80797 München, und Forstwirtschaft, Tel.:089/2180-6431, Am Hochanger 11,85354 Freising, e-mail: [email protected] Tel.:08161/71-4881, e-mail: [email protected] RAINER HERZOG,Bayer.Verwaltung der Schlösser, Gärten und Seen, DR.HEINZ UTSCHIG,Lehrstuhl für Schloß Nymphenburg,80638 München, Waldwachstumskunde, Tel.:089/17908-502, Am Hochanger 13,85354 Freising, e-mail: [email protected] Tel.:08161/71-4712, e-mail: [email protected] THOMAS IMMLER,Forstdirektion Oberbayern- Schwaben, JACQUES ANDREAS VOLLAND, Fronhof 12,86152 Augsburg, Barbier Str.6,81375 München, Tel.:0 821/327-3415, Tel.:089/586739, e-mail: [email protected] e-mail: [email protected]

DR.THOMAS JUNG,Bayer.Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, Am Hochanger 11,85354 Freising, Tel.:08161/71-4804, e-mail: [email protected]

DR.PETER JÜRGING,RD a.D.(vormals Bayer. Landesamt für Wasserwirtschaft), Adolf-Kolping-Str.1,85435 Erding, Tel.:08122/892466, e-mail: [email protected]

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