Dokumentation Michael Epkenhans

Großindustrie und Schlachtflottenbau 1897—1914

I.

Es ist mittlerweile ein Gemeinplatz unter Historikern, daß die außerordentliche Faszi- nation der Flottenrüstung darin bestand, daß sie eine systematische Verknüpfung von hochindustrieller Technik, autoritärer Herrschaft und weltpolitischer Zielsetzung er- laubte Wenig Einigkeit besteht allerdings im Hinblick auf die Gewichtung der einzel- nen Faktoren. So streiten bundesdeutsche, englische und amerikanische Historiker seit Berghahns2 bahnbrechender Studie über die wilhelminische Flottenrüstung, mit der die schon von Kehr3 in Frage gestellten apologetischen Deutungen der Zwischen- kriegszeit endgültig als überwunden betrachtet gelten konnten, vor allem darüber, ob der »Tirpitzplan« (Berghahn) nicht nur eine militärische Erpressung Englands zum Ziel hatte, sondern primär sogar als Krisenstrategie zur Stabilisierung des innenpoliti- schen Status quo konzipiert worden ist4. Während es in diesen Diskussionen unter westlichen Historikern um die Gewichtung innen- und außenpolitischer Antriebsfaktoren geht, konzentriert sich der Streit zwi- schen westlichen und DDR-Historikern vor allem auf die Klärung des Zusammen- hangs von Kapitalismus und Flottenbau. In Anlehnung an Lenins Imperialismustheorie deuten DDR-Historiker den Flottenbau als ein Beispiel für eine Politik, die in erster Linie im Profit- und Expansionsstreben einiger Monopole verwurzelt war5. Demge- genüber hat Wehler bereits mit Recht die Frage aufgeworfen, ob eine solche Deutung nicht eine Gruppe von Unternehmern, die über den Centraiverband deutscher Indu- strieller und andere Organisationen ohne Zweifel erheblichen Einfluß ausübten, dä- monisiert und damit zugleich ein verzerrtes Bild von der gesellschaftlichen Realität im Kaiserreich zeichnet6. Die Begründung für diesen Einwand ist vor allem darin zu se- hen, daß kein Weg an der Tatsache vorbeigeht, daß die Synchronisierung von politi- schem und sozio-ökonomischem System im Unterschied zu anderen westeuropäischen Staaten in Preußen-Deutschland im 19. Jahrhundert nicht gelungen ist. Dies hatte zum einen zur Folge, daß die Staatsverwaltung in Anlehnung an absolutistische Traditionen weiterhin ein nicht zu unterschätzendes Maß an politischer Autonomie besaß. Zum an- deren resultierte hieraus die Dominanz der »alten Eliten«, die trotz des unleugbaren Niedergangs bis 1918 bestanden hat. Auch wenn sich Großagrarier und Großindu- strielle temporär in einem »Kartell der Angst« (Wehler) zusammenfanden, bedeutet dies nicht, daß Industriekapitalismus und Staat im Kaiserreich gleichgesetzt werden können. Angesichts der sich hierin widerspiegelnden Bedeutung des Themas ist es verwunder- lich, daß es bisher kaum Studien gibt, die detailliert das Verhältnis von Großindustrie und Schlachtflottenbau unter die Lupe genommen haben. Die von ζ. B. Boelcke7, Manchester8, Menne9, W. v. Tirpitz10 und Leckebusch11 vorgelegten Arbeiten über das Verhältnis der Industrie — speziell von Krupp — zum Flottenbau leiden darunter, daß sie für ihre Interpretation nur in sehr beschränktem Maße Quellen aus dem Mari- nearchiv bzw. Firmenarchiven herangezogen haben. Dementsprechend verzerrt, wenn nicht gar einseitig ist das Bild, das sie von den Beziehungen zwischen der Marine und der Industrie zeichnen. Weitaus informativer ist diesbezüglich Owens12 Essay über Krupp und das Reichsmarineamt. Owen, der die von den Arbeiten Kehrs und Berg- hahns ausgehenden Impulse aufgriff, konnte bereits auf neues Material aus dem 65 MGM 1/88 Krupp-Archiv zurückgreifen, beschränkte sich aber im wesentlichen auf die Analyse der Beziehungen zwischen Krupp und der Marine um die Jahrhundertwende. Die von Weir13 schließlich vor kurzem vorgelegte Studie über den militärisch-industriellen Komplex des Kaiserreichs ist aufgrund gravierender Ubersetzungsfehler und den dar- aus gezogenen falschen Schlußfolgerungen leider unbrauchbar. Aufgrund dieser Forschungslage verfolgt die hier vorgelegte Dokumentation das Ziel, im Vorgriff auf eine vor dem Abschluß stehende umfassende Studie mit Hilfe ausge- wählter Dokumente aus dem Bundesarchiv und den Archiven der Firma Krupp, der Dillinger Hüttenwerke, dem Hamburger Staatsarchiv und der Hamburger Blohm + Voss-Werft am Beispiel der Firma Krupp und der deutschen Werften einen Beitrag zur Analyse der Beziehungen zwischen Industrie und Staat zu leisten. Im Zentrum des In- teresses steht dabei zum einen die Beantwortung der Frage, welchen Einfluß die Indu- strie auf die Ausgestaltung des Rüstungsprogramms genommen hat und wie hoch die Gewinne bei den Aufträgen der Marine waren. Zum anderen soll versucht werden zu klären, inwieweit insbesondere das Reichsmarineamt (RMA) versucht hat, die Ge- schäftspolitik und die Investitionen der zur Durchführung des Flottenprogramms not- wendigen Rüstungskonzerne zu beeinflussen und wie sich diese gegenüber solchen Versuchen verhalten haben.

II.

Die Tatsache, daß es einen engen Zusammenhang von Industrie und Schlachtflotten- bau gibt, ist bereits von Zeitgenossen vermerkt worden. Allzu offensichtlich war näm- lich das Werben der Industrie, allen voran der Schwer- und Werftindustrie für eine Flottenvorlage. Angetrieben von dem Trauma der »Großen Depression« der Jahre 1873—1896 sahen viele Industrielle in einem staatlichen Aufrüstungsprogramm offen- bar nicht nur ein Mittel zur Glättung der Konjunkturzyklen, sondern auch eine Garan- tie für zukünftige wirtschaftliche Prosperität14. Der Reichsregierung, allen voran Wil- helm II. und dem zunächst noch im Hintergrund agierenden Admiral Tirpitz, kamen diese Forderungen für die Verwirklichung der eigenen Pläne durchaus gelegen. Wie sehr die Agitation der Industrie für Wilhelm II. und Tirpitz nur ein Mittel zur Realisie- rung eigener Ziele war, zeigt die Tatsache, daß ihnen die Agitation der am Flottenbau interessierten Industriellen immer noch viel zu gering war. Nach dem Scheitern der Marinevorlage von 1896 wies Wilhelm II. in einer Allerhöchsten Kabinetts-Ordre das Reichsmarineamt an, die Frage zu prüfen, wie »die stärkere Anteilnahme der direkt von der Flotte Nutzen ziehenden Privatindustrie zu Gunsten der Flotte« erreicht wer- den könne15. Damit deutet sich hier jene Mobilisierung der wirtschaftlichen Interessengruppen an, die das im Sommer 1897 errichtete Nachrichtenbureau des Reichsmarineamts in sehr geschickterWeise und mit Hilfe einer Flut von Publikationen seit dem Herbst 1897 be- trieb, um ein erneutes Scheitern der Flottenpläne im Reichstag zu verhindern. Die Ur- sache für dieses Werben um die wirtschaftlichen Interessengruppen ist zum einen darin zu sehen, daß die wilhelminischen Flottenpolitiker die Bedeutung volkswirtschaftlicher Argumente für die Flottenpropaganda erkannt hatten. Zum anderen spiegelt sich hier- in aber das für die Einleitung der Flottenpolitik mitverantwortliche Motiv wider, durch den Bau der Flotte eine allgemeine Ära der Prosperität in Handel und Industrie einzu- leiten, die nicht nur dem Bürgertum, sondern auch den Agrariern und in letzter Instanz sogar der Arbeiterschaft zugute kommen sollte. So verwies das Reichsmarineamt im- mer wieder in seinen eigenen und in den vielen von ihm inspirierten Publikationen nicht nur auf die positiven Impulse, die der Flottenbau auf die Entwicklung des Han- dels, der Schwer-, Werft- und Zulieferindustrie haben sollte, sondern auch auf die vie- len Arbeitsplätze, die dadurch geschaffen und gesichert werden würden. Mit Hilfe die- ser »Befruchtung der Industrie durch die Flottengesetze«16 sollte am Ende nach sozial- imperialistischer Manier eine Sozialordnung unter Quarantäne gestellt werden, »die vom Bazillus der industriewirtschaftlichen Veränderung« bereits ergriffen war17. Inwieweit diese Rechnung des Reichsmarineamts im Hinblick auf die Industrie auf- ging, soll im folgenden am Beispiel der Beziehungen der Firma Krupp und der Werften zur Marine aufgezeigt werden.

III.

Die außerordentlich starke Stellung der Firma Krupp im Rüstungsgeschäft und inner- halb der deutschen Schwerindustrie hat bereits bei Zeitgenossen den Verdacht auf- kommen lassen, daß der Besitzer der Firma, Friedrich Alfred Krupp, einer der Haupt- antreiber bei der 1897/98 im großen Stil eingeleiteten Aufrüstung gewesen sei, zumal er, wie allgemein bekannt war, sehr gute Beziehungen zu Wilhelm II. hatte18. Obwohl F. A. Krupp auch in der Öffentlichkeit nie einen Hehl daraus gemacht hat, daß er die Flottenpläne des Kaisers befürwortete, würde eine Interpretation, die allein das wirt- schaftliche Interesse der Firma in den Vordergrund stellt, den Motiven F. A. Krupps nicht gerecht werden und überdies ein unzutreffendes Bild von der Entscheidungs- struktur im Kaiserreich zeichnen. Selbst einem autoritär-patriarchalischen »Herr-im-Hause«-Standpunkt verhaftet, be- obachtete F. A. Krupp seit Mitte der 1890er Jahre mit Sorge den nicht zuletzt in hohem Maße mit den »uferlosen« Flottenplänen zusammenhängenden Verfall der Autorität des Kaisers. Um diesem Verfall Einhalt zu gebieten, hatte er, selbst wenn er teilweise anderer Meinung war, über den Journalisten Victor Schweinburg und in enger Zusam- menarbeit mit wichtigen Leuten am Hof und in der Regierung versucht, die öffentliche Meinung im Sinne des Kaisers zu beeinflussen19. Wie sehr die im Sommer 1897 neugebildete Reichsregierung glaubte, auf F. A. Krupp, seinen Einfluß und letztlich wohl auch sein Geld angewiesen zu sein, zeigt die Tatsa- che, daß Tirpitz20 und Bülow21 1897/98 sich persönlich mit Krupp in Verbindung setz- ten. Tirpitz ging es vor allem um eine Unterstützung der vom Reichsmarineamt ge- planten Propagandakampagne durch F. A. Krupp22. Nach dem Scheitern von Tirpitz' Vorgänger, Admiral Hollmann, sollte durch diese sehr moderne Propagandakampa- gne die Öffentlichkeit mobilisiert und so der Reichstag zur Verabschiedung der aus takti- schen Gründen zudem sehr bescheiden gehaltenen Flottenvorlage veranlaßt werden. Damit die geplante Marineagitation erfolgreich werben konnte, mußten aber zunächst die als die wichtigsten Zielgruppen angesehenen Parteien, wirtschaftlichen Interessen- verbände und das gebildete Bürgertum aktiviert werden. Die wichtigste Voraussetzung dafür war, daß diese Gruppen ihre bisherigen Gegensätze überwanden und gemeinsam mit dem Reichsmarineamt an einem Strang zogen. Da die wirtschaftlichen Interessen- verbände wie der Centraiverband deutscher Industrieller (Cdl), der Bund der Indu- striellen oder auch der Deutsche Handelstag, vom Bund der Landwirte ganz zu schweigen, genausowenig eine einheitliche Position hatten wie die Parteien oder auch das Bürgertum, war F. A. Krupp neben Hamburger Reedern wie Albert Ballin oder Adolf Woermann ein wichtiger Gesprächspartner von Tirpitz und Heeringen. Man hoffte, über Krupp vor allem auf die Industriellen des Ruhrgebiets Einfluß nehmen zu können, die zwar eine Flottenvorlage befürworteten, von einer langfristigen Bindung des Reichstages aber, wie sie Tirpitz vorschwebte, nichts hielten23. In Anbetracht von F. A. Krupps materiellem Interesse war Tirpitz daher außerordent- lich überrascht, als dieser ihm bei einer Zusammenkunft in Berlin am 1. Oktober 1897 eröffnete, daß er zwar zu jeder Unterstützung bereit sei, es aber ablehne, »in der Sache selbst tätig zu sein, weil jede Indiskretion nach dieser Richtung hin die Wirkung verei- teln konnte«24. Offenbar weitaus besser als Tirpitz und Heeringen hatte Krupp er- kannt, daß eine Vorlage, die in der Öffentlichkeit massiv von namhaften Schwerindu- striellen unterstützt wurde, im Reichstag von vornherein auf große Kritik stoßen muß- te. Dementsprechend legte er auch Mitgliedern seines Direktoriums wie Jencke, der ja auch stellvertretender Vorsitzender des Cdl war, nahe, allenfalls »hinter den Koulis- sen« für die Flottenvorlage zu werben. Damit die von Tirpitz geplante »Aktion, die ei- nen gewissen Eindruck nicht verfehlen und der Regierung etwas Zuversicht geben wird«, trotz dieser äußerlichen Zurückhaltung in Gang komme, schlug er Victor Schweinburg als den Mann vor, »von dem die ersten Anregungen ausgehen sollten«. Mit Schweinburg nannte F. A. Krupp einen Mann, der über ausgezeichnete Beziehun- gen zur Presse, zur Industrie, zu den alten Kartellparteien und zu wichtigen Leuten in der Regierung verfügte und daher der ideale Mann für eine Agitationskampagne zu sein schien25. Bereits in den ersten Oktobertagen nahm Schweinburg mit Tirpitz Kontakt auf und sprach mit diesem über die Unterstützung, die von den industriellen Verbänden ge- währt werden sollte26. Überzeugt, daß bei einem Versagen der Industrie »die Gegner- schaft von Stellen entstehen [würde], an denen jetzt die wohlwollendsten Zustimmun- gen herrschen«, arbeitete Schweinburg seitdem daran, die durchaus skeptischen Indu- striellen und Kaufleute in einer Koalition zusammenzubringen. Der von den im Berli- ner »Kaiserhof« versammelten Kaufleuten und Industriellen am 13. Januar 1898 schließlich verabschiedete Aufruf zur Flottenvergrößerung war maßgeblich sein Werk27. Parallel dazu lief eine Pressekampagne an, in der das Nachrichtenbureau, Schweinburg und viele andere Multiplikatoren versuchten, den Flottengedanken in weiten Bevölkerungsschichten populär zu machen. Diese Kampagne hat erheblich dazu beigetragen, daß der Reichstag im März 1898 die von der Regierung eingebrachte Flottenvorlage annahm. Da dieses Flottengesetz aber nur ein erster Schritt zur Realisierung seiner viel weiterreichenden Pläne war, hatte Tirpitz zwei Aufgaben zu lösen. Zum einen mußte in der Öffentlichkeit weiterhin Stimmung für die Flotte gemacht werden. Zum anderen galt es, das nun verabschiedete Programm auch in die Tat umzusetzen. In beiden Fällen glaubte man, auch weiterhin auf die tatkräftige Mithilfe F. A. Krupps angewiesen zu sein. Der von F. A. Krupp, Schweinburg und dem Fürsten zu Wied in Abstimmung mit den staatlichen Behörden im April gegründete Deutsche Flottenverein entsprach aufgrund seines schwerindu- striellen Übergewichts zwar nicht ganz den von Heeringen im Sommer 1897 entwik- kelten Plänen einer Koalition von Industrie und Handel: insgesamt war er aber zu- nächst durchaus geeignet, die ihm zugewiesene Aufgabe einer langfristigen Propagan- da zu erfüllen. Offenbar aufgeschreckt durch kostspielige Bauverzögerungen, die ihre Ursachen vor allem in technischen Problemen und der plötzlichen Überlastung der Werften und selbst solch großer Firmen wie Krupp hatten, gingen Tirpitz28, Bülow29 und selbst Wil- helm II.30 bereits im Sommer 1898 erneut auf F. A. Krupp zu. Tirpitz ging es vor allem darum, F. A. Krupp »die dringendste Notwendigkeit, daß die Fabrik ihre Leistungsfä- higkeit in der Herstellung der Panzer und der Schiffsartillerie erhöhe«, klar zu ma- chen31. Implizit deutete Tirpitz damit nicht nur seine weiteren Flottenpläne an, son- dern er machte auch deutlich, daß die politische und militärische Führung, nicht aber interessierte Rüstungsindustrielle über die Grundlagen der wilhelminischen Außen- und Rüstungspolitik entschieden. Nur wenn das bewilligte Programm reibungslos rea- lisiert wurde und die Industrie ihre Kapazitäten rechtzeitig erweiterte, konnte Tirpitz den Anlauf zur nächsten Etappe wagen. Wie sehr man glaubte, auch das industrielle Großbürgertum umwerben zu müssen, um das in hohem Maße auch von sozialdarwinistischen Vorstellungen geprägte Programm verwirklichen zu können, belegt ein Brief Bernhard v. Bülows, der zur außenpoliti- schen Absicherung des »Tirpitzplans« zum Staatssekretär des Auswärtigen Amts er- nannt worden war, an F. A. Krupp vom Sommer 189832. Er drängte in dem Brief eben- falls zur Beschleunigung der Arbeiten, denn in Anlehnung an die Thesen des amerika- nischen Admirals und Marineschriftstellers Alfred Mahan über den direkten Zusam- menhang von Seemacht und Großmachtstellung sah er sich nur mit einer starken Flotte im Rücken in der Lage, »gute und erfolgreiche Politik zu machen«. Daß Bülow mit dem Appell an F. A. Krupps »bewährte Einsicht, warme patriotische Gesinnung und treue Anhänglichkeit an unsern Allergnädigsten Herrn« den richtigen Ton getroffen hatte, zeigte dessen Antwort, in der er Bülow versicherte, »daß es für meine Firma kein höheres Bestreben gibt, als sich des von S. M. und dem Reichsmari- neamt in sie gesetzten Vertrauens in vollstem Maße würdig zu erweisen«33. Dieser äußere Eindruck einer völlig harmonischen, da auf Interessenidentität beruhen- den Beziehung zwischen F. A. Krupp und den wilhelminischen Weltpolitikern ist aller- dings letztlich unzutreffend. Vor allem die Beziehungen zwischen Tirpitz und F. A. Krupp litten von Anfang an darunter, daß es für den Besitzer der Firma Krupp keinen Widerspruch zwischen patriotischem Verhalten und der Wahrung seiner geschäftli- chen Interessen gab. Dies war freilich eine Haltung, die Tirpitz in Anbetracht der Fi- nanzlage des Reiches nicht akzeptieren konnte. Da die Kosten für die Panzerung der neuen Schiffe immerhin ein Drittel der gesamten Baukosten ausmachten, F. A. Krupp aber keine Neigung zeigte, seine Haltung zu ändern, war der Konflikt zwischen dem Reichsmarineamt und der Firma Krupp vorprogrammiert. Nachdem Wilhelm II. am 18. Oktober 1899 in seiner Hamburger Rede mit den Wor- ten »bitter Not ist uns eine starke deutsche Flotte« den Startschuß zu einer vorzeitigen Novellierung des Flottengesetzes gegeben hatte, und Tirpitz sich, wenn auch zögernd, entschlossen hatte, die Gunst der Stunde zu nutzen, brach der Konflikt im Herbst 1899 offen aus. Zunächst drängte das Reichsmarineamt mit Hilfe einer — durch teilweise ge- fälschte Informationen zusätzlich angeheizten — Pressekampagne F. A. Krupps Ver- trauensmann, Victor Schweinburg, aus dem Flottenverein heraus34. Damit sollte dem Flottenverein der schwerindustrielle Beigeschmack genommen und einer Verbreite- rung der sozialen Basis der Flottenbewegung der Weg geebnet werden. Da »nur die Liebe zum Kaiser u. zur Sache« F. A. Krupp zur Gründung des Flottenver- eins veranlaßt hatten35, nicht aber die unterstellten materiellen Motive, war er aus Ver- ärgerung über das Treiben des Reichsmarineamts bereits im Dezember 1899 direkt an den Kaiser herangetreten. Obwohl er diesen auf »jene weiteren Ziele«, d. h. die Stär- kung des »persönlichen Regiments« hinwies36, gelang es ihm nicht, dadurch den Rück- tritt Schweinburgs zu verhindern. Auch Wilhelm II. hielt dessen Ausscheiden »im In- teresse der Flottenbewegung« für notwendig37. F. A. Krupp entzog dem Flottenverein allerdings in der Folgezeit die finanzielle Unter- stützung, bevor er im Herbst 1900 schließlich auch aus dem Vorstand ausschied38. Er bemühte sich aber ebenso wie Tirpitz, der F. A. Krupps Intervention beim Kaiser mit Sorge betrachtete39, den Konflikt nicht noch weiter eskalieren zu lassen. Zur gleichen Zeit, als die Angriffe gegen Schweinburg ihren Höhepunkt erreichten, griffen der Frei- sinnige Eugen Richter40 und der Sozialdemokrat August Bebel41 bei der Einbringung der Flottenvorlage die Firma Krupp wegen ihrer Panzerplattenpreise heftig an. Damit entbrannte eine Diskussion, die, wenn sie auch nicht immer mit der gleichen Vehe- menz und öffentlichen Resonanz geführt wurde, bis 1914 andauern sollte.

69 IV.

Letztlich muß offen bleiben, ob Tirpitz die Angriffe durch gezielte Informationen an die Presse oder einzelne Reichstagsmitglieder »wenn nicht inauguriert, so doch jeden- falls genährt« hatte, wie Jencke es ihm unterstellte42. Ungelegen kamen diese Angriffe Tirpitz auf jeden Fall nicht, zumal er seit längerem neidisch die Versuche des amerika- nischen Kongresses beobachtete, die Panzerplattenpreise zu drücken43. Zum einen konnte er damit dem von seinem »sozialen Gewissen« (Witt) geplagten Zentrum, dem bei der Verabschiedung der Flottenvorlage eine Schlüsselrolle zufiel und das mit zu den Wortführern der Kampagne gehörte, beweisen, daß er bestrebt war, die Kosten der Flottenvorlage möglichst gering zu halten. Zum anderen sah der Staatssekretär des Reichsmarineamts, nachdem er »persönlich u. sachlich der Großindustrie, speziell Gruppe Krupp weitgehend entgegengekommen« war und sogar »gesellschaftlichen] Verkehr mit Krupp u. Stumm« gepflegt hatte44, offenbar keine andere Möglichkeit mehr, die dringend notwendige Senkung der Panzerplattenpreise zu erreichen. Die aus taktischen Motiven äußerst knapp kalkulierten finanziellen Berechnungen des Reichs- marineamts ließen nur wenig Spielraum für aus technischen und militärischen Gründen eventuell notwendig werdende Vergrößerungen und damit auch Verteuerungen der Flottenbauten, wie Tirpitz selber eingestand: »Mehr als 100 Mill, im Flottenges[etz] nicht forderbar (sonst große Steuerfrage aufgerollt.)«

Um nicht die Frage der großen Steuerreform mit ihrem großen politischen Sprengstoff aufzuwerfen, blieb Tirpitz keine andere Wahl, als sowohl bei den Werften als auch bei Krupp die Preise zu drücken. Das nach erregten Unmutsäußerungen in der Budget- kommission und in der Presse am 27. Februar 1900 an Jencke gesandte Telegramm, in dem Tirpitz fragte, ob er ihm »Material übermitteln [könne] über die Höhe des Unter- nehmergewinns zur Verwertung im Plenum«45, brachte allerdings aus der Sicht der Firma Krupp das Faß zum Überlaufen. Nachdem Jencke Tirpitz nicht nur das Recht abgesprochen hatte, »nach Selbstkosten, Details der Calculation pp. überhaupt zu fragen«·, sondern ihn auch beschuldigt hatte, »daß er den unerhörten Angriffen auf die Industrie im Reichstage kein Wort zu ent- gegnen unternommen habe«46, ging F. A. Krupp auf Anraten des ihm freundschaftlich verbundenen Admiral Hollmann selber zur Offensive über. Vorbereitet durch mehrere Denkschriften seines Direktoriums bat er um eine Audienz bei Wilhelm II., »um die- sem die Augen zu öffnen« 47. Diese Audienz, die vermutlich am 15. oder 16. Mai 1900 in Wiesbaden stattfand48, wirft nicht nur ein interessantes Schlaglicht auf die Eigenheiten des preußisch- deutschen Herrschaftssystems, sondern läßt auch mit aller Deutlichkeit die strukturel- len Schwierigkeiten erkennen, einen — wenn auch noch so rudimentären — militärisch- industriellen Komplex in den Griff zu bekommen. Allein die Tatsache, daß F. A. Krupp um eine persönliche Audienz nachsuchte, zeigt, daß er von der besonderen Qualität der Beziehungen zwischen seiner Firma und dem Staat überzeugt war. Dieses Verhältnis, das sogar so weit ging, daß F. A. Krupp unternehmeri- sche Entscheidungen größerer Tragweite wie den Erwerb des Magdeburger Gruson- werks49 und der Germaniawerft50 in erst nach Konsultation des Monarchen fällte, wurde in seinen Augen durch Tirpitz gefährdet. Da er sich von Tirpitz, dem er nie ge- traut hatte51, gezielt persönlich angegriffen und geschäftlich geschädigt sah, trug er dessen »Sündenregister« nun an allerhöchster Stelle vor. So hatte Tirpitz durch den im Nachrichtenbureau des Reichsmarineamts tätigen Professor E. v. Halle nicht nur die Kampagne gegen Schweinburg gesteuert52, sondern auch in der Budgetkommission ei- ne Haltung eingenommen, die aus Krupps Sicht nur den Schluß zuließ, daß man in Marinekreisen der Meinung sei, »Krupp möglichst bekämpfen [zu müssen], weil er die Marine ausbeute«53. Da F. A. Krupp diesen Vorwurf keinesfalls auf sich sitzen lassen wollte, führte er zu seiner Verteidigung die Leistungen der Firma für die Entwicklung der Marine an. So verwies er nicht nur zu Recht auf die Versuchskosten in Höhe von 1,5 Millionen Mark, um die der Marineetat im Gegensatz zum Heeresetat jährlich entlastet werde, weil sei- ne Firma die Kosten selber trage, sondern auch auf die Bedeutung des firmeneigenen Konstruktionsbüros54. Auch wenn F. A. Krupp angesichts des weiterhin guten Aus- landsgeschäfts die Auswirkungen der rigiden Geheimhaltungsvorschriften der Marine für seine Stellung auf dem Weltmarkt etwas übertrieb, so hatte er dennoch nicht Un- recht. Die Sorge der Marine, daß technische Errungenschaften im Ausland bekannt werden könnten, führte immer wieder zu Reibereien zwischen dem Reichsmarineamt und den Rüstungsfirmen, da der Verkauf von Waffen und Schiffen ans Ausland nur unter äußerst schwierigen Bedingungen möglich war55. Schließlich legte F. A. Krupp aber den Finger auf den wunden Punkt des Verhältnisses zwischen seiner Firma und der Marine, als er bemerkte, daß die »Firma Fried. Krupp durchaus nicht aus eigener Initiative, sondern nur auf fortgesetztes Drängen und sehr entschiedenes Zureden des Reichs-Marine-Amts, und zwar sehr ungern, in die Fabri- kation der Panzerplatten überhaupt eingetreten ist«56. Wie F. A. Krupp dem Kaiser de- tailliert vorrechnete, war dieses mit einem Kostenaufwand von 3,85 Millionen Mark errichtete Werk57 in seinen ersten Betriebsjahren nur spärlich mit Marineaufträgen versorgt worden. Obwohl die von der Marine in Auftrag gegebenen 1215 Tonnen im Jahresdurchschnitt das für die Herstellung von 3000 Tonnen pro Jahr vorgesehene Werk nur zu einem Drittel auslasteten, hatte die Firma in den Folgejahren weitere 4 Millionen Mark investiert, um das Panzerplattenwerk für die Produktion der qualitativ besseren, technisch aber schwieriger herzustellenden Nickelstahlpanzerplatten auszu- rüsten. Diese Nickelstahlpanzerplatte, die nicht nur den Kriegsschiffbau revolutionierte, son- dern auch erheblich zur Stärkung der Stellung der Firma Krupp auf dem internationa- len Rüstungsmarkt beitrug, ist ein gutes Beispiel für die nur schwer zu kontrollierende Eigendynamik, die technologische Innovationen entwickeln, und die Auswirkungen, die diese auf die gesamte Politik zwangsläufig hat. Auch wenn F. A. Krupp im Hinblick auf die Entwicklung der Nickelstahlpanzerplatte zu Recht auf die Leistungen seiner Firma verweisen konnte, so hatte doch auch die Marine ihren Anteil an dieser techni- schen Neuerung: Wegen der Entwicklungen auf dem internationalen Rüstungsmarkt hatte die Marine seit 1893 widerstandsfähigere Platten verlangt58. Obwohl die von der Firma hergestellte neue Platte fast 700 Mark/t teurer war als die herkömmliche Compound-Platte, profitiere die Marine dennoch davon, wie F. A. Krupp dem Kaiser ausführlich darlegte: Aufgrund der besseren Qualität der Platte sei bei gleichem Schutz gegen feindliche Treffer eine geringere Anzahl an Platten nötig, so daß am Ende sogar noch eine Ersparnis für das Reichsmarineamt dabei herauskom- me59. Wenn die Rechnung der Firma für die Marine dennoch höher ausfiel, dann lag dies zum einen an den vermehrten Aufträgen, zum anderen an der Vergrößerung der Deplacements der Schiffe. Diese Vergrößerungen sind zwar bei weitem nicht mit de- nen in der Zeit nach 1906 vergleichbar, finanziell machten sie sich aber durchaus be- merkbar60. Damit, und dies ist das Entscheidende, war die Marine insgesamt für das Drehen an der Kosten- und Rüstungsspirale nicht weniger verantwortlich als die Firma Krupp. In diesem Zusammenhang, der letztlich auf eine antagonistische Ziele verfolgende Ko- operation hinauslief, ist im Grunde auch die Ursache für den Konflikt zwischen der 71 Firma Krupp und der Marineverwaltung zu suchen. Während es allein schon in der Logik eines kapitalistischen Unternehmens begründet war, die getätigten Investitionen nicht nur zu amortisieren, sondern auch Gewinne einzufahren, akzeptierte die Marine zwar nur allzu gern die Leistungen der Firma Krupp, wollte dafür aber aus innenpoliti- schen Gründen einen möglichst niedrigen Preis zahlen. Da die Firma Krupp im Bereich der Schiffsartillerie ebenfalls eine monopolartige Stellung besaß und zudem seit 1896 auch Kriegsschiffe baute — wenn auch zunächst mehr schlecht als recht, wie die Que- relen zwischen der Germaniawerft und der Marine über Bauverzögerungen und man- gelnde Qualität belegen —61, war eine Entschärfung des Gegensatzes von »Staatsinter- esse u. Geldinteresse d[er] Industriekönige«62 dringend geboten. Anderenfalls bestand zum einen die Gefahr, daß der Marine schneller als erwartet das Geld ausgehen würde. Zum anderen hatten die Debatten um das 2. Flottengesetz außerdem gezeigt, daß die Angriffe gegen den »Panzerplattenpatriotismus« von Krupp und Stumm geeignet wa- ren, die prinzipielle Frage nach Sinn und Zweck der Marinerüstung überhaupt aufzu- werfen63. An beidem konnte Tirpitz nicht gelegen sein, da dann die hochgesteckten Pläne bereits im Ansatz gescheitert wären. Der Zwang zu einem Kompromiß mit der Firma Krupp wurde noch dadurch erhöht, daß ihr Inhaber dem Kaiser gegenüber gedroht hatte, seine Firma notfalls in eine Ak- tiengesellschaft umzuwandeln, falls sich die Marineverwaltung nicht kooperationswil- liger zeige64. »Eine Actiengesellschaft«, so stellte er fest, »würde die Stimmung allge- mein mit einem Schlage ändern, weil dann alle Kreise ein materielles Interesse an dem Gedeihen des Werkes haben müßten.« Aus genau diesem Grunde waren aber weder Wilhelm II. noch Tirpitz ernsthaft an einer Realisierung dieser ernstgemeinten Absicht interessiert. Wie die vielen Auseinandersetzungen mit den Aktiengesellschaften im Werftbereich über die Reklame der Werften mit den Leistungen im Kriegsschiffbau bezeugen, wurde dann zum einen die lautlose Entwicklung technologisch hochwerti- ger Waffen schwieriger. Zum anderen verhielten sich primär auf die jährliche Dividen- de schielende Aktiengesellschaften gegenüber den Wünschen des Reichsmarineamts nach Vergrößerung der Anlagen bei weitem nicht so kooperativ wie ein privater Groß- industrieller, insbesondere wenn sich dieser, wie F. A. Krupp, auch in geschäftlichen Angelegenheiten zur Loyalität gegenüber dem Monarchen verpflichtet fühlte 65. Wie ein Kompromiß zwischen der Firma Krupp und dem Reichsmarineamt konkret aussehen könne, hatte Jencke in Anlehnung an die im Direktorium der Firma entwik- kelten Ideen in seiner Denkschrift für F. A. Krupp bereits angedeutet: Bei Zusicherung einer bestimmten Auftragsmenge sei man bereit, den bisherigen Preis von 2320 Mark/t zu ermäßigen. Je nachdem, ob die Marine 3000 t bzw. gar 4000 t Panzerplatten pro Jahr bestelle, reduziere sich der Preis um 100 Mark/t bzw. gar 200 Mark/t66. Im Grun- de lief dieser Vorschlag auf eine vertraglich abgesicherte staatliche Abnahmegarantie für einen gewissen Zeitraum hinaus. Die Zeit der starken Schwankungen beim Umsatz und beim Gewinn, über die sich F. A. Krupp unter Hinweis auf die vorangegangenen Jahre bei Wilhelm II. beklagt hatte, wäre damit vorbei gewesen, denn der beabsichtigte Vertrag und die im neuen Flottengesetz festgelegte Verdoppelung der Flotte, mit der Wilhelm II. F. A. Krupp zu beruhigen versuchte, hätten zumindest mittelfristig einen festen Gewinn garantiert67. Dieser Gewinn, der von den auf Spekulationen angewiesenen Zeitgenossen und auch noch vielen Historikern auf 100 Prozent geschätzt wurde, ist ohne Zweifel hoch gewe- sen68. Von gelegentlichen Schwankungen abgesehen, betrug der Bruttogewinn zwi- schen 1897—1914 etwa 60 Prozent vom Umsatz an Panzerplatten69. Obwohl der An- teil der Panzerplattenproduktion am gesamten Umsatz der Firma durchschnittlich bei nur etwa 6 Prozent lag, hat der Erlös aus dem Verkauf dieser Platten ganz erheblich zum Reingewinn der Firma beigetragen70. Dennoch wird man nicht sagen können, daß die Gewinne der Firma über das damals übliche Maß hinausgingen. Im internationalen Vergleich betrachtet, bezahlte die deutsche Marine fast immer weniger als alle anderen Marinen71. Berücksichtigt man ferner die hohen Generalunkosten und das große ge- schäftliche Risiko bei der Herstellung von Kriegsmaterial überhaupt, dann werden die bisherigen Vorwürfe gegen die Firma Krupp, den Staat in extremer Weise ausgebeutet zu haben, in dieser Form nicht aufrecht erhalten werden können, wie implizit sogar ein so scharfer Kritiker wie Boelcke zugibt72. Auch wenn Tirpitz dies nur ungern einräumte, profitierte die Marine von einem festen Vertrag nicht weniger als die Firma Krupp. Zum einen hatte Tirpitz aufgrund der zeit- lichen Begrenzung der Verträge immer die Möglichkeit, den Vertrag nicht zu erneu- ern und sich einem Konkurrenten in der Form eines Staatswerks oder eines weiteren privaten Unternehmers zuzuwenden. Zum anderen Schloß der Vertrag plötzliche Preiserhöhungen aus, unter denen vor allem die US-Marine immer wieder zu leiden hatte73. Da die Firma Krupp auf keinen Fall den Eindruck erwecken wollte, »daß Et- was unter dem Druck der Presse oder des Reichstages geschehe«74, kamen die Ver- handlungen zwischen ihr und dem Reichsmarineamt zwar erst im Sommer 1900 all- mählich in Gang; am Ende stand aber genau jener Kompromiß, den Jencke bereits im März des Jahres angedeutet hatte. Während die Marine der Firma Krupp einen bis 1907 befristeten festen Liefervertrag zugestand, ermäßigte diese den Panzerplatten- preis um durchschnittlich 420 Mark/t75. Zusammenfassend kann man sagen, daß dieser Streit um die Höhe der Panzerplatten- preise in mehrfacher Hinsicht das prinzipielle Dilemma beleuchtet, in dem sich Tirpitz gegenüber der Firma Krupp befand. Einerseits brauchte er ein kapitalkräftiges, ver- schwiegenes und erstklassige Arbeit leistendes Rüstungsunternehmen, um die von ihm konzipierte Flottenpolitik realisieren zu können. Andererseits war er, insbesondere weil ihm auch in anderen Bereichen die Kosten davonzulaufen drohten, aus innen- und finanzpolitischen Gründen gezwungen, die Preise so weit wie möglich zu drücken76. Nicht nur aufgrund der hierin liegenden Widersprüchlichkeit, sondern auch wegen des einem kapitalistischen Unternehmen notwendigerweise anhaftenden Gewinnstrebens waren Konflikte unvermeidlich. Zusätzlich erschwert wurde Tirpitz' Position durch die nicht zu unterschätzende Tatsache, daß F. A. Krupp subjektiv der festen Überzeu- gung war, im Interesse des Staates zu arbeiten77. Wie die Audienz zeigt, stimmte Wil- helm II. mit dieser Auffassung prinzipiell überein. Diese sehr weitgehende Übereinstimmung im ideologischen, politischen und sozio- ökonomischen Bereich bedeutete allerdings nicht, daß F. A. Krupp damit auch Einfluß auf den politischen Entscheidungsprozeß gehabt hätte. Die wichtigen Entscheidungen wurden unter Einbeziehung außerökonomischer Gesichtspunkte von einem Kreis von Politikern getroffen, zu dem F. A. Krupp keinen Zutritt hatte78. F. A. Krupp konnte zwar auf viel Verständnis und auch ein gewisses Entgegenkommen bei den Behörden rechnen, sobald aber innenpolitische Rücksichten im Zeitalter des »politischen Mas- senmarktes« (Hans Rosenberg) bzw. sachliche Erwägungen, wie ζ. B. bei der Neube- waffnung der Artillerie, dies notwendig machten, scheute man auch nicht davor zu- rück, seine Firma unter Druck zu setzen79. Tirpitz' Immediatvortrag, in dem er doch ohne Zweifel gewichtige Argumente vor- bringen konnte, macht deutlich, daß die Haltung Wilhelms II. gegenüber F. A. Krupp es zwar erschwerte, gegen diesen vorzugehen, daß es aber nicht unmöglich war80. So gelang es Tirpitz immer wieder, die Firma Krupp zu Preisermäßigungen zu veranlas- sen. Die Ursache hierfür ist zum einen darin zu sehen, daß die Firma Krupp aufgrund ihres Selbstverständnisses als »nationale Institution« für patriotische Appelle durchaus empfänglich war81. Zum anderen war man aber auch in der Firmenleitung realistisch genug, um zu sehen, daß zu hohe Preise zu durchaus unerwünschten Konflikten führten. Da höhere Auslandspreise82 und größere Produktivität die durch die Preissenkungen verursachten Einbußen ausglichen, bestand auch gar keine Notwendigkeit, hartnäckig auf nur schwer haltbaren Positionen zu beharren83.

V.

Der Streit zwischen Krupp und Tirpitz entbrannte im Frühjahr 1901 erneut, als Krupp ungerechtfertigterweise verdächtigt wurde, an die deutsche Marine teurer zu liefern als an die US-Marine84. Dieser Streit machte damit ein weiteres Mal die prinzipielle Schwierigkeit deutlich, mit der sich Tirpitz bis 1914 konfrontiert sah: Entweder arran- gierte er sich entsprechend der 1900 eingeschlagenen Linie, vorsichtig, aber hartnäckig auf die Preise zu drücken, mit der Firma Krupp, oder er schuf eine neue Konkurrenz in der Form eines Staatswerks bzw. eines weiteren privaten Unternehmers. Tirpitz hat die letzte Alternative immer wieder in Erwägung gezogen, sie ließ sich aber am Ende nicht realisieren, wie die ausgewählten Dokumente belegen. Das vom Reichstag seit der Panzerplattendebatte von 1900 immer wieder geforderte staatliche Panzerplattenwerk schied im Grunde aus Kostengründen von vornherein aus. Ganz abgesehen davon, daß Tirpitz mit dem Flottenbau gerade die Privatindustrie fördern wollte85, sprachen allein die Anlagekosten, die man 1913 in Anlehnung an amerikanische Berechnungen auf ca. 35 Millionen Mark schätzte, gegen ein solches Unternehmen86. In Anbetracht der Erfahrungen mit den kaiserlichen Werften war es zudem ausgesprochen unwahrscheinlich, daß ein staatliches Panzerplattenwerk billi- ger produzieren würde. Außerdem befürchtete das Reichsmarineamt, daß etatrechtli- che und andere bürokratische Rücksichten den rechtzeitigen Erwerb technischer Neuerungen verhindern und damit die militärische Schlagkraft schwächen könnten. Wenn man dennoch immer wieder bis 1914 die vom Reichstag erhobene Forderung nach dem Bau eines Staatswerks aufgriff, dann verfolgte man damit in erster Linie das Ziel, Krupp und Dillingen unter Druck zu setzen und so eine Ermäßigung der Preise zu erreichen. Während die Frage der Errichtung eines Staatswerks letztlich nur theoretischen Cha- rakter hatte, traf dies auf die Heranziehung eines weiteren privaten Konkurrenten nicht zu. So hatte man bereits 1901 bei dem großen Konkurrenten Krupps im Bereich der Herstellung von Kanonen, Ehrhardt, wegen des Baus eines Panzerplattenwerks vorgefühlt87. Dieser schätzte die Kosten für die Herstellung von Panzerplatten auf ca. 1550 Mark/t, womit er um 350 Mark/t unter dem 1901 mit Krupp vereinbarten Durchschnittspreis lag. Obwohl Ehrhardt bei einem solchen Preis ohne Zweifel auf große Aufträge der Marine hätte rechnen können, war ihm die Errichtung eines Pan- zerplattenwerks offenbar doch zu risikoreich, wie man im Reichsmarineamt enttäuscht vermerkte. Erneuten Auftrieb erhielt die Frage der Schaffung einer privaten Konkurrenz 1906/07. Äußerer Anlaß war der Preiskrieg der amerikanischen Panzerplattenwerke, in dessen Verlauf der Panzerplattenpreis von 1900 Mark/t auf 1450 Mark/t fiel88. Vor dem Hintergrund dieses Preissturzes und im Hinblick auf die Tatsache, daß die von dem Preisbrecher in den USA, der Midvale Steel Co., hergestellten Platten qualitativ doch besser waren, als man zunächst vermutet hatte, bekam das Reichsmarineamt im Laufe des Jahres 1906 erhebliche Zweifel, ob der im Sommer 1905 mit Krupp und Dillingen abgeschlossene Vertrag, in dem der Durchschnittspreis gegenüber 1901 von 1900 Mark/t auf 1750 Mark/t gesenkt worden war, aufrecht erhalten werden solle. Da eine Senkung des Panzerplattenpreises auf US-Niveau allein für die 1906 in Auftrag gege- benen Schiffe eine Ersparnis von 4 Millionen Mark bedeutet hätte, überlegte man kurzzeitig sogar, Gustav Krupp v. Bohlen und Halbach, den man für zugänglicher hielt als die um ihre Tantiemen bangenden Direktoren, direkt vom Kaiser ansprechen zu lassen89. Obwohl man von diesem Schritt schließlich Abstand nahm, war das Reichsmarineamt gewillt, die Frage der Panzerplattenpreise noch vor Ablauf des neuen Vertrages 1910 aufzurollen. Das Hauptmotiv hierfür ist in der desolaten finanziellen Lage des Reichs- marineamts zu sehen. Trotz der Bewilligung neuer Gelder für den Flottenbau durch die zu Beginn des Jahres 1906 verabschiedete Novelle war bereits Ende des Jahres ab- zusehen, daß diese Gelder nicht reichen würden90. Die mit dem Dreadnoughtsprung verbundenen Deplacementvergrößerungen, Verstärkungen der Armierung und Ver- größerung der Panzerstärken trieben die Kosten geradezu explosionsartig in die Hö- he. Allein bei Panzerplatten steigerte sich der Bedarf von 11 300 t im Jahre 1906 auf rund 13 000 t 1907, ohne daß ein Ende der Spirale abzusehen war91. Angesichts dieser Lage war es geradezu eine zwingende Notwendigkeit, unter Hin- weis auf die niedrigen US-Preise eine Senkung der Panzerplattenpreise zu erreichen. Im Gegensatz zur Jahrhundertwende ging man nun aber gezielt zweigleisig vor. Einer- seits sondierte das Reichsmarineamt bei der amerikanischen Midvale Steel Co. wegen der Lieferung billigerer US-Platten und bei Thyssen wegen der Aufnahme der Panzer- plattenproduktion. Andererseits setzte man sich direkt mit Krupp und Dillingen an ei- nen Tisch. Da aber bereits die ersten Sondierungen bei Midvale92 und Thyssen93 zeig- ten, daß keine dieser Firmen bereit war, zu den Bedingungen des Reichsmarineamts Panzerplatten zu liefern bzw. deren Herstellung aufzunehmen, hatte die Marine schließlich keine andere Wahl mehr, als mit Krupp und Dillingen zu einer Überein- kunft zu gelangen. Die im Sommer 1907 geführten Gespräche, über die als einzige Aufzeichnung über Verhandlungen dieser Art überhaupt ein Protokoll im Archiv der Dillinger Hütten- werke 94 erhalten geblieben ist, erlauben nicht nur einen interessanten Einblick in das Verhältnis zwischen der Marine und der Großindustrie, sondern zeigen auch mit aller Deutlichkeit, wie sehr das Reichsmarineamt bemüht war, den durch die rasant steigen- den Kosten absehbaren Verfall des »Tirpitzplans« aufzuhalten. Besonders aufschlußreich im Hinblick auf eine Analyse des Verhältnisses zwischen dem Staat und der Großindustrie ist vor allem die Tatsache, daß Tirpitz* enger Ver- trauter, Admiral Capelle, den Vertretern der beiden Firmen die Absicht des Reichsma- rineamts mitteilte, dem Reichstag im Herbst 1907 eine weitere Novelle zum Flottenge- setz vorzulegen. Wie Capelle den Abgesandten der beiden Firmen klar zu machen ver- suchte, war die Marine zur Verwirklichung der mit dem Flottenbau verbundenen Ziele nicht nur auf die reibungslose Zusammenarbeit mit der Industrie angewiesen, sondern auch auf deren finanzielles Entgegenkommen. Obwohl »wir aus politischen Gründen bemüht sind«, so gab Capelle zu bedenken, »die Marinevorlage so unscheinbar wie möglich erscheinen zu lassen«, gehe kein Weg an der Erkenntnis vorbei, »daß die poli- tische Lage sehr ernst ist«. Die Kosten für den steigenden Bedarf an Panzerplatten, der vom Chef des Konstruktionsdepartments, Admiral v. Eickstedt, für 1908 bereits auf 16 000 t veranschlagt wurde, machten ein Aufgreifen der Panzerplattenfrage im Reichstag fast unausweichlich. Wenn man die schwierige finanzielle Lage nicht nur der Marine, sondern der Reichs- regierung überhaupt bedenkt, dann war dies mehr als nur ein taktisches Argument im Rahmen einer Preisverhandlung. Im Grunde zeigte das Reichsmarineamt hier, wie sehr es bemüht war, den Flottenbau möglichst lautlos voranzutreiben. Ganz abgesehen von den außenpolitischen Rückwirkungen, die eine lautstarke Flottendebatte haben konn- te, war eine solche Diskussion auch aus innenpolitischen Gründen zumindest riskant. Im Rahmen einer solchen Debatte wäre die Aufmerksamkeit des Reichstages ohne Zweifel auch auf die immer stärker in die Höhe schnellenden Gesamtkosten des Flot- tenbaus gelenkt worden. In Anbetracht der innenpolitisch heftig umstrittenen Finanz- reform war dann aber zu befürchten, daß die notwendigen Gelder nicht bewilligt wür- den und die Marine damit ein Torso bleiben würde95. Im Hinblick auf die Perspektiven, die sich mit der Forcierung des Bautempos für die Panzerplattenwerke eröffneten, war es im Grunde kein Wunder, daß diese schließlich der Marine nicht nur den geforderten Nachlaß von 150 Mark/t bewilligten, sondern ihr auch bei der Klausel über den Bezug billigerer Platten bei einem Staatswerk bzw. einer anderen Firma entgegenkamen96. Dieses Entgegenkommen der Panzerplattenwerke dürfte auf die mit der neuen Flot- tenvorlage verbundenen Umsatz- und Gewinnsteigerungen zurückzuführen sein97. Gegenüber 1907/08 verdreifachten sich Umsatz und Bruttogewinn in der Folgezeit nahezu. Da der Bruttogewinn weiterhin konstant bei ca. 60 Prozent vom Umsatz lag, glich die erhöhte Produktivität die durch die Preissenkung verursachten Verluste of- fenbar vollständig aus. Im Zuge der internen Diskussionen darüber, ob sich die auf im- merhin ca. 25 Millionen Mark veranschlagten Kosten für die Erweiterung der Anlagen wirklich rentieren würden98, gelangte man außerdem bei Krupp zu dem Schluß, daß bereits 1911 eine weitere Novelle folgen würde99. Der Vorsitzende des Direktoriums, Rötger, ging davon aus, daß das Bautempo auch nach 1911 höher sein würde, als in der Novelle 1908 angegeben, da ein schnellerer Er- satz der durch den Dreadnoughtsprung im Grunde zum »Alteisen« gehörenden Schiffe unvermeidlich sei. Für eine weitere Beschleunigung des Bautempos sprach zudem die Überlegung, daß »die Legislaturperiode des 1907 gewählten Reichstages erst im Be- ginn des Jahres 1912 [abläuft]; die Regierung wird also voraussichtlich bis dahin mit den gleichen Parteikonfigurationen rechnen können, und sie wird dies ausnutzen und ausnutzen müssen«. Auch wenn Rötger Tirpitz' primäres Ziel, die Schaffung eines Sollbestandes von 60 Großkampfschiffen, nicht richtig erkannte, so hatte er doch zu- mindest die innenpolitische Situation richtig erfaßt: wenn die Marine erweitert werden sollte, dann mußte dies in Anbetracht ungewisser Verhältnisse im Reichstag bald ge- schehen.

VI.

Bevor Tirpitz aber an eine weitere Verstärkung der Flotte denken konnte, hatte er zu- nächst die seit 1908 von allen Seiten verstärkt erkennbar werdende Opposition gegen den Flottenbau zu bekämpfen. Nachdem bereits im Sommer 1908 der Besitzer der Schichauwerft, Carl Ziese, für erhebliche Unruhe gesorgt hatte, als er Reichstagsmit- gliedern — wie das Reichsmarineamt in einem bisher nicht beachteten Memorandum festhielt — unzutreffender Weise mitteilte, er würde Kriegsschiffe bis zu 25 Prozent billiger bauen, wenn er nicht bei Krupp bzw. Dillingen, sondern im Ausland bestellen könne100, brachte zu allem Uberfluß der Zentrumsabgeordnete Graf Oppersdorf im Frühjahr 1909 in der Budgetkommission und in der Presse wieder die Panzerplatten- frage zur Sprache101. Obwohl Tirpitz aufgrund der leeren Kassen des Reichsmarineamts ohne Zweifel an ei- ner weiteren Preissenkung interessiert war, kamen ihm die Angriffe durch den Grafen Oppersdorf wenig gelegen, da dieser nicht nur Krupp, sondern auch das Reichsmari- neamt heftig attackierte. Wenn man von den spitzfindigen staatsrechtlichen Auseinan- dersetzungen zwischen dem Reichsmarineamt und dem Grafen Oppersdorf über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der zwischen der Marine und Krupp abgeschlosse- nen Lieferverträge einmal absieht, dann ist die besondere Bedeutung dieser Angriffe vor allem darin zu sehen, daß sie den Anstoß zu konkreten Verhandlungen über die Errichtung eines dritten privaten Panzerplattenwerks gaben102. Wie einige Vorgespräche im Frühjahr 1909 zeigten, schien die vom Grafen Oppersdorf angesprochene Firma Thyssen einem solchen Projekt nun nicht mehr gänzlich ableh- nend gegenüber zu stehen. Nachdem Graf Oppersdorf den Druck auf Tirpitz durch weitere Demarchen im Sommer 1909 noch erhöht hatte und auch Thyssen erste, be- friedigende Versuche abgeschlossen hatte, kamen die Verhandlungen zwischen dem Reichsmarineamt und Thyssen im Herbst 1909 in Gang. Die Hoffnungen des Reichs- marineamts, im Hinblick auf die Schaffung eines dritten Panzerplattenwerkes nun endlich einen Schritt weiter gekommen zu sein, zerschlugen sich trotz einer Thyssen sehr entgegenkommenden Haltung der Marine sehr schnell103. In einer ersten längeren Stellungnahme machte die Firma Thyssen nämlich klar, daß sie die Errichtung eines Panzerplattenwerks weiterhin als ein großes Risiko betrach- te 104. Dennoch war man bereit, »den aus Reichstagskreisen wiederholt an uns ergange- nen Anregungen schließlich nachzugeben« und ein Panzerplattenwerk, dessen Her- stellungskosten man auf 15—20 Millionen Mark schätzte, zu bauen, wenn die Marine ihrerseits bestimmte Bedingungen erfülle. So war Thyssen nicht bereit, die zwischen Krupp und dem Reichsmarineamt vereinbarten Klauseln über ein eventuell zu errich- tendes Staatswerk zu akzeptieren, »da wir durch die Schaffung einer solchen mit so großen Kosten verbundenen Einrichtung eines neuen Werkes doch gewiß ein großes Opfer bringen und dabei unmöglich auf ein so unsicheres Geschäft eingehen können«. Gleichermaßen lehnte man es ab, der Marine für den Fall, daß andere Firmen billiger liefern konnten, ein Aussteigen aus dem Vertrag zu ermöglichen. Statt dessen forderte Thyssen einen Vertrag, der ihm bei einer Laufzeit von zehn Jahren nicht nur ein Drittel aller Panzerplattenaufträge der Marine zusichern, sondern für den Fall kostspieliger technischer Neuerungen auch die kostenfreie Nutzung der dementsprechenden Paten- te ermöglichen sollte. Gegenüber diesen sehr weitgehenden Forderungen waren die Gegenleistungen, die Thyssen in Aussicht stellte, ausgesprochen mager. Obwohl der Konzern für einen Zeit- raum von zehn Jahren ein Drittel der Panzerplattenaufträge forderte, war er nur be- reit, für fünf Jahre, also bis zum Ablauf des Vertrages zwischen dem Reichsmarineamt und Krupp bzw. Dillingen, einen niedrigeren Preis als den von diesen geforderten zu garantieren. Danach wollte Thyssen mit diesen Firmen gleichgestellt werden. Mit die- ser Bedingung machte die Firma aber das den Verhandlungen zugrundeliegende Kal- kül des Reichsmarineamts zunichte, wie der Chef der Konstruktionsabteilung Anfang Februar ernüchtert feststellte: »Von 1916 ab garantiert Thyssen keinen Preisdruck, sondern will Preise haben, welche der Konkurrenz bewilligt werden müssen; wir kä- men also zu einem Concern von 3 Werken, in welchem preisbestimmend Krupp wird, der wegen Minderbeschäftigung seiner Werke nach Preiserhöhung streben wird.«105 Prinzipiell mochte die Firma Thyssen durchaus Recht haben, wenn sie der Marine vor- hielt, »daß ein neuer Lieferant, einerlei ob wir es wären oder ein anderes Werk, nur dann Interesse daran finden [dürfte], sich auf die Panzerplatten-Fabrikation einzurich- ten, wenn das Reichs-Marine-Amt auch ein wirklich ernstes Interesse daran hat, einen dritten Lieferanten zur Verfügung zu haben und diesem die weitestgehende Unterstüt- zung zu Teil werden zu lassen, wie sie ein derartiges Unternehmen aber auch unbe- dingt nötig hat, um nicht allein über die Anfangsschwierigkeiten hinwegzukommen, sondern auch für die Folge zu prosperieren«106; schmackhaft machen konnte sie dem Reichsmarineamt ihr Angebot damit freilich nicht. Da die von Thyssen aufgestellten Bedingungen nicht geeignet waren, die Schwierig- keiten des Reichsmarineamts zu beheben, wenn nicht gar, wie bei der Patentfrage, so- gar die Kosten zu erhöhen, stellte der Chef der Konstruktionsabteilung, Admiral Roll- mann, resigniert fest, daß das Thyssen-Angebot, so, »wie es vorliegt, nicht annehmbar [ist], weil es nicht nur die Marine in einer Weise binden will, wie sie durch die bisheri- gen Krupp-Verträge nie gebunden worden ist, also den von Graf Oppersdorf] bemän- gelten Zustand noch verschlimmert, sondern oben[dr]ein dem Bestreben der Marine nach Preisverbilligung, welches allein den heutigen Zustand geschaffen hat und vertei- digt, hindernd in den Weg tritt«107. Nur wenn Thyssen bereit war, mindestens für zehn Jahre einen erheblich niedrigeren Preis als Krupp zu garantieren und sich auch bezüg- lich der KonkurrenzkJauseln flexibler zeigte, hielt man ein Abkommen für möglich. Die prinzipielle Verhandlungsbereitschaft des Reichsmarineamts machte Tirpitz im Frühjahr 1910 auch im Reichstag deutlich, als Graf Oppersdorf die Panzerplattenfrage erneut zur Sprache brachte108. Bevor es aber zu weiteren Verhandlungen über die strit- tigen Punkte kam, sollte Thyssen zunächst eine Probeplatte liefern und damit seine technische Fähigkeit zur Herstellung von Panzerplatten unter Beweis stellen. Wie sehr Tirpitz daran interessiert war, Thyssen als Konkurrenten gegenüber Krupp und Dillin- gen zu gewinnen, zeigt die Tatsache, daß das Reichsmarineamt sogar bereit war, die von Thyssen in Aussicht gestellte 200 mm-Probeplatte zu akzeptieren, obwohl das Waffendepartment der Ansicht war, daraus keine brauchbaren Schlüsse auf die Fähig- keit der Firma zur Herstellung der benötigten stärkeren Panzerplatten ziehen zu kön- nen109. Trotz des weitgehenden Entgegenkommens des Reichsmarineamts sind die Verhand- lungen bereits an diesem Punkt gescheitert, da Thyssen die geforderte Probeplatte nie geliefert hat. Die Herstellung der weniger komplizierten Panzerdeckplatten aus nied- rigprozentigem Nickelstahl war für Thyssen offenbar schon mit so großen technischen Schwierigkeiten verbunden, daß August Thyssen dem Reichsmarineamt im Juni 1911 über den Zentrumsabgeordneten Erzberger mitteilen ließ, daß »unter diesen Umstän- den die ganze Frage betreffs Aufnahme der Panzerplatten-Fabrikation für uns einst- weilen, wenn nicht ganz zurückgestellt werden muß«110. Mangelnde Erfahrung auf diesem Gebiet und die Tatsache, daß die meisten Fachleute durch langfristige Verträge bei der Konkurrenz gebunden waren, ließen es ihm »nach den vorliegenden Erfahrun- gen und uns entstehenden Verlusten« wenig ratsam erscheinen, »eine solche schwierige Fabrikation aber nur mit eigenen Ingenieuren aufzunehmen und sie nur auf Grund der Versuche aufzubauen, die sie hier nur selbst langsam fortschreitend machen können.« Es war daher kein Wunder, daß er Erzberger bat, »uns jedenfalls in der Panzerplatten- Frage nicht weiter drängen und auch Ihre Parteifreunde gütigst veranlassen zu wollen, die Sache ruhen zu lassen.« Obwohl das Reichsmarineamt Thyssen bei der Frage der Entschädigungszahlungen für die bereits gelieferten minderwertigen Platten sehr ent- gegenkam und die ganze Angelegenheit völlig geheim hielt, weil »die Firma Thyssen [.. .] bei Bekanntwerden der Angelegenheit als Konkurrent für Panzerplatten ausge- schaltet sein« würde, war mit der Aufnahme der Panzerplattenproduktion durch Thys- sen nicht mehr ernsthaft zu rechnen111. Die mit der Panzerplattenproduktion verbundenen technischen Schwierigkeiten kön- nen erst in zweiter Linie für das Scheitern der vom Reichsmarineamt unterstützten Plä- ne zur Errichtung eines dritten privaten Panzerplattenwalzwerks verantwortlich ge- macht werden. Die Hauptursache ist in der Schwierigkeit zu sehen, die Forderung der Marine an dieses Werk — »keine größere Bindung der Marineverwaltung [zu verlan- gen], als von dieser unter Berücksichtigung der Interessen der Wehrkraft unserer Schiffe und der Finanzen des Reiches zugestanden werden kann«112 —, mit den vom Privatunternehmer geforderten Garantien zur Absicherung seines hohen geschäftli- chen Risikos in Einklang zu bringen.

78 VII.

Eine völlig neue Konstellation im Verhältnis zwischen dem Reichsmarineamt und den Rüstungsproduzenten bahnte sich 1913 an, als der durch den Krupp-Skandal erregte Reichstag die Einsetzung einer »Kommission zur Prüfung der Rüstungslieferungen« forderte und damit einen, wenn auch zunächst nur sehr vage formulierten Anspruch auf parlamentarische Rüstungskontrolle anmeldete U3. Es war daher kein Wunder, daß das Kriegsministerium und das Reichsmarineamt, das bis dahin Angriffe des Reichsta- ges gegen Krupp und andere Rüstungslieferanten gerne zur Verstärkung seiner Ver- handlungsposition gegenüber den betroffenen Firmen benutzt hatte, diese Bestrebun- gen des Reichstages mit nicht weniger großem Mißtrauen beobachteten als die Rü- stungsindustrie. Während die Militärs vor allem befürchteten, daß sich die Kommis- sion nicht auf die Prüfung der Grundsätze für die Beschaffung von Waffen und Muni- tion beschränken würde, sondern auch die Notwendigkeit und den Umfang von Rü- stungslieferungen untersuchen könnte114, sah sich die Rüstungsindustrie in ihrer Exi- stenz bedroht. Aus ihrer Sicht verfolgte die Kommission nämlich eindeutig das Ziel, die Rüstungsproduktion weitgehend zu verstaatlichen115. Obwohl aufgrund der Zusammensetzung der Kommission keine so einschneidenden Beschlüsse zu erwarten waren, wie von den Militärs und den Rüstungsindustriellen be- fürchtet wurde, sorgte diese doch für erhebliche Unruhe, als sie im Rahmen der Dis- kussion über das Verhältnis von Rüstungsindustrie und Staat die Idee eines »gemischt- wirtschaftlichen Betriebes« für die Produktion wichtiger und kostspieliger Rüstungs- güter erörterte116. Im Grunde war diese Idee nichts Neues, denn unter dem Stichwort »Subventionswerk« war ein solches Projekt bereits 1909/10 im Reichsmarineamt erörtert worden, als Thyssen im Interesse der Verringerung seines geschäftlichen Risikos seine Bereitschaft zur Beteiligung an einem solchen Werk bekundet hatte117. Trotz der Verlockung, durch ein Subventionswerk den Rüstungsmarkt wenigstens teilweise in den Griff zu bekommen, hielt man im Reichsmarineamt ein solches Projekt aufgrund der divergie- renden Interessen von Staat und Privatunternehmer für letztlich kaum realisierbar. Der Anspruch des Staates auf Kontrolle und Mitbestimmung in allen wichtigen Angelegen- heiten und auf Sicherheit für seine ausgegebenen Gelder war nach Meinung des Reichsmarineamts unvereinbar mit dem Anspruch des Privatunternehmers auf freie Bewegung ohne staatliche Bevormundung. Da die aus der unterschiedlichen Interes- senlage resultierenden Reibereien zwangsläufig die technische Leistungsfähigkeit ein- schränken mußten, stand das Reichsmarineamt auch 1913 einem solchen Projekt ziemlich reserviert gegenüber. Während das Reichsmarineamt die Idee des »gemischt-wirtschaftlichen Betriebes« in erster Linie unter dem Aspekt der militärischen Effizienz betrachtete, sahen die Rü- stungsindustriellen und die Rüstungskommission hierin einen allerdings völlig unter- schiedlich beurteilten Versuch, das Verhältnis von Rüstungsindustrie und Staat für die Zukunft neu zu gestalten. Im Gegensatz zu den Industriellen, die den »gemischt-wirt- schaftlichen Betrieb« als eine Verstaatlichung durch die Hintertür ansahen, erblickten einige Kommissionsmitglieder hierin eine ideale Kompromißlösung. »Dann haben wir«, erklärte der Zentrumsabgeordnete Erzberger, »auf der einen Seite alle Vorteile der privaten Initiative des Privatindustriellen und auf der anderen Seite die bombenfe- ste Garantie dafür, daß das Reich nicht in die Schattenseiten hineingeworfen werden kann, in die es durch eine reine Privatmonopolwirtschaft ohne Zweifel getrieben wird« ni. Damit verlieh Erzberger der Idee des »gemischt-wirtschaftlichen Betriebes« einen völ- lig neuen Akzent. Im Gegensatz zu 1909/10 handelte es sich nun nicht mehr um ein im beiderseitigen Interesse liegendes Projekt, sondern um die gezielte Beteiligung des Staates zur Kontrolle der Rüstungsindustrie, allen voran der Großkonzerne wie Krupp und den Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken. Da Erzberger zu allem Überfluß auch noch zum Berichterstatter für den Bereich der allein von Krupp hergestellten Marinegeschütze ernannt worden war, befürchtete man dort offenbar das Schlimmste. Schneller als es Hugenberg119 und G. Krupp v. Bohlen und Halbach120 aufgrund der aus einer schwächlichen Haltung resultierenden allzu großen Nachgiebigkeit der Regierung gegenüber der Sozialdemokratie erwartet hat- ten, schien nämlich das Ende des privatkapitalistischen Wirtschaftssystems heranzuna- hen. Als Erzberger daher im April 1914 auch die Krupp-Betriebe in Essen besichtigte, wurden zwei ausführliche Denkschriften erstellt, um die Unmöglichkeit der Realisie- rung eines »gemischt-wirtschaftlichen Betriebes« zu beweisen. Auf der Grundlage eines Memorandums des ebenfalls dem Direktorium der Firma an- gehörenden Direktors Ehrensberger verfaßte Alfred Hugenberg, der seit 1909 Vorsit- zender des Direktoriums war, eine Denkschrift, in der er das Projekt eines »gemischt- wirtschaftlichen Betriebes« sowohl in bezug auf die Herstellung von Panzerplatten als auch im Hinblick auf die Produktion schwerer Geschütze vehement ablehnte121. Im Gegensatz zu Ehrensberger, der vor allem auf die schlechten Erfahrungen mit Staats- betrieben in anderen Ländern und die Unmöglichkeit der Existenz eines nur Kriegsma- terial herstellenden gemischt-wirtschaftlichen Betriebes hingewiesen hatte, ging Hu- genberg das Problem viel prinzipieller an. Seiner Meinung nach liefen die nun deutlich werdenden Bestrebungen nämlich auf »einen ganz grundsätzlichen und allgemeinen Einwand gegen das herrschende Wirtschaftssystem hinaus«. Während er gemischt-wirtschaftlichen Betrieben im kommunalen Bereich eine gewisse Existenzberechtigung nicht absprach, war er nicht bereit, der Aushöhlung des privat- kapitalistischen Systems auf dem Wege einer Quasi-Verstaatlichung der Rüstungsin- dustrie die Hand zu reichen. Um dieser Tendenz Einhalt zu gebieten, argumentierte Hugenberg auf mehreren Ebe- nen. So wies er zunächst in sehr geschickter Weise auf die volkswirtschaftliche Bedeu- tung der Auslandsgeschäfte der Firma Krupp hin, die bei einer staatlichen Beteiligung zwangsläufig zurückgehen müßten. Dadurch gerieten aber nicht nur, wie Erzberger in seinem Bericht für die Rüstungskommission festhielt, mehr als 100 000 Arbeitsplätze in Gefahr122, sondern die Rüstungsproduzenten drohten dadurch auch den Zugang zu technologischen Neuerungen des Auslands zu verlieren. Diese Gefahr, technisch zu stagnieren, war im Zeichen des Wettrüstens vor 1914 ohne Zweifel ein überzeugendes Argument. Auch wenn das Reichsmarineamt angesichts der davoneilenden Kosten sichtlich aufatmete, als der Marineattache in London 1913 berichtete, daß die Englän- der nicht schon wieder mit dem Kaliber der schweren Marinegeschütze in die Höhe gehen würden, wollte man auf keinen Fall den Anschluß verpassen123. Die bessere Qualität der deutschen Kriegsschiffe sollte nach Tirpitz' Planungen die zahlenmäßige Überlegenheit der englischen Flotte wettmachen. Nicht weniger überzeugend dürfte Hugenbergs Hinweis auf die Folgen der Beschrän- kung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit in einem gemischt-wirtschaftlichen Betrieb gewesen sein. Wie zuvor schon das Reichsmarineamt war er der Meinung, daß die Bedingungen, unter denen die staatlichen Behörden arbeiteten, den »privatwirt- schaftlichen Willen, dessen Lebenselement die absolute Freiheit und Unverantwort- lichkeit in der Gewinnung und Verwendung menschlicher (insbesondere geistiger) Kräfte, wissenschaftlicher Errungenschaften, technischer Fortschritte und finanzieller Mittel ist«, hemmen mußten. Diese »Doppelherrschaft«, bei der beide Partner einander widerstrebende Interessen verfolgten, drohte, und hierin stimmten Hugenberg, das Reichsmarineamt und auch Erzberger124 überein, eine nicht zu verantwortende Schwächung der Wehrkraft des Reiches zur Folge zu haben. Dazu wollte die Firma Krupp keinesfalls beitragen, denn »die Wahrung ihrer indu- striellen Unabhängigkeit und damit ihrer Leistungsfähigkeit ist für sie nicht nur ein Ge- bot eigenen Interesses, sondern auch eine Ehrenpflicht im Hinblick auf ihre Verant- wortung vor der Nation und ihre Stellung innerhalb der deutschen Industrie. Sie kann nicht auf einem Wege vorangehen, dessen Beschreiten und weitere Verfolgung dem deutschen Wirtschaftsleben und ebenso dem deutschen weltpolitischen Interesse die schwersten Wunden schlagen müßte.« Schließlich stellte Hugenberg die der Idee des gemischt-wirtschaftlichen Betriebes zu- grundeliegende ökonomische Prämisse in Frage, »daß die moderne Entwicklung kon- kurrenzlose Betriebe schaffe, denen gegenüber der Verbraucher, in diesem Falle das Reich und seine Beamten, wehrlos seien, wenn man ihnen nicht mit besonderen neuen Organisationen und Eingriffen zu Hilfe komme«. Diesen Angriffen, deren Ursache er in politischer Feindschaft und in sozialistischem Machtstreben sah, hielt er zum einen die von der Entwicklung der Panzerplattenpreise belegte preisregulierende Wirkung der ausländischen Konkurrenz entgegen. Zum anderen bestritt Hugenberg den ag- gressiven Charakter der Monopolisierungstendenzen in der deutschen Wirtschaft, in- dem er durchaus zu Recht auf den auch innerhalb der Kartelle und Syndikate immer wieder offenkundig werdenden Wettbewerb hinwies125. Hugenbergs Versuch, Kartelle und Syndikate aber geradezu als einen Akt der Not- wehr gegenüber jener Tendenz zu bezeichnen, die »die industrielle Rente bis auf ein Maß [herabdrücken will], bei dem die Unternehmertätigkeit tatsächlich unmöglich wird«, konnte allenfalls im Hinblick auf die krisenhafte Entwicklung der deutschen Werftindustrie überzeugen. Für Krupp konnte angesichts eines Gesamtumsatzes, der mit 430 738 792 Millionen Mark im Geschäftsjahr 1912/13 nicht viel unter dem Mari- neetat von 461 983 399 Millionen Mark für das Haushaltsjahr 1912/13 lag, von einer Notwehrsituation kaum die Rede sein. Trotz eines sich abzeichnenden Konjunktur- rückgangs belief sich der Reingewinn auf 36 635 070 Millionen Mark126. Zur Rechtfertigung der Preispolitik der Firma Krupp und damit zur Zurückweisung staatlicher Eingriffe in die Autonomie der Firma war diesbezüglich schon eher der Hinweis auf die höheren Gewinne der nur Friedensmaterial herstellenden Stahlwerke geeignet. Berücksichtigt man allein die Durchschnittsdividenden von Hoesch, Phönix und der Gutehoffnungshütte für die Jahre 1908/09—1912/13, dann lagen diese um 4,2%, 8,8% bzw. 8,6% über der der Firma Krupp127. Angesichts dieser Zahlen stellte selbst der Krupp gegenüber so kritisch eingestellte Zentrumsabgeordnete Erzberger in seinem Bericht für die Rüstungskommission fest, »daß die Preise, welche die Firma Krupp vom Reiche sich zahlen läßt, als angemessene bezeichnet werden können«128. Erzbergers Urteil bezog sich allerdings nur auf die Lieferung von Marinegeschützen. Hier waren die Bruttogewinne mit durchschnittlich 29 Prozent vom Umsatz zwar nur halb so hoch wie bei den Panzerplatten, dafür machte die Firma aber mehr als doppelt so viel Umsatz bei Marinegeschützen wie bei Panzerplatten129. Berücksichtigt man fer- ner nicht nur die komplizierte Herstellung der Platten, sondern auch die Tatsache, daß das auf Drängen des Reichsmarineamts mehrfach vergrößerte Walzwerk in den Jahren 1912/13 nur noch zu 38,5 Prozent ausgelastet war130, weil das Kriegsschiffbautempo von 4 auf 3 bzw. 2 Großkampfschiffe pro Jahr zurückging m, dann ist es zumindest ei- ne offene Frage, ob ein Urteil über die Panzerplattenpreise anders ausgefallen wäre. Endgültig klären läßt sich dies nicht, da die Rüstungskommission bei Kriegsausbruch ihre Tätigkeit zunächst einstellte132. Dennoch darf man die Tätigkeit der Rüstungskommission und die von ihr vorgelegten 81 Berichte nicht unterschätzen. Der vom sozialdemokratischen »Vorwärts« aufgrund der Ablehnung Karl Liebknechts erhobene Vorwurf, daß es sich angesichts der Zusam- mensetzung des Ausschusses mehr um eine »Vertuschungskommission« als um eine »Prüfungskommission« handele, wird der Bedeutung der Kommission nicht gerecht133. Obwohl sich alle anderen Parteien und die Regierung darin einig waren, daß es den Vormarsch der Sozialdemokratie aufzuhalten gelte, hatten die liberalen Parteien und das Zentrum mittlerweile doch auch das Bedürfnis, die Regierung stärker zu kontrol- lieren 134. Während die Regierung diesen Kontrollanspruch mit dem Streben nach der Parlamentarisierung des Reiches verwechselte, mißdeuteten ihn viele Industrielle als den Anfang vom Ende der Ära des Privatkapitalismus und den Beginn wirtschaftlichen Niedergangs. Wie groß die Angst vor einschneidenden, systemverändernden Eingrif- fen war, zeigt die Tatsache, daß Hugenberg bereits im Dezember 1914 aus Angst, »der Krieg bilde den endgültigen Abschluß der individualistischen Wirtschaftsepoche«, bei anderen Industriellen um Unterstützung für eine Gegenkampagne warb135. Selbst wenn man es betrüblich finden mag, daß es dem Reichstag weniger um eine Ver- ringerung der Rüstungen als um die Kontrolle der Rüstungskosten ging, so wird man dennoch sagen könne, daß sich 1913/14 eine, wenn auch zunächst nur vage erkennba- re Neuordnung der Beziehungen zwischen Militär und Rüstungsindustrie anbahnte, die auch vor den Großkonzernen nicht haltmachte.

VIII.

Der zweite, wichtige, neben der Eisen- und Stahlindustrie mit dem Flottenbau eng ver- knüpfte Industriezweig war die deutsche Werftindustrie. Diese hatte trotz staatlicher Unterstützungsmaßnahmen wie der im Flottengründungsplan von 1873 festgelegten Maxime, Kriegsschiffe nur noch in Deutschland und mit deutschem Material zu bau- en, der Befreiung von eingeführtem Schiffbaumaterial von Eisenzöllen 1879 und dem Dampfersubventionsgesetz von 1885 den Vorsprung der englischen Werften kaum verringern können. Zwar verdoppelte sich der deutsche Anteil am Weltschiffbau zwi- schen 1890 und 1897 von 6,5% auf 12,8% fast; verglichen mit dem englischen Anteil von 75,4% (1897) war er aber immer noch sehr gering136. Mit welchen Schwierigkeiten die deutsche Schiffbauindustrie zu kämpfen hatte, zeigt nicht zuletzt die von Tirpitz immer wieder beklagte Tatsache, daß trotz leichter Schwankungen rund ein Drittel der für deutsche Reedereien gebauten Schiffe weiterhin bei den technisch versierteren, schneller und vor allem billiger liefernden englischen Werften in Auftrag gegeben wur- de137. Die eindeutige Dominanz des englischen Schiffbaus zeigte sich aber nicht nur in der Zahl der von deutschen Reedereien in England in Auftrag gegebenen Schiffe, sondern auch in dem hohen Anteil der von deutschen Werften verwendeten englischen Schiff- baumaterialien. Zwar trugen ermäßigte Eisenbahntarife und eine zwischen den Walz- werken und Werften getroffene Übereinkunft erheblich dazu bei, daß sich die Einfuhr von Schiffsblechen und Profilen von noch 42,7% bzw. 46,0% im Jahre 1898 auf 27,3% bzw. 26,0% im Jahr 1899 verringerte; einschließlich der übrigen von deutschen Walz- werken bezogenen Materialien verbrauchte der deutsche Schiffbau damit aber 1899 nicht mehr als 1,9% der gesamten deutschen Stahlproduktion138. Angesichts der gro- ßen Bedeutung des englischen Schiffbaus für die Entwicklung der englischen Eisen- und Stahlindustrie mußte dieser äußerst geringe Anteil um so enttäuschender wirken, als die deutsche Eisen- und Stahlindustrie um die Jahrhundertwende voller Stolz auf die Überflügelung der englischen Konkurrenz verwies. Ausgehend von der Überzeugung, daß »der Schiffbau . . . mit der Blüte von Industrie und Handel in einem viel engeren Zusammenhang [steht], als man gewöhnlich an- nimmt«139, betrachtete Tirpitz seit seinem Amtsantritt die Änderung dieses Zustandes als eine seiner Hauptaufgaben. Auch wenn sich die dem Bundesratsbevollmächtigten Versmann gegenüber angedeutete Schaffung einer amtlichen Zentralstelle zur Förde- rung der »Seeinteressen« aufgrund von Ressortstreitigkeiten und allgemeinpolitischer Bedenken gegen die Bildung eines solchen »Superministeriums« nicht verwirklichen ließ140, hat Tirpitz durch Besuche, staatliche Unterstützung bei der Erlangung von Auslandsaufträgen und gezielte Artikel in Presse und Publizistik die Werften und de- ren Zulieferindustrie zu fördern versucht. Um die Schiffbauindustrie noch wirksamer unterstützen zu können, setzte Tirpitz im Sommer 1899 sogar eine Enquete-Kommission ein, deren Hauptaufgabe in der Unter- suchung der Frage bestand, »wie die Leistungsfähigkeit des deutschen Schiffbaus, na- mentlich auch für vermehrte Tätigkeit im Kriegsschiffbau, gefördert werden kann?«141 Mit diesem Untersuchungsauftrag machte der Staatssekretär deutlich, wie sehr er be- reit war, staatliche Hilfe zu gewähren, damit die deutschen Werften ein Drittel mehr Schiffe produzieren könnten, als im Inlande gebraucht würden. Gleichzeitig zeigte er dadurch aber auch auf, wie eng allgemein volkswirtschaftliche Erwägungen und rü- stungspolitische Ziele miteinander verzahnt waren. Der weitere Ausbau der Flotte, über den bereits zu diesem Zeitpunkt im Reichsmarineamt nachgedacht wurde, machte eine Vergrößerung der Werftkapazitäten unausweichlich142. Da die finanzielle Lage des Reiches und die Rücksicht auf den in Finanzfragen emp- findlichen Reichstag den weiteren Ausbau der bereits vorhandenen drei kaiserlichen Werften — und damit die Schaffung eines Staatsmonopols —verbot, blieb Tirpitz auch gar nichts anderes übrig, als auf leistungsfähige Privatwerften zurückzugreifen. Die Frage, ob die aus Tirpitz' Sicht notwendige Vergrößerung der deutschen Werften im Hinblick auf die Schwankungen des Weltschiffbaumarktes und des Reedereigeschäfts nicht zu einer, die politische Entscheidungsfreiheit einengenden, starken Abhängigkeit der deutschen Werften von Kriegsschiffaufträgen führen mußte, ist von Tirpitz zwar bereits 1897 selbst gestellt, aber nicht wirklich beantwortet worden143. Die mit dem Flottenbau sich bietenden Perspektiven waren offensichtlich zu verlockend, um einer nüchternen, die weltwirtschaftlichen Realitäten mit einbeziehenden Uberprüfung Platz zu machen. Auch wenn manche Vorhaben, wie die Anlage einer Werft in Wismar, letztlich doch nicht zustande kamen, weil »es dem Kapital an Mut [fehlte]«, so expandierten doch die größeren deutschen Werften wie die Krupp gehörende Germaniawerft in Kiel, der Stettiner Vulcan, Blohm + Voss und der Bremer Vulkan »in nie dagewesenem Um- fang«, wie Tirpitz' Vertrauter, Kapitän v. Ahlefeld, zufrieden feststellte144. Von besonderer Bedeutung für die Vergrößerung der Flotte waren die Ausbaupläne der Germaniawerft in Kiel und des einen Standort an der Nordsee suchenden Stettiner Vulcan, da diese Werften nicht nur in der Nähe der im Kriegsfall entscheidenden Deutschen Bucht lagen, sondern auch finanziell am stärksten waren. So hatte die Fir- ma Krupp, die damit den von den ausländischen Konkurrenten bereits vollzogenen Schritt zum Totalunternehmen tat, mit der maroden Germaniawerft 1896 aufgrund betriebswirtschaftlicher Erwägungen und unter Berücksichtigung kaiserlicher Wün- sche einen Überlassungsvertrag geschlossen. Seitdem wurde diese Werft mit erhebli- chem Kapitalaufwand zu einer modernen Kriegsschiffwerft ausgebaut145. Der Stettiner Vulcan, der um die Jahrhundertwende die größte deutsche Privatwerft war, beabsichtigte seit Mitte der 1890er Jahre die Errichtung einer Filiale an der Nord- see zur Festigung dieser Stellung. Nachdem sich verschiedene Fusionspläne u. a. mit Blohm -I- Voss und der Germaniawerft bzw. der Erwerb einer kapitalschwachen, be- reits bestehenden Werft nicht hatten verwirklichen lassen, wurde seit 1898 die Neuan- 83 läge einer Werft an der Nordsee ins Auge gefaßt146. Zum großen Verdruß des Groß- herzogs von Oldenburg, der im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung seines Lan- des den Vulcan gerne zu einer Niederlassung in Nordenham an der Unterweser veran- laßt hätte, entschied sich die Leitung des Vulcan unter Berücksichtigung der Wünsche des Reichsmarineamts für einen Neubau in der Nähe der Elbmündung147. Der Hauptgrund dafür, daß Tirpitz 1898/99 den Hamburger Senat und den Stettiner Vulcan zu einer schnellen Übereinkunft drängte, ist darin zu sehen, daß er hierin eine gute Gelegenheit sah, die aus militärischen Gründen »der Marine wünschenswerten Anlagen in Cuxhaven durch die Initiative Privater ohne direkte Beteiligung des Rei- ches zu erlangen«148. Konsequent versuchte er daher, vor allem hinsichtlich der Standortfrage, den Ham- burger Senat und die Direktion des Stettiner Vulcan zu beeinflussen. Während er dem Stettiner Vulcan immerhin noch vermehrte Kriegsschiffaufträge als »Subvention« in Aussicht stellen konnte, konnte er dem zögernden Hamburger Senat nur die mit der Entwicklung der »Seeinteressen« seiner Meinung nach verbundenen großen Zukunfts- perspektiven aufzeigen. Die nüchtern rechnenden Hamburger Senatoren waren damit aber nur schwer zu ködern, denn eine Niederlassung des Vulcan in Cuxhaven oder bürdete der Hamburger Staatskasse Erschließungskosten von etwa 6,8 Mil- lionen Mark bzw. 4—5 Millionen Mark auf149. Da weder das Reich noch der Stettiner Vulcan bereit waren, sich an diesen Kosten zu beteiligen bzw. sie gar ganz zu überneh- men, der Hamburger Senat sich aber auf den Standpunkt stellte, daß »es sich ganz we- sentlich um ein Interesse des Reichs handle, für welches der Vulcan eintrete« und dem- entsprechend »entweder der Vulcan für die Zinsen der aufzuwendenden Kosten auf- kommen oder das Reich dieselben zu übernehmen [habe]«150, schleppten sich die Ver- handlungen zwischen den Beteiligten bis 1905 hin. Ein weiterer Grund für die Verzögerung der Verhandlungen war der »Stettiner Lokal- patriotismus«, wie Tirpitz im November 1899 die finanziellen Bedenken einiger Mit- glieder des Aufsichtsrates des Stettiner Vulcan gegenüber der vom Direktorium befür- worteten Errichtung einer neuen Werft an der Elbe verächtlich umschrieb151. Auch wenn die vom Direktorium angeführten Argumente, die vor allem die ungünstigen Platz- und Tiefenverhältnisse an der Oder im Zeichen immer größer werdender Schif- fe anführten, nicht ganz von der Hand zu weisen waren, zeigten viele Aufsichtsratmit- glieder und Aktionäre wenig Neigung, eine Dividende von zuletzt 14 Prozent für ein aus ihrer Sicht risikoreiches Unternehmen aufs Spiel zu setzen. Unter dem Eindruck des seit 1901 auf dem Schiffbaumarkt zu verzeichnenden Konjunkturrückganges — zwischen 1901 und 1903 verringerte sich die im Bau befindliche Tonnage um immerhin 23 Prozent —, nahm das Gewicht der Gegner einer neuen Vulcan-Niederlassung an der Elbe zwangsläufig zu152.

IX.

Der von Tirpitz mit großem Nachdruck vorangetriebene Ausbau der Flotte führte aber nicht nur zu einer erheblichen Erweiterung der Werftkapazitäten, sondern er ist auch in erheblichem Maße für die Konzentrations- und Kartellierungsbestrebungen unter den Werften verantwortlich zu machen. Mit der Vergrößerung der Kapazitäten gerie- ten die meisten Werften über kurz oder lang in finanzielle Schwierigkeiten, die sie kaum noch bewältigen konnten, es sei denn, sie entschlossen sich zur Fusion mit einer anderen Werft bzw. zur Errichtung eines allgemeinen Werftkartells. Beide Entwick- lungen lassen sich in der Periode zwischen 1897—1914 beobachten. Aufgrund der oben angeführten Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Führung der Vulcanwerft und unter den Aktionären regte der Berliner Bankier Ludwig Del- brück, der gleichzeitig Aufsichtsratsmitglied der Firma Krupp war, im Sommer 1903 den heimlichen Ankauf von Vulcan-Aktien im Wert von 300 000 Mark durch Krupp an153. Mit Hilfe dieser Aktienkäufe sollte allerdings nicht, wie fälschlicherweise ange- nommen worden ist, die Übernahme des Stettiner Vulcan durch Krupp eingeleitet wer- den154. Dieser angesichts eines Aktienkapitals von insgesamt 10 Millionen Mark ausge- sprochen geringe Betrag sollte vielmehr die Opposition innerhalb des Vulcan so stär- ken, daß sie eine Sperrminorität erhielt, die jede Kapitalaufstockung und damit auch eine Erweiterung verhinderte155. Das Ende der Erweiterungspläne sollte, und dies war das Hauptmotiv der Firma Krupp, die Gefahr verringern, daß die trotz erheblicher In- vestitionen immer noch ohne Gewinn arbeitende Kruppsche Germaniawerft in Kiel durch eine weitere Konkurrenz noch tiefer in die roten Zahlen rutschte. Offenbar aufgeschreckt durch die Zunahme der internen Opposition und die ihm nicht verborgen gebliebenen heimlichen Aktienkäufe, versuchte der Aufsichtsratsvorsitzen- de des Stettiner Vulcan und gleichzeitige Inhaber der Berliner Handelsgesellschaft, Carl Fürstenberg, diese defensive Unternehmensstrategie offensiv durch ein Fusions- angebot zu durchkreuzen156. In ähnlicher Weise wie 1896 bei der Kieler Germania- werft sollte Krupp den Vulcan-Aktionären eine Dividende von 11 Prozent garantieren und sich gleichzeitig verpflichten, den Vulcan innerhalb von 30 Jahren zu einem festen Kurs zu übernehmen. Im Gegensatz zum Stettiner Vulcan, der damit von der Notwen- digkeit befreit worden wäre, 20 Millionen Mark in ein risikoreiches und die Dividende verringerndes Unternehmen zu investieren, hätte Krupp damit in Zukunft alle finan- ziellen und unternehmerischen Risiken zu tragen gehabt. Nach den Erfahrungen mit der Germaniawerft war dies aber keine verlockende Aus- sicht für Krupp. Trotz der guten Beziehungen der Firma und ihrer Inhaber zum Kai- serhaus erhielt die Germaniawerft keineswegs eine größere Anzahl an Kriegsschiffauf- trägen als die anderen deutschen Werften. Bereits bei der Vergabe der ersten Bauten hatte die Firma feststellen müssen, daß konjunktur-, arbeitsmarktpolitische und fiskali- sche Rücksichten die Vergabepolitik des Reichsmarineamts bestimmten. Zudem hatte die Germaniawerft die Erfahrung machen müssen, daß auch militärische Erwägungen, wie ζ. B. die für den Kriegsfall wichtige Fähigkeit der Hamburger Blohm + Voss- Werft, Kriegsschiffe in der Elbe einzudocken, niedrigeren Preisen gegenüber den Aus- schlag geben konnten157. Berechtigte Klagen der Marine über Bauverzögerungen und schlechte Qualität der von der Germaniawerft gebauten Kriegsschiffe belasteten das Verhältnis zwischen Krupp und dem Reichsmarineamt zusätzlich158. Da zudem die erhofften Auslandsaufträge eher schleppend hereinkamen159, war es nicht verwunderlich, daß die Firma Krupp einer Fusion ablehnend gegenüber stand. Rötger, der Vorsitzende des Direktoriums, erwog sogar den Verkauf der Germania- werft an den Vulcan160. Auch wenn ein solcher Weg letztlich ungangbar war, »weil das Prestige der Firma hierdurch aufs schwerste geschädigt würde«, so zeigt allein der Ge- danke, für wie wenig glücklich offensichtlich der Einstieg in den Kriegsschiffbau ge- halten wurde. Eine Angliederung des Vulcan an die Germaniawerft, in welche rechtliche Form diese auch gekleidet werden mochte, war daher für das Krupp-Direktorium kein Thema, wie man nahezu einmütig auf einer Sitzung Ende Mai 1904 feststellte161. Die mit einer Angliederung verbundenen organisatorischen und finanziellen Belastungen wogen nach Meinung des Direktoriums keineswegs den Vorteil auf, »eine Concurrenz zu be- seitigen u. die Hilfe von Waffenruf [= Vulcan] für das Emporbringen unserer G[er- mania] zu erhalten«. Zudem befürchtete Rötger bei einem Vordringen Krupps auf dem Schiffbaumarkt »ein weiteres Abrücken der übrigen deutschen Werften, was weitere Nachteile für Essen bedeuten würde«162. Diese Sorge war insofern nicht unbegründet, 85 als die anderen deutschen Werften über den Einstieg Krupps in das Werftgeschäft so- wieso nicht gerade glücklich waren. Um überhaupt Aufträge zu bekommen, hatte die Germaniawerft zur großen Verärgerung der anderen Werften zudem mehrfach die Preise kräftig unterboten. Da Krupp mit den niedrigeren englischen Preisen für Schiff- baumaterial nicht konkurrieren konnte, waren die übrigen deutschen Werften ihrer- seits ohne weiteres in der Lage, der Essener Gußstahlfabrik, dem Rückgrat des Kon- zerns, durch den Entzug von Aufträgen nicht unerhebliche Schwierigkeiten zu bereiten. Neben diesen rein wirtschaftlichen Motiven spielte auch die Rücksicht auf die Regie- rung eine erhebliche Rolle bei der Ablehnung der Fusionspläne. Unter dem Eindruck der heftigen und regelmäßig wiederkehrenden Angriffe auf das Kruppsche Panzerplat- ten· und Geschützmonopol war man im Direktorium einhellig der Meinung, »daß eine solche Fusion wieder ein großes Geschrei über Monopole etc. gegen uns entfesseln könnte, u. gerade jetzt, wo eine neue Flottenvorlage in Aussicht stehe, nicht nur uns selbst schaden, sondern auch der Regierung sehr lästig werden könnte«163. Da die ebenfalls ins Spiel gebrachte Möglichkeit einer lockeren Interessengemein- schaft der Germaniawerft und des Stettiner Vulcan aufgrund der völlig ungleichen Er- tragslage der beiden Werften letztlich nicht in Frage kam, entschied man sich bei Krupp fürs Abwarten, zumal aufgrund der verworrenen Verhältnisse innerhalb des Stettiner Vulcan vorläufig kein Handlungszwang bestand. Obwohl Krupp weiterhin heimlich Vulcan-Aktien aufkaufte, um die Opposition inner- halb des Stettiner Vulcan zu stärken, setzten sich die Befürworter einer neuen Werft an der Nordsee schließlich im Sommer 1905 durch und schlossen am 3. Juli 1905 mit dem Hamburger Senat einen Pachtvertrag für ein Gelände im Hamburger Hafen, der am 29. August 1905 auch von der Generalversammlung des Vulcan gebilligt wurde. Für diesen Beschluß ist zum einen die Tatsache verantwortlich, daß der Hamburger Senat im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt inzwischen bereit war, etwa zwei Drittel der auf ca. 6,9 Millionen Mark geschätzten Kosten für die Erschließung des dafür vorgesehenen Hafengebiets zu tragen164. Zum anderen hat im Zusammen- spiel mit der Reichskanzlei die Reichsbank auf die von ihr verwalteten Vulcan-Aktien Druck ausgeübt165. Dieser Schritt — nicht zuletzt im Hinblick auf vermehrte Kriegs- schiffbauten vollzogen — sollte den Vulcan schneller in arge wirtschaftliche Bedräng- nis bringen, als es selbst von Pessimisten befürchtet worden war. Obwohl der Fusionsversuch am Ende nur eine Episode war, so wirft er doch ein Schlaglicht auf die Verhältnisse in der deutschen Werftindustrie. In der vom Reichs- marineamt propagandistisch kräftig genährten Hoffnung auf eine große, gewinnbrin- gende Zukunft expandierten die Werften enorm, ohne dabei den wirtschaftlichen Rea- litäten auf dem Schiffbaumarkt genügend Rechnung zu tragen. Auch der 1901 einset- zende Konjunkturrückgang auf dem Schiffbaumarkt war weder für die Werften noch für das Reichsmarineamt ein Anlaß zur Vorsicht. Obwohl das seit 1901 zu verzeich- nende stärkere Drängen der Werften auf Kriegsschiffaufträge dem Reichsmarineamt ausgesprochen unangenehm war, versuchte es nicht nur, die Bedeutung des Konjunk- tureinbruchs im offiziösen »Nauticus« herunterzuspielen, sondern benutzte diesen im Gegenteil noch zur weiteren Untermauerung der These des volkswirtschaftlichen Nut- zens der Marinebauten, indem es auf die konjunkturglättende Wirkung der Vergabe von Kriegsschiffen an die Werften hinwies166.

X.

Abgesehen von dem ungeduldigen Warten auf die Vergrößerung der Werften plagte Tirpitz — zumindest soweit es die Werftindustrie betraf — in den ersten Jahren des Flottenbaus vor allem die Sorge um die Kostenentwicklung bei den Kriegsschiffbauten, wie aus der Aufzeichnung für einen Immediatvortrag deutlich hervorgeht167. Höhere Schiffspreise hatten nämlich nicht nur einen »ganz außergewöhnlichen unmittelbaren Einfluß für die Entwicklung d. Kriegsmarine«, sondern mußten zwangsläufig auch »auf Ε. M. gesamtpolitisches Programm einen sehr großen indirekten Einfluß haben«. Eine der Hauptursachen für Tirpitz' Befürchtungen war, daß er — im Gegensatz zu seinen im Reichstag abgegebenen Erklärungen über die Solidität der dem Flottenge- setz zugrunde liegenden finanziellen Berechnungen — wußte, daß technische Neue- rungen und militärische Sachzwänge eine Kostensteigerung bei den Kriegsschiffbau- ten unvermeidbar machten, es sei denn, man wäre bereit gewesen, qualitativ minder- wertige — und damit militärisch unbrauchbare Schiffe zu bauen. Eine Erhöhung der im Flottengesetz bewilligten Summen war aber auch aus zwei Gründen ausgeschlossen. Zum einen verbot dies die Rücksicht auf die Finanzlage des Reiches, denn entgegen den optimistischen Berechnungen des Reichsschatzamtes hatte bereits der Reichshaus- halt von 1900 ein Defizit von 1,9 Millionen Mark zu verzeichnen168. Zum anderen mußte eine Erhöhung der Geldforderungen den in Finanzfragen äußerst empfindli- chen Reichstag auf den Plan rufen. Genau dies wollte Tirpitz aber mit allen Mitteln vermeiden, denn höhere Marineforderungen mußten nicht nur zwangsläufig die in- nenpolitisch brisante »große Steuerfrage [aufrollen]«, sondern auch die nächste Novel- le und die »gesetzliche Festlegung aussichtslos [machen]«169. Um daher die mit dem Flottenbau verknüpften Ziele nicht bereits in der Anfangsphase scheitern zu lassen, war Sparsamkeit das absolute Gebot der Stunde. Konsequent be- schnitt Tirpitz nicht nur die Forderungen anderer Marinebehörden, sondern drückte auch mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln auf die Preise der Werften. So- weit es parlamentarisch angängig war, vergab er die Schiffe sogar eher, wenn er, wie bei den beiden Schiffen der Wittelsbachklasse, dadurch niedrigere Preise erzielen konnte170. Die Vergabepraxis des Reichsmarineamts, der eine für die Werften nur schwer zu kalkulierende Mischung von konjunktur-, arbeitsmarktpolitischen, finan- ziellen und militärischen Erwägungen zugrunde lag, verblüffte selbst einen so cleveren Geschäftsmann wie den Vorsitzenden des Krupp-Direktoriums, Jencke171. Entgegen Tirpitz' Befürchtungen kam kein Werftkartell zustande, das in Anbetracht dieser Vergabepolitik und aufgrund der Tatsache, daß neben den beiden kaiserlichen Werften in Kiel und nur vier Privatwerften zum Bau von Großkampf- schiffen zugelassen worden waren, nahegelegen hätte. Dementsprechend unbegründet war daher auch die von Tirpitz geäußerte Vermutung, daß bereits bei der Vergabe von zwei Schiffen der Wittelsbachklasse 1899/1900 Anzeichen eines Schiffbaumonopols zu erkennen gewesen seien172. Mit Blick auf das bisher in der Forschung vorherrschen- de Bild von dem aggressiven Verhalten der Firma Krupp auf dem nationalen und inter- nationalen Rüstungsmarkt ist es erstaunlich, daß eine Verständigung der am Kriegs- schiffbau beteiligten Werften 1901 an der Haltung F. A. Krupps scheiterte. Offenbar auf Anregung der Schichauwerft waren die drei anderen zum Bau von Groß- kampfschiffen zugelassenen Werften im November 1901 an F. A. Krupp herangetre- ten, um diesen zur Aufgabe seiner bisher ablehnenden Haltung bezüglich einer solchen Vereinigung zu veranlassen173. Obwohl auch die Direktoren der Firma eine Verständi- gung befürworteten, war F. A. Krupp, der damit erneut die besondere Qualität seines Verhältnisses zu Wilhelm II. unterstrich, dazu nur unter der — illusorischen — Bedin- gung der Zustimmung des Kaisers bereit174. Zumindest vorläufig brauchte sich das Reichsmarineamt, für das ein Werftkartell an- gesichts der angespannten Haushaltslage geradezu ein Alptraum war, keine großen Sorgen mehr zu machen. Um allen Eventualitäten vorzubeugen, machte das Reichs- marineamt zum einen in dem ihm zur Verfügung stehenden offiziösen »Nauticus« und in der »Marinerundschau« öffentlich dagegen Front, indem es einfach erklärte, daß »ein Zusammenschluß der deutschen Schiffswerften zu einem Kartell [ . . . ] weder im Interesse der einzelnen Werften [liegt], noch [. . . ] durch die Beziehungen derselben zu den Material liefernden Hilfsindustrien begründet [ist]«175. Zum anderen erweiterte es 1904 bzw. 1908 den Kreis der zum Bau von Großkampfschiffen herangezogenen Werften — und verschärfte damit die Konkurrenz künstlich —, indem es der AG Weser bzw. den Kieler Howaldtswerken einen Auftrag für einen großen Kreuzer bzw. ein Li- nienschiff erteilte176. In Anbetracht der nach 1903 wieder ansteigenden Konjunktur kam es nach offenbar völlig unbedeutenden Vorgesprächen 1906 erst 1908 wieder zu ernst zu nehmenden Verhandlungen der Werften über ein Kartell, als sich der internationale Schiffbau- markt erneut in einer ernsten Krise befand. Ausgelöst wurden die Gespräche durch das aus der Sicht der etablierten Werften selbstzerstörerische Verhalten der beiden Neulin- ge. Die Preisangebote für die Submissionen für die 1907 bzw. 1908 zu vergebenden Schiffe lagen zur Freude von Tirpitz, der damit die Etatanschlagsummen einhalten konnte, um ein bis zwei Millionen Mark unter denen der anderen177. Legt man als Ver- gleichsmaßstab die Gewinne der Germaniawerft, von der als einziger Werft noch ex- akte Zahlen aufzufinden waren, für die dort 1904 bzw. 1907 in Bau gegebenen Linien- schiffe zugrunde, dann hatte dieses Verhalten eine Halbierung der Reingewinne zur Folge. Hatte der Reingewinn für den 1904 erteilten Auftrag für das Linienschiff »Schleswig-Holstein« immerhin noch 14,4 Prozent des Ubernahmepreises betragen, so reduzierte er sich bei dem 1907 begonnenen Bau des Linienschiffes »Posen« auf 7,2 Prozent178.

XI.

Diese Preisentwicklung, die in erster Linie auf das Vorhandensein großer Uberkapazi- täten bei gleichzeitig stark gesunkener Nachfrage nach Schiffsneubauten zurückzu- führen ist, gab natürlich zu lauten Klagen Anlaß. So warf der Stettiner Vulcan der AG Weser und den Howaldtswerken in seinem Geschäftsbericht für 1908 öffentlich eine Verschärfung der Schiffbaukrise vor, als er feststellte, daß die von diesen »in offenba- rer Unkenntnis der mit solchen Bauten verbundenen Selbstkosten« abgegebenen Preise »die Preisentwicklung auch dieser Objekte auf ein Niveau drückten, das der Schiffbau- industrie die an sich schon schweren Zeiten noch fühlbarer macht«179. Der im Mai 1908 gemachte Vorschlag für ein Werftkartell, das dieser Entwicklung Einhalt gebieten sollte, ging, dies war zumindest der Eindruck des überraschten Ver- treters von Blohm + Voss, auf eine gemeinsame Initiative des Stettiner Vulcan und der Schichauwerft zurück180. Ausgehend von dem im Flottengesetz von 1908 festgelegten Bautempo unterbreiteten sie den anderen Werften einen unterzeichnungsreifen Kon- ventionsvorschlag, der über das ursprüngliche Ziel der Zusammenkunft weit hinaus ging. Angesichts der Konkurrenz durch die ungeliebten Neulinge hatte man sich zu- nächst nur über die Preise für die 1908 zu vergebenden Linienschiffe bzw. den großen Kreuzer verständigen wollen. Da eine Ubereinkunft aber auch im Interesse der übrigen Werften lag, einigte man sich nach lebhaften Verhandlungen nicht nur auf einen bis 1912 befristeten Bauturnus, sondern auch auf eine Preiskonvention, die zu einer kräfti- gen Anhebung der Preise führen sollte. Um dieses Ziel erreichen zu können, waren die etablierten Werften sogar bereit, die AG Weser mit aufzunehmen. Die im Mai erzielte prinzipielle Einigung blieb letztlich ohne Wirkung, da man sich über die Aufteilung der Torpedobootsaufträge nicht verständigen konnte181. Die Schi- 88 chauwerft, die ihren Aufstieg vor allem dem Bau von Torpedobooten verdankte, war nicht bereit, dem Stettiner Vulcan die von diesem geforderte Quote bei Torpedoboots- aufträgen zuzugestehen. Im Grunde war es aber nur eine Frage der Zeit, wann die Verhandlungen über ein Werftkartell wieder aufgenommen werden würden. Spätestens mit dem Krisenein- bruch 1907/08 war deutlich geworden, daß das um die Jahrhundertwende gezeichnete Bild von der großen Zukunft der deutschen Schiffbauindustrie nicht der Wirklichkeit entsprach. So hatten die meisten Aktiengesellschaften nach und nach ihre Dividenden kürzen müssen; die Howaldtswerke und die AG Weser schütteten seit 1904 bzw. 1906 gar keine Dividenden mehr aus182. Die Germaniawerft war, obwohl sie nach anfängli- chen Schwierigkeiten bei Linienschiffen Gewinne bis zu 18 Prozent erzielte, aufgrund der hohen Generalunkosten und erheblicher Verluste bei den Dampferbauten fast nie aus den roten Zahlen herausgekommen183. Es wäre sicherlich falsch, für diese Entwicklung einzig und allein die Preispolitik des Reichsmarineamts verantwortlich zu machen, wie dies die Werften bei ihren Be- schwerden direkt bei Wilhelm II. offensichtlich taten. Die deutschen Reeder drückten angesichts der scharfen internationalen Konkurrenz ebenfalls stark auf die Preise, wenn sie nicht ganz im Ausland bauen ließen184. Tirpitz' Versuch, jeglichen Zusam- menhang von Flottenbau und Expansion der Werften, wie ζ. B. bei der Vulcanwerft, zu leugnen, zeigt allerdings, wie sehr er bemüht war, die Geister, die er gerufen hatte, wieder los zu werden. Entgegen seinen Beteuerungen gegenüber Wilhelm II. hatte er ja gerade die Expansionspläne des Stettiner Vulcan mit allen Mitteln zu fördern versucht. Die von Tirpitz und den Werften gleichermaßen gehegte Hoffnung, daß die erweiter- ten Kapazitäten, soweit sie nicht von der Marine in Beschlag genommen wurden, durch Aufträge in- und ausländischer Reedereien ausgelastet werden würden, hatte sich nicht erfüllt. Dementsprechend drängten die Werften nun verstärkt auf Kriegs- schiffaufträge. Daß dieses Drängen sehr unangenehm sein konnte, hatte Tirpitz 1908/09 erfahren müssen, als er sich gezwungen gesehen hatte, zwei Schiffe vorzeitig zu vergeben, um größere Arbeiterentlassungen bei den Werften zu vermeiden. Arbeitsmarktpolitisch mochte er damit richtig gehandelt haben; außenpolitisch beschwor er damit eine ernste Krise zwischen dem sowieso schon mißtrauischen England und dem Reich herauf, da England dies als einen erneuten Versuch zur Steigerung des Bautempos interpretier- te185. Spätestens 1909 hatte Tirpitz erkannt, daß die deutsche Werftindustrie vor einer gro- ßen Krise stand. So gestand er gegenüber dem Chef des Marinekabinetts, Admiral ν. Müller, ein, daß »die Marine allein nicht so viele Riesenwerften speisen [kann] und [.. . ] über kurz oder lang unsere Schiffbauindustrie in ein arges Dilemma kommen [wird]«186. Wie ratlos Tirpitz zu diesem Zeitpunkt aber war, zeigt der von ihm aufge- stellte Maßnahmenkatalog zur Unterstützung der Werften187. Die Reichsregierung war nämlich überhaupt nicht in der Lage, größeren Druck auf die heimischen Reeder, geschweige denn auf ausländische Regierungen auszuüben, um den Werften Aufträge zu verschaffen. Auch die Vergabe spektakulärer Riesenbauten durch die großen Ree- dereien wie die Hapag und den Norddeutschen Lloyd an heimische Werften kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß in Anbetracht des hart umkämpften internationa- len Frachtenmarkts im Zweifel der Preis entschied, ob die benötigten Dampfer in Deutschland oder in England gebaut wurden. Was die Erteilung von Kriegsschiffaufträgen durch ausländische Regierungen an deutsche Werften betrifft, so gab sich das Reichsmarineamt zwar alle Mühe, hierbei behilflich zu sein18S. Übertriebene Geheimhaltungsvorschriften der Marine, die größe- re Bereitwilligkeit vor allem der englischen und amerikanischen Regierung zur Ge- währung der zur Finanzierung der Bauten notwendigen Kredite und die Tatsache, daß die deutschen Werften, im Gegensatz zu den großen englischen Konkurrenten Vickers und Armstrong, im Ausland gegeneinander arbeiteten statt zu kooperieren, machten diese Versuche aber aussichtlos189. Da zudem, wie Blohm + Voss bereits 1910 hin- sichtlich der schließlich nicht erhaltenen Großaufträge aus Argentinien feststellte, »trotz technischer Vorzüge die Entscheidungen häufig unter rein politischen Gesichts- punkten gefällt werden und gute und begründete Hoffnungen im entscheidenden Mo- ment zu Schanden machen«190, ist es zumindest eine offene Frage, ob die »Werbefahr- ten« der Marine nach Südamerika und das auf Betreiben des bei Krupp für Auslands- aufträge zuständigen Direktors Muehlon geschaffene Auslandskartell von Blohm + Voss, der Vulcanwerft und der Germaniawerft der deutschen Schiffbauindustrie einen Einbruch in den von England dominierten internationalen Kriegsschiffbaumarkt er- möglicht hätten191. Die von Tirpitz angekündigte weitere Einschränkung des Baus von Kriegsschiffen auf den beiden großen kaiserlichen Werften in Kiel und Wilhelmshaven war im Grunde kein Ausweg. Abgesehen davon, daß aus Gründen der Erhaltung der technischen Lei- stungsfähigkeit dieser Werften einer weiteren Reduzierung der Vergabe von Neubau- ten an diese Werften enge Grenzen gesetzt waren, riskierte man, dann dort zu uner- wünschten Entlassungen gezwungen zu sein192. Da sich zudem das Bau tempo 1912 von vier auf zwei große Schiffe pro Jahr verringerte, waren danach sowieso nur zwei Schiffe zu vergeben, um die aber sechs Großwerften konkurrierten. Darüber hinaus hätte man sich damit vollständig in die Hand der Privatwerften begeben, schied doch dann ein Drücken auf zu hohe Preise auch die Drohung, die Schiffe notfalls an die kai- serlichen Werften zu vergeben, aus. Allenfalls durch das Einbringen einer weiteren Novelle, die den Sollbestand der Marine auf die seit Beginn des Flottenbaus angestreb- te Zahl von 60 Großkampfschiffen erhöhte, konnte Tirpitz die Lage der Werften spür- bar verbessern. Unabhängig von der hier skizzierten ökonomischen Tragweite war diese Novelle in Tirpitz' Planungen vor allem aus politisch-militärischen Gründen von zentraler Bedeutung, da sie den Schlußstein in seinem Bestreben darstellte, eine starke Flotte zu schaffen, die sich aufgrund der Bestimmungen des Flottengesetzes automa- tisch erneuerte und die dadurch — weil der Marineetat im Grunde für immer festgelegt war — »äternisiert« wurde. Ob eine weitere Flottenvorlage aber politisch durchgesetzt werden konnte, war zu diesem Zeitpunkt noch völlig offen.

XII.

Angesichts dieser Aussichten und aufgrund steigender Verluste — bei Blohm + Voss wurden diese für die großen Kreuzer »Seydlitz« und »Derfflinger« auf ca. 2 Millionen Mark geschätzt193, die Germaniawerft verlor bei dem Linienschiff »Prinzregent Luit- pold« fast 700 000 Mark —194, nahm die Bildung eines Werftkartells seit Ende 1911 konkrete Formen an. Der direkte Anstoß ging dabei offensichtlich von Vertretern eini- ger Banken aus. Nachdem sie in zunehmendem Maße hatten einspringen müssen, um die Howaldtswerke, Blohm + Voss und die AG Weser vor ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten zu retten, sahen sie in einem nun auch den Handelsschiffbau einbezie- henden allgemeinen Werftkartell die einzige Möglichkeit, eine große Werftenkrise zu vermeiden und die Ertragslage der Werften allmählich zu verbessern. Auch Großree- der wie Albert Ballin von der Hapag hielten ein Werftkartell zumindest für Kriegs- schiffbauten für absolut notwendig, da sie der Überzeugung waren, daß, »wenn die Sa- che so weitergeht [. . .] Herr v. Tirpitz nach einer Reihe von Jahren seine Kriegsschiffe in England [wird] bauen lassen müssen, weil die deutschen Werften an den Geschäf- ten, die sie mit dem Reichsmarineamt machen, zu Grunde gehen«195. Trotz erheblicher Skepsis bei den Werften war der vor allem von Carl Fürstenberg1%, dem Direktor der Berliner Handelsgesellschaft und Aufsichtsratsmitglied der Vulcan- werft, und dem Hamburger Bankier Max M. Warburg197, der seit 1912 im Aufsichtsrat von Blohm + Voss saß, seit Ende 1911 den Werften behutsam unterbreitete Plan doch attraktiv genug, um diese im Herbst 1912 wieder an einen Tisch zu bringen. Das Ziel der seit November 1912 stattfindenden Gespräche über eine Vereinigung war, wie H. Blohm es in der Sitzung vom 26. November 1912 ausdrückte, »wieder zu gesunden Verhältnissen zu kommen«198. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten nach dem Vorschlag Max Warburgs199, der allem Anschein nach aus Gesprächen mit Fürstenberg, Blohm + Voss und der Vulcanwerft hervorgegangen ist, nicht nur gleichmäßige Abschreibungen und gemeinsame Offerten festgelegt werden, sondern auch eine Aufteilung des Handels- und Kriegsschiffbau- markts vorgenommen werden. Die AG Weser sollte den Bau von Kriegsschiffen und größeren Handelsschiffen, die Howaldtswerke, wenn auch nur zunächst für zehn Jah- re, den Schiffbau überhaupt aufgeben. Der AG Weser wollte man diese Selbstbe- schränkung durch einen Anteil an den von vier großen Werften — Blohm + Voss, dem Stettiner Vulcan, der Germaniawerft und Schichau — erzielten Gewinnen bei Kriegs- und Handelsschiffbauten schmackhaft machen. Den Howaldtswerken bot man eine 5-prozentige Garantie der Vorzugsaktien auf zehn Jahre an. Bevor dieser sehr weitgehende Plan aber realisiert werden konnte, mußten vor allem zwei Hauptschwierigkeiten beseitigt werden. Zum einen galt es, die ausgesprochen diffizile Frage der Quotisierung zu lösen, zum anderen mußten wichtige »Outsider« wie die Schichauwerft zum Beitritt veranlaßt werden. Dieses war um so dringender, als nur eine einheitliche Front der Kriegsschiffwerften geeignet war, den erwarteten Wi- derstand des Staatssekretärs des Reichsmarineamts zu brechen. Während die prinzi- pielle Unterteilung in Handels- und Kriegsschiffe bauende Werften noch relativ leicht zu erreichen war, sollte sich die Lösung dieser Probleme als außerordentlich schwierig erweisen. Vor allem aufgrund des Widerstands des Bremer Vulkan schleppte sich die Regelung der Quotenfrage im Handelsschiffbau bis 1914 hin200. Weitaus schwieriger gestaltete sich eine Einigung der Kriegsschiffwerften. Bereits Ende 1912 war klar, daß sich die von Fürstenberg und Warburg favorisierte große Lösung, d. h. das Ausscheiden der AG Weser und der Howaldtswerke aus dem Kreis der Kriegsschiffwerften, nicht wür- de erreichen lassen. Fürstenbergs Hoffnung, daß die an den Howaldtswerken beteilig- te Brown, Boveri & Co AG seinen Vorschlag geradezu freudig begrüßen würde, er- wies sich als eine völlige Fehleinschätzung, denn »das große Engagement bei [den] Howaldtswerken ist daher nur gemacht worden«, so betonte einer der Direktoren der Brown, Boveri & Co AG noch 1914, »um im Großturbinenbau zu bleiben und um un- seren ausländischen Lizenznehmern durch fortdauernde Praxis als Bezugsquelle wert- voll zu bleiben«201. Dementsprechend kam man bereits im Dezember 1912 überein, daß weiterhin sechs Werften Großkampfschiffe bauen sollten202. Den Widerstand des Inhabers der Schi- chauwerft, Carl Ziese, glaubte man brechen zu können. Dies war nicht nur notwendig, um gegenüber dem Reichsmarineamt einheitlich auftreten zu können, sondern auch, weil Hugenberg unmißverständlich zu verstehen gegeben hatte, daß an eine Beteili- gung der Germaniawerft ohne einen Beitritt Schichaus nicht zu denken sei. Während die Germaniawerft diesen Standpunkt schließlich im August 1913 aufgab, zumal Ziese an gar keiner Übereinkunft interessiert war, drohte die am 29. Juli 1913 zwischen der AG Weser, Blohm + Voss, dem Bremer Vulkan, der Flensburger Schiffbau-Gesell- 91 Schaft, der Germaniawerft, den Howaldtswerken, der Vulcanwerft und der Werft von J. C. Tecklenborg erzielte vorläufige Übereinkunft über eine zu gründende »Deutsche Werften-Vereinigung« an den Howaldtswerken zu scheitern203. Ihre Ursache hatten die Querelen, die schließlich zum Ausscheiden der Howaldtswer- ke aus der vorläufigen Vereinigung führten, in den mit der Vergabe von Kriegsschiff- bauten verbundenen Problemen. Tirpitz, der trotz der Novelle 1912 bereits wieder vor leeren Kassen stand, hatte bei der Vergabe der Schiffe 1913 den Werften durch den Chef der Konstruktionsabteilung, Admiral Rollmann, deutlich gemacht, »daß es dem RMA nicht einfallen wird, einer der vier Werften, welche die Eingabe unterzeichnet haben, einen Auftrag zu erteilen, solange wir der Uberzeugung sind, daß die Werften sich zusammengetan haben, um Preise zu erzielen, die das RMA nicht bezahlen kann«204. Letztlich behielt also Hugenberg recht, der den Optimismus der übrigen Werften, das Reichsmarineamt könne von der Notwendigkeit eines Werftkartells überzeugt wer- den, nie geteilt hatte205. Die desolate Finanzlage des Reichsmarineamts und die Rück- sicht auf den Reichstag, »der für Zusammenschluß-Bestrebungen niemals zu haben sei« und immer verlangen werde, »die Schiffe so billig wie möglich zu beschaffen«, lie- ßen Tirpitz gar keine andere Wahl. Selbst wenn er das in den vorläufigen Satzungen der »Deutschen Werften-Vereinigung« festgelegte Ziel der Werften nach einem festen Gewinn von 5—10 Prozent als maßvoll akzeptiert hätte, hätte er den Werften nicht entgegenkommen können. Wie sehr das Reichsmarineamt mit der Drohung, Neubauten notfalls an Außenseiter wie Schichau oder die kaiserlichen Werften zu vergeben, einen Keil zwischen die Werften treiben konnte, zeigen die Nachwirkungen der Verhandlungen über die im Frühjahr 1913 zur Vergabe anstehenden Großkampfschiffe. Eingeschüchtert durch die Drohungen des Reichsmarineamts hielten sich die um ihre Existenz bangenden Ho- waldtswerke nicht an die vorläufige, mündliche Absprache vom Frühjahr. Zudem for- derten sie, daß der ihnen erteilte Auftrag nicht auf den vereinbarten Turnus angerech- net werden solle206. Je nachdem, ob man den Turnus nun bereits im Februar oder erst im Juli 1913 beginnen ließ, bedeutete dies, daß die Howaldtswerke innerhalb der zu- nächst vorgesehenen Vertragsdauer bis 1918 ein bzw. gar zwei Linienschiffe zugeteilt erhielten. Da die anderen Werften die Rechtsauffassung der Howaldtswerke, die den Turnus erst im Juli 1913 beginnen lassen wollte, nicht teilten und auch Versuche, die Howaldtswerke über die Deutsche Bank unter Druck zu setzen, fehlschlugen, blieben die Howaldtswerke schließlich außerhalb der Vereinigung207. Nachdem am 17. Januar 1914 in einer Versammlung208, an der die AG Weser, die AG Neptun, Blohm + Voss, der Bremer Vulkan, die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft, die Germaniawerft, die Reiherstiegwerft und die Vulcanwerft teilgenommen hatten, die Errichtung eines gemeinsamen Kontos bei der Deutschen Bank beschlossen wor- den war und dieser Beschluß in einer weiteren Sitzung am 5. April 1914 bekräftigt wur- de, kam die Bildung des Werftkartells schnell voran209. Begünstigt wurden die weiteren Verhandlungen, die im Juni 1914 zum Abschluß kamen, durch die Tatsache, daß sich die beteiligten Werften an die im Satzungsentwurf vom 29. Juli 1913 festgelegten Re- gelungen hielten210. Mit der Abgabe der endgültigen Beitrittserklärung durch die Vertreter der AG Weser und der Vulcanwerft in der Sitzung der Kriegsschiffwerften vom 16. Juni 1914 bestand seit diesem Zeitpunkt ein Kartell, dem neben diesen beiden Werften noch die Germa- niawerft und Blohm + Voss angehörten. Da auch die Handelsschiffe bauenden Werf- ten zu einer prinzipiellen Übereinkunft gelangt waren, waren die Vertreter der betei- ligten Werften auf einer weiteren Versammlung vom 19. Juni 1914 allgemein zuver- sichtlich, daß auch die dem Kartell noch nicht angehörenden Werften bald von der Richtigkeit eines Beitritts überzeugt werden könnten. Für eine solche Entwicklung sprach zum einen die Tatsache — wie H. Blohm zufrieden feststellte —, daß die der Vereinigung angehörenden Werften Aufträge im Wert von 69 Millionen zu guten Preisen zu verzeichnen hatten — im Gegensatz zu den anderen Werften, deren Auf- tragsvolumen sich bei zudem schlechteren Preisen auf nur 17 Millionen Mark belief. Zum anderen winkte die verlockende Perspektive eines Kontinentalkartells, über das seit 1913 zwischen deutschen und englischen Werftvertretern verhandelt wurde und das allmählich Gestalt annahm, wie der Besuch einer englischen Werftendelegation in Hamburg Anfang Juni 1914 bewies211. Da der Kriegsausbruch eine gänzlich andere Situation schuf, ist die Frage, ob dieses Kartell letztlich Bestand gehabt hätte, nicht zu beantworten. Was die, so das Reichs- marineamt im offiziösen »Nauticus«, »befruchtende Wirkung der Flottengesetze auf die deutsche Industrie« betrifft212, läßt sich für die Werftindustrie aber eindeutig fest- stellen, daß es diese nicht gegeben hat. Ähnlich wie die gesamte deutsche Flottenpolitik standen im Grunde auch die deutschen Werften 1914 vor dem Bankrott.

XIII.

Zusammenfassend wird man angesichts der hier vorgelegten Dokumente zunächst sa- gen können, daß sie erneut die große Verantwortung der Politiker und Militärs für die Einleitung der Aufrüstungspolitik 1897/98 belegen. Um die von ihnen angestrebten Ziele, denen in hohem Maße ein sozialimperialistisches Kalkül zugrunde lag, realisie- ren zu können, waren sie auf die aktive Mithilfe der Industriellen angewiesen. Indem sie diesen mit dem Flottenbau erhebliche materielle Anreize anboten, sollte gleichzeitig einer Neuauflage des Bündnisses zwischen den »alten Eliten« und dem Großbürger- tum der Weg geebnet werden. In Anbetracht der großen Perspektiven, die der Flotten- bau zu eröffnen schien, hat die große Mehrheit das Angebot freudig begrüßt und dem- entsprechend investiert. Die damit verbundenen Hoffnungen auf hohe Gewinne haben sich allerdings nur zum Teil erfüllt. Vor allem die Werftindustrie hat nach einer kurzen Phase der Prosperität die negativen Folgen der durch den Flottenbau begonnenen Ex- pansion zu spüren bekommen. Im Gegensatz zu Tirpitz' Versprechungen und den ei- genen hochgespannten Erwartungen zeichnete sich bereits nach der Jahrhundertwen- de ein negativer Trend auf dem Schiffbaumarkt ab. Da sich die Werften sowohl im Handelsschiffbau als auch im Kriegsschiffbau erst 1914 auf ein Kartell einigen konn- ten, besaßen sie keine Möglichkeit, um die durch Uberkapazitäten, kostenspielige Er- weiterungen und schlechte Preise verursachten Gewinneinbußen aufzuhalten. Die Firma Krupp ist diesbezüglich allein schon aufgrund ihrer monopolartigen Stel- lung bei Marinegeschützen und der Herstellung von Panzerplatten in einer besseren Situation gewesen. Sieht man einmal von der ständig Verluste machenden Germania- werft ab, so hat sie am Flottenbau ohne Zweifel ganz erheblich verdient. Diese Gewin- ne — und dies gilt es mehr als bisher zu berücksichtigen — bewegten sich aber sowohl im nationalen wie auch im internationalen Vergleich durchaus im Bereich des Übli- chen. Weiterhin hat sich gezeigt, daß auch der Einfluß interessierter Rüstungsindustrieller auf politische Entscheidungen nicht überschätzt werden sollte. Gerade bei der Flotten- rüstung kann man sehen, daß es Tirpitz mit Hilfe eines virtuos gehandhabten Reper- toires von administrativen Maßnahmen und gezieltem Druck im Reichstag bzw. in der Öffentlichkeit verstanden hat, sich selbst gegenüber einer Firma wie Krupp erfolgreich durchzusetzen. Insgesamt sollte man daher, wenn man unter dem Gesichtspunkt der politischen und sozialen Folgekosten die beteiligten Politiker, Militärs und Industriellen beurteilen will, vor allem zunächst die in den Blick nehmen, die bewußt dieses gigantische Aufrü- stungsprogramm initiiert haben und dann erst die, die sich dabei nicht anders verhalten haben, als man es von ihnen erwarten konnte.

94 Dokumente213 1. Brief F. A. Krupps214 an H. Jencke215 vom 14. Oktober 1897 Historisches Archiv der Fried. Krupp GmbH. FAH III Β 126

Sehr geehrter Herr Jencke! [. . . ] 213 Für Ihre interessanten Mitteilungen danke ich ihnen bestens216. Bezüglich Ihrer Mitteilung betr. Tirpitz's217 Wunsch, ist es wohl richtiger, Ihnen eine Aufklärung zu geben, zu der ich bisher keine Gelegenheit hatte. Da Sie, wie es scheint, für die grosse Aktion von Handel und Industrie mitthätig sind — schon auf Grund Ihrer Stellung zum Central-Ver- bande218 — so ist es nötig, dass Sie wissen, dass Admiral Tirpitz in erster Linie mit mir über die beabsichtigte Aktion gesprochen hat, um mit mir den Plan, wie vorgegangen werden sollte, zu beraten. Das war auch der Grund, weshalb mir Tirpitz nach Scheveningen schrieb und um eine Besprechung bat219. Zur grössten Verwunderung von Tirpitz lehnte ich es ab, in der Sache selbst thätig zu sein, weil jede Indiskretion nach dieser Richtung hin die Wirkung vereiteln konnte. — Krupp durfte mit dieser Sache nicht in Verbindung gebracht werden, sei es nun durch mich oder durch Sie. Ich erbot mich aber, ihm einen Mann zu nennen und ihm zuzuführen, von dem die ersten Anregungen ausgehen sollten; dies war Schweinburg220, und nachdem Tirpitz sich dazu bereit erklärt hatte, mit Schweinburg zu verhandeln und ich die zunächst einzu- schlagenden Schritte von Seiten Schweinburg's mit diesem festgestellt hatte, habe ich mich im Interesse der Sache vollständig zurückgezogen221. Wie Sie aus dem Vorstehenden ersehen, bin ich ganz entschieden für diese Aktion, die ei- nen gewissen Eindruck nicht verfehlen und der Regierung etwas Zuversicht geben wird. Aber wie ich schon sagte, darf ich mich in keiner Weise daran beteiligen, und damit der Na- me Krupp unter keinen Umständen in Beziehung zu dieser Angelegenheit gebracht wird, möchte ich Sie dringend bitten, Ihre Thätigkeit nur auf eine beratende — möglichst hinter den Koulissen — zu beschränken. Sollte zwischen Ihnen und Tirpitz dieser Gegenstand zur Sprache kommen, so bitte ich Sie, ihm die Wichtigkeit meines Standpunktes nochmals klar zu machen. [. . .]213 Mit herzlichem Gruß Ihr ergebener gez. F. A. Krupp

2. Brief B. v. Bülows222 an F. A. Krupp vom 22. Mai 1898 Historisches Archiv der Fried. Krupp GmbH. FAH III Β 145

Hochverehrter Herr Geheimrath! Euer Hochwohlgeboren erlaube ich mir vom Standpunkte des Auswärtigen Amts den leb- haften und dringenden Wunsch an's Herz zu legen, daß Sie die Fertigstellung der neuen Kriegsschiffe für Seiner Majestät Flotte, soweit nur irgend möglich, beschleunigen wollen. Niemals habe ich so sehr wie jetzt, wo ich die Befehle Seiner Majestät des Kaisers auf dem Gebiet der auswärtigen Politik auszuführen habe, es empfunden, wie richtig auch heute und gerade für unser Vaterland die Darlegungen jenes bekannten amerikanischen Schriftstellers Mahan223 sind, wonach zu allen Zeiten Blüthe und Gedeihen großer Staatswesen im eng- sten Kausalzusammenhang mit der Entwicklung ihrer Seestreitkräfte stehen. Nur wenn die Lücken, welche Deutschlands Kriegsrüstung zur See, leider, heute noch aufzuweisen hat, recht bald und recht vollständig ausgefüllt werden, vermag ich auch meinerseits nach den Allerhöchsten Direktiven gute und erfolgreiche Politik zu machen. Diese Voraussetzung zu schaffen, liegt nunmehr, verehrter Herr Geheimrath, wesentlich bei Ihnen. Zu Ihrer be- währten Einsicht, warmen patriotischen Gesinnung und treuen Anhänglichkeit an unsern Allergnädigsten Herrn hege ich doch das Zutrauen, daß Sie sich der Ihnen hiernach er- wachsenden großen und schönen Aufgabe mit ganzer Kraft und unter Hintansetzung jeder anderen Rücksicht widmen werden. Ich bin gewiß, daß unser erhabener Kaiser hierüber nicht anders denkt und daß Allerhöchstderselbe, wenn Sie Allerhöchstseinen diesbezügli- chen Wünschen entgegenkommen, hierin einen neuen Beweis dafür erblicken wird, wie ge- rechtfertigt Sein gnädiges Vertrauen zu der Firma Krupp und ihrem Leiter auch in Zukunft sein wird. Indem ich Sie bitte, das Vorstehende als den Ausdruck meiner festen Uberzeugung von der Größe der in Frage stehenden vaterländischen Interessen betrachten zu wollen, zeichne ich, verehrter Herr Geheimrath, mit dem Ausdruck besonderer Werthschätzung u. Hochach- tung Euer Hochwohlgeboren ganz ergebener B. von Bülow

3. Denkschrift H. Jenckes für F. A. Krupp vom 31. März 1900 224 Historisches Archiv der Fried. Krupp GmbH. FAHIIIB 36.

Seit Langem bildet die Höhe der Panzerplatten-Preise den Gegenstand der unerhörtesten Agitation in der Preße und in Reichstagskreisen gegen die Fabrik und gegen Herrn Krupp persönlich225. Ich glaube die Gewißheit zu haben, daß diese Agitation aus dem Reichs-Ma- rine-Amt heraus, wenn nicht inaugurirt, so doch jedenfalls genährt worden ist. In Verbin- dung hiermit werden andere Behauptungen unwahrer und tendenziös erfundener Art (ζ. B. Preis der Feldgeschütze226, Verhältniße des Schießplatzes Meppen227 pp. betreffend) in der Preße nahezu jeder Schattirung verbreitet, deren Urheber offenkundig in Düßeldorf228 zu suchen ist. Die Sache macht überall und insbesondere in Berlin großes Aufsehen: die Herren Exc. Tir- pitz und von Rheinbaben225 haben dringend empfohlen, daß Ihrerseits in der Preße auf die erhobenen Angriffe und Anschuldigungen reagirt werde; Ihr Directorium ist der entgegen- gesetzten Ansicht. Admiral Hollmann230, auf den ich später komme, pflichtet der Ansicht Ihres Directoriums durchaus bei; auch Admiral Sack231. Die Erfahrungen, welche Herr v. Stumm232 in diesen Tagen mit seinen mehrfach durch die Preße verbreiteten Dementis macht, läßt auch gar keine Aussicht auf Erledigung der Sache durch irgendwelche Erklä- rung oder Zeitungspolemik. In folgendem soll versucht werden, die Gesammtsituation, so gut dies auf schriftlichem We- ge möglich ist, zu schildern u. die Auffaßung Ihres Directoriums zur Sache darzulegen. I. Am 27. Februar d. J. erhielt ich von Exc. Tirpitz die in der Anlage Α unter I ersichtliche Depesche233, welche ich nach Besprechung im Directorium mit dem Telegramm unter II234 und bzw. dem Schreiben unter III beantwortete235. An diese Correspondenz Schloß sich ei- ne ganz kurze Besprechung in Kiel am 15. März u. eine solche von mehr als zweistündiger Dauer mit Exc. Tirpitz am 24. dieses Mts. in Berlin236. Ich habe in dieser Besprechung, in welcher ich dem Staatssecretair zunächst zum Vorwurf machte, daß er den unerhörten An- griffen auf die Industrie im Reichstage kein Wort zu entgegnen unternommen habe, die ganze Geschichte und Entwicklung unserer Panzerplattenfabrikation dargelegt — hiervon hat er anscheinend legaler Weise in der Budget-Commißion237 Gebrauch gemacht —, habe ferner das Maaß der bisherigen u. der bevorstehenden Beschäftigung des Panzerplatten- walzwerks durch die Marine richtig gestellt, schließlich aber zu seiner großen Unzufrieden- heit jede Berechtigung seiner Seits, nach Selbstkosten, Details der Calculation pp. über- haupt zu fragen, in der entschiedensten Weise in Abrede gestellt, auch diesen Standpunkt festgehalten, als der Staatssecretair bemerkte, daß mit Ablehnung jeder Auskunft angesichts der Stimmung im Reichstage die ganze Flottenvorlage gefährdet werde. Auf andere inte- reßante und bezeichnende Themata der Unterredung will ich, als von der Hauptsache ab- liegend, hier nicht eingehen. Anschließend an die Unterredung habe ich nach Feststellung im Directorium und unter beifälliger Zustimmung der Herren Exc. Hollmann u. Adm. Sack am 30. März d. J. das sub Β beiliegende Schreiben an Exc. Tirpitz gerichtet238. II. Ihr Directorium hat die Gesammtsituation in eingehendste Erwägung genommen und ist hierbei zu der in den folgenden Punkten niedergelegten Auffaßung gelangt: 1. Eine Revision der Calculation der Panzerplattenpreise239 mit der Tendenz einer Ermäßi- gung derselben ist angezeigt und zuläßig, sobald die Annahme der Flottenvorlage eine lan- ge Zeit dauernde regelmäßige und erhebliche Beschäftigung des Walzwerks erwarten läßt. 2. Eine Herabsetzung der Verkaufspreise ohne jede Rücksicht auf das zu fabricirende Jah- resquantum ist unzuläßig; eine solche würde das — unberechtigte — Eingeständniß enthal- ten, daß die bisherigen Preise zu hoch gewesen seien. Eine Ermäßigung der Preise kann da- her nur in der Form eines Rabatts in Frage kommen, welcher etwa so zu bemeßen wäre, daß bei einem facturirten Jahresquantum von 4000 t eine Ermäßigung von 200 M. pro t, bei ei- nem Jahresquantum bis zu 3000 t eine solche von 100 M. pro t, darunter aber eine Ermäßi- gung überhaupt nicht in Frage kommen. Die Ziffern sollen hiermit nicht endgültig festge- stellt sein, sondern nur einen vorläufigen, allerdings aber möglichst festzuhaltenden Vor- schlag für die spätere Verhandlung bedeuten. 3. Es ist jedoch vollständig ausgeschloßen, daß Ihre Firma gegenwärtig irgend einen entge- genkommenden Vorschlag, so insbesondere den unter 2. macht. Auch nur der leiseste Schein, daß Etwas unter dem Druck der Preße oder des Reichstages geschehe, muß vermie- den werden. Die gegebene Zeit für weitere Verhandlungen mit dem Reichsmarine-Amt kann daher heute noch nicht bestimmt werden.

III. Exc. Tirpitz ist darüber nicht in Zweifel gelaßen worden, daß ohne Ihre persönliche Entschließung in der Sache Nichts geschehen könne: er hat mich um Berichterstattung an Sie ersucht. Ihr Directorium ist der Ansicht, daß ein Schreiben, wie es in der Anlage C Ihnen im Entwurf vorgelegt wird, die einzige gegebene Art der Behandlung der Sache ihrer Seits zunächst sein kann240.

IV. Ich habe mich für befugt erachtet, die Gesammtlage in ausführlichster Weise mit Exc. Hollmann durchzusprechen, demselben auch den Gang meiner Unterhaltung mit Exc. Tir- pitz zu referiren und von den Absichten der Firma, wie sie oben unter II.2 dargelegt werden, ihn in Kenntniß zu setzen. Exc. Hollmann betonte wiederholt ausdrücklich, daß er »voll und ganz« in jeder Beziehung sich auf meinen Standpunkt stelle u. den Entwurf des von Ih- nen eventuell an Exc. Tirpitz zu richtenden Schreibens »in jedem Worte correct und tadel- los« finde. Mit Rücksicht darauf, daß auch diese Frage der Panzerplattenpreise in entstellter Weise an S. M. gebracht werden wird, glaubte ich auch, zumal Adm. Sack dies mir in drin- gender Weise empfohlen hatte, Exc. Hollmann in Ihrem präsumptiven Einverständniß an- heimstellen zu sollen, S. M. richtig zu informiren241. Exc. Hollmann wird dies thun, hält es aber für dringend geboten, daß Sie sogleich nach Ihrer Rückkehr zu S. M. gehen. Von mei- nem Schreiben an Exc. Tirpitz vom 30. d. Mts. (Anlage B) habe ich Exc. Hollmann Ab- schrift gegeben242.

V. Daß Alles mit Adm. Sack von mir besprochen wurde, war aus den obigen Ausführungen zu entnehmen.

VI. In der Sache selbst wird schließlich nach vorgängiger Verständigung mit Dillingen vor- zugehen sein. Dasselbe dürfte jedem diesseitigen Vorschlage zustimmen243. Jencke

4. Undatierte Denkschrift244 F. A. Krupps für Wilhelm II. Historisches Archiv der Fried. Krupp GmbH. FAHIIIB 36

Die Höhe der Preise der von der Gussstahlfabrik Fried. Krupp an die Kaiserlich Deutsche Marine gelieferten Panzerplatten ist im Laufe der vergangenen Monate der Gegenstand lebhafter Erörterung in der Presse und in der Budget-Commission des Reichstags gewesen und hat in der Presse verschiedenster Parteirichtung zu den gehässigsten Verleumdungen und Angriffen gegen meine Fabrik und gegen meine Person geführt. Es darf angenommen werden, dass diese letzteren auch zur Kenntnis Eurer Majestät gelangt sind, und meine Ausführungen haben den Zweck, die vollständige Unbegründetheit derselben darzulegen. Vorerst darf bemerkt werden, dass die Firma Fried. Krupp durchaus nicht aus eigener In- itiative, sondern nur auf fortgesetztes Drängen und sehr entschiedenes Zureden des Reichs- Marine-Amts, und zwar sehr ungern, in die Fabrikation der Panzerplatten überhaupt einge- treten ist245. Es war ihr seiner Zeit durchaus nicht erwünscht, ihren mannigfaltigen Betrieb durch Aufnahme eines neuen Fabrikationsartikels anderweit zu compliciren. Das P[a]nzerplattenwalzwerk der Firma Fried. Krupp ist danach im Betriebsjahre 1890/91 fertig gestellt worden; eine Ablieferung von Panzerplatten fand in diesem Jahre jedoch noch nicht statt. In den darauf folgenden acht Betriebsjahren (1891/92 bis 1898/99) war die Fabrikation hinsichtlich der in Bestellung befindlichen Quantitäten Panzerplatten eine durchaus unre- gelmässige. Die Leistungsfähigkeit des Werkes wurde in keinem dieser Jahre voll ausgenutzt. Wohl aber war die Beschäftigung in einzelnen Jahren so gering, dass diese Jahre an Stelle eines Gewinns einen Verlust ergaben, dass weder eine Verzinsung, noch viel weniger die nöthige Amortisation erreicht, vielmehr der sich in mässigen Grenzen haltende Gewinn vorhergehender Jahre absorbirt wurde246. Das Erträgnis der bisherigen neunjährigen Betriebsperiode wurde überdies dadurch ganz wesentlich nachtheilig beeinflußt, dass die Fabrikationsmethode im Interesse der Verbesse- rung der Qualität der Platten beständig wechselte. Die erstgelieferten Platten waren Com- pound-Platten, und nur durch nie unterbrochene, umfassende, mit enormen Aufwande ver- bundene Fabrikations- und Schiessversuche wurde in stetem, von Jahr zu Jahr sich steigern- dem Fortschritt der heutige Stand der Fabrikation erreicht247. An die Kaiserlich Deutsche Marine gelangten in den seit Fertigstellung des Panzerplatten- walzwerks abgelaufenen neun Jahren die nachstehend verzeichneten Quantitäten von Pan- zerplatten zur Ablieferung: im Jahre 1890/91 0 Tonnen im Jahre 1891/92 1567 Tonnen im Jahre 1892/93 2890 Tonnen im Jahre 1893/94 1512 Tonnen im Jahre 1894/95 214 Tonnen im Jahre 1895/96 34 Tonnen im Jahre 1896/97 722 Tonnen im Jahre 1897/98 1917 Tonnen im Jahre 1898/99 2076 Tonnen Es ergiebt dies in Summa innerhalb neun Jahren eine Gesammtlieferung von 10932 Tonnen, was dem geringfügigen Jahresdurchschnitt von 1215 Tonnen, d. i. dem Bedarf für etwa ein halbes Schiff entspricht. Dieser Durchschnitt ist durch Bestellungen des Auslandes nur wenig aufgebessert worden. In den Jahren 1890/91 bis 1894/95 lagen Bestellungen des Auslandes überhaupt nicht vor. Im Jahre 1895/96, in welchem, wie oben ersichtlich, für Deutschland nur 34 Tonnen, d. i. gleichbedeutend mit nichts, geliefert wurden, wurde, um eine vollständige Ausserbetriebsset- zung des Panzerplattenwalzwerks und eine Entlassung der sämmtlichen Arbeiter zu vermeiden, ein Auftrag auf Lieferung von 332 Tonnen für Spanien zu Preisen ausgeführt, welche kaum noch als gewinnbringend bezeichnet werden konnten248. In den darauf folgenden drei Betriebsjahren (1896/97 bis 1898/99) wurden für das Ausland insgesamt 2809 Tonnen fabricirt, sodass der Jahresdurchschnitt durch Bestellungen des Auslandes innerhalb der letzten vier Betriebsjahre überhaupt nur um 785,4 Tonnen aufge- bessert wurde249. Somit sind im Ganzen für Inland und Ausland innerhalb der bisherigen neunjährigen Be- triebsperiode im Jahresdurchschnitt nur 1561 Tonnen hergestellt worden. Es bedarf keiner besonderen Auseinandersetzung, dass eine in Bezug auf das Herstellungs- quantum so ausserordentlich von Jahr zu Jahr wechselnde und zudem in Bezug auf die Her- stellungsmef/We vielfachen eingreifenden Umwandlungen unterliegende Fabrikation ganz ausserordentlich kostspielig sein muss und dass dieser stete Wechsel und die Unsicherheit der Gestaltung des Betriebes für die nächstliegende und weitere Zukunft die in die Calcula- tion der Selbstkosten gewissenhafter Weise einzubeziehende Amortisationsquote ungünstig beeinflussen muss. Ueber die in Vorstehendem erwähnten Ziffern und Betriebsverhältnisse, über die grossen Verluste, welche eine kostspielige, in ihrer Leistungsfähigkeit nicht annähernd ausgenutzte Fabrikanlage ihrem Besitzer bringt, über den Aufwand, welchen der Bau eines Panzerplat- tenwalzwerks überhaupt erfordert, befinden sich diejenigen in voller Unkenntnis, welche gegenwärtig die Höhe der Panzerplattenpreise kritisiren und den an der Herstellung dersel- ben erzielten Gewinn als einen maasslosen bezeichnen. Auch wird hierbei vollständig übersehen, dass die Preise, welche in Frankreich und England für Panzerplatten bezahlt werden, den hier bezahlten nicht nur gleich, sondern, soviel hier bekannt, sogar etwas höher als die letzteren sind, wie dies auch beim Reichs-Marine-Amt bekannt sein dürfte250. Bei diesem geringen Jahresquantum und im Hinblick auf das Risiko, dass durch ein weiteres Steigen der Arbeitslöhne251 und der Materialienpreise252 die Calculation der Selbstkosten in Zukunft in noch viel höherem Masse wie bisher nachtheilig beeinflußt werden wird, ist an ein Herabsetzen der Preise zunächst garnicht zu denken, es müsste denn das Reichs-Mari- ne-Amt in der Lage sein, der Firma Fried. Krupp in Bezug auf die Lieferung ganz erhebliche und besondere Vortheile zu gewähren, die es ihr ermöglichen könnten, an eine bescheidene Reduction der Preise heranzutreten. Bei Beurtheilung253 der Sachlage sollte endlich nicht übersehen werden, dass in Folge Ver- besserung der Qualität der Panzerplatten — und an dieser Verbesserung hat die Firma Fried. Krupp das alleinige Verdienst — die Panzerung eines Schiffes sich bei gleicher Wider- standsfähigkeit heute, trotz erhöhten Preises pro Tonne Gewicht der Panzerplatten, we- sentlich billiger berechnet als früher. Die Widerstandsfähigkeit der gehärteten Nickelstahlplatten kann etwa als die doppelte der Compound-Platten angenommen werden. Die 40 und 30 cm dicken Compound-Platten ζ. B. der »Wörth« könnten ohne Verringerung der Wirksamkeit des Panzerschutzes durch 20 resp. 15 cm dicke gehärtete Nickelstahlplatten ersetzt werden. Das Panzergewicht der »Wörth« ist circa 2100 Tonnen und kostete die Tonne 1521 Μ 50 Pf. franco Werft. In Compound-Material ausgeführt, kostete der Panzer somit 3.195.000 Mark. Ein gleichwerthiger Nickelstahlpanzer würde wiegen 1050 Tonnen. Da der Preis pro Tonne 2320 Mark franco Werft beträgt, so ergiebt dies einen Gesammtkostenbetrag von 2.436.000 Mark. Es würde daher bei Anwendung des Nickelstahlpanzers gleicher Widerstandsfähigkeit eine Ersparnis von 759.000 Mark = 23,5% des Plattenpreises und zudem eine Gewichtserspar- nis von 1050 Tonnen = 50% erzielt werden. Die Verbesserung der Qualität der Panzerplatten und die Erhöhung der Preise für diesel- ben bedeutet daher einen Vortheil weit mehr für die Kaiserliche Marine als für die Fabrik.

5. Notizen F. A. Krupps für seine Audienz bei Wilhelm II.254 Historisches Archiv der Fried. Krupp GmbH. FAH III Β 36

Das sogenannte Monopol, welches sich die Fabrik in ehrlicher Arbeit und in anständigem Kampf gegen die Concurrenz erworben hat, will man ihr nunmehr zum Vorwurf machen. Man unterstützt die Entwickelung von Concurrenzwerken, nicht auf Grund ihrer Verdien- ste, sondern255 aus Uebelwollen gegen meine Fabrik und auf Kosten derselben256. Ich finde keine Stütze und Vertheidigung von Seiten der Behörden. Es ist ein Kampf der Regierung, des Stärkeren, gegen meine Fabrik, den Schwächeren. Krupp ist Constructions- bureau für die Marine und somit werden alle Zeichnungen und Erfahrungen meiner Fabrik auch Eigenthum der in's Leben gerufenen Concurrenz. Meine Rücksicht gegenüber dem Staate wird in krassester Weise ausgebeutet. Ich muß mei- ne Werkstätten gegen Fremde schließen, bin in Verhandlungen mit Fremden und in Versu- chen vor Fremden behindert257. Damit verliere ich Jahre in Beziehung auf Fortschritt und Bekämpfung der ausländischen Concurrenz258. Die Beziehungen zu ausländischen Kunden werden getrübt. Andere Werke können die besten ausländischen Kräfte anstellen, auf die ich durch staatli- che Beschränkung verzichten muß259. Aus Rücksicht gegen S. M. halte ich mich von Vereinigungen in Kriegsmaterial fern, ob- gleich die inländischen Werften und andere Werke stets in dieser Richtung hin auf mich eindringen260. Der Standpunkt, den S. M. gegenüber meiner Fabrik einnimmt, die Anerkennung von Al- lerhöchster Seite wird von den hauptsächlich in Frage kommenden Behörden nicht ge- theilt261. Man ist nicht stolz darauf ein ähnliches Werk, wie das meinige, in Deutschland zu haben, im Gegentheil es wird als Last und als Hinderniß empfunden. Eine Actiengesellschaft262 würde die Stimmung allgemein mit einem Schlage ändern, weil dann alle Kreise ein materielles Interesse an dem Gedeihen des Werkes haben würden. Allerdings wäre es dann nicht wieder möglich ein neues Feldgeschütz263 in so kurzer Zeit und ohne Bekanntwerden fertigzustellen; überhaupt wäre der Fortschritt in der Fabrikation von Kriegs- u. Marine-Material auf die lange Bahn geschoben, da keine Actiengesellschaft die Summen zu Versuchen aufwenden kann, wie ein Privatbesitzer, denn der meiste Ver- dienst muß in die Hände der Actionnäre fließen. Jede Neuerung oder Bestellung muß ausposaunt werden, um den Stand der Actien zu he- ben. (Bei der Bestellung der 300 Rohre bei Erhardt beispielsweise erhöhte sich das Actienca- pital um den vierfachen Betrag des Werthes der Lieferung.)264 Die Preise, welche der Staat zu zahlen hätte, würden sich auf dem höchstmöglichen Niveau halten, aus dem einfachen Grunde, weil die Actionnäre die Früchte in ausgiebigstem Maße genießen wollen. Meine Hände sind gebunden, ich kann mich nicht wehren und ich werde an allen Ecken ge- schädigt. Die Concurrenz gegen Actiengesellschaften [ist] fast unmöglich. — Der Privatbe- sitzer muß bei Ankäufen das Gold auf den Tisch legen, die Actiengesellschaft giebt neue Actien zu hohem Course aus. — Beispielsweise kaufte Karlsruhe Loewe u. Mauser zu 15.000.000 Μ und bezahlte nur mit 6 Millionen Actien265. — Im Auslande wird zu Ungunsten von meiner Fabrik gewirkt auf Grund von Anschuldigun- gen im Inlande, die von Seiten der Behörden unberichtigt durchgelassen werden266. Ein Beispiel, wie gegen F. K[rupp] auch anonym gehetzt wird — beiliegender Zeitungsaus- zug267-. Depesche von T[irpitz] an Jencke268. — Commision zur Feststellung der Leistungsfähigkeit der Industrie268. Inquisition. Fragt die discretesten Dinge aus. In der Commission ein roth- haariger Jude, tactlos, indiscret u. international. Erwiesener Maßen die Quelle für die Fein- de Schweinburgs270.

6. Notizen F. A. Krupps über seine Audienz bei Wilhelm II.271 Historisches Archiv der Fried. Krupp GmbH. FAHIIIB36 Bemerkungen

Zeile 10 272: bei »Schadenfreude« lachte S. M. (zustimmend). Z[eile] 13 273: Riesengewinne: Anlage 6 vorgelesen. S[eite] 2 am Schluß (Z[eile] 4 n[ach] unten) freie Bahn: K[rupp]: Tirpitz sei sehr schroff gegen G[eheim] R[at] Jencke aufgetreten; leider läge ge- gründete Veranlassung vor, anzunehmen, daß S. Κ. H. Prinz H[einrich]274 ebenso dächte und gerade dieser Umstand berührt mich sehr peinlich und ist ein Faktor, der für die späte- ren Entschließungen mit maßgebend sein dürfte275. S. M. gab durch Mienen zu verstehen, daß meine Annahme richtig ist. S[eite] 3 Zeile 12 Torpedoboote276: S. Μ. lachte. K[rupp]: Erlauben Ε. M., daß ich bei dieser Gelegenheit sage, T[irpitz] hat im vorigen Jahr die Unwahrheit gesagt, wenn er von mir behauptet, ich wolle Schichau durch m[eine] Kon- kurrenz totmachen. Ich erklärte S. M., wie die Sache zusammenhängt und was ich gesagt habe. Daß mir jede Möglichkeit abgeschnitten sei, Bestellungen auf Torpedoboote vom Ausland zu erhalten, wenn ich nicht eine Bestellung von der deutschen Marine hatte. Im übrigen müßte ich konstatiren, daß es mir absolut fern läge, Schichau in Deutschland eine Konkurrenz zu machen; ich hoffte, gute Arbeit zu liefern und daß das Ausland dann gute Auskunft über meine Boote vom R. Μ. A. erhalten würde. So hätte ich offen und klar ge- genüber T[irpitz] gesprochen, dieser hat277 aber zu anderen geäußert: Ich hätte mit Eigen- sinn darauf bestanden, die Bestellung zu erhalten, um Schichau tot zu machen. Den Gewährsmann bat ich nicht nennen zu dürfen278. Ebenso sei die Hetze gegen Schw[einburg] 279 auch gegen mich vom R. Μ. A. unterstützt, bester Beweis sei die Wedekind-Korrespondenz, die auf höhere Weisung die Hetze fortset- zen muß280. S. M.: Ja das weiß ich. Nr. 5 281: Erhardt vorgetragen. Dann das Selbstgeschriebene282. Das sogenannte Monopol ihm vorgelesen und mit Beispielen (Rumänien, spanischer Militärattachee) illustrirt283. Depesche von T[irpitz] an Jencke vorgelesen »als eine unkeusche Zumuthung«, unter Kauf- leuten »unanständig« 284. Jencke's Antwort285: S. M. »ausgezeichnet«. K[rupp]: Angesichts dieser Thatsachen muß ich S. M. melden, daß ich in vollem Ernst die Frage erwäge, die Fabrik in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, da die jetzigen Verhält- nisse zu viele Anforderungen an mich stellen, daß ich nicht die Kraft habe, die Arbeit zu lei- sten286. Die Verwaltung meiner Werke, der Kampf gegen die Konkurrenz nehmen meine Kräfte so in Anspruch, daß ich nicht mehr287 in der Lage bin, auch noch gegen übelwollende Behör- den anzukämpfen. Der jetzige Augenblick sei ein günstiger und ich könne außerdem nicht zusehen, daß der Ruf und die Bedeutung der Firma heruntergingen und ich wollte nicht, daß man mir nach- sage, ich hätte das Werk heruntergebracht288. S. M.: Es ist sehr schlimm, was Sie da sagen, doch bitte ich Sie, die Entscheidung bis nach der Entscheidung über die Flottenvorlage ruhen zu lassen. (Ich habe den Eindruck als ob auch er erst nach der Entscheidung im Sinn meiner Beschwerde gegen die Behörde vorge- hen will)289. Er bat mich mit Hahnke290 u. Senden291 die ganze Angelegenheit zu besprechen, da er mit diesen beiden selbst die Sachen zu verhandeln pflege. Nach Besuch: S. M. hat lange mit Senden gesprochen. Darauf bat mich dieser um eine länge- re Unterredung, die ich aber aus dem Grunde ablehnte, weil ich abreisen müßte. Ich stellte ihm ein Zusammentreffen in Kiel in Aussicht292. Senden: S. M. läßt mich nicht in Ruhe. Die Fabrik kann doch A[ktien] Gesellschaft] wer- den ohne Zustimmung des Kaisers. Ich: Ο ja. Senden: Tirpitz wird das nicht wollen. Ich: Wenn das so fortgeht mit T[irpitz], so bin ich fest entschlossen. Senden: Ich werde mit Sack sprechen, um den modus vivendi zu erfahren, der Sie befrie- digt. Den Bericht293 über die Höhe der Panzerplatten-Preise habe ich z[um] Th[eil] vorgelesen und S. M. übergeben, der dazu äußerte: Ich sehe ein, daß das P[anzer]P[latten]W[erk] kei- ne gute Beschäftigung gehabt hat; das wird ja nun anders werden. Ich versicherte: das sei eine Nebensache, meinetwegen könnte es stillstehen; mir käme es nur auf das Verhältniß zu den Behörden an. — An Hahnke habe ich eine kurze Bemerkung gemacht, ohne auf Näheres einzugehen. 7. Notizen des Staatssekretärs des Reichsmarineamtes, Admiral v. Tirpitz, für einen Imme- diatvortrag294 BA-MA, Nachlaß Tirpitz Ν 253/20.

1. Persönlich u. sachlich der Großindustrie speziell Gruppe Krupp weitgehend entgegenge- kommen. Schweinburg (Lucanus) 295 Kiel (Besuch)296 Gesellschaftlicher] Verkehr mit Krupp u. Stumm. Im Plenum u. in d. Budgetkommission. 2. Wenn ich trotzdem jetzt bei Ε. M. verklagt werde, so große sachliche Differenzen. Staatsinteresse u. Geldinteresse d. Industriekönige. Deshalb nachstehender] Vortrag. 3. Ich habe übernommen u. als fait accompli angenommen] Geschützmonopol mit sehr ho- hen Preisen. b. Panzerplatten Monopol dito. Hierbei indessen /mich etwas mißliebig gemacht weil/ ein- 3 297 mal etwas auf Preise gedrückt. (V2— /4 Mill pro Jahr Erfolg) . c. Nicht angenommen /u. aufzuhalten/ gesucht Trust d. Werften u. /d. zunächst nur stu- diert/ Monopol des Schiffbaumaterials (Syndikat für Walzbleche)29i. 4. Letzteres Beides nöthig weil das in den nächsten Jahren /sich/ eintretende Maß der Ko- stensteigerung unser[er] Kriegsschiffe einen ganz außergewöhnlichen unmittelbaren Ein- fluß für die Entwicklung d. Kriegsmarine haben u. /weil zweitens weil die Entwicklung d. deutschen Gesammtschiffbau Industrie auf die Größe d. deutschen Handels- u. Kriegsflotte sowie/ auf Ε. M. gesammtpolitisches Programm einen /auße/ sehr großen indirekten Ein- fluß haben muß299. 5. Direkte Bedeutung d. Kostensteigerung Mehr als 100 Mill, im Flottenges[etz] nicht forderbar (sonst große Steuerfrage aufge- rollt)300. 87,6 Mill Kostenanschlag für 3 gr. 3 kl. u. 1 Torpedobts[flotille] 12,4 Mill Reserve. In den ersten 2 Jahren Reserve nicht sehr wirksam (frühere kl. Anfangsraten) frühere Ver- gebung S[ie]gfried Klfasse]301. /Zwar gelungen/ Bis zur nächsten Vermehrung unthunlich über Flottengesetzsummen hin- auszugehen. Außerdem aber außerordentlich wichtige Steigerung d. Schiffskosten nicht auffällig zu gestalten weil sonst /nächste Novelle/ gesetzliche Festlegung au$sicht[s]los wird302. Extrem 30.000 tons Schiffe303. Wenn wir diese Verhältnisse nicht auf Kosten d. Qualität unserer Schiffe bewältigen wollen so einziges Mittel Preissteigerung zurückhalten. /Also kein Monopol, kein Walzblech Synd./ Außerdem ist der Reichstag u. öffentliche] Meinung /auf/ durch Rede Goschens304 auf diesen Punkt aufmerksam. 6. Verhinderung zu starker Preissteigerung. Kein Schiffbaumonopol (Erste Spuren bei Vergebung Wittelsbachklasse (Germania u. Vul- kan) sichtbar pro Schiff 1 Mill305. Lebensfähig Erhaltung aller 4 Werften306. aber keine besondere Begünstigung d. Germania (in Technik außerdem zurück) 307. Rationellere Beziehungen d. Werften zu den Hütten. Beseitigung des Mißstandes daß 50% d. gesamten unter deutscher Flagge Schiffsbleche ζ. Z. noch von England bezogen wer- den308. Lloyd zahl[t] 15% weniger wie Marine309. Nach Holland u. Belgien ebenfalls billiger wie Marine. Syndikat nur für Inland310. Im Ganzen genommen fühlen diejenigen] Großindustriellen] welche auf d. Gebiet d. Schiffbaumaterials d. Monopol haben u. es auf dem Gebiet d. Werften anstreben daß das R. Μ. A. d. Bestreben hat die Preise zu drücken oder doch nicht höher kommen zu lassen. Das ist richtig. Daher wird dies[es] Bestreben d. R. Μ. A. in d. Sache u. in d. Personen be- kämpft. Diejenigen industriellen] Kreise welche dem Monopol noch nicht angehören311 u. d. Staatsbehörden mit den[en] R. Μ. A. verhandelt über diese Dinge haben d. Vorgehen d. 102 R. Μ. A. mit Wärme begrüßt312. 8. Niederschrift über die Verhandlung zwischen Vertretern des Reichsmarineamts und der Friedrich Krupp AG sowie der Dillinger Hüttenwerke AG über die Panzerplattenpreise am 22. Juni 1907313 Archiv der Dillinger Hüttenwerke AG, ohne Signatur

Verhandelt Berlin, den 22. Juni 1907 im Reichsmarine-Amt, Leipzigerplatz 17.

Anwesend: Admiral v. Eickstedt314, Exz. Admiral Goetz315, Admiral Capelle316, Geheimrat v. Coelln317, Kapitän zur See Dähnhardt318, Intendanturrat Thoma31'. Finanzrat Klüpfel32C, Direktor Ehrensberger321 für Fried. Krupp Essen. Direktor Weinlig322, Direktor Horn323 & Direktor Saeftel324 für Dillingen, v. Eickstedt eröffnet die Verhandlungen mit dem Ersuchen, das, was er sagen werde, ganz streng vertraulich zu behandeln. Der Bedarf des R. Μ. A. an Panzerplatten sei & werde wei- ter bedeutend gesteigert325; pro 1908 stelle er sich für ein Linienschiff auf fast 6000 t, für ei- nen Grossen Kreuzer auf 5000 t & künftig auf insgesamt 16.000 t jährlich, deshalb habe das R. Μ. A. jetzt ein noch höheres Interesse an einer Preisermässigung. Bei solch hohen Be- darfsziffern werde der Reichstag in die Details eindringen & niedrigere Preise fordern. Die Schaffung irgend eines Monopols müsse bei der gegenwärtigen Lage der Verhältnisse unter allen Umständen vermieden werden; es sei gut, wenn der Staatssekretär, der ohnehin einen schweren Stand habe, sagen könne, dass die Werke entgegengekommen seien. Komme eine Verständigung jetzt nicht zu Stande, so sei zu befürchten, dass der Staatssekretär, wenn er es nicht selbst tut, dem Drängen des Reichstages nachgeben müsse Sc gezwungen würde, durch Schaffung eines Staats- oder Subventionswerkes für Konkurrenz zu sorgen326. Von dem jetzigen Vertrage327 kann das R. Μ. A. vom 1. April 1908 ab zurücktreten unter den bekannten Bedingungen, die zu erfüllen aber ziemlich aussichtslos ist; gebunden sind wir bis 1910. Bei dem Zustandekommen eines neuen Uebereinkommens wolle man die Jahre 1911—1915 mit einbegreifen, sofern die Werke sich zu einem grösseren Preisnachlass ver- stehen. Die angebotene Preisermässigung von M. 70.00 sei zu gering. Das Krupp'sche Pa- tent erlösche im Jahre 1910. Eine Konkurrenz für die Jahre 1911—1915 sei wohl ausge- schlossen, aber immerhin sei es doch möglich, dass ein neues, billigeres Herstellungsverfah- ren erfunden werde. Es sei noch der Punkt zu erwähnen, dass, wenn ein Staatswerk gegrün- det werden sollte, die Lieferanten nicht berechtigt sein dürften, von den Lieferungen ganz zurückzutreten. Wenn ein Vertrag zu Stande komme, werde das R. Μ. A. keine Mittel su- chen, um die Werke zu drücken. Für alles, was hier besprochen werde, habe der Staatssekretär sich die Entscheidung vorbe- halten. Klüpfel: Wir haben Bedenken, so weit von unserem, in früheren Sitzungen dargelegten Standpunkte abzugehen. Der wichtigste Punkt des neuen Vertrages ist der § 7 328, für wel- chen die von den Werken vorschlagene Fassung bestehen bleiben muss, d. h. das R. Μ. A. soll das Recht haben, für die Etatsbewilligungen von 1911—1915 von dritter Seite zu bezie- hen, wenn es Platten besserer Qualität erhalten kann, hingegen muss die Klausel wegen bil- ligerer, gleich guter Platten fortfallen. Wir meinen eine grössere Sicherheit haben zu müs- sen; die vorgeschlagene Fassung wegen Staats- oder Subventionswerk, die ja ein gewisses Entgegenkommen enthält, genügt uns aber nicht. Wir stehen auf dem Standpunkt, dass der Lieferungsvertrag bis zum Jahre 1910 gesichert ist, & wenn wir darauf einen Nachlass ge- «währen, so muss er auf spätere Lieferungen angerechnet werden. Der angebotene Preisnachlass beträgt nach unserer Rechnung etwa M. 70.00. Da wir aber mehr komplizierte Platten haben, wie früher, so kann das R. Μ. A. durch Vereinfachung der Konstruktion selbst mitwirken, dass der Nachlass sich höher gestaltet, als vorgesehen. Das R. Μ. A. verlangt einen Preisnachlass von M. 150.00, das geht zu weit, namentlich mit Rücksicht auf die bereits fest abgeschlossenen Mengen. Wir sind aber nicht abgeneigt, für die neuen 5 Jahre eine Erhöhung des Nachlasses in Betracht zu ziehen, jedenfalls aber soll der höhere Nachlass erst nach 1910 in Betracht kommen. Wie hoch dieser Nachlass sein kann, hängt allein davon ab, welches Entgegenkommen das R. Μ. A. bezügl. des zuerst er- wähnten Punktes bezeigt. Die übrigen Punkte sind untergeordneter Bedeutung. Betreffend § 8 329 müssen wir aber frei sein. Wir wollen in einem solchen Falle nicht, keine Platten mehr liefern, sondern wollen nur nicht, dass nach Errichtung eines Staatswerkes dieses sich die leichteren Platten herausnimmt, & uns die schwierigeren überlässt.

v. Eickstedt: Es sei allerdings anzunehmen, dass das Staatswerk mit den leichteren Platten anfangen werde. Vielleicht könnten aber die Werke für die schwierigeren Platten, bei denen sie wenig verdienten oder vielleicht gar Zubusse erlitten, höhere Preise in den neuen Ver- trag einsetzen, & dagegen die Preise für einfachere Platten wesentlich ermässigen.

Capelle: Das, was ich sage, muss ich bitten ganz geheim zu halten, um so mehr, als es teil- weise nur rein persönliche Ansichten sind. Es besteht die Absicht, dem Reichstage im Herbst eine grössere Marine-Vorlage zu machen, die wir aus politischen Gründen bemüht sind, so unscheinbar wie möglich erscheinen zu lassen330. Schon im Jahre 1906 habe ich gesagt, dass ein Nachlass an den Panzerplattenpreisen der Marine die Sache erheblich erleichterte331. Das frühere Entgegenkommen hat uns tatsächlich diese Erleichterung verschafft. In der Budget-Kommission konnten wir stets darauf hinweisen, dass der Stein des Anstosses besei- tigt, & von den Werken ein grösseres Entgegenkommen in Gestalt der Bewilligung niedri- gerer Preise bewiesen sei. Nun beabsichtigen aber die Werke beim Abschluss eines neuen Vertrages eine erweiterte Sicherstellung auf 5 Jahre, was meiner Meinung nach einer Mo- nopolstellung doch gleichkommt; immerhin kann ich mich trotzdem mit diesem Gedanken befreunden. Die Sicherheit, die Krupp verlangt, hat eine reelle & eine ideelle Seite. Die reel- le ist meines Erachtens riesengross. Wir sind den Werken schon genügend entgegengekom- men; werden aber weitergehende Wünsche geäussert, so will ich mich diesen gegenüber nicht ablehnend verhalten, wenn die ideelle Seite, der ich eine sehr grosse Bedeutung beile- ge, besonders in der Würdigung der politischen Verhältnisse, genügend Berücksichtigung findet. Die ideelle Seite ist die, dass man mit Erfindungen rechnen muss, an die wir garnicht den- ken. Vielleicht kann eine entsprechende Fassung gefunden werden. Was die Preise anlangt, so seien wir wohl bis 1910 fest; trägt das aber den tatsächlichen Ver- hältnissen Rechnung? Bedenken Sie, dass die politische Lage sehr ernst ist 332. Es ist deshalb sehr wichtig, dass wir schon jetzt eine möglichst hohe Preisreduktion erhalten, die für die neu zu machenden Bestellungen in Kraft tritt. Mir persönlich ist der jetzt niedrigere, später höhere Nachlass ganz unsympathisch; M. 150.00 an Preisnachlass müssen wir m. E. als Minimum haben, sofern wir Ihnen auf an- derem Gebiete Konzessionen machen. Meine Idee ist, in § 7 das Wort »können« einzuschalten.

Es entspinnt sich nun eine längere Debatte darüber, dass durch diese Einfügung kein Vor- teil geboten wird, sondern dass dies durch Vergleichsbeschuss klargestellt ist. Weinlig hebt hervor, dass der gegenwärtige Vertrag als zu Recht bestehend anerkannt werde. Capelle: Das erkenne ich an. Klüpfel: Ich bitte zu berücksichtigen, dass die Löhne in den letzten Jahren regelmässig we- sentlich gestiegen sind333, & dass uns auch in den nächsten Jahren mit Sicherheit weitere Kämpfe um Erhöhung der Löhne bevorstehen, die doch bei der Preisfestsetzung eine we- sentliche Rolle spielen. Die Marine ist mit der Verkürzung der Arbeitszeit vorangegangen, dem wir folgen müssen334. Weinlig führt an Hand ihm bekannter Zahlen von den Dillinger Hüttenwerken aus, dass in den letzten 14 Jahren die Löhne um 64% gestiegen seien335. v. Eickstedt glaubt nicht, dass man in sozialpolitischer Beziehung den Arbeitern künftig noch in gleichem Masse, wie bisher, entgegenkommen werde, da nun mal erst der Mittel- stand Berücksichtigung finden werde336, dessen Verhältnisse eine Besserung mindestens in gleicher Weise bedürfen, & dass erst nach einer langen Reihe von Jahren die Arbeiter wie- der an die Reihe kämen. Er bemerkt, dass die Verkürzung der Arbeitszeit der Marine durchaus nicht gepasst habe337. Weinlig hebt hervor, dass während der Dauer des letzten Vertrages schon ein stiller Preis- nachlass dadurch in Kraft getreten sei, dass die Platten von Jahr zu Jahr komplizierter sich gestaltet, also wesentlich Mehrarbeit & Mehrkosten verursacht hätten, für welche die Wer- ke kein Aequivalent erhalten haben. v. Eickstedt erkennt das nicht an & hält dem dagegen, dass die gehärteten Flächen der Plat- ten nicht grösser geworden seien, dass aber andererseits die Plattengewichte schwerer ge- worden wären, wodurch ein Ausgleich geschaffen sei.

Weinlig führt aus, dass die Beschussbedingungen während des Laufes des letzten Vertrages ständig stillschweigend erhöht worden seien, ohne dass eine entsprechende Aenderung im Vertrage vorgenommen worden wäre. Er bittet Admiral Goetz, dies zu bestätigen, was die- ser auch tut. v. Eickstedt wünscht, dass die Plattenstärken für etwaige Vergleichsbeschiessungen unbe- dingt genau festgelegt werden müssten, & zwar verlangt er in sehr energischer Weise zah- lenmässige Festlegung der Stärken. Im Laufe der Verhandlungen lässt er jedoch diese For- derung stillschweigend fallen.

Nachdem Exz. v. Eickstedt hervorgehoben hat, dass man von Seiten des R. Μ. A. mit Rück- sicht auf den in Aussicht gestellten Preisnachlass den Werken bezügl. der Konkurrenzklau- sel entgegenkommen wolle, ersucht er die Vertreter der Werke, ihm eine genaue Fassung des von ihnen gewünschten § 7 vorzulegen.

Es tritt darauf eine Pause von 2—2.30 Uhr ein, in welcher die Werke unter sich beraten, & die Fassung der §§ 7 & 8 vereinbaren, sowie die nach Genehmigung dieser Paragraphen zu bewilligenden Preisnachlässe.

Nach Wiedereröffnung der Sitzung entspinnt sich zunächst eine Besprechung über den In- halt des § 7, für welchen die Vertreter des R. Μ. A. eine andere Fassung aufgesetzt hatten.

Admiral Capelle führt aus, dass in der von den Werken vorgeschlagenen Fassung der Zweck, die Konkurrenz auszuschliessen, zu offensichtlich sei. v. Eickstedt setzt hinzu, dass die gleiche Fassung in früheren Jahren von dem Herrn Staats- sekretär abgelehnt worden sei.

Man einigt sich schliesslich auf folgende Fassung von §§ 7 & 8: § 7: Falls das R. Μ. A. vom 1. April 1910 ab in die Lage kommt, Panzerplatten in besserer Quali- tät, als sie von den Unternehmern geliefert werden, von anderer Seite zu beziehen, & die Unternehmer die Lieferung der betreffenden besseren Qualität nicht übernehmen können, so steht dem R. Μ. A. das Recht zu, den Bedarf aus den Etatsbewilligungen für die Jahre 1911 bis einschl. 1915 ganz oder teilweise anderwärts zu bestellen. Wenn & so lange das R. Μ. A. vom 1. April 1913 ab in der Lage ist, Panzerplatten in gleich guter Qualität, als sie von den Unternehmern geliefert werden, zu mindestens 5% billige- rem Preise von anderer Seite zu beziehen, so steht dem R. Μ. A. das Recht zu, den Bedarf aus den Etatsbewilligungen für die Jahre 1914 & 1915 ganz oder teilweise anderwärts zu bestellen. Die etwa anderweitige Bestellung besseren oder gleich guten, aber billigeren Panzermateri- als ist den Panzerwerken 12 Monate vor Beginn des betreffenden Rechnungsjahres, für welches die anderweite Bestellung erfolgen soll, anzuzeigen. Die Marine verpflichtet sich, für den Bedarf der Etatsbewilligungen bis einschl. 1915 keine Subvention eines Konkurrenzwerkes durch staatliche Kapitalbeteiligung oder Nachlass in den Abnahmebedingungen eintreten zu lassen. § 8: Dem R. Μ. A. bleibt das Recht vorbehalten, den Panzerbedarf aus den Etatsbewilligun- gen für die Jahre 1911 bis einschl. 1915 ganz oder teilweise in einem eigenen Staatswerke herzustellen. Falls das R. Μ. A. von diesem Recht Gebrauch machen will, so muss dies den Panzerwerken 12 Monate vor Beginn des Rechnungsjahres, für welches Herstellung im ei- genen Staatswerke beabsichtigt ist, angezeigt werden. Im Falle des Bezuges aus einem eigenen Staatswerke fällt die Verpflichtung der Werke, zu den bisherigen Kontraktpreisen zu liefern, weg. Das R. Μ. A. nimmt darauf bezügl. des Preisnachlasses folgende 2 Vorschläge entgegen: 1) Unter der Voraussetzung, dass die §§ 7 & 8 in der von den Werken gewünschten Form angenommen werden, gewähren diese einen Preisnachlass von M. 70.00 für die Neubestel- lungen der Jahre bis einschl. 1910 & einen Preisnachlass von M. 150.00 für die Etatsbewili- gungen der Jahre 1911—1915. 2) Sollte diese Form nicht beliebt sein, so erklären sich die Werke bereit zu einem Preis- nachlass von M. 120.00, der bereits von jetzt ab für alle Neubestellungen gelten solle. Hinzugefügt wird noch, dass bei der durchschnittl. Berechnung beide Vorschläge auf den gleichen Nachlass herauskämen.

Zu bemerken wäre noch, dass Exz. v. Eickstedt seine Ansicht bezügl. Aenderung der Kon- kurrenzklausel fallen lässt, nachdem Geheimrat v. Coelln ausdrücklich betonte, dass er bei einem billigeren Angebote von dritter Seite ohne weiteres auf dieses eingehen würde. Nach- dem diese Absicht bestände, sehe er ein, dass die Werke mit Recht eine gewisse Sicherstel- lung beanspruchen könnten. Auf diese Aeusserung hin einigte man sich zu der erwähnten Fassung von §§ 7 & 8.

Ehrensberger hebt hervor, dass die Preise für Schrauben & Bolzen die gleichen bleiben soll- ten, wie bisher, weil wegen des geringen Gewichtes der einzelnen Schrauben Sc Bolzen, die Herstellungskosten ohnehin verlustbringende seien. Ausserdem spiele die Menge der Schrauben & Bolzen, welche für ein Schiff nur 20 t betrage, eine so untergeordnete Rolle, als das eine neue Preisfestsetzung notwendig sei. Bei Schmiedestücken dagegen wolle man den gleichen Preisnachlass gewähren.

Admiral ν. Eickstedt stimmt diesem Beschluss zu. Nachdem letzterer nochmals gefragt hat, ob die von den Werken genannten Ziffern den äussersten Preisnachlass vorstellten, & nachdem Klüpfel dies bestätigt hatte, wurde die Sit- zung geschlossen33i.

9. Schreiben der Fa. Thyssen & Co. an den Staatssekretär des Reichsmarineamts, Admiral v. Tirpitz, vom 22. Januar 1910339 BA—MA, Akten des Reichsmarineamts, RM 3/11638

Eurer Exzellenz sehr geehrtes Schreiben Nr. Κ IV. 746 GG. vom 15. v. M. haben wir emp- fangen und von dessen Inhalt in allen Teilen mit großem Interesse Kenntnis genommen340. Indem wir Eurer Exzellenz für die uns gütigst gemachten vertraulichen Mitteilungen ver- bindlichst danken, gestatten wir uns, unter Bezugnahme auf die in den Jahren 1906/7 in gleicher Sache geführten Verhandlungen 341 zunächst ganz ergebenst zu bemerken, daß die Bedenken, die uns damals dazu veranlaßten, auf die Ausführung des erörterten Planes zu verzichten, auch heute noch nicht beseitigt sind, im Gegenteil nach den uns in oben ange- führtem Schreiben unterbreiteten Bedingungen nur in erhöhtem Maße bei uns aufsteigen müssen. Wenn wir damals auch nicht zu einer Verständigung gelangt sind, so haben wir doch aus den vorliegenden Mitteilungen entnommen, daß augenscheinlich wohl im Zusammenhang mit den seinerzeit mit uns gepflogenen Verhandlungen es dem Reichs-Marine-Amt gelun- gen ist, für den daraufhin abgeschlossenen neuen Lieferungsvertrag für Panzerplatten we- sentlich niedrigere Preise durchzusetzen als bisher dafür gezahlt wurden342. Dabei hat sich indessen die Lage für uns in keiner Weise zu ihrem Vorteil geändert. Das Ri- siko, das wir damit übernehmen, daß wir auf die mit so großen Auslagen und mit so vielen Schwierigkeiten verbundene Herstellung von Panzerplatten uns einrichten, ist unter den obwaltenden Verhältnissen heute nicht minder groß als vor 3 Jahren. Wenn wir den aus Reichstagskreisen343 wiederholt an uns ergangenen Anregungen schließ- lich nachgegeben und von neuem diese Verhandlungen aufgenommen haben, so sind wir uns der Größe der an uns gestellten Anforderungen doch zu sehr bewußt, als daß wir auf ein derartiges umfangreiches Unternehmen einzugehen uns entschließen könnten, ohne da- bei die Gewähr dafür zu haben, daß wir auch die entsprechende Unterstützung finden wer- den, um die neue Fabrikation mit Erfolg betreiben zu können. Zieht man in Betracht, daß die Einrichtungen für die Herstellung von Panzerplatten eine Kapitalanlage von etwa 15—20 Millionen Mark erfordern, daß man, von einzelnen etwa in Frage kommenden Auslandsaufträgen abgesehen344, doch nur auf den deutschen Kriegs- schiffbau als einzigen Abnehmer angewiesen ist, daß infolgedessen der Bedarf und die da- von abhängige Produktion nur sehr beschränkt ist, dazu ferner die heutigen Preise weit niedriger sind als die frühern glänzenden Preise, zu denen die alten Lieferanten jahrzehnte- lang geliefert haben und bei welchen sie ihre Einrichtungen schon längst reichlich amorti- sieren konnten, so werden Euer Exzellenz uns zweifellos wohl zugeben müssen, wie be- rechtigt unsre Bedenken sind. Dazu kommen weiter noch die einschränkenden Bedingungen, wonach dem Reichs-Mari- ne-Amt das Recht vorbehalten bleiben soll, von dem etwa mit uns zu tätigenden Lieferungs- vertrag zurückzutreten, falls das Reich selbst ein Panzerplattenwerk bauen sollte oder es von andrer Seite Platten besserer Qualität oder billigere Platten gleicher Qualität erhalten könnte. Daß die Dauer und der Fortbestand des Vertrages, auf den wir unsrerseits ohne jeden Vor- behalt eingehen müßten, von der andern Seite von derartigen Eventualitäten abhängig ge- macht werden soll, dürfte jedenfalls nicht einer gerechten Verteilung der Rechte und Pflichten entsprechen, da wir durch die Schaffung einer solchen mit so großen Kosten ver- bundenen Einrichtung eines neuen Werkes doch gewiß ein großes Opfer bringen und dabei unmöglich auf ein so unsicheres Geschäft eingehen können. Falls wir dazu übergehen sollten, die Panzerplattenfabrikation aufzunehmen, so könnte das nur geschehen, wenn uns für die Dauer von mindestens 10 Jahren die Lieferung von wenig- stens einem Drittel des jeweiligen Jahresbedarfs fest übertragen wird, wobei wir uns bereit erklären, für die Lieferungen bis zum Jahre 1915 je nach der Größe der uns zugewiesenen Mengen einen entsprechenden Nachlaß auf die heute geltenden Preise einzuräumen, woge- gen für die weiteren Jahre wir aber nicht ungünstiger gestellt werden dürften als die andern Lieferanten. Wenn das Reichs-Marine-Amt einen Vorteil darin zu erblicken glaubt, selbst ein Panzer- plattenwerk zu bauen, so werden wir das gewiß nicht hindern können, jedoch dürfte da- durch das mit uns zu treffende Abkommen in keiner Weise beeinträchtigt werden, d. h. der uns zugesicherte Anteil an der Lieferung des Jahresbedarfs müßte uns für die Dauer unsres Vertrages auf alle Fälle regelmäßig überwiesen werden. Sollte indessen das Reichs-Marine-Amt die Absicht haben, ein Panzerplattenwerk in Ge- meinschaft mit einer Privatfirma zu bauen und zu betreiben, so wäre das ein Plan, für den wir uns jedenfalls sehr interessieren würden. Ein derartiges Zusammengehen würde zweifellos für beide Teile große Vorzüge bieten, in- dem das Reich, wenn es auch an dem Risiko mit uns teilnehmen müßte, anderseits aber auch mit uns an dem etwaigen Gewinn beteiligt sein würde und besonders sich gleichzeitig einen entsprechenden Einfluß auf die Preisstellung sichern könnte. Was den weiteren Vorbehalt anbelangt, daß der mit uns abzuschließende Vertrag hinfällig würde, falls die Marine anderweitig besseres Material erhalten kann, wir es aber nicht lie- fern können, so bedauern wir sehr, auch auf eine solche Bedingung aus sehr begreiflichen Gründen nicht eingehen zu können. Bei den stetigen Fortschritten, die die Technik macht, ist jedenfalls damit zu rechnen, daß früher oder später im Laufe der Jahre man auch dazu kommen wird, ein noch besseres Ma- terial herzustellen, als man es heute verwendet. Wenn man berücksichtigt, daß die andern Werke, die Panzerplatten herstellen, diese Fabri- kation schon seit Jahrzehnten betreiben, dafür einen großen Stab von spezialistisch ausge- bildeten und ausschließlich dafür arbeitenden Ingenieuren und weiterhin ausgedehnte, vor- züglich eingerichtete Versuchsanstalten sowie Geschütze und Geschosse nebst Schießplät- zen zur Verfügung haben, so ist wohl zu erwarten, daß die alten Lieferanten früher mit Neuerungen und Verbesserungen auf den Markt kommen dürften, als es uns möglich sein würde, wo wir erst unsre Einrichtungen schaffen sowie dafür ein geschultes Personal sam- meln und heranbilden müssen, mit einem Worte gesagt, nur Anfänger sind. Auf eine derartige Bedingung, wie die oben erwähnte, einzugehen, könnte gegebenenfalls geradezu ruinös für unser neues Unternehmen wirken, und es wird daher jeder verstehen, daß gegen solche Eventualitäten wir uns schützen müssen. Wir sind deshalb der Ansicht, daß, wenn ein besseres Herstellungsverfahren sich finden sollte, uns in derselben Weise wie den andern deutschen Panzerplatten-Fabrikanten die Möglichkeit geboten werden muß, dasselbe gleichfalls anzuwenden, indem das Reichs-Ma- rine-Amt das Benutzungsrecht für das neue Verfahren erwirbt und auch uns wie den andern deutschen Lieferanten kostenfrei zur Verfügung stellt. Wo die deutsche Reichsgesetzgebung schon in dem Patentgesetz die Handhabe dazu gibt, würde dagegen, daß bei etwaigem Aufkommen eines neuen Panzerplatten-Fabrikations- Verfahrens das Reich das betreffende Patent oder die Lizenz dafür erwirbt und dadurch al- le seine Lieferanten in den Stand setzt, der Marine gleichmäßig die Panzerplatten in der neuen besseren Qualität zu liefern, gewiß nichts einzuwenden sein. Es dürfte dies umsowe- niger der Fall sein, als es doch bis jetzt die Praxis gewesen ist, daß die seither benutzten Pa- tente unterschiedslos an alle andern industriellen Staaten, sei es Freund oder Feind, verkauft wurden345. Den weiterhin gemachten Vorbehalt angehend, daß das Reichs-Marine-Amt von seinen Abnahme-Verpflichtungen uns gegenüber entbunden werden sollte, falls es Gelegenheit er- hält, ausreichendes Panzermaterial anderwärts zu billigeren Preisen zu erhalten, bedauern wir sehr, auch eine derartige Bedingung nicht anerkennen zu können. Wenn wir für eine Reihe von Jahren uns auch bezüglich des Preises festlegen und damit das durch etwaige Änderungen der Rohmaterialpreise und Arbeitslöhne bedingte Risiko tragen sollen, dürfte es wohl als selbstverständlich anzusehen sein, daß die für einen gewissen Zeit- raum vereinbarten Preise für dessen Dauer auch als feststehend zu gelten haben. Wie schon oben erwähnt, sind wir erbötig, für die nächsten Jahre, für welche das Reichs- Marine-Amt bereits anderweitig disponiert hatte, auf die uns gütigst mitgeteilten heutigen Preise, je nach der Größe des uns zufallenden Quantums einen gewissen, noch näher zu vereinbarenden Nachlaß einzuräumen, dagegen müssen wir aber bedingen, daß für weitere Lieferungen nach dem Jahre 1915 uns die gleichen Preise und nicht ungünstigere Bedingun- gen als den andern Lieferanten bewilligt werden. Wenn im übrigen die Tätigung des Vertrages davon abhängig gemacht wird, daß wir den Nachweis erbringen, daß wir Panzerplatten in den heute maßgebenden Bedingungen ent- sprechender Güte herzustellen in der Lage sind, so erkennen wir das selbstverständlich an und wir werden nicht ermangeln, dem Reichs-Marine-Amt entsprechende Probeplatten zur gegebenen Zeit zur Verfügung zu stellen. Allerdings müßten wir dabei auch insoweit auf das Entgegenkommen des Reichs-Marine-Amts rechnen, daß uns gestattet wird, anstelle der in 290 mm Dicke gewünschten Platte eine solche in etwa 90 mm geringerer Stärke zu liefern, da uns mit den zur Zeit vorhandenen Einrichtungen die Herstellung schwererer Platten einstweilen nicht möglich ist. Wir haben uns erlaubt, in Vorstehendem unsre Stellungnahme zu der beregten Frage des Näheren darzulegen und zweifeln nicht, daß Euer Exzellenz nach näherer Prüfung unsrer Ausführungen dem Standpunkte, den wir darnach einzunehmen gezwungen sind, die Aner- kennung nicht versagen werden 346. Wir sind uns vollständig klar darüber, daß, um den Anforderungen zu genügen, wie sie die Technik des Kriegsschiffbaues heute bezüglich der Größe und Abmessungen sowie betreffs der Form der Panzerplatten stellt, wir nur dann mit Erfolg als Lieferanten auftreten kön- nen, wenn wir von vornherein modernste und vollkommenste Einrichtungen von der größ- ten Leistungsfähigkeit schaffen, wie das auch stets unsre Absicht gewesen ist. Bei der Verantwortung aber, die wir mit der Ausführung eines solchen Planes übernehmen, sowohl vom rein geschäftlichen Standpunkte aus, wo wir in dem Unternehmen ein so gro- ßes Kapital festlegen, als auch vom sozialen Standpunkte aus, wo wir für diese neue Fabri- kation so viele Hunderte von Spezialarbeitern und Beamten einstellen müßten, ist es wohl begreiflich, daß wir dagegen auch entsprechende Sicherheiten dafür haben müssen, daß wir für den neuen Betrieb beständig ausreichende Aufträge haben werden, um einerseits dem darin beschäftigten Personal regelmässige und lohnende Arbeit bieten, andrerseits aber auch, um das dafür aufgewendete Kapital entsprechend verzinsen und amortisieren zu kön- nen. Außerdem dürfte es aber auch für das Reichs-Marine-Amt im Interesse der größeren Si- cherheit der Landesverteidigung von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit sein, einen lei- stungsfähigen dritten Panzerplatten-Lieferanten zur Verfügung zu haben, nicht allein um die Bauten, wie sie heute vorliegen, schneller fertigstellen zu können, sondern auch für den Kriegsfall, wo bei der ziemlich exponierten Lage des einen Panzerwerks die Möglichkeit, seinen Betrieb aufrecht zu erhalten, doch sehr in Frage gestellt sein dürfte347. Wenn auf der einen Seite den von uns erhobenen Bedenken und den dabei geäußerten Wünschen die Berechtigung nicht abgesprochen werden kann, dürfte aber auf der andern Seite für das Reichs-Marine-Amt alle Veranlassung vorliegen, einem neu hinzutretenden Lieferanten nach jeder Richtung hin das größtmögliche Entgegenkommen durch Einräu- mung weitestgehender Erleichterungen zu gewähren. Euer Exzellenz wollen hierbei gütigst berücksichtigen, daß es für jede, auch die bedeutend- ste Firma ein Schritt von großer, kaum übersehbarer Tragweite ist, eine derartige Spezial- Fabrikation und dazu noch unter Verhältnissen wie den heutigen neu aufzunehmen und daß wohl so leicht ein Hüttenwerk sich nicht dazu bereit finden läßt, das mit der Errichtung eines Panzerplatten-Werkes verbundene große Risiko zu tragen. Auf jeden Fall dürfte ein neuer Lieferant, einerlei, ob wir es wären oder ein anderes Werk, nur dann Interesse daran finden, sich auf die Panzerplatten-Fabrikation einzurichten, wenn das Reichs-Marine-Amt auch ein wirklich ernstes Interesse daran hat, einen dritten Liefe- ranten zur Verfügung zu haben und diesem die weitestgehende Unterstützung zu Teil wer- den zu lassen, wie sie ein derartiges neues Unternehmen aber auch unbedingt nötig hat, um nicht allein über die Anfangsschwierigkeiten hinwegzukommen, sondern auch für die Folge zu prosperieren. Wir gestatten uns daher, Eure Exzellenz ganz ergebenst zu bitten, uns gütigst wissen zu las- sen, in welcher Weise die von uns erhobenen Bedenken zu beseitigen sein würden und ob gegebenenfalls auch im übrigen das Reichs-Marine-Amt das von uns erbetene Entgegen- kommen und die Unterstützung im Sinne unsrer vorstehenden Darlegungen uns zu gewäh- ren gewillt sein würde. Inzwischen werden wir alle Vorbereitungen treffen, um die zur Erbringung unsres Befähi- gungsnachweises verlangten Probeplatten dem Reichs-Marine-Amt baldigst zur Verfügung zu stellen. Eurer Exzellenz geneigtem Bescheide gern entgegensehend, empfehlen wir uns Ihnen und zeichnen mit dem Ausdrucke unsrer vorzüglichsten Hochachtung gez. Thyssen & Co.

10. Auszüge aus einer Denkschrift A. Hugenbergs vom 3. April 1914348 Historisches Archiv der Fried. Krupp GmbH. WA IV1957

Krupp als gemischt-wirtschaftlicher Betrieb? Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob es möglich sei, die Firma Krupp oder Teile der Fir- ma Krupp, die sich mit der Herstellung von Kriegsmaterial befassen, in einen »gemischt- wirtschaftlichen Betrieb« umzuwandeln, d. h. einen Betrieb, dessen Kapital und Verantwor- tung nur zu einem Teile den bisherigen Inhabern verbleibt, zum anderen Teil vom Reiche übernommen wird 349. Es ist von Interesse, zunächst festzustellen, welcher Art die bisherigen Anwendungsgebiete des gemischt-wirtschaftlichen Betriebes sind. Dem Reiche als Teilhaber stehen hierbei na- türlich die Kommunalverbände gleich, die in letzter Zeit mehrfach gemeinsam mit dem Pri- 109 vatkapital gemischt-wirtschaftliche Betriebe gegründet haben. In der Hauptsache kommen 2 Gruppen gemischt-wirtschaftlichen Betriebes in Betracht, die mir beide aus nächster Nähe bekannt sind. Namentlich kenne ich zufällig auch die Gesichts- punkte genau, die bei der Errichtung der Betriebe der einen dieser Gruppen — der im Zu- sammenhang mit der Ostmärkischen Kredit- und Besiedelungspolitik errichteten Gesell- schaften und Institute — mitwirkten. [. . . ]350 Die andere Gruppe gemischt-wirtschaftlicher Betriebe sind die Elektrizitäts-, Gas- und Straßenbahngesellschaften, die von den Kommunalverbänden und dem Privatkapital ge- meinsam errichtet sind. [. . . ]351 Sie stehen außerhalb eines jeden Auslandswettbewerbes. Allen diesen gemischt-wirtschaftli- chen Betrieben sind die folgenden charakteristischen Eigentümlichkeiten gemeinsam: Sie beruhen in irgend einer Form auf einer Verleihung oder sonstigen Begünstigung durch den Staat oder die mitwirkende Gemeinde, sei es, daß sie von dem mitwirkenden Träger öf- fentlicher Rechte mit besonderen finanziellen Vorteilen — Zuwendung von Staats- und Ge- meindemitteln — ausgestattet werden, sei es, daß ihnen die Benutzung des Gemeindeeigen- tums, wie der Straßen zur Verlegung von Leitungen, Gleisen usw. zugestanden wird. In großem Umfang wird namentlich der öffentliche Kredit für sonst vielfach im Verhältnis zu den Aufgaben kapitalschwache Gründungen in Anspruch genommen. Es handelt sich um einen verhältnismäßig einfachen Geschäftsbetrieb, der anderweit viel- fach auch durch den Staat oder die Gemeinde selbst ausgeübt wird. Es werden keine beson- deren Qualitätsleistungen verlangt, wie in einem verwickelten und vielseitigen fabrikatori- schen Betriebe, sondern es handelt sich um den mehr oder weniger sicheren Absatz gleich- bleibender Normalleistungen, oder um die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, die sozusagen halbamtlichen Charakter trägt (Kreditgeschäft, Ansiedlung). Ein eigentlicher Wettbewerb findet nicht statt. Sie haben einen monopolistischen Charak- ter. Der Zweck ist ausgesprochenermaßen die Zurückdrängung der rein staatlichen oder ge- meindlichen Betriebe. Durch die Wahl der Form des Privatbetriebes sollen nichtgeschäftli- che Einflüsse und bureaukratische Hemmungen aller möglichen Art ausgeschaltet werden. Es sollen Reibungsflächen, die sich aus dem Hineinspielen von Hoheitsrechten und amtli- chen Einflüssen in das betreffende Gebiet unvermeidlich ergeben und eine wirtschaftlich er- folgreiche Arbeit erschweren, insoweit unschädlich gemacht werden, als es überhaupt mög- lich ist. Namentlich soll der Grundsatz der Selbständigkeit der Geschäftsleitung, der dem Staatsbetriebe sonst vermöge seiner ganzen Organisation und seiner sich aus den parlamen- tarischen Einflüssen ergebenden Zentralisation fremd ist, für ein gewisses möglichst weites Gebiet gewissermaßen mit einem Bollwerk umgeben werden, das sich aus der Zusammen- setzung und Machtverteilung des gemischt-wirtschaftlichen Betriebes im Vergleich mit rei- nen Staats- oder Gemeindebetrieben ergibt. [. . . ]352 Alles in allem handelt es sich bei den gemischt-wirtschaftlichen Betrieben, wie sie nament- lich im letzten Jahrzehnt entstanden sind, um das Vordringen der privatkapitalistischen Auffassung und Herrschaft auf Gebiete, die ihr nicht ohne weiteres mehr zugänglich waren, um eine rückläufige Bewegung in Bezug auf den reinen Regiebetrieb. Sie sind aufgebaut auf der Kenntnis der Vorzüge des Privatbetriebes bei weiterblickenden Vertretern des Staates und der Gemeinden. Wenn äußerlich das Bild zum Teil ein anderes ist, so beruht dies auf ungenügendem Ein- blick in die tatsächliche Kraftverteilung. Die Zugehörigkeit einer großen Anzahl von Ver- tretern öffentlich-rechtlicher Verbände zu den Aufsichtsräten der Gesellschaften bedeutet nicht und soll nicht bedeuten, daß sie einen wirklichen Einfluß auf den praktischen Gang der Geschäfte oder einen Einblick in die Einzelheiten der Finanzgebahrung, in die Selbst- kosten usw. haben oder haben wollen. Der im Betrieb herrschende Teil muß das Privatkapi- tal und die privatkapitalistische Auffassung sein, sonst wird es sich zurückziehen und ver- langen, daß man auch die Form des Regiebetriebes wieder annimmt. Daraus folgt natürlich auch eine gewisse Gefahr der Ausnutzung dieser Betriebsform für Privatzwecke, die umso größer ist, je verwickelter und vielseitiger der Betrieb selbst ist und je schwerer es damit den Vertretern der beteiligten öffentlichen Verbände wird, gegenüber der natürlichen Uberle- 110 genheit in der fabrikatorischen oder geschäftlichen Sachkenntnis, die ihnen gegenübersteht, die besonderen Interessen ihrer Auftraggeber zu wahren. Schon hierin liegt eine natürliche Grenze der Anwendbarkeit der gemischt-wirtschaftlichen Betriebsform. Wenn man nun diese Betriebsform auf die Rüstungsindustrie, einen der vielseitigsten und verwickeisten Industriezweige, übertragen will, so stößt man dabei auf in jeder Beziehung gegensätzliche Verhältnisse gegenüber den bisherigen Anwendungsgebieten des gemischt- wirtschaftlichen Betriebes. Es handelt sich um ein Gebiet scharfen Auslandswettbewerbs. Eine Fabrik, deren Teilhaber das Reich ist, würde schon wegen dieser Tatsache und ganz abgesehen von der zu erwar- tenden Abnahme der Leistungen keine Aufträge von einem auswärigen Staat erhalten. Ich brauche nicht darzulegen, welche traurigen Folgen das für unsere Arbeiterschaft und die Stadt Essen haben würde. Was es für die deutsche Waffentechnik und für den Mobilma- chungsfall bedeuten würde, wenn die Firma Krupp auf dem Gebiete des Kriegsmaterials keine Weltfirma mehr wäre, brauche ich nur anzudeuten. Ferner: die bisherige Entwicklung ist weit davon entfernt, irgendwie auf Verleihung, Be- günstigung oder monopolistischer Grundlage zu beruhen. Vielmehr beruht da alles auf freiester Entwicklung. Die Rüstungsindustrie, insbesondere auch die Firma Krupp ist durch eigene Kraft groß geworden. Das Gußstahlgeschütz Alfred Krupps hat sich gegen mannig- fache Widerstände durch seine eigenen Vorzüge durchgesetzt353. Der erste Besteller war nicht das Inland, sondern Egypten. Auf dem Sondergebiete der deutschen Marine gelangte das deutsche Erzeugnis — Krupps Hinterlader — erst nach schwerem Kampfe mit dem eng- lischen Armstrong-Geschütze endgültig zum Siege. Durch die Aufträge des Auslandes, ζ. B. der Türkei und Rußlands, nicht durch Inlandsbestellungen, ist die außerordentlich schwere Zeit der 70er Jahre überwunden worden354. Bei dem Ubergange zur Herstellung von Panzerplatten und großkalibrigen Geschützen ist nicht die Firma Krupp der verlangen- de Teil gewesen, sondern sie hat durch ihre Bereitwilligkeit zur Übernahme größter Risiken die Entwicklung einer selbständigen Bewaffnung der Reichsmarine in einem Zeitpunkt er- möglicht, in dem ohne diese Bereitwilligkeit die Durchführung der Flottenpläne unmöglich gewesen wäre. Was die Firma Krupp auf dem Gebiete des Bewaffnungswesens geschaffen hat, hätte jedem anderen freigestanden auch zu schaffen. Es hätte jedem freigestanden, sie im freien Wettbewerb zu übertreffen. Andererseits würde das Reich auch gar nicht in der Lage sein, die bei anderen gemischt- wirtschaftlichen Unternehmungen übliche Gegenleistung in Gestalt der Einräumung einer wirklichen monopolistischen Stellung zu gewähren. Ein derartiger Gedanke wäre vom Standpunkt des Reiches aus unmöglich und unzweckmäßig und für die Firma Krupp selbst, deren Stütze stets nur ihre eigene Leistungsfähigkeit gewesen ist, verderblich. Eine gute, leistungsfähige und schlagfertige Rüstungsindustrie ist nur als Teil vielseitiger, möglichst beweglicher Großbetriebe möglich, die sich wechselnd Absatz hier und dort im Inland und Ausland in Kriegs- und Friedensmaterial suchen und, frei von Hemmungen, die Herstellung höchster Qualitäten anstreben und erreichen. Und endlich: der Zweck des gemischt-wirtschaftlichen Betriebes in der Rüstungsindustrie ist, im Gegensatz zu seinen sonstigen Anwendungsgebieten nicht eine Erweiterung, sondern eine Einschränkung der privaten Bewegungsfreiheit mit allen großen sich daraus ergeben- den Nachteilen. Diese Verschiedenheit der Bedingungen deutet schon darauf hin, wie gekünstelt der Ge- danke ist, den gemischt-wirtschaftlichen Betrieb auf ein Gebiet wie die Rüstungsindustrie zu übertragen. Es gibt bisher keinen Vorgang für ein solches Experiment. [. . . ]355 Es sei nur in Anknüpfung an das oben Gesagte allgemein noch betont, daß in jedem gut ar- beitenden industriellen Betriebe bekanntlich schließlich ein einheitlicher Wille maßgebend sein muß, während nach der Idee, die der Einführung des gemischt-wirtschaftlichen Betrie- bes in die Rüstungsindustrie zugrunde liegt, naturgemäß und unausbleiblich ein doppelter Wille entstehen würde, der zu den schwersten Hemmungen und Störungen Anlaß geben müßte, indem die beiden Teilhaber an zwei verschiedenen Strängen ziehen würden. Man koppelt im gemischt-wirtschaftlichen Betriebe den privatwirtschaftlichen Willen, dessen Le- benselement die Unabhängigkeit von allen außerhalb des Betriebes stehenden Einflüssen, 111 die absolute Freiheit und Unverantwortlichkeit in der Gewinnung und Verwendung menschlicher (insbesondere geistiger) Kräfte, wissenschaftlicher Errungenschaften, techni- scher Fortschritte und finanzieller Mittel ist, mit dem behördlichen Einflüsse zusammen, d. h. mit einem ganz anders gearteten Willen, dessen Eigentümlichkeiten und begrenzte Be- fähigung zur Leitung wirtschaftlicher Betriebe jedesmal eingehend erörtert und klargestellt werden, wenn es sich um die allgemeine Frage Privat- oder Staatsbetriebe handelt. Derarti- ge Erörterungen laufen, wie ganz ausdrücklich betont sein mag, nicht etwa darauf hinaus, daß die Personen, die im Staatsbetriebe stehen, minder leistungsfähig seien, als die Leiter privater Betriebe, sondern darauf, daß die Bedingungen, unter denen sie arbeiten, (Unfrei- heit statt Freiheit, Unverantwortlichkeit statt Verantwortlichkeit der obersten Leiter, Miß- trauen statt Vertrauen, Reglementierung und Kontrolle, Abhängigkeit von allen möglichen Einflüssen des öffentlichen Lebens statt Unabhängigkeit usw.) unvermeidlich schädigend auf das Ergebnis der wirtschaftlichen Arbeit einwirken. Wenn dieser behördliche Wille sich neben dem privaten im gemischt-wirtschaftlichen Rü- stungsbetriebe wirklich geltend machen will — und sonst wäre nicht einzusehen, welchen Sinn das ganze Experiment haben sollte —, so würden die nachteiligen Folgen dieser Dop- pelherrschaft sowohl für die Firma wie für die allgemeinen wirtschaftlichen und Bewaff- nungsinteressen so groß sein, daß niemand dafür die Verantwortung wird übernehmen wollen. Wenn man aber schließlich sagt, es sei ja nichts weiter mit dem Plane beabsichtigt, als das Reich durch diese Beteiligung gegen die Zahlung zu hoher Preise sicherzustellen, auf die Einflußnahme nach anderer Richtung komme es garnicht an, so ist hiergegen zu sagen — daß erstens diese »Sicherstellung«, sofern sie überhaupt notwendig sein sollte, praktisch nur erreichbar wäre, wenn die Beteiligung des Reiches zu einer ausschlaggebenden Herrschaft seiner Vertreter über den ganzen Betrieb führte, und daß zweitens bei nüchterner Abwä- gung des Für und Wider garnicht zu begreifen ist, wie dieser finanzielle Gesichtspunkt überhaupt zu der Aufwerfung der Frage des gemischt-wirtschaftlichen Rüstungsbetriebes führen kann. Darüber später noch ein paar Worte. Es kann hiernach nicht in Aussicht gestellt werden, daß die Firma Krupp ihre Hand zur Umwandlung ihrer Betriebe oder eines Teiles ihrer Betriebe in ein gemischt-wirtschaftliches Unternehmen bieten wird. Die Wahrung ihrer industriellen Unabhängigkeit und damit ih- rer Leistungsfähigkeit ist für sie nicht nur ein Gebot eigenen Interesses, sondern auch eine Ehrenpflicht im Hinblick auf ihre Verantwortung vor der Nation und ihre Stellung inner- halb der deutschen Industrie. Sie kann nicht auf einem Wege vorangehen, dessen Beschrei- ten und weitere Verfolgung dem deutschen Wirtschaftsleben und ebenso dem deutschen weltpolitischen Interesse die schwersten Wunden schlagen müßte. Sie kann bei ihrer Kennt- nis der Verhältnisse nicht übersehen, welchen für Deutschland unvorteilhaften und peinli- chen Eindruck ein solcher Schritt im Ausland machen würde, das darin ein Zeichen der Zersetzung bisher gesunder und dem Lande nützlicher Verhältnisse und geradezu eine Schwächung unserer Wehrkraft erblicken und uns deshalb verlachen würde. Es muß überhaupt hier die Bitte eingeschaltet werden, die Beweggründe richtig zu würdi- gen, die bei der Leitung eines Unternehmens wie der Firma Krupp mitspielen. Es ist heutzu- tage bei den Gegnern der bestehenden Wirtschaftsordnung üblich, diese Beweggründe in der sogenannten »Profitsucht der Unternehmer« zu suchen. Wenn man sich bei einem Un- ternehmen wie der Firma Krupp vergegenwärtigt, wie wenig — im engeren Sinn dieses Wortes: — das persönliche Los der Inhaber dadurch berührt wird, ob der Reinertrag einige Millionen mehr oder weniger beträgt, so wird man vernünftigerweise schon zu dem Schluß kommen, daß andere Gesichtspunkte die ausschlaggebende Rolle spielen, mag man sie nun Ehrgeiz oder Verantwortlichkeitsgefühl oder wie immer nennen. Es steht im Hintergrund der zu fassenden Entschlüsse doch vor allem auch das Bewußtsein, für einen Organismus verantwortlich zu sein, mit dessen Gedeihen oder Rückgang das Los von über 80.000 Arbei- tern und Angestellten verknüpft ist. Es ist bekannt, daß dieses Unternehmen stets zu denje- nigen gehört hat, die hinsichtlich der Höhe der Löhne in Deutschland an der Spitze mar- schierten. Es ist möglich gewesen, in fast unausgesetzter Steigerung die Löhne von 975 Μ im Jahre 1880 auf 1368 Μ im Jahre 1903 und heute rd. 1800 Μ durchschnittlich (einschließ- 112 lieh Jugendlicher und Lehrlinge sowie der Halbinvaliden) zu erhöhen. Es sind bekanntlich weitgehende Aufwendungen für Wohlfahrtseinrichtungen, für öffentliche, kirchliche und sonstige Zwecke möglich gewesen. Diese ganze Entwicklung beruht selbstverständlich auf der Grundlage der wirtschaftlichen Rentabilität. Jeder Stillstand in dieser Entwicklung bringt die Gefahr eines Rückganges und damit von Störungen der großen sich bisher erfolg- reich vorwärts bewegenden Maschinerie mit sich, die zu den schwersten Folgen führen müssen. Man kann sich das vergegenwärtigen, wenn man an den Hauptsitz der Firma, die Stadt Essen mit ihrer Umgebung, denkt, wo rund die Hälfte der Arbeiterschaft ansässig ist und die Steuerkraft und Entwicklung eines von rd. 500.000 Seelen in ausschlaggebender Weise durch diejenige der Firma Krupp beeinflußt wird. Angesichts solcher Verantwortung größten Umfanges muß die Leitung eines derartigen Unternehmens für sich in Anspruch nehmen, daß auch ihre Entschlüsse als unter dem Gefühl einer Art von öffentlicher Pflicht — wenn auch in voller, keiner Reglementierung zugänglicher Freiheit — gefaßt angesehen werden, ganz ähnlich wie diejenigen verantwortlicher amtlicher Stellen. Dies Gefühl würde es uns als frevelhaften Leichtsinn erscheinen lassen, ein Experiment, wie das mit dem ge- mischt-wirtschaftlichen Betriebe, zu machen. Schon eine dahingehende Zumutung würde, wenn sie ernstlich in der Öffentlichkeit erörtert würde, die Auslandsstellung der Firma Krupp und der deutschen Industrie schwer schädigen, die ohnehin angesichts der zielbe- wußten Anleihepolitik der Wettbewerbsländer, namentlich Frankreichs, und der für die deutsche Industrie immer ungünstiger werdenden politischen Verhältnisse des Auslandes (man denke nur an die Veränderung der Dinge in früher stark dastehenden Absatzgebieten wie Türkei und China) vorsichtigster und aufmerksamster Pflege bedarf356. Ebensowenig würde die Firma Krupp sich an einem etwa an anderer Stelle neu zu errichten- den gemischt-wirtschaftlichen Rüstungsbetriebe beteiligen können. Ihre eigenen Anlagen für Panzerplatten und Geschütze sind schon heute nur noch etwa zur Hälfte ihrer Lei- stungsfähigkeit beschäftigt. [...]357

Wenn man einmal ganz von der Bedeutung Krupps und der erörterten Pläne für die Wehr- fähigkeit und Machtstellung Deutschlands absieht und nur die wirtschaftliche Seite der Sa- che, insbesondere auch nach der Richtung der wirtschaftlichen Weltstellung der deutschen Industrie ins Auge faßt, so muß man sagen: Man würde durch eine Verfolgung dieser Ge- danken die größten volkswirtschaftlichen Werte gefährden und zerstören, um einem Ge- winn nachzujagen, der aller Wahrscheinlichkeit nach doch ein schöner Traum bleiben, ja sich praktisch schon aus technischen Gründen in das Gegenteil verkehren würde. Die Quelle dieser ganzen Erwägungen ist also schließlich — abgesehen von politischer Feindschaft u. dergl. — der theoretische Gedankengang, daß die moderne Entwicklung konkurrenzlose Betriebe schaffe, denen gegenüber der Verbraucher, in diesem Falle das Reich und seine Beamten, wehrlos seien, wenn man ihnen nicht mit besonderen neuen Or- ganisationen und Eingriffen zu Hilfe komme. Dies läuft im Grunde auf einen ganz grund- sätzlichen und allgemeinen Einwand gegen das herrschende Wirtschaftssystem hinaus, der auf einer weitgehenden Verkennung der praktischen Verhältnisse beruht. Zunächst steht bekanntlich die Firma Krupp auf den meisten Gebieten auch ihrer Kriegs- materialerzeugung mit inländischen, durchweg aber mit ausländischen Firmen in einem un- ausgesetzten scharfen Wettbewerbe. Sie kämpft mit Schneider, Armstrong, Vickers358 usw. um den Weltmarkt. Unseren Behörden ist in weitem Umfange bekannt, welche Preise bei diesem Auslandswettbewerbe herauskommen und was andere Staaten für ihre Lieferungen bezahlen, und es ist wiederholt ausgesprochen und kann nur bestätigt werden, daß im allge- meinen diese Preise — im einzelnen darauf einzugehen, verbietet sich naturgemäß aus Ge- schäftsrücksichten — jedenfalls nicht niedriger sind als die inländischen Preise. Es ist mit Rücksicht auf diesen Wettbewerb und seine Ausstrahlungen auf das inländische Geschäft eine in jeder Hinsicht unrichtige Behauptung, daß Krupp ohne Konkurrenz sei. Ferner verkennt obige Auffassung völlig, daß unsere industrielle Produktion tatsächlich von einer völlig entgegengesetzten Strömung heute viel stärker beherrscht wird, als von der ei- ner monopolistischen Steigerung der Gewinne. Nur eine enorme Verbilligung der Erzeu- gung durch technische und kaufmännische Fortschritte und fortgesetzte neue Kapitalauf- wendungen ermöglicht es überhaupt heute in den meisten Industriezweigen, daß noch mit Gewinn gearbeitet wird. Die verschiedensten Mächte — nicht etwa nur die Konkurrenz — zerren und pressen den Unternehmer, um die Betriebsverbilligungen nicht ihm, sondern an- deren zugute kommen zu lassen. Man denke nur an die oben erwähnte enorme Steigerung des Lohnkontos der Firma Krupp, die allein das Vielfache von dem beträgt, was herauskä- me, wenn man den ganzen durchschnittlichen Dividendenbetrag der Fried. Krupp A.G. nach Kopfteilen auf ihre Arbeiter und Beamten verteilte. Bei anderen Faktoren, wie ζ. B. den Rohstoffen, sieht der Unternehmer sich ähnlichen Schwierigkeiten gegenüber. Dazu kommen die sozialen Lasten, Steuern usw. Man kann sagen, daß auf den meisten Gebieten das, was der Unternehmer als Gewinn für sich zu retten in der Lage ist, heute nur einen klei- nen Teil der von ihm ermöglichten Betriebsverbilligungen ausmacht. Es bedarf stets der größten Aufmerksamkeit und steten Kampfes nach allen Seiten, um nicht auch diesen Rest zerrinnen zu lassen. Durch das heutige Wirtschaftsleben geht unverkennbar eine gewisse — aus dem sozialistischen Machtstreben heraus allerdings ganz logische und der Förderung würdige — Tendenz, die industrielle Rente bis auf ein Maß herabzudrücken, bei dem die Unternehmertätigkeit tatsächlich unmöglich werden würde. Eien Art von Notwehr gegen diese Entwicklung sind die Kartelle, Syndikate und dergl. Andere Schutzwälle liegen in dem gesetzlich geschützten Patentwesen, in der Ansammlung einer Summe von technischen und geschäftlichen Leistungsfähigkeiten, die einen gewissen Vorsprung gewähren usw. Wollte man dies alles als monopolistisch bekämpfen, so würde man überall auf Verhältnisse zusteuern, wie wir sie jetzt ζ. B. bei den Werften359 vor uns sehen und wie sie gewiß nicht wünschenswert sind. Es wäre ein ganz einseitiger Verbraucherstandpunkt, der schließlich auf allen Gebieten zur Ausschaltung der Unternehmerorganisation führen müßte, wenn man aus der Sorge heraus, daß an dieser oder jener Stelle zu viel verdient werde, reglemen- tierend in die Produktion eingreifen wollte — wie es mit der Empfehlung des gemischt-wirt- schaftlichen Rüstungsbetriebes beabsichtigt wird. (Vgl. auf der anderen Seite die Klagen über den durch die staatlichen Submissionen ausgeübten Preisdruck). [. . . ]360 Von Interesse für die Beurteilung der Frage, ob die Firma Krupp beim Reiche unangemes- sene Gewinne macht, ist für denjenigen, der solche Zahlen zu lesen versteht, vielleicht auch die angeheftete Gegenüberstellung. Sie dürfte dartun, daß ein Stahlwerk mit Rüstungsbe- trieben (und mit allem damit verbundenen Arger und Kampf) keine höhere Rentabilität auf- weist, als ein sonstiges großes gutgeleitetes Hüttenwerk361. Wäre es ein Verbrechen, wenn Krupp in seinen gefahrenreichen Rüstungsbetrieben mit gleichen Verdiensten rechnen dürfte wie entsprechende Friedensbetriebe es überall tun? Hugenberg

11. Auszüge aus dem Bericht des Hamburgischen Bevollmächtigten zum Bundesrate, Vers- mann362, an Senator Burchard 363 vom 15. Februar 1899 Staatsarchiv Hamburg, Bevollmächtigter zum Bundesrat, 132-5/4 XXII/2. V.32

Euere Hochwohlgeboren Heute Nachmittag habe ich eine einstündige Unterredung mit dem Staatssecretair Tirpitz über die Vulkanangelegenheit364 gehabt in welcher er sich über seine Stellung zu dieser wie zu anderen für Hamburg wichtigen maritimen Fragen mit der ihm eigenen liebenswürdigen Offenheit ausgesprochen hat. Nachdem ich die augenblickliche Sachlage dargestellt hatte nach welcher es für die Förde- rung der Angelegenheit wünschenswerth sei, darüber unterrichtet zu werden, ob eventuell auf einen Beitrag des Reichs zur Herstellung des vom Vulkan für nothwendig erachteten größeren Hafeneinschnitts in Cuxhaven zu rechnen sei, erklärte der Staatssecretair ohne al- le Umschweife, daß er nur durch Aufträge, nicht aber durch Beiträge zum Bau der Werft oder des Werfthafens die Niederlassung des Vulkan in Cuxhaven unterstützen könne und werde. [. .. ]365 Darauf richtete ich die Frage an den Staatssecretair, ob er ein Interesse daran habe, daß der Vulkan sich in einer Filiale in Hamburg niederlasse? Die Antwort lautete dahin: Als Mari- nesecretair: Nein. Dazu ist die Elbe nicht genügend regulirt und Hamburg zu wenig näher als Kiel zur Elbmündung gelegen. Von meinem allgemeinen Standpunkte aus aber interessi- re ich mich sehr dafür und würde das Unternehmen nach Kräften unterstützen. Die dann folgende eingehende Darlegung dieses Standpunktes war sehr interessant und beweist, daß die Entwickelung der deutschen maritimen Verhältnisse im Marineamt genau und mit Be- herrschung eines großen Materials verfolgt wird366. Ich bin nur im Stande, die leitenden Ge- danken seines Vortrags hier wieder zu geben, wie folgt:

Wir bauen — so etwa äußerte sich der Staatssecretair — lange nicht genug Schiffe in Deutschland. Der Schiffbau steht mit der Blüthe von Industrie und Handel in einem viel en- geren Zusammenhang, als man gewöhnlich annimmt. Ich habe zum Beweise dieser Behaup- tung ein reiches Material gesammelt, welches [ich] 367 Ihnen gern gelegentlich mittheile. Die in einem Lande gebauten Schiffe bilden die beste Reclame im Auslande für alle und jede In- dustrie des betreffenden Landes. Wir müssen uns als Ziel setzen, ein Drittheil mehr Schiffe in Deutschland zu bauen, als wir selbst gebrauchen, indem wir den Bedarf von Skandina- vien, Rußland und von einem Theil der asiatischen Länder decken, die dortigen kleinen Werften aufsaugen und nur noch mit England concurriren. Statt dessen decken wir bisher nur 80 p.ct.368 (ich meine, er sagte 80 p.ct.) unseres eigenen Schiffsbedarfs im Inlande. Die Hamburg-Amerikanische Gesellschaft hat eine Werft in Glasgow gepachtet auf 5 Jahre, welche also während dieser Zeit nur für die Gesellschaft Schiffe bauen darf369. Das sind un- natürliche Verhältnisse. Blohm + Voss sind ja recht achtbar, aber viel zu klein, die Werft be- darf erheblicher Erweiterung, um ausschlaggebend mit in Betracht zu kommen370. Hier in Berlin fehlt es durchaus an einer amtlichen Stelle, welche diese Fragen übersieht und ge- schäftsmäßig bearbeitet371. Das an höchster Stelle unserer maritimen Entwickelung zuge- wandte Interesse ist ja sehr dankbar anzuerkennen, aber es vermag den Mangel einer sol- chen amtlichen Centralstelle nicht zu ersetzen. Bei dieser Sachlage halte ich es für meine Pflicht, die fraglichen Interessen nach Möglichkeit wahr zu nehmen. Ich stoße dabei aber nach allen Seiten auf Mangel an Verständniß, ja auf Argwohn, namentlich bei den Vertre- tern der Landinteressen, auch beim Finanzminister und bin deshalb erfreut, wenn ich meine Ideen durch privaten Unternehmungsgeist gefördert sehe. Hierauf beruht mein Interesse für die Niederlassung des Vulkan auch an der Elbe. Nach meiner Auffassung handelt es sich dabei um große allgemeine Interessen, denen gegenüber die von Ihnen zur Behebung des Platzmangels im Freihafengebiet als nothwendig bezeichnete Verlegung der Zollgrenze und Ueberbrückung des Köhlbrandes unmöglich Schwierigkeiten bereiten kann und darf. An Ihrer Stelle würde ich deshalb bei etwaigen Verhandlungen davon ausgehen, daß diese Schwierigkeiten beseitigt werden müssen, deshalb die westlich des Köhlbrands belegenen, sogenannten Reserven sofort mit in Rechnung ziehen und erwägen, ob das Terrain östlich oder westlich des Köhlbrandes sich mehr zur Anlegung von Quaihäfen oder von Werften eignet.

Für die Etablirung des Vulkan an der Nordsee und natürlich am besten an der Elbe kommt übrigens noch ein anderer Punkt in Betracht. Krupp baut augenblicklich seine Germania- werft in Kiel so mächtig aus, daß er dem Vulkan an der Ostsee eine starke Concurrenz be- reiten wird. Die Werft erhält 10 Helgen, kann also 20 große Schiffe gleichzeitig bauen, 10 auf den Helgen liegende und 10 vom Stapel gelassene. Wenn die Marine eine so leistungsfä- hige Anstalt in unmittelbarer Nähe haben wird, vermindert sich naturgemäß ihr Interesse an dem Vulkan. Sehr wünschenswerth ist es deshalb, daß der Vulkan an der Nordsee prosperi- re, denn es ist nicht gut, daß Krupp Alles absorbirt.

Dann wies der Staatssecretair noch auf die Amerikaner hin, die in der jüngsten Zeit im Schiffbau stark aufgekommen seien und es offenbar darauf anlegten, uns über zu rennen372. Wenn wir nicht einmüthig alle unsere Kräfte zusammen nähmen, könnten wir in dieser Be- ziehung noch merkwürdige Dinge erleben. [. . . ]373 Hochachtungvoll ergebenst gez. Versmann

115 12. Brief Μ. Rötgers374 an G. Hartmann375 vom 30. April 1904 Historisches Archiv der Fried. Krupp GmbH. FAHIVC 16

Sehr geehrter Herr Geheimrat! Während Sie im Ausland weilten, haben zwischen Herrn Fürstenberg376 (Berliner Handels- gesellschaft, Aufsichtsratsmitglied vom Stettiner Vulkan) und Herrn Ludwig Delbrück377 (im Folgenden F. u. D. genannt) aus der Initiative des Ersteren heraus die Zukunft des Vul- kan und der Germania-Werft behandelnde Erörterungen stattgefunden, über deren Gang und Ergebniß Ihnen gleich nach Ihrer Rückkehr in großen Zügen Mitteilung zu machen, ich im Einverständniß mit D. und meinen Kollegen übernommen habe. Anfang März378 hatte F. D. an der Berliner Börse gesagt, er habe sich jetzt für den Vulkan ein großes Gelände bei Brunsbüttel379 anstellen lassen, die Frage der Errichtung einer Werft an der Nordsee werde immer brennender, zumal die Regierung dränge u. der Vulkan mit seinen Werftanlagen allein an der Oder Gefahr liefe ins Hintertreffen zu gerathen; bedau- erlich sei freilich, daß mit der Errichtung der Werft an der Nordsee ein großes Kapital von rund 20 Millionen festgelegt werde und daß die damit nothwendig verbundene Belastung des Vulkans wenigstens für einige Zeit eine Schmälerung des Ertrages mit sich bringen müs- se. In dieser Kalamität sei er auf den Gedanken gekommen, es ließen sich vielleicht durch Schaffung einer Interessengemeinschaft mit Krupp diese Schwierigkeiten beseitigen; denn wenn diese Interessengemeinschaft zu erreichen sei, wäre die Anlage der Nordseewerft u. damit die Aufwendung der Millionen überflüssig. Den sehr weitläufigen, lebhaften Ausführungen F.'s (positive Vorschläge machte er nicht) über dieses Thema gegenüber hatte sich D. wesentlich auf's Zuhören beschränkt; in unserm Kollegium, dem D. unverzüglich den Inhalt dieser Besprechung mitgeteilt hatte, ging über- einstimmend die Ansicht dahin, daß man keinen Annäherungsversuch des Vulkan ablehnen dürfe; wenn auch etwaige Verhandlungen zu einer Interessengemeinschaft oder gar Ver- schmelzung voraussichtlich nicht führen würden, so könnten sie doch wohl die Beseitigung mancher Mißverständnisse und damit verbundenen Unzuträglichkeiten zur Folge haben und so schon im beiderseitigen Interesse von Nutzen sein. D. übernahm es, F. bei passender Gelegenheit zur Darlegung seines Planes aufzufordern. Die weiteren Erörterungen zwi- schen den beiden Herren ergaben, daß F. sich die Sache im Wesentlichen so dachte: Es wird der berühmte Betriebsüberlassungsvertrag380 geschlossen, Krupp garantiert den Aktionären des Vulkan eine Dividende von etwa 11%, als feste Jahresrente, und verpflichtet sich den Vulkan innerhalb von 30 Jahren käuflich zu erwerben, zu einem Kurse, der, anfangend mit etwa 260, mit jedem Jahre um 2% niedriger wird, so daß also der Uebernahmekurs nach Ablauf von 30 Jahren etwa 200 wäre. D. ließ F. darüber nicht im Zweifel, daß wir zur Zeit kein Interesse daran haben könnten, die Verwaltung noch einer weiteren Werft u. Maschi- nenfabrik zu übernehmen; dagegen ließe sich vielleicht verhandeln auf der Grundlage der wechselseitigen Betheiligung am Gewinn und Verlust, hierbei müsse aber grundsätzlich Theilung je zur Hälfte in Aussicht genommen werden, wenn auch, wie auf F.'s Einwurf we- gen der derzeitigen Gewinn- u. Bilanzverhältnisse, die beim Vulkan besonders günstig lie- gen, zugegeben wurde, für die ersten Jahre vielleicht ein anderweiter Vertheilungsmaßstab zu Lasten der Germania zuzubilligen wäre. Dieser Idee sind beide Herren dann noch weiter nachgegangen, wobei F. hartnäckig daran festhielt, daß Vulkan den Hauptanteil am Ge- winn haben müsse. Schließlich hat F. mit Vorwissen von381 D. gelegentlich der am 11. April stattgehabten Ab- schlußsitzung des Aufsichtsrats des Vulkan mit dem Vorstand der Gesellschaft, wie er sagt, ohne daß der Plan Mitgliedern des Aufsichtsrats bekannt geworden wäre, Fühlung genom- men und die Bereitwilligkeit dieser Herren zu Verhandlungen konstatirt. In Folge dessen habe er, wie er D. sagte, veranlaßt, daß die Errichtung einer Werft an der Nordsee von der Tagesordnung für die auf den 17. oder 18. Mai anberaumte ordentliche General-Versamm- lung abgesetzt worden ist (ob das zu erreichen war, ohne daß die übrigen Mitglieder des Aufsichtsrats von seinem Plane erfuhren, zumal das Grundstück bei Brunsbüttel nur bis 31. Mai angestellt sein soll, will mir nicht recht einleuchten, es sein denn, daß andere Grün- de die Absetzung veranlaßten) 382; das Grundstück solle vom Vorstand auf jeden Fall ge- kauft werden u. die Angelegenheit einer außerordentlichen Generalversammlung im Juni unterbreitet werden, falls die Verhandlungen mit Krupp nicht zum Ziele führen. F. will nun nach seiner am 7. Mai erfolgenden Rückkehr von einer kurzen Erholungsreise mit Schlutow383 sprechen, sich von Vulkanseite beauftragen lassen, gegen Ersatz unserer Aufstellung über die Gewinn- und Bilanzverhältnisse der Germania uns die gleiche Aufstel- lung über den Vulkan (die wir ja schon aus den Geschäftsberichten im Wesentlichen kennen dürften) zugänglich machen und dann unverbindliche Verhandlungen zwischen Delegirten der beiderseitigen Vorstände herbeiführen, vorausgesetzt natürlich, daß wir zu solchen Be- sprechungen bereit sind. Wir haben unsere Bereitwilligkeit Herrn D. gegenüber ausgespro- chen unter der Bedingung, daß das etwaige Scheitern der schwierigen Verhandlungen auf keiner Seite Mißstimmung hervorrufen dürfe u. daß strengste Discretion gewahrt wird, so- wie unter dem ausdrücklichen Bemerken, daß den Gewinn- und Bilanzverhältnissen der Germania keine grundlegende Bedeutung beigemessen werden dürfe, daß vielmehr der Einsatz von unserer Seite die Leistungs- und Entwickelungsfähigkeit der Germaniawerft bilden müsse. Dies wird D. F. nach dessen Rückkehr sagen und gleichzeitig darauf hinwir- ken, daß die unverbindlichen Besprechungen keinesfalls vor der ordentlichen Generalver- sammlung des Vulkan beginnen. In letzterer wird nämlich, wie wir von anderer Seite wis- sen, an der Hand des Geschäftsberichts die Frage der Nordseewerft von deren Gegnern in die Discussion geworfen werden. Es scheint, als wenn sich die Gegner der Nordseewerft ge- mehrt haben, auch im Aufsichtsrat sollen mehr Herren als früher gegenüber der großen Verantwortung bedenklich geworden sein. Vielleicht ist letzteres der Grund gewesen, daß die Sache von der Tagesordnung verschwunden ist. Es ist die Vermuthung ausgesprochen worden, daß F. das Scheitern des Planes voraussieht und deshalb sich mit der neuen Idee ei- ne Rückzugslinie sichert. Um unsererseits Nichts zu versäumen, haben wir neuerdings wieder die am Markt befindli- chen Aktien aufkaufen lassen384; bis gestern war unser Besitz nach meinen Notizen auf 302.000 Μ nom. gestiegen. Im Vorstehenden habe ich Ihnen das Allerwesentlichste über diesen interessanten Zwi- schenfall (ein solcher wird es wohl bleiben) dargelegt; es wird sich ja wohl bald einmal Gele- genheit bieten, diese Mitteilungen mündlich durch Einzelheiten zu ergänzen. Seit dem 27. d.M. bin ich hier u. denke bis Ende Mai hier zu bleiben. Mit besten Empfehlungen verbleibe ich in vorzüglichster Hochachtung Ihr sehr ergebener Rötger

13. Brief L. Klüpfels385 an M. Rötgervom 23. Mai 1904 Historisches Archiv der Fried. Krupp GmbH. WA 60/55

Lieber Herr Rötger [. .. ]213 Ich habe Ihnen noch über die neuliche Besprechung betr. Waffenruf386, [= Code- wort für Vulcan] zu berichten. Es nahmen daran Teil die H[erren] Schmidt387, Budde388, Haux389, Gillhausen390, Frielinghaus391, und ich. Das Resultat war, daß äußerst geringe Wahrscheinlichkeit sei, daß bei weiteren Verhandlungen etwas Praktisches herauskomme u. daß man deshalb auf eine Verhandlung zwischen den beiden Direktionen nicht hinarbei- ten, sondern sich darauf beschränken solle, unsere Ansichten auf dem bisherigen Vermitt- lungswege mitzuteilen, wenn es überhaupt zu internen Verhandlungen kommt, was ja nach dem Briefe des Herrn D[elbrück] vom 7. Mai zweifelhaft ist392. Dr. Schmidt vertrat eine Gewinngemeinschaft mit, abgesehen von einer kurzen Uebergangszeit, gleichen Quoten u. einer Clausel, daß wir berechtigt sind, Waffenruf [ = Vulkan] zu einem bestimmten Curse zu übernehmen, daß dagegen, wenn wir bis zum Ende der Vertragsdauer von diesem Rech- te keinen Gebrauch machen, Waffenruf [ = Vulkan] die G[ermania] gegen Uebertragung von Aktien in gleicher Höhe des bisherigen eigenen Capitals übernehmen kann. Bei einer solchen Clausel würde man sich über die Detailbestimmungen wohl einigen können, woge- gen eher eine solche Clausel die Fragen der Gewinnberechnung, der Abschreibungen, Neu- anlagen unüberwindliche Schwierigkeiten bieten würden. Gegen eine solche Interessenge- meinschaft, welche auf eine über kurz oder lang erfolgende Uebernahme hinauslaufen wür- de, wurden große Bedenken erhoben. Wir würden uns damit eine große weitere Last aufla- den, was Alles an Consequenzen daraus entstehen könne, lasse sich nicht übersehen. Der Vorteil393 eine Concurrenz zu beseitigen u. die Hilfe von Waffenruf [= Vulkan] für das Emporbringen unserer G[ermania] zu erhalten, könne nicht als genügendes Aequivalent betrachtet werden. Wir sollen lieber die G[ermania], die ja jetzt bereits in etwas günstigere Bahn gekommen sei394, aus eigenen Kräften unter absoluter Wahrung unserer Selbständig- keit u. Freiheit gegen außen weiter entwickeln, als noch eine neue große Sache hinzuzuneh- men. Als sehr bedenklich wurde auch bezeichnet, daß eine solche Fusion wieder ein großes Geschrei über Monopole etc. gegen uns entfesseln könnte; und gerade jetzt, wo eine neue Flottenvorlage in Aussicht stehe395, nicht nur uns selbst schaden, sondern auch der Regie- rung sehr lästig werden könnte. Auch die Frage einer Interessengemeinschaft ohne Gewinn- teilung u. Uebernahmeclausel wurde erörtert, man kam aber zu der Ansicht, daß auf diesem Wege Nichts zu erreichen [sein] werde, weil Waffenruf [ = Vulcan] auf die Dauer dabei ins Hintertreffen kommen könnte. Alles in Allem kam man zu dem Schluß: Abwarten, was von der andern Seite noch kommt u. dann eventuell herausziehen aus der Sache in freundschaftlicher Weise, Betonung der Pari- tät, Hinweis auf die besonderen Schwierigkeiten, welche gerade jetzt vorliegen, wo die G[ermania] noch keine Erfolge aufzuweisen hat, aber doch Keime zu einer günstigen Ent- wicklung vorliegen, die für uns sehr in Betracht kommen, etc396. [. . . ] Ihr L. Klüpfel

14. Bericht des Staatssekretärs des Reichsmarineamtes, Admiral v. Tirpitz, an Wilhelm II. vom 5. April 1910397 BA, Akten der Reichskanzlei R 43 F/1982 (Mikrofiche)

Euerer Kaiserlichen und Königlichen Majestät berichte ich auf den durch den Herrn Chef des Marinekabinetts übermittelten Befehl über die künftige Beschäftigung der vielen deutschen Privatwerften das Nachstehende allerunterthänigst: An Werften, welche große Kriegsschiffe bauten, waren zur Zeit des Erlasses des ersten Flot- tengesetzes 5 — Schichau, Elbing und Danzig; Vulcan, Stettin-Bredow; Germania, Kiel; Blohm & Voß, Hamburg; Weser, Bremen398 — vorhanden, welche sich den steigenden An- forderungen des Kriegs- wie Handelsschiffbaus entsprechend weiter entwickelt haben. Zum Bau von Linienschiffen neu herangezogen sind in den letzten Jahren nur die Ho- waldtswerke. Sie mußten einen Linienschiffsauftrag erhalten, weil die alten Werften, insbe- sondere Schichau, Vulcan, Germania und Blohm & Voß, im Jahre 1908 den Ubergang von jährlich 2 Linienschiffen und 1 großen Kreuzer zu jährlich 3 Linienschiffen und 1 großen Kreuzer zu bedeutenden Preiserhöhungen auszunutzen versuchten. Ihre Forderungen gin- gen um 1,6 bis 2,2 Millionen über die den Etatsforderungen zu Grunde gelegten Voran- schläge hinaus, während die Weser nur rund 0,9 Millionen mehr forderte und die Ho- waldtswerke 0,3 Millionen unter dem Voranschlage blieben3". Nur durch die Ertheilung des Bauauftrages auf das Linienschiff »Ersatz Siegfried« (»Hel- goland«) an Howaldt wurden die übrigen Werften nach und nach zu angemessenen Preisen gezwungen. Die Gründung der Zweigniederlassung des Stettiner Vulcan400 in Hamburg erfolgte im ei- gensten Interesse der Gesellschaft mit Rücksicht auf das steigende Schiffsdeplacement und die größere Chance auf gewinnbringende Reparaturen. Eine Beschäftigung beider Etablis- sements des Vulcan durch Schiffsneubauten der Marine wird sich bei den Arbeitsbedürfnis- sen der übrigen Werften nicht ermöglichen lassen. Andere deutsche Schiffswerften zum Beispiel Tecklenborg-Geestemünde haben ihre Anla- gen in Anpassung an die steigenden Anforderungen des Handelsschiffbaus auf eine Höhe gebracht, welche sie ebenfalls für Kriegsschiffbauten wohl befähigen würde. Ihren dahin zielenden Wünschen und Gesuchen gegenüber hat sich jedoch die Marineverwaltung in Ansehung der bereits vorhandenen großen Zahl von Kriegsschiffswerften ablehnend ver- halten401. Bei den 1908 bewilligten Neubauten und Grundreparaturen entfallen für den reinen Bau auf die Werften rund 102 Millionen Mark. Für 1912 wird sich die entsprechende Summe nach dem gesetzlichen Bauplan — 2 statt 4 große Schiffe — auf rund 82 Millionen Mark stellen. Die den Kriegsschiffswerften marineseitig zufließenden Geldbeträge werden sich daher nur um rund 1/5 gegen 1908 vermindern. Diesem Abflauen der Beschäftigung ist entgegenzuwirken: a) durch noch weitere Einschränkung des Baus von Kriegsschiffen auf den Kaiserlichen Werften, zumal, wenn diese durch Instandhaltungsarbeiten gleichmäßiger werden beschäf- tigt werden können, b) durch umfangreichere Aufträge aus den Bereichen der Kauffahrthei — nach dem langen Tiefstand darf eine allmählige Besserung im Rhedereibetriebe erwartet werden, für welche die ersten Anzeichen sich bereits bemerkbar machen -402, c) durch Hereinbringen von Auslandsaufträgen, soweit nöthig mit Unterstützung der staat- lichen Organe. Soweit es irgend möglich war, hat die Marineverwaltung auf diesem Gebiete bisher schon helfend eingegriffen, zum Beispiel bei dem Verkauf von Schichau-Torpedobooten an die Türkei und bei dem Torpedobootsauftrage Argentiniens an Schichau und an die Germania- werft403. Im Besonderen würde aber der deutschen Schiffbauindustrie dadurch gedient werden, daß die Ertheilung von Schiffbauaufträgen der deutschen Rhedereien an das Ausland nach Möglichkeit eingeschränkt würde. Nach den Angaben des Statistischen Amts (I. Vierteljahresheft von 1910, Seite 107) sind in den Jahren 1905 bis 1909 für deutsche Rechnung im Auslande Schiffe mit zusammen rund 700.000 Registertons Bruttoraumgehalt im Bau gewesen, wobei allerdings die Aufträge von 1907 mit rund 200.000 Registertons auf rund 103.000 Registertons im Jahre 1908 und rund 79.000 Registertons im Jahre 1909 sinken; aber auch noch kürzlich sind von deutschen Rhedereien größere Aufträge nach England vergeben worden404. Bei den Aufträgen an das Ausland handelt es sich zumeist um Schiffe, welche auf englischen Werften als Dutzendwaare wesentlich billiger gebaut werden. Da sowohl die deutschen Rhedereien als auch die Material-Lieferanten-Verbände großes Interesse an einem gesun- den deutschen Schiffbau haben müssen, darf erwartet werden, daß sich die der Arbeit drin- gend bedürftigen deutschen Werften mit jenen Gruppen nach Möglichkeit zu verständigen versuchen werden, damit möglichst wenig Schiffbauaufträge ins Ausland gehen, v. Tirpitz Admiral, Staatsminister, Staatssekretär des RMA

15. Brief C. Fürstenbergs an Μ. M. Warburg405 vom 6. Oktober 1911 Staatsarchiv Hamburg, Bestand Blohm + Voss, 621-1/1242

Lieber Freund! Der liebenswürdige Inhalt Ihrer freundlichen gestrigen Zuschrift406 hat mich mit besonde- rer Freude erfüllt; vielen Dank. Wir haben in Deutschland Privatwerften, welche für den Bau von Kriegsschiffen in Frage kommen, gegenwärtig wohl 6: 1) Germaniawerft, 2) Blohm & Voss, 3) Schichau, 4) Aktiengesellschaft »Weser«, 5) Ho- waldtswerke, 6) Stettiner Vulcan. Der Gedanke der Pachtung nicht rentierender Werften käme hierbei für »Weser« und »Ho- waldt« in Frage und die Opfer würden gerechterweise von den vier anderen Werften zu bringen sein, wenn nicht Schichau hierbei ausscheiden müsste, da der Chef, Herr Geheim- rat Ziese407, erfahrungsgemäss sich stets absonderte. Die Sache ist indessen auch bei Ueber- einstimmung der drei verbleibenden Firmen und selbst bei einer Geneigtheit der beiden schwach Solventen mit grösster Vorsicht anzufassen, denn es darf nicht übersehen werden, dass der Staatssecretär des Reichsmarineamts die Konkurrenz künstlich herangezogen hat, um seine Abschlüsse mit den Privatwerften für diese verlustbringend zu gestalten. Herr Tir- pitz wäre ganz der Mann, bei irgendwelchem Wind, den er bekäme, den beiden Schwäch- lingen durch die Gestaltung seiner Aufträge eine erhebliche Stärkung zu gewähren, um sich nicht zu einer loyalen Form der Vergebung zwingen zu lassen. Hierzu kommt, dass in den Kreisen der Marine und des Reichsmarineamts eine ausgesprochene Neigung für Klatsche- reien und Hinterbringungen besteht, die sich besonders ausgebildet hat; weil der Staatsse- cretär eine ziemliche Neigung für eine Intrigue besitzt. Ein loser Gedankenaustausch zwi- schen uns darf nicht eine Linie weiter getragen werden, ohne Gefahren in sich zu schliessen. Es würde sehr bald gesagt werden, dass die den Werften nahestehenden Bankfirmen sich bemühen, die Werften von der vernichtenden Gunst des Staatssecretärs zu befreien. Es ist eine wirklich sehr heikle Sache und jeder Grad von Vorsicht angezeigt. —

Die Form, wie man, ohne sich zu exponieren, Howaldt und Weser aus der Kampflinie zie- hen kann, ist nicht unschwer zu finden. Für Howaldt gäbe es unter Umständen eine Ver- ständigung mit Brown, Boveri & Co.408, welche im eigenen Hause schwere Sorgen haben und sich gern von einem total verfehlten Experiment etwas entlasten dürften und Weser409, deren Stammaktien den unvertretbar hohen Kurs von 21% franco Zinsen haben und deren Vorzugsaktien nur um deswegen 63% stehen, weil sie auch billiger nicht zu verkaufen sind, werden auch Gross-Interessenten besitzen, mit denen sich reden lässt. Ich komme zu dem Resultat, dass ich bei einem Zusammentreffen mit den Herren von Krupp, was wohl im Laufe des Monats noch möglich ist, deren Ansichten einhole, indem ich sage, dass ich einstweilen der einzige Träger des Gedankens sei und auch im Vulcan nicht eher darüber sprechen möchte, bis ich zu einer Urteilsbildung, wie die Germania sich dazu stellen würde, gelangt wäre. Erst dann scheint mir der Moment gekommen zu sein, weiter zu überlegen. Die beiden lahmen Gesellschaften müssen — so ist mein weiterliegen- der Plan — einen Aufsichtsrat erhalten, welcher die Verantwortung, grosse Geschäfte auf sich zu nehmen, im Hinblick auf den Stand der Gesellschaften ablehnt. — Ich werde Ihnen s. Zt. weiter berichten und gern mit Ihnen überlegen, ob es einen Weg gibt, der mit Aussicht auf Erfolg und mit Ausschaltung der Gefahr, ein Unglück anzurichten, be- treten werden könnte. Mit freundlichem Gruss gez. Fürstenberg.

16. Entwurf Μ. M. Warburgs für ein Kartellabkommen der deutschen Werften vom 4. No- vember 1912 410 Staatsarchiv Hamburg, Bestand Blohm + Voss, 621-1/1242

Zwischen folgenden Werften: 1) Blohm Sc Voss Kommandit-Gesellschaft auf Aktien 2) Stettiner Maschinenbau-Aktiengesellschaft »Vulkan« 3) Kieler Schiffsbau-Gesellschaft »Germania« 4) F. Schichau, Danzig 5) Bremer Vulkan, Schiffbau- und Maschinenfabrik, Vegesack 6) Aktiengesellschaft Weser in 7) Reiherstieg Schiffswerft und Maschinenfabrik 8) Joh. C. Tecklenborg A.G. 9) G. Seebeck A.G. Geestemünde 10) Flensburger Schiffsbau-Gesellschaft in 120 11) Howaldtswerke in Kiel 12) Hugo Stinnes, Emden, (im Bau)411 wird nachstehende Vereinbarung getroffen.

I. Es wird ein gemeinsames Bureau errichtet, um a) gleichmässige Abschreibungen festzusetzen, b) Minimalsätze zu verabreden für Offerten, wobei die einzelnen Werften ihre Offerten selbständig einreichen und der Mindestfordernde den Zuschlag erhalten soll.

II. Bei Schiffen, die unter X Tonnen Raumgehalt sind, konkurrieren alle Werften unter 1-10.

III. Bei sämtlichen von der Kaiserlichen Marine in Auftrag gegebenen412 Schiffen, sowie bei Aufträgen der Handelsmarine über X Tonnen Raumgehalt, konkurrieren nur die unter Nr. 1—4 genannten Werften. Es soll möglichst eine dahingehende Vereinbarung getroffen wer- den, zu welchen Preisen und in welcher Reihenfolge die Werften die Bauaufträge ausfüh- ren. Die Verteilung soll im Verhältnis des heutigen Wertes der Anlagen vorgenommen wer- den. Sollte eine gleichmässige Verteilung nicht möglich sein, so soll diejenige Werft, die den Auftrag ausführt, einen bestimmten Teil ihres Gewinnes aus dem Auftrag an die anderen drei Werften abführen. Die Werften unter 5—10 erhalten in beiden Fällen einen Gewinnan- teil, d. h. also beim Bau von Schiffen für die Kaiserliche Marine und beim Bau von Handels- schiffen über X Tonnen. Diese Gewinnverteilung erfolgt ebenfalls im Verhältnis der Grösse der einzelnen Werften 5—10 413 am Tage des Vertragschlusses.

IV. Die Werft Nr. 11 verzichtet auf den Bau aller Schiffe und erhält hierfür eine Entschädi- gung in der Form, dass die Werften unter Nr. 1—4 während 10 Jahre die Garantie für 5% Zinsen auf die Vorzugsaktien übernehmen. (M. 4.750.000.—) Diese Summe soll evtl.414 aus dem Betrage verrechnet werden, der als Gewinn, wie oben skizziert an die Werften unter 5—10 von den Werften unter 1—4 ausgeschüttet werden soll.

V. Dieser Vertrag ist auf y Jahre geschlossen.

VI. Die Werft Nr. 11415 wird unter die Gruppe II schon jetzt aufgenommen.

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Panzerpreise: abgerundet Μ pro Tonne (1000 kg) Jahr Deutschi. Österr. Ital. Frankr. USA Engl. Spanien Rußl. Schweden Japan 1900 2300 1900 strenge nichts 1901 1900 2224 1900 Geheim- zu er- 1902 1900 2320 1900 haltung fahren 1903 1900 2320 1900 der Preise 1904 1900 2320 19003>4 16502 1905 1780 2240* 2100 19002·3· 4 16002 1906 1750 1950' 2100 1450 2040 I8602 1907 1750 2300 2100 1750 1908 1600 2300 2100 1750 etwa 2600 2500 1500- 1700 1909 1550 1950 1950 2100 1750 2600 2500 1910 1550 1950 1920 1900 1750 2600 2500 1911 1550 1950 17001·3' 41900 1750 2600 2500 1912 1550 1950 16401 1900 1750 2600 2220 1560- 14803'4 1913 1550 1950 knapp 1900 1877 Μ 2600 etwa etwa 17004 16401·5 18192 1700? 1600- ca. 183C 1800 1914 1550 1950 1640 1900 18004 2600

Panzerplattenwerke: Privat:7 u. 8 9 1 u.5 10-12 2, 3 u. 4 14—19 aus 20 22 Aus dem England Ausland

staatl. — — 16 - — 25 — 6

1 = Terni 7 = Krupp 13 = Guerigny 19 = Hadfield 2 = Midvale 8 = Dillingen 14 = Vickers 20 = Nikopol-Mariupol 3 = Carnegie 9 = Wittkowitz 15 = Armstrong 21 = Ischora 4 = Bethlehem 10 = Marel-Freres 16 - Beardmore 22 = Bofore-Gullspang Co. 5 = Ansaldo 11 - Commentry 17 = Brown 6 = Kure 12 = Creusot 18 = Cammel * Ausl. Konkurrenz forderte 2480.

124 Tabelle 4: Gesamtumsatz und Gewinn der Firma Krupp

Geschäftsjahr Umsatz Reingewinn

1897/98 82 525 183 9 034 988 1898/99 103 082 991 7 561 300 1899/1900 119 752 495 13 529 067 1900/01 119 178 537 6 796 875 1901/02 101 373 295 7 710 467 1902/03 125 803 983 8 087 214 1903/04 126 254 823 11 562 761 1904/05 179 006 770 16 413 053 1905/06 228 456 644 20 738 095 1906/07 283 895 394 24 844 266 1907/08 271 471 797 18 488 170 1908/09 243 679 045 15 607 625 1909/10 280 335 531 21 265 307 1910/11 313 991 412 28 712 265 1911/12 363 146 018 29 528 881 1912/13 430 738 792 36 635 070 1913/14 406 288 442 33 904 224

Tabelle 5 418

Geschäftsergebnisse der Werften (Jahresdividende) AG Weser Stettiner Vulcan AG Blohm + Voss Howaldtswerke 1898 9 14 5 7 1899 8 12 5 8 1900 8 14 8 8 1901 12 14 7 8 1902 12 14 9 5 1903 8 14 9 0 1904 5 14 7 4 1905 5 14 9 0 1906 0 14 9 0 1907 0 14 9 0 1908 0 12 7 0 1909 0 12 4 0 1910 0 11 6 0 1911 4 11 4 0 1912 4 6 7 0 1913 0 0 4 0

125 Die Abkürzungen FAH und WA sind Signaturen des Historischen Archivs der Fried. Krupp GmbH. 1 M. Geyer: Deutsche Rüstungspolitik 1860—1980. Frankfurt/M. 1984, S. 72; zuletzt: I. Lambi: The Navy and German Power Politics 1862—1914, Boston, London, Sydney 1984, S. 137 ff.

2 V. R. Berghahn: DerTirpitz-Plan. Genesis und Verfall einer innenpolitischen Krisenstrategie unter Wilhelm II. Düsseldorf 1971; ders.: Rüstung und Machtpolitik. Zur Anatomie des »Kalten Krieges« vor 1914. Düsseldorf 1973. 3 E. Kehr: Schlachtflottenbau und Parteipolitik 1894—1901. Versuch eines Querschnitts durch die innenpolitischen, sozialen und ideologischen Voraussetzungen des deutschen Imperialismus. Berlin 1930. 4 Vgl. den instruktiven Überblick über die Forschungslage von F. Forstmeier: Der Tirpitzsche Flot- tenbau im Urteil der Historiker. In: H. Schottelius/W. Deist (Hrsg.): Marine und Marinepolitik in Deutschland 1871—1914. Düsseldorf 1972, S. 34—53; W. Petter: Deutsche Flottenrüstung von Wallenstein bis Tirpitz. In: Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.): Deutsche Militärge- schichte 1648-1939. Lizenzausgabe Herrsching 1983. Bd 5/VIII, S. 13-262, hier S. 175 ff. 5 W. Gutsche: Grundtendenzen der bürgerlichen BRD-Historiographie in der ersten Hälfte der 70er Jahre zur Politik der herrschenden Klassen des imperialistischen Deutschen Reiches 1897/98 bis 1917. In: W. Gutsche/B. A. Aisin (Hrsg.): Forschungsergebnisse zur Geschichte des deutschen Im- perialismus vor 1917. Berlin (Ost) 1980, S. 32—61, hier S. 49; H. Kubitschek: Zu Tendenzen des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Deutschland vor dem ersten Weltkrieg. In: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte (= JWG) 4(1963), S. 103-142, hier S. 113 ff. Zuletzt erneut: W. Gutsche: Monopole, Staat und Expansion vor 1914. Zum Funktionsmechanismus zwischen Industriemono- polen, Großbanken und Staatsorganen in der Außenpolitik des Deutschen Reiches 1897 bis Som- mer 1914. Berlin (Ost) 1986, S. 5 ff. 6 H.-U. Wehler: Der Aufstieg des organisierten Kapitalismus und Interventionsstaates in Deutschland. In: Η. A. Winkler (Hrsg.): Organisierter Kapitalismus. Voraussetzungen und Anfän- ge. Göttingen 1974, S. 36—57, hier S. 43. 7 W. A. Boelcke: Krupp und die Hohenzollern in Dokumenten. Krupp-Korrespondenz mit Kaisern, Kabinettschefs und Ministern 1850—1918. Frankfurt/M. 21970; vgl. die teilweise abweichenden, da stark am marxistischen Geschichtsbild orientierten Interpretationen in der 1. Auflage, Berlin (Ost) 1954. « W. Manchester: Krupp — 12 Generationen. München 1968. 9 B. Menne: Krupp. Deutschlands Kanonenkönige. Zürich 1937. 10 W. v. Tirpitz: Wie hat sich der Staatsbetrieb beim Aufbau der Flotte bewährt? Leipzig 1923. 11 G. Leckebusch: Die Beziehungen der deutschen Seeschiffswerften zur Eisenindustrie an der Ruhr in der Zeit von 1850-1930. Diss. Köln 1963. 12 R. L. Owen: Military-Industrial Relations: Krupp and the Imperial Navy Office. In: R. J. Evans (Hrsg.): Society and Politics in Wilhelmine . London 1978, S. 71—89. 13 G. Weir: The Origins of German Seapower: Military-Industrial Relationships in the Development of the High Seas Fleet, 1897-1912. (Unveröffentlichte) Phil. Diss. Knoxville (USA) 1982. 14 Berghahn: Tirpitzplan (wie Anm. 2), S. 129 ff.; Kehr: Schlachtflottenbau (wie Anm. 3), S. 208 ff.; W. Deist: Flottenpolitik und Flottenpropaganda. Das Nachrichtenbureau des Reichsmarineamtes 1897-1914. Stuttgart 1976, S. 110 ff. 15 Allerhöchste Kabinett-Ordre (Α. K. O.) Wilhelms II. vom 28. 5. 1896, Bundesarchiv—Militärarchiv, Freiburg (BA-MA) RM 3/32; vgl. Deist: Flottenpolitik (wie Anm. 14), S. 61 ff. 16 »Die befruchtende Wirkung der Flottengesetze auf die deutsche Industrie«. In: Nauticus 14 (1912), S. 294-325, hier S. 294 ff. 17 K. Hildebrand: »Der Fall Hitler«. In: Neue Politische Literatur (= NPL) 14 (1969), S. 375-386, hier S. 381. 18 Owen: Military-Industrial Relations (wie Anm. 12), S. 71 f. 19 Hierzu ausführlich meinen demnächst in Geschichte und Gesellschaft erscheinenden Aufsatz über »F. A. Krupp und die Anfänge des deutschen Schlachtflottenbaus.« 20 Tirpitz an F. A. Krupp, 12. 9. 1897. FAH III Β 231. Tirpitz' Brief geht zurück auf eine Bitte des Chefs des Nachrichtenbureaus des Reichsmarineamts, Korvettenkapitän v. Heeringen, ihm doch einen Besuch bei Krupp zu vermitteln. Heeringen an Tirpitz, 10.9. 1897, BA—MA Nachlaß Tirpitz Ν 253/4. Deist: Flottenpolitik (wie Anm. 14), S. 112 ff. 21 Siehe Dokument Nr. 2. 22 Siehe Dokument Nr. 1. 23 Deist: Flottenpolitik (wie Anm. 14), S. 112 ff. 24 Siehe Dokument Nr. 1. 25 Zu Schweinburg vgl. vor allem: D. Stegmann: Die Erben Bismarcks. Parteien und Verbände in der Spätphase des Wilhelminischen Deutschlands. Sammlungspolitik 1897—1918. Köln 1970, S. 168 f.; G. Eley: Reshaping the German Right. Radical Nationalism and Political Change after Bismarck. London 1980, S. 80. 26 Schweinburg an F. A. Krupp, 6. 10.1897, FAH III Β 40. 27 Schweinburg an F. Α. Krupp, 26. 2. 1898, FAH 22/10. 28 Jencke an F. A. Krupp, 11.6.1898, FAH III Β 39. 29 Siehe Dokument Nr. 2. 30 Aufgrund von Bauverzögerungen war Wilhelm II. an die Firma herangetreten und hatte um Be- schleunigung der Bauten gebeten: vgl. »Resume des an Seine Majestät den Kaiser eingereichten Be- richts vom 23. Mai d. Js. betreffend den Gang und den gegenwärtigen Stand an den Armirungen der im Bau befindlichen Kreuzer und Panzerschiffe der Deutschen Marine« vom 22. 6. 1898, FAH III Β 39. 31 Wie Anm.28. 32 Siehe Dokument Nr. 2. Zu Billows Rolle bei der außenpolitischen Absicherung des »Tirpitzplans« vgl. vor allem: P. Winzen: Bülows Weltmachtkonzept. Untersuchungen zur Frühphase seiner Au- ßenpolitik 1897-1901. Boppard 1976, S. 61 ff. 33 F. A. Krupp an Bülow, 25.5.1898, FAH III Β 145. 34 In einem Brief von Tirpitz vom 21. 11. 1899 an den preußischen Gesandten in Karlsruhe, v. Eisen- decher, wird diese Absicht sehr deutlich ausgesprochen: »Der H. Schweinburg als Sekretär macht mir große Sorgen. Ich betreibe mit allen Mitteln seinen Rücktritt, bis jetzt ohne Erfolg. Der Mann weiß zu viel, deshalb trauen sich die Herren, die es durchsetzen könnten, nicht recht heran. Wäre es nicht möglich, daß der Großherzog durch Schreiben an Krupp oder den Fürsten von Wied etwas in dieser Richtung täte?« Politisches Archiv des Auswärtigen Amts, Bonn (PA/AA), Nachlaß Eisende- cher 3/2; im übrigen: Deist: Flottenpolitik (wie Anm. 14), S. 156 ff.; G. Eley: German Right (wie Anm. 25), S. 85 ff.; Kehr: Schlachtflottenbau (wie Anm. 3), S. 183 ff. 35 F. A. Krupp an Hollmann, 2. 12. 1899, FAH 22/12. 36 F.A. Krupp an Wilhelm II. 3. 12. 1899, ebd. 37 Lucanus an F. A. Krupp, 6. 12. 1899, ebd. 38 Hollmann an F. A. Krupp, 14. 2. 1900, FAH III C 233; Salm-Horstmar an Wied, 10. 12. 1900, Fürstlich Wiedsches Archiv 112/11. 39 Tirpitz an Eisendecher, 24. 12. 1899, PA/AA Nachlaß Eisendecher 3/2. 40 Richter in der Sitzung vom 14. 12. 1899. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages. Bd 163, S. 3358 ff. 41 Bebel in der Sitzung vom 12. 12. 1899, ebd. S. 3320 ff. 42 Siehe Dokument Nr. 3. 43 Verfügung Tirpitz' vom 18. 11. 1899, BA-MA RM 3/3699. 44 Siehe Dokument Nr. 7, auch für das folgende Zitat. 45 Tirpitz an Jencke, 27. 2.1900, FAH III Β 36. 46 Siehe Dokument Nr. 3. 47 F. A. Krupp an Jencke, 17. 4.1900, FAH III Β 36. 48 Das genaue Datum der Audienz ist auch nicht anhand der Reisepläne des Kaisers zu ermitteln ge- wesen. Wilhelm II. befand sich zwischen dem 15. 5. und dem 24. 5. 1900 in Wiesbaden. PA/AA Bu- reauakten Nr. 4, Bd 12. Die Datierung auf den 15./16. 5. 1900 erfolgte aufgrund eines Briefes von Jencke an F. A. Krupp, in dem die Audienz für einen dieser beiden Tage angekündigt wurde. Jencke an F. A. Krupp, 6. 5. 1900, FAH III Β 36. 49 Immediatberichtjenckes für Wilhelm II., 22. 12. 1892, FAH III Β 188. 50 F. A. Krupp an Gußmann, 6. 9.1896, FAH III C 98. 51 F. A.Krupp an Jencke, 19. 12.1899, FAH IIIB 127. 52 Nachdem dieses Verhalten E. v. Halles bereits gerüchteweise bekanntgeworden war, hat der Ver- trauensmann des RMA im Flottenverein, Korvettenkapitän Gercke, dies auf Drängen F. A. Krupps auch schriftlich eingestanden, Gercke an F. A. Krupp, 6. 7. 1900, FAH 22/13. 53 Denkschrift (unsigniert und undatiert) für die Audienz, FAH III Β 36. 54 Ebd., Dokument Nr. 5; vgl. auch die Denkschrift des Leiters des Waffendepartments im RMA, Ad- miral Sack, über den »Vergleich von Artillerieausgaben bei der Armee und Marine« vom 17. 4. 1900, BA-MA RM 3/11511. Da Jencke mit Sack ausführlich über die Angriffe gegen die Firma ge- sprochen hat, stammen die konkreten Zahlenangaben mit Sicherheit aus dieser Denkschrift. Vgl. Jencke an Sack, 2. 5.1900, FAH III Β 36. 55 Ahlefeld an Tirpitz, 18. 11.1910, BA-MA Nachlaß Tirpitz Ν 253/24. 56 Siehe Dokument Nr. 4. 57 Einen detaillierten Überblick über die Investitionen der Firma für die Panzerplattenproduktion ent- hält der Bericht Kaubs »Betr. Geldbewilligungen für die Panzerplattenfabrikation« vom 20. 6. 1898 für Direktor Schmitz, FAH III Β 39. Dieser Bericht gehört mit zu einer Reihe von Denkschriften, die im Sommer 1898 verfaßt wurden, um Wilhelm II. zu beweisen, daß die Firma die größten An- strengungen zur rechtzeitigen Erfüllung der Marineaufträge unternehme. Siehe Anm. 30. 58 Ebd. 59 Siehe Dokument Nr. 4. 60 Detaillierte Angaben über die Steigerungen zwischen 1894—1906 enthält die Denkschrift Reckes vom 17. 1. 1906, BA-MA Nachlaß Tirpitz Ν 253/7. 61 Tirpitz an Wilhelm II., 17. 10.1900, BA-MA RM 3/2. 62 Siehe Dokument Nr. 7. 63 Wie Anm. 40 und 41. 64 Siehe Dokument Nr. 6. Dieser Vorschlag, die Firma aufgrund der Querelen mit dem RMA in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, ist von Jencke an F. A. Krupp herangetragen worden. Jencke an F. Α. Krupp, 10. 4. 1900, FAH III Β 36. Unabhängig von diesen Vorgängen beschäftigte man sich bei Krupp allerdings seit längerem aus erbrechtlichen Gründen mit der Möglichkeit, die Firma in ei- ne Aktiengesellschaft umzuwandeln. Vgl. die zusammenfassende Denkschrift darüber vom 3. 12. 1902, FAH IV C 5. Aus Ärger über seine Behandlung durch das RMA war F. A. Krupp allerdings bereit, diesen Schritt bereits zu Lebzeiten zu vollziehen. F. A. Krupp an Hollmann, 3. 10. 1900 (?), FAH III C 233. 65 Vgl. ζ. B. die Enttäuschung Tirpitz' über die sich dahin schleppende Erweiterung des Stettiner Vul- can, Burchard an Lappenberg, 21. 11. 1899, Staatsarchiv (StA) Hamburg 132-5/4 1.2, Bd X; Tirpitz an Direktion des Stettiner Vulcan, 8. 10. 1905, BA-MA RM 3/2527. 66 Siehe Dokument Nr. 3. 67 Siehe Dokument Nr. 6. 68 Vgl. die Debatten in der Budgetkommission im Februar/März 1900, zusammengefaßt im Bericht des Zentrumsabgeordneten Müller-Fulda, Sten. Berichte (wie Anm. 40), Bd 178 (Anlagenband), Reichstagsdrucksache Nr. 836. 69 Siehe Tabelle 1. 70 Siehe Tabelle 1 u. Tabelle 4. 71 Siehe Tabelle 3. 72 Boelcke: Krupp, 1. Auflage (wie Anm. 7), S. 64. 73 Vgl. Tabelle Nr. 3. Die Entwicklung der US-Preise wird ausführlich geschildert von: B. J. Cooling: Gray Steel and Blue Water Navy. The Formative Years of America's Military-Industrial Complex 1881—1917. Hamden 1979, S. 139 ff. Im Rahmen der Angriffe des Grafen Oppersdorf hat das RMA immer wieder auf diesen positiven Aspekt der Verträge hingewiesen. Vgl. die Denkschrift Capelles vom 26. 1.1910, BA-MA RM 3/11711. 74 Siehe Dokument Nr. 4. 75 Der Vertrag zwischen dem RMA und Krupp/Dillingen wurde am 21. 8./26. 8./2. 9. 1901 von den Beteiligten unterschrieben, BA-MA RM 3/11638. 76 Siehe Dokument Nr. 7. 77 Siehe Dokument Nr. 4 u. 5. 78 I. Hull: The Entourage of Kaiser Wilhelm II. 1888-1918. Cambridge 1982, S. 168 ff. 79 Im Zuge der Bestrebungen zur Ausrüstung der Artillerie mit neuen Geschützen kam es zwischen der Firma Krupp und der Artillerie-Prüfungskommission des Kriegsministerium in den 1890er Jah- ren zu erheblichen Auseinandersetzungen. Vgl. V. Mollin: Auf dem Wege zur »Materialschlacht«. Vorgeschichte und Funktionieren des Artillerie-Industrie-Komplexes im Deutschen Kaiserreich. Pfaffenweiler 1986, S. 221 ff., vor allem aber die dort abgedruckten Dokumente aus dem Krupp- Archiv, ebd., S. 361 ff. 80 Siehe Dokument Nr. 7. 81 Im Vorfeld der Flottennovelle 1906 appellierte der stellvertretende Chef des Marinekabinetts, Ad- miral ν. Müller, im Namen Wilhelms II. an die Firma, die Artilleriepreise weiter zu senken. Müller an Rötger, 21.3. 1905, FAH IV C 7. Rötger versicherte daraufhin, daß die Preise für die neuen Ge- schütze nicht 10 Millionen Mark, sondern nur 2,5—3 Millionen Mark über den bisherigen liegen würden. Rötger an Müller, 26. 4. 1905, ebd. Darauf Müllers Antwort: »Seine Majestät [ .. . ] wird aus ihm [Rötgers Brief, d. Vf.] gewiß die Uberzeugung schöpfen, daß die Firma Krupp nach wie vor in ihren geschäftlichen Beziehungen zum RMA nationale Gesichtspunkte walten läßt.« Müller an Rötger, 8. 5.1905, ebd. 82 Entgegen vielfacher Vermutungen waren die Auslandspreise der Firma Krupp weitaus höher als die Inlandspreise. So forderte Krupp bei der Submission für die argentinischen Linienschiffsbauten 1909 noch 3500 Mark/t für Panzerplatten, für die die deutsche Marine durchschnittlich 1550 Mark/t bezahlte. Gußstahlfabrik an Blohm + Voss, 2. 2. 1909, StA Hamburg 621-1/1021. Vgl. auch die dies bestätigende Aufzeichnung Rollmanns vom 12. 10. 1909, BA-MA RM 3/2752. 83 Siehe Tabelle 1. 84 Müller-Fulda im Reichstag, 7. 3. 1901, Sten. Berichte (wie Anm. 40), Bd 180, S. 1761 ff. Nach Rücksprache mit dem RMA hatte die Firma Krupp 1898 die Nickelstahlpanzerplatte patentieren lassen und dieses Patent in der Folgezeit an Firmen in den USA, Großbritannien, Frankreich und Rußland verkauft. Vgl. die undatierte (vermutlich 1898) zusammenfassende Denkschrift: »Ge- sichtspunkte, die für die Frage der Behandlung unseres neuen Panzerplatten-Fabrikations-Verfah- rens in Bezug auf Geheimhaltung, Patentierung und Überlassung an Dritte maßgebend waren und sind.« FAH III Β 39. 85 Deist: Flottenpolitik (wie Anm. 14), S. 110 ff.; Berghahn: Tirpitzplan (wie Anm. 2), S. 129 ff. 86 Denkschrift Schräders vom 13. 11. 1913 für den Rüstungsausschuß, BA-MA RM 3/10400. Erzber- ger schätzte die Kosten für die Errichtung eines Staatswerks in der Sitzung der Budgetkommission vom 19. 2. 1913 sogar auf 50 Millionen Mark, BA-MA RM 3/11640. 87 Ebd. 88 Eine ausführliche Schilderung der Entwicklung der Panzerplattenpreise enthält die Denkschrift über die »Entwicklung der Panzerpreise«. Anlage 1 zum Bericht für die Budgetkommission vom 3. 3.1915, BA-MA RM 3/11634. 89 Aufzeichnung Müllers vom 11. 10. 1906, BA-MA RM 2/1613. 90 Berghahn: Tirpitzplan (wie Anm. 2), S. 511 ff. 51 Denkschrift Capelles und v. Eickstedts für Tirpitz vom 29. 12. 1906 betr. »Midvale-Lieferung für Italien und Preisvergleich.« BA-MA RM 3/2528. 92 Midvale Steel Co. an Tirpitz, 28. 3. 1907, BA-MA RM 3/11712. 93 Thyssen & Cie. an Tirpitz, 19.6. 1907, BA-MA RM 3/11638. 94 Siehe Dokument Nr. 8. 95 Berghahn: Tirpitzplan (wie Anm. 2), S. 519 f. 96 Tirpitz an das Direktorium der Dillinger Hüttenwerke, 4. 11. 1907. Archiv der Dillinger Hütten- werke, ohne Signatur. 97 Siehe Tabelle 1. 98 Aufzeichnung G. Krupp v. Bohlen u. Halbachs vom 8. 2. 1908 für die Aufsichtsratssitzung vom 10. 2.1908, WA 41/2-185. 99 Aufzeichnung Rötgers vom 24. 11. 1907, FAH IV C 71b. (Auch für das folgende Zitat.) 100 Denkschrift Rollmanns vom 2. 12. 1908 über »Verkürzung der Bauzeiten und Verbilligung der Baukosten bei den Schiffsneubauten nach den Ausführungen von Schichau.« BA-MA RM 3/6673. 101 Graf Oppersdorf hat seine Erklärungen im Frühjahr 1909 nur schriftlich zu Protokoll in der Bud- getkommission gegeben. Bekannt wurden sie erst durch einen Artikel in der »Kölnischen Volkszei- tung« vom 13. 4. 1909. Zu diesen Vorgängen vgl. die ausführliche Schilderung in dem Bericht des Direktoriums für G. Krupp v. Bohlen und Halbach, 17. 1. 1910, BA-MA RM 3/11635. Graf Op- persdorf haue sich auf seine Angriffe gegen die Panzerplattenpreise ausführlich vorbereitet, indem er zuvor beim österreichischen u. amerikanischen Gesandten Erkundigungen über die Panzerplat- tenpreise in diesen Ländern eingeholt hatte. Abschriften der von Graf Oppersdorf geführten Schriftwechsel: BA-MA RM 3/11638. 102 Graf Oppersdorf an Tirpitz, 22. 6. 1909, BA-MA RM 3/11635. Vgl. dazu die Stellungnahme des Justitiariat des RMA (undatiert, gez. Rosenberger), BA-MA RM 3/11638. 103 Tirpitz an Thyssen Sc Co., 15. 12. 1909, BA-MA RM 3/11638. Abschriftlich ging dieser Brief am gleichen Tag an Krupp u. Dillingen. Ebd. Da Tirpitz Thyssen sogar die Details der Verträge mit Krupp und Dillingen mitgeteilt hatte, reagierten diese sehr empört. Direktorium der Firma Krupp an Tirpitz vom 16. 12. 1909. Ebd. 104 Siehe Dokument Nr. 9. 105 Denkschrift Rollmanns vom 1.2. 1910 betr. »Panzerlieferungsfrage Krupp—Thyssen.« BA-MA RM 3/11638. 106 Siehe Dokument Nr. 9. 107 Wie Anm. 105. 1011 Graf Oppersdorf in der Sitzung vom 5. 3. 1910. Sten. Berichte (wie Anm. 40), Bd 260, S. 1774 ff. 109 Siehe Anm. 105; Tirpitz an Thyssen & Co, 20. 5. 1910, BA-MA RM 3/11638. 110 A. Thyssen an Erzberger, 6.6.1911, BA-MA RM 3/11639,6.6.1911, auch für das folgende Zitat. 111 Votum von E.W.K, vom 1. 7. 1911 für Tirpitz, ebd. 112 Tirpitz an Thyssen & Co., 20. 5. 1910, BA-MA RM 3/11638. 113 Am 18. 4. 1913 hatte K. Liebknecht im Reichstag enthüllt, daß ein Berliner Angestellter der Firma Krupp, Brandt, von mittleren Beamten des preußischen Kriegsministeriums gegen kleine Darlehen und Geschenke Nachrichten über Beschaffungsvorhaben des Kriegsministeriums erhalten und an die Firma weitergeleitet hatte. Vgl. dessen Reichstagsrede vom 18.4. 1913, Sten. Berichte (wie Anm. 40), Bd 289, S. 4910 ff. Zu den Debatten über die mit diesen Angriffen ausgelösten Kontro- versen über die vom Reichstag geforderte Untersuchung vgl. vor allem die Rednerbeiträge in der Sitzung vom 23. 4. 1913, ebd. S. 5045 ff. Die Regierung wollte auf jeden Fall die Einberufung einer parlamentarischen Untersuchungskommission vermeiden, war aber bereit, von sich aus eine Kom- mission einzusetzen. Erklärung Delbrücks, ebd., S. 5047. Was die Bewertung dieser Kommission betrifft, so schließe ich mich hier den von W. Wette entwickelten Gedanken an: W. Wette: Reichs- tag und »Kriegsgewinnlerei« (1916—1918). Die Anfänge parlamentarischer Rüstungskontrolle in Deutschland. In: MGM 36 (1984) S. 31—56, hier S. 33 ff. Zum »Krupp-Prozeß« vgl. vor allem den Prozeßbericht des Berichterstatters der »Täglichen Rundschau« A. Zimmermann (Hrsg.): Prozeß Brandt und Genossen. Der sogenannte Krupp-Prozeß. Verhandlungsbericht — Aus dem Reichstag — Zeitungsstimmen. Berlin 1914. 114 Kriegsminister v. Heeringen an Tirpitz, 10.6. 1913, BA-MA RM 3/11043 . Dähnhardt an die ein- zelnen Gruppen des RMA, 21. 6. 1913, ebd. Vgl. auch die Eintragung im Tagebuch des Direktors des Allgemeinen Kriegsdepartment im Kriegsministerium, General Wandel. Eintragung vom 14. 6. 1913, abgedruckt bei: G. Granier. Deutsche Rüstungspolitik vor dem Ersten Weltkrieg. General Franz Wandels Tagebuchaufzeichnungen aus dem preußischen Kriegsministerium. In: MGM 38(1985), S. 123-162, hier S. 145. 115 Vgl. ζ. B. die Denkschrift über »Staatliche und private Fabriken für Kriegsmaterial«, die der Direk- tor der Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken, v. Gontard, aus Anlaß der Beratungen der Rü- stungskommission am 29. 10. 1913 an den Reichskanzler Bethmann Hollweg sandte. Bundesarchiv (BA) Koblenz Reichskanzlei R 43 F/1275. 116 Vgl. die Diskussionen in den Sitzungen des Rüstungsausschusses vom 8. 1./9. 1. 1914. Protokolle: BA-MA RM 3/11043. 117 Siehe Dokument Nr. 9. Bezüglich der dagegen von Rollmann geltend gemachten Bedenken vgl. dessen Denkschrift vom 1. 2. 1910 (wie Anm. 105). 118 Erzberger in der Sitzung des Rüstungsausschusses vom 8. 1. 1914, Protokoll S. 51, BA-MA RM 3/11043. 119 Aufzeichnung Hugenbergs von 1912 (nicht näher datiert) betr. »Unterlage über die Besprechung über die Jubiläumsstiftung«. Bundesarchiv (BA) Koblenz, Nachlaß Hugenberg NL 231/69. 120 G. Krupp v. Bohlen u. Halbach an Eisendecher, 3. 12. 1913. PA/AA, Nachlaß Eisendecher2/6. 121 Siehe Dokument Nr. 10. Ein Exemplar der Denkschrift von Direktor Ehrensberger vom März 1914 befindet sich im Krupp Archiv. WA IV 1957, ein weiteres im Nachlaß Hugenberg, BA, Nachlaß Hugenberg NL 231/69. 122 Bericht Erzbergers für die Rüstungskommission über die Schiffsartillerielieferungen der Firma Krupp, S. 42. Exemplar in: BA-MA RM 3/11044. Das Reichsmarineamt, das zur Begründung der Flottennovelle 1912 ebenfalls auf die Gefährdung von Arbeitsplätzen hinwies, ging sogar von 110 000 Beschäftigten aus, die dann brotlos werden würden. Aufzeichnung Dähnhardts, undatiert (1911?), BA-MA RM 3/11639. 123 Zu einem Bericht des Marineattaches in London, v. Müller, vom 30. 10. 1913 über die Möglichkeit, daß England nicht schon wieder die Kaliber erhöhen, sondern evtl. sogar zurückgehen würde, be- merkte Wilhelm II. sichtlich erleichtert: »Wäre ein Segen!« BA-MA RM 3/3707. 124 Siehe Dokument Nr. 10 (auch für die folgenden Zitate.) Zu Erzberger vgl. dessen Bericht für die Rüstungskommission, S. 139 f., BA-MA RM 3/11044. 125 W. Feldenkirchen: Die Eisen- und Stahlindustrie des Ruhrgebiets 1879-1914. Wiesbaden 1982, S. 123 f. 126 Siehe Tabelle 4. Zum Marineetat für 1912/13: Nauticus 15 (1913), S. 442. 127 Siehe Dokument Nr. 10. 128 Bericht Erzbergers für die Rüstungskommission, S. 131, BA-MA RM 3/11044. 129 Siehe Tabelle 1 u. 2. 130 Denkschrift Ehrensbergers, März 1914, WA IV 1957. 131 Nach der Flottengesetznovelle von 1912 sollten 1913 und 1916 jeweils ein zusätzliches Linienschiff gebaut werden. Im Rahmen der deutsch-englischen Verständigungsbemühungen ist das Datum der Inbaugabe für das dritte vom Reichstag bewilligte Linienschiff offengelassen worden. Vgl. A. v. Tir- pitz: Der Aufbau der deutschen Weltmacht. Stuttgart 1924, S. 288 f. 132 Wette: Reichstag (wie Anm. 113), S. 33. 133 Da die Reichsregierung sich geweigert hatte, K. Liebknecht in die Kommission zu berufen, hat die SPD auch G. Noske nicht in die Kommission entsandt und in einem Artikel des »Vorwärts« vom 15. 11. 1913 mit dem Titel »Prüfungskommission oder Vertuschungskommission?« kritisch zum Rüstungsausschuß Stellung genommen. Exemplar in: BA, Reichskanzlei R 43 F/1275. 134 Den zur Zeit besten Uberblick über den gegenwärtigen Diskussionsstand über das Problem der »Parlamentarisierung des Kaiserreichs« bietet m. E. G. A. Ritter: Die deutschen Parteien 1830-1914. Göttingen 1985, S. 85 ff. 135 Hugenberg an Beukenberg, 8.12.1914, Mannesmann-Archiv Ρ 2/2501. 136 Nauticus 1 (1899), S. 263. 137 Nach der Statistik des Deutschen Reiches wurden von Schiffen über 100 BRT, die für deutsche Reeder gebaut wurden, 1896: 61,0%; 1897: 24,8%; 1898: 24,2%; 1899: 21,4%; 1900: 39,5% im Ausland, hauptsächlich in England gebaut. Vgl. T. Schwarz/E. v. Halle: Die Schiffbauindustrie in Deutschland und im Auslande. Bd 2. Berlin 1902, S. 39 ff. 131 »2. Zwischenbericht der Kommission zur Untersuchung der Lage des Schiffbaus«, Juli 1900, BA-MA RM 3/10166. Prinzipiell hat sich an dieser Situation nichts geändert. Resigniert stellte der Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Eisenhüttenleute, E. Schroedter, 1913 fest, daß der Anteil des Schiffbaumaterials an der gesamten Stahlproduktion »nicht viel mehr als 3% alles in allem [beträgt], während man bei der englischen Eisenindustrie auf nicht weniger als 30% ihres Absatzes an den heimischen Schiffbau rechnet.« E. Schroedter: Die deutsche Eisenindustrie und der deutsche Schiffbau. In: O. Flamm (Hrsg.): Deutscher Schiffbau 1913. Berlin 1913, S. 331—344, hierS. 338. 139 SieheDokumentNr.il. 140 Bereits in einer Weihnachten 1895 verfaßten Denkschrift hatte Tirpitz dieses »Superministerium« gefordert, war damit aber nicht durchgedrungen. Vgl. Berghahn, Tirpitzplan (wie Anm. 2), S. 92 ff. Im Mai 1901 hat Tirpitz sogar eine Kommission eingesetzt, die die Frage der Errichtung eines sol- chen Ministeriums prüfen sollte. Um den Ausbau der Flotte aber nicht durch Reibereien mit ande- ren Behörden zu gefährden, entschloß er sich im Gegensatz zu den Empfehlungen der Kommission zur vorläufigen Vertagung des Problems. Tirpitz an Pereis, 20. 3. 1902, BA-MA RM 20/106. 141 Verfügung Tirpitz' vom 9. 6.1899, BA-MA RM 3/10164. 142 Zu den Ausbauplänen vgl. vor allem: Berghahn: Tirpitzplan (wie Anm. 2), S. 157 ff. 143 Nicht abgesandter Entwurf eines Schreibens von Tirpitz an das Oberkommando vom 29. 10. 1897, BA-MA RM 3/6636. 144 Ahlefeld an Tirpitz, 18. 8. 1899, BA-MANachlaßTirpitzN253/197. 145 Vgl. das Protokoll der »Kommission zur Untersuchung der Lage des deutschen Schiffbaus« über die Besichtigung der Germaniawerft in Kiel am 25. 10. 1899, BA-MA RM 3/10160. 146 Vgl. ebd. Protokoll über die Besichtigung der Vulcanwerft in Stettin am 14. 10./16. 10. 1899. ' Großherzog von Oldenburg an Tirpitz, 16. 12. 1898, BA-MA RM 3/33. Sehr aufschlußreich ist Tirpitz' Antwort an den Großherzog vom 26. 12. 1898, in der er begründet, warum die Marine den Vulcan lieber an der Elbe als an der Weser haben will: »Wenn die Marine nun über kurz oder lang nicht gezwungen werden will mit eigenen Mitteln einzugreifen, was auf jeden Fall unerwünscht, für die nächsten sechs Jahre aber unmöglich ist, so muß sie wünschen, daß die Privatindustrie der Mari- ne diese Sorge abnimmt. 1 Versmann an Burchard, 6. 12. 1898, StA Hamburg CI IV Lit. Β Nr. 5b Vol.6 Fase, lb 11 I; siehe auch Dokument Nr. 11. ' Vgl. die Kostenvoranschläge von Wasserbaudirektor Buchheister vom 26. 3. 1899, StA, Hamburg CUV Lit. Β Nr. 5b Vol. 6 Fase, lb 1 lc. 1 Protokoll über die »Sitzung der für die Beratung der Vulcan-Angelegenheit niedergesetzten Se- nats-Commission« vom 9. 4. 1902, ebd. Burchard an Lappenberg, 21.11. 1899, StA Hamburg 132-5/41. 2. Bd X. : »Das Schiffbaugewerbe und die Störungen im deutschen Wirtschaftsleben.« In: Nauticus 6 (1904), S. 258-285,. hier S. 266. ' L.Delbrück an Menshausen, 20. 10. 1903, WA 60/55. So Weir: German Sea-Power (wie Anm. 13), S. 147 ff. Siehe Anm. 153. 1 Siehe Dokument Nr. 12. Jencke an F. A. Krupp, 11.6. 1898, FAH III Β 39. Direktorium der Gußstahlfabrik an den Vorstand der Germaniawerft, 17. 7. 1901, FAH IV C 12. Tirpitz an Wilhelm II., 17. 10.1900, BA-MA RM 3/2. Seit 1902 hatte keine deutsche Werft mehr ein größeres ausländisches Kriegsschiff im Bau. Siehe den Nauticus-Artikel (wie Anm. 152). Undatierte Aufzeichnung Rötgers (März 1904 ?), WA 60/55. Siehe Dokument Nr. 13. Siehe Anm. 160. Siehe Dokument Nr. 13. Vgl. den Pachtvertrag zwischen dem Hamburger Senat und dem Stettiner Vulcan vom 3. 7. 1905. Ein Exemplar in: FAH IV C 23. Loebell an Schlutow, 27. 6.1905, BA, Reichskanzlei R 43 F/1982. Nauticus-Artikel (wie Anm. 152), S. 267. Siehe Dokument Nr. 7. Berghahn: Tirpitzplan (wie Anm. 2), S. 278. Siehe Dokument Nr. 7. Berghahn: Tirpitzplan (wie Anm. 2), S. 163. Jencke an F. A. Krupp, 9. 5. 1898, FAH III Β 40. Siehe Dokument Nr. 7. Barandon an Rötger, 2. 12. 1901, FAH IV C 12. Aktennotiz über die Besprechung auf dem Hügel vom 6. 12. 1901 »Betrifft: Verständigung der deutschen Werften untereinander.« Ebd. T. Schwarz: Schiffbau und Schiffahrt im Zeitalter der Kartelle und Trusts. In: Marinerundschau 16 (1905), S. 1-28, hier S. 19. Die AG Weser erhielt 1904 den großen Kreuzer »Gneisenau»; die Howaldtswerke 1908 das Linien- schiff »Helgoland». Die Vergabe der »Helgoland« an die Howaldtswerke war vor allem auch eine Maßnahme, um diese Werft vor dem Zusammenbruch zu retten. So ging Tirpitz' enger Vertrauter, Admiral Capelle, im Juni 1908 zu Paul v. Schwabach vom Bankhaus Bleichröder. Um dessen Nei- gung zur Gewährung eines größeren Kredits an die Howaldtswerke zu erhöhen, versicherte er die- sem, daß die Howaldtswerke große Aussicht hätten, einen größeren Marineauftrag zu bekommen. Capelle an Tirpitz, 4. 6.1908, BA-MA RM 3/8. Siehe Dokument Nr. 14. Vgl. hierzu die »Zusammenstellung abgelieferter Schiffsneubauten 1897—1914», WA XVII 38b. Geschäftsbericht des Stettiner Vulcan für 1908. Exemplar im StA Hamburg 621-1/42. Direktion von Blohm + Voss an H. Blohm, 22. 5. 1908, StA Hamburg 621-1/44. Direktion von Blohm + Voss an Eccius (Krupp), 25. 4. 1909. Ebd. Siehe Tabelle 5. Aufgrund des Betriebsüberlassungsvertrags von 1896 garantierte die Firma Krupp den Aktionären der Germaniawerft eine feste Dividende. Dies hatte zur Folge, daß die Firma außer einem Gewinn von 0,011 Mio M. im Jahre 1898/99 folgende Zuschüsse (in Mio M.) zu zahlen hatte: 1897/98: 0,051; 1899/1900: 0,233; 1900/1901: 0,735. Zum 1. 4. 1902 ging die Werft in den alleinigen Besitz der Firma Krupp über. Dabei ist nur im Geschäftsjahr 1911/12 ein Gewinn von 1,535 Mio M. er- zielt worden. Die Verluste in den übrigen Geschäftsjahren betrugen: 1901/02:1,35 1905/06:2,43 1909/10:0,05 1902/03:0,49 1906/07:3,47 1910/11:1,48 1903/04:1,70 1907/08:0,13 1912/13:0,71 1904/05:2,02 1908/09:0,89 1913/14:3,34. 184 Τ. Schwarz: Die deutschen Schiffswerften. In: Deutscher Schiffbau 1913 (wie Anm. 138), S. 83-116, hier S. 111 ff. 185 Zu diesem »Scare« vgl. vor allem A. J. Marder: From the Dreadnought to Scapa Flow. The Royal Navy in the Fisher Era, 1904-1919. Vol. 1: The Road to War, 1904-1914. London 1961, S. 152 ff. 1.6 Tirpitz an Müller, 24. 7.1909, BA-MARM 3/8. 1.7 Siehe Dokument Nr. 14. 188 Die Werften wurden regelmäßig vom RMA über Flottenprogramme im Ausland informiert. Vgl. ζ. B. das Rundschreiben Rollmanns an alle deutschen Werften vom 10. 12. 1907 über das geplante argentinische Flottenbauprogramm, StA Hamburg 621-1/1016. 189 Vgl. ζ. B. den Bericht des deutschen Marineattaches in London, Widenmann, an Tirpitz, 20. 4. 1909 über die Aussichten der deutschen Schiffbauindustrie, von den geplanten chilenischen Flotten- bauten profitieren zu können, BA-MA RM 1/1886; Erckert an Bethmann Hollweg, 7. 4. 1911,ebd. 150 Bericht der Direktion von Blohm + Voss an den Aufsichtsrat vom 7. 5. 1910, StA Hamburg 621-1/28. 191 Muehlon (Krupp) anH. Blohm, 11. 4. 1913, StA Hamburg 621-1/1122. 192 Protokoll der Sitzung des RMA vom 15. 5. 1909, BA-MARM 3/15. 193 Bodenhausen an Blohm + Voss, 9. 3.1913, StA Hamburg 621-1/700. 194 Siehe Anm. 178. 195 A. Ballin an H. Blohm, 6. 2. 1912, StA Hamburg 621 -1 /225 Bd 1. 196 Siehe Dokument Nr. 15. 197 Siehe Dokument Nr. 16. 198 Niederschrift der Besprechung vom 26. 11. 1912, StA Hamburg 621-1/1242. 199 Siehe Dokument Nr. 16. Vgl. auch den Brief Fürstenbergs an Warburg vom 7. 10. 1912, ebd. 200 Niederschrift der Besprechung vom 7. 4.1913, ebd. 201 Siegmund an Klönne (Deutsche Bank), 5. 1.1914 (Abschrift), StA Hamburg 621-1/1243. 202 Niederschrift der Besprechung vom 6. 12. 1912, StA Hamburg 621-1/1242. 203 Niederschrift der Besprechung vom 29. 7.1913, ebd. 204 Im März 1913 hatten die beteiligten Werften (außer Schichau und der Germaniawerft) eine nicht mehr erhalten gebliebene Eingabe an das RMA gemacht, um bessere Preise zu erhalten. Vgl. Nie- derschrift der Versammlung vom 7. 3. 1913, ebd. 205 Siehe Anm. 202. 206 Eine zusammenfassende Darstellung der Auseinandersetzungen enthält der Brief Siegmunds an Klönne (wie Anm. 201). 207 Howaldtswerke an G. Howaldt, 19. 3.1914, StA Hamburg 621-1/1243. 208 Niederschrift der Besprechung vom 17. 1.1914, StA Hamburg 621-1/1242. 209 Niederschrift der Besprechung vom 5. 4.1914, ebd. 210 Niederschrift der Besprechung vom 16. 6. 1914, StA Hamburg 621-1/1243 und die Niederschrift vom 19. 6. 1914, StA Hamburg 621-1/1242. 211 Von G. Howaldt am 18. 6. 1914 an die Germaniawerft übersandte Ergänzung zu der Niederschrift der Besprechung vom 16. 6. 1914, StA Hamburg 621-1/1243. 212 Wie Anm. 16. 213 Dem Bundesarchiv, dem Historischen Archiv der Fried. Krupp GmbH, dem Hamburger Staatsar- chiv und dem Archiv der Dillinger Hüttenwerke danke ich für die Genehmigung zum Abdruck der Dokumente. Rechtschreibung und Zeichensetzung sind nicht verändert worden. Auslassungen im Text, soweit diese nicht durch Fußnoten kenntlich gemacht worden sind, betreffen rein private Mit- teilungen. 214 Friedrich Alfred Krupp, 1887—1902 Besitzer der Krupp-Werke in Essen und der zu ihr gehörenden Betriebe. Bei dem abgedruckten Brief — aus Baden-Baden — handelt es sich um eine maschinen- schriftliche Abschrift. 215 Hanns Jencke, seit 1879 Mitglied der Prokura der Firma Krupp, von 1888—1902 Vorsitzender des Direktoriums. 216 Am 13. 10. 1897 hatte Jencke F. A. Krupp mitgeteilt, daß der Cdl auf Wunsch von Tirpitz die Flot- tenvorlage durch eine Agitationskampagne unterstützen wolle, FAH III Β 126. 217 Admiral Alfred ν. Tirpitz, Staatssekretär des Reichsmarineamts 1897—1916. 218 Jencke war stellvertretender Vorsitzender des Cdl. 219 Wie Anm. 20. 220 Victor Schweinburg, Journalist und Herausgeber der »Berliner Politischen Nachrichten« und der »Neuen Reichscorrespondenz«. 1898/99 auch Geschäftsführer der F. A. Krupp zur Hälfte gehö- renden »Berliner Neuesten Nachrichten«. 221 Bezüglich der von Schweinburg entwickelten Aktivitäten siehe den in Anm. 26 zitierten Brief. 222 Bernhard v. Bülow. Staatssekretär des Auswärtigen Amts 1897—1900; Reichskanzler 1900—1909. Bei diesem Brief — aus Berlin — handelt es sich um ein handschriftliches Original. In der linken obe- ren Ecke trägt es die Vermerke: »Eigenhändig. Streng vertraulich.« Der Brief selbst ist offensicht- lich von einem Kanzleischreiber geschrieben worden, nur die Unterschrift ist eigenhändig. Anlaß des Briefes waren die erheblichen Verzögerungen bei der Ablieferung des von der Marine bestellten 132 Kriegsmaterials. Siehe Anm. 30. 225 Alfred Τ. Mahan, amerikanischer Admiral und Marineschriftsteller, dessen 1892 in London er- schienenes Werk »The Influence of Sea Power upon History, 1660—1783« zu einer Art »Marinebi- bel« (Petter [wie Anm. 4]) hochstilisiert wurde. 221 Hierbei handelt es sich um ein von Jencke eigenhändig verfaßtes Original, das dem auf Capri wei- lenden F. A. Krupp zusammen mit mehreren anderen Dokumenten am 1. 4. 1900 zugesandt wor- den ist. 225 Nachdem bereits A. Bebel und E. Richter im Dezember 1899 F. A. Krupp und seine Firma im Reichstag schwer angegriffen hatten (siehe Anm. 40 u. 41), wurden seit Ende Februar 1900 erneut heftige Vorwürfe gegen F. A. Krupp und seine Firma im Reichstag und in der Presse erhoben. Vgl. die Sammlung von Zeitungsausschnitten in FAH III Β 36 und den zusammenfassenden Bericht der Budgetkommission (wie Anm. 68). 226 Offenbar informiert durch den Konkurrenten Krupps bei der Herstellung von Feldgeschützen, der Rheinischen Metallwaren- und Maschinenfabrik in Düsseldorf, hatte die »Freisinnige Zeitung« am 21.3. 1900 Krupp überhöhter Preise bei der Lieferung von Kanonenrohren beschuldigt, FAH III Β 36. 227 Die Firma Krupp besaß seit 1876 einen Schießplatz in Meppen, der im Gegensatz zu den in der Öf- fentlichkeit erhobenen Behauptungen nicht vom Staat zu günstigen Bedingungen gepachtet wor- den, sondern Eigentum der Firma war. 221 Gemeint ist die Rheinische Metallwaren- und Maschinenfabrik (Ehrhardt), die ihren Sitz in Düs- seldorf hatte. 229 Georg Frhr. v. Rheinbaben, 1896 Regierungspräsident in Düsseldorf, seit 1899 preußischer Innen- minister, war mit F. A. Krupp befreundet. 230 Admiral Friedrich v. Hollmann, Staatssekretär des RMA 1890—1897. Nach seinem Rücktritt im Frühjahr 1897 verstärkten sich die Kontakte zu F. A. Krupp. Aufgrund seiner weiterhin guten Be- ziehungen zu Wilhelm II. hat er mehrfach zwischen F. A. Krupp, Tirpitz und Wilhelm II. zu vermit- teln versucht. Hull: Entourage (wie Anm. 78), S. 161 ff. 231 Admiral Hans Sack, Direktor der Waffenabteilung im RMA, seit 1906 Mitglied des Aufsichtsrats der Fried. Krupp AG. 232 Carl Ferdinand Frhr. v. Stumm-Halberg, Teilhaber an den Dillinger Hüttenwerken, freikonservati- ver Reichstagsabgeordneter 1867—1881 und 1887—1901; persönlicher Freund Wilhelms II. Stumm hatte durch die ihm gehörende »Post« und über den Abgeordneten v. Kardorff im Reichstag mehr- fach erfolglos versucht, die Vorwürfe zu entkräften. Vgl. den zusammenfassenden Bericht der Bud- getkommission (wie Anm. 68). 233 In dem Telegramm vom 27. 2. 1900 bat Tirpitz darum, ihm Material über die Höhe des Unterneh- mergewinns zur Verwertung im Plenum zu übermitteln. Abschrift in FAH III Β 36. 234 Jencke lehnte dies in einem Telegramm vom 27. 2. 1900 ab, ebd.

235 In einem Brief vom gleichen Tage erläuterte Jencke seine Antwort noch einmal und verwies dabei auf das hohe Risiko der Panzerplattenproduktion. Ebd.

236 Uber keine der beiden Zusammenkünfte konnten Aufzeichnungen in den Marineakten bzw. den dienstlichen Papieren Jenckes im Krupp-Archiv ermittelt werden.

237 Zu Tirpitz' Stellungnahme in der Budgetkommission siehe den in Anm. 68 angeführten zusammen- fassenden Bericht.

238 Gemeint ist das Schreiben Jenckes an Tirpitz vom 30. 3. 1900, das bis auf die Einleitung und den Schlußabsatz mit dem hier veröffentlichten Dokument Nr. 4 weitgehend identisch ist, BA-MA RM 3/2. 239 Zur Entwicklung der Panzerplattenpreise siehe Tabelle Nr. 1. 240 Gemeint ist das Schreiben F. A. Krupps an Tirpitz vom 6. 4. 1900, in dem F. A. Krupp die Vorwürfe entschieden zurückwies, gleichzeitig aber auch seine prinzipielle Verhandlungsbereitschaft andeu- tete, BA-MA RM 3/2. 241 Zu Hollmanns Vermittlerdiensten siehe Anm. 230. 242 Insgesamt hat Jencke zwischen Februar und Mai 1900 mehrfach mit Hollmann und Sack über die Panzerplattenfrage gesprochen: Vgl. Jencke an Hollmann, 2. 5. 1900 und Jencke an Sack, 2. 5. 1900, FAH III Β 36. 243 Zu einer Verständigung mit Dillingen ist es aufgrund von Terminschwierigkeiten nicht gekommen. Siehe den Telegrammwechsel in FAH III Β 36. Diese maschinenschriftliche, undatierte Denkschrift geht auf den Wunsch F. A. Krupps zurück, ihm für die von Hollmann vorgeschlagene Audienz bei Wilhelm II. einen »kurzen Gedankenzettel« 244 zu erstellen. F. A. Krupp an Jencke, 17. 4. 1900, FAH III Β 36. Am 6. 5. 1900 ist sie dann von Jencke an F. A. Krupp übersandt worden. Ebd. Dieser übergab sie während der Audienz Wilhelm II. Siehe Dok. Nr. 6. Unterlagen über die genauen Umstände der Errichtung des Panzerplattenwerks sind nicht mehr vorhanden. Offensichtlich hat die Marine aber Krupp erheblich gedrängt, um damit dem alleinigen 245 Hersteller von Panzerplatten in Deutschland, den Dillinger Hüttenwerken, Konkurrenz zu ma- chen. Vgl. Owen: Military-Industrial Relations (wie Anm. 12), S. 74 f. P. Koch: Krupp und die Ma- rine. Essen 1929 (Selbstverlag), S. 24 ff. Diese Aussage ist allerdings nicht ganz zutreffend. Bereits in seinen Anmerkungen zum Geschäfts- bericht für das Geschäftsjahr 1896/97 stellte der Finanzchef der Firma, Haux, fest: »Gekostet hat 246 das Werk 5,7 Mill. Bis jetzt sind 6,7 Mill. Bruttogewinn erzielt worden. Hiernach hat sich das Pan- zerplauenwerk durch seine Gewinne bereits zum größten Teil bezahlt gemacht.« WA IV 1768. Nicht Inbegriffen sind allerdings die weiteren Investitionen. Siehe die in Anm. 57 genannte Denk- schrift. 247 Vgl. Koch: Krupp (wie Anm. 245), S. 24 ff. 248 Der bei der Lieferung der Panzerplatten für das spanische Panzerschiff »Emperador Carlos V.« er- zielte Gewinn hat sich nicht ermitteln lassen, da die Panzerplatten zunächst noch zum Friedensma- terial gerechnet wurden und hier nur Gesamtzahlen existieren. 249 In den Jahren 1897—1899 hat Krupp Panzerplatten für russische, chinesische, brasilianische, hol- ländische und japanische Kriegsschiffe geliefert, WA VII f 1095. 250 Nach einer Aufzeichnung Sacks für Tirpitz vom 28. 3. 1900 kosteten normale Platten, die nicht nach dem Kruppschen Verfahren gehärtet worden waren, in Frankreich immerhin noch umgerech- net 2321 Mark, in England nach Berichten des Marineattaches vermutlich sogar 2448 Mark, BA-MA RM 3/6650. Siehe Tabelle 3. 251 Die durchschnittlichen Schichtlöhne hatten sich zwischen 1896/97 und 1899/1900 von 3,84 Mark auf 4,21 Mark erhöht. Angaben nach WA IV 2412—2415. 252 In der Hochkonjunkturphase seit 1895 waren die Preise für Rohstoffe erheblich hochgegangen. Vgl. vor allem die Angaben bei Feldenkirchen: Eisen- und Stahlindustrie (wie Anm. 125), S. 98 ff. 253 Dieser Abschnitt geht zurück auf eine undatierte, handschriftliche Notiz, die offensichtlich Admi- ral Sack, der von Jencke am 2. 5. 1900 um ein Gespräch gebeten worden war, diesem übergeben hatte, FAH III Β 36. 254 Hierbei handelt es sich um eigenhändige, handschriftliche und undatierte Notizen F. A. Krupps für seine Audienz bei Wilhelm II. Zur Datierung der Audienz siehe Anm. 48. 255 Hier folgten im Text zunächst die später wieder gestrichenen Worte: »auf Grund.« 256 Um den aufgebrachten Reichstag zu beruhigen, hatte Tirpitz dort seine Bereitschaft zu erkennen gegeben, ein staatliches bzw. privates Konkurrenzwerk zu unterstützen. Siehe den zusammenfas- senden Bericht der Budgetkommission (wie Anm. 68). 257 Ursprünglich hieß es hier: »Ich bin verpflichtet Alles herzugeben, was nachher der Concurrenz zu Gute kommt.« 258 Die französische Firma Schneider-Creusot machte Krupp seit der zweiten Hälfte der 1890er Jahre erhebliche Konkurrenz beim Verkauf von Feldgeschützen. Vgl. Owen: Military-Industrial Rela- tions (wie Anm. 12), S. 86, Anm. 25. 259 Dies ist so nicht ganz zutreffend. Alle Rüstungsbetriebe hatten die bei ihnen beschäftigten Auslän- der in regelmäßigen Abständen zu melden und die Erlaubnis des RMA zu deren Beschäftigung in sensitiven Bereichen einzuholen. Das RMA hat die Beschäftigung von Ausländern in diesen Betrie- ben allerdings zunehmend erschwert. Vgl. das Protokoll über die Besprechung der am Kriegsschiff- bau beteiligten Werften vom 5. 1. 1912 in Hamburg, in denen die verschärfenden Verfügungen des RMA vom 30. 11./19. 12. 1911 abgelehnt werden, StA Hamburg 621-1/423. 260 Für die Zeit vor der Audienz haben sich solche Versuche nicht feststellen lassen. Für 1901 vgl. oben, S. 23. 261 Wilhelm II. betrachtete F. A. Krupp und sein Werk »als Teil des Staates«, wie er Jencke im Frühjahr 1899 versichert hatte. Dementsprechend war er bereit, die Firma zu unterstützen. Jencke an F. A. Krupp, 24. 3. 1899, FAH III Β 127. Zur Haltung des Kriegsministeriums und des RMA siehe Anm. 79 bzw. Anm. 256. 262 Siehe Anm. 64. 263 In den 1890er Jahren hatte die Firma Krupp ein neues Feldgeschütz entwickelt, das in der Folgezeit allerdings heftig umstritten war, da es technisch dem bald darauf frontreif werdenden Rohrrück- laufgeschütz unterlegen war. Vgl. Mollin: Materialschlacht (wie Anm. 79), S. 247 ff. 264 Inwieweit die Bestellung von 300 Seelenrohren durch das Kriegsministerium bei der von Heinrich Ehrhardt 1889 gegründeten Rheinischen Metallwaren- und Maschinenfabrik 1897 mit der Erhö- hung des Aktienkapitals um 2,15 Millionen Mark im Jahre 1899 zusammenhängt, hat sich nicht er- mitteln lassen. 265 Die Ludwig Loewe AG in Berlin hatte 1889/90 die Deutsche Metallpatronenfabrik von Lorenz in Karlsruhe erworben. Um die Stellung der Loewe AG im Bereich des Verkaufs von Gewehren noch weiter zu stärken, wurde 1896 die Deutsche Metallpatronenfabrik in die Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken (DW & MF) umgewandelt. Die übrigen im Besitz der Loewe AG sich befindli- chen Gewehrfabriken, die Gewehrfabrik in Martinickenfelde, die Waffenfabrik Mauser in Obern- dorf und die Fabrique Nationale D'Armes de Guerre in Herstal gingen ebenfalls in den Besitz der neuen Gesellschaft über, deren Aktienkapital von 6 auf 12 Millionen Mark erhöht wurde. Für diese Firmenumwandlung erhielt die Loewe AG einen größeren Posten Aktien der DW & MF. Vgl. Lud- wig Loewe AG & Co. Berlin 1869-1929. Berlin 1930, S. 33 f. 266 Im Rahmen des Konkurrenzkampfes mit französischen Firmen ist von diesen darauf hingewiesen worden, daß das von Krupp entwickelte Feldgeschütz umstritten war. Vgl. den Militärbericht des deutschen Militärattaches in Madrid, Etzel, vom 5. 10. 1899 über die Angriffe gegen Krupp in der spanischen Öffentlichkeit. PA/AA, Spanien 44, Bd 17. 267 Dieser Zeitungsausschnitt ist in der Zusammenstellung für den Immediatbericht nicht mehr enthal- ten. 268 Siehe Anm. 233. 269 Gemeint ist die »Kommission zur Untersuchung der Lage des Schiffbaus.« Für Mai/Juni 1900 hatte sich diese Kommission bei verschiedenen Handelskammern und Betrieben im Ruhrgebiet angesagt, um die Verhältnisse vor Ort in Augenschein nehmen zu können. Vorab wurden Fragebögen ver- schickt, die der Industrie teilweise sehr unangenehm waren. Vgl. die Sitzungsprotokolle in BA-MA RM 3/10179. 270 Gemeint ist E. v. Halle, der im RMA als Hilfsreferent beschäftigt und auch Mitglied der »Kommis- sion zur Untersuchung der Lage des Schiffbaus« war. Zu den weiteren Gründen für F. A. Krupps Verärgerung siehe Anm. 52. 271 Hierbei handelt es sich um eine von F. A. Krupps Privatsekretär vorgenommene »Reinschrift«, die auf handschriftlichen eigenhändigen Notizen beruht, die sich F. A. Krupp unmittelbar nach der Au- dienz auf mehreren kleinen Zetteln gemacht hat. Die Zeilen- und Seitenangaben beziehen sich auf eine im Direktorium erstellte undatierte Denkschrift, die F. A. Krupp nach einem sich darauf befin- denden handschriftlichen Vermerk Wilhelms II. zunächst vorgelesen hat. Ein Exemplar befindet sich in FAH III Β 36. 272 In Zeile 10 heißt es: »Den schmutzigsten Angriffen tritt man nicht entgegen, sondern begrüsst sie mit einer gewissen Genugthuung, Schadenfreude.« 273 Dies bezieht sich auf den von Bebel im Reichstag (siehe Anm. 41) erhobenen Vorwurf, Krupp ma- che »Riesengewinne« beim Flottenbau. Bei Anlage 6 handelt es sich um eine undatierte Notiz Jenckes, in der auf die Verluste der Germaniawerft im Kriegsschiffbau hingewiesen wird. Demnach hat die Werft bei dem kleinen Kreuzer »Gazelle« 1/2 Millionen Mark verloren, bei den beiden 1897/98 gebauten Torpedobooten 200 000-300 000 Mark, FAH III Β 36. 274 Prinz Heinrich von Preußen, Bruder von Kaiser Wilhelm II. 275 In der undatierten Denkschrift (siehe Anm. 271) heißt es: »Das Wort Monopol wird von Tfirpitz] allgemein in dem Sinne gebraucht, als ob ein Privileg zur Ausbeutung der Marine bestände, obwohl doch freie Bahn für jeden Unternehmer zur Konkurrenz gegeben ist. Die Stimmung in Marinekrei- sen geht dahin, dass man Krupp möglichst bekämpfen müsse, weil er die Marine ausbeute.« Letzte- res ist auch der Grund, warum Prinz Heinrich hier genannt wird, denn nach einem Empfang im Kieler Schloß hatte Jencke, wie er am 19. 3. 1900 an F. A. Krupp schrieb, den Eindruck, »daß der Prinz kein Freund Ihrer Fabrik ist u. die letztere gegebenen Falls auf viel Wohlwollen bei ihm nicht zu rechnen haben wird«, FAH III Β 127. 276 Diese Passage bezieht sich auf die Querelen zwischen der Germaniawerft und Tirpitz im Frühjahr 1899, die dadurch entstanden, daß Tirpitz in dem Willen der Germaniawerft, ebenfalls Torpedo- boote zu bauen, eine »ungehörige Bereicherungssucht von Krupp« sah. Zudem traute er der Werft offenbar nicht zu, mit Schichau qualitativ konkurrieren zu können. Zu den Auseinandersetzungen 1899 vgl. Jencke an F.A.Krupp, 24. 3. 1899,FAH HIB 127.1n der Folgezeit ist die Germaniawerft mehrfach zum Bau von Torpedobooten herangezogen worden. 277 Ursprünglich sollte es »hätte« heißen. 278 Der Gewährsmann ist vermutlich Hollmann. 279 Siehe Anm. 52. 280 Nach einem Gespräch mit dem Herausgeber der Wedekind-Korrespondenz in Berlin, Carl Wede- kind, hatte F. A. Krupps Privatsekretär den Eindruck, daß dieser Schweinburg nur angriff, um das RMA als Abonnenten nicht zu verlieren. Korn an F. A. Krupp, 14. 2. 1900, FAH III Β 210. 281 Dies bezieht sich auf die Auseinandersetzungen zwischen der Firma Krupp und der Rheinischen Metallwaren- und Maschinenfabrik um die Jahrhundertwende. Dabei ging es vor allem um die Fra- ge, wem das Patent für das Rohrrücklaufgeschütz gehörte. Der Ingenieur, der dies zunächst ent- wickelt hatte, war später von Krupp zur Rheinischen Metallwaren- und Maschinenfabrik überge- wechselt. Die hierzu gehörende Anlage konnte nicht ermittelt werden. 282 Damit ist das Dokument Nr. 5 gemeint. 283 Die französische Firma Schneider-Creusot machte Krupp Ende der 1890er Jahre erhebliche Kon- kurrenz, als es darum ging, die rumänische bzw. die spanische Armee mit neuen Geschützen auszu- rüsten. Für Rumänien vgl. den Immediatbericht Bülows für Wilhelm II., 5. 2. 1898, PA/AA Bonn Rumänien 4, Bd 4. Für Spanien siehe Anm. 266. 284 Siehe Anm. 233. 285 Siehe Anm. 234 und 235. 286 Siehe Anm. 64. 287 Ursprünglich sollte es »noch« heißen. 288 Ursprünglich sollte der Satz lauten: »da jetzt der Augenblick ein günstiger ist und ich außerdem nicht zusehen könnte, daß ... « 2B9 Wie Hollmann am 19. 8. 1900 an Krupp schrieb, hat die Audienz wohl auch den Chef des Marine- kabinetts, v. Senden und Bibran, längere Zeit beschäftigt, FAH III C 233. F. A. Krupp selbst hat sich keine großen Illusionen über eine Änderung der Verhältnisse gemacht. F. A. Krupp an Ardenne, 8.6.1900, FAH III C 60. 290 Wilhelm v. Hahnke, Generaladjutant Wilhelms II. und Chef des Militärkabinetts 1888—1901. 291 Gustav Frhr. v. Senden und Bibran, Admiral, Chef des Marinekabinetts 18 89—1906. 292 Ob diese Zusammenkunft stattgefunden hat, konnte nicht ermittelt werden. 293 Siehe Dokument Nr. 4. 292 Ob diese Zusammenkunft stattgefunden hat, konnte nicht ermittelt werden. 293 Siehe Dokument Nr. 4. 294 Es handelt sich hier um eine eigenhändige, handschriftliche und undatierte Aufzeichnung Tirpitz' für einen Immediatvortrag. Ob dieser zusammen mit dem vorangehenden vom 12. 11. 1900 gehal- ten wurde, konnte auch anhand der vom Nachrichtenbüro zusammengestellten Themenlisten für die Immediatvorträge nicht festgestellt werden. Da es sich um einen schwer leserlichen Entwurf handelt, in dem von Tirpitz viele Streichungen und Ergänzungen vorgenommen worden sind, sind die gestrichenen Passagen aus Gründen der besseren Lesbarkeit im Text belassen und mit / ... I Schrägstrichen kenntlich gemacht worden. 295 Hermann v. Lucanus, Chef des Zivilkabinetts Wilhelms II. 1888—1908, hat 1898 im Vorfeld der Gründung des Deutschen Flottenvereins mehrfach mit Schweinburg verhandelt. Vgl. J. C. G. Röhl: Deutschland ohne Bismarck. Die Regierungskrise im zweiten Kaiserreich 1890—1900. Tübingen, S. 231 ff. 296 Weder im Krupp-Archiv noch in den Akten des RMA konnten darüber Aufzeichnungen ermittelt werden. 297 Da der Preis für Panzerplatten bis 1901 bei 2320 Mark/t lag, kann es sich hier nur um vereinzelte Verbilligungen gehandelt haben. Eine prinzipielle Senkung war von Jencke bereits 1898 abgelehnt worden. Siehe Anm. 28. 298 Seit 1897 bestand ein Verband der deutschen Grobblechwalzwerke, dem ca. 20 Stahlwerke ange- hörten. Dieser setzte einheitliche Preise für das Inland fest und verteilte die Aufträge an die beteilig- ten Firmen nach einem bestimmten Verteilerschlüssel. Vgl. den »2. Zwischenbericht der Kommis- sion zur Untersuchung der Lage des Schiffbaus«, Juli 1900, BA-MA RM 3/10166. 299 Zu dem engen Zusammenhang der Entwicklung der deutschen Schiffbauindustrie und dem Ausbau der Flotte vgl. vor allem die Ausführungen in dem »1. Zwischenbericht der Kommission zur Unter- suchung der Lage des Schiffbaus« vom 29. 12. 1899, BA-MA RM 3/10165. 300 Die Frage der Erhebung direkter Reichssteuern zur Finanzierung des Reichshaushalts war eines der großen Probleme, mit dem die Reichsregierung in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg konfrontiert war und das bis 1918 nicht gelöst worden ist. Hierzu vor allem: P. C. Witt: Die Finanzpolitik des Deutschen Reiches von 1903 bis 1913. Eine Studie zur Innenpolitik des Wilhelminischen Deutschland. Lübeck 1970. Aus diesem Grunde hatte Tirpitz bei der Einbringung des 2. Flottenge- setzes im Durchschnitt 100 Millionen Mark für Schiffbauten und Armierungen gefordert. Sten. Be- richte (wie Anm. 40), Bd 176, S. 3374. Nach der Streichung von 6 großen Auslandskreuzern durch den Reichstag verringerte sich diese Summe ab 1906 auf 87,79 Millionen. Ebd., Bd 178, S. 5442. Da Tirpitz die 6 Auslandskreuzer auf jeden Fall nachfordern wollte, änderte sich an den Gesamtkosten allerdings nichts. 301 Dies ist von Tirpitz nachträglich mit Bleistift eingefügt worden. Was die frühere Vergebung von Schiffen der Siegfried-Klasse betrifft, so irrt Tirpitz hier. Gemeint sind 2 Schiffe der Wittelsbach- klasse, die 1899 zur Erzielung billigerer Preise vorzeitig vergeben worden sind. Siehe Berghahn: Tirpitzplan (wie Anm. 2), S. 106 ff. 302 Die Aternisierung eines Sollbestandes von 60 Großkampfschiffen ist von Anfang an das Ziel Tir- pitz' gewesen. Hierzu ausführlich ebd. 303 Wenn man bedenkt, welche Schwierigkeiten Tirpitz bei der Aufbringung der Mittel für die Finan- zierung der ca. 30 000t großen Dreadnoughts hatte, die immerhin doppelt so groß waren wie die um die Jahrhundertwende gebauten Schiffe, dann war dies vor dem Hintergrund der auch von ihm erkannten schwierigen Finanzlage eine reichlich optimistische Prognose. Vgl. Tirpitz' pessimisti- sche Äußerungen über die Finanzlage in seinem Immediatvortrag vom 12. 11. 1900, BA-MA Nach- läß Tirpitz Ν 253/20. 304 Der 1. Lord der Admiralität, George Joachim Viscount Goschen, hatte bei der Einbringung des englischen Marineetats am 26. 2. 1900 darauf hingewiesen, daß die Preise für englische Kriegs- schiffbauten ca. 20% unter denen anderer Länder lägen. Bei den Beratungen der Budgetkommis- sion über das 2. Flottengesetz war diese Äußerung aufgegriffen worden. Für den Fall, daß man die englischen Preise auch in Deutschland durchsetzen könne, würde dies, so hatte man errechnet, eine Ersparnis von 248 Millionen Mark bedeuten. Tirpitz hat den Vergleich mit der englischen Schiff- bauindustrie abgelehnt. Vgl. den zusammenfassenden Bericht der Budgetkommission (wie Anm. 68). 305 Ein Beleg für eine Absprache hat sich nicht finden lassen. Aufgrund der Haltung F. A. Krupps ist dies auch unwahrscheinlich. Siehe Anm. 174. 306 Gemeint sind folgende zunächst nur für den Bau von Großkampfschiffen herangezogene Werften: Stettiner Vulcan AG, Blohm + Voss, Germaniawerft und Schichau. 307 Um die Jahrhundertwende kam es mehrfach zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem RMA und der Germaniawerft über Bauverzögerungen und schlechte Qualität der abgelieferten Schiffe. Tirpitz an Wilhelm II. 17. 10.1900, BA-MA RM 3/2. 308 Vgl. die genauen Zahlen oben, S. 18. 309 Um die Reedereien von der Vergabe von Neubauten nach England abzuhalten, gewährte der Grobblechverband den deutschen Werften eine Ermäßigung auf Schiffbaumaterialien aus den Ein- nahmen, die er aufgrund der Mitgliedsbeiträge und Abgaben der angeschlossenen Walzwerke für 136 das diesen zugestandene Kontingent hatte. Der Norddeutsche Lloyd, dessen Subventionsdampfer mit deutschen Materialien gebaut werden mußten, zahlte für die von ihm in Auftrag gegebenen Bauten freiwillig 5 Mark/1 mehr, um dadurch noch höhere Preise des Grobblechverbandes zu ver- meiden. Die von der Marine gezahlten Preise waren aufgrund der strengeren Anforderungen an das Material höher. Vgl. den »2. Zwischenbericht der Kommission zur Untersuchung der Lage des Schiffbaus«, Juli 1900. BA-MA RM 3/10166. 310 Die Preise des Grobblechverbandes galten nur für das Inland. Siehe Anm. 309.

311 Der Besitzer der Schichauwerft in Danzig, Carl Ziese, hatte sich 1899 lautstark über den Grob- blechverband beschwert. Schwarz an Tirpitz, 25. 4. 1899,BA-MA RM3/10164.

312 Gemeint sein dürfte vor allem das Reichsschatzamt, das seit Ende 1900 zur Sparsamkeit drängte. Vgl. Berghahn: Tirpitzplan (wie Anm. 2), S. 278 f.

313 Hierbei handelt es sich um eine maschinenschriftliche, unsignierte Niederschrift, die nachträglich verfaßt worden ist.

314 Admiral v. Eickstedt, Direktor des Konstruktionsdepartments im RMA. Admiral Goetz, Direktor der Waffenabteilung des RMA. 315 Admiral Capelle, Direktor des Verwaltungsdepartments im RMA. 316 Geheimrat v. Coelln, Direktor des Dezernats für Verwaltung der zu Schiffsneubauten bestimmten 317 Mittel. 311 Kapitän z. S. Dähnhardt, Direktor der Etatsabteilung des Verwaltungsdepartments im RMA. 319 Intendanturrat Thoma, Mitglied der Verwaltung der kaiserlichen Werft in Kiel. 320 Ludwig Klüpfel, Mitglied des Direktoriums der Fried. Krupp AG. 321 Emil Ehrensberger, Mitglied des Direktoriums der Fried. Krupp AG. 322 Otto Weinlig, technischer Direktor der Dillinger Hüttenwerke. 323 Fritz Horn, Generaldirektor der Firma Gebr. Stumm in Neunkirchen/Saar. 324 Fritz Saeftel, technischer Direktor der Dillinger Hüttenwerke. 325 Die Ursache für diesen gesteigerten Bedarf ist in dem Übergang zum Dreadnoughtbau zu sehen. Siehe die Angaben in der in Anm. 91 genannten Denkschrift. 326 Zu dieser seit 1900 immer wieder geforderten Heranziehung eines staatlichen oder privaten Kon- kurrenzwerkes vgl. den zusammenfassenden Bericht der Budgetkommission (wie Anm. 68). 327 Der Panzerplattenlieferungsvertrag von 1901 war am 16. 8. 1905 bis 1910 verlängert worden. Dabei wurden die Preise auf durchschnittlich 1750 Mark/t ermäßigt. Exemplar in BA-MA RM 3/11638. 321 Die im zweiten Halbsatz genannte Klausel war Bestandteil des Vertrages von 1905. Siehe vorige Anm. 329 Die entsprechende Klausel im Vertrag von 1905 hieß: »Im Falle des Bezugs aus einem eigenen Staatswerke fällt die Lieferungsverpflichtung der Werke für den noch nicht bestellten Bedarf weg.« Siehe Anm. 327. 330 Die desolate Lage der Reichsfinanzen, aber auch die extremen Forderungen des Flottenvereins be- reiteten dem RMA bei der Einbringung der Flottennovelle von 1908 erhebliches Kopfzerbrechen. Berghahn: Tirpitzplan (wie Anm. 2), S. 505 ff.; Deist: Flottenpolitik (wie Anm. 14), S. 194 ff. 331 Dies bezieht sich vermutlich auf eine Unterredung zwischen Capelle und dem Vorsitzenden des Di- rektoriums der Firma Krupp, Rötger, in der Capelle auf die politische Bedeutung der Senkung der Kruppschen Preise hingewiesen hatte. Diese Unterredung fand allerdings bereits am 20. 9. 1905 im Vorfeld der Novelle 1906 statt, BA-MA RM 3/6668. 332 Siehe Anm. 330.

333 Zwischen 1896/97 und 1906/07 erhöhten sich die durchschnittlichen Schichtlöhne bei Krupp von 3,84 Mark auf 5,00 Mark, WA IV 2412-2422.

334 Zur großen Verärgerung der Industrie hatte die Marine 1906 den 9-Stunden-Tag eingeführt. Hier- zu ausführlich:Tirpitz: Staatsbetrieb (wie Anm. 10), S. 62 ff.

335 Im Archiv der Dillinger Hüttenwerke sind keine Daten mehr vorhanden. Vgl. aber die aus Unterla- gen des Krupp-Archivs ermittelten Zahlen für Krupp (wie Anm. 333).

336 Diese Aussage steht allerdings im Widerspruch zu der Bemerkung Bülows gegenüber dem bayeri- schen Bundesratsbevollmächtigten, »man müsse ein langsameres Tempo in der Sozialpolitik ein- schlagen, da die Lasten, die Deutschland sich im Verhältnis zu anderen Staaten schon jetzt aufer- legt habe, zur Vorsicht mahnen.« Zit. nach Κ. E. Born: Wirtschaft«- und Sozialgeschichte des Deutschen Kaiserreichs (1867/71—1914). Wiesbaden 1985, S. 141. Zu den weiteren »Fortschrit- ten« ebd., S. 145 ff. 337 Siehe Anm. 334. Nach weiteren schriftlichen Verhandlungen haben die Panzerplattenwerke den Preis um die von 338 der Marine geforderten 150 Mark/t ermäßigt. Vgl. Tirpitz an die Direktion der Dillinger Hütten- werke, 4. 11. 1907, Archiv der Dillinger Hüttenwerke, ohne Signatur. Es handelt sich hier um eine maschinenschriftliche, ganz geheime Abschrift (K IV.278.gg) aus den 339 Handakten des Direktors der Etatsabteilung, Kapitän Dähnhardt. In der rechten oberen Ecke trägt sie den handschriftlichen Vermerk: »Eing. 18. 6. 10 E.« Nachdem Thyssen in einem Schreiben vom 4. 11. 1909 seine Bereitschaft zur Errichtung eines Pan- 340 zerplattenwerks erklärt hatte, teilte Tirpitz am 15. 12. 1909 der Firma die wesentlichen Bestimmun- gen des Vertrags zwischen der Marine und Krupp mit. Beide Schreiben in: BA-MA RM 3/11638. 1906/07 war es bereits zu Vorgesprächen zwischen Thyssen und dem RMA gekommen, die aber 341 ergebnislos blieben, da Thyssen in einem Schreiben vom 19. 6. 1907 mitteilte, daß die Firma vorläu- fig zu stark in Anspruch genommen sei, um der Errichtung eines Panzerplattenwerks näher treten zu können. Thyssen & Cie anTirpitz, 19. 06. 1907, BA-MA RM 3/11638. 342 Gemeint ist der Vertrag vom 5. 12. 1907, in dem der Durchschnittspreis von 1750 Mark/t auf 1600 Mark/t gesenkt worden war. Exemplar in: BA-MA RM 3/11638. 343 Dies bezieht sich auf die vom Zentrumsabgeordneten Graf Oppersdorf ausgehenden Versuche, Thyssen zur Errichtung eines Panzerplattenwerks zu bewegen. Siehe Anm. 101. 344 Zur Entwicklung der Auslandsaufträge siehe Tabelle 1. Da die größeren Staaten eigene Werke hat- ten, waren die Chancen auf dem Auslandsmarkt in der Tat schlecht. 345 Krupp hat das Panzerplattenpatent an Firmen in mehreren Staaten verkauft. Hierzu vor allem die in Anm. 84 angeführte Denkschrift. 346 Im RMA war man allerdings zunächst sehr enttäuscht. Siehe die in Anm. 105 angeführte Denk- schrift. 347 Gemeint sind die in der Nähe der französischen Grenze liegenden Dillinger Hüttenwerke. An den Rand dieses Absatzes schrieb Tirpitz: »Aha!«. 34® Alfred Hugenberg, Vorsitzender des Direktoriums der Firma Krupp seit 1909. Es handelt sich hier um eine gedruckte, als »geheim« eingestufte Denkschrift. In der linken oberen Ecke befindet sich der handschriftliche Vermerk Hugenbergs: »Geheim. Z.[u] m.[einen] A.[kten]. 4. 4. 14 H.[ugen- berg].« Ein im März von dem Direktoriumsmitglied Emil Ehrensberger erstelltes längeres Memo- randum liegt dieser Denkschrift zugrunde. Ein Exemplar dieser Denkschrift ebd. 349 Dies bezieht sich auf die Äußerungen in der Sitzung des Rüstungsausschusses vom 8. 1./9. 1. 1914. Siehe Anm. 116. 350 In der hier ausgelassenen Passage geht Hugenberg näher auf zwei gemischt-wirtschaftlich organi- sierte Land- und Kreditgesellschaften in den preußischen Ostprovinzen ein. 351 In der hier ausgelassenen Passage geht Hugenberg näher auf gemischt-wirtschaftliche Betriebe auf kommunaler Ebene ein. 352 In der hier ausgelassenen Passage werden die Motive, die zur Errichtung gemischt-wirtschaftlicher Betriebe auf kommunaler Ebene geführt haben, weiter erläutert. 353 Zur Entwicklung der Geschütze vgl. Koch: Krupp (wie Anm. 245), S. 3 ff. 354 Zu Beginn der 1870er Jahre war die Firma in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten geraten, als die kurzfristigen Kredite, die sie zum Ausbau der Anlagen aufgenommen hatte, gekündigt wurden. Vgl. Feldenkirchen: Eisen- und Stahlindustrie (wie Anm. 125), S. 54 f. 355 Zur Bestätigung seiner Ausführungen verweist Hugenberg in der hier ausgelassenen Passage auf die in Anm. 348 angeführte Denkschrift Ehrensbergers. 356 Die französische Firma Schneider-Creusot und die englischen Firmen Vickers und Armstrong machten Krupp in diesen Gebieten erhebliche Konkurrenz. Durch großzügig gewährte Anleihen wurde ihre Position weiter verstärkt, da das kapitalschwache Deutsche Reich auf diesem Gebiet nicht mithalten konnte. Zur Türkei: G. Schöllgen: Imperialismus und Gleichgewicht. Deutschland, England und die orientalische Frage 1871—1914. München 1984, S. 392 ff. 357 Nach Angaben in der in Anm. 348 angeführten Denkschrift Ehrensbergers war das Panzerplatten- werk 1912/13 nur noch zu 38,5% ausgelastet. In der hier ausgelassenen Passage bestätigt Hugen- berg noch einmal die von Ehrensberger angeführten Gründe gegen einen gemischt-wirtschaftlichen Betrieb. 35S Siehe Anm. 356. 359 Zur Krise in der Werftindustrie siehe die Ausführungen oben, S. 24 ff. 360 In der hier ausgelassenen Passage betont Hugenberg noch einmal die in den beiden vorangegange- nen Absätzen entwickelten Gedanken aus betriebswirtschaftlicher Sicht. Die hierzu gehörende An- lage, in der diese Gedanken unter Hinweis auf das Verhältnis von Löhnen, Preisen und Betriebsge- winnen bei Friedensmaterial weiter ausgeführt werden, ist hier aus Platzgründen ebenfalls ausgelas- sen worden. 341 In der Anlage zu der Denkschrift Hugenbergs befindet sich eine Statistik, in der zum Vergleich die Jahresabschlüsse zwischen 1908/09 und 1912/13 von Krupp, Phönix, der Gutehoffnungshütte und Hoesch angeführt werden. Die sich auf den Reingewinn und die Dividenden beziehenden Daten sollen hier zur besseren Illustration wiedergegeben werden (in Millionen Mark): Aktienkapital Dividende Reingewinn Krupp 1912/13 180 14% 36,63 1911/12 180 12% 29,52 1910/11 180 10% 28,71 1909/10 180 10% 21,26 1908/09 180 8% 15,60 Phönix 1912/13 106 18% 25,48 1911/12 106 18% 22,83 1910/11 106 15% 20,81 1909/10 100 15% 19,25 1908/09 100 9% 12,14 GHH 1912/13 30 20% 9,51 1911/12 30 20% 8,31 1910/11 30 20% 6,87 1909/10 30 18% 7,00 1908/09 24 20% 6,72 Hoesch 1912/13 20 24% 7,39 1911/12 20 20,75% 5,57 1910/11 16,8 20% 4,68 1909/10 16,8 18% 4,25 1908/09 16,8 14% 3,26 362 Johannes Versmann, Hamburgischer Bevollmächtigter zum Bundesrat und zeitweilig erster Bür- germeister Hamburgs. Bei dem hier abgedruckten Brief handelt es sich um eine handschriftliche Abschrift für die Akten, die die Vulkanangelegenheit betreffen. 363 Johann Burchard, Mitglied der Senatskommission für Reichs- und Auswärtige Angelegenheiten. Im November 1898 waren Vertreter des Vulcan zum ersten Mal wegen der Errichtung einer Werft 364 an der Elbe an den Hamburger Senat herangetreten. Aufzeichnung Friedheims, undatiert, StA Hamburg C1 IV Lit. Β No. 5b Vol. 6 Fase. 1 b. 11.1. In der hier ausgelassenen Passage gehtTirpitz auf die 1892 zwischen dem RMA und Hamburg ge- 365 führten Verhandlungen über ein eventuell gemeinsam zu erbauendes Dock ein. Dabei betont er, daß das RMA im Gegensatz zu damals aus finanziellen Gründen nun keine Zuschüsse mehr zahlen könne. Deist: Flottenpolitik (wie Anm. 14), S. 110 ff. 366 In der Abschrift heißt es »in«, offensichtlich ein Schreibfehler. Für die genauen Zahlen siehe Anm. 137. 367 Nach einer Mitteilung des Hapag-Lloyd-Archivs ist darüber in den Unterlagen der Firma nichts zu 368 finden. Hapag-Lloyd-Archiv an Vf., 24. 7.1987. 369 370 Die Werft von Blohm + Voss ist nach der Jahrhundertwende mehrfach vergrößert worden. Für die Marine hat sie vor allem große Kreuzer gebaut. 371 Siehe Anm. 140. 372 Die »Kommission zur Untersuchung der Lage des Schiffbaus« hielt nach einer Informationsreise in die USA in ihrem 3. Kommissionsbericht vom August 1901 fest, daß sich der Anteil der USA auf dem internationalen Schiffbaumarkt zwar ständig vergrößere, die US-Werften zur Zeit aber noch keine Gefahr für die deutsche Schiffbauindustrie seien, BA-MA RM 5/978. 373 In der hier ausgelassenen Passage geht Versmann näher auf Tirpitz' Wunsch nach Vertraulichkeit der von ihm mitgeteilten Gedanken und die vom Senat diesbezüglich einzunehmende Haltung ein. 374 Max Rötger, Vorsitzender des Direktoriums der Fried. Krupp AG. Bei seinem Brief aus Baden-Ba- den handelt es sich um ein eigenhändiges, handschriftliches Original. 375 Gustav Hartmann, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Fried. Krupp AG. 376 Carl Fürstenberg, Inhaber der Berliner Handelsgesellschaft und Aufsichtsratsmitglied des Stettiner Vulcan. 377 Ludwig Delbrück, Bankier, seit 1906 Mitglied des Aufsichtsrats der Fried. Krupp AG. 378 Die Berichte über die verschiedenen Gespräche zwischen Fürstenberg und Delbrück sind fast lückenlos erhalten und befinden sich in WA 60/55. Das Dokument Nr. 12 faßt diese Gespräche sehr gut zusammen. 379 Da die Gespräche mit dem Hamburger Senat nicht von der Stelle kamen, beabsichtigte der Stettiner Vulcan seit dem Frühjahr 1904 eine Werft in Brunsbüttel am Eingang des Nord-Ostsee-Kanals zu errichten. Vgl. Direktion des Stettiner Vulcan an den Hamburger Senat, 19.3. 1904, StA Hamburg CI IV Lit. Β Nr. 5b Vol. 6 Fase. lb. 1 lc. 380 Dies ist eine Anspielung auf den zwischen Krupp und der Germaniawerft im August 1896 geschlos- senen Betriebsüberlassungsvertrag, der den Aktionären eine feste Dividende von 4,5% garantierte. 381 Ursprünglich hieß es hier: »im Einverständnis mit.« 382 Das Thema »Errichtung einer Werft an der Nordsee« ist von der Tagesordnung der Generalver- sammlung abgesetzt worden. Vgl. Schiffbau 5 (1904), S. 803. 383 Albert Schlutow, Präsident des Aufsichtsrats des Stettiner Vulcan.

384 Seit Ende 1903 kaufte Krupp über Delbrück an der Börse Vulcan-Aktien. Hartmann an Rötger, 5. 11.1903, FAHIVC 16.

385 Ludwig Klüpfel, Mitglied des Direktoriums der Fried. Krupp AG. Bei diesem Brief handelt es sich um das von Klüpfel eigenhändig verfaßte, handschriftliche Original.

386 Die Firma Krupp besaß einen eigenen geheimen Firmencode. Adolf Schmidt, Mitglied des Direktoriums der Fried. Krupp AG. 387 Otto Budde, Mitglied des Direktoriums der Fried. Krupp AG. 388 Ernst Haux, Mitglied des Direktoriums der Fried. Krupp AG. 389 Gisbert Gillhausen, Mitglied des Direktoriums der Fried. Krupp AG. 390 Georg Frielinghaus, Mitglied des Direktoriums der Fried. Krupp AG. 391 Am 7. 5. 1904 hatte Delbrück nach einem Gespräch mit Fürstenberg den Eindruck, daß dieser nicht 392 mehr an die Realisierung seiner Pläne glaube. Delbrück an Rötger, 7. 5. 1904, WA 60/55. 393 Ursprünglich hieß es hier: »Wunsch«. 394 Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Vgl. die Zahlen in Anm. 183. 395 Seit 1904 wurde offen für eine neue Flottenvorlage agitiert. Deist: Flottenpolitik (wie Anm. 14), S. 171 ff. 3% In der hier ausgelassenen Passage berichtet Klüpfel über die Verhandlungen mit Belgien über die Lieferung von Heeresartillerie. 397 Es handelt sich hier um einen maschinenschriftlichen Bericht, der dem Reichskanzler Bethmann Hollweg vom Chef des Marinekabinetts Admiral ν. Müller mit Schreiben vom 21. 4. 1910 übermit- telt wurde. In diesem Brief sind mehrfach Unterstreichungen von einem unbekannten Bearbeiter vorgenommen worden. In der rechten oberen Ecke befindet sich der handschriftliche Vermerk: »6. 4. 1910«. Die Paraphe des Bearbeiters ist unleserlich. 398 Die AG Weser hat zunächst nur kleine Kreuzer gebaut. Erst 1904 hat sie einen Auftrag für einen großen Kreuzer erhalten. 399 Die Forderungen der Werften sahen wie folgt aus: Howaldt: 14,5 Mill. Mark Zuschlag erteilt zu: 14,4 Mill. Μ.; AG Weser: 15,6 Mill. Mark Zuschlag erteilt zu: 14,7 Mill. Μ.; Schichau: 16,3 Mill. Mark Zuschlag erteilt zu: 14,9 Mill. Μ.; Germania: 16,4 Mill. Mark; Vulcan: 16,6 Mill. Mark; Blohm + Voss: 16,9 Mill. Mark; H. Blohm an Direktion des Stettiner Vulcan, 14. 7.1909, StA Hamburg 621-1/42. 400 1909 nahmen die ersten Werkstätten der neuen Werft in Hamburg ihre Arbeit auf. 1911 siedelte der Stettiner Vulcan offiziell nach Hamburg über. 401 In den Marineakten hat sich dafür kein Beleg finden lassen. 402 Zur Krise im Schiffbauzwischen 1907—1909 siehe A. Feiler: Die Konjunkturperiode 1907—1913 in Deutschland. Jena 1914, S. 46. 403 Schichau hat mit Unterstützung des RMA im Sommer 1910 vier Torpedoboote an die Türkei gelie- fert. Aufzeichnung Stemrichs vom 4. 2. 1910. PA/AA, Türkei 142, Bd 29. Die Germaniawerft und Schichau erhielten 1909 den Auftrag, jeweils zwei Torpedoboote für Argentinien zu bauen. Waldt- hausen an AA, 23.11.1909. PA/AA, Argentinien 9, Bd 8. 404 Am Rande dieses Absatzes hat v. Müller handschriftlich notiert: »Ballin hat 3 Dampfer für die Ost- asienfahrt nach England vergeben. (2 an Harland & Wolff, 1 an Clydebank) Grund. Besondere Er- fahrung von Harland u. Wolff für Ostasiendampfer u. größere Billigkeit der englischen Werften. (Im Ganzen bei den 3 Dampfern rund 1 Million Mark gespart.) v. Müller.« Daraufhin wurde in der Reichskanzlei ein Brief an Ballin entworfen, in dem dieser aufgefordert wurde, doch in Deutschland zu bauen. Nach Rücksprache mit v. Müller ist die Absendung dieses Briefes aber un- terblieben. Handschriftlicher Vermerk ebd. 405 Max M. Warburg, Inhaber des Bankhauses Warburg. Bei diesem Brief - äus Berlin - handelt es sich um eine maschinenschriftliche Abschrift, die H. Blohm zu einem nicht zu ermittelnden Zeitpunkt von M. Warburg übersandt worden ist. 406 Nicht erhalten. 407 Carl Ziese, Inhaber der Schichanwerften in Danzig und Elbing. 408 Die Mannheimer Brown, Boveri & Co. war seit 1909 an den Kieler Howaldtswerken beteiligt. 409 Obwohl die AG Weser kurzzeitig wieder eine Dividende ausschüttete, war ihre wirtschaftliche La- ge schlecht. 410 Es handelt sich hier um ein maschinenschriftliches Dokument aus den Blohm + Voss-Akten, das ohne Begleitschreiben übersandt worden ist. Verschiedene Schriftwechsel erlauben den Schluß, daß über die hierin behandelte Thematik im Vorfeld zwischen Fürstenberg, Warburg und einigen Werftvertretern verhandelt worden ist. 411 Die Liste der Werften ist hier handschriftlich ergänzt worden: »[Koch-Werft] Lübeck; [Neptun- Werft] Rostock; Rickmers-fWerft ]; Frerichs [& Co AG Osterholz Scharmbeck.]«. 412 Die Worte »in Auftrag gegebenen« sind handschriftlich ergänzt worden. 413 Die Zahlen »5—10« sind ebenfalls handschriftlich ergänzt worden. 414 »Evtl.« ist ebenfalls handschriftlich ergänzt worden. 415 Wie die vorhergehenden Ausführungen zeigen, ist hiermit nicht die Howaldtswerft, sondern die noch im Bau befindliche Werft von H. Stinnes in Emden, die Nr. 12 also, gemeint. 416 Bei den Tabellen 1,2 und 4 handelt es sich um eigene Zusammenstellungen nach Unterlagen im Krupp-Archiv und im Bundesarchiv Militärarchiv, WA IV 2413-2429; WA VII f. 1095 und BA- MA RM 3/11634. Die hier ermittelten Daten für die Bruttogewinne unterscheiden sich von den von Feldenkirchen: Eisen- und Stahlindustrie (wie Anm. 125), S. 298, Anm. 92, ermittelten Zahlen. Die Ursache hierfür ist darin zu sehen, daß Feldenkirchen, der nur den prozentualen Anteil des Brutto- gewinns vom Umsatz angibt, bei seinen Berechnungen die zuviel berechneten Betriebskosten und einige weitere kleinere Posten nicht mit zum Bruttogewinn gezählt hat. Da die Firma Krupp dies bei ihren eigenen Berechnungen zur Ermittlung des Bruttogewinns entsprechend den Angaben in den kommentierten Geschäftsberichten (WA IV 1768) aber getan hat, ist diese Art der Berechnung der Gewinne hier beibehalten worden. Der niedrigere Preis für Panzerplatten seit 1909 (siehe Tabelle 1) ist nicht Folge eines neuen Vertrages zwischen Krupp und dem RMA, sondern Resultat des »re- lativ größeren Bedarfs an einfachen Plattenformen«. Hierzu ausführlich die Denkschrift zur »Ent- wicklung der Panzerpreise« vom 3. 3.1915, BA-MARM 3/11634. 417 Tabelle 3 ist erstellt worden nach Angaben in dem Bericht für die Budgetkommission (3. 3. 1915), der sich in den Handakten Dähnhardt befindet, BA-MA RM 3/11634. Diese Zahlen können, wie mir Herr Dünger (Göttingen), dem ich dafür herzlich danke, aufgrund seiner Studien in englischen und sowjetischen Archiven mitgeteilt hat, als zuverlässig angesehen werden. 418 Hierbei handelt es sich um eine eigene Zusammenstellung nach Angaben aus den gesammelten Ge- schäftsberichten der AG Weser im Krupp-Archiv, Nauticus und der Zeitschrift Schiffbau.