Vorwort Vorwort » MICHAEL GREINER » uwe engelmann

Liebe Mitbürgerinnen und Das alles regt uns zum Erinnern und zum Liebe Leserinnen und Leser der Herzlichen Dank auch an das „Kernteam“ Mitbürger in , Nachdenken an, sind wir doch alle selbst „Bad Sobernheimer Geschichte n“ mit Werner Bohn, Gottfried Kneib, Hans sehr geehrte Leserinnen und Leser, Zeitzeugen, die Älteren unter uns natürlich Eberhard Berkemann, Peter Conrad, Heinz mehr als die Jungen. Das Buch sollte dazu Bei der Gründung des Kulturforums Bad Schmitz, Paul Bregenzer und Manfred unsere Stadt Bad Sobernheim hat eine anregen, selbst die eigenen Erinnerungen Sobernheim e.V. am 1. April 2011 stand Petzholdt, die sich regelmäßig mit mir lange Geschichte. Sie begann lange vor aufzuschreiben, vielleicht nur für Kinder „Heimatgeschichte“ nicht ausdrücklich in trafen, die Arbeitsergebnisse bewerte- ihrer ersten urkundlichen Erwähnung als und Enkel, doch auch für die Allgemein- der Satzung des Vereins, war aber durch ten, neue Absprachen trafen und weitere „Villa Suberenheim“ im Jahr 1074 oder der heit. Unsere Stadt braucht dringend eine die gewollte Unterstützung des Heimat- Autorinnen und Autoren gewannen, um endgültigen Verleihung der Stadtrechte Art Archiv, in dem Erinnerungen wohl museums Priorhof als Thema präsent. die „Bad Sobernheimer Geschichte n“ so 1330 und erst recht vor der Verleihung des geordnet bewahrt werden können. So Wie wir dieses Thema konkret aufgreifen vielfältig und ausführlich wie möglich zu Bad-Titels 1995. Vieles aus der Geschichte viel wird in den Häusern aufbewahrt und und umsetzen wollten, war völlig offen. gestalten. Auch bei allen diesen Mitauto- wurde erforscht und aufgeschrieben, noch gesammelt, so viel droht auch für immer ren bedanken wir uns recht herzlich. mehr ist wohl für immer in Vergessenheit zu verschwinden, wenn die Älteren von Umso mehr freut es uns, dass sich schon geraten. Dr. Werner Vogt hat in seinem uns gehen. sehr bald ausgewiesene Heimatkundler Der Dr. Wolfgang und Anita – Bürkle Buch „Sobernheim – Einst und Jetzt“ aus Ich rufe deshalb dazu auf, historische und –kenner zu einem eigenen Arbeits- Stiftung danken wir für die großzügige dem Jahr 1963, das zur 650-Jahr-Feier Zeugnisse der Vergangenheit zu bewah- kreis zusammenfanden, um über mehr Unterstützung dieses Vorhabens. 1980 überarbeitet erschien, zuletzt eine ren und – vielleicht mit Hilfe der aktiven als drei Jahre Geschichte und Geschichten Stadtchronik veröffentlicht. Heimatkundler im Kulturforum und den aus und über Bad Sobernheim zusam- Das Kulturforum Bad Sobernheim e.V. Seitdem ist viel Zeit vergangen, in der sich Menschen, die sich um unser Heimatmu- menzutragen und in der vorliegenden freut sich, ein Werk mit viel Geschich- die Stadt gewandelt und weiter entwickelt seum im Priorhof kümmern – möglichst Chronik zu präsentieren. te und vielen Geschichten über Bad hat. Den Heimatkundlern, die sich nun un- viel zu erhalten, für uns selbst, aber vor Sobernheim präsentieren zu können und ter dem Dach des Kulturforums sich daran allem für die, die nach uns kommen. Unser besonderer Dank geht dabei in wünscht sich eine große und interessierte gesetzt haben, die Geschichte der Stadt ab Allen, die dazu beigetragen haben, dass erster Linie an Werner Bohn, der uner- Leserschaft. 1871 weiter aufzuschreiben, verdanken wir dieses Buch „Stadtgeschichte-n“ verwirk- müdlich die gelieferten Beiträge zusam- dieses Buch. Es enthält nicht nur sehr licht werden konnte, danke ich im Namen menstellte, ergänzte, neu sortierte und viele Fakten über die Geschichte, sondern der Stadt Bad Sobernheim. alle Beteiligten koordinierte. Als Autor Der Vorstand des Kulturforums auch sehr persönlich gesehene Erinnerun- sind darüber hinaus auch etliche Beiträge Bad Sobernheim e.V. gen von Zeitzeugen, dazu eine Auswahl der Chronik von ihm. Uwe Engelmann, 1. Vorsitzender von Bildern. Michael Greiner, Stadtbürgermeister

1 2 manches anders erlebt haben oder im bad-sobernheim.de/ veröffentlicht wer- Rückblick unterschiedlich sehen. Einen den. Zu diesem Buch Anspruch auf Vollständigkeit stellen wir bei weitem nicht. Darum kann das Buch Eine Menge Bildmaterial über die Stadt auch zu Gesprächen anregen, vielleicht und ihre Umgebung liegt vor, auch Filme sogar zu alternativen Darstellungen. verschiedenen Inhalts. Nur eine geringe Anzahl von Bildern wurden für dieses Die (Bad) Sobernheimer Stadtgeschich- by-Historiker. Manches aus Privatbe- Nicht aufgenommen werden konnten Buch übernommen. In Verbindung mit te wurde von Wilhelm Müller 1924 sitz ist auch schon verloren gegangen, die Geschichte der Vereine in unserer dem Heimatmuseum und der Arbeits- („Sobernheim und seine Umgebung im wurde bewusst nach der Nazi-Zeit ver- Stadt. Manche haben ihre eigene Ge- gruppe der Fotofreunde werden Bilder Wechsel der Zeiten“) und von Werner nichtet oder landete im gewerblichen schichte bearbeitet, aufgeschrieben und und Filme archiviert. Diese Arbeit ist Vogt 1963 und 1980 („Sobernheim einst Antiquariat. Daher ist es dringend er- herausgegeben. Es wäre sehr zeitauf- sehr aufwändig und wird nie zu Ende und jetzt“) aufgeschrieben. Daneben forderlich, das, was noch vorhanden ist, wändig geworden, die Vereinschroni- sein, denn ständig tauchen alte Bilder gibt es eine große Zahl von Schriften und an geeigneter Stelle zu bewahren. Ein ken hier zusammenzufassen und dar- auf, kommen neue hinzu. Dem Kulturfo- Aufsätzen zu verschiedenen Themen städtisches Archiv ist wünschenswert, zustellen. Mit Sicherheit wäre der eine rum ist es ein Anliegen, möglichst viele der städtischen Historie. Als 2011 das vielleicht in Verbindung mit dem Hei- oder andere Verein dabei vergessen davon allgemein zugänglich zu machen, Bad Sobernheimer Kulturforum gegrün- matmuseum Priorhof. Der Dr. Wolfgang worden. Gleiches gilt für die Geschich- wahrscheinlich über eine digitale Daten- det wurde, kam dort schon bald die Idee und Anita – Bürkle Stiftung ist zu dan- te der Sobernheimer Firmen. Im Litera- bank im Internet. auf, eine neue „Stadtchronik“ zu erstel- ken, dass sie dieses Vorhaben großzügig turverzeichnis ist aufgelistet, was uns len, vor allem über die Zeit nach 1980, finanziell unterstützt. davon bekannt ist. Vielleicht wäre die Der Titel „Bad Sobernheimer Stadtge- dem Jahr der 650-Jahr-Feier, aus dem Geschichte des einen oder anderen Ver- schichten“ verrät schon dreierlei: Das Dr. Werner Vogts letzte Stadtgeschichte Die Männer der Arbeitsgemeinschaft eins, der einen oder anderen Firma es „Bad“ verweist vor allem auf die jünge- stammt. Uwe Engelmann, Vorsitzender Stadtchronik stellten im Lauf ihrer Be- wert, etwa als Facharbeit beim Emanu- re Zeit seit der Bad-Anerkennung 1995, des Kulturforums, sprach einige ältere sprechungen fest, dass eine umfassende el-Felke- ausführlich darge- „Geschichte“ auf die zusammen getra- Männer an, von denen er wusste, dass Chronik der Stadt für sie nicht zu leisten stellt zu werden. genen historischen Fakten, das daran sie sich für die Heimatkunde interessier- war. Ursprünglich ausgehend vom Jahr angehängte „n“ an die subjektive Dar- ten und dazu auch schon einiges veröf- der Gründung des Deutschen Reiches Die äußere Form der Beiträge ist ver- stellung durch die einzelnen Verfasser, fentlicht hatten. So traf sich Anfang 2013 1871 muss auf das verwiesen werden, schieden, so wie die Autoren verschie- die diese Zeit bewusst in der Stadt ge- ein Grüppchen in Uwe Engelmanns Café was schon schriftlich vorliegt. Somit liegt den sind. Geeinigt haben sie sich darauf, lebt haben und ihre Sicht der Dinge hier am Nohfels und überlegte, was zu tun der Schwerpunkt dieser Chronik auf der dass Quellenangaben nicht wissen- veröffentlichen. Es sind allerdings kei- sei. Parallel dazu kümmern sich andere Zeit nach dem 2.Weltkrieg, wenn auch schaftlichen Ansprüchen genügen müs- ne „Geschichtchen“ - im Sowerummer Ehrenamtliche um das Heimatmuseum in einzelnen Abschnitten die Verfasser sen, sondern lediglich Hinweise für Inte- Platt „Stickelcher“ - im vorliegenden Priorhof oder um die Sicherung von Fo- manches aus der Zeit vorher darstellen, ressierte geben sollen, wo es noch mehr Buch aufgeschrieben. Die möge man in tos und Filmen aus alter Zeit. was bisher noch nicht aufgeschrieben zum Thema zu erfahren gibt. Vieles ist munterer Gesellschaft wiedergeben und war. Somit ist dies nun eine Sammlung aus subjektiver persönlicher Erinnerung seinen Kindern und Enkeln erzählen – Es stellte sich bald heraus, dass es eine von Aufsätzen zu einzelnen Themen aufgeschrieben. Darüber hinaus sollen möglichst wahrheitsnah, wenn auch im- große Menge an brauchbarem Materi- der Stadtgeschichte, jeweils vom Au- zusätzliche Quellen- und Materialanga- mer sehr persönlich eingefärbt. Die „Sti- al gab, das gesichtet und ausgewertet tor subjektiv erarbeitet, bewertet und ben über das Internet auf der Seite des ckelcher“ aufzuschreiben wäre natürlich werden könnte, viel zu viel für die Hob- niedergeschrieben. Zeitzeugen mögen Kulturforums http://www.kulturforum- auch eine lohnenswerte Aufgabe.

3 4 Im ersten Teil unserer „Bad Sobernhei- fentlichen Einrichtungen früher funktio- mer Geschichten“ haben wir uns mit der nierten. Dies könnte und sollte Anlass zu Stadtgeschichte beschäftigt. Die darge- Generationen übergreifenden Gesprä- stellten Ereignisse sind aus einer großen chen sein: „Opa, wie war das damals?“ Menge ausgewählt und sollen exemp- - „Oma, erzähl mal!“ larisch wirken. Vieles musste dabei ver- kürzt oder auch weggelassen werden Dann werden Kirchen und Religions- – in den anderthalb Jahrhunderten ist in gemeinschaften dargestellt, wieder in unserem Städtchen viel geschehen und gekürzter Form. Wenn heute über die die Weltgeschichte hatte es auch von nachlassende Bindung an die früher Zeit zu Zeit betroffen. Das Aufzählen auch in Sobernheim das Leben wesent- von Ereignissen ab 1871 im Zeitraffer bis lich prägenden beiden Schwesterkirchen zur heutigen Zeit wirft nur Schlaglichter geklagt wird, wenn das praktizierende und soll Interessierte zum Nachdenken Judentum in der Nazi-Zeit ausgelöscht und -forschen anregen. Wichtig war ist, dafür aber in der Stadt Muslime le- uns das Einbeziehen von Zeitzeugen ben und Menschen ohne offizielle Reli- des „3.Reichs“ von 1933 bis 1945. Da- gionsbindung leben, dann sollte das auf- nach sind aus bekannten Gründen viele gezeigt werden, was in früheren Zeiten schriftliche Aufzeichnungen vernichtet die Kultur prägte. ke-Jubiläum 2015. Wichtig ist uns, auch Der zweite Glücksfall, ganz eng mit ers- worden, so dass uns nur noch die per- den „normalen“ Sobernheimer zu wür- terem zusammen, ist Katharina Bregen- sönlichen Erinnerungen unserer alten Einige der Autoren dieses Buches wa- digen, etwa wenn es zum Beispiel um zer, Pauls und Mechthilds Tochter, die Mitbürgerinnen und Mitbürger helfen ren Lehrer. Für sie war es von Anfang Kino oder Kirmes geht. Hier mag man- das Layout zu diesem Besuch kreativ können zu verstehen, wie damals auch an selbstverständlich, die Geschichte cher seinen persönlichen Erinnerungen und professionell gestaltet hat. Durch Sobernheim im Zeitgeist mitgelaufen „ihrer“ Schulen aufzuschreiben, weil das nachhängen. die enge Zusammenarbeit mit ihr und ist und nur ganz wenig Widerstand zu ihre eigene Lebensgeschichte betrifft. die kurzen Wege wurde vieles erleich- erkennen war. Für die uns mitgeteilten Ihre Schülerinnen und Schüler mögen Schließlich zu einem großen Glücksfall tert. Mit dem Verlag Matthias Ess – in persönlichen Erinnerungen sind wir sehr sich an ihre Schulzeit erinnern, die Eine für unsere Arbeit: Paul Bregenzer, der Person der Produktionsleiterin Sandra dankbar. so, der Andere so. Ur-Sowerummer, lange Zeit Redakteur Ess, die lange Zeit selbst in Sobernheim bei der Allgemeinen Zeitung, hat uns lebte - in fanden wir Im zweiten Teil kann man die Entwick- Im sechsten Teil geht es um Aktionen als Mitglied unseres kleinen Arbeitskrei- schließlich die Druckerei, die das Werk in lung der Stadt nachlesen, wie aus einem und Personen, die – jeweils in einge- ses eine Menge seiner Artikel aus der der vorliegenden Form anfertigte, damit kleinen, landwirtschaftlich und hand- grenzter Zeit – in Sobernheim Stadtge- Zeitungs-Serie „Einst und Jetzt“ (Allge- es in möglichst vielen Bad Sobernheimer werklich geprägten Städtchen das ak- spräch waren. Pastor Felke, über den es meine Zeitung) zur Verfügung gestellt, Familien und darüber hinaus vorliegt – tuelle „Bad“ Sobernheim geworden ist, schon umfangreiches Schrifttum gibt, die wir hier gesammelt veröffentlichen zum Lesen, zum Stöbern, zum Fragen, immer noch klein und bescheiden, doch wird in einem ausführlichen Beitrag können – sozusagen einer gedanklicher zum Diskutieren und zum Nachdenken andererseits auch der Höhe der Zeit. von Anke Wiechert gewürdigt, unserer Spaziergang durch das alte Sowerum über unsere schöne Heimatstadt. Junge Menschen können sich kaum noch neuen Leiterin des Heimatmuseums Pri- und das moderne „Bad Sobernheim“ mit vorstellen, wie es hier in der Jugendzeit orhof. Dieser Beitrag basiert auf einer Stationen, verteilt auf das ganze Städt- November 2015 ihrer Großeltern aussah und wie die öf- Serie im Öffentlichen Anzeiger zum Fel- chen. Aus diesen Artikeln spricht die Lie- Werner Bohn, Schriftleiter be eines Bürgers zu seiner Stadt. 5 6 Funde aus dem Brandgräberfeld der Stadtgeschichte Spätlatènezeit » Geschichte bis 1870

Vor- und frühgeschichtliche Besiedlung beiles aus Sobernheim. In der Endphase Im Nahegebiet reichen die ältesten jener Epoche entstanden an den Rändern menschlichen Spuren bis in die mittlere der Ackerbaugebiete Höhensiedlungen. Altsteinzeit zurück. Dies ergibt sich aus Wilhelm Müller vermutete in seiner einigen Funden von rohen Steinwerkzeu- Stadtgeschichte, dass damals auch auf gen der damals im Kreisgebiet lebenden dem Domberg eine befestigte Höhen- Menschen, auch aus der weiteren Um- burg angelegt worden sei. Er verweist gebung von Bad Sobernheim. Die Groß- auf die dort noch sichtbaren drei parallel wildjäger jener Zeit kamen wahrschein- verlaufenden Gräben und Wälle, welche lich nur im Sommer in die Nahegegend, zum Teil den jüdischen Friedhof durch- den Domberg überquerend führte er die wurden. Eine in Privatbesitz befindliche wenn sie den nordwärts ziehenden Her- ziehen. Müllers Theorie wurde allerdings Römerstraße hinab durch das heutige Öllampe, deren Lampenspiegel eine aus- den ihrer Nahrungstiere folgten. von keinem späteren Forscher aufge- Stadtgebiet über einen Streifen hoch- geformte Hunde- oder Bärenfigur zeigt, Am Ende der Eiszeit verwandelte sich griffen, von einigen sogar verworfen. wasserfreien Geländes bis zum Naheu- dürfte aus einer römischen Grabstätte das Flussgebiet von Rhein und in fer bei den Ewald-Werken. Aus der letz- stammen. Neben den landwirtschaftlich ein Steppenland, in dem der losgelös- Auch aus der Bronzezeit (2.000 bis 700 ten Epoche der vorrömischen Zeit, der ausgerichteten Villen gab es am westli- te Sand- und Lehmstaub vom Winde v. Chr.) sind aus dem Stadtgebiet keine sogenannten Spätlatènezeit, wurde im chen Stadtrand (Industrie- und Haystra- in den Tälern und Ebenen abgelagert Funde bekannt. Lediglich in Steinhardt Gelände des heutigen Marumparkes ein ße) auch eine Siedlung mit Gewerbe und wurde. Es bildete sich jene Lössschicht, wurde ein verziertes bronzenes Ab- Brandgräberfeld entdeckt. Handwerk, in der unter anderem auch welche eine optimale Voraussetzung für satzbeil aufgelesen, das vermutlich aus Nach der Zeitenwende (ab ca. 13 v. Chr.) eine Ziegelei betrieben wurde. Typisch den Ackerbau und die Viehzucht schuf. einem zerpflügten Grabhügel stammt. entstand im Verlauf von wenigen Jahr- für sie ist die Lage an einem Verkehrs- So kam es zu einer reichen Besiedlung Weitere Grabhügel aus dieser und der zehnten im mittleren und unteren Nahe- knotenpunkt. Unmittelbar südlich der des Nahetals, die bis auf wenige Unter- folgenden Eisenzeit (770 bis ca. 13 v. tal eine blühende antike Siedlungsland- Bebauung konnte der solide Unterbau brechungen bis heute anhielt. Die fol- Chr.) umsäumen sowohl im Süden als schaft gallorömischer Prägung. Überall einer römischen Überlandstraße archäo- genden Ausführungen beschränken sich auch im Norden die Gemarkung. Sie lie- wurden römische Gutshöfe (villae rusti- logisch nachgewiesen werden. Diese auf eine Aufzählung von Siedlungsnach- gen heute in Wäldern versteckt. Bei ihrer cae) errichtet, die man nach damals fort- Straße verlief auf der linken Naheseite weisen, welche die Bad Sobernheimer Errichtung waren sie auf eine weiträumi- schrittlichen Anbaumethoden bewirt- Richtung und stieß nur einige Meter Gemarkung betreffen und durch Funde ge Sichtbarkeit ausgerichtet, was einen schaftete. In Bad Sobernheim entdeckte naheabwärts auf die Fernstraße aus vor- belegbar sind. erheblich geringeren Waldbewuchs auf man Gebäudereste einer Siedlungsstel- geschichtlicher Zeit zwischen und Aus der Jungsteinzeit (4.000 bis 2.000 den Anhöhen des Nahetals voraussetzt. le am Nordrand der Stadt (in der Nähe Metz, welche von den Römern weiter vor Chr.) sind Funde aus dem gesamten Bereits in dieser vorgeschichtlichen Zeit des Friedhofes). Auf eine weitere stieß genutzt wurde. Kreisgebiet erhalten. Dennoch besitzt überquerte ein Höhenweg von Mainz man bei Planierarbeiten auf dem Flug- Anfang des 5. Jahrhunderts endete mit den das Kreuznacher Heimatmuseum ledig- nach Metz bei Sobernheim die Nahe. platz Domberg, wo vor allem römische Germaneneinfällen ins linksrheinische lich ein Bruchstück eines grünen Nephrit- Von Waldböckelheim kommend und Keramik und Ziegel zutage gefördert Gebiet die römisch geprägte Besiedlung.

7 8 Der folgende Wüstungsprozess verän- und dem Straßenverlauf machen wahr- auch Eisengegenständen, Bronzeriemen erzbischöfliche Ministerialen. Aus den derte die Landschaft radikal. Weite Teile scheinlich, dass das ursprüngliche frän- und Glasperlen. Die räumliche Nähe zum Sitzen dieser Burgmannen und Dienst- der römischen Kulturlandschaft wurden kische Haufendorf zwischen der Saar- Ort und die für die Merowingerzeit typi- leute gingen die zahlreichen Adelshöfe von Wäldern zurückerobert und erst nach straße, dem Marktplatz und auf beiden sche Lage oberhalb der Siedlung spre- hervor, die in einem Halbkreis um den Jahrhunderten wieder urbar gemacht. Seiten der mittleren Großstraße gelegen chen für die Zuordnung zur Sobernhei- ursprünglichen Ortskern entstanden und haben muss. mer Siedlung. damit das Dorf im Westen und Norden Dorfgründung (6. Jahrhundert) Aus der Gründungszeit ist ein frühmero- Dorferweiterung (7. - 13. Jahrhundert) erweiterten. Wo genau der Mainzer Die Gründung der Siedlung Sobernheim wingisches Tongefäß erhalten. Es han- Die Einführung des Christentums be- Salhof in Sobernheim lag, ist nicht be- fällt in die Zeit der fränkischen Landnah- delt sich um den ältesten Fund im mittle- dingte eine der ersten Erweiterungen kannt. Möglicherweise ist aus ihm die me. Nach dem Sieg über die Alemannen ren Nahetal aus der nachrömischen Zeit. des Dorfes. Die erforderlichen kirchli- erzbischöfliche Burg entstanden, welche besiedelten die Franken das eroberte Sein intakter Erhaltungszustand lässt chen Gebäude konzentrierten sich auf Ende des 12. Jahrhunderts am Südrand Land. In der ersten Phase bevorzugten vermuten, dass es sich um eine Grab- das Gebiet zwischen Pfaffengasse, un- des Kirchenbezirkes neben der heutigen sie waldfreie Gebiete von ursprüngli- beigabe handelt. Da aber der genaue terer Großstraße, Poststraße bis fast Disibodenberger Kapelle errichtet wur- chen Steppenheiden, welche von den Fundort unbekannt ist, bleibt ungewiss, zur Igelsbachstraße. Hier standen die de, zumal auch die Herrenhöfe in der Römern urbar gemacht worden waren. ob das Gefäß aus dem Gräberfeld der Pfarrkirche, ein Vorgängerbau der heuti- Regel befestigt waren. Die Bedeutung Ins Nahetal drangen sie flussaufwärts Sobernheimer Siedlung stammt. gen Matthiaskirche, und der Wohn- und des Fronhofes verringerte sich, als Erz- bis Kirn. Die damals im 6. Jahrhundert Amtssitz des Ortsgeistlichen. Die Pfarr- bischof Willigis (975-1011) auf dem Dis- entstandenen Siedlungen waren Hau- kirche und der um sie liegende Friedhof ibodenberg ein Kanonikerstift gründete fendörfer, d. h. lockere, ziemlich regel- bildeten einen fest umgrenzten Immu- und dieses mit Grundbesitz ausstattete, lose Ansammlungen von Hofstätten und nitätsbezirk. Neben Pfarrgebäuden war den er zum Teil dem Sobernheimer Hof erhielten in der Regel ihre Namen von auch der Salhof (Herren- oder Fronhof) entnahm. Das Disibodenberger Hofgut dem Gründer oder ersten Besitzer, dem des Mainzer Erzstiftes angesiedelt. Er entstand im westlichen Teil des Kirchen- die Silbe „heim“ angehängt wurde. In war das Verwaltungszentrum des um- bezirkes an der Stadtgrenze zwischen Sobernheim war es vermutlich ein Fran- fangreichen Mainzer Grundbesitzes, der der unteren Großstraße, der Kapellen- ke namens „Sobero“ oder „Subaro“. sich von bis Oberhausen straße und der späteren Stadtmauer in Der Standort der Siedlung war mit Be- sowie Glan aufwärts bis Meisenheim einem gewissen Abstand zur heutigen dacht gewählt. Er lag in einer fruchtba- erstreckte. Seine Größe und Komplexi- Poststraße. Außerdem vermachte Willi- ren Talweitung der Nahe außerhalb des tät lässt sich nur durch eine königliche gis dem Stift die Pfarrkirche einschließ- Hochwasserbereiches in dem vor Wind Schenkung an den Mainzer Bischof er- lich des zugehörigen Zehnten. Die damit und Wetter geschützten Winkel der Nie- klären. Ein Teil dieses Grundbesitzes, das verbundene Übertragung der Seelsor- derterrasse zwischen dem Domberg, sogenannte Salland, wurde unmittelbar ge in Sobernheim verblieb bis zur Ein- dem Hüttenberg und jenem Teil der Mit- Frühmerowingisches Tongefäß vom Salhof bewirtschaftet, der größere, führung der beim Disibo- telterrasse, auf dem heute der Friedhof vom Sobernheimer Hof entfernter lie- denberg. Auch die Nachfolger auf dem liegt. Der Dornbach, welcher damals Dieser Friedhof befand sich möglicher- gende Teil dagegen als Lehen vergeben. Mainzer Bischofsstuhl bedachten die noch durch Herrenstraße und Fröschen- weise an der östlichen Ringstraße. Dort Dies geschah entweder in der Form ei- Stiftsherren auf dem Disibodenberg so- gasse (die heutige Saarstraße) floss, fand man 1878 beim Straßenbau verwit- nes vom Haupthof mehr oder weniger wie die diesen folgenden Ordensleute sorgte für ausreichendes Wasser, einer terte Steinsärge, die neben Skelettresten abhängigen Zinsgutes, deren Abgaben mit Schenkungen aus ihren Sobernhei- lebenswichtigen Voraussetzung für jede Armspangen und fast völlig rostzerfres- und Dienste dem Sobernheimer Gut zu- mer Ländereien, sodass der Disiboden- bäuerliche Ansiedlung. Rückschlüsse sene Schwerter enthielten. Die Grabbei- gutekamen, oder als ritterliche Lehen berger Hof zu dem mit Abstand größten aus den Höhenprofilen im Stadtgebiet gaben bestanden aus Tongefäßen, aber beziehungsweise als Dienstlehen an Gutshof in Sobernheim heranwuchs. 9 10 Ein weiterer entwicklungsfördernder schaftlichen Mittelpunkt schaffen. In der Faktor für das Dorf Sobernheim war Erhebungsurkunde wurden Sobernheim seine verkehrsgünstige Lage an einem die gleichen Privilegien zugesagt, wie Knotenpunkt mehrerer Handelsstraßen. sie die Stadt besaß, insbeson- Unter ihnen war die bereits erwähnte dere die Vollmacht einen Wochenmarkt vorgeschichtliche Fernstraße von Mainz einzurichten sowie eine Ringmauer mit nach Metz immer noch die bedeutends- Wassergraben anzulegen. te. Hinzu kam die Uferstraße entlang der Nahe, flussaufwärts nach Kirn und Idar- Aus noch ungeklärten Gründen wurde die Oberstein und flussabwärts über Stau- Stadterhebung zweimal neu erteilt, im dernheim ins Glan- und Lautertal. Den Jahre 1324 wieder durch ein königliches Hunsrück erschloss eine Straße über Privileg nach dem Frankfurter Stadtrecht Eckweiler nach Gemünden. und 1330 durch den damaligen Adminis- Ausbau zur landesherrlichen Stadt trator des Mainzer Bischofsstuhls, dies- (14. Jahrhundert) Den bedeutsamsten mal nach dem Recht der Stadt Bingen. Entwicklungsschub erfuhr Sobernheim Gerade die letzte Urkunde verdeutlicht, mit der Erhebung zur Stadt. Dies geschah dass Sobernheim keine reichsunmittel- Marktplatz 1833 (von J. C. Scheuren) auf Initiative des Mainzer Erzbischofs bare, unabhängige Stadt geworden war, Werner von Eppstein, der seine Besit- sondern weiterhin als landesherrliche den nun durch einen Marktplatz zu einer Nach außen wurde die Stadt durch eine zungen an der mittleren Nahe in einem Stadt dem Mainzer Kurfürsten unterstellt Einheit verbunden. Dessen regelmäßige Ringmauer und einen Graben geschützt. zusammenfasste. Im Jahre 1279 blieb. Dessen Anliegen war es, seine po- Gestalt lässt noch die planmäßige Anla- Mit Wasser versorgt wurde der Stadt- erwarb er die Burg Böckelheim, bau- litische Machtposition im Nahegebiet zu ge aus der Zeit der Marktrechtverleihung graben vom Bach, der damals Ergers- te die Festung aus und vergrößerte die festigen und zugleich die Einahmen für erkennen. Da damals noch nicht das dem borner Graben genannt wurde und ab Burgmannschaft. Der dort eingesetzte das Mainzer Erzstift zu erhöhen. alten Rathaus benachbarte Verwaltungs- der Stadtgrenze den Namen Dornbach Burggraf war in Personalunion Amtmann Für Sobernheim bedingte die Stadterhe- gebäude stand, reichte er bis zum heu- erhielt. Durch die Stadt flossen nur noch des neu geschaffenen Kurmainzer Am- bung das Zusammenwachsen der bishe- tigen Kriegerdenkmal. Der Umfang des kleine Wasserläufe, welche insbeson- tes Böckelheim. Mit der anschließenden rigen beiden getrennten Siedlungskerne, Platzes lässt die Bedeutung der Sobern- dere zur Bewässerung der Gärten und Stadterhebung von Sobernheim im Jahre dem älteren bäuerlichen und dem jün- heimer Märkte auch für das Umland er- zum Abwassertransport genutzt wur- 1279 wollte er im neuen Amt einen wirt- geren kirchlich-klösterlichen. Beide wur- kennen. Der kirchliche Immunitätsbezirk den. Am Saarplatz lag der Brandweiher grenzte unmittelbar an den Platz. Dicht mit Viehtränke. Die Stadtmauer wurde an der Immunitätsgrenze wurde das verstärkt durch neun hohe Warttürme, Rathaus angesiedelt. Auf der anderen von denen der runde „Weiße Turm“ in Seite des Marktes verlief entlang der der Nähe des ehemaligen Postgebäudes Großstraße die bereits erwähnte alte (Igelsbachstraße 11), der „Wolfsturm“, Handelsstraße von Mainz nach Metz. So der „Oberste“ und der „Alte Turm“ noch schuf man mit der Anlage des Marktplat- namentlich bekannt sind. Die gesamte zes den Mittelpunkt der jungen Stadt, Anlage umschloss ein Oval innerhalb der auf den hin die übrigen Stadtteile mit ih- heutigen Ring- Bahnhof- und Poststra- ren Straßen ausgerichtet wurden. Sieben ße. Lediglich die erzbischöfliche Burg Stadtrechtsurkunde von 1324 Straßen und Gassen münden hier ein. (am heutigen Parkplatz nördlich der

11 12 Poststraße) bedingte ein Einknicken des Befestigungsanlagen waren erheblich des glücklichen Ehepaares wurde beim reits erwähnt – in einem Halbkreis am Verlaufs, sodass sie wie in den übrigen und nur mit Hilfe von zahlungskräftigen Bau der katholischen Pfarrkirche in de- Stadtrand nahe der Ringmauer: der linksrheinischen Kurmainzer Amtssitzen Kreditgebern zu stemmen. Daher nutz- ren Turmhalle verlegt. Ehemhof (Igelsbachstraße), der Hof der Bingen und Gau-Algesheim außerhalb te der Mainzer Landesherr sein Privileg, Herren von Blomberg (Marumpark), der der Ringmauer lag und die landesherr- Juden im Erzstift ansiedeln zu dürfen. Er Im ausgehenden Mittelalter Steinkallenfelser Hof (Hohe Burg in der liche Festung deutlich vom städtischen selbst kassierte die Schutzzölle, und die (15. Jahrhundert) Wilhelmstraße), der Kratzsche Freihof Bereich trennte. Der Graben verlief au- Stadtbürger nutzten gerne die Möglich- In der Folgezeit entwickelte sich Sobern- an der Badestube (Herrenstraße), das ßerhalb und integrierte die Burg in die keit der Geldleihe, da damals den Chris- heim zu einer Stadt, die zumindest im pfalz-simmersche Hofgut (ebenfalls Her- Stadtbefestigung. Zugang ins Stadtinne- ten das Erheben von Zinsen verboten Alltagsleben einen kleinen, in sich ge- renstraße) und der Priorhof (Priorhof- re gewährten nur die beiden besonders war. Zudem kamen ihnen bei der Ent- schlossenen, fast autarken Kosmos bil- straße). Einige Grabmäler ihrer Bewoh- befestigten Tortürme, im Westen das faltung des städtischen Marktwesens dete. Die Leitung oblag dem vom Lan- ner sind in der Matthiaskirche erhalten. Obertor und im Osten das Untertor. Der deren hervorragende Kenntnisse in den desherren eingesetzten Schultheißen. Weitere städtische Aufgaben oblagen Bau der Mauer, der von der Bürgerschaft damals komplizierten Münz- und Wäh- Er wurde von gewählten Stadträten den Bürgermeistern, die sich um die Fi- finanziert werden musste, zog sich über rungssystemen zugute. unterstützt, deren Anzahl im Laufe der nanzen kümmerten, den Scharwächtern, Jahrzehnte hin und wurde immer wieder Zum Gerichtsbezirk der Stadt gehörten Jahrhunderte variierte. Sie waren neben welche später Viertelmeister hießen optimiert. So sollten die Sobernheimer auch die auf der rechten Naheseite lie- der Verwaltung auch für die Gerichtsbar- und die Wachen an den Toren und den im Jahre 1403 binnen einem Jahr einen gende kleine Siedlung Igelsbach und die keit zuständig. Das von ihnen verwand- Mauern beaufsichtigten, sowie den Bee- Zwinger vor der Ringmauer bauen. Auf Anfang des 14. Jahrhunderts vom Main- te Stadt- und Gerichtssiegel zeigte das desetzern und –erhebern. ihre Bitten hin verlängerte der Mainzer zer Erzbischof errichtete Feste Nohfels. Mainzer Rad und als Beizeichen einen Sobernheims Einwohnerzahl in der frü- Erzbischof die vertraglich zugesagte Diese zählte wie die Burg am Stadtrand sechseckigen Stern. hen Neuzeit wird auf ca. 800 Personen Ausführungsfrist. zu den kleineren Mainzer Befestigungs- geschätzt. Der größte Teil von ihnen leb- Auf die Frage nach dem Planer und Bau- anlagen im Amt Böckelheim, in denen te von der Landwirtschaft, dem Weinbau meister bei der Verlegung des Dornba- dem Erzbischof dauerhaft einsatzbereite und der Viehzucht. Das Ackerland verteil- ches, bei der Anlage des Marktplatzes, Burgmänner vor Ort zur Verfügung stan- te sich auf drei Großfluren der Sobern- der Stadtbefestigung, des Mühlentei- den. In Krisen- und Kriegszeiten boten heimer Gemarkung, in denen nach der ches, welcher drei Mühlen trieb, oder sie zusätzlich eine militärische Opera- damals üblichen Dreifelderwirtschaft in später beim Bau der steinernen Brücke tionsbasis mit der Möglichkeit, Trup- einem Dreijahresrhythmus Winterfrucht, über die Nahe schweigen die Quellen. pen zu stationieren und Kriegsmaterial Sommerfrucht und Brache aufeinan- Vieles deutet darauf hin, dass hier der zu lagern. Ebenso wichtig war Nohfels derfolgten, und zwar in der Breitler Flur Einfluss der Zisterziensermönche eine aber auch als Schutzschild gegen die bis (Talsenke Richtung Meddersheim und Rolle spielte. Diese hatten mit der Über- zur Nachbargemarkung vorgedrungene Hottenbachtal auf der anderen Nahe- nahme des Klosters Disibodenberg von Rau- und Wildgrafschaft. Darüber hinaus seite), in der Leimkauter Flur (Richtung den Benediktinern im Jahre 1259 ihre rei- ermöglichte die Burg mit der Ansiedlung Nußbaum und Dörndich) und in der Nie- che Erfahrung im Landbau an die Nahe der Lander von , eine Ritterfa- derflur (Richtung ). Aus- gebracht und verhalfen hier der alten milie des Nahe-Hunsrück-Raumes nicht genommen von der Fruchtfolge waren Stadtsiegel von ca. 1470 Kulturlandschaft durch ihre Arbeit, ihr nur für zeitlich begrenzte Militäraktionen natürlich die Weinberge und Wiesen. Die Vorbild und ihre Offenheit für Neuerun- dienstbar zu machen, sondern langfristig ältesten überlieferten Namen von Wein- Die Mitglieder des Rates stammten gen zu einer wirtschaftlichen Weiterent- an das Erzstift zu binden. Diese wählten lagen sind „Domberg“, „Fronwingert“ überwiegend aus dem ortsansässigen wicklung. die Malteserkapelle zu ihrer Grablege. und „Kretenloch“. Die Wiesen entlang Adel. Ihre Adelshöfe lagen – wie be- Die Kosten für Aufbau und Erhaltung der Das schönste Grabmal mit dem Motiv der Nahe und die jeweils brachliegende

13 14 Flur dienten als Viehweide für Kühe und gesamte Umland kann man daran er- Schafe. Ein Hirte führte die Herde der messen, dass bis ins 15. Jahrhundert die Stadt zur Furt an der Nahe, wo ihm auch Einwohner von Meisenheim in Sobern- die Tiere aus Igelsbach anvertraut wur- heim ihre Waagen eichen ließen und den. Die Schweine mästete man in den Ungeld bezahlen mussten. Noch heute Wäldern mit Eicheln und Bucheckern. erinnert das erhaltene offizielle Normal- Den zweitgrößten Anteil der Bevölke- maßeisen am Portal der Matthiaskirche rung stellten die Handwerkerfamilien, an die „Sobernheimer Elle“. Steinerne Nahebrücke (Zeichnung von Theodor Melsbach) welche sich bei genügender Anzahl in Alle genannten Personengruppen bilde- die Sobernheimer Bürgermeister jeden Die Rechte und Pflichten der Müller so- den einzelnen Berufssparten anfangs in ten in sich geschlossene Lebensgemein- Sonntagnachmittag die Feldschützen wie deren Entlohnung waren in einer Bruderschaften, später in Zünften zu- schaften, deren Zugehörigkeit schon an mittels der Spitalglocke zusammenru- Ordnung genau geregelt. In der zweiten sammenschlossen. In Sobernheim sind der Kleidung erkennbar war und aus fen, um den Feldfrevel der zurücklegen- Mühle wurden Tuche und Filze gewalkt. allerdings vor 1700 nur eine Metzger- denen man in der Regel nicht ausbre- den Woche zu ermitteln. Ihren Bau hatte der Mainzer Erzbischof zunft und eine Lauerzunft (Gerber) ur- chen konnte. In Sobernheim verkehrten Neben dem von der Stadt verwalteten im Jahre 1375 erlaubt und verfügt, dass kundlich belegt. Wie in allen Städten gab nachweislich die Patrizier, die Geistlichen Hospital gab es in Sobernheim auch ihre Einnahmen zum Nutzen der Stadt, es auch in Sobernheim die für das tägli- und Zünfte in je eigenen Trinkstuben. Die eine Elendenbruderschaft, welche sich insbesondere für städtische Baumaß- che Leben notwendigen Berufe wie die Standesunterschiede und Einschränkun- um Fremde, Bettler, fahrende Leute und nahmen, verwendet werden sollten. Sie des Bäckers, Müllers oder Schmiedes, gen bei der Berufs- und Partnerwahl Arme kümmerte und in der Pfarrkirche lag an der Straße nach Meddersheim deren Tätigkeit bis hin zur Festlegung wurden als gottgegeben hingenommen. eine ständig brennende Kerze unterhielt. (Ewaldsche Gelatinefabrik) ursprüng- der Löhne in Ordnungen genau geregelt Die Stadtgemeinschaft fühlte sich für Außerdem gab es Almosenstiftungen, lich in der Nähe des Naheufers. Im Jahre war. Aber auch die Schneider, Weber, die in ihren Mauern lebenden Hilfsbe- welche nach Gottesdiensten in der Re- 1426 wurde hier eine steinerne Brücke Schreiner, Sattler, Schuhmacher, Wag- dürftigen verantwortlich. So unterhielt gel Brot und Getreide, manchmal auch mit sechs Bogen errichtet, die zum Teil ner, Gerber und alle anderen unterlagen sie – wie fast alle Städte und Amtsorte Kleidung an sogenannte Hausarme und mit Geldern eines päpstlichen Ablasses strengen Vorschriften, deren Einhaltung – ein Hospital, das sich „Spital zum Heili- Fremde verteilten. Schließlich sei noch finanziert wurde. Seitdem hieß die Walk- die Stadtverwaltung kontrollierte. gen Geist“ nannte und auf der Nordseite das Feldsiechenhaus jenseits der Nahe mühle auch Brückenmühle. Nachdem Eine weitere bedeutende Berufsgruppe des Marktplatzes (heute: Sparkasse) lag. genannt. In diesem wurden Menschen aber die Nahe infolge eines Unwetters bildeten die Händler. Während auf den Hier kümmerte sich ein Spitalmeister um mit ansteckenden Krankheiten unter- ihr Bett verlegt hatte, stand die Brücke Wochenmärkten schwerpunktmäßig die die mittellosen Kranken und Fremden. Im gebracht, um die Stadtbevölkerung vor im Trockenen und wurde 1876 abgeris- überschüssigen landwirtschaftlichen Pro- Laufe der Jahre verschob sich der Aufga- Seuchen zu schützen. Die öffentliche sen. Die dritte Mühle, welche die kleine dukte und Handwerkserzeugnisse an- benschwerpunkt auf die Versorgung von Aussetzung erfolgte nach einem festen Mühle oder Lohmühle genannt wurde, geboten wurden, befriedigten die Jahr- Alten und Gebrechlichen, welche sich als Ritus durch den Pfarrer. Für die Verpfle- lag bei den früheren Lohgerbereien in märkte die besonderen Bedürfnisse, „Pfründner“ für den Lebensabend wie gung sorgte der Stadtrat. der Nähe der Fähre. beispielsweise beim Kauf und Verkauf in einem Altenheim einkaufen konnten. Vor den Toren der Stadt lagen am Müh- Die Nutzung des Stadtwaldes auf der von Wein, Vieh, Holz und Textilien. Das Ihr Zusammenleben verlief nach einem lenteich und den künstlich geschaffenen anderen Naheseite mussten die Sobern- Marktgeschehen wurde von einem genau festgelegten Zeitplan, dessen Ge- Wehren drei Mühlen. Die größte war die heimer mit den Herren der Feste Noh- Marktmeister mit beigegebenen Gehil- meinschaftsaktionen durch eine hausei- Bannmühle (später Stadt- und Wehr- fels teilen. Es handelte sich um die Ver- fen organisiert und beaufsichtigt. Für die gene Glocke angezeigt wurden. Da die fritzsche Mühle). Sie besaß drei Räder, marktung von Buchen- und Eichenholz Stadtkasse waren die Marktgelder ein Stadt die Aufsicht über das Spital aus- zwei für die Stadtbewohner und eines zu Bauzwecken, um die Verpflichtung wichtiger Einnahmeposten. Die Bedeu- übte, konnte sie diese Glocke auch für für die Einwohner des Dorfes Igelsbach. zu Neuanpflanzungen, um das Auflesen tung des Sobernheimer Marktes für das städtische Anliegen einsetzen. So ließen

15 16 von Bucheckern, um die Schweinemast kapellen. Beide wurden finanziert aus und schließlich um die Nutznießung der Stiftungen von kinderlos gebliebenen Bußen bei Waldfrevel. Die sich daraus Böckelheimer Amtmännern bzw. deren ergebenden zahlreichen Konflikte muss- Witwen. Es war einmal die Disiboden- ten immer wieder in vertraglichen Ab- berger Kapelle in dem gleichnamigen machungen geregelt werden. Klosterhof der Zisterzienser. Der Chor Eine wichtige Rolle im Leben der Men- wurde ca. 1454 und das Langhaus ca. schen spielte die christliche Religion. 1490 vollendet. Die zweite Kapelle ent- Versammlungsort war natürlich die stand in der seit dem 14. Jahrhundert in Pfarrkirche, welche mit dem umgeben- Sobernheim ansässigen Malteserkomtu- den Friedhof einen Immunitätsbezirk rei. Die in der Regel aus drei geistlichen bildete, in dem die weltliche Gerichts- Ordensbrüdern bestehende Kommende Colorierter Merianstich von ca. 1645 barkeit außer Kraft gesetzt war. Die ersetzte ihre kleine Kapelle durch eine Zuständigkeiten von Bau und Erhaltung größere. Der Chor wurde 1456 erbaut in Sobernheim wohnten und das Ge- Krieg, in dem Band über die Rheinpfalz regelte ein sogenanntes Sendweistum. und das Langhaus 1465 fertiggestellt. bäude längst in den Besitz von Christen publiziert. Dargestellt ist aber der Zu- Aus den Einnahmen des Pfarrgutes wur- Außerdem gab es im Friedhof beim übergegangen war. stand vor dem Kriege. Der Stich zeigt de der Chor finanziert. Für das Langhaus Westturm der Pfarrkirche (am heuti- die Stadt von der Nußbaumer Höhe aus. waren die Zehntherren zuständig. Dies gen Standort des Gefallenendenkmals) Über Schulen in der spätmittelalterlichen waren seit 1339 die Mönche des Klosters eine Beginenklause. In ihr lebten zu- Zeit ist nur wenig bekannt. Der älteste Bereits vorher entstand im Auftrag des Disibodenberg. Der Zivilgemeinde ver- nächst zwei und ab der Mitte des 14. Beleg eines Schulmeisters stammt aus Pfälzer Kurfürsten ein detailgetreues blieb der Glockenturm (einschließlich der Jahrhunderts drei Jungfrauen bzw. Wit- dem Jahre 1410 und verrät, dass er und Gemälde von Sobernheim, das lange Anschaffung der Glocken und Glocken- wen ähnlich wie Nonnen eines Ordens. seine Schüler die Gottesdienste mit Cho- fälschlich Philipp Helderhof zugeschrie- seile), die Seitenschiffe, die Friedhofs- Ihr Broterwerb bestand aus dem Erlös ralgesängen begleiteten. Der nächste ben wurde. Inzwischen steht fest, dass mauer und der Kerner (das Beinhaus). von Textilarbeiten und der Betreuung Hinweis stammt aus dem Jahre 1530. Es der Künstler ein aus Flandern stammen- Der Bau des gesamten Kirchengebäudes von Bedürftigen. Die Gottesdienste in handelte sich wohl in beiden Fällen um der und in Frankenthal wirkender, aber war somit nur in einem konstruktiven der Kirche verfolgten sie auf einer eige- jene Lateinschule, die 1578 erstmals ex- namentlich unbekannter Maler war, wel- Zusammenspiel von Pfarrei, Zehntherren nen Empore mit separatem Eingang. Ihr plizit genannt wird. Hierfür spricht auch cher in der Fachliteratur „Frankenthaler und Zivilgemeinde möglich. Um die Wen- Sichtfenster zum hin ist noch in der die Tatsache, dass zwischen 1420 und Meister“ bezeichnet wird. de vom 14. zum 15. Jahrhundert begann Chor- und Sakristeiwand zu erkennen. 1493 nicht weniger als acht Studenten man mit der Erneuerung des Chores das Neben den Christen besaß die Minder- aus Sobernheim an der Universität in Er- Das ca. 1610 entstandene Ölgemälde mit Gebäude aus der Zeit von Erzbischof Wil- heit der jüdischen Einwohner einen Ver- furt erfolgreich studierten und einer den den Maßen 32 x 78 cm gehört zu einem ligis, an den noch die Fundamente des sammlungsraum, in dem sie ihre Gottes- Doktorgrad erlangte. Gemäldezyklus von pfälzischen Städten nach ihm benannten Nordturmes erin- dienste feierten, ihre Versammlungen Wie Sobernheim im ausgehenden Mittel- und Burgen und ist zurzeit im Histori- nern, durch einen gotischen Neubau zu abhielten und die Jugendlichen im mo- alter ausgesehen hat, haben zwei Künst- schen Museum der Pfalz in Speyer ausge- ersetzten. Es folgte in den 80er Jahren saischen Glauben unterrichteten. Das ler auf Stadtporträts festgehalten. Das stellt. Es zeigt Sobernheim vom Domberg das Langhaus. Und im Jahre 1500 konnte Haus, in dem sich der Betraum befand, eine stammt von dem berühmten Kup- aus. Auch die Vorskizze des Gemäldes, man mit der Errichtung des Westturms wurde noch in einem 1616 verfassten ferstecher Matthäus Merian. Sein nicht in welche der Maler um die Jahrhundert- die Gesamtbaumaßnahme abschließen. Schriftstück zur eindeutigen Identifizie- allen Details exaktes Abbild von Sobern- wende vor Ort angefertigt hat, ist noch Aus demselben Jahrhundert stammen rung als „alte Judenschule“ bezeichnet, heim wurde erstmals im Jahre 1645, also erhalten und wird im Budapester Mu- auch die zwei noch erhaltenen Ordens- obgleich zu dieser Zeit keine Juden mehr nach der Zerstörung im Dreißigjährigen seum der Schönen Künste aufbewahrt.

17 18 nehmer in einer kriegerischen Auseinan- Ordensgeistlichen des Malteserordens dersetzung mit seinem Vetter, dem Kur- Sobernheim. Die Ordenskapelle, die man fürsten Friedrich I. von der Pfalz besiegt. als Ökonomiegebäude nutzte, geriet in Dieser belagerte 1471 Sobernheim und den folgenden Jahrzehnten zunehmend ließ sich nach kampfloser Einnahme der in Verfall. Der Malteserbesitz verblieb Stadt von Rat und Bürgern den Treueid weiter beim Ritterorden und wurde nun leisten. Als neuer Landesherr versprach vom Komtur in Roth an der Our mitver- er, alle bisherigen städtischen Privilegi- waltet. Das Hofgut des Klosters Disibo- en beizubehalten. Sein Nachfolger kauf- denberg dagegen wurde säkularisiert, te 1477 die Mainzer Burg am Stadtrand nachdem das Kloster 1559 aufgehoben Skizze der Stadtansicht des sogen. Meisters von Frankenthal (1604) und gestattete ein Jahr später der Stadt, worden war. Zunächst beanspruchten jeden Montag einen Wochenmarkt und sowohl Pfalz-Zweibrücken als auch Kur- drei Jahrmärkte abzuhalten. Von den für- pfalz den Sobernheimer Klosterhof. Im sorglichen und fördernden Maßnahmen Jahre 1612 einigte man sich darauf, das waren die Juden ausgenommen. Die ehemalige Klostergut dem Pfalzgrafen Pfalzgrafen zählten unter den Landes- nach Zahlung einer Geldsumme an das fürsten zu den ersten, welche diese aus Gymnasium in Hornbach zu überlassen. ihrem Herrschaftsbereich vertrieben. In Die Marienkapelle im Hofgelände wur- Sobernheim versagten sie die den jüdi- de säkularisiert und nach Einbau einer schen Familien die Verlängerung der be- Zwischendecke für die Lagerung von stehenden Ansiedlungsprivilegien und Naturalien genutzt. Unter anderem be- erreichten dadurch, dass alle am Ende wahrte man dort das Almosenkorn auf, des Jahrhunderts ausgezogen waren. nachdem der hierfür zunächst vorgese- Die folgenreichste Veränderung für hene Kerner im Friedhof verfallen war. Sobernheim im 16. Jahrhundert wurde Auch die Beginen mussten ihre Klause Stadtansicht des sogen. Meisters von Frankenthal (1610) verursacht durch die Reformation, wel- bei der Pfarrkirche schließen. Ihr Besitz che Kurfürst Friedrich III. 1559 in seinem fiel in die Hände des Landesherrn, der Herrschaftsgebiet einführte. Nach dem das Klausengebäude der Stadt Sobern- Im Zeitalter der Reformation herrschenden Fürsten immer weiter ein- damals geltenden Rechtsprinzip hat- heim zur Nutzung als Schule übereig- (16. Jahrhundert) geschränkt. In Sobernheim begannen ten die Untertanen die Konfession ihres nete. Beim Hospital kam es dagegen zu Im 16. Jahrhundert endete die Blütezeit die Veränderungen mit dem Wechsel Herrschers zu übernehmen. Dies bedeu- keinen nennenswerten Veränderungen, des mittelalterlichen Städtewesens. Der der Landesherrschaft. Verursacht wurde tete in Sobernheim, dass sie mit den Lan- da es sich nicht in kirchlicher, sondern in Wandlungsprozess vollzog sich schlei- dieser durch die Verpfändung des Bö- desherren einen mehrmaligen Wechsel kommunaler Trägerschaft befand. Zwar chend. In der Verwaltung durfte die ckelheimer Amtes in der sogenannten zwischen der reformierten und lutheri- wurden alle Einrichtungen und Bräuche, Bürgerschaft ihre Stadträte nicht mehr Mainzer Stiftsfehde an Herzog Ludwig I. schen Ausrichtung der neuen Glaubens- welche die Anhänger der neuen Konfes- zeitlich befristet wählen, vielmehr be- den Schwarzen von Pfalz-Zweibrücken. lehre vollziehen mussten. In der Pfarrei sion an der katholischen Glaubenspraxis setzten die Mitglieder des Gremiums Verpfändungen dieser Art gab es auch wurde ein evangelischer Pfarrer einge- ablehnten, beseitigt, insbesondere der intern die freiwerdenden Posten auf Le- früher, doch diesmal gelang es den Main- setzt und die Ausübung der katholischen dem Heiligen Geist geweihte Altar, aber benszeit. Ihre Befugnisse wurden aller- zer Erzbischöfen nicht, ihr Amt wieder Religion auch in den Ordenshäusern der sonst blieb alles beim Alten. Selbst den dings von den zunehmend absolutistisch einzulösen. Vielmehr wurde der Pfand- Stadt verboten. Daraufhin verließen die Namen der Institution behielt man bei.

19 20 Kriegsdrangsale (17. Jahrhundert) bis zu seinem Umzug nach Kreuznach in 1688 besetzten französische Truppen das Eine der schlimmsten Perioden in der der Burg an der Stadtmauer. Er erweckte Amt Böckelheim und zerstörten mit der Stadtgeschichte erlebten die Sobernhei- die Lateinschule, welche im Dreißigjähri- Burg Böckelheim den Verwaltungssitz mer während des Dreißigjährigen Krie- gen Krieg untergegangen war, zu neuem des Amtes. Ein Jahr später brandschatz- ges. Im Jahre 1620 eroberten spanische Leben, indem er ihr einen Teil der Ein- ten sie alle bedeutenden pfälzischen Truppen die Pfalz. Vergeblich versuch- nahmen aus dem ehemaligen Disibo- Städte, am 4. Oktober auch Sobernheim. te eine Abordnung der Stadtspitze, in denberger Gut zugutekommen ließ. In Die Bürger wurden am Vortag aufgefor- Kreuznach beim spanischen Oberst für diese Zeit fällt der Versuch des Mainzer dert, soweit möglich ihre Habe aus der Sobernheim um Schonung zu bitten. Die Erzbischofs, das verpfändete Mainzer Stadt zu schaffen. Der Volksmund er- Stadt wurde mit einem Regiment be- Amt Böckelheim durch Erstattung der zählt, die notdürftig auf dem stadtnahen legt, das verpflegt werden musste und Pfandsumme wieder auszulösen. Dies Hügel errichteten Notunterkünfte hätten die Kriegssteuern eintrieb. Der spanische konnte nur durch einen vertraglichen dieser Anhöhe den Namen Hüttenberg Feldherr Ambrosius Spinola ließ auf ei- Kompromiss abgewendet werden. Da- eingebracht. Unmittelbar vor Beginn der nem Flugblatt die wichtigsten von ihm rin wurde dem Mainzer Erzbischof die Brandlegung versuchten der Oberschult- eroberten Orte abbilden. Das Propagan- Neugründung einer katholischen Pfarrei heiß und der katholische Pfarrer den dablatt, das in mehrfach variierenden zugestanden. Als Pfarrkirche stellte man französischen Befehlshaber umzustim- Versionen überliefert ist, enthält auch den Katholiken nach einer vollständi- men. Sie erreichten aber lediglich, dass ein Städteporträt von Sobernheim. gen Restaurierung die ehemalige Mal- Rathaus, Pfarrkirche und einige Adels- Die spanische Besatzung dauerte etwa teserkapelle zur Verfügung. Nach dem höfe verschont wurden. In den folgen- zehn Jahre, bis sie 1631 von schwedischen Aussterben der männlichen pfälzisch- den Tagen mussten die Sobernheimer Truppen unter Gustav Adolf abgelöst simmernschen Linie im Jahre 1673 be- ihre Stadtbefestigung einschließlich der wurde. Es folgten 1636 die Kaiserlichen anspruchten sowohl Kurmainz als auch Burg niederlegen. Als die Abbrucharbei- unter Gallas, 1639 wieder die Schweden, Kurpfalz das Böckelheimer Amt. Eine ten nicht schnell genug voranschritten, 1641 die Spanier und schließlich 1644 die drohende kriegerische Auseinanderset- wurden auch die Bewohner der Nach- Franzosen. Gleichgültig ob sich befreun- zung wurde nur durch das Eingreifen des bardörfer zur Mithilfe hinzukomman- dete oder feindliche Truppen im Nahe- Kaisers verhindert. Er stellte das Amt bis diert. In den Folgejahren mussten die gebiet aufhielten, die Sobernheimer zur endgültigen Klärung unter Zwangs- französischen und nach deren Abzug Bürger waren zu deren Verpflegung und verwaltung und setzte als Amtmän- die Reichstruppen versorgt werden. zusätzlichen Kontributionszahlungen ner kaiserliche Sequester ein. In deren Nach dem Friedensschluss von Rijswijk verpflichtet. Die Not der hungernden Verwaltungszeit fällt auch die Wieder- im Jahre 1697 befreite die kurpfälzische Bevölkerung wurde noch durch Seuchen ansiedlung von Juden, welche nur mit Regierung das Amt Böckelheim, dessen verstärkt, sodass bereits im Jahre 1633 in behördlicher Erlaubnis erfolgen durfte. Verwaltungssitz nach der Zerstörung der Stadt 14 Häuser verfallen waren und Für ihre Gottesdienste benutzten sie ei- der Burg Böckelheim nach Sobernheim 42 leer standen und die Einwohnerzahl nen Betraum in einem Privathaus. Der verlegt worden war, wegen Zahlungsun- auf 139 geschrumpft war. erste Rabbiner des Amtes Böckelheim fähigkeit für ein Jahr von allen Steuern Nach dem Westfälischen Frieden begann Stadtporträts auf Flugblättern von ca. 1620 wurde 1684 in Sobernheim beerdigt. und Abgaben. Im Übrigen wurde in dem allmählich der Wiederaufbau der Stadt. Friedensschluss den Katholiken das Mit- Die Landesherrschaft war seit der pfäl- 1660 verlegte Pfalzgraf Ludwig Hein- Das Aussterben auch der weiblichen Erb- nutzungsrecht der Matthiaskirche ver- zischen Erbteilung von 1610 an die Sim- rich von Simmern seinen Residenzsitz folge von Pfalz-Simmern 1685 löste den traglich festgeschrieben. Dieses hatten mernsche Linie übergegangen. Im Jahre nach Sobernheim und wohnte elf Jahre Pfälzischen Erbfolgekrieg aus. Im Jahre die Franzosen 1689 zwangsweise einge-

21 22 führt. Das bestand bis zum gegangen war, gelangte zu neuer Blüte. Hauptlast bei der 1728 erfolgten Neu- te die Zeit des Ancien Régime. In Sobern- Bau der heutigen katholischen Pfarrkir- Verstärkt wurde der wirtschaftliche Auf- gründung der Lateinschule. Deren Rek- heim konnte man die kommenden Ver- che St. Matthäus. schwung, als die Stadtverwaltung 1744 torat wurde im heutigen evangelischen änderungen erahnen, als sich Anfang Der Wiederaufbau Sobernheims nach die Anzahl der Jahrmärkte auf sechs ver- Pfarrhaus in der Igelsbachstraße ein- der 90er Jahre aus Frankreich emigrier- den unheilvollen Kriegen des 17. Jahr- doppelte. In Sobernheim lebten damals gerichtet und verfügte über zwei Klas- te Geistliche in der Malteserkomturei, hunderts ging nur langsam voran. Auch ca. 1500 Einwohner. Eine Erhebung der senräume. Die Schule bestand bis zur die damals ein ehemaliger Wormser die Ringmauer wurde wieder errichtet, in der zweiten Jahrhunderthälfte ausge- Einstellung des Unterrichts zur Zeit der Domvikar verwaltete, niederließen und allerdings wesentlich kleiner und ohne übten Berufe ergab 135 Landwirte oder Revolutionskriege Mitte der 90er Jahre. ihre Gottesdienste in der Ordenskapelle Burg und so schleppend, dass sie erst Tagelöhner und 110 Handwerker, die im- Die gemeinsam genutzte Matthiaskirche abhielten. Sie wurden von der Revolu- 1764 fertiggestellt war. 1709 ließ der mer noch nach Berufssparten in Zünften war durch die Kriege des vorausgehenden tionsarmee vertrieben. Nach der Ver- damalige kaiserliche Amtsverwalter, organisiert waren. Besonders stark wa- Jahrhunderts stark beschädigt. Trotz der staatlichung des Malteserbesitzes im der wie alle anderen der katholischen ren die Zünfte der Rotgerber und Bäcker. interkonfessionellen Spannungen wurde Jahre 1794 richtete man in den Gebäu- Konfession angehörte, für die Minder- Auch im kirchlichen Bereich begann ein das Gotteshaus in einer groß angelegten den der Komturei ein Lazarett und spä- heit der Katholiken angemessene Un- Konsolidierungsprozess. Dieser entfal- Kraftanstrengung 1738/39 von Grund ter ein Militärmagazin ein. Wieder kam terrichtsbedingungen schaffen, indem tete sich allerdings in einem intoleran- auf saniert, mit neuen Fenstern verse- es zu Einquartierungen und Kontributi- er die ehemalige Beginenklause in ein ten Konkurrenzkampf zwischen den hen und von der Firma des Johann Mi- onsforderungen. Nach Vertreibung der Schulgebäude mit Stallungen umbaute. einzelnen Konfessionen. Die pfälzische chael Stumm eine neue Orgel eingebaut. französischen durch kaiserliche Truppen Landesregierung, die seit dem Über- Anfangs des Jahrhunderts gründeten die und den folgenden wechselnden militä- Im kurpfälzischen Oberamt Kreuznach gang an die Neuburger Linie der katho- Lutheraner eine weitere Kirchengemein- rischen Besetzungen gingen die Bedrü- (18. Jahrhundert) lischen Religion angehörte, bevorzugte de, der sich auch die Anhänger aus fünf ckungen unverändert weiter. Im Jahre 1715 beendeten die Kurfürs- ihre Glaubensbrüder, deren Anhänger Nachbardörfern anschlossen. Die junge Der eigentliche Umbruch begann im Jah- ten von Mainz und der Pfalz ihren Streit in Sobernheim in der Minderheit waren. Gemeinde erwarb 1736 in der Kreuz- re 1798, nachdem im Frieden von Campo um das Amt Böckelheim zugunsten des Sie bestätigte nicht nur das Simultane- straße einen Bauplatz für eine eigene Formio das linke Rheinufer an Frankreich Pfalzgrafen. Dieser löste es als selbst- um, sondern räumte den Katholiken das Kirche, ein Pfarrhaus und eine Elemen- abgetreten worden war. Sobernheim ständige Verwaltungseinheit auf und in- alleinige Nutzungsrecht des Chorraumes tarschule. Im folgenden Jahr begannen wurde Kantonsort im neu geschaffenen tegrierte es als Unteramt in das Oberamt ein. Für die Werktagsmessen und die die Bauarbeiten, aber es sollte noch bis Departement Rhein-Mosel. Mit Einfüh- Kreuznach. Christenlehren wurde immer noch die 1741 dauern, bis die Philippskirche ein- rung der in der Französischen Republik Auch im 18. Jahrhundert mussten im Malteserkapelle genutzt. Im Jahre 1748 geweiht werden konnte. Einen eigenen verwirklichten Revolutionsideen kam linksrheinischen Gebiet Kontributionen, errichtete die Gemeinde den Pfarrhof Pfarrer konnten die Lutheraner erst 1762 es zu Neuerungen in nahezu allen Le- diesmal an französische Truppen, geleis- in der Herrenstraße. Die Zahl der katho- einstellen. bensbereichen. Standesprivilegien und tet werden. Dennoch begann allmählich lischen Kinder stieg so stark, dass 1781 Neben den Christen lebten in Sobern- Zunftzwänge wurden abgeschafft. Das die Normalisierung in allen Lebensbe- dem Lehrer in der Konfessionsschule auf heim vier jüdische Familien, die ihre Gerichtswesen erhielt einen von der reichen, was ein kontinuierliches Wirt- dem heutigen Denkmalsplatz eine Schul- Gottesdienste in einem Privathaus unter Verwaltung unabhängigen Status, in- schaftswachstum ermöglichte. Neben frau beigegeben wurde, damit die Kna- Leitung eines unverheirateten, auswärts dem man in jeder Kantonstadt, so auch dem traditionellen Ackerbau wurden au- ben und Mädchen nach Geschlechtern wohnenden Rabbiner abhielten. in Sobernheim, eigenständige Friedens- ßer den Sonderkulturen Flachs und Ta- getrennt unterrichtet werden konnten. gerichte einrichtete. Die Kirchen verloren bak nun zusätzlich Kartoffeln angebaut, Die reformierte Kirchengemeinde, zu Unter französischer Herrschaft ihren Einfluss auf das öffentliche Leben. diese allerdings zunächst nur als Vieh- welcher die Mehrheit der Bevölkerung (1798-1814) Ihnen wurde die Aufsicht über die Schu- futter. Auch der Weinbau, welcher im vo- gehörte, übernahm neben der Unter- Mit dem Vordringen der französischen len entzogen und konfessionsübergrei- rausgehenden Jahrhundert stark zurück- haltung ihrer Elementarschule auch die Revolutionstruppen ins Rheinland ende- fende Primärschulen eingeführt. Ebenso

23 24 Topografische Karte von 1810 Marktplatz (ca. 1842) mit dem neuen Gerichtsgebäude und der evangelischen Schule dokumentierte man nun die bisher in pel ausgerufen wurde, aber wieder mit Hofgut des Fürsten von zur Unter preußischer Herrschaft (ab 1815) Kirchenbüchern aufgezeichneten Gebur- wenig Resonanz bei den Einheimischen. Versteigerung. Im Jahre 1810 wurde in Nach dem Wiener Kongress konnte Preu- ten, Heiraten und Todesfälle in neu ge- Man atmete auf, als die un- allen Gemeinden die erste exakte katas- ßen sein Gebiet auf der linken Rheinsei- schaffenen staatlichen Standesämtern. beliebtesten Neuerungen, zum Beispiel termäßige Kartierung der Gemarkungen te ausdehnen. Sobernheim lag nun zu- An weiteren Neuerungen kamen hinzu den republikanischen Kalender, wieder im Maßstab 1:2.500 durchgeführt. Wäh- nächst als Dorf und ab 1857 wieder mit die Einführung des republikanischen Ka- aufhob. Bedrückend empfand man nun rend die Sobernheimer Katasterkarte Stadtrechten als sogenannte preußische lenders, eines neuen Steuersystems, der allerdings die Rekrutierung junger Män- verschollen ist, hat sich eine etwa zur Landstadt im Koblenz. Dezimalmaße und des Französischen als ner zum Militärdienst, die unter seiner gleichen Zeit entstandene handkolorier- Es besaß eine eigene Bürgermeisterei Amtssprache. Herrschaft in einer bisher nicht gekann- te topografische Aufnahme im Maßstab und war zugleich Sitz des Amtes Sobern- Viele dieser Neuerungen wurden von ten rigorosen Weise durchgeführt wurde. 1:20.000 erhalten, die ein anschauliches heim-Land. Das französische Friedens- der Bevölkerung nur widerwillig aufge- Bild von Sobernheim und Umgebung in gericht blieb bestehen und bezog 1842 nommen. Dies zeigte sich beispielsweise Nachdem bereits zu Beginn der fran- der damaligen Zeit vermittelt. den am Marktplatz neu errichteten an ihrer nur mäßigen Beteiligung an den zösischen Herrschaft alle Herrschafts- Nachbarbau des Rathauses. Freiheitsfesten mit Umzug und der Er- güter verstaatlicht worden waren, be- Schließlich sei noch erwähnt, dass die Im kirchlichen Bereich wurde 1817 die richtung eines Freiheitsbaumes auf dem gann man diese ab dem Jahre 1803 zu jüdischen Einwohner nach ihrer bereits von der preußischen Regierung ange- Marktplatz. Der Baum des Jahres 1798 veräußern. In Sobernheim kamen die erfolgten Gleichstellung 1808 auch die ordnete Union von Reformierten und Lu- wurde von Unbekannten geschändet. ehemaligen Güter des Pfalzgrafen (ein- üblichen bürgerlichen Vor- und Famili- theranern durchgeführt. Danach benutz- Im Folgejahr endete das Fest in der Mal- schließlich der Disibodenberger Kapel- ennamen tragen durften. In Sobernheim te man die kleinere Philippskirche nur teserkapelle, welche zum Freiheitstem- le), das Gut des Malteserordens und das waren dies 38 Erwachsene und 33 Kinder. noch für Nachmittagsgottesdienste. Die

25 26 dernheimer Straße 2) und eines dane- mit Linden, der nach dem Untertor, die ben liegenden Gartenhauses, an dessen jetzige Ringstraße, wurde mit Platanen Stelle heute das Haus des Justizrates bepflanzt, einer heutigen Zierde der Zens (Steinhardter Straße 2) steht. Am Stadt. Am Obertor bot der mehrere Me- Untertor befand sich ein Schlagbaum, ter breit eingerissene, in seinem Bett der abends niedergelassen wurde. Er ganz verwilderte Dornbach ebenfalls stand unter Aufsicht eines Wärters, der einen hässlichen Anblick. Auch diesem von jedem durchfahrenden fremden Übelstande wurde später durch Einmau- Fuhrwerk ein Chausseegeld erhob. Au- erung und Unterwölbung des Bachbet- ßer dem Ober- und Untertor waren in tes abgeholfen und so der freie Platz ge- der Ringmauer zwei Pförtchen, die bei schaffen, auf dem an der Wende unseres eintretender Dunkelheit von dem Nacht- Jahrhunderts das Gebäude der Kreisspar- wächter geschlossen und des Morgens kasse errichtet wurde. wieder geöffnet wurden. Das geschah Das Innere der Stadt ist durch die Neu- zur Verhütung der nächtlichen Felddieb- und Umbauten nicht immer verschönert stähle und des damals üblichen Schmug- worden. So hat in der Mitte des vorigen gels. Eins dieser Pförtchen befand sich Jahrhunderts - in den sechziger Jahren in der Verlängerung der Herrenstraße - der prächtige mittelalterliche Giebel- an der Badstube, das andere in der Ver- bau des alten Rathauses weichen müs- Erstausgabe des „Sobernheimer Intelligenz-Blattes“ längerung der Igelsbachstraße an dem sen, von dem ältere Urkunden aus dem jetzigen Postgebäude. Auf dem Wege Jahre 1756-76 annehmen, dass es über katholische Pfarrei, welche während der zwischen Herren- und Malteserstraße gleich hinter diesem Pförtchen nach den 400 Jahre alt, also im 14. Jahrhundert französischen Herrschaft zum Bistum (heute Parkplatz des Ärztehauses). Bei- außerhalb der Ringmauer gelegenen gebaut sei. Wegen seiner mittlerwei- Aachen gehörte, wurde 1821 der Diöze- de Volksschulen ergänzte man im Jahre Gärten und Feldern oder nach der Pa- le gefährlich gewordenen Baufälligkeit se Trier im Erzbistum Köln zugewiesen. 1821 um eine Höhere Stadtschule, wel- piermühle kam man vorerst über einen musste es von Mainzer Pionieren ge- Gleichzeit entstand das Dekanat Sobern- che in den Gebäuden der ehemaligen morschen, lebensgefährlichen Steg, der sprengt werden. [In Wirklichkeit wurde heim. Die jüdische Kultusgemeinde fei- Malteserkomturei unterbracht wurde. über einen mehrere Meter breiten, meist es von Hand abgebrochen.] An seiner erte ihre Gottesdienste bis zum Bau der Wie Sobernheim um die Jahrhundert- mit Unrat und ekelerregendem Kleintier- Stelle wurde ein nüchterner, schmuck- Synagoge in der Gymnasialstraße im mitte ausgesehen hat und wie es um aas angefüllten Sumpf führte. Von hier loser Neubau aufgeführt. Dabei fanden Jahre 1858 in einem Betraum im Oberge- das wirtschaftliche Befinden der Stadt gelangte man auf einem beiderseits fast von dem alten Gebäude die große Ga- schoss eines Privathauses (Marumstra- bestellt war, beschreibt anschaulich mannshoch von einer lebenden Hecke lerie (Balustrade), die die Spritzenräume ße 20). Bürgermeister Reidenbach im „Sobern- begrenzten Pfad, der aber das ganze der Feuerwehr abschließenden Tore mit Die von der französischen Regierung sä- heimer Intelligenz-Blatt“, das seit 1849 Jahr hindurch mit einem bis zu den Knö- ihren Spitzbogen und das alte Wappen kularisierte Primärschule zerteilte man erschien und in den ersten beiden Jahren cheln reichenden Schlamm bedeckt war, Verwendung. Das damalige Friedens- wieder in zwei Konfessionsschulen. Für „Sobernheimer Volksbote“ hieß, mit fol- in den vom Ober- zum Untertor führen- gericht war, wie heute das Amtsgericht, beide wurde 1837/38 je ein neues Ge- genden Worten: den Feldweg. Dieser wurde 1860 durch im benachbarten Stadthause unterge- bäude errichtet, für die evangelischen „Noch umschloss jene die Stadt fast Ankauf benachbarter Grundstücksstrei- bracht, wo sich, wie auch jetzt noch, Kinder das Schulhaus hinter dem Rat- kreisförmig umgebende Ringmauer fen verbreitert und chausseemäßig aus- die Gefängniszellen und die Wohnung haus zum Denkmalplatz hin und für die sämtliche Gebäude mit Ausnahme des gebaut. Der nach dem Obertor führende des Polizeidieners befanden. Der Markt- katholischen Volksschüler das Gebäude jetzt Helfensteinschen Hauses (Stau- Teil, die heutige Bahnhofstraße, wurde platz war mit alten Linden umstanden.

27 28 die aber durch Hochwasser und Eisgang Die Zusammenfassung der Sobernheimer Stadt- öfter beschädigt wurde und dann un- geschichte bis zum Jahre 1870 basiert zum großen Teil auf den nachfolgend gangbar war. Erst von 1840-50 wurde genannten Publikationen. Diese wurden um die jetzige massiv steinerne, einen Mus- zwischenzeitlich neue Forschungserkenntnisse terbau darstellende Brücke errichtet. ergänzt. Noch schwieriger war der Verkehr nach dem nahen Meddersheim, das nur zur - Fligel. H.: Versuch einer urkundlichen Geschichte des Oberamts Böckelheim, Tageszeit und bei günstigem Wasser- insbesondere der Stadt Sobernheim im stande durch eine Kahnfähre zu errei- Nahethale; Sobernheim 1865 (Bd. 1) chen war. Dieser Missstand wurde durch u. 1869 (Bd. 2) den 1867 von den Gemeinden Sobern- - Müller, W.: Nahekunde – Sobernheim und seine Umgebung im Wandel der Zeiten, Bad heim und Meddersheim aufgeführten Kreuznach 1924 massiven Brückenbau beseitigt. Auch - Crusius, Ewald: Das alte Sobernheim – Ein der Verkehr auf dem Postamte stand Beitrag zu seiner Topographie und Geschichte; in keinem Vergleiche zu dem heutigen. in: Kreuznacher Heimatblätter 1955, Nr. 11 S. 1-3 und Nr. 12 S. 2 f. Zwei bis drei Bureaubeamte besorgten - Vogt, Werner: Sobernheim – Einst und jetzt, den Dienst, ein Briefträger das Austra- Sobernheim 1963 u. Fischbach 21980 gen der Briefe und Pakete. Den Post- verkehr nach dem Winterburger Amte Stadtansicht von ca. 1870 (F. A. Borchel) besorgte ein Hilfsbote, der wöchentlich ein- oder zweimal mit dem Felleisen auf Das damalige Sobernheim mit seinen teils, weil man damals den Kunstdünger dem Rücken die Ortschaften durchwan- 2700 Einwohnern war eine überwie- noch nicht kannte oder nicht verwende- derte. Bei hohem Schneefalle musste die gend Ackerbau treibende Stadt, deren te. Auch das Geschäftsleben war lange Besorgung ganz unterbleiben. Den Per- fleißige Landwirte durch eifrigen Be- nicht so rege wie heute. Bei der Einfach- sonenverkehr zwischen Kreuznach und trieb des Tabakbaues im Verhältnis zu heit der Lebenshaltung und der Spar- Oberstein vermittelte ein täglich einmal andern Orten zu einer gewissen Wohl- samkeit der Bevölkerung waren auch nach jeder Richtung fahrender, mit vier habenheit gelangt waren. Infolgedessen deren Bedürfnisse auf das Mindestmaß Pferden bespannter Postwagen, den bei wurde der vorher betriebene Weinbau, beschränkt. Luxusgegenstände wurden Überfüllung noch ein Beiwagen beglei- als wirtschaftlich mit dem Tabakbau un- nur wenig verlangt. Von größerer Be- tete. Diese Post verkehrte seit Juli 1818.“ vereinbar und auch wenig lohnend, ganz deutung waren damals nur das Wolfsche wesentlich eingeschränkt. Die größte Manufakturgeschäft, ebenso die jetzt im Gottfried Kneib Anbaufläche erforderte der Getreidebau, großen Umfange betriebenen Fabriken schon der Strohgewinnung halber, da die der Firma Melsbach und Marum. Körnerpreise damals recht niedrig wa- Der Verkehr nach den benachbarten ren. Der Anbau von Kartoffeln und Obst Ortschaften, zumal nach den jenseits lohnte nur zum Gebrauch in der eige- der Nahe gelegenen, war zum Teil recht nen Wirtschaft. Mit der Rindviehhaltung schwierig. Noch in den 1840er Jahren war es recht schlecht bestellt, teils we- bestand bei Staudernheim nur eine ein- gen Vernachlässigung des Futterbaues, fache hölzerne Notbrücke über die Nahe,

29 30 ›1877 ›1883 Der Kaiser passiert die Stadt per Eisen- Viele Erkrankungen an Scharlach und Stadtgeschichte bahn: Stadt und Bahnhof geschmückt, Diphterititis » 1871 bis zum 2. weltkrieg Vereine und Schuljugend mit vielen an- deren Menschen erwartungsvoll, doch ›1884 der Zug hält nicht 1.12. Ortskrankenkasse für Sobernheim, Land und Hüffelsheim Wesentliche Quellen dazu sind die ›1874 › Firma F.Melsbach gründet eigene Aufzeichnungen von Bürgermeister 1878 Krankenkasse für ihre Arbeiter, zahlt Einweihung Kriegerdenkmal gegenüber Stadtverordnetenversammlung Heinz Imig, die er nach seiner alle Beiträge selbst (außer für „unor- Eingang Matthiaskirche (s.u.) beschließt Bebauungsplan und Namen Pensionierung aus dem Sobernheimer dentliche“ Arbeiter) für alle Straßen Intelligenzblatt / Sobernheimer › Anzeiger zusammengestellt hat. 1875 Brauerei J.F.Trapp geht in Betrieb ›1885 Kaisergeburtstag: Feierlichkeiten im Weitere Daten sind aus unterschied- August/September: Herbstübungen Progymnasium, evangelischer, katholi- lichen Schriften entnommen, die hier ›1879 VIII Armeecorps: 3000 Mann mit ca. scher und jüdischer Elementarschule nicht einzeln aufgeführt werden Trotz der „Geschäftsstockungen“ 1000 Pferden werden in der Stadt sollen, im Literaturverzeichnis der entlassen Sobernheimer Fabrikanten einquartiert und (gerne) verpflegt Chronik allerdings benannt werden. ›1876 (Cartonage, Papier, Leder, Strumpf, Nahe-Korrektur zum Schutz der Fuhr- Blech und Metallwaren) keine Arbeiter ›1886 wiese mit Material der alten Nahebrü- ›1873 Mittelrheinisches Lehrergesangfest: Katholiken sammeln Geld für den Bau Mai: Einführung Wochenmarkt cke: Flussbett nun weiter südlich 1500 Festgäste eines Schwesternhauses - eine Fran- Mai: Freiwillige Feuerwehr gegründet Loh-Ernte: 2100 Zentner Tabakernte gut, doch verfault ziskaner-Schwester konnte schon im er wegen der nassen Witterung unter Winter eine Kleinkinderschule dem Dach einrichten (siehe Bild nächste Seite) Sehr schlechte Weinernte 1.Oktober: Aus Friedensgericht wird ›1887 Amtsgericht 1.Oktober: Schulhaus am Untertor wird in Benutzung genommen ›1880 Caesar und Ewald gründen an der Igelsbachstraße von Pfarrhaus bis Brückenmühle eine Leimfabrik Marktplatz gepflastert ›1888 Kaiser Wilhelm I stirbt am 9.März: ›1881 Trauerfeiern und sechs Wochen von Im städtischen Wald jenseits der Nahe 12 bis 1 Uhr Trauerläuten wurde eine massive Waldhütte erbaut. Friedrich III wird Kaiser Immer wieder Brände Juli: Elektrischer Strom bei Caesar&Ewald: Wasserrad mit ›1882 Dynamo; erste derartige Anlage für Pockenerkrankungen, „nur“ vier Tote eine weite Umgebung

31 32 ›1889 Leimfabrik 80 Arbeiter, Strumpfwaren wird Ehrenbürger der Stadt 17.Oktober: Einführung zweiter Pfarrer 120,Kartonagen 90, Blech- und Metall- Schule am Untertor wird um 4 Hugo Reich, zweites oberrheinisches waren 10, Knopffabrik 10 weitere Schulsäle vergrößert Diakonissen-Mutterhaus mit zweitägi- Viehzählung: 119 Pferde, 563 Stück Verbindungsweg nach ger Feier eingeweiht; im nächsten Jahr Rindvieh, 261 Schweine, 299 Ziegen durch den Faulenpfuhl wird fertig soll auf dem Hüttenberg ein Anstalts- 3.266 Einwohner gebäude errichtet werden ›1893 13. Dezember bis 24. Januar: ›1890 Nahe bis auf den Grund mit Eis bedeckt Grippewelle, mehrere hundert 11. November (Geburtstag Personen befallen, einige ältere Martin Luther): Einweihung Personen sterben Diakonissenhaus Hüttenberg Ostern: Umwandlung des Ehemaliges Elektrizitaetswerk – jetzt Sitz der ›1891 Progymnasiums in eine Verbandsgemeinde-Werk sechsklassige Realschule Volkszählung: 1344 männl., 1645 ›1901 weibl. = 2.989 / 1955 ev, 912 kath., › Postkutsche (in Pferdsfeld) Sparkassengebäude am Obertor gebaut 130 israelit., 2 andere Christen / 444 1894 Elektrizitaetswerk am 1.Oktober in Be- Orts-Viehversicherungsverein auf › Wohnhäuser mit 612 Haushaltungen 1896 trieb genommen Gegenseitigkeit von Bürgermeister 200 Mann starker Kriegerverein Reidenbach gegründet Inbetriebnahme Winterburger-Kreuz- Firma Marum bekommt elektrische nacher Kleinbahn, Aufhebung der ›1902 Beleuchtung Postverbindung Sobernheim-Bockenau In der hiesigen Herberge nächtigen 30 > nachteilig für das Kleingewerbe; Arbeitslose Stadtverordneten-Kollegium: Fahrpost nach Eckweiler eingerichtet Landwirt Konrad Anspach, Fabrikant ›1903 Heinrich Caesar, Gerbereibesitzer Jakob ›1897 Auf dem früheren Brandweiher im Fuchs (1.Beig.), Rentner Jacob Gerber, 104 Schüler in der Realschule Oberviertel wurde ein Freibankgebäude Fabrikant Moritz Marum, Landwirt Johann Eiche auf dem Spielplatz der Schule am errichtet Maurer, Fabrikant Theodor Melsbach Untertor zu Ehren des Kaisers gepflanzt (2.Beig.), Rentner Friedrich Morian, Kaufmann Jakob Otto, Kaufmann ›1904 August Schmitt, Bierbrauer ›1898 Im Winter an der Fähre eine vielbesuch- Friedrich Trapp, Gutsbesitzer 5.Juni Grundsteinlegung St.Matthäus te Eisbahn auf der Nahe Albert Wandesleben, Bürgermeister Firma Melsbach kauft Stahlkugelwer- Friedrich Reidenbach. ›1899 ke/Blechfabrik als Wohnungen für ihre Einweihung St. Matthäus Arbeiter ›1892 ›1895 Friedhof wird nach Westen erweitert Juni: Baubeginn Diakonie-Krankenhaus Strenger, langer Winter, › Hüttenberg, 37m tiefer Brunnen 1900 Arbeitslosigkeit ländlicher Arbeiter, Beginn der Arbeiten für die ›1905 Vollbeschäftigung in den Fabriken: Geldsammlung; Fürst Bismarck Wasserleitung „Wilhelm Tell“ zum 100.Todestag von 33 34 Friedrich von Schiller im Kaisersaal mit Gemeinde; Festmahl der Stadtvertretung 48 Erwachsenen und 7 Kindern aufge- in der Hohen Burg; am Vorabend Fackel- führt, wird mehrfach wiederholt zug der Vereine; Stadt reichlich illuminiert, 19. September: Gewerbliche Fortbil- geschmückt und beflaggt dungsschule eröffnet, Leitung Rektor 10 Schüler erhalten das Zeugnis der Viehmann von der evangelischen Reife für die Obersekunda und damit Volksschule das Zeugnis für die Befähigung für den einjährig-freiwilligen Militärdienst ›1906 Verschönerungsverein(125 Mitglieder): Widmungsplatte Schiller im Nachtigallental, 1907 Steg an der Nahe zum Kurhaus Dhonau Wegetafeln in den Wäldern 323 evangelische Schüler, 187 katholische, 56 Fortbildungsschüler Neukonstituierung Schwimm-und Badeverein: Badeanstalt am Gefach Weiterhin umfangreicher Tabakanbau

Jagdhaus Wicküler (Neues Leben) ›1907 Andres Dhonau baut Kuranstalt Nach vaterländischem Schauspiel südlich der Nahe „Kolberg“ im Kaisersaal geloben 500 Stadtgraben am Untertor kanalisiert Sobernheimer Bürger dem Kaiser Grünanlagen jenseits der Nahe vom Verschönerungsverein fertiggestellt; „Treue bis in den Tod“ 1907 Restaurant Heinrichsberg innen Generaldirektor Wicküler aus Elber- am Nohfels, „Rickus Ruh“ – nach feld baut „am Käsweg“ ein Jagdhaus > langjährigem Vorsitzenden benannt; Flotten-, Schützen-, Turn-, Fußballclub, „Neues Leben“ auf dem „Heinrichsberg“ Restaurant mit ›1911 Verschönerungs-, Verein-, Erholungs-, Baubeginn Neubau Realschule Leichenhalle wird gebaut Gartenbetrieb Männergesang-, Kaufmännischer Kanalisation geplant Wilhelmstraße und Obergasse werden Verein, Handwerker-, Obstbau-, Oberstreiter Kerb mit Basaltpflaster gepflastert › 1908 Bienenzucht-, Ev. Frauenverein, Kath. Überlegungen zur Erweiterung der Frauenverein, Sobernheimer Unter- Realschule ›1912 ›1906 stützungsverein, Große Sobernheimer Reichstagswahl: Nationalliberale 279, Kaisergeburtstag 27. Januar: Glocken- Karnevalsgesellschaft. fortschrittliche Volkspartei 263, Bund geläut, Böllerschüsse, in den Schulen ›1909 der Landwirte 126, Sozialdemokraten Ansprachen, Vorträge, Lieder, Festgottes- Wochenmarkt am Donnerstag ›1910 28, Splitterparteien 2 dienst der kath.Volksschule in der Malte- eingerichtet Parteifest der „Fortschrittlichen Ende Oktober Neubau Realschule ab- serkapelle; Verteilung der „Bubenschen- Fastnachtsdienstag: Maskenzug mit 16 Volkspartei“ geschlossen, im OG Maltesergebäude kel“; Festakt der Realschule in der Hohen „Details“ Hauptniederlassung Kreissparkasse Wohnung für den Direktor, Burg; Festgottesdienst der israelitischen Vereine: Bürger-, Krieger-, Militär-, soll nach Kreuznach verlegt werden 14. November Einweihung 35 36 Bahnhofstraße um 1910 1911 Realschule, später Gymnasium, jetzt Amtsgericht

Stadtrat stellt Antrag, auch Mädchen 13. August: Einweihung Jäger zur Realschule zuzulassen: abgelehnt aus Kurpfalz-Denkmal in Entenpfuhl Stadt übernimmt Stromversorgung durch Wilhelm II von der AG Körting, , für 200.000 Mark Ablöse ›1914 Auf Löhborn wurden bei Erdarbeiten Höhere Mädchenschule für Klassen 7 sechs Skelette gefunden, vermutlich bis 4 eines Lyzeums Pestopfer aus dem 30jährigen Krieg Neue Buslinie Sobernheim – Mittlere Großstraße Steinhardt – Waldböckelheim – Bocke- nau – Waldfriede 28.Juli Kriegsbeginn / Erste Verwunde- ten-Transporte passieren den Bahnhof

›1915 Immer mehr Gefallene; Rationierung 13. August 1913: Einweihung Jäger aus Kurpfalz-Denkmal in Entenpfuhl durch Kaiser Wilhelm II von Lebensmitteln 30 russische Kriegsgefangene Schüler sammeln Zwetschgenkerne und Stunde später; Schulen im Winter bei Firma Ewald Bucheckern zur Ölgewinnung wegen Kohlenknappheit geschlossen ›1913 Weinbezugsschein: Kreissparkasse wird nach Kreuznach ›1917 › 10 Schoppen pro Woche verlegt; Proteste vergebens 1916 Mangellage an allen Dingen Verdunkelung angeordnet Hamstern Verändertes Stadtwappen mit Pfälzer Schule beginnt zur Schonung der Radfahren nur mit amtlicher Erlaubnis Kinderlandverschickung Löwe und Mainzer Rad minder ernährten Schulkinder eine Kirchenglocken werden eingeschmolzen 37 38 Mittlere Großstraße um 1914 1918 Hochwasser zerstört Rampe zur Meddersheimer Brücke

Waldmeister zum Strecken des Tabaks Wohnungsnot: ›1923 wird ausgerufen – Zusammenstöße mit empfohlen Stadt unterstützt den Bau Verhaftungen und Ausweisungen durch Sobernheimern › von Kleinwohnungen und französische Besatzungsbehörden 24.11. „Volkshilfe“ gegründet: Volksküche 1918 den Ausbau von Dachgeschossen Lebensmittelrationen weiter gekürzt Schulkinder aus Sobernheim werden 10. Mai: erstes Kino im Gasthaus Türklinken, Fenstergriffe, Gewichte aus nach Thüringen und Sachsen aufs Land ›1924 Ritter (Bürgerhof) Städtischer Haushalt : 65 Billiarden Kupfer werden beschlagnahmt – verschickt wegen Unterernährung Französische Sprachkurse, Papiermark 16. Januar: Hochwasser mit großen Französischunterricht in den Schulen Stadt baut Häuser an Ring- und Schäden; Zug mit Fronturlaubern stürzt 27. 12: Felke-Verein gegründet Hüttenbergstraße, 4 Holzwohnbaracken bei Hochstetten in die Nahe: viele Tote Festschrift Prof. Müller liegt vor Hochwasser 1918: Brücke nach 600-Jahr-Feier: Stadt geschmückt, Meddersheim zerstört ›1920 Schwierige Wirtschaftslage Fackelzug, Festzelt, Festzug, preußischer Neuer Friedhof in Steinhardt Französische Militärverwaltung be- Innenminister Severing, Feuerwerk usw. Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte stimmt Anlegung eines Flugplatzes im gebildet „Breitler Flur“ (erstklassiges Ackerland) 9. Dezember: Französische Besatzung ›1925 zieht mit Musik ein: 1500 Soldaten, 24. März: im Stadtrat Thema Hauptquartier in der Realschule ›1921 23. 8. Sobernheimer Notgeld wird von „Bad Sobernheim“ > von Regierung Geldentwertung Firma Melsbach hergestellt abgelehnt ›1919 Oberstreiter Jahrmarkt wird abgesagt 4184 Einwohner Wahlen zur Nationalversammlung: ›1922 28. 10. Sobernheim von Separatisten Stadt bemüht sich um Kredite für Demokratische Volkspartei 785, Kraftpost zweimal täglich besetzt: grün-weiß-rote Fahne auf den Wohnungsbau > für 50 Familien Sozialdemokratische Partei 505, Sobernheim-Eckweiler- dem Rathaus: Freie rheinische Republik Wohnraum gebaut Zentrum 427, Deutsche Volkspartei 60 Stadt will 40 Einfamilienhäuser bauen

39 40 1924 Sobernheim „Römer“ beim Festzug zum Stadtjubiläum Untere Großstraße um 1914

›1926 Vaterländischer Frauenverein ›1929 ›1931 16. August: Felke stirbt: Erbbegräbnisplatz erwirbt Kurheim Waldesruh zur 21. Februar: tagsüber +15 Grad Celsius, Stadt kauft Flugplatz ( Johannisplatz) 20. August: Feierliche Beisetzung Mütter- und Kindererholung (jetzt nachts -20 Grad Wirtschaftskrise: Arbeitslosigkeit Max-Willner-Heim) ›1927 ›1930 ›1932 Kirmes am 4.Sonntag und Montag ›1928 Rheinland-Räumung: Turnverein kauft von der Stadt Baracke im Juni beschlossen ( früher bis in Kur- und Verkehrsverein führt „Befreiungsfeiern“ auf dem Flugplatz siebziger Jahre schon Kirmes) Gesellschaftsfahrten in den Hunsrück, 100 Jahre Sobernheimer Vereinsmusik Landtagswahl: SPD 433, Deutschnati- Reiterverein gegründet , zum Rhein durch vom Musik- und Unterhaltungsverein onale 66, Zentrum 559, Kommunisten 145, DVP 213, NSDAP 824, Andere 141

›1933 Arbeitsdienstlager auf dem Flugplatz 4296 Einwohner NSDAP beantragt erfolgreich Ehrenbürgerschaft für Hindenburg, Hitler und Göring, Umbenennung Großstraße in Adolf-Hitler-Straße und Ringstraße in Hermann-Göring-Straße

›1934 Samstag wird zum Staatsjugendtag, 1929 Blick vom Domberg auf die Stadt Zeppelin über der Stadt schulfrei 41 42 ›1940 ›1941-1944 Verwaltungsarbeit eingeschränkt; Kriegs-Einschränkungen.... Erfassung Wehrpflichtige, Bezugsscheinstelle ›1945 Technische Nothilfe (Organisation Todt) Luftangriffe: 25 Häuser total zerstört, baut Kurhausbrücke 150 Häuser beschädigt, Bahnhof, Güterschuppen, Parteiheim und Turnhalle vernichtet 180 Tote im 2.Weltkrieg, 101 Soldaten vermisst, 700 in Kriegsgefangenschaft Erholungsheim des Roten Kreuzes jenseits der Nahe (Max-Willner-Heim) für kranke deutsche Kriegsgefangene 19.3.1945 8 Uhr: Beginn der amerikanischen Besatzung, abgelöst durch französische Besatzung Juli Philipp Scheidemann (mit Hut) fuhr 1930 mit SPD-Veteranen in offener Kutsche durch die Großstraße. 1945 bis November 1947 Scheidemann rief am Ende des Ersten Weltkriegs aus einem Fenster des Berliner Reichstags die Beschlagnahme von Häusern, Möbel, Deutsche Republik aus und war von Februar bis Juni 1919 Ministerpräsident der 1. Republik. Lebensmitteln für Besatzung Kinder werden von NSV zur Erholung Pfeiffer’sche Ziegelei geht wieder in Nahe-Brücke zum Kurhaus Dhonau Zusammengestellt von Werner Bohn in den badischen Wald verschickt Betrieb 2. Dezember: Fröschengasse wird 800 Soldaten einquartiert Saarstraße, Saarplatz 1.10. Konfessionsschulen werden Gemeinschaftsschulen ›1935 Kraft durch Freude –Urlauber in ›1938 Sobernheim Städtische Volksbücherei wird 13. Oktober Einweihung Kriegerdenkmal eingerichtet von Emil Cauer, Berlin (vorher wurde Es wird immer noch Tabak dort ein altes Haus abgebrochen) angebaut (175 Zentner) „Reichskristallnacht“ traf die ›1936 jüdischen Mitbürger sehr hart…. 9.2.: Felke-Denkmal am Bahnhof eingeweiht ›1939 Luftschutzkeller in der ev. 1. September: Volksschule eingerichtet Beginn 2. Weltkriegs Während des gesamten Krieges ›1937 nur acht Stadtratssitzungen Verdunkelungsübung, Kriegsbeiträge der Gemeinden Luftschutzunterricht Metalle werden konfisziert 1939 Militärfahrzeuge passieren den Marktplatz 43 44 Stadtgeschichte Stadtrat am 4. Sonntag und Montag im 28.11.1930 In namentlicher Abstimmung Juni jeden Jahres eine Kirmes zu veran- (8 zu 6) wird die Einführung einer Bürger- » aus den stadtratsprotokollen 1924-1949 stalten. steuer beschlossen.

09.08.1927 Stadtrat spendet RM 100 an 12.01.1931 Bürgermeister Ragoczy bean- 04.06.1924 Es wird der Bau einer festen 04.03.1925 Reichpräsident Ebert verstor- Hochwassergeschädigte im Freistaat Sach- tragt Ruhestand ab 01.02.31. Dienstzeit v. Nahebrücke am Igelsbach beschlossen. ben. Stadtrat gedenkt in Sondersitzung. sen. 14.12.20 bis 23.01.31. Zur Linderung der Wohnungsnot will die 09.12.1927 Die Bockenauer Straße wird 23.01.1931 Firma. A.Marum Witwe ge- Stadt umfangreiche Wohnungsbauten 24.03.1925 Stadtrat beantragt BAD-Titel. durch den Kreis übernommen. nehmigt die kostenlose Überlassung von errichten. Man beschließt eine Anleihe Antrag von Reichsregierung abgelehnt. Gelände als Sportplatz für die Schulen. von 500.000,-- Goldmark zu 6 % und 92 Hugo Marum und vier weitere Bürger 05.06.1928 Die Überbrückung der Neugas- % Auszahlungskurs. erwerben städtische Hausparzellen. se durch die Firma Marum Witwe AG wird 02.02.1931 Staats-Darlehens-Rest für In zahlreichen Beschlüssen hat der Stadt- genehmigt. Wohnungsbauten von RM 36.765 wird bis 13.06.1924 Zur Busverbindung Sobern- rat die Hausbauaktionen in 1925 und 1926 auf RM 7.000 erlassen. heim – Eckweiler garantiert die Stadt begleitet. Überwiegend wurden die Häu- 16.10.1928 Die Errichtung eines Denkmals einen Zuschuss von 1.000,-- Goldmark ser in der Schulstraße, Hüttenbergstraße, für Pastor Felke vor dem E-Werk wird be- 20.02.1931 Reichsfiskus verkauft Gebäude jährlich. Garantiert wird eine tägliche Hin- Staudernheimer Straße und Leinenborner schlossen. des früheren Flugplatzes an die Stadt für und Rückfahrt. Weg errichtet, etwa für insgesamt 50 RM 14.245 (Bodenwert RM 1,60 p/qm) Familien. 07.12.1928 Verhandlungen über den Bau 07. - 08.09.1924 600-Jahrfeier einer Eisenbahnverbindung nach Gemün- 29.04.1931 Fritz Edelmann, Friedrichsthal, Anwesend u.a. preußischer Innenminister 01.06.1925 Ein Sprengwagen – Wasser- den sollen wesentlich unterstützt werden. wird für 12 Jahre zum Stadtbürgermeister Severing, Oberregierungsrat von Seybel, wagen wird vom Stadtrat für die heißen gewählt. Geheimrat Dietrich. Glückwünsche von Tage beschafft. 10.12.1928 Mit der französischen Besat- zahlreichen Städten (30) u.a. Frankfurt/ zung wird über die Freigabe eines Teils 29.04.1931 Land- u. Gastwirt Karl Bam- Main und vielen Einzelpersonen (Reichs- 03.11.1925 Die Errichtung eines Krieger- des Flugplatzes an Firma Marum für Fab- berger als Bezirksvorsteher für Steinhardt präsident/Bischof), Stadt geschmückt, denkmals wird einstimmig durch den rikgebäude verhandelt. wieder gewählt. Fackelzug, Festzelt, Festzug, Feuerwerk Stadtrat beschlossen. 20.12.1929 Für die Kraftpostlinie Sobern- 13.07.1931 Die Wahl Edelmann zum Stadt- 30.09.1924 Ausweisung Landrat Müser 18.12.1925 Stadtrat beschließt den Kauf heim – Bad Kreuznach wird eine Haftungs- bürgermeister wird für ungültig erklärt. wird aufgehoben. Stadtrat unterstützt von Wohnbaracken für Wohnungslose für summe von jährlich RM 600 bewilligt. Dr. August Stumm, Konz, wird für 12 Jahre Zulassung des beliebten Landrates. RM 800 per Stück Stadtbürgermeister. 07.01.1930 Für die Postlinie Sobernheim 06.11.1924 Stadtrat stellt Baugelder für 15.02.1926 Die Nahe-Zufahrt am Haus Seesbach wird ein Garantiesumme von 08.02.1932 Die Straßenbeleuchtung soll umfangreiche städtische Wohnbauten si- Eckart wird in Felkestraße benannt. RM 600 bewilligt. in den Wintermonaten nur bis 22.15 Uhr cher (21), Fortführung der Kinderspeisung eingeschaltet werden. auf Kosten der Stadt. 22.03.1926 Der Minister des Inneren be- 04.02.1930 Beschluss über Ausbau der willigt ein Darlehen von RM 40.000 Realschule in Oberrealschule. 01.04.1932 Der Standort für das Krieger- 17.02.1925 In Steinhardt werden Karl Bam- für die Fertigstellung der Wohnbauten. Steinhardter Bürger – Ortsteil Waldböckel- denkmal wird in der Igelsbachstraße berger zum Bezirksvorsteher und Jakob heim stellen Antrag auf Eingemeindung festgelegt. Kersch zum Stellvertreter gewählt 10.05.1927 Die Errichtung einer Badean- einschließlich „Marienpforter Hof“. Zur Buslinie Sobernheim – wird stalt am „Gefach“ wird beschlossen. Die 19.05.1932 Der Stadtrat beschließt die ein Zuschuss von RM 1.500 bewilligt. Stelle des Bademeisters soll ausgeschrie- 13.05.1930 Stadt-Baumeisterstelle wird nach der Monzinger Straße gelegene ben werden. Mit 9 zu 4 beschließt der am 01.10.30 nicht wieder besetzt. Mannschaftsbaracke für RM 6.500 dem

45 46 Turnverein zu überlassen. Zahlung in 15 Der Fraktionsführer der NSDAP Arthur Jahresraten. Es wird angeregt, die Kirmes Dhonau gibt eine politische Erklärung fol- auf dem Flugplatz durchzuführen. genden Inhalts ab (auszugsweise wieder- gegeben): 31.06.1932 Der Stadtrat beschließt die Errichtung eines Steigerturmes für die „Die Fraktion der NSDAP mit 5 gewählten Feuerwehr auf dem Flugplatz. Mitgliedern, die Mitglieder der Deut- 22.12.1932 Stadtbürgermeister Dr. Stumm schen Volkspartei Schmidt und Weidner, gibt für die Stadtratsmitglieder Lauff und Handwerksvertreter Bohn wurden in Marum eine Ehrenerklärung im Stadtrat die NSDAP-Fraktion aufgenommen. Die ab. Er stellt fest, dass die beiden Herren Mitglieder des Zentrums, der Staatspar- sich mit Erfolg für das Wohl der Stadt tei und der SPD sind von der Beteiligung eingesetzt haben. Er spricht ihnen volles ausgeschaltet und von jeglicher Verant- Vertrauen aus. Es gab keinen Widerspruch wortung entbunden. Es wird festgehal- aus dem Rat. Die NSDAP – erstmals im Rat ten, dass alle Mitbürger, die bis heute der erwähnt - hatte in einem Schreiben die nationalen Bewegung fernstehen, zur beiden Herren eines unsauberen Einsicht kommen und bedenken, wer sich Charakters bezichtigt. Dr. Stumm noch entgegenstellt, wird von der Ent- nimmt die beiden Herren in Schutz wicklung überrannt werden.“ und spricht von einer Verwilderung Zu Beigeordneten werden die Herren des politischen Lebens. Tierarzt Eckardt und Philipp Gebhardt zuzuführen. Dem Führer ist die Einheit 17.10.1935 Im Stadtrat wird über den Neu- gewählt. der Deutschen Jugend als freiwillige bau einer Volksschule gesprochen. Die 12.03.1933 Stadtratswahl Dankesgabe der Deutschen Nation zu alten Schulen sollen HJ-Heime werden. 19.04.1934 Die öffentlichen Anlagen am gewährleisten. 11.04.1933 Bildung einer Zwischenkom- Bahnhof und Obertor sollen ausgebaut Der Stadtrat ist mit der Übernahme der 10.05.1937 Stadtrat beschließt auf mission für die Wahl der Ausschüsse. werden. Zahl der Ratsherren wird auf 10 Verwaltung des Amtes Meddersheim ein- Wunsch der NSDAP die evangelische und festgesetzt. verstanden. Die Erhebung einer Kurtaxe katholische Volksschule aufzulösen und 24.04.1933 Die NSDAP stellt Dringlich- wird beschlossen. eine Gemeinschaftsschule einzurichten. keitsanträge. Einstimmig wird beschlossen 29.10.1934 Grundstücke für den Postneu- zu Ehrenbürgern der Stadt zu ernennen: bau werden getauscht. Rathaus mit Hakenkreuz-Fahne 12.06.1937 Es wird eine , Hermann Göring und Paul 01.08.1935 Eine Hauptsatzung wird Klimastation eingerichtet. von Hindenburg. Stadtverordneter Baum 25.01.1935 Heim für die Hitlerjugend be- erlassen: 10 Ratsherren, 2 Beigeordnete, verlässt die Sitzung. schäftigt den Stadtrat. Igelsbach-Straße Beiräte für Fürsorge und Bauwesen. 09.07.1937 In der Friedhofssatzung wird wird ausgebaut. 30.08.1935 Beitritt zum Reichsluftschutz- an Stelle „aller Personen“ das Wort „ari- Folgende Straßen werden umbenannt: bund. Termin zur Einweihung des schen Personen“ eingefügt. Großstraße in Adolf-Hitler-Straße 25.05.1935 Der Stadtrat fasst eine Ent- Krieger-Ehrenmals wird auf den Bahnhofstraße in Horst-Wessel-Straße schließung zur Werbung für die Jugendor- 13.10.35 festgesetzt. 27.01.1938 Mitteilung im Rat: Das Katas- Ringstraße in Hermann-Göring-Straße ganisationen der NSDAP. Er heißt hier u.a.: teramt wird nach Bad Kreuznach verlegt. Platz an der Sparkasse Alle deutschen Volksgenossen haben um 13.09.1935 Protokollvermerk: Nach der beim „Obertor“ in Hindenburgplatz der Nation Willen und aus ihrer persön- heutigen Einstellung des weitaus größten 11.01.1946 Die Genehmigung zur Fertig- Igelsbachstraße in Dr. Goebbels-Straße lichen Treueverpflichtung dem Führer Teils der Bevölkerung ist der Zuzug von stellung (Reparatur) der Meddersheimer Nahestraße in Richthofen-Straße gegenüber ihre Söhne und Töchter vom Juden unerwünscht. Der Zuzug von Orts- Brücke wird durch den Regierungspräsi- 10. Lebensjahr ab der HJ und dem BdM fremden soll überwacht werden. denten erteilt.

47 48 16.04.1946 Ein Teil des Flugplatzgeländes Stadtrates werden wegen der Wohnungs- soll Sportplatz werden. knappheit ein Wohnungsausschuss und eine Heizmaterialverteilungskommission Stadtgeschichte 15.09.1946 Erste Stadtratswahl nach dem gewählt. Krieg – 12 Mitglieder. Bürgermeister Simon » sobernheim im dritten reich ausgeschieden. Fritz Fuhr Bürgermeister, 03.05.1949 Der Stadtrat beschließt, die Adolf Kessel Beigeordneter. Kirmes ab 1949 auf dem Flugplatz ( Johannisplatz) abzuhalten. Bei den Wahlen zum Preußischen Sobernheimer Lokalanzeiger. In Pferds- 07.03.1947 Schützenhaus im „Geißerech“ Dr. Stumm (Altbürgermeister) wird wieder Landtag am 24.April 1932 bekamen in feld wurde ein Schmied, der „rote Edi“ wird verkauft. gewählt. Der Landrat erhebt Einspruch Sobernheim die Nationalsozialisten (NS- von Sobernheimer und Monzinger SA- DAP/ Nazis) 824 Stimmen – das Zentrum Männern verprügelt. Jüdische Menschen 10.12.1947 Die Stadt stellt zum Wieder- 25.05.1949 Heinz Imig wird Stadt- und 559, die SPD 433, dazu gab es sieben wurden angepöbelt und schikaniert. aufbau der historischen Paulskirche in Amtsbürgermeister. andere Gruppen. Das war so allgemei- Frankfurt RM 300 zur Verfügung ner Trend im Land. Bei den Wahlen vor- Es war nicht in erster Linie der Antise- 31.05.1949 Die alten Bezeichnungen Obe- her zur Stadtverordnetenversammlung mitismus, der die Menschen zu den 30.01.1948 In Entschließungen vom 7.11.46 re-, Mittlere-,Untere Großstraße fallen am 12.März wurde die NSDAP schon Nazis trieb, denn mit den jüdischen Fa- und 6.8.47 bittet der Stadtrat erneut beim weg. Die Ringstraße von Igelsbachstraße Landrat für die Bevölkerung, den zweiten bis Ecke Großstraße wird in Poststraße stärkste Fraktion und begann die an- milien in der Stadt lebte man vorher Einkellerungs-Zentner an Kartoffeln zur umbenannt. deren Parteien zu verdrängen. Die Zen- recht friedlich zusammen. Mehr war es Verfügung zu stellen. Er droht mit der trums-Vertreter kamen nicht mehr zu wohl die nationalistische Bewegung, die Niederlegung aller Ämter. Der Stadtrat 16.06.1949 Die Stadt wird Mitglied der den Sitzungen, die Sozialdemokraten Aufschwung, Arbeit und wachsenden beschließt die Übernahme von Besat- Kreissiedlungsgesellschaft. wurden hinaus geekelt und schließlich Wohlstand versprach, dazu die Gefühle zungskosten von Privatleuten wie Hand- im ganzen Deutschen Reich verboten. von Gemeinschaft, Sicherheit und Stär- werker-Rechnung, Möbelbeschaffung, 11.08.1949 Es werden neue Straßen- und Nun wurden die Stadtverordneten nicht ke – nicht allzu lange nach verlorenem Fuhrleistung. Hausnummerschilder angebracht. Der mehr gewählt, sondern von der NSDAP 1.Weltkrieg und Wirtschaftskrise. Anti- Hausbesitzer zahlt 1 DM . ernannt. Der Bürgermeister regierte semitismus war auch in früheren Jahren 24.08.1948 Im Stadtrat wird über die Wäh- nach dem „Führer-Prinzip“. Es gab kaum in Deutschland latent und blieb dies lei- rungsreform diskutiert, so das Erlöschen 19.08.1949 Stadtrat beschließt das sämtlicher Barbestände und Rücklagen. Gelände östlich der Felkestraße – noch Sitzungen des Stadtrats. der auch bis heute noch. Über die unse- Äußerste Sparsamkeit ist geboten. Botzbach als Baugelände zu erschließen. lige Verfolgung der Juden in Sobernheim Frau Witwe Anna Hartmann übernimmt Haushaltsplan 1949 Einnahmen und Nach der Machtübernahme durch Adolf wird an anderer Stelle berichtet. die „Hohe Burg“ Ausgaben DM 481.781- Hitler am 30.Januar 1933 war auch an Pfarrer Berkemann wird bei der der Nahe die Begeisterung groß für die In ihrem Buch „Nachbarn und Opfer“ 29.11.1948 Beschluss: Stadt- und evangelischen Kirchengemeinde Nationalsozialisten. Mit den politischen schildert Frances Henry die Machtstruk- Amtsbürgermeister sollen in einer Hand eingeführt. Gegnern, insbesondere den Kommu- turen der Nazis in unserer Stadt. Sie, liegen (Personalunion). Wahl 19 nisten und den Sozialdemokraten gab geboren als Franziska Ostermann mit Stadtratsmitglieder, ausgewertet von Heinz Schmitz es blutige Auseinandersetzungen. Als jüdischen Großeltern in der Sobernhei- Brandserien – Scheunenbrände in am 6.Februar in Kirn SA-Abteilungen mer Wilhelmstraße, war 1939 mit ihren Sobernheim. Stadtrat setzt eine gegen kommunistische Demonstranten Eltern in die USA geflohen. Die amerika- Belohnung von DM 1.000 zur Ergreifung des oder die Täter aus. vorgingen, waren auch Sobernheimer nische Originalausgabe dieses Buches, im Einsatz: „Da ist unsere SA natürlich „Victims an Neighbours“ erschien 1984 13.12.1948 Neben 9 Ausschüssen des sofort zur Stelle,“ kommentierte der mit einem Vorwort von Willy Brandt.

49 50 Frances Henry besuchte in den siebzi- Anziehungskraft auf junge und arbeits- ger Jahren Sobernheim und befragte lose Männer, die aus einfachen Verhält- Zeitzeugen, von denen es damals noch nissen stammten und sich nun als neue viele gab. Herren aufspielten. Die SS mit ihrem Frances Henry schätzte, dass es in elitären Image hatte mehr Zulauf aus Sobernheim etwa 600 eingetragene dem Mittelstand und von Freiberuflern. Parteimitglieder gab, von denen wie- Dazu gehörten einige Lehrer, andere derum ungefähr 100 zum harten Kern Beamte und Ärzte. Die NS-Ortsgruppe gehörten und gleichzeitig SA oder SS wurde von einem Angehörigen einer angehörten. Während der dreißiger Jah- ohnehin einflussreichen Familie geführt. re gab es etwa 70 Angehörige der SA Er erhielt seine Befehle vom Kreislei- und 30 der SS. Die SA hatte besondere ter, der aus Staudernheim stammte.

Sobernheim marschiert und jubelt mit.

Dr. Robert Ley, der Reichsleiter der am Untertor eine „Ehrenpforte“ mit Deutschen Arbeitsfront war zu Propa- Nazi-Symbolen aufgebaut. Dann hat- ganda-Zwecken 1933 mit „Alten Kämp- te er aber so viel vom Sobernheimer fern“ in Sobernheim. Die Sobernhei- Wein gebechert, dass er um ein Haar mer Parteigänger hatte ihm zu Ehren vom Rathaus-Balkon gekippt wäre. Die NSDAP kontrolliert sogar die Fassenacht 51 52 Für die Kinder und Jugendlichen bedeu- oder evangelisch, alle gleich. tete die Hitlerjugend „ ...nur Spaß. Wir Zwei Juden waren auch fühlten uns wie bessere Pfadfinder, wir in unserer Klasse, hatten eine Menge Feiern und mach- Feibelmanns Hannelore und Wolfe ten Ausflüge … Besonderes Vergnügen Werner von der anderen Rasse. machten uns Märsche, wenn wir in un- Mit Judenbinden um den Arm seren Uniformen singend und von einer liefen sie da herum, Blaskapelle begleitet durch die Stadt aber wir nahmen ihnen eigentlich marschierten.“ Stolz waren diejenigen, gar nichts krumm. die etwa zum „Fähnleinführer“ aufstie- gen und die anderen kommandieren In dieser Zeit war fast jede durften. Das Parteiheim war am Johan- bei den Jungmädels oder nisplatz; dort war der Anlaufpunkt für Jungvolk vertrete. viele Aktionen – von der vormilitärischen Wir sind durch die Stadt marschiert, Ausbildung bis zum Handarbeitskurs. haben gesungen und gelacht und es hat uns große Freude gemacht. Junge Menschen mussten zum Arbeits- Dafür haben wir auch dienst oder zum Militärdienst in der ganz schön büßen müssen, Wehrmacht. Für diejenigen, die einen doch die Zeit war schön, Der Stürmer-Schaukasten stand am Marktplatz – hier ein Beispiel Beruf erlernt hatten und in Arbeit und wir möchten sie nicht missen.“ Lohn waren, wurde das zur Belastung, für die vorher Arbeitslosen allerdings Sobernheim war keine Hochburg der eine große Chance. Sie waren nun in ein Nationalsozialisten. Die Menschen hier funktionierendes System eingebunden verhielten sich so wie die große Masse und sahen etwas von der Welt außerhalb im ganzen Land. Positiv zu bemerken ist Sobernheims. Wenn sie im Urlaub nach das entschlossene Auftreten der evan- Hause kamen und in Uniform durchs gelischen Pfarrer, beide zur Bekennen- Städtchen gingen, waren sie wieder wer. den Kirche zu zählen, wie anderer Stelle Eine ganze Generation wurde in der Na- ausgeführt wird. Dass nach dem Ende zi-Zeit für das ganze Leben geprägt und des 2.Weltkriegs und dem Zusammen- konnte nach dem Niedergang des Dritten bruch des Nationalsozialmus sich viele Reiches in der neuen Bundesrepublik ge- ihres Mitwirkens schämten, Angst vor danklich nur schwer wieder Fuß fassen. Bestrafung hatten oder einfach zu fei- In einem Gedicht, vorgetragen bei einem ge waren, um zu ihrer Vergangenheit zu Sobernheimer Klassentreffen viele Jahre stehen, war auch sonst wo nicht anders. nach dem 2.Weltkrieg, wurde der Zeit Das Buch von Frances Henry sollte jeder schwärmerisch gedacht: Nachgeborene lesen um vielleicht etwas davon zu verstehen, was hoffentlich nie „In diesen Jahren begann wieder in unserer Stadt geschehen wird. auch das 1000jährige Reich, HJ-Trommler am Bahnhof da waren wieder, ob katholisch Werner Bohn

53 54 Stadtgeschichte Arbeitsdienst gezogen, Pflicht war dies ebenso wie weitere RAD-Einrichtungen für junge Männer ab 1935. Der Reichsar- in Orten der heutigen Verbandsgemein- » der reichsArbeitsdienst beitsdienst (RAD) zählte reichsweit vor de Bad Sobernheim zum Gau Saar-Pfalz, achtzig Jahren rund 220.000 „Arbeits- dessen Hauptsitz sich in Münster am männer“. Stein befand. Der Allgemeinheit dienende Projekte Bei einer größeren Bombardierung wurden vom Arbeitsdienst initiiert und Sobernheims durch die Bomber der Al- unterstützt. Die ersten deutschen Au- liierten im letzten Kriegsjahr wurde auch tobahnen entstanden mit Hilfe des RAD, das Heim des Reichsarbeitsdienstes zer- auch viele Baumaßnahmen zum Schutz stört. Ein Reifenlager der Wehrmacht in vor Hochwasser. Im Raum Sobernheim / unmittelbarer Nachbarschaft ging durch Staudernheim wurden seinerzeit parallel Brandbomben ebenfalls in Flammen auf zur Nahe vom RAD lange Schutzdämme und der dichte Rauch war weithin zu se- angelegt. Etwa der zwischen Staudern- hen. heimer Schule und Nahe. Der weibliche Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Arbeitsdienst war eher bei den Bauern dort an der Dr.-Herrmann-Straße einige im Einsatz als Hilfe bei der Garten- und Mehrfamilienhäuser für Familien errich- Feldarbeit, im Haus und Stall sowie der tet, die andernorts ausgebombt waren Kinderbetreuung. Der Einsatz im RAD oder die aus Regionen in Ostdeutsch- sollte helfen, die damals noch stärker land oder aus den Sudeten in den Wes- vorhandenen Klassengegensätze auf- ten geflohen waren. zuheben. Gepriesen wurde das Zusam- Paul Bregenzer menleben in der Gemeinschaft und das Das in den 30er Jahren errichtete Sobernheimer Heim des Reichsarbeitsdienstes am ehemaligen Erfolgserlebnis durch körperliche Arbeit. Flugplatz (heute Johannisplatz) wurde zum Kriegsende von alliierten Bombern zerstört. Am rechten Das paramilitärischenStreben des RAD Bildrand erkennt man den Auenwald an der Nahe (Gefach), dahinter die Berge bei Meddersheim. war auch daran zu erkennen, dass er sich ähnlich der Wehrmacht gliederte, man Wo sich heute im Sommer Karussells auf dem Sobernheimer Stadtpatron umbe- Uniform trug und dass das Arbeitsge- dem Johannisplatz drehen, wo Softeis in nannt in Johannisplatz. rät, der blank geputzte Spaten, wie ein die Waffeln kommt und Festbier verzapft Gewehr bei Appellen oder beim Wache- wird, dort ging es vor 75 Jahren sehr viel Vierzehn Jahre nach dem Ersten Welt- stehen präsentiert wurde. Am heutigen militanter zu. Nach dem Ersten Welt- krieg kam Hitler im Deutschen Reich Johannisplatz wurde in den 30er Jahren krieg (1914 - 1918) hatte die französische mit seinen Nationalsozialisten an die ein RAD-heim gebaut. Es wies die da- Besatzungsmacht auch in Sobernheim Macht, das beendete die Weimarer Re- mals übliche schnörkellose Architektur Quartier gemacht. Es wurde angeord- publik. Das Leben in Deutschland wurde auf und konnte etwa vierzig junge Män- net, das beste Ackerland westlich des in der Folgezeit auf fast jeder Ebene mi- ner beherbergen. Vor dem Bau war die Kuhwegs in einen kleinen Feldflugplatz litarisiert. Als Vorbereitung auf ein neu- Flagge des RAD aufgezogen, der Eingang zu verwandeln. Die Bezeichnung „Flug- erliches Aufrüsten wurden die jungen wurde in militärischer Weise bewacht. platz“ galt bis etwa 1970, dann wurde Männer zwischen 18 und 25 Jahren (ab Der RAD mit seiner in Sobernheim stati- das Festgelände auf Ratsbeschluss nach 1939 auch die jungen Frauen) in einen onierten Dienstabteilung 4/244 gehörte

55 56 Stadtgeschichte wirkt, wo er seine Frau Minni kennenge- 1933 schon lehnte er die neue Kirchen- lernt hatte. verfassung mit dem Arierparagraphen » bekennende kirche Mit ihr hatte er 16 Jahre in der Kirchen- und der Unterordnung unter das Füh- gemeinde Oberhausen-Sterkrade gear- rerprinzip kompromisslos ab. Barmen beitet, wo auch die vier Kinder geboren um ein Jahr voraus! „Das ist gegen die Predigt in der Reihe zur Barmer Ich las in der Kirchenfestschrift nach, den wurden. Warum wurde er strafversetzt? Schrift! Das ist gegen die Reformation!“, Theologischen Erklärung Aufsatz von Professor Wolfgang Stribrny. Einen Moment noch Geduld! predigte er von der Kanzel in Oberhau- in der Matthiaskirche, Bad Sobernheim, Ich lud Hans-Eberhard Berkemann zum Schauen wir zuerst noch zurück: Wo sen. Da zeigte ihn sein eigener Küster bei am 28.September2014 Tee. Und siehe, es wurde äußerst span- stand Superintendent Steen 1934? Wo der Gestapo an. Und damit nicht genug: nend! stand sein Presbyterium? Wie die meis- Vietor engagierte sich in Sterkrade auch Friede sei mit euch und Gnade von Gott, 1934, im Jahr des Barmer Bekenntnisses, ten evangelischen Pfarrer damals dach- für eine geistig behinderte junge Frau – unserm Vater, und unserm Herrn und gab es in der Matthiaskirche einen Pfar- te Steen bildungsbürgerlich und national Anna – und versuchte, sie vor den Nazis Heiland, Jesus Christus. Amen. rerwechsel. Nach vierzig Jahren Dienst in konservativ. 1924 hatte er das Kirchen- in der Diakonie Kaiserswerth in Sicher- Eine Frage – sie treibt mich dieses Jahr um Sobernheim ging Superintendent Steen blättchen „Glaube und Heimat“ mit be- heit zu bringen. Schließlich verbot er das - eine Frage: Wo stand unsere Gemeinde in den Ruhestand. Mit 26 Jahren war der gründet. (Die Älteren erinnern sich wohl Horst-Wessels-Lied in seinen Jugendkrei- 1934? Als Deutschland sein nationalsozi- gebürtige Bremer hierher gekommen, an die Beilage zum „Weg“). Dort, in sen. Viele kleine Aktionen... alistisches Erwachen feierte, als sich die 1894 als Vikar zum hoch verehrten Hugo „Glaube und Heimat“ veröffentlichte er Dafür kam Vietor in Gestapo-Schutzhaft- Bekennende Kirche gegen die Deutschen Reich. 1901 hatte er die Tochter des hie- jede Woche politische Kommentare. Er ähnlich wie später Paul Schneider. In sein Christen formierte, als in Barmen die sigen Buchhändlers, Elisabeth Schäffling, trat für eine neue Volkskirche ein, selb- geliebtes Sterkrade durfte er nicht mehr Theologische Erklärung verabschiedet geheiratet und war dem Diakonie-Grün- ständiger und freier vom Staat als zuvor. zurück. Eine Abschiedspredigt hielt er wurde - Wo stand da die evangelische der im Pfarramt gefolgt. Seit 1919 war er Der Staat war aus seiner Sicht zu revolu- noch in der Friedenskirche dort: „Einen Kirchengemeinde Sobernheim? Wie po- Superintendent des damaligen Kirchen- tionär geworden. „Die Kirche steht über anderen Grund kann niemand legen als sitionierte sich das Presbyterium? Was kreises Sobernheim. den Parteien!“, schrieb Steen. Das miss- den, der gelegt ist: Jesus Christus!“ Das predigte der Pfarrer von dieser Kanzel? Nach vierzig Jahren kontinuierlicher Ge- fiel den aufkommenden Nazis gehörig. war sein biblischer Maßstab. Ich gebe zu, in 25 Jahren Pfarramt bin ich meindearbeit nun also der Wechsel. Aus- Und als er der NSDAP den Kaisersaal, den Liebe Gemeinde, welche Parallelen dieser Frage noch nicht wirklich nachge- gerechnet 1934. Sein Nachfolger wurde Gemeindesaal, für Parteiveranstaltungen plötzlich zur Geschichte von Paul Schnei- gangen, hieß es doch: 1945 verbrannten Dr. Lukas Vietor, ein bereits 57 jähriger verweigerte, griff ihn die Nazi-Zeitung der, die uns hier ja viel geläufiger ist und hier viele Papiere. Der Bombenangriff Kollege, den man an die Nahe strafver- „Beobachter im Gau“ öffentlich an. der wir im Juli dieses Jahres in Dicken- im Januar setzte nicht nur Teile dieser setzte. (Aber das ist nur die halbe Wahr- Und das Presbyterium? Es stand wie ein schied ehrend gedachten! Im Mai 1934, Kirche sondern auch das Arbeitszimmer heit, die andere Hälfte folgt gleich!) Auch Mann hinter seinem Pfarrer und schreib als in Barmen die Theologische Erklärung des Pfarrers ins Brand. Und was das Feu- der promovierte Vietor war ein Nordlicht, eine lange Presseerklärung für das unterzeichnet wurde, im Mai 1934 wurde er nicht schaffte, erledigte das Wasser. ein Pfarrerssohn aus Ostfriesland. Nach „Sobernheimer Intelligenzblatt“. Heinrich Paul Schneider strafversetzt von Hoch- 1993 vernichtete die Naheflut Teile des seinem Studium hatte er praktische Er- Steen hatte in Sobernheim festen Boden elheim nach Dickenschied. Genau einen Kirchenarchivs in Bad Kreuznach. Die fahrungen gesammelt in deutschen Aus- unter den Füßen. Er konnte den Nazis Pa- Monat später der Eklat auf dem Gemün- Quellenlage sei desolat, hieß es. Aber landsgemeinden, in Brüssel, in London roli bieten. Er konnte sich das leisten. Er dener Friedhof wegen des himmlischen unsere Presbyteriumssitzung im Juni, in und in Pretoria. Dort, in Südafrika, war war ein tapferer, ein erfahrener und an- Sturmbanns Horst Wessels. (Viele hier der meine Vikarin Konny Weber über die er wegen des ersten Weltkriegs von den gesehener Pfarrer - und er suchte gezielt kennen die Geschichte.) Es folgten seine kirchengeschichtlichen Hintergründe von Briten interniert worden und nach ei- einen fähigen Nachfolger. erste Verhaftung in Simmern und immer Barmen referierte, stellte mir die Frage nem Jahr nach Deutschland abgeschoben Dr. Lukas Vietor also. Strafversetzt. Aber wieder Auseinandersetzungen mit der neu und dringlich: Wo stand unsere Kir- worden.Als Militärpfarrer hatte er dann warum? Vietor war ein sehr gebildeter Nazi-Partei. Im Mai 1937 saß Paul Schnei- chengemeinde 1934? unter anderem in Wilna, in Litauen, ge- Theologe und ein weltgewandter Pastor. der in Gestapo-Schutzhaft – ähnlich

57 58 wie Lukas Vietor drei Jahre zuvor. Paul rener Pfarrer und er hatte ein wackeres Oder auch: Merkten die Evangelischen und Sakrament durch den Heiligen Geist Schneider ignorierte das Rückkehrverbot Presbyterium hinter sich. hier unten in der Stadt, was sich oben als der Herr gegenwärtig handelt. in seine Gemeinde, hielt dort einen Ern- Vietor diente dieser Gemeinde bis 1950. auf dem Hüttenberg zusammenbraute? Sie hat mit ihrem Glauben wie mit ihrem tedank-Gottesdienst und kam schließlich Da war er sage und schreibe 73 Jahre alt. Stichwort: Euthanasieprogramm! Gehorsam, mit ihrer Botschaft wie mit ih- in das Konzentrationslager Buchenwald. (Manche Jubelkonfirmanden berichteten rer Ordnung mitten in der Welt der Sünde Dort starb er 1939 als Märtyrer. mir von dem distinguierten Gelehrten, Liebe Gemeinde, als die Kirche der begnadigten Sünder zu Vietor stand Paul Schneider geistlich und der bisweilen mit geschlossenen Augen ich habe erst angefangen zu fragen und bezeugen, dass sie allein sein Eigentum praktisch in nichts nach, aber er ging ei- vor der Jugend dozierte. Da gingen sie werde weiter forschen im Archiv in Bop- ist, allein von seinem Trost und von sei- nen vorsichtigeren Weg. Er folgte Steens über Tisch und Bänke. pard oder Düsseldorf. Dabei ist mir jede ner Weisung in Erwartung seiner Erschei- Ruf nach Sobernheim. Das Presbyterium Konfirmanden sind manchmal unbarm- Unterstützung willkommen. nung lebt und leben möchte. hieß den Strafversetzten stolz willkom- herzig!) Ehe Vietor schließlich in den Ru- Liebe Konfirmandinnen und Konfirman- men. Mit 57 wurde er Pfarrer an der hestand ging, sorgte er wieder für Kon- den, heute morgen habt ihr eine tüchtige Wir verwerfen die falsche Lehre, als dür- Matthiaskirche. Und er bemühte sich um tinuität – wie Heinrich Steen vor ihm. Er Lektion in eigener Kirchengeschichte er- fe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft Standhaftigkeit. Er hielt sich weiter zur holte Heinz Berkemann, einen Pfarrer halten. 1934 – das ist 80 Jahre her. 1934 und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder Bekennenden Kirche. Froh wird er die der Bekennenden Kirche aus Kleinich – da trugen eure Urgroßväter und – müt- dem Wechsel der jeweils herrschenden Barmer Erklärung in Händen gehalten vom Hunsrück. Als Dr. Lukas Vieor mit 90 ter Verantwortung in Kirche und Gesell- weltanschaulichen und politischen Über- haben. Im Pfarrhaus in der Kirchstraße Jahren hier am Ort starb – 1968 – schrieb schaft. Das ist lange, lange her für euch. zeugungen überlassen. sammelte er die gleich gesinnten Kolle- sein Presbyterium: „Er war ein Mann der Behaltet aber dies: Als Deutschland im gen aus der Synode Sobernheim. Bekennenden Kirche mit der Besonder- Nazitaumel versank, und viele auch in Amen. Und das Presbyterium? So viel lässt sich heit, dass er die Freiheit des Glaubens dieser Stadt, blieb eure Kirchengemein- sagen: Es ließ sich nicht von den Deut- und die persönlich Verantwortung im de standhaft, standhaft auf vorsichtige Ulrike Scholtheis-Wenzel schen Christen vereinnahmen. Die gab Denken und Handeln betonte.“ Die klare Weise.Der Pfarrer sorgte sich um seine es sehr wohl am Ort, aber sie trafen Handschrift von Heinz Berkemann! Konfirmanden, dass ihnen die Nazis nicht sich – auch zu gottesdienstlichen Feiern Eine Frage: Wo stand diese Gemeinde den Kopf verdrehten. Und das Presbyte- – im Bürgerhof, dem heutigen „69“. Und 1934, im Jahr des Barmer Bekenntnisses? rium stand hinter ihm. Das ist eine gute die Jugend? Der Jünglingsverein und die Eine Frage und erste Antworten. Erste Geschichte! Behaltet sie und denkt dar- weibliche Jugend waren ein starkes Erbe Antworten und noch mehr Fragen: Wuss- an, was die Stärke einer Christengemein- von Elisabeth und Heinrich Steen gewe- te Dr. Vietor von Paul Schneider? Er muss de ausmacht:Wir sind wie Geschwister. sen. Vietor achtete sehr darauf, dass die es doch gewusst haben! Hat er hier von Wir halten uns an Jesus und sein Wort. Konfirmanden nicht noch Sonntag- mor der Kanzel die offizielle Fürbittliste mit Da lassen wir uns nicht reinreden. gens von HJ und BDM verpflichtet wur- Paul Schneiders Namen verlesen? Fuhr Das bekräftigen wir, indem wir miteinan- den. er zur Beisetzung nach Dickenschied wie der das Barmer Bekenntnis sprechen, Einmal, nachdem der BDM Sonntag mor- so viele Bekenntnispfarrer der Rheini- heute die These 3: gens ins Kino einlud, besuchte Vietor an- schen Kirche? Ich weiß es noch nicht. schließend alle Konfirmandeneltern! Man Oder: Wie verhielt sich sein Presbyte- Lasst uns aber wahrhaftig sein in der Lie- stelle sich das vor. Den Ortsgruppenleiter, rium 1938, als die Nazis auch hier die be und wachsen in allen Stücken zu dem der sich erdreistete, sonntags um halb 10 Synagoge schändeten und jüdische Ge- hin, der das Haupt ist, Christus, von dem im Pfarrhaus für das Winterhilfswerk zu schäfte demolierten? Kümmerte sich das aus der ganze Leib zusammen gefügt ist. sammeln, warf er kurzerhand heraus. Er evangelische Pfarrhaus um die heim- konnte sich das leisten. Nein: Er hatte liche Versorgung der Juden – so wie es Die christliche Kirche ist die Gemeinde den Mut! Er war ein tapferer, ein erfah- ganz offensichtlich das katholische tat? von Brüdern, in der Jesus Christus in Wort

59 60 Stadtgeschichte Stadtgeschichte » vom zweifel zur gewissheit » tiefflieger-angriffe

Im „3.Reich“ wurden grundsätzlich alle In dem Moment, in dem ich das nicht An einem Septembertag 1944 wa- Anfang Dezember beschoss ein feind- Buben, die 10 Jahre alt waren, ins „Jung- mehr bewohnbare Haus sah, ahnte ich, ren „Jungvolk“ und „Hitlerjugend“ in liches Jagdflugzeug das Postgebäude, volk“ eingegliedert, eine Vorstufe der dass künftig nichts mehr sein würde wie Sobernheim auf dem „Flugplatz“ (heute warf eine kleine Bombe auf dessen Hof „Hitlerjugend“. Die Nazis verstanden es, bisher und die Kindheit zu Ende war. „Johannisplatz“) angetreten, um Sport und drehte nach Süden ab. Plötzlich das Interesse der Jungs zu wecken. Zwar Mitte März 1945 streifte ich im Leinen- zu treiben und zu exerzieren. Plötzlich tauchte eine deutsche ME 109 hinter fanden wir Antreten und Exerzieren auf born umher, als ein Trainwagen mit zwei raste ein amerikanischer Jagdbomber ihm auf, beide verschwanden in Rich- dem „Flugplatz“ (heute Johannisplatz) Soldaten neben mir hielt, die nach dem ( Jabo) schießend über uns hinweg. Wir tung Hühnerhof sehen. Vielleicht zwei nicht so interessant. Dafür aber Gelän- kürzesten Weg zum Rhein fragten. Ich wurden in den Keller des „Parteiheims“ Stunden später wurden die beiden Pi- despiele, Lauf- und Turnwettbewerbe erläuterte es, so gut ich konnte. Dar- beordert, der nicht viel Schutz geboten loten der abgeschossenen amerika- und die Aussicht, schon bald zusammen aufhin nahmen sie sich zwei der vier hätte, da er nur zum Teil unter der Erde nischen Maschine unter Bewachung mit Älteren am Kleinkaliberschießen Zugpferde und ritten davon. Die bei- lag. Doch wie ein Spuk ging alles vorü- durch die Stadt geführt, große Männer teilnehmen zu dürfen. Wir ahnten nicht, den anderen Pferde ließen sie laufen. ber; wir fanden abgeworfene Bordka- in auffallenden Overalls. Es waren die zu welchen Zwecken unsere Begeiste- Den zurückbleibenden Trainwagen sah ersten Amerikaner, die ich gesehen rung missbraucht wurde.... ich mir natürlich an und entdeckte zwei nonenhülsen und einen leeren Ersatz- An einem Mittwochnachmittag im Som- leichte Maschinengewehre, zehn Sturm- tank. Dieser erste Jabo-Angriff kostete habe. Einige Personen, die wegen der mer 1944 bekamen wir statt Anzutreten gewehre 44, Leuchtpistolen, kistenwei- einem Sobernheimer das Leben, dem Fliegerangriffe wütend waren, äußer- oder Sport zu treiben im Sobernheimer se Munition und mehrere Zelte. Hausmeister des Parteiheims, Macher. ten sich feindselig. Die Anwesenheit Kino Altmeyer einen Propagandafilm Am nächsten Tag kamen drei erschöpfte Er wohnte in dem Backsteinhaus an der der deutschen Bewacher verhinderte “Sieg im Westen“ vorgeführt. Während und hungrige deutsche Soldaten an un- Ecke Monzinger-/Eckweilerstraße. Die möglicherweise Schlimmeres. Kampfesmut und Erfolge der deutschen serem Haus vorbei. Sie waren froh, we- Leiche wurde nach meiner Erinnerung Flieger in dramatischen Bildern darge- nigstens ein bisschen Essen zu bekom- in seinem Garten in der Nähe des Ge- Alle paar Tage mussten wir Glasschei- stellt wurden, erlosch plötzlich der Pro- men und Unterschlupf in einem kleinen fachs gefunden, an dem er Badeein- ben an unserem an der Ecke Post-/ jektor. Der Kinobesitzer forderte uns auf, Stollen zu finden, den wir wegen dau- richtungen betreute. Kirchstraße gelegenen Wohnhaus er- sofort den Saal zu verlassen, es seien ernder Luftangriffe in den Berg getrie- setzen; schließlich nagelten wir ent- feindliche Flugzeuge gemeldet - Lufta- ben hatten. Nur einer der drei war be- Während Machers Beerdigung überflog behrliche Fenster mit Brettern zu. Am larm! Der krasse Gegensatz zwischen waffnet, lediglich mit einer Pistole. Ich ein feindlicher Jabo den Friedhof. Die 27. Dezember 1944 griffen „Lightnings“, Film und Realität machte mich nach- machte sie auf den nur einige hundert Trauergäste suchten Deckung hinter doppelrümpfige Flugzeuge, den Bahn- denklich. Meter entfernten Trainwagen aufmerk- Grabsteinen und Bäumen. Nur Pfarrer hof an. Das waren größere Maschinen, Die Zweifel steigerten sich, als im Sep- sam, auf dem sich genügend Waffen Vietor verharrte auf seinem Platz und die bei den deutschen Jagdfliegern ge- tember tagelang deutsche Soldaten von befanden. Einer von ihnen schaute mich betete weiter. fürchtet waren, da sich zwischen den Westen kommend durch Sobernheim unendlich traurig an und sagte: „Ach Die Abstände zwischen den einzelnen Rümpfen ein drehbarer Turm mit Bord- fluteten, die Angriffe von Jagdfliegern lass man, Jungchen, der Krieg ist verlo- Angriffen wurden immer kürzer; be- waffen befand. Außerdem hatten sie zunahmen und unser Städtchen am 5. ren.“ Nur selten machte mir ein einziger vorzugtes Ziel war der Bahnhof. Am schwerere Bomben als die einmotori- Januar 1945 von Bombern angegriffen Satz so viel klar. gen Jagdbomber an Bord. Sie trafen die wurde. Dabei fiel ein Sprengkörper ne- Zwei Tage später, am 19. März 1945, be- 9. November warfen die Jabos auch ben unser Haus und machte es unbe- setzten Amerikaner Sobernheim. Bomben. Dabei wurde Edmund Blattau Unterführung am Bahnhof, wobei zwei wohnbar. Weil es schon vorher beschä- verletzt, später Rektor einer Schule in Eisenbahner getötet wurden, darunter digt war, hatten wir es bereits verlassen. Peter Conrad Waldböckelheim. der Vater meines Klassenkameraden

61 62 Horst Gebhardt. Noch Jahrzehnte da- schoss ein Jabo und traf die Lokomoti- Stadtgeschichte nach mussten die Sobernheimer über ve. Der Zug blieb stehen, dort wo sich » bomben auf sobernheim die Geleise laufen. heute Schwimmbad und Sportplatz be- finden. Das Gelände war damals spär- Zwischen den Fachwerkbalken unse- lich mit Büschen bewachsen, anmoorig Zum Ende des 2.Weltkriegs wurde auf dem „Flugplatz“ (jetzt Johannis- res Hauses und dem sie ausfüllenden und nur zu betreten, weil der Boden Sobernheim Ziel eines Bomberangriffs platz) getötet. Während seiner Beerdi- Material hatten sich durch die Erschüt- gefroren war. Viele Menschen verlie- der Alliierten. Daran erinnern sich Zeit- gung rauschten Jagdbomber heran. Alle terungen deutliche Risse gebildet. Das ßen den Zug, liefen um ihr Leben und zeugen und berichten für Allgemeine gingen in Deckung, nur Pfarrer Dr. Vie- Ehepaar Kalli und Änne Giloy gewährte ich erwartete, manche getroffen umfal- Zeitung und Öffentlichen Anzeiger, aber tor blieb am Grab stehen und predigte uns im Keller ihres im Leinenborn gele- len zu sehen. Doch der Pilot gab keinen auch im persönlichen Gespräch: weiter. Bei einem Angriff auf den Bahn- genen Hauses eine Notunterkunft. Das Schuss mehr ab, bis sich die Leute in Im November und Dezember 1944 hat- hof wurden zwei Lokomotiven in Brand hat uns wohl das Leben gerettet. Bei ei- den wenigen Gebäuden auf der Höhe te es immer häufiger Luftalarm mit An- geschossen. Nördlich ( im „Bock“) und nem Bombenangriff am 5. Januar 1945 des Wasserhäuschens (heute Nähe Dr. griffen von Bombern und Jagdbombern südlich der Stadt (in „Stumbs Rech“) stürzte in dem von uns verlassenen Dümmler-Halle) notdürftig versteckt gegeben. Dabei wurde unter anderem gab es riesige Bombentrichter auf frei- Heim die Decke des Luftschutzraumes hatten. Dann kamen weitere Jabos und auch der Hausmeister des Parteiheims em Feld. herab, den wir regelmäßig bei Flieger- warfen Bomben auf den Zug; die gin- alarm aufsuchten. gen aber rechts und links daneben. Eine Nebensache, die heute weitge- Am 1. Januar 1945 morgens sah ich von hend vergessen ist: Wegen Häufung unserer Bleibe aus einen Personenzug der Jabo-Angriffe mussten die ersten nach Passieren der „Eisenschmelze“ in beiden Waggons hinter der Lok aus Si- Richtung Sobernheim fahren. So nied- cherheitsgründen unbesetzt bleiben. rig fliegend, dass ich mich im Leinen- born auf gleicher Höhe mit ihm befand, Peter Conrad

Bombentrichter „Im Bock“

63 64 Der 5.Januar 1945 war ein strahlend Sie sahen den Angriff von dort aus. Hauptziel die Eisenbahnanlagen sah. 42 geflüchtet war, sah bei seiner -Rück schöner Wintertag. Kurz nach 12 Uhr nä- Conrad zählte die Bomber. Es waren 12. Bomber mit Jagdflugzeug-Unterstützung kehr nicht nur sein zerstörtes Eltern- herten sich von Westen Flugzeuge der „Dann ging es los, direkt vor unseren warfen zwischen 12.18 und 12.21 insge- haus sondern auch eine einzige Trüm- Alliierten und setzten „Christbäumchen“ Augen ging der erste Bombenteppich samt 674 Bomben mit einem Gesamt- merhalde in der Bahnhofstraße. Durch am Himmel. Das waren die Zeichen für nieder.“ Brände waren zu sehen, eine gewicht von knapp 74 Tonnen ab. Dazu die hohen Schuttberge entstand dann nachfolgende Bomber, wo sie ihre tödli- riesige schwarze Wolke breitete sich gibt es Luftbildaufnahmen. ein Trampelpfad, bevor die Straße che Last abwerfen sollten. „Heute haben über der Stadt aus, denn ein Reifenlager später freigeräumt werden konnte. sie uns auf der Liste,“ meinte der aus am Johannisplatz war getroffen wor- „Wir saßen zitternd im Keller und bete- Sehr gefährlich waren die Blindgänger, einem Dorf auf dem Truppenübungs- den, was wohl auch das Hauptziel des ten,“ erinnert sich Heinz Schmitz. Alle die überall später noch herumlagen und platz Baumholder umgesiedelte Bauer Angriffs war. Auch der Kaisersaal war hatten Todesangst. Die Schaufenster- immer noch explodieren konnten. Kin- Schneider, als er in der Bahnhofstraße – voller Reifen, wurde jedoch nicht getrof- scheiben der Eisenhandlung Schmidt in der sammelten die Munition und brach- damals Hermann-Göring-Straße – zu den fen. Die zweite Angriffswelle entlud ihre der Großstraße barsten, die Scheune ten sie zur Explosion – ein lebensgefähr- anderen in den Keller kam. Alle suchten Bomben vor allem südlich der Bahnlinie, des Schweinehändlers Fröhlich brannte, liches Spiel. Handgranaten wurden in die in den Luftschutz- und Gewölbekellern die dritte den Randbereich der Stadt ebenso beim Bauern Fasig, bei Bäcker Nahe geworfen. Die durch die Spreng- Schutz, auch im alten Brauereikeller im hinter der Steinhardter Straße. Wäre al- Bohn und einigen anderen Häusern. Ur- kraft betäubten Fische frischten die kar- „Bock“, heute Königsberger Straße. Pe- les auf die Stadt gefallen, so wäre wohl sache dafür waren Brandbomben. Bei ge Speisekarte auf, erinnert sich Heiner ter Conrad, damals knapp 11 Jahre alt, nicht viel davon übrig geblieben. Eisen-Schmidt löschte Geschäftsführer Müller. war mit seinem Freund Wolfgang Giloy Aus einem militärischen Bericht geht Heinrich Stork einige dieser gefährlichen Durch den Krieg gab es in Sobernheim am Domberg um Schlehen zu pflücken. hervor, dass die US 8th Air Force als Bomben und rettete so das Gebäude. 180 Tote zu beklagen. Nicht einbezogen Die Firma Carl Schmidt Söhne – Lebens- sind dabei die jüdischen Menschen, die mittelhandel – in der unteren Großstra- ermordet wurden und über die an an- ße wurde getroffen und mehrere Men- derer Stelle berichtet wird. 101 Solda- schen dort im Keller verschüttet, die von ten aus Sobernheim waren nach dem Helfern zum Glück frei gegraben werden Krieg vermisst, 700 Soldaten in Gefan- konnten. Acht Menschen starben bei genschaft. Wenn man diese Zahlen mit diesem Angriff. 25 Häuser wurden durch der Einwohnerzahl von 1939 (5.364) in die Bombenangriffe total zerstört, 150 Beziehung setzt, kann man vielleicht er- weitere schwer beschädigt. messen, welches Unheil der Krieg über Es war für die Sobernheimer wie der Sobernheim gebracht hatte. Weltuntergang. Als die letzten Brand- bomben verzischt waren, begannen die Werner Bohn (nach Zeitzeugen) Löschversuche durch die Feuerwehr, die bald durch Feuerwehrmänner aus den Nachbargemeinden bis nach Idar-Ober- stein unterstützt wurden. Das waren vor allem ältere Männer, ein paar Landwirte und Jungfeuerwehr-Burschen wie Heinz Schmitz mit gerade 16 Jahren. Gerd Schmidt, der dank einer Vorah- nung seines Großvaters mit der Fami- lie eine Stunde vor dem Angriff noch Luftaufnahme der US-Airforce vom Bombenangriff auf Sobernheim mit den Fahrrädern nach Bockenau

65 66 Stadtgeschichte » hermann-josef marx - ein mutiger mann

Das Ende des Zweiten Weltkriegs in der was man nun tun könne, da hisste je- Karwoche 1945 in Sobernheim mand beim Untertor am Hause Herold (heute Nahe-IT) die weiße Fahne als Hermann-Josef Marx war 1945 Studien- Zeichen der friedfertigen Kapitulation assessor am Sobernheimer Gymnasi- – obwohl dies bei Todesstrafe verboten um. Noch am 15. März erhielt er damals war. Marx schlug vor, dass er und weite- einen Stellungsbefehl, er sollte mitma- re Sobernheimer in Richtung Steinhardt chen beim letzten Aufbäumen des Na- den Amerikanern entgegen gehen soll- ziregimes, sollte mithelfen, den Endsieg ten, um mit ihnen zu verhandeln. Es mel- doch noch zu erringen. Marx hatte aber deten sich drei Begleiter: die Händler heimlich den verbotenen Sender 12/12 Carl Dhonau und Willi Kessel sowie der abgehört und wusste so, dass bereits Schlosser Paul Albrecht. Mit weißen Tü- große Teile des Hunsrücks von Streit- chern in den Taschen zogen die vier an kräften der Vereinigten Staaten kont- dem Frühlingstag vor Palmsonntag los. rolliert wurden. Der Lehrer verbrannte Im Gelände nördlich der Ziegelei Eimer Rudolf Desch links, Hermann Josef Marx rechts, dazwischen Horst Barth seinen Stellungsbefehl. verbargen sich deutsche Soldaten, sie Am 16. März kam Dr. Stumm zu Marx. waren mit Panzerfäusten bewaffnet. nischsprechenden GI unterhalten. Der den Kisswald nach Waldböckelheim Stumm war Sobernheims Stadt- und Marx: „Die wussten wohl, dass die Pole habe dem Amerikaner mitgeteilt, zu gehen, weil dort Feuergefechte Amtsbürgermeister. Er bat Marx zu Amerikaner damit kaum aufzuhalten Sobernheim sei mit deutschen Soldaten mit MGs zu hören waren. Man war- dolmetschen, für den Fall, dass die waren - jedenfalls ließen sie uns vier besetzt. Daraufhin habe ihm der GI er- tete bis zur Dämmerung. Gegen eine Amerikaner in dieS tadt einrücken. Am Zivilisten passieren“. Beim Steinhardter läutert, man werde wegen Sobernheim Flasche Schnaps als Botenlohn mach- Samstag, 17. März 1945, standen beim Stich entdeckten sie dann einen US- keinen einzigen ihrer Soldaten opfern. te sich dann ein Pole mit dem Brief Untertor in der Staudernheimer Straße Panzer auf einer Anhöhe, das Geschütz Lieber setzten sie ihre Artillerie ein und zu den Amerikanern auf den Weg. Panzersperren quer über die Fahrbahn. in Richtung Sobernheim positioniert. bombardierten das Städtchen. Für Marx „Dann haben wir die beiden Sobern- Die Amerikaner waren zu diesem Zeit- Um sich nicht in Gefahr zu begeben, und seine Begleiter stellte sich damit heimer Seelsorger Vietor und Pees punkt bereits in Waldböckelheim und machten die vier Männer einen Umweg die Frage„Wie können wir das verhin- angerufen, sie sollten den deutschen Eckweiler. In der Stadt hielten sich noch über den Faulenpfuhl, um von Norden dern?“ Kampfkommandanten dazu bewegen, Soldaten einer Festungsbau-Einheit auf. her nach Steinhardt zu kommen. sich mit seinen Leuten nach Süden aus Das im Gymnasiumsgebäude (heute Durch den Umweg aber kamen sie zu Die vier Sobernheimer kannten in Sobernheim hinaus zu entfernen. Der Amtsgericht) stationierte Kommando spät. Sie hörten in Steinhardt von Bür- Steinhardt die Familie Maurer, bei der junge Kommandant weigerte sich aber. für rückwärtige (telegrafische, telefo- gern, dass die Amis sich eine Viertel- „man sprechen konnte“. Und so schrie- Dann rief Karl Kessel seine Schwester nische) Verbindungen hatte sich bereits stunde zuvor nach Waldböckelheim ben sie dort einen kurzen Brief, der Nelly an, die daraufhin mit dem Fahr- vor den anrückenden GIs in Richtung zurückgezogen hätten. Außerdem den US-Streitkräften inWaldböckelheim rad über Staudernheim und Pfalz abgesetzt. erfuhren sie, ein polnischer Kriegs- zugeleitet werden sollte. Für den Bo- nach Waldböckelheim fuhr und mit den Bürgermeister Stumm fragte sich noch, gefangener habe sich mit einem pol- ten war es indes ein Problem, durch Amerikanern in Kontakt kam. Marx ver- 67 68 fasste auf Englisch mehrere Schreiben in Staudernheim nur Tabak holen!“ Das tige Bauern, die sich nicht verteidigen heftige Detonationen - die abziehen- des Inhalts, die Sobernheimer Bevöl- verstand der Landser offenbar und ließ werden“. Der Soldat zögerte und fragte den Deutschen hatten noch die Brücke kerung sei friedfertig und werde sich beide dann, was passiere, wenn seine Trup- zum Kurhaus Dhonau und die nicht verteidigen. Deswegen sollten die passieren. Es war fast still. Nur das Vo- pe den Weg nach Sobernheim nähme. Meddersheimer Nahebrücke ge- Amerikaner davon absehen, die Stadt gelgezwitscher verwies darauf, dass Marx machte ihm klar, dass sie dann auf sprengt. Dabei war in jenen Tagen der zu beschießen oder mit Bomben zu der Frühling nahte. Palmsonntagmor- die deutsche Panzerabwehr stoße. Und Wasserstand der Nahe so niedrig, dass zerstören. Politisch zuverlässige Bürger gen im Zweiten Weltkrieg. es seien noch Soldaten der Wehrmacht man mit einem Pkw durch das Flussbett an den Ausfallstraßen erhielten diese Beim Staudernheimer Friedhof ange- in der Stadt. Wie viele es seien und wie hätte fahren können, erinnerte sich Papiere, um sie den GIs zu übergeben, langt, warteten Giers und Marx an der bewaffnet, wollte der Hauptmann wis- Marx. Kurz vor 8 Uhr wollte Marx die wenn sie in die Stadt einrückten. Straße nach Oberstreit. Gegen 7 Uhr sen. Das konnte ihm Marx nicht sagen Lage in der Stadt sondieren, da rollten Am Palmsonntag (18. März) früh um hörten sie schwere Detonationen aus aber er drängte dann erneut: „Wir wol- amerikanischen Panzer von Eckwei- 2.30 Uhr klopfte es bei Hermann-Josef östlicher Richtung. Wie sich später he- len doch deutsches und amerikanisches ler und Steinhardt her in die Stadt. Es Marx an der Wohnungstür. Bürger- rausstellte, waren das Sprengungen Menschenleben schützen - deshalb gab Schusssalven in die einzelnen Stra- meister Stumm und Volksschulrektor bei Bad Münster gewesen. Dann war sind wir gekommen!“ ßenschluchten. Dann war wieder Ruhe. Giers waren gekommen und sagten, wieder Ruhe. Marx sagte zu Giers im Da sah der Offizier den Deutschen an Marx sah einen amerikanischen Solda- es seien neue deutsche Soldaten in Scherz: „Sonntags fangen die Amerika- uns sagte „Thank you!“ - die Entschei- ten mit automatischem Gewehr an der Sobernheim eingerückt. Sie legten Mi- ner ihren Krieg nicht vor acht Uhr an.“ dung war gefallen. Er bot beiden Ziga- Römerstraße. Er rief ihm zu. nen und bauten zur Verteidigung der Oberhalb des Friedhofs saßen beide retten an. Jeder nahm eine. Dann sag- Mit der Waffe im Anschlag kam der GI Stadt Artillerie auf, zum Beispiel eini- im Straßengraben, als sie gegen 8Uhr te der Soldat, er gebe den Befehl zur näher. Dabei entdeckte er einen Stol- ge Flugabwehrgeschütze(Flak). Ange- typische Geräusche von Kettenfahrzeu- Umkehr nach Waldböckelheim. Ehe die len im Domberg, in den sich Bürger aus sichts dieser neuen Lage sagte Marx gen vernahmen. Langsam rollten US- Kolonne abrollte, sagte Marx noch dem umliegenden Häusern bei der Schieße- den nächtlichen Besuchern: „Wir kön- Schützenpanzer von der Oberstreiter Kommandanten, mit Giers wartete er rei zurückzogen - auch Frau Marx und nen jetzt nur noch eins tun: Erneut Höhe talwärts, zwei Panzerspähwagen nun sechs Stunden am Staudernheimer ihre beiden kleinen Töchter hatten dort den Amerikanern entgegen gehen vorneweg. Rosenschlösschen. Wenn nichts ge- Zuflucht gesucht. Der GIfragte: “Who‘s und zwar um halb sechs, also bei Ta- Als die Spitze der Kolonne bis auf etwa schehe, bleibe es beim „agreement“, there?“ Marx sagte ihm: „Nur Frauen gesanbruch“. Giers war bereit, dies mit 250 Meter an die beiden Parlamentari- also bei der 24-stündigen Schonzeit und Kinder, keine deutschen Soldaten“. Marx zu wagen. Bei Sonnenaufgang er rherangekommen war, zückte Marx für Sobernheim. Der Offizier gab sein Der Soldat überprüfte das und zog dann zogen sie in Richtung Staudernheim. sein weißes Tuch, winkte damit und Okay und die Amis rückten ab. Nach ab. Rektor Giers, er war Nachbar von- Am Pumpenhäuschen (heute neben schritt auf die Fahrzeuge zu. Der erste Mittag sahen Giers und Marx, wie sich Marx, kam mit Freude in der Stimme auf der Dr.-WernerDümmler-Halle) war Wagen hielt an, ein Hauptmann und ein von Sobernheim her kleine Trupps den Gymnasiallehrer zu und frohlockte: eine Panzerabwehrkanone aufgebaut. Leutnant saßen darin. Marx trug ihnen und Grüppchen deutscher Soldaten in „Nun sind wir frei! Die Nazis haben uns Ein deutscher Soldat fragte die beiden den am Vorabend verfassten Text vor, Richtung Odernheim auf den Rückzug nichts mehr zu sagen!“ Sie gingen zu im schneidendem Ton: „Wohin?“ Die ergänzte ihn mit der Bitte, mit dem machten. Giers ins Haus, zogen eine gute Flasche beiden sagten: „Nach Staudernheim“. Einmarsch in Sobernheim noch 24 Stun- Montag, 19. März 1945. Früh um 7 Uhr Wein auf und rauchten gemeinsam die Der Soldat darauf: „Da sind doch die den zu warten. Der Hauptmann legte schaute Marx aus seiner Wohnung am letzte Zigarre. Amerikaner - wollt ihr unsere Stellun- Marx eine topografische Karte vor und Leinenborner Weg und sah zwei deut- gen verraten?“ Marx konterte: „Ihr deutete auf das Nachbardorf:„Do you sche Soldaten vorbei gehen. „Wir sind Hermann-Josef Marx wirkte in den fol- habt ja keine Ahnung, die Amerikaner know the people of Stäudärnheim?“ wohl die letzten,“ sagte der eine zum genden Wochen in der Stadt als Dol- stehen in Waldböckelheim. Wir wollen Marx nickte: „Das sind alles friedfer- anderen. Kurz danach hörte man zwei metscher der Amerikaner. An Pfingsten

69 70 1945 setzte der Bad Kreuznacher Kreis- schoss Klassenräume des benachbarten Stadtgeschichte kommandant der US-Armee den Lehrer Gymnasiums enthielt. Marx, Jahrgang » Besetzung und Besatzung Marx als ersten Nachkriegsbürgermeis- 1910, stammte aus Opladen, studierte ter von Sobernheim ein. Doch bereits an der Universität Köln und war erst als Als amerikanische Truppen Sobernheim lösten, stand sofort ein Posten vor dem im Herbst 1945 gab Marx dieses Amt Studienassessor tätig in Bad Godesberg besetzten (19.März 1945), lebte meine „Kaisersaal“ Das im Vergleich zu den Famililie in einer Notunterkunft bei Giloys Amerikanern schlecht ausgerüstete fran- wieder ab, weil er doch in den Schul- und ab 1941 in Sobernheim. Der Unter- im Leinenborner Weg. Der erste Soldat, zösische Militär konnte das Material gut diens tam Gymnasium Sobernheim zu- richt hier am Gymnasium war kriegsbe- der ins Haus kam, wollte Quartier für sich gebrauchen und forderte gestohlene Rei- rück wollte. Im Amt folgte ihm erst für dingt von August 1944 bis Oktober 1945 und seine Kameraden machen. Beim Be- fen und Schläuche zurück. Mit den Fran- kurze Zeit ein Herr Fuhr nach, dann der eingestellt. Im April 1946 wurde Marx treten der Treppe stieß er mit dem Helm zosen war nicht gut Kirschen essen, was Dr. Herrmann. zum Studienrat ernannt und als sol- gegen die Decke, drehte sich um und sag- Wunder nach den Verbrechen der Nazis in Die amerikanischen Streitkräfte blieben cher nach Koblenz berufen. Bereits im te „to small“ (zu klein) , was für uns be- Frankreich. Ein Teil der Truppen kam aus in Sobernheim nur bis zum 10. Juni 1945 Spätjahr 1946 avancierte er zum Ober- deutete, im Haus bleiben zu dürfen. dem Maghreb. Sie fielen durch fremd- Der „Alte Herrmann“, der viele Jahre mit artiges Aussehen und Verhalten auf; so und übergaben dann das Komman- schulrat und wechselte 1950 als Regie- dem Fahrrad durch die Stadt fuhr, mit der brieten sie Hammel bis spät in die Nacht do als Besatzer an die Franzosen. Die rungsdirektor ans Mainzer Kultusminis- Stadtschelle auf sich aufmerksam machte auf öffentlichen Plätzen, etwa am alten Amerikaner hatten sich als Standort- terium. Mit 58 Jahren erreichte er den und Amtliches bekanntmachte, verkün- Elektrizitätswerk. An ihren Autos fand kommandantur das „Deutsche Haus“ Titel Ministerialrat. Auf Betreiben von dete diesmal von einem amerikanischen sich neben dem Kennzeichen der Zusatz an der unteren Großstraße erkoren. Die Bürgermeister Hans-Georg Janneck be- Jeep aus, es sei Ruhe zu bewahren, Waf- : „TOA“ ( Troupes occidentales auxiliaires, Franzosen kommandierten danach aus schloss der Stadtrat in den 90er Jahren fen seien zur Vermeidung von Todesstra- zu deutsch Hilfstruppen aus Westafrika fe, Ferngläser und Fotoapparate aus Si- ). Die Sobernheimer machten daraus im der Villa Melsbach an der Poststraße einstimmig, den damals an der Pfarrer- cherheitsgründen abzuliefern. Handumdrehen „Truppen ohne Anstand“. heraus. Reich-Straße wohnenden Bürger und Die Amerikaner traten uns Kindern gegen- In einem Nebengebäude des früheren Der Augen- und Zeitzeuge Hermann-Jo- Stadtretter Hermann-Josef Marx senior über meist freundlich auf. Wir waren froh, „Vaterländischen Frauenvereins“ über sef Marx wohnte später lange mit seiner zum Ehrenbürger der Stadt Sobernheim manchmal Süßigkeiten oder Südfrüchte dem Nohfelsen wurde versucht, im Ge- achtköpfigen Familie im Obergeschoss zu ernennen. geschenkt zu bekommen. Bald begannen fangenenlager Bretzenheim schwer er- der Malteserkomturei, deren Erdge- Paul Bregenzer wir mit ihnen zu handeln; gegen Nazi- krankte deusche Soldaten gesund zu Embleme oder HJ-Messer, deren Besitz pflegen. Einige von ihnen gingen mit verboten war, tauschten wir Milchpulver uns an der „Alten Bleiche“ baden; auch und Corned-Beef. Solange die deutsche junge französische Soldaten tummelten Verwaltung arbeitete, klappte es leidlich sich mit uns im Wasser. Als einer von mit der Lebensmittelversorgung. Nach ihnen plötzlich vermisst wurde, tauchte der Besetzung lernten wir, was Hunger ein deutscher Gefangener, dem ein Un- ist. Da waren gute Beziehungen zu den terschenkel amputiert worden war, nach Amis einfach wichtig. ihm und holte ihn aus dem damals tiefen Im „Kaisersaal“ waren Autoreifen und Wasser. Der Körper des Franzosen war -schläuche der Wehrmacht deponiert, dunkelblau angelaufen; alle Wiederbele- was die Amerikaner wenig interessierte. bungsversuche blieben zu unserem Ent- Die Bevölkerung konnte sie jedoch ge- setzen erfolglos. brauchen: Manche Autoreifen wurden zu Die Badestelle „Alte Bleiche“ wurde spä- Sandalen oder Schuhsohlen verarbeitet. ter durch Auskiesung für den Bau des Wir Kinder pumpten Schläuche auf und Flugplatzes Pferdsfeld so verändert, dass paddelten damit auf der Nahe herum. Als der Wasserspiegel sank und Schwimmen zur Monatswende Juni/Juli 1945 franzö- dort nicht mehr möglich war. sische Truppen die amerikanischen ab- Peter Conrad 71 72 Stadtgeschichte » ereignisse 1945-1970

›1941-1944 1.10.1849 als „Sobernheimer Volksbote“ Kriegs-Einschränkungen.... – wöchentlich zweimal – 1941 zwangs- weise eingestellt, 1949 wieder neu › Stadt tritt der Landesbühne Rheinland- 1945 Pfalz bei Luftangriffe: 25 Häuser total zerstört, 150 Häuser beschädigt, Bahnhof, Gü- terschuppen, Parteiheim und Turnhalle ›1950 vernichtet Wiederaufbau; 400 Flüchtlinge und 180 Tote im 2.Weltkrieg, 101 Soldaten Evakuierte in der Stadt vermisst, 700 in Kriegsgefangenschaft Kreissiedlungsgesellschaft baut zwei Erholungsheim des Roten Kreuzes jen- Sechsfamilienhäuser auf dem Flugplatz seits der Nahe (Max-Willner-Heim) für ( Johannisplatz) 1952 Musikabend Spielschar Bottlinger (50 Schülerinnen und Schüler) kranke deutsche Kriegsgefangene Baugelände Löhborn: Vierfamilien- 19.3.1945 8 Uhr: Beginn der amerika- Doppelhäuser nischen Besatzung, abgelöst durch Weitere Sechs- und Achtfamilienhäuser ›1952 ›1954 französische Besatzung Juli 1945 bis auf dem Flugplatz Freischwimmbad angeregt Kanalisation, neue Straßenoberfläche, November 1947 15.10.1950 Denkmal für die jüdischen (jetziger Standort) Bürgersteige Beschlagnahme von Häusern, Möbel, Opfer des Nationalsozialismus auf dem Erster Segelflugtag Baugelände „Im Brühl“ Lebensmitteln für Besatzung jüdischen Friedhof; mit Gedächtnistafel 2. Juli: Marumpark eröffnet Stadtjugendring Entnazifizierung für jüdische Gefallen 1.Weltkrieg aus Frühjahr Baubeginn Flugplatz Domberg Synagoge (Protektorat Alfred Marum) Ev. Gemeindehaus renoviert; Einbau ei- ›1953 › ›1946 Johannis-Kirmes: Festzug mit 28 Wagen 1955 ner Empore; 600 Sitzplätze (Kaisersaal) Bahnhof wieder aufgebaut 19 Brände, vor allem Scheunen; Brand- Umgehungsstraße fertiggestellt stiftung vermutet ›1951 › Reiterverein erhält Wiesen an der Med- 1947-1948 dersheimer Brücke Ernährungskrise 18.5.: Familie Marum schenkt Stadt 1948 Währungsreform 1700 qm Gartengelände an der Bahn- Wiederherstellung Staudernheimer und hofstraße. Daraus entsteht der „Ma- Meddersheimer Brücke rumpark“. - Einweihung ist am 27.07.52 Beide Kirchen werden renoviert ›1949 1.Oktober: 100 Jahre Sobernheimer Intelligenzblatt. Erstmals erschienen Bahnhofshotel um 1936

73 74 Freibad um 1968

Malteserkapelle, katholische Volksschule, St. Matthäus um 1955 ›1962 21. September Rosenberg-Stadion an Turnhalle TV als Schulturnhalle, der Staudernheimer Straße eingeweiht ›1956 ›1959 Miteigentum Stadt 28. Juli: Einweihung Schwimmbad 22.4. Erweiterungsbau Krankenhaus Flugzeughalle auf dem Domberg ›1964 22.9. Berufsschule Meddersheimer eingeweiht 80 Betten (vorher 20) Jüdisches Kindererholungsheim hat Mehrfamilienhaus für neun Personen Straße (ehem. Forstdienstgebäude) Kanalisation so gut wie fertig seit 1957 über 2500 Kinder beherbergt, in der Dr. Herrmann-Straße soll eingeweiht (auch evangelische und katholische) Behelfsheime ersetzen ›1960 Firma Hay will im Industriegebiet bauen 9 Einfamilien-Reihenhäuser ›1957 Dombergplateau wirdfür Heimatvertriebene veranstalten an der Felkestraße Abriss Hotel Adler für neue Sparkasse Startbahn nivelliert Heimatfest: „Nichts ist endgültig Wohnungsbau wird immer mehr Flugplatz Pferdsfeld soll von Bundes- 21.10. Gymnasium zieht um geregelt, was nicht geregelt ist.“ zur Privatsache: Stadt macht wehr übernommen werden: Kasernen- Bebauungspläne bereich Dörndich und Siedlung geplant ›1961 Krankenhaus soll erweitert werden Amtsgericht zieht in altes Gymnasium, ›1963 Sibirische Kälte, Eis-Sprengungen an der (Baubeginn 24.4.1959) Stadt kauft Malteserkomturei Schliffgesmühle 13. und 14. Juli: Landesschwimm- und Turnhalle 250 Jahre Apotheke Wandesleben/ meisterschaften mit Kunstspringern Rathaus wird für Stadt- und Melsbach Campingplatz: 5-Länder-Treffen Amtsverwaltung umgebaut Schillergrotte im Nachtigallental über- 11. November: Indienststellung geben (gestiftet von Heinrich Ewald) › Jagdgeschwader 73 Pferdsfeld/ 1958 12. Juli: Richtfest Volksschule 16.11: Einweihung neuer evangelischer Sobernheim Münchwiesen Kindergarten auf dem Hüttenberg Eröffnung Hotel Morgenstern Realschule soll errichtet werden Die Platanen an der Poststraße wurden gefällt

75 76 95 zu 25 Stimmen für Sobernheim und ling in der Igelsbachstr. für Verwaltung gegen Waldböckelheim Stadt kauft Fellerhof 17. und 18.8.: Landes-Jungtierschau der VG übernimmt Schulgebäude Kaninchenzüchter an der Hohen Burg Münchwiesen Stadt kauft im Industriegebiet ca. 10 ha Personalunion Stadt- und Verbandsge- ›1970 meindebürgermeister beschlossen Architekt Imlau erhält den Auftrag zur Planung der Stadtsanierung ›1969 Erster Ostermarkt Tierzuchtinspektor Genn veranstaltet an Marum baut im Industriegebiet neu jedem zweiten Mittwoch im Monat in (jetzt REAL), weil Gebäude Marumstra- seiner neuen Halle einen Ferkelmarkt ße und Johannisplatz nicht ausreichen 28.3. Dr. Werner Dümmler einstimmig Punkthaus (Hochhaus) in Berliner Str. als VG-Bürgermeister gewählt Erster Waldlehrpfad im Kreis eröffnet Rassegeflügelzuchtverein eröffnet (Maasberg – Hubertuslust) Kleintierzoo 7.11. Neubildung Verbandsgemeinde 29.7. Imig verabschiedet, Freilichtmuseum geplant Dr. Dümmler auch als Stadtbürger- Wahl zum VG-Rat: CDU 5, SPD 13, meister einstimmig gewählt FDP 2, WG Dämgen 7 Bezirksregierung schlägt Erweiterung Verbindungsstraße Steinhardt-Bocke- der Schule Münchwiesen um 12 Klassen nau gebaut – Postkutsche fährt noch Postkutsche im Freilichtmuseum für eine Realschule und später den Bau einmal einer Grundschule vor ›1965 Grünanlagen der Schule in Stadtrat beschließt Erwerb Haus Schäff- Zusammengestellt von Werner Bohn Krankenhaus geht an Franziskanerinnen Münchwiesen werden (vorher katholische Kirchengemeinde) Demonstrations- und Lehrgarten Neue Kläranlage wird notwendig Orkan: Teile des Daches der neuen Schule Münchwiesen wird eröffnet Schule abgerissen 100 Jahre Marum, Stadtrat beschließt Durchführung Benennung Marumstraße Martinszug mit „Buweschenkel“ 12.12. Einweihung Volksschule Münchwiesen (26 Klassen, ›1967 beide Konfessionen, 1000 Kinder) TV feiert 100jähriges Bestehen Eisenhandlung Scheib feiert ›1966 100jähriges Bestehen Schnellstraße vom Dörndich nach Stadtrat beschließt Ehrenring Pferdsfeld geplant ›1968 Hay produziert im Industriegebiet Albert-Schweitzer-Kindergarten öffnet Matthiaskirche fertig renoviert Landesluftsportverband will Geschäfts- 19.April: Münchwiesen ist Mittelpunkt- stelle auf dem Domberg ausbauen schule für Amt Sobernheim 24.11. Steinhardt entscheidet sich mit Firma Phil. Scheib 100 Jahre am Saarplatz 77 78 Stadtgeschichte » ereignisse ab 1971

Dies ist eine subjektive Auswahl von 1974 Ereignissen in (Bad) Sobernheim ab 1971. Neubau Wohnungen für Bundeswehr Quellen sind vor allem die (Terrassenhäuser) Stadtratsprotokolle. Arbeiterwohlfahrt übernimmt Deutsches Haus 1971 1975 Sanierung Felkequelle Neubau „Haus des Kurgastes“ im Marum- park / altes Holzhaus soll an Hunsrück- verein gehen Prominenz bei der Sporthallen-Einweihung – in der ersten Reihe von links: Kommodore Peter Haar- Neubau Nahebrücke haus, Stadtrat Karl-Heinz Memmler, Sanitätsrat Otto Hundt, Rektorin Luise Rothenberger, Schulrat Erich Steinbach, MdB Günter Leonhardt, Bob Nicolay, Herrn Ottenbreit, dahinter Ortsbürgermeister und andere Honoratioren, in der Mitte Kultusministerin Hanna-Renate Laurien 1976 Stückgut-Abfertigung am Bahnhof 20.11.1976 Einweihung Sporthalle (später beitsbeschaffungsmaßnahme renoviert geschlossen Dr. Werner-Dümmler-Halle) werden, insgesamt für 450.000 DM Siedlungsgesellschaft will in der Ziegelei Pfeiffersche Ziegelei Pfeiffer 50 Wohneinheiten errichten soll Baugebiet werden Ziegelei Pfeiffer vor dem Abriss Berufsschule in der Meddersheimer (zwei Bilder – nur eins davon nehmen!) Straße vom Kreis an Bundespost/ Telegrafenamt Erweiterung Nahe-Kaufhaus, jetzt auch Eröffnung Nahe-Weinstraße mit ALDI Kultusministerium genehmigt Umwandlung Krankenhaus in Ärztehaus Freilichtmuseum Entwicklungsmaßnahme Leinenborn Schroth-Klinik um 24 auf 104 Betten 1972 Neue Rettungswache erweitert Förmliche Festlegung Sanierungsgebiet an Monzinger Straße Handball-Länderspiel Deutschland-UdssR Einrichtung Herbstmarkt am 4.Montag im Güterbahnhof Sobernheim (früher Baustoff-Handlung Kessel) in Sobernheim (organisiert vom OSC) September OSC in Wohnung Rolf Schatto gegründet Freilichtmuseum zeigt erste Konturen: Schulhaus Neuwied im Bau, Straße ge- 1977 1978 1973 Sobernheimer Gesundheitstage /Sympo- Teilnahme „Spiel ohne Grenzen“ Gründung Zweckverband schottert sion/ Einweihung Haus des Kurgastes Diakonie eröffnet Werkstatt für Behinderte Freilichtmuseum Bemühungen um Erhalt des Krankenhau- Priorhof soll angekauft und zusammen Großstraße als Fußgängerzone geplant Erwerb Grundstücke Marum ses mit drei Abteilungen mit anderen Fachwerkhäusern als Ar- Errichtung Quellenpavillon am Marumpark 100 Jahre Kaufhaus Oskar Schmidt 79 80 Gasversorgung Saar-Ferngas 1981 Ärztehaus neu bauen, Krankenhaus als Ferienhauszentrum südlich der Nahe? Altersheim Bürgerversammlung Januar 1981: 300 Zuhörer in der Hohen Burg: „Rettet das 1979 Nachtigallental“ (vor der Kur-, Ferien-und Eingliederung Ortsgemeinden Pferdsfeld Tagungsidee) und Eckweiler Städtepartnerschaft mit Louvres Musikpavillon im Marumpark 19./20.9.81 in Louvres Abbruch alte Nahebrücke Bahn-Überführung Felkestraße Tanzgruppe Olschewski Nahe-Hochwasser an Silvester

Innenstadtfest für Vereine

Silvester-Hochwasser mit den Resten der alten Brücke Erste Sobernheimer Woche

1982 Landesturnfest Hochwasser-Diskussion Keine Plattenpartys mehr in der Hohen Sobernheimer Woche Burg wegen Lärmbelästigung Zentrale Wohnfahrtsstelle erweitert Gründung Stadtjugendring – nach ein paar Reha-Zentrum Jahren wieder eingeschlafen Sobernheimer Friedenswoche 13.3. Ärztehaus eingeweiht Flugtag beim Geschwader 1980 20.9.1982 Großstraße Fußgängerzone Staatliche Anerkennung Felke-Quelle Produktion Marum (jetzt Falke) einge- Bau Tennishalle stellt, wird Supermarkt SBZ (jetzt REAL) 650-Jahr-Feier : Festzug, Festschrift Dr. Grabschändung Jüdischer Friedhof Werner Vogt Neubau Kurhaus Maasberg eingeweiht 1981 Erste Sobernheimer Woche Kindergarten Leinenborn / Pestalozzi- Kindergarten wird Behindertenwerkstatt 81 82 1983 Sobernheimer Karnevals-Gesellschaft (SKG) mit Präsident Reinhold Küstner (rechts) 1986 Bürgermeister Dr.Werner Dümmler, Ministerpräsident Bernhard Vogel, Kommodore Hans-Peter und Mäzen Helmut Kochendörfer (Mitte) Koch und Landrat Hans Schumm beim Geschwader auf dem Dörndich

1983 Erschließung Kolben Seniorenresidenz DSK eingeweiht Proteste gegen Fluglärm Helmut Kochendörfer kreiert das Emblem Friedhofserweiterung Süd 1985 Verpachtung Campingplatz an Rudi Baubeginn Tennishalle „Sobernheim- die Stadt mit Herz“ (Umsiedlungsfolgen) Anton Kaisersaal unter Denkmalschutz Obdachlosenproblem (14 Fälle) Einrichtung Christkindchesmarkt Waldkalkung gegen Versauerung Innerstädtische Buslinie der Böden Letzter „Tante-Emma-Laden“ 1984 (Spira) schließt Fahrradweg frei gegeben 1986 Pferdsfelder Kirche gesprengt Rathaus und E-Werk an VG verkauft Unterschriftenliste „Atomwaffenfreie Neuer TOP-Markt 1988 Zone“ Einweihung Louvres-Straße Bahn-Unterführung Botzbach neu Verkauf Hohe Burg und TOP-Markt Kreisheimattag in Sobernheim Amtsgericht kauft Malteser-Komturei Imlau-Plan: Gymnasialstraße-Hintergasse Ankauf Villa Zens Schützengesellschaft will in als Hauptverkehrsachse? Einweihung Heimatmuseum Priorhof am bauen Mehrzweckhalle Leinenborn eingeweiht 27.9.1986 Freilichtmuseum offiziell durch Paul-Schneider-Haus eröffnet Spaßbad oder Hallenbad? Kultusminster Dr. Georg Gölter am Erschließung neue Lehmgrube im südli- 7.5.1988 eingeweiht chen Stadtbereich Wasserrad neu 1985 Umgehung Steinhardt freigegeben Sobernheimer Woche: Konzerte, Vorträge, Schließung Viehwaage Kuhweg Feste, Turniere, Jubiläen, Einweihungen … 1987 Erste Mattheiser Sommer-Akademie Camping-Gaststätte abgebrannt, wird neu Erstmals Kabelfernsehen (MSA) aufgebaut Erwerb Grundstück Bahnstraße 27 für Aldi an den Johannisplatz Parkplätze Hevert baut im Industriegebiet Proteste gegen Volkszählung Schornstein Ziegelei Pfeiffer gesprengt

83 84 1989 Open Air am Rosenberg (FC 03) 31.5.1989: Festakt Stationierung Egrett auf dem Flugplatz Anerkennung Felke-Heilbad Pferdsfeld? Barfußpfad Neubau Sparkasse Einheitslinde im Marumpark von Dr. Wer- ner Dümmler gepflanzt Aufstellung von Altglas- und Weißblech- Containern Jugendtreff gefordert Verkauf Orkanholz Soonwald

1990 Sobernheimer Woche Hochwasser: Rosenberg-Stadion unter Wasser Der rheinland-pfälzische Wirtschafts- Ausstellung 10 Jahre minister Rainer Brüderle überreicht Sobernheimer Woche in Gründung Wohnungsbaugesellschaft der Sparkasse – Geranien- 1991 Dr. Werner Dümmler die Urkunde zur Golfkrieg: Schweigen für den Frieden Plutoniumtransporte vom Flugplatz Heilbad-Anerkennung markt – City-Nachtlauf Pferdsfeld? – Platzkonzert Fanfaren- Fa. Heimer stellt Konkursantrag zug Odernheim – Klavier- Marktplatz-Umbau in Planung Umbau alte Grundschule für quartett Kurhaus Men- Grunderwerb Schuhfabrik Bernardi/STOV 1994 Arbeiterwohlfahrt schel – Open-Air-Festival im Stadtjugendring wieder aufgelöst Tausch Gemarkungsteile mit Waldböckel- Aus- und Übersiedler aus der UdssR Rosenbergstadion – Flug- Geschirrmobil heim für Neubaugebiet Steinhardt Gründung Synagogenverein sportverein stellt sich vor Straßenausbau Löhborn und Fronwingert Ankauf Grundstücke für Asklepios-Klinik Anschaffung Bokimobil – Künstlermarkt im Kur- Erweiterung Baugebiet Ziegelei in der Dreispitz park Dhonau – Gesellschaftervertrag mit ev. Kirchenge- Gottesdienst im Marum- meinde: Bauvorhaben Priorhofstraße

park – Tag der offenen Tür 1992 Mattheiser Herbstkonzerte 1990 Kurhaus Dhonau – Konzert Barfußpfad eröffnet Peter-Cornelius-Konserva- Nahekaufhaus-Projekt torium mit Gerhard Sozialer Wohnungsbau Kreuzstraße/Ma- 1995 Wöllstein – Gesundheitstag rumstraße Hochwasser 23.-26.1.95 – Laienspiel Theatergruppe Waldböckelheim – Felke- Symposium mit Verleihung 1993 Felke-Medaille und Voll- Bebauungsplan Am Johannisberg Stein- wert-Gala-Diner im Kur- hardt haus Maasberg –Gemälde- BI Schwimmbad Ausstellung Buschschulte Fusion FC / VfL und Melcher im Heimat- Marktplatz-Einweihung 10.7.1993 museum – Radrennen – Tag Keine Bauplätze auf Leinenborner Streu- der offenen Tür Feuerwehr obstwiese – Fahrradturnier MSC – Neubau Volksbank Kirn-Sobernheim Hochwasser reißt Mundartabend Hohe Burg Neubau Sparkasse Meddersheimer Brücke ein Orkanschäden „Wiebke“ Anonyme Bestattung eingeführt

85 86 Hochwasserschutz 2000 Hochschule „International Finance“ und Gründung Stiftung Freilichtmuseum Zusammenlegung Forstreviere Uwe Engelmann will Minigolf auf dem „Global Management“) Streit um Sonderumlagen zwischen Stadt Sobernheim und Pferdsfeld/Eckweiler Campingplatz machen Einbahnregelung Saarstraße und Verbandsgemeinde Bad-Anerkennung am 11.12.1995 !! Sparkasse will Cash-Point im Westen der Bau (Abbruch)-Unternehmer Erland Knaf Bodenkalkung im Stadtwald gegen Stadt einrichten 2002 aus Trier hat den Dörndich vom Bund Waldschäden Schleppende Baumaßnahmen der DSK im Steinbruch „Marta“ bei Steinhardt gekauft Heimer-Gelände / Kran steht ewig von Waldböckelheim und Firma Faber Unfall Bähnchen beim Innenstadtfest Stadt kauft Grundstück am Priorhof und (Schlierschied) geplant 1996 baut darauf die Felkehütte Nepomuk auf die Meddersheimer Brücke Übernahme Trägerschaft „Haus der offe- 2004 Märkte der Stadt: Ostermarkt, Maimarkt, Friedhof Eckweiler soll nicht nen Tür“ durch IB Frühlingsmesse organisiert vom Regio- Johanniskirmes, Innenstadtfest, Herbst- mehr genutzt werden Bau Rathaus II durch Firma Schneider nalbündnis Soonwald-Nahe markt, Obst- und Traubenmarkt, Weih- Thomas-Bau Erschließungsträger für nachtsmarkt, donnerstags Wochenmarkt Leinenborn II 1997 Felkequelle saniert und wieder geöffnet Decke Dümmler-Halle eingestürzt Grabschändungen jüdischer Friedhof Neubaugebiet Steinhardt ( Johannisberg) Felke-Stiftung gegründet Brunnen Neugasse durch Jasin-Design Trägerschaft Kindergärten Leinenborn 2001 2005 und ASH zukünftig bei der Stadt / Be- Zukunft Verstärkeranlagen von Duane Weinwanderweg nicht an Sobernheimer triebsträgerschaft ev. Kirchengemeinde / Homokay? Wingerten vorbei Kirche bildet Kindergarten-Fonds Der Sowerumer Amerikaner: Ausbau Scheune Priorhof Bewirtschaftung Parkplätze in der Innen- Sanierung SC-Clubheim durch DLRG stadt Stadt klagt gegen Steinbruch Marta Ende Sobernheimer Woche Synagoge soll zur Bücherei ausgebaut Ankauf Teilfläche Rosenbergstadion werden

2006 1998 Kreisel Westtangente/Monzinger Straße Verkauf Villa Zens an Drs. Lauf/Hein und Westtangente/Hay-Straße Streit um Neubau Roberto-Design Breitler Baugebiet Stumbs Rech heftig umstritten Straße Wiederöffnung dritte Gruppe im Städti- Ausbau Kaisersaal schen Kindergarten Bauhöfe Stadt und VG auf dem Dörndich Feuchtigkeitsschäden Tiefgarage Hochwasserschutz Zigeunerwiese Sanierung Katholischer Kindergarten Zukunft Campingplatz unklar Ausbau Felkestraße Überschwemmung Monzinger Straße 1999 Duane Homokay (Schlamm von den Äckern Ausbau Scheune Priorhof nördlich der B 41) Hausbau wird Sanierungsträger Grundwasserströme im Bundeswehrsiedlung Baugebiet Ziegelei Erste Arbeiten an Synagoge 2007 MSA: Veranstaltungsort war TRIWO (Trierer Wohnungsbaugesell- Ökologische Aufwertung Naheufer Erhalt Forstamt Entenpfuhl erstmals der Kaisersaal schaft) will ganzen Flugplatz kaufen („Lebendige Nahe“) Vorstellung „Pro Welt“ durch Opel will Testzentrum Sanierung Synagoge für 665.000 € holländische Investoren am Euro-Umstellung 2003 Generalsanierung Kindergarten Leinen- 20.12.99 (im Kaisersaal) MSS-Partys in der Leinenbornhalle Schließung Kindergartengruppe born und Leinenbornhalle Hochschul-Projekt Dörndich (Private Golfplatz am Maasberg 87 88 Mehrgenerationenhaus SONJA 2009 (SobernheimNeuJungAlt) am Marktplatz Erweiterung Kindergärten für Kleinkinder „Felke-Vital-Garten“? Park&Ride – Anlage am Bahnhof

2010 30.Mai: Einweihung Kulturhaus Synagoge Kulturhaus Synagoge Einst Synagoge – jetzt Kulturhaus mit Bücherei

2011 Viel Prominenz bei der Eröffnung Nationalpark Soonwald 2009 Partnerschaftstreffen mit Louvres von SONJA – auch Familienministerin vom Kreis abgelehnt Ursula von der Leyen 2008 Ruine Burg Nohfels Lokales Bündnis für Familien Professor Stribrny will Kriegerdenkmal 1870/71 restaurieren Einrichtung „Tafel“ Ehrenamtliche der „Tafel“ Sanierung Gelände Melsbach (Schneider und Milferstedt) Ankauf Grundstücke zur Erweiterung des Gymnasiums Jetzt singen sie zusammen Große Sporthalle für das EFG mit Monzingen Ausbau Pfaffenstraße im Zusammenhang mit Neubau auf Melsbach-Gelände / Anlieger-Proteste Werner Bohn Kreisel Melsbach Eislaufen auf Ewald-Weiher 2011 Bad Sobernheims Zukunft bei der Stadtrand-Erholung der Arbeiterwohlfahrt

Eislauf-Paradies mit Disco Ewald-Weiher

89 90 gen und Strohpresse für 4000 Mark gegründet an Metzgermeister Paulus im Auftrag Juli 1937: Jakob Melcher fertigt Druck- Stadtgeschichte eines Konsortiums hiesiger Landwir- vorlage Felkekur für Firma Melsbach zur te - Eisenhandlung Philipp Scheib hat Werbung » was früher einmal wichtig war automatische Drahtflechtmaschine Kartoffelkäfersuchdienst – Verdunklungs- Krönungs- und Ordensfest in Berlin: übung Ordensverleihung an Georg Höh- August 1937: Bepflanzung des Dombergs Aus dem Archiv des Mitbürger feiern am 12.September das nen, Buchdruckerbesitzer, Karl Heise, durch NSDAP, Ortsgruppenleiter Partei- Sobernheimer Anzeigers, gesammelt Neujahrsfest und zwar nach ihrer Zeit- Amtsgerichtssekretär a.D., Haupt- genosse Dhonau von Mechthild Franzen rechnung das 5673. lehrer Bürger aus Staudernheim September 1937: Entrümpelungs-Aktion Oktober 1912: Felke-Erholungsheim E-Werk geht von AG Körtings Elektri- (damit einschlagende Brandbomben Das Archiv des Sobernheimer Anzei- Jungborn hatte 180 Kurgäste – Zwangsar- zitätswerke Berlin an die Stadt über; keine Nahrung finden) gers ist eine riesige Fundgrube für die beitsgesetz für Arbeitsscheue in Arbeits- Betriebsleiter bleibt Josef Trimpel Oktober 1937: Einführung Gemein- Sobernheimer Stadtgeschichte. Alles zu häusern Zwangsversteigerung Ferdinand schaftsunterricht 1.10.1937, keine Konfes- sichten bedeutet enorm viel Aufwand Oktober/November 1912: Stadt stiftet 7 Pfeiffer’sches Ringofenziegelwerk für sionsschule mehr und Zeit, vielleicht eine Aufgabe für die Tabakpfeifen (Ehrenpfeifen) mit Eingra- 83.000 Mark an Kaufmann Heinrich Oktober/November 1937: Schulkinder- Zukunft. Exemplarisch stellen wir hier vierung für die 7 besten Pflanzer nächst Schmidt jr. Von hier speisung in der großen Pause: Milchfrüh- in Auszügen und Schlagworten drei Herrn Wehrfritz – Straße Meddersheim- Februar 1913: Ziegelei Ferdinand Pfeiffer stück, Kakao, Haferflockensuppe oder Zeiträume dar. So kann man vielleicht Sobernheim fertiggestellt, Nahebrücke in Konkurs, geht an Wilhelm Pfeiffer, Kirn Grünkernsuppe – Fußballer gehen für erkennen, wie sich die Zeiten geändert auf Meddersheimer Seite neu gepflastert zwei Jahre zum Militärdienst haben. Was war damals wichtig – was ist – In sterben mehrere Kinder März 1937 – Februar 1938 – November 1937: NS-Frauenschaft sam- heute wichtig? an Masern vor rund 80 Jahren melt Lebensmittel für Schulspeisung November 1912: 14.11.12 Einweihung März 1937: Reichspropagandaleiter der – Kanalisierung Dornbach – Wir haben März 1912 bis Februar 1913 – neue Realschule (heute Amtsgericht) NSDAP, Göring, spricht im Radio über unser Volksheer wieder: ein halbes Jahr vor rund 100 Jahren November/Dezember 1912: Katholischer Maßnahmen zur Verstärkung der Erzeu- Arbeitsdienst und zwei Jahre im Waffen- März 1912: 26 Personen starke Zigeu- Arbeiterverein gungsschlacht: Gemeinschaftsempfang rock: 29 Sobernheimer sind dabei nerbande in Steinhardt, bettelt, zog dann Dezember 1912: 6 Skelette auf Löhborn für alle Bauern in der Hohen Burg November/Dezember 1937: Schweine- Richtung Soonwald, Polizei verfolgt sie, gefunden, Pesttote aus dem 30jähri- April 1937: SA sammelt zu Führers Ge- händler Fröhlich wird 70 – Wilhelm Schug kann sie aber nicht einholen gen Krieg vermutet – Viehzählung: 627 burtstag, Führermarken beim Postamt – verkauft Pfaffenstraßen-Anwesen an April 1912: Erweiterung Bahnhof und Gehöfte in der Stadt, 357 mit Viehbe- Schwimmbad soll am Schloßfelsen durch Firma Melsbach und kauft Witwe Loebs Überführung Meddersheimer Straße stand: 129 Pferde, 491 Stück Rindvieh, Stauung der Nahe eingerichtet werden Haus Saarstraße/kl.Kirchstraße stehen an 459 Schweine, 421 Ziegen, 8 Schafe, Juni 1937: Als Felke-Naturheilanstalten Dezember 1937: August Wolff ‚sches Juni 1912: Pfeiffer‘sche Ziegelei nach 2399 Stück Federvieh, 90 Bienenstöcke – anerkannt: Felke-Kurheim A. Menschel, Geschäftshaus (Loeb& Frenkel) wird für jahrzehntelangem Stilllegen wieder in Vaterländischer Frauenverein verschenkt Naturheilanstalt Felkehaus Lina Dho- 18.000 Reichsmark an Kürschnermeister Betrieb genommen, 24 Arbeiter Wöchnerinnen-Körbe mit Inhalt nau, Felke-Kurheim Haus Löwenburg Kahlstatt verkauft – Sonnenwendfeuer Juli 1912: Durchfahrt Luftschiff „Viktoria Dezember 1912/Januar 1913: Warnung W.Klußmeier, Felke-Kurheim Haus Wald- auf Domberg, Spielmannsau und Adams- Luise“ vor Anwerbung für Fremdenlegion – Am blick Frl. E. Schmidt, Felke-Erholungs- berg – Fackelmarsch zum Marktplatz – August/September 1912: Der Besitzer vorigen Mittwoch feierten die Eheleute heim am Maasberg R. Stassen, Felke- Gifteier gegen Krähen ausgelegt - Ein- der Sommerfrische Geflügelhof Maas- Isidor Ostermann das seltene Fest der Erholungsstätte Neues Leben Andres topfgerichte in Gaststätten berg, Herr Kasimir Pitthan, hat die volle Goldenen Hochzeit - Dhonau Dezember 1937/Januar 1938: Karl Stoh- Schankwirtschaftskonzession Januar 1913: Dreschgarnitur (Lokomo- Juni/Juli 1937: Betriebssportmannschaf- mann und Änne Stohmann heiraten September 1912: Unsere israelitischen bile, Dreschwagen, Elektromotorwa- ten laut Verfügung Reichssportführer – Pferde gehen in Staudernheim durch

91 92 – Dr.Nagel aus Odernheim leistet Erste im Schwimmen über 100m Kraul – Be- Hilfe – 58 Mitarbeiter der Firma Ewald triebsausflug Firma Ewald an den Rhein – gewinnen bei einer Verlosung eine Neue Häuser in der Bundeswehrsiedlung Stadtgeschichte KdF(Kraft durch Freude)-Reise - Stabs- – viele Holländer auf dem Campingplatz mechaniker-Gast Otto Reinhold Kilsch Oktober 1962: Lebensmittelgeschäft in » stadtrat und stadtbürgermeister grüßt über Radio von Bord des U 31 der Bundeswehr-Siedlung (VIVO?) Januar 1938: „Radfahrerkrankheit“ bei Oktober/November 1962: Hermann Jugendlichen – Kunststückchen verboten! Hammer eröffnet Hotel (ehemaliges Nach dem 2.Weltkrieg setzten die von November 1945 bis Januar 1946 – Treibjagd: 39 Hasen, 2 Füchse – Fest zur Anwesen Helffenstein) – Josef Genn und amerikanischen und danach die fran- Erwin Simon, von Januar bis Septem- Machtübernahme Hitlers Hannelore Kloos siegen beim Internatio- zösischen Besatzungstruppen die Bür- ber 1946 Josef Hummes, von Sep- Februar 1938: Priorhof wird von Witwe nalen Hallen-Reitturnier in Ludwigshafen germeister ein. Dies waren von Mai tember 1946 bis 1949 Fritz Fuhr, vom Loeb an Johann Scheib verkauft – Alex November/Dezember 1962: Dr.Julius bis Oktober 1945 Hermann Josef Marx, 14.2.1949 bis Mai 1949 Dr. A. Stumm. Müller und Juliane Lersch feiern Goldene Stern, Marum-Chef, feierte am 23.No- von Oktober bis November Fritz Fuhr, Hochzeit und das 50.Gründungsjahr ihrer vember seinen 60.Geburtstag – 1.FC 03 Gärtnerei an der Eckweilerstraße wird Herbstmeister 1.Amateurliga Süd- west – Richtfest am Clubheim-Neubau April 1962 – Februar 1963 – des FC – ab 3.Dezember Adler-Apotheke vor rund 50 Jahren Günther Clauß April 1962: Campingplatz eröffnet – Be- Dezember 1962: Heinz Petzold bringt nennung Pfarrer-Reich-Straße Kommentar im Südwestfunk – Soldaten Mai 1962: Deckstation für Warm- und suchen Familienanschluss zu Weihnach- Vollblutpferde beim Pferdehof Genn ten (Meddersheimer Straße) Januar 1963: Mittagspause in Geschäften Juli 1962: Ausbau Kläranlage – 160 jüdi- von 13 bis 15 Uhr diskutiert – Theo Genn sche Kinder im Erholungsheim – Bundes- startet beim Internationalen Hallenreit- wehrsiedlung mit 487 Wohnungen – von turnier in Hannover – Molter-Bus zum 6300 Einwohnern auf 8300 Einwohner zugefrorenen Rhein – Fastnachtsveran- – 10.000 Einwohner erwartet staltung in der Hohen Burg von Felkever- Juli/August 1962: Das Rathaus ist fertig ein, Hunsrückverein und Turnerjugend renoviert - Fußballspiel „Dampfwalzen“ (Große Koalition); es spielen die „Play- (Firma Faber) gegen „Zahnrad-Elf“ (Fir- boys“ (Robert Goertz, Dieter Klußmeier, ma Hay) - Sobernheim Rheinlandmeis- Paul Pfeffer und Peter Baumeister) ter im Wasserball – Spielmannszug des Februar 1963: Tanzlehrer Breuning Turnverein wird 88 – 20.000 Mark vom Amt für August 1962: Wolfgang Petzold wird Denkmalpflege für Erhaltung Kloster Rheinland-Meister im Kunstspringen vor Disibodenberg – Antrag Beseitigung Dieter Müller – Bundespräsident Lübke Bäume Poststraße (13 Bäume) mit landet auf dem Flugplatz Pferdsfeld 18:7 Stimmen im Stadtrat beschlossen August/September 1962: Einspruch Fastnachtssitzung Felkeverein, Huns- gegen Errichtung einer Gesenkschmiede rückverein und Turnerjugend (Hay) im Industriegelände Breitler Flur – Bürgermeister Heinz Imig in der offenen Kutsche mit Konditor- und Bäckermeister Hedwig Hundt wird Rheinland-Meisterin bearbeitet von Werner Bohn Nikolaus Manstein, rechts das Ehepaar Malermeister Rudolf Teuscher sen.

93 94 Heinz Imig war Stadt- und Amtsbürger- ner schon zurückgetreten waren, führte Am Ende der Legislaturperiode 1974 – Unter Vorsitz von Dr. Werner Dümmler meister vom 25.5.1949, ihm folgte am der Geschäftsleitende Beamte der Ver- 1979 gehörten zum Sobernheimer Stadt- wurden eingeführt: Heinz Werner Hei- 28.3.1969 Dr. Werner Dümmler (SPD), der bandsgemeinde, Herbert Wenz, als von rat mit Ortsbürgermeister Dr. Werner mer, Gerwald Päßler, Karl-Heinz Memm- in Personalunion dann auch ab 1972 Ver- der Kommunalaufsicht Beauftragter die Dümmler (SPD) die Ortsbeigeordneten ler, Hildburg Kanzok, Alfred Peeters, Man- bandsbürgermeister war. 1989 erkrankte Geschäfte. Am 14.12.2005 wurde nach Dr. Otto Hundt (CDU) und Friedrich Jet- fred Kerwer und Jörg Barthel (CDU), Karl Dr.Werner Dümmler schwer und ließ sich erneuter Urwahl Hans-Georg Janneck ter (FWG), die Ratsmitglieder Karl von von Erden, Reinhold Küstner, Karl Groh, zum 31.Januar 1991 in den vorzeitigen wieder Stadtbürgermeister, kandidierte Erden, Reinhold Küstner, Herbert Gräff, Irmgard Greiner, Werner Bohn, Alois Ell- Ruhestand versetzen. Der 1.Beigeordne- nach seinem Rücktritt als Verbandsbür- Otto Bohsung, Hilde Dietrich, Paul Bre- rich, Wolfgang Schopnie, Otto Bohsung, te Helmut Blümel (CDU) führte das Amt germeister aus gesundheitlichen Grün- genzer, Irmgard Greiner und Helmut Helmut Jung und Dieter Gerstemann weiter bis zur Wahl von Hans-Georg Jan- den 2009 nicht mehr. Ihm folgte Dr. Felix Jung, (SPD) Heinz Werner Heimer, Albert (SPD), Ferdinand Feyand und Wolf Die- neck (SPD) am 30.September 1991, der Welker, der zum 15.Juni 2010 sein Amt Thres, Horst Barth, Hildburg Kanzok, Wil- ter Stohmann (FDP), Hans Becker (FWG), zuvor am 31.8.1991 als Verbandsbürger- niederlegen musste, weil er nach Stau- li Borchert, Franz Scherer und Karl Heinz Hartmut Fülber (FWG Fülber/Dhonau). meister gewählt worden war. Er verlor dernheim umgezogen war. Die darauf Memmler, (CDU) Dr. Erhard Melsbach und Als Stadtbürgermeister wurde Dr. Werner 2004 überraschend die erstmals durch- folgende Urwahl gewann Michael Grei- Ferdinand Feyand, (FDP), Hartmut Fülber Dümmler mit 16 ja, 1 nein und 4 Enthal- geführte Urwahl gegen Klaus Schick ner, der nun ab 7.Oktober 2010 Stadtbür- und Hans-Gert-Dhonau (FWG Dhonau/ tungen gewählt. Als Beigeordnete wur- (FWG). Klaus Schick legte am 23.8.2005 germeister ist und 2014 im ersten Wahl- Fülber) sowie Gerhard Buxbaum (FWG). den Dr. Otto Hundt (CDU) und Kurt Eimer aus persönlichen Gründen das Amt nie- gang mit Zweidrittelmehrheit bestätigt Schriftführer war Amtsrat Fritz Reiden- (FDP) gewählt. der. Da vorher die beiden Stadtbeige- wurde. bach. Während der Amtsperiode war ordneten Peter Öhler und Michael Grei- Die Wahlergebnisse zum Stadtrat: auch Wilhelm Dhonau Beigeordneter der Die SPD war deutlich stärkste Fraktion und Stadt gewesen. hatte mit Dümmlers Stimme die Hälfte der Stimmen. Auf der anderen Seite saß der „Bürgerblock“ mit ebenfalls 11 Stim- men. Gerade diese Patt-Situation war mit dafür verantwortlich, dass der Stadtrat meistens sehr konstruktiv und einver- nehmlich arbeitete. Kampfabstimmun- gen waren selten, persönliche Angriffe auch. Man kannte sich persönlich und achtete sich gegenseitig, auch wenn es im Städtchen natürlich die gesellschaftli- chen Unterschiede zwischen der oberen Bürgerschicht und den einfachen Leuten gab. Dazu kam nun die Bundeswehr mit prägenden Veränderungen, selbst noch einmal hierarchisch differenziert zwi- schen den Offizieren und den Unteroffi- zieren. Dr. Werner Dümmler lenkte den Stadtrat durch fleißige und effiziente Vor- bereitung souverän, hatte Ansehen auch Dr. Werner Dümmler im Bürgerblock. Fast immer gab es einen „letzten Beschluss“: In welche Gaststät- Am 4.Juli 1979 war dann die Konstituie- te gehen wir nach der Sitzung möglichst rung des neuen Stadtrats im Kaisersaal. alle zusammen? Da wollte sich keiner Diagramm Quelle: Statistisches Landesamt 95 96 ausschließen, und manchmal dauerten mut Jung, Rudi Hill und Alois Ellrich (SPD), diese Nachsitzungen noch lange. Dass Ferdinand Feyand (FDP), Werner Schne- während der Stadtratssitzungen heftig berger und Emil Lenhart (FWG), Hans geraucht wurde, dass neben Kaffee und Gert Dhonau (FWG Fülber/Dhonau), Ro- Sprudel bei besonderen Gelegenheiten bert Goertz und Angela Gebhardt (GRÜ- auch mal Wein auf den Tisch kam, war so NE, erstmals). üblich. Das Rauchen wurde später – nach Dümmler wird als Stadtbürgermeister heftiger Diskussion – auf Raucherpausen wieder gewählt , Helmut Blümel bleibt 1. verlegt und irgendwann völlig verpönt. Stadtbeigeordneter, Günter Weitzel wird für Kurt Eimer 2.Stadtbeigeordneter. Am 18.3.1980 rückt Helmut Blümel für Hildburg Kanzok nach, die weggezogen Am 20.11.1984 tritt Gerwald Päßler als war. Am 20.4.1982 rückt Rolf Schatto für Fraktionsvorsitzender zurück, weil er Helmut Blümel bei der CDU nach. Helmut sich von seiner CDU im Stich gelassen Blümel wird Nachfolger als 1.Beigeord- fühlt neter für Dr. Otto Hundt. Am 30.1.1985 legt Hans-Gert Dhonau sein 1980 wurde der erste Stadtehrenring Mandat nieder; Hartmut Fülber rückt verliehen. Weitere folgten im Lauf der nach. Jahre: Am 29.9.1986 kommen Iris Wenz und Die Stadtspitze: Weitzel, Dümmler, Blümel Günter Hill (beide SPD) für Gerhard Ham- 1980 Professor Rudolf Desch mer und Karl Groh neu in den Stadtrat. 1982 Dr. Otto Hundt Friedbert Schiel (FWG) für Rolf Simon, 1984 Otto Bohsung Am18.8.1989 werden nach der Kommu- am 17.3.1993 Franz-Josef Stauch (SPD) 1984 Kurt Eimer nalwahl diese Ratsmitglieder neu ver- für Iris Wenz. Am 22.11.1993 rückt Timo 1987 Karl Groh pflichtet: Jörg Barthel, Heinz-Werner Hei- Kaufmann (GRÜNE) für den verstorbenen 1987 Oswald Kimmling mer, Alfred Peeters und Ursula Stellmach Robert Goertz nach. 1990 Karl von Erden (CDU), Werner Bohn, Reinhold Küstner, Nach den Kommunalwahl 1994 sind im 1994 Heinz-Werner Heimer Rudi Hill, Irmgard Greiner, Otto Gilde, Iris Stadtrat: Werner Bohn, Karl Kurz, Peter 1994 Irmgard Greiner Wenz, Jutta Moog, Günter Hill und Alo- Beyer, Otto Gilde, Rudi Hill, Jutta Moog, 1991 Dr. Werner Dümmler is Ellrich(SPD), Erich Liebisch (FDP), Ro- Michael Greiner, Franz-Josef Stauch und 1998 Helmut Blümel bert Goertz, Angela Gebhardt und Ulrich Reimund Küstner (SPD), Dr. Angelika 2001 Christa Lehnert-Schroth Schug (GRÜNE), Rudolf Teuscher und Dhonau, Dorothee Seufert, Horst Barth, 2011 Wolfgang Heimer Werner Schneberger (FWG). Dr. Helge Dhonau-Hermberg, Peter Öh- Dr.Werner Dümmler wird als Stadtbür- ler und Ursula Stellmach (CDU), Rudi Am 5.10.1995 beschließt der Stadtrat, germeister wiedergewählt, Helmut Blü- Marfilius(FDP), Dr. Rainer Lauf, Marianne Hermann-Josef Marx zum Ehrenbürger mel als 1.Beigeordneter und Günter Weit- Goertz, Grita Weiß und Timo Kaufmann zu ernennen. zel als 2.Beigeordneter. (GRÜNE), Günter Weitzel und Werner 1984 wird ein neuer Stadtrat ist gewählt: Schneberger (FWG). Gerwald Päßler, Jörg Barthel, Karl-Heinz Am 13.8.90 rücken Rolf Simon (FWG) und Bürgermeister der Stadt Sobernheim Memmler, Heinz-Werner Heimer und Esther Kehrein (GRÜNE) für Rudi Teu- ist nun Hans-Georg Janneck, 1. Stadt- Manfred Kerwer (CDU), Karl von Erden, scher und Angela Gebhardt nach. Am beigeordneter Helmut Blümel, 2. Reinhold Küstner, Werner Bohn, Irmgard 7.11.1991 rückt Monika Scheib für Erich Stadtbeigeordneter Gerd Schäfer und Helmut Blümel führt Hans-Georg Greiner, Gerhard Hammer, Karl Groh, Hel- Liebisch (FDP) nach. Am 17.21993 kommt 3.Stadtbeigeordneter Helmut Wöllstein Janneck als Stadtbürgermeister ein

97 98 Am 11.9.1996 rückt Eberhard Böttger Am 8.9.2004 wird ein neuer Stadtrat ver- Kurz, Harald Groh, Uwe Engelmann, Wil- für die Linke Timo Kaufmann. Zu Beige- (FWG) für Günter Weitzel nach. Am pflichtet: Werner Bohn, Michael Greiner, li Scheid, Ulrich Grübel, Uwe Auweiler. ordneten werden gewählt: Volker Kohrs 7.10.96 legt Dr. Angelika Dhonau ihr Ulrich Grübel, Volker Kurz, Harald Groh, Nach der Wahl von Michael Greiner zum (1. Beigeordneter), Dr. Jörg Maschtowski Mandat nieder, auch Dr. Helge Dhonau- Willi Scheid, Dorothea Gräff und Thomas Stadtbürgermeister rückt für diesen Karl- und Alois Bruckmeier. Das Amt des Ver- Hermberg (beide CDU) kündigt die Nie- Neumann (SPD), Willi Scheer, Dr. Jörg Peter Kilz nach und nach dem Ausschei- bandsbürgermeisters wird an diesem Tag derlegung ihres Mandates an. Für sie Maschtowski, Peter Öhler, Horst Barth, den von Uwe Auweiler übernimmt Sabi- nicht bestimmt, da keiner der Kandida- rücken Alfred Peeters und Vera Beuscher Alfred Peeters, Karl Albert Bamberger ne Härter seinen Platz in den Reihen der ten Rolf Kehl, Michael Greiner und Elke nach. Am 23.10.96 tritt Rudi Hill aus der und Dorothea Seufert (CDU), Barbara SPD-Fraktion. Für die FWG werden Emil Kiltz die erforderliche absolute Mehrheit SPD-Fraktion aus, behält aber sein Man- Renzmann-Schmidt (FDP), Herbert Schuff Hößler und Karl-Heinz Kindgen gewählt, hat. In einer Stichwahl kann der amtie- dat. Am 19.1.1998 rückt Claudia Nicolay und Nurettin Durmus (GRÜNE), Rudi Hill, für Bündnis 90/Die Grünen Gerhard Zwa- rende Verbandsbürgermeister Rolf Kehl für Jutta Moog nach, die ihr Mandat nie- Emil Hößler, Eberhard Böttger und Uwe an-Standfuß und Volker Kohrs. Für die (CDU) die Wahl mit 50,7% gegen den dergelegt hat. Hülsmann (FWG ) FDP erringt Ewald Plew ein Mandat. Bad Sobernheimer Stadtbürgermeister Neuer Stadtbürgermeister wird Klaus Michael Greiner (SPD) mit 49,3 % knapp Am 26.10.98 rückt Karl-Albert Bamber- Schick (FWG) in Urwahl, 1.Beigeordne- Bei der Kommunalwahl wird Dr. Fe- für sich entscheiden. ger für Ursula Stellmach nach, die um- ter Peter Öhler, 2.Beigeordneter Michael lix Welker von der CDU in Urwahl zum gezogen ist. Am 16.12.1998 wird Heinz Greiner. Stadtbürgermeister gewählt. Er kündigte Werner Bohn und Uwe Engelmann Schmitz neuer 1.Stadtbeigeordneter für Am 19.8.2005 treten die Beigeordnete im Juni 2010 seinen Rücktritt an, weil er Helmut Blümel, der nach um- Greiner und Öhler wegen Differenzen mit nach Staudernheim umgezogen war. Bei gezogen ist. Schick zurück. der nachfolgenden Wahl sowie Stichwahl Nach dem Rücktritt von Klaus Schick am wird Michael Greiner zum neuen Stadt- Am 18.8.1999 wird ein neuer Stadtrat 23.8.2005 wird Hans-Georg Janneck in bürgermeister gewählt. In der Legisla- verpflichtet: Werner Bohn, Karl Kurz, Pe- Urwahl wieder als Stadtbürgermeister turperiode 2009 – 2014 sind Alois Bruck- ter Beyer, Michael Greiner, Ulrich Grübel, gewählt, am 14.12.2005 als Beigeordnete meier (FWG) als 1. Beigeordneter und Reimund Küstner, Franz-Josef Stauch, Iris Horst Barth und Werner Bohn. Ulrich Schug (Bündnis90/Die Grünen) als Wenz und Markus Below (SPD), Karl- Für Werner Bohn, der sein Mandat nie- 2. Beigeordneter im Amt. Albert Bamberger, Dr. Jörg Maschtowski, dergelegt, rückt Elisabeth Bieger in der Dorothee Seufert, Alfred Peeters, Willi Stadtrat nach. Die Kommunalwahl am 25. Mai 2015 führt Scheer, Peter Öhler und Horst Barth (CDU Am 22. 3.2006 rückt Gerhard Zwaan- zu einer eindeutigen Bestätigung von ), Rudolf Marfilius (FDP), Dr. Rainer Lauf, Standfuß für Nurettin Durmus nach. Am Michael Greiner (SPD) im Amt des Stadt- Marianne Gortz und Ulrich Schug (GRÜ- 26.3.2007 legt Rudi Hill sein Mandat aus bürgermeisters. Die Ratsmandate vertei- NE), Werner Schneberger und Rudi Hill Altersgründen nieder; für ihn rückt Karl- len sich wie folgt: Die SPD wird stärkste (FWG). Herrmann Palm nach. Fraktion mit Thomas Neumann, Volker Stadtbürgermeister bleibt Hans-Georg Kurz, Harald Groh, Uwe Engelmann, Willi Janneck, die Beigeordnete sind Heinz Am 7.6.2009 werden bei den Kommu- Scheid, Ulrich Grübel, Karl-Peter Kilz, Sa- Schmitz, Gerd Schäfer und Helmut Wöllstein. nalwahlen gewählt: für die CDU Willi bine Härter, Bernd Ramlow und Matthi- Scheer, Anke Schumann, Horst Barth, as Bregenzer. Für die CDU werden ge- Am 24.11.1999 legt Werner Schneberger Friedrich Wilhelm, Thomas Michel, Axel wählt Anke Schumann, Thomas Michel, (FWG) sein Mandat nieder; dafür kommt Hill, Peter Öhler, Dr. Wilhelm Grüntgens Axel Hill, Dr. Jörg Maschtowski, Bernd Eberhard Böttger. Am 13.3.2002 kommt und Dr. Jörg Maschtowski. Im Laufe der Krziscik, Ron Budschat. Für Bündnis90/ Barbara Lehné neu für Rainer Lauf, am Legislaturperiode gibt Willi Scheer sein Die Grünen sind erfolgreich: Gerhard 30.9.202 wird Willi Scheer 1.Stadtbei- Mandat auf und Marita Ellenbürger rückt Zwaan-Standfuß, Volker Kohrs und Sa- geordneter für Heinz Schmitz, der aus nach. Für die SPD werden gewählt: Mi- scha Müller, für die FWG Alois Bruck- Altersgründen sein Amt niederlegt. chael Greiner, Thomas Neumann, Volker meier, für die FDP Carsten Dierks und

99 100 fahrzeugverkehr zunahm, wurde der baut, ab 1981 auch um Steinhardt he- Durchgangsverkehr durch die Groß- rum. Die Großstraße verlor mehr und Stadtentwicklung straße lästig und gefährlich. Eine Um- mehr ihre ursprüngliche Bedeutung, gehungsstraße um die Stadt herum der Sobernheimer Ring mit Ringstraße, » sobernheim verändert sich wurde am 17.September 1953 dem Poststraße und Bahnhofstraße wur- Verkehr übergeben – die heutige B de wichtiger, dazu die Ausfallstraßen 41, später mehrspurig und mit Brü- Richtung Monzingen, Eckweiler, Stein- cken sowie Zu- und Abfahrten ausge- hardt, Staudernheim und Meddersheim. Die größte und wichtigste Straße von zum Teil vorhanden ist. Manche Gas- Sobernheim war – und das sagt ihr sen hatten wohl auch überhaupt kein Name – die Großstraße, bei den Ur-So- Pflaster, wurden bei Regen zu Matsch. werumern auch „Großgass“ genannt. Ein großer Fortschritt war dann die Sie war mit Nahewacken gepflastert Pflasterung mit Basaltsteinen um 1900 und hatte auf der Seite eine Abflussrin- – so 1890 die Neugasse, 1901 die un- ne für das Regenwasser und auch für tere Kirchstraße bis zur Stadtmauer, Abwasser aus den Häusern. So sahen 1906 Wilhelmstraße und Obergasse. auch die anderen Sobernheimer Stra- Der ehemalige Graben um die Stadt- ßen und Gassen aus. Ein Bild davon mauer wurde kanalisiert, bevor ab 1911 kann man sich heute im Reil – von Wil- die Kanalisation der Innenstadt geplant helmstraße zu Großstraße - machen, und nach und nach realisiert wurde. wo der ursprüngliche Zustand noch Als nach dem 2. Weltkrieg der Kraft-

Blick nach Norden – Friedhof und Ziegelei mit Abstand von der Stadt - noch ohne B 41

Mit Bürgermeister Dr. Werner Dümm- ansässigen größeren Unternehmen, ler kam Bewegung in die Stadtent- die – zu Recht – die Konkurrenz um wicklung. Er erkannte mit Weitsicht, gute Arbeitskräfte und eine Erhöhung dass das kleine Städtchen wesentliche des Lohnniveaus befürchteten, hatte Veränderungen brauchte, um in Zu- doch vorher schon die Bundeswehr be- kunft die Konkurrenz mit benachbar- gehrte Arbeitsplätze geschaffen. Auch ten Standorten erfolgreich bestehen zu die Landwirte wollten die stadtnahen können. Dr. Dümmlers erstes und wahr- und fruchtbaren Anbauflächen nicht scheinlich auch bedeutendstes Projekt aufgeben. Zudem befürchtete man die war die Ausweisung eines Industrie- Emissionen des vorgesehenen Indust- und Gewerbegebietes im Westen der riegebiets aus dem Westen der Stadt, Stadt. Dies stieß zuerst auf den Wider- also aus der Haupt-Windrichtung. Doch Der Reil stand der „Talbarone“, also der bereits es gab dazu keine sinnvolle Alternative. 101 102 Durch die geografische Lage der Stadt dort vorerst keine Erweiterungsflächen schaftskraft und auch Gewerbesteuer- Innenstadt gab es jedoch noch viel alte im Talkessel wäre nur nach Norden hin fand und gerne das kostengünstige An- Einnahmen zu generieren, ist erreicht und herunter gekommene Bausubs- eine größere Fläche denkbar gewesen, gebot in Sobernheim annahm. Die Stadt worden. Eine Ausweitung des Indust- tanz. Die wenigen markanten Gebäude, doch dort sind Wasserschutzgebiet und förderte die Betriebsansiedlungen mit riegebietes über die B 41 hinüber nach die aus dem späten Mittelalter noch er- das Kurhaus am Maasberg. Eine Aus- erheblichen Vorleistungen bei Grunder- Osten war zwar mehrmals im Gespräch, halten waren, bedurften der Sanierung, weisung von Industrie- und Gewerbe- werb und Erschließung, auch mit dem darüber wurde auch heftig gestritten. die ehemals landwirtschaftlichen An- flächen auf der Höhe bei Steinhardt kol- Anschluss an die Ver- und Entsorgung. Zu einer Realisierung kam es nie. Die wesen hatten fast alle ihre ursprüngli- lidierte mit dem Landeplatz Domberg Die Firma Hay entwickelte sich präch- Kreisplanung hat zuletzt deutlich ge- che Funktion verloren. Wenn Scheunen und den Interessen der Steinhardter tig am neuen Standort, gründete nach macht, dass sie einem solchen Vorha- und Ställe nicht zu Wohnzwecken um- Bauern. einigen Jahren auch die Tochterfirma ben auch widersprechen würde. gebaut waren, so standen sie nun leer Die Stadt brauchte für ihr neues Indust- Polymer und bebaute einen großen oder wurden als Lagerraum genutzt. rie- und Gewerbegebiet einen zugkräf- Teil des Industriegebietes, das in späte- Parallel zur Industrie-Ansiedlung ver- Viele kleine Geschäfte hatten aufgege- tigen Erstinvestor. Diesen fand Dr. Wer- ren Jahren auch über die Bahn hinweg folgte der Stadtrat mit Bürgermeister ben, aber auch die größeren Läden wa- ner Dümmler in dem expandierenden nach Süden erweitert und mit der neu- Dr. Dümmler das Ziel der Stadtsanie- ren für neuere Zeiten nur eingeschränkt Bockenauer Familienbetrieb Hay, der en Westtangente verbunden wurde. rung mit dem Haupt-Augenmerk auf tauglich. Wie die anderen Städte im die Innenstadt. Außerhalb des histori- Land auch brauchte Sobernheim eine schen inneren Stadtrings waren moder- grundlegende Stadtsanierung. Der ne Häuser gebaut worden, sogar zwei Stadtrat beauftragte – noch von Bürger- Hochhäuser, über die man sich heute meister Imig eingefädelt - im Mai 1970 wohl nur noch wundern kann, passen den Stadtplaner Imlau mit der Erstellung sie doch überhaupt nicht zum Stadtbild. eines Konzeptes. Der danach beschlos- Der Leinenborner Weg mit seiner Süd- sene und hoch gelobte Imlau-Plan löst hanglage wurde zum begehrtesten und aus heutiger Sicht allerdings nur Ver- teuersten Baugebiet, auf dem Löhborn wunderung und Entsetzen aus: Er sah waren in den Nachkriegsjahren eher den Abriss vieler alter Gebäude vor und preisgünstigere Doppelhäuser entstan- eine breite Schneise durch die Stadt mit den, an der Dr.-Herrmann-Straße oder neuer Verkehrsführung quer durch das im Brühl Mehrfamilienhäuser. Beson- Oberviertel, sogar mit dem Abriss der ders viel Wohnraum schuf der Bauun- Synagoge. Im Prinzip sollte die Innen- ternehmer Dr. Lübbe. Viele Sobernhei- stadt bis auf wenige alte Gebäude wie Industriegebiet mer Familien, aber auch von außerhalb, die Kirchen abgerissen und neu aufge- Ab 1985 wurde die Westtangente ge- unmittelbaren Umgebung, zum Beispiel hatten in den Randgebieten der Stadt baut werden – nach damals vorherr- plant und gebaut um zum einen Durch- auch während der Umsiedlung die Fir- ihren Traum vom eigenen Haus verwirk- schender Auffassung die einzig sinn- gangsverkehr von der B41 Richtung men Lenhart, Jores und Kilz vom Soon- licht, die meisten mit viel Eigenleistung, volle Stadtsanierung. Dann erst könne Meddersheim aus der Stadt heraus zu waldrand. Im Lauf der Jahre gab es im Nachbarschafts- und Freundeshilfe. neues Leben in die Stadt einkehren. halten und zum anderen Industriegelän- Industriegebiet immer wieder einmal Über die Entstehung des „Entwicklungs- de südlich der Bahnlinie zu erschließen. Eigentümer-Wechsel oder Umstellun- gebietes Leinenborn“ Ende der 1970er Nach dem Imlau-Plan wurde ein Modell Zu Hay und Polymer kamen bald weite- gen, doch das Ziel von Dr. Dümmler, und Anfang der 1980er Jahre wird ge- der Innenstadt gebastelt, das lange Zeit re Firmen, die sich im Westen der Stadt hier eine große Anzahl von Arbeitsplät- sondert berichtet (> „Umsiedlung“). zentral im Rathaus zu bewundern war, neu ansiedelten, sowohl von auswärts zen für die Menschen aus der Stadt und Innerhalb der historisch gewachsenen heute wohl irgendwo verstaubt, wenn als auch aus der Stadt heraus oder der der Umgebung zu schaffen und so Wirt- 103 104 es nicht ganz entsorgt worden ist. zenhaus neben der „Hohen Burg“ war zu schaffen. 1989 wurde im Stadtrat für Dazu gab es unterschiedliche Vorstel- (> „Verkehr und Mobilität“) angekauft worden und wurde abgeris- die Stadtsanierung mit insgesamt mehr lungen: Einig war man sich, dass die sen. Der Schützenverein bekam von der als 9 Millionen DM kalkuliert. Damit Nutzung des historischen Marktplat- Zur Verwirklichung des Imlau-Plans Stadt einen erheblichen Zuschuss zum wurde auch das Haus Partenheimer in zes allein als Parkplatz mit umlaufen- wurden zwei Sanierungsgebiete be- Bau des neuen Schützenhauses im Os- der Großstraße angekauft, um später den Verkehr geändert werden sollte. schlossen: Einmal das Gebiet Marum- ten von Monzingen. Die Synagoge, nun eine Fußgänger-Passage zur Kreuzstra- Während der „Bürgerblock“ im Stadt- straße/Bahnhofstraße rund um das als Lagerraum für den auf der Fläche ße anzulegen. rat eher zu einer Tiefgarage unter dem Kaufhaus Schmidt und zum anderen der ehemaligen Gymnasiums-Turnhalle Einen abrupten Bruch in der Stadtsa- Marktplatz tendierte, damit die Autos das Gebiet der mittleren und oberen gebauten „TOP-Markt“ genutzt, wurde nierung gab es um 1990, als der Motor möglichst nahe an den Geschäften Großstraße. Praktisch begonnen wurde dank des Einsatzes von Hans Eberhard der Sanierung, Bürgermeister Dr. Wer- parken konnten, tendierten SPD und mit dem Ausbau der Großstraße zum Berkemann unter Denkmalschutz ge- ner Dümmler, schwer erkrankte. Ein GRÜNE eher dafür, den Autoverkehr verkehrsberuhigten Bereich, 1986 wur- stellt und konnte nun nicht mehr – wie paar Jahre gab es keine erkennbaren aus der Innenstadt heraus zu halten de sie zur Fußgängerzone. Vorher gab vorher geplant – abgerissen werden. Fortschritte und der Schwerpunkt wur- und – wie es Imlau auch vorgesehen es unterschiedlich breite, oft nur ganz Als 1991 über die Straßenführung an de die Umgestaltung des Marktplatzes. hatte, ein Parkhaus am Rand zu bauen. schmale Bürgersteige, auf denen die der Synagoge neu abgestimmt wurde Fußgänger nicht sicher waren, wenn – nördlich oder südlich an der Synago- dicht daneben die Kraftfahrzeuge fuh- ge vorbei, gab es eine Mehrheit für die ren. Manchen Geschäftsleuten war die- Süd-Variante. Hier wurde auch dafür ein se Entwicklung überhaupt nicht recht, Haus angekauft und abgerissen, doch fürchteten sie doch, dass ihre Kund- dann stockte der Grundstücksankauf schaft nicht mehr wie bisher mit dem für die Straßentrasse. Im Lauf der Jahre Auto direkt vor die Ladentür fahren verlor die Großstraße immer mehr Ge- konnte. Sie kämpften lange gegen die schäfte, vor allem durch das veränderte Fußgängerzone; die Diskussion darum Einkaufsverhalten der Menschen, die flammt heute noch auf. Der Ausbau der eher in größeren Märkten am Stadt- Großstraße mit Verbundsteinpflaster ist rand oder auch auswärts einkaufen, in jedoch nicht für dauerhaften Kfz-Ver- den letzten Jahren vermehrt auch über kehr ausgelegt. Er würde bald Schaden das Internet. Der Bedarf einer rückwär- leiden. Die Ladenbesitzer der mittleren tigen Erschließung der Großstraße, wie und oberen Großstraße wurden mit der sie einmal geplant war, ist nicht mehr von Imlau parallel geplanten Entlas- gegeben. tungsachse nördlich davon vertröstet, von der Ringstraße über Mauergasse Im Süden der Großstraße war ur- und Gymnasialstraße bist hinüber zur sprünglich im Bereich der Kreuzstraße katholischen Kirche geplant. Hier soll- ein Parkhaus vorgesehen. Dafür wur- ten im rückwärtigen Bereich der Groß- den Ende der 1980er Jahre nach und straße auch Parkplätze angelegt wer- nach die Häuser Franzmann, Heinrich, Der 1991 neu gewählte Bürgermeister Schwung in der Stadtentwicklung: Die den. Dafür wurden von der Stadt einige Schwenk, Bottlinger, Kurz, Fuchs/Diet- Hans-Georg Janneck sorgte zusammen Entscheidung gegen eine Tiefgarage leer stehende Scheunen aufgekauft, die rich und Derschug von der Stadt ange- mit dem bisherigen Beigeordneten Hel- unter dem Marktplatz fiel. Nur noch man abreißen wollte. Auch das Schüt- kauft um sie abzureißen und damit Platz mut Blümel von Anfang an für neuen wenige Kurzzeit-Parkplätze sollten zur

105 106 Verfügung stehen, dafür aber eine gro- sen, doch nachher wollte es wieder Im Zusammenhang mit dem Markt- ten Zeiten Melodien des Sobernheimer ße autofreie Fläche, ansprechend als niemand gewesen sein, als die holp- platz-Umbau wurden auch die großen Komponisten Professor Rudolf Desch Stadtmittelpunkt gestaltet. Realisiert rigen Steine verlegt waren. Mehrfach Glasfenster des Rathaus-Sitzungssaals erklingen. wurde zuerst der neue Marktplatz. wurden Nachbesserungen verlangt und – ehemalige Tore der städtischen Feu- Nach Großstraße und Marktplatz wurde Janneck hatte durch seine sehr guten auch durchgeführt; das Sobernheimer erwehr – durch einen Glaskünstler an- nun der Bereich Marumstraße/Kreuz- Kenntnisse der Fördermöglichkeiten Marktplatz-Pflaster war Dauer-Thema. sprechend gestaltet. Die an den Markt- straße/Neugasse in Angriff genom- und der Beziehungen zu Entschei- Als der Platz am 10.Juli 1993 mit einem platz angrenzenden Gebäude wurden men. Der wesentliche Anstoß dazu kam dungsträgern eine hohe Förderung schönen Fest eingeweiht wurde, stritt nach und nach von ihren Besitzern durch den Verkauf des Nahe-Kaufhau- durch ein Verkehrs-Förderprogramm man noch heftig über die Details. Auch oder auch von der Stadt, die einige da- ses Oskar Schmidt. Dieses traditionsrei- erreicht, so dass der Umbau des Markt- heute noch kommt ab und zu die An- von Richtung Pfaffengasse aufkaufte che Sobernheimer Kaufhaus, vom jüdi- platzes für die Stadt letztendlich finan- regung, Gehstreifen für Rollstühle oder und dann wieder privatisierte, restau- schen Kaufmann Isaak Wolf gegründet, ziell gut tragbar war. Diskussionen gab Kinderwagen anzulegen. Insgesamt riert. Auch die Sparkasse – optischer von den Nazis enteignet, nach dem es im Stadtrat und auch in der Bevölke- haben die Sobernheimer jedoch ihren Gegenpol zum Rathaus – wurde nach Krieg von Oskar Schmidt übernommen rung vor allem um die Details: Die einen neuen Marktplatz gut angenommen Plänen des Sobernheimer Architekten und von dessen Schwiegersohn Alfred wollten mehr, die anderen überhaupt und schon viele Feste darauf gefei- Paul Scholten völlig neu gestaltet und Peeters weiter geführt und ausgebaut, keine Kurzzeitparkplätze. Die Größe der ert. Der Marktplatzbrunnen mit Felke- erhielt als Blickfang einen kleinen Glo- litt unter den geänderten Einkaufsge- Pflanzbeete für die Bäume war eben- Motiven wurde nach dem Entwurf des ckenturm, von dem täglich zu markan- wohnheiten. so umstritten wie die Sorte der Bäume Sobernheimer Künstlers Hans-Joachim selbst, schließlich vor allem das Pflaster. Thrun gefertigt, der als Sieger aus dem Zwar hatte der Bauausschuss einstim- Wettbewerb hervorgegangen war. mig die Art der Pflastersteine beschlos-

Marktplatz 2015

Kaufhaus Wolf 107 108 Kaufhaus Oscar Schmidt, späterer Inhaber Alfred Peeters Arkadenhäuser und Musikantenbrunnen

Im Zusammenhang mit dem Markt- erklingen. „Grünen Wiese“, die Supermärkte, auch und bot es schließlich der Stadt zum platz-Umbau wurden auch die großen Nach Großstraße und Marktplatz wurde der im ehemaligen Marum-Fabrik-Ge- Ankauf im Sanierungsgebiet an. Glasfenster des Rathaus-Sitzungssaals nun der Bereich Marumstraße/Kreuz- bäude im Westen der Stadt, ursprüng- – ehemalige Tore der städtischen Feu- straße/Neugasse in Angriff genom- lich das „SBZ“, später unter wechseln- In dieser Konstellation trat ein neu- erwehr – durch einen Glaskünstler an- men. Der wesentliche Anstoß dazu kam der Bezeichnung, zurzeit „REAL“. Der er Akteur in die Stadtentwicklung ein: sprechend gestaltet. Die an den Markt- durch den Verkauf des Nahe-Kaufhau- „TOP-Markt“ von Helmut Kochendörfer Friedbert Schiel, Bau-Ingenieur und Sta- platz angrenzenden Gebäude wurden ses Oskar Schmidt. Dieses traditionsrei- in der ehemaligen Turnhalle des Gym- tiker aus , als Ehemann nach und nach von ihren Besitzern che Sobernheimer Kaufhaus, vom jüdi- nasiums im Oberviertel war dagegen einer Umsiedlerin aus Pferdsfeld nun oder auch von der Stadt, die einige da- schen Kaufmann Isaak Wolf gegründet, eher auf Lebensmittel konzentriert. im Leinenborn beheimatet. Er stellte von Richtung Pfaffengasse aufkaufte von den Nazis enteignet, nach dem Kaufhaus-Betreiber Peeters stemmte eine Investoren-Gruppe vor, die bei der und dann wieder privatisierte, restau- Krieg von Oskar Schmidt übernommen sich mit verschiedenen Maßnahmen Sobernheimer Stadtsanierung einige riert. Auch die Sparkasse – optischer und von dessen Schwiegersohn Alfred gegen die Konkurrenz. So hatte er die Projekte im Bereich des Nahe-Kaufhau- Gegenpol zum Rathaus – wurde nach Peeters weiter geführt und ausgebaut, erste Rolltreppe einbauen lassen und ses realisieren wollte. Dazu kam die neu Plänen des Sobernheimer Architekten litt unter den geänderten Einkaufsge- auch „ALDI“ von der Marumstraße gegründete So-Bau mit den Teilhabern Paul Scholten völlig neu gestaltet und wohnheiten. aus erstmals nach Sobernheim geholt. Schiel und Werner Fuchs vom Pferds- erhielt als Blickfang einen kleinen Glo- Auch die Sobernheimer fuhren mehr Doch ALDI hatte Probleme durch feh- felder Fuchshof. Nach längeren Diskus- ckenturm, von dem täglich zu markan- und mehr nach Bad Kreuznach oder lende Parkplätze und die beengten Ver- sionen war eine Mehrheit im Stadtrat ten Zeiten Melodien des Sobernheimer Mainz, um Möbel oder Kleidung zu kau- hältnisse, baute dann am Johannisplatz bereit, den von Schiel vorgeschlagenen Komponisten Professor Rudolf Desch fen. Dazu kam die Konkurrenz auf der neu. Peeters verpachtete sein Kaufhaus Weg mit zu gehen. Nach einer ersten 109 110 Vorstellung im Bauausschuss der Stadt ter. Parallel dazu schlug er vor, dass Die ursprünglich vorgesehene Fußgän- gegen den Verkauf zur Wehr setzte. am 23.3.1993 wurde das Wohn- und seine So-Bau die Marumstraße nach ger-Passage zur Großstraße an dieser Die Mehrheit im Stadtrat wollte keine Geschäftszentrum, das später „Felke- Osten hin mit einem Arkadenhaus be- Stelle wurde jetzt als überflüssig be- zwangsweise Enteignung. So wurde Zentrum“ heißen sollte, auf den Weg bauen würde mit Büros und Läden im trachtet. Die Häuser in der Kreuzstraße während der Bautätigkeit sogar eine gebracht. Die Stadt kaufte von Peeters Erdgeschoss und Wohnungen darüber. gegenüber, ursprünglich auch zum Ab- spezielle Fußgängerampel für die alte das Nahe-Kaufhaus. Schiel und Partner Als Partner dafür hatte er die Sparkasse riss vorgesehen, ließ dann auf Jannecks Dame aufgestellt, damit diese gefahrlos rissen alte Bausubstanz ab und sanier- gewonnen. Initiative hin die Stadt über ihre neu zu ihrem Haus kommen konnte. Schließ- ten teilweise Vorhandenes. Es entstand Mit der Entscheidung für das Schiel- gegründete Wohnungsbaugesellschaft lich ergab sich doch noch eine gütliche ein für damalige Zeiten modernes Ein- Projekt war nun der rückwärtige Teil ebenfalls zu Wohnzwecken sanieren. Einigung. Für die Stadt ergaben sich für kaufszentrum mit Supermarkt, mehre- der Marumstraße nach der Innenstadt Während des Baus der Tiefgarage kam Felke-Center mit Tiefgarage Gesamt- ren Einzelhandelsläden, einer Eisdiele, zu, wo vorher das Parkdeck vorgese- es zu heftigen Auseinandersetzungen kosten von rund 8 Millionen DM, dazu einer Gaststätte, Büros und Wohnun- hen war, für weitere Entwicklungen um ein einzelnes Haus an der Marum- gab es 5,2 Millionen Zuweisungen nach gen. Darunter waren Tiefgarage und offen. Die ursprünglich zum Abriss straße, dessen Besitzerin sich lange dem Städtebauförderungsprogramm. ein Bowling-Restaurant. Dazu muss- vorgesehenen Häuser Franzmann und ten die notwendigen Stellflächen und Heinrich mit recht guter Bausubstanz Kunden-Parkplätze eingerichtet wer- standen zur Disposition. Diese kaufte den. Architekt Scholten hatte dazu ein Bürgermeister Janneck nach erhebli- großes Parkhaus/Parkdeck im Bereich chen Diskussionen um den Kaufpreis östlich der Marumstraße vorgeplant, privat für seine Familie und sanierte Schiel stellt dem eine Tiefgarage ent- diese mit sehr viel Eigenleistung zu gegen, zum Teil unter dem Felke-Cen- wahren Schmuckstücken.

Bau der Tiefgarage

Im Zusammenhang mit den Neubau- hinaus, die im Straßenverlauf markiert ten mussten natürlich auch die Ver- ist. Der Marumpark war nun nach Wes- kehrsflächen neu geordnet werden: Die ten hin, wo vorher noch Gebäude ge- Neugasse, die vorher an der Marumstra- standen hatten, offen und erweitert. ße endete, wurde bis zur Bahnhofstra- Im vorderen Bereich des Marumparks ße durch geführt, über die Stadtmauer zum Bahnhof hin erhielt die Verbands- Haus Janneck 111 112 gemeinde 1996 ein Grundstück zum Schmiede Yasin-Design, von dem das Das Tüpfelchen auf das i der Stadtsa- als Veranstaltungsraum zu nutzen und Neubau des Verwaltungsgebäudes II. Wasser in Rinnen quer über den Stra- nierung war dann die Renovierung des für die Kirchengemeinde nur ein Klotz Dort hatte früher das repräsentative ßenbelag laufen sollte. Alle Straßen im Kaisersaals. Auch dies war vor allem das am Bein. Eine richtige Stadthalle, un- Wohnhaus der Familie Marum gestan- Sanierungsgebiet wurden neu gepflas- Verdienst des kreativen Bürgermeisters ter Bürgermeister Werner Dümmler im den, das nach dem Krieg von der Firma tert. Einige private Haus-Sanierungen Hans-Georg Janneck. Mit der Eigentü- Bereich Ringstraße, auf dem Gelände Marum für Mietwohnungen umgebaut trugen dazu bei, dass hier ein schönes, merin von Kaisersaal und Philippskir- der Druckerei Melsbach – nach einer wurde und Anfang 1976 von der Stadt neues Stadtviertel entstand. Probleme che, der Evangelischen Kirchgemeinde, Umsiedlung des Betriebs ins Indust- angekauft und bis auf den Gewölbe- gab es allerdings mit der Abdichtung wurde ein Kaufvertrag abgeschlossen. riegebiet – oder schließlich zusammen keller abgerissen wurde. An der Stelle der Tiefgarage vom Arkadenhaus her. Für den symbolischen Betrag von einer mit den Kuranlagen zwischen Bahn entstand Pavillon mit Flachdach, in der Regenwasser drang in die Bausubstanz DM wurde die Stadt neue Eigentümerin und Nahe-Ufer angedacht, ließ sich Stadt auch „Hasenkasten“ genannt. Für ein und richtete Schaden an. Die Ausei- und konnte durch sehr großzügige För- nicht realisieren. Der Saal der Hohen den Neubau des Rathauses II wurde ein nandersetzungen darüber endeten mit derung des Landes die Gebäude sanie- Burg konnte nicht mehr genutzt wer- Teil davon abgerissen. Vor dem Café im einem finanziellen Vergleich, lösten die ren und damit die lang ersehnte städti- den, die TV-Halle an der Staudernhei- Eckhaus Marumstraße/Neugasse wur- Probleme jedoch nicht endgültig. Auch sche Begegnungsstätte schaffen. Dabei mer Straße musste für Veranstaltungen de ein „Musikanten-Brunnen“plaziert, der Pflasterbelag über der Tiefgara- war das Konversionsprogramm des mühevoll mit Bodenschutz ausgelegt entworfen von der Merxheimer Kunst- ge hielt den Belastungen nicht stand. Landes besonders hilfreich, sollte doch werden, die Dümmler-Halle ist fast nur damit ein Ausgleich für wirtschaftliche als Sporthalle nutzbar und die Mehr- Verluste beim Abzug der Bundeswehr zweckhalle im Leinenborn recht weit geschaffen werden. Janneck schaffte von der Innenstadt entfernt. Mit der es, hier erhebliche finanzielle Mittel in Renovierung des Kaisersaals, der bei die Stadtsanierung zu lenken. Der alte größeren Veranstaltungen mit der Phil- Kaisersaal war unansehnlich und hatte ippskirche verbunden werden kann, hat viele bauliche Mängel, war nicht mehr Sobernheim nun seine „gute Stube.“

Marumstraße Philippskirche und Kaisersaal 113 114 Damit war die Stadtsanierung in Sanie- Bürgerversammlung die Sobernheimer kräftig, erhielten immer mehr überregi- Bau hatte wiederum Bürgermeister rungsgebieten I und II im Wesentlichen zur Beteiligung eingeschworen worden. onale Anerkennung. Die Stadt präsen- Hans-Georg Janneck geschaffen, der abgeschlossen, bis auf das Umfeld des Im Alleingang, was bei ihm an der Tages- tiert ihre Kuranlagen als dezentral, doch 1995 mit intensiven Verhandlungen Bahnhofs, wo Bebauungspläne aus ordnung war, orderte Hans-Georg Jan- unter dem gemeinsamen Dach der mit den Grundstückseigentümern verschiedenen Gründen scheiterten. neck eine große Anzahl Oleanderstöcke Idee von Pastor Emanuel Felke. Es gab die Flächen bereit stellen konnte. Quasi als „Belohnung“für diese An- und gibt immer wieder Ideen, darüber strengung erhielt die Stadt 1995 den hinaus Kureinrichtungen innerhalb der Für die Stadtsanierung wurde auf An- lange ersehnten Bad-Titel. Dazu war Stadt oder am Stadtrand anzubieten. trag der SPD am 5.Mai 1993 ein elemen- wieder einmal Jannecks Kreativität ge- Die Fassung der „Felke-Quelle“ im Frei- tarer Beschluss im Stadtrat einstimmig fragt. Er hatte auch aus früherer Tätig- zeitpark im Osten der Stadt unter Bür- gefasst: die Gründung der gemein- keit bei der Bezirksregierung Trier gute germeister Dr. Werner Dümmler war nützigen Wohnungsbaugesellschaft Kontakte ins Mainzer Inennministeri- ein solcher Versuch. Allerdings stellte (WBG). Unter Dr. Werner Dümmler war um. Zudem war dort Walter Zuber, der sich nach anfänglicher Euphorie um das die Wirtschaftsförderungsgesellschaft vorher noch Landrat des Kreises Bad Heilwasser heraus, dass die Qualität gegründet worden, ein wichtiges Ins- Kreuznach war, der zuständige Minister auf Dauer nicht höheren Ansprüchen trument vor allem zur Ansiedlung von mit offenem Ohr für die Sobernheimer gerecht werden konnte. Die Quellfas- Industrie und Gewerbe. Das war ge- Wünsche. Als die Kommission zur Bad- sung verursachte deutlich höhere Kos- lungen und so konnte die Gesellschaft Anerkennung am 7.August 1995 die zu je 50 DM, die er in der Stadt zur De- ten als sie von praktischem Nutzen war. aufgelöst und ihr Restvermögen in die Stadt besichtigte, waren vorher in einer koration verteilen ließ. Dafür bekam er Schließlich wurde der Brunnen stillge- WBG überführt werden. Mit Hilfe der den Spitznamen „Oleander-Schorsch“. legt, der dafür errichtete Quellenpavil- WBG konnten außerhalb des regulären Ob mit oder ohne Dekoration – die Stadt lon privatisiert und als Gaststätte ge- Stadthaushalts Wohnungsbauprojekte präsentierte sich von ihrer besten Sei- nutzt. Auch der als eine Art „Kurpark“ längerfristig finanziert und damit ver- te, hatte mit der fast abgeschlossenen gedachte Freizeitpark ist heute eher wirklicht werden. Zuerst waren es die Sanierung auch einiges vorzuweisen eine städtische Freizeitanlage, vor al- Wohnhäuser in der Kreuzstraße, dann und erhielt von der Landesregierung lem in Verbindung mit dem Barfußpfad. die am Saarplatz und schließlich der in Mainz so den Bad-Titel. Seit dem 11. Die Idee einer Kurklinik am Naheufer Komplex der ehemaligen Schuhfab- Dezember 1995 darf die Stadt Sobern- in Verbindung mit großer Stadthalle rik Bernardi, die über die WBG saniert heim den Namenszusatz „Bad“ führen. und zusätzlichen Kureinrichtungen zwi- werden konnten. Nach und nach wur- schen Bahnlinie und Nahe schwamm de auch der Alt-Besitz an städtischen Eine wesentliche Rolle bei der Bad-An- mit den Hochwasser –Ereignissen An- Wohnungen in der Dr. Herrmann-Straße erkennung spielten dabei die drei Kur- fang der 1990er Jahre naheabwärts. und am Johannisplatz in die WBG abge- häuser: Kurhaus Dhonau – jetzt Bollants Doch der bundesweit tätige Kranken- geben und auch hier konnte moderni- im Park, Kurhaus am Maasberg und das haus-Träger Asklepios baute zusam- siert werden. Mit der WBG hat die Stadt Kurhaus Menschel, hinter Meddersheim men mit der Familie Lehnert-Schroth im bisher erfolgreich einen doppelten Nut- gelegen, aber trotzdem (Bad) Sobern- Gelände der „Dreieck“ – früher einmal zen erreicht: die Schaffung von preis- heim immer zugerechnet. Alle drei Kur- die Sobernheimer Rodelbahn – eine günstigen Mietwohnungen und die Sa- häuser haben erhebliche Anstrengun- neue Klinik zur Skoliose-Behandlung, nierung von alten Häusern zum Nutzen gen unternommen um sich aus den von die weit über die Grenzen Deutschlands des Stadtbildes. In späteren Jahren gab der Felke-Kur bestimmten Anfängen angenommen wird. Die Vorausset- es seitens der CDU im Stadtrat Bestre- weiter zu entwickeln und expandierten zungen für den zunächst umstrittenen bungen, die städtischen Wohnungen

115 116 der WBG zur Verbesserung des städti- bau mit einem Mehrfamilienhaus in der rangig war die Aufgabe, den Verkehr beiterwohlfahrt und andere Vereine, schen Haushalts zu verkaufen, doch das Priorhofstraße. Die Stadt übertrug dazu sicherer und flüssiger zu machen. Der aber auch ein Jugendhaus verwirkli- erwies als unwirtschaftlich. Bis heute 1993 ihre Grundstücke dort – einen ehe- Sobernheimer Architekt Paul Scholten chen. Die Villa wurde vorübergehend dient die WBG so ihren guten Zwecken. maligen Spielplatz, der aber herunter- legte eine Planskizze vor, wonach die zu Wohnzwecken vermietet. Doch 1992 Die Evangelische Kirchengemeinde gekommen war und nicht mehr von Staudernheimer Straße vor der Villa änderten die GRÜNEN ihre Meinung hatte Verkaufserlöse aus der Umsied- Kindern angenommen wurde, an die Zens Richtung Steinhardter Straße ge- und lehnten den Plan jetzt ab. Die Vil- lungsaktion Pferdsfeld anzulegen und Kirchengemeinde, stieg aber dann aus führt werden sollte. Dadurch wäre aus la Zens wurde 1996 an die Kinderärzte gründete zusammen mit der Stadt eine der Gesellschaft aus, weil es für sie nicht dem Fünfer-Knoten ein Vierer-Knoten Rainer Lauf und Guido Hein veräußert, eigene Wohnungsbaugesellschaft zu sinnvoll war, zwei Gesellschaften mit geworden. Die Steinhardter Straße die dort ihre Praxis Villa Kinderbunt ein- Realisierung von Sozialem Wohnungs- gleichem Zweck parallel zu betreiben. zwischen altem Schulgebäude und Vil- richteten. Der Verkehrsknoten wurde la Zens könnte stillgelegt werden und durch einen Kreisel entschärft, der Ver- die beiden markanten Gebäude zu ei- kehr aus der Großstraße heraus über nem städtischem Kultur- und Bildungs- die Ringstraße zur Steinhardter Straße zentrum vereinigt werden. Diesen Plan geleitet. Die Bad Sobernheimer Win- machten sich SPD und GRÜNE zu Eigen zer pflanzten im Kreisel Weinreben und gegen den erbitterten Widerstand des machen so dekorativ auf sich aufmerk- Bürgerblocks. In einer Kampfabstim- sam. Später wurde das alteingeses- mung gab es schließlich eine knappe sene Hotel Hammer von Stefan Kluss- Mehrheit für den Scholten-Plan. Die meier gekauft und nach Plänen des Stadt kaufte mit Bundesmitteln aus Sobernheimers Jürgen Faber zu einem dem Umsiedlungstopf die Villa Zens, modernen Geschäftshaus umgebaut. wollte dort Volksbildungswerk, Ar-

Mehrfamilienhaus Priorhofstraße 1986 kam es im Verlauf der Planungen Stadt: Bahnhofstraße, Großstraße, von Ersatzmaßnahmen zur aufgegebe- Ringstraße, Steinhardter Straße und nen Nordanbindung des Entwicklungs- Staudernheimer Straße. Dazu kam star- gebiets Leinenborn zu Überlegungen, ker Fußgängerverkehr, vor allem im wie man den Verkehrsknotenpunkt Zusammenhang mit den Schulen. Aus Untertor besser gestalten könnte. Hier Rest-Erschließungsmitteln der Umsied- Kreuzung Untertor früher trafen sich fünf wichtige Straßen der lung war noch Geld vorhanden. Vor-

117 118 men für Familienhilfe und Wohnungen Pflichten hinaus beim Bau und bei der zum Betreutem Wohnen von Jugendli- Einrichtung des vom Sobernheimer chen, auch jugendlichen Migranten. Zu- Architekten 1991 geplanten Kindergar- erst allerdings wurde im Obergeschoss tens. Der Bürgermeister, handwerklich der Städtische Übergangs-Kindergarten sehr geschickt, legte oft selbst Hand an. bis zur Fertigstellung des Neubaus ein- Besonders die bemerkenswerte Innen- gerichtet, jetzt schon unter der Leitung einrichtung durch ein Schreinerteam lag von Jannecks Ehefrau Renate. Renate Jannecks am Herzen; es wurde ein Vor- und Hans-Georg Janneck engagier- zeige-Kindergarten, wie vieles Andere ten sich persönlich und weit über ihre in der Stadt aber nicht unumstritten.

Kreisel Untertor

1989 beschloss der Stadtrat den Verkauf der Königsberger Straße, in der Ziegelei des „Deutschen Hauses“ in der unte- und nördlich vom Friedhof angeboten. ren Großstraße an einen Privatmann, Doch der Bund entschied sich für bis da- der es zu einem Wohn- und Geschäfts- hin leer stehende Gebäude in Simmer- haus umbaute. Die Arbeiterwohlfahrt, tal. Nach dem Abzug der Bundeswehr die bisher ihr Domizil in dem ehemali- 1997 wurde die STOV dann aufgelöst. gen Gasthaus hatte, zog in die ehema- Noch unklar war beim Ankauf des Kom- lige Grundschule an die Steinhardter plexes Bernardi, was mit den ehemali- Straße um. Diese war zum städtischen gen Fabrikgebäuden geschehen sollte, Mehrzweckgebäude geworden. Durch die zum großen Teil sanierungsbedürf- zwischenzeitlich wieder gestiegene tig waren. Unter anderem war auch die Kinderzahlen ergab sich ein zusätzli- Nutzung durch die Verbandsgemeinde cher Bedarf an Kindergartenplätzen. im Gespräch, doch diese entschied sich Haus Bernardi Die Stadt kaufte 1989 die ehemalige für den Neubau an der Bahnhofstra- Schuhfabrik Bernardi an der unteren ße. Bürgermeister Hans-Georg Jan- Im hinteren ehemaligen Fabrikgebäude geschaffen, nach dem Umzug der AW Großstraße um im hinteren Bereich des neck nutzte seine Verbindungen zum wurde das städtische Jugendhaus ein- in der alten Schule und jetzt im Kom- Grundstücks den Städtischen Kinder- Internationalen Bund e.V. (IB), einem gerichtet. Die Jugendlichen der Stadt plex Bernardi. Damit verbunden war garten neu zu bauen. In der Schuhfabrik freier Träger der Jugend-, Sozial- und unter Führung von Marcus Emrich die hauptamtliche Betreuung des Ju- war lange Zeit die Standortverwaltung Bildungsarbeit in Frankfurt und ver- hatten den Stadtpolitikern ordentlich gendhauses durch Mitarbeiter des IB. (STOV), bis diese nach um- mittelte die Einrichtung des Standortes Druck gemacht und Jugendräume ge- Im Keller des Jugendhauses mit neu ge- zog. Vorher hatte die Stadt dem Bund Sobernheim als Außenstelle von Bad fordert. Diese wurde zuerst im „Deut- schaffenem Zugang von hinten richtete dazu vergeblich mehrere Gundstücke in Kreuznach mit Büros und Gruppenräu- schen Haus“ bei der AW provisorisch die Stadt einen Probenraum für Jugend- 119 120 Bands ein, nach deren vorher genutz- für Arbeitslose, besonders für Jugend- Werner Dümmler, hier – sozusagen als DSK erwarb dann aus der Konkursmas- te Kellerräume in der alten Schule zu liche organisierte. Nach einem Brand bescheidener Ersatz für das ehemalige se der Baufirma Heimer an der Königs- feucht und damit auf Dauer ungeeignet in den Toiletten, der auch die anderen Krankenhaus – Fachärzte konzentriert berger Straße/Ringstraße deren Gelän- waren. Wortführer der Jugendbands Räume in Mitleidenschaft zog, musste anzusiedeln, nicht nur für die Stadt, de mit finanzieller Hilfe der Stadt und war die Gruppe „Dirty Daisy“ mit ih- der CJD ausziehen. In den nächsten Jah- sondern auch für das Umland. Dies ge- versprach, dort ein modernes, großes rem Sprecher Dieter Winter, genannt ren wurden die Hintergebäude mit viel lang im Lauf der Zeit, wenn auch im- Alte- und Pflegeheim zu errichten. Nach „Treets“. Über dem Jugendhaus waren Eigenleistung des städtischen Bauhofs mer wieder mit schwierigen Zwischen- langem Hin und Her und wechselnden zeitweise Buros für den CJD (Christli- renoviert und für verschiedene Zwecke stationen und heute sind hier Chirurg, Zuständigkeiten wurde dies schließlich ches Jugenddorf Wolfstein) eingerich- genutzt. 2014 wurde ein Erweiterungs- Internist, Augenarzt, Kieferorthopädin realisiert als „Seniorenresidenz Bad tet, ebenfalls ein freier Träger der Ju- bau für den Städtischen Kindergarten in und Frauenarzt zusammen mit einer Sobernheim“ mit Pflegezimmern und gend-, Sozial- und Bildungsarbeit , der moderner Bauweise angefügt. Krankengymnastik-Praxis tätig. Die Betreutem Wohnen im Alter. von hier aus Beschäftigungsprogramme

Ärztehaus Eine andere innerstädtische „Baustelle“ Seniorenförderung und Krankenhilfe in mehrfachem Sinn war das ehemalige e.V. Worms (DSK) Krankenhaus. Als es aufgegeben wer- zum Umbau in ein Alten- und Pflege- den musste, wurde es zusammen mit heim verkauft. Die Stadt baute da- dem ehemaligen katholischen Kinder- neben das Ärztehaus mit dem weit- garten gegenüber 1982 an die Deutsche sichtigen Ziel von Bürgermeister Dr. Seniorenresidenz 121 122 Die Sanierung des Priorhofs unter Bür- häuschen“ liebevoll hergerichtet und Anlage, immer wieder ein Ärgernis für legt worden. Einige Zeit gab es das In- germeister Dr.Werner Dümmler war ist ebenfalls Zeugnis der Sobernheimer diejenigen, die Richtung Nahe wollten, teresse von Investoren an einer Bebau- zwar eine kostspielige und aufwendi- Historie. aber auch eine willkommene Ausrede ung des Bahnhofsvorplatzes mit einem ge Maßnahme, doch ist das darin be- für verspätete Schüler aus dem Süden Geschäfts- und Bürogebäude. Auch herbergte Heimatmuseum eine ganz Bürgermeister Hans-Georg Janneck, oh- der Stadt. Am Bahnhof selbst bestand der Bahnhofskiosk, immer noch wie wichtige Stätte für die Bewahrung der nehin an Historischen sehr interessiert, erheblicher Veränderungsbedarf, zumal früher der „Pilz“ genannt, sollte integ- Stadtgeschichte. Es wird gerade re- ließ in seiner Amtszeit über Arbeits- die Deutsche Bundesbahn ab 1994 nicht riert werden, doch das Projekt scheiter- noviert und neu geordnet. Ein kleines beschaffungsmaßnahmen an mehre- mehr Staatsunternehmen war sondern te an unterschiedlichen Interessen der altes Häuschen in der Wilhelmstraße ren Stellen die alte Stadtmauer wieder als Aktiengesellschaft in mehrere selb- Beteiligten. wurde dank der fleißigen Initiative en- sichtbar machen und aufmauern, so ständige Gesellschaften aufgespalten gagierter Bürger mit finanzieller Hilfe dass man deren Verlauf jetzt wieder war. Das Bahnhofsgebäude mit der der Bürkle-Stiftung zum „Pförtner- recht gut verfolgen kann. Bahnhofswirtschaft wurde an eine Im- mobilienfirma verkauft und später als Pizzeria und Eisdiele genutzt, der Bahn- hofsvorplatz von der Stadt angekauft, ebenso die früheren Güterbahngebäu- de, in denen zuletzt der Landhandel der Firma Fiscus (jetzt Raiffeisen im In- dustriegebiet) eingerichtet war. Es gab nun keinen von Menschen besetzten Schalter mehr, an dem man Fahrkarten kaufen oder Gepäck aufgeben konnte, dafür einen Fahrkartenautomaten vor dem Bahnsteig. Die Bahnsteige wurden ab 1997 mit erheblichem Aufwand mo- dernisiert. Musste man vorher noch die Gleise überqueren um an den zweiten Bahnsteig zu kommen und recht müh- sam in den Zug hoch klettern, so wurde nun eine Unterführung gebaut bis hi- Seitdem gibt es immer wieder Ideen, nüber in die Dammstraße. Zuerst eine wie der Bahnhofsvorplatz neu gestaltet Pförtnerhäuschen Zeitlang umstritten, wurde dann doch werden könnte. Nach langen Verhand- Bürgermeister Hans-Georg Janneck, oh- Der Sobernheimer Bahnhof war nach ein Fahrstuhl eingebaut um die Barrie- lungen kaufte die Stadt weitere Flächen nehin an Historischen sehr interessiert, seinem Wiederauf nach dem Krieg lan- refreiheit zu gewährleisten. Die Bahn- westlich des Bahnhofs an und legte hier ließ in seiner Amtszeit über Arbeits- ge Zeit nicht mehr verändert worden, steige waren nun erhöht und deutlich 2012 einen Park-and-Ride-Parkplatz an, beschaffungsmaßnahmen an mehre- auch nicht der Bahnhofsvorplatz. Die kundenfreundlicher; Bad Sobernheim der gut angenommen wird. ren Stellen die alte Stadtmauer wieder erste große Baumaßnahme im Bezug hatte lange Zeit die modernsten Bahn- sichtbar machen und aufmauern, so auf die Bahnstrecke war danach die steige an der Nahestrecke. Auf dem An der Kreuzung Monzinger Straße/ dass man deren Verlauf jetzt wieder Bahnunterführung der Felkestraße ab Bahnhofsvorplatz waren schon vorher Eckweilerstraße/Kuhweg war früher recht gut verfolgen kann. 1981. Hier war vorher eine Schranken- Busspuren mit Bus-Bahnsteigen ange- der Landwarenhandel Kessel mit einer

123 124 Tankstelle. Diese wurde aufgegeben baut werden, wogegen sich einige An- lichen Gefährdung durch Hochwasser. Einige der Häuser dort wurden nach und das Deutsche Rote Kreuz richtete lieger wegen der damit verbunden Kos- Schließlich entschied 2006 eine knap- und nach unter schwierigen Bedingun- dort seine erste Rettungsstelle ein, zog ten lange Zeit wehrten. Erst als 1980 im pe Mehrheit des Stadtrates, das Gebiet gen fertig gestellt, manche Projekte später in den Neubau in der Ziegelei Zuge der Entwicklungsmaßnahme Lei- nicht zu erschließen. Die Firma SoBau der SoBau harren allerdings noch einer um. Die Gebäude wurden noch einige nenborn zusätzliche Bundesmittel zur der Familien Schiel und Fuchs, die mit Lösung. Auch das neue Feuerwehrhaus Zeit bewohnt, 1986 abgerissen und der Erschließung bereit gestellt wurden, Erfolg das Arkadenhaus im Sanierungs- mit zehn Wohneinheiten, von der Ver- frei gewordene Platz als kleiner Park konnte die Straße geplant und – mit gebiet realisiert hatte, schlug 1997 vor, bandsgemeinde unter Bürgermeister angelegt. Der alte Gewölbekeller blieb einigen Sonderregelungen zugunsten südlich der Monzinger Straße ein klei- Rolf Kehl mit der SoBau recht großzügig erhalten. Mehrmals gab es Ideen, den der Anlieger – auch als so bezeichnete neres Baugebiet „Am Nußbaum“ zu angegangen, geriet durch den Konkurs freien Platz zu bebauen, auch mit ei- zusätzliche Leinenborn-Anbindung ge- erschließen und zu vermarkten. Doch ins Stocken, war lange Zeit eine halb- nem Hotel, doch alle Pläne zerschlugen baut werden. offensichtlich hatte sich die SoBau da- fertige Bauruine und ist jetzt mit neuen sich. Der Kreuzungsbereich wurde nach mit übernommen und musste während Eigentümern fertig, wenn auch mit er- mehreren schweren Unfällen an dieser Die ehemalige Ziegelei Pfeiffer im Nor- der Bautätigkeiten Konkurs anmelden. heblichen Verlusten. Stelle nach einer Idee von SPD-Stadtrat den der Stadt sollte Baugebiet werden. Uli Grübel mit einem „Mini-Kreisel“ ent- Die Stadt schloss mit der BauGrund schärft, der trotz aller vorher geäußer- 1981 einen Treuhand-Vertrag zur Er- Als 2007 die älteste Sobernheimer Fir- Vorstellungen, was aus der großen Flä- ter Bedenken seither einwandfrei funk- schließung und Abwicklung ab. Nach- ma, die Druckerei Melsbach, Konkurs che mitten in der Stadt einmal werden tioniert. Auch an Kreuzung Monzinger dem die ehemaligen Ziegeleigebäu- anmelden musste, gab es verschiedene könnte. Straße/Westtangente wurde 2006 ein de abgerissen und auch der markante großer Kreisel eingerichtet, ebenso an Schornstein gesprengt war, hatte sich der Kreuzung Westtangente/Indust- dort allmählich ein Biotop entwickelt, riestraße, beide mit finanzieller Unter- in dessen Wasserlöchern sich Molche stützung vor allem der Firmen Hay und und Kröten tummelten. Zuerst wurde Polymer, die hier auch Anlieger-Inter- der vordere Bereich erschlossen, wo- essen haben. bei sich herausstellte, dass auf einer Teilfläche nach der Eckweiler Stra- Auch außerhalb des Stadtkerns wur- ße hin früher einmal Müll abgelagert de fleißig geplant und auch gebaut. worden war. Nach einem Bodengut- Dr. Werner Dümmler hatte das Ziel, die achten wurde eine Teilfläche von der gesamte Stadtfläche durch Bebauungs- Bebauung ausgenommen. Nachdem pläne abzusichern um auf diese Weise das Baugebiet zuerst nur zögernd an- verbindliche Regelungen einzuführen genommen wurde, gab es dann eine und das wilde Bauen möglichst zu ver- große Nachfrage und auch der zweite hindern. Auch der Leinenborner Weg, Teil des Baugebiets „Am Rößler Pfad“ der zuerst nur am Anfang bis zum Haus war bald vollständig bebaut. Dage- der früheren Bürgermeister Imig aus- gen war das Gebiet in „Stumbs Rech“ Disibodenberger Kapelle und Haus Melsbach in alten Zeiten gebaut war und danach nur als besse- südlich der Bahnlinie als mögliches rer Feldweg weiter ging, trotzdem aber Baugebiet heftig umstritten. Die An- schon wegen der guten Lage weiter lieger wehrten sich heftig dagegen, bebaut war, musste dringend ausge- argumentierten auch mit einer mög-

125 126 Einkaufszentrum

Auch ist die Sicht auf die Matthiaskirche wird zurzeit als „Brauhaus“ umgebaut. von Osten her jetzt frei. Die alte Disibo- Die ehemalige Post gegenüber soll zu denberger Kapelle, lange Zeit im Dorn- einer Drogerie werden. Auch hier wur- röschenschlaf als Lager der Druckerei de zum besseren Verkehrsfluss ein verborgen, ist jetzt frei gestellt und Kreisel angelegt.

Gelände Melsbach früher

Schließlich setzte sich die Idee der In- und auch das Umfeld in die Neugestal- vestoren Scheider und Milferstedt tung mit einbezogen. Die großzügige durch, dort ein Einkaufszentrum zu Lösung hat sich als Glücksfall für die platzieren. Dazu wurde das Sanierungs- Stadt erwiesen, bringen doch die ange- gebiet um die Fläche erweitert, die al- siedelten Geschäfte neues Leben in die ten Fabrikgebäude wurden abgerissen Innenstadt. Disibodenberger Kapelle vor dem Umbau

127 128 Luftbild 2014

Schließlich setzte sich die Idee der In- auf diesen Weg gemacht. Schwerpunk- vestoren Scheider und Milferstedt te der neuen Stadtsanierung sollen das durch, dort ein Einkaufszentrum zu alte Oberviertel, der Bereich Gymnasi- platzieren. Dazu wurde das Sanierungs- alstraße mit den historischen Gebäu- gebiet um die Fläche erweitert, die al- den Malteserkapelle, Synagoge und ten Fabrikgebäude wurden abgerissen Amtsgericht sowie die untere Großstra- und auch das Umfeld in die Neugestal- ße sein. Es ist zu hoffen, dass in diesen tung mit einbezogen. Die großzügige Bereichen in den nächsten Jahren durch Lösung hat sich als Glücksfall für die öffentliche und private Maßnahmen die Stadt erwiesen, bringen doch die ange- Stadtentwicklung weiter voran gehen siedelten Geschäfte neues Leben in die wird. Innenstadt. 2011 begann die Diskussion um die Auf- Werner Bohn nahme in das Sanierungsprogramm „Aktives Stadtzentrum“ mit Bürger- Workshops und Informationsveranstal- tungen. Inzwischen hat sich der Stadt- rat mit Bürgermeister Michael Greiner

129 130 Stadtentwicklung » Bevölkerungsentwicklung Stadtentwicklung » steinhardt

1815 1835 1871 1905 1939 1950 1961 1970 1987 2011

2.914 3.739 3.559 4.364 5.364 6.358 6.600 7.969 6.517 6.458 Die Geschichte von Steinhardt in der Nähe, Boos und Oberstreit, ur- sprünglich durch einen Bach geteilt, Im Tertiär war bei Steinhardt die Küste später zusammenwuchsen, blieben eines Meeres. In bariumchlorathaltigem die beiden Steinhardter Höfe zwischen Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Bad Ems Wasser entstanden Versteinerungen - Sobernheim und Waldböckelheim durch die „Steinhardter Erbsen“. die Straße, die Gemarkungsgrenze war, geteilt. Um 1000 gab es die Höfe wahr- Die Siedlung Steinhardt entstand wohl scheinlich im Besitz der Erzbistums an der Pass-Stelle der ehemaligen Rö- Mainz und wurden vom Disibodenberg, merstraße und einer Straße von Stau- später von der Burg Waldböckelheim Auffällig ist der Rückgang der Einwoh- ebenso extremem Rückgang. Das war dernheim Richtung Sponheim. Hier war bzw. Sponheim aus verwaltet. Eine nerzahlen in der zweiten Hälfte des die Bundeswehr. Durch die vielen Sol- wahrscheinlich schon in der Römerzeit Schenkung von „Steinhardter Wald“ 19.Jahrhunderts, vermutlich zurückzu- datenfamilien wuchs die Garnisons- ein Gutshof, dessen Friedhof in der durch den Mainzer Erzbischof Marcholf führen auf Abwanderung wegen wirt- stadt und man spekulierte schon mit Nähe der Sandgrube lag. Römische wird 1041 urkundlich festgehalten. Der schaftlicher Not. Erst die Anbindung an der 10.000er-Marke – dann wurde der Steinsärge aus Steinhardt befinden sich westliche Hof gehörte zu Sobernheim, die Bahnlinie und der darauf folgende Flugplatz geschlossen und viele Bun- im Bad Kreuznacher Heimatmuseum. der östliche zum Wilhelmitenkloster Aufschwung mit der Gründung der ers- deswehr-Familien verließen die Stadt. Marienpforter Hof. Cratz vor Scharfen- ten Industriebetriebe, einhergehend Seitdem geht die Einwohnerzahl lang- Nach der Wiederbesiedlung in der Fran- stein aus Sobernheim hatte lange Zeit mit längerer Lebenserwartung, ließ die sam, aber stetig abwärts, dies eine kenzeit um 500 entstanden die Stein- hier Besitzrechte. Das wirkte sich auf Einwohnerzahlen steigen. Folge der demographischen Entwick- hardter Höfe auf dem Gelände des ehe- die Gerichtsbarkeit aus. Für den West- Die zweite Auffälligkeit ist die extreme lung, weil immer weniger Kinder gebo- maligen römischen Gutshofs. Während teil war Sobernheim zuständig, für den Zunahme um 1970, gefolgt von einem ren werden. die anderen beiden Grenzsiedlungen Ostteil Waldböckelheim. Beide Höfe

131 132 gehörten zum kurpfälzischen Unteramt und Hirtenhaus, ein Schafstall für 300 Maurer baute dann das Schäferhäus- mäßig nur die Hälfte bezahlen, was der Böckelheim, Sitz Sobernheim im Ober- Hämmel, ein Pflanz- und Küchengarten, chen aus und siedelte sich links vom Sobernheimer Stadtrat immer ablehn- amt Kreuznach. 1583 wird der Bürger 210 Morgen ackerland und 21 Morgen Hof an. Um 1835 wurden nach der Zer- te. Selbst nach einer Entscheidung des Hans Schirmer zu Creutznach als Päch- wiesen, außerdem eine Schäferei mit schlagung des Marienpforter Hofes die Bezirksausschusses Anfang der 1920er ter des Steinhardter Hofes genannt, 200 Hämmeln. Das jetzt noch stehen- dazu gehörigen Felder verfügbar und Jahre bei der Planung zur Wasserlei- ihm folgte 1605 Jörge Sachs, Vater oder de Wohnhaus wurde von Familie Simon die Kinder der ansässigen Familien kön- tung, dass jede Gemeinde die Hälfte zu Großvater von Martina Sachs, die ge- Maurer errichtet. Die Familie Maurer nen sich eigene Anwesen schaffen, die zahlen habe, gab es keine Fortschritte. gen Ende des 30jährigen Krieges den war im 18.Jahrhundert lange Zeit die entlang der neu angelegten Landstraße 1922 gab es einen Antrag auf Einge- Schultheiß Hans Wilhelm Sponheimer einzige in Steinhardt ansässige Fami- gebaut wurden. Der heutige Marien- meindung nach Waldböckelheim, weil von Boos heiratete – direkter Vorfahre lie. ( Johann Maurer * 1708 + 1729 oo pforter Hof blieb als Rest des ehemali- von Sobernheim immer alles abgelehnt der Steinhardter Familien Bamberger, Maria Angela Cando * 1702 + 1762 aus gen Klostergutes. werde. Auf der Wahlliste standen zu Kersch und Maurer. Nach der Verwüs- Talböckelheim) Simon Maurer war wohl dieser Zeit 45 Namen, das waren die tung des 30jährigen Krieges begann die ein Enkel des früheren Pächters Wilt- Johann Thres kaufte 1809 ein Viertel Wahlberechtigten, Männer und Frauen Geschichte des Steinhardter Hofes wie- berger und bewirtschaftete auch die des Hofes von den Erben Maurer und ab 21 Jahre. 1925 wurde ein Ortsbezirk der 1652, als Ludwig Philipp, der Bru- Ziegelhütte, die 1778 an Dahn verkauft Johann Schirmer, ein Schwiegersohn Steinhardt gebildet, 1930 stimmte der der des Winterkönigs und jüngste Sohn wurde. Dahn wollte bei der Ziegelhütte von Maurer, ein Achtel. Michel heirate- Sobernheimer Stadtrat für die voll- von Friedrich IV für seinen „gewesenen ein Hofhaus errichten, was zuerst von te 1804 in die Familie Bamberger. Carl ständige Eingemeindung Steinhardt Captain“ Mattheis von Byfort als Päch- der Stadt Sobernheim abgelehnt wur- Schmidt erwarb 1818 von den Erben einschließlich dem Marienpforter Hof. ter einsetzt. Byfort verließ den Hof, ihm de, weil man von dort aus befürchtete, Womrath die Hälfte des Hofes. Damit 1932 gab es einen neuen Antrag auf folgte Valentin Wiltberger. Mehrfach hier würde sich Lumpengesindel an- waren Steinhardter Hof und Ziegelhütte Eingemeindung nach Sobernheim, weil wechselten Besitzer und Pächter. 1704 siedeln. Nach dem Verkauf der Ziegel- im Besitz der 5 Familien Thres, Schir- Waldböckelheim den Steinhardtern die wurde durch Franzosen der Steinhard- hütte durch die Erben Dahn an Philipp mer, Bamberger, Schmidt und Michel – Jagd untersagt hatte. 1955 beantragten ter Hof (links der Straße) niederge- Bamberger aus Mandel wurde die Wirt- den Steinhardter Gründerfamilien. die Steinhardter wieder einmal die Ei- brannt und der Hofbauer Christophel schaft mit Saal errichtet. genständigkeit. Die Gründe für die je- Leisch in Gefangenschaft verschleppt, Die Gemarkungsgrenze zwischen weiligen Anträge lagen anscheinend weil er sich angeblich geweigert hat- Die Entstehung des eigentlichen Dorfes Waldböckelheim und Sobernheim – immer im Gefühl der Steinhardter, von te, die Contributionen (Steuern) an die Steinhardt ist für die Mitte des 19.Jahr- Oberstreiter und Bockenauer Straße einer der beiden Gemeinden ungerecht Franzosen zu zahlen. Als dann aber be- hunderts anzunehmen. Außer dem – war immer hinderlich. Mehrfach gab behandelt worden zu sein. Dabei gab es wiesen wurde, dass er dazu überhaupt Hofhaus (auf Waldböckelheimer Seite?) es Versuche, diese Grenze abzuschaf- im Dorf selbst auch immer unterschied- nicht verpflichtet war, wurde ihm eine gab es auf der Sobernheimer Seite die fen, entweder durch eindeutige Zuord- liche Interessen, je nach persönlicher Entschädigung zu gestanden. Nach Cratzsche Ziegelhütte ( in der Ober- nung zu einer der beiden Gemeinden, Betroffenheit. Leisch wird Grossart vom Disboden- streiter Lach?) mit Wirtschaft und Saal, teilweise auch durch Versuche, eine berger Hof der Hofbauer, danach Carl die 1797 mit dem zugehörigen Land eigene Gemeinde zu bilden. Wenn im Ein besonderes Problem lag auch in Friedrich Fuchs aus Monzingen. 1792 von Philipp Bamberger aus Mandel er- geteilten Dorf eine Investition anstand, der unterschiedlichen Zugehörigkeit zu wird der Steinhardter Hof – rechts der worben wurde. Anfang des 19.Jahrhun- Straßenbau, Wassersleitung oder Kana- Schulbezirken. Während die Kinder der Straße – so beschrieben: Ein aus Stei- derts entstanden gegenüber vom alten lisation, stritten sich Waldböckelheim Waldböckelheimer Seite bei Wind und nen erbautes Hofhaus, zwei Scheunen, Steinhardter Hof das Anwesen Kaul und und Sobernheim um die Bezahlung. Wetter täglich zwei Stunden durch den ein Kelterhaus, ein Holzschuppen, Stal- das von Schirmer rechts neben dem Zwei Drittel lagen auf Waldböckelhei- Kieswald nach Waldböckelheim laufen lung für 40 Stück Rindvieh und ebenso- Hof. 1819 kaufte Carl Schmidt aus Abt- mer Seite, ein Drittel auf Sobernheimer. mussten, gab es für die Sobernheimer viel Schweine, ein besonderes Schäfer- weiler den Hofteil der Erben Womrath. Waldböckelheim wollte jedoch regel- Seite den ebenso beschwerlichen Weg

133 134 über den Domberg in die Stadt und zu- das Thema. Bisher war niemand bereit, Erfolg beim SWR rück. 1906 wollten die Steinhardter eine ein Grundstück dafür zu geben. Doch eigene Schule. Es gab eine Bürgerver- dieses Mal ging es doch: Am 10.Januar sammlung mit Landrat von Nasse. Ein beschloss der Haupt- und Finanzaus- kostenloses Grundstück wurde angebo- schuss der Stadt schon den Ankauf der ten, 2000 Mark waren gesammelt. Aus entsprechenden Flächen von den Fami- Kostengründen wurde jedoch die Schu- lien Thres, Martin und Bamberger. Das le abgelehnt. Die Geistlichen waren oh- zuerst nur angemietete Sängerheim in nehin gegen eine Simultanschule. Vier der Kreuznacher Straße wurde später Bürger bildeten eine „Schulkommissi- von der Stadt angekauft und ab 1991 on“ und forderten am 4.12.1921 für 42 mit viel Eigenleistung erweitert und schulpflichtige Kinder, auch vom Mari- renoviert. Dazu kam der Festplatz, an enpforter Hof, wieder die eigene Simul- den sich ein Bolzplatz zum Friedhof hin tanschule in Steinhardt. Doch sowohl anschließt. Die in Holzbauweise errich- Waldböckelheim als auch Sobernheim tete Festhalle mit Glockentürmchen hat lehnten den Antrag ab – die hohen Kos- seitdem viele Feste erlebt, Vereinsfei- ten einer eigenen Steinhardter Schule ern, Familienfeiern und Dorffeste. Die schreckten wieder ab. Glocke wurde regelmäßig vom Stein- hardter Glöckner Gerd Klippel geläu- Wenn auch die eigene Schule nie ge- tet.Ein besonderes Ereignis war ….. die baut wurde, so bekamen die Steinhard- Live-Sendung des SWR aus Steinhardt ter doch 1918 einen eigenen Friedhof. mit der Verleihung des Titels „SWR-Ge- Nun mussten die Toten nicht mehr nach meinde“, bei der die Steinhardter Dorf- Waldböckelheim oder Sobernheim ge- gemeinschaft mit dem Musical „König bracht werden. Dies führte zur Grün- der Löwen“ unter der Leitung von Sabi- dung des Chors „Edelweiß Steinhardt.“ ne Schossig-Rövenich brillierten. Chor „Edelweiß“ Zuerst waren es nur Frauen und Mäd- chen, die zur Beerdigung sangen, dann Als die wahlberechtigten Steinhardter kamen 1921 auch die Männer und Bur- dann am 24.11.1968 abstimmten, ent- schen dazu. Die Zugehörigkeit zu einer schied sich eine deutliche Mehrheit mit Religion spielte dabei keine Rolle – eine 95 zu 25 Stimmen für Sobernheim. Le- frühe Form der praktischen Ökumene. diglich der Marienpforter Hof kam zu 1926 wurde der Verein offiziell gegrün- Waldböckelheim. Diese Regelung trat det und hatte sein Domizil im Sänger- am 27.12.1968 in Kraft. Es gab danach heim, das von der Familie … angemie- immer wieder Versuche, einen eigenen tet und in Eigenleistung hergerichtet Stadtteil oder Ortsbezirk mit gewähl- worden war. Hier fanden auch die Bür- ter Vertretung zu bilden. Dies scheiter- gerversammlungen statt. In der Ver- te regelmäßig an der Uneinigkeit der sammlung am 26.11.1990 waren wie- Steinhardter selbst und an der Frage der Festplatz und Bus-Wartehäuschen der dann festzulegenden Gemarkungs-

135 136 grenzen. Am 12.2.1980 wurde im Stadt- wesentlich entlastet, andererseits rat bei der Beratung der Hauptsatzung auch etwas abgeschnitten. Bäcker und ein Ortsbeirat Steinhardt mit 10:9 nur Winzer klagten darüber, dass die Ge- knapp abgelehnt, am 22.9.1983 wieder. schäfte rückgängig seien. Im Novem- Schließlich entschied der Sobernheimer ber 1988 wurde die Umgehung Stein- Stadtrat, dass mindestens zweimal im hardt für den Verkehr frei gegeben. Der Jahr eine Bürgerversammlung in Stein- vorgeschlagene Rückbau der alten B hardt durchgeführt werden sollte, in 41, jetzt Kreuznacher Straße, zu einer der alle Steinhardter zu Wort kommen Dorfstraße, der als Planung schon vor- sollten. Ein stärkerer Zusammenhalt der lag, wurde in dieser Form nie durchge- Dorfgemeinschaft wurde erst erreicht, führt, auch um etwaige Anliegerkosten als die Steinbruchpläne aktuell wurden. zu vermeiden. Einzige Maßnahme ist Durch den Druck von außen bildete bis heute eine Straßenverengung an sich die „Dorfgemeinschaft Steinhardt“, der Kreuzung. die sich als Bürgerinitiative gegen den Steinbruch wehrt, aber auch – auch un- Durch die historische Entwicklung war Protest gegen Baumfäller im Gelände „Marta“ ter tatkräftiger Hilfe von neuen Stein- die Gemarkungsgrenze zu Waldbö- Oberstreit ein Industrie- und Gewer- erst hatten sie den Hügel nördlich von hardtern aus dem Neubaugebiet – eini- ckelheim unmittelbar hinter den Haus- begebiet auszuweisen, um hier neue Waldböckelheim im Blick, doch nach ge kulturelle Glanzlichter organisierte, grundstücken nach Osten hin. Das be- Arbeitsplätze zu schaffen. Ab 1992 Protesten aus der Verbandsgemeinde von der Südwestrundfunk-Gemeinde hinderte die weitere Entwicklung der wurde darum heftig gestritten. Auch Rüdesheim legten sie sich auf Areal über das Musical bis hin zu alljährlichen Siedlung. Erst bei der Ausweisung des Oberstreit und Waldböckelheim waren nordwestlich von Waldböckelheim fest, Martinszügen u.v.a.m. Wesentlicher Neubaugebietes „Im Flur“ 1983 und betroffen und beteiligten sich an den das unmittelbar an die Bad Sobernhei- Kristallisationspunkt der Steinhardter danach „Am Johannisberg“ ab 1993 Diskussionen. Insbesondere die Land- mer / Steinhardter Gemarkung grenzte ist dabei von Anfang an der Gemischte wurde 1994 ein Gemarkungstausch wirte befürchteten den Verlust von und von Waldböckelheim selbst deut- Chor Edelweiß. mit Waldböckelheim durchgeführt. Bad Ackerflächen, außerdem befürchte- lich entfernt war. Die Waldböckelhei- Sobernheim erhielt die Fläche des Bau- te man Lärm- und Schutzemissionen. mer sahen den finanziellen Gewinn Als 1896 die Kleinbahn Winterburg – Bad gebiets, Waldböckelheim im Ausgleich Von Seiten der Kreisverwaltung gab es durch den Steinbruch und verpachteten Kreuznach in Betrieb genommen wur- ein Waldgrundstück. Das Neubaugebiet ebenfalls Widerstände. Schließlich wur- (später verkauften) das Gelände an die de, musste die Postverbindung Sobern- „Im Flur“ wurde 1985 vermessen und de das Vorhaben eingestellt. Firma Faber. heim-Bockenau durch den Faulenpuhl dann zügig bebaut. Steinhardt erhielt aufgegeben werden. Eine neue Buslinie nun viele Neubürger, durchweg junge Ab 2002 drohte den Steinhardtern neu- Die Steinhardter waren darüber sehr Sobernheim – Steinhardt – Waldböckel- Familien, was der Dorfgemeinschaft es Ungemach: Die Straßenbaufirma empört, befürchteten sie doch durch heim wurde 1914 eingerichtet werden. auch zugute kam. Faber aus Schlierschied wollte nördlich den großen Steinbruch in unmittelbarer Als dann 1970 die Verbindungsstraße von Steinhardt einen eigenen Stein- Nachbarschaft Lärm, Schmutz, Schwer- Steinhardt-Bockenau gebaut wurde, Erhebliche Aufregung gab es in Stein- bruch erschließen um sich so von den lastverkehr, Wertminderung und viel- fuhr die alte Postkutsche noch einmal. hardt, als im Zuge der Bemühungen anderen Steinbruch-Betreibern in der fältige Belästigungen bis zu Auswirkun- Die neue B 41 vom Kieswald bis zur um die Konversion nach dem Abzug Materialgewinnung unabhängig zu ma- gen auf ihre Häuser und Grundstücke. Eckweilerstraße wurde als Ortsumge- des Jagdbombergergeschwaders 73 chen. Ihr Geologe Douw hatte heraus- Das Vorgehen der Waldböckelheimer hung Steinhardt ab 1981 gebaut. Damit vom Flugplatz Pferdsfeld die Idee auf- gefunden, dass im Gauchsbergrücken Nachbargemeinde, aus Profitgier den war einerseits das Dorf vom Verkehr kam, südlich von Steinhardter Richtung geeignetes Material zu heben wäre. Zu- Steinhardtern den Steinbruch zuzumu- 137 138 ihre Belange einzusetzen. Bei anschlie- beiten; die Stimmung war explosiv. Der ßenden Gesprächen in Mainz kamen Vertreter der Firma Faber drohte den die Landesregierung und die BI jedoch Steinhardtern mit der Polizei. Als die nicht richtig zusammen, was wohl auch Polizei bald darauf mit mehreren Fahr- an dem sehr forschen Auftreten einiger zeugen eintraf, wurde schließlich ein BI-Mitglieder gelegen haben könnte. Kompromiss geschlossen: Die Arbeiten Die Landesregierung und die Kreis- wurden eingestellt, dafür verließen die verwaltung wurden in der Folgezeit in Steinhardter das Steinbruch-Gelände. Steinhardt als Befürworter des Stein- bruchs und damit als Feinde gesehen. In der Folgezeit verliefen mehrere Die BI war mit ihren Aktionen sehr fan- Verfahren vor Verwaltungsgereichten tasievoll. Überall in Steinhardt hingen negativ für die Steinhardter. Auch die Transparente, Lokalzeitungen und auch Behörden ließen zu, dass die Firma Fa- der SWR berichteten ständig über das ber den Wald rodete und Zufahrtswege Dorf im Aufruhr. Sehr eindrücklich war anlegte. Noch hat man nicht mit dem ein Musical, das unter der Leitung von Steinbruchbetrieb begonnen, doch es Sabine Schossig-Roevenich mit großer ist jederzeit damit zu rechnen. Inzwi- Beteiligung der Steinhardter fantasie- schen wurde der Zufahrtsweg mit einer voll und fast professionell mehrfach im Abbiegespur von der Kreisstraße 19 an- Bad Sobernheimer Kaisersaal aufge- gelegt. führt wurde. Der Abbau von Steinhardter Sand in Die Auseinandersetzung um den Stein- der Sandgrube ist inzwischen durch ten, wurde als feinseliger Akt ausge- ein und gab vor allem gute juristische bruch wurde dramatisch, als die Firma die Firma Barth deutlich eingeschränkt. legt. Schon bald gründeten die Stein- Unterstützung. Die Verbandsgemeinde Faber in einer Überraschungs-Aktion Die Grube wird nach und nach mit Bau- hardter eine Bürgerinitiative gegen den Rüdesheim unterstützte natürlich die den Wald auf dem Steinbruchgelände schutt verfüllt und renaturiert. Steinbruch Marta, von der Firma Faber Waldböckelheim (finanziellen) Interes- zu roden begann. Eine Fremdfirma mit nach der verstorbenen Ehefrau des Fir- sen, der in Mandel wohnende Landrat ausländischen Waldarbeitern war dabei Werner Bohn mengründers benannt. Karl-Otto Velten hielt sich zwar nach Bäume zu fällen. Einige mutige Stein- außen neutral zurück, stand aber zu hardter waren in den Wald gegangen Die Steinhardter bekamen recht we- seiner Verbandsgemeinde. Die politi- und hinderten die Männer am Weiterar- nig Unterstützung von außen. Als im schen Parteien versprachen zwar alle weiteren Verfahren festgelegt wurde, Hilfe, wollten jedoch nicht eindeutig dass der Lkw-Verkehr hauptsächlich Partei ergreifen. über die Straße Richtung Bockenau geleitet werden sollte, schlossen sich Als Ministerpräsident Kurt Beck bei ei- die Bockenauer den Steinhardter Pro- ner SPD-Versammlung im Sobernhei- testen an, allerdings nicht sehr aktiv. mer Kaisersaal auftrat, arrangierte man Hans-Georg Janneck als Stadt- und Ver- ein Gespräch mit den BI-Vertretern. bandsgemeindebürgermeister setzte Kurt Beck versprach, die Argumen- sich persönlich sehr für die Steinhardter te der BI prüfen zu lassen und sich für 139 140 nen Wassergraben mit feuchten Stellen Grabens mit Verlegen von Drainagen und Äckern, die schon gar nicht ohne Re- erfolgten per Hand und Schaufel so- Stadtentwicklung gulierung zum Bau eines Flugplatzes ge- wie mit Pferd und Pflug. Äcker wurden eignet waren. Taktische und strategische zu Wiesen umgewandelt; aufgrund der » die bundeswehr Überlegungen überwogen aber offenbar Eile wurden Rasensoden gestochen und und so wurden für damalige Verhältnisse verlegt, da die Grassaat längere Zeit. in erhebliche Veränderungen im Gelände in Anspruch genommen hätte. In einem Der Flugplatz Pferdsfeld der Aufklärungsverbände der Luftwaf- Kauf genommen. Bereich wurden Bäume entfernt. und fe. Man flog die Heinkel-Flugzeugtypen die Stöcke ausgerodet. Grenzsteine wur- Zur Geschichte des Flugplatzes Pferds- He 45 und He 46. Nach dem Machtwech- Der Bau eines Rasenflugplatzes beginnt den versenkt oder abgeschlagen. Der feld gehört nicht nur die Zeit, in der ein sel am 30. 1. 1933 wurde der geheime Am 6. April 1938 begann die Bad Kreuz- Heisterter Weg zur Gemündener Stra- Luftwaffengeschwader der Bundeswehr Aufbau der Streitkräfte, besonders der nacher Baufirma Ernst Gerharz in den ße wurde mit einer Schwarzdecke be- hier seinen Heimatstandort hatte, zur Luftstreitkräfte, drastisch vorangetrie- Pferdsfelder Gemarkungen »Auf Heis- festigt, so dass der Platz von allen Sei- Chronik gehören auch die Jahre vor dem ben. Als Tarnung wurden die Dienstbe- tert“, „In der Besenheck“ und „Im Tier- ten mit befestigten Straßen umgeben Zweiten Weltkrieg. Paul Wilbert, einst reiche phantasievoll um- oder neube- garten“ mit Tiefbauarbeiten zur Flächen- war. Die betreffenden Gemarkungsteile selbst Geschwader-Angehöriger und lan- nannt, z.B. die Aufklärungsschule als regulierung. Wer dafür Auftraggeber wurden weiterhin auch landwirtschaft- ge Ortsbürgermeister von Auen, hat dies »Deutsche Verkehrsfliegerschule GmbH« war, ist nicht zu ermitteln; es gilt aber lich genutzt, so dass es rein optisch erforscht und aufgeschrieben. Auszüge oder die Flugzeugführerschule in Kitzin- als wahrscheinlich, dass die Wehrmacht gar nicht den Anschein hatte, dass hier daraus übernehmen wir für die Stadt- gen in »Deutsche-Luftsportverband-Flie- über die Landratsämter solche Flächen- ein Rasenflugplatz geschaffen wurde. chronik. gerschule«. Nur so konnte ein planmä- regulierungen durchführen ließ und die- ßiger Aufbau einer Luftwaffe erfolgen. se Maßnahmen daher als Verbesserung Das erste Flugzeug auf Pferdsfeld - Die Jahre nach dem 1. Weltkrieg 1935 wurde die allgemeine Wehrpflicht von Kulturland dargestellt werden konn- Nahaufklärer belegen den Rasenflugplatz Laut Versailler Vertrag von 1919 war die eingeführt und das gesamte Personal ten, denn auf Geheimhaltung war man Ab Juli 1939 überschlugen sich die Ereig- Aufstellung und Unterhaltung von Luft- der Tarnfirmen zur Luftwaffe übernom- weiterhin bedacht. Keiner der befragten nisse, denn es war abzusehen, dass es streitkräften und aller zugehörigen Ein- men. Dabei wurde bald deutlich, dass es Pferdsfelder Zeitzeugen konnte bestä- Krieg geben würde. Mitte August wur- richtungen und Anlagen in Deutschland an Flugplätzen und nötigen Einrichtun- tigen, dass man schon 1938 von einem de dem damaligen Bürgermeister und verboten. Die Führungsspitze der Reichs- gen fehlte. 1935 wurde angeordnet, neue Flugplatz wusste. Auch der Gemeinderat NSDAP-Ortsgruppenleiter Ludwig Beck wehr wusste aber, eine zeitgemäße Einsatz- und Ausweichflugplätze zu - er hatte keine Kenntnis, doch während des mitgeteilt, dass ein Vorkommando zu er- Streitmacht kann ohne Luftstreitkräfte kunden und diese auszubauen. Ausbaus wurde etwas von einem Rasen- warten sei, welches den Platz fliegerisch nicht bestehen. Man begann daher be- flugplatz gemunkelt. Den Eigentümern erkunden und auch die Einquartierungs- reits ab 1920 mittels eines ausgeklügel- Pferdsfeld wird erkundet der dort bewirtschafteten Flächen wur- listen überbringen werde. Am 29. August ten Tarnsystems, für das Aufstellen von Die späteren Feldflugplätze Pferdsfeld, den keine näheren Erklärungen für diese 1939 landeten der Flugzeugführer Feld- Fliegerverbänden die Voraussetzungen Rennweiler, Kirchberg und weitere wur- Arbeiten gegeben. Auch ist nichts in den webel Kühn und der Bordfunker Krebs zu schaffen. Die Ausbildung erfolgte in den schon sehr früh ausgekundschaftet. Beschlussbüchern des Gemeinderates mit einem Fieseler Storch in Pferdsfeld. zivilen Fliegerschulen sowie im deut- Im Frühjahr 1938 waren 81 Einsatzflug- von Pferdsfeld und des Amtes Winter- Die aufgestaute Erwartung auf ein Flug- schen Fliegerzentrum Lipezk in Rußland, plätze vorwiegend im Westen und Süden burg darüber zu finden. Dies war die erste zeug entlud sich spontan, Jung und Alt eil- das seit 1924 bestand. Bereits 1930 wur- Deutschlands vorhanden. Dazu hat wohl bewusste Zweckentfremdung von Grund ten aus dem Dorf und von den Feldern zu den Reklame-Staffeln aufgestellt, die auch die Wiesen- und Ackerfläche am und Boden der Pferdsfelder Landwirte. dem gelandeten Flugzeug. Die Soldaten unter Tarnbezeichnungen Reklame und nördlichen Ortsrand des Dorfes Pferds- Die erforderlichen Arbeiten wurden übernachteten in Pferdsfeld, das Flug- Werbung für die Industrie flogen. Piloten feld gehört. Dieses Gelände war nicht ohne moderne Maschinen durchge- zeug wurde von Pferdsfelder Bürgern be- wurden damit im Training gehalten. Die- gerade ideal zur Anlegung eines Flugplat- führt. Die Einebnungen des Heisterer wacht und flog am nächsten Tag zurück. se Reklame-Staffeln gelten als Vorgänger zes, durchzogen von einem verwachse-

141 142 Die Kriegserklärung vom 1. September Fernaufklärer auf Pferdsfeld tar, bisher landwirtschaftlich genutzter Airfield“ übergeben. Damals wurde hier 1939 überraschte trotz vorhandener Be- Am 8. November 1939 trafen in Pferds- Fläche, dazu 35 Hektar Wald, waren da- auch eine deutsche Bauverwaltung tätig. fürchtungen die meisten Bürger, denn feld drei Flugzeuge Do - 17, auch „flie- mit in französischer Hand. Diese „Land- In der Folgezeit baute man die Startbahn man konnte die schlechten Jahre nach gender Bleistift“ genannt, ein. Sie kamen wegnahme“ brachte einige Landwirte auf 3000 m Länge aus, installierte Be- dem Ersten Weltkrieg und die Verluste aus Stargard in Pommern, wo ihr Kampf- in Existenznot, doch Protestieren war fehlsbunker, schloss eine Wasserver- unter der Bevölkerung nicht vergessen. einsatz in Polen beendet war. Diese Ma- zwecklos. Viel Zeit blieb auch nicht, denn sorgung und eine Kläranlage an, eine Am Morgen jenes 1. Septembers machte schinen waren erfolgreich als Fernauf- bereits im Juni 1951 rückten Firmen an Plattform für Radar wurde errichtet, Un- der Ortsdiener mit der Schelle bekannt, klärer. Die Einheit blieb bis kurz vor Ende und es begann der Flugplatzbau. terkunfts-Baracken und Zwinger für die dass nachmittags Flugzeuge eintreffen des Frankreich-Feldzuges in Pferdsfeld. Pferdsfeld verlor durch den Flugplatzbau Wachhunde gebaut. Das US-Gastspiel würden, deshalb müsse rasch das Heu Durch die Einquartierung bei den Famili- 184 ha, Eckweiler 95 ha, und Ip- war jedoch von kurzer Dauer, bereits von den Heistert-Wiesen entfernt wer- en in Pferdsfeld gab es zur Bevölkerung penschied jeweils 41 ha. Das bäuerliche Ende 1958 stellten die US-Streitkräfte den. Zwölf Flugzeuge HS 126 (Nahaufklä- enge Kontakte. Am 26. Januar 1940 wur- Anwesen des Emil Enders musste wei- den Flugbetrieb auf Pferdsfeld ein und rer) trafen dann in Pferdsfeld ein. Sofort de im Dorf ein Platzkonzert veranstaltet. chen. Für den Abriss wurde Enders ent- überließen den Platz zur weiteren Nut- wurden sie unter Bäume am Waldrand Im Juni 1940 verlegte die Einheit ins Saar- schädigt und er baute andernorts neu. zung der Bundesrepublik Deutschland. getarnt und so den Blicken entzogen. Am gebiet nach Primstal. Erst nach vier Jahren erhielten die von folgenden Tag traf der motorisierte Teil In Pferdsfeld kehrte wieder Ruhe ein. der „Landwegnahme“ betroffenen Bür- Pferdsfeld wird Heimathorst des der Staffel ein. Die Einquartierung erfolg- Doch der kleine Flugplatz war ja in den ger eine Entschädigung. 50 bis 54 Pfen- Jagdgeschwaders 73 te meist in Privatquartieren in Pferdsfeld Flugkarten eingezeichnet, das hatte nach nige je Quadratmeter zahlte ihnen das Der Aufbau einer neuen deutschen Luft- und Entenpfuhl. Die Einheit gehörte zur dem Ende des Krieges Auswirkungen. Besatzungskostenamt. waffe war mittlerweile fortgeschritten, Aufklärungsgruppe 23, ihre Ausstattung Die Eintragungen in den Flugkarten ha- Die Bauleitung für die NATO blieb in Hän- doch Flugplätze wurden benötigt. In bestand aus 12 Nahaufklärern des Typs ben sicherlich dazu beigetragen, dass die den der Franzosen, diverse größere und Rheinland-Pfalz gab es bereits mehrere HS 126 und zwei Fi 156 (Fieseler Storch) Franzosen auf das Fluggelände Pferds- kleinere Firmen vereinigten sich zur Ar- Militärflugplätze, um nicht weitere Flä- als Verbindungsflugzeuge, sowie den feld aufmerksam wurden. beitsgemeinschaft Pferdsfeld. Die Arbeit chen zu verlieren, bot Rheinland-Pfalz erforderlichen Fahrzeugen und Boden- schritt in Tag- und Nachtschichten rasch der Bundesrepublik das Pferdsfelder Are- Der Entstehung des NATO Flugplatzes geräten. Wenige Tage nach der Ankunft voran. al als Flugplatz an. Das wurde angenom- Pferdsfeld - Franzosen beschlagnahmen begannen die ersten Feindflüge nahe der In der 1. Bauphase entstand die Start- men und ab 1959 begannen hier umfang- Land bei Pferdsfeld Grenze zu Frankreich, wo sich Boden- bahn, 2.438 m lang und 45 m breit; Ver- reiche Baumaßnahmen. Zugleich wurde Durch die Flugkarten waren die Fran- truppen verschanzt hatten. Nun kehrte in bindungsrollstraßen von 15 m Breite; bei Sobernheim der Unterkunftsbereich zosen auf das Rasenfluggelände auf- Pferdsfeld und Umgebung reges Leben Abstellflächen für die Flugzeuge, eine im Kasernengelände auf Dörndich errich- merksam geworden. Sechs Jahre nach ein. Der Bau von Baracken begann und Werfthalle, Munitions- und Treibstoffla- tet. Im Oktober/November 1961 verlegte dem Krieg erblickte im März 1951 der ein Lagerplatz für Geräte und Treibstoff ger; Wachgebäude und kleine Gebäude das „Jagdgeschwader 73“ von Oldenburg Pferdsfelder Bürgermeister Fett einen wurde angelegt. Es lief nach Plan - bis für Unterkunft und Verwaltung. nach Pferdsfeld und Sobernheim wurde Mann mit einem Nivelliergerät auf dem auf einige Unliebsamkeiten, denn einige Garnisonstandort. Flugzeuge blieben nach der Landung in Gelände. Auf Fetts Frage, was er hier US-Luftwaffe ist Hausherr auf Pferdsfeld feuchten Stellen stecken. Sie konnten nur macht, antwortete der Fremde, halb in Die Flugerprobung auf der neuen Start- Geschwaderchronik mit Hilfe von Kuhgespannen freigemacht Französisch und Deutsch: „Hier wird ein und Landebahn erfolgte im Sommer 1952 Zum besseren Verständnis wird die Chronik werden. Das Pferdsfelder Gastspiel der Flugplatz gebaut“. So richtig ernst nahm durch US-Flugzeuge. Doch die französi- des Geschwaders tabellarisch dargestellt. Aufklärungsgruppe dauerte jedoch nicht das in Pferdsfeld keiner, doch etwa vier sche Besatzungsmacht blieb Hausherr lange, Mitte Oktober verlegte die Grup- Wochen später wurde es dramatisch: Es auf dem Flugplatz, obwohl sie den Platz 1. April 1959 Auf Befehl des Inspek- pe nach Rockenhausen, denn die Distanz erschien ein französischer Oberst, der nicht nutzte. Eine gravierende Änderung teurs der Luftwaffe wurde mit der Auf- zum Aufklärungsgebiet war zu weit. die für einen Flugplatz benötigte Fläche geschah 1957, der Flugplatz Pferdsfeld stellung des Jagdgeschwader 73 im beschlagnahmte. Ein Areal von 320 Hek- wurde an die US-Luftwaffe als „Manöver norddeutschen Oldenburg und Ahlhorn 143 144 Mit der Stationierung der Phantom be- delte es sich um ein sehr leises unbe- gannen Proteste wegen der Lärmbelas- waffnetes Aufklärungsflugzeug. Bereits tung. Pferdsfeld wurde bekannt als „das in 50 Metern Höhe war das Flugzeug lauteste Dorf der Bundesrepublik“. Der kaum zu hören, es hätte eine Geräusch- Protest führte letztlich zur Umsiedlung entwicklung wie ein langsam vorbei fah- der Bürger aus den Randgemeinden render Personenkraftwagen, berichte- Pferdsfeld und Eckweiler. Das Dorf Reh- ten Teilnehmer von der Vorstellung des bach wurde bereits 1969 umgesiedelt. Typs. Pferdsfeld war als Stationierungs- Über die Umsiedlung wird in einem eige- ort vorgesehen, doch eine „Notgemein- nen Kapitel berichtet. schaft der Flugplatzrandgemeinden“, protestierte massiv gegen die Stationie- 1979 Der Geschwaderchor entsteht, zu rung. Das Aufklärungsflugzeug wurde ihm gehören Soldaten und zivile Mitar- dann aber nicht von der Bundesluftwaffe beiter des Verbandes als aktive Sänger. eingeführt. Der Chor erfreute sich in der Garnisons- tadt und der Umgebung einer großen 9. Okt. 1989 Beliebtheit. Der Chor erreichte einen be- Während des traditionellen Haxenessens achtlichen Leistungsstand und brachte es auf dem Dörndich wird durch Kommodo- Phantom über Pferdsfeld bis zum Meisterchor des Sängerbundes re Oberst Hans- Peter Koch der Fall der Rheinland. DDR-Mauer bekanntgegeben. begonnen. Als Einsatzmuster wurde dem Jahr später, im Oktober 1962 wurden die 1981 Es beginnt die Tiefstflugausbildung Verband unter der Führung des ersten letzten Unterkunftsblöcke im Kasernen- im Hochgeschwindigkeitsbereich in Goo- 7. Nov. 1989 Kommodore, Major Fritz Schröter, das bereich Dörndich fertig gestellt. Bundes- se Bay im Nordosten Kanadas 220 Aus- und Übersiedler treffen in Jagdflugzeug F 86 Sabre zugeführt. präsident Heinrich Lübke besuchte im Sobernheim ein, sie erhalten erste Unter- Okt./Nov. 1961 Verlegung des JG 73 nach gleichen Jahr den Verband. 6. Juli 1984 kunft und Betreuung im Kasernenbereich Pferdsfeld/ Sobernheim. Dies dauerte 1963 Das Gründungsjahr der Unteroffi- Das Geschwader feiert 25-jähriges Be- Dörndich. mehrere Wochen. Mit Bundeswehrfahr- zierkameradschaft (UKS) im Geschwader. stehen mit einem Großen Zapfenstreich zeugen, privaten Kraftfahrzeugen, der Bei vielen Veranstaltungen nahmen Gäs- auf Sobernheims Johannisplatz. Einen 1990 Deutschen Bundesbahn und dem Trans- te aus der Garnisonstadt und der Umge- Tag später kommen 35.000 Menschen Die Dienststelle des katholischen Stand- portflugzeug Noratlas, erreichten die Sol- bung teil. Die UKS hatte großen Anteil am zum "Tag der offenen Tür" nach Pferds- ortpfarrers feiert 25-jähriges Bestehen. daten ihren neuen Standort. Nach ersten herzlichen Miteinander der Menschen in feld auf das Flugplatzareal. Eindrücken am Standort waren die Sol- der Garnisonstadt und der Soldaten so- Im selben Jahr treffen sich Bundeskanz- 28. Aug. 1990 daten ziemlich enttäuscht, der Flugplatz wie zivilen Mitarbeiter des Geschwaders. ler Dr. Helmut Kohl und der französische Im Geschwader wird bekannt, dass der und auch der Unterkunftsbereich Dörn- 1966 Im April des Jahres 1966 begann die Staatspräsident Francois Mitterand auf Verband ab 1994 in die ehemalige DDR dich waren eine einzige Baustelle. Auch Umrüstung auf das Einsatzmuster Fiat dem Fliegerhorst Pferdsfeld. verlegt werden soll. Nach ersten An-

Unterkünfte für Familien gab es nur in G-91. Die Einsatzrolle des Verbandes än- ordnungen sollte Falkenberg der neue 1981 Erstmals verlegte der Verband mit begrenztem Umfang, denn auch die so- derte sich damit und der Verband wurde Standort werden. Eine Delegation des Phantoms im Nonstop-Flug von Kanada genannte „Bundeswehrsiedlung“ war in „Leichtes Kampfgeschwader 42“ um- Geschwaders besucht im Juni 1991 Fal- nach Pferdsfeld. noch in der Planungsphase. benannt. kenberg. Im August kommt der Bür- 11. Nov. 1961 Die feierliche Indienst- 26. Juni 1975 Die erste Phantom F 4 F lan- 07.09.1989 germeister des Ortes zum Besuch ins stellung des Jagdgeschwader 73 erfolg- dete in Pferdsfeld und die Umrüstung Der Höhenaufklärer „Egrett D 500“ wird Geschwader, dort werden die Geschwa- te auf dem Fliegerhorst Pferdsfeld. Ein begann. der Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei han- derangehörigen mit einer Fotoausstel-

145 146 lung auf den neuen Standort einge- für Veranstaltungen und Treffs zu schaf- 36 Jahre Geschwader in Sobernheim der Verband den Flugsicherheitspokal stimmt. Doch 1993 wird alles geändert, fen. Mit Dr. Freckmann, dem Leiter des Das Geschwader war 36 Jahre in Pferdsfeld der Bundesluftwaffe. Der Prinz-Heinrich- Laage bei Rostock soll nun der neue Rheinland-Pfälzischen Freilichtmuseums, und Bad Sobernheim stationiert. In die- Preis, mit dem der beste Verband der 1. Standort des Bad Sobernheimer Ge- wurde ein Vertrag geschlossen. Danach ser Zeit wechselte der Verband für neue Luftwaffendivision ausgezeichnet wird, schwaders werden. halfen die Mitglieder des Vereins beim Aufgaben fünf Mal den Namen: Vom ging viermal ans Geschwader. Bei Tak-

Abbau eines historischen Hauses in der Jagdgeschwader 73 zum Jagdbomber- tischen Überprüfungen durch die NATO 1. Sept.1994 Pfalz und wirken auch beim Aufbau des geschwader 42, Leichtes Kampfgeschwa- erhielt der Verband herausragende No- Das Jagdbomber-Geschwader 35 erhält Hauses im Museum mit. Die Museums- der 42, dann Jagdbombergeschwader 35 ten, 1971 sogar die Traumnote 1 beim so eine neue Aufgabe, es wird wieder Jagdge- leitung hatte das Haus Dierbach, etwa und zuletzt Jagdgeschwader 73 genannten Tac Eval. schwader 73, die eine fliegerische Staffel 15 Kilometer östlich von Bad Bergzabern Die Kommodore des Geschwaders: behält weiter die F 4 F, die zweite Staf- gelegen, dafür ausgesucht. Im Oktober Fritz Schröter von 1959 bis 1966, Lothar Das Geschwader als regionaler fel fliegt die MIG 29 einen sowjetischen 1996 bauten Ehemalige des Verbandes Maretzke von 1966 bis 1971, Eberhard Wirtschaftsfaktor Militärjet. mit Unterstützung des Bauhofes des Eimler von 1971 bis 1973, Peter Haarhaus Der wirtschaftliche Einfluss des Ge- Ehemalige Geschwaderangehörige Freilichtmuseum, das Haus Dierbach ab. von 1973 bis 1977, Siegfried Pacholke von schwaders auf die Region war groß. In gründen Verein Die Einzelteile wurden nach Bad Sobern- 1977 bis 1978, Hermann Pötter von 1978 einer Studie dazu hat der Wehrübende Bereits vor der Verlegung des Geschwa- heim transportiert und im Museum für ders in den Osten Deutschlands gründen den Wiederaufbau vorbereitet. Etwa frühere Angehörige des Verbandes den zwei Jahre dauerten die Sanierungsarbei- Verein: „Ehemalige Geschwaderange- ten und der Wiederaufbau. Im Mai 1998 hörige des Standortes Bad Sobernheim konnten die Ehemaligen des Geschwa- e.V.“ Die Gründungsversammlung des ders am Haus Dierbach Richtfest feiern. Vereins war am 15. Dezember 1994 in der Zum Verein der Ehemaligen gehören Gaststätte des Freilichtmuseums. Erster rund 300 Mitglieder. Vorsitzender war Horst Glatz, ab 2006 übernahm Peter Öhler den Vorsitz. Ziel 1997 Mit dem sogenannten "Fly Out" am des Vereins ist, für hier heimisch gewor- 01. Juli 1997 endet die Geschichte des Ver- dene Geschwaderangehörige einen Ort bandes in Bad Sobernheim/Pferdsfeld.

Einführung des Geschwaders in Sobernheim 1965

bis 1981, Georg Müller von 1981 bis 1985, Oberstleutnant und Diplom-Kaufmann Hans-Peter Koch von 1985 bis 1990, Wil- K. Weinberg diesen Einfluss untersucht. li Scheer von 1990 bis 1993, Klaus-Peter Anhand des Haushaltsjahres 1985 wurde Stieglitz von 1993 bis 1995, Reinhard die Untersuchung exemplarisch durch- Mack von 1995 bis 1998. geführt. Weinberg zeigt auf, welche Mit- Das Geschwader wurde aufgrund her- tel jährlich durch das Geschwader in die vorragender Leistungen in den 36 Jahren strukturschwache Region an der mittleren mehrfach ausgezeichnet. Fünfmal erhielt Nahe flossen. In der Analyse konnten nicht Flyout

147 148 alle Zahlungsströme bis ins Detail berück- men Ausgaben für Mieten und Pachten, erstellt, die der gesamten Einwohner- beachtlicher Weise anstieg. sichtigt werden, doch die Zahlen zeichnen für die Wasser-Ver- und Entsorgung, schaft am Standort zu Gute kamen. Zur Nach der Verlegung des Geschwaders ein eindrucksvolles Bild der Wirtschafts- Heizkosten, Strom usw. in Höhe von rund Verdeutlichung der Bundesfinanzhil- in den Osten Deutschlands fielen diese kraft. In Kurzform hier das Ergebnis: 3,9 Millionen DM. Die Bewirtschaftungs- fen einige Beispiele: Gymnasium Bad Finanzmittel weg. Doch ein Teil der Per- kosten per anno addierten sich daher im Sobernheim 760.000 DM, Evangelischer sonalkosten blieb in der Region, da viele 1. Personalumfang und Kosten Berichtsjahr auf fast 15 Millionen DM. Kindergarten 42.284 DM, Zufahrtsstraße Soldaten und Zivilbeschäftigte mit ihren Der Personalumfang belief sich 1985 zur Bundeswehrsiedlung 210.000 DM, Familien in der Region ihre zweite Hei- auf rund 1700 Soldaten und 400 Zivil- 2.2. Gebrauchsgüter Bau einer Schule mit Turnsaal 1.684.000 mat fanden. beschäftigte. Die Summe der Löhne und Für Ersatzteile und Reparaturen an Kraft- DM, Katholischer Kindergarten 108.000 Gehälter für die Soldaten, berechnet fahrzeugen wurden im Haushaltsjahr DM, Darlehen für Ausbau der Kanalisati- Geschwader prägte auch das nach Mannschaften, Unteroffiziere und rund 660.000 DM und für die Reparatur on 205.000 DM und Turnhalle Pferdsfeld gesellschaftliche und politische Leben Offiziere betrug im Berichtsjahr 40,7 Mil- von weiterem Gerät 194.000 DM an re- 130.000 DM. Neben der historischen Entstehung des lionen DM. Für zivile Arbeiter, Angestell- gionale Werkstätten bezahlt. Insgesamt Flugplatzes Pferdsfeld und der Betrach- te und Beamte wurden 14,2 Milionen DM 854.000 Euro. Der größte Teil der Frisch- Gesamtsumme für das Jahr 1985: tung des Geschwaders als Wirtschafts- aufgewendet. Hinzu kommen personal- verpflegung ist dezentral eingekauft Die in der Studie aufgelisteten Finanzmit- faktor ist zum Abschluss des Kapitels bezogene Kosten wie Beihilfen, Fahrt- worden, im Berichtsjahr für ca. 1.052.000 tel belaufen sich für 1985 auf über 75 Mil- „Geschwader und Garnisonstadt“ ein geld, Fliegerzulagen und mehr, mit rund DM. Direkt auf den Standort entfielen lionen D-Mark. Um die wirtschaftliche Blick auf die Integration der Geschwa- 2,8 Millionen DM. Die gesamten Perso- dabei etwa 17 Prozent der Einkäufe. Die Bedeutung des Geschwaders einzuord- derangehörigen in das Leben der Stadt nalkosten des Geschwaders beliefen sich Standortverwaltung gab dezentrale Be- nen, ist weiter zu berücksichtigen, dass sinnvoll. Die kulturelle und gesellschaft- demnach 1985 auf 57.745.000 DM. schaffungen für 842.000 DM in Auftrag. sich durch den Zuzug des Bundeswehr- liche Prägung durch die Angehörigen des Jene Gelder wurden von den Beziehern Für Dienstleistungen, wie Reinigung der personals die Schlüsselzuweisungen des Geschwaders wird dabei durchaus unter- ausgegeben für Güter des täglichen Be- Liegenschaften, Reinigung der Wäsche Landes erhöht haben und der kommu- schiedlich bewertet, für die Stadtchronik darfs, für langlebige Gebrauchsgüter, ein- und Schutzbekleidung, Müllentsorgung nale Anteil an der Einkommensteuer in ist daher die persönliche Sicht des Autors schließlich Immobilien. Das meiste ging usw. wurden rund 524.000 DM entrichtet. unmittelbar in die heimische Wirtschaft. Anmerkung: Die Personalkosten für ca. Finanzhilfen des Bundes 165 Mitarbeiter der Standortverwaltung Neben der aufgezeigten Stärkung des sind bei der Studie nicht berücksichtigt. heimischen Marktes wurden durch die Stationierung vom Bund umfangreiche 2. Bewirtschaftungs- und Finanzhilfen an die Stadt gezahlt. Diese Unterhaltungskosten Bundesfinanzhilfen waren als Ausgleich Die wirtschaftliche Bedeutung des Ge- für den Mehraufwand an öffentlichen schwaders wird weiter durch hohe Sach- Lasten gedacht, die durch die Einrichtung ausgaben deutlich. So wurden für den des Standortes bzw. durch den Zuzug Unterhalt der Immobilien, für Neu- und von Bundeswehrangehörigen entstand. Umbauten erhebliche Gelder eingesetzt, In den 14 Jahren von 1959 bis 1972 wur- die in erster Linie regionalen Unterneh- den an Zuschüssen über 3,7 Millionen men zuflossen. 1985 stehen für den Bau- DM überwiesen, die nicht rückzahlbar unterhalt 2,3 Millionen DM in den Bü- waren. Weitere 1,2 Mio. DM wurden als chern, für Neu-und Erweiterungsbauten zweckgebundene Darlehen gewährt. waren es 8,6 Millionen DM. Dazu kom- Mit diesem Geld wurden Einrichtungen Großer Zapfenstreich auf dem Johannisplatz 1984 149 150 zugrunde gelegt. Verlegung des Geschwaders in den Os- Eine enge Bindung zwischen dem Ge- ten Deutschlands hat der Verein der Ehe- schwader und der Region ergab sich maligen Geschwaderangehörigen diese fast zwangsläufig durch die unzähligen Tradition fortgeführt und das Haxenes- jungen Männer, die als kurz dienende sen in der Leinenbornhalle veranstaltet. Zeitsoldaten oder als Wehrpflichtige ih- ren Dienst im Geschwader leisteten. Die Besonders muss auch das Vereinsleben Einberufung zum Wehrdienst erfolgte gesehen werden. Es gibt in der Stadt und durch die Kreiswehrersatzämter in der darüber hinaus in der Verbandsgemein- Regel heimatnah. Es ist statistisch nicht de kaum einen Verein ohne ehemalige belegt wie viele junge Männer aus der Soldaten als aktive Mitglieder. Die Ehe- Stadt Bad Sobernheim ihre Wehrpflicht maligen arbeiten in den Vorständen beim Geschwader ableisteten. Es ist aber mit, oder sind als Übungs- und Abtei- deutlich, dass etwa 20.000 junge Männer lungsleiter aktiv. Als Beispiel kann dazu ihren Dienst in der Garnisonstadt Bad der größte Sportverein der Stadt, der TV Der Geschwaderchor unter der Leitung von Edwin Bill Sobernheim beim Geschwader leisteten, 1867 und der Freundeskreis des Freilicht- das Gros kam aus der näheren Region.. museums, sowie der Flugsportverein be- zur Region gepflegt. Regelmäßig luden Das gute Verhältnis zwischen den Ge- trachtet werden. die Kommodore etwa die Bürgermeister schwaderangehörigen und der Stadt/ der Flugplatzrandgemeinden zu Informa- Region ist auch nach der Verlegung des Der Geschwaderchor tionsgesprächen ins Geschwader. Auch Verbandes in den Osten Deutschlands Zum guten Miteinander trug auch die Mi- die Stadtpolitik wurde von Angehörigen deutlich. Viele Soldaten sind hier hei- litärkirchengemeinde bei. Die evangeli- des Geschwaders mitgeprägt. Im Stadt- misch geworden, haben hier ihre Häuser schen Geschwaderangehörigen wurden rat, in Ausschüssen und als Beigeordnete gebaut, leben in der Region, arbeiten in von den Stadtpfarrern betreut, die den gestalteten Soldaten das politische Le- Vereinen, Verbänden, Kirchen und Ge- Dienst als Militärpfarrer im Nebenamt ben der Region mit. Das galt auch für die meinderäten mit. verrichteten. Für die katholischen Chris- umliegenden Ortsgemeinden, in mehre- Manfred Petzholdt ten gab es im Geschwader eine eigene ren Orten wurden Angehörige des Ver- Dienststelle mit einem Pfarrhelfer und bandes zu Bürgermeistern gewählt. einen Militärpfarrer. Oft wurde der ka- Haxenessen in der Leinenbornhalle tholische Gottesdienst in der Matthäus- Im Geschwader wurde das gesellschaftli- kirche von den Militärpfarrern gehalten, che Leben weitgehend durch die Offizie- eine christliche Gemeinschaft bildete re und Unteroffiziere geprägt. Zu den Ge- sich da heraus die sich regelmäßig in der schwaderbällen und Neujahrsempfängen Malteserkapelle traf. In der katholischen der Offiziere kamen die Menschen der Kirchengemeinde entstand daraus der Stadt und der näheren Umgebung gerne Förderverein, der die Malteserkapelle als Gäste. Das galt auch für die gesell- sanierte und anschließend die Sanierung schaftlichen Angebote, wie Tanzveran- der Matthäuskirche in Angriff nahm. staltungen der Unteroffiziere. Besonders beliebt war das Haxenessen, das jeweils Von der Geschwaderführung wurde auf im Herbst des Jahres stattfand. Nach der der politischen Ebene ein enger Kontakt Die Bürgermeister der Flugplatzrandgemeinden beim Geschwader

151 152 Stadtentwicklung » die umsiedlung pferdsfeld und eckweiler

Eckweiler und Pferdsfeld, die beiden nördlich der beiden Dörfer angeleg- Dörfer am Soonwaldrand haben eine te ehemalige NATO-Flugplatz Pferds- weit über 1000jährige Geschichte, doch feld. Im Jahr 1973 gab es unter den am Ende des 20.Jahrhunderts gab es sie Geschwaderangehörigen die ersten nicht mehr. In Eckweiler blieb die denk- Gerüchte: „Das Geschwader wird von malgeschützte Kirche in Pferdsfeld ein Fiat G 91 auf F-4F Phantom umgerüs- tet. Diese Flugzeuge sind extrem laut.“ Aus den Gerüchten wurden Tatsachen. Die Umrüstung wurde vom Kommodore des Geschwaders, Oberst Peter Haar- haus, zum 1.Oktober 1975 offiziell an- gekündigt. In den Dörfern gab es große Das war Eckweiler Unruhe. Die Einwohner beschlossen in einer aufgeregten Bürgerversammlung – auch mit Betroffenen aus , Winterburg und Seesbach- am 30.Okto- Kirche Eckweiler ber 1974 in der Pferdsfelder Turnhalle eine Resolution an das Bundesverteidi- gungsministerium in Bonn mit weitrei- chenden Forderungen zum Lärmschutz. Sie beriefen sich dabei auf das Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm aus dem Jahr 1971.

Die Reaktionen der offiziellen Stel- len auf die Resolution waren anfangs spärlich und ausweichend. Doch die Dorfmitte Pferdsfeld mit Kirche und Das war Pferdsfeld ehemaliger Schule, zuletzt Rathaus Menschen in den Flugplatzrandge- meinden waren aufgeschreckt und 8. Juli 1975 beschlossen die gewählten Ortsbürgermeister aus Pferdsfeld und einzelnes Gehöft und der Paul-Schnei- fest entschlossen sich zu wehren. Sie Vertreter der Ortsgemeinden rund um Eckweiler, Gerhard Hammer und Otto der-Platz, dazu die beiden Friedhöfe befürchteten eine gesundheitsschädi- den Flugplatz die Gründung einer Not- Brückner, an sowie Bob Nicolay, Emil und die Einzelsiedlungen im Soonwald gende Lärmbelastung, Wertminderung gemeinschaft. Der Vorstand der Not- Lenhart, Josef Nienhaus und Werner mit dem Weiler Entenpfuhl. Wie kam es ihrer Grundstücke und Gebäude und gemeinschaft nannte sich „Lenkungs- Bohn. Bob Nicolay vom Birkenhof im dazu, dass zwei ehemals intakte Dörfer die Abwanderung der Jugend, also das ausschuss“. Ihm gehörten die beiden Soonwald, prominentes SPD-Mitglied verschwunden sind? Der Grund ist der allmähliche Sterben ihrer Dörfer. Am 153 154 platz wird das Schlimmste befürchtet!“ rupt unterbrochen, Kleinkinder schrien weiler war somit amtlich festgestellt. Das Fernsehen wurde aufmerksam, auf, Tiere flüchteten. Schmerzen durch- Die Lärmschutzkommission stellte ein- als die Notgemeinschaft dem Vertei- fuhren die Menschen, Ohren zuhalten stimmig am 8. April 1976 fest: „Die digungsministerium ein Ultimatum oder in die Häuser zu flüchten half we- einzige Möglichkeit, die Unzumutbar- stellte: Wenn vor dem 1.Oktober 1975, nig. Auch die Kritiker der Notgemein- keit des Lebens in den Gemeinden dem vorgesehenen Beginn des Flug- schaft mussten die Unerträglichkeit Pferdsfeld und Eckweiler zu beseiti- betriebs mit „Phantom“ keine Erklä- des Lärms eingestehen. Von auswärts gen, besteht darin, die in den Ortslagen rung zum Schutz der Randgemeinden kamen Neugierige in die „lautesten Pferdsfeld und Eckweiler Betroffenen gegeben werde, dann …..!? Unterstützt Dörfer Deutschlands“, wie die BILD- umzusiedeln.“ Diese Meldung erregte wurden die Proteste durch prominente Zeitung titelte. Das Geschwader hatte bundesweites Aufsehen: „Zwei Dörfer Politiker aus den drei damals staatstra- auf Druck der Notgemeinschaft noch wollen vom Erdboden verschwinden,“ genden Parteien: Conrad Ahlers (SPD), einige Beschränkungen des Flugbe- titelte etwa die Stuttgarter Zeitung. ehemaliger Regierungssprecher, Elmar triebs angeordnet. In der Regel wurde Fernseh- , Rundfunkteams und Zei- Die extreme Perspektive überzeichnet – eine Phantom vor der Pferdsfelder Kirche Pieroth (CDU), später Wirtschaftssena- nur zwischen 8 und 22 Uhr gestartet, in tungsreporter wurden nun häufig in tor in Berlin und Hans Friderichs (FDP), der Mittagszeit waren die Flüge einge- den Dörfern gesehen. „Unter den heu- im Kreis Bad Kreuznach, hatte in den Wirtschaftsminister sowie die ebenso schränkt. Bei Beerdigungen ruhte der lenden ‚Phantoms‘ starb bald der Frie- 60er Jahren bereits erfolgreich die Ge- prominenten Landtagsabgeordneten Flugbetrieb meistens. Das Verhältnis de im Dorf“, schrieb die Westdeutsche meinde Rehbach bei deren Umsied- Wilhelm Dröscher (SPD), „Lem, der zwischen der Geschwaderführung und Allgemeine Zeitung. lung aus Sicherheitsgründen vertreten. gute Mensch von Kirn“, Albrecht Mar- den Aktiven der Notgemeinschaft war Er war von nun an der wortgewaltige tin (CDU), Landtagspräsident und Wer- zwar angespannt, doch nie feindselig. Innerhalb der Dörfer bildete sich eine Sprecher der Notgemeinschaft. Unter- ner Danz (FDP), Landesvorsitzender. Im Am 1.Dezember 1975 begann die Flug- kräftige Opposition gegen die drohende stützung erhielten die Menschen um Vorfeld der Bundestagswahlen waren lärmkommission, paritätisch zusam- Umsiedlung. Es waren insbesondere die den Flugplatz von Anfang an durch alle bestrebt, sich bürgernah und hilfs- mengesetzt aus sechs Behörden- und Bauern und die älteren Menschen, die den Verbandsbürgermeister Dr. Werner bereit zu zeigen. sechs Bürgervertretern – ihre Arbeit. ihre Heimat nicht aufgeben wollten. Es Dümmler. Der Durchbruch gelang kurz vor Ende In sehr sachlichen und konstruktiven gab Streit, auch zwischen Generationen des Ultimatums. Am 24.September 1975 Gesprächsrunden wurden die Proble- in manchen Familien. Die Befürworter Ein wesentliches Problem innerhalb trafen sich die beiden Staatssekretäre me erörtert. Schon bald war klar, dass der Umsiedlung, besonders die Aktiven der Dörfer war die Beschäftigung vie- Schmidt und Fingerhut vom Bundesver- ein passiver Lärmschutz mit Schall- im Lenkungsausschuss, wurden massiv ler Bewohner beim Geschwader, das teidigungsministerium im Pferdsfelder wänden oder anderen baulichen Maß- persönlich angegriffen, beschimpft und damals der größte Arbeitgeber in der Rathaus mit dem Lenkungsausschuss nahmen nicht durchführbar war. Eine bedroht. Die Gegner versuchten die Region war. Zivilbeschäftigte und Sol- und sagten den Einsatz einer paritätisch Bundeswehr-Dienstelle führte auf- Entscheidung in jeglicher Form zu hin- daten fürchteten bei Konflikten mit der besetzten Fluglärmkommission zu, die wändige Lärmmessungen durch. Die tertreiben. Doch es half ihnen nicht. Am Bundeswehr um ihre Arbeitsplätze und alle aufgeworfenen Fragen behandeln Auswertung ergab extrem hohe Werte 10.September 1976 kamen wieder zwei hielten sich weitgehend mit öffentli- sollte. von 120 Dezibel/A außen und bis 94 Staatssekretäre, Fingerhut vom Vertei- chen Äußerungen zurück. Es gab des- Am 1.Oktober 1975 begann der Flugbe- Dezibel/A im Inneren von Wohnhäu- digungsministerium, und Schreiner vom wegen erhebliche Spannungen. trieb mit der „Phantom“. Der infernali- sern. Die Werte überstiegen die nach rheinland-pfälzischen Innenministeri- Proteste und Bürgerversammlungen sche Lärm übertraf noch die Befürch- dem Lärmschutzgesetz zulässigen um um nach Pferdsfeld und gaben „grünes häuften sich, örtliche und überörtliche tungen. Besonders beim Start bebten bis zu 32-fachen. Die Unzumutbarkeit Licht“ für die Umsiedlung. Der vorgese- Presse berichteten: „Rund um den Flug- die Dörfer. Unterhaltungen wurden ab- des Wohnens in Pferdsfeld und Eck- hene Aufwand wurde mit 100 Millionen

155 156 DM beziffert. Allerdings sollte die Um- und Pferdsfeld weg, wenn sie woan- derte die Ansiedlung durch eine Bezu- rung Koblenz vom 28.Februar 1979 war: siedlung wegen des Widerstands eini- ders ein neues Haus kaufen konnten. schussung als Entwicklungsmaßnahme. „ Die Ortsgemeinden Pferdsfeld und ger Gegner freiwillig sein. So entstand das Entwicklungsgebiet Eckweiler werden in die Stadt Sobern- Die überwiegende Zahl der Menschen Leinenborn. heim eingegliedert.“ Mit der Kommu- Nun begann der Verwaltungsapparat in Pferdsfeld und Eckweiler wünschten Nachdem die potentiellen Umsied- nalwahl 1979 wurde dieser Bescheid mit seiner umfangreichen Arbeit: Jedes sich allerdings ein gemeinsames neues ler das Baugebiet akzeptiert hatten, wirksam. Die beiden ehemals selbstän- Haus und jedes Grundstück in Pferds- Baugebiet, damit dort eine neue Dorf- begannen die konkreten Planungen. digen Dörfer waren nun Ortsbezirke feld und Eckweiler wurde auf seinen gemeinschaft gebildet werden könne. Gewünscht waren neben möglichst von Sobernheim mit jeweils eigenem Verkehrswert geschätzt. Die Eigentü- Mehrere Gemeinden aus der Umge- großzügigen, aber preiswerten Grund- Ortsbeirat. Das Land stellte für die frei- mer erhielten ein Kaufpreisangebot des bung sahen nun eine Chance sich deut- stücken auch Einrichtungen für den Ge- willige Eingemeindung eine Beihilfe zur Bundes. Außerdem wurden mögliche lich zu vergrößern. Letztlich fiel die Ent- meinbedarf: Mehrzweckhalle, Kinder- Verfügung. Das Geld wurde von Pferds- Bundesdarlehen zur Ersatzbeschaffung scheidung jedoch – vor allem durch den garten, Gemeindehaus, Gaststätte und feld für eine spätere Ortschronik und oder zum Bau eines neuen Hauses ver- persönlichen Einsatz von Bürgermeis- Lebensmittelgeschäfte. Bei der Planung die Bewahrung des Andenkens an das mittelt. Im Februar 1977 begannen um- ter Dr. Werner Dümmler – zugunsten wurde ein Planungsbeirat, gewählt alte Dorf zweckbestimmt, von Eckwei- fangreiche sozioökonomische Untersu- des Gebiets „Leinenborn“ im Osten von aus den Umsiedlern, immer beteiligt. ler für die Erhaltung des Friedhofs. chungen. Der Bedarf an Wohnhäusern Sobernheim. Die Firma Stadt-Bau-Plan Entscheidend war jedoch immer der Am 17.August 1978 begannen die Er- und Infrastrukturmaßnahmen sollte er- aus Darmstadt mit ihrem Chef Lothar Sobernheimer Stadtrat, in dessen Rei- schließungsmaßnahmen im Leinenborn mittelt werden. Nach und nach wurde Greulich erhielt den Planungsauftrag; hen auch Gegner des Projekts saßen. mit dem „ersten Spatenstich“ durch ei- die Zahl der Umsiedlungsgegner klei- die Durchführung der Maßnahme wur- Die Ansprüche der möglichen Neubür- nen Bagger. Das ehemalige Acker- und ner, nachdem die Unabwendbarkeit der de an die halbstaatliche Firma Heim- ger vom Soonwaldrand wurden miss- Wiesengelände wurde aufwändig er- Maßnahme feststand. Bald schon zo- stätte Rheinland-Pfalz übertragen. Das trauisch und auch neidisch beurteilt. schlossen; ein großzügiges Baugebiet gen die ersten Menschen aus Eckweiler Bundeswohnungsbauministerium för- Nachdem allerdings auch bei den Kriti- mit über 200 Bauplätzen wurde ange- kern erkannt wurde, dass dieses große legt. Die Umsiedler konnten sich ihre Baugebiet zum Nulltarif für die Stadt Wunsch-Bauplätze auswählen. Wenn verwirklicht werden sollte und dass die es mehrere Bewerber für einen Bau- Stadt außerdem einige Zusatzmaßnah- platz gab, wurde öffentlich das Los men günstig erhielt, wurden die kriti- gezogen. Erstmals erhielt in Sobern- schen Stimmen leiser. Der Leinenbor- heim ein komplettes Baugebiet Erdgas- ner Weg wurde so mit Umsiedlungsgeld versorgung und Kabelfernsehen. Die ausgebaut und der Friedhof erweitert. Fertighausfirmen, Kreditinstitute und Baufirmen veranstalteten große -Wer Als feststand, dass die meisten Bewoh- beveranstaltung bei den vielen potenti- ner von Pferdsfeld und Eckweiler nach ellen Kunden. Im September 1979 wur- Sobernheim ziehen würden, wurde de als erstes Haus das Fertighaus von über die Zukunft der beiden Gemarkun- Jetty und Gernot Bohn bezogen. Die gen beraten. Auch hier war es im We- Straßen im Entwicklungsgebiet wur- sentlichen Dr. Werner Dümmler, der die den nach dem Wunsch der Umsiedler Eingemeindung nach Sobernheim vor- benannt: Soonwaldstraße, Pferdsfelder Pferdsfeld am Flugplatzrand an trieb. Der Bescheid der Bezirksregie- Straße (Eckweilerstraße gab es schon),

157 158 Paul-Schneider-Straße. In der Folge waren, wurden in großen Scheiterhau- gab es im Osten der Stadt eine überaus fen verbrannt. Der Pferdsfelder Kirch- rege Bautätigkeit. Die Häuser schossen tum wurde gesprengt, nachdem am gleichsam wie Pilze aus dem Boden. 8.Juni 1981 der letzte Gottesdienst ge- halten war. Der eingeebnete Bauschutt Parallel dazu leerten sich die beiden wurde schließlich mit Erde abgedeckt; Dörfer am Soonwaldrand. Die leer ste- die Natur holte sich nach eineinhalb henden Häuser waren mit dem Schild tausend Jahren ihre Flächen zurück. Wo „Eigentum des Bundesvermögen- früher die zwei Dörfer standen, wach- samts“ gekennzeichnet. Alles noch sen heute Gräser und Blumen, Bäume Brauchbare wurde von der Bundesbe- und Büsche. Wenn man aufmerksam hörde billig verkauft; die Häuser wur- über die allmählich zuwachsenden ehe- den gleichsam ausgeschlachtet, dann maligen Dorfstraßen geht, sieht man von Abbruchfirmen niedergerissen und hier noch ein Mäuerchen, dort noch ein Großbaustelle Leinenborn eingeebnet. Keller und Jauchegruben Stück Zaun. schied und Alteburg, den Einzelsiedlun- Jahre nach der Eingemeindung – wurde wurden verfüllt; manch altes Gerät Sobernheim erhielt durch die Einge- gen Trifthütte, Kallweiler, Birkenhof und der Platz offiziell „Paul Schneider-Platz wurde dort hinein vorher noch ent- meindung zwei große zusätzliche Hoxmühlen und dem ehemaligen Flug- am Röhrbrunnen“ genannt. Einige Jahre sorgt. Das Sobernheimer Freilichtmuse- Gemarkungsflächen, die im Norden platz, der – Ironie der großen Weltge- später stahlen Metall-Diebe die Bronze- um transportierte brauchbare Bauma- am Lametbach bis an die Grenze des schichte – einmal der Verteidigung des Tafeln. Sie wurden durch Aluminium- terialien ab; die Scheune Winter wurde Rhein-Hunsrückkreises reichen mit den Staates diente, nun aber eher zu einem Tafeln ersetzt. Am Röhrbrunnen wurde im Museum später wieder aufgebaut. Resten der beiden Dörfer, dem Weiler Fremdkörper am Rande des Naturparks 2006 und 2008 die „Pferdsfelder Kerb“ Holzbalken, die nicht mehr verwertbar Entenpfuhl, den Forsthäusern Ippen- Soonwald geworden ist. gefeiert, organisiert von jungen Men- schen, die in Pferdsfeld oder Eckweiler In Pferdsfeld wurde der Platz am alten geboren wurden, ein Heimattreffen für Dorfbrunnen vom Bad Sobernheimer Jung und Alt. Bauhof mit seinem engagierten Leiter In Eckweiler wurde 1999 die Gedenkta- Kurt Titze hergerichtet. Pferdsfelder fel an das Dorf an der Mauer der unter Rentner suchten im Soonwald einen Denkmalschutz stehenden Kirche an- großen Quarzit-Findling, der zu diesem gebracht. In der Kirche werden immer Platz gebracht wurde. Eine darauf an- wieder Gottesdienste und andere Ver- gebrachte Tafel erinnert an das unter- anstaltungen durchgeführt. Auch als gegangene Dorf. Neben dem Brunnen Trau- oder Taufkirche ist sie beliebt. ließ die Paul-Schneider-Gesellschaft Ein Freundeskreis Kirche um den Ex- eine von dem Kirner Künstler Karl-Heinz Eckweilerer Albert Schauß gestaltete Brust gestaltete Stele zur Erinnerung an den Platz um die Kirche. Eine Sitzgrup- Pfarrer Paul Schneider, den in Pferdsfeld pe wurde aufgestellt, Hecken wurden unweit des Brunnens geborenen „Pre- beseitigt; die ganze Anlage in Ordnung diger von Buchenwald“ errichten. Bei gebracht. Am 29.8.2007 wurde zur Ein- „1. Spatenstich“ Leinenborn einer Gedenkfeier am 6.Juni 1999 – 20 weihung des Platzes eingeladen. An 159 160 Die Pferdsfelder Kirche wird abgerissen Paul-Schneider-Platz am Röhrbrunnen, Pferdsfeld

Pfingsten 2010 übertrug das Fernsehen einen Fernsehgottesdienst zum Thema „Heimat“ aus Eckweiler. Die Umsiedler haben längst ihre neue Heimat gefunden, die ältere Generati- on ist inzwischen gestorben. Die Jungen der Umsiedlung sind inzwischen alt ge- worden, hängen noch an der alten Hei- mat und tragen die Erinnerungen mit. Im Laufe der Zeit werden die Gedanken an die beiden Dörfer allmählich verblas- sen, doch bleiben werden sie sicherlich.

Der Turm der Pferdsfelder Kirche fällt Werner Bohn

161 162 Stadtentwicklung 1990 meldete, das Geschwader solle in bandsgemeinde Sobernheim mit, dass die ehemalige DDR verlegt werden. Der Verteidigungsminister Rühe am 30.März » konversion flugplatz pferdsfeld und dörndich Sobernheimer Stadtrat verabschiedete 1993 entschieden hat, das neu aufzu- eine Resolution zur Erhaltung des Ge- stellende Jagdgeschwader 73, bestehend schwaders. Vor allem Zivilbeschäftigte aus dem MIG-29-Anteil Preschen sowie Die Vorgeschichte Flugplatz für die Stationierung des Tarn- gründeten die „Bürgerinitiative pro Flug- dem F-4-Anteil Sobernheim in Laage bei kappenflugzeugs Egrett (D 500), auch platz“. Vorsitzender war Werner Will aus Rostock zu stationieren und die beiden Das Flugplatzgelände auf den Gemarkun- „Silberreiher“, ein Aufklärungsflugzeug Woppenroth. Die BI forderte den Erhalt alten Standorte aufzugeben. gen Pferdsfeld, Eckweiler, Ippenschied der Firma Grob, zu nutzen. Dieses Flug- des Flugplatzes, zumindest aber eine und Rehbach umfasst 3.190.040 qm = zeug sollte in großer Höhe über der in- weitere militärische Nutzung zur Siche- Die Problematik 319 ha. Etwa 1.400 Soldaten waren beim nerdeutschen Grenze Aufklärungsflüge rung der Arbeitsplätze. Gleichzeitig er- Jagdbombergeschwader 35 ( JaboG 35) unternehmen. Dazu sollte der Flugplatz hob sie heftige Vorwürfe gegen SPD, Noch vor dem Abzug der Bundeswehr stationiert, davon ca. 220 Wehrdienst- nach Südosten Richtung Daubach/Reh- Grüne und evangelische Kirche, die an- wurde überlegt, wie die vorhandenen leistende, dazu kamen etwa 400 Zivilbe- bach erweitert werden. Am 7.September geblich im Zuge der Friedensbewegung militärischen Strukturen durch zivile er- schäftigte. 1989 wurde ein Prototyp des Flugzeugs der 80er Jahre und der Ablehnung der setzt werden könnten. Dabei ging es auf dem Flugplatz der Öffentlichkeit vor- Flugplatzerweiterung für die „Egrett“ für einerseits um die Nachnutzung der mi- Das Kasernengelände Dörndich (A-Be- gestellt. Die Firma E-Systems, verant- die Auflösung des Bundeswehrstandorts litärischen Anlagen und andererseits um reich) umfasst 243.080 qm = 24 ha auf wortlich für die Aufklärungs-Elektronik mit verantwortlich wären. Mögliche mi- einen Ausgleich für wegfallende Arbeits- den Gemarkungen Bad Sobernheim für die Egrett, sollte ursprünglich als litärische Nachnutzungen wurden ins plätze und Wirtschaftskraft. Dies lief un- und Nußbaum. Die Standortverwaltung zivile Komponente auf dem Flugplatz Gespräch gebracht wie Flugabwehrra- ter dem Begriff der „Konversion“ – ein Sobernheim war ursprünglich in der angesiedelt werden, doch dabei hatte keten mit einer entsprechenden Schule Thema nicht nur für Sobernheim und Um- ehemaligen Schuhfabrik Bernardi in der der Standort Trier wohl bessere Karten. oder die Stationierung amerikanischer gebung, sondern in ganz Deutschland. Großstraße, nach vergeblichen Bemü- Gegen die Flugplatzerweiterung gab es Kampfhubschrauber vom Flugplatz Rheinland-Pfalz als ehemaliger „Flug- hungen der Stadt um Flächen für einen vor allem Widerstand aus den betrof- Wiesbaden-Erbenheim. Dann kam die zeugträger der NATO“ mit einer großen Neubau der STOV in der Königsberger fenen Dörfern, aber auch von anderen. zivile Mitbenutzung wieder ins Spiel mit Dichte an Militär - Bundeswehr, Ameri- Straße, an der Stettiner Straße und nörd- Schließlich stellte sich, nach viel Wirbel überbetrieblicher Ausbildungsstätte und kaner und Franzosen - war besonders lich des Friedhofs zog die STOV nach Sim- vor Ort, auch die CDU-Landesregierung in einem Industriegebiet südlich des Plat- davon betroffen. Die Landesregierung mertal mit 160 Beschäftigten. Mainz gegen eine Flugplatzerweiterung. zes. Die Landesregierung wurde aufge- machte Konversion zum Schwerpunkt ih- Das Vorhaben scheiterte schließlich am fordert, die geplante Landesfeuerwehr- rer Politik. Am 10.3.1992 wurde ein „Lan- Schon 1980, als die Umsiedlung von „Amigo-Skandal“, in dem der bayrische schule hier einzurichten. Auch der Erhalt des-Überbrückungsprogramm Konver- Pferdsfeld und Eckweiler in vollem Gan- Ministerpräsident und andere mit dem der SAR-Hubschrauber (Search and Res- sion“ aufgelegt, in dem auch Pferdsfeld ge war, machte man sich Gedanken um Flugzeughersteller verbandelt waren cue) auf dem Flugplatz, die auch für zivi- enthalten war. 1992 standen im Rahmen eine mögliche zivile Mitnutzung der mi- und letztendlich auch am Fall der Mau- le Rettungsflüge eingesetzt wurden, war dieses Programms 137 Millionen DM zur litärischen Einrichtungen. Bürgermeis- er 1989, der den ursprünglichen militäri- immer wieder Thema. Verfügung, 1993 146 Millionen DM. In ter Dr. Werner Dümmler schlug vor, die schen Zweck überflüssig machte. diesem Zusammenhang wurden Gutach- verlassene Pferdsfelder Grundschule mit Letztendlich waren all diese Bemühun- ten angefertigt, auch Studienarbeiten. der benachbarten Mehrzweckhalle als 1989 gab es nach der Auflösung der gen vergeblich. Am 8.August 1991 ent- Das Büro Niemeyer (Bielefeld), von Lehrlingswerkstatt zu nutzen. Doch die Blöcke in Europa erste Gerüchte um die schied das Verteidigungsministerium, Bündnis 90 / Die Grünen beauftragt, Bundeswehr wollte grundsätzlich keine Auflösung des Jagdbombergeschwaders das Geschwader nach 1994 an einen schlug 1991 vor: Ökologisch orientierter Lehrlinge ausbilden. 35. Das Verteidigungsministerium woll- anderen Standort zu verlegen. Am 3.Juni Tourismus, Alternativtechnologien und te dazu keine Stellung nehmen, doch 1993 teilte Innenminister Walter Zuber kleinere bis mittlere Gewerbebetriebe, Ab 1984 gab es öffentlich Pläne, den die Unruhe wuchs, als der „Spiegel“ dem Bürgermeister der Stadt und Ver- Motto „Ideen und Gesundheit“.

163 164 Bauleitplanung zusammengeschlossen. schließungsstraße in Angriff genommen Das Büro FIRU, Kaiserslautern (März 1995 stellte der vom Land und von der Um die brachliegenden ehemals militä- und im Oktober 2008 abgeschlossen. Der 1992) hatte diese Ideen : Technologiezen- Stadt beauftragte Professor Vogel mit risch genutzten Grundstücksflächen in Ausgabenaufwand betrug hier 280.000 trum für neue Methoden der Energiege- der KERP (Kommunale Entwicklungsge- eine großflächige industriell-gewerbli- €. Inzwischen ist auch der Mobilfunk- winnung, Firmen für neue Baukulturen, sellschaft Rheinland-Pfalz) ein Gutachten che Nutzung zu überführen, wurde mit empfang im Bereich des Industrieparks sanfter Tourismus, Weiterbildungs-Ein- vor, in dem auch „Vorausfabriken“ auf dem Land Rheinland-Pfalz im Mai 2003 Pferdsfeld gewährleistet. Insgesamt richtungen, auch Flugsport. Motto: „Die dem Flugplatz als Idee ins Spiel gebracht der „Städtebauliche Vertrag zur zivi- wurden rund 5 Millionen Euro investiert. Region Sobernheim, ein Ort, an dem man wurden. Diese Fabriken sollten von der len Entwicklung des ehemaligen Nato- Ideen und Gesundheit tanken kann.“ KERP erstellt, zuerst vermietet und spä- flugplatzes Pferdsfeld“ abgeschlossen. Eine Konversions-Stabsstelle in Bad ter verkauft werden. Außerdem wurden In diesem Vertrag wurde eine 80%ige Sobernheim in Verbindung mit dem In- Das Gutachten der Dr. Troje Beratungs- gleichzeitig ein Golfplatz (72 Löcher), ein Landesförderung über die Laufzeit von nenministerium war zum 1.1.1998 einge- und Wirtschaftsförderungs-GmbH, Han- Kur- und Präventions-Hotel, der Japan- 10 Jahren, ausgehend von förderfähigen richtet worden. Konversions-Beauftragte noversch Münden, das 1992 im Auftrag park und für die alten Ortslagen Pferds- Investitionskosten von maximal 25 Mio. war zuerst Anne Kraft, ihr folgten Achim der Sparkasse für den Kreis Bad Kreuz- feld und Eckweiler „Heritage-Parks“ vor- € vereinbart. Die restlichen 20% werden Kistner, ihm wiederum Renate Scheffold. nach erstellt wurde, sagte mittelfristig geschlagen, in denen auch die Geschichte dabei je zur Hälfte von der Fa. TRIWO und Zusammen mit Bürgermeister Hans-Ge- keine nennenswerten Einwohner- oder (Kelten, Römer) der Gegend vermarktet der Verbandsgemeinde Bad Sobernheim org Janneck lag hier das Verwaltungs- Wirtschaftskraftverluste durch den Ge- würde. Da die KERP keine konkreten Er- aufgebracht, wobei die Umsetzung der handeln. Daneben gab es weitere Bemü- schwader-Abzug voraus. Für den Flug- gebnisse erzielen konnte, wurde ihr Auf- durchzuführenden Maßnahmen durch hungen: platz Pferdsfeld wurden Sportflugplatz, trag vom Land aus beendet. die Verbandsgemeinde Bad Sobernheim Flugschule, eine Landesbehörde und ein erfolgt. Bereits Ende 2003 wurde in ei- Die Initiative Soonwald war schon am Müllzentrum vorgeschlagen, gleichzeitig Anfang 1997, als die KERP veranschlagt nem 1. Bauabschnitt mit dem Abbruch 19.11.1993 in Seesbach gegründet wor- für die Stadt Sobernheim ein größeres hatte, die Konversion würde – ohne Alt- von militärisch genutzten Gebäuden, den. Sie richtete sich gegen die Müllde- Gewerbe- / Industriegebiet. lastensanierung über 100 Millionen DM Sheltern und Bunkern begonnen, der bis ponie, exzessiven Tourismus und Indust- kosten, machte sich Ernüchterung breit. Ende 2006 mit einem Kostenvolumen rie, befürwortete sanften Tourismus und Ein Gutachten von Professor Lang von Nun kam sogar die „Null-Lösung“ ins Ge- von rund 2,5 Mio. € abgeschlossen wur- Golf. Vorsitzender war der Seesbacher der Berufsakademie Ravensburg kam spräch – einfach Flugplatz und Dörndich de. Gleichzeitig wurde die Wasserver- Ortsbürgermeister Rainer Altmeier, die 1993 zum Ergebnis, dass im Bereich liegen lassen. sorgung, die Abwasserentsorgung, die anderen Vorstandsmitglieder kamen alle Sobernheim mit Fremdenverkehr 300 Ar- Beleuchtung und die Löschwasserver- vom Soonwaldrand. beitsplätze mit einem jährlichen Umsatz Die Trierer Wohnungsbaugesellschaft sorgung mit einem Kostenaufwand von von 17 Millionen DM möglich wären. TRIWO hat das gesamte Flugplatzgelän- rund 1,2 Mio. € erneuert. Vor allem auf Initiative der GRÜNEN, an- de bis auf wenige Einzelgrundstücke vom Im Rahmen eines 2.Bauabschnittes wur- geführt von Rainer Lauf, etablierte sich Ende 1993 wurde das Gutachten von Dr. Bund gekauft und vermarktet es seitdem den weitere Abrissmaßnahmen von Bau- um 2000 das Regionalbündnis Soon- Ronald Lutz vorgestellt. Er empfahl Ge- als „TRIWO Gewerbepark Pferdsfeld“ mit werken vorgenommen, die für gewerb- wald-Nahe (vorher Bündnis für Kon- sundheitstourismus, ein Freizeitzentrum einer Gesamtfläche von 317 ha. lich-industrielle Nutzung ungeeignet sind version und Regionalentwicklung). Die mit Golfplatz und ein Wein-, Wald und und damit bei Ansiedlungsvorhaben stö- Beteiligten versuchten möglichst viele Militärmuseum auf dem Flugplatz. Die drei betroffenen Kommunen - Stadt ren. In diesem Zusammenhang wurden Akteure einzubeziehen. Überregional Bad Sobernheim, Ortsgemeinden Ip- auch die vorhandenen, unterirdischen und überparteilich sollte agiert werden. Am 10.6.1994 beschloss der Sobernhei- penschied und Ortsgemeinde Rehbach Tanklager ausgebaut und entsorgt. Im Die große Richtung in der Politik war zu mer Stadtrat einstimmig die städtebau- – schlossen sich zum „Planungsver- August 2008 konnten diese Arbeiten mit dieser Zeit die Agenda 21, zu der sich das liche Entwicklungsmaßnahme Flugplatz band Konversionsmaßnahme Pferds- Gesamtkosten von rund 1,1 Mio. € ab- Bündnis zählte. Es nannte sich später Pferdsfeld und deren Durchführung mit feld“ zwecks Ausübung der gemein- geschlossen werden. Als weitere Maß- auch „Arbeitskreis Konversion / Regi- Hilfe des Landes Rheinland-Pfalz. samen Planungshoheit und damit der nahme wurde der Ausbau der Haupt-Er- onalentwicklung“. Die Tätigkeit des Ar-

165 166 beitskreises war immer wieder Anlass zu Ideen und Vorhaben des ehemaligen Campingplatzes baute dienst des Stadt- und Verbandsgemein- Auseinandersetzungen, sowohl von au- Uwe Engelmann später ein Sommer-Café debürgermeisters Hans-Georg Janneck, ßen, wenn der Arbeitskreis mit den ge- Die örtlichen politischen Gruppierungen und eine Minigolfanlage, erweitert um der zugleich mit der privaten Sanierung wählten kommunalpolitischen Gremien waren auch gefordert, Ideen vorzule- Stellplätze für Wohnmobile. Das städ- von zum Abriss vorgesehener Bausubs- konkurrierte als auch innerhalb, wenn die gen. Dies geschah natürlich stets in Kon- tische Gelände erhielt er in Erbpacht. tanz seinen aufwändigen persönlichen unterschiedlichen Interessen zum Tragen kurrenz zu den anderen; man versuchte Eine zusätzliche Klinik wurde dann doch Beitrag dazu leistete. kamen. den Gegner zu übertrumpfen. Nach wie vor allem auf Initiative von Bürgermeis- Hansjochen Staege, ehemaliger Leiter vor blieb auch die Schuldzuweisung für ter Janneck im Bereich des Dreiecks/ Der Flugplatz Pferdsfeld als Freizeitzent- des Forstamtes Entenpfuhl hatte beson- den Abzug der Bundeswehr ein Thema, Nachtigallental gebaut (Asklepios-Leh- rum hatte recht wenig Erfolg.Es ergaben ders den Wald im Blick. Er engagierte genährt auch von persönlichen Umorien- nert-Schroth als Nachfolgerin der Ka- sich hier nur kleinere Maßnahmen: Kart- sich für einen Naturpark, für (Wander-) tierungen der ehemaligen Geschwader- tharina-Schroth-Klinik, vorher zwischen Bahn, Paintball-Anlage, Schießsport. Tourismus und für die Holznutzung. Franz Angehörigen. Viele von ihnen mussten Leinenborner Weg und Staudernheimer Alt, bekannter Fernsehmoderator, pre- mit ihren Familien zum neuen Arbeits- Straße). Zur Stadthalle wurde 1995 der B Solarpark digte die Nutzung alternativer Energien, platz umziehen, andere führten Wochen- alte Kaisersaal. Damit waren die Ziele vor allem Solarenergie , nachwachsen- end-Ehen, manche suchten ihre Zukunft grundsätzlich erreicht, wenn auch anders Den Solarpark Pferdsfeld hatte der Fern- de Rohstoffe und Holzverwertung. Die in einem Berufswechsel. Ältere Arbeit- als ursprünglich gedacht. sehjournalist Franz Alt im Zusammen- Deutsche Umwelthilfe DUH, eine von der nehmer konnten früher in Rente gehen. Immer wieder gab es Ideen und Vorstö- hang mit dem Regionalbündnis Soon- Großindustrie gesponserte Organisation, Die gesellschaftlichen Verwerfungen ße, den Dörndich als Ausbildungsstät- wald/Nahe im Jahr 2000 ins Gespräch hatte sich den Naturpark und darin als mussten in relativ kurzer Zeit vollzogen te zu etablieren. Am höchsten gehan- gebracht, unterstützt u.a. auch vom „So- Symboltier die Wildkatze ausgesucht. werden. Wenn dann eine neue Idee der delt wurden die Universitätspläne. Alles larpapst“ Hermann Scheer (MdB SPD). Anfang April 2000 wurde bekannt, dass Konversion veröffentlicht wurde, gab es scheiterte. Der Solarstrom sollte – ebenso wie er- die DUH den Soonwald in ihr Programm Hoffnungen auch für die persönliche Zu- gänzend oder alternativ der Windstrom „Lebendige Wälder“ aufgenommen hat kunft. Enttäuschend war es dann, wenn Das Industrie- und Gewerbegebiet Stein- – über eine Leitung durch das Hoxbach- und für die Einrichtung des Soonwalds sich manches hoch gehandelte Projekt hardt scheiterte am Widerstand der tal ins Stromnetz eingespeist werden, als Naturpark oder Nationalpark eintritt. als Fata Morgana erwies. Im Folgenden Steinhardter Landbesitzer und der feh- soweit er nicht auf dem Flugplatz selbst Gleichzeitig argumentiert damit das Re- sollen einige Konversions-Vorhaben auf- lenden Unterstützung durch den Kreis, oder in unmittelbarer Umgebung abge- gionalbündnis gegen die Bemühungen gezeigt werden, die – wenn auch nur teil- dem dem dies als unliebsame Konkur- nommen würde. um Pro Welt. „Die Wildkatze, nicht Pro weise – realisiert werden konnten: renz zu anderen Flächen gesehen wurde. Im April 2001 meldet Bürgermeister Welt“ war die Losung. Hans-Georg Janneck die Verbandsge- A Das 5-Säulen-Programm der SPD vom Die Stadtsanierung erhielt durch die Kon- meinde Bad Sobernheim mit der Deut- Das Bündnis organisierte mehrere große 19.9.1992 version einen deutlichen Schub, weil von schen Umwelthilfe, der Freiburger Firma Veranstaltungen, unter anderem in Eck- der Landesregierung erhebliche Förder- Solarstrom und dem Regionalbündnis als weiler, auf dem Dörndich, in der Semen- Die Stadt kaufte für eine Kurklinik am mittel flossen. Angefangen vom Umbau „Solarkommune“ an. dishalle Seesbach ( Januar 1996, Novem- Naheufer (mit großer Stadthalle) land- des Marktplatzes ging es über den Aus- Nach 2010 wurden große Flächen auf ber 1997). Dabei waren immer wieder wirtschaftliche Grundstücke und Gär- bau der Neugasse, das Quartier Felkezen- dem Flugplatz im Nordwesten mit So- hochkarätige Referenten aus dem gan- ten südlich der Bahnlinie. Doch als das trum – ehemaliges Nahekaufhaus – bis larzellen bestückt. Die Firma Sybac Solar zen Bundesgebiet. Die Öffentlichkeits- Hochwasser 1993 und 1995 die Flächen zur Sanierung von Kaisersaal und Phil- GmbH aus Kehrig bei Mayen investierte Resonanz war entsprechend groß, vor überflutet und deutliche Schäden- ver ippskirche. Auch die Bad-Anerkennung rund 60 Millionen Euro um auf Pferdsfeld allem in den Medien. Während sich die ursacht hatte, wurde eine neue Hoch- 1995 war indirekt eine Folge der Kon- den größten Solarpark des Landes zu in- Grünen in diesen publikumswirksamen wasserlinie gezogen, innerhalb der nicht version. Die Stadtsanierung mit vielen stallieren. Er soll 28,5 Megawatt Leistung Erfolgen sonnten, gab es bei den ande- mehr gebaut werden durfte. Damit wa- Investitionen war der erfolgreichste Teil bringen und den Strombedarf von über ren Parteien oft Neid und Häme. ren die Pläne obsolet. Auf dem Gelände des SPD-Programms, vor allem ein Ver- 7000 Haushalten abdecken. sollte Die

167 168 Anlage ging Ende 2012 vollständig ans und weiteren Gebäuden mit festen Ar- M Anderes tische Prominenz stellte sich damit dar. Netz. beitsplätzen von Opel im Gespräch, so ist Wenn die Idee gescheitert war und zum nun einzig die Teststrecke in Gebrauch. Mehrere kleinere Betriebe siedelten sich Teil erhebliche Mengen an Steuergeldern C Windräder Immer wieder sieht und hört man Au- auf dem Flugplatz an, u.a. eine Kraftfahr- vergebens aufgewendet waren, wollten tos auf dem Flugplatz. Zum Teil sind es zeugwerkstatt, ein Holzverarbeitungs- die ursprünglichen Initiatoren oft nichts Nachdem das Erneuerbare-Energien- „Erlkönige“, also die Prototypen neuer betrieb, ein Baumaschinen-Verleih, eine mehr damit zu tun haben. Gesetz (EEG) von der rot-grünen Bun- Fahrzeuge, die dann teilweise noch ver- Schießanlage für Sportschützen. desregierung die Erzeugung von Energie kleidet auf der Startbahn ihre Runden Daneben wird der Flugplatz vom MSC A Faserzentrum MBR Agrarservice auch mit Windkraftanlagen sehr attrak- drehen. 2003 wurde zwischen der TRIWO Soonwald, Sitz in Monzingen, seit 2001 tiv gemacht hatte, entstanden überall und Opel ein Mietvertrag über 10 Jahre als Go-Kart-Strecke genutzt. Der grelle 200 Landwirte vor allem aus Westerwald im Land neue Einrichtungen. Für den abgeschlossen. Lärm der kleinen Fahrzeuge ist unüber- und Taunus, aber auch Reinhold Kessel Bereich des Flugplatzes ist die Windhöf- hörbar und sorgt vor allem am Wochen- aus Rehbach, gründeten mit kräftiger figkeit noch umstritten. Eher scheint der E Sobernheimer Rohstoffkontor ende für Ärger in der Umgebung des finanzieller Unterstützung des Landes Höhenzug südlich der ehemaligen Orts- Flugplatzes (Ippenschied). Anscheinend 1999 die Firma MBR Agrarservice. Auf lage Pferdsfeld geeignet. Mehrere Inves- Das Sobernheimer Rohstoffkontor ver- wurde die Startbahn auf dem Flugplatz etwa 2o Hektar sollten 11-12 Vollarbeits- toren bemühten sich um Realisierung. arbeitet seit etwa 2000 vor allem Kunst- auch für Privatrennen mit anderen Fahr- plätze entstehen, die aus angeliefertem Grundstücksbesitzer erhoffen sich davon stoffe, indem diese sortenrein geschred- zeugen genutzt. Holz, Hanf, Sonnenblumenresten oder Gewinne. Eine Wind-Messanlage wurde dert und zur Weiterverarbeitung in ganz Schilfgras (China-Schilf) Dämmstof- errichtet und später wieder abgebaut. Europa geliefert werden. Recht früh sammelten sich auf dem fe produzieren sollten, sowohl für den Inzwischen spricht man von Windrädern, Flugplatzgelände Militaria-Anhänger um Hausbau als auch für den Fahrzeugbau die 250 Meter hoch sein sollen – für die F Alu-Gas dort Kriegsspiele zu veranstalten. Später (in Zusammenarbeit mit Firma Polymer). verbliebenen Menschen am Soonwald- wurde ein ofizielles „Paint-Ball“-Gelände Über 300 teils prominente Gäste waren rand ein Horror-Bild. Dagegen wurde in- 1999 begann Alu-Gas-Geschäftsführer hergerichtet, auf dem sich Kriegsspieler bei der Einweihung dabei und lobten das zwischen eine Bürgerinitiative am Soon- Jörg Vetter auf dem Flugplatz in der mit Farbpatronen auf imitierten Kriegs- Projekt, das vor allem aus dem FDP-ge- waldrand gegründet. Aktuell sind wohl ehemaligen Tribo-Halle die Produktion waffen beschießen. Filme von solchen führten Wirtschaftsministerium massiv sechs Windräder mit einer Nabenhöhe neuartiger Gasbehälter aus Aluminium, Spielen sind zum Teil unter YouTube ins mit Fördergeldern unterstützt wurde. Die von etwa 130 Meter in der Planung. die die herkömmlichen Stahlbehälter er- Internet eingestellt. FH Kaiserslautern lieferte die Theorie. Der setzen sollten. 9,5 Millionen DM sollten Guldentaler Unternehmer Roland Bott D Opel investiert werden, rund 50 Arbeitsplätze Für ein bedeutendes Logistikunterneh- wollte Holzhäuser damit dämmen, Ex- entstehen. Nach anfänglicher Begeis- men wurde zudem ein maßgeschneider- porte nach Saudi-Arabien waren im Ge- Nach Übernahme des Flugplatzes vom terung und positiver Darstellung in der ter Hallenkomplex mit mehr als 10.000 spräch. 4 Millionen € Zuschüsse kamen Bund durch die TRIWO (Trierer Woh- Öffentlichkeit gab es Probleme bei der qm Lagerfläche errichtet. Mittlerweile vom Land. Viele Tausend Rollen Material nungsbaugesellschaft) wurde schon bald technischen Zulassung der neuen Gasfla- haben sich 22 Unternehmen, die 137 Ar- wurden auf den Flugplatz gefahren. Doch das Interesse der Firma Opel (Rüssels- schen. beitsplätze geschaffen haben, angesie- die Herstellungstechnik funktioniert nicht heim u.a.) bekannt, auf dem Flugplatz delt. wie erhofft; es kam zu Produktionsstaus. das ausgedehnte Start- und Rollbahn- H Polymer-Tec Potentielle Kunden sprangen ab. Die gelände zu Testzwecken für ihre neuen Gescheitert Firma musste Insolvenz anmelden. Viel Automodelle zu nutzen (Test- und Ev- Polymer-Tec, ein Ableger der Bad Material lagerte allerdings noch auf dem entzentrum). Am 18.12.2002 präsentierte Sobernheimer Firma Polymer (die wie- Gescheitert sind einige Pläne im Rah- Flugplatz. Nur ein Teil konnte an Zellstoff- sich Opel im Kaisersaal. Die Erwartun- derum aus der Firma Hay hervorging), men der Konversion, die oft sehr groß fabriken verkauft werden. Zehntausende gen waren sehr groß. War ursprünglich verarbeitet auf dem Flugplatz Kunststoff- angekündigt und mit viel öffentlicher faulende nicht verarbeitete Strohballen sogar die Einrichtung von Werkstätten granulat zu Fertigprodukten. Aufmerksamkeit bedacht wurden. Poli- bilden ein großes Ärgernis. Sie mussten

169 170 Am 30.1.1993 entschied dann der Kreistag D Japan-Park und Arche Noah doch nicht für Pferdsfeld, sondern stellte Der Gedanke eines Japan-Parks wur- die Entscheidung zurück mit der Option, de 1994 von Michael zu Salm-Salm aus mit Hilfe neuer technischer Verfahren die Wallhausen, Weingutsbesitzer und sehr Erweiterung der Deponie Meisenheim/ agiler CDU-Politiker, geboren. Das In- zu prüfen, was schließlich auch teresse der Japaner an deutscher Kul- realisiert wurde. tur und besonders auch an deutschem Am 20.11.1993 überraschte Bundesum- Wein sollte zu einer solchen Investition weltminister Töpfer mit der Ankündi- genutzt werden. Dafür wurde von Salm- gung, die Bundesregierung plane den Salm schließlich neben Transport von 123 Brennelementen mit (Autobahnanschluss) auch der Flugplatz 1100 bis 1200 kg Plutonium aus dem Zwi- Pferdsfeld ins Gespräch gebracht. Betei- schenlager Hanau zur Weiterverarbei- ligt war auch Landes-Wirtschaftsminister tung vom Flugplatz Pferdsfeld aus nach Brüderle. Auch Bürgermeister Janneck Schottland. Darauf folgten sofort einhel- und seine Beigeordnete Elisabeth Öhler lige Proteste rund um den Flugplatz, so- flogen vom 18. bis 22.November 1995 mit Material Faserzentrum wohl von den kommunalpolitischen Gre- einer Delegation nach Japan zum poten- mien als auch von der BI Soonwald. Nach tiellen Investor Wataru Kumon. Japani- entsorgt werden, soweit sie nicht – von feld und Eckweiler am 16.Januar 1994 als bundespolitischer Aufmerksamkeit wur- sche Delegationen besichtigten den Flug- wem auch immer – angezündet worden „Neujahrstreffen“ durchgeführt. den die Plutonium-Transporte abgesagt. platz. Doch die Pläne zerschlugen sich. waren oder einfach verrotteten. Im April 1992 wurden in der Pferdsfelder Gemarkung und auf dem Flugplatz Boh- C Golfplatz Außerdem wurde 1996 kurzzeitig über B Mülldeponie rungen durchgeführt um die geologische eine Arche Noah auf dem Flugplatz spe- Eignung für eine Mülldeponie festzustel- Die Sobernheimer CDU brachte 1992 ei- kuliert. Diese Idee hatte auch Michael Im September 1991 waren Flugplatz und len. Der Untergrund sollte möglichst we- nen Golfplatz ins Spiel. Im Dezember zu Salm-Salm eingebracht. Ein Theologe die angrenzenden Gemarkungen mögli- nig wasserdurchlässig sein. Der Bereich 1992 stellte sie im Stadtrat den Antrag aus Düsseldorf und eine Ettlinger Marke- che Standorte einer neuen Mülldeponie des Flugplatzes wurde als wenig geeig- für einen Golfplatz Richtung Ippenschied. ting GmbH (MRK) schlugen ein riesiges für den Kreis Bad Kreuznach. Die Alter- net beurteilt, der Bereich südlich des Es wurden Besichtigungsfahrten zu ver- Schiffsmodell mit Tiermodellen, Museum nativstandorte und Meisen- Flugplatzes als besser geeignet, wenn schiedenen Golfplätzen durchgeführt. und Musicaltheater vor, außerdem ein heim wurden von dortigen Bürgeriniti- auch nicht so gut wie südöstlich von Bad Ein möglicher Investor für 30 Millionen Vergnügungspark für Kinder. Insgesamt ativen massiv bekämpft. Für Pferdsfeld Kreuznach. DM war die Deutsche Freizeit Immobili- wurden 500.000 Besucher im Jahr er- erwarteten die Verantwortlichen im Kreis Diskutiert wurde auch die Anlage einer en-Gesellschaft (DFG) in Waldalgesheim. wartet; dafür müsste u.a. die B 41 vier- weniger Widerstand. Der kam jedoch modernen Müllverbrennungsanlage auf Doch diese erwies als nicht sehr finanz- spurig ausgebaut werden. Mit anderen bald auf, vor allem von den noch vorhan- dem Flugplatz. Diese riesigen Anlagen, kräftig genug. Später wurde am Kurhaus Komponenten („Arche meets Bonsai“) denen Flugplatzrandgemeinden, die ge- deren Prototyp in Norditalien damals am Maasberg damit begonnen einen sollte so zum Jahrtausendwechsel ein gen die Mülldeponie mobil machten. Der erprobt wurde, sollten sämtlichen Müll Golfplatz zu bauen, zuerst nur in unmit- Millennium-Park entstehen. Kurz darauf Verbandsgemeinderat fasste ebenso wie thermisch verwerten (verbrennen) und telbarer Nähe des Kurhauses, später lau- wurde bekannt, dass gegen den poten- der Stadtrat Resolutionen und Beschlüs- die Wertstoff separieren, so dass lediglich fend vor allem gegen den Widerstand tiellen Investor wegen Konkursvergehen se gegen eine Mülldeponie. Eine große Asche mit relativ wenig Restvolumen in der Landwirte expandierend fast an den ermittelt wurde. Damit war das Projekt Protestkundgebung mit über 300 Men- einer Deponie gelagert werden müsste. Rand der B 41. erledigt. Doch ein Themenpark war im- schen, vom Fernsehen aufgenommen, Problematisch waren allerdings noch die mer noch eine Option. wurde auf den Wiesen zwischen Pferds- hochgiftigen Dioxin-Anteile in der Abluft. 171 172 Pro Welt - Skizze Pro Welt Zeitungsbericht

E Pro Welt vorgestellt, in dem man in kleinen Wa- Stadtrat und im Verbandsgemeinderat waldrandgemeinden, aus der Verbands- gen von den Indianern Südamerikas über gab es deutliche Mehrheiten für das Pro- gemeinde Rüdesheim und von den Grü- Anfang Januar 1999 gab es große Aufre- Draculas Transsylvanien und die Arktis jekt Pro Welt. Auch die Landesregierung nen, die letztendlich Pro Welt scheitern gung um neues Riesenprojekt: Ein Grup- usw. durch die Welt reisen sollte, was befürwortete das Mammut-Vorhaben ließen. Es gab noch einige Versuche, Pro pe holländischer Investoren, die teilwei- an einem Tag nicht zu schaffen wäre. und räumte ihm absolute Priorität ein. Welt doch noch abgespeckt zu retten, se weltweit tätig waren, wollten einen So brauchte der Park 16.000 Betten in Zwischen den kommunalen Vertretern doch letztendlich war die Sache geplatzt riesigen Erlebnispark „Pro Welt“ mit verschiedenen Bereichen, große Park- der Stadt und denen aus Rehbach und wie eine riesige bunte Seifenblase. Beim virtuellen Elementen auf dem Flugplatz platzflächen auch schon im Talbereich Ippenschied gab es dagegen heftigen Innenministerium in Mainz gab es darauf und darüber hinaus schaffen. Es wurde der Nahe, Ausbau der Straßen und die Streit. Der Stadtrat beschloss ein „Eck- hin großen Ärger über die Uneinigkeit in mit einer Milliarde DM Investitionen und Möglichkeit der direkten Erreichbarkeit wertepapier“ zu Pro Welt. Janneck traf der Region. 2000 Arbeitsplätzen spekuliert. Allein die mit Flugzeugen. sich mit einer achtköpfigen Delegation Machbarkeitsstudie sollte 4 Millionen DM aus Bad Sobernheim und Mainz in Hol- F Andere Ideen zur Konversion kosten. Besucher sollten die ganze Welt Im Planungsverband stimmten Rehbach land mit den potentiellen Investoren La an einem Wochenende dort in riesigen und Ippenschied gegen das Projekt, wo- Compagnie, Oranjewoud und MPMG (Fi- Es gab immer wieder Ideen zur Konver- Hallen „erleben“ können. Die Aufregung rauf die Berechtigung des Planungsver- nanzierungsgruppe). Mitte Dezember sion, zum Teil sehr utopische, die aller- in der ganzen Region bei diesem Mam- bands infrage gestellt wurde. Beim Kreis 1999 wurde die Lage noch einmal kon- dings nie konkretisiert wurden: mut-Projekt war groß, ebenso das Inte- gab es erhebliche Skepsis eine Absichts- trovers bei einer Bürgerversammlung im » Herstellung von Draeger-Kranken- resse der Medien landesweit. Die kom- erklärung zur Machbarkeitsstudie zu un- Kaisersaal diskutiert. hausmodulen für Entwicklungsländer munalpolitischen Akteure vor Ort waren terschreiben; Landrat Karl-Otto Velten und zur Katastrophenhilfe in der Mehrzahl vorsichtig optimistisch und eine Mehrheit in den Kreisgremien, Im Mai 2000 zeichnete sich das Ende der » Alternative Energien (Biogas- und zustimmend, das Regionalbündnis vor allem aus der Verbandsgemeinde Pro Welt-Idee ab. Es waren vor allem Blockkraftwerk, Holzvergasung) eher skeptisch bis ablehnend. Bei einer Rüdesheim zeigten sich ablehnend, viel- die Geldgeber MPMG, denen die Finanz- » 1991 suchte Legoland in optisch eindrucksvollen Präsentation am leicht auch, weil sie von Bad Sobernheim anlage zu unsicher war, aber auch der Deutschland einen neuen Standort 7.Mai 1999 im Kaisersaal wurde der Park nicht rechtzeitig eingebunden waren. Im Widerstand in der Region aus den Soon- » 1997 wurde die Änderung der 173 174 Flugplatz-Nutzung für Sportflugzeuge, che. Eine Sitzgruppe wurde aufgestellt, Hubschrauber und Ballons von Hecken wurden beseitigt; die ganze An- der Verbandsgemeinde beantragt. lage in Ordnung gebracht. Am 29.8.2007 Die Nutzung als Sonderflugplatz wurde zur Einweihung des Platzes ein- wurde vor allem von den Flugplatz- geladen. An Pfingsten 2010 übertrug das anwohnern sehr kritisch gesehen. Fernsehen einen Fernsehgottesdienst » Das Büro für angewandte Archäologie zum Thema „Heimat“ aus Eckweiler. AGIL aus Hamburg wollte Erlebnisurlaub auf keltische Art Im November 1990 stellte der Ex-Pferds- anbieten werden mit Metallgießen, felder Werner Bohn den Antrag an den Bogenbau und Kochen wie vor Stadtrat mit dem Ziel, den Röhrbrunnen 2000 Jahren in Pferdsfeld wieder herrichten. Dem An- » Eine Sekte, das „Vedisches trag wurde stattgegeben und mit viel Ei- Friedenscorps“ zeigte 2000 Sekte genleistung des städtischen Bauhofs mit Interesse an einer Wohnbebauung dem engagierten Bauhofleiter Kurt Titze des Flugplatzes mit Ausrichtung nach wurde der Brunnen wieder hergerichtet speziellen Maximen ihrer auf den und der Platz mit einigen Neupflanzun- Das war der Kasernenbereich Dörndich Hinduismus aufbauenden gen rundherum wieder aufgewertet. Ein Anschauung („Friedensdorf“). Findling aus dem Soonwald steht dane- » Känguruh-Farm ben und eine Gedenktafel erinnert an das men einige, die auch bei der Umsiedlung dich brachte 1991 Landrat Walter Zuber » Stunt-Szenen für Filme verschwundene Dorf, ebenso wie eine noch Kinder waren und jetzt in der alten ins Gespräch. Doch diese wurde später » Überlebens-Trainingsanlage Tafel an der Kirchenmauer in Eckweiler. Im Heimat ein Treffen suchen. Im jährlichen bei Wöllstein neu gebaut. Am 7.7.1995 – » Open-Air-Konzert mit den Juni 1997 wurde von der Paul-Schneider Wechsel sollte in Pferdsfeld und Eckwei- also noch vor dem Abzug des Geschwa- „Skorpions“, klassische Konzerte Gesellschaft eine Paul-Schneider-Stele ler gefeiert werden, doch bald war die ders - trafen sich Ministerpräsident Kurt in den Flugzeug-Sheltern (Künstler Karl-Heinz Brust aus Kirn) zum Kerb wieder eingeschlafen. Ab und zu Beck, Landrat Karl-Otto Velten und eini- » „Kosmopolis“ – ein eher geistiges 100.Geburtstag von Paul-Schneider auf- gibt es noch Treffen einzelner Gruppen ge andere auf dem Dörndich. Land und Konzept als Alternative zu Pro Welt gestellt. Bei der Gedenkfeier wurde der am Röhrbrunnen. Kreis sagten Hilfen bei der Konversion Platz „Paul Schneider-Platz am Röhrbrun- zu. 1996 wurde der Dörndich von Pla- Alte Heimat nen“ genannt. Die Idee der „Grünen Hei- Der Dörndich ner Friedbert Schiel nach einer Untersu- mat“ - an Stelle der abgerissenen Häuser chung als Wohngebiet vorgeschlagen. Die ehemaligen Bewohner der umge- jeweils einen Baum zu pflanzen und so Neben dem Flugplatz Pferdsfeld war Die Sobernheimer Vereine, besonders siedelten Dörfer Pferdsfeld und Eckwei- die Dörfer wieder „wachsen“ zu lassen, auch die Kasernenanlage Dörndich – der Handballsportverein, reklamierten ler hängen zum großen Teil noch sehr wurde bisher noch nicht verwirklicht. ehemaliger „A-Bereich“ – als Konversi- die Sporthalle zur weiteren, möglichst an der alten Heimat. Mehrfach wurden Im Sommer 2006 veranstaltete ein Grup- onsgelände hinterlassen worden. Auch kostenfreien Nutzung. Der HSV nutzte Heimatveranstaltungen durchgeführt. pe um Dieter Winter die Veranstaltung dafür wurde von der Stadt Bad Sobern- die Halle bis zur Fertigstellung der neuen Um die Eckweilerer Kirche entstand eine „Der Soonwald lebt“ in Pferdsfeld. Auch heim und der Ortsgemeinde Nußbaum Sporthalle des Gymmnasiums 2012. Initiative, angeführt von Albert Schauß. die „Pferdsfelder Kerb“ wurde wieder am ein Planungsverband gegründet. Für den In der Kirche werden immer wieder Got- Röhrbrunnen gefeiert. Mehr als 200 ehe- Dörndich gab es viele Ideen: Ideen für den Dörndich gab es einige. tesdienste und andere Veranstaltungen malige Pferdsfelder und Eckweilerer ka- Sie wurden oft nur einmal genannt und durchgeführt. Auch als Trau- oder Tauf- men. 2008 wurde wieder Kerb in Pferds- Das war der Kasernenbereich Dörndich dann schnell wieder vergessen: Deutsch- kirche ist sie beliebt. Der Freundeskreis feld am Röhrbrunnen gefeiert. Wieder französische Hochschule, Koreanische Kirche gestaltete den Platz um die Kir- war Dieter Winter ein Iniator. Dazu ka- Eine Justizvollzugsanstalt auf dem Dörn- Schule mit Internat, Wohnpark, CJD- 175 176 Ausbildungsstätte, Solarprojekt, Tuch- 2002 wurde im Kaisersaal eine groß auf- Stadtentwicklung fabrik, Manöver-Stützpunkt der NATO, gemachte Präsentations-Show durchge- » bodennutzung - landwirtschaft, weinbau und forsten Forschungslabor, Kfz-Zulassungsstelle, führt. Letztendlich verlief die Sache im Asylantenheim für Flüchtlinge aus dem Sande. Das eingesetzte Geld war weg. Kosovo, psychosomatische Klinik, Ju- Vorbemerkungen bilden den geologischen Unterbau dieser gendstrafanstalt.... Die Bunker unter den Der Trierer Abbruchunternehmer Erland In früheren Veröffentlichungen zur Stadt- Landschaft. Das Nahetal bei Sobernheim Kasernenblöcken erwiesen sich auf der Knaf, den Bürgermeister Janneck aus geschichte wird die Bodennutzung recht mit dem Soonwald-Vorland gehört erd- einen Seite interessant für alternative seiner Trierer Zeit kannte, hat den Dörn- kurz behandelt. Das scheint kein Zufall, geschichtlich zum Paläolitikum, also dem Nachnutzungen, sind aber andererseits dich vom Bund erworben und will dort sind doch Unterlagen nur lückenhaft und jüngeren Erdaltertum. In einer mächtigen mehr ein Hindernis für andere Nutzun- ein Mischgebiet realisieren. Inzwischen verstreut vorhanden. 1979 ist das Ge- Senke, die das Gebiet von der heutigen gen, wenn sie aufwändig zurückgebaut sind einige der Bundeswehrgebäude ab- meindegebiet durch Eingemeindungen Saar bis zur heutigen Saale umfasste, werden müssten. gerissen. der früher eigenständigen Orte Pferds- lagerten sich vor ca. 250 Millionen Jah- Zuerst ausgehend von der Universität Die Hautärztin Dr. Helge Dhonau-Herm- feld und Eckweiler vergrößert worden. ren graue und rote Sande ab. Sie wer- Trier kam 2002 die Idee auf, im Nahe- berg nutzt ein Gebäude für ihre Praxis. Die Eingemeindungen führten zu einer den als Rotliegendes bezeichnet. Es wird tal eine Zweigstelle der Universität mit Sie ist ebenfalls Initiatorin des Senioren- Exklave, die durch das Gemeindegebiet teilweise von vulkanischen Gesteinen in dem Schwerpunkt Kunst/Edelsteine in Fördervereins, der auf dem Dörndich ab Nußbaum vom ursprünglichen Gemein- Form von Quarzporphyr, Porphyrit und Verbindung mit der Edelsteinindustrie und zu Veranstaltungen durchführt. degebiet Sobernheim getrennt ist. Die Melaphyr (Basalt) überlagert. Im Bereich in Idar-Oberstein zu gründen. Standort Der Verbandsgemeinde-Bauhof hat auf sollte ursprünglich Kirn sein. Doch der dem Dörndich Hallen und Freiflächen in naturräumlichen Verhältnisse in den bei- der Gemarkung Sobernheim ist das nur Co-Initiator, Professor Drechsel, über- Nutzung, ebenso noch der städtische den Teilen des jetzigen Gemeindegebie- undeutlich zu erkennen, wohl aber am warf sich mit dem Kirner Bürgermeister Bauhof, der allerdings jetzt in die Stadt tes unterscheiden sich deutlich vonein- Rotenfels bei Bad Münster am Stein oder Fritz Wagner. Drechsel hatte nun mit an- umzieht. Teilweise sind auch Lagermög- ander. Bei einer Beurteilung oder dem am Hellberg bei Kirn. In der jüngeren deren die Idee, eine Universität mit den lichkeiten für verschiedene Zwecke in Vergleich mancher Daten, etwa Anga- und jüngsten Zeit der Erdgeschichte vom Studiengängen „Global Management“ Gebrauch. ben zum Klima, zu landwirtschaftlichen Tertiär über die Eiszeit, die Nacheiszeit und „International Finance“ auf dem Der Kreis Bad Kreuznach betreibt einen oder zu Waldflächen muss man sich das und schließlich Diluvium und Aluvium ist Dörndich zu etablieren. Die Konzeption zentralen Wertstoffhof auf dem Dörn- jeweils vergegenwärtigen. die heutige Oberflächenausformung vor der privaten Uni wurde in Mainz beim dich, der sehr gut angenommen wird. allem durch das fließende Wasser ent- Wissenschaftsministerium eingereicht. 2014 stand in der Zeitung, dass ein Unter- Standörtliche Grundlagen standen. Dieser Vorgang setzt sich fort. In Bad Sobernheim wurde ein Art Grün- nehmer den Dörndich als größeres Medi- Geologische Struktur, Darauf geht die Entstehung der heimi- dungsverein (Vorsitz Horst Barth) ins Le- zin-Zentrum der Strahlentherapie nutzen Oberflächenausformung und Böden schen Böden zurück. Dem geologischen ben gerufen, der auch ein Informations- wolle, doch ist zur Zeit nichts Konkretes Unterbau entsprechend überwiegen sili- büro im Rathaus einrichtete. Uni-Aktien bekannt. Das mittlere Nahegebiet ist durch ab- kathaltige Böden. Wo Basaltgesteine an- wurden zum Preis von 500 – 1000 Euro Das Thema Konversion ist für Bad Sobern- wechslungsreiche Oberflächenformen stehen sind die Böden basenreich oder auch an Privatleute verkauft. Im März heim noch lange nicht abgeschlossen. gekennzeichnet, die von den unter- neutral. Kalkböden fehlen. 2002 sollte das „Studium Generale“ star- Die zukünftige Nutzung des Flugplatzes schiedlichen Ursprungsgesteinen, ihrer Im Gebiet überwiegen mäßig fruchtbare, ten. Es kam zum Wettstreit zwischen Bad und des ehemaligen Kasernengeländes Lagerung und ihren Verwitterungsfor- steinige Sand- und Lehmböden (Brau- Sobernheim und Kirn. Beim Mainzer Kul- Dörndich sind immer noch offen, nach men herrühren. Landschaftsprägend nerden). Es gibt Rohböden in Form von tusministerium, Minister Jürgen Zöllner, mehr als 20 Jahren der Bemühungen. Die sind harte Quarzitriegel im südlichen Felsen und Geröllhalden auf dem Kamm waren Irritationen von Anfang an festzu- Geschichte wird zeigen, was daraus ein- Hunsrück, die vom WSW nach ONO ver- des Soonwaldes, aber auch Felsgrus wie stellen, in Bad Sobernheim gab es enthu- mal wird. laufend die Rücken von Lützelsoon und am Kahlen Berg im nördlichen Stadtwald. siastische Befürworter, aber auch skepti- Soonwald bilden. Devonische Schiefer Hochmoorböden fehlen, doch gibt es sche Gegner des Projekts. Am 26.Januar Werner Bohn

177 178 Feuchtgebiete mit Pseudogleyböden, Au- fasste einschließlich Steinhardt 2107 enlehm, Schluff, Schlamm und Uferkies. Hektar. 1979 kamen durch die Einge- meindungen Pferdsfeld 2820 Hektar Klima und die Eingemeindung Eckweiler Bad Sobernheim gehört großräumig ge- 474 Hektar dazu (Siehe auch „Or- sehen zur westeuropäisch-subozeani- ganisation“ im Abschnitt Forstwirt- schen Zone. Sie ist durch milde Winter schaft) Aktuell umfasst das Gemein- und eine lange Vegetationsperiode von degebiet Bad Sobernheim 5401 Hektar. über 210 Tagen gekennzeichnet. Die Der tiefste Punkt des Gemeindege- vorherrschend westlichen Winde und bietes liegt 141 m über NN (Nahe an die Lage im Windschatten des Hunsrücks der Eisenschmelze), der höchste 624 führen zu vergleichsweise geringen Nie- m über NN (Runde Tanne, Rennweg). derschlägen. Daten über eine längere

Durchschnittliche jährliche Klimawerte für die Jahre 1961 bis 1990

Temperatur °Celsius Niederschlag mm Sonnenschein- Dauer/ Stunden Bad Kreuznach 9,5 517,2 1512,3 BRD 8,1 797,9 1542,5

Zeit speziell für Sobernheim liegen nicht Im Heimatmuseum Priorhof sind 63 vor; sie entsprechen in etwa denen für Flurkarten von 1900 archiviert, in de- Bad Kreuznach. nen für 21 Flurstücke erstaunliche 327 Am Soonwaldhöhenweg, dem „Renn- Flurnamen festgehalten sind. Nur ein weg“, der durch das Gemeindegebiet geringer Teil davon ist in den heuti- Sobernheim verläuft, wurde in den Jah- gen topographischen Karten (1:25.000) ren 1987 bis 2004 jährlich ein durch- noch aufgeführt. Professor Dr. Wolf- schnittlicher Niederschlag von 790,8 mm gang Stribrny hat eine Veröffentlichung gemessen (620 m über NN). Am Forst- über die Herleitung und Bedeutung ei- haus Entenpfuhl waren es zwischen 1990 nes Teils dieser Flurnamen verfasst. und 2013 710,5 mm (420 m Seehöhe). Verglichen mit den Werten der Bun- Geschützte Landschaftsteile desrepublik Deutschland liegen die Das Gemeindegebiet Bad Sobern- Jahrestemperatur deutlich über und heim gehört zum Naturpark Soonwald. die Regenmenge deutlich unter dem Dessen Ziel ist zusammengefasst ein Jahresdurchschnitt. landschaftsgerecht entwickeltes und dauerhaft gesichertes Gebiet, in dem Gebietsgrößen, Höhenlagen, Flurnamen Naturschutz, nachhaltige Nutzung und Geologische Karte der Region Bad Sobernheim/Nahe - Soonwald Das Gemeindegebiet Sobernheim um- Erholung praktiziert werden. Es gehört

179 180 ferner zu den Landschaftsschutzgebie- Bäume an der Monzinger Straße ne sind leider untergegangen. Während Bodenertragswerte ten Soonwald und Nahetal, die der Er- (Platanen in der Stadt Bad Sobernheim) der Weimarer Republik gab es „Lagebe- Durch die Reichsbodenschätzung von haltung der Leistungsfähigkeit des Na- Dicke Eiche in Sobernheim richte“ 1919-1929 und „Politische Wo- 1934 wurden alle landwirtschaftlich ge- turhaushalts und der Bewahrung des Zwillingsbuche in Sobernheim/ chenberichte“ 1926-1933. Auch Berich- nutzten Flächen unter Berücksichtigung Landschaftsbildes sowie der Sicherung Landesforstverwaltung te der Kreisbauernschaften enthalten der Bodenbeschaffenheit und des Kli- des Erholungswertes dienen. 1925 wurden erste Naturdenkmale statistische Angaben bis in den Zweiten mas bewertet. Das diente der Feststel- An Naturschutzgebieten sind ausgewiesen: ausgewiesen; 1938 – vier Jahre nach Weltkrieg. lung der Ertragsfähigkeit der Böden, um Maasberg (12,5 ha): Schutzzweck ist die Inkrafttreten des Reichsnaturschutz- Ab 1949 hat das Statistische Landesamt daraus Wertermittlungen für steuerliche Erhaltung submediterranen Trockenra- gesetzes - mehrere, die noch heute Rheinland-Pfalz Daten zur Bodennut- Zwecke sowie für Kauf und für Erbfäl- sens mit artenreichen Pflanzengesell- den Schutzstatus haben, wie z.B. die zung bis zur örtlichen kommunalen Ebe- le herzuleiten. Die höchste Ackerzahl schaften und seltenen Pflanzen. „Bollinger Eiche“. ne nach dem Landesinformationssystem reichs- bzw. bundesweit beträgt 100 Nachtigallental (35 ha): Schutzzweck ist Die Errichtung eines Nationalparks Soon- (LIS) ermittelt und zwar nach der jeweils (wird in der Magdeburger Börde er- die Erhaltung des Gebiets als Lebens- wald ist gescheitert. Zur Zeit wird darü- gültigen Gebietskulisse. In die Angaben reicht), die höchste Grünlandzahl 88. raum seltener Pflanzen- und Tierarten. ber diskutiert, ob ein Biosspärenreservat über Sobernheim sind ab 1949 die ehe- Bodenwertzahlen Im Eschen (33 ha), Gemarkung Pferds- Soonwald entstehen oder der Soonwald maligen Gemeinden Pferdsfeld und Eck- Ackerzahl Grünlandzahl feld: Schutzzweck: Erhaltung des Feucht- den Status eines Naturschutzgebietes weiler einbezogen, obwohl die Einge- Bad gebiets als Lebensraum seltener Pflan- erhalten soll. meindungen erst 1979 erfolgten. In den Sobernheim 56 35 zen und Pflanzengesellschaften. einschlägigen Tabellen wird darauf hin- Eckweiler 38 36 Landwiesen (154 ha), in der Gemarkung Landwirtschaft gewiesen, auf welche Gemeindegebiete Pferdsfeld 38 32 Pferdsfeld: Das Gebiet umfasst auch Ge- bzw. Gemarkungen sich die jeweiligen markungen des Rhein-Hunsrück-Kreises. Allgemeines Zahlen beziehen. Schutzzweck ist die Erhaltung der im Von 1866 bis zum Ende des Ersten Welt- Quellgebiet des Lamet-Baches arten- krieges legte jeder Regierungspräsident Betriebe, Betriebsgrößen reichen Biotope mit Borstgrasrasen und Preußens vierteljährlich dem König bzw. Zahl landwirtschaftlicher Betriebe* Eschen-Erlen-Birken-Sumpfwäldern. Kaiser sogenannte „Zeitungsberichte“ Größe Jahr Bruchwiesen (6,7 ha) in der Gemarkung vor, die man heute als Verwaltungsbe- Hektar Pferdsfeld: Schutzzweck ist die Erhal- richte bezeichnen würde. Darin waren 1939 1949** 1971** 2010** tung des Gebiets als Standort seltener Ausführungen zu machen über den Ge- 0,5 bis unter 2 76 72 16 - Pflanzen und Pflanzengesellschaften mit sundheitszustand der Bevölkerung und 2 bis unter 5 43 79 34 - Borstgrasrasen. Orchideen und wechsel- ihre zahlenmäßige Entwicklung, Na- 5 bis unter 10 26 113 28 - feuchten Magerrasen. turereignisse, die verschiedenen Wirt- 10 bis unter 20 - - - - über 20 6 4 - - Im Gräfenbrühl (5,6 ha), in der Gemar- schaftszweige, die öffentliche Stim- 20 bis unter 30 - - 9 ? kung Pferdsfeld: Schutzzweck ähnlich mung, Wohltätigkeit, öffentliche Bauten 30 bis unter 50 - - 6 ? Bruchwiesen. und Militärisches. In den Berichten wur- Über 50 - - 3 ? Naturdenkmale den auch Landwirtschaft, Tabak- und Summe 171 294 (140***) 119 (56***) 19 Beilstein bei Pferdsfeld Weinanbau sowie Weinhandel erfasst. Gipfelquarzite Alteburg Sie bauten auf Berichte der Bürgermeis- *Das sind Betriebe, die im Gemeindegebiet Sobernheim, ab 1949 einschließlich der Bollinger Eiche ter an die Landräte und dieser an den Gemeindegebiete Pferdsfeld und Eckweiler Flächen bewirtschaften, sie sind teilweise in Gemeindegebieten außerhalb Sobernheims ansässig. Alte Buchen an Hubertuslust Regierungspräsidenten auf. Die Doku- ** Einschl. Sobernheim- Pferdsfeld und Sobernheim-Eckweiler. (z.T. noch vorhanden ) mente der hiesigen Orts- und Kreisebe- ***Nur damaliges Gemeindegebiet Sobernheim.

181 182 Die den Kleinbetrieben fehlenden Fi- Bauern in Steinhardt um 1950 Viehhaltung nanzmittel für moderne Maschinen, die Heinrich Bamberger, Albert Thres, Hein- Die Viehzählung in Preußen, (1. 7. 1871) besseren Verdienstmöglichkeiten in an- rich Frick, Wilhelm und Otto Michel, Phi- weist in Sobernheim an Beständen aus: 1907 1937 deren Wirtschaftszweigen und Erben, die lipp und Kurt Theobald, Erich und Sieg- 131 Pferde, 594 Rindvieh (davon 328 Kühe), kein Interesse an der Betriebsübernahme fried Simon, Werner Thres, Hermann 13 Schafe, 298 Ziegen, 40 Bienenstöcke Pferde 124 81 hatten, führten zum Rückgang der Anzahl Kaul, Klaus Körner, Fritz und Karl Albert Bemerkenswert, dass in der ersten Spalte Rindvieh 533 532 der Betriebe. Nur nach Vergrößerung Bamberger, Alfons Kersch, Georg Faßig, der amtlichen Viehzählungstabelle auch Schweine 357 396 der Betriebsfläche waren Vollerwerbs- Familie Redschuß, Familie Pfeffer, Karl die Bevölkerung Sobernheims mit 2.511 Ziegen 376 155 landwirte wirtschaftlich zu führen. 1950 Schirmer, Jakob Schirmer, Walter und Personen in 551 Haushalten angege- Schafe 2 6 gab es in Sobernheim nur 11 Schlepper. Frank Tullius (17) ben wurde, von denen 340 Vieh hielten. Federvieh 2534 2934 Durch die hierzulande übliche Realtei- 2015: Markus Bamberger, Wolfgang In späteren Jahren sind folgende Tierbe- Bienenstöcke 136 202 lung waren landwirtschaftliche Flächen Schirmer, Frank Tullius, dazu 11 Nebener- stände dokumentiert: stark zersplittert, was u.a. zu erhöhtem werbslandwirte mitgeteilt von Elfi Georg Arbeitsaufwand führte. Deshalb trug die Tierhalter und Tierbestände nach dem zweiten Weltkrieg* Flurneuordnung, die in Sobernheim 1979 Hauptnutzungs- und Fruchtarten abgeschlossen wurde, zu mehr Wirt- 1878 wurde erstmals eine einheitliche schaftlichkeit der Betriebe bei. „Ermittlung der landwirtschaftlichen 1960 1999 2010 Bodenbenutzung und der Ernteerträge“ Tierhalter Tierbestand Tierhalter Tierbestand Tierhalter Tierbestand Landwirtschaftliche Betriebe durchgeführt. Die Erntemengen pro Hek- Pferde insgesamt ? ? 7 20 4 56** um 1950 in Sobernheim tar in Dezitonnen (dt) haben sich seitdem Rinder insgesamt 153 1141 7 218 4 51 Buxbaum, Karl Dhonau, Diakonie Hüt- wie folgt entwickelt: Schweine insgesamt 173 1193 3 126 - - tenberg, Dietrich, Ewald-Werke, Konrad Fett, Fröhlich, Gebhardt, Gebhardt, Willi 1971 wurden bei einer landwirtschaftlich * Gemeindegebiet Sobernheim einschl. Pferdsfeld und Eckweiler Gebhardt, Geibel, Grübel, Hamm, Hill, genutzten Fläche von 1277 Hektar 666 ** Einhufer Holzhäuser, Janson, Jetter, Jetter-Bonnke, Hektar Getreide einschließlich Mais und Preise landwirtschaftlicher Erzeugnisse Karoli, Klein, Kost, Kurz, Fritz Kurz, Ferdi 37 Hektar Kartoffeln angebaut. Für 2010 Erzeugerpreise für Getreide und Kartoffeln je dt Kurz, Leinenweber, Ley, Mack, Martin, betrug die landwirtschaftlich genutzte Maurer, Miesem, Müller, Kurt Müller, Fläche 1163 Hektar, davon 530 Hektar Ge- Nagel, Neues Leben, Schappert, Scheib, treide einschließlich Mais und 201 Hektar 1899 2014 Schmidt, Schmuck-Wildanger, Schneider, Raps. Weizen 16,86 Mark 15,48 € Schöffling, Schug, Schug, Schuster, Speh- Ausgewiesen sind ferner 201 Hektar Dau- Roggen 14,74 Mark 13,10 € Schauß, Steitz, Ternes, Trapp, von Erden, ergrünland. Hafer, Erbsen und Kartoffeln Gerste (Braugerste) 15,91 Mark 16,89 € Wagner, Wagner, Weingarth, Wittig (53) wurden 2013 nicht mehr angebaut (Die Kartoffeln 5,96 Mark 42,50 €* Zahlen gelten für die Gemeindegebiete * Direktabsatz an Verbraucher ab Hof aufgezeichnet 1985 von Gisela Lange bei bzw. Gemarkungen Sobernheim, Pferds- ihrem Vater Heinrich Holzhäuser feld und Eckweiler insgesamt). Fleisch je kg (Verbraucherpreise) Festzustellen ist, dass die Flächen- Der Bruttolohn für Bauhandwerker lag im 2015: Harald Kurz, Friedhelm Dietrich größe der Betriebe einerseits und die 1898 2012 Schnitt zwischen 1890 und 1898 bei 0,35 Mark (Pächter Hesselbach), Schneider (Winzer) Höhe der Hektar-Erträge andererseits Rindfleisch 1,32 Mark 8,48 € gegenüber 18,17 € im Jahr 2014. Damals muss- ganz erheblich zugenommen haben. Schweinefleisch 1,40 Mark 5,07 € te für ein kg Rindfleisch fast 4 Stunden gear- beitet werden, heute knapp eine halbe Stunde. 183 184 Obwohl es allgemein gilt, sollte doch Weinbau schon zu römischer Zeit begon- festgehalten werden, dass nach dem nen haben. Für Sobernheim gibt es einen zweiten Weltkrieg auch in Sobernheim ersten urkundlichen Nachweis aus dem die Landwirtschaft viele Menschen, da- Jahre 1128. Schon 1240 werden als La- runter zahlreiche Heimatvertriebene im gen Damberg (Domberg), Frohnewingert Überlebenskampf unterstützt hat. (Fronwingert) und Rosenberg erwähnt. Bis einige Jahre nach dem 2. Weltkrieg Für 1867 ergibt eine Vermessung des Ka- gab es auch in Sobernheim eine soge- tasteramtes 14,7 Hektar Rebfläche. Ab nannte „Freibank“ an der Ecke Wilhelm- 1887 vergrößerte sie sich bis 1901 auf 38,3 straße/Obergasse. Dort wurde nach der Hektar, ging dann aber bis 1932 auf 18,16 amtstierärztlichen Untersuchung als „be- Hektar zurück. Grund war das Auftreten dingt tauglich“ erklärtes Fleisch mit ei- von Peronospera, aber auch die Industri- nem besonderen Stempel versehen und alisierung, die für Arbeiter höhere Löhne zu günstigen Preisen verkauft. Die Ver- und bessere Arbeitsbedingungen bot. In kaufsräume und Veredelungsprodukte der Weinbau-Karte des Regierungsbe- aus dem Fleisch (etwa Rindsgulasch in zirks Coblenz von 1901 sind in der Gemar- Dosen) mussten besonders gekennzeich- kung Sobernheim die Lagen Domberg, Landwirt Schappert aus der Obergasse mit Frau, Schwester, Sohn und Frau Orben bei der Vesper net werden, ebenso die Verkaufsräume. Marbach und Rosenberg eingezeichnet. auf ihrem Kartoffelfeld unterhalb des Maasbergs, 1935, hinten rechts der Felke-Jungborn Stassen Allgemein sinkende Fleischpreise mach- 1900 entstand in Kreuznach die „Provin- ten die Einrichtung überflüssig. Sie war zial Wein- und Obstbauschule“, 1902 die Bemerkenswerte Einzelereignisse für ärmere Leute eine Hilfe; außerdem „Staatsdomäne “. Beide In- Im Herbst 1913 fand in Sobernheim eine dung der Sahne wurden durch Entfer- musste nicht unnötig viel Fleisch entsorgt stitutionen trugen zur Qualitätsverbesse- mehrtägige Landwirtschaftsausstellung nen notwendiger Teile unbrauchbar ge- werden. rung des Naheweins bei. Der Weinhandel statt mit Beiträgen zu Acker- und Han- macht. Die Durchführung der Anordnung Der bis vor kurzem noch von den Land- begann Ende des 19. Jahrhunderts den delsgewächsen, Obst- und Gartenbau, wurde von der Polizei dokumentiert. Im wirten Friedhelm und Jan Dietrich be- Nahewein über Deutschland hinaus be- Weinbau, Viehzucht, Geflügel- und Ka- Krieg gab es strenge Auflagen zur Be- wirtschaftete Ackerbaubetrieb Hofgut kannt zu machen. 1929 wurde ein „Verein ninchenzucht, Maschinen, Technik und kämpfung von Kartoffelkäfern. Mehrfach Ergensborn ist auf Bundes- und Landes- für Naheweinpropaganda“ gegründet, Geräte sowie Forst, Jagd und Fische- wurden Schulklassen zum Einsammeln ebene mehrfach für vorbildliche Leistun- dem Sobernheim mit seinen 54 Winzern rei. Ausrichter der Ausstellung war der der Kartoffelkäfer eingesetzt. Dabei fan- gen ausgezeichnet worden, vor allem im gleichen Jahr beitrat. Landwirtschaftliche Verein für Rhein- den sie des öfteren von alliierten Flug- für die Qualität seiner Braugerste. Auch 1964 gab es in Sobernheim acht Betrie- preußen. Nach lebhaften Debatten im zeugen abgeworfene „Brandplättchen“, beim Anbau von Zuckerrüben arbeitet be ab 10 ar mit einer Rebfläche von neun Stadtrat beglich die Stadt Sobernheim Kartonstreifen mit einem von Zelluloid der Betrieb erfolgreich. 1986 wurde er Hektar, 2010 zehn Betriebe (ab 50 ar) mit das entstandene Defizit von 1000 Mark. umhüllten Tropfen Phosphor, der sich bei von den für Landwirtschaft zuständigen 45 Hektar Rebfläche. Für das Jahr 2010 Sonnenschein entzündete und Brand- Attachés der ausländischen Botschaften sind , bezogen auf diese Betriebe, als be- Der Kreuznacher Landrat verfügte am schäden an Feldern und Wäldern verur- in Deutschland besucht. stockte Rebfläche 30 Hektar Weißwein- 30.3.1940, dass zur Versorgung landwirt- sachen sollte. (Verfasser als Zeitzeuge). sorten ausgewiesen, davon 15 Hektar schaftlicher Betriebe mit Arbeitskräf- In Sobernheim pflanzten mit Stichtag Weinbau , 5 Hektar Müller-Thurgau und je ten polnische Kriegsgefangene und die vom 18.7.1946 177 Haushalte Kartoffeln Flächen, Lagen, Rebsorten,Betriebe zwei Hektar Bacchus und Kerner. Von den „Wehrmacht“ mit Soldaten und den not- an. Diese Haushalte wurden amtlich ver- zehn Hektar mit Rotweinsorten bestock- wendigen Gespannen eingesetzt wer- pflichtet, mit Kalkarsen, später mit Gesarol Obwohl erst im achten Jahrhundert an ter Rebfläche waren 4 Hektar Dornfel- den. Im Krieg war das private Buttern die Kartoffelstauden gegen Kartoffelkäfer der Nahe urkundlich belegt, dürfte der der, drei Hektar Spätburgunder und zwei verboten. Die Zentrifugen zur Abschei- zu spritzen – heutzutage unvorstellbar! 185 186 Hektar blauer Portugieser. (Die fehlenden (z.B. in Meddersheim) verkauft wurden, die Sorte „Goundie“ gelang, die 1878 zum kauf zu angemessenen Preisen bemühte. Flächen waren jeweils bis zu einem ha die den Ausbau und den Verkauf der erstmals beschrieben wird. 1926 und 1927 Noch 1950 gab es 34 Tabak anbauende mit anderen Rebsorten bestockt.) Weine übernahmen, setzt sich mehr und wurden nur noch zwei oder drei Tabakfel- Betriebe, die allerdings nur noch 4,5 Hek- mehr die Selbstvermarktung durch. der bestellt. Aufgrund der besseren Qua- tar bewirtschafteten. Bald danach erlosch Qualitätssteigerung lität konnte der Tabak, früher als Strang- der Tabakanbau in Sobernheim völlig. Viele Naheweingüter erzielten Ende des Auszeichnungen tabak verkauft, als „Schneidgut“ (oder Das Erntegut wurde lange an die Bad 20. Jahrhunderts einen Qualitätssprung Andreas Schneider vom Weingut Karl- Pfeifentabak) und Zigarrendeckblatt ver- Kreuznacher Tabakindustrie verkauft, de- bei ihren Weinen. Die Ausbildung junger Heinz Schneider wurde 2012 vom Eu- wendet werden. 1928 gründete sich der ren letzter Betrieb 1938 schloss. Zuletzt Winzer als Oenologen in Geisenheim und ropean Fine Wine Magazin Special Nr.2 Sobernheimer Tabakverein, der sich um kauften in Morbach (Hunsrück) ansässige am Dienstleistungszentrum Ländlicher Neue Generation unter die 111 besten verbesserte Anbaumethoden und Ver- Tabakfirmen die heimischen Erzeugnisse. Raum Bad Kreuznach (früher Weinbau- deutschen Jungwinzer aufgenommen. schule) erweiterte deren Kenntnisse. 2014 wurde der Betrieb bei dem von „Vi- Praktika und Aufenthalte in vielen Wein- num-Europas Weinmagazin“ veranstalte- baugebieten der Welt wurden üblich. Ein ten Wettbewerb „Riesling Champion“ in weiterer Grund für die Qualitätsverbesse- der Kategorie Edelsüß mit seiner Marba- rung liegt in der Mengenbeschränkung. cher Trockenbeerenauslese zum Riesling Auch wenn pro Hektar 10.500 Liter Most Champion gekürt. (für Qualitätswein) zulässig sind, wird Auch das Weingut Christian Bamberger durch Ausdünnen (Entfernung eines Teils (Steinhardt) erhielt bemerkenswerte der Trauben) eine Mengenbeschränkung Auszeichnungen, so die Ehrenpreise der auf fünf- bis sechstausend Liter herbei- Weingüter und Weinkellereien an der geführt, was die Qualität der verbleiben- Nahe e.V. 2011 und des Landkreises Bad den Trauben deutlich erhöht. Die früher Kreuznach 2012 bei der Landesweinprä- gebräuchliche „Nassverbesserung“ (Zu- mierung. In der „Weinbibel“ Gault-Millau satz von Zuckerlösung) gegen zu viel ist vermerkt: „Selten passiert so ein ko- Säure wurde durch die Doppelsalzfällung metenhafter Aufstieg.“ Beide Weingüter abgelöst, durch die Wein- und Apfelsäu- bewirtschaften auch Anbauflächen in re reguliert werden können. Dieses Ver- dem für seine Spitzenlagen bekannten fahren wird heute nur noch in schlechten Schloßböckelheim. Weinjahren angewandt. Noch 1950 gab es in Sobernheim keine Tabakanbau ausschließlich Weinbau treibenden Be- Tabak wurde hier bereits Ende des 17. triebe; die Winzer waren zugleich Land- Jahrhunderts angebaut. Eine Urkunde wirte. Erst später setzte eine Spezialisie- darüber stellte 1842 der Bürgermeister rung ein, weil verbleibende Winzer von Thesmar aus. Schon damals schwankte denen, die den Weinbau aufgaben, Flä- die Anbaufläche je nach Wirtschaftslage, chen zukauften oder pachteten, um von Kriegsereignissen und steuerlicher Belas- ihren Betrieben leben zu können. Eine tung erheblich. Um 1840 gab es mit 100 weitere Umstrukturierung betraf die Ver- Hektar die größte Anbaufläche in Sobern- marktung. Während vordem die Trauben heim. Die Tabakbauern stellten von hoher regelmäßig an Winzergenossenschaften Quantität auf hohe Qualität um, was durch Tabakernte 1937 an der Nahestraße (einer aus Familie Trapp)

187 188 der Staatswaldfläche (506 ha) kleinste in re Bad Münster am Stein-Ebernburg, Bad ganz Preußen; sie verwaltete allerdings Sobernheim, Lützelsoon, Meisenheim, zugleich große Gemeindewaldflächen. Kirn, Sien und das Privatwaldrevier Na- Dem Leiter waren sieben Schutzbeamte he-Glan. Zum FA gehören 68 Gemeinden zugeteilt. 1898 wurde der Amtssitz nach und 17.751 Hektar Wald. Davon sind 11.350 Sobernheim verlegt. Damals gehörten 9 Hektar Gemeindewald, 2.306 Hektar Forstreviere dazu. Staatswald und 4.095 Hektar Privatwald. 1939 wurden das Staatsforstamt Meisen- heim (in Sobernheim) und das Gemein- Waldflächen im deforstamt Sobernheim zum „Staatlichen Gemeindegebiet Sobernheim Forstamt Sobernheim“ zusammenge- legt. Leiter war Forstmeister Brosien. Die Erfassung des Waldzustandes und Das Forstamt umfasste einen staatlichen die Planung forstlicher Maßnahmen wie Forstwartbezirk (Medard), zwei staatli- Holzeinschlag. Aufforstung und Wegebau che Revierförsterbezirke (Hundsbach und stehen in „Forstbetriebswerken“. In den Staudernheim) und sechs Gemeinde-Re- Forstbetriebswerken von 1931 und 1950 vierförsterbezirke (Sobernheim, Waldbö- sind als Revierfläche des Sobernheimer ckelheim, Bockenau, Monzingen, Sees- Stadtwaldes jeweils 790 ha angegeben. Blick 1939 vom Leinenborn nach Staudernheim. Viele Obstbäume in der Landschaft. Rechts der Straße das Pumpenhaus. bach und Eckweiler) und bewirtschaftete insgesamt 7.934 Hektar Wald. Im Gemeindegebiet Bad Sobernheim Obstanbau Am 1. Oktober 1947 wurden „Einheits- (einschließlich Pferdsfeld und Eckwei- forstämter“ gebildet, die für den Wald ler) liegen heute insgesamt 1.132 Hektar Der Obstanbau ist kaum dokumentiert einer jeweiligen Obstanbaufläche von 0,5 aller Besitzarten zuständig sind (Staats-, Stadtwald und 134 Hektar Privatwald. 1898 kosteten 50 kg Äpfel 10-12 Mark. ha oder mehr. Die Zahl ging stetig zurück; Kommunal- und Privatwald). Das neue Dazu kommen 1975 ha Staatswald (in der 1900 zählte man in Sobernheim 12.091 2012 waren es noch drei im Bereich der FA Sobernheim umfasste acht Forstrevie- Gemarkung Pferdsfeld), der vom Forst- Obstbäume, 1914 waren es 18.983. Die Verbandsgemeinde, davon keiner in Bad re (Medard, Hundsbach, Meddersheim, amt Soonwald bewirtschaftet wird, zu- Aufwärtsentwicklung entsprach der in Sobernheim selbst. Aus den von Vereins- Sobernheim, Weinsheim, Waldböckel- sammen 3.241 ha. Ausgehend von der ganz Preußen. 1938 wurde eine Aktion mitgliedern des Obst- und Gartenbauver- heim, Bockenau und Sponheim). Die Ge- Einwohnerzahl Sobernheims (z.Zt. 6.457 zur Förderung des Obstbaus ins Leben eins Sobernheim in 2014 angelieferten samtfläche betrug 7.035 Hektar Wald. FA- Personen mit 1. Wohnsitz) entfallen auf gerufen, 1950 eine Lokalschau für Obst- fünf bis sechs Tonnen Äpfel wurden 1500 Leiter waren Oberforstmeister Bohrisch 1 ha Wald nur zwei Bürger. Das bedeutet und Gartenbauerzeugnisse abgehalten. Liter Apfelwein und 2100 Liter Apfelsaft (bis 1969) und Forstdirektor Pfeiffer (bis eine ungewöhnlich hohe Waldfläche pro Vor der damals als „Flurbereinigung“ be- gekeltert. 1993). Bevor Forstrat Fraude von 1996 bis Person. Auf Bundesebene teilen sich 7, im zeichneten Flurneuordnung standen auf 2003 die Leitung des Forstamtes über- waldreichen Rheinland-Pfalz 4,8 Einwoh- den Feldern viele alte Birn- und Apfel- Forstwirtschaft nahm, war es kommissarisch besetzt. ner einen Hektar Wald. bäume, was der Flur ein fast parkartiges Organisation Seit 2003 leitet Forstdirektor Vogt das Aussehen verlieh. Für die motorisierten Amt. In den letzten Jahrzehnten wurden Pflüge und Erntemaschinen waren sie Anno 1872 betreute die Communal-Ober- im Land fast zwei Drittel aller nach dem Wirtschaftsform, Baumartenzusam- hinderlich und wurden gegen eine Er- försterei Sobernheim 5.538 ha Wald. Leiter Krieg bestehenden Forstämter aufgelöst mensetzung und Bestandsstruktur stattung von 5 DM/Baum an den Eigen- war der Gemeindeoberförster von Met- und deren Flächen den verbleibenden tümer entfernt. 1971 gab es in den Ge- zen, dem neun Schutzbeamte unterstan- zugeschlagen. Das FA Sobernheim blieb Eine in der Region verbreitete und noch meindegebieten Sobernheim, Pferdsfeld den. Zur selben Zeit war die (staatliche) erhalten, zu ihm gehören die Forstrevie- nachwirkende Wirtschaftsform war der und Eckweiler zusammen 10 Betriebe mit Oberförsterei Meisenheim die hinsichtlich 189 190 Niederwald. Er setzt Laubbaumarten vor- weils 10 bis 30 Jahren wurden Nieder- ging schon vor dem 1. Weltkrieg zurück, Forstleute kann man erfolgreiche Arbeit aus, die sich nach der Nutzung des Stam- waldeichen in Mannshöhe geknickt und da zunehmend chemische Stoffe oder attestieren. Sie kultivierten die hier nicht mes aus dem Wurzelstock regenerieren der untere Stammteil geschält (geloht). ausländische Lohrinde verwandt wur- standortgemäße Fichte nur in geringem können, vor allem Eichen. Die andere Man gewann dadurch die für das Ger- den. Ihr Bezug war in beiden Weltkriegen Umfang und schufen Eichenbestände, Wirtschaftsform ist der Hochwald, der ben von Tierhäuten notwendige Lohrin- erschwert, weshalb vorübergehend auf die starkes Holz mit einem beachtlichen aus Kernwuchs, d.h. Naturverjüngung, de und zugleich Brennholz, Pfähle oder einheimische Lohrinde (z.T. sogar Fich- Anteil von Schneidholzqualität aufwei- Saat oder Pflanzung entsteht. Nach je- Weinbergstickel. Der Bedarf an Lohrinde tenrinde) zurückgegriffen werden muss- sen. Auch aktuell sind die Forstleute um te. Die angelaufene Umwandlung des eine Erhöhung des Laubholzanteils be- Niederwaldes in Hochwald kam dadurch müht. Das ist wegen der angespannten ins Stocken. Für 1903-1905 wird für die Haushaltslage in den meisten Kommunen Gemeindeoberförsterei Sobernheim ein schwieriger als im Staatswald. Niederwaldanteil von 43,5% der Gesamt- Im Forstamt Soonwald, von dem 1975 ha waldfläche angegeben. Die nicht in Hoch- Staatswald im Sobernheimer Gemeinde- wald umgewandelten Niederwaldflächen gebiet (Pferdsfeld) liegen, waren 1997 in sind nun durchgewachsen und etwa im Prozent der Waldfläche: Eiche 20,7, Buche südlichen Stadtwald in der Auel zu sehen. 34,4, übriges Laubholz 14,4, Fichte 21,5, Sie liefern nicht so starkes Holz wie der Douglasie 5, Kiefer 3,9. Buche, Eiche und Hochwald. Laubholz sollen noch stärker gefördert werden. Von den beiden erstgenannten 1998 waren im Stadtwald folgende Bau- nehmen in Folge großflächiger Windwür- marten (in Prozent der Waldfläche) ver- fe gegen Ende des 20. Jahrhunderts die treten: Eiche 51, Buche 15, sonstiges ein- bis zwanzigjährigen Bestände den Laubholz 10, Fichte 6, Douglasie 10, Kiefer größten Anteil ein. 5, Lärche 3. Verglichen mit früheren Erhe- bungen ging der Fichtenbestand um die Aufgaben der heutigen Forstwirtschaft Hälfte zurück. Fichten finden hier keine geeigneten Standortbedingungen. Der Während es früher meist um die Bereit- Anteil der Buche und sonstiger Laubbäu- stellung von Holz und Waldprodukten me nahm hingegen zu. Eine Vorstellung für den Bedarf der Bevölkerung und der über den vorhandenen Holzvorrat und Industrie ging, erfüllt die Forstwirtschaft die Stärken der Stämme (Durchmesser in heute weitere Funktionen. Zwar ist die Brusthöhe) ermöglicht die Altersklassen- Nutzfunktion geblieben, also die Gewin- zusammensetzung der Bestände. Eine Al- nung von Holz und die Erhaltung des tersklasse umfasst 20 Jahre; die I. erfasst Lebensraums verschiedener Wildarten Bestände von 1-20 Jahren, die VIII. solche ( Jagd). Die heutige Waldentwicklung hat von 161 bis 180 Jahren. Die Schwerpunkte das Ziel, stabile und elastische Waldöko- lagen 1998 bei den Altersklassen III und systeme zu erhalten oder zu schaffen IV. Immerhin 12,8 % der Bestände wa- und nachhaltig wertvolles starkes Holz ren 101 bis 120 Jahre alt und 2,9 % 181 zu erzeugen im naturnahen Waldbau. bis 200 Jahre (ausschließlich Eiche). Den Das verlangt ökologisch ausgerichtete Schälen von Eichenrinde (Lohen) im südlichen Sobernheimer Stadtwald, Gebiet Auel, anno 1935 früheren Generationen der Sobernheimer Pflege- und Nutzungsstrategien und die

191 192 Ernte von Bäumen nach einem einzel- Jagdgenossenschaft, heute eine Körper- Jagdbezirk. In den beiden letztgenannten Brauchwasserbecken. Sie werden be- baumbezogenen Wertzuwachs. In Mit- schaft des Öffentlichen Rechts, kann ihren Jagdbezirken gibt es im Gegensatz zu fischt von der Anglergemeinschaft Felke- teleuropa ist nur die Wertholzproduktion Jagdbezirk verpachten (Regelfall) oder denen der Sobernheimer Jagdgenossen- Stadt e.V. ökonomisch aussichtsreich. Die Schutz- durch angestellte Jäger bejagen lassen. schaft Rotwild. Alle Jagdbezirke sind ver- Die Wasserqualität der Nahe hat sich seit funktionen stiften zwar ebenfalls Nut- pachtet. dem Jahrzehnte zurückliegenden Bau zen, der sich geldlicher Bewertung meist 1874 galt die Sobernheimer Jagd (2250 von Kläranlagen deutlich verbessert. Das entzieht. Geschützt werden der Boden Hektar) als besonders wildreich. Schon Die Fischerei führte zu stabilen Fischbeständen und zur Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit, damals gab es Beschwerden über Schä- Wie das Jagdrecht ist das Fischereirecht dazu, dass Fische unbedenklich verzehrt das Klima (auch durch CO2-Bindung), das den durch Schwarz- aber auch Rotwild, Bestandteil des Eigentums an Grund und werden können. Von Kleinfischen wie Wasser (der Wald ist Wasserspeicher und das regelmäßig vorkam. Pächter waren Boden. In Bad Sobernheim gibt es zwei der Bachschmerle bis zum größten Fisch, hält Wasser zurück), die Luft (Luftreinhal- häufig Fabrik- und Bergwerksbesitzer aus Fischereibezirke. Einer umfasst die Nahe dem Wels, gibt es sechzehn Fischarten in tung) sowie der Arten- und Biotopschutz. dem „Niederland“ (heute würde man bei im Gemeindegebiet und ist von der Stadt der Nahe. Sorgen bereiten den Anglern Schließlich ist der Wald Erholungsraum uns sagen „Rheinland“), darunter Brau- und von der Fischereigenossenschaft der Rückgang der Aalbesätze und die Zu- für die Bevölkerung, aber auch Fläche ereidirektor Wicküler aus Elberfeld. Er Nahe-Glan an den Angelsportverein nahme der früher hier unbekannten Wel- für die Ausübung verschiedenster Frei- erwarb 1906 Gelände „Am Käsweg“ und Sobernheim e.V. verpachtet. Der ande- se, die Fischräuber sind. An Welsen wur- zeitbetätigungen (z.B. Joggen, Reiten, erbaute dort ein Jagdhaus, um das herum re ist ein Eigenfischereibezirk der Firma den seit 2013 bereits Exemplare von mehr Mountainbiken usw.). Davon profitieren später das „Neue Leben“ entstand. Ewald. Dazu gehören Teile ihres Trieb- als einem Meter Länge gefangen. die Sobernheimer Bürgerinnen und Bür- Wildschäden durch Schwarzwild waren werkskanals (Mühlenteich vom „Gefach“ ger. Auf dem Sobernheimer Friedhof ste- schon lange vor 1900 ein Problem. Es bis zur Einmündung in die Nahe) und ihre Peter Conrad hen Grabdenkmäler früher hier tätiger wird heute durch häufige Eichel- und Bu- Forstleute. Die kunstvollen Sandsteinmo- chenmasten und durch große, den Sauen numente sollten gegen die zunehmende Deckung und Fraß bietende Raps- und Verwitterung geschützt werden. Maisschläge verstärkt, in denen sie mo- natelang kaum zu bejagen sind. Jagd und Fischerei Als ab 1954 Deutsche wieder Jagdbezir- ke pachten durften, wurde der südlich Die Jagd der Nahe gelegene Stadtwald an einen Nach der Revolution von 1848 wurde das hiesigen Kaufmann, der nördliche Jagd- Jagdrecht Teil des Eigentums an Grund bezirk an einen hiesigen Unternehmer und Boden. Vorübergehend war es al- vergeben. Weil ringsum die Jagdpacht- len Grundeigentümern erlaubt, auf ihren preise stark stiegen, machten man aus Flächen zu jagen. Das führte zum drasti- den zweien drei Jagdbezirke und schrieb schen Rückgang der Wildbestände. Daher sie aus. Seitdem sind regelmäßig aus- wurden bald Mindestgrößen für Flächen wärtige Jäger Pächter, die aber meist in festgelegt, auf denen der Eigentümer der Nähe wohnen. Durch die Eingemein- selbst jagen durfte. Es entstand die Ins- dung von Pferdsfeld und Eckweiler gibt titution der Jagdgenossenschaft, der alle es im Gemeindegebiet Sobernheim drei Grundbesitzer einer Gemarkung angehö- Jagdgenossenschaften: Die Jagdgenos- ren, deren zusammenhängender Besitz senschaft Bad Sobernheim mit drei Jagd- weniger als 75 Hektar beträgt (die Min- bogen; die Jagdgenossenschaften Pferds- Die Wehrfritzsche Mühle war zuletzt eine Papiermühle. Es gab hier aber früher auch eine Mahl- destgröße eines Eigenjagdbezirkes). Die feld und Eckweiler haben jeweils einen mühle für Getreide. Bild von 1955

193 194 Stadtentwicklung » das amtsgericht

Stadt Kirn mit zusammen rund 40.000 Menschen. Am Gerichtssitz befinden sich 9 Anwaltskanzleien, 2 in Kirn und 5 derzeit in Meisenheim. Heute arbeiten im Amtsgericht 27 Mitarbeiter, davon 3,5 Richterstellen.

Seit dem 1.April 1961 befindet sich das Gericht in dem 1912 errichteten Gebäu- de des ehemaligen Gymnasiums. Vorher hatte es seinen Sitz in einem eigenen Ge- bäude neben dem Rathaus. Als das neue Ein Gericht gab es in Sobernheim seit der Gymnasium in der Poststraße gebaut Verleihung der Stadtrechte im Jahr 1330. wurde, bot sich das alte Gebäude ideal In der französischen Besatzungszeit seit als Gerichtssitz an. Auf historischem Ge- 1803 wurden sowohl in Kirn als auch in lände des Ordens im Gebäude-Ensemble Blick auf das Oberviertel der Stadt um 2010 Sobernheim Friedensgerichte „Tribu- mit Malteserkapelle, Synagoge, Steinkal- neaux de Premiere Instance“ eingerich- lenfelser Hof („Hohe Burg“) und Malteser tet. Nach dem Wiener Kongress 1815 Hofgut hat das Gericht eine repräsenta- wurde in der preußischen Rheinprovinz tive Stellung. 1990 konnte das benach- zunächst das Gericht in Kirn mit Sitzun- barte Komturei-Gebäude des Malteser- gen in Sobernheim weiter geführt, ab ordens von der Stadt erworben werden dem 5.Juli 1879 jeweils in Kirn, Meisen- und wird nun ebenfalls für die Zwecke heim und Bad Sobernheim jeweils ein des Amtsgerichts benutzt. Durch den Er- Amtsgericht etabliert. Diese Zuständig- werb und die nachfolgende Renovierung keiten blieben bis zum Ende des 2.Welt- konnte das zum damaligen Zeitpunkt arg krieges erhalten. Anfang der 1950er Jahre in Mitleidenschaft gezogene Gebäude kamen mit der Errichtung des Landge- als Beispiel eines einfachen und ländli- richts in Bad Kreuznach die Amtsgerichte chen Barockbaues der Nachwelt erhalten zu dessen Gerichtsbezirk. Zum 31.12.1976 werden. Seit 1994 werden beide Gebäu- wurden das Amtsgericht Meisenheim de durch einen in zeitgenössischer, leich- und zum 1.2. 1975 das Amtsgericht Kirn ter Metall-Glas-Konstruktion errichteten aufgelöst und deren Bezirke Sobernheim lichtdurchfluteten Verbindungsgang mit- zugeschlagen. Somit besteht das - einander verbunden. Zwischen beiden gericht (Bad) Sobernheim nunmehr seit Gebäuden befindet sich eine als Rasen- über 200 Jahren. Es ist zuständig für die fläche angelegte Grünfläche. Über dem Eingang des zweiflügeligen Hauptge- Zwei Angelvereine teilen sich die Fischwaid in den Sobernheimer Gewässern. Verbandsgemeinden Meisenheim, Kirn- Hier die Nahe beim Nohfels. Land und Bad Sobernheim sowie für die bäudes mit Jugendstilelementen prangt 195 196 ein Schmuckmedaillon mit der Inschrift zu tragen hatten. Die Inschrift über der Stadtentwicklung aus früheren Schul-Zeiten „Die Furcht Tür zeugt vom Stolz des Erbauers: „HAS » die eisenbahn des Herrn ist der Weisheit Anfang. Das AEDES SUO AERE EXSTRUI CURAVIT RSS. ist eine feine Klugheit.“ (Psalm 111, 11). PERILLUSTRIS ET GENEROSUS BARO A Das Portal des Nebengebäudes – ehe- DUDING (1750)“ – Dieses Haus ließ der Anschluss an die „weite Welt“ die Rhein-Nahe-Saar-Bahn angeschlos- malige Komturei, 1750 vom Ordensritter hochberühmte und edle Baron von Du- Die Rhein-Nahe-Bahn und ihre sen wurde, die ab 1860 bis Saarbrücken des Malteserordens Baron Duding auf ding aus eigenen Mitteln errichten. Bedeutung für Bad Sobernheim durchfuhr. In Sobernheim hielten alle eigene Kosten errichtet – schmückt das Züge. 1896 kam die neu erüffnete Glan- Malteserkreuz, das die Schülerinnen und Werner Bohn auf der Grundlage eines „In der Zeit, da wir jetzt leben, talbahn hinzu: Staudernheim – Laute- Schüler des Gymnasiums früher als Auf- Textes von Martin Probson (damals Direk- gibt es viel Veränderung, recken – Kaiserslautern, die erst ab 1904 näher auf ihren schwarzen Turnhemden tor des Amtsgerichts) aus dem Jahr 2004 jeder Mann wird Kniefall geben, die sogenannte „Strategische Strecke“ wie es ist doch um und um. Odernheim-Bad Münster benutzen konn- Es wird alles so gemacht, te und seit 1962 wieder in Staudernheim wie die Vorzeit nie gedacht, endete. Der Bahnhof wurde außerhalb dass wir bald schnell ohne Flügel der Stadtmauern angelegt, der Stadtgra- fahren über Tal und Hügel!“ ben längs des südlichen Mauerzugs zu- geschüttet. Über ihm entstand die Bahn- Stadtentwicklung Das ist nur die erste Strophe eines langen hofs- und Poststraße mit schönen Alleen Gedichts, welches im Jahr 1857 ein alter an Stelle eines alten Feldwegs von den » elektrischer strom Bauersmann aus Merxheim verfasst hat. beiden Toren her zu den Gärten und Wie- In seinem Epos schildert dieser Johann sen zwischen Stadt und der Nahe.“ Sommer erstaunlich vorausblickend, Als jener Preußenspross als Wilhelm II. Stadt eine elektrische Straßenbeleuch- welche Bedeutung die damals im Bau Abgesehen davon: Nach anfänglich zum letzten deutschen Kaiser gekrönt tung. Inzwischen entstand sogar ein befindliche Rhein-Nahe-Bahn später für durchaus verbreiteter Skepsis erkannten wurde, schrieb man 1888. In genau „Electricitaetswerk“ an der Ecke Post-/ unsere Region erlangen sollte. die Menschen auch in Sobernheim bald diesem Jahr ging den Sobernheimern Felkestraße. Jenes markante Gebäude Immerhin: Drei Jahre später war es so die Vorteile des „neumodischen Dings.“ ein Licht auf - ein elektrisches. Das mit Türmchen (darin stand mal ein luft- weit. Am 25.Mai 1860 wurde die Strecke Die Bahn war nicht nur schneller und damals noch junge Unternehmen Cae- gekühlter Trafo) stammt aus der Zeit von Binderbrück bis nach Saarbrücken bequemer als Postkutschen und Och- sar & Ewald (die „Leimfabrik“ an der um 1900. Der Bau beherbergt heute durch einen Festzug mit „Allerhöchsten senkarren, sondern ermöglichte es auch Meddersheimer Straße, heute Gelati- einen Teil der VG-Verwaltung und den und Höchsten Herrschaften“ auch offizi- viel mehr Menschen als früher, den bis neproduzent Ewald) nutzte dafür erst- städtischen Bauhof. Die Firma Ewald ell eingeweiht. An deren Spitze war auch dahin eng begrenzten Raum ihrer Heimat der preußische Prinzregent und spätere zu verlassen und im doppelten Sinn des mals die Kraft der Nahe. Man setzte die nutzt neben einem Blockheizkraftwerk Kaiser Wilhelm I mitgereist. Wortes Neues zu „erfahren“. Durch die Fließenergie des Mühlenteich mittels auch heute noch die Wasserkraft der Rhein-Nahe-Bahn als Teil der Hauptstre- eines Wasserrades, das einen Dyna- Nahe und erzeugt Strom mittels Turbi- Von großer Bedeutung cke Frankfurt-Saarbrücken war es den mo drehte, in elektrische Energie um. nen. Einen imposanten alten Generator Welche Auswirkungen hatte nun die neu Menschen aus Sobernheim und Umge- Mit diesem Akt begann das elektrische (außer Betrieb) mit mächtigem gussei- gebaute Bahn für Sobernheim? Dazu der bung möglich, die etwa 100 Kilometer Zeitalter an der mittleren Nahe. Später sernen Schwungrad kann man beim Tor Heimatsgeschichtsforscher Dr.Werner lange Strecke nach Frankfurt in Stunden wurde auch per Dampfmaschine ein zu Ewalds Firmengelände bestaunen. Vogt in seinem Buch „Sobernheim einst zurückzulegen, wofür man vorher mit Generator angetrieben. Bereits weni- und jetzt“ 1980: „Eine entscheidende Postkutschen fast einen ganzen Tag ge- ge Jahre danach installierte man in der Paul Bregenzer Wende trat ein, als Sobernheim 1859 an braucht hatte. 197 198 zweigleisig ausgebaut worden war. und Viehmärkte zum Teil auf die Bahn Außerdem förderte der Anschluss des angewiesen. Das galt ins besonders für Nahelands an das deutsche und interna- die damals bedeutenden Sobernheimer tionale Bahnnetz ganz entscheidend die Pferdemärkte. wirtschaftliche Entwicklung unserer Re- Nicht zuletzt ist auch die spätere Ent- gion. Hatten es doch bisher handwerk- wicklung von Sobernheim zum (Felke-) liche Betriebe und Manufakturen nun Kurort untrennbar mit der Rhein-Nahe- einfacher sowohl benötigte Rohstoffe zu Bahn verbunden, kamen doch bis weit erhalten, aber auch die von ihnen produ- in die Mitte des 20.Jahrhundets die Kur- zierten Güter schnell und preiswert „in gäste in aller Regel mit der Bahn hierher. alle Welt“ zu transportieren. Mit anderen Worten: Erst die Bahn ermöglichte auch Geplatzte Träume: Sobernheimer Betrieben den Sprung ins „Eisenbahnknoten Sobernheim“ Industriezeitalter. Genannt seien hier die Schon um 1900 war im Deutschen Reich Chemischen Werke Ewald, die Strumpf- eine regelrechte „Eisenbahneuphorie“ fabrik Marum, die Druck- und Kartonage- ausgebrochen. Zahlreiche Nebenstre- Fabrik Melsbach, aber auch die Ziegelei cken wurden gebaut. So etwa die Stich- Eimer oder die Blech- und Metallwaren- bahn von Simmern nach Gemünden, die fabrik an der Steinhardter Straße. Da- kriegsbedingt allerdings erst 1921 fertig rüber hinaus waren auch die Wochen- gestellt wurde. Um deren Verlängerung

Sobernheim – zwischen Berlin und Paris (Fahrplan von 1897)

Mehr noch: Bereits in der zweiten Fahr- Jahre über die Rhein-Nahe-Bahn, au- plan-Tabelle vom Mai 1860 ist der Bahn- ßer in Kriegszeiten. Dann jedoch dien- hof Sobernheim als Haltepunkt eines te die Bahn anderen Zwecken, nämlich Schnellzugspaares Frankfurt/Main – Paris für die zahlreichen Militärtransporte verzeichnet. Übrigens: Dieses interna- nach und von Frankreich. Ein Grund üb- tionale Zugpaar lief von da an fast 100 rigens, weswegen die Strecke bis 1884 Bahnhof vor 1912 mit den Bahnbeamten 199 200 zu Rhein-Nahe-Bahn bemühte sich vor ner Denkschrift noch einmal auf, der auch allem vor und nach dem Ersten Weltkrieg in diversen Artikeln des „Öffentlichen auch ein „Soberrnheimer Verkehrskomi- Anzeigers“ Bad Kreuznach seinen Nie- tee“. In einer an den königlich-preußi- derschlag fand. Über den ursprünglichen schen Verkehrsminister gerichteten Peti- Plan hinaus gehend plädierte man jetzt tion hieß es unter anderem: ausdrücklich für eine „Hunsrückquer- „Betreffs Bahnbau Gemünden-Simmern bahn“, die von Sobernheim ausgehend 1907, Jan.8.. über Seesbach, Gemünden nach Kirch- Eingabe des Verkehrskomitees Sobern- berg und von dort weiter über Zell nach heim zur Weiterführung der Strecke Bullay führen sollte, wo der Anschluss Simmern-Gemünden über den Soonwald an die Mosel-Bahn gegeben wäre. Um- nach Sobernheim. Zusammenstellung gekehrt hätte man bei Sobernheim die der Gründe für einen solchen Bau... Möglichkeit, durch die in Staudernheim Man hat von einer Eisenbahn Simmern- abzweigende Glantalbahn und die an- Gemünden gehört. Es entsteht der schließende Strecke – Kai- damaligen Bundesbahn mit dem einset- tionalisierungsmaßnahmen, deren Aus- Wunsch, diese Verbindung über den serslautern eine direkte Verbindung zur zenden Siegeszug des Automobils eine wirkungen die Bahnreisenden zu spüren Entenpfuhl nach Sobernheim fortzufüh- Pfalz zu schaffen. Bei Verwirklichung die- immer größere Konkurrenz. Dadurch bekamen. Besonders schmerzhaft war ren, um den Koppenstein herum. Die ses Vorhabens wäre also der Sobernhei- veranlasst und durch technischen Fort- die Schließung aller kleinen und mittel- Linie würde folgendermaßen verlau- mer Bahnhof in der Tat ein Knotenpunkt schritt begünstigt erfolgten nun auch an großen Bahnhofsgebäude samt deren fen: Gemünden – – Henau – geworden, wo sich die Rhein-Nahe-Bahn der Rhein-Nahe-Bahn erste Rationalisie- Fahrkartenschaltern. Bekanntlich ist auch Schwarzerden – – Seesbach mit den Strecken in Richtung Glan und rungsmaßnahmen. Der Dampflok-Be- Bad Sobernheim seit der Jahrtausend- – Waldfriede mit Königlichem Forsthaus Hunsrück gekreuzt hätten. Aber wie trieb wurde systematisch reduziert, bis wende davon betroffen. Seitdem müs- – Trifthütte – Forsthaus Alteburg – König- manch anderes Bahnprojekt im Hunsrück am 1.Juli 1975 letzte reguläre Dampfloko- sen sich auch hier Bahnreisende mit dem liche Oberförsterei Entenpfuhl – Eckwei- blieb auch dieser Plan letztlich „Papier“ motive an der Nahe fuhr. Damit war der Fahrkartenautomaten bemühen, der ge- ler – Pferdsfeld – Daubach – Nussbaum und verschwand in den Akten. Umstieg auf dieselbetriebene Fahrzeuge rade für ältere Menschen nicht einfach – Sobernheim. Sämtliche Orte haben das abgeschlossen. Heute fährt nur noch ab zu bedienen ist. - wenn er denn über- größte Interesse an der Verbindung.“ Licht und Schatten der letzten 50 Jahre und zu ein Sonderzug mit nostalgischer haupt funktioniert und die Geldscheine In den ersten anderthalb Jahrzehnten Dampflokomotive durch das Nahetal. annimmt. Es folgte eine Aufzählung, was alles an nach dem 2.Weltkrieg erlebte die Rhein- Weit schlimmer noch traf es den regio- Gütern von den betroffenen Orten bzw. Nahe-Bahn noch einmal eine Blütezeit. Die logische Folge des immer schnel- nalen Güterverkehr. Denn bald nach der aus dem Soonwald transportiert wer- Sowohl im Personenverkehr als auch im ler wachsenden Individualverkehrs war Gründung der Deutschen Bahn AG stellte den könnte, um eine Rentabilität dieser Güterverkehr herrschte damals auch im schließlich ein deutlicher Rückgang von deren Management fest, dass der Trans- Bahnstrecke zu gewährleisten. Außer- und um den Sobernheimer Bahnhof re- Personen- und Gütertransporten auf der port von Gütern auf kleineren Strecken dem wurden die Vorteile für den Perso- ger Betrieb. In das neu entstandene In- Schiene. Das wiederum bewirkte zahlrei- für die Bahn angeblich unrentabel sei. nenverkehr und die Förderung des Tou- dustriegebiet im Westen der Stadt wur- che Rückbauten, mit welchen die dama- Das hatte im Jahr 2001 zur Folge, dass rismus etwa nach Entenpfuhl oder zum den sogar Anschlussgleise für dortige lige Bundesbahn ihr Streckennetz in den der zivile Güterverkehr von Bingerbrück Luftkurort Waldfriede hervor gehoben. Betriebe gelegt. Das im Krieg durch Luft- 70er und 80er Jahren des vorigen Jahr- bis St. Wendel komplett eingestellt wur- angriffe fast völlig zerstörte Bahnhofs- hunderts ausdünnte. Die Rhein-Nahe- de. Alle hiesigen Güterbahnhöfe wurden 1927, also zwanzig Jahre später, griff die gebäude wurde wieder aufgebaut. Aber Bahn selbst stand zwar nie in Frage, aber geschlossen. Inzwischen sind auf dem Stadt Sobernheim diesen Vorschlag in ei- schon ab Mitte der 50er Jahre wuchs der auch hier erfolgten einschneidende Ra- Sobernheimer Bahnhofsgelände sämt- 201 202 liche Gütergleise abgebaut, der Güter- mehr Menschen die Bahn benutzen als schuppen wurde abgerissen. An dessen etwa 25 Jahre vorher. Außerdem werden Stelle entstand der Park-and-Ride-Park- seitdem die Schienenstränge samt Tun- platz. Nur ein paar verrostete Anschluss- nels saniert und den höheren Geschwin- gleise im Industriegebiet erinnern noch digkeiten der Züge angepasst. Von der an die Bedeutung, welche die Bahn einst inzwischen ebenfalls durchgeführten für Industrie und Handel in Sobernheim Modernisierung einzelner Bahnhöfe hat hatte. nicht zuletzt auch Bad Sobernheim pro- fitiert. Im Jahr 2007 wurde hier endlich ein richtiger zweiter Bahnsteig fertig ge- stellt, zudem wurden die Zugänge zu den Bahnsteigen durch eine Unterführung und zwei Aufzüge erleichtert. Von daher bietet heute die Sobernheimer Bahnhofs- anlage zumindest von außen ein Bild, das einer Kurstadt würdig ist. Das Bahnhofs- gebäude ist allerdings für Bahnreisende nicht mehr nutzbar. Stattdessen ist hier Park and ride - heute eine Pizzeria und eine Eisdiele eingezo- gen. Nur ein Fahrdienstleiter bedient von Und heute? seinem elektronischen Stellwerkpult aus In den letzten zwei Jahrzehnten hat je- Signale und die wenigen Weichen, die es doch in der Politik ein gewisser Umden- hier noch gibt. kungsprozess zu Gunsten des Schie- Abschließend zur Gegenwart: Bekannt- nenverkehrs eingesetzt. So hat der lich hat am 14. Dezember 2014 (Fahr- „Rheinland-Pfalz-Takt“ seit Mitter der planwechsel) die private Bahngesell- 1990er Jahre auch auf der Rhein-Nahe- schaft „vlexx“ den Personenverkehr auf Bahn wieder deutliche Verbesserungen der Rhein-Nahebahn übernommen. zumindest im Personenverkehr gebracht. Allerdings hat das Unternehmen seither Heute verkehrt tagsüber jede Stunde je mit großen Problemen im Zugverkehr ein Regionalexpress (zeitweise der „Pen- zu kämpfen. Zahllose Verspätungen und dolino“) nach Mainz oder Frankfurt bzw. viele Zugausfälle nerven die Reisenden nach Saarbrücken. Ergänzt wird dieses (Stand: August 2015). Zugangebot durch die ebenfalls stünd- Bleibt also zu hoffen, dass diese Bahn- lich fahrende Regionalbahn zwischen gesellschaft ihre Schwierigkeiten mittel- Idar-Oberstein und Mainz, welche alle fristig in den Griff bekommt und es somit noch vorhanden Bahnhöfe an der Stre- zu den versprochenen Verbesserungen cke bedient. Dieses deutlich verbesser- auch für Reisende aus Bad Sobernheim te Zug-Angebot hat dazu geführt, dass kommt. heute auch in Bad Sobernheim weitaus Ulrich Hauth

203 204 Stadtentwicklung tern. Die funktionslos gewordene Brücke Eine besonders breite und gut ausge- überlebt 250 Jahre Stadtgeschichte. Dem baute Straße führt heute direkt in den » verkehr und mobilität Hohn der Nachbargemeinden ausgesetzt Soonwald, könnte man glauben. Die- und dem bis dahin blühenden Durch- se Schnellstraße - vom Dörndich nach Von peinlichen Brücken, Marktplätzen Kreuznach die Nahe und führe gerade gangsverkehr beraubt, wird die Brücke Pferdsfeld geplant - wird allerdings aus nur für Autos, einzigartigen Kreisverkeh- nach Sobernheim“. Sobernheim wird nur erst 1876 abgebrochen, die Steine für strategisch-militärischen Gründen ge- ren, Stadtbusträumen und schlussend- als „altes Städtchen“ erwähnt, während Uferbefestigungsarbeiten verwendet. baut, um den Militärflughafen Pferdsfeld lich die Lust, barfuß zu gehen. Monzingen immerhin für seinen vor- (1951-1997) und die Kaserne „Dörndich“ trefflichen Wein gelobt wird. Etwa zeitgleich (1867) werden auch zu erschließen. Erst 1970 wird auch eine Wie bitte komme ich nach Sowerum? Noch in den 1840er Jahren besteht nur Meddersheim und Sobernheim durch Verbindungsstraße zwischen Steinhardt eine hölzerne Notbrücke bei Staudern- eine massive Steinbrücke verbunden. und Bockenau gebaut. Eigentlich beginnt die „verkehrliche heim, die durch Hochwasser und Eisgang Aber auch hier schlägt die Nahe wieder Nachdem der Radverkehr um 1900 ei- Revolution“ von Sobernheim bereits öfters beschädigt wird, Meddersheim zu. Am 16. Januar 1918 wird die Brücke nen ersten Boom auch in Bad Soberheim vor 1871. Zwölf Jahre zuvor, zum Fahr- ist bei günstigem Wasserstand nur per bei einem Hochwasser stark beschädigt. erlebt (das Radfahren 1916 nur mit be- planwechsel am 15. Dezember 1859 Kahnfähre zu erreichen. Erst zwischen hördlicher Erlaubnis!), kommt es zu einer wird Sobernheim an die Rhein-Nahe- 1840 und 1850 wird eine massive Brücke Interessant zu erwähnen ist, dass neben touristischen Renaissance seit Ende der Eisenbahnstrecke Bingerbrück-Bad- nach Staudernheim gebaut, übrigens ist der Eisenbahnverbindung bereits 1914 90er Jahre des letzten Jahrhunderts. Bad Kreuznach-Idar-Oberstein-(Neunkirchen dies nicht das erste große Brückenpro- eine Buslinie Sobernheim – Steinhardt Sobernheim liegt am Naheradweg und - Saarbrücken)und damit an die weite jekt über die Nahe in Bad Sobernheim. – Waldböckelheim – Bockenau – Wald- zieht immer mehr radelnde Touristen an, Welt angeschlossen. (> „Die Rhein-Na- Bereits über 400 Jahre vorher - im Jahre friede eingerichtet wird und 1922 ein nicht nur zum jährlichen Rad-Erlebnistag. he-Bahn und ihre Bedeutung für Bad 1426 - wird eine mustergültige Steinbrü- Kraftpost-Bus zweimal täglich Sobern- Da hätte sich der aus Sobernheim stam- Sobernheim“) cke in Sobernheim errichtet, gebaut aus heim-Eckweiler-Seesbach andient. menden Hofmaschinist und Fahrrad-Er- Spendengeldern durch Ablassbriefe des finder Anton Burg (1767–1849) gefreut, Wenden wir uns also dem damals be- Papstes. Sie stand etwa da, wo heute Bis nach dem zweiten Weltkrieg bleibt seine Erfindung in allen Varianten wie- schaulichen Straßenverkehr zu: Noch die Firma Ewald ist. Der Flur- und Stra- die Bahn als Anreisemittel dominierend. derzuentdecken. zu Zeiten kurz vor der Bahnanbindung ßenname „An der Brückenmühle“ weist Danach wird durch den Auto-Boom auch muss Bad Sobernheim ein verträumtes noch darauf hin. Die Brücke ist Garant für die straßenseitige Anbindung Sobern- Und was bewegt sich mittelalterliches Städtchen an der Nahe einen regen Handel und die hohen Ein- heims durch den Bau der B41 sukzessi- innerhalb von Sowerum? gewesen sein, etwa eine Tagesreise von nahmen von Wege - und Brückengeld. ve verbessert, bereits am 17.September Mainz und zwei Tagesreisen von Saar- Als ob der 30-jährige Krieg gut 200 Jahre 1953 wird die Umgehungsstraße nörd- Die Stadt selbst liegt bis zum Eisenbahn- brücken entfernt, zwar per regelmäßi- später nicht genügend Leid bringt, gibt lich von Bad Sobernheim dem Verkehr bau noch eingezwängt in Ihrem ringför- ger Verbindung mit der Postkutsche aber es folgende tragisch-komische Entwick- übergeben. In den weiteren Jahren migen Stadtmauerkorsett. Noch 1849, auf zum Großteil unbefestigten Straßen. lung aus dieser Zeit zu berichten: Unser werden drei kreuzungsfreie Anschluss- heißt es im Sobernheimer Intelligenz- Seit 1818 verkehrt ein mit vier Pferden unzähmbares Flüsschen Nahe ändert stellen von der autobahnähnlichen blatt, werden jeden Abend die zwei Tore bespannter Postwagen je Richtung über aufgrund eines schweren Gewitters und Bundesstraße geschaffen. Mit dem Ab- (Ober- und Untertor) und zwei weiteren Sobernheim zwischen Kreuznach und dem damit verbundenen Hochwasser ihr raum der B41 wird übrigens der Dom- Pförtchen bei eintretender Dunkelheit (Idar)-Oberstein, bei Überfüllung wird Flussbett und lässt die Brücke ganz plötz- berg verfüllt und damit der Flugplatz geschlossen, um Felddiebstähle und üb- dieser noch durch einen Beiwagen be- lich im Trockenen über Wiesen stehen. Sobernheim dort ermöglicht. Dieser lichen Schmuggel zu verhindern. Gleich gleitet. Im Reisehandbuch Baedecker´s Zahlreiche Versuche der Sobernheimer, geht 1960 an den Start, zwei Jahre spä- beim Pförtchen in der Igelsbachstraße 1846 steht, „die Poststraße verlasse bei eine neue Brücke zu finanzieren, schei- ter wird die erste Flugzeughalle gebaut. (Post) muss der Weg aus der Stadt hi- 205 206 Wandel. Neben zahlreichen Geschäften, des 2. Weltkriegs in Holz gebaut, 1951 Hotels, Restaurants und Banken findet instandgesetzt und erst 1974 durch die der damalige Neubau des Rathauses heutige Betonbrücke ersetzt. Bereits in vor gut 150 Jahren Beachtung, der als den 50er und 60er Jahren wird aufgrund „scheußlich bezeichnet“ wird. Wirklich der kriegsbedingten Wohnungsnot aber unattraktiv wird der Marktplatz aller- auch durch den neu entstandenen Flug- dings ab den 60er Jahren bis zum Umbau platz Pferdsfeld neuer Wohnraum not- 1992, da die Bäume den vielen Parkplät- wendig, die „Siedlung“ für die Famili- zen samt Parkuhren weichen müssen. en der stationierten Soldaten entsteht, Bereits um 1900 finden erste Stadter- Häuser links und rechts der Staudern- weiterungen auch außerhalb der Stadt- heimer Straße schießen wie Pilze aus mauern statt, so z.B. an der Ringstraße, dem Boden, zusammen mit zwei neuen Kirchstraße (Bau 1901), Hüttenbergstra- Schulen, dem EFG und dem Schulzent- ße und Bahnhofsstraße. 1907 wird der rum Münchwiesen. Stadtgraben am Untertor kanalisiert, Ende der 60er Jahren wird erstmals klar, 1911wird im größeren Maße begonnen, dass parallel zu der dynamischen Stadt- die gesamte Stadt zu kanalisieren. Be- entwicklung die Innenstadt vernach- reits 1912 soll die erste Bahnüberführung lässigt wird und immer mehr zerfällt. an der Meddersheimer Straße gebaut Ein aufwändiges Sanierungskonzept im werden, kurz nach dem ersten Weltkrieg Geiste der 60er Jahre wird erarbeitet. bestimmt die Französische Militärver- Detailliert wird analysiert und schluss- waltung die Anlegung eines Flugplatzes endlich festgestellt, dass über die Hälfte „Im Breitler Flur“ zum Leidwesen der aller Gebäude aufgrund ihres schlechten Bauern, die um ihr erstklassiges Acker- Zustandes entfernt werden müssen. Ar- Hätten Sie es wiedererkannt? Eine kleine Orientierungshilfe liefern die beiden Kirchen! land fürchten. Heute finden sich auf die- gumentiert wird damit, dass über 20% Das Modell des neuen Sobernheim nach dem Imlau-Plan sem Flugplatz, von dem wohl nicht gar der Gebäude noch nicht einmal eine To- naus wohl nur über einen morschen, le- Kies wird innerhalb der Stadtmauern zu viele Flieger gestartet und gelandet ilette besäßen und nur 60% überhaupt bensgefährlichen Steg gegangen sein, schon frühzeitig mit Nahewacken ge- sind, zur Johanniskerb höchstens noch ein Badezimmer. Beim Leitgedanken der der über einen mehrere Meter breiten, pflastert, 1890 „Fliegende Teppiche“ als Fahrgeschäfte. Planung wird aber deutlich, dass es ei- meist mit Unrat und Ekel erregendem wird z.B. die Neugasse mit Basaltstei- Um 1920-1928 herum entstehen nach gentlich darum geht, durch den Abriss Kleintieraas angefüllten Sumpf führte, nen, 1906 die Wilhelmstraße und Ober- der Idee der Gartenstadt geplante Rei- der vielen Häuser mehr Platz für den Au- um zu den Gärten, Feldern und zur Pa- gasse befahrbarer gemacht. henhäuser aus einem Guss in Hütten- toverkehr zu schaffen. piermühle zu gelangen. 1860 wird die Die größte und wichtigste Straße von berg- und Schulstraße. Noch vor dem heutige Bahnhofs- und Poststraße durch Sobernheim ist – und das sagt ihr Name zweiten Weltkrieg werden Römerstraße Um es kurz zu machen: Wäre das Konzept Grundstückskäufe als Chaussee ausge- – die Großstraße, bei den Ur-Sowerum- und Am Domberg erschlossen. so umgesetzt worden, wie es der dama- baut, auf der Bahnhofsstraße werden ern auch „Großgass“ genannt. Durch sie Die Dynamik der Siedlungserweiterun- lige Architekt Harald Meyer gewünscht Linden und an der Ringstraße Platanen läuft der gesamte Verkehr, hier liegen gen wird durch die Weltwirtschaftskrise hatte nach dem Motto: „Die Planung des gepflanzt. die Geschäfte. Und wie steht es um den und den zweiten Weltkrieg unterbro- neuen Stadtkerns führe zu einer Wende Auch die Fahrbahnbeläge werden nach Marktplatz? chen. In technischer Nothilfe wird die in der Geschichte der Stadt“, wäre Bad und nach moderner: Statt Lehm oder Dieser unterliegt auch einem steten Kurhausbrücke (zu Bollants) während Sobernheim seiner vollständigen histo- 207 208 hung funktioniert hätte. Sichtbar wie ein seinen gerade 1995 erhaltenen Bad-Titel Mahnzeichen ist noch ein Erschließungs- nicht verlieren. Sehr umfangreich wird stutzen in der Louvres-Straße. der Verkehr gezählt und verschiede- Ende der 70er-Jahre kommt es zu einer ne Planfälle durchgespielt. Hier taucht weiteren, der bislang größten Stadter- auch wieder eine Planungsvariante ei- weiterung von Sobernheim durch die ner Nordanbindung des erst 15 Jahre Umsiedlung der Dörfer Eckweiler und zuvor neu erschlossenen Leinenborns Pferdsfeld aufgrund des Nato-Flugha- an die B41 auf, die nach der Umsiedlung fens Pferdsfeld. ursprünglich quer über den Osten des Das Stadtsanierungskonzept von 1989, Flugplatzes Domberg durch „Liebelen“ 18 Jahre nach dem ersten misslungenen zur Steinhardter Straße angedacht war, Wurf wirkt viel erwachsener, behutsa- aus verschiedenen Gründen nicht zu re- mer und angepasster. Zwar werden auch alisieren war. Die Pläne dafür blieben je- hier die immer noch zu wenigen Park- doch in der Schublade, was dazu führte, plätze kritisiert, jedoch viel klein teilige- dass bei der Flurbereinigung viele Jahre re Lösungen vorgeschlagen. Sicher ein später die Straßentrasse herausgemes- Ausfluss aus dem „Parkraumdefizit“ ist sen wurde, obwohl „Liebelen“ nun unter der Bau der einzigen öffentlichen Tief- Landschaftsschutz steht. garage im Felkecenter (1994).Die Tiefga- Etliche Maßnahmen werden in den da- rage wird seither nicht sehr intensiv ge- rauffolgenden Jahren anders oder gar nutzt, sondern ist eher Diskussionspunkt nicht verwirklicht, statt einer Ampel Sanierungsplan 1971: Mehrspurige Straßen (orange), soweit das Auge reicht…. wegen der anstehenden Sanierung und am Knoten Monzinger Straße/Westtan- rischen Identität beraubt worden, ganz Apropos Fußgängerzone. Zumindest die zusätzlichen Vandalismusschäden. Im gente, die den Zufluss in die Innenstadt abgesehen von einer Unfinanzierbarkeit obere Großstraße wird in den 80er-Jah- Sanierungskonzept wird anders als zu- regulieren soll, wird um das Jahr 2006 der eigentlichen Maßnahmen mit zwei ren tatsächlich zur Fußgängerzone um- vor eine flächenhafte Verkehrsberuhi- dort ein Kreisverkehr gebaut, übrigens Kaufhäusern incl. zweistöckigen Tief- gebaut, bleibt aber bis heute umstritten. gung und die Umgestaltung des Markt- der erste deutschlandweit in vollstän- garagen, riesigem Hallenbad und dem Parallel zum Sanierungskonzept wird im platzes als Fußgängerbereich gefordert, diger Betonbauweise. Überhaupt lässt vollständigen Neubau von Straßen und Rathaus passend zum Zeitgeist zur glei- Maßnahmen, die 1992/1993 dann übri- sich eine Renaissance der Kreisverkeh- Plätzen. Die auch neu zu schaffenden chen Zeit die Idee geboren, eine Süd-Um- gens auch teilweise baulich erfolgreich re feststellen, am Untertor entsteht un- Fußgängerbereiche (z.B. die gesamte gehung Sobernheim zu bauen - von der umgesetzt werden. ter großem Protest der Anwohnerschaft Großstraße) hätten die völlig überzoge- Meddersheimer Straße ab Ewald über Die Erarbeitung eines umfangreichen ein Kleinkreisel, am Unfallschwerpunkt ne Verkehrsführung des Autoverkehrs den Mühlenteich zur Louvres-Straße, Verkehrsentwicklungsplans setzt ab Monzinger Straße/Eckweiler Straße nie aufgewogen. Eher großstädtisch weiter über den Staaren im Verlauf des 1994 (Abschluss 1999) auf die Chancen- wird anstelle einer geplanten Ampel ein muten die zwei zum Teil drei- bis vier- heutigen Radwegs südlich der Bahn bis gleichheit aller Verkehrsarten. Er wird Mini-, ach nein Mikrokreisel gebaut und streifigen Innenstadtringe mit über 1000 Staudernheim. Auch dieser (Alb)traum von politischen und gesellschaftlichen im Gewerbegebiet entsteht ein weiterer Parkplätzen (zumeist im Straßenraum) ist wie eine Seifenblase zerplatzt, heute Umbrüchen begleitet, die mehr Rad- und Kreisel. Bis heute bleiben damit in der an. Die Synagoge wäre dem Brachial- kann man nur noch kopfschüttelnd fra- Fußwege und auch die Diskussion nach gesamten Stadt Ampelanlagen entbehr- konzept genauso zum Opfer gefallen gen, wie denn der Barfußpfad oder der weniger Straßenlärm, mehr Sicherheit lich. wie der gesamte Markt- oder Saarplatz. überregionale Naheradweg gemeinsam und weniger Luftverschmutzung fordern. Die geplanten zwei Stadtbuslinien – als mit einer solchen unsinnigen Umge- Kein Wunder, will man doch als Kurstadt Idee einer besseren Erschließung des

209 210 Leinenborn, Gewerbegebietes, der Ber- fahrbörsen oder Bürgerbusse erleichtert. Stadtentwicklung liner Siedlung und der Freizeitanlagen - Die Möglichkeiten der nächsten Jahre » die grossgass werden aus Kostengründen nach kurzen sind weiterhin begrenzt, aber gehen in Probezeiten sehr schnell wieder einge- die richtige Richtung und stimmen posi- stellt, statt der Errichtung einer gefor- tiv. Ein neues Förderprogramm "Aktive Erinnerungen an meine Kinderzeit: dem Haus nebenan wohnte Herr Rechts- derten Mobilitätszentrale wird vielmehr Stadt“ ist seit 2014 aufgelegt, ein Verein Die Obere Großgass in den 20er Jahren konsulent Franzmann, der zusätzlich ei- der Fahrkartenschalter am Bahnhof ge- „So gut leben im Alter“ gegründet. Der nen Zigarrenladen betrieb. Nebenan war schlossen. Stadtrat ist sich einig, Straßen wie den 1925 war die Großgass noch gepflas- ein Kurzwarengeschäft, in dem es 1925 Auch die Lösungen, den Innenstadtkern Alten Weg, die Großstraße oder den Sy- tert. Vom Dornbach floss immer klares gebrannt hatte, und dann kam Leye Phi- mit sogenannten Schleifenlösungen nagogenplatz auch für schwächere Ver- Wasser die Wilhelmstraße herunter in lipp mit seiner Landwirtschaft. An der (Autoverkehr darf nicht mehr durch das kehrsteilnehmer zeitnah barrierefrei um- die Großgass, wo das Wasser in einem Ecke zur Wilhelmstraße stand mein El- Stadtzentrum fahren) zu entlasten, wer- zubauen und gestalterisch aufzuwerten, Abflussschacht verschwand. Wir Kinder ternhaus, in dem ich aufgewachsen bin. den leider nur ansatzweise verwirklicht. zum Nutzen der Bevölkerung aber auch spielten und planschten oft in diesem Die Kochendörfers verkauften Haus- und Bis heute bleibt eine für die Verkehrsteil- der Touristen. klaren Wasser. Küchengeräte, Spielwaren und Felke- nehmer unverständliche und Straßen- An der Ecke am Obertor war Adrians ihr wannen. Ein guter Umsatzträger waren raum verschandelnde Tempobeschilde- Kann sich das Label „(Bar)Fuß in Bad Kaisers Kaffee-Geschäft, anschließend Stall-Laternen und Nachttöpfe. rung von Tempo 7, 10, 30, 40 und 50 auf Sobernheim“ durchsetzen und zu einer Dreck-Trappe ihr Bauernhaus und an der engstem Raum. neuen „Bewegung“ führen? Unser Leh- Ecke zur Neugasse ein großes Wohnhaus, An der Ecke Neugasse/Großstraße be- Weil der Verkehrsentwicklungsplan schon mpastor Felke würde sich darüber freu- in dem Hessels Bär, der Postminister fand sich Marums ihr Bürohaus. Dann ka- wieder 16 Jahre alt ist, stellen sich wie- en, wenn sich mehr Menschen bewegen, von Sobernheim wohnte. Auf der ande- men Kappese ihr Lebensmittelgeschäft der drängende und aktuelle Fragen, die sei es mit dem Rad oder zu (Bar)-Fuß. ren Seite war Storke ihr Gasthaus „Zum und danach Feibelmanns ihr Textilladen. zeitnah beantwortet werden müssen. Bleibt uns zu wünschen, dass die Stadt Obertor“, anschließend Barone-Trappe Sie hatten noch im Reil ein Lager für Ein Ausblick in die nahe Zukunft lohnt. der Licht-, Luft-, Lehm- und Wasser-Plät- ihre Villa. Dann kamen Klempner Becker Getreide, das 1928 wegen Überlastung Wie wirkt sich beispielsweise die Überal- ze kein Traum bleibt und wir die Zeit bis und der Anstreicher Griesbach. Der alte zusammenbrach. Dann kam Gerbers ihr terung der Bevölkerung auf den Verkehr zur nächsten Chronik nutzen, diesem Ziel Herr Griesbach hatte einen Kaiser-Wil- Bleyle-Geschäft und danach Bregenzers aus? Ist heute genug Platz für Menschen einer nachhaltigen und humanen Form helm-Schnurrbart, der uns Kinder immer ihre Wirtschaft mit Metzgerei. mit Rollstuhl und Rollator? Gibt es Lade- der Fortbewegung für alle nahezukom- erzittern ließ. Dann kam Schnorrenber- möglichkeiten oder zumindest sichere men. Setzen wir uns in Bewegung, jetzt! gers ihre Bäckerei. Die alte Frau Schnor- Die Bregenzers hatten immer die beste Abschließmöglichkeiten für die immer renberger hat nicht mehr so gut gesehen, Blutwurst. Nebenan betrieb der Schmied häufiger verwendeten komfortablen Sascha Müller und wenn wir Kinder dort Brot kauften, Partenheimer seine Schmiede. Sie hatten aber teuren Pedelecs (Elektrofahrräder)? mussten wir ihr immer zeigen, wo das einen gemeinsamen Hof mit Bregenzers. Wie kann die Gemeinde trotz der we- Glas mit den Himbeerbonbons stand, Hier sind wir Kinder immer, wenn Pferde nigen finanziellen Mittel zukunftsfähig von denen wir immer eins erhielten. beschlagen wurden, zuschauen gegan- planen und bauen? Der Weg kann nur in Dann kam die Einfahrt zum Reil, in dem gen. Hier sahen wir auch zu, wenn die der besseren Organisation und Verknüp- wir Kinder viel spielten. Wir spielten Räu- Pferde ihren Schwanz gekürzt bekamen. fung der verschiedenen Verkehre liegen. ber und Schandarm, machten Kriegsches Er wurde einfach mit einer großen Sche- Wer weiß? Vielleicht wird es wie in den oder Doktorsches, spielten Klickersches, re oder Zange abgezwickt und auf die größeren Städten eines Tages auch Car- Drillis und die Mädchen sprangen Seil. Wunde eine heiße Eisenplatte gedrückt, Sharing-Systeme oder Radvermietsyste- Anschließend betrieben Greulachs in dass das Blut zischte und verdampf- me geben, wird das Mitfahren durch Mit- ihrem Haus eine Fahrrad-Handlung. In te. Die tat uns Jungens immer leid. Es 211 212 muss dem Pferd sehr weg getan haben. Kürschnerei Kahlstatt. Hier ließ man nerei Kühner und dann an der Ecke zum weitere Tankstellen. Die ESSO-Tankstelle Kaninchenfelle gerben. Außerdem ver- Marktplatz das Uhrengeschäft Müller mit vor der Drogerie Heimer und die SHELL- Dann kamen von Erdens, gleichfalls mit kauften sie die Klassenmützen für die der großen Außenuhr. Hier holte sich je- Tankstelle vor der Eisenwaren-Handlung einer Landwirtschaft und anschließend Realschüler in ihren Farben. Die Sexta der die genaue Uhrzeit, selbst die Eisen- Kessel. ein kleiner Buchladen von Engbarths, die hatte violett, die Quinta grün, die Quar- bahn. Zur damaligen Zeit konnte man noch mit schwer einen auf Felke-Kur wegmach- ta blau, die Untertertia rot, die Ober- dem Fahrrad die Großgass hinauf und ten, nur Rohkost aßen und auch im Win- tertia gelb und die Untersekunda weiß. Auf der Gegenseite in der Großgass nach herunter fahren. Im Dauerlauf konnten ter nur in Sandalen ohne Strümpfe her- dem Schuhgeschäft Lichtenstein war das wir hier die Eisenreifen führen. Lediglich umliefen. Nebenan betrieben Mansteins Nebenan wohnte der Hutmacher Kahl- Wohnhaus von Frenkels, dann kam der mussten wir Kinder aufpassen, dass wir ihre Bäckerei mit Café, die so feines Eis statt. Dann kam das Kurzwarengeschäft Russische Hof, anschließend die Gast- nicht in die vielen Kuhfladen traten, aus- hatten. Herr Manstein war ein stolzer von Geschwister Winter. Um die Ecke stätte „Zum Ratskeller“ vpn Kloose, wpo rutschten und hinfielen. Zudem war die Mann. Er hatte bei den Ulanen gebient war die Metzgerei Lang und dann das auch im ersten Stock der „Sobernheimer Großgass auch eine Einnahmequelle für und führte in Uniform auf dem Pferde Konsumgeschäft, wo die Mitglieder im- Felke-Tabak“ hergestellt wurde. Dann uns. Wir sammelten die Kuhfladen und den Festzug zur 600-Jahr-Feier der Stadt mer Kommissbrot kaufen könnten. Ge- kam das Hotel Adler, der Repräsentati- Pferdeäpfel in einem Eimer und verkauf- Sobernheim an. Dann kamen das Schuh- genüber, unterhalb der Fröschengasse, onsbau der Stadt. Das Hotel wurde von ten diesen Dung an Gartenbesitzer. Ein geschäft Schaaf und die Eisenhandlung wohnten Hiebspehs mit ihrer Landwirt- den Brandtstätters betrieben, die vor „Amerikaner“ kostete fünf Pfennige. Kessel. schaft. Dann kam ein Wohnhaus, wo dem Haus noch eine Aral-Tankstelle hat- Auf der anderen Seite, unterhalb der Wil- eine Friseuse ihr Geschäft hatte, und ten und im Hinterhof eine Autorepera- Helmut Kochendörfer im helmstraße, war die Kreuzdrogerie von dann kam die Metzgerei Wolf, wo man turwerkstätte, wohl die erste in Sobern- „Sobernheimer Anzeiger" vom 5.7.1988 Valentin Heimer, dann kamen die Satt- die besten Judenrindswürste kaufen heim. In der Großstraße gab es noch zwei lerei Kurz und der Porzellan-Laden von konnte. Anschließend kam das Herren- Kessels. Anschließend betrieb Schramm friseurgeschäft Kaufmann und dann das ein Möbel-Geschäft und im Hinterhof Anstreichergeschäft Derschug. Dann eine Schreinerei. Anschließend gab es kam der Damenfriseursalon Vogtmann. ein Lebensmittelschäft, das von Herr Hier betrieb Herr Vogtmann auch eine und Frau Adam Schantz betrieben wur- Käsegroßhandlung im Keller. Trotzdem de. Dann kam das Textilgeschäft von den roch man den Käse schon die Großgasse anderen Feibelmanns. Sie hatte auch hier hinauf und hinunter. Anschließend kam die Einfahrt zu ihrem Getreidelager. Die das Schuhgeschäft Lichtenstein. Ausfahrt mündete in die Gymnasialstra- Unterhalb der Kreuzstraße war das Haus ße. Wenn im Herbst die Getreideernte von Faßigs, die auch Landwirtschaft be- war, standen die Bauern aus der ganzen trieben und dann kam Kerschers Haus Umgebung mit ihren Leiterwagen voller mit dem großen Tor. Dann kam die Ei- Getreide oft bis zum Obertor, bis sie an senhandlung Schmidt mit ihrem Kommi der Reihe waren um Gerste, Weizen oder Schmidt, dann die Bäckerei Finkbeiner, das Korn hier abliefern zu können. Dann anschließend die Schweinehandlung kamen das Schreibwarengeschäft und Fröhlich und dann das vornehme Tex- die Druckerei Engbarth. tilgeschäft von Löw und Frenkel – zur Auf der anderen seite nach der Eisen- damaligen Zeit das größte in Sobern- warenhandlung von Kessels kam die heim. Anschließend gab es die Klemp-

213 214 Stadtentwicklung » die alte nahebrücke

Eigentlich müsste es ja einen Nachruf Steg stand eine dicke alte Eiche, an dem geben, einen Nachruf auf unsere lie- dieser Steg mit Seilen festgemacht war. be alte Nahebrücke. Eigentlich ist diese Nicht weit davon wuchs am Naheufer Brücke noch gar nicht so alt. Denkt ihr eine hochreichende Pappel. An ihr war noch daran, wie es in der Zeit vor unse- ein Fährnachen angebunden. Aber nicht rer Nahebrücke dort zuging? Damals, vor immer konnte man ihn benutzen; denn 50 oder 60 Jahren, wäre man über eine zeitweise lag er auf den Nahewiesen, solche Brücke glücklich gewesen. um geteert zu werden. Als ich 1920 nach Sobemheim kam, gab Zwischen Eiche und Pappel war eine es zwar einen alten, wackeligen Steg, Bank aufgestellt. Auf ihr saß die alte dem man sich nur ungern anvertraute, Marxebas und kassierte Brückengeld, 5 da er hin und her schwankte und im- Pfennige pro Person. Doch gab sie sich mer nur von einer Person benutzt wer- auch mit weniger zufrieden oder ließ den konnte. Damals wohnte ich an der ihre Bekannten sogar umsonst über den Nahe, nicht weit von der Bleiche. Diese Steg. Ich weiß das noch genau; denn Gegend benannte man auch nach der ich setzte mich manchmal zu ihr hin. Oft Gerberei oder der Knopffabrik. Gleich am nickte sie ein und ließ dann ihren Stock 215 216 fallen. Dann bückte ich mich und hob ihn Nachen zum Übersetzen zur Verfügung. wieder auf. Außerdem führte Einmal schlug abends der Blitz in die eine Furt etwas unterhalb durch die Pappel. Am nächsten Tag sah man ge- Nahe, wo Bauern mit ihren Wagen den nau den Weg, den er am Stamm entlang Fluß querten, um im Sommer Heu heim- genommen hatte, soweit dieser noch zufahren oder im Wald ihr Holz zu ho- unbeschädigt und nicht zersplittert war. len. Doch umständlich war es, mit einem Schlimmer wirkte sich ein anderes Ge- Nachen ans jenseitige Ufer zu fahren, witter aus. Es war im Juni in der Pfingst- der zudem nicht immer zur Verfügung zeit. Die Sonne schien so stechend. Die stand. Dass man sich damals nach einer Sobernheimer Frauen, die auf der Blei- festen Brücke sehnte, ist verständlich. che ihre Wäsdre wuschen, bleichten und Als die Marxebas aus Altersgründen ihr trockneten, beeilten sich damit fertig Amt aufgab, wurde der Messermeck ihr zu werden; denn im Westen ballten Nachfolger. Der saß oft an bestimmten sich schwarzblaue Wolken zusammen. Stellen, um zu angeln. Neben der Kahn- Plötzlich ein heftiger Windstoß, dass fahrt hatte er auch die Aufgabe, die die Wäschestücke an den Leinen nur so Bleiche zu bewachen, dass keine Wä- flatterten und davonzufliegen drohten. sche gestohlen wurde. Nachts half ihm Dann klatschten dicke Regentropfen auf sein Hund Hektor dabei. Auf der Bleiche Wäsche und Wiese. Einige Frauen, die standen etliche Tische, auf denen man gelchen. Die lässt gern was mitgehen, nicht reden. Viel wichtiger erscheint mir, sich noch über das Neueste in Sobern- die Wäsche klopfen, bürsten und wa- besonders Strümpfe!" Ich beruhigte den was sie der Nahe brachte. Eines Morgens heim unterhalten hatten, kamen kaum schen konnte. Zum Bleichen legte man Meck: ,,Geh' nur, ich kenne sie auch und stand ich am Teich, da erschien ein Trupp noch dazu; ihre Wäsche in die Körbe sie auf den Rasen. Die Leine spannte werde wie ein Luchs achtgeben!" Als Männer in olivgrüner Arbeitstracht; die zu legen. Und jetzt ging es erst richtig man zwischen den Pfählen, so dass die Messermeck zurückkam, konnte ich ihm hatten Messgeräte und Werkzeuge bei los, Blitz folgte auf Blitz, Donner rollte Wäsche bei Sonnenschein schnell trock- sagen: "Alles in Ordnung!" Der Meck sich. Kisten wurden abgeladen. Dann auf Donner. Die letzten Frauen flüchte- nete. Nun kam die geeignete Zeit für die war ein humorvoller Kamerad, über des- fingen sie an, mit rotweißen Latten das ten ins Bleichhäuschen. Es prasselte nur Hausfrauen für ein Schwätzchen oder, sen Witze man mit Recht lachen musste. Ge lände aufzumessen, zu graben, Be- so vom Himmel herunter - ein richtiger wie man auch sagt, um zu zu maijen. In seinem Hause wohnte die Bockenau- ton zu mischen. Ich erfuhr, es sei ein Wolkenbruch. Da ich nicht weit von der Nahe wohn- er Lisbeth, die er später ehelichte. Jeden Bautrupp der OT, der Organisation Todt. Schnell stieg das Wasser der Nahe an, te, ging ich öfters zum Naheufer und Morgen um 8 Uhr ließ sie ihre Enten aus In wenigen Wochen erstand die neue schoss braungelb daher. Der Steg brach zur Bleiche. So konnte ich auch gele- dem Stall, fütterte sie und ließ sie zur Brücke, um deren Weiterbestehen es in der Mitte auseinander. Eine Hälfte gentlich den Meck vertreten. Als ich mal Nahe watscheln. Die Hühner des Meck heute geht. trieb zum Schloßfelsen und blieb im Wei- wieder meine Schritte zur Bleiche lenk- liefen überall frei herum, auf den Wie- Als die Brücke fertig war, freuten sich denbüschen hängen; die andere Hälf- te, kam der Meck sofort auf mich zu mit sen, der Bleiche, den Gärten, sie suchten die Sobernheimer, die Kurgäste aus dem te wurde am diesseitigen Ufer gerade den Worten: ,,Du kannst mir mal einen sich selbst ihr Futter. Kurhaus über der Nahe und vor allem noch von den Seilen gehalten, wurde Gefallen tun und meine Stelle einneh- Dann kam eine neue Zeit; auch der Meck die Familien Dhonau und Bolland, konn- aber von den Fluten hin und her geris- men, ich muss nämlich einer Frau Fische meinte: ,,Jetzt kommen andere Herren, te man doch nun jederzeit bequem über sen und schlug immer wieder krachend bringen. Aber pass gut auf, dass sich die werden manches ändern und um- die Nahe gelangen oder sich gegen das gegen das Ufer. keiner an der Wäsche vergreift! Ach, krempeln!" Was diese Zeit uns brachte, Geländer lehnen, ins fließende Wasser Jetzt stand für die Folgezeit nur der da kommt gerade Frau X mit ihrem Wä- weiß jeder, und darüber möchte ich hier schauen und die dunklen Schatten der 217 218 Fische beobachten. Besonders freu- oder Schlüsselblumen. Oft marschierte und bleichte und die 600-Jahr-Feier der der herausfischen. Ich staunte über die te sich ein Sobernheimer Original, Fritz der Burkhardt mit seiner Trompete zum Stadt beging, ist heute ein gut besuchter Menge dessen, was jetzt ans Tageslicht Gertenheyer, der sich als Dienstmann Tempelchen und blies schönste Volks- Campingplatz. kam. Ein riesiger Haufen von Brauchba- den Kurgästen zur Verfügung stellte. Er weisen, dass es bis in die Stadt schall- Wenn die Nahe starkes Hochwasser rem und Unbrauchbarem, vor allem Uni- belud sein kleines Wägelchen mit den te. Im Nachtigallentälchen saß der von führte, stand das Gelände zwischen formen und Waffen, lag da als Ergebnis. Koffern der Kurgäste und fuhr vergnügt der Eltz mit seinen Musikern und spiel- Nahe und Bahndamm unter Wasser. Das alles wurde zum Rathaus gefahren. vor sich hersummend von Bollands über te auf. Im Tälchen herrschte Windstille, Früher legte der Messermeck einen Was man damit anstellte, entzog sich die Brücke zum Bahnhof, so wie einst und alles lud zum Tanzen und Unterhal- Stein dort hin, bis wo die Flut reichte. meiner Kenntnis. der Messermeck. Meist hatte er eine ten ein. Auf einer kleinen Anhöhe hinter Fiel das Wasser wieder, schob er mit Ich könnte noch mehr erzählen, habe Gitarre bei sich. Am Bahnhof und auf Dhonaus stand das Gasthaus des Herrn dem Fuß den Stein hinterher an den mich aber auf das beschränkt, was die dem Bahnsteig nahm er die Gitarre, und Nerdeshäuser, der aus Saarbrücken zu- Rand des fallenden Wassers. Mit dieser Älteren interessieren könnte. Wollt ihr alle Abreisenden und jene, die bloß mit- gewandert war. Sein Lokal lockte viele Methode stellte er die Geschwindigkeit Sobernheimer die Brücke wirklich ab- gegangen waren, sangen Absdriedslie- Besucher an, und oft war sie überfüllt. des zurückgehenden Hochwassers fest. reißen lassen? Die neue Betonbrücke, der, wie ,,Sing sang und kling klang, es In trockenen Sommern lockte die Nahe Wenn die Nahebrücke erzählen könn- die im vergangenen Jahr errichtet wur- zog ein Bursch hinaus in die Welt". Ein- viele Kinder zum Spielen. Einige zogen te, was sie alles erlebt hat! Damals im de und Autos einen bequemen Zugang mal kam Gertenheyer zum Frisör Kauf- ihre Schuhe aus, wenn sie nicht ohne- Krieg liefen Anwohner der Nahe über die zur rechten Naheseite bietet, hat gewiß mann, ließ sich die Haare schneiden und hin barfuß gingen, und wateten am Ufer Brücke zum Wald, wenn feindliche Flie- Vorteile. Aber sie wirkt unpersönlich. rasieren. Als er bezahlen sollte, griff er entlang; andere fingen kleine Fische und ger über uns kreisten oder ihre Bomben Unsere alte Brücke war warm und anhei- mit lässiger Gebärde wie ein vorneh- steckten sie in Blechdosen; wieder an- abwarfen. Dort fühlten wir uns sicher. melnd, fügte sich harmonisch ins Land- mer Herr in seine Westentasche, nahm dere ließen flache Steine ans jenseitige Manchmal nahmen wir etwas zum Essen schaftsbild. Als Fußgängerbrücke bietet mit zwei Fingern ein Geldstück heraus, Naheufer flippen. Dies gefiel besonders mit und blieben über Nacht imWald. sie jedem Naturfreund ein idyllisches gab es dem Frisör und sagte: ,,Hier, mein den Buben. An tieferen Stellen konnte Als der Krieg vorbei war und die Alliier- Bild des Friedens. Lieber, bitte sehr! Kleine Leute wollen ja man sogar schwimmen. Das war be- ten sich der Stadt näherten, stand ich auch leben!" Haben wir damals gelacht, sonders samstags der Fall; denn wer mal wieder am Ufer. Erstaunliches konn- Erinnert von Katharina als Frisör Kaufmann uns das zum besten hatte in jener Zeit ein Badezimmer? te ich da feststellen. Kamen doch Leu- Schmidt um 1980 / Notiert von gab. Ja, damals war Sobernheim noch Alles war damals noch in Ordnung, das te aus der Stadt, gingen zur Mitte der Dr. Friedrich Wilhelm Bleyer reich an Originalen. Außer dem Mes- Wasser war sauber und klar. Eines Ta- Brücke und warfen ihre Braunhemden, sermeck hat noch ein anderer den Fähr- ges kam Dhonaus Karl mit seinen Kü- Parteimützen und SA-Stiefel in den Fluß. mann an der Nahe gespielt: Philipp Na- hen zu den Nahewiesen. Der Kuh-Ernst Andere, die wahrscheinlich in den letz- gel, den man auch Ozeanfahrer nannte. musste aufpassen, dass sich keine Kuh ten Monaten zum Volkssturm eingezo- Wenn der Frühling ins Land zog und alles zu weit entfernte. Deshalb sperrte er gen worden waren, warfen Panzerfäus- grünte und blühte, ergriff die Sehnsucht den Weg mit einer Stange ab. Wenn te, Gewehre und Munition hinein. Auch nach Nahe, Wald, Wiese und Feld die die Kinder genug gespielt hatten, setz- zersprengte Soldateneinheiten zeigten Sobernheimer. Sonntags zogen die Ver- ten sie sich auf die Absperrstange und sich und warfen Stahlhelme, Gewehre, eine über die neue Brücke; die Familien ließen sich vom Kuh-Ernst Geschichten Pistolen und Achselstücke in den Fluß. machten Ausflüge zum Gottesbrünn- erzählen. Ich zählte mal 20 Kinder, die Einige Wochen später begann ein gro- lein. Pärchen spazierten zu Melsbachs ihm zuhörten. Ich besitze noch ein Foto, ßes Reinemachen. Alle die, die durch Wäldchen oder zum Tempelchen. Junge auf dem Kinder, Kühe und Kuh-Ernst ab- die Nazizeit belastet schienen, wur- Mädchen suchten in den feuchten Wie- gebildet sind. Solche Idyllen gibt es heu- den von der Stadt zur Nahe geschickt. sen Dotterblumen, Wiesenschaumkraut te selten. Wo man einst Wäsche wusch Sie mussten das Hineingeworfene wie-

219 220 Stadtentwicklung fentliche Post gab es nicht bis ins spä- Speyer, Augsburg, Prag und Wien. te Mittelalter. Kaiser, Kleriker und der » die post Ebenso gab es lange den Warenaus- Adel benutzten Boten und Reiter, die tausch über die alte Römerstraße von mit Schriften direkt zu den Zielorten Metz nach Mainz, die in ihrem Verlauf geschickt wurden. Kaufleute und Zünf- bei Sobernheim eine Nahefurt, später Die Post mit dem beamteten Postboten Bauern aufs Land, etwa um Schlacht- te beförderten ihre Briefe durch ortsei- die Steinbrücke nutzte. ist inzwischen längst Geschichte. Bad vieh zu holen. Dabei verkündeten sie gene Boten. Der Habsburger Kaiser Ma- Der Dreißigjährige Krieg in der ers- Sobernheim hat seit der Privatisierung der Menschen auf den Feldern ihre An- ximilian I. führte 1490 ein System zum ten Hälfte des 17. Jahrhunderts und in der Bundespost im Jahre 1995 kein Post- kunft, indem sie ein Signal auf einem Nachrichtentransport ein: Poststatio- der Folgezeit auch linksrheinische Zer- amt mehr. Postalisches konnte danach Rinderhorn bliesen - das ursprüngliche nen, an denen die Postreiter ihre Pfer- störungen im Zuge des französischen zeitweise in einem Supermarkt erledigt Posthorn, das auch heute noch als Si- de und/oder Nachrichten austauschten. Erbfolgekriegs (großer Stadtbrand werden. Heute findet man die Poststa- gnet der Post gilt. Diese Metzger nah- Das war zunächst nur für die kaiserli- 4.10.1689) dezimierten die Bevölke- tion im Ehemhof an der Igelsbachstra- men dann auch Post mit zur Stadt oder che Post gedacht, um 1530 wurde aber rungszahl extrem und es lag die Wirt- ße. Dort erwirbt man Postwertzeichen in Nachbarorte. Ab dem 16. Jahrhundert die Post der Allgemeinheit zugänglich. schaft danieder. Gleiches galt für das oder gibt seine Paketpost auf. trugen Postreiter - und seitdem es die Bald entwickelte sich entlang der Han- Postwesen. Die französischen Truppen Die hohe Zeit der Post war zweifelsoh- Postkutschen gab auch die Kutscher delsstraßen ein Netz von Botendiens- unterdrückten vollständig die Thurn ne im neunzehnten und zwanzigsten (Postillione) - solche Signalhörner mit ten. Augsburg, Nürnberg, Frankfurt, und Taxi‘sche Post. Infolgedessen sah Jahrhundert. Post - der Name rührt sich, um ihre Ankunft und Abfahrt Köln, Leipzig und Hamburg waren so sich die kurpfälzischen Regierung ge- vom italienischen „posta“ bzw. vom zu melden. Die Familie Taxis (später verbunden. 1595 wurde Leonhard I. zwungen, eigene Postanstalten einzu- lateinischen Begriff „posita“ her. Ur- Thurn und Taxis) erhielt für das Blasen von Taxis zum General-Ober-Postmeis- richten, um den Nachrichtenaustausch sprünglich wurden so die Stationen des Posthorns sogar ein Privileg, wie ter für das Deutsche Reich ernannt. aufrecht zu halten. Man schuf dafür entlang eines Postwegs bezeichnet. auch für die gesamte Postbeförderung. Kaiser Rudolf II. erklärt das Postwe- Dragoner- oder Ordonanzposten, um Dort reichte man die Postsachen in ei- Ab 1507 wurde ihnen die alleinige Ver- sen zum kaiserlichen Hoheitsrecht. Das hauptsächlich Regierungsschreiben zu ner Art Botenstafette für die nächste wendung des Posthorns zugestanden, „Postregal“ enthielt das Alleinrecht des befördern. Erst 1743 erhielten die Taxis Etappe weiter. Heute im Zeitalter des woraus sich schließlich das Posthorn als Staates, Posteinrichtungen zu gründen in der Kurpfalz wieder ihre Postrechte, Computers und Mobiltelefons „posten“ Markenzeichen entwickelte. und zu betreiben. Dieses Monopol ging obwohl die kurpfälzische Regierung zu- die Menschen Informationen und Aus- Durch das 500-jährige Briefmonopol ist als kaiserliches Lehen an das Haus Ta- nächst - wie es das in Preußen bereits sagen in sozialen Medien. Lediglich die das Wort „Post“ zu einem allgemeinen xis. Durch die Strukturierung der Post- gab - eine allgemeine Landespost ins- digitale Datenübermittlung per Funk Begriff der deutschen Sprache gewor- kurse mit Reiter- und Pferdewechsel tallieren wollte. oder Kabel liegt noch zwischen den Ab- den. Zu einem funktionsfähigen Ge- nach jeweils rund 35 Kilometern konn- Noch offen ist, ob Sobernheim selbst sendern und den Empfängern solcher meinwesen gehörte einfach „die Post“. ten Sendungen schneller als durch Bo- bereits im 18. Jahrhundert ein Postort Post. Gleiches gilt für die elektronische Die Monopole für Telekommunikation ten befördert werden. So entstand all- war. In Karten der Postkurse ist das Post, die „E-mail“, und das gleichfalls und Briefe sind inzwischen aufgeho- mählich ein Netz von Postkursen. Eine Nahestädtchen aber stets vermerkt. digital übertragene „Fax“. ben. Damit schwindet auch die einst wichtige Handelsstraße – und damit 1702 wurde in Kreuznach das Postamt Die deutsche Postgeschichte geht zu- enge inhaltliche Beziehung zur staat- auch Postroute – führte über Jahrhun- eingerichtet und es gab eine „West- rück auf die Gründung der Post im lichen Postbehörde. Die traditionelle derte quasi im Norden an Sobernheim richer Cours“ genannte Postlinie. Sie Jahre 1490. In den Jahrhunderten da- Post in Deutschland beförderte Brief- vorbei vom niederländischen Brabant führte von Kreuznach über Obermo- vor hatten übrigens Metzger eine Art post, Paketpost, Telegramme, Gelder über Bitburg, Bernkastel, Gemünden, schel, Meisenheim, Lauterecken über Postdienst ausgeübt. Sie fuhren zu den und Personen (Postbusse). Eine öf- Eckweiler und Kreuznach weiter nach Zweibrücken und Metz bis zum Pariser

221 222 Cours. Auf dieser Strecke transportierte zudem anno 1824 die „Land-Fußboten- man alsbald auch Postgut von und nach Post“, um mit ihr alle umliegenden Ort- Sobernheim; Übergabeort dafür war schaften postalisch versorgen zu kön- Meisenheim, wo ab 1743 eine Postex- nen. pedition bekannt ist. Während der Zeit, Die Strecke zwischen Bingerbrück und in der die deutschen Gebiete links des Saarbrücken war bis ins frühe 19. Jahr- Rheins zu Frankreich gehörten, oblag hundert unterschiedlich ausgebaut. es den „Postbureaux“ Simmern und Unter den Preußen sollte das besser Kreuznach, „die Korrespondenzen auf werden. Landrat Hout aus Kreuznach den beiden Ufern der Nahe und im schrieb 1823 dem Regierungspräsi- Hunsrück zu besorgen“. denten nach Koblenz, die kürzeste Nach den Befreiungskriegen (1813 Völ- Verbindung vom Rhein zur Saar stelle kerschlacht bei Leipzig) endete die jene Strecke von Sobernheim über Kirn, französische Besetzung und Thurn Oberstein, und Ottweiler und Taxis übernahm auch im Nahetal nach Saarbrücken dar; sie sei einen gan- wieder den Postdienst. Jedoch nicht zen Tagesmarsch kürzer als die in napo- lange. Infolge der Neuaufteilung vie- leonischer Zeit gebaute „Kaiserstraße“ ler Länder beim Wiener Kongress kam von Mainz über Kaiserslautern nach durch „Rheinpreußen“ auch die Region Saarbrücken. Zudem sei die Strecke an Sobernheim in den Herrschaftsbereich der Nahe nicht so bergig und so kön- der Preußen - 1816 wurde dementspre- ne man größere Fuhren transportieren, chend auch das Postwesen preußisch. ohne zusätzliche Pferde vorspannen zu dienlich. 1876 wurde das Sobernheimer bachstraße ein geräumiges Posthaus. Sobernheim an einer seit der Römerzeit müssen. Doch auch bei Preußens saß Postamt auch eine Telegraphenanstalt Es diente als solches genau 50 Jahre international genutzten Straße (erst das Geld nicht locker. Weitere Bitten mit einem Morseapparat. Diese Sende- bis 1936. Zwei Jahre vorher hatte der Provinzialstraße, später Reichsstraße, führten auf, der Zustand des Straßen- technik mit Punkten und Strichen war Aufbau einer neuen Poststelle beim heute Bundesstraße 41) gelegen, er- pflasters bei Sobernheim sei beson- bis 1919, also noch nach dem Ersten E-Werk an der heutigen Poststraße be- hielt mit einer eigenen Poststelle am ders schlecht und eine Brücke über den Weltkrieg im Einsatz. Eine Fernsprech- gonnen durch das hiesige Unternehmen 15. Oktober 1817 den postalischen Stadtgraben drohe einzustürzen. Im- vermittlungsstelle für das zunächst Gebr. Heimer. Dort war nun auch für die Anschluss an das Weltverkehrsnetz. merhin wurde 1832 eine Kutschenfahr- sehr dünne Netz an Telefonanschlüs- Postbusse ein Garagenplatz, es gab ei- Erster Postwärter war der aus Eckwei- linie zwischen Saarbrücken und Bingen sen wurde in Sobernheim anno 1900 nen großen Hof für die gelben Trans- ler stammende Kaufmann Peter Roos. über Sobernheim eingerichtet, sie ver- eingerichtet. Im Durchschnitt kam es portkarren mit dem Paketverkehr zur Sieben Jahre später übernahm Philipp kehrte zweimal in der Woche. Die nun 1903 in dieser Vermittlungsstelle mit 32 Bahn. Man schuf neue Räumlichkeiten Caesar in seiner Gaststätte „Zum Deut- stärker frequentierte Straße durch das Fernsprechanschlüssen zu zehn Fern- für die Telefon- und Telegrammtechnik schen Haus“ (Großstraße 67) die Post- Tal der Nahe trat in der zweiten Hälfte gesprächen am Tag. Dreißig Jahre spä- und richtete eine größere Schalterhalle expedition. Dort blieb die Poststelle bis des 19. Jahrhunderts etwas in den Hin- ter gab es immerhin zehn mal so viele mit mehreren Postschaltern ein, mit 80 1881 und wechselte dann für vier Jahre tergrund, denn als 1865 eine Bahnlinie Telefone in der Stadt. Postschließfächern, Fernsprechzellen ins Haus des heutigen Buchhändlers durch dieses Tal gebaut wurde, war 1885 errichtete der Sobernheimer Bau- sowie den etlichen Telefonbüchern mit Lecoutre ans östliche Marktplatzeck. dies auch dem Transport der Postgü- unternehmer Ferdinand Kloos auf ei- allen deutschen Ortsnetzen zum Nach- Die preußische Postverwaltung schuf ter und der Fahrt der Reisenden sehr gene Rechnung am Südende der Igels- schlagen.

223 224 Den Zweiten Weltkrieg überstand das heim wohnende französische Familien Die Fernmeldespezialisten der Post Lotto-Eck) gibt es heute die postalische Sobernheimer Postamt mit nur gerin- erhielten einen Fernsprechanschluss. wechselten um 1970 an die Medders- Dienstleistungen. gen Schäden durch Fliegerbeschuss. Die Franzosen besorgten schließlich ein heimer Straße ins ehemalige Berufs- Inzwischen wird nach Leerstand seit Zwischen dem damals erst neun Jahre Diensttelefon für den Bürgermeister schulgebäude. Einen Lagerplatz für 1999 jener architektonisch nicht unin- alten Gebäude und dem Bahndamm und man richtete eine öffentliche Fern- Telegrafenmasten gab es lange an der teressante aber noch nicht unter Denk- fielen im Janur 1945 einige Spreng- sprechzelle ein. Gegen Ende 1945 kam Ecke Ringstraße/Wilhelmstraße. Ein malschutz gestellte alte Postbau einer bomben, wodurch alle Fenster auf der der Postbetrieb ganz allmählich wieder Fernmeldeknotenamt wurde zwischen neuen Nutzung zugeführt: 2015 will ein Hofseite zertümmert wurden. Dem in Gang. Die Post für die umliegenden dem Postamt und dem E-Werk im Jah- Drogeriemarkt hier einziehen. Die Post Postamt fehlte es indes während der Dörfer wurde zweimal die Woche mit re 1966 errichtet. Es kostete 1,3 Millio- selbst hat sich in den letzten drei Jahr- sechs Kriegsjahre an männlichem Per- einem per Holzvergaser angetriebenen nen D-Mark. Der Bau war ausgelegt für zehnten weiter gewandelt. Elektroni- sonal. Seit 1941 gab es vier Frauen, die Fahrzeug verteilt, ansonsten per Fahr- rund 2000 Anrufeinheiten (Telefonkun- scher Nachrichtenverkehr (per E-Mail den Bürgern in Sobernheim die Post zu- rad - sogar bis nach und Si- den) in der Ortsvermittlung und bis zu vom PC) reduziert den Briefverkehr per stellten. Als Jagdbomber der Alliierten en-Hoppstädten. Per Botenpost erhiel- 8000 weiteren Anschlüssen im Kno- Post. Die Telekommunikation hat sich kurz vor Kriegsende die Bad Münsterer ten dreimal die Woche die Bewohner tenamt, welches die Fernsprecher bis in alle Lebensbereiche verzweigt. Fast Bahnbrücke zerstört hatten, kam kei- am Soonwald ihre Postkarten, Briefe in die Ortsnetze Meisenheim, Kirn und jeder trägt sein kleines Taschentelefon ne Post mehr per Bahn in Sobernheim und Pakete. Waldböckelheim verknüpfte. Mit der (meist „Handy“ genannt) mit sich. Und an. Es wurde ersatzweise eine Kraft- Nachfolger der Reichspost wurde ab Zeit gab es in jenem Bau wieder Frei- das Gerät ist längst mehr als nur Tele- postlinie zwischen Illingen/Saar und 1947 die Deutsche Post. Nach der Wäh- räume, denn die durch miniaturisierte fon: Wegweiser, Navigator, Notizbuch, Bad Kreuznach eingerichtet. Jeglicher rungsreform im Juni 1948 normalisier- Transistoren stark verkleinerten Schalt- Musikstation, Videobildschirm, Lexikon, Postverkehr war jedoch unterbro- ten sich im Bereich des Sobernheimer instrumente benötigten nur Bruchteile Organisationszentrum und mehr. chen, als im März 1945 die Truppen der Postamts die Verhältnisse wieder. Und der Stellfläche früherer Wählrelais. Paul Bregenzer 3. US-Armee kamen und Sobernheim Ende 1955 wurde die Paketzustellung in Die Deutsche Post wurde bei der zwei- besetzten. Im Postgebäude und den Sobernheim sogar „verkraftet“, d.h. Pa- ten Postreform 1994 aufgelöst. Aus ihr Busgaragen lagen seinerzeit noch etwa kete wurden von einem motorisierten gingen die AG Deutsche Post hervor, 800 Pakete mit Produkten der Ewald- Fahrzeug zu den Betrieben und Haus- die Deutsche Telekom und die Deut- Werke, der Strumpffabrik Marum und halten gebracht. Zeitgleich verschwand sche Postbank als eigenständige Unter- der Druckerei Melsbach, die nicht mehr der „Geldbriefträger“, diese Aufgabe nehmen. In Sobernheim hatte dies zur hatten ausgeliefert werden können. erfüllte nun auch der Briefzusteller. Ab Folge, dass das Postamt geschlossen Man musste Teile des Hauses räumen, 1956 gab es Zusammenlegungen von wurde. Was bis 1998 am Postschalter ebenso die Garagen, denn darin wurde gelben Bussen auf Kraftpostlinien und zu erledigen war, konnte man nun im die amerikanische Militärpolizei un- Linien, die von den roten Bahnbussen Felkecenter tun, dort gab es fortan eine tergebracht. Im Frühsommer 1945 zo- befahren wurden. Heute werden die- Postfiliale im Edeka-Lebensmittelmarkt gen die Amerikaner ab und Franzosen se Linien im öffentlichen Nahverkehr Neukauf. Das währte indes nur knapp richteten dann in den Garagenhallen meist von Bussen der ORN (Omnisbus- zwei Jahre. Christine Weitzel übernahm eine Reparaturwerkstatt für Panzer betriebe Rhein-Nahe) betrieben. Die 2001 die Postfiliale und richtete sie als und Militärfahrzeuge ein. Der Postbe- Regiolinie als regelmäßiger Bus geht ab Shop-im-Shop im alten Ehemhof an rieb ruhte gänzlich bis zum 1. Juni 1945. Bad Sobernheim bis Lauterecken und der Igelsbachstraße ein. Hier und in Ab da durfte zunächst nur Militärpost zurück. Sie fährt die Strecke durch das den beiden weiteren Verkaufsstellen befödert werden. Lediglich in Sobern- Glantal alle zwei Stunden. (eine im Real-Markt und bei Andreas

225 226 Stadtentwicklung Später kamen dazu: Stettiner Straße Vor der Haardt » sobernheimer straSSen Am Domberg Westtangente Am Gefach in Steinhardt: Im Jahr 1950 gab es in Sobernheim diese Straßen Malteserstraße B Am Mühlenteich – zugeordnet den Stadtbezirken A,B,C,D,E (Stadt- Marktplatz C/A/D An der Brückenmühl Am Johannisberg viertel) – eingeteilt von der Innenstadt aus nach Marumstraße A Anspacher Weg Bockenauer Straße den Randgebieten. Mauergasse B Auf dem Kolben Flurstraße Meddersheimer Straße D Auf Löhborn Kreuznacher Straße Mittelgasse B Berliner Straße Oberstreiter Straße Alter Weg C Monzinger Straße E Botzbachweg Am Domberg E Nahestraße D Brennhütter Pfad außerdem gehören zur Stadt: Bahnhofstraße D (1933-1945 Richthofenstraße) Breslauer Straße (1933 -1945 Horst-Wessel-Straße) Neugasse A Dornbachstraße Kurhaus Dhonau / Bollants im Park Bahnstraße D Obergasse B Dr.-Herrmann-Straße Kurhaus Maasberg-Therme Bocker Weg E Pfaffenstraße A Eselsrücker Weg Neues Leben (heute Königsberger Straße) Pfarrer-Reich-Straße E Fronwingert Dörndich Breitler Straße E Poststraße D Fuhrwiese Fellerhof Dammstraße D (1933-1945 Hermann-Göring-Straße) Haystraße Freilichtmuseum Eckweilerstraße E Priorhofstraße C Hermann-Josef-Marx-Straße Wüstung Pferdsfeld Felkestraße D Ringstraße E Hömigweg Wüstung Eckweiler Friedhofsallee E (1933-1945 Hermann-Göring-Straße) Im Beilchen Fuchshof Großstraße (obere) C Römerstraße D Im Brühl Entenpfuhl mit Martinshof (1933-1945 Adolf-Hitler-Straße) Saarstraße C Im Staaren Forsthaus Ippenschied Großstraße (untere) D (bis 1935 Fröschegass) In der Ziegelei Kallweiler (1933-1945 Adolf-Hitler-Straße) Schulstraße E Industriestraße Birkenhof Gymnasialstraße B Staudernheimer Straße D Johannisplatz Hoxmühlen Herrenstraße C Steinhardter Straße E Kapellenstraße Forsthaus Alteburg Hintergasse B Wilhelmstraße B Kehrweiden Trifthütte Hüttenbergstraße E Vor alter Sparkasse D Korczak-Straße Igelsbachstraße A (1933-1945 Hindenburgplatz) Louvres-Straße Insgesamt umfasst die Bad Sobernheimer (1933-1945 Dr. Goebbels-Straße) Mühlenstraße Gemarkung rund 54 Quadratkilometer = 54.000 Kirchstraße A Münchwiesen Hektar und ist damit die zweitgrößte im Kreis Kleine Kirchgasse B Bad Kreuznach, gleich hinter der Kreishaupt- Paul-Schneider-Straße Kreuzstraße A stadt mit 56,6 Quadratkilometern. Pferdsfelder Straße Kuhweg E Rößler Pfad Leinenbornerweg E Heinz Schmitz Soonwaldstraße

227 228 Stadtentwicklung » sportplätze

Personenstraßen Orts- und Verbindungsstraßen Auf Mohren Wilhelmstraße Meddersheimer Straße Vor der Haardt Felkestraße Monzinger Straße Hüttenbergstraße Hermann-Josef-Marx-Straße Eckweilerstraße Im Brühl Dr.-Herrmann-Straße Steinhardter Straße Münchwiesen Paul-Schneider-Straße Staudernheimer Straße Im Fronwingert Pfarrer-Reich-Straße Kreuznacher Straße Rößler Pfad Hömigweg Bockenauer Straße Fuhrwiese Korczak-Straße Oberstreiter Straße Dörndichweg Marumstraße Sobernheimer Straße Haystraße Pferdsfelder Straße Lagestraßen Johannisplatz Soonwaldstraße Am Markt Hans-Stassen-Weg Louvres-Straße Großstraße Katharina-Schroth-Weg Stettiner Straße Ringstraße Königsberger Straße Obergasse Breslauer Straße Mittelgasse Gebäudestraßen Berliner Straße Hintergasse Priorhofstraße Anspacher Weg Kreuzstraße Poststraße Römerstraße Alter Weg Die Erfolgsmannschaft des FC 031962 – Herbstmeister der 1. Amateurliga Südwest Bahnhofstraße Eselsrücker Weg Neugasse Bahnstraße Kuhweg Als der FC Sobernheim 1903 gegrün- Rasensportplatz angelegt wurde, der am Schulstraße Gemarkungsstraßen Flurstraße det wurde, stellte die Stadt dem Verein 28.10.1955 erstmals bespielt wurde, nach Mauergasse Kehrweiden Gartenstraße die städtischen Wiesen am Schützen- Restarbeiten allerdings erst im Sep- Kleine Kirchstraße Im Beilchen Dammstraße heim im Staaren zum Fußballspielen zur tember 1963 offiziell eingeweiht -wur Kirchstraße Breitlerstraße Westtangente Verfügung. Dort wurde der erste Platz de. „Vater“ dieses Sportplatzes war der Kapellenstraße Zum Staaren angelegt für Fußballspiele und Feld- FC-Vorsitzende Otto Schaaf. Zum „Ro- Pfaffenstraße In der Ziegelei Gewässerstraßen handball. Das Problem für diesen Platz senbergstadion“ gehörten eine Rund- Malteserstraße Im Wesentlich Nahestraße war die Nahe, die an ihm vorbei fließt. um-Laufbahn und zwei Sprunggruben. Herrenstraße Am Domberg Saarstraße / Saarplatz Bälle landeten im Fluss, konnten nicht So konnte hier Leichtathletik ausgeübt Gymnasialstraße An der Brückenmühl Botzbachweg immer mit Keschern an Stangen her- werden, die Schulen richteten Bundes- Auf Löhborn Igelsbachstraße Friedhofsallee ausgefischt werden. Schlimmer waren jugendspiele aus. Auf sein Clubheim mit Mühlenstraße Auf dem Kolben Dornbachstraße die Hochwasser, die den Platz oft über- Gastwirtschaft und Duschen war der 1. Neues Leben Am Nußbaum Am Mühlenteich fluteten. So suchte man ein neuen Platz SFC 03 stolz. Am Johannisberg Am Gefach und fand ihn unterhalb des Rosenbergs Neben der Dr. Werner Dümmler – Hal- Am Brennhütter Pfad Leinenborner Weg an der Staudernheimer Straße in einem le wurde danach ein Hartplatz von der Hinweis: morastigen Gebiet, vor der ehemaligen Stadt angelegt. Er diente als Trainings- Es fehlen die Straßennamen aus den ehemaligen Ortslagen von Eckweiler und Pferdsfeld Müllkippe (jetzt Parkplatz hinter dem und Ausweichplatz und stand ebenfalls sowie von Entenpfuhl, vom Hoxbachtal und der Trifthütte. Schwimmbad), wo mit viel Mühen ein dem Schulsport zur Verfügung, wenn der

229 230 Rasenplatz geschont werden musste. Als Gespräche über die Fusion von FC 03 Hartplatz an der Staudernheimer Straße, dernheimer Straße und dem Staaren- die Dörfer Pferdsfeld und Eckweiler An- und VfL. Der neue Verein, der SC (Bad) der nach Stadtratsbeschluss aufgegeben Rasenplatz, der von der Verbandsge- fang der 1980er Jahre nach Sobernheim Sobernheim, konnte allerdings nicht bei- werden sollte, ein nun geschlossenes, meinde für den Schulsport übernommen umgesiedelt wurden, beanspruchte der de Sportanlagen unterhalten. Man ent- teilfertiges großes Clubheim und das wurde und durch die Nutzungsbeiträge VfL Pferdsfeld-Eckweiler eigene Sport- schied sich für die moderneren Anlagen alte HSV-Clubheim, das inzwischen zur des Schulträgers Kreis Bad Kreuznach fi- plätze. Diese wurden wieder im Staaren im Staaren und gab – gegen den erbitter- SC-Konkursmasse gehörte – doch keine nanziert wird. Der HSV Bad Sobernheim angelegt, zuerst auf der alten Sportplatz- ten Widerstand manch alter FC-Anhän- aktiven Fußballer mehr. Die Abwicklung hat aus der Konkursmasse des SC das fläche ein neuer, moderner Hartplatz mit ger – das Rosenbergstadion auf, verkauf- des SC zog sich hin und ist immer noch große Clubheim günstig erworben. Das Flutlichtbeleuchtung, danach ein auf- te es an Stadt und Verbandsgemeinde nicht endgültig abgeschlossen. alte HSV-Clubheim wird vom FC Phönix wendiger Rasensportplatz nebenan mit zur Schwimmbad-Erweiterung bzw. zur Für den Wiederaufbau des vom Hoch- genutzt. Auch im TV Bad Sobernheim Kunststoff-Laufbahn und Leichtathletik- Errichtung eines Hotels. Inzwischen wird wasser zerstörten Hartplatzes gab es gründete man eine Fußball-Abteilung, Anlagen. Es war der modernste und am der ehemalige Sportplatz im Sommer als mehrere Vorstöße. Am konkretesten vor allem für die jüngsten Jahrgänge. Sie besten ausgestattete Sportplatz im Kreis Parkplatz für Freibad- und Barfußpfad- wurde es 2008. Der inzwischen wegen benutzen die Staaren-Anlagen. Inzwi- Bad Kreuznach. Motor dieses Projektes Besucher genutzt, das Clubheim wurde der Finanzprobleme zerstrittene SC hatte schen gibt es Bestrebungen, den Hart- war Karl-Ernst (Kalle) Pfeffer, der sich für von der DLRG-Ortsgruppe übernommen sein Erbbaurecht am Platz an die Stadt platz im Staaren zu reaktivieren. Auch alles zuständig fühlte, vom Rasenmähen und von den Rettungsschwimmern für zurück gegeben. Der für Sport zuständi- der HSV ist daran interessiert, er hat ein bis zum Bierverkauf aus dem Schubkar- ihre Zwecke umgebaut und renoviert. ge Stadtbeigeordnete Werner Bohn er- großes Felke-Turnier erfolgreich in den ren und der die Anlagen mit unermüdli- Im Staaren wurde ein großes Clubheim reichte beim Innenministerium die Zusa- Staaren verlegt. Dass es im Interesse des chem Einsatz betreute. errichtet, nachdem vorher dort nur ein ge eines erheblichen Zuschusses, ebenso Sports zu funktionsfähigen Sportplät- Zwei extreme Flut-Ereignisse der Nahe, kleines Funktionsgebäude stand und das die Freigabe im Sportstättenplan des zen und erfolgreichen Wiederbelebung das „Silvester-Hochwasser“ 1993/1994 alte HSV-Clubheim am Hartplatz benutzt Kreises. Der Auftrag für die Planung des des Fußballsports in Bad Sobernheim und das Januar-Hochwasser 1995 wa- wurde. Im neuen – vielfach als überdi- neuen Rasenplatzes für etwa 200.000 kommt, bleibt zu hoffen. ren katastrophal für die Sportanlagen mensioniert gescholtenen – Bau sollte Euro wurde an einen Planer vergeben; im Staaren. Dazu trug auch der extrem nach Vorstellung der SC-Spitze die zen- der Stadtrat akzeptierte die Pläne ein- Werner Bohn viel Wasser führende Botzbach bei, der trale Stelle des Vereins sein. Auch soll- stimmig. Doch nach der Kommunalwahl westlich am Rasenplatz vorbei fließt ten Schulen die Anlage und das Gebäude 2009 wollte der neue Stadtrat das Pro- und normal kaum Wasser hat. Tiefe Grä- nutzen. Zur Finanzierung wurde das Geld jekt nicht fortsetzen, diskutierte eine ben wurden gerissen, Schlamm, Steine eingesetzt, das der Verein beim Verkauf Einfachst-Lösung und verlor den Platz und Treibgut bedeckten die Anlagen, des Rosenberg-Stadions von der Kom- dann völlig von der Agenda. die Auflage des Hartplatzes wurde von mune erhalten hatte. Doch zu viel von den Fluten mitgerissen. Mit Hilfe von diesem Geld floss in den Spielbetrieb 2010 gründeten ein paar Fußball-Anhän- viel Landesmitteln wurden die Hoch- - die Finanzierung des Clubheims geriet ger den FC Phönix Bad Sobernheim. Es wasserschäden am Rasenplatz beseitigt, ins Wanken, und führte schließlich zum waren vor allem Spieler mit Migrations- ein kleiner Hochwasserschutzwall zum Konkurs des SC. Bad Sobernheim hat- hintergrund, die im neuen Verein in der Botzbach und zur Nahe hin angelegt. te im Staaren nun zwar eine prächtige untersten Spielklasse begannen. SC- Doch der Hartplatz blieb zerstört, wurde Sportanlage mit einem der schönsten Spieler hatten sich nach der SC-Auflö- nur von Steinen und Geröll befreit und Fußballplätze im Kreis und modernen sung Vereinen in der Umgebung ange- wuchs allmählich mit Gras und Kräutern Leichtathletik-Anlagen, daneben die schlossen. Der FC Phönix spielt seitdem zu. vom Hochwasser gezeichnete ehemali- auf dem hergerichteten Hartplatz Stau- Anfang der 1990er Jahre begannen die ge Hartplatz-Fläche, einen ramponierten

231 232 Stadtentwicklung » Badespass an wechselnden Orten

Badespaß machte der Bevölkerung aus Sobernheim und Umgebung sowohl das eher sportive Solefreibad aus den 50er Jahren als auch die Umbauversion zum Spaßbad in den 90er Jahren.

Man muss aus heutiger Sicht den Mut langen Schwimmerbecken. Daneben der Stadtväter wenige Jahre nach dem war das gleich lange Becken für Nicht- Zweiten Weltkrieg bewundern. Nicht schwimmer. Im Niedrigwasserbereich telbar an der Meddersheimer Gemar- Jahren gab es Überlegungen für ein Hal- nur dass bauliche Wunden im Stadt- hatte es sogar eine drei Meter hohe kung. „Gefach“ heißt diese Aufspaltung lenbad, das mit drei Millionen Mark kal- gebiet zu heilen waren, man schuf Betonrutsche. Separat wurde für die des Flusses in Mühlenteich und Nahe. kuliert war. 1991 sollten dann Frei- und die Kanalisation und ersetzte das alte Kleinen ein Plantschbecken angelegt. 1937 erwog der Stadtrat den Bau eines Hallenbad in einem entstehen, ein Kom- Kopfsteinpflaster in etlichen Gassen Eine Sprühanlage vernebelte zu Inha- Nahe-Freibads am Schlossfelsen (wo bibad. Jedoch zerschlug sich auch das, durch eine Asphaltdecke. Auch für den lationszwecken das Solewasser aus der heute der Minigolfplatz ist). Zwei Jahre die Genossen im Rat waren dagegen. Badespass machte man sich intensiv später „Felke-Quelle“ genannten Boh- später schwenkte der erwogene Platz Einig war man sich aber darin, das Frei- Gedanken - und beließ es nicht dabei. rung. Am 28. Juli 1956 wurde dieses Bad einer Badeanstalt in den Norden, in den bad umzubauen in ein Spaßbad. Höhere Fast an der Grenze zu Staudernheim eingeweiht mit Lampions und Wasser- „Bock“. Zwischen Dornbach (dessen Hygienestandards hatten zum besse- wurde ins ehemalige Sumpfgelän- ballett, Kunstspringern, Wasserballspiel Wasser das Bad speisen sollte) und der ren Reinigen des Wassers gezwungen. de ein Sole-Freibad gesetzt, das auch und einem finalen Feuerwerk. heutigen Königsberger Straße sollte In den 90er Jahren wurden Spaßele- schwimmsportliche Belange berück- Gedanken an eine Badeanstalt gab es die Anstalt entstehen. Der Krieg mach- mente wie Rutsche und Wirbel einge- sichtigte. Startblöcke, Ein- und Dreime- in Sobernheim schon früh. In den 20er te diese Pläne zunichte. baut. Und so erfrischen sich junge und terbretter sowie ein 5-Meter-Turm für Jahren existierte eine „Badeanstalt“ Doch das Solebad von 1956 sollte nicht ältere Wasserratten auch heute noch. Kunstsprünge gehörten zum 50 Meter am Wehr der Nahe im Westen unmit- von ewiger Dauer sein. Nach zwanzig Paul Bregenzer

233 234 Stadtentwicklung » kur- und tourismus

„Mehr Gäste – aber sie bleiben kürzer 20 Millionen Gästen. im Land“. Das war die letzte Meldung Zu den wichtigsten Herkunftsländern zum Thema „Tourismus“ im Öffentli- zählen die Niederland, Belgien, Groß- chen Anzeiger des Jahres 2014 in der britannien, die USA, Frankreich, die Ausgabe vom 27. Dezember. Die Bilanz Schweiz, Dänemark, Österreich, Schwe- für das abgelaufene Jahr sieht „ge- den und Polen. mischt“ aus, so schreibt das Blatt. Wei- Die Naheregion nimmt im Vergleich ter heißt es, dass das Rheinland-Pfalz zu den übrigen Tourismusregionen in bei den Gästen so beliebt sei wie nie Rheinland-Pfalz mit nur ca. 386.000 und mit 8,1 Millionen Gästen eine Stei- Gästen allerdings nur den zweitletzten gerung um 1,9% zu verzeichnen gewe- Platz (vor dem Hunsrück) ein. An der sen sei. Insgesamt seien es 21,8 Millio- Spitze steht die Region Mosel-Saar mit nen Übernachtungen in Rheinland-Pfalz ca. 2.110.000 Gästen, danach folgen die gewesen. Daraus ergibt sich reich rech- Pfalz, das Rheintal, die Eifel, Rheinhes- nerisch eine Verweildauer von knapp sen, Westerwald-Lahn und die Ahr. 2,7 Tagen je Gast. Soweit eine aktuelle In der Statistik wird bei den Übernach- Statistik. Laut dieser Statistik bewegen tungsbetrieben weiterhin unterschie- sich die Gästezahlen seit mehr als 10 den zwischen Hotels, Gasthöfen, Pensi- Jahren auf einem stabilen, vielleicht so- onen, Erholungsheimen, Vorsorge- und gar leicht steigenden Niveau von über Rehabilitationskliniken, Ferienzentren,

235 236 Ferienhäuser- und Ferienwohnungen, gen die Zahlen in den Dörfern der Ver- Jugendherbergen, Privatquartieren und bandsgemeinde Bad Sobernheim auch Campingplätzen. an, konnten sich aber nicht in gleichem Die Rheinland-Pfalz Touristik GmbH Maße nach oben entwickeln (21.000 wirbt mit „Wandern“, „Radfahren“, Übernachtungen im Jahr 2001 und „Wein, Kultur und Kulinarik“ und „Well- 29.500 Übernachtungen im Jahr 2013). ness und Gesundheit“, „Heilbäder und Bewertet man diese Zahlen auf Ihre Be- Kurorte“ und „Städte und Kultur in deutung für den Arbeitsmarkt, so kann Rheinland-Pfalz“. man grob folgende Rechnung aufstel- Warum diese nüchternen Informatio- len: Ausgaben je Gast und Tag: 53,00 nen und Zahlen am Anfang: Um zu zei- €, das ergibt in Stadt und Verbands- gen, dass Bad Sobernheim mittendrin gemeinde zusammen bei gut 200.000 ist, voll im Trend liegt und die Gäste Übernachtungen einen Umsatz aus dem in Bad Sobernheim zu den meisten ak- Tourismus von 10 Millionen Euro. Dieser tuellen touristischen Themen gute und Betrag sichert die Beschäftigung von attraktive Angebote finden. 200 Personen. Damit hat die Branche Die Zahl der Gästeankünfte und die natürlich nicht die überragende Bedeu- lässt die Vielfalt erahnen und viele der Bei „EdelStein“ werden die interessante Zahl der Übernachtung steigt stetig: tung wie in ausgewiesenen Tourismus- genannten Punkte und Themen betref- Geologie des Nahelandes genannt, die Waren es zu Beginn des Jahrtausends in Orten, ist aber als „Arbeitgeber“ nicht fen ganz oder teilweise die Stadt Bad Besucherbergwerke und geologischen der Stadt Bad Sobernheim noch knapp zu unterschätzen. Darüber hinaus ste- Sobernheim oder ihre Gemarkung, die Lehrpfade, die Edelsteinschaubetriebe, 24.000 Gäste und 122.000 Übernach- hen fast alle touristischen Einrichtun- ja von der Nahe bis in den Soonwald die Stadt Idar-Oberstein, die Edelstein- tungen, so waren es vor 10 Jahren - im gen auch der heimischen Bevölkerung reicht. Hervorgehoben sind die Attrak- straße, die Hunsrück Schiefer- und Bur- Jahr 2005 - schon knapp 58.000 Gäste zur Verfügung und werden von dieser tionen, die auch mit Bad Sobernheim in genstraße. In dieses Kapitel gehören mit 141.000 Übernachtungen und im intensiv genutzt. Diesen Aspekt des Verbindung zu bringen sind: auch auf jeden Fall die „Steinhardter Jahr 2013 60.000 Gäste mit 142.000 touristischen Wirtschaftens darf man Unter dem Stichwort „Outdoor“ wird ge- Erbsen“. Übernachtungen. bei aller wirtschaftlichen Diskussion um nannt: Soonwaldsteig, Saar-Hunsrück- Auch das Thema „Wellness“ hat an Die durchschnittliche Verweildauer das Thema Tourismus nicht verkennen. Steig, Traumschleifen und Vitaltouren, der Nahe viel zu bieten. Neben Bad lag dabei im Jahr 2001 noch bei gut 5 Radtouren, Naheradweg, E-Bike-Ver- Sobernheim als Kurort und Heilbad gibt Nächten und sank seither auf knapp 2,5 Überregional ist Bad Sobernheim in der leih, Draisinenstrecke, Ballonfahrten, es Bad Kreuznach und Bad Münster am Nächte. Der Rückgang bei der Länge Naheland-Touristik GmbH eingebunden. Barfußpfad, Golf, Kanu, Klettern, Nordic Stein-Ebernburg. Alle Kliniken (auch der Aufenthaltsdauer folgt einerseits Auf der Homepage der Naheland-Tou- Walking und Wasserspaß, Nationalpark die Asklepios-Katharina-Schroth-Klink) dem allgemeinen Trend, mehr und da- ristik wird das Naheland in seiner ge- Hunsrück-Hochwald, Naturpark Saar- werden genannt, die Wellness- und für kürzere Aufenthalte zu buchen. Mit samten Vielfalt dargestellt und bewor- Hunsrück und Naturpark Soonwald- Kurhäuser sowie die Felke-Kur im Be- dazu bei trägt auch die in Bad Sobern- ben. Bad Sobernheim liegt mittendrin Nahe. sonderen. heim steigende Anzahl der Reisemobil- und trägt seinen Teil zur natürlichen, Das Thema „WeinGenuß“ wird verbun- Das wichtige und identitätsstiftende übernachtungen, die in vielen Fällen nur geschichtlichen und kulturellen Vielfalt den mit „Nahe-Wein“, Weinfeste, die Thema „Kultur“ ist an der Nahe groß eine Nacht in der Gemeinde bleiben. an der Nahe bei. Zu umfangreich wäre Liste der exzellenten Winzer, die Na- und umfangreich. Da steht zunächst Im Vergleich zur Steigerung der Gäste es, an dieser Stelle alles zu beschrei- heweinstraße, besondere Gaststätten, eine Reihe von bekannten Festen und und Übernachtungen in der Stadt stie- ben, aber allein die reine Aufzählung Regionale Produkte, u.a. von SooNahe. Festivals: der Erlebnistag Naheland, das 237 238 Kulturfestival Idar-Oberstein, die Loge Sie ist eine Einrichtung der Wirtschafts- treter, Herr Helmut Auweiler die Lei- und den privatwirtschaftlich motivier- in Bad Kreuznach, die Jazz-Tage in Idar- förderungsgesellschaft der Verbands- tung übertragen. Dieser erkrankte lei- ten Akteuren in besonderem Maße zur Oberstein, die Karl-May-Festspiele in gemeinde Bad Sobernheim. Im Internet der schwer und 1994 wurde die Stelle Belebung des touristischen Angebotes Mörscheid, „Bingen swingt“, die Mat- wirbt die KTI: „Das Team der Kur- und mit Herrn Antonius Nikodemus neu be- beiträgt, so müssen hier die ehrenamt- theiser Sommerakademie. Lang ist die Touristinformation der Ferienregion setzt, der bis zum Jahr 2000 die Leitung lich geführten Vereine genannt werden. Reihe der Museen und Ausstellungen: Bad Sobernheim ist Ihnen bei der Pla- inne hatte. In dieser Zeit wurde auch Neben direkten Angeboten für Einhei- das Museum für Puppentheaterkultur, nung Ihres Urlaubes gerne behilflich. das Thema Kur- und Verkehrsamt der mische und Gäste organisieren sie auch die Historische Weiherschleife, das In- Wir schicken Ihnen Prospektmaterial, Verbandsgemeinde in die Wirtschafts- wesentliche Unterstützung für die tou- dustriedenkmal Bengel, das orgelArt- buchen Unterkünfte und Stadtführun- förderungsgesellschaft der VG Bad ristischen Einrichtungen der Stadt und Museum, Schloss Wartenstein, das gen für Sie und geben Ihnen Tipps und Sobernheim mbH überführt und der Verbandsgemeinde. Heimatmuseum Priorhof, das Wisky- Anregungen für einen rundum gelunge- Leiter des Kur- und Verkehrsamt wurde Beispielhaft genannt werden sollen hier Museum, das Feldbahn-Museum, Na- nen Urlaub. Ergänzend dazu halten wir damit Geschäftsführer. folgende Vereine: Der „Freundeskreis he-der-Natur in Staudernheim, Natur- Rad- und Wanderkarten sowie Souve- Freilichtmuseum“ als wesentlicher Un- station Lebendige Nahe, Römerhalle, nierartikel für Sie bereit. Gerne können Das Thema „Tourismus“ wird in Bad terstützer des Freilichtmuseums, eben- Schloßparkmuseum, Rheinland-Pfäl- Sie diese telefonisch, per E-mail oder Sobernheim u.a. als Wirtschaftsförde- so die „Ehemalige Geschwaderangehö- zisches Freilichtmuseum, Historisches über unseren Internetshop bestellen.“ rung verstanden. Es ist wichtig, dass rigen“ und auch der „Bienenzuchtverein Museum am Strom in Bingen, Steins- Zur Entwicklung der KTI schreibt der die politisch Verantwortlichen voll hin- Bad Sobernheim und Umgebung“. Für kulpturenmuseum, Keltensiedlung Alt- Leiter der KTI, Ralf Schneberger : ter der Sache stehen. Dies waren: interessante Veranstaltungen im Laufe burg, Heimatmuseum Herrstein und „Im Jahre 1987 wurde erstmals diese Ein- Bgm. Dr. Werner Dümmler sowie die eines Jahres sorgen „Die Kulissenschie- , Edelsteinmuseum und Fos- richtung geschaffen und das „Kur- und damals hauptamtlichen Beigeordneten ber“, der „Förderverein Sowwerummer silienmuseum. Spannend und interes- Verkehrsamt Sobernheim“ gegründet. (Schöffel, Schmidt, Kehl) danach Bgm. Rosenmontagszug“, der „Gemischte sant liest sich die Liste der überregional Initiativ wurde die Verbandsgemeinde Hans-Georg Janneck und danach Bgm. Chor „Edelweiß“ Steinhardt“, der „Na- bekannten historischen Persönlichkei- Sobernheim. Damals waren Dr. Werner Rolf Kehl. Die längste Zeit und größte he-Chor“ und die „Werbegemeinschaft ten im Naheland: die Wittelsbacher, die Dümmler (Bürgermeister Stadt und VG) Erfahrung hat hier wohl unumstritten SoAktuell“. Der „HSV Sobernheim“ ver- Sponheimer, die Orgelbaufamilie sowie Achim Schöffel (hauptamtlicher Rolf Kehl.“ anstaltet einmal im Jahr ein großes Fel- Stumm, die Cratz von Scharfenstein, Beigeordneter der VG) die politisch ke-Handball-Turnier mit vielen tausend Hildegard von Bingen, Abt Trithemius, Verantwortlichen. Bei der Finanzierung Zur Finanzierung von Aufgaben für den Gästen und das „Kulturforum“ sowie Franz von Sickingen, der Schinderhan- wurde eine Drittel-Lösung vorgesehen: Tourismus erhebt die Stadt Bad Sobern- der „Förderverein Synagoge Sobern- nes, der Deutsche Michel und der Jäger 1/3 Anteil Verbandsgemeinde, 1/3 An- heim laut Satzung eine „Kurtaxe“ in heim“ tragen zu etlichen kulturellen aus Kurpfalz. teil Stadt Sobernheim und 1/3 Sonder- Höhe von 1,30 € je Übernachtung für ei- Veranstaltungen bei. umlage auf die Gemeinden nach Anzahl nen Erwachsenen ab einer Aufenthalts- Bad Sobernheim liegt also mittendrin der Übernachtungen. Es wurde ein Tou- dauer von mehr als 16 Stunden. Damit Besonders erwähnt sein soll der „Kur- in einer lebendigen und vielfältige Na- rismusarbeitskreis gebildet und externe werden jährliche Einnahmen von ca. und Verkehrsverein“, der von seiner tur- und Kulturregion und ist damit für Begutachtung (Reppel-Gutachten) als 90.000 € generiert und zweckgebun- Gründung am 6. April 1926 bis zu seiner Touristen von hoher Attraktivität. Um Startschuss eingeholt. den für die Förderung des Tourismus Auflösung am 11. Dezember 1995 das die besonderen Belange der Touristik Die Leitung des Amtes und der Wifög und die Aufrechterhaltung der touristi- Ziel hatte, mit „geeigneten Wirtschafts- in Bad Sobernheim und der Verbands- hatten folgende Personen inne: Herr schen Infrastruktur investiert. und Werbemaßnahmen den Kur- und gemeinde kümmert sich das Team der Kerpen von der Gründung an bis 1990. Wenn man überlegt, wer neben der Fremdenverkehr im Erholungsgebiet „KTI“, der „Kur- und Touristinformation“. Danach wurde seinem bisheriger Ver- offiziellen, politisch-administrativen des Felke-Kurortes Sobernheim zu för-

239 240 dern und zu betreuen. Als geeignete Sicht werden keine negativen Auswir- Sehr anschaulich, mit welchen Maß- Ferienort“ diskutiert und in Ransbach- Maßnahmen … kommen in Betracht: kungen erkannt, denn „insbesondere nahmen sich der Verein und die Stadt Baumbach eine original Westerwälder Beratung und Unterstützung der Ge- die lange Aufenthaltsdauer der Gäste um die Aufwertung von Sobernheim Keramik-Töpferei besichtigt. werbetreibenden, Privatvermieter so- und die geringe Zahl von Tagesbesu- als Tourismusort bemüht hat, war die wie sonstige Institutionen, soweit diese chern stützen diese Annahme“. Wie „Weinreben- und Rosen-Pflanzaktion“. Im Jahr 1994 berichtet Frau Sax-Schmitz, im Bereich des Kur- und Fremdenver- sich die Zeiten in nur gut 20 Jahren ge- Rudi Hill regt in einem Schreiben an dass die finanzielle Situation des - Ver kehrs bereits tätig sind oder tätig wer- ändert haben: Heute verkürzt sich die Bürgermeister Janneck im Februar 1993 eins Grund zur Sorge bereitet. Eine Auf- den wollen.“ Aufenthaltsdauer immer mehr und vor an, dass Bürger an ihren Häusern von gabenerfüllung könne nur durch einen allem durch den Barfußpfad und die der Stadt bezahlte Weinreben pflan- Zuschuss von 8000,00 DM gesichert In den Unterlagen dieses Vereins finden Radfahr- und Reisemobiltouristen gibt zen mögen. Dieser Vorschlag wird ger- werden. Im Kur- und Kulturausschuss sich zahlreiche Schriften, Artikel, Aus- es eine sehr hohe Zahl an Tagesbesu- ne aufgenommen. Parallel dazu regt wurde vom Ausschussvorsitzenden arbeitungen und Statistiken. Exempla- chern. Als qualitative Auswirkungen Gastland Nahe e.V. an, dies mit einer Helmut Blümel die berechtigte Frage risch ein paar Auszüge daraus: werden eine generell bessere Versor- Rosenpflanzaktion zu verbinden. Im nach der sinnvollen Aufgabenvertei- gung und Angebot, auch der einheimi- März 1993 erfolgt ein Aufruf im Amts- lung zwischen Kur- und Verkehrsamt, Der Kur- und Verkehrsverein war ein- schen Bevölkerung, angesehen. Die blatt, sich an der Aktion zu beteiligen, Kur- und Verkehrsverein, dem Frem- gebunden in die Suche und Ausbildung wirtschaftlichen Auswirkungen werden es gäbe 2 Reben und einen Rosenstock denverkehrsausschuss, dem Kur- und von Gästeführern durch die Stadt. An- im Jahr 1994 durch die „Einnahmen aus kostenlos. Ein nicht zu unterschätzen- Kulturausschuss, dem Felkebund, der fang der 90er Jahre war die Nachfra- dem Tourismus“ beschrieben. Es sind der administrativer Aufwand und diver- Arbeitsgemeinschaft der Kurhäuser, ge nach solchen Gästeführungen stark dies 17 Millionen DM, was bei einer ser Schriftverkehr folgte mit einzelnen der ärztlichen Arbeitsgemeinschaft Fel- gestiegen. Im Juli 1991 wurde in der Wertschöpfungsquote von 42% Einnah- Hausbesitzern zur Klärung jedes ein- kekur sowie dem Felkesymposium ge- Presse aufgerufen, sich bei Interesse zu men in Höhe von 7,2 Millionen DM aus- zelnen Rosen- und Reben-Standortes. stellt. melden. Von anfangs 9 Interessierten macht und zum direkten Einkommen Schließlich wurden an die 80 Reben blieben nur Herr Walter Miesemer und im „ersten Kreislauf“ wird. Wenn man und 50 Rosenstöcke bestellt, verteilt In der Mitgliederversammlung vom 10. Frau Hildegart Härter im Vertretungs- beachtet, dass dieses Einkommen ja und gepflanzt. Einige davon sind heute Juli 2006 wurde festgestellt, dass nach fall als neue „Stadtführer“ übrig, die teilweise wieder in Sobernheim ausge- noch in der Stadt zu bewundern. Von Aufbau der Felkehütte in der Priorhof- für eine Führung 30 DM Unkostenpau- geben wird und zu erneutem Einkom- einer 1994 von Bürgermeister Janneck straße die Mittel erschöpft sind und sich schale erhielten.Von Anfang an war die men führt, so kann man von insgesamt ins Leben gerufene „Oleander-Aktion“ nur noch auf 1,57 DM in bar belaufen. Qualität der Stadtführungen ein Thema, 10 Millionen DM Einkommen ausgehen, ist hingegen nicht mehr viel zu sehen. Es wurde einstimmig beschlossen, den ebenso wie die Zugänglichkeit von in- was für ca. 500 Sobernheimer Bürger Immerhin wurden 19 Oleander-Kübel in Kur- und Verkehrsverein aufzulösen. teressanten Gebäuden (Kirchen, Hei- als Volleinkommen ausreicht. Es wur- der Stadt verteilt. matmuseum). de errechnet, dass ca. 300 Vollarbeits- Felke-Stadt Bad Sobernheim plätze durch den Tourismus vorhanden Der Kur- und Verkehrsverein führte für Felke – der Name, der untrennbar mit In der Veröffentlichung „Kur- und Ge- waren. alle interessierten Personen „Informa- den Themen „Kur“ und „Gesundheit“ in sundheitstourismus in Sobernheim“ Am 29. Januar 1993 übernahm Frau tionsfahrten“ durch. Ein Beispiel war Bad Sobernheim verbunden ist. Er leb- aus dem Jahr 1994 wird die Frage ge- Christel Sax-Schmitz als letzte Ge- eine Fahrt mit dem Bus am1. Juni 1994 te nur 10 Jahr - von 1915 bis 1925 - in stellt: „Was bringt uns der Tourismus in schäftsführerin die Aufgaben von Herrn in den Westerwald. Es wurde der öko- Sobernheim , begründete hier die „Fel- Sobernheim?“. Es werden ökologische, Auweiler. Sie bezog Räumlichkeiten logische Lehrpfad in Limbach/Wester- ke-Kur“ und ist bis heute Synonym für wirtschaftliche und qualitative Auswir- im Haus des Gastes und erhielt eine wald besucht, im Haus des Gastes über den Gesundheits-Tourismus in unserer kungen untersucht. Aus ökologischer monatliche Vergütung von 350 DM. das Pilotprojekt „umweltfreundlicher Stadt. Ihm ist in dieser Chronik ein aus-

241 242 führliches, separates Kapitel gewidmet. folgte eine Heilwasseranalyse und eine Nach Felke wurden in Bad Sobern- Klimaanalyse. Dann kam ein Gutachten heim das Emanuel-Felke-Gymnasium über die therapeutische Wirksameit der benannt, die Felke-Straße, das Felke- Felke-Quelle und 1975 eine erste Denk- Center, die Felke-Lufthütte am Priorhof, schrift zur Kurentwicklung und Grün- das Felke-Zimmer im Heimatmuseum dung der Felkebad-Sobernheim-Förde- und der Felke-Pfad durch die Stadt. Das rungs-GmbH. 1976 wurde die Kurtaxe Felke-Grab auf dem Friedhof wird nach eingeführt und zwei Jahre später der wie vor besonders gepflegt und Felke Quellenpavillon errichtet und eine Gro- wurde (nach Otto von Bismarck im Jahr ße Heilwasseranalyse beauftragt. Diese 1895) der zweite Ehrenbürger der Stadt. Analyse gelangte u.a. zu dem Schluss, Im Jubiläumsjahr 2015 gibt es Felke- dass man das Wasser der Felkequel- Wein, Felke-Brot und eine Felke-Woche le als „Mineralwasser“ kennzeichnen im Juni. Ein eigenes Logo für diesen könne, da der geforderte Mindestge- Anlass wurde von der Stadt im Auftrag halt von 1000mg/kg an gelösten festen gegeben, Fahnen angefertigt und die Stoffen deutlich überschritten wird. Max-Willner-Heim auf dem Nohfels städtischen Autos beschriftet. Es folgten 1979 die offizielle Antrag- stellung auf Anerkennund als Heilbad Oberbürgermeister Ebbeke und dem neck (1991-2004) und der ehemalige Felkebad, Felke-Heilbad und auch ein Aerosolgutachten wurde Bad Münsterer Stadtbürgermeister Köhl Landrat und nun amtierende Innenmi- und Bad Sobernheim gebraucht. 1983 erfolgte die Erlaubnis, zu hören. Gerhard Wöllstein gestaltete nister Walter Zuber. Dr. Werner Dümm- Die Anerkennung als „Heilbad“ war Heilwasser als Arzneimittel abzugeben. den musikalischen Rahmen. ler bemühte sich vergebens in seiner schon Dr. Werner Dümmler ein Anlie- Drei Jahre später gab es ein Gutachten Amtszeit um den Bad-Titel. Widerstand gen. So konnte er am 25. Mai 1989 von über die Staubbelastung der Stadt und Eine Sonderseiten im Öffentlichen An- kam vor allem von den anderen „Bad- Wirtschaftsminister Rainer Brüderle die ein Konzept zur Kurentwicklung (Rep- zeiger vom 11.Dezember 1995 ist der Städten“ im Land, auch denen in der Anerkennungsurkunde für Sobernheim pel-Gutachten). 1987 folgte eine Peloid- Bad-Anerkennung gewidmet: Nachbarschaft, die im Wettbewerb um als einiges „Felke-Heilbad“ in Empfang analyse. Schließlich kam 1988 der Lan- Kurgäste standen. Ein Erfolg war schon nehmen. desfachausschuss für die Anerkennung „25 Jahre Warten und Streben haben ein der Titel als „Felke-Heilbad“, der am 25. Der Weg zur Heilbad- und späteren von Heilbädern nach Sobernheim, bevor glückliches Ende gefunden: Die Felke- Mai 1989 verliehen wurde. Bad-Anerkennung wurde über Jahre die Anerkennung selbst 1989 erfolgt. stadt darf ab heute den ehrenwerten vorbereitet. Bereits vor dem Zweiten Titel „Bad“ tragen. Damit könnte eine Erst der Abzug der Bundeswehr vom Weltkrieg war Sobernheim als Felke- Seit dem 11. Dezember 1995 darf neue Ära im Sobernheimer Land be- Flugplatz Pferdsfeld und die daraufhin Kurort anerkannt, es wurde allgemein Sobernheim dann auch noch den Zusatz ginnen.“ Das schrieb Dietmar Brück im einsetzenden Bemühungen um Kon- als „Felkebad“ bezeichnet. Dies wurde „Bad“ führen. Zur offiziellen Feier in Öffentlichen Anzeiger am Montag, dem version waren ursächlich für den end- bis 1972 nicht bestritten, aber dann ver- der Leinenbornhalle wurden 300 Gäs- 11.Dezember 1995. Es waren vor allem gültigen Erfolg. Hans-Georg Janneck langte das Gesundheitsministerium in te erwartet, allen voran Innenminister zwei Bürgermeister und ein Minis- nutzte die Gunst der aktuellen Situation Mainz entsprechende Nachweise. Zuber, der nach seiner Rede die Bad- ter, denen der Bad-Titel zu verdanken und überzeugte Walter Zuber davon, Zuvor hatte man schon 1969 Informa- Urkunde überreichte. Daneben waren war: Dr. Werner Dümmler – Stadt- und dass der „Bad“-Titel für die Landesre- tionen und Material zur Antragstellung Grußworte von Bürgermeister Janneck, Verbandsgemeinde-Bürgermeister von gierung eine preiswerte und zukunfts- beschafft. Im darauffolgenden Jahr Landrat Velten, dem Bad Kreuznacher 1969 bis 1991 – und Hans-Georg Jan- trächtige Konversions-Maßnahme sei.

243 244 Parallel dazu war die sehr positive Ent- nacher diakonie im Industriegebiet und heute feststellen: vieles ist verwirk- „Das Max-Willner-Heim in Bad Sobern- wicklung der Sobernheimer Kurhäuser als besonderes Glanzlicht die Askle- licht worden, manches ist gescheitert. heim ist ein begehrter Veranstaltungs- Dhonau und Stassen sowie Menschel in pios-Kurklinik jenseits der Nahe. Bad Neue Ideen kamen zum Tragen, andere ort für das vielfältige Freizeit- und Meddersheim, die alle drei expandier- Sobernheim hatte also einiges vorzu- spuken noch in Köpfen und Lokalzei- Bildungsprogramm der ZWST. Durch ten und zunehmend Kurgäste anzogen. weisen. tungen herum. Die Zukunft wird zei- stetige Erweiterung und Modernisie- Als die Bad-Kommission des Landes Zum Festakt der „Bad-Verleihung“ ka- gen, wie Bad Sobernheim mit Würde rung bietet dieser Veranstaltungsort die Stadt besichtigte, konnte neben men rund 300 Gäste in die Leinenborn- und Anspruch des Titels umgehen wird. die geeigneten Voraussetzungen für den drei attraktiven Kurhäusern eini- halle. Innenminister Walter Zuber hielt die Durchführung von Ferienfreizeiten, ges vorgezeigt werden und auf meh- die Festrede und überreichte die Ur- Kur-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen Seminaren, Projekten und besonderen rere angelaufene Projekte hingewiesen kunde an Hans-Georg Janneck. Land- Auf die Kur- und Wellnesshäuser Bol- Events. So ist das Max-Willner-Heim zu werden. Zudem hatte sich die Stadt rat Karl-Otto Velten, Bad Kreuznachs lAnts im Park, Hotel Maasberg Therme einer bekannten Adresse geworden, herausgeputzt. Janneck hatte kurzent- Stadtbürgermeister Rolf Ebbeke und und Menschels Vitalresort wird im Ka- um sich auszutauschen, neue Kontak- schlossen eine große Anzahl große Bad Münsters Stadtbürgermeister Ste- pitel über den Kurbegründer Emanuel te zu knüpfen und soziale Netzwerke Oleander-Pflanzen geordert, die in der fan Köhl gratulierten. Pianist Gerhard Felke eingegangen. Darum seien sie an zu bilden.“ Die erste Ferienfreizeit für Innenstadt dekorativ verteilt wurden. Wöllstein übernahm den kulturellen dieser Stelle nur erwähnt. jüdische Kinder und Jugendliche fand Auch waren kurzfristig noch Fassaden Teil. Grußworte von Ministerpräsident Hoch über der Nahe, direkt über dem dort 1957 statt. Das ehemalige „Erho- gestrichen worden. Kurt Beck und Wirtschaftsminister Rai- Nohfels, betreibt die Zentralwohlfahrts- lungsheim der NS-Volkswohlfahrt“ für ner Brüderle wurden verlesen. stelle der Juden in Deutschland die Bil- alleinstehende Frauen und Mütter aus Die Stadt warb mit 27 Gaststätten und Im Öffentlichen Anzeiger stellten fünf dungs- und Freizeitstätte „Max-Willner- der Nazi-Zeit wurde später unter gro- außer den drei Kurhäusern mit 19 Ho- prominente Sobernheimer ihre Ideen Heim“. Auf der Homepage heißt es: ßem Einsatz und mit viel Engagement tels und Pensionen, dazu dem Camping- vor: Die Hautärztin Dr. Helge Dhonau- platz. Auf das Heimatmuseum Priorhof Hermberg plante ambulante Felke-Ku- wurde gewiesen mit seinen Leitern ren, der Kinderarzt Dr. Rainer Lauf und Heinz Schmitz und Wolfgang Heimer. seiner Kollege Dr. Guoido Hein waren Das kulturelle Schwergewicht „Matthe- dabei, in der Villa Zens eine Praxis ein- iser Sommerakademie“ war natürlich zurichten, Monika Menschel berichtete ebenso im Blick wie Freilichtmuseum, von Erweiterungsplänen für ihr Kurhaus Barfußpfad und die wunderschöne Na- hinter Meddersheim, Planer Friedbert tur der mittleren Nahe mit 75 km Wan- Schiel zeigte Pläne für bauliche Inves- derwegen und 780 Hektar Wald. Dazu titionen vor und aus dem Jenseits hielt kamen die Erfolge der Stadtsanierung Pastor Emmanuel Felke mit seiner Mei- – auch als Konversionsmaßnahme: nung nicht groß hinterm Berg: „ Die Marktplatz, Felke-Center, Kaisersaal Stadt muss viel grüner werden“ und „Ich und Umgebung. Laufende Projekte wünsche mir viel mehr Fahrradwege.“ waren das Arkadenhaus, die Villa Zens Das Blatt schließt mit der Schlagzei- (Kinderarzt-Praxis „Kinderbunt“), das le über Bad Sobernheim mit „Fast Deutsche Haus, das Wohnbauprojekt ein kleines Paradies auf Erden“. „Am Nußbaum“ an der Monzinger Stra- Wie sich die Stadt nach der Bad-An- ße, die neuen Werkstätten der kreuz- erkennung entwickelt hat, kann man Asklepios Katharina-Schroth-Klinik 245 246 des Vorsitzenden der zentralen Wohl- (1894-1985) in Meißen als erste das fahrtsstelle der Juden in Deutschland Prinzip der Haltungsschulung unter Be- um- und ausgebaut und nach seinem rücksichtigung des Haltungs- und Be- Tod auch nach ihm benannt. Seit mehr wegungsempfindens und der Atmung als 50 Jahren kommen alljährlich viele ein. Sie erhielt 1969 für ihr Wirken das jüdische Gruppen nach Bad Sobernheim Bundesverdienstkreuz. 1961 begann und erinnern sich offenbar oft ihr Leben man in neuen Gebäuden im Leinenbor- lang an diese Aufenthalte. So auch ein ner Weg mit Behandlungen in Sobern- reicher, jüdischer Geschäftsmann, den heim. Die Leitung hatte bis zu ihrem der Autor dieses Kapitels bei einem Se- wohlverdienten Ruhestand die Toch- minar 1997 in Frankfurt traf. Der Mann ter von Katharina Schroth, Frau Christa pendelte ständig zwischen seinen Be- Lehnert-Schroth. trieben in Frankfurt, Berlin und Tel Aviv hin und her. Als in der Vorstellungsrun- Die Einrichtung wurde 1995 durch die de der Name „Sobernheim“ fiel, sagte Asklepios-Gruppe übernommen und er: „Das kenne ich gut, da war ich als man war bald auf der Suche nach der Kind mehrmals und habe dort schöne Möglichkeit, sich zu erweitern und neu Barfußpfad 2014 Wochen verbracht.“ zu bauen. Unter maßgeblicher Mithil- fe des damaligen Stadtbürgermeisters zurichten, in dem die Elemente Licht, seum einzurichten. Bürgermeister Dr. Asklepios Katharina-Schroth-Klinik Hans-Georg Janneck konnte ein Gelän- Luft, Wasser und Lehm erlebbar wer- Dümmler stand zusammen mit ande- Eine wesentliche Stütze der Kur-, Er- de im Nachtigallental gefunden und er- den sollten. Aus diesen Anfängen ent- ren Mitstreitern von Anfang an für die- holungs- und Rehabilitationseinrich- worben werden. Am 27. Juli 1997 wur- stand Deutschland erster Barfußpfad, se Idee ein. Vordenker war dabei auch tungen in Bad Sobernheim ist die As- de das neue Gebäude bezogen und fünf 3,5 km lang, geteilt durch den Fluss, den der Meisenheimer Notar Gerhard Held. klepios Katharina-Schroth-Klinik als Jahr später nochmals erweitert. man über Brücke, später über eine Hän- Konz bei Trier war ein starker Mitbe- Facheinrichtung für orthopädische Re- Richten sich die bisher beschriebenen gebrücke, per Boot oder an einer Furt werber, in den Jahren 1970 – 1974 fan- habilitation mit Schwerpunkt Skoliose Kur- und Erholungseinrichtungen an durchqueren kann. den viele Gespräche statt und viele Be- und andere Wirbelsäulen-Deformitäten. Kunden, die diese gezielt und speziell Jedes Jahr besuchen in der Zeit vom An- suche in den zuständigen Ministerien in Auch hier ein Zitat von der Homepage: aufsuchen, so sind es im Folgenden „Tou- fang Mai bis Anfang Oktober 80.000 bis Mainz waren notwendig. Trotzdem sah „Als Stammhaus der Dreidimensiona- rismus-Einrichtungen für jedermann“. 100.00 Menschen den Barfußpfad, das es schlecht für Sobernheim aus. In einer len Skoliose Therapie nach Katharina sind etwa 600 Personen am Tag. Mitt- Würdigung anlässlich des krankheitsbe- Schroth®, blickt die Einrichtung auf eine Der Barfußpfad lerweile wurde das Modell „Barfuß- dingten Ausscheidens von Dr. Dümmler über 50-jährige Tradition am Standort Seit 1992 gibt es den „Barfußpfad Bad pfad“ oftmals in Deutschland kopiert. schreiben Heinz Schmitz und Paul Bre- Bad Sobernheim zurück. Der 1997 er- Sobernheim“. Zuvor hatten clevere Tou- genzer im Januar 1991: „Doch Dr. Dümm- richtete Neubau im Nachtigallental ver- rismus-Verantwortliche der Verbands- In einem Seitental der Nahe, dem ler gab nicht auf und manche Fahrt zu fügt über 188 Betten. Die Einrichtung … gemeindeverwaltung, insbesondere Nachtigallental, befindet sich das Frei- den Ministerien nach Mainz wurde un- behandelt jährlich ca. 2.100 vorwiegend der Sachbearbeiter bei der Verbands- lichtmuseum für Rheinland-Pfalz. Be- ternommen. In Justizrat Held, Landtags- jugendliche aber auch erwachsene Re- gemeinde Helmut Auweiler, die Idee reits 1970 gab es erste Überlegungen, präsident Albrecht Martin und Landrat habilitanden ab 7 Jahren.“ gehabt, im Sinne der Felke-Idee einen dort statt ein reines „Kurerweiterungs- Hans Schumm hatte er starke Mitstrei- Im Jahr 1921 führte Katharina Schroth Freizeitparcours entlang der Nahe ein- gebietes“ vorzuhalten ein Freilichtmu- ter, während man örtlich das Projekt

247 248 richtungen südlich der Bahnlinie - eine bedeutendsten und schönsten Adels- optimale Anbindung zu gewährleisten, höfen aus dem 16. Jahrhundert. Er wur- wurden in der Amtszeit von Dr. Dümm- de 1572/73 erbaut und gehörte zum ler sowohl die Nahebrücke erneuert als Kloster Marienpforte. Später ging der auch die Bahnunterführung der Felke- Besitz an die Herren Cratz von Schar- straße verwirklicht. fenstein und anderen Geschlechtern. Besondere Beachtung verdienen der Rad- und Wanderwege original erhaltene Treppenturm und der Der Rad- und Wandertourismus nimmt dreieckige Erker. Im Museum wird die in Rheinland-Pfalz eine große Bedeu- Stadtgeschichte mit zahlreichen Doku- tung ein. Dabei spielen die hervorragen- menten gezeigt und dargestellt.“ Diese den Ziele in reizvollen Mittelgebirgs- nüchterne Beschreibung wird dem inte- landschaften, Flusstälern, Waldflächen ressanten Gebäude nicht gerecht. Nach und phantastische Aussichtspunkte langen Jahren des ehrenamtlichen Wir- eine wesentliche Rolle. Von allem hat kens von Wolfgang Heimer ist die jetzi- Bad Sobernheim etwas zu bieten. Die ge Museumsleiterin Anke Wiechert und touristische Erschließung dieser Ziele in ihr ehrenamtlich tätiges Team, eine Ab- Freilichtmuseum Mosel-Dorf den letzten Jahren und Jahrzehnten war teilung des Kulturforums Bad Sobern- schon fast aufgegeben hatte oder ihm ganze Saison über zusätzliche Pro- und ist die Aufgabe der öffentlichen heim e.V., dabei, die Ausstellung neu zu ablehnend gegenüberstand. 1974 fiel gramme für die ganze Familie. Auch Hand. So hat man in der Zeit von Stadt- organisieren und vor allem im Erdge- dann die Entscheidung für Sobernheim. für Gruppen hält das Freilichtmuse- und Verbandsbürgermeister Dr. Düm- schoss ganz auf das Leben und Wirken Heute hat das Museum –wie jeder Er- um vielseitige Angebote bereit. Das meler in den 80er-Jahren des vergan- des Lehmpastors Felke auszurichten. folg- viele Väter. Doch das Freilicht- 1973 vom Freundeskreis gegründete genen Jahrhunderts schon großen Wert Touristisch fristet der Priorhof, etwas museum bei uns, im Nachtigallental, und zunächst von einem Zweckver- auf die Verbesserung der Radwege- versteckt in einer Seitenstraße in der das ist überwiegend sein Verdienst.“ band getragene Museum befindet sich Infrastruktur an der Nahe gelegt. Und Nähe des Marktplatzes, ein beschei- Auf der Homepage steht: „Im Rhein- seit 2003 in Trägerschaft der gemein- auch in den letzten drei Jahren konnten denes Dasein. Lediglich interessierte land-Pfälzischen Freilichtmuseum er- nützige Ziele verfolgenden „Stiftung in und um die Stadt Bad Sobernheim Gruppen finden den Weg dorthin. Ein wacht das alltägliche Leben der letzten Rheinland-Pfälzisches Freilichtmuseum fast sämtliche Wanderwege reorgani- verbessertes Konzept soll jedoch die 500 Jahre zu neuem Leben. Knapp 40 Bad Sobernheim“. Diese ist eine Kör- siert, neu ausgeschildert und kartogra- dort ausgestellte Heimatgeschichte er- historische Gebäude wurden an ihren perschaft öffentlichen Rechts und wird phiert werden. Der Nahe-Radwander- lebbarer machen. Originalstandorten in Rheinland-Pfalz zur Hälfte vom Landkreis Bad Kreuz- weg führt am Südrand der Stadt vorbei. abgebaut, auf dem Gelände des Freilicht- nach und zu je einem Viertel von der Hinweisschilder sollen Rad-Touristen Camping und Reisemobile, Minigolf museums wieder zusammengefügt und Verbandsgemeinde und der Stadtge- auch ins Stadtzentrum führen. Naturnahe Freizeit- und Ferienregionen detailgetreu eingerichtet. Ergänzt durch meinde Bad Sobernheim getragen. Das sind gegebene Ziele für Camping-und Gärten, Felder, Streuobstwiesen, einen übergeordnete Gremium der Stiftung Heimatmuseum Priorhof Reisemobiltourismus. Auf dem Gelände Weinberg, Weiden und die zugehörigen ist der Stiftungsrat beziehungsweise Die Stadt beschreibt ihr Heimatmuse- der früheren Wäschebleiche entwickel- Tiere vermitteln sie dem Besucher das der Stiftungsvorstand.“ um so: „ Das Heimatmuseum der Stadt te sich nach dem Krieg ein großer Cam- Gefühl, in die Geschichte einzutauchen. Um für das Freilichtmuseum - aber auch Bad Sobernheim ist im Priorhof un- pingplatz. Nach den großen Hochwas- Themen- und Aktionstage bieten die für die weiteren Kur- und Freizeitein- tergebracht. Der Priorhof zählt zu den ser-Ereignissen 1993 und 1995 kam der

249 250 le sollen einmal die im Jahr 2009 als Rheinland-Pfalz und im Deutschen zielführend erachteten Ideen genannt Heilbäderverband werden und nachfolgende Chronisten - Die natürlichen Heilverfahren nach müssen berichten, was daraus gewor- Felke werden weiterentwickelt den ist. - Die Kooperation der Wellnesshäuser Leitbilder und Ziele für die und Leistungsträger steigt Tourismusentwicklung in Bad Sobern- - Die natürlichen Heilverfahren nach heim bis zum Jahr 2020: Felke haben zumindest in Süd deutschland einen ähnlichen 1) Bad Sobernheim ist ein aktive Kur- Bekanntheitsgrad wie die nach und Tourismusstadt. Der Wertschöp- Kneipp fungsanteil ist überdurchschnittlich. … Die Bevölkerung zeigt sich gastfreundlich. 3) Bad Sobernheim will als moderner Ziele: Kur-, Gesundheits- und Aktivort … die - Anteil der Wertschöpfung naturnahe, für Bad Sobernheim typi- liegt deutlich über dem sche Gesundheits- und Bewegungs- Sommercafé am Nohfels und Reisemobil-Stellplatz Landesdurchschnitt achse entlang der Nahe mit verschie- - Zahl der Tagesbesucher steigt denen Zonen … übernehmen. Betrieb nicht mehr richtig in Schwung ten, Gutachtern, Entwicklungskonzep- - Angebotene Bettenzahl steigt Ziele: und wurde aufgegeben. Die Stadt Bad ten u.v.m. zu wagen. So auch in Bad über 1000, Übernachtungen - Die Nahe-Achse vom Freizeitbad Sobernheim entfernte nicht standort- Sobernheim. Im Jahr 2008 erhielten auf 170.000 bis zu den Ewald´schen Weihern soll gemäße Bäume und den Großteil der die Professoren Lang und Heinzler den - Mindestens ein Viertel der weitgehend gestaltet bzw. Gebäude. Auftrag, ein „Tourismusentwicklungs- Übernachtungsbetriebe ist renaturiert sein und im Abstand 2001 errichtete Uwe Engelmann auf konzept 2010 - 2020“ zu erarbeiten. klassifiziert von zwei Jahren kommen dort dem Gelände einen Minigolfplatz. Bei einem Ideenwettbewerb unter 19 - Leistungen für Tagesbesucher neue Attraktionen hinzu. Durch die Bekanntheit des alten Cam- Heilbädern und Kurorten in Rheinland- und Gruppen sind buchbar pingplatzes kamen noch viele Camper Pfalz belegte Bad Sobernheim einer - Die Bürger Bad Sobernheims 4) Bad Sobernheims Innenstadt wird und Wohnmobil-Touristen, sodass in der 5 Siegerplätze mit seiner Idee eines sind engagiert und zunehmend den Anforderung gerecht, den Folgejahren ein großer Reisemobil- „Felke-Vital-Gartens“ ehrenamtlich tätig die Bürger und Gäste an sie stellen. Stellplatz entstand. Dazu wurden wei- Akribisch werden in diesem Gutach- Über erhebliche Stadtbildverbesserung tere stadteinwärts gelegene Grundstü- ten Angebote und Potentiale für den 2) Bad Sobernheim hat einen Namen gewinnt die Innenstadt wieder Aufent- cke jenseits der Häuser am Hömigweg Tourismus aufgelistet und dargestellt im naturnahen Gesundheitstourismus haltsqualität und punktuell sind Erleb- dazu genommen. Ergänzt wurde die und gegen die Säulen des Tourismus in und steht bei Übernachtungsgästen als nisräume geschaffen. Anlage durch ein kleines Café, welches Rheinland-Pfalz (Wandern, Radfahren, auch bei Tagesgästen für die natürliche Ziele: vor allem im Sommer geöffnet hat. Wein- und Weinkultur, Gesundheit und Heilmethode nach Felke. - Alle Bürger werden für die Belange Kultur) gespiegelt. Ziele: der Innenstadt sensibilisiert Und wie geht es weiter? Im weiteren Verlauf der Untersuchungen - Bad Sobernheim hat eine - Die Geschäftswelt der Innenstadt Es ist allgemein üblich, den Blick in die wurden Leitbilder, Ziele und Maßnah- ernstzunehmende Stimme im wird belebter und abwechslungs- Zukunft mit Hilfe von (externen) Exper- men herausgearbeitet. An dieser Stel- Tourismus- und Heilbäderverband reicher. Die Verbindung zur

251 252 Besucher im Rheinhessen-Pfalz-Dorf des Freilichtmuseums

Weinwirtschaft wird betont. Ziele: untereinander und zur Schöne Ziele! Die nachfolgende - Die Innenstadt von Bad Sobernheim - Die kulturellen Angebote sind KTI werden abgebaut Generation wird in einer nächsten wird für junge Familien und für deutlich erweitert und verbreitert - Die vorhandenen Defizite in Chronik berichten können, was davon Senioren als Wohnort interessant. - Ein abgestimmter und vernetzter der touristischen Wegweisung verwirklicht wurde, was davon - Die Innenstadt bietet attraktive Jahresveranstaltungskalender und Beschilderung sind abgebaut tatsächlich bis zum Jahr 2020 Fußgängerbereiche und kleinere liegt rechtzeitig vor. und Innenstadtziele in ein umgesetzt werden konnte und wie Aktivitätszonen Beschilderungs-System sich der Tourismus in Rheinland-Pfalz, - Jeder vierte Radfahrer auf dem 6) Bad Sobernheim wird seine aufgenommen im Nahetal und in Bad Sobernheim Naheradweg besucht die Innenstadt vorhandenen, künftigen Natur-, - Die Verknüpfung der tatsächlich weiterentwickeln konnte. - Das Kurgebiet und die sonstigen Gesundheits- und Aktivangebote vorhandenen und zusätzlichen Sehenswürdigkeiten sind durch besser touristisch in Wert setzen, Angebote im Internet wird Uwe Engelmann bessere Transportmittel (z.B. erlebbar machen und stets gepflegt und aktualisiert E-Bikes) untereinander und mit verknüpfen. Hierbei sind Koopera- - Bad Sobernheim ist die der Innenstadt vernetzt. tionen in der Verbandsgemeinde Naherholungsregion für den selbstverständlich und darüber Verdichtungsraum Rhein/Main 5) Bad Sobernheims Kulturleben wird hinaus erwünscht. und ein Zentrum des Rad- und für Gäste und Bewohner, insbesondere Ziele: Wandertourismus auch für jüngere Menschen, deutlich - Die vorhandenen Vernetzungs- - Die Verwendung des attraktiver. defizite der Attraktionen Kurtaxaufkommens ist zielgerichtet.

253 254 Bauplan der Pfarrkirche St. Matthäus (1896) Kirchen und Religionsgemeinschaften » die katholische pfarrei st. matthäus

Die katholische Pfarrei St. Matthäus neum zu beenden. Nach Zahlung einer Nach der Einführung der Reformation in Ablösesumme ging die Matthiaskirche in Sobernheim kam es 1664 zur Neugrün- den alleinigen Besitz der evangelischen dung einer katholi-schen Pfarrei. Die Gemeinde über, und die Katholiken ent- Malteserkapelle, welche seit 1559 als schlossen sich zum Bau der neuen Pfarr- Ökonomiegebäude diente und zum Teil kirche St. Matthäus in der Herrenstraße. ver-fallen war, wurde renoviert und als Dem damaligen Pfarrer Wilhelm Simon Pfarrkirche eingerichtet. Der Pfarrer re- gelang es, für dieses Vorha-ben den sidierte zunächst in der Mal-teserkom- Mainzer Dom- und Kirchbaumeister Lud- turei und ab 1748 im neu errichteten wig Becker als Architekten zu gewinnen. Pfarrhof in der Herrenstraße. Im Jahre Die Ein-segnung der im neugotischen Stil 1689 erhielten die Katholiken mit Unter- konzipierten dreischiffigen Hallenkirche stützung der damaligen französischen erfolgte im Oktober 1899. Aus kunst- Besatzung ein Mitbenutzungsrecht an historischer Sicht sind bei der Erstaus- später in einer aufwendigen Restau- hinneh-men, als zwei der Glocken für die der Matthiaskirche. Dieses Recht wurde stattung des Gebäudes neben den von rierung wieder entkernt, sodass er seit Kriegsrüstung abgeliefert werden muss- 1697 im Friedensvertrag von Ryswick Dr. Udo Oidt-mann (Linnich) gestalteten 2005 als Haus der Begegnung sowohl ten. 1920 verminderte man diesen Ver- endgültig festgeschrieben und blieb bis Chorfenstern und den drei in der Gieße- den denkmalpflegerischen als auch den lust durch die Anschaffung einer neuen zum Bau der St. Matthäuskirche in Kraft. rei Hamm (Frankenthal) gegosse-nen praktischen Bedürfnissen der Gemeinde Glocke, die jedoch im Zusammenklang Danach waren beide Kirchengemeinden Glocken besonders bemerkenswert die gerecht wird. mit der al-ten erhaltenen einen unhar- gleichberechtigte Eigentümer, nur der aus der Malteserkapelle überführten Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhun- monischen Zusammenklang ergab. Fol- Chorraum durfte ausschließlich von den Grabmäler, der spät-gotische Sakra- dert betrug der Bevölkerungsanteil der gerichtig ließ man 1932 beide bei der Katholiken benutzt werden. mentenschrein aus dem 15. Jahrhundert Katholiken etwa ein Drittel der Einwoh- Anschaffung eines neuen Dreiergeläu- Mit der Bistumsneuordnung nach dem sowie der um 1625 entstandene Renais- nerzahl. 1900 waren es genau 1055 von tes in der Gießerei Mabilon (Saarburg) Wiener Kongress wurde die Pfarrei mit sance-Taufstein. 5515 Sobernheimern. einschmelzen. Zwei der neuen Glocken den Filialorten Nuß-baum und Monzin- Nach Vollendung der Pfarrkirche baute Die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhun- mussten bereits zehn Jahre später für gen dem Bistum Trier im Erzbistum Köln die Pfarrgemeinde die Malteserkapel- derts waren geprägt von der weiteren die Aufrüstung der Wehrmacht abge- zugeordnet. Damals entstand auch das le zu einem Vereinshaus aus. Der Chor Ausgestaltung des Kir-cheninneren. Im treten wer-den. Nachzutragen bleibt die Dekanat Sobernheim, das bis zur Einglie- wurde vom Langhaus getrennt und Jahre 1902 errichtete hier der damals Ausmalung von Decke und Wänden im derung in das Dekanat Bad Kreuznach im durch eine Zwischendecke in eine Bühne noch in Sobernheim ansässige Michael Kircheninnern, welche Anfang der 20er Jahre 2004 existier-te. und einen darüberliegenden Bibliotheks- Körfer eine seiner ersten Orgeln. 1905 Jahre unter Pfarrer Peter Büchel aus- Die gemeinsame Nutzung der Stadtkir- und Jugendraum aufgeteilt. Da das Bau- folgte der in der Werkstatt von Gebhard geführt wurden. Einen vorläufigen Ab- che verursachte in der Praxis zahlrei- werk durch diese Raumauftei-lung viel Müller (Saulgau) entstandene und von schluss fand die Innenausgestaltung im che Konflikte, welche schließlich dazu von seiner ursprünglichen architekto- Pfarrer Wilhelm Simon gestiftete Flügel- Jahre 1949 mit der Errichtung der beiden führten, dass sich man nach langen Ver- nischen Schönheit einbüßte, wurde der altar. Einen Rückschlag musste man 1917 Seitenaltäre, welche Franz Marmon (Sig- handlungen darauf einigte, das Simulta- ehemalige Sak-ralbau ein Jahrhundert 255 256 nigt wurde, vollzog die Bistumsleitung insel ge-schaffen, die Platz für einen aus die entsprechende Umpfarrung des zu den Mensen der beiden Seitenaltäre zu- Waldböckelheim gehörenden Teils in die sammengefügten Volksaltar schuf. Zwi- Sobernheimer Pfarrei. Man entsprach schen diesem und dem alten Flügelaltar damit der bisherigen Praxis der Stein- platzierte man den bisher im Vorraum hardter Katholiken, welche traditionell des Glocken-turms untergebrachten die Got-tesdienste in der Felkestadt be- Taufstein. Mit der Bildung eines von den suchten. Gläubigen gewählten Pfarrgemeinde-ra- Wie in der gesamten katholischen Kir- tes wurde eine weitere Erneuerung um- che wirkte sich auch in Sobernheim das gesetzt. Der überwiegend aus Laien be- Zweite Vatikanische Konzil befruchtend stehende Rat unter-stützt seit 1969 den auf das Pfarrleben aus. Am augen- Pfarrer bei den seelsorgerischen Auf- scheinlichsten dokumentierte sich dies gaben. Ebenfalls eine Frucht im Geiste in der durch die Liturgiereform verur- des Konzils war die Gründung der öku- sachte Umgestaltung der Pfarrkirche. menischen Sozialstation Meisenheim- Nach den Plänen des Kirner Ar-chitekten Sobernheim im Jahre 1975. Otto wurde unter Dechant Robert Stein Aufgrund des Priestermangels mussten 1974 im vorderen Querschiff eine Altar- sich seit den 70er Jahren mehrere Pfar-

Das Kircheninnere (1955) maringen) auf Anregung von Pfarrer Paul 1964 auf etwa 2600 an. Zwar gehörten Pees mit heimatbezogenen Bildmotiven die Solda-ten und ihre Familien offiziell gestaltete. Der Nachfolger Josef Schot- zur Militärgemeinde, doch nahmen sie ten ließ 1953 die verbliebene Glocke um von Anfang an rege am Sobern-heimer drei neue zu einem Vierergeläut er-wei- Gemeindeleben teil. Im Juni 1965 wurde terte. Bemerkenswert ist, dass man be- Sobernheim Sitz eines Militärgeistlichen, reits damals in der vorkonziliaren Zeit im der neben der Sobernheimer Garnison ökumenischen Sinne das Klangbild mit auch die Bundeswehrstandorte Kappeln, dem der evangelischen Schwesterge- Kastelaun und Rheinböllen be-treute. meinde abstimmte, welche im gleichen Dank der guten Zusammenarbeit erwies Jahr ihr Geläut ergänzte, wie man beim sich die Militärkirchengemeinde bis zum gemeinsamen Einläuten des Sonntags Abzug der Garnison als eine Bereiche- jenen Samstagabend hören kann. rung für die hiesige Pfarrgemeinde. Nachdem Sobernheim Garnisonsstadt Als im Jahre 1968 die in eine Sobernhei- wurde, bekam die Pfarrgemeinde gro- mer und eine Waldböckelheimer geteilte ßen Zuwachs durch Bun-deswehrfami- Siedlung Stein-hardter Hof politisch zu lien. Die Zahl der Katholiken stieg bis einem Ortsteil von Sobernheim verei- Das Kircheninnere (2015, Foto von Stefan Munzlinger) 257 258 reien einen Seelsorger teilen. So bekam die Restau-rierung abgeschlossen. Aus Kirchen und Religionsgemeinschaften Pfarrer Rainer Vogt bei seinem Amtsan- kunsthistorischer Sicht ist bemerkens- » der katholische kindergarten tritt im Jahre 1976 zusätzlich die bereits wert, dass die Deckenmalereien, welche vor-her von ihm betreuten Pfarreien von noch in ihrem Originalzustand erhalten Merxheim und zugewie- waren, wieder in ihren ursprünglichen Der erste katholische Kindergarten war in einen Nebenbau am sogenannten Ba- sen. Den Pfarrerwechsel von Hans-Josef Farben zum Leuchten gebracht wurden. im Schwesternhaus der Franziskane- destubenplatz (nördliche Ecke zwischen Lessel zu Michael Mannstein 1992 nutz- Ebenso konnte 2011/12 die Orgel wieder rinnen von Waldbreitbach (heute Seni- Herren- und Malteserstraße) verlegt. te die Bistumsleitung zur Bildung einer in den von Orgelbauer Michael Körfer orenresidenz zwischen Malteser- und Bei der nächsten Vergrößerung des Spi- neuen Pfarreiengemeinschaft, diesmal konzipierten Zustand mit der für die da- Herrenstraße) untergebracht. Noch vor tals in den Jahren 1957 bis 1959 musste mit Daubach, zu der auch Staudernheim malige Zeit typischen spätromantischen der Eröffnung des dort ebenfalls un- sie wieder umziehen, diesmal in einen nach Weggang des dortigen Seelsorgers Klangfarbe wieder hergestellt werden. tergebrachten Spitals konnte im Win- neu erbauten Flachbau für zwei Gruppen zugeschlagen werden sollte. Ab 2005 Sie bildet seitdem das romantische Ge- ter 1886/87 die sogenannte Kleinkin- auf der gegenüberliegenden Seite der bildet Bad Sobernheim mit den Pfarr- genstück zu der ebenfalls in den Ur-zu- derschule im noch nicht vollständig Malteserstraße (nach 1972 DRK-Gebäude gemeinden von Daubach, Lauschied, stand rückgebauten berühmten Barock- fertiggestellten Gebäude eingerichtet und 1987 abgerissen). Die zweite Hälfte Martinstein, Meisenheim, Merxheim, Orgel des Johann Michael Stumm in der werden. Die personelle Betreuung über- des Gebäudes wurde als Sezierraum und Seesbach und Staudernheim eine Pfar- evangelischen Matthiaskirche. nahmen die Franziskanerinnen. Mit der Leichenhalle des benachbarten Kran- rei-engemeinschaft. Sie wird von einem Erweiterung des Schwesternhauses im kenhauses genutzt. Da die Unterbrin- gemeinsamen Pastoralteam unter Lei- Gottfried Kneib Jahre 1892 wurde die Kleinkinderschule gung in dem Neubau von vornherein tung von dem Moderator Günter Hardt und dem Kooperator Alois Nagelschmitt betreut. Verwaltungssitz ist das Bad Sobern-heimer Pfarrhaus. Die Pfarrkirche St. Matthäus dient den acht Pfarreien als zentraler Versammlungsort für gemein- same Gottesdienste. Sie bedurfte, nach- dem sie das Alter von 100 Jahren erreicht hatte, einer grundlegenden Restaurie- rung. Diese erfolgte in mehreren Ab- schnitten. Begonnen wurde 1992/93 mit der Renovierung des Turmes. 1995/96 folgte die Erneuerung von Dach, Decke und Außenwänden. Mit der Umgestal- tung des Chorraumes und dem Neuan- strich des Innenraumes 2014/15 wurde

Lageplan von Schwesternhaus und Kindergarten (1892)

259 260 Katholische Kindertagesstätte (2014)

ein Rechtsanspruch auf einen Kindergar- chant Günter Hardt durchgeführt. Nach tenplatz auch für Einjährige mit entspre- Fertigstellung können bis zu 18 Kinder chenden Auflagen in Kraft trat, war ne- unter drei Jahren und bis zu 82 Drei- bis ben einer grundlegenden Restaurierung Sechsjährige in vier Gruppen betreut des Altgebäudes eine Erweiterung durch werden. Für die Hälfte von ihnen besteht einen Anbau unumgänglich. Diese Bau- die Möglichkeit der Ganztagsbetreuung. maßnahmen wurden 2012/13 unter De- Gottfried Kneib

Katholischer Kindergarten (1990) nur als Provisorium betrachtet wurde, gung standen. Mit einer Maximalbele- Kirchen und Religionsgemeinschaften sah sich die Pfarrgemeinde bereits da- gung von 100 Kindern zwischen drei und » das st. josefs-krankenhaus mals nach einer besseren Lösung um. Ab sechs Jahren war er die größte Einrich- 1969 wurden gezielt Verhandlungen mit tung für Kleinkinder der Stadt. Er stand der Bistumsleitung und den staatlichen allen Konfessionen und Nationalitäten In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts Volksküche stationiert. Allein im Monat Verwaltungen geführt, denen jedoch zu- offen. sammelten die Katholiken Sobernheims Dezember des Jahres 1915 wurden dort nächst kein Erfolg beschieden war. Bereits kurz nach der Eröffnung musste Geld für die Errichtung eines Spitals. 1886 1597 Portionen Essen ausgegeben. Auch In den Jahren 1971/72 gelang unter De- der Orden der Franziskanerinnen von war die Sparsumme so angewachsen, während des Zweiten Weltkrieges nutz- chant Robert Stein endlich die Verwirk- Waldbreitbach wegen des Schwestern- dass im Herrenviertel (heute Seniorenre- te man das Gebäude zweckentfremdet. lichung der lang gehegten Pläne. Als mangels auf die weitere Betreuung des sidenz zwischen Malteser- und Herren- Es diente ab 1935 als Altersheim und ge- Standort wählte man die alte Bierbrau- Kindergartens verzichten. Man fand Er- straße) mit dem Bau begonnen werden gen Ende des Krieges als Lazarett. erei Trapp in der Herrenstraße. Nach der satz in ausgebildeten Kindergartenleite- konnte. Bereits im Juni des folgenden Nach dem Kriege zeigte sich, dass die 35 Straße hin musste ein altes Gehöft nie- rinnen, die zusammen mit ihren Mitar- Jahres wurde das fertiggestellte Bau- Betten des Krankenhauses den Sobern- dergelegt werden, dessen achteckiger beiterinnen den Kindergarten fachkundig werk eingeweiht, und die Franziskane- heimer Bedarf bei Weitem nicht decken Treppenturm auf Weisung des Amtes für weiterführten. rinnen von Waldbreitbach nahmen ihren konnten, und man entschloss sich sei- Denkmalpflege erhalten blieb. Der Neu- Seit 2007 öffnete man eine Gruppe auch Dienst an den Kranken auf. Das Gebäude tens der Pfarrgemeinde zu einer großzü- bau bot Platz für vier Gruppen, denen für Zweijährige und bot für ein Drittel der erwies sich schon bald als zu klein, so- gigen Erweiterung. Stadt, Kreis und Land vier Gruppenräume, ein Turnraum und Kleinkinder die Möglichkeit der Ganz- dass 1892 ein Nebenbau errichtet wurde. stellten Zuschüsse in Aussicht, denn das mehrere Kleingruppenräume zur Verfü- tagsbetreuung. Nachdem im Jahre 2013 Im ErstenWeltkrieg war im Spital eine Bauvorhaben passte in die damals von

261 262 Kirchen und Religionsgemeinschaften » die evangelische kirchengemeinde

Die Geschichte der evangelischen Kir- Philippskirche 1900 an den Gastwirt und chengemeinde (Bad) Sobernheim ist in Metzger Andres Dhonau, der daran 1905 der von Professor Dr. Wolfgang Stribrny den Kaisersaal anbaute, in dem die da- hervorragend erarbeiteten Festschrift mals üblichen Kaiser-Feierlichkeiten „1000 Jahre Matthiaskirche zu Sobern- stattfanden – daher der Name. Bereits heim“, herausgegeben 2002, ausführlich 1909 kaufte die Kirchengemeinde je- dokumentiert: Im Folgenden ist aus die- doch Kirche und Saal zurück und nutzte sem Buch einiges zusammengefasst, er- den Kaisersaal lange Zeit als Gemeinde- gänzt durch aktuelle Entwicklungen. Wer saal, unter anderem auch für die tradi- der Landesregierung propagierten Pläne diese Strukturänderung vermochte das sich für Einzelheiten interessiert, möge tionellen Weihnachts-Krippenspiele mit einer Dezentralisierung des Krankenh- Ende des Krankenhausbetriebes nur um die Festschrift selbst zur Hand nehmen. „Tante Lisbeth“ (Elisabeth Lorenz). Dar- auswesens. So entstand in den Jahren einige Jahre hinauszuzögern. Viel länger als tausend Jahre gibt es über hinaus war der Kaisersaal Ort vie- 1957 bis 1959 ein für damalige Verhält- Im Jahre 1978 schließlich wurde das Christen in Sobernheim, wahrscheinlich ler Vereinsveranstaltungen und mancher nisse modernes Krankenhaus mit drei Spital geschlossen. Der Schwestern- schon seit der fränkischen Landnahme POB-SOB-Disco der Arbeiterwohlfahrt- Abteilungen, in denen 80 Betten unter- mangel sowie die inzwischen auf eine im 6.Jahrhundert. Geistliches Zentrum jugend in ihren Glanzzeiten. Als 1979 an gebracht waren. des Nahetals war über viele Jahrhunder- der Stelle des alten Pfarrhauses in der Die in das Krankenhaus gesteckten Hoff- te das Kloster Disibodenberg, das dem Igelsbachstraße das Gemeindezentrum nungen gingen leider nicht in Erfüllung. Erzbistum Mainz unterstellt war. Bischof gebaut wurde, verlor der Kaisersaal, Es geriet zunehmend in finanzielle und Williges ließ um 1000 den Vorläufer- jetzt offiziell „evangelisches Gemeinde- personelle Schwierigkeiten. Die Perso- bau der Matthiaskirche errichten. In der haus“ genannt, immer mehr an Bedeu- nalnot konnte durch einen stärkeren Ein- Folge gab es an gleicher Stelle sowohl tung. Auch der bauliche Zustand war bei satz der Schwestern von Waldbreitbach Neubauten als auch Erweiterungen und weitem nicht mehr zeitgemäß. Die Phi- behoben werden. Der Orden strebte da- Renovierungen. Nach den Wirren der lippskirche wurde kaum noch genutzt. raufhin an, die Verwaltung und Nutznie- Reformation waren in Sobernheim zwei Im Zuge der Stadtsanierung bot die Stadt ßung des Spitals in die eigenen Hände zu evangelische Gemeinden entstanden: der Kirchengemeinde an, das Gebäude- bekommen. Die Pfarrgemeinde stimmte die Lutherischen mit der Philippskirche Ensemble zu übernehmen und zu sanie- schließlich zu und übereignete 1965 das und die Reformierten. Die katholische ren, was gerne akzeptiert wurde, wenn Krankenhaus den Franziskanerinnen. Gemeinde benutzte auch die Matthias- sich auch manche ältere Gemeindeglie- Doch auch der Besitzwechsel bewirkte Zentralisierung im Krankenhauswe- kirche bis 1898, als ihre eigene Kirche St. der dagegen sträubten. Für den symbo- keine wesentliche Verbesserung. Der sen ausgerichtete Gesundheitspoli- Matthäus fertig war. lischen Betrag von 1 DM wechselten die Bau eines inzwischen notwendig ge- tik der Landesregierung hatten die- Seit dem 21.Dezember 1817 waren die Gebäude den Besitzer. Die Stadt sanierte wordenen Personalwohnheims wurde sen Schritt unvermeidlich gemacht. Evangelischen zur unierten Evangeli- sie für 2.166.000 DM und zahlte selbst nur immer wieder hinausgeschoben. Die Der gesamte Krankenhauskomplex schen Kirchengemeinde Sobernheim 167.000 DM dazu, ein Finanz-Kunststück erste größere Krise konnte durch eine ging in den Besitz der Stadt Sobern- vereinigt worden. Sie nutzten nach dem von Bürgermeister Hans-Georg Janneck, Verschiebung der Schwerpunkte von heim über. Das Gebäude dient heute Ende des mit den Katho- der die richtigen Geldquellen anzuzapfen der Chirurgie zugunsten der Inneren Ab- als Altersheim („Seniorenresidenz“). liken seit 1899 allein die Matthiaskirche wusste. Seitdem ist der Kaisersaal Bad teilung abgewendet werden. Aber auch Gottfried Kneib und verkauften die ehemals lutherische Sobernheims gute Stube und hat über 263 264 die Mattheiser Sommerakademie hin- Renovierungsarbeiten wieder ihre Got- „Verein zur Berufung und Unterstützung die Verfehlungen während der Nazi-Zeit, aus schon viele hochkarätige Veranstal- tesdienste in der Matthiaskirche. Zwi- von evangelischen Gemeinde-Diakonis- ist in eigenen Schriften ausführlich doku- tungen erlebt, aber auch Familien- und schen 1938 und 1940 wurden Gewölbe- sen“. Allein in Sobernheim traten diesem mentiert. Betriebsfeiern. Die Kirchengemeinde hat malereien im Schiff der Kirche freigelegt Verein 326 Mitglieder bei. Hugo Reich Der „Hüttenberg“ ist für Sobernheimer sich im Kaufvertrag das Recht ausbedun- und restauriert. Nachdem am 5.Januar wurde 1887 zum Sobernheimer Pfar- ein Begriff. Man verbindet ihn nicht nur gen, eine bestimmte Zahl von eigenen 1945 bei einem Bombenangriff der Alli- rer gewählt und dank seiner guten Be- mit dem weiterhin bestehenden Le- Veranstaltungen jährlich hier durchzu- ierten die Kirche, vor allem die Fenster, ziehungen wurde das kleine Städtchen bensort für Menschen, vor allem Frau- führen. In der renovierten Philippskirche stark beschädigt wurden, konnte sie un- zum Gründungsort des 2. Rheinischen en mit geistiger Behinderung, sondern finden Gottesdienste statt. ter Pfarrer Heinz Berkemann von 1959 Diakonissen-Mutterhauses, aus dem im auch als Zentrum für die beschützen- Die Matthiaskirche wurde am 23.9.1900 bis 1969 umfassend renoviert werden. Laufe der Zeit die kreuznacher diakonie den Werkstätten im Industriegebiet, nach der Renovierung vor allem mit dem Berkemann gelang es, den renommier- wurde, die heute der größte Dienstleis- die Außenwohngruppen im Stadtgebiet Geld, das die Katholiken als Abfindung ten Künstler Georg Meistermann für die ter im Sozialbereich weit über die Kreis- und nun seit einiger Zeit auch mit einer gezahlt hatten, feierlich wieder einge- Gestaltung der farbenfrohen Kirchen- grenzen hinaus ist. Dass ausgerechnet Gruppe für Menschen mit Ess-Störun- weiht und dient seitdem als evangeli- fenster zu gewinnen, die seitdem ein Sobernheim Gründungsort der „Diako- gen. Diakonissen gibt es allerdings kaum sche Hauptkirche. Als 2014 damit ge- besonderer Anziehungspunkt für einhei- nie“ wurde, lag auch daran, dass man noch in der kreuznacher diakonie. Da- gonnen wurde, die katholische Kirche mische und auswärtige Kirchenbesucher das eher unscheinbare Landstädtchen für sind heute verschiedene Berufe vor St. Matthäus umfassend zu renovieren, sind. als geeignet ansah, den Versuch hier zu allem aus dem Sozialbereich gefragt. nahmen die Katholiken das Angebot der Das Jahr 1887 war für die Sobernheimer wagen um bei einem Scheitern nicht zu Die evangelische Kirchengemeinde hält Schwesterkirche gerne an und halten – Kirchengemeinde sehr bedeutend: Die viel Aufsehen zu erregen. enge Verbindungen zum Hüttenberg und wie in alten Zeiten – bis zum Ende der größeren Orte im Kreis gründeten einen Vor allem Hugo Reich war es zu verdan- feiert alljährlich dort das große Sommer- ken, dass im Pfarrhaus an der Igelsbach- fest mit. Am bekanntesten in der Stadt straße eine Krankenstation eingerichtet ist wohl Rosa Pape, die nun in einer Au- werden konnte mit den ersten Diakonis- ßenwohngruppe lebt und seit vielen Jah- sen-Schwestern. Bald gab es Platzprob- ren durch ihr strahlendes Wesen Sonne leme und so wurde nach der offiziellen in Sobernheimer Herzen bringt. Gründung der heutigen kreuznacher di- 1979 wurde an der Stelle des alten Pfarr- akonie schon 1892 mit dem Bau eines hauses das damals zeitgemäßen an- Hauses auf dem Hüttenberg begonnen, sprüchen genügende Gemeindezentrum das am 10.11.1893 eingeweiht wurde. mit Küsterwohnung im Obergeschoss in Hier betreuten die Diakonissen Men- der Kirchstraße gebaut, dahinter auch schen mit geistiger Behinderung und ein Pfarrhaus für eine große Pfarrersfa- eine kleine Krankenstation, bis in die milie. Im Erdgeschoss des Gemeindezen- 1950er Jahre auch eine Entbindungsstati- trums gibt es seitdem auch ein Gemein- on – parallel zum katholischen Kranken- debüro mit hauptamtlichem Personal. haus. Bereits 1890 hatte man damit be- Die Räumlichkeiten werden rege von gonnen, den Hauptsitz der Diakonie nach verschiedenen Gruppen der Gemeinde Bad Kreuznach zu verlagern. Dort expan- genutzt, auch größere Veranstaltungen dierte sie in den folgenden Jahren. Bad wie Gemeindeversammlungen finden Sobernheim bleibt bis in heutige Zeiten hier statt. Zeitweise war hier auch ein Ei- jedoch ein wichtiger Standort. Die Ge- ne-Welt-Laden eingerichtet, der nun im Matthiaskirche um 1910 schichte der kreuznacher diakonie, auch kleineren Rahmen vom Eine-Welt-Verein

265 266 weiter betrieben wird. sche Kirchengemeinde Bad Sobernheim Das große Pfarrhaus hinter dem Ge- besonders stolz sein. Die Orgel aus der meindezentrum stand nach dem Auszug Werkstatt von Johann Michael Stumm, der Familie Eigemann leer. Da eine Be- eingeweiht 1739, wurde 2003 – 2005 setzung der 2.Pfarrstelle nicht mehr zu umfassend renoviert, finanziert auch mit erwarten ist, verkaufte die Gemeinde vielen Spenden. Sie „stellt mit Abstand das Haus, so dass nun allein das histo- die wertvollste Barockorgel der evan- rische Pfarrhaus an der Igelbachstraße gelischen Kirche des Rheinlands und (...) bleibt, in dem die Pfarrersfamilie Wenzel auch das wertvollste und noch halbwegs wohnt. original erhaltene Werk der Orgelbaudy- Das Gemeindezentrum ist auch der nastie Stumm dar." Der derzeitige Kan- Hauptort für die Jugendarbeit der Ge- tor Hendrik Ritter leitet auch Kinderchor, meinde, die neben vielen ehrenamtlichen Jugendchor und Kirchenchor. Ritter ist Kräften auch eine Jugendmitarbeiterin auch Gründer und erfolgreicher Leiter beschäftigt. Der sonntägliche Kindergot- der CIS – ChorInitiative Sobernheim. Die tesdienst hat sich zum gut besuchten Fa- CIS ist ein anspruchsvoller Chor, der re- miliengottesdienst entwickelt und bildet gelmäßig hervorragend Konzerte in der CIS Weihnachtskonzert somit den Kern kirchlicher Nachwuchs- Matthiaskirche und über Bad Sobern- arbeit, wie auch der Konfirmandenun- heim hinaus aufführt. Auch der seit über terricht, der hier stattfindet – in Zeiten 25 Jahren von Manfred Müller geleitete Die Pfarrer der Bad Sobernheimer Gesellschaftliche Veränderungen wie der Ganztagsschule neu und erfolgreich Posaunenchor bereichert durch seine Kirchengemeinde seit 1874: die abnehmende Bindung an die gro- verändert. Leider ist der Gegenpol zur musikalischen Beiträge das Gemeinde- 1.Pfarrstelle: ßen Kirchen, der demografische Wandel Jugendarbeit, der Ökumenische Seni- leben. 2.Pfarrstelle: mit immer weniger Kindern sowie ganz orenclub, lange Zeit gut besuchter und schlicht die Verweigerung von Kirchen- von ehrenamtlich engagierten Frauen Die CIS Wilhelm steuern haben sich auch auf die Evan- betreuter Treffpunkt alter Sobernhei- Eine weit über Bad Sobernheim hinaus Krüger-Velthusen 1874-1894 gelische Kirchengemeinde Bad Sobern- mer, inzwischen aufgelöst, weil immer wirkende Veranstaltung im zweijähri- Hugo Reich 1889 - 1901 heim ausgewirkt. Aus den ehemals zwei weniger kamen. Dafür schaut nun die gen Rhythmus wurde vom ehemaligen Pfarrstellen, oft ergänzt mit Vikaren und Heinrich Steen 1901-1934 Frauenhilfe, von Pfarrer Hugo Reich 1895 Kantor der Kirchengemeinde, Professor Hilfspredigern, wurden 1,5 Stellen; eine gegründet, auf 120 erfolgreiche Jahre zu- Udo Schneberger, rief 1988 die Matthe- Erwin Müller 1964 - 1965 weitere Reduzierung ist abzusehen. Bei rück. Andere Kreise und Gruppen treffen iser Sommer-Akademie ins Leben – ein Dr. Lukas Vietor 1934-1950 der katholischen Schwestergemeinde ist sich regelmäßig im Gemeindezentrum, Meisterkurs- und Konzertfestival der Reinhold Neßler 1966 - 1972 die Entwicklung eher noch deutlicher: von der Donnerstagsrunde (immer am besonderen Art. Künstler von Weltrang Die Zahl der Gemeindeglieder sinkt im- Heinz Berkemann 1950-1970 Mittwoch!) über den Literaturkreis bis und internationale Meisterdozenten sind mer weiter. Daher gilt für beide, dass zum Ladiestreff und einige andere mehr. alle zwei Jahre zu Gast und unterrich- Heinz Tenhafen 1972 - 1979 neue Konzepte der Gemeindearbeit ent- Die Evangelische Kirchengemeinde gibt ten hochtalentierte Teilnehmer aus aller Gernot Wollé 1972-1979 wickelt werden müssen. Die Zukunft der in zweimonatlichem Abstand ihre Ge- Welt. Die Mattheiser Sommer-Akademie Hartmut Eigemann 1981 - 2009 Kirchen ist ungewiss – doch Christen sind meinde-Zeitschrift DIE BRÜCKE heraus, gehört zu den führenden Meisterkurs- immer voller Hoffnung. die nun auch schon fast 40 Jahre lang Festivals in Europa. Dietrich Humrich 1981-1987 regelmäßig erscheint. Christian Wenzel 1987- Werner Bohn Auf ihre Kirchenmusik kann die Evangeli- Ulrike Scholtheis-Wenzel 1987-

267 268 Kirchen und Religionsgemeinschaften pflichtigen Töchter und Söhne leisten, weil man befürchtete, „ ..., dass dadurch was in Arbeiterfamilien nicht möglich die verhasste Muckerei gefördert wer- » die evangelischen kindergärten war. Trotzdem sollten sich die Eltern mit den sollte“. Die Zahl der Kinder nahm je- 18 Pfennigen pro Woche an den Kosten doch rasch zu, schon bald musste eine Im Sommer 1865 veröffentlichte Pfarrer von acht Kindern war, von denen zwei des Kindergartens beteiligen. Helferin eingestellt werden. Es wuchs Wilhelm Krüger-Velthusen am 10. August im Kleinkindalter gestorben waren. Er In Sobernheim waren eine Reihe von auch die Einsicht, dass die Unterbringung im Sobernheimer Intelligenz-Blatt einen kannte aber auch die sozialen Unter- Schwierigkeiten zu überwinden. Unter- im Rathaus kein Dauerzustand bleiben Aufruf zur Teilnahme der Kinder aller schiede: Seine Familie konnte sich ein gebracht war die Kindergartengruppe durfte. Man suchte nach einer Möglich- Konfessionen an der neuen Kleinkinder- Kindermädchen für die noch nicht schul- zuerst in einem angemieteten Raum, keit ein eigenständiges Gebäude zu er- schule. Diese Privatinitiative des umsich- wenig später in der alten Wachstube richten. tigen neuen Pfarrers und einiger Frauen des Rathauses links vom Eingang, die Nun gab es schon seit Amtsantritt von der Gemeinde entstand aus der Sorge, „ wenigstens 30 Quadratmeter hatte, ge- Superintendent Oertel einen lange ..., dass die kleinen Kinder vielfach sich genüber den Gefängniszellen. Das Au- schwelenden Streit zwischen der Evan- selbst überlassen blieben, während die ßenspielgelände war der Marktplatz. gelischen Kirchengemeinde und der Eltern ihrer Arbeit nachgingen und in Geleitet wurde die Gruppe von der aus Stadt. 1835 wollte Oertel ein angemesse- Folge dessen viele üble Gewohnheiten dem badischen Nonnenweier kommen- nes Pfarrhaus mit landwirtschaftlichem annahmen, bevor sie in die Zucht der den Diakonisse Berta Mannes, die ihre Trakt haben. Die Stadt gab der Kirchen- Schule kamen“. So formulierte es Pfarrer Wohnung im Pfarrhaus in der Kirchstra- gemeinde die alte Lateinschule in der Reich in seiner Geschichte der evangeli- ße fand. Anfangs erhoben sich gegen Igelsbachstraße und versteigerte kurzer- schen Gemeinde Sobernheim vom Jahre die neue Einrichtung in manchen Kreisen hand das ehemalige Pfarrhaus und die 1816 ab. Pfarrer Krüger-Velthusen folgte der Gemeinde heftige Widersprüche, Schule der Lutherischen Gemeinde, das damit dem Beispiel der Nachbargemein- heutige Anwesen Janneck. Für die Kir- de Monzingen und verwirklichte die Ide- chengemeinde war das ein schlechter en, die schon 25 Jahre vorher Friedrich Tausch und sie zog sogar vor Gericht. Fröbel entwickelte, der bei Pestalozzi Das Verfahren zog sich endlos hin. Jetzt gearbeitet hatte. Der Kindergarten soll- kam der Vorschlag, die Stadt solle ein te nach seiner Auffassung keine Aufbe- Grundstück für eine neue Kleinkinder- wahrungsstelle sein, sondern die natür- schule stellen, um den Streit endlich bei- liche erste Stufe des Bildungswesens für zulegen. Man suchte ein Grundstück im jedes Kind. Am 28. Juni 1840 hatte Fröbel Alten Weg aus, an dessen Erwerb sich den ersten Kindergarten in Bad Blanken- auch die Katholische Kirchengemeinde burg in Thüringen eröffnet. beteiligte, da in den ersten Jahren auch Pfarrer Krüger-Velthusen entstammte katholische Kinder den Kindergarten be- einer holländischen Händlerfamilie, sei- suchten. Die Baukosten wurden durch nen Doppelnamen hatte er von seinem Spenden, eine Lotterie und Zeichnung Stiefgroßvater Ernst Krüger, der Ober- von Aktien zu 5 Talern aufgebracht. So bürgermeister von Frankfurt/Oder war. entstand im Alten Weg ein für damalige Vor seinem Dienst in Sobernheim war er Zeit fortschrittliches Gebäude mit zwei Geistlicher der „Irrenanstalt“ Siegburg. Gruppenräumen und im Obergeschoss Seine Fürsorge für Kinder war wohl auch Anzeige im Sobernheim-Kirner Pfarrer Krüger-Velthusen einer Wohnung für eine Kindergärtnerin daher entstanden, dass er selbst Vater Intelligenz-Blatt vom 13.8.1865 und seine Frau, Eliza Rawson-Cheyne und eine Gemeindeschwester, das im

269 270 Juli 1869 seiner Bestimmung übergeben zeigt. Außerdem hat sie jahrzehntelang werden konnte. den örtlichen „Evangelischen Jungfrau- Schon bald betreuten die Diakonisse enverein“ geleitet. Im Ruhestand wohn- Berta Mannes und ihre Helferin Ama- te sie auf dem „Hüttenberg“, in Sichtwei- lie Neumeister 90 bis 100 Kleinkinder, te „ihres Kindergartens“. Sie starb 1914 was den dringenden Bedarf unterstrich. im Alter von 69 Jahren. 1895 stiftete das Nachdem die Waldbreitbacher Franzis- Ehepaar Reich einen Saal-Anbau im Al- kanerinnen das St.-Josef-Krankenhaus ten Weg zum Andenken an ihre verstor- eröffnet hatten, richteten sie 1886 auch bene Tochter Emilie. Dieser Saal diente eine Kleinkinderschule ein. Man woll- der Gemeinde bis 1977 für Andachten te gerade die Jüngsten dem evange- am Sonntagabend, Zusammenkünfte lischen Einfluss entziehen. Dies ist im der Frauenhilfe, Mütterberatung und der Zusammenhang mit dem Kulturkampf Evangelischen Erwachsenen-Bildungs- zu sehen, der 1870 mit dem päpstlichen arbeit. Unfehlbarkeits-Dogma begann und 1874 Von einer zweiten Diakonisse, die für mit der Einführung der obligatorischen Gotteslohn und Taschengeld ihren Dienst Zivilehe in Preußen seine Steigerung tat, muss hier noch unbedingt die Rede Kindergarten um 1950 mit Schwester Frieda fand. Gleichzeitig nahmen die Spannun- sein, von Schwester Frieda. Ihren Nach- man noch heute auf einer Reliefplatte nutzt. Nach der Errichtung des Gemein- gen zwischen evangelischen und katho- namen habe ich erst durch die Todesan- des Bildhauers und Künstlers Willi Hahn dezentrums neben der Matthiaskirche lischen Gemeindemitgliedern bei der zeige erfahren. Von zarter Gestalt und am alten Aufgang zum Gebäude be- verkaufte die Gemeinde das Haus im simultanen Nutzung der Matthiaskirche kleinem Wuchs besaß sie Geduld und wundern, allerdings nur von hinten mit Alten Weg an Nachbarn, die es im Winter an Schärfe zu. Wenn man heute die Be- Ausdauer und konnte sich in der kirch- einem Kind an der Hand. Zu einer genau- 1978/79 abrissen, um an seinem Platz richte und Protokolle zu diesen Differen- lichen Männerwelt gut durchsetzen. eren Darstellung verweigerte sie sich, ein Wohnhaus zu errichten. Beim Abriss zen liest, fühlt man sich in die Zeit der Schwester Frieda leitete den evangeli- indem sie betonte, dass es allein wichtig halfen Arbeiter des neuen Freilichtmu- Gegenreformation zurück versetzt. schen Kindergarten von 1930 bis 1966. sei, dass eine Diakonisse, erkennbar an seums, die das Bruchsteinmaterial ins Leider hatte dies auch einen finanzi- Außerdem führte sie mit den jeweiligen ihrem Häubchen, das Kind leite. Schon Nachtigallental transportierten, wo es ellen Nachteil. Die Stadt lehnte es ab, Pfarrern den sonntäglichen Kindergot- 1962 wurde der Kindergarten erweitert, beim Bau von Gewölbekellern seine Ver- jetzt zwei Kindergärten zu unterstützen, tesdienst an, oft auch die Vorbereitun- wobei man einen überdachten Freispiel- wendung fand. wie es von katholischer Seite gefordert gen freitags abends. Die Zusammen- platz zum Gruppenraum ausbaute und Nachdem im November 1961 in Pferds- wurde und von der Provinzialbehörde in künfte der Frauenhilfe, die sowieso im ein separater überdachter Spielplatz mit feld das Jagdbomber-Geschwader eta- Koblenz für richtig erachtet wurde. Im „Sälchen“ des Kindergartens stattfan- Glockentürmchen entstand. Die kleine bliert wurde mit seinen Wohnungen in Ergebnis bekam keine Gemeinde eine den, leitete sie außerdem oft. Vielen Glocke verkündete die Anfangs- und Sobernheim reichten die Kindergarten- Unterstützung für ihr Engagement in der Sobernheimern ist sie in bleibender Er- Endzeiten der Betreuungsstunden. Mit plätze bald nicht mehr aus und es reiften Kindergartenarbeit. innerung. 69 Jahren ging Schwester Frieda Ro- die Pläne, in der Bundeswehrsiedlung Nach der Gründung des II. Rheinischen Als der Alte Weg zu eng wurde, entstand mahn in den Ruhestand ins Kreuznacher einen weiteren Kindergarten zu bauen. Diakonissen-Mutterhauses durch Pfarrer unter ihrer Mitwirkung 1957 der neue Mutterhaus, wo sie 1988 mit fast 91 Jah- Dieser konnte 1966 eröffnet werden. Reich ging die Betreuung 1892 an die Di- Kindergarten hinter dem Hüttenberg, ren verstarb. Namenspate wurde Albert Schweitzer, akonie, wohin Berta Mannes auch über- das „Pestalozzihaus“. In ihrer knappen Der alte Kindergarten im Alten Weg wur- dargestellt mit einem überlebensgroß- trat. Anschließend baute sie in ihrem Freizeit gestaltete und pflegte Schwester de ab 1957 hauptsächlich als Jugendraum en Kopf aus rotem Sandstein an dem Auftrag ein Kindergärtnerinnen-Seminar Frieda die Außenanlage, sie erzog auch für die männliche Gemeindejugend ge- kleinen Türmchen mit der Wetterfah- auf, was die Wertschätzung ihrer Arbeit die Büsche und Bäume. Sie selbst kann

271 272 den Kindergärten auf die Stadt (eine Idee nen,“ so ist man davon mittlerweile weit von Pfarrer und Superintendent Hartmut entfernt. Auch die in der ehemaligen Eigemann), übernahm aber gleichzeitig DDR nach dem II. Weltkrieg von Seiten die Betriebsträgerschaft. Durch die ge- der Bundesrepublik so angepranger- änderte Finanzierung hat die Kirchen- te Verwahrung in den Kinderkrippen ist gemeinde seitdem Mittel frei, die sie in heute bei uns kein umstrittenes Thema einen „Kindergartenfonds“ einbringt, mehr. Die gesellschaftlichen Rahmenbe- über den sie gemeinsam mit der Stadt dingungen haben sich in den letzten Jah- zu Gunsten aller Bad Sobernheimer Kin- ren sehr stark verändert und auf die Er- dertagesstätten jährlich frei verfügt. zieherinnen und Erzieher sind viele neue Nach 1990 wurde es in den Kinder- Aufgaben zugewachsen. gärten wieder eng, denn jetzt sollten Plätze für alle dreijährigen Kleinkinder Hans Eberhard Berkemann geschaffen werden, was ab 1996 mit einem Rechtsanspruch der Eltern auf ei- nen Platz für ihre Kinder verbunden war. Ehemaliger Pestalozzi-Kindergarten, jetzt Tagesräume der kreuznacher diakonie Die veränderten Aufnahmebedingungen schafften neuen Raumbedarf. Nach ei- ner Übergangslösung in der ehemali- ne. Diese Arbeit von Johann Plützer ist wieder in die Matthiaskirche zurück. gen Schuhfabrik Bernardi baute nun die eine seiner seltenen figürlichen Werke. Im Zuge der Umsiedlung der Dörfer Eck- Stadt im Hinterland der Fabrik an der Ka- 2009/10 musste auch dieser Kindergar- weiler und Pferdsfeld entstand 1984 pellenstraße einen neuen Kindergarten, ten erweitert werden, hauptsächlich be- aus dem Vermögen der aufgelösten Ge- der 1994 eröffnet wurde, allerdings 2014 dingt durch das jüngere Eintrittsalter der meinden ein neuer Kindergarten im Ent- auch wieder erweitert werden musste, Kinder. wicklungsgebiet Leinenborn, die heutige da immer jüngere Kinder in die Kinder- Während der Vorarbeiten zur großen Kindertagesstätte Leinenborn. Das hatte tagesstätten stürmten. Ganztagsbetreu- Festschrift für die Matthiaskirche wur- leider zur Folge, dass das Pestalozzihaus ung mit Mittagessen und Mittagsruhe den die Evangelisten-Platten der ehe- geschlossen wurde, was in der Stadt sowie Schulkinderbetreuung mit Essen maligen Kanzel von 1900, Arbeiten von heftig kritisiert wurde. Gerne nahm die und Hausaufgabenkontrolle erweiterten Willi Hahn, vergeblich gesucht. Man kreuznacher diakonie das Anwesen, das den Aufgabenbereich der Kindertages- munkelte schon, sie hätten einen priva- auf ursprünglichem Gelände der Anstalt stätten. Eine enge Zusammenarbeit mit ten Liebhaber gefunden. Da konnte bei errichtet worden war, zurück und führte der Grundschule, gegenseitige Besuche einem Ortstermin im „Albert-Schweit- es inzwischen verschiedenen Verwen- vor dem geplanten Schuleintritt der Kin- zer-Haus“ eine Erzieherin von den Evan- dungen zu. Die Kindertagesstätte Lei- der, Sprachförderung und Inklusion wa- gelisten hinter dem Materialschrank im nenborn gehört der Stadt, wurde aber ren zusätzliche Schwerpunkte. Ab 2006 Eingangsbereich berichten. Mühsam anfangs in der Trägerschaft der Evan- hatten zweijährige Kinder und ab 2013 wurde der Schrank mit einer Winde so gelischen Kirchengemeinde geführt. einjährige Kinder Anspruch auf einen weit in den Flur geschoben, dass man Als die Kirchengemeinde wegen zurück Platz in den Kindertagesstätten. wenigstens ein Foto der vier Herren für gehender Kirchensteuer-Einnahmen zu Hatte Pfarrer Krüger-Velthusen 1865 die Festschrift machen konnte. – Viel- Sparmaßnahmen gezwungen wurde, noch an erster Stelle gefordert, „.. die leicht holt man sie doch eines Tages übertrug sie die Trägerschaft ihrer bei- Kinder müssen laufen und sprechen kön-

273 274 Kirchen und Religionsgemeinschaften termann), der Schützenverein (Famili- en Loeb und Metzler) und der „Mosel- » die israelitische kultusgemeinde Hochwald-Hunsrückverein“ (Familie Ostermann) zählten viele jüdische Mit- Die Israelitische Kultusgemeinde Sobern- Gleichberechtigung der Juden nach den glieder. Der Reiterverein (Familien Fried heim, so bezeichnete sie sich selbst und Einigungskriegen bei der Gründung des und Gerson) und die 600-Jahr-Feier von wurde auch so bis 1939 selbst in behörd- II. Reiches vorgenommen. In der Praxis 1924 mit ihrem Festzug wären ohne die lichen Schreiben angeredet, kann ihre blieb aber zunächst weiterhin eine Be- jüdischen Pferdehändler in arge Be- Wurzeln bis in das Jahr 1301 zurückver- nachteiligung bei der Besetzung von drängnis geraten. Auch die Freiwillige folgen. Um für den Berichtszeitraum ein Beamtenstellen und Offiziersposten be- Feuerwehr, gegründet in Mai 1873 nach Gefühl für die Größenordnung zu be- stehen. Nur in kaufmännischen Berufen dem verheerenden Brand in der heuti- kommen, möchte ich einige Zahlen zu herrschte Freizügigkeit. gen Marumstraße, der 20 Familien am den Mitgliedern der Gemeinde von der 2. Die Höchstzahl der Gemeindemitglieder 24./25. Juli 1872 obdachlos machte, ver- Hälfte des 19. Jahrhunderts und des Be- von 1895 sowie der Neubau der katholi- zeichnete jüdische Aktive, allen voran ginns des 20. Jahrhunderts voran setzen: schen Matthäuskirche und die prachtvol- Fritz (Siegfried) Marum. Als Soldaten le Renovierung der evangelischen Mat- nahmen sie begeistert an den Einigungs- 1858 - 131 Mitglieder thiaskirche ließen auch bei der jüdischen kriegen und dem I. Weltkrieg teil, so z.B. (Synagogenbau) Gemeinde die Pläne der Synagogenver- Heinrich Marum am deutsch-französi- 1895 - 135 Mitglieder größerung reifen, die 1904 durchgeführt Das Innere der Synagoge: Gemälde von Hans schen Krieg als 22jähriger „Gemeiner“. Er Marum, 1994, aus der Erinnerung (Höchststand) wurde. Jetzt erhielt sie auch das auf- erhielt dafür 1875 die „Kriegs-Denkmün- 1900 - 124 Mitglieder fällige rote Pyramidaldach, das an das ze von Stahl am Combattanten-Band“. Status der evangelischen und katho- (Abwanderung in Großstädte, Stiftszelt in der Wüste erinnern sollte. Ab dem I. Weltkrieg trug er immer eine lischen Kirche entsprochen hätte. Die 1910 - 109 Mitglieder USA und England) Parallel dazu nahm aber gleichzeitig die eiserne Uhrkette als Teilnehmer an der Gründe wurden nie öffentlich diskutiert. 1925 - 95 Mitglieder Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinde Aktion „Gold gab ich für Eisen“. In die- So blieb die Religionsgemeinschaft bis (Neuordnung der Gemeinden an der Nahe) ab, was auf die Abwanderung einzel- sem Krieg ließen 3 Sobernheimer Juden, zur Zeit der Weimarer Republik rechtlich 1933 - 83 Mitglieder ner Familienangehöriger in Großstädte 3 Staudernheimer und je 1 Meddershei- gesehen beim Status eines privaten Ver- (Machtergreifung der NSDAP) und die Auswanderungen nach England mer und 1 Monzinger ihr Leben für das eins, was auch den Umstand bedeutete, 1938 - 45 Mitglieder und USA zurückging. Die Auswanderun- Vaterland. Schon Anselm Marum eröff- dass die Liegenschaften der Gemeinde (Novemberpogrom) gen sollten sich 40 Jahre später als Se- nete um 1860 die Liste der jüdischen (Synagoge, Friedhof und Schulgebäude) 1942 - 12 Mitglieder gen auswirken, denn diese Verwandten Stadträte. im Grundbuch immer auf drei Vorstands- (2 Deportationen) konnten dann die dringend benötigten Die jüdischen Handwerker (Metzger, mitglieder eingetragen sein mussten. Die Bürgschaften ausstellen, ohne welche Schuhmacher und Sattler) und die Kauf- vier Mikwen waren seit jeher in Privat- Zum Vergleich: Die christliche Bevölke- z.B. eine Einwanderung nach USA fast leute (Manufakturwaren, Schuhe, Ge- besitz, in den religiösen Angelegenhei- rung der Stadt betrug um die Jahrhun- unmöglich war. treide, Mehl, Wein und Vieh) waren eif- ten lag die Aufsicht beim Israelitischen dertwende ca. 4.300 Einwohner. Trotz mehrfacher Bemühungen seitens rig bemüht, ihren Kindern eine bessere Consistorium in Bonn. des preußischen Staates und auch der Schulbildung zukommen zu lassen. Diese Als Privatpersonen waren die Sobern- Die Errichtung einer Synagoge kann späteren Reichsregierung weigerten besuchten die städtische Höhere Schule, heimer Juden gut in diverse Vereine in- man als Zeichen der Emanzipation mit sich die Repräsentanten der jüdischen die Höhere Töchterschule und machten tegriert und nahmen auch regen Anteil den anderen Religionsgemeinschaften Gemeinde beharrlich, einen Antrag auf teilweise auswärts ihr Abitur. Allen vo- am öffentlichen Leben der Stadt. Der ansehen. Auch hatte Bismarck 1871 die Anerkennung als Körperschaft des öf- ran Leopold Loeb am traditionsreichen Gesangverein“Liederkranz“ (Familie Os- verfassungsmäßige Verankerung der fentlichen Rechts zu stellen, was dem Philanthropin in Frankfurt/Main. Seine

275 276 Söhne Felix und Ernst besuchten das wurde. Der hier seit 1856 wirkende Leh- der jüdischen Emanzipation umzukeh- der Gemeinden an der mittleren Nahe. Gymnasium in Kassel, Wilhelm Oster- rer Alexander Kahn ging nach Oberwe- ren und eine Ausgrenzung der jüdischen In Staudernheim gab es damals nur noch mann ging in Bingen zur Schule und Cla- sel. Danach kam der allseits geachtete Minderheit zu erreichen, bis hin zum Gottesdienste, wenn durch auswärtige ra Marum in Idar-Oberstein. Die jungen Simon Berendt als Kantor und Religions- wirtschaftlichen Ruin und schließlich der Besucher ein Minjan zusammenkam. Leute studierten Medizin und Jura und lehrer nach Sobernheim, der von 1890 Ermordung. Sobernheimer Parteimitglie- Warum Ferdinand Ullmann aus Monzin- promovierten. bis 1924 hier segensreich wirkte. Er un- der der NSDAP, Verwaltungsbeamte und gen nicht genannt war, wird ein Rätsel Die Kaufleute mit Ladengeschäften- er terrichtete auch an der Höheren Schule Lehrer waren dabei willige Gefolgsleute. bleiben. Meddersheim und Monzingen warben nach und nach Anwesen in der und erteilte ansonsten seinen Religions- Innerhalb der Parteihierarchie und der SA hatten damals schon keinen Gebets- Großstraße, damals neben dem Markt- unterricht nachmittags in der Schule an und SS erhoffte man sich eine schnellere raum mehr. - Alfred Marum hat die 1938 platz die Hauptgeschäftsstraße der klei- der Steinhardter Straße. Sein Nachfolger Beförderung, zumal bei frühem Eintritt zertrümmerte Gedenktafel 1950 in das nen Mittelpunktsgemeinde Sobernheim. Felix Moses verließ Sobernheim flucht- und kleiner Mitgliedsnummer. Das an- Mahnmal auf dem jüdischen Friedhof Die Handwerker blieben in der Neugasse, artig bereits am 17. Juli 1933, weil er sich fänglich diesbezüglich reservierte Bür- von Sobernheim integrieren lassen. der heutigen Marumstraße. Hier wuchs den Drangsalierungen der Nazis ausge- gertum hielt sich zurück und protestierte „...Auch der Winter von 1933 ist mir noch auch die 1865 gegründete Strumpffabrik setzt sah. aber auch nicht. Nur sehr vereinzelt kam gut in Erinnerung. Am 30. Januar lag Anselm Marum Wwe. zu ihrer deutsch- Der I. Weltkrieg brachte die große Stim- es zu Hilfsaktionen für Juden von Nach- sehr viel Schnee. Hitler hielt eine wich- landweiten Bedeutung heran, die in mungswende. Was vorher nur von Hof- barn und ehemaligen Freunden. tige Rede im Reichstag und alle nicht- den 1930er Jahren schließlich bis zu 800 prediger Adolf Stoecker und dem Histo- Im Oktober 1924 – Kantor Berendt hat- jüdischen Kinder blieben zuhause, um Angestellte beschäftigte und damit der riker Heinrich von Treitschke geschürt te vor einem halben Jahr Sobernheim den Führer im Radio zu hören, und wir größte Arbeitgeber und Steuerzahler der wurde, fand jetzt seinen Durchbruch. verlassen – beantragte der Vorstand jüdischen Kinder konnten ungehindert Stadt war. Auch das 1876 von dem Sees- Die jungen Offiziere der Familien Feibel- der Israelitischen Kultusgemeinde unter Schlitten fahren. Ich erinnere mich noch bacher Isaac Wolf gegründete Kaufhaus mann, Loeb und Marum erlebten 1915 dem Vorsitz von Leopold Loeb endlich sehr gut an diesen Tag, weil ich mir da- brachte es bis 1935 in seinem Neubau an der Front die diskriminierende Aktion den Status einer Körperschaft des öf- bei das Bein gebrochen habe, und nicht auf 50 Angestellte. Das 1809 gegründe- der Judenzählung, die beweisen sollte, fentlichen Rechts. Dies war in Preußen nur, weil dies der Anfang unseres Un- te Manufakturwarengeschäft August Ja- dass die Juden Drückeberger wären. Das ab 1847 möglich und ausdrücklich bestä- glücks war. ...“ So beschreibt Hans Her- kob Wolff entwickelte sich unter Leopold Gegenteil stellte sich heraus, wurde aber tigt im Artikel 137 der Weimarer Verfas- mann Feibelmann, später Chanan Peled, Loeb nebenher zu einer kleinen Bank, bis in die Weimarer Republik verheim- sung, die die Staatskirche ablehnte und Jahrgang 1927, die Machtergreifung der die sein Schwager Max Loewenstein licht. Gegen Kriegsende lancierte die die Gleichstellung der Religionsgemein- Nationalsozialisten. führte. Hier und bei den Firmen Feibel- Oberste Heeresleitung die Dolchstoßle- schaften regelte. Die Staatsbejahung Jetzt kommt es Schlag auf Schlag. Am mann konnten die Bauern ihre Produkte gende und die Verunglimpfung der Juden von Leopold Loeb fand ihren Ausdruck 27. Februar brennt der Reichstag. Der einbringen und dafür Waren ihres Be- als Kriegsgewinnler heizte den Antise- auch darin, dass er unter Bürgermeister Wahlkampf für die Reichstagswahl und darfs beziehen. Solche Betriebe waren in mitismus weiter an. Die Ausschreitungen Ragoczy bis zu seinem Tode im Jahr 1930 die Kommunalwahl vom 5. März tobt in den 1930er Jahren oft die letzte Arbeits- der Rechten nach dem Rathenau-Mord das Amt des Beigeordneten prägte. der Stadt heftig. Die Schaufenster des möglichkeit jüdischer Bürger. von 1922 trafen in Sobernheim beson- 1929 musste schließlich die Dachkonst- Schuhhauses Lichtenstein und der Fir- 1885 wurde die jüdische Elementarschu- ders Alfred Marum. Ihm beschmierte ruktion der Synagoge erneuert werden, ma Rudolf Feibelmann in der Großstraße le in der Neugasse (Marumstraße 20) man das Wohnhaus und die Fabrik mit um Fehler von der Erweiterung des Jah- wurden eingeschlagen, in die Firma Ma- geschlossen, weil die Repräsentanten Hakenkreuzen. Er reagierte mit einer res 1904 zu beheben. 1930 wurde im In- rum am Kuhweg wurde eingebrochen der Gemeinde die Kinder lieber in die voll mutigen Zeitungsanzeige. Es war aber nern an der Nordwand eine Gedenktafel und die dort untergebrachten Sachen ausgebaute evangelische Volksschu- der Auftakt zur Judenverfolgung der für die jüdischen Gefallenen des I. Welt- und Gerätschaften der Freiwilligen Sa- le schickten als sie in einer halbherzig kommenden Jahre. kriegs angebracht. Die Erwähnung der nitätskolonne vom Roten Kreuz restlos geführten Einklassschule unterrichten Von nun an versuchten rechts-konserva- Toten von Staudernheim und Medders- gestohlen. Nach der Wahl gingen die zu lassen, die im Nebenerwerb geführt tive und radikale Kreise den langen Weg heim zeigt gleichzeitig die Neuordnung Auseinandersetzungen weiter. Der als

277 278 Stadtrat für die Deutsche Demokratische Bibliotheken u.s.w. gesammelten Bücher lich unter Wert verkaufen, außerdem Die nächste existentielle Bedrohung war Partei (DDP), einer Vorgängerin der heu- und Zeitschriften undeutschen und mar- mussten dann inzwischen aufgelaufene der Novemberpogrom von 1938. Nach tigen FDP, wiedergewählte Alfred Ma- xistischen Inhalts. Schulden zuerst abgelöst werden, denn dem Attentat auf Ernst vom Rath in Paris rum nahm unter erheblichem Druck sein Spätestens ab den „Nürnberger Geset- manche hatten in den 20er Jahren sich trommelte die Parteiführung im Morgen- Mandat nicht an, ebenso der Rechtskon- zen“ vom 15. September 1935, auf dem mit Krediten vergrößert oder erweitert. grauen des 10. Novembers ca. 100 SA- sulent Philipp Franzmann, Postinspektor Nürnberger Parteitag verkündet, wurde Diese Kredite konnten sie während der Mitglieder und Parteigenossen am Rat- August Hömig und Brennereibesitzer Pe- die Diffamierung, Ausgrenzung und Ver- Boykotte auch nicht immer bedienen. haus zusammen. Hier wurden Gruppen ter Lauff. folgung durch diese Rassegesetze für Das Verdrängen jüdischer Kaufleute von je 10 Personen eingeteilt, die sich Der Boykott der jüdischen Ladenge- alle deutlich. Die unmenschliche Klassi- setzte sich fort. Für den 1. Oktober 1935 zunächst im Bauhof an der Ringstraße schäfte vom 1. April hatte in Sobern- fizierung in Voll-, Halb- und Vierteljuden wurde der erste judenfreie Viehmarkt in mit Äxten, Vorschlaghämmern und Pi- heim schon am 28. März einen Vorläufer. 1., 2. und 3. Grades sprach aller Mensch- Sobernheim angekündigt. Kurz darauf ckeln „bewaffneten“ und dann die Woh- Völlig unerwartet zwangen SA-Posten lichkeit Hohn. Wer nicht schon direkt verteilte die Partei die Schilder „Deut- nungen der noch verbliebenen jüdischen nachmittags die Inhaber ihre Läden zu nach der Machtübernahme der Nazis sches Geschäft“, die gut sichtbar bei Familien stürmten. Türen wurden einge- schließen und standen Wache vor den geflohen war, begann jetzt die Koffer „arischen“ Geschäften angebracht wer- schlagen, Möbel, Geschirr und Bilder zer- Geschäften. Am 1. April, einem Sams- zu packen. Dabei ging das Bestreben den sollten. Jüdische Hausierer erhielten trümmert und die Bewohner geschlagen tag, hielten die jüdischen Geschäftsleute der jüdischen Familien von Sobernheim keine Wandergewerbescheine mehr. und getreten. Wenn sie aus ihrer eige- dann nach dieser Erfahrung selbst ihre ganz eindeutig dahin, zuerst die jungen Nach der verfügten Schließung ihrer Ge- nen Wohnung flohen, trieb man sie vor Geschäfte geschlossen. Leute ins Ausland zu schicken. Sie wa- schäfte und dem Handelsverbot für Vieh, sich her durch die Stadt. Manche blu- Schon ab 1933 erließ der neue Staat ren ihre Zukunft. Wohl wissend, dass sie Getreide und Wein mussten die Händler teten, Jakob Ostermann hatte man ein zahlreiche Gesetze und Erlasse zur Ein- selbst es vielleicht nicht mehr schaffen von der Substanz leben. Zuerst verkauf- rotes Hakenkreuz auf die Glatze gemalt, schränkung der Freiheiten der jüdischen würden. Den Anfang dieser Flucht der ten sie ihre Äcker, Wiesen und Weinber- Frau Marum musste sich in ärztliche Be- Bürger. Zwischen 1933 und 1945 wur- Töchter und Söhne machten 1935/1936 ge, zuletzt die Gärten. Dann boten sie handlung nach Kreuznach begeben. Ei- den insgesamt 1.973 Sonderrechte bzw. die Familien Fried und Ostermann. ihre Häuser an, weit unter dem Verkehrs- nige Wohnungen wurden nacheinander Beschränkungen und Einengungen der Für die ältere Generation war es erheb- wert. Auf den Verkaufserlös kam eine von verschiedenen Gruppen „besucht“. Freiheiten für Juden im NS-Staat ge- lich schwerer, sich von der über viele hohe Reichsfluchtsteuer. Zusätzlich war Hinterher bestand ein Chaos aus Ver- schaffen. Bereits das „Gesetz zur Wie- Generationen angestammten Heimat zu die Genehmigung der Kreisleitung nötig, wüstungen und Verletzungen. Auch der derherstellung des Berufsbeamtentums“ lösen, selbst in Angesicht der heraufzie- die natürlich Parteigenossen bevorzug- Friedhof auf dem Domberg wurde ge- vom 7. April 1933 betraf den Metzler- henden Lebensgefahr. So hatte die Fami- te. Diese wussten von der Zwangslage schändet, Steine zertrümmert und den Schwiegersohn Lehrer Fritz Daum, der lie Marum schon in den 20er Jahren ihre der Verkäufer und nutzten sie aus. Nur Berg herunter gerollt. Mindestens 200 zwangspensioniert wurde. Später fiel Fühler nach USA ausgestreckt und im wenig vom Erlös des Verkaufs konnte Grabsteine gingen verloren bzw. wurden auch Hauptlehrer Jakob Marx unter diese Raum Boston nach einer Umsiedlungs- mit ins Ausland genommen werden. bis zur Unkenntlichkeit zerkleinert und Paragraphen; er musste seinen Dienst als möglichkeit für die Familie und die Firma Bei den letzten verbliebenen alten Men- entwendet für Gartenmauern oder sons- „politisch unzuverlässig“ quittieren. Feu- gesucht. Selbst 1936, als ein günstiges schen war dann auch meist nicht mehr tige kleine Bauvorhaben. Die Synagoge er und Flamme waren die Sobernheimer Kaufangebot für die Firma vorlag, konn- das Geld zu einer Flucht vorhanden. ist aufgebrochen und demoliert worden, für die neue Zeit. Am 20. Mai 1933 konn- te sich Alfred Marum nicht entschließen. Unter erbärmlichen und entwürdigen- ein Feuer im Innern wurde schnell wie- te man im „Sobernheimer Intelligenz- Erst Anfang 1938, der Druck war größer den Bedingungen vegetierten sie zu- der gelöscht, da man sie als Aula für das Blatt“ lesen: Den Flammen übergeben geworden, nahm er eine schlechtere sammengedrängt in sog. Judenhäusern Gymnasium haben wollte. wurden gestern morgen nach einer kur- Möglichkeit an, jetzt allerdings zu den (Haus Ostermann in der Wilhelmstraße Schon im Januar 1939 zwang man Jonas zen Ansprache unter dem Gesang des Bedingungen einer Zwangsarisierung. und Gemeindehaus in der Marumstraße) Haas, der nach der Flucht von Alfred Deutschland- und Horst-Wessel-Liedes Grundsätzlich konnten alle jüdischen oder in ihrem schon verkauften Haus, Marum als Vorstand der Rest-Kultusge- auf dem Schulhof der Realschule die aus Eigentümer von Immobilien nur erheb- das sie dann auch räumen mussten. meinde fungierte, in einem aufgesetzten

279 280 Schreiben, das er nur unterschrieb, die losigkeit und ohne jeglichen Kontakt zu Synagoge der Stadt zum Kauf anzubie- ihren geflohenen Angehörigen, auch der ten. Vier Wochen später hakte er nach. Postverkehr nach USA war ab Kriegsein- Inzwischen hatte die Stadt sich kundig tritt im Dezember 1941 eingestellt. Nach gemacht, ob Jonas Haas überhaupt be- der Wannsee-Konferenz vom 20. Januar rechtigt war, den Verkauf vorzunehmen. 1942, auf der „die Endlösung der Juden- Als es am 27. Juni 1939 dann schließlich frage“ beschlossen wurde, ging es dann zum Verkauf an die Stadt kam, musste sehr schnell. Jakob Ostermann unterzeichnen, denn Um die Betroffenen vor der Deportation Jonas Haas war inzwischen verstorben. nach Theresienstadt ruhig zu stellen und Nach Abzug rückständiger Steuern und gleichzeitig angeblich formal-rechtlich Arisierungsauflage sollten 525 Reichs- auch an deren evtl. noch vorhandenes mark an die „Reichsvereinigung der Ju- restliches Geld zu kommen, ließ man sie den in Deutschland“, einer SS-Organisa- einen perfiden „Heimeinkaufsvertrag“ tion unter absichtlich falschem Namen unterschreiben. Dieser enthielt eine Ab- gehen. Die Israelitische Kultusgemeinde machung mit der „Reichsvereinigung der Sobernheim sah keinen Pfennig, besaß Juden in Deutschland“ mit einer Abtre- aber auch keinen Gebets- und Gottes- tungserklärung und genauen Bankver- dienstraum mehr. bindungen. Zumindest bei Heinrich Ma- Unter diesen Umständen startete Jakob rum ließ es sich später rekonstruieren, Ostermann im August 1939 noch einmal dass innerhalb weniger Tage nach sei- Deportierte, die 1938/1939 noch in Sobernheim wohnten (Duplikate der Kennkarten mit einen Versuch, wenigstens für die ho- nem Tod sein Konto in Idar-Oberstein von eingedrucktem J wurden auf dem Speicher des Rathauses gefunden.) hen Feiertage Neujahrsfest und Versöh- Theresienstadt aus abgeräumt wurde. nungstag des jüdischen Jahres 5700 die sozialisten hieß. der Fabrik zu arbeiten. Erst nach dem Erlaubnis zu Gottesdiensten im Haus der Die Liste des Amtsbürgermeisters Dr. Hans Marum war wohl der Einzige aus Tausch Arbeit gegen Strümpfe florierte Witwe Haas zu erhalten, unter Hinweis Molz vom 28. März 1946 enthält 19 Na- Sobernheim, der 1945 das ganze Aus- das Geschäft wieder. auf diese Praxis in den Nachbarstädten. men von Deportierten und Ermorde- maß der Vernichtung in den Konzent- 1950 wurden die Verbrechen des No- Das Schreiben ging von der Stadtver- ten aus Meddersheim, Sobernheim und rationslagern selbst gesehen hat. Als vemberpogroms von 1938 vom Landge- waltung über die Kreisverwaltung an Staudernheim und schließt mit dem Satz: Dolmetscher in der III. Armee von Ge- richt Bad Kreuznach in einer Woche in die Geheime Staatspolizei Koblenz und Zurückgekommen sind bis jetzt keine. neral Patton war er bis zum Außenlager Sobernheim verhandelt. Von den ehe- zurück: Die Gottesdienste wurden ge- Durch unsere Recherchen sind wir aber Ohrdruf von Buchenwald vorgestoßen. mals ca. 100 Mitgliedern von Partei und nehmigt. Es waren die letzten jüdischen inzwischen auf 79 Personen gekommen, Hier gehörte es zu seinen Aufgaben, SA konnten nur noch 36 Männer unter Gottesdienste vor der Auslöschung der die entweder in Meddersheim, Mon- die Zivilbevölkerung an den Leichen- Anklage gestellt werden. Einige waren Jüdischen Kultusgemeinde. zingen und Staudernheim geboren sind bergen vorbeizuführen. Davon gibt es im Krieg ums Leben gekommen, andere Ab dem 15. September 1941 mussten die oder längere Zeit gelebt haben. Hierbei sogar Filmaufnahmen. Daher erklärt sich vermisst, wieder andere nicht auffindbar. wenigen verbliebenen jüdischen Ein- müssen wir aber auch gleichzeitig beto- wohl auch seine strikte Ablehnung nach wohner in der Öffentlichkeit den Gelben nen, dass unsere Listen keinen Anspruch Sobernheim zurückzukehren. Seine El- Gleich zu Beginn des Prozesses wurden Stern, Judenstern genannt, tragen. So auf Vollständigkeit erheben. Sicher ist tern und Geschwister kamen nach 1948 23 Angeklagte amnestiert, weil „nur“ ausgegrenzt verbrachten sie die letz- nur, dass alle vier Orte am Abend des 26. zurück, um ihren ehemaligen Besitz wie- eine Verurteilung zu einer Strafe unter ten Monate bis zu ihrer Deportation im Julis 1942 „judenrein“ waren, wie es in der zu übernehmen. Bei der damaligen einem Jahr Gefängnis zu erwarten war. April bzw. Juli 1942 in tiefer Hoffnungs- der verächtlichen Sprache der National- Geldentwertung war niemand bereit in Dies regelte ein Bundesgesetz der so-

281 282 eben gegründeten Republik, mit dessen schädigungsmaßnahmen für ein Kinder- Im Hintergrund und von der Öffent- Selbst danach gab es noch einen Prozess Hilfe sogenannte Mitläufer vor übermä- heim in Bad Kreuznach erwerben konn- lichkeit wenig wahrgenommen liefen wegen antisemitischer Beleidigungen ßig harten Strafen geschützt und die te. Zukünftig fanden hier im Sommer bereits ab 1946 Wiedergutmachungs- im Zusammenhang mit dem Neubau der Gerichte entlastet werden sollten. Im große Ferienlager mit einer Zeltstadt ne- Verhandlungen mit dem Ziel einer mate- Firma Marum im Industriegebiet. Laufe des Prozesses konnten einige der ben dem Heim statt, die von der Kölner riellen Entschädigung. Dabei ging es um Der jüdische Friedhof auf dem Domberg amnestierten Angeklagten als Entlas- Gemeinde in Zusammenarbeit mit Max zu geringe Bezahlung der Immobilien hat zwischen 1963 und 1997 fünf weite- tungszeugen auftreten. Einzige Zeugen Willner aus Offenbach/Main organisiert und um Nutzungsverlust. Die Verhand- re Schändungen nach dem II. Weltkrieg der Opferseite war das Ehepaar Marum. wurden. Willner (1906 -1994), vom Lan- lungen wurden von den geflohenen über sich ergehen lassen müssen, bei Andere schriftliche Zeugenberichte die- desverband der Jüdischen Gemeinden in jüdischen Bürgern bzw. von den Erben denen jeweils zwischen 8 und 50 Stei- ser Seite gab es erst später bei den Wie- Hessen war Geschäftsführer der Zentral- der deportierten und ermordeten ehe- nen umgeworfen und beschädigt wur- dergutmachungs-Verhandlungen, als der wohlfahrtsstelle der Juden in Deutsch- maligen Besitzern angestrengt. Zahl- den. Besonders befremdlich ist die Tat- Pogromprozess längst abgeschlossen land. Als die Kölner Gemeinde kleiner reiche Juristen diesseits und jenseits sache, dass dies in der Öffentlichkeit als war. Die Hauptverhandlung dieses Pro- geworden war, übernahm schließlich des Ozeans wurden bemüht. Teilweise „Dummenjungenstreiche“ hingestellt zesses wurde dann gegen die verbliebe- die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden wurde auch von Amts wegen ermittelt wurde und keine ernsthafte Aufklärung nen 13 Angeklagten eröffnet, von denen in Deutschland die Gebäude und baute und verhandelt durch die Wiedergutma- und Aburteilung erfolgte. Es bleibt an schließlich neun wegen ihrer Beteiligung sie zu dem einzigen Heim für Fort- und chungskammer des Bundeslandes, einer dieser Stelle noch hervorzuheben, dass am Novemberpogrom verurteilt wurden. Weiterbildung sowie Freizeiten für den Anstalt des öffentlichen Rechts. Bei der der Friedhof bei den Familien der ehe- Aber selbst diese neun durften den Ge- Zentralrat der Juden in Deutschland aus. Werteinschätzung kam es auf das Datum maligen Sobernheimer jüdischen Fa- richtssaal als freie Bürger verlassen, weil Das nach Max Willner benannte Heim, des Verkaufs an, je später verkauft oder milien einen sehr hohen Stellenwert ihnen die Zeiten der Kriegsgefangen- geplant von Professor Alfred Jacoby aus gekauft wurde, desto höher musste die hat. Wann immer möglich wird er auf schaft und der Haft in Internierungsla- Frankfurt, ist als „Schloss für Kinder und Entschädigungszahlung sein. Es kam in Deutschlandreisen von wenigstens ei- gern, die mit dieser Anklage in keinem Jugendliche“ konzipiert, in der Fassade allen Fällen zu außergerichtlichen Ver- nem Familienmitglied besucht. - Besu- Zusammenhang standen, angerechnet ist die Menora (siebenarmiger Leuchter) gleichen, die meistens eine Nachzahlung cher des Max-Willner-Heims wurden wurden. zu erkennen. eines Drittels des ursprünglich gezahlten auch öfter angepöbelt oder sogar tätlich Im Herbst 1950 ließ die Stadt auf Be- Preises der Erwerber zur Folge hatte. Ra- angegriffen, nur weil sie z.B. durch ihre treiben von Alfred Marum den verwüs- tenzahlungen waren die Regel. Die neu- Kippa als Juden erkennbar waren. teten Friedhof auf dem Domberg wie- en Besitzer streuten mit Eifer in der Stadt Große Schwierigkeiten gab es um 1986, der herrichten und mit einem Mahnmal das Gerücht, man habe „die Juden zwei- die Straße zum Max-Willner-Heim in versehen, in das die Gedenkplatte an mal bezahlen müssen“. Außerdem habe Janusz-Korczak-Straße zu benennen. die Gefallenen des I. Weltkriegs integ- man durch den Kauf die Flucht ins Aus- Der ablehnende Beschluss des Stadtrats riert ist. Das Ehepaar Marum schenkte land ermöglicht. Wollten die Kinder der konnte nur unter dem Druck des Fernse- schließlich 1952 den westlichen Teil ihres Deportierten eine Entschädigung für den hens und der überörtlichen Presse rück- ehemaligen privaten Gartens gegenüber bei der Verwaltung zwangsweise abge- gängig gemacht werden. des Bahnhofs der Stadt als Park zum lieferten Schmuck, silberne und goldene Unter der Federführung der Evangeli- Gedächtnis an ihren 1951 verstorbenen Taschenuhren, optische Geräte, Radios schen Kirchengemeinde fand 1988 eine Sohn „Arnold-Marum-Park“ genannt. Ignatz Bubis, Vorsitzender des Zentralrats der und Schreibmaschinen haben, so konn- Reihe von Gedenkveranstaltungen zur Juden in Deutschland, mit Bürgermeister Hans- Abgesehen von der Familie Marum/ te sich dort niemand daran erinnern. Es 50jährigen Wiederkehr des November- Georg Janneck bei der Namensgebung des Max- Stern kehrte 1957 wieder jüdisches Le- Willner-Heims am 11.6.1995. Dabei versprach waren ja teilweise auch noch die glei- pogroms von 1938 statt. Ein Vortrag und ben in Sobernheim ein, als die jüdische Janneck sich für die Renovierung der Synagoge chen Beamten wie vor dem Kriegsende. eine Ausstellung im Rathaus erinnerten Gemeinde von Köln das Rot-Kreuz-Heim einzusetzen. Insgesamt zogen sich die Wiedergutma- erstmals an die Geschichte der jüdischen auf dem Nohfelsen im Zuge von Ent- chungsverhandlungen ca. 20 Jahre hin. Bürger von Sobernheim. Eine Bomben-

283 284 drohung überschattete diese Ausstel- stätte lässt jährlich über 10.000 Besucher Kirchen und Religionsgemeinschaften lung. Im Jahr darauf etablierte sich der hier jüdische Geschichte wahrnehmen. » die neuapostolische kirchengemeinde Förderverein Synagoge Sobernheim e.V., Besondere Höhepunkte sind Gottes- der es sich zum Ziel gesetzt hatte, das dienste jüdischer Besuchergruppen des jüdische Erbe der Stadt zu bewahren und Max-Willner-Heims. besonders die abrissgefährdete Synago- Die Neuapostolische Kirche ist eine in- ge zu retten. ternational verbreitete christliche Glau- bensgemeinschaft. Die im Jahr 1863 entstandene Kirche wird wie die ers- ten Christengemeinden von Aposteln geleitet. Es bekennen sich inzwischen weltweit ca. 10 Millionen Menschen zur Neuapostolischen Kirche. Die Wiederkunft Christi zur Heimholung seiner Braut ist zentraler Bestandteil neuapostolischer Glaubenslehre. In der Neuapostolische Kirche werden drei Sakramente gespendet: Heilige Wassertaufe, Heiliges Abendmahl und Heilige Versiegelung. Die Neuapostolische Kirche finanziert sich aus freiwilligen Spenden ihrer Mitglieder. Die ersten neuapostolischen Christen kamen in der Mitte der 1950er Jahre veräußert. Die Neuapostolische Kirche Hans Eberhard Berkemann - nach Bad Sobernheim. Die Gottesdienste Bad Sobernheim hat die bisher genutz- der Initiator zur Rettung der Synagoge fanden zu der Zeit in der Wohnung von ten Räumlichkeiten seitdem gemietet. Der Vorhang des Thora-Schreins von 1904, vor Gläubigen am Johannisplatz statt. Auch Im Mai 1978 wurde ein gemischter Ge- Damit begann ein 21jähriger Kampf den Nazis gerettet von Maria Fuchs, der Haus- im Saal der Gaststätte „Hohe Burg“ ver- meindechor gegründet, der jeden Got- um die Erhaltung des jüdischen Got- hälterin von Heinrich Marum sammelten sich damals zeitweise die tesdienst mit Gesang umrahmt. teshauses, der zugleich Kontakte und Mitglieder. eine Annäherung an die Nachfahren Hans Eberhard Berkemann Im Jahr 1959 wurde das Gebäude der Die 60 Mitglieder der Gemeinde werden der ehemaligen jüdischen Familien von Sparkasse in der Bahnhofstraße 21 von durch den derzeitigen Vorsteher Priester Sobernheim brachte. 25 von ihnen nah- der Verwaltung der Neuapostolischen Michael Roland und drei weitere priester- men am 30. Mai 2010 an der feierlichen Kirche in Rheinland-Pfalz gekauft und liche Ämter seelsorgerisch betreut. Die Einweihung der renovierten Synagoge das Erdgeschoss zu Gottesdienstzwe- Amtsträger in der Neuapostolischen Kir- teil, 250 Sobernheimer und auswärtige cken umgestaltet. Am 01.07.1982 wurde che sind vorwiegend ehrenamtlich tätig. Gäste nahmen am Festakt im Kaisersaal Bad Sobernheim eine eigenständige Ge- Die Gottesdienste finden am Sonntag und anschließend in der Synagoge teil. meinde. Bis dahin gehörten die Gläubi- um 9:30 Uhr und am Mittwoch um 20:00 Die gelungene Nutzung als öffentliche gen in organisatorischer Hinsicht zur Ge- Uhr statt. Bücherei und Gedenkstätte, als Konzert- meinde Bad Kreuznach. saal, Vortragsraum und Begegnungs- Im Jahr 2011 wurde das Gebäude wieder Michael Roland und Ulrich Latotzki

285 286 Kirchen und Religionsgemeinschaften Auf diese Weise wird die Erweckungs- Bewegung in Gang bringen: 1855 kommt bewegung in der Gründung christlicher der Hilfsprediger des Argenthaler Pfar- » die stadtmission Gesellschaften und Vereine manifest. rers, Vikar Neuschmidt, nach Riesweiler Daher wird 1848, das Jahr in dem das bei Das 19. Jahrhundert ist eine Zeit des wirt- tätiges Christsein und die Hinwendung Kommunistische Manifest von Karl Marx Simmern. Seine Erweckungspredigten schaftlichen und gesellschaftlichen Um- zu einem intensiven christlichen Leben. erscheint, gleichzeitig zum Geburtsjahr finden Zulauf; die Menschen strömen in bruchs. Mit der Einführung der Gewer- Christen schließen sich zusammen, um der Inneren Mission, dem Vorläufer des die Kirche. Weil ihnen die Zeit von einem befreiheit verlieren Innungen und Zünfte ihrem Glauben in der Lebensgestaltung heutigen Diakonischen Werkes. Diese ist Sonntag zum anderen zu lang wird, hal- an Bedeutung. Die Ordnung der Zünfte Ausdruck zu geben. In so gewachsenen eine von dem Hamburger Pfarrer Johann ten sie in der Woche in ihren Häusern Er- bestimmt nicht mehr den Lebensrahmen „Gemeinschaften“ beschäftigen sie sich Hinrich Wichern begründeten Initiative bauungsstunden („Stunn“) ab, in denen der Lehrlinge, Gesellen und Meister. Der auch ohne theologische Ausbildung mit zur christlichen Mission innerhalb der sie die Bibel lesen und auslegen und zu- damit verbundene Trend zu mehr Mobi- der Bibel, setzen sich für die Glaubens- evangelischen Kirche; Wichern versteht sammen beten. Sie kommen in Scharen lität wird durch das Fabrikwesen der be- verbreitung ein. Die „Rettung“ anderer unter Innere Mission die christliche Lie- von 80 -100. ginnenden Industrialisierung verstärkt. ist Folge der Erfahrung des eigenen ge- bestätigkeit als christliche Erneuerungs- Um 1857 kehrt Christian Gebhardt, der Der Wandel der Gesellschaft im Zeital- rettet Werdens durch Jesus Christus, ent- bewegung. Die Durchführung ihres drei Jahre zuvor nach Amerika ausge- ter der Industrialisierung, das rasante sprechend dem Motto „Gerettet sein gibt Doppelprogramms der „helfenden und wandert war und dort die Methodisti- Wachstum der Bevölkerung, die zuneh- Retter-Sinn“. Das tun sie, indem sie ihre rettenden Liebe“ ist Sache der aus der sche Kirche kennengelernt hatte, in sein mende Verstädterung und die Heraus- sozialdiakonische Verantwortung für die Erweckungsbewegung hervorgegange- Heimatdorf Pferdsfeld zurück und ver- bildung der neuen Arbeiterklasse macht Gesellschaft entdecken und wahrneh- nen kirchlichen Kräfte. kündet hier seinen neuen Glauben, der seit 1830, noch stärker ab 1850, die Ar- men. Es ist ihnen ein Anliegen, von der später auch an anderen Orten Eingang mut großer Bevölkerungsschichten zur Kirche nicht mehr erreichte Menschen Der im selben Jahr in Elberfeld gegründe- findet, unter anderem in Mandel. Als sozialen Herausforderung. Arbeiter in mit dem Evangelium zu erreichen und te Rheinisch-Westfälische Jünglingsbund 1859 ein Krieg mit Frankreich droht, keh- industriellen Ballungszentren leben in Menschen in ihrer materiellen und see- (heute CVJM-Westbund) reagiert auf die ren die aus dem Hunsrück stammenden menschenunwürdigen Umständen. Der lischen Not zu helfen. Die Wurzeln der Situation junger Männer in den Städten, Brüder Adam und Hannes Peter Klein, Staat hält sich nicht für zuständig. Diemit diakonischen Werke und Einrichtungen wo Gesellen und Lehrlinge orientie- die im Wuppertal das Schmieden gelernt dem Staat eng verbundene Kirche hat unserer Zeit liegen in dieser Bewegung rungslos auf die Unterkunft in Herbergen und dort zum Glauben gefunden haben, jenseits der gemeindlichen Ebene we- begründet. Ein wichtigstes Zentrum der angewiesen und in der Gestaltung ihrer in den Hunsrück zurück. Auf der Lange- nig organisatorische Möglichkeiten, sich Erweckungsbewegung im Rheinland ist freien Zeit sich selbst überlassen sind. nauer Mühle bei Womrath schleifen sie der Armutsbekämpfung zu widmen. Die- das Wuppertal. In den durch die Industri- Er bietet ihnen sinnvolle Freizeitgestal- die Säbel für die Soldaten des Simmer- ses strukturelle Vakuum wird nun zum alisierung aufstrebenden Städten Elber- tung, Gemeinschaft und Orientierung ner Infanteriebataillons. Während der Teil von privaten christlichen Initiativen feld und Barmen wird die Erweckungs- an. Im selben Jahr sieht Pastor Ludwig Arbeit und in ihrer Freizeit verkündigen gefüllt, die vor allem aus dem Bereich bewegung wesentlicher Teil kirchlichen Feldner, lutherischer Pfarrer in Elberfeld, sie die Christi Botschaft. Insbesondere der „Erweckungsbewegung“ kommen. Gemeindelebens. in der Gründung einer Evangelischen die Jugend fühlt sich davon angezogen. Die Erweckungsbewegung stellte ei- Gesellschaft (Evangelische Gesellschaft Es entsteht der Wunsch, eine Versamm- nen Neuaufbruch in der evangelischen 1847 wird Mitteleuropa von Missernten für Deutschland), die Möglichkeit, der lung (Bibelstunde) einzuberufen. Erste Kirche dar. Im ganzen protestantischen und einer anschließenden Hungersnot Entkirchlichung und Entchristlichung des Zusammenkunft war auf der Langenau- Europa und in Nordamerika bestimmte heimgesucht. Dem folgt das Revoluti- deutschen Volkes entgegenzuwirken. er Mühle. Zu den Versammlungen finden diese große Frömmigkeitsbewegung der onsjahr 1848. Die Märzrevolution, die Die Erweckungsbewegung erreicht bin- sich später auch junge Männer aus der Neuzeit das religiöse Leben jener Zeit. auch in Wuppertal zu Straßenschlachten nen kurzem die hiesige Gegend. Es sind Umgebung hinzu, so Peter Hahn aus Idar Wesentliche Elemente der Erweckungs- führte, hat die Freigabe des Vereins- einzelne Personen, die an unterschiedli- und Heinrich Franzmann aus Nußbaum, bewegung sind persönlicher Glaube, und Versammlungsrechtes zur Folge. chen Orten unabhängig voneinander die die später in der Gemeinschaftsbewe-

287 288 gung eine führende Rolle spielen. In gelenkt und in Ordnungen und Organisa- Anregung von Superintendent Müller. Der Evangelische Gesellschaft für Deutsch- Eckweiler gründet Adam Fuchs in sei- tionen gefasst. Eine Neubelebung birgt Verein soll helfen, das als berechtigt an- land in ihre Satzungen den Zusatz auf, nem Haus eine „christliche Versamm- auch die Gefahr der Absonderung. Die erkannte Verlangen erweckter Gemein- ein in „innerhalb der evangelischen Lan- lung“. Nach der Lehr-und Gesellenzeit als Entwicklung verläuft zunächst in freien deglieder nach besonderer Erbauung zu deskirche“ stehender Verein für Innere Schreiner in Wuppertal kam er nach Eck- Bahnen, die Stellung zur Kirche ist nicht befriedigen, aber sie auch zugleich vor Mission zu sein. weiler zurück mit dem neuen Glauben. unbedingt klar. Man streitet darum, ob der Trennung von der Kirche bewahren. In Idar-Oberstein sind es die Schneider- man in der Kirche bleiben will oder nicht. In diesem Verein sind Pfarrer und Laien gesellen Peter Hahn und Carl Purper, die Es kommen Vertreter außer- und neben- vertreten; Pfarrer Krüger-Velthusen aus in Elberfeld gearbeitet haben und durch kirchlicher Bewegungen - Irvingianer, Sobernheim ist als Vorstandsmitglied den Jünglingsverein zum Glauben ka- Methodisten, beteiligt, er gib das Monatsblatt des Ver- men. Sie gründen eine Bibelstunde in Darbysten und Brüdergemeinde - in die eins, „Der Bote“, heraus. Vereinsziel ist der Rettungsanstalt Niederwörresbach1 Gegend, die zum Austritt aus der Lan- es, in der Kirche stehend die zerstreuten und der Hahnenmühle in Herrstein. deskirche auffordern. Sie lehnen die Fei- Gemeinschaften zusammenzuschließen. Wo es Versammlungen gibt, springt der er des Abendmahls und die Taufe, wie Der Verein kommt aber nicht über die Funke über auf die umliegenden Orte. sie in der Kirche gehandhabt werden, Monzinger Gegend hinaus. Eine Reihe Alsbald entstehen auch dort Versamm- ab. Sie erhalten Zulauf durch viele, die von Gemeinschaften schließt sich dem lungen. Die Leute kommen in den Häu- dann der Kirche den Rücken kehren. An- Verein an, besonders jene, die sich spä- sern zusammen zur Bibellektüre und dere halten der Kirche die Treue, aber ter der Evangelischen Gesellschaft für zum beten. Jeder erzählt von dem, was besuchen auch die Stunden der Ver- Deutschland anschließen. Diese beginnt ihn froh und glücklich macht, weiter in sammlungsleute. Hierzu wäre der 1850 in den 1870er Jahren ihre Arbeit im hie- seiner Umgebung, in der Familie, seinen in Elberfeld gegründete Evangelische sigen Gebiet mit dem Ziel, die Gemein- Kameraden, dem Dorf. Mit der Zeit bil- Brüderverein zu nennen, der in der Na- schaften in kirchlichen Bahnen zu halten. det sich heraus, dass einer die Leitung in hegegend tätig wurde, sich anfangs in Eine Reihe der alten Gemeinschaftsfüh- den Versammlungen übernimmt. Spöt- kirchlichen Bahnen hielt und viel Anhang rer tritt in ihren Dienst. Zu ihnen gehö- tisch nennt man diese Laienprediger in den Gemeinden fand dann aber einen ren Heinrich Franzmann aus Nußbaum Allgemein wird der Wunsch laut, ein- „Wammesprediger“, weil sie Hunsrücker eigenen Weg einschlug. Die Kirche steht (ab 1888), Scheidt aus Waldalgesheim mal im Jahr im Hunsrück und im Raum Volkstracht tragen, den „Wammes“. Das der Bewegung erst abwartend, oft auch und Wagner aus Feil. Letzterer wird als Sobernheim / Winterburger Amt Ge- ausgeprägte Gemeinschaftsbewusstsein ablehnend gegenüber. Seit 1862 wird erster Bote, so nannte man die Prediger, meinschafts-Jahresfeste zu veranstal- führt bald zum Zusammenschluss der auf den Kreissynoden über diese Be- der Evangelischen Gesellschaft in unse- ten. Zugleich legt man fest, dass auf Versammlungen, zur Bildung von Ge- wegung gesprochen. Da aber weiterhin rer Region tätig. den Jahresfesten Pfarrer und Laienbrü- meinschaften. Nikolaus Mähringer aus diese Leute die treuesten Kirchgänger Die Zusammenarbeit mit der Kirche ge- der bei der Wortverkündigung und Bi- Rehbach berichtet von der Aufnahme und Gemeindeglieder sind, bemüht man staltet sich nicht immer einfach. Die Kir- belauslegung mitwirken. Pfarrer auf von Verbindung mit anderen in Eckwei- sich von kirchlicher Seite, das in den Ge- che verlangt „engste Zusammenarbeit“ den ersten Jahresfesten sind Superin- ler, Pferdsfeld, Bockenau, Spall, Bärwei- meinden neu erwachte christliche Leben und „völlige und unbedingte Eingliede- tendent Müller aus Monzingen, Krüger- ler, Meddersheim, Idar u.a.. Es ist üblich, zu pflegen und zu fördern. 1864 treten rung in die kirchliche Ordnung“, dagegen Velthusen aus Sobernheim, Hirsch aus dabei weite Wege zu Fuß auf sich zu 14 Gemeinschaftschristen in Henau und möchte die Evangelische Gesellschaft Gemünden und Lichtenberger aus Alten- nehmen, etwa 2 Stunden sonntags von wenig später 50-60 von ihnen im Mon- als freies Werk ihre Freiheit bewahren bamberg. Zu den Laienbrüdern gehören Daubach nach Bärweiler. zinger Pfarrhaus zusammen, um den und „mit der Kirche aber nicht unter der Dickes aus Kalkofen, Scheidt aus Waldal- „Evangelischen kirchlichen Verein für Kirche“ arbeiten. Zum Teil lassen es die gesheim und Karl Röhrig als Hausva- Die Entwicklung wird von Vertretern des den Hunsrücken und die Umgebung“ ins Boten an der Zusammenarbeit mit kirch- ter der Anstalt Schmiedel bei Simmern. Evangeliums gefördert, in Bahnen Leben zu rufen. Die Gründung erfolgt auf lichen Stellen fehlen. 1910 nimmt die Zu den jährlichen Treffen kommen bald

289 290 monatliche hinzu. Der von 1869 bis bisherigen Regierungsbezirke Koblenz Heimstatt gefunden. Hier gründet sei- eigenen Haus im Alten Weg 3, ab 1886 1890 in Winterburg tätige Pfarrer Bor- und Trier sowie den überwiegenden ne Liebe zu Sobernheim. Reich deutet mit eigenem hauptamtlichem Prediger. nefeld ist maßgeblich an der Gründung Teil des Saarlandes umfasst. Hier fin- später an, dass der segensreiche Dienst der Monatskonferenz in Sobernheim den die Konferenzen der Brüder an der von Schwester Berta nicht ohne Einfluss 1890 erfolgt in Keidelheim der förmli- beteiligt. Hierbei kommen einmal im Nahe und aus dem Winterburger Amt auf die Mutterhaus-Gründung in Sobern- che Anschluss der Gemeinschaftskreise Monat die Brüder aus der engeren und statt. Hier wird viel für den Fortgang des heim gewesen ist. Storkebaum schreibt: von Hunsrück und Nahe, die in der Kir- weiteren Umgebung zusammen. Einer Reiches Gottes gebetet und gespendet. „In der Begegnung mit den von ihm ge- che bleiben wollen, durch Gründung des hält ein kurzes Referat an Hand eines nannten ‚Brüdern‘ und ‚Gemeinschaf- Zweigvereins Hunsrück-Nahe der EGfD. Bibelwortes, dann folgt die Aussprache Winterburg war seit 1250 Sitz des „Am- ten‘ schlägt sein Herz und findet er sich Zu dieser Zeit ist Fritz Coerper (1847- darüber. In Sobernheim trifft man sich tes“ Winterburg. Das Amt wurde durch selbst wieder. In diesem Hause erfährt 1924), Pfarrersohn aus Meisenheim, Prä- in dem 1869 unter Pfarrer Krüger-Vel- die Verwaltungsreform 1970 aufgelöst er die Geborgenheit seiner geistlichen ses der EGfD. Seit 1887 wirkt er als Pfar- thusen erbauten Kindergarten, damals und der Verbandsgemeinde Sobern- Heimat und die Zuversicht, auf berei- rer in Wuppertal-Barmen. Sein Amt als Kleinkinderschule genannt, im Alten heim zugeordnet. Das Winterburger tetem Boden auch für sein Mutterhaus Präses hat er 36 Jahre lang bis zu seinem Weg (1979 abgerissen). Schwester Ber- Amt umfasste am südlichen Soon- dort Heimat und eigentliche Wachstums- Tod inne. Ab 1899 ist mit Robert Weid- ta Mannes (1845-1914) vom badischen waldrand die Dörfer Daubach, Eckwei- Stätte zu haben. Sobernheim ist für ihn lich erstmalig ein hauptamtliche Predi- Mutterhaus für Kinderpflege in Nonnen- ler, , Ippenschied, Pferdsfeld, geistliches Zentrum für seine ersehnte ger der EGfD in Sobernheim stationiert. weier, baut mit ihrer Helferin und Freun- Rehbach, Winterbach und Winterburg. Sache, die nur von und in dem einen Mit- Er betreut auch die Gemeinschaften des din Amalie Neumeister (1814-1897) seit telpunkt leben und wachsen kann. Die- Winterburger Amtes. In Idar wird von 1865 den Kindergarten auf. Diese aus Das Haus ist Treffpunkt und Herberge für ser Mittelpunkt ist das Zeugnis von Jesus ihm eine Hausversammlung als Vorläu- einem Pfarrhaus stammende Schwes- Gleichgesinnte im Glauben. Pfarrer Hugo Christus.“ fer der 1903 zu gründenden „Evangeli- ter sammelt auch Gleichgesinnte im Reich, Gründervater und erster Vorste- 1889 wird der aus Elberfeld stammen- schen Gemeinschaft zu Idar“ (Stadtmis- Glauben. Sie reist zu Versammlungen her des II. Rheinischen Diakonissen-Mut- de Reich zum Sobernheimer Pfarrer ge- sion) betreut. der Gemeinschaft und nimmt an ihren terhauses, der heutigen Stiftung Kreuz- wählt. Im selben Jahr eröffnet er hier das 1909 findet das erste Jahresfest der Stunden teil. Sie sammelt sonntags am nacher Diakonie, schreibt darüber: „Da II. Rheinische Diakonissenmutterhaus. Er „Stadtmission für Sobernheim und Um- Abend Gemeindeglieder, später auch die kehrten ein Gelehrte und Ungelehrte, ruft 1890 eine Bibelstunde am Sonntag- gegend“ statt. Offenbar fand inzwi- Schwestern des Sobernheimer II. Rheini- da konnte man finden Bauersleute und abend als Veranstaltung der Evangeli- schen die Gründung der Stadtmission schen Diakonissen-Mutterhauses zur Bi- Boten der Evangelischen Gesellschaft, schen Kirchengemeinde ins Leben, „um statt, welche in Städten die Versamm- belstunde. Eine der Schwestern erinnert Gemeinschaftsführer, Pfarrer, Direktoren den sektiererischen Bestrebungen zu be- lung ablöst, während in Dörfern die sich: „Wenn wir des Sonntags in der gro- und Lehrer, darunter der Schwiegersohn gegnen und in der Gemeinde hervorge- Versammlung durch die Bibelstunde ßen, damals noch zweiherrigen (simul- von Mutter Jolberg, M.G.W. Brandt aus tretenen Bedürfnissen zu entsprechen“. abgelöst wird. Die Leitung der Gemein- tanen) Kirche den Gottesdienst besucht Saarbrücken, und der dort ebenfalls woh- Für solche Aktivitäten wird 1895 in Erin- schaft im Alten Weg dürfte bereits in hatten, haben sich einige von uns auch nende Lehrer im Ruhestand J. P. Thum, nerung an seine früh gestorbene Tochter andere Hände übergegangen sein: Reich beim Kindergottesdienst beteiligt, und beides Namen, die in der Geschichte der Emilie von ihm privat ein Gemeindesaal legt 1901 seine Pfarrstelle in Sobern- sonntags abends waren wir Gäste der Inneren Mission des Oberrheines festge- neben der Kleinkinderschule gestif- heim nieder und folgte seinen Diako- Gemeinschaft in der Kleinkinderschule halten zu werden verdienen.“ Auf seinen tet. Mit den „sektiererischen Bestre- nissen nach Kreuznach. Berta Mannes, am alten Weg. Dort saßen wir während seit 1884 als Geschäftsführer des Rheini- bungen“ sind vermutlich die Aktivitäten seit 1892 Schwester des II. rheinischen der Bibelstunde auf schmalen Bänken schen Provinzial-Ausschusses für Innere des Evangelischen Brüdervereins ge- Diakonissen-Mutterhauses, war in ihren ohne Lehnen.“ Mission mit Sitz in Langenberg bei El- meint. Dieser freikirchlich geprägte Ge- letzten Jahren ins Kreuznacher Mutter- Die Kleinkinderschule ist Tagungsort der berfeld durchgeführten Reisen kreuz und meinschaftsverband ist auch hierzuland haus eingekehrt. Veranstaltungsort des Gemeinschaften des „Oberrheins“, dem quer durch das Kirchengebiet hat Reich tätig. In Sobernheim versammelt sich Jahresfestes ist der Kaisersaal. Der Kreis Südteil der rheinischen Kirche, der die hier wiederholt Herberge und geistliche der Brüderverein seit 1882 im vereins- der Mitwirkenden zeigt die starke Ver-

291 292 bundenheit und Zusammenarbeit der sition gegen das herrschende politische Versammlungssaal Gemeinschaften. So wirken mit der Po- Unrechtsystem der Nazis. und Wohnhaus der saunenchor des Männer- und Jünglings- Über die Arbeit der Evangelischen Stadt- Evangelischen Stadtmission Vereins Rehbach-Ippenschied, die Gem. mission Sobernheim in den Kriegsjah- Bad Sobernheim Chöre Idar und Kreuznach, der Männer- ren und den Jahren danach liegt keine chor Ippenschied und der Jungfrauenchor Information vor. Offensichtlich kommt Sobernheim. Die Ansprache hält Pfarrer hier bedingt durch den Krieg und seine Paul Petry aus Züsch, weitere Redner Folgen die Arbeit weitgehend zum Erlie- sind der spanische Pfarrer Candido Rod- gen, während andernorts viele Prediger riguer und der Prediger der Stadtmission der EGfD in pfarrerlosen Kirchengemein- Idar, Ernst Buckert. den den Vertretungsdienst übernehmen. Weiterhin finden die Monatskonferen- Erst 1952 wird berichtet, dass in Sobern- zen in Sobernheim statt, sehr wahr- heim die Evangelische Stadtmission von scheinlich in der Kleinkinderschule im den Nachbargebieten betreut wird. Ab Alten Weg, die wohl Versammlungsstät- 1953 ist die Predigerstelle besetzt; die te der Gemeinschaft bleibt, bis zum Bau Gemeinschaften des Winterburger Am- des Versammlungssaales in der Monzin- tes und die Sobernheimer Stadtmission ger Straße. Am 15. November 1928 wer- werden wie ursprünglich gemeinsam Nach Prediger Hoffmann folgen die Pre- reformatorisch gesinnten Christen aus den an der Monzinger Straße der durch betreut. Prediger ist erst Deppert jr. Er diger Dieter Klei und Günter Majewski. verschiedenen Kirchen. Die Evangelische Stadtmissionar Beck erbaute Saal und wird gefolgt von den Predigern Dreistein Seit 2006 hat Pastor T.O. Uhr die Predi- Gesellschaft für Deutschland ist Mitglied die Dienstwohnung des Predigers einge- und Wilfried Hoffmann. Letzterer ist ab gerstelle inne. Von ihm wird die Evan- des Diakonischen Werkes der Evangeli- weiht. Karl Beck stammte aus Pferdsfeld 1959 bis in die 1980er Jahre hier tätig. gelische Stadtmission Bad Sobernheim schen Kirche im Rheinland und dadurch und führte viele Jahre im Westerwald Unter Prediger Hoffmann erfolgt die und die Evangelische Gemeinde am auch dem Diakonischen Werk der EKD ein Malergeschäft. Nach dem Wechsel Wiederaufnahme der Monatskonferen- Soonwald, der Nachfolger der Gemein- angeschlossen. ins Predigtamt bei der Evangelischen zen („Monatsstunden“), die zwischen- schaften des Winterburger Amtes, be- Gesellschaft für Deutschland kehrt er in zeitlich ruhten. treut. Beides sind Gemeinden der EGfD Die Evangelische Stadtmission Bad So- die Heimat zurück. Von 1928 bis 1939 ist e.V. in Radevormwald, einem Gemein- bernheim versteht sich als landeskirch- er Prediger der Evangelischen Stadtmis- Im Jahr 1958 erfolgt der Zusammen- schafts-und Gemeindeverband von liche Gemeinschaft, deren spenden- sion Sobernheim. Er betreut auch Ge- schluss der EGfD mit dem Evangelischen landeskirchlichen Gemeinschaften und finanziertes Wirken als kirchliche- Er meinschaften des Winterburger Amtes. Brüderverein, der Ev. Brüderverein geht eigenständigen Gemeinden. Die Evan- gänzungsarbeit zu sehen ist. Von der in der Evangelischen Gesellschaft auf. gelischen Gesellschaft für Deutschland Erweckungsbewegung her ist intensives Von 1930 bis 1949 wird das Winterbur- Beide Gemeinschaften existierten bis- gehört als Mitglied zum „Evangelischen Beschäftigen mit der Bibel und starkes ger Amt selbständiges Gebiet mit eige- lang nebeneinander in Sobernheim Gnadauer Gemeinschaftsverband“, ei- Laienengagement in Verkündigung und nem Prediger mit Sitz in Ippenschied. Ab und im Winterburger Amt, auch wenn nem Dachverband, in dem 39 regionale Gemeindearbeit wesentliches Merkmal 1932 ist hier Prediger Walter Joeres tä- man offensichtlich zusammenarbeite- Gemeinschaftsverbände mit ihren Ein- des Gemeindeslebens. Bibelgesprächs- tig, der zu den Deutschen Christen hält; te. In der Folge findet in Sobernheim richtungen und Werken zusammenge- kreis, Gebetskreis und Gottesdienst ge- sein Amtsbruder Hermann Mettel in der der Zusammenschluss der beiden Ge- schlossen sind, die innerhalb der evan- hören zum Gemeindeleben. Das Motto Kirner Stadtmission ist hingegen in der meinschaften statt; die Immobilie des gelischen Kirche und darüber hinaus der Evangelischen Stadtmission lautet: Bekennenden Kirche tätig. Es gibt in der Brüdervereins wird nun veräußert und arbeiten. Zudem versteht sie sich als „Gott lieben, Menschen gewinnen, Ge- Gemeinschaftsbewegung, wie in der ab 1959 trifft man sich im EGfD-Ver- Teil der „Deutschen Evangelischen Alli- meinde leben“. restlichen Kirche, keine eindeutige Po- sammlungssaal in der Monzinger Straße. anz“, einem Netzwerk von evangelisch- Dr. Hanns-Peter Fritsch

293 294 baute man des Berufsschulwesen in derstand der Konfessionen setzten die Sobernheim auf, dessen Leitung Rektor Nationalsozialisten die Gemeinschafts- Schulen Viehmann ebenfalls übernahm. schule durch. Alle Volksschüler wurden Der nächste größere Einschnitt in den in der Steinhardter Straße zusammenge- » die evangelische volksschule Schulalltag der Volksschule fand im fasst, die Berufsschule bekam die katho- Herbst 1937 statt. Unter erheblichem Wi- lische Volksschule in der Malteserstraße.

Unter dem katholischen Bürgermeister tel. Erst die neue Reichsverfassung von Adam Josef Thesmar und dem evange- 1871 führte die staatliche Schulaufsicht lischen Kreisschulinspektor und Super- ein, Sobernheim wurde 1894 sogar Sitz intendenten Wilhelm Oertel wurden in eines Schulrats mit Amtszimmer im Rat- Sobernheim neue Volksschulen gebaut. haus. Ab 1885 nahm die evangelische Zuerst 1837 die evangelische Volksschu- Volksschule auch die jüdischen Schüler le, der heutige Südflügel des Rathauses auf. Lehrer Alexander Kahn, der auch ein mit vier Klassenräumen, 1837/38 die Internat für auswärtige jüdische Schüler katholische Volksschule in der Malte- führte, legte im Streit mit der „Israeliti- serstraße mit zwei Klassenräumen und schen Kultusgemeinde“ sein Amt nie- zwei Lehrerwohnungen. Oertel nahm der und ging nach Oberwesel. Die Eltern seinen Inspektionsauftrag sehr ernst und sahen ihre Kinder lieber in einer ausge- verfasste auch seitenlange Rezensionen bauten mehrklassigen Volksschule als in zu den jeweiligen Unterrichtsbüchern, einer überfüllten Einklassschule. die noch heute im Landeshauptarchiv Jetzt wurde es eng im Rathausanbau. 50 in Koblenz nachzulesen sind. Besonders und mehr Kinder in den teils jahrgangs- kritisch war er gegenüber den jüdischen übergreifenden Klassen waren zu viel. Elementarschulen. So bezeichnetet er Am 1. Oktober 1887 konnten endlich die z.B. die jüdische Schule in der Marum- in einem ersten Bauabschnitt errichteten straße als „Winkelschule“, die dringender vier Klassenräume in der Steinhardter Reformen bedürfe. 1848 legte er empört Straße in Betrieb genommen werden, das Amt des Schulinspektors nieder, zwei Klassen verblieben noch am heu- die Lehrer waren ihm zu aufmüpfig und tigen Denkmalplatz. 1895 war die neue revolutionskonform. Intern wurde be- Volksschule um vier Klassenräume er- kannt, dass ihm die Fahrten mit einer weitert worden und alle Kinder konnten Kutsche wegen seiner Körperbehinde- aus dem Rathausanbau ausziehen. Die rung zu teuer waren. Das rechnete sich Verwaltung brauchte die dortigen Räu- nicht. Da schrieb er schon lieber seine me dringend. 1903 erhielt die evangeli- populäre und einträgliche „Spinnstube“. sche Volksschule mit Lehrer Viehmann Sein Nachfolger wurde Pfarrer Wilhelm den ersten Rektor, der gleichzeitig Lo- Bassmann aus Waldböckelheim. kalschulinspektor wurde. Die örtlichen Die örtliche Schulinspektion blieb aber Geistlichen hatten nun nur noch ein Mit- weiterhin vorerst für alle Konfessionen spracherecht bei Neueinstellungen und Evangelische Schule Steinhardter Straße; Rektor Viehmann mit seinen Schülern bei dem konservativen Wilhelm Oer- Beförderungen von Lehrkräften. 1905

295 296 Der Indoktrination der Kinder waren nun lich durch fast alle Bürger unterstützt. rung der Alliierten geschlossen worden. keine Grenzen mehr gesetzt. Hitler hat- Die wenigen Ausnahmen schüchterte Der Schulbetrieb konnte erst im Herbst te es in „Mein Kampf“ so formuliert und man ein oder ergriff härtere Maßnah- 1945 wieder aufgenommen werden. als Maxime vorgegeben: „Die gesamte men gegen sie. Noch in den 50er Jahren Der Unterricht wurde wieder in zwei ge- Bildungs- und Erziehungsarbeit des völ- waberten Teile der NS-Gesinnung durch trennten Volksschulen aufgenommen. kischen Staates muss ihre Krönung darin die Schulen. Den Sportunterricht z.B. er- Die katholische Volksschule bekam ihr finden, dass sie den Rassesinn und das lebten wir als Schüler in dieser Zeit als Gebäude in der Malteserstraße zurück, Rassegefühl instinkt- und verstandes- vormilitärische Ausbildung. in der Steinhardterstraße entstand die mäßig in Herz und Gehirn der ihr anver- Rektor der neuen Gemeinschaftsschule „Paritätische Volksschule“, die von Kin- trauten Jugend hineinbrennt.“ wurde Rudolf Schneider, den man 1945 dern aller Konfessionen besucht werden Auch gemäß einer Reform von 1934 soll- im Zuge der Entnazifizierung zwangs- konnte. Die Verhandlungen mit den drei ten die Schulen die Jugend im Dienste pensionierte und der nie wieder in den verschiedenen evangelischen Landes- kirchen in der französischen Besatzungs- der Nation und im nationalsozialistischen Dienst kam, was auf seine „Verdienste“ der Mannschaftsverpflegung genutzt zone hatten zu dieser Zwischenlösung Geist erziehen. Die Lehrkräfte mussten im III. Reich schließen lässt. Sein Stell- worden. Diese Tatsache diente später geführt. Erst die neue Landesverfassung bzw. sollten natürlich auch zu Vermitt- vertreter war Konrektor Erwin Giers, auch als Ausrede, dass die Schulchronik vom 18. Mai 1947 forderte im Artikel 29: lern dieser Geisteshaltung ausgebildet der 1945 zusammen mit Hermann Jo- aus der Zeit des III. Reichs verschwunden „Die Bekenntnis- und Simultanschulen, werden. Reichsweit besuchten zwei sef Marx die Übergabe der Stadt an blieb. Wir müssen uns heute auf Auf- die vor 1933 bestanden, sind aufrechtzu- Drittel aller Lehrer Ausbildungslager, wo die Amerikaner ermöglichte und eine zeichnungen stützen, die nach Kriegs- erhalten oder wiederherzustellen.“ Also sie durch körperliche und ideologische Beschießung Sobernheims verhindern ende entstanden und damals noch von wurde die Steinhardter Straße 1950 wie- Übungen ausgerichtet wurden. Dies konnte. Von September 1944 an waren den Schulräten abgesegnet wurden. Ihre der zur evangelischen Volksschule. prägte für Jahrzehnte. Der neue Zeitgeist die Schulen im linken Rheinland wegen vorsichtigen Formulierungen müssen Große Verdienste um den Wiederauf- wurde schließlich toleriert und letztend- erhöhter Gefahr durch die Bombardie- heute gegen den Strich gelesen werden, bau eines geordneten Volksschulwesens um der Wahrheit näher zu kommen. Es unserer Stadt erwarb sich der Sozialde- gibt in Rheinland-Pfalz nur einige Aus- mokrat und Schulrat Dr. Jakob Herrmann, nahmen von erhaltenen und bekannten der auch als städtischer Beigeordneter Chroniken der Jahre 1933 – 1945. sehr tatkräftig für die Linderung der Räumlich war es auch sehr eng, denn Wohnungsnot der ersten Nachkriegs- beide Volksschulen hatten auch Platz jahre sorgte. In seiner Eigenschaft als für die Berufsschule vorzuhalten. Die Kirchmeister der Evangelischen Gemein- evangelische Volksschule stellte einen de und Mitglied der Synode kämpfte er Klassenraum, einen ausgebauten Gie- vehement dafür, dass die Schule wieder belraum und den Flur davor für Kochge- eine evangelische Schule wurde. legenheiten zur Verfügung. Außerdem war die Personaldecke sehr dünn, da vie- Dr. Jakob Herrmann le belastete Lehrkräfte bis zu vier Jahre Die äußeren Bedingungen bei der Auf- zum Dienst nicht zugelassen waren. Als nahme des Schulbetriebs waren mehr ich selbst 1950 in das erste Schuljahr der als sehr bescheiden, denn zwischen- evangelischen Volksschule kam, gab es zeitlich hatte das Schulgebäude als Sol- Klassenfoto von 1894 vor dem Eingang der evangelischen Volksschule. Das Foto belegt, dass zuerst drei Lehrer mit Vergangenheit. Der da- datenunterkunft dienen müssen, das die linke Hälfte gebaut wurde. Im Hintergrund rechts ein erstes Haus der Hüttenbergstraße („Her- malige Rektor war Fritz Daum, der im III. Mobiliar war größtenteils zum Kochen berge zur Heimath“). Reich zwangspensioniert war, weil er die 297 298 zum evangelischen Glauben konvertier- sen mit damals 26 Klassenräumen und Schulen te Jüdin Lydia Metzler geheiratet hatte. zusätzlichen Fachräumen. Im August » die katholische volksschule Die beiden Lehrkräfte Heinz Collet und 1965 konnten hier die evangelische und mein Klassenlehrer Fritz Müller hatten katholische Volksschule einziehen. 1966 ihren Dienst nach der Zwangspause als wurde das 9. Schuljahr für alle Volks- belastete Lehrkräfte gerade erst wieder schulen verbindlich und nach und nach antreten dürfen. kamen jetzt die Oberstufen der umlie- Als weitere Erschwernis kam hinzu, dass genden Orte nach Sobernheim. die Einschulung vom Herbst auf das Der nächste Schritt war die Hauptschu- Frühjahr mit einem Langschuljahr umge- le als christliche Gemeinschaftsschule. stellt wurde. So gingen also im Frühjahr Das ging nicht ohne Streit ab. Beson- 1950 ca. 90 Erstklässler zur Schule, für ders die katholische Elternschaft woll- die man eine Mädchen- und eine Jun- te an der Bekenntnisschule festhalten. genklasse bildete. 1957 hat man dann Gleichzeitig war dies mit der Abkopp- auf Betreiben der Wirtschaft, der die lung der Grundschule verbunden. 1969 Lehrlinge fehlten, alle Schüler mit guten stellte sich die Schulsituation so dar: Im Noten bereits nach der 7. Klasse aus der Zentrum Münchwiesen gab es nun drei Volksschule entlassen. Schulen. 1.) eine große Hauptschule als Ein bleibendes Thema aller Sobernheimer christliche Gemeinschaftsschule, 2.) eine Schulen war die Schulraumnot. Während kleine Hauptschule als katholische Be- die katholische Volksschule auf die Mal- kenntnisschule und 3.) eine Grundschu- Katholische Volksschule rechts, evangelische Volksschule links teserkapelle und einen alten Schulsaal le als katholische Bekenntnisschule, die im Rathaus auswich, verschaffte sich organisatorisch mit der katholischen Nach der Neugründung der katholischen und Heinrich, an die heute noch eine Ge- die evangelische Volksschule Luft durch Hauptschule verbunden war. Außerdem Pfarrei im Jahre 1664 unterrichtete man denktafel erinnert, welche ursprünglich wechselnden Nachmittagsunterricht. hatte man in der inzwischen renovierten die wenigen katholi-schen Kinder in der am Schulhaus angebracht war. Seit 2013 1953 konnten die hauswirtschaftlichen Steinhardter Straße eine Grundschule als Malteser-Komturei, bis 1709 am Standort hängt sie an der Ostseite der benachbar- Klassen der Berufsschule in den Küchen- evangelische Bekenntnisschule einge- der ehemaligen Beginenklause (heute: ten Malteserkapelle. Im Schulleiteramt trakt des renovierten und erweiterten richtet. Diese Bekenntnisschulen hatten Kriegerdenkmal an der Igelsbachstraße) folgte Peter Rickus. Dieser engagierte Kaisersaals in der Kreuzstraße ziehen. keinen langen Bestand. Die Landesre- ein Schulgebäude aus Bruchsteinen mit sich im Sobernheimer Verschönerungs- einem Fachwerkober-geschoss und Öko- verein, so dass die 1907 erbaute Hütte 1956 war dann die neue Berufsschule in gierung beendete schon 1970 die Zer- nomiegebäuden für den Lehrer errichtet in der vom Verein geschaffenen Grünan- der MeddersheimerStraße bezugsfertig splitterung. Die Hauptschulen fasste man wurde. lage am Nohfels nach ihm „Rickus-Ruh“ und die evangelische Volksschule ge- zusammen und auch die Grundschulen 1837/38 ließ die Stadt ein neues ka- benannt wurde. Ihm folgte kurz vor der wann einen weiteren Klassenraum. wurden zu simultanen Schulen nach tholisches Schulgebäude zwischen der Jahrhundertwende Johannes Zelter. Ende Im November 1961 wurde Sobernheim fest umrissenen Stadtbezirken: Grund- Herren- und Malteserstraße (heute: des 19. Jahrhunderts musste wegen der Garnisonsstadt mit einer großen Bun- schule I in der Steinhardter Straße unter Ärztehaus) erbauen, das zwei Klassen- gestiegenen Schülerzahl eine dritte deswehrsiedlung für junge Familien. Rektor Collet, Grundschule II im Zent- räume und zwei Lehrerdienstwohnun- Lehrerstelle eingerichtet werden. 1906 Das gleichzeitige Bemühen der Landes- rum Münchwiesen unter Rektor Nagel. gen beherbergte. Mitte des Jahrhunderts besuchten 323 Schülerinnen und Schüler Das war dann das Ende konfessioneller regierung um Mittelpunktschulen, die wohnte hier Johannes Baptist Wiltberger, die evangelische Volksschule, 187 die ka- die wenig oder gar nicht gegliederten Schulen in Sobernheim. der das Schulleiteramt von seinem Va- tholische und 56 die Fortbildungsschule. Dorfschulen ablösen sollten, führte zum ter Johann Joseph übernommen hatte. Er Im 20. Jahrhundert waren in dem Schul- Neubau des Schulzentrums Münchwie- Hans Eberhard Berkemann war der Vater der Komponisten August gebäude vier Klassenräume, ein kleines 299 300 zur Verfügung. Hinzu kam, dass die Be- rufsschule weiterhin zwei Klassenräume für sich bean-spruchte. Notgedrungen mussten im wöchentlichen Wechsel je zwei Klassen vormittags und die bei-den anderen nachmittags unterrichtet wer- den. Als die Berufsschule Ostern 1949 zunächst einen Raum und im September 1952 auch den zweiten räumte, stand zwar die notwendige Anzahl von Räu- men zur Verfügung, doch war durch die ständig steigende Schülerzahl die Klas- senstärke Mitte der 50er Jahre im Durch- Arbeitszimmer für den Schulleiter und schnitt auf 50 angestiegen. Dem trug eine Dachkammer für die Lehrmittel un- die Schulbehörde durch Schaffung einer tergebracht. Nachdem 1933 Hauptlehrer 5. Lehrerstelle im Jahre 1961 und einer Jakob Marx, der seit 1905 die Schule leite- weiteren im Folgejahr Rechnung, ohne te, von den Nationalsozialisten zwangs- jedoch wegen des gravierenden Lehrer- Umzug nach Münchwiesen (1965) pensioniert worden war, wurde die Schu- mangels diese Stellen auch zu besetzen. le dreiklassig weitergeführt, bis man sie Man bildete eine sogenannte Schlepp- stand noch bis zum Jahre 1972. An seiner nellen Zug zu. Von dieser Möglich-keit im Oktober 1937 mit der evangelischen klasse, die von den übrigen Lehrkräften Stelle errichtete man 1981 ein Ärztehaus machten die Katholiken Sobernheims Volksschule zu einer Simultanschule mitbetreut wurde, und reaktivierte einen („Malteserhaus“). Gebrauch. Sie bekamen trotz einer recht vereinigte und in deren Gebäude an der pensionierten Hauptlehrer. Die fünf-te Gleichzeitig mit dem Umzug in den Neu- massiven und brei-ten Gegenwehr die Steinhardter Straße integrierte. Rektor Klasse wurde in der Malteserkapelle und bau vollzog sich eine landesweite Um- notwendige Stimmenzahl, nicht zuletzt der neuen Gemeinschaftsschule war bis die sechste im alten Rathaus unterge- strukturierung des Schulwesens. Die über wegen der Eltern aus der fast rein katho- zu seiner Zwangspensionierung im Zuge bracht. Im Jahre 1958 übernahm Haupt- die Dörfer verstreuten Zwergschulen lischen Gemeinde Lauschied. So gehörte der Entnazifizierung Rudolf Schneider. lehrer Klaus Berwanger die Schulleitung. wurden zu Mittelpunktschulen zusam- Sobernheim zu den wenigen Ausnahmen Ab April 1938 bezog die Sobernheimer Als Sobernheim 1962 Garnisonsstadt mengefasst. Von 1966 an besuchten die des Landes, wo eine konfessionelle Ein- Berufsschule das katholische Schulge- wurde und man für die Bundeswehrfami- katholischen Kinder aus den umliegen- richtung weiter existierte. Es entstand bäude, bis im September 1944 der Schul- lien eine ganze Siedlung errichtete, ließ den Orten ab der 5. Klasse die Volksschu- eine einzügige (nur im 2. und 6. Schul- unterricht im linksseitigen Rheinland we- sich der schon seit vielen Jahren gefor- le in Sobernheim, deren Schülerzahl auch jahr zweizügige) verbundene katholi- gen erhöhter Bombengefahr vollständig derte Schulneubau nicht mehr aufschie- wegen der Bundeswehrkinder bis 1968 sche Grund- und Hauptschule, in der 388 eingestellt wurde. ben. So entstand in Münchwiesen das auf 374 angewachsen war. Es entstand Schülerinnen und Schüler unterrichtet Nach Kriegsende richtete man im Herbst damals größte Schulgebäude von Rhein- eine neunklassige Mittelpunktschule mit wurden. Der Schule wies man 15 Lehrer- 1945 wieder die Konfessionsschulen ein land-Pfalz, das im August 1965 von bei- Rektor und Konrektor. planstellen und zusätzlich eine techni- und übertrug die Leitung dem Hauptleh- den Sobernheimer Volksschulen in Besitz Mit der geplanten Abschaffung der Kon- sche Lehr-kraft zu. Im Frühjahr 1970 zog rer Karl Gregorius. Das katholische Schul- genommen wurde. Die Katholiken beka- fessionsschulen wollte man 1969 beide die Landesregierung die Ausnahmerege- gebäude überstand zwar die Kriegs-zeit men den kleineren Osttrakt zugewiesen. konfessionellen Mit-telpunktschulen zu lung für Konfessionsschulen wieder zu- unversehrt, hatte aber durch häufige Hauptlehrer Berwanger wurde 1966 zum einer simultanen Hauptschule verei- rück. Somit wurde die katholische Schule und rasch wechselnde Einquartierungen Rektor befördert und, nach-dem er zwei nigen. Das Schulgesetz ließ jedoch in im Sommer desselben Jahres endgültig in den Jahren 1944/45 den Großteil des Jahre später in den Ruhestand trat, von dreizügi-gen Hauptschulen bei entspre- aufgelöst. Mobiliars eingebüßt. So standen den Werner Nagel abgelöst. Das ehemali- chendem Elternwille einen konfessio- Gottfried Kneib 186 Schulkindern nur noch 126 Sitzplätze ge Schulgebäude in der Malteserstraße 301 302 Schulen » jüdischer unterricht und jüdische lehrer

dem Einsetzen der allgemeinen Schul- pflicht, bildete sich ein zweigeteiltes System von Elementarschulen und Haus- lehrern aus. Größere Gemeinden konn- ten geprüfte Lehrer einstellen, freilich zu Hungerlöhnen, was einen Nebener- werb der Lehrkräfte bedingte. Vermö- gende Familien engagierten Hauslehrer. Ab 1816 gab es in Sobernheim in der Ma- Anzeigen zur Nebentätigkeit der jüdischen Lehrer im Sobernheimer Intelligenz-Blatt 1876 und 1894 rumstraße 20 im Haus der Familie Werner eine sogenannte Judenschule, eine Kom- Die Juden, das Volk der Schrift und des dienste gehalten. Es ist aber wahrschein- bination von Schule und Gebetsraum. Buches, waren von jeher bemüht, ihren lich, dass die Familien Abraham Wolf und Unter der Woche fand Unterricht statt, Kindern eine gute Ausbildung angedei- August Jacob Wolff (später Loeb) schon freitags und samstags wurden Gottes- hen zu lassen, was meistens die Aufgabe vorher jeweils einen Hauslehrer beschäf- dienste gehalten. Es ist aber wahrschein- der Frauen war. Je nach dem Land ihres tigten, die in den Büchern als Büroange- lich, dass die Familien Abraham Wolf und Aufenthalts bedeutete das auch Zwei- stellte ausgewiesen wurden. So war es August Jacob Wolff (später Loeb) schon sprachigkeit. Religionsunterricht und auch in der Waldböckelheimer Familie vorher jeweils einen Hauslehrer beschäf- Gottesdienste waren immer mit der he- Marum nachweislich üblich. Man hat- tigten, die in den Büchern als Büroange- bräischen Sprache und Schrift verbunden. te damit zwei Funktionen vereint: Einen In Deutschland gab es jahrhundertelang Lehrer für die Kinder, und evtl. auch für Marumstraße 20 nach dem 2.Weltkrieg – Jüdi- stellte ausgewiesen wurden. So war es scher Gebets- und Schulraum bis 1858 im Ober- auch in der Waldböckelheimer Familie also die Verbindung zwischen Religions- die befreundeter Familien, und gleich- geschoss, später Gemeindehaus mit Schulstube, Marum nachweislich üblich. Man hat- unterricht und Elementarunterricht, was zeitig eine schreib- und rechenkundi- Krankenstube und Lehrerwohnung te damit zwei Funktionen vereint: Einen sich zunächst in der Familie abspielte. ge Buchführungskraft für das Geschäft. Lehrer für die Kinder, und evtl. auch für Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, mit Die Juden, das Volk der Schrift und des die befreundeter Familien, und gleich- dem Einsetzen der allgemeinen Schul- Über die allerersten Lehrer der jüdi- Buches, waren von jeher bemüht, ihren zeitig eine schreib- und rechenkundi- pflicht, bildete sich ein zweigeteiltes schen Gemeinde von Sobernheim ist Kindern eine gute Ausbildung angedei- ge Buchführungskraft für das Geschäft. System von Elementarschulen und Haus- wenig bekannt. Die Nachrichten setzen hen zu lassen, was meistens die Aufgabe lehrern aus. Größere Gemeinden konn- 1834 mit Jacob Furchheim ein, 1840 wird der Frauen war. Je nach dem Land ihres Über die allerersten Lehrer der jüdi- ten geprüfte Lehrer einstellen, freilich Lion Gunzenhaeuser aus Trier genannt, Aufenthalts bedeutete das auch Zwei- schen Gemeinde von Sobernheim ist zu Hungerlöhnen, was einen Nebener- 1841 der „Aspirant“ Levy Frankfurter sprachigkeit. Religionsunterricht und wenig bekannt. Die Nachrichten setzen werb der Lehrkräfte bedingte. Vermö- und 1842 David Sternberg. Allein die- Gottesdienste waren immer mit der he- 1834 mit Jacob Furchheim ein, 1840 wird gende Familien engagierten Hauslehrer. se vier Lehrkräfte zeigen den häufigen bräischen Sprache und Schrift verbunden. Lion Gunzenhaeuser aus Trier genannt, Ab 1816 gab es in Sobernheim in der Ma- Wechsel, dazwischen lagen manchmal In Deutschland gab es jahrhundertelang 1841 der „Aspirant“ Levy Frankfurter rumstraße 20 im Haus der Familie Werner längere Vakanzen. Die Stellen wurden also die Verbindung zwischen Religions- und 1842 David Sternberg. Allein die- eine sogenannte Judenschule, eine Kom- in jüdischen Wochenzeitungen ausge- unterricht und Elementarunterricht, was se vier Lehrkräfte zeigen den häufigen bination von Schule und Gebetsraum. schrieben und die jeweiligen Bewerber sich zunächst in der Familie abspielte. Wechsel, dazwischen lagen manchmal Unter der Woche fand Unterricht statt, waren vom Wohlwollen des Gemein- Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, mit längere Vakanzen. Die Stellen wurden freitags und samstags wurden Gottes- devorstands abhängig. Die Bezahlung

303 304 war erbärmlich, die Lehrer auf einen für die „Allgemeine Zeitung des Juden- Nebenerwerb als Händler oder Hand- tums“, wo er 1858 unter dem Pseudo- werker angewiesen. An die Gründung nym „Maurermeister S. Hadra“ einen einer Familie war oft nicht zu denken. schwungvollen Artikel zur Synagogen- Zwei Lehrerpersönlichkeiten prägten das einweihung verfasste, in dem er zweimal Berufsbild in Sobernheim. Der erste war seinen Namen und seine Funktion beton- Alexander Kahn, der 1855 im Alter von 35 te (Oertel lässt grüßen!). Heute sind wir Jahren nach Sobernheim kam. Er brach- allerdings dankbar für diese geschicht- te als Nebenerwerb die Möglichkeit der liche Quelle. Insgesamt scheint das Ur- Internatsschule mit. Knaben aus entfern- teil von Heinrich Marum zuzutreffen, teren Orten bekamen bei ihm Kost und dass er mit Geld nicht umgehen konnte. Logis und konnten so ihrer Schulpflicht 1861 stellt Isaac Werner die Schule auf nachkommen bzw. die Höhere Schule am eine bessere finanzielle Grundlage, in- Ort besuchen. Mindestens einen Schüler dem er sein Haus Marumstraße 20 der 90.Geburtstag von Isidor Ostermann am 2.3.1924 in Sobernheim,Wilhelmstraße3, Lehrer und Kan- brachte er gleich mit: Raphael Hesse aus Gemeinde vor seinem Wegzug aus tor Simon Behrendt in der hinteren Reihe 5.von links Werl. Dieser blieb auch später in Sobern- Sobernheim schenkte. Somit konnte im drohte er der Gemeinde mit Wegzug, um Österreicher aus Marbach an der Donau heim und seine beiden Söhne arbeiteten Erdgeschoss eine Lehrerwohnung einge- Gehaltsverbesserungen zu erreichen. Mal hatte eine wissenschaftliche Ausbildung als Kaufleute hier. Rudolf Hesse fiel 1917 richtet werden, im Obergeschoss fanden wollte er nach Mainz, mal nach Bonn, und war somit auch von Anfang an Re- im I. Weltkrieg in Frankreich bei Laon, die Schulstube und eine Krankenstube sogar sein Haus annoncierte er wegen ligionslehrer an der Höheren Schule. Für Gustav Hesse war ein glühender Felkia- für bedürftige Mitglieder der Gemeinde Wegzugs in der Lokalzeitung. Erreicht Volksschüler hielt er den Religionsunter- ner und schrieb auch heimatgeschicht- Platz. 1872 zerstörte ein Großbrand in hat er dabei wenig, zumal sein Unterricht richt nachmittags in der Schule der Stein- liche Verse, selbst später noch in USA. der Marumstraße zumindest das Ober- und seine „Geschäfte“ häufig kritisiert hardter Straße, da das Gemeindehaus in Etwa die Hälfte seiner Schüler, die Klas- geschoss völlig, es wird aber mit einer wurden. Schließlich zogen die Eltern die der Marumstraße inzwischen vermietet senstärke lag zwischen 20 und 30 Kin- großzügigeren Schulstube wiederer- differenzierter ausgebaute evangelische war. Die Internatstradition seines Vorgän- dern, waren seine Internatsschüler und richtet. Mit großem Aufwand feierte Volksschule seinem „Einklass-Institut“ gers setzte er fort, spezialisierte sich aber bedeuteten für ihn Nebenverdienst. er 1869 sein 25jähriger Dienstjubiläum vor und er verließ zum Jahresende 1884 verstärkt auf Schüler des Progymnasiums. Als Referenz gab er in werbenden Zei- und verbreitete es anschließend auch im Zorn und mit Schulden die Stadt. Dar- Als geselliger Mensch war er fester Be- tungsannoncen Mitglieder des Gemein- in der Wochenzeitung „Der Israelit“. aufhin wurde die jüdische Elementarschu- standteil der Feste und Feiern jüdischer devorstands und sogar Wilhelm Oertel 1877 brachte er bei R. Voigtländer in le geschlossen. 1886 taucht Alexander Familien. Überliefert ist ein Foto des 90. unter seinem deutschlandweit bekann- Kreuznach eine überarbeitete und erwei- Kahn dann bei der Synagogeneinweihung Geburtstags von Isidor Ostermann, wo ten Pseudonym W. O. von Horn an. Au- terte Neuausgabe des bekannten Werks von Oberwesel als „diensttuender Lehrer er neben dem Jubilar den zweiten Mit- ßerdem war Alexander Kahn gleichzeitig „Dr. Emanuel Hecht`s Übersetzungsleh- und Institutsinhaber“ wieder auf, gemäß telpunkt bildet. Man sieht ihm die Volks- der Kantor der Gemeinde und gestal- rer“ heraus. Dies war ein methodisches einem selbstverfassten Zeitungsartikel. tümlichkeit und Gemütlichkeit förmlich tete die Gottesdienste, wozu auch die Hilfsmittel zum Übersetzen des Penta- Mehrere seiner Kinder waren danach noch an. Im Archiv des Fördervereins Synago- Leitung eines Chores gehörte. Dieses teuchs und der Pessach-Hagadah sowie als Kaufleute in Sobernheim tätig. Mindes- ge wird auch sein Hochzeitsgeschenk von System war so erfolgreich, dass er ein der Bücher Esther, Ruth und Echa. Im tens vier Nachfahren wurden Opfer des Ho- 1906 an Amelie und Alfred Marum ver- eigenes Haus in der Marumstraße hat- Anhang war von ihm auch eine 53seiti- locaust in Theresienstadt und Majdanek. wahrt, ein Gebetbuch für alle Tage des te, das zwar belastet war, aber er konn- ge hebräische Grammatik zu finden, auf Die zweite bedeutende Lehrerpersönlich- Jahres mit ausführlicher Widmung, bei- te seine neunköpfige Familie ernähren. den schulischen Gebrauch zugeschnitten. keit war der Kantor und israelitische Re- de waren ja seine Schüler gewesen und Trotz seiner 30jährigen Amtszeit in ligionslehrer Simon Berendt, der 34 Jahre, wurden auch von ihm getraut. Er wusste, Auch ließ er nichts unversucht. Zeilen- Sobernheim blieb Alexander Kahn immer von 1890 bis 1924, der jüdischen Gemein- was er seinen Förderern schuldig war. geld verdiente er sich als Mitarbeiter eine schwierige Persönlichkeit. Mehrfach de in Sobernheim diente. Der gebürtige Mit 59 Jahren verabschiedete er sich

305 306 1924, hoch geehrt, nach Wiesbaden. An- November 1938 keine Schule mehr be- Schulen schließend ist er von 1925 bis mindestens suchen. In Sobernheim betraf das vier » höhere töchterschule 1929 in Veitshöchheim, Kreis Würzburg, Schüler, Hans Hermann Feibelmann und tätig gewesen. Seine letzten Jahre ver- seinen Vetter Hans Aufhäuser sowie Lu- brachte er in Bad Ems in einem jüdischen cie und Leo Metzler, die die Höhere Schu- Lehreraltersheim. le besuchten. Franziska Ostermann (Dr. Neben der Höheren Schule (für Knaben) Hauswirtschaftliche Fähigkeiten erwarb Nach Herrn Berendt gab es in der jüdi- Frances Henry) besuchte die jüdische Pri- gab es in Sobernheim ab dem letzten man anschließend in Pensionaten. schen Gemeinde nur noch Lehrer mit kur- vatschule in Bad Kreuznach. Unter aben- Drittel des 19. Jahrhunderts auch eine In den Akten des Rathauses hat sich ein zen Amtszeiten. Nachweisbar sind Julius teuerlichen Umständen gelang glückli- Höhere Töchterschule, ähnlich wie in „Situationsplan“ (Grundriss) des 1. Ober- Katzenstein aus Marienhagen (bis 1927), cherweise diesen Kindern die Flucht ins Bingen oder der Engelmannschen Schule geschosses des Rathauses erhalten, der Felix Moses aus Greifenhagen (bis 1933), Ausland. Eugen Feibelmann hatte bereits in Bad Kreuznach. Entstanden sind die- nach 1879 angefertigt wurde, in dem der Sobernheim fluchtartig verließ und 1936 Selbstmord begangen, seine Frau se Schulen nach dem Prinzip der katho- zwei Räume (20 und 28 Quadratmeter) Dr. Lorge, einem pensionierten Studien- und seine Schwiegermutter wurden von lischen Töchterinstitute der Englischen der Höheren Töchterschule eingetragen rat aus Mainz, der nur tageweise nach Köln aus nach Riga deportiert und er- Fräulein. Sie bauten auf den Volksschu- sind. Ansonsten gibt es keine Akten zu Sobernheim kam. Von Felix Moses ist mordet. Ernst Metzler ermordete man len auf und endeten etwa mit dem 15. dieser Schule, die bis 1914 eine private überliefert, dass er auch für den Religi- 1938 in Dachau und seine Frau Gertrud bis 16. Lebensjahr. Ihnen fehlte die stu- Einrichtung war. Einige Nachrichten kön- onsunterricht in Staudernheim und Mei- Metzler wurde 1942 von Sobernheim diumsvorbereitende Oberstufe. Der an- nen wir dem „Sobernheimer Intelligenz- senheim zuständig war. Mit ihm hatten aus deportiert und in Lublin ermordet. schließende Besuch eines Lehrerinnen- Blatt“ entnehmen. So auch die Tatsache, später die Familien Hesse und Marum Hans Eberhard Berkemann seminars war lange Jahre die einzige dass die Schule auf Betreiben der Schul- noch Kontakt in New York, Frau Dr. Henry Möglichkeit einer Berufsausbildung. An- aufsichtsbehörde im Frühjahr 1914 von erwähnt ihn in ihrem Buch, sie verfrem- sonsten wurden so gebildete zukünftige der Stadt übernommen wurde, was den dete die Namen, als Lehrer Abraham. Hausfrauen gehobener Schichten unter- ständigen Wechsel der Lehrpersonen Nachdem die Ausgrenzungen und An- richtet nach den Lehrplänen der späteren vermeiden und zu einer angemessene- feindungen jüdischer Kinder in den öf- Lyzeen. Es fehlten die alten Sprachen ren Besoldung führen sollte. Ihre lang- fentlichen Schulen in den 30er Jahren zu- und höhere Mathematik, dafür waren jährige Leiterin war Fräulein Anna Kreu- nahmen, Hans Hermann Feibelmann bzw. die musischen Fächer stärker vertreten. scher aus Lauschied. Chanan Peled berichtet darüber in seinen Erinnerungen, durften sie nach dem 9.

Raumplan Rathaus 1.Obergeschoss – oben die beiden Räume der Höheren Töchterschule

307 308 Die Schule bestand aus vier Jahrgängen, jetzt „Realschule“ genannten Einrichtung Schulen in zwei Klassen zusammengefasst, mit aufgenommen werden dürften. Voraus- » die hauptschule insgesamt ca. 40 bis 50 Schülerinnen. Sie setzung war allerdings, dass die Zukunft erfreute sich einer gewissen Beliebtheit der Lehrkräfte der Höheren Töchter- bei den Eltern, die ein nicht unerhebli- schule gesichert wäre, deren Auflösung ches Schulgeld aufbringen mussten. Auf vorherzusehen war. Außerdem sollte dem einzigen erhaltenen Foto blicken ein getrennter Sportunterricht und in die Schülerinnen mit einem gewissen der Unterstufe „Nadelarbeitsunterricht“ Stolz in die Kamera, wohl wissend, dass obligatorisch sein. Bei ansteigender sie zur so genannten besseren Gesell- Schülerzahl sollten auch Studienrätin- schaft gehören. Während Jungen auf nen bevorzugt eingestellt werden. Die vergleichbaren Aufnahmen ihre Wes- Mädchen waren froh, endlich aus dem ten mit den Taschenuhrketten zeigen, ewigen Provisorium im Rathaus in den präsentieren sich die Mädchen mit teil- neuzeitlichen und lichten Bau des Jahres weise aufwendigen Frisuren. 1912 in der heutigen Gymnasialstraße Nach dem I.Weltkrieg setzten die Bemü- umziehen zu können. Die Höhere Töch- hungen zur Koedukation ein und nach terschule wurde nun aufgelöst und im mehreren Anträgen aus der Elternschaft ersten gemeinsamen Schuljahr besuch- und der Schulleitung der Höheren Schule ten 124 Knaben und 41 Mädchen die Hö- Bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts Bauwerk in Besitz nehmen. Im April des (für Knaben) kam endlich am 21. April here Schule von Sobernheim. wurden die schulpflichtigen Kinder in folgenden Jahres wurden sie in Mittel- 1921 die Erlaubnis, dass Mädchen an der Hans Eberhard Berkemann „Volksschulen“ un-terrichtet. Weder die punktschulen für die umliegenden Dör- Organisationsform noch die Inhalte der fer umge-wandelt und im Dezember des Wissensvermittlung entsprachen den folgenden Jahres das 9. Schuljahr in allen gestiegenen pädagogischen Anforde- Volksschulen verbindlich eingeführt. rungen. Mit dem 1968 verabschiedeten Schulge- In Rheinland-Pfalz beschloss man, für setz wurden die konfessionellen Volks- die Klassenstufen ab dem 5. Schuljahr schulen durch simultane Grund- und möglichst viele Mittel-punktschulen zu Hauptschulen ersetzt. Man gestattete schaffen, in denen jede Stufe getrennt allerdings bei entsprechendem Eltern- unterrichtet werden konnte. In Sobern- votum auch die Bildung von konfessi- heim ent-stand daraufhin in den Jahren onellen Zweigen. Sobernheim zählte 1962 bis 1965 in Münchwiesen der da- zu den wenigen Schulstandorten, wo mals größte Schulhausneubau in Rhein- man von dieser Möglichkeit Gebrauch land-Pfalz. Der vom Koblenzer Architek- machte. Eine Elternbefragung führte zur ten Klein entworfene Gebäudekomplex Bildung einer dreizügigen christlichen war für die Un-terweisung von 1.124 Gemeinschaftsschule und daneben zur Kindern in 26 Klassen ausgelegt. Hinzu Einrichtung eines katholischen Haupt- kamen noch die erforderlichen Fach- schulzweiges. Dieser wurde in die neu räume. geschaffene verbundene katholische Die „Höheren Töchter“, Klassenfoto kurz vor dem 1.Weltkrieg, 1965 konnten die beiden konfessio- Grund- und Hauptschule integriert. Bei- ganz links Frieda Giloi, geborene Dhonau nellen Volksschulen das fertiggestellte de Schulen brachte man im Gebäude- 309 310 komplex Münchwiesen unter. Die evan- der Mainzer Landtag die Abschaffung Volksschule als Bildungsziel den Erwerb bens. Selbstredend gab es hier die ge- gelische Grundschule musste in ihr altes der öffentlichen Konfessionsschulen in der Berufsreife, wobei bei den Haupt- setzlich veran-kerte Schülervertretung Gebäude an der Steinhardter Straße aus- Rheinland-Pfalz. Somit besuchten ab schülern vor allem an die Heranführung (SV). Darüber hinaus hielten die Schüler weichen. dem Schuljahr 1970/71 alle Hauptschü- an Lehrberufe gedacht war. ihre Schulanlage sauber, sorgten für eine Mit Beginn des Schuljahres 1969/70 be- ler gemeinsam eine christliche Gemein- Die größeren Schulen ermöglichten ein ansprechende Gestaltung ihres Schul- gann die Arbeit an den beiden Haupt- schaftsschule. Die Schülerzahl wuchs breiteres Bildungsangebot, den Einsatz gebäudes und entlasteten die Lehrer schulen. Die dreizügige Christliche durch den Zu-sammenschluss auf 689 von Fachlehrern und die Durchführung bei den Aufsichtspflich-ten. Besonders Gemeinschaftsschule besuchten 499 und ermöglichte eine vierzügige Unter- von Differenzierungen nach Begabun- bemerkenswert ist, dass die Sobernhei- Schülerinnen und Schüler. Die Leitung richtsorganisation. Die Anzahl der Lehr- gen. Nur in ihnen konnten die hierfür mer Hauptschule zu den ersten Schulen der neuen Bil-dungsanstalt wurde der personen hatte inzwischen, wenn man notwen-digen Fachräume mit entspre- des Lan-des Rheinland-Pfalz zählte, in zur Rektorin ernannten Luise Rothen- die drei geistlichen Religionslehrer hin- chender Ausstattung eingerichtet wer- welchen Schüler als ausgebildete Streit- berger übertragen. In der einzügigen zurechnet, die 30er Marke überschritten. den. Auch die Unterrichtsmethoden schlichter tätig wurden und ei-gen- ka-tholischen Grund- und Hauptschule Im Jahre 1972 wurden die Schulbezirke wandelten sich. Das Wissen wurde nun ständig Konflikte zwischen Mitschülern wurden unter Leitung von Werner Nagel der Hauptschulen den neu geschaffenen lernzielorientiert vermittelt. Neue Me- lösten. Außerdem durfte hier das ers- 388 Schülerinnen und Schüler unterrich- Verbandsgemeinden angeglichen. dien wie moderne Ton- und Bildträger te freiwillige 10. Schuljahr im mittle- tet. Am Ende des Schuljahres beschloss Die Hauptschule übernahm von der (später auch Computer), welche ständig ren Nahegebiet eingerichtet werden. mit den technischen Errungenschaften Schritt hielten, kamen zum Einsatz. Die- Neben den genannten Erfolgen gab es se Neuorientierung gelang sehr rasch, da natürlich auch Widrigkeiten. Besonders die Schule in den ersten zwei Jahrzehn- gravierend war das Missverhältnis zwi- ten ihres Bestehens als Ausbildungs- schen den zur Verfügung stehenden schule fungierte. Beim Start im Sommer Lehrkräften und der großen Schülerzahl. 1969 bestand die Hälfte des Kollegiums Dies führte zwangsläufig zur Bildung von aus Junglehrern, die nach Ablegung ih- großen Klassenverbänden. Der Höhe- rer Lehramtsprüfung sich als Mentoren punkt dieses Dilemmas wurde im Schul- den nachfolgenden Berufsanfängern zur jahr 1976/77 erreicht. Die Schülerzahl Verfügung stellten und dadurch immer überschritt die 900er Marke. Trotz zum auf dem neuesten Stand der pädagogi- Teil fünfzügigem Klassenunterricht sa- schen Wissenschaft blieben. ßen in vielen Klassen mehr als 40 Schü- Die Sobernheimer Hauptschule setz- lerinnen und Schüler. Ver-schärft wurden te bei ihrer Erziehungsarbeit besonde- die geschilderten Probleme im perso- re Schwerpunkte, die sie von anderen nellen Bereich durch die permanente Hauptschulen unterschied. Dies gilt bei- Raumnot. Mit dem Bau der Realschule spielsweise für den Unterricht und die in den Jahren 1971/72 verschärfte sich

Foto: Lehrerkollegium Hauptschule 1987 außerunterricht-lichen Aktionen in den der Platzmangel noch einmal, da man Hintere Reihe: Manfred Eckes, Kalli Büttner, 2. KR Gerd Schmitt, Hein-Ulrich Just, Gerhard Melcher, Fächern Arbeitslehre und Sport, aber das Gebäude für eine zweizügige Schule Gisela Vethake und Bernd Nickels Vorletzte Reihe: Walter Gräff, Anneliese Januschak, Peter Geib, auch in der intensiven Zusammenarbeit plante und baute, diese aber nach Fer- Herbert Staudt, Rektorin Luise Rothenberger, 1. KR Gerwald Päßler, Wolfgang Neumayer und Werner der Religionslehrer mit den Ortsgeistli- tigstellung dreizü-gig eingerichtet wur- Mielke Zweite Reihe: Heide Dhonau, Gisela Schatto, Elisabeth Scholten, Gertrud Watzka, Karl Paul, chen. Ein weiteres Sobernheimer Mar- de. Eine bauliche Erweiterung war nicht Ingeborg Khademi, Monika Paul, Renate Koloczek und Helmut Neus kenzeichen war die Betei-ligung der mehr möglich, da das Nachbargelände Vordere Reihe: Gottfried Kneib, Renate Mielke, Gila Neumayer, Waltraud Astheimer und Erich Porth Schüler an der Gestaltung des Schulle- kurz zuvor als Baugebiet ausgewiesen

311 312 worden war. Notgedrungen behalf man Die Schulleiter der Hauptschule: sich mit Provisorien, wie die Umwand- lung der Pausenhalle in Klassenräume, die Halbierung einiger Unterrichtsräume oder die Zweckentfremdung von Fach- räumen. Anfang der 80er Jahre hätte sich das Raumproblem durch die abnehmen- de Schülerzahl infolge des sogenann- ten „Pillenknicks“ von selbst aufgelöst, wären da nicht jene Grundschulklassen, weitgehend praktizierte Frontalunter- sank die Anzahl der Schüler, die in der welche immer noch im alten Schulge- Luise Rothenberger Ortrud Wendling richt wurde durch sogenannte offene vorausgehenden Epoche um die 400er bäude in der Steinhardter Straße ausge- Unterrichtsformen ergänzt. Die gesamte Marke geschwankt hatte, auf fast 300. lagert waren, nun ebenfalls in den Ge- Epoche zeichnete sich durch eine perso- Nach einem ersten gescheiterten An- bäudekomplex Münchwiesen überführt nelle Kontinuität aus. Das Lehrerkollegi- lauf im Jahre 2001 kam es im Schuljahr worden. Selbst die Aufstockung des um veränderte sich kaum. Aber auch die 2004/05 zum Start der Ganztagsschule. Realschul- und des Osttraktes, die nach Schülerzahlen hielten sich relativ stabil. Das Ganztagsangebot war freiwillig und Verzögerungen 1986 endlich bezogen Die nächste und zugleich letzte große wurde zunächst klassenübergreifend an- wer-den konnten, brachten nicht die ge- schulische Veränderung erfolgte im Zu- geboten. Später fasste man die Schüler wünschte Entlastung. sammenhang mit der Einführung der der Ganztagsschule in eigenen Klassen Im Jahre 1987 ging Rektorin Luise Ro- Ganztagsschule. Wieder ging die Neu- zusammen. thenberger in den Ruhestand. Ihre Nach- erung mit einem Wechsel in der Schul- Im Jahre 2008 beschloss das Bildungs- folgerin wurde für zwei Jahre Ortrud Heiner Hebel Jutta Allebrand leitung einher. Neue Rektorin wurde ministerium des Landes Rheinland-Pfalz, Wendling. Nach deren Weggang begann 2005 Jutta Allebrand. Gleichzeitig setzte die Haupt- und Real-schulen in soge- nach einem ganzen Schuljahr Vakanz um die Jahrtausendwende im Kollegium nannten „Realschulen plus“ zusammen- die Amts-zeit von Rektor Heiner Hebel. Was die Fächer betrifft, so wandelte sich eine Welle von Pensionierungen ein, so- zulegen. Das Schulzentrum Münchwie- Mit dem Wechsel der Schulleitung voll- das Fach Arbeitslehre am grundlegends- dass nach langer Zeit wieder junge Lehr- sen ge-hörte zu den Pionieren, welche zog sich auch ein Wandel im Sobern- ten. Die Veränderung begann mit der Ein- kräfte ihren Dienst aufnahmen. In dieser bereits im Schuljahr 2009/10 mit der heimer Hauptschulleben. Die Zahl der führung von Computern. Fester Bestand- letzten Phase der Hauptschulgeschichte neuen Schulform starteten. Schüler war innerhalb eines Jahrzehntes teil der Arbeitslehre waren von nun an um die Hälfte geschrumpft. Die zeitwei- ne-ben den traditionellen Betriebsprak- se fünfzügige Schule verkleinerte sich tika auch Besuche des Bad Kreuznacher dadurch bis zum Stand einer Drei- bis Berufsinformationszent-rums (BIZ), die Vierzügigkeit. Die Klassengrößen lagen Wahrnehmung von Angeboten zum Be- nun um die 25 Schüler. Gleichzeitig wan- werbungstraining seitens verschiedener delte sich auch das Hauptschulprofil. In Geld-institute und Krankenkassen sowie neuen Lehrplänen versuchte man, den der Berufsbörse in Kirn. Zusätzlich eta- Lernstoff zu entschlacken und gleich- blierte sich unter der Feder-führung der zeitig die Zahl der vorgeschriebenen Hauptschule auch in Bad Sobernheim Klassenarbeiten erheblich zu senken. eine Ausbildungsbörse. Auch in den übri- Nicht zufällig fiel in diese Zeit auch die gen Fä-chern kam es zu Veränderungen Abschaffung des Samstagsunterrichts. in der Didaktik und Methodik. Der bisher 313 314 Schulen bäudes, der Koblenzer Architekt Smits wurde beauftragt. Erst im April 1985 » die realschule war Baubeginn für den neuen 3. Stock . 1984 war Frau Evelyn Czybulka Kon- rektorin geworden und die Verband- Die Reformen des Schulwesens in den gig eingerichtet. 1973 besuchen schon gemeinde Bad Sobernheim hatte die 60er Jahren hatten zur Auflösung der ca. 200 Schüler/innen diese Schule. Am Schulträgerschaft übernommen. Im Ja- Volksschulen in den Dörfern geführt und 15.12.1973 gab es einen Tag der offenen nuar 1986 konnten die Realschüler das zur Bildung von Mittelpunktschulen, wo Tür, bei dem Landrat Schumm, Schulrat neue 3. Stockwerk beziehen. Es enthielt jede Klassenstufe getrennt unterrichtet Steinbach, Bürgermeister Dümmler und neben Klassenräumen auch 3 Fachräu- Walter Heinz Horst Gerber werden konnte. Außerdem wurde das 9. der Architekt Zillinger teilnahmen und me für Chemie, Biologie und Musik. Für Schuljahr verpflichtend. In Bad Sobern- die neue Schule besichtigten. 1974 be- die Aufstockung und Renovierung hatte Anfang des neuen Jahrtausends wurden heim entstand 1962-1965 ein großer suchen schon 350 Schüler/innen in 10 man etwa 1,3 Millionen DM investiert. wieder neue Schulreformen eingeleitet; Schulneubau in den Münchwiesen. Die- Klassen die Realschule, Frau Cordel wird Die beiden Fachräume für Physik blie- die Einführung von Ganztagesschulen sen Gebäudekomplex teilten sich Haupt- 1975 Schulsekretärin und bleibt es bis zu ben weiterhin im Hauptschultrakt an der stand auf der schulpolitischen Agenda. schule und Grundschule. ihrem Ruhestand. 1977 wechselt Herr Westseite des Schulkomplexes. 2001 ergab eine Elternbefragung noch 1963 trat in Rheinland-Pfalz das Re- Heinz als neuer Schulleiter zur Realschu- nicht die erforderlichen Anmeldezahlen, alschulgesetz in Kraft. Das Bildungs- le Bad Kreuznach, Konrektor Mayer leitet 1990 wurde zu ersten Mal ein zweiwö- außerdem fehlte noch die nötige Infra- angebot für die junge Generation die Sobernheimer Schule kommisarisch. chiges Betriebspraktikum der 9.Klassen struktur. 2003 beschloss die Verbands- sollte ergänzt werden durch einen 1978 werden die ersten 10. Klassen mit eingeführt. Dies hat sich sehr bewährt gemeinde, Küche und Mensa im Keller mittleren Bildungsabschluss, der dem der „Mittleren Reife“, dem Sekundarab- und wird bis heute durchgeführt. des Realschulgebäudes einzurichten. steigenden Bedarf an Höherqualifi- schluss I entlassen. Am 2.4. 1979 kommt Eine erneute Elternbefragung ergab ge- zierung Rechnung trägt. Dieses drei- Horst Gerber als neuer Schuleiter an die 1991 beginnen die Diskussionen um nügend Anmeldungen. Anfang 2004 er- gliedrige Schulsystem wurde dann Realschule und bleibt dies bis zu seinem die 5-Tage-Woche. Hatte man zuerst hielten Hauptschule und Realschule die auch in Bad Sobernheim komplettiert. Ruhestand. nur noch jeden 2.Samstag Unterricht, Zusage vom Bildungsministerium zur 1971/72 wurde im Ostteil des Schulkom- so wurde ab dem 2.Halbjahr 1991 der Einrichtung einer GTS. Eine hektische plexes ein 2-stöckiger Anbau errichtet. Das Einzugsgebiet der Realschule ist sehr Schulsamstag an der Realschule ganz Bautätigkeit begann, die südliche Au- Nach Beendigung des 1. Bauabschnittes groß. Es erstreckt sich nicht nur über die abgeschafft. Dafür war am Mittwoch- ßenwand des Realschulgebäudes wurde eröffnet die „Staatliche Realschule“ am Verbandsgemeinde Bad Sobernheim, Nachmittag Unterricht. 1993 wurde die freigelegt, eine Böschung abgeschrägt 11.8.1972 ihre Pforten und beginnt mit sondern auch in den Raum Meisenheim Stundentafel landesweit auf 30 Unter- und große Fenster in die Außenwand zwei 5. Klassen. Schulträger ist der Land- (bis und Medard), naheauf- richtsstunden pro Woche reduziert, so eingesetzt. Neben der Küche entstand kreis Bad Kreuznach. Walter Heinz war wärts bis nach Kirn und Teile der Ver- dass auch der Nachmittagsunterricht ein großer Raum mit 2 mobilen Trenn- im Mai 1972 von der Bezirksregierung bandsgemeinde Rüdesheim. wegfallen konnte. wänden, die neue Mensa. Mit Beginn beauftragt worden, die Vorbereitungen Da die Realschule nun dreizügig war, 1994 begannen wieder Renovie- des Schuljahres 2004/2005 startete die zur Eröffnung der Realschule wahrzu- fehlten natürlich Klassenräume. Fach- rungsarbeiten im Schulzentrum. Mit Ganztagsschule. Auch außerschulische nehmen und wurde deren 1. Schuldirek- räume für Naturwissenschaften mussten dem Einbau neuer, energieeffizien- Partner wurden engagiert. Neben Haus- tor. Die Eröffnung erfolgte ohne große sich mit der Hauptschule geteilt werden, ter Fenster wurde begonnen. 1996 aufgabenbetreuung und Förderunter- Feierlichkeiten, da die Bauarbeiten im ein Musikraum fehlte ganz. Im gesam- wurde der Busparkplatz umgebaut, richt wurden klassenübergreifend viele Schulzentrum noch nicht beendet wa- ten Schulzentrum gab es einen „Kampf“ Absperrgitter an den Einstiegsplät- Arbeitsgemeinschaften angeboten. Ab ren. Die neue Realschule war zweizü- um Unterrichtsräume. 1983 reiften Pläne zen erhöhen seither die Sicherheit. dem Schuljahr 2007 gab es im Realschul- gig geplant, wurde aber schnell dreizü- zu einer Aufstockung des Realschulge-

315 316 bereich die ersten Ganztagsklassen, bei schulkollegium mit 26 Lehrkräften führt. gemeinsam(integrativ) unterrichtet leidet natürlich unter den mehrjährigen der alle Schüler/innen die GTS besuchen, Im Jahre 2008 stehen wiederum gro- werden und ab der 7.Klasse zwei Bil- Bauarbeiten durch Dreck, Baulärm und so dass deren Stundenverteilung leichter ße Veränderungen an. Das Schulgesetz dungsgänge existieren. Der eine führt Auslagerung von Unterrichtsräumen in und besser gestaltet werden kann. Die wurde wieder geändert und ein zwei- in 3 Jahren zur Berufsreife und ist dem Containern und der ehemaligen Lehnert- Ganztagsschule ist bis heute noch in An- gliedriges Schulsystem beschlossen. bisherigen Hauptschulabschluss zu ver- Schroth-Klinik. Die Bauarbeiten werden gebotsform, also nicht für alle Schüler/ Hauptschulen und Realschulen sollen zu gleichen, der andere in 4 Jahren zum Se- wahrscheinlich erst 2015 abgeschlos- innen verpflichtend. der neuen Schulform „Realschule plus“ kundarabschluss I. Es gibt nun nur noch sen sein und das gesamte Schulzentrum Seit 2001 war mittlerweile Frau Czybulka zusammengeführt werden. In der Ver- ein gemeinsames Kollegium und eine dann in neuem Glanz erscheinen. im Ruhestand, 2002 übernahm Claus Bri- bandsgemeinde Bad Sobernheim vollzog Schulleitung. Frau Betzen wird die Direk- er die vakante Konrektorenstelle. man die Fusion der beiden benachbarten torin dieser neuen „großen“ Schule, Frau Herbert Schick Am 19.7.2005 geht Rektor Horst Gerber Schulen schnell und war als „Pionier“ Allebrand, die Rektorin der ehemaligen mit Erreichen der Altersgrenze in den mit bei den Ersten in Rheinland-Pfalz. Hauptschule wird ihre 1.Konrektorin. Die wohlverdienten Ruhestand. Seine Nach- Schon im Schuljahr 2009/20010 starte- neue Realschule plus wird auch zur regi- folge tritt zum Schuljahr 2005/2006 Frau te man in Bad Sobernheim die gemein- onalen Schwerpunktschule, übernimmt Kornelia Betzen an, die von der Alfred- same Realschule plus in kooperativer also auch die Inklusion von Kindern mit Delp-Schule in nach Bad Form. Das bedeutet, dass in der Orien- Fördergutachten. Ende 2012 werden ca. Sobernheim wechselt und nun das Real- tierungsstufe (Kl. 5 und 6) alle Kinder 550 Schüler in 26 Klassen unterrichtet, das Kollegium umfasst mehr als 50 Leh- rer/innen und pädagogische Fachkräfte. Ab 2010 wird das Schulzentrum wieder zur Großbaustelle. Eine Generalsanie- rung steht an. Statt Flachdächer gibt es jetzt Satteldächer, die Fassaden werden gedämmt und erneuert, neue Fenster werden eingebaut. Die Realschule plus rückt räumlich zusammen, da die Grund- schule, welche früher zwischen den bei- den anderen Schule lag, den sanierten Hauptschultrakt im Westen bezieht und einen neuen Eingang und Schulhof er- hält. Im Mittelteil und Ostteil ist nun die RS+ untergebracht. Die Mensa wird neu eingerichtet im Mittelteil, wo früher die Verwaltungsräume waren. Das 3.Stock- werk der ehemaligen Realschule ent- hält in Zukunft alle naturwissenschaft- lichen Fachräume. Der Schulbetrieb

Kollegium der Realschule 2007 (nicht vollständig), links stehend Rektorin Cornelia Betzen, zweiter von rechts Konrektor Claus Brier

317 318 Schulen „Schullärm“ besonders in den Pausen zu „Pädagogische Schulentwicklung“ wur- einigen heftigen Auseinandersetzungen de Ende des Jahrtausends zum Schlüs- » das emanuel-felke-gymnasium einiger Anlieger mit der Schule, wo auch selbegriff. 1996 führte das Kollegium der Hinweis wenig nutzte, dass die Schu- einen zweitägigen Studientag mit dem Die Geschichte des Gymnasiums wird war, konnte beginnen. Mit den ständig le zuerst da war. bundesweit bekannten Pädagogen in der Festschrift „50 Jahre Staatliches steigenden Schülerzahlen, die sich ge- Heinz Klippert durch, der als Initialzün- Gymnasium Sobernheim „ vom April gen Ende der fünfziger Jahre durch den Am 18. April 1989 feierte die Schulge- dung für die Neubesinnung der pädago- 1989 ausführlich dargestellt. Im Folgen- Bau des Nato-Flugplatzes Pferdsfeld und meinschaft das 50jährige Jubiläum des gischen Arbeit führte. Klippert und seine den werden nach einer kurzen Zusam- der Bundeswehr-Siedlung in Sobernheim Gymnasiums. Ein großes Programm mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter- menfassung der Vorgeschichte die Fol- weiter erhöhen sollten, war ein Neubau musikalischen und sportlichen Darbie- stützten die Arbeit am „EFG“ in mehre- gejahre beschrieben. auf der Tagesordnung. 1957 gab es be- tungen, eine Theateraufführung, Tag der ren Projekten in drei Phasen fast 15 Jahre reits 320 Schülerinnen und Schüler in 11 offenen Tür, Sternwanderung und einem lang. Das Kollegium begann sich selbst Am 1. Oktober 1821 wird die „höhere Klassen, und beim Umzug zum heutigen Treffen der Ehemaligen zeigten, was zu organisieren und zu entwickeln. Fast Stadtschule“ in Sobernheim durch den Standort an der Poststraße 1960 waren Lehrkräften und Schülerinnen und Schü- jährlich werden seitdem Studientage Rektor Heinrich Theodor Ferdinand Otto es 329 Schülerinnen und Schüler. ler des Gymnasiums so alles können. durchgeführt. mit 54 „Zöglingen“ eröffnet. Damit wird eine von da an durchgehend nachgewie- 1978/79 wurden die drei „Pavillonklas- Das Gymnasium hat in den letzten Jahr- „EFG“! Das Gymnasium erhielt am 15. sene höhere Schule in Sobernheim be- sen“ in einem einstöckigen Anbau auf zehnten nur wenige Schulleiter gesehen: Mai 1996 die Bezeichnung „Emanuel- gründet. dem Schulhof errichtet, der Schulhof 1949 begann die Ära von Karl Buß, der Felke-Gymnasium“ nach dem berühm- war damit allseits eingeschlossen. Süd- 1972 in den Ruhestand versetzt wurde. ten Sobernheimer und das Kürzel prägt Die in der ehemaligen Johanniter-/ lich vom Hauptgebäude entstanden ein 1973 bis 1984 folgte ihm Erwin Maxei- sich schnell ein. Die Schule legte eine Malteser-Komturei gegründete höhere Kleinsportfeld und ein zweiter Schulhof, ner, dann von 1984 bis Dezember 1991 Festschrift zu Person und Wirken Felkes Stadtschule erlebte eine bewegte Ent- und den Bedürfnissen für modernen Manfred Dietz. Im April 1992 wurde Karl auf und dokumentierte den aktuellen wicklung zwischen Realschule und Pro- Fachunterricht in den Naturwissenschaf- Heil Schulleiter (die Schule wurde zur Stand der Schule. Die Stempel und der Gymnasium. Für ein Vollgymnasium mit ten und den Arbeitsmöglichkeiten für „Heil-Anstalt“), bis er im Juli 2012 in den Briefkopf mussten nur einmal geändert Oberstufe war Sobernheim zu klein. In die Oberstufenschüler in einer Bibliothek Ruhestand ging. Seitdem leitet Marissa werden, seit dem 11. Dezember 1995 der „Weimarer Republik“ begann die wird Anfang der achtziger Jahre durch Wetzel-Schumann die Schule. heißt es auch „Bad“ Sobernheim. Koedukation; jetzt durften auch Mäd- entsprechende Renovierungen und Um- Im Gymnasium wurde wegen der Fi- chen zur Höheren Schule. 1937 wird vom bauten entsprochen. nanznot des Kreises, der Schulträger Dass an deutschen Schulen nicht alles Sobernheimer Bürgermeister Dr. Stumm ist, nur noch das Nötigste renoviert, stimmt, machte der „PISA-Schock“ nach und NS-Kreisleiter Schmitt die „Gunst“ Als 1986 das benachbarte Anwesen und die Schulgemeinschaft übernahm 2000 deutlich. Da war die Diskussion am der nationalsozialistischen Verkürzung des Herrn Kimmling erworben werden es, die Schule zu gestalten. Das leer ste- EFG schon seit einigen Jahren weiter, und Vereinheitlichung des Schulwesens konnte, wurde mit dem dort errichteten hende Nachbar-Haus „Kimmling“ wur- mit der Umsetzung konkreter Maßnah- genutzt, die Realschule zur Aufbauschu- Parkplatz die jahrelange Parkplatznot de 1997/98 in Eigenleistung von Haus- men. Aus der Analyse des Ist-Zustan- le an der mittleren Nahe aufzuwerten. behoben. Der Vorteil der Schule, nahe meister, Lehrkräften, Schülerinnen und des wurde das Konzept des „Eigenver- Ab Ostern 1938 wird die Schule zur gym- am Stadtzentrum zu liegen, wurde mit Schülern hergerichtet. Damit erhielten antwortlichen Arbeitens und Lernens“ nasialen Vollanstalt ausgebaut, Anmel- dem Nachteil erkauft, dass keine Erwei- die Oberstufenschüler Aufenthaltsräu- (EVA) entwickelt, das auf die Stärkung dungen für die Oberstufe (in der Ober- terungsflächen mehr vorhanden waren. me, und das dorthin verlegte Schularchiv der Fachkompetenz, einer erweiter- sekunda beginnend) werden entgegen Auf benachbarten Grundstücken wur- machte einen Raum im Hauptgebäude ten Methodenkompetenz sowie der genommen, die staatliche Oberschule, den Wohnhäuser bis dicht an die Schu- frei, der als Informatikraum neu aufge- Kommunikations- und Teamkompetenz wie das Gymnasium seit 1938 zu nennen le gebaut. In späteren Jahren führte der baut werden konnte. setzt. Schülerinnen und Schüler sollen

319 320 mehr Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl, flächen fehlen weiterhin. Große Räume Korrekturen, mündliche Prüfung, Abi- Inhaltlich waren die grundsätzlichen Durchhaltevermögen, Eigeninitiative und werden geteilt, einige Räume in der ehe- Feier – und für die Lehrkräfte das alles Überlegungen klar. Die große Mehrheit Selbstverantwortlichkeit entwickeln. Die maligen Volksschule an der Steinhardter bei normal weiter laufendem Unterricht. der Lehrkräfte des EFG sieht in G8GTS konkrete Umsetzung dauert seine Zeit, Straße werden mitgenutzt, hauptsäch- eine Möglichkeit zur entscheidenden und die einzelnen Maßnahmen fügen lich für den Oberstufenunterricht und für Die in den nach 12 ¾ Jahren „vorgezoge- Verbesserung des schulischen Angebots sich nach und nach zu einem Konzept die Bläserklassen. nen“ Abiturtermin gesteckten Hoffnun- am Standort Bad Sobernheim. Der Nut- zusammen. Einführungsphasen, Metho- gen haben sich nur zum Teil erfüllt. Ab- zen für die Schülerinnen und Schüler, für dentrainings, Kommunikationstrainings, Die Rheinland-Pfälzer fuhren einen ei- iturienten könnten in manchen Fächern die eine umfassende Förderung möglich Berufspraktikum u.a.m. werden bis heu- genen Weg. Die deutsche Einheit hatte ab dem Sommersemester bereits studie- wird, ist evident. Die Schule wird zum te weiter entwickelt. Die Homepage des die Frage, ob das Abitur nach 12 (wie ren, doch nur die wenigsten machen es. „Haus der Aufgaben“ statt der Auslage- EFG (www.emanuel-felke-gymnasium. im Osten) oder 13 Jahren (wie im Wes- Das rheinland-pfälzische Modell ist nicht rung wichtiger Lernprozesse wie Üben, de ) stellt den aktuellen Stand dar. ten) abgelegt wird, neu gestellt. In von anderen Bundesländern übernom- Wiederholen und Vertiefen in Hausauf- Die Zunahme um 200 Schülerinnen und Rheinland-Pfalz ist das anders: Abitur im men worden. Der bundesweite Trend gaben, wo und wie immer die gemacht Schüler von 1996 bis 2004 führt 2006 März! Direkt nach den Weihnachtsferien zum Abitur nach 12 Schuljahren bedeutet wurden und deren Ertrag ja nicht immer zum Neubau von zwei Klassenräumen, beginnt für die Schülerinnen und Schüler eine zeitliche Verdichtung in der Mittel- überzeugend ist. Ein Ganztagsgymnasi- aus Mangel an Platz auf Stelzen auf dem und Lehrkräfte der Jahrgangsstufe 13 der stufe. Alle Nachbarländer machten sich um ermöglicht durch einen rhythmisier- Schulhof. Sporthalle, Cafeteria und Frei- Stress. Die schriftlichen Abiturprüfungen, auf den Weg, mit oder ohne Zentralab- ten Tagesablauf die Gestaltung eines itur (das es in Rheinland-Pfalz bis heute sinnvollen Wechsels von Belastung und Entwicklung der Schülerzahlen des Gymnasiums von 1974-2013 nicht gibt). Die rheinland-pfälzische Bil- Entspannung. Phasen des Erarbeitens, dungsministerin Doris Ahnen ließ einen von Üben und Vertiefung mit Entspan- anderen Weg entwickeln: Wenn schon nung und dem „normalem“ Unterricht Abitur nach 12 Jahren, dann nur als Ganz- und den „Lernzeiten“ führen zu größe- tagsgymnasium. Und man wollte das an rem Lernerfolg. Daneben soll ein An- ausgewählten Schulen erproben. gebot an die Schülerinnen und Schüler gemacht werden, das ihren musischen, Ende November 2006 verkündet Bil- künstlerischen, sportlichen usw. Interes- dungsministerin Doris Ahnen, dass ab sen gerecht wird. Sommer 2008 im Laufe von drei Jahren Alle wissen: Lernen braucht Zeit – und insgesamt 15 Gymnasien des Landes an diese steht dann unter fachkundiger Be- einem Modellprojekt „G8GTS“ teilneh- teiligung und in Verantwortung der Lehr- men können, wobei das Gymnasium als kräfte in der Schule zur Verfügung. Auch Ganztagsschule organisiert ist und das führt die Eingliederung des gemeinsa- Abitur nach acht Jahren am Gymnasi- men Mittagessens und die verlässliche um abgelegt wird. Im Januar 2007 trafen Verweildauer in der Schule zur Entlas- Gesamtkonferenz und Schulelternbeirat tung der Familien, und „G8GTS“ nimmt des EFG die Grundsatzentscheidung, ein damit auch Bezug auf die Veränderun- Konzept zu entwickeln und im Sommer gen in der Familie sowie den Erwartun- 2007 einen Antrag zum Ganztagsgym- gen in Gesellschaft und Wirtschaft. nasium zu stellen, um schon beim ersten [Zahlenreihe 1974-2007 nach: Kreisverwaltung Bad Kreuznach, Schulentwicklungsplan, Fortschrei- Termin mit Beginn im Schuljahr 2008/09 Das rheinland-pfälzische Modellprojekt bung 2007. - Zahlen für 1987-2013 nach der Schulstatistik (Ist-Zahlen am Stichtag im September). bei den „Auserwählten“ zu sein. will dabei die Fehler vermeiden, die bei Differenzen erklären sich aus unterschiedlichen Stichtagen (Karl Heil, 15.12.2013)] 321 322 der Einführung der achtjährigen Gymna- - Orientierungsstufe: Das Ganztagsgym- Rheinland-Pfalz wollte einen vernünfti- begannen sofort, und zuerst wurden im sialzeit in anderen Bundesländern ge- nasium beginnt in Angebotsform in den gen Weg gehen und die Schulzeitverkür- Haus Umbauten und Änderungen vor- macht wurden. Dort wurde (und wird) Klassen 5 und 6, d.h. Schüler und Eltern zung am Gymnasium nicht den Schulen genommen. Architekt Heiko Zeltsmann Schulzeit verkürzt ohne die Verdichtung entscheiden, ob sie am Ganztagsange- verordnen, sondern als Modell erproben. aus Hargesheim war dabei ein Glücks- durch personelle und infrastrukturelle bot (in rhythmisierter Form ) teilnehmen Dass „G8“ am besten in einer Ganztags- griff. Dessen Vorstellungen waren nicht Maßnahmen abzustützen und die Lehr- oder nicht schule organisiert wird, liegt besonders nur zweckmäßig, sondern auch in einem pläne zu entfrachten. Das geht zu Lasten - Mittelstufe: In den Klassen 7 bis 9 wird im Interesse der Schülerinnen und Schü- vernünftigen Rahmen umsetzbar und der Schülerinnen und Schüler. Es gibt für der Unterricht als verpflichtender Ganz- ler. Heute, Anfang 2014, haben bildungs- an den Wünschen der Schule orientiert. G8 wesentlich mehr Lehrerstunden und tagsbetrieb organisiert, mit verstärkter politische Kleinstaaterei und politische Seine geniale Idee war, die erforderli- eine bessere Ausstattung, die es durch Lernzeit (7 bis 9 Stunden je nach Klas- Opportunität dazu geführt, dass in vie- che Mensa in der bisherigen Sporthalle hohe Zuschüsse des Landes auch finanz- senstufe zusätzlich zur normalen Stun- len Bundesländern wieder ein Weg zu- einzubauen und damit zum Schulhof zu schwachen Schulträgern (wie unserem dentafel) und Wahlpflichtfachangebot rück zum G9-Gymnasium geöffnet wird. öffnen. Damit war der Weg frei für eine Landkreis Bad Kreuznach) ermöglicht, - Die Oberstufe wird in einem Kurs- Auch geht in einem eher konservativen große Sporthalle, da ja zwei Hallenein- erforderliche Baumaßnahmen zu rea- system (in den Jahrgangsstufen 10 bis ländlichen Umfeld der Wandel vielleicht heiten sowieso nötig wären. lisieren. Und es ist klar: Bei den wei- 12) geführt, das Abitur nach drei vollen etwas langsamer. Das EFG wird sein Mo- ter wachsenden Schülerzahlen am EFG Schuljahren im Juni abgelegt. dellkonzept eines Ganztagsgymnasiums Im August 2010 wurden Bibliothek und muss investiert werden. Im August 2007 immer wieder überprüfen und weiter Mensa in Betrieb genommen, der Süd- besuchen 723 Schülerinnen und Schüler Die Schülerinnen und Schüler, die in entwickeln und den Eltern und Schüle- hof wurde gesperrt. Die rote „Tartan- das EFG. Sommer 2008 am EFG beginnen, können rinnen und Schülern vermitteln müssen. wüste“, das besonders in den Pausen ihr Abitur im Juni 2016 ablegen. Drei Mo- Keine leichte Aufgabe bei zurückgehen- beliebte Kleinspielfeld, war damit ver- Insgesamt 13 Bewerbungen lagen vor, nate zuvor tun dies die Schülerinnen und den Schülerzahlen in der Region. Die schwunden und nur noch der große und nun war es spannend: Wie groß sind Schüler, die im Sommer 2007 begonnen Pfunde, mit denen man wuchern kann, Pausenhof zur Verfügung. Es dauerte bis die Chancen eines „Landgymnasiums“, haben. Die pädagogischen Vorteile ei- sind die pädagogische Qualität der Schu- Dezember 2013, bis der ehemalige Leh- zum Zug zu kommen, im Vergleich mit nes Ganztagsgymnasiums sind leicht zu le und die hervorragende Ausstattung. rerparkplatz zum grünen Pausenhof um- den Anträgen der privaten Gymnasien, sehen, und die Verdichtung der Schul- Ohne „G8GTS“ wäre wohl nichts davon gestaltet wurde. Dazu gehört auch ein die bisher schon im Ganztagsbetrieb zeit wird durch mehr gemeinsame Zeit erreicht worden. kleiner Bolzplatz. Am 10. Mai 2012 wurde liefen oder mit den Gymnasien in Groß- zum Lernen aufgefangen. Trotzdem war die neue Sporthalle des EFG eingeweiht. städten, wo das benachbarte G9-Gym- den Beteiligten klar, dass G8GTS ein gro- Der Landkreis Bad Kreuznach hat den Davon profitiert aber nicht nur das EFG, nasium leicht erreichbar ist? Und zudem ßer Sprung ist, den manche Eltern nicht Antrag, eine „Modellschule“ in Bad sondern in hohem Maß auch der Ver- sollten zwei in Gründung befindliche, mitgehen wollen. Die Schülerinnen und Sobernheim zu erhalten, nach Kräften einssport in der Verbandsgemeinde Bad neue Gymnasien als G8GTS-Schulen Schüler sind lange von zuhause weg (nur unterstützt. Landrat Karl-Otto Velten und Sobernheim. Kooperationen des EFG im beginnen. Im November 2007 eröffnet etwa ein Drittel kommt aus der Stadt sein Nachfolger Franz-Josef Diel hatten Bereich Tischtennis und Handball ha- die Bildungsministerin neun Gymnasien Bad Sobernheim), und die Berichte aus das Gelingen zur Chefsache gemacht. ben begonnen. Dank abzustatten ist der die Option, im Sommer 2008 als Ganz- den anderen Bundesländern mit G8 sind Die Beschlüsse für das EFG im Kreis- Verbandsgemeinde Bad Sobernheim, tagsgymnasium zu beginnen. Das EFG überwiegend Horrormeldungen. Wer tag waren immer einmütig, was ja dort die diese Hallengröße durch ihre finan- ist dabei! Die pädagogische Konzeption will da schon genauer hinsehen, dass im nicht immer der Fall ist. Bei leeren Kas- zielle Beteiligung ermöglicht haben. Die hat überzeugt. Die Freude ist groß, aber EFG etwas anders gemacht wird als in sen und dem großen Defizit des Kreises Doppelsporthalle mit den Innenmaßen auch die Gewissheit, dass noch viel zu Bayern oder dem Saarland? war die Realisierung nur möglich, weil von 22x44 m ist dreifach teilbar und hat tun ist. auch die Aufsichtsbehörden einer Kre- ein normal großes Volleyball-/ Basket- 2006/07 schien der bundesweite Zug ditaufnahme für den Kreisanteil der In- ball-/ Handballspielfeld, das den Trai- Die drei Schulstufen sind künftig: zum Abitur nach acht Jahren eindeutig. vestitionen zustimmten. Die Planungen ningsbetrieb vieler Vereine erleichtert.

323 324 Das pädagogische Personal ist dabei seit Schulgemeinschaft des EFG seit 2004 spielen, im Chor singen waren Bestand- zutrauen, ihnen vertrauen und sie dabei dem Beginn von G8GTS verstärkt wor- jährlich eine Solidaritätsaktion, die „Ak- teile des klassischen Bildungskanons, unterstützen. den. Zu den Lehrkräften kommen päd- tion Tagwerk“ durchführt. auch über den Unterricht hinaus. Nicht agogische Fachkräfte für den Ganztags- jeder konnte und wollte das gern, und Eine dauerhafte und sehr wirksame Un- betrieb, wo sie z.T. mit einer Lehrkraft Lange andauernde Aktivitäten der Schu- nach dem Zweiten Weltkrieg treten Brü- terstützung vieler Aktivitäten der Schu- gemeinsam mit einer Lerngruppe arbei- le prägen das Schulprofil in besonderer che, Neuerungen und Ausdifferenzie- le über den Unterricht hinaus leistet der ten. Junge Menschen im Freiwilligen So- Weise. Seit 1977 nehmen Schülerinnen rungen in der Musik auf, die einen Mu- Förderverein, die Maltesia. Wolfhard zialen Jahr (FSJ) unterstützen die Arbeit, und Schüler am Wettbewerb „Jugend siklehrer in den siebziger oder achtziger Dhonau als einer der Wiederbegründer und viele Eltern tun das ehrenamtlich. forscht“ teil. Die betreuenden Lehrkräf- Jahren manchmal verzweifeln ließen von 1984, seine Nachfolgerin Dr. Ange- Die über 200 m² große Schulbibliothek te, besonders Dr. Jürgen Reiß und Karl- – und seine Schülerinnen und Schüler lika Dhonau und der jetzige Vorsitzende mit Arbeitsplätzen für Oberstufenschü- Heinz Fuldner, haben in einem Viertel- nicht minder. Musikinteressierte waren Harald Möhlig haben mit den ca. 200 ler, Leseecken für die jüngeren und ei- jahrhundert über 100 Schülerinnen und Mitglieder von Posaunenchören, Musik- Mitgliedern dazu beigetragen, dass z.B. nem Arbeitsraum wäre sonst nicht of- Schüler auf diesen anspruchsvollen Weg vereinen, Spielmannszügen, Rockbands, die Ausstattung mit Musikinstrumenten fen zu halten. Eine Schulsozialarbeiterin naturwissenschaftlichen Arbeitens ge- Folk-Gruppen u.a.m.. Eine Big Band, wie sehr gut ist und jährlich ein Beitrag zur wurde befristet, mit Teilzeit, eingestellt. führt, mit beachtlichen Erfolgen. Fuldner sie Musiklehrer Günter Friedrich 1988 ins Leseförderung finanziert wird. Man könnte verzweifeln, wenn man z.B. kümmert sich auch seit über dreißig Jah- Leben rief, bot allen die Möglichkeit, in an die französischen Schulen sieht und ren mit einer Arbeitsgemeinschaft um einem Schulensemble zu spielen. Un- Die Maltesia und der Schulelternbeirat deren Ausstattung mit nicht-pädagogi- den Amphibienschutz. Neben den Wett- terstützt durch die Instrumentalausbil- (SEB) hatten immer eine Schnittmenge. schem Personal. Wenigstens einmal im bewerben in Mathematik, Physik, Ge- dung der Musikschule Kirn-Meisenheim- In den letzten 30 Jahren haben ihn Wolf- Jahr sehen einige Schülerinnen und Schü- schichte und Politik ist die Teilnahme am Sobernheim wird die Big Band allmählich hard Dhonau, Tilo Krauß, Dr. Angelika ler aus dem EFG mit den begleitenden Bundeswettbewerb „Jugend trainiert zum Aushängeschild der Schule, und Dhonau, Eberhart Siegert, Helga Bohn Lehrkräften diesen Unterschied, wenn für Olympia“ von bleibender Wirkung. In Auftrittsmöglichkeiten gibt es genug. und Andrea Held geleitet, seit Sommer die Partnerschule in Vélizy bei Versailles Turnen und den Ballsportarten, beson- 2013 ist Dieter Fuhr der Vorsitzende. Die besucht wird. Nachdem mit der Sobern- ders Handball, werden meistens mehre- Ab 2003 wird ein echter musikalischer konstruktive und kritische Mitarbeit der heimer Partnerstadt Louvres mangels re Mannschaften gemeldet, und der Sieg Schwerpunkt eingerichtet, der bis heu- Eltern in der Schule hat die Schulent- Interesse kein Schüleraustausch mehr im Landeswettbewerb hat die für die te große Wirkung hat: Die „Bläserklas- wicklung erst möglich gemacht. stattfand, ist seit 2004 das Collège Saint- mittleren Altersgruppen die Teilnahme se“, die seit 2003 den Schülerinnen und Exupéry in Vélizy der Partner. am Finale in Berlin als Belohnung. Dass Schülern in der Orientierungsstufe in Eltern haben, gemeinsam mit Schülerin- man dort gegen die Sportgymnasien einem erweiterten Musikunterricht das nen und Schülern und Lehrkräften, „Leit- Eine andere Partnerschaft bedarf der keine Chance hatte, machte nichts. Für preiswerte Erlernen eines Instruments prinzipien der Schule“ entwickelt, die im besonderen Erwähnung, die mit der viele Schülerinnen und Schüler war dies ermöglicht. Stefanie Ludes und Klaus Sommer 2013 beschlossen wurden. Die Sekundarschule in Kirinda im afrikani- das herausragende Erlebnis ihrer Schul- Huck ergänzen sich hier als Musikleh- Einleitung lautet: „Ziel der schulischen schen Ruanda. Im Jahre 2000 hatten sich zeit. Stellvertretend für die engagierten rer, und mit Jutta Lissmann ist dann das Bildung an unserem Gymnasium ist es, alle Schulen in der Verbandsgemeinde Sportlehrer ist das Ehepaar Magot und musikalische Quartett vollständig. Chö- unseren Schülerinnen und Schülern ne- Sobernheim an einem Sternmarsch „Go Klaus Thimm zu nennen, letzter auch re, Big Band, Felke-Sinfonics, Ensembles, ben der Vermittlung von Kenntnissen for Ruanda“ beteiligt und mit dem Erlös lange Jahre Orientierungsstufenleiter. Schüler-Rockgruppen, viele Solisten, die und Fertigkeiten Wege zu selbstständi- die Ausstattung der Sekundarschulen in sich das trauen – es macht Spaß, eines gem und eigenverantwortlichem Arbei- der Partnerregion des Ruanda-Komitees Schon in der alten Tradition der „höhe- der Musicals, Konzerte oder Musikaben- ten und Lernen zu eröffnen, sie zu wert- e.V. Bad Kreuznach unterstützt. Daraus ren Schule“ hatte die musische Bildung de im Gymnasium zu besuchen und zu schätzendem und tolerantem Umgang erwuchs eine Schulpartnerschaft mit der einen besonderen Stellenwert. Ein In- sehen, wozu Schülerinnen und Schüler in miteinander und zu verantwortungsvol- „Ecole Secondaire Kirinda“, für die die strument erlernen, in einem Ensemble der Lage sind. Man muss es ihnen nur lem Handeln für sich und andere anzulei-

325 326 ten.“ Das funktioniert nur gut, wie alles Ausführlichere Darstellung der Geschichte Schulen im Leben, wenn man es will. des Gymnasiums in: » die grundschule Karl Heil » Festschrift „50 Jahre Staatliches Gymnasium Sobernheim ´89“ (Redaktion: Jakob Weber, Karl- Bernhard Hassbach, Heinrich Fußmann) » „Emanuel-Felke-Gymnasium Bad Sobern- Am 9.5.1968 wurde vom rheinland- Zustimmung der katholischen Bistümer, heim. Festschrift zur Namensverleihung 1996“ pfälzischen Landtag das Gesetz zur das Ende der Konfessionsschule be- (Redaktion: Karl Heil und Jakob Weber). Einrichtung von Grund-, Haupt- und schlossen. Der katholische Hauptschul- Sonderschulen mit Schulbezirken verab- zweig in Sobernheim wurde in die christ- schiedet. Damit war die Zeit der Volks- liche Gemeinschaftsschule integriert, die schulen mit dem Klassenstufen 1 – 8 zu nun allgemeine Hauptschule war, ab dem Ende. Ab Klassenstufe 5 gingen die Kin- Schuljahr 1972/1973 für alle Kinder der der nun in Hauptschule, Gymnasium oder 1971 neu gegründeten Verbandsgemein- Sonderschule. Die Jahrgänge 1 bis 4 wa- de. Die ehemals evangelische Grund- ren in Grundschulen, die noch lange auch schule wurde zur Grundschule I, die ehe- in den Dörfern bestehen blieben. Weil mals katholische Grundschule wurde zur vor allem Katholiken mit Unterstützung Grundschule 2. Die Konrektoren Jörg und des Bistums Trier sich gegen die Simul- Fritsche tauschten ihre Stellen, wohl um tanschule wehrten, wurden im Schul- beide Konfessionen zu vertreten, Nach- jahr 1969/1970 im neuen Schulkomplex folger von Fritsche wurde dann Hermann Münchwiesen sowohl eine Christliche Dietz. Gemeinschaftsschule mit den Klassen- Sowohl die Hauptschule als auch die stufen 5 bis 9 für Kinder aus Sobernheim, Grundschulen hatten einen großen Kollegium Gymnasium 1972 Meddersheim, und Bärweiler Bedarf an zusätzlichen Lehrern. Viele eingerichtet als auch parallel dazu die Junglehrerinnen und Junglehrer kamen katholische Grund- und Hauptschule von den Erziehungswissenschaftlichen mit den katholischen Grundschulkin- Hochschulen. Zusätzlich wurde auch äl- dern aus Sobernheim und den katholi- tere Menschen aus anderen Berufen im schen Hauptschülern. Die evangelischen Schnelldurchgang zu Vertragslehrern Grundschüler mussten aus Platzgründen ausgebildet um die wachsende Schüler- zurück in die alte Schule an der Stein- zahl einigermaßen zu versorgen, wobei hardter Straße. Bei den katholischen Klassengrößen von über 30 noch normal Schülern war Werner Nagel der Schul- waren, zeitweise wurde diese Zahl auch leiter, sein Stellvertreter Helmut Fritsche deutlich überschritten. Erst der „Pillen- von der Staudernheimer katholischen knick“ Anfang der 80er Jahre ließ die Volksschule. Die evangelische Grund- Kinderzahl allmählich deutlich sinken. schule leiteten Rektor Heinz Collet und Nach der Einrichtung der Realschule 1972 Konrektor Robert Jörg. mit dem Anbau an das Schulgebäude im Schon ein Jahr später wurde vom rhein- Osten wurde die Grundschule in die Mit- land-pfälzischen Landtag mit großer te zwischen die beiden weiterführenden Kollegium Gymnasium 1996 Mehrheit von allen Parteien, sogar mit Schulen geschoben. Die ehemalige Pau-

327 328 senhalle wurde zum Verwaltungstrakt tröstete von Jahr zu Jahr. Schließlich wur- Drängelgitter versehen. Das Land Rheinland-Pfalz kam diesem der Grundschule umgebaut, der Innen- de der Eingangsbereich der Schule zum Ein Ärgernis für die Grundschule war – gesellschaftlichen Wunsch entgegen schulhof wurde durch Zubauten im Os- Außenschulhof eingerichtet, doch die besonders im Winter – der frühe Unter- und ordnete zum Schuljahr 1998/1999 ten wie im Westen deutlich verkleinert. Fläche war wenig kindgerecht gestaltet. richtsbeginn um 7.30 Uhr. Keine andere im Grundschulbereich die „Volle Halb- Als die Realschule dann aufgestockt In späteren Jahren wurde auf der ge- Grundschule im Land begann so früh. In tagsschule“ an. Nun waren Schulen ver- werden sollte, forderte die Grundschule genüber liegenden Straßenseite ein zu- Sobernheim war dies einmal mit Rück- pflichtet, die zuverlässige Betreuung von stattdessen ein eigenständiges Schulge- sätzlicher „Waldschulhof“ angelegt, der sicht auf das Gymnasium so festgelegt Kindern zu sichern. Diese Zeiten waren bäude im Staaren. Doch der Entwurf des „erste Hackschnitzel-Schulhof Deutsch- worden, als viele Gymnasiasten noch in der Sobernheimer Grundschule nun Sobernheimer Architekten Paul Scholten lands“, wie die Zeitung berichtete. mit der Bahn aus dem Glantal und aus für die Klassenstufen 1 und 2 von 8 bis wurde von der Bezirksregierung als an- Inzwischen hatte die Sobernheimer dem Kirner Raum kamen. Erst später mit 12 Uhr und für die Klassenstufen 3 und 4 geblich „zu billig“ abgelehnt. So blieb die Grundschule Zuwachs aus den Dörfern der Einführung der vollen Halbtagsschu- von 8 Uhr bis 12.50 Uhr. Grundschule in ihrer Sandwich-Position der Verbandsgemeinde bekommen. le bekam die Grundschule die kindge- Dies reichte einigen Familien – wie sonst zwischen den beiden „großen“ Schu- Durch den „Pillenknick“ war die Kin- mäßere Anfangszeit 8 Uhr. Abgeschafft auch im ganzen Land – noch nicht aus. len, was in der Zukunft immer wieder zu derzahl deutlich zurück gegangen und wurde allerdings an allen Schulen der Insbesondere Frauen forderten eine Konflikten führte. einige Dorfschulen waren zu klein um vorher übliche Unterricht an Samsta- Betreuung ihrer Kinder durch die Schu- Ab dem Schuljahr 1986/1987 wurden eigenständig bestehen zu können. So gen. Nachdem in vielen Berufssparten le auch am Nachmittag. Es gab hitzige die Grundschulen im Schulgebäude wurden nun die Grundschulkinder aus die Samstagsarbeit grundsätzlich ab- Diskussionen im kommunalpolitischen Münchwiesen zusammengeführt. Rek- Lauschied und Bärweiler in Sobernheim geschafft war (Gewerkschaftsslogan Raum darüber. Doch mehrfach durch- tor Heinz Collet war pensioniert, der ver- beschult. Nach der Auflösung der Grund- „Samstags gehört Vati mir“), wurde vo- geführte Befragungen bei den Eltern er- storbene Konrektor Dietz war für kurze schule Pferdsfeld wegen der Umsiedlung rübergehend nur alle zwei Samstag ver- gaben einen nur geringen tatsächlichen Zeit durch Klaus Dörrenbächer ersetzt von Pferdsfeld und Eckweiler kamen die kürzter Unterricht gehalten und schließ- Bedarf – bis Rheinland-Pfalz die Ganz- worden. Anfangs lief die Schule in der Umsiedlerkinder vom Leinenborn dazu, lich ganz auf den Samstag an Schulen tagssschule in Angebotsform einführte. Steinhardter Straße noch als Außenstel- ebenfalls die Kinder aus Rehbach und verzichtet. Ausgedehnt wurde dafür der Im Sommer 1992 wurde Werner Nagel le von Münchwiesen. Dies hatte einige Daubach. Unterricht an den Wochentagen. als Schulleiter in den Ruhestand verab- Probleme zur Folge: Schulleitung und Se- Durch die Kinder von auswärts ergab sich In der Grundschule Sobernheim war es schiedet. Sein Nachfolger wurde Man- kretariat waren weit weg in Münchwie- für die Grundschule die nun neue Proble- lange Zeit üblich, dass für manche Klas- fred Purucker. Nach Robert Jörg wur- sen; die Außenstelle musste einigerma- matik der Buskinder. Selbstverständlich sen der Unterricht erst mit der 2.Stunde de im Sommer 1994 neuer Konrektor ßen autark agieren. Zu den Sportstätten war der Bus-Transport der Kinder aus um 8.15 Uhr begann, für andere Klassen Werner Bohn, der schon seit März 1971 mussten Kinder und Lehrkräfte immer den Dörfern zusammen mit den Haupt- bereits nach der 4.Stunde um 10.15 Uhr Lehrer an der Schule war. Zum 1.2.2007 laufen, was den eigentlichen Sportun- schülern. Allerdings wurde nun auch endete. Das war so selbstverständlich, ging Manfred Purucker, Bohn leitete die terricht erheblich verkürzte. innerhalb der Stadt ein Bus-Transport fuhren da noch keine Busse und die Kin- Schule kommissarisch und wurde zum Als die Schule an der Steinhardter Stra- gefordert, vor allem vom Leinenborn. der kamen zu Fuß zur Schule. Zu Hause Schuljahr 2007/2008 Rektor. Die nun ße dann aufgegeben wurde, war die Das Schulgesetz sah allerdings nur eine war auch in den meistens Familie die freie Konrektorstelle wurde zum Schul- unbefriedigende Schulhofsituation in Verpflichtung zum Einsatz von Schulbus- Mama oder die Oma, so dass es kein jahr 2008/2009 mit Daniela Flügel be- Münchwiesen ein Ärgernis, besonders als sen ab einer Entfernung von 2 km vor. Betreuungsproblem gab. Doch mit Ver- setzt. Werner Bohn wurde zum Ende des die Schülerzahl wieder in Richtung 400 Auf erheblichen öffentlichen Druck des änderungen in der Gesellschaft, insbe- Schuljahres 2011/2012 pensioniert; sein stieg. Kinder, Eltern und Lehrer machten Elternbeirats und mit viel Kreativität der sondere durch die zunehmende Berufs- Nachfolger wurde Klaus Lunkenheimer. Pläne für ihren Schulhof, doch bis auf ein Beteiligten wurde der Bustransport doch tätigkeit der Mütter und die Auflösung paar Kleinigkeiten scheiterten alle Vor- organisiert. An der Westseite der Schule der Mehrgenerationenfamilien wurde In die relativ kurze Zeit der Schullei- schläge an fehlenden Finanzmitteln. Die wurde ein „Busbahnhof“ angelegt und die Forderung nach zuverlässiger Betreu- tungstätigkeit von Werner Bohn fielen Verbandsgemeinde als Schulträger ver- auf Initiative der Grundschule mit einem ung der Kinder in Schulen immer stärker. einschneidende Veränderungen an der

329 330 rungen im Schulkomplex Münchwiesen Zuerst erfolgte mit großer Kraftanstren- notwendig. Die Realschule Plus rechne- gung der Umzug der Grundschule aus te mit einer Vier- bis Fünfzügigkeit und der Mittelposition in den Westbereich hatte ursprünglich auch die Option der der ehemaligen Hauptschule, damit angeschlossenen Fachoberschule. Die Hauptschule und Realschule in unmittel- Grundschule war dreieinhalbzügig und barer Nachbarschaft zusammengeführt rechnete mit zusätzlichen Ganztagskin- zur Realschule Plus werden konnten. Für dern aus dem Umkreis. Das allein ergab den Ganztagsbetrieb wurden auf dem schon zusätzlichen Raumbedarf. Dazu ehemaligen Lehrerparkplatz südlich der kamen die dringend notwendigen Sa- Schule Container aufgestellt. Im Septem- Werner Nagel Manfred Purucker Werner Bohn Klaus Lunkenheimer nierungsmaßnahmen vor allem im alten ber 2008 lagen die Umbaupläne durch Baubestand, die nach einer gründlichen die Kommunalbau Rheinland-Pfalz vor. Bad Sobernheimer Grundschule: Einfüh- se zusammengefasst. Aus mehreren Untersuchung des Bad Sobernheimer Sie sahen eine deutliche Trennung von rung Ganztagsschule und Totalumbau. Dörfern der Verbandsgemeinde, von Architekten Axel Hill mehrere Millionen Realschul- und Grundschulbereich vor. Der Auftrag der ADD Trier, Außenstelle Seesbach bis Odernheim, waren zusätz- Euro kosten würden. Die Grundschule sollte sich nach Westen Koblenz als Schulaufsichtsbehörde hieß: liche Kinder angemeldet, was auch den Grundschulrektor Werner Bohn brach- öffnen. Der anfänglich nicht vorgesehe- Einrichtung einer Ganztagsschule in der Einsatz zusätzlicher Schulbusse forderte. te nun die alte Idee einer eigenständi- ne neue Schulhof konnte mit Hilfe des Verbandsgemeinde. Da die Grundschu- Für die Nachmittagsversorgung wurden gen Grundschule wieder ins Spiel, doch Elternbeirats doch durchgesetzt werden, le Monzingen eher zur Schwerpunkt- neben wenigen Lehrkräften auch Pä- nach anfänglichem Optimismus kam damit auch die Verlegung des Bus-Bahn- schule tendierte und in Bad Sobernheim dagogische Partnerinnen als Honorar- vom Kultusministerium dafür die Absa- hofs und die Neugestaltung sämtlicher der Bedarf an Ganztagsbetreuung grö- kräfte für Essenbetreuung, Lernzeit und ge. Stattdessen wurde der Umbau im Außenanlagen. ßer schien, wurde heftig für die neue Arbeitsgemeinschaften eingesetzt; ins- Bestand angeordnet. Dies sollte kos- Der Bau begann 2010 mit der zeitwei- Schulform Reklame gemacht. Die not- gesamt waren nun an der Schule etwa tengünstiger sein, was sich im Nachhi- sen Verlegung des Bus-Bahnhofs an die wendige Zahl an Anmeldungen von 36 45 Erwachsene für über 300 Kinder ver- nein als Fehleinschätzung herausstellte. Dümmlerhalle und dem Umbau der ehe- wurde mehr als doppelt erreicht und so antwortlich. Die Evangelische Kirchenge- konnten die Verantwortlichen die not- meinde hatte vorher schon damit begon- wendigen Beschlüsse fassen. Allerdings nen, ehrenamtliche Hausaufgabenhilfe wies die Schule von Anfang an auf die im Rahmen der Hilfe für benachteiligte Notwendigkeit baulicher Veränderungen Kinder anzubieten. Neu war ab 2009 hin, denn für den regulären Betrieb einer auch die Schulberatung als Pilotprojekt Ganztagsschule waren neben der Men- im Landkreis und die Schulsozialarbeit sa auch weitere Räume notwendig zum als Reaktion auf die zunehmende gesell- Spielen und zum Ausruhen. schaftliche Problematik auffälliger und Zum Schuljahr 2008/2009 konnte die benachteiligter Kinder. Ganztagsschule beginnen. In Klassen- Als die Zusammenlegung der Hauptschule stufe 1 konnte eine komplette Ganz- und der Realschule zur neuen Realschule tagsklasse gebildet werden, in den an- Plus zum Schuljahr 2009/2010 feststand deren Klassenstufen waren zusätzlich und gleichzeitig auch die Einrichtung der Kinder ganztags gemeldet, die additiv Ganztagsschule in Angebotsform an der unterrichtet wurden, morgens in ihren Grundschule zum Schuljahr 2008/2009 Stammklassen, nachmittags stufenwei- fest stand, waren erhebliche Verände-

331 332 maligen Hausmeisterwohnung zum neu- sondere die Mensa und die Freizeitberei- en Verwaltungsbereich der Grundschule. che zum Spielen und Ausruhen. Im März 2011 wurden vier Klassen der Insgesamt ist die „neue“ Grundschule Aktionen und Personen Grundschule bis zu den Sommerferien nun sowohl von der räumlichen Ausstat- in provisorische Ausweichklassen in die tung als auch von der Gestaltung so, wie » ein himmlischer club ehemalige Katharina-Schroth-Klinik ver- sie für Kinder in der heutigen Zeit sein legt. Nach den Sommerferien konnten sollte. Die Klassen- und Fachräume rei- die ersten 10 Klassen bezogen werde, chen völlig für die zu erwartende Drei- wobei im gesamten Schulgebäude noch zügigkeit aus, für den Ganztagsbereich Baustelle war. Dann wurde der neue sind zusätzliche Einrichtungen geschaf- Schulhof begonnen und der neue Ein- fen und der Schulhof lädt Kinder zum gang nach Westen gebrochen. Bis zu den Spielen und Erholen ein. Von außen Osterferien 2012 waren die wesentlichen wirkt die Schule mit ihren freundlichen Arbeiten im Westteil abgeschlossen und Farben einladend und freundlich. Na- dann konnte zur Freude von Kindern und türlich kann man sich immer noch mehr Lehrern auch der neue Schulhof in Besitz wünschen, doch mit dem Gelungenen genommen werden. Es fehlten noch die darf man auch zufrieden sein. Räume für den Ganztagsbereich, insbe- Werner Bohn

Zwölf Jahre währte das „Tausendjäh- Sobernheim war eine Schülerzeitschrift rige Reich“. Rund zweimal zwölf eher mit dem Titel „Meilenstein“. Dann sollten schweigsame Jahre dauerte es danach, nicht nur die die Studierten Teil dieser bis jene deutsche Geschichte auch in- weitgehend sozialistisch ausgericheten tensiver in den Schulen, vor allem in den Bewegung sein, sondern auch die junge Gymnasien und an den Hochschulen be- Arbeitnehmerschft. Folglich formierte leuchtet wurde. Studentenrevolten nach sich ein „Aktionszentrum Sozialistischer dem umstrittenen Besuch des Schahs Schüler und Lehrlinge“. Es brachte seine von Persien in Berlin, bei dem ein Student Ideen und Argumente zu politischen wie durch den Schuss eines Polizisten ums auch sexuellen Fragen auf hektografier- Leben kam - sie waren der beginn jener ten Flugblättern heraus, die auch vor den revolutionären Jahre, die man im Rück- Werkstoren Sobernheimer Unternehmen blick die „68er“ nennt. In Bonn regierte verteilt wurden. Die Spanne der Themen eine große Koalition, die FDP als kleine reichten vom Protest gegen den Viet- Opposition schien vielen zu schwach als namkrieg der USA bis hin zu riesigen gegenpol, es kam zur APO, de Außer- Staudammprojekten in Afrika und der parlamentarischen Opposition. Auch in Ausbeutung der Dritten Welt, von den von links ganz vorne: Manuela Götz und Anika Blätz (Freiwilliges Soziales Jahr), vorne Christina- Sobernheim am Gymnasium formierten Bonner Notstandsgesetzen bis zum gel- Wendlandt, Silke Blum, Hedi Hauck, Rektor Werner Bohn, Schulberaterin Helga Bohn, Ingrid Schilly, sich links denkende junge Leute, bildeten tenden Rauchverbot an der Schule und Sekretärin Gisela Nikodemus, in der Mitte Anne Greiner (FSJ), Inka Linau, Brigitte Hannes, Marian- im Frühjahr 1968 eine USG (Unabhängige sexuellen Tabus. ne Goertz, Daniela Becher, Julia Haupenthal, Christine Heimbrodt, Alexandra Zender, hinten Ingund Seus, Kitry Gentner-Knöbel, Inga Sax, Konrektorin Daniela Flügel, Hausmeister Erich Below, Feuer- Schüler-Gemeinschaft) und luden zu Dis- Im Spätsommer 1969 konnten vor al- wehrlehrerin Stöckel kussionen ein. Ihr Verkündigungsorgan in lem Gymnasiasten im Abituralter und 333 334 einige junge Arbeitnehmer das ehema- aufgebaut. Da konnte man alle damals Aktionen und Personen lige Lebensmittelgeschäft Bayer (heute aktuellen linken oder systemkritischen » die friedensbewegung Blumenhaus am Markt) am Marktplatz Schriften von Adorno bis Mao, Amendt mieten. Sie bauten die beiden Räume im bis Cohn-Bendit oder Lenin erwerben Erdgeschoss in einem Treffpunkt um, der bzw. ausleihen. Als die UDSSR ihre Mittelstrecken- fortige Verhandlungen an, mit dem Ziel, dann am 15. November 1969 als „Hea- Durch bunte Auslagen und Poster in den Atomraketen vom Typ SS 20 im Osten nuklear bestückte Mittelstreckenwaffen venly Club“ eröffnete. Da ein herkömm- kleinen Schaufenstern des Clubs gab es zu stationieren begann, beschloss Ende völlig aus Europa zu verbannen. Sollten liches Lokal den Bedingungen einer Gast- oft heftiges Getuschel in der Stadt, was 1979 die NATO die Stationierung von diese Verhandlungen scheitern, würden stättenkonzession unterworfen gewesen sich in diesem Klub wohl alles an Verbo- 108 Abschussvorrichtungen für Pershing die nuklearen Mittelstreckensysteme wäre, umging man diese bürokratische tenem abspielt. Das sei ein Treff für Ho- II und 464 bodengestützten Marsch- vier Jahre später (1983) stationiert wer- Hürde, indem der Heavenly Club (HC) mosexuelle, hieß es ebenso, wie dass es flugkörpern (Cruise Missiles). Sämtliche den – der „NATO-Doppelbeschluss“. eben ein Club war, ein eingetragener Ver- hier Haschisch etc. zu kaufen gäbe - was Systeme sollten jeweils mit nur einem ein. Zutritt gab es nur für Mitglieder (was alles aber nicht den Tatsachen entsprach. atomaren Sprengsatz ausgestattet wer- Als Reaktion darauf expandierte die bun- freilich nicht immer und bei jedem Gast Im Club kam es höchstens mal zu einem den. Somit wäre ein Krieg in Europa mit desdeutsche Friedensbewegung enorm, überprüft wurde). Immerhin wies das Mit- Rausch mit Henninger Kaiserpils. Atomwaffen theoretisch möglich gewor- auch in Sobernheim. gliedsbuch des HC über dreihundert Mit- In der zweiten Jahreshälfte 1970 waren den. Entsprechende Planspiele wurden Am 20.November 1981 wurde das glieder auf. Die Existenz dieser „Himmli- alle nun mit dem Abitur versehenen jun- diskutiert. Es entstanden Filme (The day Sobernheimer Friedensforum auf Initiati- schen Gemeinschaft“ währte indes nur gen Revoluzzer aus der Felkestadt ver- after) und Bücher (Die letzten Kinder von ve von Pfarrer Wilhelm von Ascheraden rund anderthalb Jahre, bereits im Frühjahr schwunden. Sie studierten irgendwo in Schewenborn) zu diesem Szenario, die aus Monzingen, Ralph Dickopf, Waltraud 1971 schloss der Club seine Pforten, er deutschen Landen - und zurück blieben viele Menschen bewegten. Zugleich bot Astheimer und Rainer Lauf im Evangeli- war überschuldet und bekam keine Ge- zu wenige Akteure, die zudem aus beruf- die NATO der Regierung der UdSSR so- schen Gemeindezentrum ins Leben ge- tränke mehr. Einer der Club-Mitgründer lichen Gründen nicht genügend Zeit zur war der Schreiber dieser Zeilen. Er wi- intensiven Betreuung des Heavenly Clubs ckelte dann ab 1971 quasi im Alleingang hatten. Vor allem über Weihnachten 1970 die Tilgung der Clubschulden ab. Ihm war und und dann erneut an Silvester/Neujahr es eine Lehre für‘s Leben und sein sozia- kam es zu heftigen, nicht dokumentier- les Engagement setzte er ab da in weni- ten Geldentnahmen aus der Klubkasse ger revolutionären Gemeinschaften fort. (Besucher und Hilfskräfte genehmigten In den ersten Monaten des Heavenly sich etwa mal Taxifahrten nach Kirn zu Clubs gab es mehrfach engagiert geführ- anderen Events). Schließlich waren zwei te Diskussionsabende. Man organisierte größere Getränkelieferungen noch nicht auch Autorenlesungen und im Sommer bezahlt - die Kasse leer. Rechnungen 1970 traten sogar Mitglieder der bekann- über 3000 D-Mark standen offen. Also ten Band “Moonstones“ bei einem Club- schloss Paul Bregenzer den Club. Das war Gig am Sobernheimer Marktplatz auf. In im Februar 1971 das Ende jener „himm- der ersten Etage des Hauses wohnte der lischen Gemeinschaft“ am Sobernheimer Club-Geschäftsführer Gibiec, bis er zum Marktplatz. Lediglich einer der damaligen BWL-Studium nach Mainz wechselte. In Sobernheimer Apo-Studenten beteiligte zwei weiteren Räumen wurde in Zusam- sich an der Klubabwicklung, er spendete menarbeit mit dem Frankfurter Club Vol- einen Teil seiner Job-Entlohnung aus den taire eine Bücherei mit linker Literatur Semesterferien. Paul Bregenzer Friedensbewegung 1983 vor dem Ehrenmal 335 336 rufen. Dazu trafen sich Delegierte von gesehen, teilweise spöttisch aber auch Verwaltung wurde darüber diskutiert, ob gar tätlich angegriffen. Es gab sogar Kirchengemeinden, Parteien und ande- wohlwollend kommentiert. ein solcher Beschluss überhaupt zulässig Morddrohungen. ren Organisationen. Abgesagt hatte das sei. Bundesweit fanden ähnliche Aktio- Jagdbombergeschwader 35. Die Anwe- 21 Menschen beteiligten sich vom 28. nen statt. Manche Kommunen erklärten An Ostern 1984 nahmen Mitglieder des senden legten ihre Stellungnahmen zum – 30.Oktober 1983 am „Fasten für den sich für grundsätzlich atomwaffenfrei. Friedensforums am Ostermarsch ab Kas- Thema Frieden vor. Bald kam es jedoch Frieden“. Nach einem Umzug mit Trans- Zwischen der CDU einerseits und vor al- tellaun zur Raketenstation Wüschheim/ zu Streit zwischen den Parteien; die CDU parent durch die Stadt verzichteten die lem SPD und GRÜNEN andererseits kam Hasselbach teil. Die Veranstaltungen auf stieg aus, allerdings machte die Junge Teilnehmer 48 Stunden auf feste Nah- es zu heftigen Diskussion und kontro- dem Hunsrück rund um die vorgesehene Union weiter mit. Vom 5. bis 12.Juni 1982 rung. Mit einem Gottesdienst am Sonn- versen Leserbriefen. Sowohl im Stadtrat Cruise-Missile-Stationierung hatten im- wurde die Sobernheimer Friedenswoche tagabend und anschließendem gemein- (7 ja, 10 nein, 2 Enthaltungen) als auch mer mehr Zulauf, teils von weit her mit durchgeführt: Friedenszug, Infostände, samem Kartoffelsuppe-Essen wurde die im Verbandsgemeinderat gab es keine prominenten Vertretern der Friedensbe- Ökumenischer Gottesdienst, Filmvorfüh- Fastenaktion beendet. Die Reaktionen in Mehrheit für den Antrag, die anschlie- wegung. rungen, Podiumsdiskussionen, Gebete der Sobernheimer Bevölkerung waren ßende Beschwerde des Friedensforums Am 6. und 7.Juli 1984 feierte des JABOG zur Sache, einem Jugendnachmittag, ei- zurückhaltend, aber überwiegend posi- beim Kreisrechtsausschuss kostete Geld, 35 25-jähriges Bestehen in Pferdsfeld/ nem Kinderfriedensfest. Elke Olschewski tiv. An einer Demonstration am Statio- brachte jedoch auch nur die Ablehnung. Sobernheim mit einem Flugtag und ei- führte im Marumpark den Hiroshima- nierungsort Wüschheim bzw. Hasselbach Eine Stadtratssitzung zu diesem Thema nem Großen Zapfenstreich auf dem Tanz auf. Während die teils hochkarä- bei Kastellaun am 12.11.1983 nahmen platzte, als die SPD-Fraktion mit Frak- Johannisplatz. Das Friedensforum pro- tig besetzten Podiumsdiskussionen und auch Mitglieder des Sobernheimer Frie- tionsvorsitzendem Karl von Erden, die testierte dagegen mit Flugblättern und Vorträge nur wenig von der Bevölkerung densforums teil. Am 21.November 1983, einen eigenen Antrag zur atomwaffen- einer Mahnwache am Kuhweg. Der Pro- angenommen wurden, war das Kinder- dem ersten Tag der Bundestagsdebatte freien Zone eingebracht hatte, der aber test richtete sich gegen die Demonstra- friedensfest sehr gut besucht. über die Nachrüstung hielt das Friedens- nicht auf die Tagesordnung genommen tion militärischer Stärke, besonders für In der Folge waren vor allem die SPD , forum von 9 bis 21 Uhr eine Mahnwache wurde, unter Protest auszog. Kinder und die negativen Auswirkungen die GRÜNEN und die Evangelische Kir- auf dem Marktplatz. Jeweils drei bis fünf des Flugbetriebs, auch in Bezug auf die chengemeinde bei der Friedensarbeit Menschen standen mit dem Transparent. Das Friedensforum hatte in Sobernheim kurz zuvor ausgeführte Umsiedlung der aktiv. Der Kirchentag 1983 in Hannover Gleichzeitig wurde eine symbolische als Bundeswehr-Garnison von Anfang Dörfer Rehbach, Pferdsfeld und Eck- „Umkehr zum Leben“ mit seinen lila Tü- „Volksabstimmung“ über die Stationie- an einen schwierigen Stand. Die Solda- weiler. Der Zapfenstreich als Ausdruck chern und dem Slogan „Die Zeit ist da rung von Atomraketen in Deutschland ten und Zivilisten des Geschwaders mit militärischen Selbstbewusstseins war für ein Nein ohne jedes Ja zu Massen- durchgeführt. Am Heiligen Abend 1983 ihren Familien fühlten sich zum Teil per- nach Ansicht der Friedensbewegung ein vernichtungswaffen“ brachte vor allem verteilten Mitglieder des Friedensfo- sönlich angegriffen, obwohl gerade dies überholtes Ritual, das abgeschafft wer- bei der Evangelischen Kirchengemeinde rums vor beiden Bad Sobernheimer vom Friedensforum nicht beabsichtigt den sollte. Die Gäste des Zapfenstreichs Aufschwung für die Friedensbewegung. Kirchen friedliche Weihnachtswünsche war, was immer wieder betont wurde. reagierten sehr unwillig auf die Proteste. Die Kirchentagsmenschen trugen ihre mit einem kurzen Text von Jörg Zink. Nur wenige Bundeswehrangehörige be- lila Tücher teilweise auch im Alltag. Das teiligten sich aktiv an Diskussionen, die Der 20.10.1984 war eine riesige De- führte zu Diskussionen in der Stadt.Im Eine Initiative für eine atomwaffenfreie meisten kritisierten die Friedensleute in monstration der bundesdeutschen Frie- Oktober 1983 wurde auf dem Sobernhei- Zone Sobernheim wurde Ende 1983 ins internen Zirkeln. Innerhalb der Kirchen- densbewegung. Eine Menschenkette mer Marktplatz die Aktion „Schweigen Leben gerufen. Mit viel Engagement gemeinden, aber auch innerhalb der sollte von Hasselbach bis nach Duisburg für den Frieden“ – eine Stunde am Don- wurden rund 1500 Unterschriften für eine Parteien gab es Differenzen. reichen, mit den Schwerpunkten Aufrüs- nerstag - begonnen. Einige Unentwegte Eingabe an den Stadtrat gesammelt und Mitglieder des Friedensforums wurden tung, Massenarbeitslosigkeit und Atom- standen schweigend und frierend unter am 19.März 1984 von der alten Dame direkt und indirekt unter Druck gesetzt. kraftwerk Mülheim-Kärlich. Die Sobern- einem entsprechenden Transparent eine Herta Steitz an Bürgermeister Dr. Wer- Sie erhielten offene oder anonyme Brie- heimer Friedensmenschen fuhren mit Stunde lang, wurden verwundert an- ner Dümmler übergeben. Innerhalb der fe und Anrufe, wurden beschimpft, so- einem großen Bus nach Buchholz und

337 338 reihten sich dort in die Menschenket- Blut für Öl“ gegen den Krieg am Golf auf. Aktionen und Personen te ein. Danach fuhren sie nach Bonn Wieder wurde zum „Schweigen für den » arkadaslar zur Großkundgebung mit über 100.000 Frieden“ auf dem Marktplatz aufgeru- Menschen auf die Hofgartenwiese. Da- fen. Es gab regelmäßige Friedensgebete. nach gab es immer wieder Aktionen des Die Fassenacht wurde abgesagt. Grund- Anfang der 1980er Jahre gab es in Sobern- gegründet, benannt nach dem türkischen Friedensforums: Mahnwachen, Gottes- schüler und Gymnasiasten protestierten heim ein Ausländer-Problem, genauer ein Wort für Freundschaft „ARKADASLAR“. dienste, Teilnahme an Demonstrationen gegen den Krieg. Türken-Problem. Besonders von der ex- Beim ersten Treffen am 6.7.1982 im Evan- am Atomraketen-Stationierungsort Has- pandierenden Firma Hay in Sobernheim gelischen Gemeindezentrum waren acht selbach bei Kastellaun. Am 11.Oktober Der NATO-Doppelbeschluss war aus und Bockenau wurden Arbeitskräfte drin- Deutsche und zwei Türken dabei. Werner 1986 beteiligten sich die Sobernheimer Sicht der Befürworter insoweit erfolg- gend gebraucht, die auf dem deutschen Bohn organisierte Arkadaslar. Bayram an einer Groß-Demo in Hasselbach mit reich, dass die UDSSR gezwungen wur- Arbeitsmarkt nicht vorhanden waren. Vor Demirci, der geschäftstüchtige Wirt der rund 150.000 Menschen. Vorher mach- de, ihre Mittelstreckenraketen aus Eu- allem durch die Bundeswehr gab es hier Gaststätte „Tankstelle“ in der Monzinger ten 500 Motorradfahrer für den Frie- ropa abzuziehen, was auch die NATO ausreichend Arbeitsplätze, die deutlich Straße, Fehti Bayer und vor allem Neba- den in Pferdsfeld Zwischen-Station. Die im Gegenzug veranlasste. Trotzdem gilt bequemer waren und zudem recht gut hat Sutor, die mit einem Türken in Stau- Sobernheimer waren mit Privat-Pkw in das Prinzip der atomaren Abschreckung bezahlt wurden. Die türkischen Männer, dernheim verheiratete Kindergärtnerin den Hunsrück gefahren. Von weither ka- immer noch. In Krisensituationen droht viele davon aus dem Osten der Türkei mit waren von Vorteil für die Verbindungen men eine Menge Busse. Zudem war die also noch das Ende der Zivilisation. Auf relativ geringer beruflicher Qualifikation, zu den türkischen Familien. Es ging zuerst Hunsrückstrecke der Eisenbahn proviso- dem Stationierungsgelände Hasselbach/ brachten ihre Familien mit. Diese „Gast- vor allem um deutschen Sprachunterricht risch wieder in Betrieb genommen wor- Wüschheim wird in und um die ehema- arbeiter“ bezogen die einfachen Woh- für die türkischen Kinder, um Hilfe für die den und ein Sonderzug parkte während ligen Atomraketen-Raketenbunker jedes nungen vor allem in der Innenstadt. Die Familien im Alltag, besonders mit der Bü- der Veranstaltung auf freier Strecke. Pro- Jahr ein riesiges Techno-Festival „Nature türkischen Familien lebten recht zurück- rokratie und am Rand um die Integration minente Rednerinnen und Redner traten 1“ gefeiert. gezogen, zeigten kaum politische oder in Sportvereine. auf, dazu Musikgruppen. Es herrschte religiöse Aktivitäten, lebten ihre Traditi- Türkische Asylbewerber wurden eben- falls betreut, wobei es nicht immer ein- Festival-Stimmung mit ernstem Hin- Werner Bohn onen so gut wie möglich. Viele wollten früher oder später wieder in die Türkei deutig war, ob die Betroffenen wirklich tergrund. Die Polizei war stark aufmar- zurück. Die Kinder kamen als Seitenein- Hilfe brauchten oder die Hilfsbereitschaft schiert, hielt sich aber im Hintergrund. steiger ohne deutsche Sprachkenntnisse ausnutzen wollten. Mit dem türkischen Alles blieb friedlich. Als sich Amerikaner in die Grund- oder in die Hauptschule, Kulturverein in Bad Kreuznach wurde und Russen auf eine gegenseitige Ab- wo man mit mäßigem Erfolg versuchte Kontakt aufgenommen. Elke Olschewski rüstung einigten, flaute die Friedensbe- Sprachunterricht durchzuführen. Junge gründete eine Tanzgruppe für Kinder, die wegung allmählich ab, obwohl die Be- türkische Männer mussten für zwei Jah- in der Folge recht anspruchsvolle Darbie- drohung durch Atomraketen bis heute re zum Wehrdienst in die Türkei, konnten tungen einübte. Ein Spiele-Nachmittag besteht. sich für viel Geld davon freikaufen, was für deutsche und türkische Kinder wurde viele versuchten. Mädchen wurden, wie zeitweise im Gemeindezentrum durchge- Im August 1990 begann der 2.Golfkrieg es üblich war, von den Familien türkisch führt. (auch als 1.Golfkrieg bezeichnet). Der verheiratet, zum Teil mit Männern aus Am 13.September 1982 wurde an der Grund- Irak hatte Kuwait erobert, darauf re- der Heimat, die dann auch hierher kamen. schule unterrichtsbegleitend Deutsch- agierte eine Allianz, angeführt von den Förderunterricht für türkische Kinder eh- USA und ging militärisch gegen den Irak Ausgehend von Schule, katholischem Kin- renamtlich durch Sieglind Humrich, Helga vor. Die Schüler Steffen Bohn, Matthi- dergarten, Evangelischer Kirchengemein- Bohn und Bettina Glatz und durch Leh- as und Rafael Dreyer riefen Ende 1990 de und einigen politisch Aktiven wurde rerinnen aufgenommen. In den Räumen zur Mahnwache unter dem Motto „Kein ein deutsch-türkischer Freundschaftskreis der Arbeiterwohlfahrt in der Großstraße

339 340 wurden Sprechstunden zur Beratung in terrichteten Türkische Muttersprache im türkischen Gastwirt noch kurz betrieben. Alltagsfragen angeboten. Es wurden 53 Auftrag des türkischen Staats, nicht aber Im Frühjahr 1984 begann eine Rückwan- türkische Familien in Sobernheim gezählt. Islam, denn in der Türkei sind Staat und derungswelle in die Türkei, angeregt Am 28.11.1982 wurde das erste Freund- Kirche seit Atatürk strikt getrennt. durch eine Rückkehrprämie des deut- schaftstreffen im Gemeindezentrum or- Die türkischen Lehrer organisierten mit schen Staats, nachdem es durch die Wirt- ganisiert. „Stühle waren Mangelware“ Arkadaslar Elternabende, Familienfeste schaftslage immer mehr Arbeitslose in stand in der Zeitung, denn die türkischen und andere Veranstaltungen. Besonders der Bundesrepublik gab. Dadurch wurden Familien waren zahlreich erschienen. Bei wichtig war ihnen das „Kinderfest“ zu die Aktivitäten von Arkadaslar deutlich Tee, Kaffee und Plätzchen kam man sich Ehren Atatürks, bei dem Kinder türkische eingeschränkt. Die gut integrierten Tür- näher. Etwa zur gleichen Zeit eröffnete Verse zu Ehren des Staatsgründers auf- ken hatten sich in Sobernheim einiger- Bayram Demirci ein türkisches Lebens- sagten und türkische Lieder gesungen maßen eingerichtet und brauchten immer mittelgeschäft in der Wilhelmstraße. wurden. Dabei war oft auch ein Vertre- Freundschaftstreffen im weniger Hilfe, die weniger integrierten ter des türkischen Konsulats in Frankfurt. Evangelischen Gemeindezentrum waren zurück in die Türkei gegangen. Anfang 1983 schickte das Türkische Kon- Auch türkische Tänze wurden vorgeführt, Asylbewerber waren zum großen Teil ab- sulat in Mainz einen türkischen Lehrer an dazu aber auch die Ausdruckstänze mit Mitglieder von Arkadaslar wurden auch geschoben worden. Die Zahl der Familien die Sobernheimer Schulen. Er hieß Isa (= Elke Olschewski. Es entstanden freund- in einigen recht dramatischen Situati- war auf 35 zurück gegangen. Der Arbeits- Jesus) Kurtoglu, holte später seine Fami- schaftliche Kontakte zwischen Deutschen onen türkischer Familien beteiligt, un- kreis wurde immer kleiner. Am 15.August lie nach. Arkadaslar unterstützt ihn nach und Türken. ter anderem bei der Abschiebung eines 1986 wurde beim 22.Treffen Arkadaslar Kräften, Isa war aller Freund. Ihm folgten Die Mitglieder des Arbeitskreises wa- querschnittgelähmten Asylbewerbers aufgelöst. Das Restgeld auf dem Spar- immer wieder andere türkische Lehrer ren in den Familien willkommen und mit seiner Familie einschließlich eines buch, Samowar und alles Andere erhielt und Lehrerinnen, zuerst in der Grund- wurden auch zu Hochzeiten eingeladen. schwerstbehinderten Kindes, bei der Aus- der ökumenische Eine-Welt-Arbeitskreis. schule Sobernheim stationiert, später an Für die Deutschen in der Gruppe gab es viele einandersetzung um eine unerwünschte der Dominik-Grundschule Kirn. Sie un- neue Erfahrungen mit türkischer Lebensart. Beziehung eines jungen türkischen Paa- Fazit: Arkadaslar hat seine Aufgabe ei- res, der verhinderten Verheiratung einer gentlich erfüllt. Die türkischen Familien jungen türkischen Frau oder der Über- sind in der Stadt integriert; sie haben führung eines verstorbenen Kindes in zum großen Teil inzwischen die deut- die Türkei. Dabei konnten die Deutschen sche Staatsangehörigkeit. Kinder wach- über Behörden vermitteln und manchen sen zwar noch zweisprachig auf, doch Fall zum guten Ende bringen, wenn auch das Türkische geht immer mehr zurück, nicht alle. obwohl der Muttersprachliche Unterricht weiter angeboten, aber immer weniger An mehreren Innenstadtfesten nahm angenommen wird. Menschen mit türki- Arkadaslar teil, zuerst im Garten des schen Wurzeln leben in Bad Sobernheim Pfarrhauses der Familie Eigemann in der so wie Menschen mit anderen auswärti- Igelsbachstraße. Dabei wurden türkische gen und ausländischen Wurzeln. Spezialitäten angeboten, Nebahat Su- tor las die Zukunft aus dem Kaffeesatz, Werner Bohn türkische Tänze wurden vorgeführt. Ar- kadaslar hatte für die Veranstaltungen einen Samowar, Teegläser und Mokka- Rund um den Samowar: Kurt Faber, Dietrich Humrich, Werner Bohn, Tässchen angeschafft. Später wurde der Nebahat und Wolfgang Sutor, ?, Isa Kiziloglu, Fehti Bayer und Frau Stand auf dem Denkmalplatz über einen 341 342 Aktionen und Personen deckend versorgen könnten. Durch Ein- terkurse besuchen können. Nach einem schalten verschiedener Medien wäre für Akustik-Gutachten, von einem Schallex- » Mattheiser Sommer-akademie die Stadt und das Kreisgebiet eine große perten unter verschiedenen Bedingun- Werbewirksamkeit gewährleistet, da die gen in der Leinenbornhalle durchgeführt, Kurse ohnehin international gestaltet wusste man: Diese Halle kann als reprä- werden sollen“. sentativer Konzertraum bei künftigen Auch das Konzept hat Udo Schneberger Konzerten genutzt werden. schon klar vor Augen: „Das Projekt soll Viele Schwierigkeiten und Widerstände aus bis zu zehn Meisterklassen beste- stellten sich ihm in den Weg. Es koste- hen, bei denen jeweils eine Gruppe von te ihn große Überzeugungskraft mit für "Nur wer selbst brennt, aktiven und passiven Studenten unter sich sprechenden Zahlen, diplomatischer kann Feuer in anderen entfachen." Leitung eines bedeutenden Meisters für Wortgewalt, Mut und Durchhaltever- bestimmte Zeit gemeinsam arbeitet und mögen, die Kosten seines Unterfangens (Augustinus Aurelius) lernt. Ziel ist eine vertiefte und besonders darzulegen und zu begründen: Größter intensive Auseinandersetzung mit dem Posten waren die Honorare für die zehn Instrument, seiner Spieltechnik.....In Kur- bis zwölf Dozenten, die im Schnitt 7000 sen von 12 bis höchstens 15 aktiven Teil- bis 8000 DM bekommen sollten. Zu den Wer ist Udo Schneberger? und Studenten in begeisterter und hoch nehmern und weiteren passiven Schülern 85.000 bis 100.000 DM Honoraren kamen Am 28. Januar 1964 erblickte er in Sobern- konzentrierter Atmosphäre zusammen. sollen die Musikstudenten 3 Wochen lang Unterbringung und Anreise der Dozenten. heim an der Nahe das Licht der Welt. Bekannte Solisten und weltberühmte unterrichtet und angeleitet werden.“ Daneben mussten auch noch 25.000 DM Wohlbehütet wuchs er auf, besuchte die Meister wurden dorthin verpflichtet, wo für internationale Werbung und 10.000 Grundschule, bis er 1970 auf das Gym- die Studenten ihr bisheriges Können ver- Seine Bemühungen DM für die allgemeine Organisation ein- nasium überwechselte, wo er 1983 sein vollständigen konnten. Und schon zieht Udo Schnebergers Idee war ein Novum kalkuliert werden. Abitur ablegte. Klavierunterricht erhielt Udo Schneberger gedanklich Parallelen für die Bundesrepublik, das vom Land Gewisse Einnahmen standen diesen Kos- er bei dem Pianisten und Komponisten zu seiner Heimatstadt, die eines der „be- unterstützt werden sollte. Dazu wurden ten gegenüber: Kursgebühren von 800 Rudolf Desch in Sobernheim und Orgel- merkenswertesten Orgeldenkmale des erste Gespräche im Kultusministerium DM je Student, (mindestens 150 Studen- unterricht bei Kantor Dieter Wellmann in Rheinlandes hat, nämlich die Stumm- geführt. Aufgeschlossenheit und Interes- ten dürfen erwartet werden). 30.000 bis Bad Kreuznach. Sein Studium begann er Orgel in der evangelischen Kirche St. se fanden sich in Sobernheim beim Stadt- 50.000 DM Zuschuss stellte das Kultus- in Köln bei Professor Günter Ludwig und Matthias. Sie wird 250 Jahre alt und diese bürgermeister Dr. Dümmler, Pfarrer Eige- ministerium in Aussicht. Vom Kreis und in Heidelberg studierte er Kirchenmusik Tatsache möchte er in die Namensge- mann, Oberstudiendirektor Dietz, Freiherr einer Bausparkasse konnte man 10.000 an der Musikhochschule. Seit 1991 lebt bung seines Projektes mit einbeziehen: von Racknitz, Frau Tietze-Rennekamp, DM und schließlich dürfe man 25.000 DM er in Japan und lehrt als Professor an der “Mattheiser Sommerakademie“ soll es bei den Kurhäusern Menschel, Dhonau Einnahmen bei den Konzerten erwarten. Shirasagi Academy of Music in Himeji so- heißen, wobei „Mattheis“die volkstümli- und Stassen wie auch Herrn Mayerhofer. wie als Dozent an der University of Arts che Genetiv-Form von Matthias ist. Bedenken wurden bei der SPD laut, die in Osaka. Ein Ereignis, wie es ihm vorschwebt, Stark einkalkuliert wurde die Akzeptanz eingeladen hatte, um informiert zu wer- „käme der Bedeutung eines Orgeljubilä- der Bevölkerung: hier war die Bereit- den: Die Stadt habe „hinten und vorne“ Udo Schnebergers Idee und Zielsetzung ums entgegen und hätte als Konsequenz schaft, Studenten aufzunehmen, ge- kein Geld und es gäbe dringendere Auf- „Die Akademie der Musik“, die im Jah- für mehrere Wochen ein musik-kulturel- fordert. Schon 1987 steckt der Initiator gaben zu lösen. Und wer soll schließlich re 1975 in der französischen Stadt Tours les Zentrum des Landes Rheinland-Pfalz Schneberger viel Zeit und Energie in sein ein sehr hohes Defizit, mit dem man rech- ins Leben gerufen worden war, inspi- mit über 100 aktiven Musikern und dem- Projekt, das über 100 Studenten aus ganz nen müsse, bezahlen? Trotz aller Sympa- rierte den jungen Musiker. Dort arbeite- entsprechend vielen Konzerten, die zur Europa in die Felkestadt bringen soll, wo thie, die vereinzelt auch Udo Schneberger ten 3 Wochen lang Musiker, Professoren Kurszeit wohl die ganze Region flächen- sie bei berühmten Professoren Meis- entgegengebracht wurde, trat er recht

343 344 traurig und entmutigt seinen Heimweg kannt gegeben und das Kultusministeri- Kuratorium und Förderverein gründen! Presse zu lesen: „... Vielleicht gelingt es an. Die Zeit war noch nicht reif, ganz ge- um dies für gut befunden hatte, käme es Wie wird es mit Unterkunft und Verpfle- wirklich, Sobernheim aus dem kulturellen naue Angaben über Heller und Pfennig nur noch auf die Bevölkerung an. Wird sie gung? Dornröschenschlaf zu reißen und auf Jah- machen zu können, wie das an jenem das Ganze mittragen oder hört man des re hinaus ein Mekka für Musikstudenten Abend gewünscht worden war. Öfteren „Das ist doch eine Nummer zu Mit vielen solcher und ähnlicher Fragen in der Felkestadt zu installieren. Udo sei groß“, „Größenwahnsinn“ oder ähnliches und Gedanken, auch Bedenken, hatte Dank!“ Ganz andere Eindrücke durfte er bei der Demotivierendes. „Wer nichts wagt, der sich Udo Schneberger auseinanderzuset- CDU sammeln: „CDU gefällt Mattheiser gewinnt nichts“, „Ohne Risiko auch keine zen. Sein Klavierspiel vernachlässigte er, Man ist beflügelt in der Bevölkerung und Sommer-Akademie“ oder „Geprüft und Chance“ - so lauteten die aufmunternden weil er viel Zeit aufwenden musste für geht mit viel Enthusiasmus und Energie für gut befunden“ oder „Stadtverband Parolen andererseits. sein hochgestecktes Ziel. Er hatte sehr an die Arbeit: Ein Arbeitskreis „Sommer- steht Udo Schnebergers Idee positiv ge- Und dann entschied der Sobernheimer viel Überzeugungsarbeit zu leisten, in- akademie“ rief eine Satzungskommissi- genüber“ - so lauteten die Schlagzeilen in Stadtrat darüber, ob die Stadt die Träger- dem er zu einem „Vorgespräch in großem on ins Leben, die am 27. Oktober 1987 der Tagespresse. schaft der „Mattheiser Sommerakademie Kreis“einlud. Nur rund 30 Interessierte die Satzung für einen Förderverein vor- Mit positiven Zahlen konnte Udo Schne- annimmt. Paul Bregenzer schrieb in der aus Politik, Schulwesen, kulturellem und legt; damit gilt diese Versammlung als berger zu dieser Zeit schon aufwarten: Allgemeinen Zeitung: kirchlichem Leben, daneben auch Vertre- Gründungsversammlung des Förderver- Von den benötigten 150 Betten seien ihm „Aber bekanntlich gewinnt nicht, wer ter des Fremdenverkehrsamtes, waren eins. Der Satzungskommission gehörten schon über 60 zugesichert worden und nichts wagt. Und hier muss die Stadt, die der Einladung der Verbandsgemeinde an: Alfred Peeters, Luise Rothenberger, während der Gespräche wurden gleich den Titel „ Bad“ anstrebt, ganz einfach gefolgt. Dr. Pongs, Dr. Klaus Wallau, Freiherr von neue Angebote für Übernachtungsmög- den Schritt wagen hin zu einem europa- Udo konnte sich auf seinen Bekanntheits- Racknitz, Hans Stassen, Dr. Klaus Freck- lichkeiten gemacht. Auch beim Kultusmi- weit beachteten Zentrum der Musik. Das grad verlassen, denn er hatte schon viel- mann und Udo Schneberger. nisterium wurde das Projekt mittlerweile verschafft Renommee und renommier- mals sein Können und seine Begabung wohlwollend angenommen. Kultusminis- te Badestädte florieren. Die Felke-Idee bei verschiedenen Orgelkonzerten unter Sofort wurde auch ein Vorstand gewählt: ter Gölter ließ verlauten, dass die „Mat- könnte schon eine so gewaltige Mitstrei- Beweis gestellt. Und wie üblich, gab es Luise Rothenberger (1. Vorsitzende) theiser Sommer-Akademie“ anlässlich terin wie die Musik gebrauchen. Da sollte Skeptiker und Befürworter. Doch es hielt Dr. Klaus Wallau (2. Vorsitzender) der 250 Jahre alten Stumm-Orgel in der kein Ratsmitglied zögern beim Ja.“ ihn nichts von seinem Vorhaben ab, er Herbert Kerpen (Schriftführer) Matthiaskirche als „bemerkenswert“ Der Haupt- und Finanzausschuss hatte kämpfte weiter. Siegfried Wenz (Kassenwart) angesehen wird und stellte Zuschüsse bereits „grünes Licht“ gegeben mit den Unterstützt wurde er von seinem Lehr- Udo Schneberger (künstlerischer Leiter) in Aussicht. Mittlerweile beurteilte man Vorbereitungen zu beginnen. Die Zustim- meister Professor Günter Ludwig von Udos Bestrebungen als eine Sache mit mung des Stadtrats folgte dann kurz da- der Kölner Musikhochschule, der nach Förderverein, Organisationskomitee, das „Hand und Fuß – kein Hirngespinst“. Sie nach. Sobernheim kam und ihn als „couragier- Kur- und Touristikbüro, die evangelische sei so gut durchdacht und konzipiert, ten, ideenreichen und seriösen Men- Kirche, und vor allem Udo Schneberger dass man das Wagnis dieser Neuheit, die Sommerakademie – schen“ bezeichnete. Von seinem Lehrer - alle mussten nun ihre Hausaufgaben sich für Sobernheim nur positiv auswir- das Ereignis für die Stadt Sobernheim! erwartete er Ratschläge und Argumenta- machen: Es waren Mitglieder zu werben, ken könne, eingehen müsse. Gleichzeitig Die Felkestadt als Mekka für begabte Stu- tionshilfen, da dieser große Erfahrung in Werbung über die städtischen Grenzen wurde der Wunsch laut, die Sommeraka- denten und Berufsmusiker! Sachen Sommerakademie hatte. hinaus musste organisiert werden, Un- demie möge keine Eintagsfliege werden. Weltstars der Musik als Zugpferde! Und dann die Entscheidung im Stadtrat: terbringungsmöglichkeiten für Studen- „Liebliche Akademie“ - Novum für die Mit großer Mehrheit entschied dieser sich ten und Dozenten waren zu suchen, das Natürlich machte man sich auch bei der Bundesrepublik! nach ausführlichen Diskussionen für die Orgelfestival war vorzubereiten und Do- CDU Gedanken darüber, wer ein even- Kann sich die Stadt das Projekt finanziell Sommerakademie. Udo war erleichtert: zenten mussten unter Vertrag gebracht tuelles großes Defizit bezahle. Nach- leisten? Nun kann die erste Mattheiser Sommer- werden. Die Vorbereitungsarbeiten liefen dem Udo Schneberger den finanziellen Welche Geldgeber gibt es? akademie für September 1988 vorberei- also auf Hochtouren. Rahmen von insgesamt 150.000 DM be- Gibt es ein Risiko und wer trägt es? tet werden! Am nächsten Tag war in der Und dann die Schlagzeilen: „Bürgerna-

345 346 he Kunst auf internationaler Ebene“ und gen und Konsequenz hatte er sein hoch- Bombe ein: wollte man eine weitere MSA auf die Bei- „Mattheiser Sommer-Akademie mit Spit- gestecktes Ziel erreicht. Udo Schneberger wird ab 1. Oktober 1991 ne stellen. Nach der Devise „Aus Fehlern zenkünstlern aus aller Welt“ und „Drei als 27-jähriger Sobernheimer Pianist nach kann man lernen“ ging es an die Arbeit Weltklasse – Musiker der UdSSR haben Es geht weiter Japan übersiedeln und dort als berufener und organisierte aufs Neue: Und man war zugesagt“ Aber auch Forderungen wie Die erste Hürde war überwunden, nun Professor für Klavier, Kammermusik und erfolgreich! „Helfer gesucht“, „Betten für Sommer- konnte man weitere Pläne schmieden für Musikwissenschaft lehren. Er gab aber akademie“ „Stipendien für die Sommer- die 2. MSA, die vom 10. - 28. September gleichzeitig seine Zusage, zu den inzwi- Die MSA hat sich etabliert akademie?“ Schlechte und gute Schlag- 1991 stattfinden sollte. Bisher bekannte schen geplanten Herbstkonzerten (MHK) Die Zukunft hatte begonnen: Aus über zeilen überschlugen sich: „Zweifel an Dozenten wurden auch jetzt wieder ver- und der Mattheiser Sommer-Akademie in 20 Nationen nahmen Studenten an den Akademieerfolg“, „MSA eine Pleite“, „29 pflichtet, 3 neue kamen hinzu. seine Heimatstadt zu kommen. Meisterklassen teil. Durch das hohe En- Studenten bisher gemeldet“, „Viele Zusa- Der 2. MSA – Haushalt lag mittlerweile gagement der internationalen Meister gen“, „60 wollen zur Akademie“, „Stipen- bei 400 000 DM, 40 000 DM waren vom „Der Galaabend war ein Festival des Hö- hatte die MSA hohes Ansehen gewon- dien des Förderkreises für sechs Studen- Land zu erwarten.Und außerdem musste rens und ein eindrucksvolles Dokument nen und wurde in das ständige Kultur- ten aus dem Ostblock“, „100 Studenten die MSA durch Zuschüsse, Kursgebühren, des stimmigen und erfolgreichen Kon- Programm von Rheinland-Pfalz aufge- gemeldet“. Eintrittsgelder und Spenden finanziert zepts der MSA“, war in den verschiedens- nommen. Ab diesem Zeitpunkt durfte sie Allen Unkenrufen zum Trotz wurde die werden. Es blieb nicht aus, dass über Er- ten Kritiken zu hören und zu lesen. der Förderung des Landes sicher sein. 1. Mattheiser Sommer-Akademie am 7. folge oder eventuelle Misserfolge disku- Udo Schneberger benutzte auch immer Auch an Kinder wurde in den folgenden September 1988 eröffnet mit musikali- tiert wurde, vor allem standen auch wie- wieder die Öffentlichkeit, um die Ver- Jahren gedacht: Professor Ludwig hatte schen Größen aus aller Welt und über 100 der Risiken im Raum; dennoch konnte die dienste von Dr. Dümmler, Helmut Blümel eigens für sie ein Konzert vorbereitet, in Studenten! Udo Schneberger hatte der 2.MSA starten: Die Anzahl der gemelde- und Helmut Auweiler zu würdigen: Sie dem er ihnen Musik erklärte und sie an Stadt und Region ein Kulturereignis von ten Studenten war erfreulich; es fanden hatten dafür gesorgt, dass auch schon der Musik teilhaben ließ. Dieses Novum internationalem Rang beschert. Er selbst sich wiederum genügend Gasteltern, die die 2. MSA auf feste Beine gestellt wer- kam sehr gut an. Die übrigen Konzerte war am Schluss des Festivals noch nicht Bevölkerung stellte sich auf ein erneutes den konnte. In abschließender Kritik war erfreuten sich weiterhin regen Besuches. zu einem endgültigen Urteil fähig, aber Festival ein. Die Werbung wurde betrie- z.B. nach der 2. MSA zu lesen: “Sie bedarf Ein Votum für eine nächste MSA durfte er konstatierte bereits, dass klassische ben, Programmhefte erstellt. Das Eröff- einer deutlichen Straffung, eines konse- erwartet werden. Musik doch wohl viele Menschen ange- nungskonzert fand auf der Stumm-Orgel quenten Zeitplans und einer durchschla- Eine tragende Säule war und ist bis heute sprochen habe: Hörte man anfangs nur in der Matthiaskirche statt. Zu den übri- genden Dramaturgie...Will die MSA Be- der Förderkreis, damals unter dem Vorsitz freundlichen Applaus, so sei das hinterher gen Konzerten mussten die Besucher sich stand haben, … muss sie ein eindeutiges von Luise Rothenberger. Er unterstützt in stehende Ovationen umgeschlagen. in die Leinenbornhalle begeben. Konzept und klare Strukturen zeigen... Studenten, die neben den üblichen Ge- Zufrieden konnte er sich auch äußern, Viel Lob und wohlwollende Presse sorg- Die MSA steht an einem Scheideweg: bühren hohe Flugkosten zu zahlen haben die Gastfreundschaft und die Auswahl ten tagaus tagein für beste Stimmung. Entweder man bleibt ein regionales, kul- oder über wenig finanzielle Mittel -ver der Dozenten betreffend. Letztere hätten Anfängliche Organisationsprobleme wa- turelles Ereignis – dann braucht man kei- fügten. So waren es ungefähr 20 bis 25 Großartiges geleistet und das Festival zu ren bald beseitigt. Die Atmosphäre in der ne internationalen Musikmeister – oder Stipendiaten, die zusammen 3000 bis einer Arbeits-Akademie gemacht. mit Fahnen geschmückten Stadt und den aber man wagt den Sprung ins große 4000 DM erhielten. Weiteren Akademien durfte hoffnungs- musikbezogenen Dekorationen in den Musik-Business. Dann braucht man aber Mittlerweile hatte die Stadtführung ge- voll entgegengesehen werden, die Stu- Schaufenstern war hervorragend. Junge ein straff und professionell organisiertes, wechselt: Jetzt stand Hans-Georg Janneck dentenzahlen sollten sich noch erhöhen Menschen huschten mit ihren Instrumen- erfahrenes Management und potente an der Stadtspitze und brachte der MSA und die Organisation müsse in Zukunft tenkästen durch die Straßen: Alles war Sponsoren.“ den gleichen Enthusiasmus entgegen wie noch verbessert werden, so klang es als erfüllt von Musik. Diese zum Teil harte Kritik, gerichtet an sein Vorgänger. Am 18.September 1993 Zukunftsmusik. Udos Traum wurde also Sobernheim stand also wieder im musi- die musikalische und organisatorische wurden Udos Engagement und Verdiens- wahr: Mit sehr viel Energie und Engage- kalischen Rampenlicht. Leitung, war genug Anlass dafür, gründ- te mit dem Kulturpreis „Das Goldene ment, allgemeinem Einfühlungsvermö- Doch dann schlug die Nachricht wie eine lich seine Hausaufgaben zu machen, Herz“ gewürdigt. Nun waren auch Dau-

347 348 erskeptiker überzeugt und Helmut Blü- Stadt heben; oder ist „Rock“ vielleicht mel meinte: “Udo ist nicht nur Vater, auch auch in einem Hangar des Flugplatzes Seele der Akademie“. Man durfte also der denkbar? MSA eine weitere Zukunft voraussagen; Man nahm Vorschläge an, überdach- die durchweg gut besuchten Konzerte lie- te und besprach sie und fand Kompro- ßen eine positive Prognose zu. Auf das misse. In den Jahren danach gab es bei Erreichte musste weiter aufgebaut und den Akademien ein Wandelkonzert, bei die Schwerpunkte und das Typische noch dem Studenten an historischen Gebäu- mehr gestärkt werden, wobei aber die den spielten und Ehrenamtliche kurz die unverwechselbare Zielsetzung nicht aus entsprechende Historie erzählten. Man den Augen verloren werden durfte. lud auch ein zum Open-Air-Konzert auf den Marktplatz, wo die Bevölkerung die Der Weg in die Zukunft ist gesichert Möglichkeit hatte, MSA-Luft zu schnup- Nun findet im zweijährigen Rhythmus die pern und klassische Musik hören durfte. Mattheiser Sommer-Akademie statt. War Es gab Gastkonzerte in Bad Kreuznach, Mattheiser Sommerakademie 2015 sie bisher ein kritisch beäugtes und an- Kirn und Meisenheim, ein Nachtkonzert fangs schwächelndes Pflänzchen gewe- in der Matthiaskirche und Gottesdienste MSA und Udo Schnebergers Lehrmeister, seit Gründung der MSA dabei ist, verwal- sen, dem von Udo Schneberger einst Le- wurden von studentischer Musik berei- Professor Günter Ludwig, ist bis heu- tet von den Anfängen an die Finanzen. ben eingehaucht worden war, so wuchs chert. Neben der Vielzahl von Meister- te dabei. Ebenso hat sich Ralph Manno, Seit 2013 gehören noch Birgit Auweiler es all die Jahre hindurch zu einem kräfti- und Teilnehmerkonzerten formierten seit der 4. Akademie in Bad Sobernheim, (organisatorische Leiterin) und Dr. Reiner gen Spross, dann zu einem festen Stamm, sich Studenten gegen Ende einer MSA zu mittlerweile mit seiner Klarinette in die Lauf als Beisitzer zum Gremium. dessen Wurzeln heute in der Erde Sobern- Kammermusikensembles und spielten in Herzen der Konzertbesucher gespielt. Auch die Freizeitgestaltung kam in den heims verankert sind. Auch weiterhin den Kurhäusern. Für die Bevölkerung gab Nun prägt eine junge Generation an Lehr- letzten Jahren nicht zu kurz: Da gab es waren eifrige Gärtner am Werk, wie die es das Angebot, als Zuhörer am Unter- meistern das Gesicht der Akademie mit. eine Paddel-Tour auf dem Glan oder bei Stadt, das Kuratorium, der Förderkreis, richt teilhaben zu dürfen. Begegnungsta- Und es ist zu beobachten, wie sie sich Weinproben in den umliegenden Dörfern die Sponsoren, das Organisationskomitee ge der Dozenten und Studenten mit der sehr wohl fühlt. Studenten werden von lernte man den guten Nahewein kennen und die vielen ehrenamtlichen Helfer. Bevölkerung, später nur noch mit dem Helfern des Organisationskomitees und und für ein paar Japanerinnen war der Das unverwechselbare Musikereignis Förderkreis, wurden zum gegenseitigen des Förderkreises in ihren Klassen betreut „Ochs am Spieß“ beim Weinfest in Med- wurde durch international namhafte Do- Beschnuppern und Kennenlernen ange- und mit Kaffee, Kuchen u.a. versorgt. Der dersheim eine noch nie erlebte Attrakti- zenten und dank vieler Sponsoren immer boten. Diese willkommene Geste konnte Förderkreis ist dank großzügiger Sponso- on. Die gute Stimmung während der MSA stärker und zu einem Kulturbegriff, nicht bis heute beibehalten werden. ren gut aufgestellt und kann Stipendiaten – vor Jahren schon beobachtet – zieht sich nur in unserer Region, auch darüber hi- (jeweils zwischen 20 und 30 an der Zahl) bis in die Gegenwart und Ralph Manno naus. Nach jeder MSA-Veranstaltung im All diese Neuerungen aus den 90er Jahren gern unterstützen. meinte schon nach seinem erstmaligen Laufe der Jahre gab es sehr viel Lob, aber gibt es bis heute und machen die Akade- Im Vorstand hat sich auch ein Wech- Auftritt in Bad Sobernheim: „Wir haben man hatte sich auch immer wieder mit mien unverwechselbar. Ab dem Jahr 1999 sel vollzogen: Nach Luise Rothenberger ein Ersatz-Zuhause gefunden; überall kritischen Stimmen auseinanderzuset- bekam die MSA ein „räumliches Zuhau- übernahm Rudolf Gregor den Vorsitz, werden wir herzlich aufgenommen“. zen. Forderungen und neue Ideen wur- se“, indem die Konzerte im renovierten Heide Dhonau wurde zur 2. Vorsitzenden Herzlichkeit, Begeisterung und Lebens- den laut, was die Verantwortlichen in den Kaisersaal stattfinden konnten. Dozenten gewählt. Sie übernahm 2011 Gregors Amt, freude begleiten von Anfang an – seit einzelnen Gremien motivierte: Die Schu- wechselten, ein gewisser fester Stamm der aus Altersgründen nicht mehr kandi- nunmehr 27 Jahren – sowohl Dozenten als len sollten mehr mit einbezogen werden, ist erhalten geblieben und besonders im dierte. Bettina Hill trägt die Geschicke als auch Studenten. Dies macht die Akade- Straßenmusik mit Studenten sei wün- neuen Jahrtausend verjüngte sich die Do- 2. Vorsitzende mit, Dorothea Engwer ist mie so liebenswürdig und so liebenswert. schenswert und würde das Flair in der zentenschaft. Initiator, Mitbegründer der Schriftführerin und Siegfried Wenz, der Heide Dhonau

349 350 Die Preisträger des „Goldenen Herzens“: Bigband Gymnasium Aktionen und Personen 1 Professor Rudolf Desch (+) 16 Wolfgang Heimer (+) » die helmut-kochendörfer-stiftung Bundeschormeister Leiter Heimatmuseum 2 Herbert Wagner (+) 17 Hendrik Ritter Gründer Musikgruppe Kantor, Chorgründer 3 Dr. Werner Vogt (+) 18 Dorfgemeinschaft Steinhardt Historiker, Heimatforscher Engagement gegen Steinbruch 4 MGV Liederkranz 19 Eva Tietz-Rennekamp Männergesangverein Organistin, Musiklehrerin 5 Duane Homokay 20 Professor Dr. Wolfgang Stribrny (+) „der Sowerumer Ami“ Historiker 6 Hans-Joachim Thrun 21 Hans Eberhard Berkemann Maler, Grafiker Initiator Synagogenverein 7 Elisabeth Lorenz / Tante Lisbeth (+) 22 Die Kulissenschieber „die Kinder-Tante“ Theatergruppe Kath. Kindergarten 8 Professor Udo Schneberger 23 Paul Bregenzer Musiker, Gründer MSA De Paul 9 Harald Möhlig 24 Arbeiterwohlfahrt Partnerschaft Louvres 25 Kristian Nyquist Das Kuratorium mit dem ersten Preisträger: Klaus-Uwe Hilsenbek, Helmut Kochendörfer, Klaus (Partnerschaft mit Frankreich) Cembalist Roßkopf, Professor Rudolf Desch, Emil Lenhart, Werner Bohn, Dr. Hans-Gert Dhonau, Günter Weitzel 10 Freundeskreis Freilichtmuseum 26 Team vom 11 Wilhelm Schlipp Ökumenischen Seniorenclub 27 Sabine Schossig-Roevenich und „Das Goldene Herz“ in dem die Stiftungs-Idee geboren wurde. Organisator Kulturreisen 12 Gerhard Wöllstein Oliver Schneiß Der Sobernheimer Kaufmann Helmut So wurde 1986 die Helmut-Kochendörfer- Pianist Duo „Rock und Rosen“ Kochendörfer, der zusammen mit seiner Stiftung „Das Goldene Herz“ ins Leben 13 Gerhard Engbarth 28 Jutta und Gerhard Mietzker Frau mit viel Fleiß und kaufmännischem gerufen und vom Stifter großzügig mit Mundartdichter, Bluesikant Leiter Bücherei Geschick aus kleinsten Anfängen – ei- 15.000 DM finanziell ausgestattet. Zweck 14 Rudolf Gregor 29 Gottfried Kneib nem Kiosk an der Ecke Igelsbachstraße/ der Stiftung ist seitdem die Förderung Förderkreis der MSA Heimatforscher 30 Klaus Martin Poststraße - eine kleine Supermarktkette des kulturellen Lebens in Bad Sobern- (Mattheiser Sommer-Akademie) 15 Günter Friedrich / Bigband EFG Film- und Fotomacher mit Standorten in Sobernheim, Kirn und heim und Umgebung. Dieser Zweck soll Rüdesheim (TOP-Markt) aufgebaut hatte, insbesondere verwirklicht werden durch engagierte sich als Sponsor in mehreren die alljährliche Vergabe des Kulturpreises Sobernheimer Vereinen. Auch für die ge- „Das Goldene Herz von Sobernheim“ in samte Stadt setzte er sich und sein Geld Verbindung mit einem Geldpreis. In der ein, erfand das „Goldene Herz“, das er als Folgezeit machte die Familie Kochendör- Emblem unter anderem auf Lebkuchen, fer immer wieder Zustiftungen. Dadurch der „Stadtzigarre“, Liederheften oder sowie durch Zinserträge ist inzwischen Fastnachtsorden anfertigen ließ. Als er ein festes Stiftungskapital von 40.000 € Mitte der 1980er Jahre eine große Schorn- entstanden. steinfeger-Figur für den Marktplatz spen- Ins Kuratorium der Stiftung wurden von den wollte, beim Stadtrat dafür allerdings Helmut Kochendörfer unter seinem Vor- keine Zustimmung fand und verärgert die sitz berufen: Emil Lenhart, Günter Weit- Figur nach Kirn spendete, kam es zum in- zel, Klaus Roßkopf, Dr. Hans-Gert Dhonau, 2009 erhält die Arbeiterwohlfahrt – hier der Vorsitzende Alois Strehl – das Goldene Herz tensiven Gespräch mit Bürgermeister Dr. Klaus-Uwe Hilsenbek,Werner Bohn Dem Kuratorium gehören zur Zeit an: Dr. Hans-Gert Dhonau (Vorsitzender),Günther Weitzel,Uwe Werner Dümmler und anderen Personen, Werner Bohn Engelmann, Werner Bohn, Ernst Fechter, Dr. Christian Mann, Dr. Hartmut Wilms 351 352 Aktionen und Personen des Ozeans vertraut und lieb machte. 1854 in Wuppertal-Elberfeld geboren Diese „Spinnstube“, die den Untertitel wurde. Der Vater war in jener Stadt ein » wilhelm oertel / hugo reich / Emanuel Felke „Ein Volksbuch“ führte, erschien zuerst in höherer städtischer Beamter, die Mutter, Kalenderform und enthielt jene gern ge- eine geborene Bach, entstammte der be- lesenen Geschichten, die die Leser mit- kannten deutschen Musikerfamilie. Wilhelm Oertel Erzählungen und Geschichten formte und ten hinein in die Freuden und Nöte der Nach dem Besuch des Gymnasiums sei- Ein bekannter Volksschriftsteller sie unter dem Decknamen „Fr. W. Lips“ heimatlichen Welt führten und als wirk- ner Vaterstadt besuchte Reich die Uni- (1798-1867) veröffentlichte. liche Spinnstubengeschichten eine ganz versität, um Theologie zu studieren. Die Im Jahre 1835 wurde Wilhelm Oertel nach ungewöhnliche Popularität erlangten. Sie Zeit seines Studiums verbrachte er in Als Wilhelm Oertel am 15. August 1798 Bad Sobernheim berufen, um das Amt enthielten außerdem noch etwas Beson- Bonn und in Leipzig. Danach ging er als in Horn geboren wurde, war die Familie eines Superintendenten und Schulins- deres, da für die Illustrationen der be- Vikar nach Frankfurt am Main, wo er mit Oertel schon seit zwei Generationen in pektors zu übernehmen. In diesem Amt rühmte Ludwig Richter gewonnen wur- dem damaligen Führer der inneren Mis- jenem Hunsrückdörfchen ansässig. Der ist Oertel dann nahezu drei Jahrezehnte de. Es folgten weitere Bücher und sowie sion, Pfarrer Gustav Schlosser, in nähere Vater sowohl als auch der Großvater Oer- bis zu seiner Versetzung in den Ruhe- zahlreiche Erzählungen und Geschichten. Beziehungen trat und in dessen Hause tels waren dort als Pfarrer tätig. In Horn stand geblieben. In der Igelsbacherstra- Als dann im Laufe der Jahre sich so man- wohnte. 1883 siedelte Reich nach Berlin verbrachte der Knabe seine frühe Kind- ße steht noch immer das Pfarrhaus, über cherlei Beschwerden des herannahenden über und fand dort Aufnahme im Dom- heit, bis der Vater im Jahre 1804 einem dessen Eingangspforte eine Marmortafel Alters bemerkbar machten, die durch ein kandidatenstift, das begabten jungen Ruf nach Bacharach am Rhein folgte. anzeigt, dass in ihm der Volksschriftstel- jahrelanges Fußleiden noch wesentlich Theologen wissenschaftliche Förderung 1812 zog die Familie in das nicht weit von ler Wilhelm Oertel gewohnt und gewirkt gesteigert wurden, fasste Oertel den Ent- und praktische Einführung in das Pfarr- Bacharach liegende Dörfchen Manubach. und den größten Teil seines Lebens ver- schluss, sich von seinem Amte zurückzu- amt bot. Im Hause Schlossers in Frankfurt Im elterlichen Hause erhielt Willhelm Oer- bracht hat. ziehen und in den Ruhestand zu treten. hatte Hugo Reich in der Tochter des Hau- tel von seinem Vater den ersten Schulun- Nach der Übernahme der neuen Amts- Auf Anraten seiner Freunde beschloss er, ses Emma Schlosser seine Braut kennen terricht, der später von Wilhelms älterem pflichten hatte Wilhelm Oertel zunächst in Wiesbaden seine letzten Lebensjahre und lieben gelernt, die er am 29. Sep- Bruder, damals Pfarrer im benachbarten wenig Zeit, sich seiner geliebten Schrift- zu verbringen. Im August des Jahres 1863 tember 1884 als Gattin nach Langenberg Oberdiebach, fortgeführt wurde. Vier stellerei zu widmen. Bis 1837 waren au- erfolgte die Übersiedlung. Es war ein im Rheinland heimführte, denn dort war Jahre studierte er in Heidelberg Theolo- ßer einigen kleinen Erzählungen nur die schwerer Abschied von der Bad Sobern- ihm ein Amt als Vereinsgeistlicher über- gie. Dann kehrte er wieder nach Manu- „Bilder aus dem Nahetal“ vollendet wor- heimer Gemeinde und von den Freunden tragen worden. bach ins Elternhaus zurück und dies gera- den. Erst 1845 gab sich Oertel wieder mit in jener Stadt und im ganzen Naheland. Im Jahre 1889 folgte Hugo Reich einem de um die Zeit, als der Vater gegen Ende Eifer seiner Lieblingsbeschäftigung hin, Leider konnte er sich nach seinem Umzug Ruf nach Bad Sobernheim, wo ihm eine des Jahres 1819 starb. Auch wenn Oertel wandte sich aber nun ganz der Volkser- nach Wiesbaden nur noch vier kurze Jah- Pfarrstelle übertragen wurde. Hier bezog damals noch nicht das erforderliche Al- zählung zu. Dabei hatte Oertel erstmalig re seines Ruhestandes erfreuen. Er starb der neue Sobernheimer Pfarrer das alte ter hatte, Nachfolger seines Vaters im statt seines bisherigen Pseudonyms den am 14. Oktober 1867 und wurde auf dem Pfarrhaus nahe der Stadtkirche, in wel- Amt zu werden, wurde er dennoch zum neugewählten Schriftstellernamen „W. O. Wiesbadener Stadtfriedhof begraben. chem einige Jahrzehnte früher Wilhelm Pfarrverwalter der Manubacher Pfarrei v. Horn“ (= Wilhelm Oertel von Horn) be- Oertel seine beliebten Spinnstubenge- bestellt und drei Jahre später als Pfarrer nutzt, durch den er bald in ganz Deutsch- Hermann Hugo Reich schichten niederschrieb. Dieses alte his- dort angestellt. land bekannt und volkstümlich gewor- Der Gründer der torische Haus wurde noch im Jahre der In Manubach heiratete Wilhelm Oertel den ist. Kreuznacher Diakonieanstalten Übersiedlung Reichs nach Sobernheim bald darauf Henriette von St. George. Da Es war im Jahre 1846, als erstmalig Oer- (1854–1935) die Wiege zu dem späteren ausgedehn- ihm in der ersten Manubacher Zeit sein tels „Spinnstube“ erschien, die seinen Der Gründer und langjährige Leiter der ten Werk der Bad Kreuznacher Diakonie. Amt viel freie Zeit ließ, benutzte Oer- Ruf als Volksschriftsteller festigte und Diakonie-Anstalten in Bad Kreuznach ist Am 18. Oktober 1889 wurde hier in Bad tel dieselbe zu ortsgeschichtlichen und zugleich seinen Namen Millionen deut- Hermann Hugo Reich, der am 30. März Sobernheim das zweite rheinische Dia- sonstigen Forschungen, die er später zu scher Menschen diesseits und jenseits 353 354 konissenmutterhaus eröffnet. Klein und der Universität Bonn die Würde eines Eh- Stendal wurde Emanuel Felke am 7. Fe- bescheiden war der Anfang, wie auch rendoktors verliehen. Am 23. Juli 1935 ist bruar 1856 als Sohn eines dortigen Se- die Wahl des kleinen Naheortes für diese Dr. Hermann Hugo Reich im hohen Alter minarleiters geboren. Nach Absolvierung Anstaltsgründung dem Wesen des Grün- von 81 Jahren in Kreuznach sanft ent- des Gymnasiums in Stendal ging er nach ders entsprach, um dadurch das begon- schlafen. Auf dem dortigen Stadtfriedhof Berlin, um Theologie zu studieren. Doch nene Werk sich ohne großes Aufsehen fand er seine letzte Ruhestätte. war das Interesse des damals Zwanzig- entwickeln zu lassen oder bei einem aus Willy Mathern: Männer des Huns- jährigen schon sehr stark auf das Gebiet eventuellen Scheitern es in aller Stil- rück- und Nahelandes. Kurzgefaßte Be- der Heilkunde gerichtet, sodass der flei- le wieder aufzugeben. Aber die Anstalt richte über deren Leben und Lebens- ßige Theologiestudent nebenbei auch entwickelte sich rasch und führte dazu, werk; Trier 1952 eifrig medizinische Vorlesungen hörte. das Mutterhaus und die angeschlosse- Diese jedoch konnten ihn wenig befrie- nen Arbeitszweige nach Bad Kreuznach Emanuel Felke digen, und es wurde ihm bei diesen Vor- zu verlegen und dort auf einem Gelände Der Erfinder der Lehmkur lesungen bewusst, dass gründliche Hilfe von 50 Morgen die für die spätere An- (1856-1926) in Krankheitsnöten nur von der Natur zu staltsentwicklung unbedingt notwendi- erwarten sei, wozu auch jene Heilkräuter gen Neubauten durchzuführen. gehören, die er schon im Elternhause un- Im August 1901, nachdem in Kreuznach ter Anleitung seines naturliebenden Va- das Werk schon weit über die Anfänge hi- ters beim Durchstreifen der heimatlichen nausgewachsen war, siedelte auch Hugo Fluren kennen gelernt hatte, und die da- Reich mit seiner Familie in die Kreisstadt mals die Arzneistoffe für die winzigen über. Weit über vier Jahrzehnte, während Tröpfchen und Kügelchen lieferten, wo- einen Weg, sich wieder ganz und unge- denen sich diese Anstalten fast stetig mit die Eltern mancherlei Erkrankungen stört seinem seelsorgerischen Berufe aufwärts entwickelt haben, stand Hugo bei ihm und bei den Geschwistern heilen widmen zu können und übernahm aus Reich dem Werk seiner Gründung als konnten. diesem Grunde eine Pfarrstelle in Re- Führer und verantwortlicher Leiter vor. Als er nach Beendigung seines Studiums pelen (Kreis Mörs), denn Felke war gern Mit drei Schwestern hatte er 1889 im al- in Kronenberg bei Elberfeld als junger Pfarrer und genoss auch als Kanzelred- ten Sobernheimer Pfarrhause begonnen. Pfarrer wirkte, war er bei dem Ausbruch ner weit über seine Gemeinde hinaus ei- Als er im Jahre 1932 die hauptamtliche einer Diphtherie-Epidemie in seiner dor- nen bedeutenden Ruf. Jedoch die Kunde Leitung seiner Gründung in andere Hände tigen Gemeinde durch die Anwendung von seiner Heilkunst war ihm auch schon legte, war aus diesen bescheidenen An- seiner homöopathischen Mittel so über- nach Repelen vorausgeeilt, sodass er fängen eine Schwesternschaft von 400 aus erfolgreich, dass alle von ihm behan- sich genötigt sah, im dortigen Gasthaus Diakonissen und eine Anstaltsgemeinde delten Kinder gesundeten, während eine „Zur Linde“ Sprechstunden abzuhalten, von 2500 Personen geworden. Dazu kam Er war wohl einer der größten Naturärz- Anzahl der ärztlich betreuten Kinder star- um auf diese Weise das Pfarrhaus zu noch die räumliche und bauliche Auswei- te, die die Menschheit je hervorgebracht ben. Dieser von ihm ungesuchte Erfolg entlasten. tung des Werkes, das sich nicht allein auf hat, dieser zuerst als „Lehmpastor“ von begründete Felkes Ruf als Heilpraktiker In Repelen gründete Felke, angeregt das Mutterhaus und die Krankenhäuser vielen verspottete, später aber von zahl- und Helfer in einem solchen Maße, dass durch den großen Heilreformer Adolf Just, in Kreuznach beschränkte, sondern auch losen geschätzte und verehrte Emanuel die Kranken seit dieser Zeit in Scharen zu den ersten Felke-Jungborn. Mit Hilfe sei- viele Nebenzweige außerhalb dieser Felke. Durch ihn ist unser Nahestädtchen ihm kamen. Diese Beschäftigung mit den ner Gemeinde schuf er große Luftbade- Stadt umfasste. zu einem bekannten Felke-Kurort ge- Kranken wirkte sich verständlicherweise parks mit allen notwendigen Einrichtun- Als Anerkennung seiner Verdienste wur- worden. ungünstig und hemmend auf seine pfarr- gen für Lehm- und Wasseranwendungen de Reich von der theologischen Fakultät In dem kleinen Städtchen Kläden bei amtliche Tätigkeit aus. Und Felke suchte und den schmucken Licht-Luft-Häuschen

355 356 Felkes 70. Geburtstag Auf Felkes Spuren » Anke Wiechert über Emanuel Felke

Emanuel Felke (1856-1926) lebt und und Repelen am Niederrhein nach (Bad) wirkt zehn Jahre – von 1915 bis zu seinem Sobernheim, wo er noch heute seine Tod im Jahr 1926 – in Sobernheim. Spuren hinterlässt... Eigentlich Theologe und mit Leib und Seele Pfarrer und Seelsorger, vollzieht Am 7. Februar 1856 erblickt Erdmann Felke den Wandel zu einem der größten Leopold Stephanus Emanuel Felke als Naturheilkundigen seiner Zeit und reiht zweites von insgesamt acht Kindern in sich mühelos in die Riege der Laienbe- der Nähe von Stendal das Licht der Welt. handler ein, die Anfang des 20. Jahrhun- Sein Vater Friedrich ist Lehrer, seine Mut- derts der naturheilkundlichen Reformbe- ter Hedwig eine Pfarrerstochter. Die El- wegung wichtige Impulse geben. tern lassen ihren Kindern die bestmögli- Felke entwickelt die sogenannte Felke- che Ausbildung zukommen. Sie erhalten zum gesundheitlichen, erdverbundenen die von Tausenden von Kranken in immer Kur, basierend auf den Elementen Licht, Privatunterricht, Emanuel besucht das Wohnen. Da diese ständig sich erwei- stärker werdendem Maße aufgesucht Luft , Wasser und Erde, der das Grund- Gymnasium und studiert nach dem Ab- ternde segensreiche Arbeit als Heilprak- wurden und durch die vielen Menschen prinzip vom einfachen, naturnahen Le- iturexamen auf Wunsch seiner Mutter tiker sich auf die Dauer mit den Pflich- Heilung und Genesung vermittelt wurde. ben zugrunde liegt. Das zentrale Element evangelische Theologie an der Universi- ten des Pfarramtes keineswegs vereinen Emanuel Felke aber wurde im Laufe der seiner Kur ist das Lehmschlammbad, tät Berlin. Daneben hört er Vorlesungen ließ, entschloss sich Emanuel Felke im Jahre zu einer Persönlichkeit von seltener essentiell sind Bewegung und die auf der Medizin und bildet sich autodidak- Jahre 1912, sein Amt als Pfarrer und Seel- Volkstümlichkeit. Sein Geburtstag wurde den jeweiligen Patienten abgestimmte tisch im Bereich der Naturheilkunde und sorger niederzulegen und sich ganz der in der Nahestadt wie ein Volksfest be- Ernährungsform. Felke bedient sich den Homöopathie weiter. Schon früh kommt Tätigkeit als Helfer und Heiler leiblicher gangen. Und als sein 70. Geburtstag ge- gängigen Methoden der Naturheilkunde er mit diesen Themen in Berührung, Gebrechen zu widmen. kommen war, überreichte die Stadt Bad und verabreicht homöopathische Mittel. denn bereits sein Vater behandelt die Im Jahre 1916 verließ Felke seine bis- Sobernheim diesem großen Naturarzt Seine besondere Gabe, mit Menschen Familie mit homöopathischen Mitteln, herige Wirkungsstätte am Niederrhein den Ehrenbürgerbrief und benannte auch umzugehen und die Leiden seiner Pa- Kräutertees und bedient sich der Metho- und siedelte ins Nahetal über, wo ein noch eine Straße nach seinem Namen. tienten zu erkennen, zeichnen ihn aus. den der Naturheilkunde. Friedrich Felke dankbarer Patient Andres Dhonau, an Am 26. August 1926 ist Pastor Emanuel Felke bedient sich der damals wie heute ist überzeugt von der positiven Wirkung den bewaldeten Ufern der Nahe bei Bad Felke nach einem arbeits- und erfolg- umstrittenen Irisdiagnostik und erzielt der Natur auf den menschlichen Körper Sobernheim nach dem Repelener Muster reichen Leben in Bad Sobernheim ge- damit große Erfolge in der Behandlung und gibt dieses Wissen an seine Kinder schon einen kleinen Felke-Jungborn ge- storben. Auf dem dortigen Friedhof hat seiner Patienten. weiter. gründet hatte. In Bad Sobernheim entfal- er seine letzte Ruhestätte gefunden. Seine Methoden, sein ganzheitlicher An- tete nun Felke in den letzten 10 Jahren Sein Grabdenkmal, ein Soonwaldfind- satz und sein Bestreben, dass ein jeder Am 1. Mai 1884 wird Felke in Beeck bei seines Lebens eine ungeahnte segens- ling, ist geschmückt durch ein Porträt- selbst die Verantwortung für die eigene Ruhrdorf zum Pfarrer ordiniert und hei- volle Tätigkeit, die seinen Namen in der relief von Ludwig Cauer. Bald darauf Gesundheit übernehme, sind heute ak- ratet kurz darauf die Pfarrerstochter Ele- ganzen Welt bekannt machte. Im Saar- hat man dem großen Mann und Men- tueller denn je. onore Müller, die er stets liebevoll Laura Hotel, das heute eine entsprechende Er- schenfreund am Bad Sobernheimer nennt. Sechs Jahre nach Eheschließung – innerungstafel ziert, fanden die täglichen Bahnhofsplatz ein Denkmal errichtet. Sein Lebensweg führt nach einer gut im Jahr 1890 – erblickt der einzige Sohn Sprechstunden des „Lehmpastors“ statt, Willi Mattern behüteten Kindheit über Cronenberg Johannes das Licht der Welt.

357 358 Strom der Patienten überhand nimmt das Pfarrhaus zu entlasten und richtet im legenheit Kranke zu behandeln hat sich und Felke, mit Leib und Seele Pfarrer und Gasthaus „Zur Linde“ eine Sprechstunde das, was ich in der Theorie mir angeeig- Seelsorger, seiner Berufung nicht mehr ein. Sein Küster wird gleichzeitig seine net hatte, in eine Praxis umgesetzt, die gerecht werden kann, ersucht er seine Sprechstundenhilfe. weit über alles hinausging, was sich je Versetzung. Felke hofft, im ruhigen und einer unter uns hätte träumen lassen. Die beschaulichen Repelen am Niederrhein Felkes Verordnungen sind kostenlos und Sache mußte in sich geklärt, abgerundet sich wieder ganz der Theologie widmen übersteigen bei Weitem seine eigenen und gefestigt werden. Und das führte zur zu können. finanziellen Mittel. Bereits im Februar Gründung des Repeler Junborns.“ 1896 kommt es in Repelen zur Gründung eines „Homöopathischen Vereins“, der Im Jahr 1897 wird die „Repeler Jung- die Kosten zumindest zu einem gewis- born-GmbH“ aus der Taufe gehoben. sen Teil abdeckt. Die Erfolgsgeschichte Sie besteht aus 81 Gesellschaftern, die nimmt ihren Lauf; Felke selbst kann ih- insgesamt 50.000 Goldmark Kapital in rer Entwicklung nicht mehr entgegen- die „Naturheilanstalt Jungborn“ einbrin- steuern: „Die Homöopathie kam zum gen. Ein gigantisches Dorfunterneh- Ansehen und fand größere Verbreitung men nimmt seinen Anfang. In Repelen und das war gut, aber die zeitraubende entsteht ein prächtiger Kur- und Bade- Krankenbehandlung – ei dachte ich, wie park, der schon bald erweitert werden kannst du davor einen Schlagbaum nie- muss. Neben dem Jungborn-Hotel wer- derlassen. Spekulierend auf die Scheu den Neubauten mit klangvollen Namen vor kaltem Wasser wurde der Homöo- wie „Haus Daheim“ oder „Felkeheim“ Felkes Familie pathie die Anwendung kalter Sitzbäder errichtet. Auf Ackerland werden Licht- hinzugefügt. Zuerst zum Entsetzen. Viele Luft-Badeparks für Männer und Frauen Seine erste große Pfarrstelle tritt er 1887 meinten: „Jetzt macht er alles kaputt.“ geschaffen. Aus aller Welt reisen die in der evangelisch-reformierten Gemein- Aber einige versuchtens und fandens Kurgäste an und das ganze Dorf profi- de in Cronenberg an. Traurige Umstände Felke als Pfarrer vor Kirche in Repelen propper und nützlich, andere machtens tiert von dem schnell wachsenden Kur- verhelfen Felke zu unverhofftem Ruhm nach und schließlich saß wohl die halbe betrieb. In der Hauptkurzeit von Mai bis und Ansehen. In Cronenberg bricht eine Nach einer ergreifenden Abschiedspre- Grafschaft täglich mit dem Unaussprech- Oktober werden im Schnitt bis zu 400 verheerende Diphterie-Epidemie aus, digt in Cronenberg tritt Felke am 23. lichen im kalten Wasser. Man empfand Kurgäste pro Woche gezählt. Felkes die das Leben unzähliger Kinder fordert. September 1894 seine neue Pfarrstelle nicht bloß die Wohltat der größten Rein- Sprechstunden heißen fortan „Jungborn- Während die ansässige Ärzteschaft der in Repelen an. Sein Ruf und vor allem lichkeit sondern auch die Heilkraft. Ne- Sprechstunden“ und obwohl man ihm ei- Krankheit hilflos gegenübersteht, verab- die Kunde von seinen Heilerfolgen sind ben der gewöhnlichen Art, die Kranken nen weiteren Arzt – Dr. von Scheele – zur reicht Felke den Kindern das homöopa- ihm allerdings vorausgeeilt. Aus der er- zu fragen, wurde die einfache Gesichts- Seite stellt, gerät Felke immer mehr in thische Mittel Mercurius cyanatus C 30. hofften Ruhe in Repelen wird nichts und ausdruckskunde von Kuhne gebraucht. Konflikt mit seiner eigentlichen Tätigkeit Mit großem Erfolg! Kranke Kinder ge- Felkes Wunsch, sich nur noch auf seinen Und als die Sache immer weiter wuchs, als Pfarrer. Schweren Herzens gibt er auf sunden und Felke wird als Heilsbringer Pfarrerberuf konzentrieren zu können, wurde sonderlich die Art, wie Adolf Just Drängen der Kirchenleitung sein Amt im gefeiert und verehrt. Das Pfarrhaus wird geht nicht in Erfüllung. Hilfesuchende Licht, Luft, Wasser und Erde (Lehm) an- Januar 1912 auf, verzichtet auf alle geist- zur Anlaufstelle für die Cronenberger in strömen in Scharen ins beschauliche Re- wendete, hinzugetan und dann die von lichen Würden und widmet sich fortan allen Gesundheits- und Krankheitsfra- pelen und belagern das Pfarrhaus, um Dr. Peczely entdeckte Diagnose aus der ausschließlich der Behandlung seiner gen. Um dem Ansturm der Patienten ge- sich von Felke behandeln zu lassen. Iris praktisch geübt und angewendet. Patienten. recht zu werden, richtet Felke in seiner Und bei der täglich sich mehrenden Ge- Zur Komplettierung seiner Heilmethode Freizeit eine Sprechstunde ein. Weil der Auch hier unternimmt Felke den Versuch,

359 360 führt er das Lehmschlammbad ein, was folglos in ärztlicher Behandlung, in der mit dem Bau des Kurhauses „Haus Frie- Aufbau seines Jungborns in Sobernheim. ihm den Titel „Lehmpastor“ verschafft. Bonner Klinik sogar als hoffnungsloser de“. Auch wenn Felke nicht persönlich nach Fall aufgegeben, als ich zu Pastor Felke Trotz aller Warnungen und Widerstände Sobernheim reisen kann, kommen auf- Der Kurbetrieb in Repelen boomt und kam. - Verbandszeug runter und Lehm verkauft Andres Dhonau im Jahr 1909 grund seiner Empfehlungen immer mehr Anfang 1914 wird das neue Kurhotel in drauf. - Felke hat durch seine Diagnose seinen gesamten Besitz inklusive des Kurgäste ins Nahetal. Betrieb genommen. Der erste offizielle, die eigentliche Krankheit richtig erkannt; Kaisersaals, an dem er ursprünglich fest- Nachdem im Juli 1914 im Herrenbad ein von der Regierung eingesetzte Kurarzt ich bin gesund geworden durch ihn und halten wollte. Der Bau am „Haus Friede“ Blockhaus mit zehn Wohneinheiten, das Dr. Langhoff wird Felke als verantwort- seine Heilweise und bin durch die von geht weiter, es entstehen ein Herrenbad sogenannte „Hexenhäuschen“, fertig- licher Leiter des Kurbetriebes zur Seite ihm begründete naturgemäße Lebens- und die Parkanlage. gestellt wird, erreicht Andres Dhonau gestellt. weise gesund geblieben.“ im Dezember die Nachricht, dass Felke Das Jahr 1912 ist von Rückschlägen ge- sich in Sobernheim niederlassen möch- Als der Erste Weltkrieg ausbricht, verlas- Dhonau, der mit dem Ausbau der väter- kennzeichnet: Im Januar stürzen hinter te. In einem Brief vom 17. Dezember sen die Kurgäste fluchtartig den Ort, der lichen Metzgerei und Gastronomie und dem neuen Kurhaus einige Felsen ab 1914 schreibt Felke: „Mein lieber Andres! Kurbetrieb kommt zum vollständigen dem Neubau des Kaisersaals im Jahr und zerstören dessen Rückwand, im Juli Im August-September war ich schonmal Erliegen. Die „Repeler Jungborn-GmbH“ 1905 immer wieder seinen Geschäfts- brennt der Viehstall nieder. Dennoch be- unterwegs zu Euch und kam nicht durch. gerät in finanzielle Schwierigkeiten, das sinn und sein kaufmännisches Geschick ginnt Dhonau im Oktober mit dem Bau Wenn´s gereicht hätte, wäre ich jetzt mal neue Kurhotel wird zum Lazarett und Dr. unter Beweis gestellt hat, gibt all dies des neuen Kurhauses „Haus Waldeck“. gekommen – Zeit reicht nicht – schadet Langhoff wird dessen verantwortlicher auf und widmet sich fortan zeitlebens Schnee und Regen hätten beinahe auch nicht. Ich werde Repelen verlassen und Stabsarzt. voll und ganz der Felke-Idee. Dankbar dessen Fertigstellung verhindert – trotz mich demnächst in Eurer Nähe nieder- für seine Heilung beginnt er im Jahr 1907 allem kann „Haus Waldeck“ im April 1913 lassen, und (wenn´s Euch recht ist) Eu- Felke, der nun weder Patienten noch Ein- mit dem Bau erster Lufthütten auf dem eröffnet werden. rem Jungborn unter die Arme zu greifen, künfte hat, verlässt Repelen und macht rechten Naheufer. Haus Friede, Haus Waldeck um also eine Stätte zu haben, wo meine sich auf den Weg nach Sobernheim. Grundsätze richtig befolgt werden […] Nur wenige Sobernheimer glauben zu- Grüße die Deinen. Dein Felke – Brauchst Hier wird er bereits sehnsüchtig von nächst an den Erfolg dieser Unterneh- es noch nicht viel laut werden zu lassen.“ Andres Dhonau, einem Sobernheimer mung. Die Angst vor dem Neuen, die Metzger, Geschäftsmann und dankba- Unkenntnis über Naturheilmethoden im Am 15. April 1915 trifft Felke in Sobern- rem Felke-Patient, erwartet. Von Felke Allgemeinen und über Felkes Heilwei- heim ein. in Repelen von einer schlimmen Neuro- se im Besonderen erschweren die Um- dermitis geheilt, beschließt dieser aus setzung von Dhonaus Plänen. Anstoß Seine Ankunft beschert Andres Dhonau Dankbarkeit und Überzeugung einen nimmt man vor allem an der von Felke gleich 120 Kurgäste allein in der ersten Felke-Jungborn in seiner Heimatstadt propagierten Nacktheit, man befürchtet Woche. aufzubauen: „Meine Beweggründe für eine Verrohung der Sitten; moralische Felke praktiziert zunächst in einem Haus die Begründung der Pastor-Felke-Kuren? Bedenken werden laut. in der Nahestraße. Im Frühjahr 1917 lässt Auf keinen Fall ist es der Drang gewe- Dhonau´s Bauantrag zur Errichtung eines er seine Frau Laura und seinen Sohn Jo- sen, zu Geltung und Ruhm zu gelangen Kurhauses wird zunächst abgelehnt mit hannes nachkommen und die Familie be- oder Geld und Gut zu häufen. In erster Li- der Begründung, der angedachte Bau- zieht eine größere Wohnung Ecke Ring- nie ist es unauslöschliche Dankespflicht grund liege im Hochwassergebiet der und Steinhardter Straße. Seine Praxis hat gegenüber dem Menschen Pastor Felke Nahe. Ein erneuter Bauplan aus dem Jahr Dhonau, der in regem Briefkontakt mit der Lehmpastor fortan im benachbarten und seiner Heilweise gewesen. War ich 1908, der die Lage am Berghang vor- Felke in Repelen steht, bittet immer Hotel Schuler (heute Saarhotel). doch von 1896 bis 1902 ständig, aber er- sieht, wird genehmigt. Dhonau beginnt wieder um dessen Unterstützung beim Unterdessen geht der Ausbau des Jung-

361 362 borns an der Nahe weiter. Andres Dho- größeres landwirtschaftliches Anwesen nau lässt 1917 das „Haus Armgard“ er- dringend notwendig ist. richten, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Trotz permanenter Im Jahr 1921 folgt die Errichtung des gro- Vergrößerung des Luftbades und dem ßen Kurhauses. Bau neuer Lufthütten reichen die Ka- pazitäten im Jungborn schon bald nicht Während für den Geschäftsmann Dho- mehr aus. Die Kurgäste werden in Privat- nau der Ausbau und die Vergrößerung häusern in der Stadt untergebracht und der Kuranlage eine logische Konsequenz gehen zum Kuren in den Dhonau´schen ist, sieht Felke darin eine Abwendung Jungborn. Die Pensionen, Gaststätten von seinem Prinzip des „einfachen, na- und Geschäfte in der Stadt profitieren turnahen Lebens“. Es kommt zu Span- von den zahlreichen, oft zahlungskräfti- nungen zwischen den beiden. Nicht gen Patienten des Lehmpastors, dessen nur diese, sondern vor allem familiäre Erfolge der Entwicklung recht geben. Probleme veranlassen Andres Dhonau Sobernheim erlebt eine wirtschaftliche schließlich seine Besitzungen inner- Blüte, das Ansehen Felkes und seiner halb der Familie aufzuteilen und den Heilmethoden wandelt sich und die an- Kurbetrieb abzugeben. 1925 verlässt er Neues Leben fänglichen Bedenken gegen den Natur- Sobernheim und geht auf Reisen. Bereits heiler schwinden. ein Jahr später kehrt er wieder in seine Jahre in Sobernheim, als Rudolf Stassen hat die Zeichen der Zeit erkannt und ver- Heimatstadt zurück: „Ich weiß nicht, eintrifft. dient sein Geld damit, die Kurgäste am Ein schreckliches Hochwasser im Januar was mich mehr quälte: das tiefe Heim- Stassen, der nach seinem Kriegseinsatz Sobernheimer Bahnhof abzuholen und 1918 zerstört einen Großteil der Kuranla- weh nach meiner Vaterstadt, oder das an der französischen Front todsterbens- mitsamt Gepäck in ihre Unterkünfte und ge am Naheufer – das Luftbad, die Park- Fehlen einer gewohnten, regelmäßigen krank in seine Heimatstadt Wiesbaden in die Sprechstunde des Lehmpastors zu und Gartenanlagen sind vernichtet, die Tätigkeit. Noch in Paris trat ich wieder zurückkehrt, reist im Herbst 1919 auf An- bringen. Lufthütten teilweise von den Fluten in die bereits früher begonnenen, aber raten seiner Frau Laura gemeinsam mit weggerissen, die Gebäude stark beschä- abgebrochenen Verhandlungen mit dem seinem Sohn Hans nach Sobernheim, um An seine erste Begegnung mit Felke digt, ein Teil des Viehs ertrunken. Erst als Besitzer des Jagdschlößchens Wicküler sich dort von dem berühmten Lehmpas- erinnert sich Hans Stassen noch ganz das Wasser zurückgeht, wird das gesam- ein. Es lag oben über Sobernheim am tor behandeln zu lassen. Hans, der unter genau: „Am Nachmittag des nächsten te Ausmaß der Katastrophe deutlich. Rande des Soonwaldes und war, was die den Folgen von Kinderlähmung leidet, Tages war es soweit: Vater und ich wur- Die folgenden Monate sind geprägt vom Lage anbetrifft, zu einer Erholungsstätte soll ebenfalls von Felke behandelt wer- den aufgerufen und stiegen in das erste Wiederaufbau und der Wiederherstel- vorzüglich geeignet. […] Trotzdem kauf- den. Stockwerk. Dort war das große Sprech- lung der Anlage. Trotz aller Schwierig- te ich den Besitz im Februar 1926; ich Am Sobernheimer Bahnhof werden die zimmer und in ihm standen eine Reihe keiten, vor allem finanzieller Art, hält wollte wieder in die Heimat, ich wollte beiden vom alten Gertenheyer in Emp- von Stühlen nebeneinander, auf denen Andres Dhonau an seinem Felke-Jung- wieder schaffen. Ein neuer Anfang wur- fang genommen, der ihnen nicht nur eine jeweils von vier Patienten Platz ge- born fest und steckt seine ganze Kraft de gemacht. Mit Gottvertrauen, frischem Unterkunft im Hotel Schuler verschafft, nommen wurde. Nach einer Weile kam in dessen Wiederrichtung. Im Jahr 1919 Mut und ungebrochenem Tatendrang sondern auch dafür sorgt, dass sie nicht Felke aus einem Nebenzimmer herein, kann die Renovierung des stark zer- gründete ich dort oben das Felke-Erho- wochenlang warten müssen, zu Felke wandte sich als Erstem meinem Vater störten „Haus Waldeck“ abgeschlossen lungsheim „Neues Leben“.“ vorgelassen zu werden. Gertenhey- zu, griff seine Hände, die er gründlich werden. Dhonau beginnt gleichzeitig mit er, Sobernheims erster selbsternannter besah, blickte in die Pupillen mit Hilfe dem Bau des „Hermannhofes“, da ein Felke lebt und praktiziert bereits vier Fremdenführer und „Taxiunternehmer“ eines Vergrößerungsglases und begann,

363 364 der Sekretärin oder Sprechstundenhilfe Rat und Tat zur Seite. Kurhaus „Neues Leben“ die zahlreichen Linderung seiner Krankheitssymptome eine umfängliche Verordnung zu diktie- Die Person des Lehmpastors beschreibt Kurgäste aufnimmt und nach den An- gibt und als sich nach drei Wochen Kur- ren. Als Pastor Felke damit geendet hat- Hans Stassen eindrucksvoll: „Dafür weiß weisungen Felkes behandelt. aufenthalt in Sobernheim noch keine te, schilderte mein Vater den Grund für ich aber noch recht genau, welchen Ein- Der Erste Weltkrieg und dessen ver- Besserung abzeichnet, beschließt er, mein [unser] Kommen.“ druck Pastor Felke auf mich, den damals heerende Folgen sind auch der Grund, den gesamten Sommer weiter zu kuren. 12-13jährigen machte. Er war für mich warum Alfons Menschel den Weg nach Im „Felke-Jungborn“ von Andres Dhonau Rudolf Stassen, den die Ärzte bereits keine imposante Persönlichkeit, wie er Sobernheim in die Sprechstunde des bietet Felke selbst ihm die Leitung des aufgegeben hatten, gesundet nach den im Nachhinein oft geschildert wird. Fel- berühmten Lehmpastors findet: „Am 1. Herren-Luftbadeparks an, als Gegen- Behandlungen Felkes wieder und auch ke erschien mir, - und das auch, als ich April 1921, in der Zeit der großen Geld- leistung dafür darf Menschel kostenfrei seinem Sohn Hans kann der Lehmpastor ihn später öfters sah, - fast unauffällig, entwertung, kam ich in das Kurhaus kuren. Linderung verschaffen. Aus Dankbarkeit freundlich, geschäftig, bescheiden, auch Dhonau und in die Behandlung des Er arbeitet im Dhonau´schen Luftba- und aus Begeisterung für Felkes Heilme- bestimmt und vertrauensvoll. […] und „Lehmpastors“ Felke nach Sobernheim depark und hält sich streng an die An- thoden verkauft Rudolf Stassen im Jahr nur Pastor Felke verdanke ich es, später ins schöne Nahetal. Ich wollte dort ge- weisungen des Lehmpastors, was seine 1923 seine Wiesbadener Möbelfabrik und Bürger der kleinen, liebenswerten, be- sunden von einem schweren, chronisch eigene Kur betrifft. Am eigenen Leib er- Zigarettengroßhandlung und erwirbt das schaulichen Stadt Sobernheim gewor- gewordenen Bronchialleiden, das ich fährt er die positiven Auswirkungen und bei Sobernheim gelegene Hofgut Maas- den zu sein.“ mir an der westlichen Kriegsfront in erfreut sich nach seinem ersten Som- berg, damals ein Geflügelhof. In Anwe- Frankreich zugezogen hatte. Es war die mer in Sobernheim bester Gesundheit. senheit von Pastor Felke wird 1924 das Aus dem ehemaligen Geflügelhof am Folge von zwei Lungenentzündungen, „Felke-Erholungsheim am Maasberg“ Maasberg entwickelt sich ein aufstre- Kampfgasschädigungen und allzugroßer Menschel ist begeistert von Felkes Heil- mit zunächst zwölf Zimmern und zwei bender Kurbetrieb, der neben dem Fel- körperlicher Anstrengungen bei ungenü- weise und erarbeitet sich nebenbei die Lufthütten feierlich eingeweiht. Felke ke-Jungborn von Andres Dhonau in der gender Kriegsernährung.“ Alfons Men- Grundlagen für den Heilberuf. Zwei Jahre unterstützt das Vorhaben und steht mit Stadt und dem kurz darauf gegründeten schel, der in Lodz zur Welt kommt, folgt hospitiert er in Felke´s Praxis im Hotel dem Ratschlag seiner Mutter und lässt Schuler. Er erlernt Felke´s Diagnoseme- sich von Felke in Sobernheim behandeln. thoden, allen voran die Irisdiagnostik, Menschel´s Mutter selbst war bereits in dessen ganzheitlichen Ansatz, die Zu- Repelen zur Jungborn-Kur, um sich we- sammenstellung von Heilkräutern und gen ihres Bronchial-Asthmas therapie- die Verordnung homöopathischer Mittel. ren zu lassen. Felke ist so angetan von seinem Schü- Menschel, damals 23jährig und in Aus- ler, dass er diesem ein Zeugnis ausstellt: bildung zum Volksschullehrer befind- „Herr Alfons Menschel hat über zwei lich, ist also nicht unbedarft und besitzt Jahre das Jungbornleben, die praktische bereits Vorkenntnisse über Felkes Me- Darstellung meiner Methode, fleißig thoden und dessen Jungbornkur. Die mitgemacht und zum Teil geleitet, ein Naturheilkunde ist ihm nicht fremd und Vorteil, den er wohl allen sogenannten er ist überzeugt von dessen Wirkung. Vertretern der Felke-Heilweise voraus hat. Meinen Sprechstunden hat er regel- Aufgrund der Heilungserfolge bei seiner mäßig beigewohnt und theoretisch und Mutter weiß Menschel, wie wichtig es praktisch alle nötigen Fächer gründlich ist, sich an die genauen Anweisungen studiert. Er ist ein tüchtiger und zuver- des Lehmpastors zu halten. Er ist über- lässiger Augendiagnostiker und ernst Patientenzimmer am Maasberg zeugt davon, dass es auch für ihn eine gerichteter junger Mann, dem sich je-

365 366 der Kranke getrost anvertrauen darf. Schuler Schlange stehen und manchmal große Kuranstalt „Kurhaus Waldesruh“ ren wird im Garten der „Hohen Burg“ ein Ich gebe ihm deshalb gern die Berech- tagelang darauf warten müssen, zu Fel- genannt. Etwa zur gleichen Zeit eröffnet großes Felke-Fest veranstaltet. Neben tigung, sich persönlich beglaubigter Fel- ke vorgelassen zu werden, behandelt Else Schmidt aus Steinhardt die „Felke- dem Sobernheimer Männergesangsver- ke-Vertreter zu nennen. E. Felke“ dieser sie oft kostenlos und steckt ih- Pension Waldesblick“ in der heutigen ein „Liederkranz“, dessen Ehrenmitglied nen sogar noch Geld für die verordneten Felke-Straße. Ihr Badepark steht aller- Felke war, nimmt auch der Turnverein Menschel verzichtet auf seine Anstel- Heilmittel zu. dings nur Damen zu Verfügung. 1867 mit einigen Turndarbietungen an lungsrechte als Volksschullehrer und Die Hilfesuchenden strömen scharen- den Feierlichkeiten teil. wird Heilpraktiker. Zunächst in Köln er- weise in die kleine Nahestadt. Schon Felkes unermüdlicher Einsatz für das Die von der Stadtverordneten-Versamm- öffnet er eine Naturheilpraxis, um schon bald reichen die Betten im „Felke-Jung- Kurwesen in Sobernheim wird belohnt, lung beauftragte Stadtverwaltung bean- bald wieder ins Nahetal zurückzukehren. born Dhonau“ nicht mehr aus. Die Pati- indem die Stadt ihn am 15. Februar 1923 tragt am 24. April 1925 bei der Regierung Im Jahr 1925 heiratet er Johanna Ebert, enten werden in Hotels und Gasthöfen zu ihrem Ehrenbürger ernennt. die Anerkennung als „Bad“. die Tochter eines Meddersheimer Land- untergebracht und wohnen in Pensionen Gleichzeitig ist 1923 ein besonders Am 7. Februar 1926 feiert Felke seinen wirts. Seine Frau und er gründen 1928 und Privatzimmern. schwieriges Jahr, da die aus dem Ersten siebzigsten Geburtstag, an den sich sei- im Englischen Hof in Meddersheim, ei- Im August 1915 wird durch die Stadt- Weltkrieg resultierende Geldentwertung ne Sprechstundenhilfe Erna Bier erin- nem Besitz seiner Schwiegereltern, den verordneten-Versammlung ein Kuraus- hier ihren Höhepunkt findet. Im soge- nert: „Felkes Geburtstag war für uns alle „Felke-Jungborn Menschel“. Felke selbst schuss gewählt, der zur Aufgabe hat, nannten Hyperinflationsjahr lässt die ein Erlebnis besonderer Art. Meist wur- hat ihn dazu ermuntert, auch wenn die- den Kurbetrieb weiter auszubauen. Aus Stadt Sobernheim Notgeld drucken. Fel- de der Tag eingeleitet von einem Ständ- ser die Eröffnung nicht mehr miterleben der erhofften Zusammenarbeit mit dem kes Konterfei erscheint auf einem Gut- chen, dargebracht vom Sobernheimer konnte. Lehmpastor wird zunächst nichts, da die- schein über 100.000 Mark. Männergesangsverein „Liederkranz“, Felke kommt im Jahr 1915 nach Sobern- ser aus Verbundenheit zu Andres Dhonau Das erste offizielle „Felke-Jahr“ findet dessen Ehrenmitglied Felke war. Es war heim. Er findet den von Andres Dhonau eine solche ablehnt. Im Jahr 1922 aber 1925 statt. Felke ist zu diesem Zeitpunkt schwierig, alle Blumen unterzubringen. gegründeten Felke-Jungborn am Naheu- ändert er seine Meinung. Felke befür- zehn Jahre in Sobernheim und ihm zu Eh- Pakete, Briefe und Telegramme häuften fer vor, den der gelernte Metzger und wortet, das Kurwesen auf eine breitere dankbare Felke-Patient seit 1907 immer Basis zu stellen. Es werden Unternehmer weiter ausgebaut hat. Am 17. April 1915 gesucht, die weitere Kuranstalten grün- eröffnet Felke seine erste naturheilkund- den. Eine Genossenschaft Sobernheimer liche Praxis in der Sobernheimer Nahe- Bürger wird aus der Taufe gehoben, die straße. Zwei Jahre später folgen seine sich den Ausbau des Kurwesens zur Auf- Frau Laura und sein Sohn Johannes. Die gabe gemacht haben. Familie bezieht eine größere Wohnung Wenige Monate nach der Eröffnung des Ecke Ring- und Steinhardter Straße. Fel- „Felke-Erholungsheim am Maasberg“ im ke hält seine Sprechstunde fortan im be- Jahr 1924 nimmt das „Kurheim Löwen- nachbarten Hotel Schuler ab. Die Praxis- burg“ am Hüttenberg seinen Betrieb auf. räume liegen im ersten Stock, während Gegründet von der Bauunternehmer-Fa- sich das Wartezimmer im Erdgeschoss milie Klußmeier, bietet es zwanzig Bet- befindet. Sprechstundenhilfe und enge ten mit Badeparks. Vertraute wird Erna Bier, die eigentlich Im Jahr 1925 wird oberhalb des Nohfel- nach Sobernheim kommt, um als Schü- sens mit dem Bau eines weiteren Kur- lerin vom Lehmpastor lernen zu dürfen. betriebes begonnen. Gebaut von einem langjährigem Felke-Patienten vom Nie- Felkefest 1925 Während die Patienten vor dem Hotel derrhein, wird die mit 60 Betten recht

367 368 sich; Gratulanten in großer Zahl erschie- verbringt er in Nymphenburg und stirbt gewidmet von Vereinen, Körperschaften Häuser, wie auch fast alle übrigen Häu- nen von Nah und Fern. Der 70. Geburtstag dort am 16. August 1926: „Als der Eh- usw. getragen. Ferner waren viele Fel- ser der Stadt, auf Halbmast gesetzten sollte besonders festlich begangen wer- renbürger unserer Stadt den Tod heran- kevereine u.a. Naturheilverbände durch Flaggenschmuck trugen. Die umflorten den. Eine außerordentliche Verbandsta- nahen fühlte, ließ er sich von der Stati- Abordnungen vertreten. Vor den mit 4 Straßenlampen brannten. Glockengeläut gung vom Bund der Felkevereine sollte onsschwester leise sein Lieblingslied „So Pferden bespannten, mit kostbaren Trau- von den Türmen beider Kirchen mischte als Festsitzung in Sobernheim stattfin- nimm denn meine Hände“ vorsingen, erspenden bedeckten, von Feuerwehr- sich in die düsteren Musikweisen.“ den. Das Geburtstagskind wünschte, den und nachdem sie geendet hatte, flüs- leuten mit brennenden Fackeln flankier- Tag in aller Zurückgezogenheit auswärts terte Felke seine letzten Worte: So, jetzt ten Leichenwagen gingen eine Anzahl Noch heute – 100 Jahre nach seiner An- zu verbringen. Den Anstrengungen ei- gehe ich heim... nach Sobernheim.“ weißgekleideter Mädchen mit Kränzen kunft in Sobernheim – hinterlässt Felke nes solchen Tages fühlte sich unser Pas- im Haar und Blumen in den Händen und seine Spuren in der einzigen Felkestadt tor nicht mehr gewachsen; vielleicht in Felkes Leichnam wird überführt und mit dahinter folgten die Angehörigen des Deutschlands. der Vorahnung, daß es sein letzter Ge- großem Trauerzug am 21. August 1926 Heimgegangenen sowie Freunde und burtstag auf Erden wird. Geschenke und auf dem Sobernheimer Friedhof beige- andere Leidtragende von nah und fern in In den drei ansässigen Kurhäusern – Bol- Glückwünsche kamen trotzdem hier in setzt. Eine Beerdigung mit Trauerzug, langer Reihe. Langsam bewegte sich der lAnts Spa im Park, Hotel Maasberg Ther- großen Mengen an. Mit ca. 150 Tele- wie es die kleine Nahestadt noch nie Zug durch die 100 auf hohen schwarzbe- me und Menschels Vitalresort – kann grammen fuhr ich nachmittags nach Bin- erlebt hat: „Denn schier endlos war die kleideten Kandelabern angebrachten Fa- auch heute noch eine klassische Felke- gen, wo ich unser Geburtstagskind in en- Trauergemeinde, die sich am Samstag ckeln eingesäumte Hauptstraße, deren Kur durchgeführt werden. Alle drei Kur- gem Freundeskreis im Hotel Göbel antraf nachmittag um 3 Uhr vor dem Trauer- und in froher Runde wurden die vielen hause versammelte. An der Bahre fand Telegramme vorgelesen. Sehr bald nach zuerst noch eine feierliche Hausandacht diesem letzten Geburtstag machten sich statt, bei der Herr Superintendent Steen die ersten Anzeichen der schweren Er- die Ansprache hielt und die Ausseg- krankung bemerkbar, die Felkes segen- nung vornahm. Nach der Verbringung reichem Wirken ein Ende setzte.“ des Sarges in den Leichenwagen sang der „Liederkranz“ seinem Gönner und Bis zu seinem siebzigsten Lebensjahr Ehrenmitglied das Abschiedslied „Still war Felke selbst kaum krank. Kurz nach ruht dein Herz“. Dann setzte sich der seinem runden Geburtstag verschlech- Zug in Bewegung. An der Spitze schritt tert sich sein Gesundheitszustand und eine Chopin- und Mendelssohn´sche Felke ist gezwungen, sich in ärztliche Trauermärsche spielende Musikkapelle, Behandlung zu begeben. Gemeinsam dann folgten Magistrat, Abordnungen mit seinem Sohn Johannes macht er sich des Felkeverbands und des Verbandes auf seine letzte große Reise – nach Nym- der Naturheilkundigen Deutschlands, phenburg bei München. In einer Privat- M.G.V. „Liederkranz“, Turnverein, beide klinik des Geheimrats Krecke wird Felke Radfahrervereine, Fussballklub, Kath. behandelt. Jünglingsverein, Kurgäste, Felkeaner und Kranzträger mit größtenteils wahren Für den Lehmpastor, der zeit seines Le- Meisterwerken der Blumenbindekunst, bens immer das Wohl anderer vor das die Vereine mit umflorten Fahnen bzw. eigene gestellt hat, gibt es keine Ret- Standarten, dazwischen wurden eine Felkes Beerdigung tung mehr. Seine letzten Lebenswochen große Anzahl prächtiger Kranzspenden,

369 370 häuser haben wirtschaftlich schlechte aus dem Bereich der Naturheilkunde nis seine letzte Ruhestätte gefunden. Zuhörer waren sehr beeindruckt und Zeiten, die Wirren des Zweiten Weltkrie- und Homöopathie Fachvorträge halten. Auch hat die Stadt ihm auf dem Friedhof, sahen für ihre Anwendungen hier gute ges und die Reformen im Gesundheits- Zehn Jahre lang verleihen die Dr. Richard sowie auf dem Bahnhofsvorplatz je ein Erfolgsaussichten. Frau Schumacher, wesen überstanden und erfreuen sich Mauch GmbH in Köln, die Stadt Sobern- würdiges Denkmal gesetzt.“ damals Geschäftsführerin des Felke- großer Beliebtheit. heim, der Felke-Bund e.V. in Sobernheim bundes, empfahl der Schöpferin dieses in Verbindung mit dem Pastor Felke Ins- Am 21. Januar 1950 kommt es zur Neu- Heilverfahrens und deren Tochter Chris- Bereits zu Felkes Lebzeiten – am 24. Ap- titut für Irisdiagnostik und Ganzheitsthe- gründung des Sobernheimer Felke-Ver- ta, beide Krankengymnastinnen, die ihre ril 1925 – beantragt die Sobernheimer rapie die mit 5.000 DM dotierte Pastor- eins, dessen erster Vorsitzender Emil Praxis in der DDR aufgegeben hatten, Stadtverwaltung bei der Regierung die Felke-Medaille. Ausgezeichnet werden Hevert wird. Der ursprünglich aus dem sich in Sobernheim niederzulassen. Sie Anerkennung als „Bad“. Über sechzig Menschen, die sich um die Felke-Kur Rheinland stammende Hevert baut ge- sahen sich den Ort an. Er gefiel ihnen. Jahre nach Felkes Tod überreicht Staats- verdient gemacht haben. Erster Preis- meinsam mit seiner Frau Dorothea ab Und als sich noch Gelegenheit bot, von minister Rainer Brüderle in einer Feier- träger im Jahr 1986 ist der Bad Kreuz- 1956 in Sobernheim ein eigenes phar- der Stadtverwaltung die 1925 erbau- stunde am 25. Mai 1989 die Anerken- nacher Wolfgang Schulz, es folgen der mazeutisches Unternehmen für Natur- te Villa Waltraud mit der ehemaligen nungsurkunde für die Stadt Sobernheim, Felke-Schüler Alfons Menschel im Jahr heilmittel und homöopathische Kom- Bürgermeister-Dienstwohnung günstig als erstes und einziges staatliches Felke- 1988 und Hans Stassen im darauffolgen- plexmittel auf. Heverts Verbindung in die zu erwerben, griffen sie trotz geringer Heilbad. Am 11. Dezember 1995 folgt den Jahr. Hans Stassen ist die Gründung Felkestadt und zu Emanuel Felke kommt Eigenmittel zu und eröffneten dort 1961 schließlich die Verleihung des Bad-Titels. der Felke-Stiftung zu verdanken, die seit nicht von ungefähr, so war er doch eini- „Kurheim und Atemschule Schroth.“ dem Jahr 2012 wieder aktiv ist. ge Jahre mit dem Vertrieb der Dr. Richard Im Jahr 1995 übernimmt die Asklepios Zu verdanken ist dies unter anderem Mauch GmbH betraut. Die Dr. Richard Klinik-Gruppe die Katharina-Schroth- der „Ärztlichen Arbeitsgemeinschaft Im Jahr 1949 wird der Felke-Bund e.V. Mauch GmbH, ein Hersteller „homöopa- Klinik. 1997 folgt der Klinikneubau im für Felke-Therapie“, die im Jahr 1965 neu gegründet, der während des Zwei- thischer Complexmittel“ ist die einzige, Nachtigallental. Skoliose-Patienten aus von den Ärzten Dr. Thea Menschel aus ten Weltkrieges der „Reichsarbeitsge- die Felke zu Lebzeiten als „homöopathi- aller Welt kommen zur Behandlung nach Meddersheim, Dr. Wolfgang Schulz aus meinschaft der Naturheilverbände“ ein- sche Felke-Zentrale“ autorisiert und zur Bad Sobernheim. Bad Kreuznach, Dr. Günter Schlau aus verleibt war. Geschäftsstelle und neuer Herstellung seiner Komplexmittel er- Diez a.d. Lahn und Dr. Helge Dhonau aus Sitz wird Sobernheim: „Der Sitz des neu- mächtigt hat. Bei Mauch lernt Hevert die Felkes Spuren in Bad Sobernheim sind Sobernheim ins Leben gerufen wird. Sie en Felke-Bundes wurde in die „Felke- Methoden und vor allem die Heilmittel allgegenwärtig: haben es sich zur Aufgabe gemacht, Stadt Sobernheim a.d. Nahe“ verlegt. In des Lehmpastors kennen; eine Firmen- Bereits seit 1959 veranstaltet der HSV die Wirksamkeit der Felke-Kur wissen- seiner letzten Sitzung hat der geschäfts- gründung in der Felkestadt Sobernheim sein Felke-Turnier, ein Handballturnier, schaftlich zu belegen. Es gilt, die sicht- führende Vorstand beschlossen, den Sitz ist somit naheliegend. zu dem Jahr für Jahr hunderte Mann- baren Erfolge von Felke-Anwendungen des „Felke-Bundes e.V.“ einschließlich schaften anreisen. und deren positive Wirkung auf den der Presse- und Propagandastelle nach Dem Felke-Bund ist es auch zu ver- menschlichen Organismus begreif- und der „Felke-Stadt Sobernheim a.d. Nahe“ danken, dass Katharina Schroth sich in Die DLRG-Ortsgruppe veranstaltet seit messbar zu machen. Die Sobernheimer zu verlegen. Dieser Beschluß wurde auf Sobernheim niederlässt: „Als Glücksfall 1997 jährlich ihren Felke-Cup, offene Felke-Kurhäuser beteiligen sich an die- Antrag der Stadtverwaltung in Sobern- für die Weiterentwicklung Sobernheims Schwimm-Meisterschaften, bei denen sen Studien, deren Ergebnisse in insge- heim durch den Herrn Amtsbürgermeis- zum Naturheilkurort hat sich eine Anre- auch der Titel des Vereinsmeisters aus- samt neun Heften einer Schriftenreihe ter Imig gestellt. Die Stadtverwaltung gung des hier beheimateten Felkebun- getragen wird. erscheinen. fühlt sich auf Grund der langjährigen, des erwiesen: bei Vortragsveranstaltun- hervorragenden Tätigkeit Pastor Felkes gen der Felkevereine Bad Kreuznach und Im Jahr 1992 eröffnet Deutschlands ers- Im Rahmen der „Sobernheimer Wo- in Sobernheim verpflichtet, ihn als ihren Sobernheim war die krankengymnasti- ter Barfußpfad in Bad Sobernheim, der che“ findet jährlich ein Felke-Symposi- früheren Ehrenbürger zu ehren. Pastor sche Spezialbehandlung System Schroth die barfüßigen Besucher mit den vier um statt, bei dem namhafte Vertreter Felke hat auch dort in einem Erdbegräb- vorgestellt und erläutert worden. Die Elementen – Licht, Luft, Wasser, Erde –

371 372 Aktionen und Personen » anton burg

Anton Burg wird am 1. Weihnachtstag 1767 in Sobernheim geboren; sein Vater Anton stammt aus Reil an der Mosel, sei- ne Mutter Maria Louisa Theresia geb. Erff aus Sobernheim. Bereits in den 1790er Jahren zieht es Anton Burg in die Haupt- „Fußkutscher“, oder "Schnell-Laufer". stadt des Kaiserreichs nach Wien, wo er Für seine Leistungen erhält der Hofma- 1798 die erste Fabrik für landwirtschaft- schinist und Eigentümer der "K.K. Hofa- liche Maschinen gründet. Das Wiener ckerwerkzeug- und Maschinenfabrik An- „100 Jahre Felke in Adressbuch von 1812 bezeichnet Anton ton Burg & Sohn" 1827 das Bürgerrecht Burg, als „Maschinen- (ökonomische) und Bad Sobernheim sind der Stadt Wien ehrenhalber und wird Trä- Ackerbau-Werkzeugmacher“, bald besitzt ger der Mittleren goldenen Verdienstme- Tradition, Verpflichtung er in der Favoritengasse im aufstreben- daille. 1876 gibt die Stadt Wien der Ver- und Chance für die vielen den Bezirk Wieden ein eigenes Haus, in bindung zwischen Klagbaumgasse und dem sich auch die Werkstatt befindet. Facetten des Lebenswerk Lambrechtgasse im Stadtteil Wieden den Im Sommer 1817 erprobt der vom Dienst Namen Anton-Burg-Gasse. von Erdmann Leopold freigestellte badische Forstbeamte Karl Welchen Aufstieg der Auswanderer von Stephanus Emanuel Felke.“ Drais zwischen Mannheim und Schwetzin- der Nahe und seine Familie genommen gen und zwischen Gernsbach und Baden- haben, zeigt sich nicht zuletzt in der be- Baden seine Laufmaschine und erhält für ruflichen und gesellschaftlichen Biografie den Bau des Gefährts ein Großherzoglich des Sohnes Adam Burg (1797-1882). Vom Badisches Privileg. Schreiner in der väterlichen Werkstatt Nachdem aber ein Privilegiengesuch von bringt er es bis zum Professor der höheren Drais an den österreichischen Kaiser im Mathematik am Wiener Polytechnischen November 1817 abgelehnt worden ist, Institut und zum Lehrer der Mechanik und baut Burg die Draissche Laufmaschine Pastor Emanuel Felke mit Buch Maschinenlehre. 1844 wird er zum k.k. nach und richtet gegenüber dem There- Regierungsrat ernannt, erhält 1847 das sianum in der Favoritenstraße eine Schule Ehrenbürgerrecht, wird 1848 wirkliches für „Laufübungen auf der Draisine“ ein. Mitglied der Akademie der Wissenschaf- Der geschäftstüchtige Maschinen-Fab- ganz im Sinne Felkes verwöhnt. wichtigsten Stationen des Lehmpastors ten, kämpft für die Einführung des met- rikant gestattet die Einübung der erfor- Kurz nach der Bad-Anerkennung – im in Bad Sobernheim. rischen Maß- und Gewichtssystems, die derlichen Geschicklichkeiten gegen eine Jahr 1996 – wird das Bad Sobernheimer Verbreitung der Dampfmaschine und für Gebühr von 20 Kreuzer für eine Viertel- Gymnasium in Emanuel-Felke-Gymnasi- Das Bad Sobernheimer Heimatmuseum die Industrialisierung Österreichs, die Ver- stunde, 36 kr. für eine halbe und einen um umbenannt. im historischen Priorhof eröffnet 2015 besserung des Feuerlöschwesens, der Gulden für eine ganze Stunde. Burgs Drai- Wasserleitungen und der Gasbeleuch- Im Jahr 2000 wird der Felke-Pfad einge- seine Pforten mit einer neugestalteten sine kostet zwischen 66 und 100 Gulden. tung. 1866 wird er in den Freiherrenstand weiht. Auf den Spuren Felkes durch die Felke-Dauerausstellung... Ein Bericht von 1818 nennt die Laufma- erhoben. Stadt: Bronzene Platten erinnern an die Anke Wiechert schinen "Fiakersurrogate", ihre Nutzer Norbert Diehl 373 374 Aktionen und Personen modernster Kinotechnik (Kontny war Form bis 2009 und ist seitdem geschlos- technischer Ingenieur bei der UFA und sen. Was aus der Immobilie werden soll, » kino ertüftelte selbst einige Patente mit und ist offen. an Projektionsapparaten). Der Zuschau- Ein cineastisches Intermezzo in Sobern- erraum im „Rex“ war wesentlich breiter heim gab es unweit des Obertors. In der Ob Hollywood oder Babelsberg - die dort lichtspieleAltmeier“. 1945 flogen in den angelegt und in einer leichten Boden- ersten Etage der früheren Strumpffabrik produzierten bewegten und später auch letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs schrägung zur Leinwand hin, so dass die Marum an der Bahnhofstraße richtete tönenden Filmwelten waren sogar in Bomber der Alliierten über die nahe ge- Köpfe der Vordermänner weniger störten Manfred J. Simon anno 1978 ein neuzeit- Sobernheim auf der Leinwand zu sehen. legene Bahnlinie und den Bahnhof. Ihre beim Filmgenuss. In der ursprünglichen liches Kino ein mit geringerer aber sehr Ende 1895 zeigten in Paris die Brüder Bomben zerstörten nicht nur die Gleise Bestuhlung mit typischen (hier bereits bequemer Bestuhlung. Es nannte sich Lumière ihren ersten Film. Und 23 Jahre und das Bahnhofsgebäude, sie trafen gepolsterten) Klappsesseln fanden rund „Cinestar“ und enthielt Dekorationen im später flimmerte der erste Stummfilm in auch Altmeiers Kinosaal. Recht bald nach 350 Filmfreunde Platz. Die sehr viel brei- Pop-Art-Stil. Alsbald folgte ein zweiter, Sobernheim über eine weiße Leinwand. Kriegsende erfolgte ein provisorischer tere Leinwand kam natürlich auch den kleinerer Vorführraum, der unter „Cine- Das war am 10. Mai 1919 und zwar führte Wiederaufbau. Dem schloss sich fünf Jah- Cinemascope-Filmen wie „Ben Hur“ club“ Filme für ein erwachsenes Publi- ihn ein Ferdinand Zimmer im damals neu re später ein Totalumbau an. Altmeiers oder „El Cid“ zugute. Stereophonie, HiFi- kum bot. Beide waren – der Zeit entspre- etablierten Café Jung an der unteren Witwe Gertrud führte das Kino ab 1949, und Dolby-Tontechnik boten ab den 60er chend – sogenannte Raucherkinos. Simon Großstraße auf. Dieses Lokal mit einem unterstützt von ihren beiden Töchtern. Jahren auch klanglich das Beste. Kontny schloss „Cinestar“ und „Cineclub“ im De- rückwärtigen Sälchen hieß vorher Gast- Größter Event in diesem Kino war 1958 bot in der Woche elf Vorführungen, da- zember 1985. Martina Freienstein führte haus Ritter, später Bürgerhof, dann Ober- die Uraufführung des Käutner-Films „Der von starteten drei am Nachmittag und ab 14. Februar 1986 das Cinestar weiter, bayern, Gudruns Pub, zuletzt Big Street “ nach dem Roman von eine lief als Spätfilm. Es gab im Rex sogar bis es nach wenigen Monaten erneut – 69. In den frühen Jahren nannte es sich Carl Zuckmayer. Als Stars des Films wa- ab und an Chorkonzerte mit dem Origi- diesmal aus bau- und sicherheitstechni- „Sobernheimer Lichtspielhaus“. Um 1950 ren sogar Curd Jürgens und Maria Schell nal Donkosaken-Chor. Der Platz zwischen schen Gründen – dicht machen musste. führte in diesem Lokal (und zugleich im anwesend. Das Kino Altmeier war rund Vorhang und Leinwand reichte für Cinestar-Gründer Simon hatte seinerzeit Wechsel in Waldböckelheim) der einst vier Jahrzehnte in Betrieb. Es gab den 1. einen solch großen Klangkörper aus. Die zu- dem Kino eine Lokalität mit Spielautoma- bei der UFA tätige Filmingenieur Gerhard und 2. Rang und Sperrsitz als Preiskate- nehmende Mattscheiben-Begeisterung ten und Poolbillard angeschlossen. Kontny mit einem transportablen Projek- gorien. Der Spielplan enthielt zwölf Vor- der Deutschen führte indes bundesweit Jener Betrieb ist heute, unter neuer In- tor Spielfilme vor. stellungen pro Woche, darunter zwei für zu einem Kino-Sterben. Es traf nach 27 haberschaft, als „Löwen Play“ weiterhin Im Hause Bahnhofstraße 11 (zur Nazizeit: Kinder und Jugendliche am Wochenende. Jahren anno 1982 auch das Rex-Filmte- werktags ab 6 Uhr, sonntags ab 11 Uhr Horst-Wessel-Straße 66) hatte zwischen Samstags spielte man eine Spätvorstel- ater, zumal vier Jahre zuvor dem „Rex“ und jeweils bis Mitternacht geöffnet und den Häusern Schatto und Kalt zu Beginn lung um 22.30 Uhr auf der Leinwand mit eine neue Konkurrenz im „Cinestar“-Kino über eine Außentreppe zu erreichen. des 20. Jahrhundert der Photograph Jo- einem Seitenverhältnis von 3 : 7. erwachsen war. Erst 15 Jahre später - da Das Kulturforum Bad Sobernheim macht sef Altmeier sein gut florierndes Atelier Der Beatles-Film „A Hard Day‘s Night / war jene Konkurrenz wieder weg - trau- es sich seit Februar 2012 zur Aufgabe, eingerichtet. Er wendete sich nach dem Yeah-Yeah-Yeah“ war 1964 der letzte ten sich die Kinobetreiber Karlheinz Hart- drei- bis viermal im Jahr interessante stehenden Bild dann auch dem beweg- Film, der im Kino Altmeier lief, ehe es mann und Andreas Orth von den Kur- Spielfilme in einer Filmwoche zu zeigen. ten Bild insofern zu, dass er sechs Jah- umgebaut wurde zum Tanzlokal namens Lichtspielen Annweiler am Trifels, das Spielstätte dafür ist im Leinenborn das re nach dem Ersten Weltkrieg in seinem „Siggi‘s Ranch“, später „Silbermine“. „Rex“ in der Felkestadt (im Spielbund mit Paul-Schneider-Gästehaus. Gartengelände hinter dem Wohnhaus ein Der aus Berlin stammende Dipl.-Ing. Ger- dem Kirner „Casablanca“) ab 1997 erneut Der Vollständigkeit halber sei ein Sex-Kino geräumiges Lichtspielhaus errichten hard Kontny eröffnete zu Neujahr 1955 mit Filmen zu bestücken. Der Zeit gemäß erwähnt, das in den 60er/70er Jahren bei ließ. Knapp 200 Personen fanden ab 26. unweit des Obertors an der Poststraße bauten sie den Zuschauerraum um, die Pferdsfeld in der damaligen Bar „Barba- Juni 1925 darin Platz. Ab 1935 konnte man 44 ein Kino, das „Rex-Filmtheater“. Der Stufung wurde noch höher, die Sitze wa- rella“ (vorher Diskothek „Kosmos“) nicht die Akteure auf Zelluloid auch sprechen Neubau hatte zur Straße hin ein klei- ren nun bequeme Sessel mit viel Bein- jugendfreie Filme den Besuchern vorge- hören, das Haus nannte sich nun „Ton- nes Foyer, darüber den Vorführraum mit freiheit. Das „Rex“ spielte dann in dieser führt hat. Paul Bregenzer 375 376 Aktionen und Personen » Kerb

Da konnten sieben Sonnen am Himmel Aufwand für Musikkapellen nicht mehr stehen oder es wieder mal den typischen lohnte. Es gab Diskussionen um die Höhe Kirmesregen geben: An Kerwemontag des Standgeldes, um einen finanziellen gegen elf Uhr füllte sich das Festzelt der Zuschuss der Stadt zum Zeltprogramm. Johanniskirmes, ging die Bevölkerung Man kam schließlich beim immer knap- von Sobernheim hinaus auf ihr Volksfest peren Stadtsäckel nicht mehr überein. auf dem Johannisplatz. Dann blieb vor einigen Jahren der Fest- Nicht nur komplette Familien nahmen wirt ganz weg und die Bad Sobernhei- Platz auf den Brauereigarnituren, auch mer Johanniskirmes stand ohne ein gro- die Belegschaften von Firmen, aus Ver- ßes Festzelt da. waltungen, vom Amtsgericht oder die Was tun? Ersatzlösungen waren ein Kir- Soldaten des Luftwaffenverbandes mesdorf mit Minizelt und Sonnenschir- reihten sich ein. Zumeist war es def- men. Aber beim Frühschoppen, dem tige Blasmusik, die im Bund mit dem Zugpferd früherer Kerwetage, war es heimatlichen Kirner Bier den Pegel der nie mehr so wie einst. Erst 2012 lockte Fröhlichkeit steigen ließ. Dazwischen die der Menschenkicker wieder mehr Pub- obligatorische Kerwewurst, das Spieß- likum an. Daher ist er dieses Jahr erneut bratenbrötchen oder der Fischweck - im Angebot. Frank Weikert will sich als Als das Geschwader noch auf Pferdsfeld flog und Sobernheim Garnisonstadt war, was kann schöner sein. Selbst die Schu- neuer Festwirt um die Kirmesgäste an waren zahlreiche Soldaten in Ausgehuniform ein bekanntes len hatten früher Schluss - wenn es nicht allen vier Festtagen und erst recht am Bild auf dem Frühschoppen der Johanniskirmes.Der Besucherstrom ebbte stark ab in den sogar Hitzefrei gab. Die Hochzeit der Jo- Kerwefrühschoppen kümmern. Neuer- Jahren nach dem Jahrtausendwechsel. Ohne Umsatz kann ein Festwirt indes das Programm hanniskirmes dürfte so in den 70er und dings gibt es sogar zweimal Feuerwerk im Zelt auch nicht ewig sponsern. 80er Jahren gewesen sein. Da stimmte zur Kirmes: Nach der schon traditionel- an den meisten Kerwetagen die Publi- len Pyrotechnik am Nachthimmel des Die Nachkriegskirmes 1948 hat man so- lich wieder alles gab, feierte man eine kumsresonanz. Kerwefreitags nun auch am Montag als gar an zwei Wochenenden gefeiert: Am Woche drauf erneut Kirmes am 26. und Aber nichts ist auf dieser Welt offen- buntes Finale der Johanniskirmes 2013. 19. und 20. Juni galt noch die fast wertlo- 27. Juni 1948. bar von Dauer. Das Geschwader zog ab, se Reichsmark, montags wurde die neue Paul Bregenzer Schulen luden genau zum Kirmestermin Zur Zeit der Mittsommer-Sonnenwende D-Mark verteilt. Und weil es nun plötz- zu ihren Abschlussfeiern. Immer weni- feiert man in Bad Sobernheim Kirmes, ger Firmenvertreter präsentierten sich benannt nach Johannes dem Täufer. Der zum Frühschoppen mit gleichem Käppi Bußprediger im Jordan wurde von den oder einheitlichem T-Shirt in den Besu- Johannitern (Maltesern) als Ordenspat- cherreihen des Festzelts, das traditionell ron verehrt, ihm ist die Malteserkapelle von der Familie Jost aus Niederhausen geweiht und er ist daher auch Patron der gestellt wurde. Irgendwann waren es Stadt. Um 1920 legten die Stadtväter den so wenige Besucher und ein so geringer Kirmestermin auf 24. Juni, den Johanne- Umsatz, dass sich für den Festwirt der stag.

377 378 Aktionen und Personen betonierten Überlauf fließt das Wasser und 1945 die nahgelegene Bahnlinie, et- der Nahe, um unter der Meddersheimer liche Abwürfe verfehlten ihr Ziel. » BadespaSS am gefach Brücke hindurch und am Stadtwald vor- In den späten 30er Jahren existierten bei kurz vor der Brücke der Felkestraße bereits Pläne in Sobernheim, ein Freibad wieder den Abzweig Mühlenteich aufzu- am Bocker Weg (heute Königsberger nehmen. Straße) zu bauen. Es sollte gespeist wer- In den 20er Jahren entstand das histo- den vom Dornbach. Durch den Ausbruch rische Foto mit Badenden am Gefach. des Zweiten Weltkieges kam es aber Damals rollte offenbar noch eine kleine nicht dazu. Feldbahn über den Damm, denn man 1955 plante die Stadt den Bau eines sieht fest eingebaute Gleise. Im Bereich Sport- und Freizeitbades im Osten der des Wehres ist der Fluss etwa zwei Me- Stadt. Schon 1956 wurde es eingeweiht. ter Tiefe ausgebaggert, flussaufwärts Wasser des Leinenborner Grundes und sind es etwa ein Meter. Unterhalb der Brunnenwasser aus der Solequelle (Fel- betonierten Wehrschräge variiert die kequelle) nahe der Turnhalle füllte in den Wassertiefe von knöcheltief bis zu ei- ersten Jahren die Becken. Heute kommt nem Meter. In der Nachkriegszeit gab das Beckenwasser für das Freizeit- und es dort allerdings tiefe Bombentrichter, Spaßbad aus Brunnen der Stadtwerke. Das „Gefach“ an der Sobernheimer Gemarkungsgrenze zu Meddersheim diente vor neunzig Jahren denn die Alliierten bombardierten 1944 Paul Bregenzer schon den Menschen als Badestelle in der Nahe. Sabine Brambier-Sajjad besitzt das Originalfoto mit ihrem Opa Scheib als Jüngling darauf.

Sommerzeit ist Badezeit. Das mittlere Der „Spitzfelsen“ weiter naheaufwärts Nahetal zählt zu den regenärmsten Re- im Bereich der Tennisplätze war in den gionen Deutschlands. Die Frage nach 20er Jahren beliebte Badegelegenheit einem kühlenden Nass stellte sich hier für die Jugend, denn das kostete nichts in Sobernheim also schon immer. Öf- und der etwa zwei Meter hohe Felsbro- fentliche Badeeinrichtungen gab es bis cken diente Jungs als Sprungturm. vor etwa 150 Jahren im Norden der da- Am Gefach hingegen gab es ein Kassen- mals noch ummauerten Stadt. Dort wo häuschen. Es kostete ein paar Pfennige, später das Krankenhaus errichtet wurde, die Umkleidekabäuschen zu benutzen floss der Dornbach durch eine Pforte ins und sich in die kühlen Fluten der Nahe Städtchen und wurde natürlich als Was- zu stürzen. Das Gefach ist ein Wehr, ser zum BAden und zur Körperpflege in welches die Nahe aufspaltet. Gerade- der „Badstub“ genutzt. Beliebte stellen aus fließt das Wasser unter dem Wehr zum BAden in der Nahe gab es beim hindurch als Mühlenteich weiter. Die Hö- Schlossfelsen an der „Gäulsschwem- hendifferenz zur Nahe wurde und wird me“ unweit des heutigen Minigolfplat- mittels Turbinen von der Firma Ewald zur zes. Dort war vor dem Bau eines Steges, Stromgewinnung genutzt. Der Durch- später der Brücken, im Niedrigwasser fluss zum Mühlenteich wird am Gefach des Flusses eine Furt, durch die Fuhr- von vertikal verschiebbaren Holzteile ge- An heißen Tagen ist das Gefach heute noch eine erfrischende Stätte. Ein vom werke ins Tal des Igelsbachs gelangten. steuert. Nach Süden über den schrägen, Hochwasser angeschwemmter Baum ragt mit seinem Geäst am Wehr in den Sommerhimmel.

379 380 Die evangelische Kirche in Sobernheim um 1910. Der Willigisturm war Einst und Jetzt noch niedrig, » die matthiaskirche die Seitengiebel waren aber schon ausgearbeitet.

Eine Spanne von etwa hundert Jahren großen Balgen der Orgel und dem Lu- liegt zwischen den beiden Fotoaufnah- therzimmer die Glockenstube erreicht men der evangelischen Matthiaskirche. ist, verschlankt sich der Turm auf ein Aber was ist schon ein Jahrhundert, Achteck. Darüber läuft ringsum eine or- wenn die ältesten Teile des Gotteshau- namentale Sandstein-Brüstung. Den Ab- ses seit tausend Jahren stehen. schluss als Turmspitze bildet eine acht- In den ersten Jahrhunderten bis zur Re- kantige Steinpyramide. formation war das Gotteshaus ein ka- Bei einem Bombenangriff auf die Bahn tholisches. Es stand vielleicht auch erst gingen im Zweiten Weltkrieg von der unter dem Patronat des heiligen Martin Druckwelle sehr viele gotische Glasfens- - weil der einstige Kirchenstifter Bischof ter zu Bruch. Man schloss die Fenster zu- Der Willigisturm mit Willigis aus Mainz um das Jahr 1000 ein nächst provisorisch. Vor fünf Jahrzehnten den romanischen Martinus-Fan war. entwarf dann der Künstler Prof. Georg Fensterchen ist ein Aus den Anfängen rühren die Funda- Meistermann die neuen, teils abstrakt markantes Bauteil der mente des so genannten Willigis-Turmes gehaltenen Farbfenster. Über dem Al- Matthiaskirche. an der Nordostseite der Kirche. Bis vor tar ist in den drei Chorfenstern Zion, das fünfzig Jahren war er niedriger, doch himmlische dargestellt. Im bei der umfangreichen Renovierung um Kirchenschiff finden sich auch Personen, 1960 wurde er so hoch gemauert, wie etwa der iro-schottische Mönch Disibod, er wohl früher einmal war - so jeden- der im 7. Jahrhundert das Christentum an falls ist die Turmhöhe dem berühmten die Nahe brachte oder den Pfälzer Kur- Sobernheimer Merian-Stich zu entneh- fürst Friedrich III., der im Zuge der Refor- men. Gemäß dieses Stiches wurden bei mation 1559 den Heidelberger Katechis- der Restaurierung um 1900 bereits die mus in Auftrag gab. jeweils vier Seitengiebel am Hauptschiff Grabmale aus verschiedenen Epochen hochgezogen. Zuvor lief das Dach ein- sind in die Wände eingelassen. Imposant mente dieser Orgelbauerdynastie. Katholiken einen stattlichen Betrag, der fach vom First schräg bis auf die Außen- ist der uralte Taufstein. Elemente des Simultane Nutzung der Kirche führte zu ihnen half von 1898 an ein eigenes Got- mauern, wie man es über dem Chorraum Barock finden sich in der Kanzel und erst zeitweisen Um- und Einbauten. So be- teshaus, die Pfarrkirche „St. Matthäus“ sieht. recht in der geschwungenen Empore mit nutzten die Katholiken den Chorraum, zu bauen. Inzwischen lebt hier in Bad Vor 500 Jahren, die Kirche war nun evan- samt der berühmten Stumm-Orgel. Die- der dafür mit einer deckenhohen Mauer Sobernheim die Ökumene, gibt es ein gelisch, ließ man den imposanten West- ses Meisterwerk wurde 1739 von Johann vom Kirchenschiff abgetrennt war. Zur gedeihliches und harmonisches Mitei- turm errichten. Im Fundament beginnt Michael Stumm aus Rhaunen gebaut. Trennung kam es am Ende des 19. Jahr- nander der beiden Kirchengemeinden. er quadratisch. Wenn dann über dem Es gilt als eines der wertvollsten Instru- hunderts. Die Protestanten zahlten den Paul Bregenzer

381 382 Einst und Jetzt fer beider Weltkriege ins Gedenken mit Zuvor ist um 10.30 Uhr ein Gottesdienst einbezog. zum Volkstrauertag nebenan in der » das ehrenmal Jedes Jahr am Volkstrauertag wird hier evangelischen Matthiaskirche. am Ehrenmal der Gefallenen der bei- Paul Bregenzer den Weltkriege gedacht. Mittlerweile gedenkt man aber aller Gefallenen und Info auch der zivilen Opfer in allen Kriegen In den 50er Jahren weltweit. Den ersten Volkstrauertag beging man fanden Gedenkfeiern einst mit einer Feier im Reichstag zu am Volkstrauertag noch Berlin am 28. Februar 1926. Die Nazis ga- in den Abendstunden mit ben dem Feiertag einen neuen Namen: vielen Uniformierten ab 1934 an bis Kriegsende 1945 hieß er (Feuerwehr, Rotes Kreuz Heldengedenktag. Seitdem ist er wieder und Polizei) statt. der Volkstrauertag. Der Denkmalsplatz wurde In diesem Jahr wird er mit Musik, Reden durch zahlreiche Fackeln und Kranzniederlegungen am Ehrenmal in Bad Sobernheim am Sonntag, 17. No- erleuchtet. Neben der vember 2013, um 11.30 Uhr begangen. Stadt legten auch Abordnungen zahlreicher Vereine Kränze am Sockel des Ehrenmals Um 1940 sah das vier Jahre zuvor errichtete Ehrenmal am Denkmalsplatz so aus. Bildhauer Emil Cauer hatte in Berlin die Bronzefigur eines verwundeten Soldaten geschaffen. nieder, so die Kyffhäuser, Am Volkstrauertag legt die Kommune zum Gefallenengedenken einen Kranz am Sockel des Ehren- Kriegsversehrten mals nieder. Das ist dieses Jahr am Sonntag, 17. November, gegen 11.30 Uhr. im VdK, die Heimat- Emil Cauer, ein Spross der verzweigten mittelbarer Nachbarschaft zum Rathaus vertriebenen im VdH. Bad Kreuznacher Bildhauerdynastie Cau- und evangelischen Gotteshaus musste er, schuf in den 30er Jahren in seinem ein altes Gebäude abgerissen werden. In Berliner Atelier diese Bronzefigur. Sie ihm befand sich einst eine Lateinschule stellt einen in den Schlachten des Ersten und zeitweise auch eine Beginenklause. Weltkriegs verwundeten Soldaten der Die Beginen waren allein lebende Frau- deutschen Wehrmacht dar. Abgüsse da- en, die keinem kirchlichen Orden ange- von finden sich auf mehreren Gedenk- hörten, aber ähnlich den Ordensschwes- stätten und Soldatenfriedhöfen im ehe- tern pflegende Dienste bei Armen und maligen deutschen Reichsgebiet. Kranken leisteten. Das Sobernheimer Ehrenmal wurde am Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die 13. Oktober 1936 eingeweiht - mit viel Hakenkreuze am Sockel des Ehrenmals nationalsozialistischem Bombast und und auf den Säulen der dahinter ste- mit auf volle Stangenhöhe hochgezoge- henden Traverse weggemeißelt. An die nen Fahnen - statt auf Halbmast. Für die Wand zum Kirchenhof kam eine zusätzli- komplette Anlage des Ehrenmals in un- che Granitplatte, welche textlich die Op- 383 384 Einst und Jetzt » der priorhof

Im östlichen Bereich des von einer Mauer schnitt fast quadratischer Turm mit ge- allem an der Südseite gab es mehrere drei Jahrzehnten mit seinen Ausstellungs- umfriedeten Städtchens Sobernheim bau- schwungener Dachhaube und im Erd- Anbauten, die zum Teil als Wohnungen, stücken von der unteren Großstraße in ten vor 440 Jahren Mönche einen Guts- geschoss einem kleinen freitragenden teils als Scheunen und Lagerräume, aber den Priorhof gewechselt war. Bernhard hof. 1573 war der Sandsteinbau mit Stil- Kreuzgewölbe. Der obere Part des Nord- auch als Garage eines Fuhrunternehmens Schlarb und Heinrich Becker waren da- elementen der ausgehenden Renaissance giebels ist in Fachwerk ausgeführt. Zur genutzt wurden. Der Stadtrat und Bürger- mals die Museumsbetreuer im Priorhof. fertiggestellt - der Priorhof. Ganz neu war Ostseite des Gebäudes geht es durch ei- meister Dr. Werner Dümmler erkannten Es gab mehrfach zeitlich Sonderausstellun- er indes nicht, es gab an gleicher Stelle nen großen Torbogen. Dort befindet sich dann aber den historischen Wert dieser gen, es existieren aber auch einige Dauer- bereits einen Vorgängerbau, der aber 1567 auch einer der beiden Hauseingänge. Ein Immobilie. Deshalb entschloss man sich, ausstellungen, so die zum „Lehmpastor“ niedergebrannt war. Jener ältere Bau ge- zweiter, kleinerer ist vor dem Torbogen das nun denkmalgeschützte Gebäude Emanuel Felke, zum hiesigen Komponis- hörte dem Mönchsorden der Wilhelmiten, am Hauseck. Daneben kommt eine recht wieder möglichst originalgetreu herzu- ten Rudolf Desch und zu Katharina Schroth, der nordwestlich von Waldböckelheim breite Kellertreppe mit gewölbter Decke richten - ein nicht gerade preiswertes Un- der Erfinderin der dreidimensionalen Sko- über drei Jahrhunderte ein kleines Klos- aus der Tiefe zum Hof empor. Sie war ver- terfangen. Vor allem war das Dach samt liosebehandlung. Auch etliches an Bad ter betrieb: von 1252 bis 1559 das Kloster mutlich gut geeignet, um auch Weinfässer Gebälk und Eindeckung komplett zu er- Sobernheimer Firmengeschichte ist in Marienpfort. Vermutlich hat eine nachfol- hinab oder nach oben zu befördern. Am neuern. Hier nutzte man den gewonne- diesen Gebäuden zu finden, etwa die der gende Klostergemeinschaft dann den Pri- Fuß der Kellertreppe beginnt östlich ein nen Platz, um eine Wohnung einzubau- früheren Strumpfstrickerei der jüdischen orhof neu erbauen lassen. Jedenfalls gilt kleiner unterirdischer Gang, der aber be- en. In die zog dann das Ehepaar Heimer Witwe A. Marum. Gerade für solche grö- er heute nach vielen heftigen Kriegen und reits nach kurzer Wegstrecke endet. Sein ein, zugleich das gesamte Anwesen mit ßeren Ausstellungen mit umfangreichen dem großen Stadtbrand im Oktober 1698 weiterer Verlauf ist Spekulation. Vermut- Hof, Zufahrt und Garten liebevoll betreu- Exponaten war der unter Bürgermeister als der älteste Profanbau Sobernheims. lich führte er einst in Richtung der Disibo- te, ja hier sogar zeitweise eine Station Hans-Georg Janneck erfolgte Aus- und denberger Kapelle. des deutschen Wetterdienstes betrieb. Umbau der alten Scheune zwischen dem Markant am Priorhof ist der kleine Erker Bis in die 1970er Jahre sah der Priorhof Wolfgang Heimer übernahm schließlich Priorhof und dem Alten Weg sehr dienlich. an der Westseite, ebenso ein im Quer- ziemlich heruntergekommen aus. Vor die Leitung des Heimatmuseums, das vor Paul Bregenzer

Ein etwa fünfzig Jahre Heute ist der 440 altes Foto zeigt, wie Jahre alte Priorhof baulich marode der mit seinem Heimat- Priorhof vor seiner museum ein histori- umfangreichen Restau- sches Schmuckstück rierung war. in Bad Sobernheims Innenstadt.

385 386 Einst und Jetzt Günter Münchhofen war über Jahrzehn- Illustrierten eine Existenz aufgebaut. Zu- te Förderer und Betreuer des 1. SFC 03. gleich betrieben sie einen Buchverleih. » vom untertor zur groSSstrasse Es war nicht die literarische Königsklas- Das Eckhaus hat eine wechselvolle Ge- se, die da Woche für Woche von den schichte. Um 1900 betrieb hier ein Peter Lesern für einen Groschen Leihgebühr Baecker eine Kolonialwarenhandlung, verschlungen wurde: Western, Solda- verkaufte aber auch Textilien und An- tenbücher, Liebesromane etc. Es gab ja sichtskarten. Nach dem Zweiten Welt- auch kaum Fernsehgeräte. Familie Kron krieg hatte VIVO-Lebensmittelhändler konnte um 1960 ein kriegsbeschädigtes Hans Bernardi hier sein Auskommen bis Gebäude, quasi sechs Häuser weiter, in die 70er Jahre. Danach wechselten die erwerben. Sie bauten es zu einem klei- Nutzer - es ging von der Nähstube über nen, schmucken Laden aus. Den führte Schriftenanbieter bis zum Copyshop. ihr Sohn Kurt noch bis in die 80er Jahre Nachbar zur Rechten war einst der weiter. Kaufmann Salomon Kahn mit Kurz-, Weiß- und Wollwaren. Nach dem Zwei- Der rechte Teil des Erdgeschosses war ten Weltkrieg teilten sich die Familien Drogerie und Friseurladen, betrieben Kron und Schaaf das Erdgeschoss. Links von Herbert Schaaf senior. Der Fri- hatten sich die in Bad Kreuznach aus- seurmeister dürften alle SFC-Freunde gebombten Krons mit Tabakwaren und kennen, denn er war stets eifriger und

Die untere Großstraße um 1910

Wenn Pastor Felke in seiner hiesigen den 50er Jahren kleine Wohnhäuser. Praxis mal aus dem Fenster des Hotels Oder die Schuppen und Höfe wurden Cäsar schaute, dann blickte er in Rich- abgerissen, sind heute ein - mehr oder tung Untertor auf den östlichen Teil der minder ansehnlicher - Kneipen-Park- Großstraße. Just vor dem Hotel, das platz. später in „Saarhotel“ und heute ins Re- staurant „Peanuts“ umbenannt wurde, Das Wohnhaus des Kaufmanns Carl macht die Hauptgeschäftsstraße eine Schmidt macht an der Einmündung zum doppelte Kurve. Und gegenüber der Alten Weg den Anfang der Häuserzeile. felkianischen Wirkungsstätte standen Rechts davon verschwand ein Kleinbau- damals, vor neunzig Jahren, sowohl Ge- ernhaus, Familie Münchhofen baute hier schäftshäuser als auch landwirtschaftli- ihr Wohnhaus. Älteren Sobernheimer Ki- che Anwesen. Wo die Kleinbauern ihre ckern ist der Name sicher gut bekannt, Die untere Großstraße beherbergt immer noch einen Teil des Sobernheimer Einzelhandels. Eine Scheunen und Ställe hatten, stehen seit denn der aus dem Rheinland stammende sinnvolle Sanierung der öffentlichen Verkehrsfläche täte auch dieser Straße sehr gut. 387 388 vehementer Verfechter für den Fortbe- der legendäre Hawaii-Toast. Als Cordier Einst und Jetzt stand des 1903 gegründeten Sobern- aufhörte, übernahm erst das französi- » kurze eck heimer Fußballclubs. Schaaf, vielen als sche Ehepaar Le Meur das gemütliche „Schaafs Appel“ bekannt, baute Ende Lokal, später waren Hilde und Winfried der 60er Jahren in vielen Stunden an Runkel die Gastgeber im Jugendtreff der Staudernheimer Straße in Nach- „Kamin“. Nach ihnen wurde umgebaut, barschaft zum neuen Sole-Freibad mit eine große Theke kam hinein und der am Rosenbergstadion, er unterstützte Lokalnamen wechselte zu „Bei Benny“. seinen Bruder Otto, den rührigen SFC- Heute heißt es wieder „Kamin“. Vorsitzenden. Übrigens wohnte um 1953 Ein weiteres kleines Geschäft schloss sich in der Wohnung darüber ein gewisser in Richtung Untertor an und ein Bauern- Günther Stoll - damals Trainer des SFC haus. Ein Schotterparkplatz gleich neben 03. Dreizehn Jahre später sahen ihn die Resten der alten Stadtmauer befindet Sobernheimer als möglichen Mörder auf sich heute anstelle des Bauernhauses. dem Bildschirm im Durbridge-Straßen- In dem Geschäftchen befand sich in den feger „Melissa“. 50er/60er Jahren zeitweise ein Edeka- Lebensmittelladen. Nach einiger Zeit als Als Krons geräumt hatten, übernahm Leerstand begann Lehrer Heinz Collet Obst- und Gemüsehändler Kappaun ei- hier mit dem Aufbau des Sobernheimer nige Jahre diesen Ladenteil. Um 1966 Heimatmuseums, das in den 80er Jahren wurde das Erdgeschoss komplett um- in den Priorhof wechselte. Ein Reisebü- gebaut. Der französische Küchenmeister ro buchte danach in diesem Haus Tou- Das „Haus zum kleinen Erker“ wurde 2014 vierhundert Jahre alt. Auch die beiden Nachbargebäude Jean Cordier richtete die Gaststätte „Am ren der Sobernheimer in die weite Welt. an „Kurze Eck“ stehen bereits seit mehreren Jahrhunderten hier. Kamin“ ein. Bekannt bei allen Pennälern war seine preiswerte Zwiebelsuppe und Paul Bregenzer Diese Straßenecke zählt seit jeher zu druckt. Das alte Foto zeigt „Kurze Eck“, Sobernheims Renommieransichten. Wo als es noch nicht der Sattlerfamilie Kurz die Wilhelmstraße auf die Großstra- gehörte, vor über hundert Jahren. Man ße trifft, sprudelt ein Brunnen vor ei- erkennt zur Großstraße hin, dass es da nem malerischen Gebäudeensemble. keine Schaufenster gab. Die Ansichts- Das Eckhaus des Sattlers Kurz wird von karte weist den Bau als Fuchs‘sches einem Türmchen geprägt. Rechts da- Haus aus. Auf späteren Photographien neben zwängt sich, mit einer Fülle von ist der Name und das Handwerk des Steinmetzarbeiten geziert, ein kleines Herrn Fuchs auch auf dem Ostgiebel zu Haus, das 1614, also bald vor 400 Jah- lesen. Nach Fuchs und vor Kurz hatte der ren errichtet wurde. Und dann ergänzte Kaufmann Kochendörfer seinen Laden. das Haus Beyer/Hahn das Gebäudetrio Kochendörfers Sohn Helmut erwarb in nach Norden hin. Schon englische Stahl- den 60er Jahren jenes Gebäude an der stecher haben diese Szenerie als klein- oberen Großstraße, in dem sich Kessels städtisches Idyll festgehalten und ge- Abteilung für Haushaltswaren befand.

389 390 Dort richtete den Zuckerkorso ein und Das Gebäude in der Ecke des Ensemb- Einst und Jetzt im rückwärtigen Teil zur Gymnasialstra- les lohnt eine intensivere Betrachtung » die alte sparkasse am obertor ße hin den Vorläufer seiner Top-Märkte. der Fassade. Sie besteht aus typischen Für die städtische Versorgung mit Trink- Dekorationselementen der Renaissance. wasser gab es etliche öffentliche Brun- Der kleine, dreieckig vorspringende Er- - 113 Jahre alt ist das markante Sand- sparkasse hat ihre Wurzeln in Sobern- nen im Gebiet innerhalb der Stadtmau- ker gibt dem Anwesen den Namen: Haus steingebäude in unmittelbarer Nähe der heim, sie zog dann aber später mit ihrer er. Der hier abgebildete Brunnen war in zum kleinen Erker. Jener Erker wird über Obertor-Kreuzung. Großstufige Treppen- Zentrale um nach Bad Kreuznach. Ein in den 70er Jahren für die Simmertaler Ei- dem rundbogigen Portal von einem At- giebel weisen in alle vier Himmelsrich- etwa ähnliches Schicksal erlitt Sobern- sengießerei die fotografische Vorlage, lanten getragen. Auf mehreren Feldern tungen, eherne Windfähnchen drehen heim mit der Diakonie: auch sie wur- nach der sie für einen Nachguss die Teile unter den Fenstern der ersten Etage sind sich auf den Giebelspitzen, hohe Fens- de hier gegründet und dann wechselte in den Spezialgussformen bildeten. In Texte zu lesen, die von einem vielleicht ter, Schiefereindeckung, Turmspitzen auf man naheabwärts. Der Bau am Obertor etwa an der alten Stelle installierte man eigensinnigen, aber nicht humorlosen den Gauben, breite Eingangstreppe - ein diente rund sechs Jahrzehnte als Sitz dann den neuen Brunnen, der allerdings Erbauer zeugen. Überliefert ist, dass sich besonderer Bau eben. Zu welchem beziehungsweise als Zweigstelle des kein echtes Frischwasser per Pumpen- einst im Haus zum kleinen Erker die Ver- Zweck wurde er anno 1900 errichtet? Es Geldinstituts, dann bezog man den an schwengel fördert. Das beständig laufen- treter der Tuchmacher- und der Gerber- war die damals bereits seit 22 Jahren in prominenter Stelle gegenüber dem Rat- de Wässerchen wird lediglich aus einem zunft getroffen haben. dem Städtchen Sobernheim bestehen- haus am Marktplatz errichteten Neubau. unterirdischen Reservoir umgepumpt. Paul Bregenzer de „Spar- und Darlehenskasse des Krei- 1971 schloss sich die Kreissparkasse mit ses Kreuznach zu Sobernheim“, die sich weiteren lokalen Kassen im Kreisgebiet dieses Bankgebäude errichten ließ. Die zur „Sparkasse Bad Kreuznach“ zusam- Bauzeit war übrigens parallel zur katho- men, 1993 fusionierte sie wiederum mit lischen Pfarrkirche. Ja, die frühere Kreis- der Kreissparkasse Bingen zur heutigen

Der gusseiserne Brunnen wurde nach alten Zeichnungen nachgebaut. Das Gebäudeensemble zählt zu den meistfotografierten Ecken in Bad Sobernheim.

Das Gebäude der alten Kreissparkasse wurde 1900 am Sobernheimer Obertor errichtet.

391 392 Einst und Jetzt » vom hotel adler zur neuen sparkasse

Die Bebauung der Nordseite des Sobern- gels preisgünstiger Übernachtungsmög- heimer Marktplatzes hatte schon im- lichkeiten. Deshalb wirbt die Kommune mer das Bestreben, ein architektonisch auch seit Jahren darum, dass sich Inves- passendes Gegenstück zur Südseite zu toren für ein Mittelklassehotel finden bilden, denn dort weckt die imposante mögen - bislang vergeblich. Rathausfassade das Interesse der Pas- santen. Einige Gebäude am Platz im Das Hotel Goldener Adler rührt in sei- Stadtzentrum waren über Jahrzehnte nen Anfängen aus dem 19. Jahrhundert. auch Quartier für so genannte Fremde; Parterre war das Restaurant, im Oberge-

Eine Glaubensgemeinschaft hält heute im ehemaligen Geldinstitut ihre Versammlungen drei Hotels rahmten einmal die Frei- schoss befanden sich Gesellschaftsräu- und Gottesdienste ab. fläche: das „Hotel zur Linde“, das Hotel me, in denen betuchtere Sobernheimer „Ratshof“ und das Hotel „Goldener Ad- gerne gediegene Feste abhielten, etwa „Sparkasse Rhein-Nahe“. Zwischen dem Gebäude und der Ein- ler“. Den Ratshof gibt es heute noch als Neujahrsbälle. Zum Marktplatz hin gab Das Gebäude zwischen Bahnhofstraße mündung der alten Meddersheimer gutbürgerliches Restaurant und Hotel, es im Sommer ein kleines Gartenlokal. und Mühlenweg steht direkt neben dem Straße in die Kreuzung Obertor be- die „Linde“ existiert als Hotel annähernd Das bunte Markttreiben war vom zen- dort wieder zutage tretenden Dornbach. fand sich bis in die frühen 70er Jahre vier Jahrzehnte nicht mehr. Und der „Ad- tralen Balkon aus bestens zu beobach- Offenbar war diese Partie außerhalb noch ein Miniaturpark, der von einem ler“ als markantes Vis-a-Vis- des Rat- ten. Der zunehmenden Motorisierung der ummauerten Stadt ein sumpfiges Weg u-förmig durchzogen war. Rings- hauses verschwand Ende der 50er Jahre. folgend, stand bereits in den 20er Jahren Areal. Jedenfalls gab es in der Baupha- um standen blühten Ligusterhecken. Der Hotelbau an der Ecke Großstraße/ eine Zapfsäule für Autotreibstoff direkt se einen schweren Unfall. Der Westteil Auch Ziersträucher und Rosenbeete er- Saarstraße musste damals einem Neu- vor dem Hoteleingang. Man verkaufte des Rohbaus stürzte ein. Dabei fand ein freuten die Parkbesucher. Es war ein bau der Kreissparkasse weichen. Die Ho- Sprit der Marke Derop, das war die Ab- Polier des Bauunternehmens den Tod. kleiner Ruhepol, vor allem Mütter mit Es musste neu fundamentiert werden Kleinkindern und Kinderwagen trafen tellerie im kleinen Nahestädtchen war kürzung für „Deutsche Vertriebsgesell- und gegen spätere Verschiebungen sich gerne in dieser Oase. Sogar Mitar- schon stark vertreten im vergangenen schaft für Russische Ölprodukte“ - einem wappneten sich die Erbauer, indem nun beiterinnen der benachbarten Strumpf- Jahrhundert. Immerhin gab es noch das Vorläufer der ARAL. Und Aral-Benzin mehrere Stahlbänder als „Anker“ ein- fabrik Marum machten gerne hier mal Deutsche Haus an der unteren Groß- konnte man hier auch noch bis 1955 in gezogen wurden. Ihre Endpunkte sind eine Arbeitspause. Der Park wurde ge- straße, kaum hundert Meter weiter das den Fahrzeugtank füllen - allerdings per mit schmiedeeisernen Verzierungen rodet. Man legte unter den mächtigen Saarhotel, das Hotel am Untertor, am Handpumpe. 1956 erwarb die Kreisspar- heute noch an den Fassaden zu erken- Platanen rund ein Dutzend Parkplätze Eck Igelsbachstraße/Bahnhofstraße das kasse diese Immobilie und im Folgejahr nen. Der Sparkassenbau diente nach an, um so der mobilen Kundschaft der Bahnhofshotel und an der Steinhardter wurde das Hotel abgerissen. Unmittelbar dem Auszug des Geldinstituts vor al- Geschäftswelt in der oberen Großstra- Straße ein Hotel garni „Zum güldenen danach erfolgte der Aufbau der Haupt- lem Wohnzwecken. Seit Jahrzehnten ße einen guten Dienst zu erweisen. Becher“. Wenn heute eine Busreisege- zweigstelle Sobernheim, die im Februar ist hier der Treffpunkt für Gottesdiens- sellschaft mal Quartier in der Felkestadt 1958 eingeweiht werden konnte. Damit te der Neuapostolischen Gemeinde. Paul Bregenzer machen möchte, gibt es Probleme man- war die Sparkasse nach 57 Jahren wie-

393 394 der am Marktplatz zu finden -vor ihrem ler“ beziehungsweise „Pizzeria Napo- Einst und Jetzt Bau am Obertor erledigte sie nämlich li“ hinzugenommen und das Entree der » 7.8. vom hotel linde zum café am markt ihre Geldgeschäfte gleich neben dem Sparkasse ein Stück in Richtung mittle- Ratshof im heutigen Anwesen Blattau. re Großstraße verlegt. Es verschwand Das war nämlich das Gründungshaus der auch die ursprüngliche Fassade aus Ein Leerstand am Marktplatz, also in Hausinschrift auf alten Ansichtskarten Kreissparkasse Bad Kreuznach. 1913 ver- weiß-grünlichen Terrazzo-Platten unter der Toplage der Felkestadt, schmerzt verrät. Nach dem Zweiten Weltkrieg legte das Geldinstitut seinen Sitz nach vorgesetzten Sandsteinplatten, die farb- Besucher des Stadtzentrums nun bald übernahm das Ehepaar Deitert die „Lin- Bad Kreuznach, seitdem war Sobern- lich der Rathausfassade entsprechen. seit fünf Jahren. Das Café am Markt de“, die ihren Hotelnamen damals auch heim Sitz einer Filiale. Der nun 55 Jahre der Konditormeisterin Gudrun Wagner zu recht trug, denn den Marktplatz war am Markt stehende Sparkassenbau er- Paul Bregenzer schloss Ende 2008 die Lokaltür, stellte immer umstanden von hohen Linden. fuhr im Laufe der Jahre zwei Umbauten. nicht mehr Tische und Stühle zum ge- Als um 1960 das Oval mit den Parkplät- Beim letzten Ausbau wurde noch die mütlichen Verweilen bei leckerem Eis, zen angelegt wurde, mussten die alten Fläche des früheren Lokals „Ratskel- feinsten Kuchen oder kleinem Snack Bäume verschwinden. Stattdessen stan- aufs raue Marktpflaster. Dieses gastliche den ab da einige Robinien in der Ovala- Haus - ursprünglich waren es mal zwei chse. Beim neuerlichen Umgestalten des Das Hotel „Goldener Adler“ war bis in die 50er Jahre das Häuser, was in den oberen Etagen an Marktplatzes in den 90er Jahren kamen „erste Haus am Platze in der den Fensterhöhen zu sehen ist, ebenso die Robinien weg und heute recken Pla- Sobernheimer Stadtmitte. am Dach - war einst als „Hotel zur Linde“ tanen ihr ausladendes Geäst in den Him- Für den Neubau der Sparkas- eine renommierte Herberge für Gäste mel über dem Stadtmittelpunkt. Eine senfiliale musste es wurde und erste Felkepatienten. Quasi in Nach- Platane steht seitdem auch direkt vor es vor 46 Jahren abgerissen. barschaft zu dem in den 50er Jahren auf- dem ehemaligen Hotel zur Linde. gegebenen „Hotel zum Adler“bildeten 1967 gab Frau Deitert den Hotelbetrieb sie im Herzen Sobernheims die gastliche auf, sie veräußerte die Immobilie an Visitenkarte. das Ehepaar Lang. Vom Speiserestau- Beide Betriebe hatten damals ihre Vor- rant und den Fremdenzimmern blie- züge auch auf der Hausfront aufmalen ben bei den neuen Hauseigentümern lassen. An der „Linde“ war zu lesen: vorerst nur die Zimmer. Statt des Res- „Schöne Fremdenzimmer mit fließenden taurants wurde die Lokalität zur Kondi- kalten und warmem Wasser, Bad, Zent- torei mit Verkaufsraum und Café umge- Die Sparkasse Rhein-Nahe ralheizung“ und auch der Küchenchef staltet. Franz und Martha Lang, später hat ihre Wurzeln in Bad des Hotels pries hier über dem Entree auch ihre Tochter Gudrun, meisterten Sobernheim. Die Zweigstelle seine Fertigkeiten an. Der Freisitz war diese Aufgaben. Das Ehepaar aus Bad am Marktplatz bildet mit von Blumenkästen und weißen Zaun- Kreuznach war beim Einzug am Markt ihrer Sandsteinfassade ar- latten gerahmt. Weinranken wucherten inzwischen in Sobernheim bekannt, chitektonisch ein schmuckes romantisch die Fassade empor und in denn es hatte bereits etwa fünfzehn Gegenüber zu dem markan- den beiden oberen Etagen verschlos- Jahre lang ein Café im Deutschen Haus ten Rathauskomplex. sen Klappläden mit Jalousie-Einsätzen an der unteren Großstraße betrieben. die Fenster der Fremdenzimmer auf der Nach und nach wurde das Haus moder- Sonnenseite des Hotels. nisiert. Aber gestiegene Anforderungen Wilhelm Krauß war der Lindenwirt und im Sanitärbereich ließen es letztlich auch Küchenchef in den 30er Jahren, wie die aus Platzgründen nicht zu, dass die bis-

395 396 Das Hotel zur Linde in Sobernheim am Einst und Jetzt Marktplatz auf einer alten » ein kreisel am untertor Ansichtskarte um 1935.

Im sonnenverwöhnten Rondell am Un- ße eingerichtet. Indes sind gegen einen tertor sind bereits einige Jahrgänge an solche, vor allem für Ortsfremde leicht roten Trauben gewachsen, immer bes- komplizierte Ausfahrt aus der Großstra- tens gepflegt vom Sobernheimer Wein- ße tagtäglich Fahrverstöße zu beobach- gut Schneider. Vermutlich ist es aber ten. allein die heimische Vogelwelt, die den Als die Stadt Sobernheim noch von ei- Genuss dieser edlen Beerenfrüchte im ner Mauer umgeben war, verzweigten Herbst zu schätzen weiß. Vor gut einem sich die Verkehrswege außerhalb der JAhrzehnt war es hier noch nichts mit Stadt immer ab den Ein- und Ausfahr- Seit einigen Jahren Rondell und Trauben über blühendem ten, also dem Unter- und dem Obertor. geschlossen: Das Café Gesträuch und Rosen, damals reckte Am Untertor kam die frühere Reichs- am Markt der Familien alleine eine uralte Platane ihre immer oder Provinzialstraße (heute Bundes- Lang und Wagner. wieder gestutzten mächtigen Arme in straße 41) von Kreuznach her durch das den Himmel vor der Villa Zens. Damals Botzbachtälchen an die Stadt. Seit Mitte war es eine nicht ganz unkomplizierte der 50er Jahre entlastet aber eine Um- Kreuzung von fünf wichtigen Straßen. gehungsstrecke im Norden die Stadt Von Süden kam die Poststraße. Mit Vor- von dem enormen Durchgangsverkehr fahrtsberechtigung setzte sie sich in dieser wichtigen Naheachse, der B 41. In Richtung B41, also nach Steinhardt hin direkter östlicher Richtung band sich der fort. Nach Osten zweigte die Staudern- Leinenborner Weg bis zum Jahrmarkts- heimer Straße ab. Etwas versetzt nach flecken Oberstreit an die Staudernhei- Norden ging es weiter in die Ringstra- mer Trasse an. Der Eselsrücker Weg ße und scharf nach links ins Stadtzent- schwenkte nach Südosten zur Nahe hin herigen Fremdenzimmer auf neuzeitli- pause draußen sitzen, die Sonne, den rum (und weiter zum Obertor) über die ab und die Römerstraße (zwischen Metz chen Stand gebracht wurden. Außerdem Markt und den kleinen Hunger stillen. Großstraße. und Mainz) führte auf der 2000-jährigen gab es ja ab den 60er Jahren als neues Das aber ist nun auch schon Geschich- Diese fünf Straßen sind nicht ver- Trasse relativ steil den Domberg hinauf. Hotel gleich gegenüber den „Ratshof“. te. Es steht zu vermuten, dass in abseh- schwunden, nur werden seit einigen Der heutige Kreisel lässt weitgehend Das Ehepaar Lang gab somit die Ho- barer Zeit das traditionsreiche Haus der Jahren drei von ihnen in der Zufahrt wie eine flüssige Passage des einstigen tellerie auf und man konzentrierte sich gepflegten Gastlichkeit in neue Hände der Abfahrt über einen Kreisverkehr ge- Knotens zu. Zufrieden wird registriert, auf Torten und süße Backwaren, auf wechselt. Und man darf auch gerne an- steuert: Poststraße, Steinhardter Straße dass die Blechschäden seltener gewor- Pralinen, Lebkuchen und selbst gegos- nehmen, dass dann hier wieder Tische und Staudernheimer Straße. Und in die den sind. Die drei roten Fußgänger- sene Schokoladenfiguren - alles eben, und Stühle im Schatten eines Baumes Groß- und Ringstraße darf man nur noch Furten sollen den fussläufigen Verkehr was ein Konditor herstellt. Erst in den stehen und dass erneut ein passendes aus dem Kreisel ausfahren, hinein nicht bündeln, sie geben ihren Benutzern aber 90er Jahren kamen kleine Imbisse zum gastronomisch Angebot aufgelegt wird. mehr. Dazu ist eine neue Zufahrtüber nicht das unbedingte Vorrecht zur Stra- Mittag ins Angebot, denn die Gäste die Schulstraße in die Steinhardte Stra- ßenüberquerung wie ein Zebrastreifen. wollten in der sommerlichen Mittags- Paul Bregenzer 397 398 Die gegenseitige Rücksichtnahme der herausgeputzt. Somit kann man das Un- Verkehrsteilnehmer ist hier gefragt. tertor heute als würdiges Entree der Fel- Einst und Jetzt » untere grossstraSSe Das bauliche Umfeld des Untertors hat kestadt ansehen. sich mit dem Bau des Kreisels ebenfalls Paul Bregenzer

Die alte Innenstadt befindet sich in dem Volksbank. Dort ging es über den vom etwas schrägen Oval zwischen Ober- und Dornbach gespeisten Stadtgraben mit Untertor. Ihr Zentrum ist der Marktplatz. einer Brücke und deswegen steht über Als Hauptachse verlief in der Ost-West- dem Portal zum alten Bankhaus auch der Richtung von Stadttor zu Stadttor die Brückenheilige Nepomuk. Nach einem Großstraße. Sie war gleichsam die direk- kurzen Schwenk beim Saarhotel weist die te Ortsdurchfahrt für jene, die längs des untere Teilstrecke der Großstraße in Rich- Flusslaufs der Nahe reisten oder Waren tung Markt. Gaststätten, Schuhgeschäft, transportierten. Eine Umgehungsstra- Lebensmittelgeschäfte, Bäckereien, ße wie die Trasse der B41 nördlich des Metzgereien, Drogerie, Kurz- und Woll- Städtchens besteht erst seit rund sechs waren, Bankhäuser, Tabakwaren, Haus- Jahrzehnten. Die Großstraße wurde ir- haltswaren, Modehäuser und Buchhänd- gendwann wegen gestiegenem Ver- ler säumten diese Partie links und rechts kehrsaufkommen in eine Einbahnstraße mit den teils sehr schmalen Gehsteigen verwandelt. Zuerst vom Obertor in Rich- davor. Der auch innerstädtisch fließende tung Untertor, nach dem Ersten Welt- Dornbach plätscherte bis vor acht Jahr- Vorfahrt achten, hieß es einst am Untertor-Knoten für Fahrer aus krieg umgekehrt. Als jeweilige andere zehnten noch offen in den Gossen dieser der Staudernheimer Straße oder der Großstraße. Fahrtrichtung diente die Strecke über die Straße, quasi eine natürliche Spülung der Bahnhofs- und Poststraße. Stall- und Hausabwässer. Die Großstraße stellte zugleich die Etwa fünfzig Jahre liegen zwischen bei- Haupteinkaufsstraße dar. Gleichwohl den Fotografien der unteren Großstraße. existierten hier bis in die 60er Jahre auch Und das einzige was hier beständig ist, noch einige landwirtschaftliche Anwesen ist der Wandel: In fast allen der zu sehen- und Handwerksbetriebe. Man kann davon den Gebäuden gab eine oder gar meh- ausgehen, dass überall dort Landwirte rere Nutzungsänderungen binnen dieses wohnten, wo heute noch größere Hofein- Zeitraums. Statt Wolle und Kurzwaren fahrten zu sehen sind. Durch diese Tore wurden Bücher verkauft, es folgte ein In- ging es zu Hintergebäuden, zu Ställen und nenausstatter. Wo es mal um Sparen und Scheunen oder Werkstätten und Lagern. Leihen ging, sitzt heute die Sozialstation Die untere Großstraße verband des öst- im Bankhaus. Fahrschule, Fotoladen, Bas- lichen Stadteingang mit dem Marktplatz. telgeschäft und Sportmoden wechselten Das eigentliche Untertor befand sich nicht ab. Das Tanzlokal Bürgerhof (einst sogar dort, wo heute der Kreisel den Verkehr mit Kino) wandelte sich zur bayrischen aus Poststraße, Staudernheimer und Kneipe, dann zum Pub und nun zum Steinhardter Straße lenkt, sondern wei- Treff 69. Statt Weinlokal war das Deut- Der heutige Untertor-Kreisel, rebenbewachsen, führt nicht mehr zu langen Rückstaus. Der Verkehr fließt flüssiger. ter stadteinwärts bei der Sobernheimer sche Haus Awo-Altentagesstätte, danach

399 400 eine Schlecker-Filiale und nun steht die del wird fortgesetzt, nur das ist gewiss. Einst und Jetzt Lokalität schon länger leer. Der Wan- Paul Bregenzer » von speTh zu lecoutre

Blick vom Markt in die untere Großstraße um 1910

Sechs Straßenzüge treffen sich im Her- ren wirkte hier Heinrich Schäffling, da- zen Bad Sobernheims und bilden die nach Friedrich Speth. Beide waren noch Ecken des Marktplatzes. Vom Untertor echte Buchbinder und im rückwärtigen her kommen der östliche Teil der Groß- Teil konnte man lange die Geräte für die straße und die Pfaffenstraße. Die Groß- Ausübung dieses ehrbaren Handwerks straße bildet hier eine Ecke zusammen der „schwarzen Zunft“ bewundern. mit der Saarstraße, die früher Fröschen- Schäffling wie auch Speth betrieben so- gasse genannt wurde. gar einen eigenen Verlag, in dem vor Das markante Eckgebäude beherbergt allem Ansichtskarten von Sobernheimer die Buchhandlung und das Schreibwa- Sehenswürdigkeiten herausgegeben rengeschäft von Thomas und Siglinde wurden. Solche Produkte fanden bes- Lecoutre. Dem beschreibbaren und be- ten Absatz vor allem in der Zeit, als das Die untere Großstraße beherbergt immer noch einen Teil des Sobernheimer Einzelhandels. druckten Papier war dieser Bau schon Städtchen an der Nahe als aufstrebender Eine sinnvolle Sanierung der öffentlichen Verkehrsfläche täte auch dieser Straße sehr gut. immer gewidmet. Vor über hundert Jah- Felke-Kurort viele „Fremde“ beherberg-

401 402 Einst und Jetzt » von der fröschegass zur saarstraSSe

Hundert Jahre alt ist die Fotokarte mit der Papierhandlung Schäffling/Speth mitten in Sobernheim. Lektüre und Papeterie werden dort heute von Buchhändler Lecoutre verkauft. Die Saarstraße, wie sie in den 30er Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg aussah. Handwerker und kleinen Läden prägten die Häuserzeilen links und rechts der mit te, die zu dem Lehmpastor Emanuel Fel- grafischen Ansichtskarte sieht man links Basaltsteinen gepflasterten Straße. ke pilgerten, seine Praxis im Hotel Cae- im Nachbarhaus die Bäckerei Dietz bzw. sar (später Saarhotel, heute „Peanuts) Müller. Heute ist dort eine Filiale des Stadtsaniert ist die Saarstraße seit rund Richtung Saarplatz. Eine kleine Wasser- aufsuchten oder zur Kur in den noch jun- Waldböckelheimer Bäckers Andrae ein- einem Jahrzehnt. Und es gilt seitdem Ein- rinne, Bäume und ein auch als Freisitz gen Felke-Jungborns weilten. gerichtet. Beim Blick in die untere Groß- bahnverkehr vom Marktplatz her - außer eines Lokals nutzbarer Gehweg wurden Nachdem die Geschwister Speth den La- straße erkennt man das auf der rechten für Fahrräder. Früher war die gepflas- dafür eingebaut. den aus Altersgründen aufgegeben hat- Seite vorspringende Bankhaus Fuchs. In terte und später streckenweise asphal- Leider hat das schöne Altstadtpflaster, ten, befand sich um 1966 auch einmal eine den 60er Jahren wurde es abgerissen, tierte Fahrbahn breiter. Der Straßenzug die schmälere Straße und die Gestaltung war somit ein wichtiger Zubringer für des Saarplatzes noch nicht dazu geführt, Textilhandlung in dem Geschäftshaus. musste dem Neubau der Kreuznacher die Geschäfte und die Verwaltung in der dass sich hier die Geschäftswelt belebt. Dann wechselte mit Lecoutres der Laden Volksbank Platz machen. Heute ist darin Stadtmitte. Motorisierte Kundschaft aus Im Gegenteil, der Discounter Lidl zog wieder zu Büchern und Schreibwaren. die Sozialstation untergebracht. den nicht gerade bevölkerungsarmen westwärts auf die „grüne Wiese“, auch Auf der etwa hundert Jahre alten foto- Paul Bregenzer nördlichen Stadtteilen bis hoch zur Bun- Lidl-Nachfolger NKD hat sich jüngst beim desstraße haben nun Umwege zu fahren, Rewe und Netto-Gelände eingerichtet. wollen sie mit ihrem Auto ins Herz der Jetzt hat das Optikergeschäft seine Filia- Felkestadt gelangen. Die Engstelle, die le geschlossen. Am Saarplatz klafft eine heute zum Einbahnverkehr zwingt, ist Abrisslücke. Kein Gemüseladen mehr, im Prinzip die gut 50 Meter kurze Passa- kein Schuster. ge ab der Einmündung Priorhofstraße in Vor einem halben Jahrhundert sah das

403 404 noch anders aus. Die Lebensmittelläden schenkartikel-, Eisenwaren- und Bau- der Saarstraße war „Fröschengasse“. Schwenk (Spar) und Simon(VIVO) hatten stoffhandlung Philipp Scheib. Ein bunter Das rührte von einem von Fröschen be- Info hier ihr Auskommen, ebenso die Schuh- Branchenmix also, den es allerdings zu völkerten Brandweiher her, der sich auf Die SaarstraSSe und das macher Herpoltsheimer, Klein, Mül- Teilen immer noch an der Saarstraße gibt dem heutigen Saarplatz befand. Er wurde mittlere Teilstück der Gross- ler und Iljen, der Drechsler Kappes, das - eine ideale Ergänzung zu den Geschäf- von dem mitten durch die Stadt fließen- straSSe umschlieSSen die am Elektrogeschäft Jung-Hartmann, Angler- ten um den Markt und an der Großstraße. den Dornbach gespeist, ebenso die Vieh- bedarf und Sportartikel Gebhardt bzw. Die Saarstraße heißt erst seit knapp acht tränke an selbiger Stelle, nach ihr ist das längsten bebaute Partie der Vahlert, die Photographen Künsting und Jahrzehnten so. Das „Saargebiet“ war Lokal „Zur Tränke“ benannt. Nach dem Felkestadt. Hier in dieser Rost, Kurzwaren Geschwister Winter, Bä- 1920 durch den Versailler Vertrag unter Zweiten Weltkrieg hatte man die Saar- Kernzone der bis etwa 1870 cker Müller, Radiogeschäft Tietze, Kaf- die Regierung des Völkerbunds gekom- straße kurzzeitig wieder in Fröschengas- ummauerten Stadtgemeinde feegeschäft, Apotheke Günther Clauß, men. 1935 gab es eine Volksabstimmung se umbenannt, dann aber blieb es doch standen wohl schon zu Zei- eine Mode-Boutique, drei Friseursalons: die zu rund 91 Prozent zugunsten der bei Saarstraße. Saarstraßen-Anwohner ten Kaiser Karls des GroSSen Engelke-Amberg, Welschbach und Focht- Rückkehr ins Deutsche Reich ausging. und Historiker Prof. Dr. Wolfgang Stribrny Wohn- und Ökonomiegebäude, mann (heute Herrmann), die Schnellrei- Dieser Erfolg führte im Reich vielfach zu war ein Verfechter der Fröschengasse. vermutete ein Stadthistori- nigung, das Reformhaus Viehler, Metzge- Umbenennungen von Straßen in Saar- Auf sein Betreiben hin montierte man rei Wilhelm Hoeltz, eine Lokalredaktion, straße. Auch das Hotel Cäsar an der un- vor einigen Jahren unter die Saarstra- ker. Der in den Fotos sicht- Notariat, Steuerberater, Fahrschule Hop- teren Großstraße, in dem Pastor Felke ßenschilder noch solche mit Aufschrift bare StraSSenverlauf dürfte pe (heute Nürnberg). Außerdem die Fel- einst seine hiesige Praxis eingerichtet Fröschengasse. das ursprüngliche Bachbett ke-Apotheke, die Gaststätte Zur Tränke, hatte, nannte sich in dieser Euphorie um des Dornbachs gewesen sein. das Sanitätshaus Sanomed und die Ge- in „Saarhotel“. Der ursprüngliche Name Paul Bregenzer

Einst und Jetzt » das deutsche haus

Einst konnten es die Passanten der unte- ter bis zur Priorhofstraße fort. Dort in den ren Großstraße an der Hausfront lesen. Stallungen wurden einst die Pferde der „Gasthaus zum Deutschen Haus“ hieß es Thurn- und Taxi-schen Postkutschenlinie da. Besitzer dieser Gaststätte mit Beher- untergebracht, hier war eine Raststati- bergungsbetrieb war um 1900 ein Adam on für Gäste, Postillion und Zuggespan- Hartmann. Durch die breite Einfahrt ging ne auf der Strecke von Mainz längs der es rechts und links in die Lokalitäten. Im Nahe und über den Hunsrück nach Trier. Innenhof bot sich an heißen Sommer- Vor dem Ersten Weltkrieg hatte im Par- tagen ein kühles Plätzchen für den Ge- terre des deutschen Hauses auch noch nuss des heimischen Rebensaftes. Eine ein Barbier seinen Salon. Der Vater von schmale Holzgalerie führte in der ersten Friseur Karl Engelke und Opa von Friseu- Etage von Gästezimmer zu Gästezim- se Karola Amberg rasierte hier die Her- Modernes Altstadtpflaster wurde bei der Stadtsanierung für die nun als Einbahnstraße vom Markt- mer. Die Hoffahrt setzte sich zu weiteren ren und sorgte für den flotten Damen- platz her befahrbare Saarstraße gewählt. Einst gab es nur einen Baum auf dem Saarplatz, jetzt Ökonomiegebäuden im Gelände dahin- haarschnitt. Hartmanns übernahmen in grünen hier mehrere Bäume. 405 406 Werner Dümmler unterstützte dieses Pontius, Emma Pilger, Thea Kunz, Ingrid Vorhaben sehr. Bürger wie Karlheinz Vi- Fröhle, Hilde Dietrich, Frau Weyrauch eten, Horst Halbig und Karlhans Scheib und das Ehepaar Stallmann. werkelten seinerzeit unermüdlich, da- 1989 zog die Altentagesstätte aus dem mit im ehemaligen Weinlokal und Café Deutschen Haus aus. Sie ist seitdem der neue Senioren-Treff hergerichtet als „Awo-Bürgertreff“ in der ehemali- werden konnte. Bei preiswertem Ge- gen Grundschule (frühere evangelische tränk wurde Skat oder Schach gespielt, Volksschule) am Untertor etabliert. Volkslieder wurden gesungen oder die In der Folgezeit hat man die alte Bau- Frauen plauderten bei Kaffee und Ku- substanz des Deutschen Hauses abge- chen. Einmal die Woche gab es einen rissen. Einige Teile des Fachwerks im Spiel- und Info-Nachmittag. Und an Hei- Obergeschoss sind erhalten geblieben ligabend kochte die Familie Scheib ein oder für den Neubau ergänzt worden. Festmahl für alleinstehende Menschen. Ein Ladenlokal mit Wohnungen darüber 1972 formierte sich die Jugendgruppe der wurde in den 90er Jahren errichtet. Eine Awo, die vielfach bei Aktionen der Awo Filiale des Drogeriemarkts Schlecker zog im Deutschen Haus, an der Kirmes oder parterre ein - und vor drei Jahren wieder Vor hundert Jahren war das Deutsche Haus in Sobernheim ein Weinlokal und zugleich beider Stadtranderholung mithalf. Ihre aus. Gegenwärtig richtet ein Pfandlei- Beherbergungsbetrieb der Postkutschenlinie der Thurn und Taxis. In einem Teil des Hauses hatte sozialen Aktionen finanzierte sie durch her in dem Ladenlokal sein Geschäft ein. auch ein Friseurmeister seinen Salon. Erlöse aus Platten-Partys. Wirtinnen die- den Zwanziger Jahren auch diesen Anteil erinnert. Insbesondere die Übertragun- ser Altentagesstätte waren damals Klara Paul Bregenzer und bauten ihre Weinstube aus. Die Kü- gen der Fußballspiele zur Weltmeister- che im Mitteltrakt wurde ebenfalls nach schaft 1958 sprengte das Lokal fast aus diesem Zukauf vergrößert. Statt der vier den Nähten, so stark war der Andrang. schmalen Fenster gab es dann zwei brei- Die Wirtin musste schließlich von außen te mit vertikal verschiebbaren Scheiben, durch die Fenster die Gäste nach drin- in die naheländisch Winzermotive einge- nen bedienen. Im rechten der Hoffahrt lassen waren. gelegenen Trakt etablierte sich damals In den frühen 50er Jahren des vergan- ein Kaffeeröster, später wurden dort die genen Jahrhunderts gab das alt gewor- Führerscheinanwärter von Klaus Arzt in dene Wirtepaar Hartmann den gast- der Theorie unterwiesen. ronomischen Betrieb auf. Im 1954 aus Für einige Jahre leer stand das Erdge- Bad Kreuznach übergesiedelten jungen schoss nach dem Wechsel der Langs ins Konditormeister Franz Lang und seiner Hotel zur Linde am Markt. Erst Ende 1971 Frau Martha fanden sie einen fachlich erfolgte eine erneute gastliche Nutzung. versiertes Nachfolgerpaar. Langs be- Die Arbeiterwohlfahrt (Awo), seit jenem trieben diese Gaststätte hier zehn Jahre Jahr in Sobernheim mit einem Ortsverein auch als Café und ließen im Gastraum vertreten, richtete im Deutschen Haus das erste öffentliche Fernsehgerät in der einen Nachmittagstreff für ältere Men- Das Anwesen an der unteren Großstraße sieht zwar noch so aus wie einst, schen ein, die Altentagesstätte. Auch Felkestadt installieren. Das brachte denn aber es ist ein Neubau mit eingebautem historischen Gebälk. auch viele Gäste, wie sich Martha Lang der damalige neue Bürgermeister Dr. Innerstädtischer, zentrumsnaher Wohnraum wurde in den oberen Etagen geschaffen.

407 408 Einst und Jetzt ses als Hotel. Ein Jugoslawe servierte eine stehen heute am Zapfhahn und in der Zeit lang Speisen seiner Heimat, dann deutsch-italienischen Küche, das gast- » das saarhotel übernahmen die zuvor im Bahnhofshotel liche Haus indes nennt sich seit Jahren aktiven Brüder Tedesco das Haus und bo- „Peanuts“. ten italienische Küche. Ihre Nachkommen Paul Bregenzer Dass die kleine Stadt an der Nahe ungast- 1935 wurde das Lokal in „Saar-Hotel“ um- lich sei, wird niemand behaupten können. benannt. Dies geschah aus Freude über Der Fremdenverkehr ist mittlerweile seit den (von den Nazis herbeigeführten) Das Gasthaus Cäsar (Bild um 1900) an der unteren Großstraße wandelte über hundert Jahren eine ihrer tragenden Wiederanschluss des damaligen Saarge- sich auch baulich im Laufe der Zeit. ökonomischen Säulen. bietes an das Deutsche Reich. Nach dem Bis in die 20er Jahre floss der Und alles begann damit, dass ein ideen- verlorenen Ersten Weltkrieg gehörte es Dornbach in der Gosse vor dem reicher und gerne investierender Sobern- seit 1920 zu Frankreich. Entsprechend Eingang. heimer Metzger und Gastwirt von einem taufte man übrigens damals auch die evangelischen Geistlichen am Niederrhein Fröschengasse zwischen Marktplatz und auf natürliche Weise von einem eventuell oberer Großstraße in Saarstraße um. tödlichen Leiden geheilt wurde. Andres Das Saarhotel erlebte nach den Zweiten Dhonau, der rührige Gastronom holte den Weltkrieg unterschiedliche Betreiber. In Heiler schließlich sogar an die Nahe. Pas- den 50er Jahren war Hermann Hammer tor Emanuel Felke ließ sich nach dem Ers- der Wirt und das Restaurant entwickelte ten Weltkrieg in Sobernheim nieder und er sich rasch zum Stammlokal des 1. FC 03 brachte zudem weitere Anhänger seiner Sobernheim. Da fanden auch die Spieler- Später wurde modernisiert und aufgestockt. Einstmals stand sogar Lehre mit, die - wie Dhonau - schließlich sitzungen statt, denn das Rosenbergsta- eine Zapfsäule mit Benzin hier ebenfalls Kuranstalten eröffneten. dion mit dem Klubheim existierte noch auf dem dreieckigen Bürgersteig Erdmann Leopold Stephanus Emmanuel nicht. Wimpel und glänzende Pokale des am Eingang des Saarhotels. Felke, den sie alle voller Ehrfurcht den SFC prangten im Schankraum auf den Glä- „Lehmpastor“ nannten, wohnte am Un- servitrinen. tertor in der Villa Bernardi. Von dort wa- Der MGV „Liederkranz“ nutzt ebenfalls ren es nur hundert Meter die Großstraße seit ewigen Zeiten das Saarhotel als Ver- stadteinwärts zum Hotel Schuler. Dort einslokal. Im oberen Sälchen wird heute hatte Pastor Felke eine Praxis eingerich- noch von den Tenören, Baritonen und tet und behandelte die aus dem ganzen Bässen eifrig geprobt, was später vor Pu- Reich angereisten Patientinnen und Pati- blikum zum Besten gegeben werden soll. enten - zumeist gratis oder nur gegen ge- Am runden Stammtisch des Saarhotel ist Heute nennt sich das ehemalige ringes Entgelt. in den 60er Jahren von einigen Honorati- Saarhotel "Bistro Peanuts“ und bietet Das Hotel Schuler hatte zuvor Gasthaus oren quasi die Stadtpolitik gemacht wor- deutsche und italienische Speisen. bzw. Hotel Caesar geheißen. Die Wirtsleu- den - im Stadtrat hat man später dann te Caesar ließen den alten Bau aufstocken, entsprechend beschlossen. ja zur damaligen Zeit architektonisch sehr Einen noblen Anstrich gab dem Haus der ansprechend gestalten. Die Partie über Hotelier Renziehaus. Sein Name prangte dem Portal erstreckte sich ursprünglich ab etwa 1965 in goldenen Lettern im ro- über die Dachkante hinaus. Warum das manischen Portalbogen. Ein gediegenes später noch mal rückgebaut wurde, ist bis Hotel betrieb danach der Hotelier Erwin dato nicht bekannt. Weiß. Danach endete die Zeit des Hau-

409 410 Einst und Jetzt Inhaberwechseln (Continent, Interspar, Inzwischen sind vor allem im südlichen Plaza, Wal-Mart) heute Real heißt. Das Bereich dieser Straße einige Gebäude » der alte weg erste SBZ öffnete 1971 in ehemaligen verschwunden. Das Heimatmuseum Pri- Marum-Gebäuden am Johannisplatz orhof weitete sich zum Alten Weg hin Ein schräges Oval bildet den alten Stadt- se oder vom Alten Weg zur Ringstra- (heute Wildkammer, Getränkekammer mit einer modern ausgebauten Scheu- kern. Darin weisen drei Straßen im Ver- ße, diese Verbindungen existieren nun und der Aldi-Parkplatz), man wechselte ne aus. In jüngster Zeit hat sich der Alte lauf eine gewisse Ähnlichkeit auf: Statt schon über 120 Jahre. Ähnlich verhielt dann in die noch neuen Fabrikhallen von Weg zwischen Ring- und Großstraße im weitesten Sinne geradeaus zu führen, es sich übrigens bei der Kirchstraße, die Marum im Industriegebiet. CSS verließ zum Schleichweg für Motorisierte ent- machen sie irgendwo rechtwinklig eine einst an der Stadt- und Kirchhofsmau- als Grossist den Alten Weg 1961, denn wickelt. Sie wollen nicht über Ring- und Kurve. Bevor die Neugasse in den 80er er südlich der Matthiaskirche endete. man baute eine große VIVO-Halle an der Schulstraße, Steinhardter Straße und Un- Jahren eine kurze gerade Strecke auf die Handwerker, Kleinbauern, Tage- Breitlerstraße (heute Baustoffhandel tertor-Kreisel die untere Großstraße das Bahnhofstraße erhielt, machte sie beim löhner und Fabrikarbeiter bewohn- Beinbrech). Lediglich das CSS-Gemüsela- Sobernheimer Zentrum erreichen und Musikantenbrunnen so einen Knick und ten die Häuser an diesen schma- ger verblieb etwas länger am Alten Weg. sparen sich rund 300 Meter Wegstrecke. führte bis zur Großstraße (dieses Teil- len Gässchen. Im Alten Weg, das stück wurde allerdings in den 60er Jah- erkennt man heute noch an der klein- ren in Marumstraße umbenannt). Die teiligen Bebauung, war es nicht anders. Mauergasse im Oberviertel führt von An dr Ecke zur Herrenstraße betrieben der Wilhelmstraße erst ein wenig nach Philipp und Hans Lauff eine Destille, Westen, dann macht sie beim Ring- sie brannten unter anderem aus ge- straßenparkplatz den Knick nach Süden kelterten Trauben einen feinen Trester. zum Obertor hin. Das dritte Gässchen Ein paar Meter weiter existierte bis zur im Bunde ist der Alte Weg. Ab der Her- Nazizeit ein jüdischer Metzger. Noch renstraße führt der Weg nach Osten, es einige Häuser weiter befand sich das folgt eine Rechtskurve, um so weiter Stammhaus von Elektro Blattau. Am Eck zur unteren Großstraße zu gelangen. zur Ringstraße verkaufte Metzger Jung Bis vor etwa 150 Jahren machten solche Fleisch und Wurst. Das Brot dazu konn- Richtungswechsel auch Sinn, denn die te man bei Miesemer kaufen. Diese Gassen waren quasi an der Stadtmauer Bäckerei war am Knick des Alten We- angekommen, es ging also geradeaus ges. Gegenüber feilten und schweiß- nicht mehr weiter. Um nicht als Sack- ten Gesellen von Schlosser Albert in gasse zu enden, folgte die Fortsetzung der Werkstatt (heute Installateur Gans). nun parallel zur Stadtmauer. Als indes An der Einmündung des Alten Wegs Sobernheim ab dem Ende des 19. Jahr- in die Großstraße öffnet sich links ein hunderts über seine einengenden Mau- breites Tor. Es führte zum Hof und den ern hinaus wuchs, machte man mehrfach Lagergebäuden der Lebensmittelgroß- kurze Verbindungsstücke zur außerhalb handlung Carl Schmidt Söhne (CSS). der Mauer verlaufenden Ringstraße Über Jahrzehnte war CSS der regionale (die heute teilweise Bahnhofstraße, an- Belieferer von Tante-Emma-Läden in schließend Poststraße heißt). Das kurze der VIVO-Kette. Aus CSS ging das SBZ 300 Meter Länge misst der Alte Weg. Im Ostteil der Sobernheimer Altstadt stellt er seit je eine Nebengasse mit meist kleinteiliger Wohnbebauung dar. Stück der Neugasse zur Bahnhofstraße hervor, das Schmidt-Breug-Zentrum, Der gewinkelte Verlauf des Alten Wegs weist heute im Südteil Baulücken auf. Es gibt ist noch jung, aber von der Mauergas- das nach einem Umzug und mehreren aber Ansätze, den Gebäudebestand sinnvoll zu renovieren. 411 412 Einst und Jetzt Haus wurde Amtssitz des pfälzischen wieder entdeckt wurde. In konzertierter Oberschultheißen Johannes Klock (einem Aktion von Kirchengemeinde, Volksbank » Vom disibodenberger hof zur volksbank Landrat vergleichbar). Für ihn als gutem und Stadt, wobei sich Bürgermeister Katholiken war der Heilige Nepomuk als Hans-Georg Janneck stark engagierte, Schutzpatron willkommen. Als 1797 das wurde die Figur restauriert. Eine Kopie da- linke Rheinufer unter Napoleon zur fran- von steht heute an der Volksbank in der zösischen Republik gehörte, nutzten die Steinmuschel oberhalb des alten Portals. Franzosen das Gebäude als Hauptquar- Eine zweite Kopie montierte man auf die tier. Die Republikaner waren kirchen- Meddersheimer Nahebrücke – allerdings feindlich eingestellt und hätten Nepomuk von einem Käfig rundum geschützt, um nicht an ihrem Haus geduldet und die Sta- die Figur vor Vandalismus zu bewahren. tue wahrscheinlich zerstört. Ein frommer Nachdem die Franzosen das Rheinland an Katholik nahm sie wohl rechtzeitig ab die Preußen verloren hatten, war das Haus und übergab sie dem katholischen Pfar- am Untertor erst im Besitz des Bierbrau- rer Georg Schorck, der sich recht mutig ers Georg Scheib. Seine Tochter heiratete während der Kirchenverfolgung verhielt. 1829 Philipp Wandesleben, der dort er- Im Pfarrhaus blieb Nepomuk versteckt, folgreich mit Haushalts- und Eisenwaren wurde sogar vergessen, bis er 2000 bei handelte. Ihr Neffe Albert Wandesleben der Vorbereitung zum hundertjährigen übernahm das Haus, nannte sich Guts- Bestehen der Pfarrkirche St. Matthäus besitzer und betrieb am Untertor eine

Sobernheimer Volksbank – noch ohne Nepomuk in den 70er Jahren

Im 17. Jahrhundert gehörte das Gelände Nepomuk. Der war, weil er das Beicht- im Südosten der Stadt am Untertor bis zur geheimnis auch gegenüber dem König Kapellenstraße zum Bereich des Disibo- hütete, 1393 in Prag in der Moldau er- denberger Hofes. Im Streit um das Erbe tränkt worden. Sein sternenumkränztes des Wittelsbacher Hauses Pfalz-Simmern Standbild ziert dort die alte Karlsbrücke. zwischen den Kurfürsten Pfalz-Neuburg Wegen seiner Standhaftigkeit gilt Nepo- und dem Erzbistum Mainz hatte Kaiser muk als Brückenheiliger. Damals floss der Leopold I das Amt Böckelheim und da- Dornbach noch durch die Großstraße – an mit auch Sobernheim beschlagnahmt dem neuen Haus vorbei und flutete bei (Sequester-Verwaltung), bis der Erbstreit heftigen Regengüssen im Bereich sei- geregelt war. Ins evangelische Sobern- nes Quellgebiets am Dörndich manchmal heim wurden nun katholische Sequester- auch die Keller des Hauses, zum Beispiel Herren eingesetzt. Für sie baute man am 2.Pfingstfeiertag 1900. Davor sollte auf dem Grundstück Ecke Großstraße/ Nepomuk schützen. Pfaffengasse um 1700 ein repräsentati- Nachdem der Erb-Streit durch einen Kom- ves Barockhaus samt Stallgebäude. Als promiss beigelegt war, gehörte Sobern- Schutzheiligen wählte man den Heiligen heim wieder zur Pfalz. Das Sequester- Die Volksbank im Jahr 2015 mit modernem Anbau

413 414 große Landwirtschaft auf dem Areal des wurde 1993/1994 aufwändig umgebaut heutigen Jugendzentrums. Seine Tochter und restauriert. Nach Plänen des hiesigen heiratete den Bacharacher Weinhändler Architekten Paul Scholten gliederte man Jakob Wechler; er war der einzige preußi- dem Barockgebäude einen modernen sche Gardeoffizier aus Sobernheim. Nach Baukörper an. Auf dem Freigelände ent- dem Ersten Weltkrieg gründete Wechler stand unter alten Bäumen ein Parkplatz. 1921 in seinem Haus die Sobernheimer Die Schuhfabrik Bernardy wurde ab 1960 Volksbank; sein Vermögen, unter an- von der Bundeswehr als Standortverwal- derem auch den Verkaufserlös seines tung genutzt. Später erwarb die Stadt die großen Weingutes in , Immobilie vor allem ab 1996 als Famili- brachte er vermutlich als Sicherheit ein. en- und Jugendhilfe-Zentrum des Interna- Erster Geschäftsführer der Volksbank tionalen Bundes, als Jugendzentrum und wurde Otto Kunz. Der war so standhaft, für den Städtischen Kindergarten.Als die dass er im Dritten Reich Juden noch Kre- Kirn-Sobernheimer Volksbank 2008 mit dite gewährte, als die anderen Banken der Kreuznacher Volksbank zur Volks- dies nicht mehr riskieren wollten. Auf bank Rhein-Nahe-Hunsrück fusionierte, dem Gelände des Gutsbetriebs entstand entschied man sich als Standort für das 1919 die Schuhfabrik Bernardy (1956 ein- schöne historische Gebäude. Das barocke gestellt), an der Wechler anteilmäßig be- Haus selbst, das einst in der alten Quar- teiligt war. Wechler wohnte bis 1955 im tier-Einteilung der Stadt die Hausnummer ersten Stock seines Hauses und arbeitete 1 A hatte, wird dieser Bezeichnung heute gerne im großen Garten, wo heute der wieder voll gerecht. städtische Kindergarten steht. Die genos- senschaftliche Bank befand sich im Hoch- Nach Aufzeichnungen von parterre. Die Sobernheimer Volksbank fu- Prof. Dr. Wolfgang Strybrny, sionierte mit der Kirner Volksbank. Dazu bearbeitet von Werner Bohn

415 416 Einst und Jetzt Bei Scheib surrte bis in die 60er Jahre eine Walter Zumer im Jahr 1938 gebaut nach Maschine, die aus Draht von der Trommel Plänen eines Hamburger Architekten. Be- » die firma scheib rollenweise Maschendrahtzaun flocht. sonders markant ist hier der mit runden Waffen für Freunde des Schießsports Kanten im Bauhausstil gefertigte Erker. oder Jäger sind heute noch im Angebot, Horst Zumer erwarb in den 70er Jahren das ebenso Herde und Öfen. Es gibt Baumate- Nachbaranwesen Bock, ein giebelständi- rial, Dekorationsartikel, Glas- und Porzell- ges Haus, in dem es vermutlich mal eine anwaren, Haushaltsartikel, Gartenmöbel Metzgerei gegeben hat. Das alte Haus und -geräte, Heimwerkerbedarf - ein sehr wurde abgerissen und 1978 ein Neubau umfangreiches Sortiment eben. Da kann im Stil der Zeit hochgezogen. Parterre sind man noch manche Schraube lose kaufen, Ausstellungsräume der Firma Scheib, dar- muss nicht gleich den 50er-Pack nehmen. über residiert eine Fahrschule. Ganz oben Natürlich gratis ist fachliche Beratung. und in den oberen Etagen der weiteren Der älteste Trakt bei Phil. Scheib jr. ist das Scheib-Häuser befinden sich Wohnungen. Gründungshaus von 1867. Hier führt ein Rechts grenzt an der Ecke ein kleines Tor zum Innenhof mit den anschließen- Haus an Scheibs. Bis in die 60er Jah- den Lagern und Magazinen. Sie reichen re war es parterre ein kleines Geschäft bis zur Sparkasse im Süden oder gren- mit Fotolabor. Der aus Sachsen stam- zen im Westen an das Anwesen Dostatni. mende Fotograf Walter Rost und sei- Der mittlere Trakt wurde von Familie ne Frau betrieben dieses Mini-Lädchen,

Ein Blick anno 1994 vom Turm der katholischen Pfarrkirche St. Matthäus zum Saarplatz mit dem Anwesen der Eisenwarenhandlung Phil. Scheib jr.

Auf dem Platz vor dem Geschäft qua- dieses inzwischen vermutlich ältesten ken keine Frösche mehr. Vieh wird dort Bad Sobernheimer Geschäftes kann man längst nicht mehr zur Tränke geführt an der Hausfront ablesen: 1867. Die In- und der vom Dornbach gespeiste kleine itialen P und S neben einem Schlüssel Brandweiher verschwand vor über ei- sind achteckiges Markenzeichen des nem Jahrhundert. Aus der Fröschengasse Hauses, das inzwischen unter Scheib wurde die Saarstraße in den 30er Jah- jun. GmbH firmiert und dessen Inha- ren des 20. Jahrhunderts. Entsprechend ber Oliver Jung ist. Scheib-Enkel Horst taufte man die Freifläche am Zusam- Zumer, Jahrgang 1935, ist heute noch mentreffen dreier Gassen auf Saarplatz. oft im Laden zu finden, wo er neue Philipp Scheib, seine Vorfahren stam- Kundschaft und oft seit Generationen men aus Odernheim, wandelte vor fast dem Hause verbundene Kunden berät. 150 Jahren an jenem Platz ein landwirt- Eisenwaren blieben vor gut hundert Jah- schaftliches Anwesen in eine Eisenwa- ren nicht das alleinige Sortiment. Es gab Parken, Schaufensterbummeln, einkaufen - das geht auch heute noch am Saarplatz bei renhandlung um. Das Gründungsjahr auch mal Kolonialwaren und Süßwaren. Phil. Scheib jr., dem ältesten Bad Sobernheimer Einzelhandelsgeschäft Foto: Paul Bregenzer

417 418 in dem es auch Lesestoff, Tabakwaren bis 1965 eine mächtige Linde. Um ihren und Süßigkeiten für Pfennigbeträge dicken Stamm hatte man eine sechs- gab, aber auch Wundertüten und Kli- eckige Bank geschreinert. Weil der cker (Murmeln) aus Lehm oder Glas. Baum sich aber senkte, so Horst Zu- Scheibs Maschendrahtmaschine ratterte mer, musste die Stadt ihn schließlich gegenüber im inzwischen abgerissenen fällen. Auf Zumers Betreiben (und Kos- Gebäude, in dem sich später eine Schnell- ten) hin wurde an gleicher Stelle je- reinigung etablierte. Links dieses Gebäu- doch alsbald eine neue Linde gesetzt. des hatte Landwirt Schöffling sein bäu- Im Zuge der Stadtsanierung hat man erliches Anwesen. Heute steht hier die den Platz in neuzeitlichem Zuschnitt Felke-Apotheke. Sie wurde Ende der 90er umgestaltet. Auf einem mit Nahe- Jahre durch den Apotheker Alois Müller wacken gepflasterten Podest wur- errichtet. Der Friseursalon Fochtmann bil- de eine Schwengelpumpe installiert. det die rechte Ecke jener Häuserzeile, er Sie soll quasi ein Hinweis auf die ehe- wird heute von Brigitte Herrmann geführt. malige Tränke an dieser Stätte sein. Mitten auf dem Saarplatz erhob sich Paul Bregenzer

Das katholische Schwesternhaus der Franziskanerinnen entstand vor bald 130 Jahren im Sobernheimer Oberviertel.

später gab es auch eine von Diakonissen entstand nun parterre eine neue Kapel- getätigte Krankenpflege im evangeli- le der Franziskanerinnen, die Krankenh- schen Pfarrhaus an der Igelsbachstraße, ausverwaltung und darüber zwei Etagen Einst und Jetzt nur ein paar Jahre danach im Neubau auf mit Krankenzimmern. Anstelle des Hofes » vom krankenhaus zur seniorenresidenz dem Hüttenberg. wurde ein Treppenhaus mit Aufzug und Das katholische Schwesternhaus platzte Eingangshalle errichtet. Die Einweihung nach fünfzehn Jahren bereits aus allen des modernisierten und erweiterten Nähten und es 1903 musste erweitert Hauses nahm Pastor Josef Schotten von Wo einst der Dornbach quasi in die Gos- bäude wurde zudem eine eingruppige werden. Dazu setzte man zunächst noch der Pfarrei St. Matthäus im April 1959 vor. se geriet und zwei seiner mehrfachen Kinderbewahranstalt eingerichtet. Das eine Etage drauf. In den frühen 50er Jah- Anwesend waren dazu auch der Mainzer Wege durch den ummauerten Stadtkern Höfchen zwischen dieser Einrichtung ren wurde der Chirurg Dr. Otto Hundt Innenminister van Volxem,, Landrat Phil- von Sobernheim begann, trifft die Malte- und dem Schwesternhaus genügte für Chefarzt im nun St.Josefs-Krankenhaus ipp Gräf, Sobernheims Stadt- und Amts- serstraße wieder auf die Herrenstraße. das Freispiel. Im Schwesternhaus selbst genanten Haus. Für sein Wirken wurde bürgermeister Heinz Imig und sogar ein Hier am Nordende der beiden parallell wohnten im Dachgeschoss die Ordens- nach Süden hin in den Schwesterngarten Monsignore Delay, seines Zeichens Erz- verlaufenden Gassen ließen die Ordens- frauen, es gab für die Betstunden der ein weiterer Flügel angebaut. er enthielt bischof von Marseille. Gegenüber des schwestern der Waldbreitbacher Fran- Nonnen eine kleine Kapelle im Haus, die im Parterre einen großen Operations- neuen Krankenaus-Entrees errichteten ziskanerinnen in den Jahren 1886/1887 Räume im Erdgeschoss und in der ersten saal, darüber mit großem Balkon nach die Schwestern bereits anno 1957 ei- ihr Schwesternhaus errichten, das unter Etage hingegen dienten der Kranken- Westen hin ein en Schlafsaal für zehn nen neuen katholischen Kindergarten dem Schutzpatronat des heiligen Josef pflege durch die Schwestern. männliche Patienten. Ein großer Um- mit nun zwei Gruppen. Im ausgebauten stand. Der Bedarf an solch caritativer Pflege bau erfolgte 1958. Das Höfchen und der St. Josefskrankenhaus praktizierten mit In einem oberhalb gelegenen Nebenge- wuchs offenbar in jener zeit, denn wenig kleine Kindergarten verschwanden, hier Belegbetten neben dem Chirurgen Dr.

419 420 Hundt ab den 60er Jahren dann auch der In den 80er Jahren kam dann die Idee Einst und Jetzt Internist Dr. Hilsenbek und die Frauen- auf, das ehemaligen Krankenhaus in ein » ein türmchen am katholischen kindergarten ärzte Dr. Bernert und Dr. Jadaan. Altenheim umzubauen. Es wurde dafür der dreißig Jahre OP-Trakt wieder abge- Trotz des Ausbaus erwies sich dieses rissen, man setzte Balkone an die vier Warum bauen Menschen einen Turm? die Obhut der Oma oder Got kamen oder Krankenhaus in den 70er Jahren als zu Gebäudeecken und gestaltet die oberen Die Antworten reichen von besserer mit zur Ernte auf die Äcker genommen klein. Vor 35 Jahren wurde der Betrieb ein- Etagen neu. 1985 weihte die DSK, die Position zum Beobachten und Bewa- wurden. Vor 127 Jahren, anno 1886, rich- gestellt und der Schwesternorden über- Deutsche Senioren- und Krankenhilfe chen bis zum Ausdruck von Macht oder teten Nonnen des Franziskanerordens in ließ die Liegenschaft der katholischen (heute „pro seniore“), den Komplex zwi- himmelstrebender Gottesanbetung. Im Sobernheim eine „Bewahr- und Handar- Kirchengemeinde, die sie zur Zeit von schen der Herren- und Malteserstraße Schatten des gotischen Turms von „St. beitsschule“ ein. Nachdem ihr Schwes- Pfarrer Rainer Vogt mitsamt dem kleinen als „Seniorenresidenz“ ein. Matthäus“ ragt ein Türmchen empor ternhaus zwischen Malteser- und Her- Kindergarten an die Kommune abtrat. Paul Bregenzer zwischen Hoftor und Eingang des katho- renstraße erbaut war, setzten sie für lischen Kindergartens an der Herrenstra- ihre Kleinkinderschule nördlich einen ße. In der ursprünglichen Funktion bis vor Ziegelbau hin, in dem 65 Jahre lang die einem halben Jahrhundert konnte man Kindergartenarbeit von einer Schwester kaum erkennen, dass es ein Türmchen und „Fräuleins“ bewältigt wurde. Dann ist. Man musste schon in den Innenhof der einstmals da betriebenen Brauerei Trapp treten, um das achteckige Bau- teil als Türmchen zu erkennen. Es war ein Treppenturm, dessen sandsteinerne Wendeltreppe in die einzelnen Etagen des Gebäudes führte. Ende der 60er Jah- re zogen die Bewohner aus. Man nutzte den Bau wurde noch als Abstelllager der Pfarrei und riss ihn dann für den Neubau des Kindergartens ab. Dechant Robert Stein hätte es gern gesehen, wenn auch das Türmchen der Baggerschaufel zum Opfer gefallen wäre, aber Denkmalschüt- zer erreichten in letzter Minute, dass der Mini-Turm der Nachwelt erhalten bleibt. Und so wurde der Turm in den Neubau integriert, zwar funktionslos, aber ein ar- chitektonisches Schmuckelement. Die Betreuung von kleinen Kindern ging einst einher mit dem Wandel von der landwirtschaftlich geprägten Bevölke- Das Treppentürmchen, seit 1971 unter rung hin zu den Arbeiterfamilien in der Denkmalschutz, zeigte damals beim Aus dem kleinen Bau wurde später das St. Josefskrankenhaus. Seit drei Jahrzehnten baute man es Industrie. Da gab es nun nicht mehr die Neubau des Kindergartens noch Spuren um in die Seniorenresidenz. Großfamilie, in der Kinder auch mal in der ursprünglichen Anbauten. 421 422 Zusatzbau zwischen Kita und Gotteshaus, Einst und Jetzt weil die Einrichtung nun auch Kinder un- » die Gerbereihäuser am mühlenteich ter drei Jahren betreut. Im Herbst soll der neue Trakt eingeweiht werden.

Info Waldbreitbacher Franziskanerinnen betrieben von 1886 bis 1974 neben der Krankenpflege im Sobernheimer Krankenhaus St. Josef auch die betreuende und erzieherische Arbeit mit Kindern im Vorschulalter. Gründerinnen waren am 2. März 1886 die Schwester Oberin Clementine Sander, Schwester Maria Maura Jungblut und Schwester Längst ist dieses achteckige Türmchen Maria Anselma Fritz. zum Wahrzeichen der katholisch geprägten Eine Filiale der An vielen bewaldeten Hängen hier an der stellung hat man auch nicht benötigte Erziehungsarbeit in Bad Sobernheim geworden. Franziskanerinnen in mittleren Nahe wachsen niedrig bleiben- Hautbestandteile des Unterhautgewe- de Eichen. Sie wurden einst angepflanzt, bes abgezogen für Spaltleder oder zur wurde der Bau für eine Erweiterung des Sobernheim wurde vor um junge, saftige Eichenrinde zu gewin- Herstellung von Leim und Gelatine. Aus Krankenhauses abgerissen. Zwischen- hundert Jahren, 1913, in nen. Diese Baumrinde enthält viel Gerb- diesem Grund ergänzten sich die Gerbe- zeitlich hatte man zwischen Ober- und Merxheim eingerichtet, wo säure. Mit der gemahlenen Lohrinde (da- reien am Mühlenteich mit der „Leimfab- Mittelgasse einen zweigruppigen Kinder- damals Schwester Maria her der Name Lohmühle) wurden einst rik“, heute Gelatinefabrik Ewald, die den garten gebaut, der seine Dienste eigent- Wenzerla Peter als Oberin Tierhäute gegerbt, also zu Leder verar- Mühlenteich als Ableitung der Nahe auch lich nur fünfzehn Jahre tat, bis auch er und zugleih als Bewahr- beitet. In Sobernheim standen mehrere zur Gewinnung von elektrischer Energie zu klein war und man den viergruppigen schulschwester wirkte; ihr Gerbereihäuser am unteren Ende des mittels Turbinen nutzt. Direkt neben den Bau an der Herrenstraße errichtete. Im standen in der caritativen Mühlenteichs, denn der klare Fluss wur- in jüngerer Zeit abgerissenen Gerberei- Frühling 1972 weihte man das Haus mit Arbeit zwei weitere de zum Wässern der Tierhäute benötigt. häusern steht heute noch ein Turbinen- dem Türmchen ein. Derzeit wird es gene- Ordensfrauen zur Seite. Die Gerbsäure in der Lohbrühe wirkte bis haus. Das Gerben in Sobernheim ist indes ralsaniert, modernisiert und erhält einen zu zwölf Monate auf die in den Lohgru- schon seit über achtzig Jahren Geschich- ben geschichtet eingelagerten Tierhäute te. Die Gerbereihäuser dienten seither ein. Danach musste die Tierhaut wieder der Firma Ewald zumeist als Werkswoh- neutralisiert werden, indem man die nungen. Wegen des hohen Grundwas- Lohbrühe ausspülte. Bei der Lederher- serstands waren die Kellerräume nahezu

423 424 ebenerdig. Darüber befanden sich zwei teich angetrieben. Die muntere Szenerie Einst und Jetzt Etagen mit Wohnungen. Kleine Brücken war ein Anziehungspunkt, vor allem für » amtsgericht / altes gymnasium führten von der Nahestraße (in diesem Familien mit kleinen Kindern. Heute ste- Teil seit 20 Jahren Felkestraße genannt) hen neben dem Turbinenhaus noch die zu den Häusern südlich des Mühlenteichs. frühere Knopffabrik und auf der anderen Ein Haus, das schon vor Jahren abgeris- Straßenseite zwei kleine Wohnhäuser. sen wurde, stand nördlich der Straße zur Zwischen beiden Baulichkeiten führte bis sogenannten Zigeunerwiese hin. An der etwa 1975 eine Rampe zur hölzernen Na- Ecke befand sich bis in die 70er Jahre eine hebrücke. Die Brücke mit Betonpfeilern Scheune, in der um 1960 die Modellbauer war zu Beginn des Zweiten Weltkriegs des Flugsportvereins ihren „Kleinen Uhu“ von der Organisation Todd des Nazire- und andere Flugmodelle bastelten. Ein gimes gebaut worden, um besser ins Bewohner des untersten Gerbereihauses, jenseitige Felke-Kurhaus Dhonau zu ge- Herr Herber, bastelte gerne aus diversen langen. Während des Frankreichfeldzugs Altwaren kleine Kunstwerke, die zum war im Kurhaus zeitweise eine Stabstelle Teil beweglich waren. Sie wurden von der Wehrmacht eingerichtet. einem Miniatur-Schaufelrad im Mühlen-

Etwa achtzig Realschüler tummelten sich auf dem alten Schulhof anno 1913. Gut ein Vierteljahrhundert später wurde diese Schule zum Gymnasium hochgestuft.

Fürchten sollten sich offenbar die Schü- reits auch eine Schule für Höhere Töchter ler der vor hundert Jahren eingeweihten im Städtchen an der mittleren Nahe. Sobernheimer Realschule im Obervier- Anno 1913 wurde der neuere Teil der tel, denn über dem Schulportal prangt, schulischen Gebäude eingeweiht, ein mit Frakturlettern in Stein gemeißelt, ein Jahr vor dem Ersten Weltkrieg. Bis da- Zitat aus dem Alten Testament. Im 110. hin musste der 1750 errichtete barocke Psalm heißt es: „Die Furcht des Herrn ist Bau der ehemaligen Komturei des Mal- der Weisheit Anfang. Das ist eine feine teserordens als Schulhaus genügen. Ihn Klugheit.“ hatte man schon mal nach Westen hin Es müssen wohl viele den Herrn gefürch- für eine kleine Aula erweitert. Im Ober- tet haben, steht zuvermuten, denn eine geschoss wohnten Lehrkräfte. Beim Bau ganze Reihe kluger und vielleicht auch von 1913 gab es acht Klassenräume in weiser Menschen hat diese Bildungs- zwei Etagen, darüber im Mansarddach Heute sind die Gerbereihäuser abgerissen, nur Stege erinnern noch daran, dass man über sie den anstalt in die weite Welt entlassen. Vor noch Räume für Unterrichtsmaterial und Mühlenteich querte, um zu den Häusern zu gelangen. hundert Jahren betraf dies allerdings nur den Pedell, den Hausmeister. Wo später Jungens. Gleichwohl gab es damals be- der Top-Markt entstand, befanden sich 425 426 die Toiletten und eine kleine Turnhalle. eines Gymnasiums vor und bot einen die Leim- und Gelatinefabrik Ewald. Ger- gebäude gibt es nur einen in der oberen Das gesamte Areal vor den Schulbauten, Abschluss, der in etwa der „Mittleren bereien, eine Knopffabrik, eine Fabrik für Etage. Die Justizbehörde erwarb deshalb um die Malteserkapelle und bis hin zur Reife“ gleich kam. Künftige Beamte des Blechwaren, Katasteramt, Gericht, Bau- den benachbarten, unter Denkmalschutz Synagoge war der Schulhof, der zugleich mittleren Dienstes, Kaufleute, Künstler, unternehmer und zwei Ziegeleien boten stehenden Bau der Malteserkomturei, Ansichtsmaterial für künftige Botaniker Ökonomen und meisterliche Handwerker Arbeit neben den bisherigen handwerk- in dem nach dem Schulauszug vor allen bot, denn hier standen unterschiedlichs- konnten damit ihre Ausbildung beginnen. lichen und landwirtschaftlichen Erwerbs- Sozialwohnungen eingerichtet worden te Baumarten von der Kastanie bis zur Das Komtureigebäude diente den Johan- möglichkeiten. Dann trat zu Beginn des waren. Der Aula-Anbau wurde abge- Rotbuche, der Platane, einer mächtigen nitern bzw. Maltesern als solches nur gut 20. Jahrhunderts der Fremdenverkehr rissen und der Komtureibau in seinem Ulme, dem Ahorn, der Linde bis hin zum vier Jahrzehnte lang, denn 1794 wurde es hinzu - die Felkekur begann. All das be- ursprünglichen Bauvolumen aufwändig Lebensbaum oder der Birke. in ein Lazarett umgewandelt, es herrsch- nötigte besser geschultes Personal. Und restauriert. Hierin befinden sich seitdem Die Höhere Stadtschule als Vorläuferin ten chaotische Kriegszustände, weil fran- so wuchs der räumliche Bedarf in der ein zweiter Sitzungssaal, Büro- und Per- der Realschule und des späteren Gym- zösische Freiheitskämpfer seit 1792 auch Höheren Stadtschule, sie brauchte mehr sonalräume des Gerichts. nasiums wurde am 18. Oktober 1821 in in Sobernheim die Ziele der Revolution Klassenzimmer. Der Neubau der städ- Paul Bregenzer der Komturei eingeweiht. Aus vaterlän- durchsetzen wollten. tisch getragenen Bildungsstätte schuf dischen Gründen war dieses Datum ge- Im Biedermeier des 19. Jahrhunderts gab vor hundert Jahren Abhilfe - allerdings wählt worden - zur Erinnerung an die es wieder ein geregelteres Leben. In der nur für fünfzig Jahre. Dann platzte - Fol- Info Völkerschlacht bei Leipzig acht Jahre zu- Mitte jenes Zeitraums gründeten sich ge der enormen Geburtenzunahme in In der ehemaligen vor. Diese Schulform - es gab drei Klas- Firmen wie die Steindruckerei Melsbach den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg Malteserkomturei von sen - bereitete vor allem auf den Besuch und die Strumpfstrickerei Marum, später - die seit 1939 als staatliches Gymna- 1750 wurde 1821 die Höhere sium geführte Schule erneut aus allen Stadtschule untergebracht. Nähten. Vollkommen neu wurde an der 1913 baute man ein neues Poststraße gebaut, es entstand dort das Haus für die Realschule heutige Emanuel-Felke-Gymnasium. 1960 erfolgte der Umzug der Klassen. daneben. Von 1939 bis 1960 Der Schulbau von 1913, er enthält neben waren beide Gebäude barocken Zitaten im Baustil auch einige dann Sitz des Staatlichen Jugendstil-Elemente, stand nun leer. Das Gymnasiums Sobernheim. Amtsgericht, bis dahin im Südtrakt des Zu Beginn der 60er Jahre Rathauskomplexes untergebracht, zog zog das Amtsgericht ein, 1961 hier ein. Der Bezirk des Amtsge- das inzwischen beide richts Sobernheim wurde um das Kirner Gebäudeteile belegt. Gebiet erweitert. Somit mangelte bis- weilen an Sitzungsraum, denn im Haupt-

Justizia spricht seit fünf Jahrzehnten in der ehemaligen Schule Recht. Die Komturei von 1750 und das Gebäude von 1913 sind heute Sitz des Amtsgerichts Bad Sobernheim.

427 428 Einst und Jetzt alte Anwesen längs der Kreuzstraße aus- worden und den jungen Oskar Schmidt bauen ließ. Der hiesige Bauunternehmer kannten die Wolfs bereits von ihrem Köl- » Nahekaufhaus / Felke-Center Klußmeier verdoppelte quasi die Stra- ner Lieferanten Wehrgans. ßenfront und setzte zwei Etagen über Wolfs flohen vor den Nazis und fanden das durchgängig mit Schaufenstern ge- eine Bleibe in den USA. Erst anno 1950, staltete Erdgeschoss. Strümpfe, Wäsche, also fünf Jahre nach Ende des Zweiten Kurzwaren und Stoffe fanden sich nun Weltkriegs, konnte Oskar Schmidt das zu ebener Erde. Damen-, Herren- und bis dahin nur von der Nachfolgegesell- Kinderbekleidung hielt Wolf in großer schaft Wolf-Müller gepachtete Kaufhaus Auswahl in der zweiten Etage feil und käuflich erwerben. Schmidt, der in den im dritten Stock gab es Möbel. Der aus 50er Jahren die ehemalige Synagoge er- Sobernheimer Ziegeln errichtete neue worben und zum Möbellager hatte aus- Laden wies architektonische Elemente bauen lassen, betrieb sein renommiertes des Bauhausstils auf, er hatte aber in der Geschäftshaus an der Kreuzstraße bis Mitte über dem Haupteingang auch ein Ende 1962. In den 50er Jahren wurde zu- historistisches Zitat: eine Burgzinne. dem ein Ausstellungsraum für Möbel mit Die Zeit des Kaufhauses Wolf endete 1935. Wohnungen darüber an der Bahnhof- Pächter wurde das Ehepaar Schmidt. straße errichtet. Zeitweise war damals Die Verpachtung, so erinnert sich Alfred der Verkauf von Herrenkonfektion auch Peeters, war seinerzeit ausgeschrieben in der oberen Großstraße angesiedelt.

Das Nahekaufhaus Schmidt um 1970 mit der Hauptfront an der Kreuzstraße. Seniorchef Oskar Schmidt blickt zur Kamera.

Über vierzig Jahre liegen zwischen den ses „Kaufhaus“ war an der Ecke Kreuz- beiden Fotos. 1966 bekam das altehr- straße/Neugasse (wobei dieser Teil der würdige Kaufhaus Oskar Schmidt an Neugasse heute Marumstraße heißt). der Kreuzstraße ein neues Aussehen. Wolf bot bereits um die Jahrhundert- Schmidts Schwiegersohn Alfred Peeters wende eine gehobene Sortimentspalet- hatte drei Jahre zuvor mit seiner jungen te von „Konfection, Manufacturwaren, Frau Ursula das große Mode- und Möbel- Wäsche und Möbel“ an. Für die kleine haus übernommen und alsbald für den Landkommune Sobernheim mit seinen modernen Zuschnitt gesorgt. Aber auch rund 3000 Einwohnern entwickelte sich Oskar Schmidt war nicht der Gründer dieses Haus zu einem Kundenmagneten, dieser weithin bekannten Sobernheimer der besonders an den Markttagen auch Einkaufsstätte. Bereits kurz nach dem etliche Kundschaft aus dem Umland ins Deutsch-französischen Krieg begründete Nahestädtchen holte. 1876 der jüdische Händler J. Wolf jr. das Der kaufmännische Erfolg zeigte sich da- Kleinteilig gegliedert ist die Fassade des Felke-Centers. Eine kleine Halballee Geschäft. Bauliche Keimzelle für die- rin, dass Richard Wolf im Jahre 1932 das aus Platanen lockert die Hausfront auf. 429 430 Alfred und Ursula Peeters übernahmen Unter Pascheks Leitung lief das Nahe- Einst und Jetzt das Kaufhaus am Neujahrstag 1963. Drei kaufhaus bis 1996, dann kamen im Zuge » Kaisersaal und Philippskirche Jahre später ließ Peeters den als altmo- der Stadtsanierung neue Investoren und disch geltenden Backsteinbau hinter ei- die Stadt selbst mit ins Boot. Der gan- ner modernen Aluminiumfassade ver- ze Kaufhauskomplex wurde vor rund 18 schwinden. Weitere Um- und Ausbauten Jahren zum neuzeitlichen „Felke-Center“ folgten. Eine größere Maßnahme war umstrukturiert und ausgebaut. der Erwerb der in der Marumstraße be- Die anliegenden Straßen nahm man nachbarten Anwesen Dries und Faber. mit in das Gesamtkonzept der Stadtsa- Sie wurden abgerissen und es entstand nierung. Es entstand die weiträumige ein kubischer Neubau, der im Parterre Tiefgarage samt Bowlingbahn, darüber 1975 die erste Sobernheimer Aldi-Filiale die Reihe der Arkadenhäuser, der Musi- aufnahm. Darüber im oberen Stockwerk kantenbrunnen, der große Innenhof, Bü- des nun „Nahekaufhaus“ genannten Ge- ros und Wohnungen, Arztpraxen, Cafés, schäftes im Einkaufsverbund von Kauf- diverse Läden und Märkte sowie ein ring gab es Spiel- und Haushaltswaren Restaurant. Sie alle sind seitdem im Fel- sowie Fotobedarf und natürlich die große ke-Center und seiner Umgebung zuhause. Auswahl an Damen- und Herrenmode. Eine weitere Novität wurde beim Umbau Paul Bregenzer 1975 installiert: Sobernheims erste und einzige Rolltreppe. Zu Beginn der 80er Jahre baute Peeters im Parterre nach Süden hin aus. Zeit- Andres Dhonau, später Begründer der Felkekur in Sobernheim, war ein rühriger Sobernheimer schriften, Schulbedarf und modische Metzger und Wirt. Noch minderjährig erwarb er 1905 die Philippskirche und nutzte sie als Kaiser- Hits sowie Kosmetika und Lederwaren Saal, später baute er den Saal mit Bühne nach Osten hin an. ergänzten das Sortiment. Zudem kam eine wesentlich erweiterte Ausstellungs- Anno 1899 endete das Simultaneum in ehemaligen Sobernheimer Pfarrers (und fläche für das Möbelangebot hinzu. Und der Matthiaskirche, die Katholiken hatten Hüttenberg-Gründers) Hugo Reich die durch einen Verbindungsgang gelangte sich ihre Pfarrkirche an der Herrenstra- 1737 - 1741 von der lutherischen Gemein- die Kundschaft zum benachbarten Café ße gebaut, die evangelische Gemeinde de erbaute Philippskirche zu profanieren; Speh. nutzte fortan ihr Gotteshaus alleine. Aber man wollte die bis dahin sakrale Immo- Das Nahekaufhaus wurde von dem früh wie das so ist nach einem „Wohnungs- bilie für weltliche Zwecke veräußern, verwitweten Diplomkaufmann Alfred wechsel“ – für die weitere Nutzung steht denn es gab einen jungen, sehr agilen Peeters nach 23 Jahren der an den Nach- erst einmal eine gründliche Renovierung Kaufinteressenten. Der Interessent hieß folger Jürgen Paschek verpachtet. Aldi an. Das hatten nun auch die Protestan- Andreas Dhonau. Er war quasi Nach- wechselte damals vom Nahekaufhaus in ten mit ihrer Matthiaskirche vor. Jedoch bar des Kirchleins und betrieb, damals einen Neubau neben dem Johannisplatz. es mangelte ihnen an Geld dafür, hatten noch minderjährig, eine Gaststätte mit Auf der bisherigen Discounterfläche sie doch gerade erst den Katholiken ei- Metzgerei um die Ecke an der Bahnhof- beim Nahekaufhaus etablierte sich zu- nen satten Zuschuss zu deren Kirchen- straße (später Metzgerei Haag, heute nächst ein Spar-Supermarkt, danach ein baukosten ausgezahlt. Das Presbyterium die Pizzeria „Bella Italia“). 15.000 Mark Schuhdiscounter. beschloss daher gegen die Stimme des zahlte Dhonaus Mutter im April 1900

431 432 an die Evangelische Kirchengemeinde. che und den neuen Saal wieder zum Ver- Kirche hin zu öffnende Saaltüren. Die Kir- das Saalmöbel und als ordentliche Um- Kurz darauf begann Dhonau mit der Er- kauf an. chengemeinde nahm am 18. Januar 1911 kleidekabinen angefügt. weiterung der nun in „Kaiser-Saal“ um- Reichs Nachfolger als Sobernheimer Pfar- den Saal in Gebrauch und zwar mit einer Die evangelische Gemeinde nutzte die benannten Kirche. Auf dem kleinen rer war Superintendent Heinrich Steen. Feier zum 40. Jahrestag der Proklamation Philippskirche zwischen 1959 und 1965 Gottesacker östlich der Philippskirche er- Der nutzte diese Offerte, trat zunächst des deutschen Kaisers Wilhelm I. in Ver- zur Renovierungszeit an der Matthiaskir- richtete er alsbald noch einen Saalanbau, persönlich als Käufer auf und erwarb sailles. Es folgte ab 1914 der Erste Welt- che als Notkirche. Laienspieler und ande- den heutigen Kaisersaal. Er hatte eine für 25.000 Mark die Immobilie. Das Pres- krieg. Steen schrieb alle evangelischen re Kulturträger der Stadt boten in jener große Bühne. 1905 wurde dieser Saal byterium übernahm dann etwas später Soldaten an und der Kaisersaal wurde in Zeit noch ohne Fernsehen auf der Bühne eingeweiht. Im März 1906 fand eine gro- den Baukomplex und es folgten neuerli- eine Art Militär-Realschule umgewan- des Kaisersaals viele gehaltvolle Abend- ße Kolberg-Feier im Saale statt zu Erin- che Umbauten. So setzte man das baro- delt, es war die Unteroffizier-Vorschule programme. nerung an die 1806 erfolgreiche Vertei- cke Kirchenportal von der nordöstlichen des XXI. Armeekorps. 1915 im zweiten Zu Beginn der 90er Jahre übertrug die digung der pommerschen Stadt Kolberg Traufseite auf die Giebelseite zur Kreuz- Kriegsjahr endete dies, denn man musste Kirchengemeinde die Immobilie mit gegen Truppen. straße hin. Man baute eine Zuschau- den Saal in ein Lazarett für leichter ver- Auflagen an die Stadt Sobernheim. Bereits 1909 bot Andres Dhonau die Kir- erempore ein sowie zwei bei Bedarf zur wundete Soldaten umrüsten. Der Kaiser- Der Kaisersaal wurde um 2000 von der saal wurde im Krieg und in der französi- Kommune aufwändig renoviert. Durch schen Besatzungszeit fast nur militärisch den Zukauf von Nachbargrundstücken genutzt. Der Saal war zeitweise sogar konnten nach Norden hin eine Küche, eine Garage und dazu musste man Fens- ein Foyer und die neuen Toiletten instal- ter so weit nach unten öffnen, dass sie liert werden. Vor allem die Vereine der eine Toreinfahrt ergaben. Erst nach dem Felkestadt, Familien, die Geschäftswelt Zweiten Weltkrieg wurde diese Kriegs- und die Musiker der Mattheiser Som- spuren im Jahre 1950 wieder beseitigt. mer-Akademie nutzen heute diesen Saal Ein östliches Nachbargebäude wurde als „gute Stube“ von Bad Sobernheim. wenig später parterre als Lagerraum für Paul Bregenzer

Der Kaisersaal ist mit der Philippskirche an der Kreuzstraße heute im Eigentum der Stadt und beide teile dienen als Veranstaltungsort und „gute Stube“ Bad Sobernheims vielfältigen Nutzungen.

433 434 Einst und Jetzt helm, Jan Wellem genannt, verschiede- aus Worms stammende 32jährige Fried- ne Apotheken-Privilegien. Darunter war rich Wilhelm Wandesleben eine Tochter » Die Häuser Wandesleben auch eine für das Städtchen Sobernheim des Avenheim. Im Besitz der Apotheker- an der Nahe. Ob damals sogleich ein dynastie Wandesleben blieb die einträg- Apotheker hier die Arzneien anfertigte liche und einzige Apotheke Sobernheims oder ob es erst etwas später dazu kam, dann für 150 Jahre. ist noch nicht belegt. Erst ein Jakob H. Erst 1912 verkaufte Friedrich (Fritz) Da kommen schon mal auch welche Platz ein, es steht in unmittelbarer Nach- Heydfeld ist als Apotheker in Sobern- Wandesleben die Apotheke an Robert durcheinander, die glauben, sich in der barschaft zum Rathaus. Hundert Meter heim ab 1725 nachgewiesen. Heydfeld Schnapp. Von Familie Schnapp pachte- felkestädtischen Historie gut auszuken- weiter östlich befindet sich der nächste war, so Berkemann, ein Mann luthe- te 1947 Werner Melsbach die im Zweiten nen. Ist nämlich die Rede vom „Haus Bau dieses Namens. Und der vierte hat rischen Glaubens und seinerzeit auch Weltkrieg arg lädierte Apotheke und er- Wandesleben“, wäre nachzufragen, wel- nebenan in der Saarstraße das ehemali- maßgeblich beteiligt an der Erbauung der warb sie dann ganz vor sechzig Jahren. ches man denn meint. Wie mir Hans- ge Malteser-Hospitalgut als baubauähn- Philippskirche. 1734 ließ Heydfeld den Sein Sohn Jürgen war ab 1985 Pächter bis Eberhard Berkemann erläuterte, gibt es lichen Zwilling. heute noch stehenden barocken Apo- etwa 2005. Einige Jahre stand der Bau deren gleich vier in der Stadt. 280 Jahre alt ist bald der Apothekenbau thekenbau errichten. Wenig später starb danach leer, seit wenigen Wochen ist Das jüngste davon enthielt ursprünglich am südöstlichen Eck des Marktplatzes. er. Seine Witwe heiratete dann 1738 den unter dem Namen „Alte Apotheke“ eine in der Fassade Bauelemente des Jugend- Vor drei Jahrhunderten, anno Domini Apotheker Friedrich Nicolaus Avenheim. Event-Gastronomie darin etabliert. stils, es steht an der Monzinger Straße. 1713, erteilte der in Düsseldorf residie- Der Familienname Wandesleben taucht Das zweite Haus Wandesleben ist er- Das älteste nimmt den prominentesten rende kurfürstliche Pfalzgraf Johann Wil- 24 Jahre später auf: 1762 ehelichte der reicht, wenn man von der Apotheke

Das Haus Stribrny ist ein Haus Wandesleben. Es steht an der Ecke Saarstraße/Malteserstraße Der barocke Bau der Apotheke am Markt steht in unmittelbarer und ist eigentlich ein Gebäudeensemble mit dem Malteser-Hospitalgut Nachbarschaft zum Rathaus und zur Matthiaskirche.

435 436 durch die ganze Pfaffenstraße geht und Tochter lebte darin bis 1914, dann ver- Bad Sobernheimer Schlagzeilen aus 2015 dort das Eckhaus zur Kapellenstraße/un- erbte sie das Anwesen an die verwand- tere Großstraße sieht. Es stammt eben- te Familie Becker. Ab 1939 zog aus dem falls aus dem Barock und beherbergte Saarland der pensionierte evangelische über Jahre die Sobernheimer Volksbank, Pfarrer Heinrich Becker ein. verwand mit 2. Januar: Über 2000 Besucher bei der gegen das G8-Gymnasium werden von heute Volksbank Rhein-Nahe. Einst be- den Wandesleben ist auch Familie Stri- zweiten Carrerawoche des Kulturforums Frank Steines an Landrat Diel übergeben Bad Sobernheim in der Leinenbornhalle 26. Februar: Die große Zahl der Flüchtlinge fand sich hier nahe der Kapelle der Dis- brny. Ingeborg und Prof. Wolfgang Stri- 6. Januar: Saunarium eingeweiht. Neuer im Jahr 2015 betrifft auch Bad Sobernheim. ibodenberger Hof - unmittelbar an das brny kamen als Heimatvertriebene nach Eigentümer Corda öffnet ab 9. Januar Im Keller der alten Grundschule wird ein originale Untertor angrenzend. Ober- dem Zweiten Weltkrieg an die Nahe zu 10. Januar: Synagogenförderverein setzt Sammellager für Sachspenden eingerichtet schultheiß H. Johann Klock ließ im 18. den Verwandten. Der denkmalgeschütz- sich für den Erhalt des markanten Über- 4. März: Gestaltungssatzung für den In- Jahrhundert den Gutshof und das Amts- te Bau wird also zu recht als „Haus Wan- gangs in der Marumstraße ein. Roland nenstadtbereich wird beschlossen. haus errichten. Um 1900 heiratete der desleben“ bezeichnet. Darauf legte Prof. Rügenberg hatte das ehemalige Marumge- 14. März: Patrick Wahl von der Kupferkan- lände kürzlich gekauft. ne wird Küchenchef im künftigen Brauhaus Privatier Jakob Wechler eine gebürtige Dr. Wolfgang Stribrny zeitlebens großen 13. Januar: Umbau alte Grundschule im 23. März: Ausverkauftes Haus beim Kaba- Wandesleben, die in diesem Hause lebte. Wert, seine heute noch darin wohnende Rahmen der Stadtsanierung ist gebäude- rettabend des Kulturforums Bad Sobern- Wechler hatte in Bacharach ein Gasthaus Schwester Ingeborg ebenso. technisch und wirtschaftlich vertretbar, heim mit dem bekannten Mainzer Lars und in Langenlonsheim ein Weingut. Mit sagt Architekt Kuhn im Hauptausschuss. Reichow Bernardi gründete er später die neben- Das vierte „Haus Wandesleben“ ist die 27. Januar: Die BI „Gegenwind“ spricht sich 30. März: Der Freundeskreis Freilichtmuse- an gelegene Schuhfabrik, blieb aber nur Zahnarztpraxis von Klaus Dietz. 1907 lie- beim Neujahrsempfang gegen Windkraft- um hat jetzt mehr als 1000 Mitglieder stiller Teilhaber. Wechler war ein Mitbe- ßen sich zwei Damen mit Namen Wan- anlagen im Bereich der ehem. Ortslage 31. März: Stadtehrenringträgerin Christa Pferdsfeld aus. Lehnert-Schroth gestorben gründer der Sobernheimer Volksbank, desleben dieses Wohnhaus von dem 29. Januar: Haushalt der Stadt wird vor- 8. April: Die neu ausgebaute Landesstra- die ihre Geschäftsräume in Klocks frühe- Sobernheimer Bauunternehmer Wilhelm gestellt, u.a. ist die Anstellung eines „City ße nach Steinhardt kann wieder befahren ren Amtsstuben einrichtete. In der Etage Klußmeier an der Monzinger Straße er- Managers“ im Rahmen der Stadtsanierung werden. Die Bauarbeiten zogen sich über darüber wohnten Wechlers. Da Wechlers richten. Elemente des Jugendstils prägten geplant und die Sanierung des Pflasters in den Winter hin. Gemahlin früh verstarb, nahm er sich damals die Fassade, darunter auch eine der Marumstrasse. 29. April: Die Stadtbücherei verzeichnet eine Haushälterin, die älteren Sobernhei- oval begrenzte Loggia zur Straße hin. Die 2. Februar: Diskussion um Rathausumbau immer mehr Leser. Knapp 16.000 Medien samt barrierefreiem Zugang vom Markt- wurde 2014 ausgeliehen mern noch als „Wechlers Lieschen“ be- Witwe des Apotheker Fritz Wandesleben platz aus 5. Mai: Supermarkt Real plant Neubau kannt ist. wohnte bis etwa 1939 in dem Haus. Da- 5. Februar: Ratsdebatte über Ausbau der zwischen Altgebäude und Beinbrech Jener Marktapotheker Fritz Wandesleben nach konnte Klußmeier das Haus erwer- unteren Großstraße. Verkehrszählung 5. Mai: Der „Heimatbus“ der Initiative musste 1912 aus gesundheitlichen Grün- ben als Mitgift für seine Tochter, die in ergab, dass 2300 Autos täglich Richtung Soonwald startet seine Runden und hält den die Apotheke abgeben, er zog um in den 40er Jahren den Zahnarzt Wilhelm Marktplatz fahren Sonntags an verschiedenen Punkten im das barocke Haus Saarstraße 30 an der Eiler heirate. Eiler baute das Haus in den 14. Februar: Ein Team von Ehrenamtlichen Soonwald um Anke Wiechert kümmert sich um die 15. Mai: Die Innenstadtsanierung „Aktive Ecke zur Malteserstraße mit einem nord- 50er Jahren nach seinen Bedürfnissen Neuausrichtung im Heimatmuseum Prior- Stadt“ kommt in Fahrt. Es wurden schon 13 wärts anschließenden, hoch ummauer- um und aus. Nach heutigen Maßstäben hof private Förderanträge eingereicht ten Gartenareal bis zur Gymnasialstra- wäre man, was die Jugendstil-Elemente 20. Februar: Der Saisonstart im Freilicht- 19. Mai: Das Projekt „So gut leben im ße und lebte darin bis 1934. Das Haus angeht, sicher denkmalsbewusster mit museum steht bevor. Als großes Projekt Alter“ zur Verbesserung der Lebensbedin- hatte seine Großmutter Elise Wandesle- der schmucken Fassade umgegangen. soll die Gaststätte im Eingangsbereich bei gungen für ältere Mitbürger wird vorge- ben, geb. Schramm, als 61jährige Witwe „Elsens Garten“ durch Architekt Jürgen stellt 1867 erworben. Ihre gleichnamige ledige Paul Bregenzer Faber umgesetzt werden 23. Mai: Zwei Filmabende zugunsten der 21. Februar: Bollant´s: Pläne für neues Erdbebenopfer in Nepal bringen dem Damen-Spa und Lobbyhaus – ein Millio- Kulturforum 5000 € für die Arbeit von Dr. nenprojekt Borsche 25. Februar: Unterschriften einer Aktion 30. Mai: Endlich werden wenigstens 2

437 438 Stichstraßen im Neubaugebiet Leinenborn einer erwarteten Asyl-Anerkennung nach Die Autoren der 2 ausgebaut Deutschand nachholen möchte. 2. Juni: Oratorium „Paulus" ist ein voller Er- 8. Juli: Die Renovierungsarbeiten an der Bad Sobernheimer Stadtgeschichte-n folg für CIS, die Chorinitiative Sobernheim kath. Kirche gehen ihrem Ende entgegegn 8. Juni: Bollant´s „Wein im Park“ mit ca. 9. Juni: Die Planungen für den Neubau ei- Berkemann, Hans Eberhard (* 1943), war Kneib, Gottfried (*1944), war Lehrer an der 2000 Gästen wieder stark besucht nes Drogeriemarktes der Firma Rossmann zuletzt Konrektor der Grundschule Langen- Hauptschule, Heimatkundler, wohnt in Bad lonsheim, Heimatkundler, Vorsitzender des Sobernheim 9. Juni: Das 56. Felketurnier des HSV be- an der Poststraße sind genehmigt. Das alte Synagogen-Fördervereins, wohnt in Bad Kochendörfer, Helmut (+), Kaufmann, Mäzen suchen 200 Mannschaften mit über 3500 Postgebäude aus den 30er-Jahren wird Sobernheim Latotzki, Ulrich (*1961), Regierungsamtsrat, Gästen dafür abgerissen Bregenzer, Paul (* 1948), war Zeitungsredak- wohnt in Bad Sobernheim 10. Juni: Der Bauausschuss vergibt Pla- 13. Juli: Die Felke – Woche ist eröffnet. Mit teur, wohnt in Bad Sobernheim Mathern, Willy, (1902 - 1984) war Heimat- nungsauftrag für Sanierung „Alter Weg“ vielen Angeboten wird eine ganze Wo- Bohn, Werner (* 1948), war zuletzt Rektor der schriftsteller 17. Juni: Kulturpreis „Das Goldene Herz“ che lang an das Wirken des Lehmpastors Grundschule Bad Sobernheim,wohnt in Bad Müller, Sascha, (*1969), Dipl.-Ingenieur, Stadt- wird dem Heimatfilmer Klaus Martin zuer- erinnert. Am Sonntag eröffnete auch das Sobernheim und Verkehrsplaner in Mainz, wohnt in Bad kannt neugestaltete Felke-Zimmer im Heimatmu- Bleyer, Dr. Friedrich Wilhelm (+), war Lehrer am Sobernheim 18. Juni: Das Restaurant und Hotel „Rats- seum Priorhof Sobernheimer Gymnasium Petzholdt, Manfred (*1941), war Soldat beim hof“ am Marktplatz feiert sein 60-jähriges 23. Juli: Ein Ausschuss des Stadtrates dis- Conrad, Peter (*1934), Diplom-Forstwirt, zuletzt Jagdbombergeschwader 35, wohnt in Bad Bestehen kutiert über ein muslimisches Grabfeld auf Ministerialrat; wohnt in Bad Sobernheim Sobernheim 19. Juni: Nach langer Diskussion beschließt dem städtischen Friedhof und will dieses Dhonau, Heide (*1941), Lehrerin der Bad Sobern- Probson; Dr. Martin (*1949), war Leiter des der Stadtrat den niveaugleichen Ausbau einrichten heimer Hauptschule, wohnt in Meddersheim Amtsgerichts Bad Sobernheim, wohnt in Herborn der unteren Großstraße. Wie genau die 31. Juli: Wegen der Krise in Griechenland Diehl, Norbert (*1946), Gymnasiallehrer, Schick, Herbert (*1949) , Realschullehrer in spätere Nutzung erfolgen soll, bleibt teil- hat der Deutsch-Grischische Club seinen Ministerialrat a. D., Leiter des Rheinhessischen Bad Sobernheim, wohnt in Waldböckelheim weise noch offen diesjährigen Jugendaustausch abgesagt Fahrradmuseums Gau-Algesheim, wohnt in Bad Schmitz, Heinz (* 1928), war Amtsrat bei der 20.-24. Juni: Johanniskirmes mit Feuerwerk 1. August: Die Landtagswahl im kom- Kreuznach Verbandsgemeindeverwaltung Bad Sobern- am Anfang und Ende menden März wirft ihre Schatten voraus. Engelmann, Uwe, (*1962), Dipl. Ing. agr., heim, wohnt in Bad Sobernheim 27. Juni: Als großes privates Sanierungs- Die beiden Kandidaten und Landtagsab- Vorsitzender des Bad Sobernheimer Scholtheis-Wenzel, Ulrike, (* 1960), Pfarrerin, objekt in der Stadtsanierung startet der geordneten wollen wiedergewählt wer- Kulturforums, wohnt in Bad Sobernheim wohnt in Bad Sobernheim Umbau des historischen Freihofs des Cratz den: Dr. Denis Alt für die SPD will sich als Fritsch, Dr. Hanns-Peter, (*1960), Diplom-Phy- Roland, Michael, (* 1975), von Scharfenstein (Haus „mit der hoch Nachrücker von Peter Wilhelm Dröscher siker, wohnt in Bad Sobernheim Verwaltungsoberinspektor, , wohnt in Bad Trepp“) in der Herrenstraße. Hier sollen 6 im Wahlkreis einen Namen machen. Auch Hauth, Dr., Ulrich (*1945), war Realschullehrer, Sobernheim Wohnungen entstehen CDU-Kandidatin Bettina Dickes strebt ein wohnt in Kirn Wiechert, Anke, (*1976), Kunsthistorikerin, 2. Juli: Genehmigt wird die Einstellung Direktmandat an. Heil, Karl, (* 1949), Gymnasiallehrer, zuletzt leitet das Bad Sobernheimer Heimatmuseum, eines „City-Managers“, der die Sanierung 3. August: Die extreme Trockenheit im Direktor des EFG-, wohnt in Hochstätten/Pfalz wohnt in Nußbaum „Aktive Stadt“ begleitet. Sommer 2015 stellt für die Fische noch kein 2. Juli: Die Werbegemeinschaft "SoAktuell" Problem dar. Für die Pflanzenwelt hinge- spricht sich gegen einen großen Markt an gen wird dringend Regen erwartet Bilderherkunft der B41 bei Waldböckelheim aus 8. August: Eröffnung der Mattheiser 3. Juli: Die Firma Juwi stellt den geplan- Sommerakademie bei 40 Grad im Schat- Viele Fotos stammen aus Privatarchiv Willi Härter ten Bau von sieben Windrädern auf der ten. Acht Dozenten und über 100 Schüler Privatarchiven der Autoren. Privatarchiv Paul Bregenzer Sobernheimer Gemarkung bei Alt-Pferds- geben der Felkestadt in den nächsten gut 2 Aktuelle Fotos von Katharina Bregenzer, Bildarchiv der Allgemeinen Zeitung feld vor Wochen ein internationales Flair Paul Bregenzer, Manfred Petzholdt, Landesarchiv Speyer 4. Juli Das große Thema des Jahres "Flücht- 1. August Spektakulärer Abschluss der Stefan Munzlinger und Werner Bohn linge" findet auch in Bad Sobernheim sei- Mattheiser Sommerakademie mit her- Die Bilder von Otto Conrad im Artikel von nen Niederschlag. Ahmad Ijaz aus Pakistan vorragenden Leistungen der Schüler aus Weitere Herkunft: Peter Conrad stammen aus dem Landesarchiv lebt seit 20 Monaten in Deutschland und in verschiedenen Meisterklassen Bildarchiv der Stadt Bad Sobernheim, verwaltet Koblenz Bad Sobernheim, lernt fleißig die deutsche von Sabine Brambier-Sajjad Sprache und hat Arbeit auf einer Baustelle zusammengestellt von Uwe Engelmann Bildarchiv des Jabo-Geschwaders 35 Geologische Karte: Institut für gefunden. Er sehnt sich nach seiner Frau Privatarchiv Klaus Martin Geowissenschaften der Johannes- und seinen beiden Töchtern, die er nach Privatarchiv Otti Bleser Gutenberg-Universität Mainz 1983 439 440 Kneib, Gottfried: Juden in der kurmainzischen 50 Jahre 1.Sobernheimer Fußball-Club 1903 (Dr. Literatur zur Geschichte von Bad Sobernheim Stadt Sobernheim während des ausgehenden Herrmann, 1953) Mittelalters; in: Mainzer Zeitschrift 104 (2009) S. 75 Jahre 1.Sobernheimer Fußball-Club, 1978 Fligel, Hans: Versuch einer urkundlichen Ge- 50 Jahre Staatliches Gymnasium Sobernheim – 107-132 100 Jahre 1.Sobernheimer Fußball-Club, 2003 schichte des Oberamts Böckelheim, insbesonde- Festschrift 1989 25 Jahre DLRG Ortsgruppe Sobernheim, 1982 re der Stadt Sobernheim im Nahethale, Sobern- Kneib, Gottfried: Judeneide in Sobernheim; in: 40 Jahre DLRG Ortsgruppe Sobernheim, 1997 heim 1865 (Bd. 1) u. 1869 (Bd. 2) Verbandsgemeinde Sobernheim – Bilder aus ver- Mainzer Zeitschrift 105 (2010) S. 115-129 40 Jahre Flugsportverein Sobernheim, 1991 gangenen Tagen, hrsg. von der VG Sobernheim, 150 Jahre Schützengesellschaft zu Sobernheim Müller, Wilhelm: Die Geschichte der Höheren Horb 1990 Kneib, Gottfried: Hof und Kapelle des Klosters 1848, 1998 Schule Sobernheims, Sobernheim 1921 Disibodenberg in Sobernheim; in: Jahrbuch für 585 – 2010 Schützengesellschaft zu Sobernheim Berkemann, Hans Eberhard: Sobernheims jüdi- westdeutsche Landesgeschichte 36 (2010) S. 1848, 2010 Müller, Wilhelm: Nahekunde – Sobernheim und scher Friedhof auf dem Domberg; in: Landes- 25-52 25 Jahre Tennisclub Rot-Weiß Sobernheim, 1978 seine Umgebung im Wandel der Zeiten, Bad kundliche Vierteljahresblätter 36 (1990) S. 5-22 100 Jahre Turnverein Sobernheim, 1967 Kreuznach 1924 Die restaurierte Körfer-Orgel St. Matthäus – Bad 125 Jahre Turnverein Sobernheim, 1992 Berkemann, Hans Eberhard: 250 Jahre evange- Sobernheim (Festschrift anlässlich der Wieder- 25 Jahre HSV – Handball-Sportverein, 1985 Zimmermann, Walter: Die Kunstdenkmäler des lisch-lutherische Philipps-Kirche zu Sobernheim, einweihung 2012), hrsg. von der Katholischen 50 Jahre HSV – Handball-Sportverein, 2015 Kreises Kreuznach (Die Kunstdenkmäler der in: Die Brücke, Sonderheft Mai 1991 Pfarrgemeinde, Bad Sobernheim 2012 10 Jahre Partnerschafts Louvres, 1992 Rheinprovinz, Bd. 18 Abt. 1) Düsseldorf 1935 100 Jahre Freiwillige Feuerwehr Stadt Sobern- (unveränderter Nachdruck 1985), S. 356-375 Henry, Frances: Nachbarn und Opfer – Erinnerun- Kneib, Gottfried: Die Synagoge von Bad Sobern- heim, 1973 gen an eine Kleinstadt im Nationalsozialismus, heim; Jahrbuch für westdeutsche Landesge- 110 Jahre Freiwillige Feuerwehr Stadt Sobern- Crusius, Ewald: Das alte Sobernheim – Ein Beitrag Bonn 1992 schichte 38 (2012) S. 39-78 heim, 1983 zu seiner Topographie und Geschichte; in: Kreuz- 125 Jahre Freiwillige Feuerwehr Stadt Sobern- nacher Heimatblätter 1955, Nr. 11 S. 1-3 und Nr. 100 Jahre katholische Pfarrkirche Bad Sobern- Kneib, Gottfried: Das Rittergeschlecht der Lander heim, 1998 12 S. 2 f. heim (1898-1998), hrsg. vom Pfarrgemeinderat von Sponheim – Lehensträger der kurmain- 100 Jahre Sozialdemokratie in Bad Sobernheim der Pfarrei St. Matthäus Bad Sobernheim, Bad zischen Festung Nohfels bei Sobernheim; in: (Fritz Reidenbach, 2003) Vogt, Werner: Sobernheim – Einst und jetzt, Sobernheim 1998 Mainzer Zeitschrift 108 (2013) S. 43-61 75 Jahre Felkekurort Sobernheim (Hans Stassen, Sobernheim 1963 u. Fischbach 21980 1982) Schmieden, Josef: Familienbuch der katholischen Kneib, Gottfried: Das Hospital zum Heiligen Geist 275 Jahre Apotheke am Markt Sobernheim, 1988 Imig, Heinz [Bearb.]: Stadtchronik Sobernheim Pfarrei St. Matthäus Bad Sobernheim (Veröf- in Bad Sobernheim; Jahrbuch für westdeutsche 100 Jahre Firma Melsbach, 1932 (1873-1970), Kirn 1971 fentlichung der Westdeutschen Gesellschaft für Landesgeschichte 39 (2013) S. 167-186 150 Jahre Firma Melsbach, 1982 Familienkunde, Bd. 152, 1 u. 2; Deutsche Ortssip- 100 Jahre Firma A. Marum Witwe, 1965 Freckmann, Klaus / Frieß-Reimann, Hildegard / penbücher der Zentralstelle für Personen- und Kneib, Gottfried: Wenn Steine erzählen könnten 75 Jahre Carl Schmidt Söhne (Werner Vogt, 1958) Vogt, Werner: Sobernheim - eine volkskundlich- Familiengeschichte, Serie B Nr. 235), Köln 2001 – Historische Gebäude in Bad Sobernheim, Bad 100 Jahre Carl Schmidt Söhne, 1983 historische Studie (Heimatkundliche Schriften- Sobernheim 2014 30 Jahre Jagdbombergeschwader 35 Sobernheim, reihe des Landkreises Bad Kreuznach, Bd. 9) Bad Verbandsgemeinde Bad Sobernheim im Wandel, o.J. Kreuznach 1980 hrsg. von der VG Bad Sobernheim, Horb 2008 Kneib, Gottfried: Die katholischem Pfarrgemein- 30 Jahre Instandsetzungsstaffel JaboG 35 Sobern- de St. Matthäus in Sobernheim, hrsg. von der heim, 1991 Berkemann, Hans Eberhard: Vom Gotteshaus 1000 Jahre Matthiaskirche zu Sobernheim, hrsg. DPSG Sobernheim, Sobernheim 1982 25 Jahre Unteroffizier-Kameradschaft Sobern- zum Möbellager. In Sobernheim steht die letzte von der Evangelische Kirchengemeinde Bad Pferdsfeld – eine Dorfgeschichte, herausgegeben heim, 1988 Synagoge des Nahetals; in: Landeskundliche Sobernheim, Düsseldorf 2002 von der Stadtverwaltung Sobernheim 1983 40 Jahre Hauptschule Bad Sobernheim, 2009 Vierteljahresblätter 27 (1981) S. 17-19. Pferdsfeld – eine Dorfgeschichte Band 2, heraus- 100 Jahre Höhere Schule Sobernheim (W.Müller, Kneib, Gottfried: Die Johanniterkommende in gegeben von der Stadtverwaltung Sobernheim 1921) Vogt, Werner: Alt-Sobernheim – Fotos und Zeich- Sobernheim; in: Jahrbuch für westdeutsche Lan- 1986 20 Jahre im neuen Haus – Staatliches Gymnasium nungen aus über 100 Jahren, Bad Kreuznach 1985 desgeschichte 34 (2008) S. 169-207 Eckweiler – Geschichte eines Dorfes, zusammen- Sobernheim (E.Maxeiner, 1980) gestellt und herausgegeben und Uwe Engel- Emanuel-Felke-Gymnasium Bad Sobernheim, Die Sobernheimer Matthiaskirche und ihre Hauptschule Bad Sobernheim 1969-2009, hrsg. mann 1983 Festschrift zur Namensverleihung, 1996 Stumm-Orgel (Festschrift anläßlich des 250jähri- vom Kollegium der Hauptschule, Bad Sobern- gen Jubiläums der Johann-Michael-Stumm-Orgel, heim 2009 Außerdem Festschriften – soweit bekannt, hrsg. von der Evangelische Kirchengemeinde gesammelt von Hans Eberhard Berkemann: Sobernheim, Sobernheim 1988

441 442 Zum Schluss

Nun haben wir sie abgeschlossen – un- Stiftung , der Sparkasse Rhein-Nahe, der sere Stadtgeschichte/n. Drei Jahre lang Volksbank Rhein-Nahe-Hunsrück, der arbeiteten wir gemeinsam daran, in aller Stadt und dem Kulturforum für die Finan- Ruhe, wie es sich für Rentner gehört, die zierung des Buchs. Besonders bedanken die meisten von uns sind. Als wir anfin- wollen wir uns bei unseren Frauen, die gen, wussten wir noch nicht, was alles geduldig ertragen haben, wenn wir uns auf uns zukommt. Wir dachten an ein mit dieser Arbeit ins Kämmerchen zurück Buch mit 200 Seiten und einigen Bildern. gezogen haben. Nun sind es ...Seiten geworden und viele Schließlich: Wir selbst erfuhren bei der Bilder. Zum Ende mussten wir auswählen Arbeit zu diesem Buch viel Neues und und kürzen. So viel Interessantes liegt Altes, manch lustige und auch manch uns vor. Allein mit den Bildern könnten traurige Begebenheit aus unserer Hei- wir schon Band 2 beginnen. Doch das matstadt.Oft wurde gelacht und auch möge die nächste Generation tun, wenn gestaunt, wenn wir uns bei Familie En- die Bad Sobernheimer Stadtgeschichte/n gelmann im gemütlichen Café am Noh- fortgeschrieben werden, mit der Zukunft, fels getroffen haben. Und nun ist es gut, die jeden Tag neu beginnt und mit dem, dass wir mit diesem Werk fertig sind. was aus der Vergangenheit noch mögli- cherweise ausgegraben wird. Die „Redaktion“ der Dies ist uns im Verlauf der Arbeit im- „Bad Sobernheimer StadtgeschichteN“ Stehend von links: Paul Bregenzer, Uwe Engelmann, Hans Eberhard Berkemann, Manfred Petzholdt mer deutlicher geworden: Die Stadt Bad Sitzend von links: Gottfried Kneib, Peter Conrad, Werner Bohn. Es fehlt Heinz Schmitz Sobernheim (und nicht nur sie!) braucht unbedingt ein Archiv, in dem all das ge- Impressum sammelt, registriert und bewahrt wird, was aus der Stadtgeschichte wichtig Herausgeber: Gestaltung/Layout erscheint. Es darf nicht sein, dass Do- Katharina Bregenzer, 3timekate kumente, Bilder oder Datenträger in der Kulturforum Bad Sobernheim (www.3timekate.de) Bad Sobernheim e.V. , Mülltonne landen oder im Antiquariat Verleger und Buchbinder Vorsitzender Uwe Engelmann, verhökert werden, wenn sie Erben zur Verlag Matthias Ess (www.ess.de) Bürde werden. Das Kulturforum könn- Louvresstraße 11, Bad Kreuznach te die Basis der ehrenamtlichen Archiv- 55566 Bad Sobernheim Erstauflage November 2015 arbeit bilden – nur so bewahren wir die Druck odd GmbH &. Co. KG Print und Medien Vergangenheit. Schriftleitung Bad Kreuznach (www.odd.de) Bedanken wollen wir uns bei vielen, die Werner Bohn uns bei der Arbeit unterstützt haben, in ISBN: 978-3-945676-14-1 Gesprächen, mit Materialien, mit Anre- Umschlagbild Paul Bregenzer gungen. Sie alle aufzuzählen ohne je- manden zu vergessen ist kaum möglich. Bedanken wollen wir uns bei der Bürkle-

443 444 Die Neuapostolische Kirchengemeinde Michael Roland 286 Inhalt Die Stadtmission Dr. Hanns-Peter Fritsch 287-294 Schulen » Bad Sobernheimer StadtgeschichteN Die Evangelische Volksschule Hans Eberhard Berkemann 295-299 Die Katholische Volksschule Gottfried Kneib 300-302 Jüdischer Unterricht und jüdische Lehrer Hans Eberhard Berkemann 304-307 Die Höhere Töchterschule Hans Eberhard Berkemann 308-309 Vorwort Stadtbürgermeister Michael Greiner 1 Die Hauptschule Gottfried Kneib 310-314 Vorwort Herausgeber Kulturforum Uwe Engelmann 2 Die Realschule Herbert Schick 315-318 Zu diesem Buch Werner Bohn 3-4 Das Gymnasium Karl Heil 319-327 Aus der Stadtgeschichte Die Grundschule Werner Bohn 328-333 Sobernheims Geschichte bis 1870 Gottfried Kneib 7-30 Aktionen und Personen 1871 bis zum 2. Weltkrieg Werner Bohn 31-44 Ein himmlischer Club Paul Bregenzer 334+335 Aus den Stadtratsprotokollen 1924 -1949 Heinz Schmitz 45-49 Die Friedensbewegung Werner Bohn 336-339 Sobernheim im Dritten Reich Werner Bohn 50-54 Arkadaslar Werner Bohn 340-342 Der Reichsarbeitsdienst Paul Bregenzer 55+56 Die Mattheiser Sommer-Akademie Heide Dhonau 343-350 Bekennende Kirche Ulrike Scholtheis-Wenzel 57-60 Die Helmut-Kochendörfer-Stiftung Werner Bohn 351+352 Vom Zweifel zur Gewissheit Peter Conrad 61 Wilhelm Oertel und Hugo Reich Willy Mathern 353-357 Tiefflieger-Angriffe Peter Conrad 62+63 Emanuel Felke Anke Wiechert 358-373 Bomben auf Sobernheim Werner Bohn 64-66 Anton Burg Norbert Diehl 374 Hermann-Josef Marx, ein mutiger Mann Paul Bregenzer 67-71 Kino Paul Bregenzer 375+376 Besetzung und Besatzer Peter Conrad 72 Kerb Paul Bregenzer 377+378 Vom 2. Weltkrieg bis 1970 Werner Bohn 73-78 Badespaß am Gefach Paul Bregenzer 379+380 1971 bis jetzt Werner Bohn 79-90 Was früher einmal wichtig war Werner Bohn 91-93 Einst und jetzt Stadtbürgermeister und Stadtrat U. Engelmann und W. Bohn 94-100 Die Matthiaskirche Paul Bregenzer 381+382 Das Ehrenmal Paul Bregenzer 383+384 Die Stadtentwicklung Der Priorhof Paul Bregenzer 385+386 Sobernheim verändert sich Werner Bohn 101-130 Untertor zur Großstraße Paul Bregenzer 387-389 Einwohnerzahlen Werner Bohn 131 Kurze Eck Paul Bregenzer 390+391 Steinhardt Werner Bohn 132-140 Die alte Sparkasse am Obertor Paul Bregenzer 392+393 Die Bundeswehr Manfred Petzholdt 141-152 Vom Hotel Adler zur neuen Sparkasse Paul Bregenzer 394+395 Umsiedlung Pferdsfeld und Eckweiler Werner Bohn 153-162 Vom Hotel zur Linde zum Café am Markt Paul Bregenzer 396+397 Konversion Werner Bohn 163-177 Die untere Großstraße Paul Bregenzer 398+399 Landwirtschaft, Weinbau und Forsten Peter Conrad 178-195 Ein Kreisel am Untertor Paul Bregenzer 400+401 Das Amtsgericht Martin Probson 196+197 Von Speh zu LeCoutre Paul Bregenzer 402+403 Elektrischer Strom Paul Bregenzer 197 Von der Fröschegass zur Saarstraße Paul Bregenzer 404+405 Die Eisenbahn Ulrich Hauth 198-203 Das Deutsche Haus Paul Bregenzer 406-408 Verkehr und Mobilität Sascha Müller 205-211 Das Saar-Hotel Paul Bregenzer 409+410 Die Großgass Helmut Kochendörfer 2012-214 Der Alte Weg Paul Bregenzer 411+412 Die alte Nahebrücke Friedrich Wilhelm Bleyer 216-220 Vom Disibodenberger Hof zur Volksbank Werner Bohn 413+415 Die Post Paul Bregenzer 221-226 Die Firma Scheib Paul Bregenzer 417-419 Sobernheimer Straßen Heinz Schmitz 227-229 Vom Krankenhaus zur Senioren-Residenz Paul Bregenzer 419-421 Sportplätze Werner Bohn 230+231 Das Türmchen am Kindergarten Paul Bregenzer 422+423 Badespaß an wechselnden Orten Paul Bregenzer 233+234 Die Gerbereihäuser am Mühlenteich Paul Bregenzer 424+425 Kur und Tourismus Uwe Engelmann 235-254 Von der Realschule zum Amtsgericht Paul Bregenzer 426+428 Kirchen und Religionsgemeinschaften Nahekaufhaus- Felkecenter Paul Bregenzer 429-431 Die Katholische Kirchengemeinde Gottfried Kneib 255-259 Kaisersaal-Philippskirche Paul Bregenzer 432-434 Der Katholische Kindergarten Gottfried Kneib 260-262 Die Häuser Wandesleben Paul Bregenzer 435-437 Das St. Josefs – Krankenhaus Gottfried Kneib 262-263 Bad Sobernheim – letzte Nachrichten Uwe Engelmann 438+439 Die Evangelische Kirchengemeinde Werner Bohn 264-268 Die Autoren + Bilderherkunft 440 Die Evangelischen Kindergärten Hans Eberhard Berkemann 269-274 Literaturhinweise Gottfried Kneib 441+442 Die Israelitische Kultusgemeinde Hans-Eberhard Berkemann 275-285 Zum Schluss + Impressum 443+444

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