Nr. 70 2/2007

Mitteilungen des Arbeitskreis Sternfreunde Lubeck¨ e.V. Schwache Leuchtende Nachtwolken am 11. Juni 2007 zwischen 22:05 und 22:10 UT. Aufgenommen von Felicitas Rose auf Kodak Elitechrome 100 ExtraColour, Brennweite 50 mm, Belichtungszeit 12 Sekunden.

Titelbild

Ganze 32 Stunden alt ist die Mondsi- Eine derart junge Mondsichel ist haufig¨ chel, die Rudiger¨ Buggenthien am 18. April nur schwer mit bloßem Auge zu sehen 2007 gegen 20:36 MEZ ablichtete, fokal mit (siehe auch Seite 12ff). Auch der Effekt seinem beruhmten¨ 180 mm Starfire, f = des aschgrauen Mondlichtes, der auch den 1620 mm, die Belichtungszeit betrug 1/2 dunklen Teil des Mondes aufhellt, ist noch Sekunde. Ebenfalls mit diesem Gerat¨ aufge- nicht besonders gut ausgepragt.¨ nommen: Saturn, siehe Seite 37.

Inhaltsverzeichnis

S. 4 Titelbild S. 20 Felicitas Rose: NLC 2007 S. 4 Aus der Redaktion S. 21 Carolin Liefke: Was wissen wir ei- S. 5 Aus dem Verein gentlich uber¨ Gliese 581c? S. 5 Neue Mitglieder S. 26 Wilfried Schroder¨ und Hans-Jurgen¨ S. 5 ASL Terminplan 2007 Treder: Einstein und die Potsdamer S. 5 50 Jahre Sternwarte Lubeck¨ Astronomen S. 6 Ferienpaß 2007 – Wir starten durch S. 33 David Walker: und die Ent- wicklung sehr massereicher Sterne: S. 7 Fachgruppen des ASL Teil 2 S. 7 Astro Aktuell S. 37 Serien S. 11 Sternwarte Lubeck¨ – Vortrage¨ S. 37 Rudiger¨ Buggenthien: Saturnbeob- S. 12 Berichte achtungen S. 12 Carolin Liefke: Ein kleines ITV- S. 38 Impressum Tagebuch

Aus der Redaktion

Man soll die Feste feiern wie sie fallen, Mondfinsternis im Marz¨ geknupft¨ (siehe die heißt es. Das gilt auch fur¨ unser diesjahriges¨ Berichte in POLARIS Nr. 69). Dann wird Jubilaumsjahr.¨ Denke ich an die Jubilaums-¨ es am 6. Oktober von 19 bis 21 Uhr eine feierlichkeiten vor zehn Jahren zuruck,¨ die Festveranstaltung geben, zu der nicht nur mit einem Tag der offenen Tur¨ begangen unser ubliches¨ Vortragspublikum sondern wurden und zu deren Anlaß eine Festschrift auch Lubecker¨ Lokalprominenz geladen ist, erarbeitet und herausgegeben wurde (und siehe auch Seite 5. Die ASL-interne Fei- die im ubrigen¨ auch mich uberhaupt¨ erst er wird unser Sommerfest am 1. September zu Sternwarte und ASL fuhrte),¨ so halten sein. Und zu feiern gibt es ja nun wirklich wir es dieses Mal ein wenig anders, aber Grund genug: Nicht nur die Jubilaen¨ von keineswegs weniger interessant: Den Tag ASL und Sternwarte, hinzu kommt noch der offenen Tur¨ hatten wir bereits an die die erfolgreiche Ubertragung¨ der Sternwarte

4 vom VHS – Forum fur¨ Weiterbildung an den dersherum naturlich¨ auch in die Zukunft zu ASL. Und mit dieser POLARIS-Ausgabe le- blicken. 70 weitere POLARIS-Ausgaben – gen wir noch einen drauf: 30 Jahre ASL, unter der Annahme, daß wir bei 3 Ausga- 50 Jahre Sternwarte, POLARIS Nr. 70. Auch ben pro Jahr verbleiben, ware¨ das im Jahr fur¨ uns in der Redaktion ein guter Grund, 2030. Wer weiß, welche Gestalt die POLA- auf viele erfolgreich herausgegebene PO- RIS dann haben wird? LARIS-Ausgaben zuruckzublicken,¨ aber an- Carolin Liefke

Aus dem Verein

Der Verein trifft sich regelmaßig¨ an den Astro-Abenden, die immer am ersten Mittwoch eines Monats um 19:00 Uhr im Seminarraum der Sternwarte Lubeck¨ beginnen. Die nach-¨ sten 4 Termine lauten: 5. September, 3. Oktober, 7. November und 5. Dezember 2007

Neue Mitglieder

Als neue Mitglieder begrußen¨ wir recht herzlich: Dr. Ulrich Bayer und Ronald Hamdorf

ASL-Terminkalender

Sonnabend, 11.08. ASL-Beobachtungsabend (Perseiden) an der Sternwarte Sonnabend, 18.08. “Nightlife” fur¨ Kinder Freitag, 24.08. offentliche¨ Beobachtung von 21:00 bis 23:00 Uhr Sonnabend, 01.09. ASL-Jubilaums-Sommerfest¨ Freitag, 21.09. Beginn des vortragsprogramms Sonnabend, 06.10. Festveranstaltung zum 50jahrigen¨ Jubilaum¨ der Sternwarte mit Festvortrag von Prof. Dr. Schmitt, Beginn: 19:00 Uhr Sonnabend, 20.10. “Nightlife” fur¨ Kinder Freitag, 26.10. Ferienpaß Sonnabend, 27.10. Ferienpaß Sonntag, 16.12. Adventskaffeetrinken

50 Jahre Sternwarte Lubeck¨

In diesem Jahr wird die Sternwar- ist, 50 Jahre alt. Das soll gebuhrend¨ gefei- te Lubeck,¨ deren Trager¨ der Arbeitskreis ert werden. Am Sonnabend, dem 6. Okto- Sternfreunde Lubeck¨ e. V. seit Februar 2007 ber 2007 findet daher in der Sternwarte von

5 19:00 Uhr bis 21:00 Uhr eine Festveran- Auch fur¨ diese Veranstaltung brau- staltung statt, zu der u. a. Vertreter der Stadt, chen wir Mitglieder, die uns tatkraftig¨ der Possehlstiftung, sowie der Presse einge- unterstutzen,¨ um die Sternwarte prasen-¨ laden werden. tationsfahig¨ zu machen. Dazu gehoren¨ Den Festvortrag wird Prof. Dr. Jurgen¨ das Bestucken¨ von Schautafeln bzw. Schmitt von der Hamburger Sternwarte hal- Stellwanden,¨ das Herrichten des Vortrags- ten. Damit nicht nur gesprochen wird (die raumes, der Getranke-Ausschank¨ und vieles eine oder andere Rede wird sicher auch ge- mehr. Fur¨ Freitag, den 14. September 2007, halten), gibt es zur Auflockerung und um um 19:30 Uhr, ist ein vorbereitendes Treffen den festlichen Charakter dieser Veranstal- vorgesehen, um die Details zu besprechen. tung zu unterstreichen, ein musikalisches Wer bei den Vorbereitungen und der Rahmenprogramm. Durchfuhrung¨ dieses Abends mithelfen Zu dieser Jubilaumsveranstaltung¨ sind mochte,¨ melde sich bitte telefonisch oder naturlich¨ auch alle ASL-Mitglieder und per e-mail bei einem der Vorstandsmitglie- Sternwartenmitarbeiter ganz herzlich der. eingeladen. Der Vorstand

Ferienpaß 2007 – Wir starten durch

In den vergangenen Jahren hatten durch- Mit so einem Ansturm, der ja im Grunde schnittlich 20 Kinder dieses Angebot ge- sehr erfreulich ist, hat niemand gerechnet. nutzt. In diesem Jahr sieht es dagegen Diese Massen sind allerdings nicht an einem ganz anders aus. Die fur¨ das Ferienpaß- Abend, wie ursprunglich¨ geplant, von zwei Programm zustandige¨ Mitarbeiterin der ASL-Mitgliedern zu bewaltigen.¨ An jedem Stadt hat Oliver Paulien Anfang Juli mit- der beiden Abende werden da schon in der geteilt, daß zu dem Zeitpunkt bereits 123 Zeit von 18:00 Uhr bis 23:00 Uhr minde- Anmeldungen fur¨ den Besuch der Lubecker¨ stens vier ASL-Mitglieder gebraucht. Sternwarte vorliegen. Ein gutes Gelingen dieser Veranstaltung Ihr verreist nicht in den Herbstferien? und somit begeisterte kleine Sterngucker Ihr seid am letzten Oktober-Wochenende (zufriedene Eltern naturlich¨ auch) sollte in (Freitag, 26.10.07, Sonnabend, 27.10.07) in unser aller Interesse liegen. Lubeck¨ oder in der naheren¨ Umgebung und habt an diesen beiden Abenden noch nichts Bitte meldet Euch baldmoglichst¨ bei Oli- vor? Dann haben wir fur¨ Euch eine interes- ver Paulien, der Euch dann auch uber¨ den sante und kurzweilige Beschaftigung:¨ Mit- genauen Ablauf informieren wird. wirkung bei der Ferienpaß-Veranstaltung im Herbst 2007. Der Vorstand

6 Fachgruppen des ASL

Astrofotografie • Deep Sky, Planeten, Meteore, Sonne, Mond, Oliver Paulien atmospharische¨ Phanomene¨ (04 51) 59 40 71 • Einfuhrung¨ in Theorie und Praxis (01 78) 5 62 84 61 • Fotografie aktueller Ereignisse: Kometen, Konstellationen, Finsternisse Jorg¨ Reinhold • Erstellen eines Dia-Archivs (0451) 89 47 58 • Erfahrungsaustausch, Vorstellung eigener Er- Treffen nach telefonischer Vereinbarung gebnisse auf Fototreffen Sternbedeckungen • Berechnung und Beobachtung von Sternbe- Stephan Brugger¨ deckungen durch den Mond Maikaferstieg¨ 4 • Beobachtung von Sternbedeckungen durch 23562 Lubeck¨ Planeten und Planetoiden • Beobachtung von Planetenbedeckungen (04 51) 5 07 84 durch den Mond • Beobachtungsexpeditionen Die FG trifft sich unregelmaßig.¨ • Meldung der Ergebnisse an die IOTA

Astro Aktuell

Auf- und Untergangszeiten fur¨ Sonne und Mond sind fur¨ Lubeck¨ gerechnet. (http://www.astronomie-luebeck.de/himmel/auf unter 2007.htm) Die Kurzel¨ hinter den Planetennamen beziehen sich auf die angegebene Uhrzeit: Aufgang – Planet im Osten; Kulmination; Untergang – Planet im Westen; Alle Uhrzeiten beziehen sich auf die aktuell gultige¨ Ortszeit.

September 2007

Sonne und Mond Sonne Mittag Dammerung¨ Aufgang Untergang Zeit Hohe¨ Morgen Abend 10.09. 6:41 19:47 13:14 41,1◦ 04:33 21:54 20.09. 6:58 19:22 13:11 37,3◦ 04:56 21:23 30.09. 7:16 18:57 13:07 33,4◦ 05:17 20:56

Mond Aufgang Untergang Transit Hohe¨ Phase 04.09. 22:37 16:37 07:07 63,7◦ letztes Viertel 11.09. 06:29 19:32 13:10 40,1◦ Neumond 19.09. 16:14 22:03 19:09 07,8◦ erstes Viertel 26.09. 18:46 06:27 Vollmond

7 Planetensichtbarkeit am um am um Helligkeit, Bemerkungen Venus A 01.09. 05:08 30.09. 03:34 24.09. großter¨ Glanz; H −4m.6 Mars A 01.09. 23:37 30.09. 22:38 H −0m.1 Jupiter U 01.09. 23:36 30.09. 21:43 H −2m.0 Saturn A 01.09. 05:14 30.09 04:09 H 0m.7 Uranus K 10.09. 01:22 H 5m.7 Neptun U 01.09. 05:00 30.09. 03:03 H 7m.9

Merkur ist von Mitteleuropa aus unbeobachtbar. Ereignisse, Meteorstrome¨ 03.09. Mond bei den Plejaden 08.09. Maximum der Delta-Aurigiden, schnelle Objekte 10.09. gegen 05:00 Mond bei Saturn 11.09. gegen Mittag findet eine partielle Sonnenfinsternis statt. Sie ist von Europa aus nicht sichtbar; nur auf Teilen der Sudhalbkugel¨ kann sie beobachtet werden 18.09. gegen 21:00 steht der Mond sudlich¨ von Jupiter nahe Antares 20.09. Maximum der Pisciden, die im gesamten September aktiv sind 23.09. um 11:51 uberschreitet¨ die Sonne den Himmelsaquator¨ in sudlicher¨ Richtung = Tagundnachtgleiche = astronomischer Herbstanfang 28.09. Mond in Erdnahe¨ (359 000 km)

Oktober 2007

Sonne und Mond Sonne Mittag Dammerung¨ Aufgang Untergang Zeit Hohe¨ Morgen Abend 10.10. 7:34 18:33 13:04 29,5◦ 05:37 20:30 20.10. 7:53 18:10 13:02 25,8◦ 05:55 20:07 31.10. 7:15 16:46 12:01 22,1◦ 05:15 18:46

Mond Aufgang Untergang Transit Hohe¨ Phase 03.10. 22:49 16:21 07:03 63,9◦ letztes Viertel 11.10. 07:58 18:06 13:09 24,8◦ Neumond 19.10. 15:59 23:28 19:39 13,2◦ erstes Viertel 26.10. 17:29 08:35 Vollmond

Planetensichtbarkeit am um am um Helligkeit, Bemerkungen Venus A 01.10. 03:33 31.10. 02:48 H −4m.4 Mars A 01.10. 22:36 31.10. 20:17 H −0m.3 Jupiter U 01.10. 21:40 31.10. 19:00 H −1m.9

8 am um am um Helligkeit, Bemerkungen Saturn A 01.10. 04:06 31.10. 01:42 H 0m.8 Uranus A 01.10. 18:16 H 5m.8 Neptun U 01.10. 02:59 31.10. 23:55 H 7m.8 Merkur ist den ganzen Monat hindurch unbeobachtbar. Ereignisse, Meteorstrome¨ 07.10. gegen 06:00 abnehmender Mond bei Venus, Saturn und Regulus 15.10. Venus zieht 2,9◦ sudlich¨ an Saturn vorbei 21.10. Maximum der Delta-Draconiden, 20 bis 30 Meteore/Stunde. Da die Trummer-¨ wolke (Ursprung Komet 21P/Giacobini-Zinner) schon recht lang gezogen und unregelmaßig¨ ist, ist mit Uberraschungen¨ zu rechnen 28.10. Ende der Sommerzeit; die Uhren werden wieder eine Stunde zuruck¨ auf MEZ gestellt!

November 2007

Sonne und Mond Sonne Mittag Dammerung¨ Aufgang Untergang Zeit Hohe¨ Morgen Abend 10.11. 7:34 16:27 12:01 19,0◦ 05:32 18:30 20.11. 7:53 16:12 12:03 16,5◦ 05:47 18:18 30.11. 8:10 16:01 12:06 14,5◦ 06:01 18:10

Mond Aufgang Untergang Transit Hohe¨ Phase 01.11. 22:23 14:16 05:48 59,1◦ Letztes Viertel 10.11. 08:33 15:55 12:18 12,8◦ Neumond 17.11. 13:36 23:00 18:11 21,1◦ Erstes Viertel 24.11. 15:18 08:13 Vollmond

Planetensichtbarkeit am um am um Helligkeit, Bemerkungen Merkur A 02.11. 05:37 16.11. 05:54 H −0m.7 Venus A 15.11. 03:15 30.11. 03:47 H −4m.2 Mars A 15.11. 19:21 30.11. 18:09 H −1m.3 Jupiter U 20.11. 18:57 30.11. 17:27 H −1m.8 Saturn A 15.11. 00:31 30.11. 23:33 H 0m.7 Uranus U 15.11. 01:21 30.11. 00:23 H 5m.8 Neptun U 01.11. 23:51 30.11. 21:59 H 7m.9

Ereignisse, Meteorstrome¨ 04.11. um 04:00 Mond bei Saturn 05.11. um 21:00 Mond bei Venus

9 12.11. Maximum der Tauriden, zwischen 20:00 und 4:00 bis zu 10 Meteore pro Stun- de 18./19. Maximum der Leoniden gegen 03:00. Es werden ca. 50 Sternschnuppen pro Stunde erwartet, die mit ca. 70 km pro Sekunde sehr schnell sind 27.11. Mond bei Mars 30.11. um 06:00 Venus im Perihel

Dezember 2007

Sonne und Mond Sonne Mittag Dammerung¨ Aufgang Untergang Zeit Hohe¨ Morgen Abend 10.12. 8:23 15:56 12:10 13,2◦ 06:12 18:07 20.12. 8:32 15:57 12:15 12,7◦ 06:19 18:09 31.12. 8:35 16:04 12:20 13,0◦ 06:23 18:17

Mond Aufgang Untergang Transit Hohe¨ Phase 01.12. 12:59 06:05 45,6◦ Letztes Viertel 09.12. 08:46 14:57 11:53 08,8◦ Neumond 17.12. 12:14 18:26 38,1◦ Erstes Viertel 24.12. 15:57 09:35 00:11 63,9◦ Vollmond

Planetensichtbarkeit am um am um Helligkeit, Bemerkungen Venus A 15.12. 04:25 31.12. 05:07 H −4m.1 Mars A 24.12. 15:49 H −1m.6, Opposition zur Sonne Saturn A 20.12. 22:15 31:12. 21:31 H 0m.6 Uranus U 11.12. 00:19 31.12. 22:20 H 5m.9 Neptun U 15.12. 21:01 31.12. 20:01 H 8m.0

Merkur ist den ganzen Monat hindurch unbeobachtbar, auch Jupiter steht nachts unter der Horizontlinie. Ereignisse, Meteorstrome¨ 01.12. 07:00 der abnehmende Mond zieht 2,4◦ sudlich¨ am Saturn vorbei 13.12. Maximum der Geminiden, ca. 120 Meteore pro Stunde, gunstigste¨ Beobach- tungszeit bis 06:00 14.12. Mond bei Neptun, Abstand 1,5◦ 22.12. 07:08 Wintersonnenwende = astronomischer Winteranfang 22./23. Maximum der Ursiden, ca. 10–20 Meteore pro Stunde 24.12. 04:45 Bedeckung des Mars durch den Mond 28.12. 22:00 Mond bei Saturn, Abstand 3,2◦

10 Sternwarte Lubeck¨

Am Ahrenfeld¨ 2, 23564 Lubeck¨ jeweils freitags, 20:00 Uhr; Dauer ca. 60 Minuten

21.09.2007 Einfuhrung¨ in die Astronomie Sebastian Becker und Torsten Lohf 28.09.2007 Mars – auf den Spuren des Lebens Alexander Clausius 05.10.2007 Aurora Borealis – Im Zauber des Nordlichtes Dr. Bjorn¨ Voß 12.10.2007 Gefahren aus dem Weltraum Prof. Dr. Peter Hauschildt, Hamburger Sternwarte 02.11.2007 Eine zweite Erde? Dr. Bjorn¨ Voß 09.11.2007 Das Fernrohr unterm Weihnachtsbaum Andreas Goerigk und Johannes Kuhnel¨ 16.11.2007 Das Universum der Wellenlangen¨ Dr. Uwe Wolter, Hamburger Sternwarte 23.11.2007 Die Große¨ und das Alter des Weltalls Dr. David Walker 30.11.2007 Sonne und Erdklima Volkmar Andres 07.12.2007 Der farbige Wintersternhimmel uber¨ Lubeck¨ Oliver Paulien 14.12.2007 Uber¨ den Rand der Milchstraße Nadine Heidrich

Sternenabende fur¨ Kinder

fur¨ Kinder zwischen 6 und 12 Jahren freitags 18:00 Uhr, Dauer 45–60 Minuten

21.09.2007 Kapt’n¨ Blaubar¨ und das Polarlicht mit Sebastian Becker und Torsten Lohf 16.11.2007 Eine Reise in die Welt der Sterne mit Euch auf Reise gehen Michael Kremin und Johannes Kuhnel¨ 14.12.2007 Mumin und der Komet mit Felicitas Rose und Volkmar Andres

11 Berichte

Ein kleines ITV-Tagebuch von Carolin Liefke

Sonntag, 13.05.2007, 14:16 Ich war am gestrigen Morgen zeitig von Hamburg-Bergedorf aus aufgebrochen und wollte gegen Mittag am Campingplatz Ge- dern am Sudhang¨ des Vogelsberg, dem neu- en ITV-Standort, eintreffen. Da mich aus- nahmsweise keine Staus behinderten, konn- te ich diesen Zeitplan auch einhalten und ich fuhr kurz nach 13:00 Uhr wohlbehal- ten auf dem fur¨ das ITV reservierten Ab- schnitt des Campingplatzes ein. Naturlich¨ war ich langst¨ nicht die erste dort, alt- bekannte ITV-Fruhanreisende¨ wie Helge Schlinzig, Rudiger¨ Heins mit Familie, die Jungs und Madels¨ vom MASH und noch ei- nige mehr waren teilweise schon seit eini- gen Tagen dort. Ich entschloß mich, mein eigentlich schon fur¨ das letzte ITV ange- schafftes 6-Personen-Zelt (endlich bequem im Zelt stehen konnen,¨ und auch bei Regen Tisch und Stuhl im Trockenen zu haben. . . ) Der heilige ITV-Rasen. Ausgegraben am Stum- in der Nahe¨ von Helge und Rudiger¨ aufzu- pertenrodter Sportplatz, am Campingplatz in Ge- schlagen. Von meinem Zeltnachbarn Peter dern rituell wieder eingepflanzt. Lukas erhielt ich tatkraftige¨ Unterstutzung¨ Nach letztjahriger¨ ITV-Abstinenz sollte beim Zeltaufbau – so schnell ist ein neuer das Internationale Teleskoptreffen Vogels- Kontakt geknupft.¨ berg dieses Jahr fur¨ mich bereits am Sams- Danach hieß es erstmal erkunden der ort-¨ tag vor Himmelfahrt beginnen. Das ITV ist lichen Gegebenheiten. Die idyllische Lage ein Teleskoptreffen mit Tradition, zum 16. des Campingplatzes an einem kleinen See Mal sollte es in diesem Jahr stattfinden. verspricht bei passendem Wetter zusatzli-¨ Aber “Neuer Standort, neues Gluck”¨ hieß chen Badespaß, gerustet¨ ware¨ ich fur¨ die- die Devise, da nach Unstimmigkeiten in sen Fall. Mal sehen also. Nach der aber den vergangenen Jahren Veranstalter Martin doch etwas anstrengenden Fahrt und dem Birkmaier und die Gemeinde Stumperten- schweißtreibenden Zeltaufbau wollte ich rod, wo das ITV zuvor stattgefunden hatte, aber zunachst¨ einmal die Qualitat¨ der sa- getrennte Wege gingen. nitaren¨ Anlagen uberpr¨ ufen.¨ Im Vergleich

12 zu vorangegangenen ITVs eine Verbesse- dellosem Zustand. Der Duschentest ergab rung um 100%: Toiletten und Duschen sind erfreulich warmes Wasser mit Temperatur- reichlich vorhanden und dank professionel- regelung. ler Reinigung mehrmals taglich¨ auch in ta-

Bereits am Samstag Nachmit- tag waren recht viele Leute am Platz. Der Nachmittag prasentierte¨ sich wech- um kurz vor 9 Uhr. Meine Fruhst¨ ucks-¨ selhaft. Leichte Schauer und Sonnenschein brotchen¨ brachte mir netterweise Nachbar kampften¨ im 5-Minuten-Takt um die Ober- Helge auf Rudigers¨ Fahrrad vom Kiosk des hand uber¨ das Wetter. Gegen Abend jedoch Campingplatzes mit. Danach hieß es erst- wurden die Wolkenlucken¨ großer¨ und sta- mal fleißig Sonne beobachten, bis die Wol- biler, Teleskope wurden aufgebaut und flei- ken dann mal wieder die Oberhand gewan- ßig auf die Venus ausgerichtet. Saturn zeigte nen. Wahrend¨ am gestrigen Samstag dann sich ebenfalls bald, und die letzten Wolken nach mir doch noch einige weitere Teilneh- verschwanden. Bald konnte man auch die mer eingetrudelt waren, gab es nur noch re- ersten Deep-Sky-Objekte in Angriff neh- lativ wenig Neuzugange.¨ Aber das MASH men, die Sichtbedingungen waren gar nicht wuchs auf altbekannte Große¨ und auch Mar- schlecht. Da die Lichtglocke Frankfurts im tin Birkmaier begann einen großeren¨ Pavil- Suden¨ doch recht hoch leuchtete, verlager- lion fur¨ seine Dobson-Batterie aufzubauen. ten wir uns eher an den Nordosthimmel, wo die Sommermilchstraße funkelte. Gegen 23 Montag, 14.05.2007, 10:06 Uhr zogen von Suden¨ her kurz einige Wol- Wie von Christian Harder laut Wet- kenschleier hoch, so daß wir schon ein Ende terbericht angekundigt,¨ brachte der gestri- der Beobachtungsnacht befurchteten,¨ doch ge Abend den einen oder anderen Gewit- weit gefehlt. Kurz nach 2 Uhr hat mich die terschauer – zu beobachten gab es nichts Mudigkeit¨ dann aber doch ins Bett getrie- wahrend¨ der Nacht, auch wenn sich am ben, wahrend¨ andere bis in die Dammerung¨ Abend die Venus kurzzeitig durch die Wol- weiterbeobachteten. ken kampfte.¨ Die eingeschworene ITV- Am nachsten¨ Morgen weckte mich die Gemeinde auf dem Platz nahm das – bis Sonne (fur¨ meine Verhaltnisse¨ recht spat)¨ auf wenige Ausnahmen – aber gelassen, da

13 hatte man schon wesentlich schlimmeres er- gut funktionierende Drainage des Camping- lebt. Den heiligen ITV-Schlamm wird es platzes sorgt dafur,¨ daß jegliches Naß von wohl dieses Jahr wirklich nicht geben, die oben sofort im Boden versickert.

Idylle am Campingplatz Gedern. Der weitere Verlauf von Nachmittag und senen ASL-Camp in diesem Jahr wohl nicht Abend wurde dann von den Anwesenden so recht etwas werden wird. genutzt um zu klonen,¨ zu fachsimpeln oder Am Abend regnete es sich nach einer auch das eine oder andere alkolische Ge- kurzen Regenpause, die zum Beispiel von trank¨ zu konsumieren, teilweise bis in die Christian zum Zeltaufbau genutzt wurde, fruhen¨ Morgenstunden hinein. Am heutigen erneut ein. Meinereiner begab sich drauf- Morgen zeigte sich der Himmel wolken- hin zunachst¨ in das große Gemeinschafts- verhangen. . . aber fur¨ die nachsten¨ Tage ist zelt, wo ein Grill aufgestellt worden war, Besserung angekundigt.¨ und man mit Martin Birkmaier und anderen in gemutlicher¨ Runde bei einem Glaschen¨ Wein zusammen sitzen konnte. Spater¨ be- Dienstag, 15.05.2007, 00:02 suchte ich die Bekannten vom MASH, die Gegen Mittag begann es zu regnen ihr Gruppenzelt mithilfe von Gasheizstrah- – ziemlich stark und ziemlich lange. Al- lern auf angenehme Temperaturen geheizt te ITV-Erinnerungen wurden wach, aber hatten. der kritische Blick auf die Zeltnahte¨ zeig- te: Alles dicht. Und auch das Wasser auf Mittwoch, 16.05.2007, 13:18 dem Boden rund um das Zelt versickerte Stetiger Regen am gestrigen Vormit- schnell, keine Schlammgefahr also bislang. tag verhieß eigentlich nichts Gutes. Am Wahrend¨ des Regens trafen Marko Kluven¨ fruhen¨ Nachmittag zeigte sich jedoch das mit seiner Tochter und unser eingemeinde- erste Himmelsblau und weckte Hoffnungen ter Bayer Christian Wagner ein. Beide lie- fur¨ die kommende Beobachtungsnacht, so ßen sich aber etwas abseits von meiner Posi- wie es der Wetterbericht angekundigt¨ hatte. tion und auch an getrennten Stellen auf dem Ich beschloß mit meinen Zeltnachbarn Pe- Platz nieder, so daß es mit einem geschlos- ter und Stefan Schick zu grillen. Wahrend¨

14 des dazu notigen¨ Einkaufs trafen Martina der Beginn der Nacht extrem feucht, immer Aust, Uwe Freitag und Jens Meyer ein. Sie wieder drang aus der Richtung von Rudiger¨ ließen sich in der Nahe¨ von Marko nieder, Heins das Gerausch¨ eines Fons¨ zum Abtau- und Christian wurde mal eben mitsamt Zelt en seines Spiegels. Ich fand mich wieder bei und Teleskop schnell dorthin umgezogen. meinen Zeltnachbarn ein, wir machten er- Ich dagegen entschloß mich zu bleiben wo folgreich mit dem 12-Zoller¨ Jagd auf Komet ich war, abgekapselt vom Rest der Truppe Lovejoy, aber versuchten vergeblich einen nun. Schweif zu auszumachen.

Marko Kluven¨ und Tochter Laura testen die Aus- sicht von der großen Leiter an Rafael Benners 3000-Dobson.

Dazu mußte¨ wohl großeres¨ Gerat¨ her, und Dekoration, oder Unterstutzung¨ fur¨ die Satelli- ich ging mit Nils Kloth zu Ralph, Helge 00 tenschussel?¨ und Rudiger,¨ wo aber auch der 24 -Dobson nichts dergleichen zeigte. Bis es kurz vor Punktlich¨ zur Abenddammerung¨ war der zwei zuzog, genossen wir dort den Anblick Himmel wolkenfrei, aber eine starke Feuch- weiterer Deep-Sky-Objekte und setzten uns tigkeit legte sich uber¨ den Platz. Da der dann bei Helge in gemutlicher¨ Runde unter von mir als Beobachtungsgerat¨ mitgenom- das große Sonnensegel. Gegen kurz vor drei mene 400-Vereins-Apo wahrend¨ des Regens kampfte¨ sich die Sommermilchstraße erneut der letzten Tage schon ein wenig Feuchtig- aus dem Dunst, aber so recht motiviert wa- keit gezogen hatte, brachte ich eben diesen ren wir nicht, die Teleskope noch einmal lieber im Auto in Sicherheit und verlagerte von ihren Abdeckungen zu befreien. Ande- mich auf das 15×60 Fernglas und die Tele- ren ging es wohl ahnlich,¨ denn aus vielen skope anderer, die inzwischen ja nun reich- Zelten drangen bereits Schnarchgerausche,¨ lich vorhanden waren. Auch unsere Neu- und auch per Blitzgerat¨ und Dobson an den ankommlinge¨ bauten ihre Geratschaften¨ erst Himmel geschickte Lichtstrahlen erregten gar nicht oder nur kurz auf. Tatsachlich¨ war nicht den Zorn auch nur eines Astrofotogra-

15 fen. So begab ich mich dann auch irgend- schaffte, den Campingplatz an einigen Stel- wann zur Ruhe. len in das ITV-ubliche¨ Schlammloch zu ver- wandeln. Aber dann kam die Sonne mit Macht, die Wolkenlucken¨ wurden großer,¨ und zahllose PSTs konnten zeigen was in ih- nen steckt. Hα bei voller Offnung¨ an Uwe’s 500-Refraktor konnte diesen Anblick aber naturlich¨ noch einmal toppen. Weitere bekannte Gesichter waren zu se- hen: Noch am gestrigen Regentag war Rafa- el Benner mit seinem altbekannten 3000- Dobson eingetroffen, heute baute auch noch Bernd Schatzmann in der Nachbarschaft auf. Zu Christian gesellte sich Raphael Bu- giel. Mit dem Equipment von Martin Birk- maier begann sich jetzt die fur¨ die Handler¨ reservierte Flache¨ zu fullen,¨ aber auch auf der ubrigen¨ Zeltplatzflache¨ schlossen sich die Lucken.¨ Bei mir ließ sich noch Torsten Lohf nieder. Die Wetterprognosen fur¨ heute Abend scheinen zu halten, nur noch wenige wei- Es gab ihn doch, den ITV-Schlamm. Aber nur ße Wolkchen¨ teilen sich mit der Sonne den kurzzeitig. Platz am abendlichen Himmel. Am heutigen Morgen horte¨ horte¨ man Freitag, 18.05.2007, 12:03 dann zeitweilig schon wieder das vertrau- Fruhst¨ uck¨ heute erst kurz vor Mittag, te Gerausch¨ von auf Zeltwande¨ treffenden aber damit waren wir nicht alleine. Kein Regentropfen. Die Wetterprognosen fur¨ die Wunder angesichts der herrlichen Beobach- kommenden Tage versprechen jedoch er- tungsnacht. Schon in der Abenddammerung¨ neute Besserung und auch noch die eine begann man mit der Jagd auf die Objek- oder andere Beobachtungsnacht... te des gestirnten Himmels, in dem Falle die junge Mondsichel und der flinke son- Donnerstag, 17.05.2007, 19:47 nennahe Planet Merkur. Nach kurzem Ver- Nachdem der Mittwoch so trostlos en- steckspiel ließen sich beide dann doch in dete wie er begonnen hatte (auch als eine Fernglas und Teleskop blicken, der Apo- Lucke¨ in den Wolken in der Nacht kurz- chromat bewies bei dieser Gelegenheit mal zeitig den Blick auf den Himmel freigab, wieder seine Spitzenqualitat.¨ Interessanter- konnte man sich nach stundenlangem Dau- weise war Torsten mit einfachem Anpei- erregen nicht so recht zum Beobachten auf- len mit seiner noch nicht eingenordeten raffen), lagen alle Hoffnungen auf der Wet- EQ6 schneller beim Einfangen des Mer- tervorhersage, die fur¨ den heutigen Tag kur als unsere GoTo-bewehrten Nachbarn. Besserung und eine klare Nacht versprach. Spater¨ dann zeigten sich beide aber sogar Aber erst nach dem Mittag sollte der stetige mit bloßem Auge, bevor sie in den Baum-¨ Dauerregen enden, der es doch tatsachlich¨ en verschwanden. 16 Tagsuber¨ konnte man mit den Teleskopen auf auf die Jagd nach erdgebundenen Objekten gehen. Die Nacht war nicht so feucht wie Spiegel nebst dazugehorigem¨ Teleskop ein- die beiden anderen klaren Nachte,¨ dafur¨ gefunden. Erfahrungsgemaߨ bilden sich um aber kalt. Aber Frankfurts Leuchten war die ganz großen Teleskope dann immer lan- nicht so storend¨ wie zuvor, so daß man ge Schlangen, wahrend¨ man mit den Tele- sich nach den ublichen¨ Blicken auf Ve- skopen eine Nummer kleiner nebenan flei- nus und Merkur wahrend¨ der astronomi- ßig gucken kann. So auch diesesmal. Als schen Dammerung¨ getrost dem Deep-Sky- ich mich dann viel spater¨ zur Ruhe begab, Himmel zuwenden konnte. Da waren die war die dunne¨ Feuchtigkeitsschicht auf den vielen großen Dobsons doch sehr ver- Autos und Zelten festgefroren, und in mei- lockend, neben Rafaels 30-Zoller¨ und den nem Zelt warf ich erstmal den fur¨ genau die- beiden 24-Zollern¨ in unmittelbarer Nach- sen Anlaß mitgebrachten Heizlufter¨ an. Die barschaft hatte sich im hinteren Teil des Kalte¨ der Nacht ließ sich von der kraftigen¨ Platzes noch ein selbstgeschliffener 2700- Sonne am Morgen aber schnell verjagen.

Sonnegucken mit dem 400-Apo. Dazu im Hintergrund meine Be- hausung und der fahrbare Un- tersatz mit dem ich herkam.

17 Seefahrt ahoi. . . Ich verzichtete auf die Teilnahme an die- Freitag, 18.05.2007, 20:34 sem Spektakel, denn ich sollte an diesem Ein klassischer ITV-Sonnenbrand-krieg- Nachmittag noch in einem Vortrag uber¨ Tag. Und zu bieten hatte er auch einiges. meine letztjahrige¨ Reise zum Paranal, die Nach der Mittagsstunde war die Zeit fur¨ die ja zeitgleich mit dem ITV stattfand, berich- MASH-Attraktion diees Jahres gekommen: ten (siehe POLARIS 67). Der Großteil der Aufgeblasen hatten sie ihr ausgemustertes Lubecker¨ Truppe war dagegen ausgeflogen, Rettungsfloß schon am Vortag, jetzt sollte um die Umgebung zu erkunden. es zu Wasser gelassen werden. Eine Gruppe Die heutige Beobachtungsnacht ver- fotografierfreudiger ITV-Teilnehmer folgte spricht ahnlich¨ zu werden wie die gestri- der Prozession, die das gute Stuck¨ zum vor- ge, allerdings ohne die entsprechende Kalte.¨ deren Teil des Badesees trug, wo die MA- Das hat auf jeden Fall auch was fur¨ sich. . . SHies das Floß dann bestiegen, um zum an- deren Ende des Sees zu paddeln.

Uwe’s 500-Refraktor, ausgestat- tet mit Hα-Filterkombination von Wolfgang Lille, umlagert von beobachtungsfreudigen Besuchern. 18 markt waren naturlich¨ auch die ublichen¨ Samstag, 19.05.2007, 23:53 Astrohandler¨ gut vertreten, ihre Stande¨ wie ¨ Ahnlich wie am gestrigen Tag spat¨ auf dem ATT umlagert von Amateurastro- aufgestanden, denn die wirklich angeneh- nomen auf Schnappchenjagd.¨ men Temperaturen der Beobachtungsnacht Die leichte Bewolkung¨ des Tages ver- machten es einem leicht, sich nicht in den zog sich gegen Abend erneut, und gaben Schlafsack einkuscheln zu wollen. den Blick auf die hubsche¨ Konstellation Zur Mittagsstunde dann die fur¨ den ITV- Mond-Venus frei. Die Nacht von Samstag Samstag ubliche¨ Preisverleihung der origi- auf Sonntag ist ja eigentlich eher fur¨ laute nellsten Selbstbauten, alles tummelte sich und feuchtfrohliche¨ Abschlußfeiern reser- um den Intercon-Spacetec-Pavillon. Aus- viert, aber sogar beim dieses Jahr im ubri-¨ gezeichnet wurde unter anderem der 2700- gen außergewohnlich¨ leisen MASH verla- Selbstschliff sowie ein ideenreich gestal- gerte man sich aufs Genießen einer weiteren teter 800-Reisedobson, dessen Besitzer sich sternklaren Nacht, auch wenn sie qualitativ in meiner unmittelbaren Nachbarschaft an- nicht so gut wie die beiden vorangegange- gesiedelt hatte. Beim anschließenden Floh- nen war.

Die Mondsichel schmuckte¨ sich am Samstag mit asch- grauem Licht und war im 400-Apochromaten bis zu ihrem Untergang ein dankba- res Photomotiv fur¨ Torstens Digitalkamera. Ruckreiseverkehrs-Staus¨ an einer Auto- Montag, 21.05.2007, 11:02 bahnbaustelle, kam am spaten¨ Nachmit- Der Abbau von Zelt und Equip- tag dann aber doch wieder wohlbehalten ment unter strahlendem Sonnenschein am im deutlich kuhleren¨ Hamburg an, aller- Sonntagmorgen versprach eine schweiß- dings sollte sich spater¨ herausstellen, daß treibende Ruckfahrt¨ im nicht klimati- meine zeitweise doch nicht ganz langsa- sierten Auto. Genauso sollte es dann me Fahrweise mit einem Bußgeldbescheid auch kommen, nachdem ich gegen Mit- wegen Geschwindigkeitsuberschreitung¨ be- tag den Campingplatz verließ, gefolgt lohnt werden wurde.¨ von Marko Kluven¨ mit seinem bei ei- Mein Fazit nach einer Woche ITV am nem Unfall in der Woche ladierten¨ Au- neuen Standort: Das hubsche¨ Stadtchen¨ Ge- to. Ich landete dann noch in einem der dern hat uns herzlich willkommen geheißen, ITV-ublichen¨ Himmelfahrtswochenende- die Location Campingplatz am See macht

19 durchaus einiges her, auch wenn die leich- auch die Wetterverhaltnisse¨ von ihrer be- te Hanglage des Platzes ein wenig stort¨ und sten Seite, was will man mehr? Dementspre- der See dann doch ein wenig zur Luftfeuch- chend, bis zum nachsten¨ Jahr, ITV in Ge- tigkeit wahrend¨ der Nacht beitragt.¨ Punkt-¨ dern. . . lich zum offiziellen ITV-Beginn zeigten sich

Auto bis oben hin bepackt, dann kann’s ja wieder heimwarts¨ ge- hen. . .

NLC 2007 von Felicitas Rose

Die erste Meldung kam bereits am 17. Die Aufnahmen, die diese Beobachter zu- Mai: Ein Beobachter aus Nordirland hatte sammen mit ihrer Meldung geschickt ha- Leuchtende Nachtwolken gesehen. An neun ben, sind schon beeindruckend. Die aus weiteren Tagen im Mai wurden dann NLCs Portugal zeigt ein relativ großes Feld mit beobachtet, uberwiegend¨ in Nordirland und schonen¨ Wellenstrukturen (Sandrippenmu- England. ster), die Hohe¨ dieser NLC liegt schatzungs-¨ ◦ Die erste Meldung aus Deutschland er- weise bei 15 . Diese und noch viele weitere folgte am 03./04.06. aus Bremerhaven. schone¨ Fotos, ja sogar kleine Filme, sind un- Dann ging es nahezu taglich¨ weiter. Ledig- ter www.nlcnet.co.uk/nlcreps.htm zu lich am 02., 14. und 22.06.2007 wurden kei- sehen. Ganz hervorragend und absolut se- ne NLC-Beobachtungen gemeldet. henswert z. B. ist der Film von Wolfgang Hamburg aus Bernitt bei Rostock, der am Erstaunt haben mich die Meldungen 30.06.2007 entstanden ist. Schaut doch mal zweier Beobachter von den Bahamas(!) rein – es lohnt sich! vom 08./09.06. bzw. aus Portugal(!) vom 29./30.06.2007. Ich hatte bisher immer ge- Ich selbst hatte nicht ganz so viel Erfolg dacht, daß so weit sudlich¨ keine Leuchten- wie im Juni des vergangenen Jahres, da wa- den Nachtwolken zu sehen sind. Tja, Aus- ren es 7 Sichtungen. Immerhin bescherte nahmen bestatigen¨ die Regel. mir der Juni 2007 aber noch vier Beobach-

20 tungen, davon zwei nach Mitternacht. In der Die Wetterprognosen fur¨ die erste Juli- ersten Nachthalfte¨ war der Himmel wie leer- Halfte¨ waren nicht gerade ermutigend. Be- gefegt, aber ich wußte ja, daß spater¨ durch- deckter Himmel oder Regen machten ei- aus noch Leuchtende Nachtwolken auftau- ne Beobachtung wahrend¨ dieser Zeit von chen konnten¨ – und so war es dann auch. Lubeck¨ aus tatsachlich¨ nahezu jeden Abend Die NLCs vom 23.06.07 waren so unmoglich.¨ Es gab zwar auch einige weni- schwach, daß sie nur mit Muhe¨ als solche zu ge Abende mit relativ klarem Himmel, aber erkennen waren. Oft ist es ja so, daß sie im bis ca. 1:00 MESZ habe ich keine Leuch- Laufe der Nacht noch an Helligkeit zuneh- tenden Nachtwolken entdecken konnen.¨ Na men, aber leider konnte ich ihre Entwick- ja, es kann eben nicht jedes Jahr so optimal lung nicht weiter verfolgen, da der Himmel laufen. spater¨ bedeckt war.

Meine NLC-Beobachtungen im Juni 2007: Datum Zeit (UT) Hohe¨ Azimut Typ Helligkeit 11.06. 21:45–22:05 ca. 20° 350°–5° I, II 1–2 23.06. 21:30–21:45 ca. 15° 355°–3° I, II 1 28.06. 22:45–00:00 ca. 15° 340°–0° I, II, III 3 28.06. 23:10–00:25 ca. 10° ca. 10° I, II 3–4 30.06. 22:35–00:10 ca. 15° 0° I, II 3 30.06. 23:05–00:10 ca. 10° 5°–20° I, II, III 4

Was wissen wir eigentlich uber¨ Gliese 581c? von Carolin Liefke

Es rauschte mal wieder machtig¨ im me- Und wie findet man das nun her- dialen Blatterwald,¨ und jede Tageszeitung, aus? Zuruck¨ zu den Wurzeln! Ur- von BILD bis FAZ, hatte mal wieder ein sprung der ganzen Euphorie ist ei- astronomisches Thema auf der Titelseite im ne Pressemitteilung der europaischen¨ Angebot. Worum ging es? Um Gliese 581c, Sudsternwarte¨ ESO, in der uber¨ die Ent- die neuentdeckte “Supererde”. Was man da deckung eines extrasolaren Planeten, den nicht alles zu lesen bekam: Von Wasser, das bis dato erdahnlichsten,¨ berichtet wird man auf dem Erdzwilling gefunden hatte,¨ (http://www.eso.org/outreach/press- bis hin zu Spekulationen uber¨ mogliche¨ Be- rel/pr-2007/pr-22-07.html). Daß man wohner auf diesem Planeten, war alles da- einen Planeten mit ungefahr¨ funf¨ Erdmas- bei. Aber was ist eigentlich dran an der gan- sen, dem 1.5fachen Erdradius und einer zen Sache? Skepsis ist hier durchaus ange- Umlaufszeit von 13 Tagen um einen ein- bracht, egal ob das Niveau der Zeitung nun fachen kleinen roten Stern entdeckt hat, der eher am oberen oder am unteren Ende an- schon seit 2005 als Mutterstern eines nep- gesiedelt ist. Ahnliches¨ gilt fur¨ Fernsehbe- tunahnlichen¨ Planeten bekannt ist, heißt es richte oder aufbereitete Artikel von Internet- dort. Und was ist nun mit Wasser auf dem News-Seiten. Planeten, und mit den Aliens? Zwischen

21 0 und 40°C sollen die Temperaturen auf sem Falle ist das ganze zu finden un- dem Planeten liegen, und eine Oberflache¨ ter http://arxiv.org/abs/0704.3841. konnte¨ er haben. Kein Wort davon, daß man Der Artikel kommt als Teil 11 ei- Wasser oder irgendwelche anderen interes- ner Serie von Artikeln uber¨ die Ent- santen Verbindungen bereits nachgewiesen deckung extrasolarer Planeten mit hatte,¨ Funksignale von moglichen¨ Bewoh- dem HARPS Instrument (http:// nern schon gar nicht. www.ls.eso.org/lasilla/sciops/3p6/ harps/) daher. HARPS steht fur¨ High Ac- curacy Planet Searcher, wir haben es also mit einem hochauflosenden¨ Spektrographen zu tun, der Planeten mit- hilfe der Radialgeschwindigkeitsmethode finden soll und auch fleißig tut. Wie funktioniert das noch eigentlich? Bei der Radialgeschwindigkeitsmethode wer- den Planeten nicht direkt beobachtet, son- dern man mißt Bewegungseffekte, die die Anwesenheit des Planeten auf den Mutter- stern hat. Der Planet umkreist namlich¨ den Der HARPS Spektrograph, installiert am 3.6 m Stern nicht nur einfach, sondern beide um- Teleskop der ESO auf La Silla. Bild von http:// laufen den gemeinsamen Schwerpunkt des obswww.unige.ch/Instruments/harps/ Systems. Die Bewegung des Sternes dabei laßt¨ sich messen, indem man die Positi- Wer noch tiefer grabt,¨ findet in dieser on von Spektrallinien in seinem Spektrum Pressemitteilung den Verweis auf die Ori- sehr exakt vermißt. Durch den sogenannten ginalveroffentlichung,¨ dem sie zugrunde- Dopplereffekt scheint die Wellenlange¨ ei- liegt. Wobei es sich in diesem Falle um ner Spektrallinie namlich¨ verschoben, wenn einen sogenannten Preprint handelt, also sich der Stern, der das Licht aussendet, auf ein Fachartikel, der noch gar nicht wirklich uns zu oder von uns wegbewegt. Wahrend¨ veroffentlicht¨ wurde. Der Artikel wurde ein- des Umlaufs des Planeten folgt diese Ver- gereicht bei Astronomy & Astrophysics, ei- schiebung einer sinusformigen¨ Kurve. Aus ner durchaus seriosen¨ und glaubwurdigen¨ der Form der Kurve erhalt¨ man direkte Aus- astrophysikalischen Fachzeitschrift. Ein- kunft daruber,¨ wie lang der Umlauf des Pla- gereicht heißt aber noch nicht druckfer- neten dauert, mit welcher Geschwindigkeit tig. Solche Artikel durchlaufen einen Be- sich der Stern bewegt, und ob die Bahn gutachtungsprozeß, der inzwischen auch kreisformig¨ ist. Mit Hilfe des Gravitations- schon durchlaufen ist. Trotzdem ist der gesetzes kann man dann die Planetenmasse Artikel damit noch nicht gedruckt. Lesen bestimmen. Die Sache hat noch einen nicht kann man das ganze aber dennoch schon ganz unwichtigen Haken: Die Methode mißt im Vorwege, namlich¨ im astro-ph, einem nur die direkte Bewegung auf uns zu oder sogenannter Preprint-Server, wo astrono- von uns weg. Das heißt, bei einem Plane- mische Fachartikel haufig¨ vor der offi- tensystem, auf das wir “von oben” drauf- ziellen Veroffentlichung¨ und insbesonde- schauen, messen wir gar nichts, schauen wir re fur¨ jeden frei zuganglich¨ sind. In die- “auf die Kante” der Umlaufbahn, erhalten

22 wir den großten¨ Effekt. Die Wirklichkeit Planetenmassen mit dem Sinus des Inklina- liegt dann meist irgendwo dazwischen, die tionswinkels multipliziert werden, und die Planetenbahn ist irgendwie geneigt, und der berechneten Massen sind immer nur unte- Neigungswinkel ublicherweise¨ unbekannt. re Grenzen, der wahre Wert kann viel hoher¨ Als Folge davon mussen¨ die berechneten liegen.

Das Konzept der Radialgeschwindigkeitsmethode, erlautert¨ am Beispiel eines Doppelsternsystems, in dem beide Komponenten Linien im Spektrum zeigen. Bei einem System Stern – Planet ist nur der Stern selber mit seinen Linien sichtbar. Abbildung von http://outreach.atnf.csiro.au/educa tion/senior/astrophysics/images/binvar/specbinary.jpg

Solche Messungen hat man auch mit die obere Kurve. Jeder einzelne Meßpunkt Gliese 581 angestellt. Die daraus resultie- Zeitpunkt-Radialgeschwindigkeit gehort¨ zu renden Radialgeschwindigkeitskurven sind einem Spektrum. An diese Meßpunkte wird die einzigen Messungen, die uber¨ die neue dann die Sinuskurve angepaßt und es er- Supererde vorliegen. Nehmen wir zuerst geben sich die Planetendaten. Genau das

23 hat man im Jahre 2005 mit 20 Meßpunk- rer Supererde. In der dritten Kurve wagen ten von Gliese 581 schon getan, und einen es die Entdecker dann, einen dritten Plane- Planeten mit etwa Neptunmasse gefunden ten in das System hereinzurechnen. Schließ- (http://www.eso.org/outreach/press- lich ergeben sich die oben genannten Werte rel/pr-2005/pr-30-05.html). fur¨ Umlaufdauer und Masse der Supererde. Den Radius allerdings muß man abschatzen,¨ verwendet wurde dafur¨ ein Modell, das den Radius anhand der Masse abschatzt.¨ Sol- che Modelle haben ublicherweise¨ jede Men- ge zusatzlicher¨ Parameter, die das Resul- tat beeinflussen, hier ware¨ das zum Beispiel die genaue Zusammensetzung des Planeten. Daher kann man mit Sicherheit davon aus- gehen, daß der endgultige¨ Zahlenwert eine Unsicherheit von einem Faktor großer¨ als 2 hat. Und was ist nun mit Wasser auf dem Planeten? Aus der Umlaufdauer ergibt sich der Abstand des Planeten von seinem Zen- tralstern. Damit kann man jetzt beginnen, weitere Eigenschaften des Planeten zu mo- dellieren. Der Stern Gliese 581 ist ein M- Stern, also kuhler¨ als die Sonne. Die Ener- gieabstrahlung von Sternen aller Art kann man heutzutage mithilfe von aufwendigen Sternatmospharenmodellen¨ relativ gut vor- hersagen. Lassen wir also unser M-Zwerg- Modell seine Umgebung bestrahlen, dann ergibt sich, wie stark der Stern den Plane- ten aufheizt. Auch ein solches Modell hat wieder jede Menge unbekannter Faktoren, zum Beispiel die genaue Zusammensetzung Schon damals deuteten Abweichungen in der Planetenatmosphare¨ und sein Abstrahl- den Daten an, daß sich dort noch weitere vermogen¨ (die Albedo). Nimmt man zum Planeten verbergen konnten,¨ und so hat man Beispiel ein solches Modell her, und wen- 30 weitere Spektren aufgenommen. Mit nun det es auf die Planeten unseres Sonnensy- 50 Meßwerten kann man auf die Suche nach stems an, kommen gerne mal Temperaturen diesen Planeten gehen. Die mittlere Gra- heraus, die um einen Faktor 10 oder großer¨ fik zeigt die Radialgeschwindigkeitskurve, verkehrt sind, so groß sind hier die Unsi- wenn man den Effekt des ersten, großen cherheiten. Nichtsdestotrotz kann man wohl Planeten herausrechnet. Die Meßfehler der sagen, daß unser Freund Gliese 581c von Datenpunkte sind jetzt deutlich erkennbar, den bislang bekannten extrasolaren Plane- trotzdem hat man auch hier wieder einen ten noch derjenige mit den besten Chancen sinusformigen¨ Verlauf, die Signatur unse- auf flussiges¨ Wasser ist, auch wenn aus den

24 abgeschatzeten¨ Temperaturen schnell sibir- lierung versucht: Die Autoren gehen als sche Minusgrade oder das Treibhaus der Ve- Grundlage mal von den Zahlen (fur¨ Mas- nus mit ihren 500°C werden konnen,¨ zieht se, Radius und Abstand) fur¨ die beiden neu- man alle Unsicherheiten in Betracht. entdeckten Planeten im Gliese 581-System aus, die die Entdecker ermittelt haben, und ¨ Die Existenz von flussigem Wasser ist das wenden ihr Modell darauf an. Dieser Artikel ¨ Hauptkriterium fur die Positionierung eines laßt¨ keine Zweifel daran, daß die Modellie- Planeten in der sogenannten habitablen Zo- rung noch jede Menge Annahmen machen ¨ ne, da ist Gliese 581c zunachst abgesehen muß, trotzdem lassen sich außere¨ Einflusse¨ von der Erde im Moment der einzige be- wie die Oberflachentemperatur,¨ Leuchtkraft kannte Kandidat, auch wenn noch genauere und Aktivitat¨ des Muttersterns oder das Al- Messungen den Planeten schnell aus diesem ter des Systems mit geologischen Parame- ¨ Bereich herauskatapultieren konnen. Wer tern wie Druck und CO -Gehalt der Plane- ¨ 2 uber eventuelles Leben auf dem Planeten tenatmosphare,¨ Kontinental- und Ozeanan- ¨ spekulieren mochte, sollte immer bedenken, teile der Oberflache,¨ planetares Magnetfeld ¨ daß es abgesehen von dem dunnen Strei- etc. zu einem hochkomplexen Modell ver- fen, in dem sich die Planetenbahn um den wurschteln, mit dem man die ”Bewohn- Zentralstern befinden darf, noch jede Men- barkeit” (als Kriterium dienen das Vorhan- ge weiterer K.O.-Kriterien gibt. Wie wich- densein von flussigem¨ Wasser sowie die ¨ tig die Atmospharenzusammensetzung ist, Moglichkeit¨ zur Photosynthese durch die ¨ sieht man ja schon an den Korpern in un- CO -Konzentration) ermitteln kann. serem eigenen Sonnensystem. Ein ganz ent- 2 scheidener Faktor, der Gliese 581 zu ei- Und das Ergebnis dieses, wie die Auto- nem ziemlich unwirtlichen Ort macht, ist ren offen zugeben, noch lange nicht per- auch die Frage seiner Tageslange.¨ Abgelei- fekten Modells? Der zuerst hochgehandel- tet von den bekannten Bahnparametern wird te Kandidat Gliese 581c fallt¨ in diesem Fall der Planet ziemlich sicher (genau weiß man durch die Bewohnbarkeitsprufung.¨ Fur¨ den das naturlich¨ nicht) gebunden rotieren, das zweiten erdahnlichen¨ Planeten im System, heißt, dem Mutterstern immer dieselbe Sei- Gliese 581d, gibt es allerdings noch Hoff- te zuwenden. Das bedeutet, daß eine Half-¨ nung. So schnell wandert also die Aufmerk- te des Planeten immerfort beleuchtet und samkeit der Alien-Jager¨ von einem Planeten aufgeheizt wird, wahrend¨ die andere in an- zu seinem nachsten¨ Nachbarn... Alles in al- dauerndem Schatten liegt. Je nach Aufbau lem sind aber sowohl Gliese 581c als auch des Planeten und seiner Atmosphare¨ selber sein Nachbar Gliese 581d mit ziemlich ho- gleicht sich dies durch heftige Winde aus her Wahrscheinlichkeit eher lebensfeindli- oder auch nicht. che Orte. Nichtdestotrotz von allen bekann- ten extrasolaren Planeten immer noch die In einem anderen Artikel mit dem mit den wohl annehmbarsten Bedingungen. schonen¨ Titel ”The habitability of super- Earths in Gliese 581” (zu finden un- Besagter Artikel uber¨ die Planetenatmo- ter http://arxiv.org/abs/0705.3758), spharenmodelle¨ ist im ubrigen¨ der erste verfaßt von einer Gruppe aus der Communi- Fachartikel unabhangig¨ vom Entdeckungs- ty der Modellierer extrasolarer Planetensy- artikel, der sich direkt mit den zwei even- steme (und nicht aus der Planetenentdecker- tuell erdahnlichen¨ Planeten beschaftigt.¨ Das Ecke selber) wurde eine solche Model- mag folgendes bedeuten: zum einen a) viel

25 mehr als das schon Erwahnte¨ gibt es zu den in nachster¨ Zeit wohl noch nicht zu machen Planeten im Gliese 581-System nicht zu sa- sein. Bleibt also nur, mit Radioteleskopen in gen und/oder b) die versammelte Forscher- Richtung des Sternbilds Waage nach Signa- gemeinde ist in der ganzen Angelegenheit len fremder Zivilisationen zu lauschen... eher zuruckhaltend¨ und wartet ab, was pas- sieren wird. Wie konnte¨ man aber mehr uber¨ Glie- se 581c und d erfahren? Das wird sehr schwer werden. Naturlich¨ kann man im Spektrum des Sterns nach bestimmten Si- gnaturen (z. B. Wasser oder organische Mo- lekule)¨ suchen, aber das wird sehr sehr schwierig werden, denn der Stern selbst kann diese Signaturen teilweise auch aus- senden. Gliese 581c ist auch kein Transit- Planet, wahrend¨ des Umlaufs des Planeten kommt es nicht zu einer Bedeckung. Ware¨ das der Fall, konnte¨ man ein Differenzspek- trum mit und ohne Bedeckung bilden und so versuchen, das reine Licht des Planeten zu erhalten. Auch eine direkte Abbildung wird Gliese 581 im Digital Sky Survey

Einstein und die Potsdamer Astronomen von Wilfried Schroder¨ und Hans-Jurgen¨ Treder

Als EINSTEIN 1914 nach Berlin an die Instituten in Potsdam und Babelsberg wur- damalige Preußische Akademie der Wis- de ursprunglich¨ gepragt¨ einerseits durch sei- senschaften kam, erhoffte und erstrebte er ne freundschaftlichen Beziehungen zu dem nicht nur enge wissenschaftliche Kontakte Direktor des Astrophysikalischen Observa- und einen Meinungsaustausch mit den in toriums, seinem Kollegen an der Akademie, Berlin ansassigen¨ Physikern und Physiko- KARL SCHWARZSCHILD (1873–1916), und Chemikern, sondern er brachte konkrete andererseits durch den Einfluß, den ein jun- Fragestellungen mit, die er den Potsdamer ger Astronom, der Assistent an der Stern- Astronomen unterbreiten wollte. Die Astro- warte Berlin-Babelsberg, E. F. FREUND- physik war fur¨ die im Entstehen begriffene LICH (1885–1964) als sein “astronomischer allgemeine Relativitatstheorie¨ der einzige Berater” auf EINSTEIN hatte. Zugang zur experimentellen Uberpr¨ ufung¨ ihrer Effekte, und die Potsdamer Astrophy- KARL SCHWARZSCHILD und das Astro- sik nahm in der Welt eine fuhrende¨ Stellung physikalische Observatorium ein. SCHWARZSCHILD, der ja auch ein EINSTEINS Verhaltnis¨ zu den Astrono- glanzender¨ theoretischer Physiker war, hat- men der Akademie und den astronomischen te sich schon vorher mit Fragen der spezi-

26 ellen Relativitatstheorie¨ und der Quanten- demie verbunden. In dieser Kommissi- physik beschaftigt.¨ Seit 1914 wandte er sein on unterstrich vor allem auch EINSTEIN, Interesse nunmehr auch der entstehenden daß es hoffnungslos sei, einen kongenia- allgemeinen Relativitatstheorie¨ zu. Beruhmt¨ len Nachfolger fur¨ SCHWARZSCHILD zu wurden SCHWARZSCHILDS letzte wissen- suchen; alle Personalvorschlage¨ konnten¨ schaftliche Arbeiten, die das kugelsymme- nur eine sehr eingeschrankte¨ Weiterfuhrung¨ trische Gravitationsfeld gemaߨ den EIN- von SCHWARZSCHILDS Werk sicherstel- STEINschen Gravitationsgleichungen, die len. Schon wahrend¨ der Diskussion um die SCHWARZSCHILDsche Metrik, bestimm- Nachfolge des ersten Direktors des Astro- ten. Aber bereits 1914 begann SCHWARZ- physikalischen Observatoriums H. C. VO- SCHILD mit spektroskopischen Untersu- GEL hatte sich eine Differenz zwischen chungen, mit dem Ziel, zu uberpr¨ ufen¨ den Fachastronomen und den Physikern ob EINSTEINS Effekt der Rotverschiebung an der Akademie ergeben. Der Astronom der Spektrallinien durch ein Schwerefeld der Akademie, A. V.AUWERS, hatte fur¨ im Sonnenspektrum nachgewiesen werden den langjahrigen¨ Observator am Potsdamer konnte¨ – ein Problem, dem sich spater¨ Institut, GUSTAV MULLER¨ (1851-1925), das Einstein-Institut zuwandte. SCHWARZ- pladiert¨ mit dem Bemerken, daß die Mit- SCHILD war durch seinen Militardienst¨ im telmaßigkeit¨ von MULLER¨ “eine recht haus- 1. Weltkrieg und durch die dabei zugezoge- backene, aber durchweg solide, gewissen- ne schwere Krankheit, die zu seinem fruhen¨ hafte und umfangreiche Arbeit des Astro- Tode fuhrte,¨ verhindert, seine letzten Arbei- physikalischen Observatoriums garantieren ten der Akademie vorzulegen. Dies tat seit wurde”.¨ SCHWARZSCHILD hingegen galt Herbst 1914 jeweils EINSTEIN fur¨ ihn, und als gar kein richtiger Astronom, sondern, nach SCHWARZSCHILDS Tod hielt EIN- obwohl er Schuler¨ von H. v. SEELIGER war, STEIN im Auftrage der Akademie 1916 den vielmehr als theoretischer Physiker. Damals Nachruf auf ihn. setzten die Physiker, vor allem PLANCK, Bereits 1916 galt EINSTEIN in der Aka- ihren Vorschlag durch, und SCHWARZ- demie als physikalischer Experte fur¨ astro- SCHILD wurde gegen AUWERS’ Votum Di- nomische Fragen, und nach dem Tode von rektor des Instituts. SCHWARZSCHILD war EINSTEIN zusam- Nach SCHWARZSCHILDS Tode erklarte¨ men mit den Physikern MAX PLANCK nun auch H. STRUVE, daß ein vollwertiger und EMIL WARBURG, dem Geodaten¨ RO- Ersatz fur¨ SCHWARZSCHILD nicht zu fin- BERT HELMERT, dem Meteorologen GU- den sei und daß weiter nichts ubrig¨ blie- STAV HELLMANN und dem Astronomen be, als unter den gegenwartigen¨ Astrono- HERMANN STRUVE (1854–1920), dem Di- men die relativ geeignetsten Krafte¨ ausfin- rektor der Universitatssternwarte¨ Berlin- dig zu machen. Von diesen wurden¨ nun Babelsberg, Mitglied der astrophysikali- einige Kandidaten wegen ihres gespann- schen Kommission der Akademie, die dem ten Verhaltnisses¨ zu den Potsdamer Mitar- Kultusministerium einen Vorschlag fur¨ die beitern ausfallen; es kamen¨ daher nur der Nachfolge von KARL SCHWARZSCHILD 60jahrige¨ Astronom FRIEDRICH KUSTNER¨ als Direktor des Astrophysikalischen Ob- aus Bonn und der 64jahrige¨ MULLER¨ in servatoriums unterbreiten sollte. Traditio- Frage. Gegen MULLER¨ meldeten die Phy- nell war diese Direktoren-Stelle mit einer siker Bedenken an, schon deswegen, weil er Ordentlichen Mitgliedschaft in der Aka- bereits 1908 abgelehnt worden war. WAR-

27 BURG schlug die Berufung eines Physi- ger Fachmann, aber nicht als uberragen-¨ kers vor, wobei er an das Korrespondieren- de Personlichkeit¨ galt. Aber MULLER¨ ver- de Mitglied EMIL WIECHERT aus Gottin-¨ trat die Ansicht, daß LUDENDORFF jeden- gen dachte, einen der Pioniere der Elektro- falls einen ordentlichen Dienstbetrieb im nenphysik und der Geophysik. Gegen WIE- Astrophysikalischen Observatorium garan- CHERT und auch gegen KUSTNER¨ wandten tieren wurde.¨ Andere Astronomen als LU- sich aber HELLMANN und HELMERT. Als DENDORFF standen¨ nicht zur Verfugung.¨ Kompromiß wurde zunachst¨ vorgeschlagen, – Daraufhin meldeten EINSTEIN, NERNST KUSTNER¨ und MULLER¨ aequo loco vor- und PLANCK einige Bedenken an und be- zuschlagen, wogegen EINSTEIN einwand- hielten sich vor, einen vollig¨ anderen Vor- te, daß dies einer Meinungsenthaltung der schlag zu machen, namlich¨ einen Physiker Akademie gleichkame¨ (zu WIECHERT s. a. an die Spitze des Astrophysikalischen Ob- Schroder,¨ 1989). In der nachsten¨ Sitzung servatoriums zu stellen. der Kommission beantragten dann sowohl In einer weiteren Sitzung der Kommis- STRUVE als auch EINSTEIN, KUSTNER¨ an sion wurde dann von WALTHER NERNST ¨ erster Stelle und MULLER erst an zwei- ausgefuhrt,¨ daß der geeignetste Kandidat fur¨ ter Stelle vorzuschlagen. – EINSTEIN hat- die Leitung des Observatoriums naturlich¨ te sich uber¨ die Qualitaten¨ KUSTNERS¨ bei EINSTEIN selbst sei. Da EINSTEIN es aber seinen hollandischen¨ Freunden, den Astro- ablehnte, diese Stelle anzunehmen, ware¨ nomen W. DE SITTER und J. C. KAP- der zweitbeste Kandidat MAXV.LAUE als TEYN, versichert. – Obwohl EINSTEIN zu bahnbrechender Forscher in der theoreti- der Forschungsrichtung des Vertreters der schen Optik, der Relativitatstheorie¨ und der klassischen Positionsastronomie KUSTNER¨ Atomistik. EINSTEIN, PLANCK und RU- durchaus keine Beziehungen hatte, pladier-¨ BENS unterstutzten¨ diesen Vorschlag, WAR- te er hier nach dem alleinigen Maßstab der BURG hatte Bedenken, da V.LAUE nur wissenschaftlichen Bedeutung des Kandi- Theoretiker und kein Experimentator sei, daten. Trotz dieses nun einmutigen¨ Vor- und enthielt sich der Stimme. Die beiden schlages der Akademie wurde MULLER¨ Potsdamer HELLMANN und MULLER¨ wa- zum Direktor des Astrophysikalischen Ob- ren ganz und gar gegen einen Physiker. servatoriums ernannt und wurde dann auch Mitglied der Akademie. Auf Beschluß der Kommission verfaß- ten nun EINSTEIN und NERNST gemeinsam MULLER¨ trat im Fruhjahr¨ 1921 in den Ruhestand, und es wurde wiederum eine den Entwurf eines Gutachtens der Akade- akademische Kommission berufen, um Vor- mie, in dem sie vorschlugen, MAXV.LAUE schlage¨ fur¨ seine Nachfolge zu unterbrei- zum Direktor des Astrophysikalischen Ob- ten. Dieser Kommission gehorten¨ nun au- servatoriums vorzuschlagen und ihm HANS LUDENDORFF als Stellvertretenden Direk- ßer MULLER¨ selbst die Physiker EINSTEIN, tor zur Seite zu geben, der fur¨ den astrono- RUBENS, NERNST, WARBURG, V.LAUE mischen Routinebetrieb verantwortlich sein und PLANCK sowie wieder HELMERT und sollte. HELLMANN an. MULLER¨ schlug vor, nun wiederum seinen dienstaltesten¨ Mitarbeiter In einer tiefschurfenden¨ “tour d’horizont” HANS LUDENDORFF (1873–1941) als sei- uber¨ Entwicklung und Stand der Astrophy- nen Nachfolger zu benennen, von dem al- sik in Deutschland bemerkten EINSTEIN lerdings bekannt war, daß er zwar als tuchti-¨ und NERNST, daß seit SCHWARZSCHILDS

28 Tod deren fuhrende¨ Rolle in der Welt im- Mitgliedern V.LAUE, EINSTEIN, NERNST, mer mehr verloren gegangen sei und daß PASCHEN (zugleich als Prasident¨ der die Astrophysik in Deutschland es nicht Physikalisch-Technischen Reichsanstalt) verstanden hatte,¨ die neuen Ideen, die aus und SCHRODINGER¨ . Es bestand also wohl der Physik (Quanten- und Relativitatstheo-¨ aus denjenigen Physikern, die von allen mit rie) in die Astronomie einflossen,¨ anzuneh- am meisten inhaltlich und methodisch zur men und weiterzuentwickeln. Zur Rezepti- Astrophysik beitragen konnten. on der im Neuland der astrophysikalischen Als Mitglied akademischer Kommis- Forschung fuhrenden¨ Arbeiten von EIN- sionen sowie als Gutachter unterstutz-¨ STEIN, HALE, MICHELSON und EDDING- te EINSTEIN nicht nur astrophysikalische TON “fehlt es zur Zeit in Deutschland an Forschungen im engeren Wortsinne. Er einem hinreichend engen Kontakt zwischen befurwortete¨ z. B. auch nach HERMANN Astronomie und Physik”. STRUVES Tod (1920) die finanzielle Forde-¨ EINSTEIN und NERNST fuhrten¨ weiter rung der Arbeiten seines Sohnes GEORG aus, daß V.LAUE die geeignete Personlich-¨ STRUVE an der Sternwarte Babelsberg zur keit sei, einen solchen Kontakt herzustellen Vollendung von H. STRUVES Untersuchun- und den alten Rang der deutschen Astro- gen uber¨ die Satelliten des Saturn und des physik wieder zu erringen. – EINSTEIN und Uranus. NERNST vertraten die heute weitgehend ak- Auf der Tagung der Astronomischen Ge- zeptierte Ansicht, daß großere¨ experimen- sellschaft in Potsdam vom 24. bis 27. Au- telle Institute am besten von einem Theo- gust 1921, der ersten seit 1915, wurde EIN- retiker geleitet werden sollten, der mit kei- STEIN “mit einiger Verspatung”¨ als neu auf- ner speziellen Forschungsrichtung im Insti- genommenes Mitglied begrußt.¨ Anlaßlich¨ tut verbunden ist. dieser Tagung unterzeichnete EINSTEIN zu- Das Ministerium ernannte schließlich sammen mit A. S. EDDINGTON einen of- doch LUDENDORFF zum Direktor. Zur fenen Brief an den Vorstand der Astrono- Wahrung der Interessen der Akademie an mischen Gesellschaft, in dem koordinier- einer engen Zusammenarbeit von Astro- te himmelsmechanische Arbeiten uber¨ die physik und Physik wurde jedoch auf ei- Perihelbewegung des Merkurs im Rahmen ner Besprechung im Kulturministerium, an der NEWTONschen Storungstheorie¨ ange- der EINSTEIN, LAUE, MULLER¨ , PLANCK regt werden, um die Kenntnis der klassi- und RUBENS teilnahmen, beschlossen, daß schen Terme in der Bewegungstheorie des ein Kuratorium aus funf¨ Mitgliedern fur¨ das Merkurs zu verbessern (FREUNDLICH be- Astrophysikalische Observatorium von der rief sich 1931 bei der Begrundung¨ des Ar- Akademie zu benennen sei, das dann der beitplanes des Potsdamer Einstein-Instituts Minister auf jeweils 3 Jahre berief. auf dieses Konzept). Unter dem Vorsitz von MAXV.LAUE (1879–1960) gehorten¨ diesem Kuratori- FREUNDLICH und das EINSTEIN-Institut um zunachst¨ die Akademie-Mitglieder FREUNDLICH wollte gern seine ganze EINSTEIN, MULLER¨ und NERNST sowie wissenschaftliche Zukunft mit der astrono- ein Vertreter der Physikalisch-Technischen mischen Erforschung der EINSTEINschen Reichsanstalt (E. GEHRKE) an. Spater¨ be- Effekte verbinden, wahrend¨ er fur¨ die vom stand das Kuratorium aus den Akademie- Sternwarten-Direktor H. STRUVE fur¨ ihn

29 vorgesehenen Arbeiten keinerlei Interesse gramms und gewann die Unterstutzung¨ zeigte. Immerhin konnte FREUNDLICH un- von EINSTEIN, PLANCK und NERNST mittelbar nach EINSTEINS Wahl in die auch bezuglich¨ der personlichen¨ Wunsche¨ Akademie und noch vor EINSTEINS Uber-¨ seines Dienstverhaltnisses.¨ EINSTEIN und siedlung nach Berlin im Dezember 1913 PLANCK intervenierten sowohl bei STRUVE die Unterstutzung¨ der Akademie und die als auch beim Ministerialdirektor im Kul- (wenn auch nicht vorbehaltlose) Zustim- tusministerium, Geheimrat NAUMANN, be- mung von STRUVE dafur¨ gewinnen, sich reits im Dezember 1915 und dann wieder- mit einem Wissenschaftler und einem tech- holt zugunsten von FREUNDLICH . – Die- nischen Mitarbeiter an einer argentinischen se Intervention ist deswegen wissenschafts- Sonnenfinsternis-Expedition zu beteiligen, geschichtlich bedeutsam, weil EINSTEIN in die im August 1914 zur Aufnahme der einem Schreiben an NAUMANN die Auf- in Sudrußland¨ sichtbaren Sonnenfinster- gabenstellungen der astronomischen For- nis stattfinden sollte. FREUNDLICH bekam schung fur¨ die allgemeine Relativitatstheo-¨ die finanzielle Unterstutzung¨ der Akade- rie umriß, wobei er den Effekt der Lichta- mie fur¨ die eigene Entwicklung einer spe- blenkung im Gravitationsfeld eindeutig als ziellen astronomischen Kamera fur¨ diese eine “fur¨ die Theorie am unzweifelhaftesten Finsternis-Aufnahmen. Die Expedition fand charakteristische Konsequenz” bezeichnete tatsachlich¨ statt, aber mit EINSTEINS Wor- und diese Konsequenz gleichzeitig auch die ten: “Krieg und Wetter versagten dieser Ex- interessanteste und verbluffendste¨ von allen pedition leider den Erfolg”. nannte.

Als FREUNDLICH 1915 nach Potsdam In einem ausfuhrlichen¨ Antwortschrei- zuruckgekehrt¨ war, versuchte er an der ben an NAUMANN wies STRUVE – s. Z. Sternwarte eine selbstandige¨ Position zu sehr zu Recht – darauf hin, daß FREUND- erlangen mit der ausschließlichen Aufga- LICHS Vorstellungen uber¨ die astronomi- be, uber¨ die EINSTEIN-Effekte zu arbeiten, schen Moglichkeiten¨ fur¨ einen Test der EIN- und zwar sowohl durch eigene Beobach- STEINschen Effekte viel zu optimistisch tungen als auch durch eine neue Auswer- waren.¨ Als fuhrender¨ Beobachter der Pla- tung bereits vorliegender Daten. FREUND- netenmonde bemerkte STRUVE vor allem, LICH hoffte, aus Anomalien der Spektren daß FREUNDLICHS Idee, die Lichtablen- pekuliarer¨ Sterne die EINSTEINsche Fre- kung durch das Schwerefeld des Jupiters quenzverschiebung statistisch nachweisen statistisch nachzuweisen, vollig¨ illusionar¨ zu konnen,¨ und er glaubte ferner, durch war. Beobachtungen von Sternpositionen in der ¨ IN Nahe¨ des Jupiters auf statistischem We- Eine personliche Unterredung von E - STEIN und STRUVE im Februar 1916 in der ge auch die EINSTEINsche Lichtablenkung ¨ durch die Gravitation des Jupiters nach- Sternwarte Babelsberg fuhrte zwar zu ei- INSTEIN ¨ prufen¨ zu konnen.¨ nem von E freudig begrußten gu- ten personlichen¨ Verhaltnis¨ zwischen ihnen, FREUNDLICH uberzeugte¨ EINSTEIN und bezuglich¨ FREUNDLICHS Position aber zu – nach der endgultigen¨ Vorlage von EIN- dem Vorschlag, daß FREUNDLICH sehr bald STEINS allgemeiner Relativitatstheorie¨ – aus der Sternwarte ausscheiden und an schließlich auch die ubrigen¨ Physiker der dem unter EINSTEINS Leitung zu grunden-¨ Akademie von der Moglichkeit¨ seines Pro- den Kaiser-Wilhelm Institut fur¨ Physik ei-

30 ne selbstandigere¨ Position einnehmen soll- NERNST redigierte Aufruf zu einer “Albert- te. FREUNDLICH kam aber erst 1918 zu Einstein-Spende” tragt¨ die Unterschrif- EINSTEIN. In der Zwischenzeit verscharf-¨ ten der Akademie-Mitglieder G. MULLER¨ , ten sich noch die Spannungen zwischen F. HARBER, H. STRUVE, A. V.HAR- FREUNDLICH und STRUVE durch eine NACK (als Prasident¨ der Kaiser-Wilhelm- scharfe Kritik von H. V.SEELIGER an Gesellschaft), W. NERNST, M. PLANCK, FREUNDLICH . H. RUBENS und E. WARBURG. Es ge- lang FREUNDLICH mit Unterstutzung¨ von Unter dem Eindruck des Nachweises der NERNST und HABER, auch die deutsche In- von EINSTEIN als “charakteristischer Ef- dustrie fur¨ diese Einstein-Spende zu inter- fekt” vorausgesagten Ablenkung des Lichts essieren. Vor allem das spatere¨ Akademie- durch das Schwerefeld der Sonne, die Mitglied Geheimrat CARL BOSCH, ein 1919 zwei englischen Sonnenfinsternis- fuhrender¨ Vertreter der technischen Che- Expeditionen gelungen war, beschlossen mie, beschaffte Geldmittel uber¨ den Reichs- verschiedene staatliche Gremien in Preu- verband der deutschen Industrie; die durch ¨ ßen eine Forderung der aktiven Forschun- die beginnende Teuerung steigenden Inve- ¨ gen zur Relativitatstheorie. Die Bereitstel- stitionskosten wurden durch einen erhohten¨ ¨ lung von finanziellen Mitteln fur “Einstein- Beitrag des preußischen Staates aufgefan- Forschungen” beschloß u. a. auch die Preu- gen, so daß schließlich nahezu 1 Million ßische Landesversammlung. Auf die Mit- Mark zur Verfugung¨ stand. teilung des Kultusministers an EINSTEIN In Ubereinstimmung¨ mit EINSTEIN, erklarte¨ jener seine Bedenken, in diesen MULLER¨ und BOSCH veranlaßte FREUND- schweren Zeiten eine besondere finanziel- LICH den Bau eines vorzuglich¨ fur¨ die le Forderung¨ fur¨ seine Forschungen in An- Sonnenforschung bestimmten Turmtele- spruch zu nehmen. Er bat nur darum, seinem skops – gemaߨ MULLERS¨ Angebot – astronomischen Mitarbeiter FREUNDLICH auf dem Gelande¨ des Astrophysikali- eine Observatoren-Stellung in Potsdam zu schen Observatoriums in Potsdam, dessen beschaffen, wo dieser uber¨ die relativisti- wissenschaftlich-technische Einrichtungen schen Effekte arbeiten konnte.¨ Dieser Vor- seinerzeit in Neuland fuhrten¨ und jahre- schlag wurde vom Preußischen Kultusmini- lang internationale Maßstabe¨ setzten. Fur¨ sterium und von Institutsdirektor MULLER¨ die architektonische Gestaltung wurde der gut aufgenommen, und FREUNDLICH ging bedeutende Architekt ERICH MENDEL- als Observator nach Potsdam. SON gewonnen, so daß aus dem “Einstein- Das Organisationstalent FREUNDLICHS Teleskop” ein “Einstein-Turm” und ein zeigte sich aber sofort darin, daß er “Einstein-Institut” mit Laboratoriums- und die Idee einer besonderen Konzeption ei- Arbeitsraumen¨ wurde. Dieser Turm – auch ner “Einstein-Stiftung” ausbaute und sich baulich durch MENDELSON ein Meister- fur¨ diesen Vorschlag zunachst¨ die Un- werk – wurde aus zeitbedingten Verzoge-¨ terstutzung¨ von NERNST sicherte. Mit Hil- rungen erst 1922 baulich fertig und 1924 fe von NERNST bewirkte FREUNDLICH arbeitsfahig.¨ Mit Zustimmung des Preu- einen Aufruf von Berliner Akademikern ßischen Kultusministeriums bildete das fur¨ eine “Einstein-Stiftung” zur Forderung¨ Einstein-Institut zunachst¨ eine selbstandi-¨ der allgemeinen Relativitatstheorie.¨ Die- ge, mit dem Astrophysikalischen Observa- ser von FREUNDLICH verfaßte und von torium personell verbundene Einrichtung.

31 Nach 10 Jahren, d. h. 1932, ging der Turm Verschiebung gelang zuerst bei Weißen dann vertragsgemaߨ als Abteilung an das Zwergsternen, und quantitativ wurde der Astrophysikalische Observatorium uber.¨ Einstein-Effekt erst 1960 im irdischen La- Zunachst¨ unterstand das Institut dem Ku- boratorium mit der hochauflosenden¨ Prazi-¨ ratorium der Einstein-Stiftung, das unter sion der Mossbauer-Spektroskopie¨ verifi- ALBERT EINSTEIN als lebenslangem Vor- ziert. sitzenden (seit 1925) aus Wissenschaftlern Die wichtigste Aktion des Einstein- sowie einem Vertreter des Kultusministeri- Institutes auf dem Gebiet der relativisti- ums und des Reichsverbandes der Industrie schen Astrophysik war die von FREUND- gebildet wurde. Von Amts wegen gehorte¨ LICH geleitete Sonnenfinsternis-Expedition dem Kuratorium der Direktor des Astrophy- von 1929 nach Nord-Sumatra zur Erzie- sikalischen Observatoriums HANS LUDEN- lung von Finsternis-Aufnahmen des Fix- DORFF und der wissenschaftliche Leiter des sternhimmels fur¨ die astronomische Nach- Einstein-Instituts, namlich¨ FREUNDLICH weisung der EINSTEINschen Lichtablen- selbst, an. Die weiteren wissenschaftlichen kung durch das Schwerefeld der Sonne. Mitglieder des Kuratoriums waren schließ- Die englischen Sonnenfinsternis- lich C. BOSCH, G. MULLER¨ , F. PASCHEN Expeditionen von 1919 und dann eine ame- und J. FRANCK aus Gottingen.¨ Die wis- rikanische von 1922 hatten EINSTEINS senschaftlichen Leistungen des Einstein- Wert mit einer allerdings nicht sehr hohen Instituts lagen vor allem in seinen bedeu- inneren Genauigkeit bestatigt.¨ tenden Beitragen¨ zur Physik der Sonne, und gerade in den 20er Jahren hat eine großere¨ Die Beobachtungstechnik der Potsdamer Anzahl spater¨ bekannt gewordener Astro- Expedition von 1929 bedeutete einen Fort- physiker als Assistenten oder als Gaste¨ am schritt gegenuber¨ den fruheren¨ Expeditio- Einstein-Institut neue physikalische Metho- nen. Aber FREUNDLICHS eigene Auswer- den der Astrophysik kennengelernt. Assi- tung seiner Aufnahmen ergab eine Kon- stent war zu dieser Zeit u. a. der spatere¨ stante von 2,200, woraus FREUNDLICH auf Direktor des Astrophysikalischen Observa- die Notwendigkeit einer radikaleren Re- toriums W. GROTIAN und Gastforscher der vision der Lichttheorie schließen wollte, spatere¨ Akademiker V. A. AMBARZUMJAN. als sie EINSTEINS Relativitatstheorie¨ impli- Die Synthese von Atomphysik und Astro- ziert. – EINSTEIN legte im Juni 1931 die zu- physik am Einstein-Institut war methodisch sammenfassende Arbeit von FREUNDLICH wegweisend. und den Mitarbeitern des Einstein-Instituts, Die am Einstein-Institut seit 1924 syste- H. v. KLUBER¨ und A. v. BRUNN, der Aka- matisch angestellten Untersuchungen uber¨ demie vor. Form und Lage der Linien im Sonnenspek- Heute wissen wir, daß das von FREUND- trum zeigten aber auch, daß die Sonnen- LICH energisch und polemisch verteidig- atmosphare¨ viel zu turbulent und kompli- te numerische Resultat sich zum Großteil ziert ist, um aus der Vielzahl der Einflusse¨ aus den eigenwilligen Auswertungsmetho- auf Linienform, -breite und -lage die klei- den FREUNDLICHS ergab. Neue Reduktio- ne EINSTEINsche Rotverschiebung heraus- nen derselben Sonnenfinsternis-Aufnahmen zufinden, obwohl das Sonnenspektrum qua- von 1929 fuhrten¨ auf einen Wert von nur litative Hinweise auf den Einstein-Effekt 1,9500. Dieser immer noch mit relativ großen liefert. Der sichere Nachweis der Einstein- Meßfehlern behaftete Wert ist gerade so gut,

32 wie dies mit optischen Meßmethoden von Turmes. – Allerdings gab es vorher und der Erde aus moglich¨ ist. nachher verschiedentlich Reibungen zwi- Wahrend¨ also der Einstein-Turm als son- schen FREUNDLICH und LUDENDORFF, nenphysikalisches Observatorium außerst¨ und in die sich daraus ergebenden Querelen erfolgreich im Sinne der programmatischen wurde auch EINSTEIN von den Streitenden Ausfuhrungen¨ von EINSTEIN und NERNST hineingezogen. Dies bewog EINSTEIN, sich arbeitete, konnte zu der ursprunglichen¨ zeitweilig etwas zu distanzieren. Zielstellung der Einstein-Stiftung, namlich¨ Unabhangig¨ vom offiziellen Status der Prufung¨ der allgemein-relativistischen des Einstein-Instituts blieb der Einstein- Effekte, nur wenig beigetragen werden. Turm fur¨ die Offentlichkeit¨ eng mit EIN- FREUNDLICH machte 1927 hieraus eine Tu- STEINS Person und Namen verbunden. gend und nannte den seinerzeitigen Bezug Zu EINSTEINS 50. Geburtstag im Marz¨ auf EINSTEIN und seine Relativitatstheorie¨ 1929 kaufte der preußische Kultusminister rein historisch und sentimental begrundet.¨ C. H. BECKER eine EINSTEIN-Buste¨ von Der Einstein-Turm wurde schließlich K. H. ISENSTEIN an und ubergab¨ diese dem 1932 planmaßig¨ als selbstandige¨ Abteilung Einstein-Institut zur Aufstellung “als ein “Einstein-Institut beim Astrophysikalischen dauerndes Wahrzeichen Ihrer großen Lei- Observatorium” in dessen Verband aufge- stungen”, wie Minister BECKER in einem nommen. Die Einzelheiten regelten die Ku- Staats-Telegramm an EINSTEIN schrieb. ratorien der beiden Einrichtungen unter ak- Literatur: tiver Mitwirkung der Vorsitzenden EIN- [1] W. Schroder,¨ Ein Beitrag zur fruhen¨ Diskus- STEIN und V.LAUE. EINSTEIN, V.LAUE sion um den Ather¨ und die Einsteinsche Relati- und SCHRODINGER¨ verhandelten hierzu vitatsheorie.¨ Ann. Physik, 7. Folge, 47, 475-489, in Potsdam mit LUDENDORFF, FREUND- 1989 LICH und anderen. FREUNDLICH blieb [2] H.J. Treder, Große Physiker und ihre Proble- als Hauptobservator Leiter des Einstein- me. Berlin, Akademie Verlag, 1984

Deneb und die Entwicklung sehr massereicher Sterne Teil 2 von Dr. David Walker

Im ersten Teil dieses Berichtes deutete auf (802 ± 66) pc sowie −8M. 39 ± 0M. 18 vi- ich bereits an, daß Denebs Masse nicht die suell und −8M. 50 ± 0M. 18 bolometrisch [2], m 40 M¯ betragen kann, die aus dem Mit- bei einer Extinktion von AV = 0 .12. Die telwert der – sehr ungenauen – Hipparcos- bolometrische Korrektion entnahm ich [1], Parallaxe folgen, sondern eher die Halfte.¨ sie ist etwas kleiner als die, welche ich im Schiller und Przybilla [1] geben Denebs ersten Teil verwandte. Dramatischer sieht Anfangsmasse (diese Sterne verlieren viel es aus, wenn man sich die Leuchtkraft an- 5 Masse im Laufe ihres Lebens) mit nur (22± schaut, die jetzt mit (1.98 ± 0.33) × 10 L¯ 1 2) M¯ an, welch ein Unterschied! Damit nur noch etwa 3 des im ersten Teil angege- mussen¨ auch Entfernung und absolute Hel- benen Wertes ausmacht. All dieses ist ubri-¨ ligkeit kraftig¨ nach unten korrigiert werden: gens nicht im Widerspruch zu der Hippar-

33 cos-Parallaxe: die zugrunde gelegten 802 pc den Helligkeiten im Blauen und im Visu- liegen durchaus innerhalb ihrer Fehlergren- ellen, und findet: B − V = 0m.09 [2]. Die- zen. sen vergleicht man mit dem, den ein Stern Was spricht nun aber fur¨ einen nahen, (re- wie Deneb ohne Rotung¨ durch den Staub lativ!) massearmen Deneb, der dann doch haben sollte. Auch hierfur¨ gibt es Tabellen. m kein Leuchtkraftmonstrum“ darstellt? – Man findet: (B −V)0 = 0 .03 [3]. Die Dif- ” m Da ist, einerseits, seine Verbundenheit mit ferenz ist der Farbenexzeß: EB−V = 0 .09 − m m der OB7-Assoziation und, zum an- 0 .03 = 0 .06. Laut Lehrbuch ist die Ex- deren, kann man es dem Stern ansehen tinktion AV im Visuellen das Dreifache hier- m [1],[2]. von: AV = 0 .18. Ohne den Staub erschiene uns Deneb um diesen Betrag heller. (Hum- m Die Entfernung der Cyg OB7-Assoziation phreys verwendet AV = 0 .12, siehe dazu Deneb sowie neun O- und B-Sterne bil- meine Bemerkung weiter unten.) den diese Assoziation, und man kann wohl Jetzt laßt¨ sich der fur¨ die Extinktion kor- davon ausgehen, daß sie alle gemeinsam rigierte Entfernungsmodul ausrechnen: entstanden sind. Bis auf drei Hauptreihen- (m − M ) = m − M − A sterne handelt es sich um Riesen und Uber-¨ V V 0 V V V riesen, von denen Deneb, obwohl nur“ ein = 1.25 + 7.3 − 0.18 = 8.37 ” A-Stern, der leuchtkraftigste¨ ist. Vier dieser Mit Hilfe der Gleichung Sterne sind heller als 6m [2].

Anhand des zitierten Artikels von Rober- (mV − MV )0 = −5 + 5 lgr ta Humphreys [2], der im Internet uber¨ das Astrophysics Data System der NASA frei ergibt sich die Entfernung r = 472 pc. zuganglich¨ ist, laßt¨ sich gut nachvollziehen, Hiermit ist, wegen der Ungenauigkeit des wie sie die Entfernung zu Cyg OB7 – und fur¨ die absolute Helligkeit benutzten Ta- damit zu Deneb – bestimmte. An eine Pa- bellenwertes, nicht viel anzufangen. Fuhren¨ rallaxenmessung war, angesichts der großen wir die gleiche Rechnung fur¨ ein zwei- Distanz, nicht zu denken, und so wahlte¨ sie tes Mitglied der Assoziation, z. B. 55 Cyg, den folgenden Weg, den mitzugehen der Le- durch, erhalten wir namlich:¨ ser jetzt eingeladen sei. Sp B3 Ia, fur¨ diesen sind die Tabellen- M Zuerst wird der Spektraltyp des Sternes werte [3]: MV = −6 . 8 und (B − V)0 = bestimmt, bei Deneb also: A2 Ia. Man ent- −0m.12. Mit dem gemessenen [2] Farbenin- nimmt der Literatur [3], daß ein solcher dex von B − V = +0m.4 werden Farbenex- m Stern im Mittel (!) die absolute Helligkeit zeß und Extinktion zu EB−V = 0 .52 und M m MV = −7 . 3 besitzt. Im Gegensatz zu den AV = 1 .56. Aus der scheinbaren Helligkeit m Hauptreihensternen, ist dieser Mittelwert, mV = 4 .84 erhalt¨ man den Entfernungsmo- m wenn wir es mit Uberriesen¨ zu tun haben, dul (mV −MV )0 = 10 .08, welchem die Ent- sehr ungenau; wir werden das gleich sehen. fernung r = 1038 pc (!!) entspricht. Nun benotigt¨ man die Extinktion: die Das ist nicht im entferntesten im Ein- Lichtschwachung¨ durch den Staub, denn klang mit dem, was sich fur¨ Deneb ergab. Deneb steht in einer staubigen“ Gegend. Da aber die Ausdehnung der Assoziation ” Man mißt zu diesem Ende seinen Farbenin- klein ist im Vergleich zu ihrer Distanz, soll- dex B − V, das ist die Differenz zwischen te man fur¨ jeden Stern aus Cyg OB7 das

34 gleiche Resultat fur¨ die Entfernung erwar- der Photosphare¨ herrscht, bestimmen, aus ten. Die sehr unsicheren Tabellenwerte, die der Starke¨ der Linien und dem Intensitats-¨ man benutzen muß, verhindern das jedoch. verlauf des Spektrums die effektive Tempe- An dieser Stelle hilft die Statistik. ratur. Der Leser sei daran erinnert, daß der Die eben geschilderte Rechnung wird Spektraltyp (Teff entsprechend) eines Ster- fur¨ jeden einzelnen Stern der Cyg OB7- nes daraus abgeleitet wird, welche Linien Assoziation durchgefuhrt,¨ danach bildet wie stark sind, und die Leuchtkraftklasse man den Durchschnitt dieser auf das ubelste¨ sich aus der Linienscharfe¨ ergibt: Uberrie-¨ ungenauen Einzelwerte. Da sich dabei die sen (geringe Schwerebeschleunigung) zei- Ungenauigkeiten gegenseitig herausmitteln, gen scharfe Linien, Hauptreihensterne (ho- he Schwerebeschleunigung) verschmier- ergibt sich auf diesem Wege ein relativ ge- ” nauer Mittelwert. Humphreys erhalt:¨ te“. Kennt man g und Teff aus der Spektral- m m (mV − MV )0 = 9 .52 ± 0 .18 analyse sowie die Leuchtkraft, ist man in der Lage, die Masse des Sterns auszurech- woraus die Entfernung r = (802 ± 66) pc nen. Aus den Daten gemaߨ [1] sowie L = folgt. 5 1.98 × 10 L¯ folgt: M = 19 M¯ fur¨ Deneb. Dieser Mittelwert wird dann zu der Neu- Die so bestimmte Masse heißt spektroskopi- berechnung der absoluten Helligkeiten aller sche Masse, sie laßt¨ sich dem Stern, um auf Sterne aus Cyg OB7 herangezogen: die Metapher von oben zuruckzukommen,¨ ansehen, da sie aus beobachtbaren Großen¨ M = m − (m − M ) − A V V V V 0 V erschlossen wird. Fur¨ Deneb rechnet man aus: Denebs Entwicklungszustand M MV = 1.25 − 9.52 − 0.18 = −8 . 4 Denebs Spektrum zeigt, daß in seiner Photosphare¨ die Elemente Kohlenstoff und Das ist ein wesentlich besserer Wert als je- Sauerstoff in geringerer, Stickstoff in hoher-¨ ner, der sich, im ersten Teil, aus der Hippar- er Konzentration als in der Sonnenphoto- cos-Parallaxe ergab. sphare¨ vorhanden sind [1], [4]. Das ist ge- Wer den Originalartikel [2] durchschaut, nau das, was man erwartet, wenn in ei- wird feststellen, daß R. Humphreys’ Wer- nem Stern das Wasserstoffbrennen uber¨ den te geringfugig¨ von meinen abweichen. Sie CNO-Zyklus ablauft,¨ was in massereichen benutzte offenbar andere Tabellen als ich, Sternen der Fall ist. Diese Haufigkeitsan-¨ die mir aber nicht vorliegen. Um meine omalien sollten aber in den Brennzonen, al- Ausfuhrungen¨ fur¨ den interessierten Leser, so tief unten, auftreten. Was hat es zu bedeu- der sich die angefuhrten¨ Bucher¨ [3] leicht ten, wenn sie auch in der Photosphare¨ vor- wird besorgen konnen,¨ nachvollziehbar zu handen sind? gestalten, beschloß ich, ihre Zahlen hier Durchmischung! Deneb ist einmal nicht zu ubernehmen,¨ mit Ausnahme von tuchtig¨ durchmischt worden. So etwas ge- 9m.52 fur¨ den Entfernungsmodul. schieht in roten Uberriesen,¨ in denen die Konvektionszone von der Oberflache¨ aus Die Spektralanalyse tief hinunterreicht. Es konnte¨ daher sein, Aus der Form der Fraunhoferlinien laßt¨ daß Deneb bereits ein roter Uberriese¨ war, sich die Schwerebeschleunigung g, die in mittlerweile aber sein Helium gezundet¨

35 hat und dabei ist, seine Außenhulle¨ ab- wie oben, zwar ein Wert von ca. 25 M , ” ¯ zublasen“ und zu einem Wolf-Rayet-Stern seine Entwicklung durfte¨ aber noch nicht zu werden, sich im Hertzsprung-Russell- allzu weit fortgeschritten sein. Der Grund Diagramm nach links bewegend [4]. An- dafur¨ sind die diesen Sternen eigenen hohen ders als Sterne von vielleicht 15 M¯, durch- Massenverluste: die Sternwinde. Wenn De- laufen diese noch massereicheren Exempla- neb von seinen einst 25 noch 19 M¯ geblie- re keine Schleifen durch das Hertzsprung- ben sein sollen, dann durfen¨ sie noch nicht Russell-Diagramm, werden also gegen En- sehr lange wehen“. Schiller und Przybilla ” de des Helium-Brennens nicht wieder zu [1] glauben daher, daß er das Stadium des roten Uberriesen¨ [5]. Statt dessen fuhrt¨ der roten Uberriesen¨ noch vor sich hat, eben- Verlust der außeren¨ Gasschichten durch die so das des Helium-Brennens. Deneb ware¨ Sternwinde dazu, daß ursprunglich¨ tief gele- demnach ein Stern, in dessen Innern das gene, sehr heiße Bereiche des Sternes plotz-¨ Wasserstoff-Schalen-Brennen herrscht und 1 lich dessen Oberflache¨ bilden. Am Ende dessen Alter zwischen 6 2 und sieben Mio. ihres Lebens erscheinen diese Sterne daher Jahren lage.¨ blau und nicht rot. Sterne, die dieses Ent- Wenn Deneb sich derzeit tatsachlich¨ erst wicklungsstadium erreicht haben, gehoren¨ zu einem roten Uberriesen¨ entwickelt, dann zu der Familie der Wolf-Rayet-Sterne. Von muß die Durchmischung, deren Folgen im ihnen wird im nachsten¨ Teil noch die Re- Spektrum sichtbar sind, auf eine andere de sein. In dem im ersten Teil dieses Ar- Weise erfolgt sein. Schiller und Przybilla tikels abgedruckten Hertzsprung-Russell- [1] halten Deneb fur¨ einen schnell rotie- Diagramm nehmen sie jeweils den schraf- renden Stern und fuhren¨ so die beobachte- fiert gezeichneten Teil eines Entwicklungs- te Durchmischung seiner Atmosphare¨ mit weges ein. Nebenprodukten“ des CNO-Zyklus auf die ” Rotation zuruck.¨ Die Zentrifugalkraft kann Vergleicht man mit Maeders Rechnun- im Innern solcher Sterne zu großraumi-¨ gen [5], liegt Denebs Entwicklungsweg et- gen Gasstromungen¨ fuhren,¨ die Material aus was unterhalb dessen eines Sternes mit ei- ursprunglich¨ verschiedenen Tiefen vermi- ner ursprunglichen¨ Masse von 25 M (sie- ¯ schen [6]. he die Abbildung im ersten Teil). Deneb hatte¨ demnach ein Alter von 7.3 Mio. Jah- Der junge Deneb ren und wurde¨ in ca. 300 000 Jahren zu Innerhalb der Cyg OB7-Assoziation ist einem Wolf-Rayet-Stern. Weitere 130 000 Deneb das leuchtkraftigste¨ und, als ein A- Jahre spater¨ ware¨ das Einsetzen seines Uberriese¨ unter O- und B-Sternen, das am Kohlenstoff-Brennens zu erwarten. Stern- weitesten entwickelte Mitglied. Einst, als er winde mußten¨ Denebs Masse, wenn er sich gerade zu einem Hauptreihenstern gewor- denn tatsachlich¨ in diesem Stadium der Ent- den war, also vor 6 1 bis sieben Mio. Jah- wicklung befinden sollte, auf mittlerweile 2 ca. 13 M reduziert haben. ren, leuchtete er als ein O-Stern auf unse- ¯ re Vorfahren herab. Leuchten“ darf man al- ” Schiller und Przybilla [1] jedoch finden lerdings nicht sehr wortlich¨ nehmen, denn etwas anderes, namlich¨ die oben erwahn-¨ als Hauptreihenstern war Deneb im Visuel- m ten 19 M¯. Ordnet man dieses Ergebnis len um ca. 3 schwacher¨ als heute [3]. Das in die theoretischen Entwicklungswege [5] Sommerdreieck, das wir heute am Himmel ein, ergibt sich fur¨ Denebs Anfangsmasse, sehen, ist also nur eine, astronomisch ge-

36 sehen, kurzlebige Erscheinung. Vor sieben [2] R. M. Humphreys: APJS 38, 309 (1978) Mio. Jahren fiel Deneb neben Atair uber-¨ [3] H. H. Voigt: Abriß der Astronomie, 2. Aufl., haupt nicht auf, und die Wega gab es noch B. I. Wissenschaftsverlag, 1975 sowie: nicht [7]. In ein paar hunderttausend Jahren H. Scheffler, H. Elsasser:¨ Physik der Sterne und wird Deneb in einer Supernova vergangen der Sonne, B. I. Wissenschaftsverlag, 1974 sein, und von dem Sommerdreieck bleiben [4] B. Albayrak: A&A 364, 237, 2000 [5] A. Maeder: A&AS 84, 139 (1990) Wega und Atair als Sommerpaar“. ” [6] R. Kippenhahn, A. Weigert: Stellar Structure Literatur: and Evolution, Springer, 1990 [1] F. Schiller, N. Przybilla: Progress of Science, [7] I. Kamp, M. Hempel: Sterne und Weltraum PoS(NIC-IX)174, pos.sissa.it 3/99, S. 226.

Serien

Saturnbeobachtungen von Rudiger¨ Buggenthien

Saturn vom 13. Marz¨ 2007 um 23:40 MEZ, aufgenommen mit einem 180 mm Starfire- Refraktor bei einer Aquivalentbrennweite¨ von 22 572 mm. 9 Sekunden belichtet auf Fuji Velvia 100F.

An dieser POLARIS haben mitgewirkt

Rudiger¨ Buggenthien, Lubeck¨ Carolin Liefke, Bergedorf Felicitas Rose, Lubeck¨ Wilfried Schroder¨ (nicht im Verein) Hans-Jurgen¨ Treder (nicht im Verein) Dr. David Walker, Hamburg

37 ASL - Arbeitskreis Sternfreunde Lubeck¨ e.V.

Der Jahresbeitrag betragt¨ 30 ¤. Schuler,¨ Auszubildende, Studenten, Wehr- und Zivildienstleistende bis zum 25. Lebensjahr sowie Rentner zahlen einen ermaßigten¨ Beitrag von 15 ¤.Fur¨ Familien wird ein Familienrabatt gewahrt.¨ Eine Aufnahmegebuhr¨ wird nicht erhoben. Der Beitrag ist innerhalb der ersten zwei Monate eines Jahres unaufgefordert zu entrichten; eine Beitragsrechnung wird nicht zugesandt. Ein entsprechender Hinweis findet sich in der letzten POLARIS-Ausgabe des jeweiligen Vorjahres. Die Zahlung soll uber¨ das Vereinskonto erfolgen. Aber auch Barzahlung bei einem Vor- standsmitglied ist im Rahmen von Veranstaltungen des Vereins oder der Sternwarte Lubeck¨ moglich.¨ Mitglieder, die mit der Beitragszahlung in Verzug geraten sind, haben keinen Anspruch auf Leistun- gen des Vereins. Ein Austritt aus dem Verein ist nur zum Ende eines Kalenderjahres moglich¨ und mit einer Kundigungsfrist¨ von drei Monaten schriftlich zu beantragen.

Impressum

POLARIS– Mitteilungen des Arbeitskreis Sternfreunde Lubeck¨ e.V. ISSN 0930-4916

Redaktion Redaktionsteam: Felicitas Rose Carolin Liefke Reinhard Albert Sebastian Becker eMail: [email protected] Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung des Vorstandes bzw. der Redaktion wieder. Nachdruck, Vervielfaltigung¨ oder sonstige Verarbeitung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Vorstandes. Das Copyright verbleibt bei den einzelnen Autoren.

Verantwortlicher Herausgeber: Arbeitskreis Sternfreunde Lubeck¨ e.V. Anschrift: Arbeitskreis Sternfreunde Lubeck¨ e.V., Postfach 2209, 23510 Lubeck¨ HomePage: http://www.astronomie-luebeck.de eMail: [email protected] Vereinskonto: Sparkasse zu Lubeck,¨ Kto.-Nr. 2-209 500, BLZ 230 501 01 Der Vorstand Vorsitzender: Oliver Paulien Geschaftsf¨ uhrer:¨ Michael Kremin Schriftfuhrerin:¨ Felicitas Rose

Fachwarte des ASL Bibliothek: Michael Kremin Gerate:¨ Carolin Liefke Jorg¨ Reinhold

Redaktionsschluß fur¨ die nachste¨ POLARIS ist der 7. November 2007. Leuchtende Nachtwolken in der Nacht vom 28. auf den 29. Juni 2007, oben gegen 23:10 UT, unten gegen 0:05 UT. Aufgenommen von Felicitas Rose auf Kodak Elitechrome 100 ExtraColour, Brennweite 100 mm, Belichtungszeit 19 Sekunden. Leuchtende Nachtwolken in der Nacht vom 30. Juni 2007 auf den 1. Juli, gegen 0:05 UT. Aufgenom- men von Felicitas Rose auf Kodak Elitechrome 100 ExtraColour.