Kirchenmusik im Bistum Limburg

2/2017

Gaude Mater Polonia

Bistum Limburg www.kirchenmusik.bistumlimburg.de Editorial

Liebe Leserinnen und Leser, unser Nachbarland Polen ist sicherlich den meisten weit weniger bekannt als Österreich oder Frankreich. Wieso eigentlich? Viele kennen bei uns lebende Polen als Nachbarn, Gemeindemitglieder oder Dienstleister. Menschen aus unserem Nachbarland engagieren sich kirchlich als Küster, Kirchenmusiker und weiteren Zusammenhängen.

Die gegenwärtige polnische Regierung wird kritisch gesehen, denn sie führt das Land in eine Isolationsrolle. Abgrenzung und Abschottung widerstreben einem freiheitlichen und friedlichen Zusammenleben in Europa. Die Gefahr eines selbstbezogenen Nationalismus wurde jetzt leider auch bei uns parlamentsfähig. Wir möchten mit diesem Heft unser Nachbarland kirchenmusikalisch etwas näher bringen. Unser Redaktionsmitglied Gabriel Dessauer hat Polen im Sommerurlaub bereist und seine Eindrücke geschildert. Auch das Interview mit dem Organisten der Wawel-Kathedrale dürfte interessant zu lesen sein.

Die Limburger Domsingknaben zählen zu den renommiertesten Knabenchören in Deutschland und können in diesem Jahr auf ihr 50-jähriges Bestehen zurückblicken. Eine ganze Reihe von Veranstaltungen sind deshalb rund um diesen Anlass erfolgt. Den Festvortrag zum Festakt am 23. April hielt Prof. Dr. Markus Hilgert, selbst ehemaliger Domsingknabe und heute Direktor des Vorderasiatischen Museums auf der Berliner Museumsinsel. Seinen lesenswerten Vortrag finden Sie auf Seite 29.

Unsere diesjährige Statistik-Abfrage zur Kirchenmusik ergab 644 ausübende Kirchenmusiker/ innen und rund 10.306 Mitglieder in den zahlreichen kirchenmusikalischen Gruppen. Das ist zwar ein Rückgang gegenüber 2015, aber immer noch eine stattliche Zahl. Für sie alle will dieses Heft Informations- und Kontaktforum sein. Die Redaktion freut sich daher wieder über Ihre Rückmeldung!

Anregende Lektüre und fruchtbare Impulse für Ihre kirchenmusikalische Praxis wünscht

DKMD Andreas Großmann, Schriftleiter

Inhaltsverzeichnis

Editorial 3

Polen – der unbekannte Nachbar 5 Ungehobene Schätze – Chormusik aus Polen 13 Andere Länder, andere Sitten - Organistenpraxis in Polen 18 Gaude Mater Polonia 22 Polnische Kirchenmusik – Interview mit Witold Zalewski 23 Tipps für den chorleiterischen Alltag: Rührei im Viervierteltakt 27 Zwischen Liturgie und Kultur – Warum wir Knabenchöre brauchen 29

Berichte Koordination der Kirchenmusik in Pfarreien neuen Typs 35 Zahlen und Daten zur Kirchenmusik 37 Johann Sebastian Bachs verschollene Markus-Passion 39

Informationen 2. Chorleitungs-Synode 2018 39 Chorprojekttag am 18. November 40 Personalia 40 Jubiläen und Geburtstage 41

Kirchenmusikalische Veranstaltungen 42

Rezensionen Bücher 49 Musik zum Advent 51 Musik zu Weihnachten 52 Orgelmusik 56 Orgel plus 62 Vokalmusik 64 Messen 75 Musik für Kinder 79

Orgel in Wetzlar-Niedergirmes 80

Bildnachweis 81 Bezirkskantoren 82 Impressum 83

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Polen – der unbekannte Nachbar von Gabriel Dessauer

Es ist eines unserer größten Nachbarländer, jedoch weitaus das unbekannteste. Die politische Bedeutung des Landes übertrifft seine Reputation um Längen. Die Menge der vorurteilsbehafteten Witze über die Polen ist meist erheblich größer als das Wissen über das Land. Englisch, französisch und spanisch können wir als Fremdsprache in der Schule lernen. Aber polnisch? Meine Reise im Sommer 2017 hatte zum Ziel, mir selbst ein Bild von diesem Land zu machen. Ergänzende In- formationen erhielt ich von Radek Lydkowski, ehemals Kaplan an St. Bonifatius, Wiesbaden, seit Herbst 2017 Kaplan in Höhr-Grenzhausen.

Von Danzig gingen zwei weltpolitische Ereignisse aus, mit deren Folgen wir heute noch leben. Der zweite Weltkrieg nahm seinen Ausgang mit der Auseinanderset- zung um die „Freie Stadt Danzig“ und dem darauf folgenden Angriff Hitlers auf die Westerplatte am 1. September 1939. Die Geschichte des Zweiten Weltkriegs wird in einem neuen Museum eindrücklich und umfassend dargestellt. Das Haus ist architektonisch eine Meisterleistung. Die Ereignisse und die Schrecken der Zeit werden darin anschaulich dargestellt, was insbesondere für spätere Generationen besonders wichtig ist, um aus den Gräueltaten zu lernen.

Nur wenige Kilometer davon entfernt, am Eingang der Danziger Werft, befindet sich ein anderes Museum, es erinnert an die Solidarność-Bewegung. In Danzig hat der Fall des Kommunismus seinen Anfang genommen. Mit der Forderung nach freien Gewerkschaften, der das Regime nach vielen Rückschlägen nachgab, hat das polnische Volk die weltpolitische Wende eingeleitet.

An dieser Stelle kommt die Katholische Kirche ins Spiel. Denn ohne die Wahl des Krakauer Erzbischofs Karol Woityla zum Papst Johannes Paul II im April 1978

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hätte es diese politische Entwicklung höchstwahrscheinlich nicht gegeben. Schon als Erzbischof hatte sich Woityla einen Namen gemacht, als er gegen den Wider- stand der sozialistischen Regierung den Bau einer Kirche in der Stadt Nova Huta, vor den Toren Krakaus gelegen, die eigentlich sozialistische Musterstadt werden sollte, durchsetzte.

Als Papst reiste er schon 1979 nach Polen und hielt dort Gottesdienste vor Millionen von Menschen, die er mit eindrücklichen Worten dazu aufrief, mutig und ohne Furcht zu han- deln. Dieser Beistand gab in den folgenden Jahren dem polnischen Volk die Kraft, sich gegen das herrschende Regime zur Wehr zu setzen. Gottesdienste wurden zur politischen Proklamation. Kaplan Jerzy Popieluszko, der in Predigten zum Widerstand aufgerufen hatte und 1984 ermordet wurde, gilt heute als Symbolfigur für die Verzahnung von Politik und Kirche.

Orgel in der Nikolaikirche, Danzig

Ohne den Fall des Kommunismus gäbe es heute kein geeintes Europa, gäbe es keinen wirtschaftlichen Aufschwung in Polen. Ich beginne zu verstehen, warum die Polen Papst Johannes Paul II so verehren. Die ehemals freie Hansestadt Dan- zig ist in der Altstadt nach den Zerstörungen des Krieges weitestgehend rekon- struiert und kann an architektonischer Substanz mit anderen baltischen Städten wie Riga oder Tallinn mithalten. Die Bautätigkeiten an den Rändern der Innenstadt zeugen von wirtschaftlicher Prosperität. Auffallend ist die Dichte an Kirchen, viele davon aus der Zeit der Gotik, im Innenraum nur gelegentlich barock ausgestattet.

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Trotz ihrer Anzahl ist auffallend, dass sämtliche Kirchen gut „in Schuss“ sind. Ich würde mir wünschen, dass Kirchen in unserem Land auch in so einem guten Zu- stand wären. Die Marienkirche, die Dominikanerkirche und die im Krieg unzerstör- te Nikolaikirche geben Zeugnis vom Reichtum der Stadt in früheren Jahrhunder- ten.

In welch gutem finanziellen Zustand die polnische Kirche ist, beweist auch der 2010 fertiggestellte Bau der 36 m hohen Christusstatue in Swiebodzim (Westpo- len, etwa auf halber Strecke zwischen Berlin und Posen), die auf die Initiative des dortigen Ortspfarrers mitten in die Landschaft auf einen eigens errichteten 16 m hohen Hügel gesetzt wurde. Eine solche Initiative wäre in Deutschland auf erbit- terten Widerstand der Anwohner gestoßen.

Ebenso kann man sich über den Bau der der Muttergottes geweihten Basilika von Licheń nur verwundert die Augen reiben: Eine Kuppelkirche, stilistisch etwa zwi- schen Petersdom und russischer Kathedrale (mit einem Hauch von Disneyland) einzuordnen, erbaut ab 1994 in nur 10 Jahren. Mit 139 Metern Länge ist sie die achtgrößte Kirche Europas. Ausgestattet ist sie mit einer 151-registrigen Orgel, die von allen Seiten die zahlreichen Besucher beschallt, gesteuert von einem 6- manualigen Spieltisch.

Polen kennt kein System der Kirchensteuer. Die Kirche lebt von den Spenden ihrer Mitglieder. In fast allen Kirchen, die ich besuchte, gab es mindestens eine tägliche Abendmesse, meistens auch noch Messen am Morgen. Selbst bei Werk- tagsmessen gibt es häufig Konzelebranten, was Radek Lydkowski auch damit erklärt, dass die Bezahlung der Priester (auch der pensionierten) von der Menge der zelebrierten Messen abhängt (was wiederum erklärt, weswegen es kaum Kommunionhelfer in Polen gibt). Die Messen, die ich besucht habe, waren zwar nicht wesentlich voller als hier, dafür war das Durchschnittsalter deutlich niedriger. Selbstverständlich empfangen die Gläubigen die Kommunion als Mundkommuni-

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on, mir wurde sie zum Glück auch in die Hand gegeben. Radek Lydkowski erklärte auf meine Nachfrage, das sei für Polen kein Ausdruck einer konzilsfeindlichen Haltung, sondern eine Selbstverständlichkeit.

Ich habe nur Werktagsmessen erlebt, daher sind die folgenden Ausführungen möglicherweise nicht überall zutreffend. Rein musikalisch sind polnische Mes- sen, so überhaupt ein Organist anwe- send ist, gewöhnungsbedürftig. Liedvor- spiele, wie wir sie kennen, gibt es nicht. Der erste zu singende Ton, wird etwa eine Schlagzeit lang angespielt, dann setzen die übrigen Stimmen der Orgel und leider auch immer der Organist, der heftig durchs Mikrophon mitsingt, ein. Diese „Vox humana“ hat eine dermaßen führende Funktion, dass die Orgel an sich zur Nebensache gerät. Diese Praxis ist in Polen offensichtlich in allen Kirchen Usus. Auf youtube finden sich dafür Beispiele selbst aus der oben erwähnten Basilika in Licheń, wo es definitiv nicht nötig wäre. Gottesdienstzeiten der Krakauer Marienkirche Eine weitere Besonderheit stellt das Fehlen von Gesangbüchern dar. Im Altarraum hängt (mindestens) eine große schultafelartige Anzeige, auf die die Texte, und nur die Texte der zu singenden Lieder projiziert werden. Das ist einerseits ressour- censchonend, hat auf der anderen Seite aber dazu geführt, dass die Melodien von Gemeinde zu Gemeinde variieren, weswegen es nicht möglich war, ein einheitli- ches Gesangbuch mit Melodien zu erstellen.

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Mir fielen die vielen jungen Menschen auch außerhalb der Messen, in den touris- tisch bedeutenden Kirchen auf: Ganzen Schulklassen wurden die Kirchen und deren Ausstattung gezeigt, die Kinder und Jugendlichen waren immer ruhig und interessiert, erschienen dabei nicht unter Druck.

Etwas außerhalb von Danzig liegt die ehemalige Klosterkirche (heute Dom) von Oliwa, eine Zisterzienserkirche aus dem 14. Jahrhundert von erheblicher Größe, gelegen in einem herrlichen Park um den Äbtepalast. Die Kirche beherbergt ein prachtvolles Orgelgehäuse aus dem 18. Jahrhundert, das um das Westfenster der Kirche herum gebaut wurde. Die Orgel selbst wurde mehrfach verändert und hat heute 95 Register.

An jedem Werktag finden dort für die Besucher 5 jeweils 25-minütige Orgelkonzer- te statt: Um 10, 11, 12, 15 und 16 Uhr. Diese laufen offensichtlich immer nach dem gleichen Muster ab: Kurz vor der vollen Stunde wird vom Altarraum auf das folgende Konzert hingewiesen. Zur Stunde selbst werden die Besucher gebeten, den Blick nach vorne zu wenden und das Vater Unser zu beten. Danach setzt die Orgelmusik ohne Nennung der Werke ein. Es beginnt mit einem machtvollen akkordisch geprägten majestätischen Stück, das offensichtlich die Klangfülle des Instrumentes unter Beweis stellen soll. Es folgt das Ave Maria von Schubert sowie ein Choralvorspiel. Nun erklingt ein experimentelles, avantgardistisches Orgel- stück, bevor die Toccata d-moll von Bach das Konzert beschließt. Noch in den Nachhall verabschiedet die Sprecherin die Besucher (hauptsächlich Schulklas- sen), zum nachfolgenden Beifall kann sich der/die namentlich nicht genannte Organist/in verbeugen.

Der stromlinienförmige EIC von Danzig nach Krakau steht einem ICE in keiner Weise nach, innerhalb von 5 Stunden ist man am südlichen Ende Polens. Krakau wurde im Krieg praktisch nicht zerstört und präsentiert sich vor allem im Zentrum als prächtige europäische Großstadt, der die Nähe zu Österreich deutlich anzu-

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merken ist. Der riesige Marktplatz rund um die Tuchhallen strahlt eine fast schon italienische Lebensfreude aus. Fiaker, Cafés, Senioren-Jazzbands, spielende Kinder und ukrainische Akkordeon-Orchester, die perfekt Verdi-Ouverturen adap- tiert haben und die unvermeidlichen Andenken-Verkäufer säumen den Platz, der auch am Abend noch voller Leben ist. Und fröhlich winkt zu jeder vollen Stunde der Trompeter von der Marienkirche herunter, nachdem er sein Lied traditionsge- mäß in der Mitte abgebrochen hat. Und doch geht man gerade als Deutscher nicht unbeschwert durch die Straßen, weiß man doch, dass Auschwitz nur wenige Ki- lometer entfernt ist.

In der Marienkathedrale zu Krakau gibt es an jedem Werktag 12 Messen: 6:00, 6:30, 7:00, 7:30, 8:00, 8:30, 9:00, 9:30, 10:00 (lateinisch), 10:30, 11:00 und 18:30 Uhr. An den Sonntagen sind es interessanter Weise „nur“ 9, da für jede Messe mehr Zeit eingerechnet wird. Dazu kommen die verschiedensten Andachten und Beichtzeiten, fast immer kann man beichten. In einer anderen Kirche bemerkte ich in einer Seitenkapelle an einem normalen Werktag mittags eine größere Gruppe junger Menschen. Ich wollte wissen, weswegen sie hier still sitzen und fand es schließlich heraus: Sie warteten darauf, beichten zu können.

In den unzähligen Kirchen Krakaus ist nun im Gegensatz zur eher nackten Back- steingotik im Norden auch bei gotischer Architektur Gold die dominierende Farbe in der Innenausstattung der Kirchen. Sowohl die Kathedrale auf dem Wawel als auch die Marienkathedrale am Markt erschlagen den Besucher fast mit ihrer Far- bigkeit. Barocke, gut restaurierte Kirchen finden sich fast an jeder Ecke. Und überall finden auch tägliche Gottesdienste statt. In der Peter-und-Paul-Kirche in der Haupt-Fußgängerzone, einer wunderschönen Barockkirche fand ich den Or- gelprospekt, der in den Sechziger Jahren rechts und links des alten barocken Prospektes angehängt worden war, ein eher erschreckendes Kontrastprogramm zum ansonsten so einheitlichen Kircheninterieur.

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In einem Randgebiet der Stadt fand ich eine kunstgeschichtlich unbedeutende Pfarrkirche, die ich als Beispiel einer durchschnittlichen Kirche beleuchten möchte. Nach vorne blickt man auf die ins Auge fallende große Tafel für die Liedtexte, nach hinten auf ein schlichten „Gartenzaun“- Orgelprospekt. Wo in unseren Kir- chen Seitenaltäre berühmter Heiliger aus der Geschichte wären (und dort womög- lich auch tatsächlich vorher waren), befinden sich hier in der Regel ein Seitenaltar für den Hl. Papst Johannes Paul II und auf der anderen Seite das berühmte Bild des Barmherzigkeits-Jesus der Sr. Faustyna Kowalska mit der Unterschrift „Jesus, ich vertraue auf dich“.

Beides gehört zusammen. Papst Johannes Paul II hat den Polen das Selbstwertgefühl zurückgege- ben, das ihnen in vielen Jahrzehn- ten genommen worden war. Er hat aber auch die Erscheinung der Sr. Faustyna aus den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts gefördert, ja erst wieder hoffähig gemacht, indem er die Anordnung des Vati- kans aus dem Jahr 1959, die be- treffenden Jesus-Anbetungsbilder aus den Kirchen zu entfernen, noch im Jahr seiner Ernennung 1978 flugs wieder aufhob. Den Barmherzigkeitssonntag – besser bekannt als „Weißer Sonntag“ - hat er im Jahr 2003 verbindlich einge- setzt. Krakau,Marienkirche

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Doch frage ich mich, ob da nicht ein Papst ein lokales Ereignis zu einem gesamt- kirchlichen überhöht hat. Noch unter JP II entstand vor den Toren Krakaus das 2002 geweihte „Sanktuarium der Barmherzigkeit Gottes“. Diese Kirche kann bis zu 5000 Gläubige aufnehmen und wird jährlich von 2 Millionen Pilgern besucht.

In Krakauer Kirchen gibt es auch gute Orgelkonzerte. Doch leider findet sich hier, wie auch in Wien und Prag die Unsitte von touristischen Konzerten in Kirchen, die als „Classic-Highlights“ vermarktet werden und mehrmals in der Woche mit meist ähnlichen „War-Horses“-Programmen angeboten werden. Die Tickets dazu wer- den von wenig vertrauenerweckenden Gestalten in phantasievollen Barockkostü- men untertags vorbeiflanierenden Touristen zu überhöhten Preisen in beschwö- render Manier aufgedrängt. Auf den Konzertprogrammen finden sich meistens die unverwüstlichen Jahreszeiten von Vivaldi, die Kleine Nachtmusik, die Moldau, ein Ave Maria und der Radetzki-Marsch, lustlos dargeboten im Altarraum einer stim- mungsvollen Kirche von einem zusammengezimmerten Streichquartett (mit Harfe) wahrscheinlich ukrainischer oder kasachischer Provenienz. Bin ich der Einzige, der dies als Auswuchs einer zu libertären, kommerziellen Gesellschaft beklagt?

Ich kehre zurück nach Deutschland mit neu erwachtem Respekt für unsere östli- chen Nachbarn. Nachträglich bin ich Bundeskanzler Willy Brandt für seinen Knie- fall im Jahr 1970 noch mehr dankbar. Die aktuelle politische Entwicklung in Polen veranlasst zu Sorge. Es gibt aber auch Stimmen, die die Haltung der jetzigen Regierung rechtfertigen. Wichtig erscheint mir ein reger kultureller Austausch in beide Richtungen, von dem beide Nationen als Teil eines vereinten Europa viel profitieren könnten. So kann ich nur empfehlen, sich selbst ein Bild von unserem Nachbarland zu machen.

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Ungehobene Schätze - Chormusik aus Polen Carsten Igelbrink

Der Beginn der polnischen Musikgeschichte und damit auch der Vokalmusik reicht weit zurück und war durch die ost- und westslawische Kultur geprägt. Mit der Christianisierung Polens seit dem Ende des 10. Jahrhunderts erfolgte eine engere Anbindung an den westeuropäischen Kulturkreis und der in Westeuropa gepflegte Gregorianische Choral hielt Einzug. Auf Grundlage dieser Gesänge schrieben eine Vielzahl polnischer Komponisten erste Hymnen in lateinischer Sprache, meist Patronen wie Adalbert, Wenzel oder Stanislaus gewidmet.

Ab dem 13. Jahrhundert setzte sich zusätzlich eine gesonderte einstimmige und polnischsprachige Form des Ritterliedes durch. Das bekannteste fromme Lied dieser Art, die „Gottesgebärerin“ (poln. „Bogurodzica“) ist in Bedeutung und Funk- tion einer Nationalhymne vergleichbar. Es ist das älteste Zeugnis polnischer Dich- tung. Es stammt wahrscheinlich aus dem 13. Jahrhundert – der Autor ist nicht bekannt. Schriftliche Quellen von Text und Noten sind erst aus dem 15. Jahrhun- dert überliefert. Das Bogurodzica-Lied, dem Inhalt nach ein schlichtes Marienge- bet, gilt als Beispiel kunstvoller mittelalterlicher Sakralmusik und zugleich als nati- onales Symbol Polens. Durch die Jahrhunderte hindurch taucht der Titel "Bogurodzica" bei vielen Komponisten immer wieder auf.

Ab dem 15. Jahrhundert wurde die polnische Sprache vermehrt auch in der geist- lichen Musik verwendet. Im 16. Jahrhundert fand die niederländische Kontrapunk- tik in Polen ihren Niederschlag, die italienische Polyphonie vor allem im Schaffen von Mikołaj Zieleński (ca.1560-1620), von dem uns 113 vokalinstrumentale und rein instrumentale Kompositionen in zwei Sammlungen überliefert sind, welche 1611 bei Jacobus Vicentius in Venedig herausgegeben wurden. Darin enthalten sind hauptsächlich lateinische Propriengesänge wie Offertorien und Kommunion- gesänge zu den verschiedensten Fest- und Gedenktagen, als auch Vespergesän- ge wie das Magnificat. Weitere Vertreter der Renaissance und des Frühbarock in

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Polen sind Franciszek Lilius (um 1600 - 1657), seinerzeit Kapellmeister an der Kathedrale von Krakau, von dem etwa 20 a cappella Messen und Motetten über- liefert sind, sowie sein Nachfolger an der Wawel-Kathedrale Bartlomiej Pekiel (nach 1600 - um 1670), dessen rund 30 überlieferte Sakralkompositionen für mehrstimmigen Chor mit Instrumenten in dem aus Italien kommenden "stile con- certato" komponiert sind. Ihr Schüler Marcin Mielczewski (1600 - 1651), Kapell- meister an der königlichen Kapelle von Warschau sowie am Hofe des Fürstbi- schofs von Breslau und Plock, reiht sich unter die bedeutenden polnischen Kom- ponisten des 17. Jahrhunderts ein.

Polens Musikkultur steht nicht selten im Zusammenhang mit geschichtlichen Er- eignissen, die auf ihre Entwicklung Einfluss nahmen. Durch die drei Teilungen Polens Ende des 18. Jahrhunderts und dem Niedergang der Adelsrepublik verlor das Land seine eigene Souveränität. In den Jahren 1772, 1793 und 1795 teilten die Nachbarmächte Russland, Preußen und Österreich den Unionsstaat schritt- weise unter sich auf, so dass auf der Karte Europas über 120 Jahre bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 kein eigenständiger polnischer Staat mehr existierte. In dieser unruhigen Zeit spielt auf musikalischer Seite der in Grottkau geborene deutsche Komponist Joseph Elsner (1769-1854) eine entscheidende Rolle. Er nimmt als Vorläufer der polnischen Nationalbewegung und als Lehrer Fryderyk Chopins (dessen musikalische Begabung er früh entdeckt hat) eine bedeutende Stellung in der Musikgeschichte ein. So prägte er das polnische Musikleben nicht nur durch seine rege kompositorische und pädagogische Tätigkeit, sondern auch als revolutionärer Innovator. In Warschau eröffnete er die erste Notenstecherei und publizierte eine musikalische Monatsschrift unter dem Titel "Auswahl schöner Musikwerke und polnischer Lieder". Er verfasste Schriften über den polnischen Gesang, trat als Begründer der polnischen Gesangsschule in Erscheinung und bemühte sich darum, Deklamation und Gesang in polnischer Sprache als Teil der Musikausbildung zu etablieren. Trotz seiner Verdienste um die polnische Musik- kultur blieb Elsners musikalisches Vermächtnis nur Kennern ein Begriff. Sein

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kompositorisches Gesamtwerk ist recht umfangreich, quantitativ mit den Nachläs- sen der großen Wiener Klassiker vergleichbar. Sein Œuvre umfasst u. a. 33 Mes- sen, 4 Oratorien und Passionen, 85 Offertorien, Hymnen, Motetten und andere zahlreiche Einzelwerke geistlicher Musik.

In der Nachfolge Elsners ist der deutsch-stämmige Karl August Freyer (1801- 1883) zu nennen, der von Leipzig aus nach Warschau ging, um bei Elsner zu studieren und die dortige Musikwelt ebenso nachhaltig geprägt hat. Auch aus seiner Feder sind einige Messen erhalten. Als der Schule von Freyer ging Stanis- law Moniuszko (1819-1827) hervor. Besondere Beachtung unter seiner geistlichen Musik verdienen die vier "Litania ostrobramska" jeweils für Solostimmen, gemisch- ten Chor, Orgel und Orchester - Marienlitaneien in lateinischer Sprache. Weiter sind Messen und Motetten in lateinischer und polnischer Sprache, meist in großer Besetzung mit Orgel und Orchester, unter seinen zahlreichen Werken. Einen hohen Stellenwert vor allem in der polnischen Orgelmusik hat Felix Nowowiejski (1877-1946), doch finden sich bei ihm auch mehrere große Oratorien, wie etwa "Powrót syna marnotrawnego "(Heimkehr des verlorenen Sohnes), "Quo vadis" (Wohin gehst Du?), "Znalezienie Świętego Krzyża" (Das Finden des hl. Kreuzes) und die "Missa pro Pace" (Messe für den Frieden).

Im 20. Jahrhundert treten zunehmend polnische Komponisten in Erscheinung, die mit Neuschöpfungen an Chorliteratur mehr Aufmerksamkeit verdienten. Chronolo- gisch genannt seien Feliks Rączkowski (1906-1989) mit einer Messe "Bogurodzi- ca" im romantischen Stil, Tadeusz Paciorkiewicz (1916-1998) mit seiner Missa brevis von 1973 sowie einem "Ave Regina Caelorum" von 1978 und weiteren kleineren Werken, Tadeusz Machl (1922-2003) mit einigen Werken aus den 80er und 90er Jahren sowie Boguslaw Schaeffer (*1929), der als moderner Komponist mit experimenteller Tonsprache auch einige wenige, dafür umso interessantere geistliche Werke schrieb, wie etwa die "Missa Elettronica" für Knaben- oder ge- mischten Chor und Tonband von 1975. Einzelne Werke von Josef Swider (1930-

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2014) gehören schon seit einigen Jahren zum Repertoire vieler Chöre. Sein Ge- samtwerk umfasst fünf Messen und über 200 Chorlieder.

Der weitaus bekannteste polnische Komponist ist der 1933 in Debica geborene Krzysztof Penderecki, der international durch seine avantgardistischen Kompositi- onen Aufsehen erregte. Neben seiner prägenden Lukaspassion von 1966 hat er auch einige Werke für Chor a cappella geschrieben, von denen das "Miserere" und das "In Pulverem Mortis" der Lukaspassion entnommen, und das bereits 1962 entstandene "Stabat mater" unverändert in die Passion eingefügt wurde. Weitere a cappella-Werke sind u.a. "Veni creator", "Ize cheruvimi" (Cherubinischer Lobge- sang), "Benedicamus Domino", ein Benedictus für gemischten Chor und ein Be- nedictus für Frauenchor a cappella. Von seinen Kompositionen mit größerer In- strumentalbesetzung seien das "Magnificat", das "Polnische Requiem" und das "Requiem der Versöhnung" genannt.

Wie Krzysztof Penderecki zählt auch Wojciech Kilar (1932-2013) zu den promi- nentesten Persönlichkeiten der europäischen Musikszene unserer Zeit. Obwohl beide in ihrer Tonsprache zunächst experimentell schrieben, schlugen sie dann doch völlig verschiedene Wege ein. Kilars geistliche Musik reflektiert besonders ab den 70er Jahren seine tiefe Religiosität und den Mut, eine simple, universelle und greifbare musikalische Sprache zu verwenden. Der am meisten bekannte Komponist der Gegenwart in und außerhalb Polens ist der 1968 geborene Pawel Lukaszewski, dessen anti-moderne sphärische Tonsprache, ähnlich der von Lau- ridsen oder Miskinins, sich großer Beliebtheit erfreut. Auch für das neue "Chor- buch " hat er einige Beiträge geschrieben. Zahlreiche liturgische Motet- ten zu verschiedenen Anlässen bezeugen seine Kreativität in der Musica Sacra und lassen auf weitere Neukompositionen für den liturgischen wie konzertanten Gebrauch hoffen. Weitere zeitgenössische Komponisten, die aber bisher nur we- nige geistliche Chorwerke geschrieben haben sind Mikolaj Gorecki (*1971) und Milosz Bembinow (*1978).

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Die Chormusik Polens war und ist über Jahrhunderte in der Musikgeschichte prä- sent geblieben, teilweise hat sie großen Einfluss auf ihre Entwicklung genommen. Die zahlreichen geschichtlichen Wirren, die das Land über lange Zeit hinderte eine eigene nationale Identität zu finden, haben die Entwicklung der Chormusik zwar beeinträchtigt, jedoch nie aufhalten können. Es ist erfreulich zu erkennen, welch großes Erbe an polnischer Chorliteratur noch zu entdecken ist, und wie gegenwär- tig immer weitere Neuschöpfungen die Musica Sacra bereichern.

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Andere Länder, andere Sitten - Organistenpraxis in Polen Manuel Braun

„Andere Länder, andere Sitten“ sagt ein Sprichwort. Eine sehr angenehme Aus- nahme bildet da in manchen Belangen die katholische Liturgie. Wo immer man hinkommt, man kann in einen katholischen Gottesdienst gehen und die Liturgie mitfeiern: auch wenn man kein Wort versteht, so fühlt man sich doch heimisch, weiß, was gerade abläuft und findet selbst am Sprachduktus des „Vater unser“- Gebets etwas Vertrautes. Bei allen Gemeinsamkeiten gibt es (neben der Sprache) Punkte, in denen nationale gottesdienstliche Gepflogenheiten voneinander abwei- chen. Eine Sache, die besonders auffällt, ist der Klang des Gottesdienstes. Hier in Deutschland sind wir den Klang der Orgel und einen Pfarrer, der das meiste spricht, aber manche Akklamationen auch singt, gewohnt. In anderen Ländern gibt es so gut wie keine Orgelmusik mehr in Gottesdiensten und die Pfarrer sprechen alles. Das Klangbild eines polnischen Gottesdienstes ist dem eines deutschen sehr ähnlich. Im Folgenden soll der Aspekt des Orgelspiels näher beleuchtet wer- den. Der Beitrag geht auf Gespräche mit einem polnisch-stämmigen Orgelschüler sowie einer Studienkollegin zurück. Bei der Vorabbesprechung der Artikel in der Redaktionssitzung fielen uns Wider- sprüche zwischen den Artikeln auf – trotz Recherche vor Ort und Gesprächen mit polnischen Kollegen. Diese zeigen eindrücklich, dass es kein einheitliches und homogenes Bild der Kirchenmusik in Polen gibt, sondern dass dort eine lebendige und bunte Art, den Glauben zu feiern, lebendig ist.

In den meisten Gottesdiensten vermittelt sich ein eher einfacheres Bild der Kir- chenmusik: Der Organist spielt zum Ein- und Auszug und zur Kommunion, leitet die Lieder ein, begleitet den Gemeindegesang und singt dabei kräftig mit. Das Motto lautet allgemein: je kürzer und „praktischer“, desto besser. Ein- und Auszug sind sehr kurz, da die Wege sehr knapp sind und unprätentiös zurückgelegt wer- den. Kaum ist der Gottesdienst zu Ende, müssen die Gottesdienstbesucher die

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Ereignisse der vergangenen Tage besprechen, egal, ob und wie gut der Organist noch spielt. Bei Intonationen muss die Gemeinde Tonart, Tempo und Liedanfang erkennen, mehr nicht. Wenn es länger wird, kann es schon mal passieren, dass die alten Herren, die neben der Orgel stehen, den Organisten während des Spiels zurechtweisen, er solle das Lied spielen und keine Opern. Daher sind die Vorspie- le kurz und musikalisch sehr einfach gehalten. Obligate Choralvorspiele, vielleicht gar mit Cantus firmus in einer anderen Stimme als dem Sopran, kommen nicht vor. Bei der Kommunion bestünde zwar die Möglichkeit zu Orgelspiel, doch da viele Organisten es nicht besser können, wird auch hier oft in einfach gehaltenem Stil improvisiert oder gar, wenn selbst das zu schwer ist, direkt ein Lied gesungen. Gehobene Improvisationen oder Literatur sind nur von versierteren Organisten zu erwarten.

Am Vorspiel ist für die Gemeinde der Liedanfang besonders relevant, da die Ge- sangbücher nur die Liedtexte, nicht aber die Noten beinhalten. Noten stehen ledig- lich den Organisten zur Verfügung – für ihn gibt es ein sogenanntes „Choralbuch“. Auch ein einheitliches polnisches Gesangbuch sucht man vergeblich – es gibt in Polen nur regionale Gesangbücher der Bistümer. Während die reicheren südli- chen Bistümer meist eigene Gesangbücher haben, nutzen die ärmeren nördlichen Diözesen teilweise Gesangbücher der anderen Bistümer mit. Oft unterschieden sich die Melodien schon zwischen zwei Dörfern – das kann selbst bei bekannten Weisen passieren! Die Technisierung hält allerdings auch in diesem Bereich Ein- zug und verdrängt vielerorts die Gesangbücher. Oft gibt es im Chorraum der Kir- chen ein Display oder eine Leinwand (samt zugehörigem Beamer irgendwo im Schiff), worauf die Liedtexte für die Gemeinde sichtbar eingeblendet werden. Die Bedienung dieser technischen Finesse obliegt dem Organisten: er muss vor dem Gottesdienst die Texte vorbereiten und eintippen, um dann während der Messe parallel zum Spielen (und Singen) mit einer Hand noch die Strophen weiterzu- schalten. Besonders spannend ist dies bei Liedern mit wiederkehrendem Refrain, wo zwischen den Strophen immer wieder zurückgeklickt werden muss.

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Ähnlich wie in Deutschland noch vor einigen Jahren verhält es sich im Bereich der NGLs. Auch hier gibt es viele nur regional verbreitete Lieder. In Kinder- und Fami- liengottesdiensten werden die Lieder mit Gitarren, in jüngerer Zeit auch verstärkt mit Klavier, begleitet. Die Orgel kann in diesen Gottesdiensten ebenfalls zum Einsatz kommen. Zusätzlich gibt es vielerorts Kinderchöre, eher Kinderscholen, die in diesen Gottesdiensten mitwirken. Die Liedbegleitung ist, wie in Deutschland meist auch, im vierstimmigen Choral- satz gehalten und ähnlich kräftig registriert. Ausnahmen davon gibt es nicht. Nu- ancierungen hinsichtlich der Lautstärke werden lediglich entsprechend der liturgi- schen Anlässe und Zeiten vorgenommen. Darüber hinaus werden sämtliche Ak- klamationen begleitet.

Ein weiterer wesentlicher Unterschied ist der, dass der Organist durch kräftiges Mitsingen, fast immer verstärkt durch das Mikrofon, den Gemeindegesang führt bzw. anführt. Je nachdem, wie sensibel das geschieht, kann das dazu führen, dass die Gemeinde sehr gut singt, aber auch dahin, dass fast niemand mehr singt. Auch die Rolle des Kantors bei Ordinarien und Wechselgesängen liegt in aller Regel beim Organisten.

An herausragenden Kirchen, namentlich den Kathedralen der Bistümer, verhält es sich anders. Hier sind versierte Organisten am Werk, die in einem Studium auch eine gründlich Ausbildung im Bereich der Orgelimprovisation erhalten haben. Daher sind hier größere und kunstvollere Intonationen zu den Liedern, obligate Begleitungen sowie gehobene Improvisationen und Orgelliteratur die Regel. Auch gibt es hier einen Kantor, so dass der Organist nicht singen muss.

Beiden Situationen gemeinsam ist leider die Rezeption und die Wertschätzung des Dienstes der Organisten: selbst in Domen ist man nicht dagegen gefeit, dass die Gottesdienstbesucher direkt, wenn der Pfarrer außer Sichtweite ist, aufstehen

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und quatschen. Nur sehr selten gibt es Applaus. Lediglich mangelnde Qualität des Orgelspiels oder gar Abwesenheit eines Organisten zeigt der Gemeinde bisweilen, wie wichtig doch das Orgelspiel für die liturgische Gestaltung der Gottesdienste ist. Denn sensibel sind die polnischen Gottesdienstbesucher, was die Qualität der Gemeindebegleitung anbelangt. So gut wie alle Messen, selbst in kleinen Dörfern, werden vom Organisten mitgestaltet. Gottesdienste finden in Polen selbst auf dem Land noch oft statt: quasi täglich und an Sonntagen mehrfach. An Kathedralen sind es bis zu acht oder neun Messen pro Sonntag, die ein Organist zu absolvie- ren hat, einschließlich der Frühmesse.

Die Bezahlung des Organisten ist eher mäßig: vielerorts ist kein Geld da, so dass teilweise von den Organisten erwartet wird, für Gottes Lohn zu spielen und eine irdische Entlohnung entfällt. Teilweise zahlen Angehörige der Verstorbenen, für die im Gottesdienst besonders gebetet wird, dem Organisten einen kleinen Obo- lus. In vermögenderen Gemeinden wird dem Organisten durchaus auch ein Hono- rar gezahlt. Über dessen Höhe konnten leider beide Gesprächspartner keine fun- dierten Aussagen machen. Aber auch dann, wenn Honorar gezahlt wird, gibt es nicht unbedingt vertragliche Absicherung für die Organisten.

Die nebenberufliche kirchenmusikalische Ausbildung ist in Polen sehr gut struktu- riert. Es gibt diözesane Kirchenmusikschulen, in denen die angehenden Organis- ten in wöchentlichen Unterrichtseinheiten Orgelspiel, Improvisation, liturgische Grundbildung und Musikgeschichte lernen sowie im Chor singen. Der Unterricht findet teils zusammen mit den angehenden Priestern statt (was zur Folge hat, dass selbige oft sehr gut und laut singen können). Die Ausbildung an den Kir- chenmusikschulen ist allerdings sehr teuer. Umgerechnet 200 bis 300 € pro Monat sind zu entrichten – für polnische Verhältnisse sehr viel Geld. Seit einiger Zeit gibt es einen kirchenmusikalischen Studiengang an einer polni- schen Musikhochschule, in dem das Niveau der Ausbildung – auch hinsichtlich der Improvisation – zwischenzeitlich ähnlich wie in Deutschland ist. Lange war das

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anders, was daran lag, dass dieses Fach nur wenige Semester unterrichtet wurde und nicht während des gesamten Studiums. Daraus resultierend gab es nur weni- ge fähige Dozenten, die ihre Kenntnisse dann wieder an ihre Schüler weitergeben konnten. Dieses Problem wiederum setzte sich dann auch im nebenberuflichen Bereich fort.

So ergibt sich ein ambivalentes Bild vom Stand und Stellenwert des liturgischen Orgelspiels in Polen: Während zwar hinsichtlich des Arbeitspensums von Organis- ten viel verlangt wird, so kommt wenig Wertschätzung zurück. Musikalisches Ni- veau wird vielerorts eher gar untergraben, und der Dienst des Organisten wird nicht angemessen honoriert, auch die Ausbildung war bisher nicht hinreichend. Erfreulich ist hingegen die eindeutige Tendenz, dass die Profis nun immer besser ausgebildet werden und dies dann langfristig auch an die nebenberuflichen Orga- nisten weitergeben wird. Eine ähnliche Entwicklung nahm die Kirchenmusik in Deutschland in den letzten 60 bis 70 Jahren.

Gaude Mater Polonia

Die populärste polnische Hymne entstand im 13. /14. Jahrhundert in Erinnerung an den heiligen Stanisław, Bischof von Krakau. Stanisław starb am 11. April 1079 den Märtyrertod. Autor der Hymne ist der erste polnische Komponist in der Musik- geschichte, Vincent von Kielcz. Es wird davon ausgegangen, dass die erste Auf- führung des Hymnus am 8. Mai 1254 während der Kanonisierungszeremonien des Hl. Stanislaw in Krakau stattfand.

Die Legende besagt, dass der Leichnam des St. Stanisław in Stücke geschnitten wurde, aber die Körperteile sich auf wundersame Weise wieder einordneten, wäh- rend Adler in den Himmel umkreisten. Dies gilt als Allegorie für die Einheit Polens. Die Hymne wurde Teil der polnischen Tradition und Geschichte, wurde und wird während staatlicher und offizieller Zeremonien gesungen. Die Melodie ist seit fast 750 Jahren beliebt und ein Identität stiftendes Element der polnischen Kultur.

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Polnische Kirchenmusik Ein Interview mit Witold Zalewski Andreas Boltz

Welche Ausbildungsmöglichkeiten gibt es für Kirchenmusiker in Polen? W. Zalweski: Nebenamtliche Kirchenmusiker erhalten ihre Ausbildung an Musik- schulen für Organisten, die zumeist kirchlich getragen sind, in seltenen Fällen auch staatlich unterstützt werden. Die Kosten je Semester betragen ca. 600 Złoty (~ 150,- €). In Krakau gibt es ein Institut für Kirchenmusik, welches mit der Päpstli- chen Universität (Uniwersytet Papieski Jana Pawła II) und der Musikakademie Krakau (Akademia Muzyczna w Krakowie) kooperiert. Gegenwärtig studieren etwa 30 junge Interessierte ab 10 Jahren. An den Musikhochschulen und Musikakademien im Land (z.B. Warschau, Posen, Krakau, Kattowitz oder Danzig) gibt es die Möglichkeit zur Solistenausbildung als Konzertorganist. Wenige dieser Institute (Warschau, Danzig) beherbergen eine Abteilung für Kirchenmusik. Die wesentliche liturgische Ausbildung findet im Rahmen der kirchenmusikali- schen Praxis nach dem Prinzip „Learning by doing“ in der Kirche statt.

Welche Anstellungsmöglichkeiten gibt es für Kirchenmusiker in Polen? Nach der Ausbildung hat man die Möglichkeit in den Schulen als Musiklehrer zu arbeiten oder in den Kirchendienst zu gehen. Das bedeutet in der Regel, dass der Organist mit dem Pfarrer einen Vertrag über die anfallenden Dienste schließt. Hierbei legt der Pfarrer fest, wie viel er bezahlen kann oder möchte. Der Kirchen- musiker begleitet die Vielzahl der täglichen Gottesdienste an der Orgel. Dabei singt er (meistens durch Mikrofon verstärkt) vor, leitet den Gemeindegesang an und unterstützt diesen. Je nach Vereinbarung übernimmt der Kirchenmusiker auch die Leitung von Scholen oder Chören. Gute Zuverdienste kann er sich bei der Gestaltung von Hochzeiten oder Beerdigungen erwerben, die von den Auftragge- bern beglichen werden. (Anm. des Verfassers: Hier erzählt Witold Zalewski einen für die Situation typischen Witz: „Es treffen sich zwei Organisten in Polen. ´Na, wie geht es?´, fragt der eine. ´Diese Woche nicht so gut!´ meint der andere. ´Wieso?´ ´Na, diese Woche ist leider niemand gestorben…´“) In der Regel gilt, je größer und bedeutender die Kirche ist, desto größer sind die Verdienstmöglichkeiten.

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Gibt es Fortbildungsangebote für Kirchenmusiker und wie sieht es mit dem Nachwuchs aus? Am Institut in Krakau gibt es ungefähr drei- bis viermal im Jahr Praxis-Seminare, ebenso vergleichbare Veranstaltungen an den anderen Ausbildungsorten. Eine der jüngsten Veranstaltungen ist eine Fortbildung zum Thema „Choralgebundene Orgelmusik für die Passionszeit“ gewesen. Vergleichbar zu den westeuropäischen Ländern orientieren sich die jungen Men- schen vermehrt nach anderen Interessensgebieten, so dass des um den Nach- wuchs besser bestellt sein könnte…

Wie sieht die Orgellandschaft in Polen aus und welche herausragenden Instrumente können angeführt werden? Äußerst umfassend gibt eine Webseite darüber Auskunft: www.organy.art.pl Klickt man in der Navigationsleiste auf „Instrumenty“ kann man nahezu alle wichti- gen Instrumente erfassen. (Anm. des Verfassers: Die Seite ist zwar in polnischer Sprache, die Orgeldispositionen sind jedoch zumeist in deutscher Tradition be- nannt.) Gerade in der Umgebung von Krakau entstehen vielfach sehr gute neue Instrumente. Auch die Marienkirche in Krakau soll eine neue Orgel erhalten. Für die Finanzierung zeichnen die jeweiligen Gemeinden verantwortlich. Unter den Orgelbauern (Organmistrzowie) sind besonders die Firmen „Mollin“ und „Zych“ zu nennen. Herausragende Instrumente findet man in Oliva, Kamień Pomorski, Święta Lipka (Jesuitenkirche) oder Frombork (Kathedrale).

Gibt es ein einheitliches landesweites Gesangbuch? Das Kirchengesangbuch (Spiewnik koscielny) von Jan Siedlecki aus dem Jahr 1980 steht besonders den Organisten zur Verfügung. Die Gemeinde singt die Texte in der Regel auswendig oder liest diese von den Bildschirmen in der Kirche ab, auf welchen sie digital angezeigt werden.

Wie sieht die chorische Tradition in polnischen Kirchen aus? Es gibt zahlreiche Kinder- und Jugendchöre oder –scholen, vor allem an großen Kirchen und an den Kathedralen, die häufig im Internationalen Verband „Pueri Cantores“ organisiert sind. Eine umfassende Tradition von Kirchenchören wie in Deutschland gibt es nicht. Dies hängt u.a. auch mit der schwierigen Finanzierung dieser zusammen.

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Welche Chor- und Orgelliteratur wird im Gottesdienst gepflegt? An Chorliteratur erklingt häufig klassisches Repertoire vor allem deutscher Prove- nienz (Bach, Mendelssohn…), dazu Chormusik, die sich mit den jeweiligen Mess- texten verknüpft. Orgelmusik wird manchmal zu Austeilung der Hl. Kommunion gespielt oder zum Auszug, wobei sie hier oftmals gleichermaßen als Postludium wie als Praeludium für die nachfolgende Messe zu begreifen ist. In vielen besonders vom Tourismus geprägten Städten gibt es Sommerorgelkon- zerte, die häufig auch von den ortsansässigen Kulturbüros in Zusammenarbeit mit den Kirchen organisiert werden.

Wie heißen die nennenswertesten Orgelkomponisten in Polen? Hier ist vorrangig Feliks Nowowiejski (1877-1946) anzuführen 1, dann Mieczysław Surzyņski (1866-1924) 2. Unter den zeitgenössischen Komponisten zählen zu den wichtigsten Autoren Tadeusz Paciorkiewicz (1916-1998)3, Stanisław Moryto (*1947) oder Kazimierz Przybylski (1941-2011).

Und Komponisten für Chormusik? Henryk Gorecki (1933-2010), Karol Szymanowski (1882-1937) und Krzysztof Penderecki (*1933) stehen insbesondere für die symphonisch begleitete Chor- und Kirchenmusik. Neben den Meistern vergangener Jahrhunderte wie Grzegorz Gorczycki (17. Jhd.) oder Louis Lewandowski (19. Jhd.) ist Józef Świder 4 (1930- 2014) der wichtigste zeitgenössische und auch am meisten aufgeführte Komponist von Chormusik aller Schwierigkeitsgrade.

Dein Top-Tipp Orgelmusik? „Improwizacje na temat Święty Boże op. 38“ von Mieczysław Surzyņski.

Dein Top-Tipp Chormusik? „Czego chcesz od nas Panie“ von Józef Świder.

Anmerkungen:

1 Neun große Orgelsinfonien op. 45 bilden das Zentrum im Orgelschaffen von Feliks Nowowiejski. Sie entstanden in den Jahren 1929-1931. Die meist mehrsät- zigen Kompositionen verwenden vielfach klassische Satzformen wie „Toccata und Fuge“ in der sechsten Sinfonie oder „Thema und Variationen“ in der siebten Sin-

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fonie. Nowowiejskis Stil ist am ehesten mit dem Max Regers vergleichbar. Seine Musik verlangt von Spieler und Instrument eine breite Palette von Ausdrucksmög- lichkeiten und eine hohe Spieltechnik. Ein weiteres sehr beachtenswertes Werk ist das Poem „In Paradisum“ op. 61 aus dem Jahr 1941, angelehnt an die „Sieben letzten Worte Jesu am Kreuz“. Sein bekanntestes Orgelwerk ist die volkstümliche- re Fantasie „Weihnacht in der uralten Marienkirche in Krakau“, welches man auch hin und wieder in westeuropäischen Programmen wiederfindet. Die Musikakade- mie in Poznań (Posen) besorgt eine wissenschaftliche Ausgabe der Orgelwerke Nowowiejskis mit schönen Faksimiles und kritischem Bericht (poln./engl.).

2 Mieczysław Surzyņski ist als Komponist vorwiegend mit Orgelmusik im romanti- schen Stil hervorgetreten. Hier sind besonders die o.g. Improvisationen (Variatio- nen) über „Święty Boże“ („Heiliger Gott“) und das Konzert für Orgel und Orchester zu nennen. Jenes und Anderes findet man auch im Internet unter imslp.org.

3 Von Tadeusz Paciorkiewicz sind zahlreiche Orgelwerke insbesondere aus den 80er und 90er-Jahren des 20. Jahrhunderts anzuführen, darunter auch einige Orgelkammermusik mit Violine, Viola, Cello, Trompete und Harfe. Leider ist nur Weniges seiner Orgelmusik hierzulande im Handel erhältlich.

4 Der Chormusik des extrem produktiven Józef Świder hat sich der Carus-Verlag in Stuttgart angenommen und große Anteile seines Gesamtwerkes verlegt, darun- ter auch das oben genannte „Czego chcesz od nas Panie“ (Herr, wie können wir dir danken“). Unter Świders Werken finden sich neben Anderem Lateinische Motetten, Weihnachts- und Volksliedbearbeitungen, Messen und Ordinariumsteile. Am bekanntesten bei uns ist sein „Jubilate Deo“ und die Kompositionen, die in den Chorbüchern des o.g. Verlages veröffentlicht worden sind. Alle zeigen hohes kompositorisches Können und gute liturgische Verwendbarkeit.

Dr. Witold Zalewski ist seit 1995 Organist an der Wawel-Kathedrale in Krakau und Direktor des Instituts für Kirchenmusik in Krakau. Er ist ebenso Direktor meh- rerer Orgelfestivals in Polen und konzertiert als sehr gefragter Organist weltweit.

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Tipps für den chorleiterischen Alltag: Rührei im Viervierteltakt – Von der Notwendigkeit unabhängiger Hände Reiner Schuhenn

Die »Unabhängigkeit der linken Hand« ist im Dirigierunterricht immer ein wichti- ges, allerdings auch heikles, weil schwer umzusetzendes Thema, das allerdings in der Praxis eine indispensable Notwendigkeit darstellt. Die beiden Arme des Diri- genten haben unterschiedliche gestalterische Aufgaben, weshalb man beim Diri- gieren dirigentische Gesten so wenig wie möglich mit links und rechts duplizieren sollte. Die rechte Hand gibt überwiegend metrische Informationen, die linke Hand dagegen trifft Aussagen zur Gestaltung im Hinblick auf Artikulation, Phrasierung, Dynamik, Einsatzfolge usw. Kurz: Die rechte Hand sorgt für Stabilität, die linke Hand für Qualität. (Diese Beschreibung gilt für einen Rechtshänder; ein Linkshän- der tauscht die beiden auf die zwei Hände verteilten Aufgaben, allerdings dann ebenfalls bei konsequenter Beibehaltung der Funktionen.)

Nichts verwirrt ein Ensemble – z. B. ein den Chor unterstützendes (Profi-) Orches- ter, mit dem man wenig Probenzeit hat – mehr als ein Dirigent, der die Aufgaben der beiden Hände ständig wechselt und die Struktur des Metrums oder wichtige funktionale Gesten (z. B. Einsätze) mal links, mal rechts anzeigt … Nur ein in der Unabhängigkeit der Hände versierter Dirigent wird nachhaltig dirigentischen Erfolg haben: Man ist in der Lage, auch Nuancen der musikalischen Struktur anzuzei- gen, was bedeutet, dass man sie weniger oder gar nicht proben muss. Man spart unglaublich viel an Probenzeit, man ist als Dirigent sofort authentisch (weil Ansage und Dirigat zusammenpassen), man kann sich auf die Wiedergabe von Details im Konzert verlassen usw.

Wenn man in dieser Unabhängigkeit wenig geübt ist, kann man das Einüben und Erarbeiten der Unabhängigkeit trainieren. Man erstellt dazu eine »Aufgabenliste« für die linke Hand. Klassische Aufgaben der linken Hand sind zum Beispiel: - Einsätze geben (linke Hand als offene Handschale) - Dynamik gestalten (beim Crescendo geöffnete Handschale in einer Dia- gonalen oder Rollbewegung heben; beim Decrescendo: Handschale geht mit Widerstand nach unten, als ob man einen Ball unter Wasser drückt) - Töne halten: wichtige Liegetöne in Einzelstimmen begleiten und halten; Einzelstimmen hervortreten lassen (Balance anzeigen: Wer ist wann wichtig?) - Akzente geben (Sforzato = scharfer Handkantenschlag; Spannung – Ent- spannung = Hand zur Faust schließen und wieder lösen) - Phrase anzeigen (die Form eines Hügels beschreiben)

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Diese Aufgaben der linken Hand (und viele andere mehr) spielen sich über der Dirigatebene und hinter der (rechten) Dirigathand ab (Bezug zum Atemzentrum). Eine weitere klassische Aufgabe der linken Hand ist die Gestaltung von Sprache (Anzeigen von Verschlusslauten, Vokalrundungen etc.): Diese wird nicht auf oder über der Dirigatebene angezeigt, sondern »in Apfelbiss-Nähe« direkt vor dem Mund des Dirigenten. Der in der Unabhängigkeit wenig geübte Dirigent trägt sich nun in der Vorbereitung der Chorprobe die Aufgaben der linken Hand vorab in die Partitur ein: Hier den Einsatz geben, dort das Decrescendo anzeigen, hier den Endkonsonanten gestalten usw.

Wichtig: Diese Funktionen müssen vorher (!) dirigentisch geübt werden. Alleine darauf zu vertrauen, »… es wird vorm Chor dann schon klappen«, ist unrealis- tisch, denn auch der Dirigent hat nur ein Bewusstsein und ist in der Probe mit der Reflexion des Chores beschäftigt, kann also nicht zeitgleich auch noch sich selbst beim Dirigieren reflektieren.

Eine solche Aufgabenliste wirkt natürlich schablonesk, ist aber ein gutes Hilfsmittel zum Einstieg in die Unabhängigkeit der beiden Hände. Wichtig beim Üben: Man konzentriert sich ausschließlich auf die linke Hand (rechts geht dann automatisch), dann zur Kontrolle wieder auf rechts achten.

Eine lustige Aufgabe zum Schluss: Dirigieren Sie mit ihrer Metrum-Hand einen Viervierteltakt und simulieren Sie mit der anderen Hand die Tätigkeiten eines virtuellen Frühstücks: A Kaffeekanne anheben und einschenken A Zeitung nach links und rechts blättern, A und dann: Einen Salzstreuer in die Hand nehmen und das Rührei nachsalzen …

Gerne wäre ich dann Gast bei Ihrem nächsten Frühstück!

Zum Autor: Reiner Schuhenn ist seit 1999 Professor für Chor- und Orchesterleitung an der Hochschule für Musik und Tanz Köln, seit 2003 Leiter des Figuralchores Bonn, seit 2006 Vizepräsident des Allgemeinen Cäcilienverbands für Deutschland und seit 2012 Leiter des Aachener Studentenorchesters. Rundfunk- und Fernsehauf- nahmen, Jurytätigkeit bei Wettbewerben, Gastdirigate, zahlreiche Konzerte im In- und Ausland, Publikationen und Kompositionen runden sein Tätigkeitsfeld ab.

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung aus: Musica sacra, 3/2017, S. 152

Prof. Reiner Schuhenn wird live zu erleben sein bei der nächsten Chorlei- tungs-Synode am 3. März 2018 im RKM in Hadamar!

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Zwischen Liturgie und Kultur- Warum wir Knabenchöre brauchen1 Prof. Dr. Markus Hilgert, Berlin

Te deum laudamus – „Dich, Gott, loben wir“. Wenn ich das, was die Limburger Domsingknaben seit nunmehr 50 Jahren so engagiert und virtuos tun, auf den Punkt bringen, mit einem Satz ausdrücken müsste, so wäre es genau dieser: Dich, Gott, loben wir – Te deum laudamus. Das gesungene Wort als Lobpreis des Höchsten, das klingende Gebet des Menschen, der demütig, aber aufrecht die Freude des dankbaren Herzens ebenso wie die Klage der hungernden Seele seinem Schöpfer zum Geschenk macht – dies ist das spirituelle Geheimnis, die theologische Quintessenz der musica sacra. „Heilige Musik“ – musica sacra – ist jedoch keineswegs eine Erfindung des Christentums, sondern blickt auf eine lange Tradition zurück: bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. waren instrumental begleitete, ausgedehnte Hymnen und Klagelieder in sumerischer Sprache zentrale Bestand- teile der Liturgie in den Gotteshäusern des antiken Mesopotamien.

Te deum laudamus – „Dich, Gott, loben wir“. Dies ist auch der Titel einer Komposi- tion, die in mehrfacher Hinsicht eng mit der Geschichte der Limburger Domsing- knaben verbunden ist. Anton Bruckner arbeitete an seinem „Te deum“ für Chor, Soli, Orgel und großes Orchester zwischen 1881 und 1885, die Uraufführung fand am 10. Januar 1886 in Wien unter der Leitung von Hans Richter statt. Für Anton Bruckner, den tiefgläubigen Komponisten, Organisten und Musikpädagogen, war die monumentale Vertonung des hymnus ambrosianus, dessen Überlieferungsge- schichte wohl bis in die Spätantike zurückreicht, nichts weniger als die gläubige Rechtfertigung seiner Existenz: „Wenn mich der liebe Gott einst zu sich ruft und fragt: ‚Wo hast du die Talente, die ich dir gegeben habe?‘, dann halte ich ihm die Notenrolle mit meinem „Te Deum“ hin, und er wird mir ein gnädiger Richter sein“, soll Bruckner kurz vor seinem Tod gesagt haben.

Bruckners „Te Deum“ gehörte zu den Lieblingsstücken von Dr. Wilhelm Kempf, der von 1949 bis 1981 Bischof von Limburg war und der genau heute vor 50 Jah- ren die Limburger Domsingknaben gründete. Ich kann mich noch sehr gut an den Menschen Wilhelm Kempf erinnern, der ab und an bei meinen Eltern zu Gast war: ein besonnener, kluger Mann, dessen Haltung Geradlinigkeit, Entschlossenheit und eine scheinbar durch nichts zu erschütternde Ruhe in der Gewissheit Gottes ausdrückte. Als Kempf am 25. Juli 1949 zum Bischof von Limburg geweiht wurde, erklang das „Te Deum“ von Anton Bruckner. Auf Kempfs Wunsch hin wurde das Werk auch im September 1974 anlässlich seines 25-jährigen Bischofsjubiläums

1 Vortrag beim Festakt aus Anlass des 50-jährigen Bestehens der Limburger Domsingkna- ben am 23. April 2017 in Hadamar.

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und zum Abschluss des Limburger Kreuzfestes aufgeführt, damals schon von den Limburger Domsingknaben unter der Leitung von Mathias Breitschaft, der den Chor von 1973 bis 1985 leitete. Mit Auszügen aus Bruckners „Te Deum“ wurde Bischof Kempf schließlich aus seinem Amt verabschiedet, im Jahr 1981, nur ein Jahr vor seinem Tod. Es heißt, der Schlussvers des Hymnus habe Kempf beson- ders am Herzen gelegen: In te, Domine, speravi: non confundar in aeternum, „Auf dich, o Herr, habe ich meine Hoffnung gesetzt. In Ewigkeit werde ich nicht zu- schanden.“

Wer um das Wirken Dr. Wilhelm Kempfs im Bistum Limburg weiß, der versteht, dass das, was den Limburger Bischof mit Bruckners „Te Deum“ verband, wohl weit mehr war als bloße musikalische Vorliebe. Tatsächlich mag dieses Werk mit seiner kirchengeschichtlichen Tradition, seiner theologischen Intention, seiner liturgischen Funktion sowie mit seinem spätromantisch geprägten musikalischen Gestus sinnbildlich für die Haltung Kempfs zur Kirchenmusik insgesamt stehen. Aus heutiger Sicht wurzelte diese Haltung des Limburger Bischofs in einem un- verbrüchlichen theologischen Bekenntnis und drückte sich aus in kirchenpoliti- schem Handeln, das geleitet war von einer zukunftsweisenden kultur- und bil- dungspolitischen Vision.

Um diese Aussage besser verstehen zu können, müssen wir uns in die Zeit der Gründung der Limburger Domsingknaben zurückversetzen. Das Zweite Vatikani- sche Konzil, das vom 11. Oktober 1962 bis zum 8. Dezember 1965 stattfand, gab auch wichtige Impulse für die Entwicklung der Kirchenmusik im Bistum Limburg. Bischof Wilhelm Kempf, der von Papst Johannes XXIII. zu einem der fünf Konzils- untersekretäre berufen worden war, betonte bereits in seiner Rede vor dem Konzil am 13. November 1962 die zentrale liturgische Bedeutung der Kirchenmusik, die Kempf als „notwendigen und integrierenden Bestandteil der Liturgie“ bezeichnete.2 Mit dieser Formulierung, die wörtlichen Eingang in die Akten des Konzils fand, verlieh Kempf seiner Überzeugung Ausdruck, dass die musica sacra eben nicht ein schmückendes und gegebenenfalls zu vernachlässigendes Beiwerk einer auch ohne sie vollwertigen liturgischen Handlung zu verstehen sei, sondern als „not- wendiger und integrierender Bestandteil der Liturgie“ ein unverzichtbares Element für deren Vollzug als irdische Manifestation der himmlischen Liturgie darstellt. Zugespitzt und vereinfacht formuliert: Ohne Musik keine Liturgie, ohne Liturgie keine Kirche, ohne Kirche keine Gemeinschaft mit Gott.

Dieses seinem Wesen nach zutiefst theologische Bekenntnis des Limburger Bi- schofs zur Kirchenmusik wäre jedoch ohne konkrete Konsequenz geblieben, hätte Kempf es allein bei diesem Bekenntnis belassen und nicht auch sein kirchenpoliti-

2 Siehe dazu ausführlich Andreas Großmann, „50 Jahre Referat Kirchenmusik im Bistum Limburg“, Kirchenmusik im Bistum Limburg 1/2016, 4.

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sches Handeln danach ausgerichtet. Gerade darin, dass Wilhelm Kempf aus sei- nem theologischen Bekenntnis zur Kirchenmusik für sich selbst auch einen politi- schen Handlungsauftrag ableitete, wird seine Größe und Unbeirrbarkeit im Amt als Bischof von Limburg deutlich. In rascher Aufeinanderfolge wurde im Oktober 1966 das neue Amt für Kirchenmusik des Bistums Limburg eingeweiht und am 23. April 1967, zum Georgstag und Patronatsfest des Bistums Limburg, der Chor der Lim- burger Domsingknaben gegründet.

Insbesondere diese Gründung der Limburger Domsingknaben und die Ansiedlung des Chores im „Bischöflichen Konvikt“ in Hadamar, das damit zum „Musischen Internat“ wurde, erscheinen aus heutiger Sicht als außerordentlich mutige und politisch riskante Entscheidung. Politisch riskant deswegen, weil mit der Gründung einer derart anspruchsvollen Kultur- und Bildungsinstitution stets auf lange Sicht finanzielle und personelle Ressourcen gebunden werden, deren Sinnhaftigkeit angesichts gerade auch des caritativen Auftrags der Kirche zu Recht nie unange- fochten ist und immer wieder einer gewissenhaften Prüfung und bewussten Beja- hung durch die Verantwortlichen bedarf. Dass sich die Bischöfe von Limburg seit nunmehr 50 Jahren in einer gewiss nicht immer einfachen Abwägung stets für die Limburger Domsingknaben entschieden haben, ist daher keine Selbstverständ- lichkeit und Grund für größte Dankbarkeit verbunden mit höchstem Respekt.

Mutig war die Gründung der Limburger Domsingknaben im Jahr 1967 deswegen, weil sie in gesellschafts- und kulturpolitischer Hinsicht azyklisch war und augen- scheinlich in offenem Widerspruch zu vielen Reform- und Säkularisierungstenden- zen im Deutschland der ausgehenden 1960er Jahre stand: ein neugegründeter Knabenchor, um die römisch-katholische Liturgie im Hohen Dom von Limburg zu gestalten? Nicht wenige kulturpolitisch Interessierte und kirchlich Engagierte mö- gen seinerzeit den Kopf mit Unverständnis geschüttelt haben. Möglicherweise speiste sich aber der Mut, den Wilhelm Kempf in diesem intellektuellen Milieu zur Gründung eines diözesanen Knabenchores benötigte, aus einer starken und zu- kunftsweisenden kultur- und bildungspolitischen Vision, die sein kirchenpolitisches Handeln inspirierte. Natürlich kann und will ich nicht behaupten, dass der Limbur- ger Bischof seinerzeit voraussehen konnte, welche tiefgreifenden Veränderungen dem Kultur- und Bildungssystem in Deutschland aufgrund innen- und außenpoliti- scher Entwicklungen sowie im Zuge von Globalisierung und Digitalisierung in den fünf Jahrzehnten nach 1967 bevorstehen würden. Aber als ausgewiesener Musik- kenner, Wissenschaftler und Diözesanbischof mit bereits beträchtlicher Amtser- fahrung dürfte er sehr genau verstanden haben, dass der Knabenchorgesang jenseits seiner wesentlichen liturgischen Funktion auch ein hohes und seltenes Kulturgut war, das es gemeinsam mit dem ihm zugrundeliegenden ganzheitlichen Bildungsideal zu schützen und zu fördern galt.

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Wenn ich heute – gerade auch vor dem Hintergrund meiner derzeitigen berufli- chen Aufgaben in Wissenschaft, Kulturmanagement und Kulturgutschutz – auf meine Zeit bei den Limburger Domsingknaben zurückschaue, so ist es nicht zu- letzt dieser Aspekt einer auf professionellen Standards basierenden Ausbildung in einer hoch spezialisierten kulturellen Form und musikalischen Praxis, der mir außerordentlich bedeutsam erscheint und der zugleich die gesellschafts- und kulturpolitische Bedeutung des Knabenchorgesangs insgesamt unterstreicht. Wer wie ich das große Glück hatte, während Kindheit und Jugend in den Genuss einer solchen Ausbildung zu kommen, der weiß, wie viel Erfahrung und spezialisiertes Wissen notwendig sind, um Kinderstimmen so zu bilden, dass sie den charakteris- tischen Knabenchorklang hervorbringen; um Musikalität bei Heranwachsenden so zu fördern, dass Interpretationen von Chorwerken nicht nur reproduziert, sondern gelebt werden; und um die musikalische Ausbildung bei Jungen so zu gestalten, dass weder die Schule noch das Fußballspielen zu kurz kommen.

Seit genau 50 Jahren sind die Limburger Domsingknaben ein überaus erfolgrei- cher und international sichtbarer Ort für die Vermittlung dieser hoch spezialisierten und überaus seltenen Kunstform, und wir müssen alles dafür tun, dass dieser Ort auch in 50 Jahren noch existiert. Denn mit ihrem Können und mit ihrem Wissen gehören die Limburger Domsingknaben zum immateriellen Kulturerbe dieser Welt, sie tragen zur Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen des Menschen bei und sind damit ein Leuchtturm kultureller Vielfalt schlechthin. Der unverrückbare Platz, den der Knabenchorgesang in der abendländischen Musiktradition einnimmt, ist dabei durchaus nicht nur aus seiner Funktion für die Musica sacra abgeleitet. Vielmehr ist es so, dass das spezifische Timbre der gebildeten Knabenstimme auch aus der säkularen Musik der europäischen Neuzeit nicht wegzudenken ist und zum etab- lierten Instrumentarium der in der Regel als „klassische Musik“ bezeichneten kul- turellen Ausdrucksformen zählt. Ich denke dabei etwa an die musikalische Rolle des Knabenchors im fünften Satz der dritten Sinfonie Gustav Mahlers, ein Stück, an dessen Aufführung die Limburger Domsingknaben schon oft mitgewirkt haben. In einer impressionistisch anmutenden Manier wird dort der Gesang in seiner Imitation von Glockengeläut auf die Wiedergabe einer bestimmten Klangfarbe reduziert. Doch ist es gerade diese Reduktion auf sein Timbre als das wesentliche Unterscheidungsmerkmal des Knabenchorgesangs, die die musikalische Bedeu- tung der Knabenstimme ins Unermessliche steigert. Denn nur Knabenstimmen können diesen Klang hervorbringen, nur sie können die mentalen Assoziationen und emotionalen Effekte erzeugen, die Gustav Mahler an dieser Stelle seines sinfonischen Werks evozieren wollte.

Der Knabenchorgesang und das für ihn komponierte musikalische Repertoire sind somit als Teile einer gemeinsamen historischen Entwicklung und eines gemein- samen kulturellen Erbes zu verstehen, die kennzeichnend nicht nur für die Liturgie der christlichen Kirchen sind, sondern für Kultur und kulturelle Vielfalt in Europa insgesamt. Aus diesem Grund erscheint es mir auch von zentraler Bedeutung zu

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sein, dass Knabenchöre stets in der Lage sind und dazu ermutigt werden, ihren Platz in beiden Sphären ihrer musikalischen Expertise gleichermaßen einzuneh- men, innerhalb und außerhalb der Liturgie. Denn beide Sphären speisen sich aus demselben historischen und kulturellen Kontinuum und durchdringen sich gegen- seitig. Anders formuliert: Wer Knabenchöre fördert, erhält und pflegt europäisches Kulturerbe in seiner gesamten Bandbreite.

Das „Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes“3 der UNESCO aus dem Jahr 2003 versteht unter immateriellem Kulturerbe „Bräuche, Darstellun- gen, Ausdrucksformen, Wissen und Fertigkeiten – sowie die dazu gehörigen In- strumente, Objekte, Artefakte und kulturellen Räume – …, die Gemeinschaften, Gruppen und gegebenenfalls Einzelpersonen als Bestandteil ihres Kulturerbes ansehen. Dieses immaterielle Kulturerbe, das von einer Generation an die nächs- te weitergegeben wird, wird von den Gemeinschaften und Gruppen in Auseinan- dersetzung mit ihrer Umwelt, in ihrer Interaktion mit der Natur und mit ihrer Ge- schichte fortwährend neu gestaltet und vermittelt ihnen ein Gefühl von Identität und Kontinuität, wodurch die Achtung vor der kulturellen Vielfalt und der menschli- chen Kreativität gefördert wird.“ (Artikel 2 Abs. 1).

Doch warum bedarf dieses immaterielle Kulturerbe eines besonderen Schutzes? Auch dies hat die UNESCO in ihrem Übereinkommen zur Erhaltung des immateri- ellen Kulturerbes deutlich gemacht. Gemeinsame und nachhaltige Anstrengungen für das immaterielle Kulturerbe seien deswegen von zentraler Bedeutung, weil „die Prozesse der Globalisierung und des gesellschaftlichen Wandels neben den Vo- raussetzungen, die sie für einen neuerlichen Dialog zwischen den Gemeinschaf- ten schaffen, auch – wie das Phänomen der Intoleranz – große Gefahren für den Verfall, den Verlust und die Zerstörung des immateriellen Kulturerbes mit sich bringen, insbesondere, weil Mittel zur Erhaltung dieses Erbes fehlen“ (Präambel).

Ganz so, als hätten sie dies schon von Anfang an im Geiste der UNESCO- Konvention aus dem Jahr 2003 getan, pflegen die Limburger Domsingknaben seit 50 Jahren besondere Ausdrucksformen, Wissen und Fertigkeiten, die wir als un- verzichtbare Elemente unseres gemeinsamen, in der christlich-abendländischen Tradition wurzelnden europäischen Kulturerbes ansehen. Seit 50 Jahren bieten die Limburger Domsingknaben und das Musische Internat in Hadamar den Rah- men dafür, dass dieses immaterielle Kulturerbe im Sinne der UNESCO- Konvention von einer Generation an die nächste weitergegeben wird und uns dadurch ein Gefühl von Identität und Kontinuität vermittelt. Durch ihre Existenz und ihre Musik, die gleichermaßen dem Lobpreis des Höchsten in der Liturgie sowie der Bereicherung unserer kulturellen Ausdrucksformen dienen, fördern die

3 Der offizielle deutsche Text der Konvention findet sich unter http://www.unesco.de/infothek/dokumente/uebereinkommen/ike-konvention.html.

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Limburger Domsingknaben die Achtung vor der kulturellen Vielfalt und der menschlichen Kreativität.

Bereits bei ihrer Gründung im Jahr 1967 durch Bischof Dr. Wilhelm Kempf mag es erste Anzeichen dafür gegeben haben, dass – um wieder mit den Worten der UNESCO-Konvention zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes zu sprechen – Prozesse der Globalisierung und des gesellschaftlichen Wandels große Gefahren für den Verfall, den Verlust und die Zerstörung des immateriellen Kulturerbes mit sich bringen. Und auch schon damals dürfte sich die Frage gestellt haben, ob die Mittel zur Pflege des liturgischen Knabenchorgesangs als immateriellen Kulturer- bes nicht an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden könnten.

Heute leben wir in einer Situation, in der Globalisierung, gesellschaftlicher Wandel und digitale Transformation die Werte, Glaubensüberzeugungen und kulturellen Formen aller Gesellschaften grundsätzlich in Frage stellen. Nichts erscheint mehr selbstverständlich, Unerhörtes und Nie-Gesehenes rütteln an den Fundamenten der pluralistischen, demokratisch verfassten Gesellschaft, mehr als jemals zuvor scheinen wir auf Inhalte und Formen angewiesen, die uns Wege der Orientierung, des ethischen Handelns im Interesse unserer Welt und der Hinwendung auf die Transzendenz weisen. Diese wegweisenden Inhalte und Formen sind stets religi- öser und kultureller Natur und kulminieren in unserem gemeinsamen materiellen und immateriellen Kulturerbe, das es mit aller Kraft zu schützen und pflegen gilt, heute wohl noch dringender und bewusster als vor 50 Jahren. Und genau deswegen brauchen wir Knabenchöre. Sie sind zugleich Hüter und Inkubatoren einer alten, für die abendländische Musiktradition unverzichtbaren kulturellen Form, sie sind die helle Stimme der musica sacra als „notwendigen und integrierenden Bestandteils der Liturgie“ und sie sind die singenden Boten eines gesellschaftlichen und kulturellen Selbstverständnisses, das in den Idealen der Nächstenliebe, der Vielfalt, der Freiheit, der Toleranz und der nachhaltigen Ent- wicklung wurzelt.

Seit einem halben Jahrhundert haben die Limburger Domsingknaben für die Men- schen im Bistum Limburg und weit darüber hinaus diese Aufgaben mit Bravour und Virtuosität erfüllt. Zum Geburtstag wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie mit Gottes Segen auch weiterhin Staunen, Freude und Zuversicht in die Herzen der Menschen tragen und dafür stets diejenige ideelle und finanzielle Förderung erhalten, derer Sie bedürfen. Sie haben es sich verdient.

Herzlichen Glückwunsch, Limburger Domsingknaben!

Prof. Dr. Markus Hilgert war selbst Limburger Domsingknabe. Heute ist er Direk- tor des Vorderasiatischen Museums der Staatlichen Museen zu Berlin.

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BERICHTE

Koordination und Organisation der Kirchenmusik in Pfarreien neuen Typs

Die größer gewordenen Pfarreistrukturen sind in der Regel auch mit einer Zunah- me an beschäftigten Kirchenmusiker/innen und kirchenmusikalischen Gruppen verknüpft. Die Möglichkeiten und Chancen, die sich mit diesen Gruppen und Mit- arbeitern (in der Regel im Neben- und Ehrenamt) verbinden, sollten nach Möglich- keit auch gut vernetzt und begleitet werden. Zur Koordination der Kirchenmusik soll eine Person aus dem Kreis der nebenamtlichen Kirchenmusiker/innen aus- wählt und durch den Verwaltungsrat als Dienstgeber beauftragt werden. Der/die Kirchenmusik-Koordinator/in dient auch der Entlastung der Pastoralteams und des Zentralen Pfarrbüros. Anwärter sind C-Kirchenmusiker/innen im Neben- amt.

Dabei stehen folgende Zielsetzungen im Blick des Interesses: 1. Die Vernetzung der Kirchenmusik mit den pastoralen Zielen und Inhalten der neuen Pfarrei, 2. Die Beibehaltung bewährter und lebensfähiger Strukturen in der Kir- chenmusik der neuen Pfarrei, 3. Die Entfaltung der Kirchenmusik in bisher unberücksichtigten musikali- schen Feldern, 4. Die Stärkung und Wertschätzung des Ehrenamts im Bereich der Kir- chenmusik.

Eine vielseitige und Qualität volle Kirchenmusik dient der Profilierung und Unter- stützung der Pastoral, indem ehrenamtlich tätige Menschen eingebunden werden. Kirchenmusik eröffnet Bindekräfte für Fernstehende und Suchende und stärkt die Anziehungskraft der Pfarrei neuen Typs nach außen.

Vereinbarung per Dienstauftrag Übertragene Aufgaben zur Koordination sollen in bestehende Anstellungsverträge neu mit aufgenommen werden. Je nach Größe der Pfarrei neuen Typs und der bestehenden kirchenmusikalischen Struktur kann dafür ein Zeitansatz von 1 bis 3 Wochenstunden angesetzt werden. Die Zuweisung der Aufgaben obliegt dem Verwaltungsrat der Kirchengemeinde als Dienstgeber, der dabei vom Bezirkskan- tor und dem RKM beraten wird. Die vorgeschlagene Höhe des Beschäftigungsum- fangs bedarf der aufsichtsbehördlichen Genehmigung durch das Bischöfliche Ordinariat.

Aufgaben des/der Koordinators/in Kirchenmusik können beispielsweise sein:

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1. Koordination der kirchenmusikalischen Gruppen der Pfarrei: - Vernetzung mit dem Pastoralteam - Terminabstimmung und Programmplanung mit den Leitern der kirchen- musikalischen Gruppen - Abstimmung des musikalischen Programms von Konzerten, Gottesdiens- ten mit dem Pfarrer - Kontakt und Austausch mit dem zuständigen Bezirkskantor - Sichtung und Prüfung von Anfragen von auswärtigen (Gast-)Chören

2. Besprechungen und Sitzungen: - Regelmäßige Kommunikation mit dem leitenden Pfarrer und den Pastora- len Mitarbeiter/inne/n - Austausch und Weitergabe von Informationen (z.B. „Runder Tisch Kir- chenmusik“) - Teilnahme an Liturgie-Ausschuss-Sitzungen - Einbringung von Themen aus dem Bereich Kirchenmusik in den PGR.

3. Budget- und Ausgabenplanung, zum Beispiel: - Finanzplanung für Engagements (externe Gruppen, Solisten, Instrumen- talisten) - Abstimmung unter den Gruppen für die Beschaffung von Chorbüchern, Noten, Materialien zum GL etc.

4. Orgelwartung und –pflege, zum Beispiel: - Weiterleitung von Störungsmeldungen an das Pfarrbüro - Zungenstimmung - Hilfestellung bei kurzfristiger Vertretungssuche. (Die Erstellung des Organistenplans zählt zu den originären Aufgaben des Zentralen Pfarrbüros!)

5. Gemeindesingen und Repertoirebildung mit dem GOTTESLOB - Koordination der Liedpläne an den Kirchorte - Absprachen mit Singeleiter/innen und Gottesdienstleitern - Vorschläge für einzuübende Gesänge - Beobachtung des neu erlernten Repertoires und Sorge um die regelmä- ßige Wiederholung - Verteilung der Chöre und Instrumentalgruppen.

Qualifizierung und Weiterbildung Über ihre fachliche Qualifizierung als C-Kirchenmusiker hinaus werden Kirchen- musik-Koordinatoren auf die zusätzlichen Aufgaben gezielt vorbereitet (Kommuni- kation, Organisation, Zeitmanagement, Führungsgrundsätze etc).

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Das Modell der Kirchenmusik-Koordinator/inn/en wurde in den kurialen Gremien beraten und in der Plenarkonferenz abschließend befürwortet. Zur Umsetzung können 5 Pfarreien neuen Typs pro Jahr einen Antrag, möglichst inklusive eines personellen Vorschlags an das RKM richten. Es gilt die Reihenfolge des zeitlichen Eingangs beim Referat Kirchenmusik.

Über die Beauftragung muss der Verwaltungsrat beschließen. Die Bezirkskanto- ren sind bei der Personalwahl gern behilflich und beraten bei Bedarf den Verwal- tungsrat / Pfarrer, wer als Person geeignet wäre.Beauftragte Kirchenmusik- Koordinator/inn/en werden durch ein modulares Schulungsangebot des RKM auf ihre neue Aufgabe vorbereitet und durch die Bezirkskantoren begleitet. Die Kostenübernahme der Qualifizierung wird derzeit noch geklärt.

Zahlen und Daten zur Kirchenmusik Ergebnisse der Erhebung 2017

Im Bistum sind derzeit 644 Kirchenmusikerinnen und –musiker tätig. Gegenüber der letzten Erhebung vor 2 Jahren ist diese Anzahl konstant geblieben (2015: 642) Den weitaus größten Teil (96%) machen die Teilzeitkräfte aus. Die 24 hauptamtli- chen Kirchenmusiker bilden diese aus und sorgen z.B. als Bezirkskantoren als Multiplikatoren für die Vernetzung mit dem RKM.

Beschäftigungsumfänge 21; 3% 4; 1%

Beschäftigungsumfänge 2015

20; 3% 8; 1%

257; 40% 209; 33%

642 644 405; 63% 362; 56%

Kirchenmusikerstellen mit 100% Beschäftigungsumfang: Kirchenmusikerstellen mit Beschäftigung zwischen 50% und 100%: Kirchenmusikerstellen mit Beschäftigung unter 50%: Kirchenmusiker/innen ohne Dienstvertrag (incl. Honorarkräfte):

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Die Gesamtzahl aller kirchenmusikalischen Gruppen beläuft sich auf 427 (dies ist ein Rückgang von rund 55 Gruppen gegenüber 2015). Diese verteilen sich auf „klassische“ Kirchenchöre (233 / 2015: 251), Kinderchöre (65, 2015: 79), Jugend- chöre (23, 2015: 25), Choralscholen (27, 2015: 34) und Instrumentalgruppen (68, 2015: 62). Abgenommen hat auch die Anzahl der in den kirchenmusikalischen Gruppen aktiven Sänger/innen, Cantor/innen und Instrumentalisten. Waren es 2015 noch rund 10.525 Mitglieder, so zählt die neue Erhebung 9. 844 Mitglieder.

Mitglieder der kirchenmusikalischen Gruppen nach Bezirken 1.800

1.600

1.400

1.200

1.000

800

600

400

200

0 Bezirk Frankfurt Bezirk Main- Bezirk Bezirk Bezirk Rheingau Bezirk Bezirk Rhein- Bezirk Limburg Bezirk Bezirk Lahn-Dill- Bezirk Wetzlar Taunus Hochtaunus Wiesbaden Untertaunus Lahn Westerwald Eder Kinderchöre Jugendchöre Erwachsenenchöre Choralscholen Instrumentalkreise Sonstige Gruppen

Nach Bezirken sind Limburg und der Westerwald bei den Erwachsenenchören (hellgrüne Säulen) mit weitem Abstand am mitgliederstärksten. Im Wachsen begriffen sind dagegen die Zahlen der Kinderchormitglieder (dunkel- blau). 1.546 Kinder singen in den Gruppen, während es 2015 noch 1.318 waren. Diese insgesamt positive Entwicklung ist in nahezu allen Bezirken zu beobachten, besonders stark in Frankfurt (ursächlich in der Frankfurter Domsingschule be- gründet) und auch Wiesbaden (+ 50 %). Allgemein hat das Singen bei Kindern und Heranwachsenden wieder einen höheren Stellenwert als noch vor einigen Jahren. Zusammenfassend belegt die Erhebung, dass die sich verändernde kirch- liche Sozialstruktur auch an der Kirchenmusik nicht spurlos vorübergeht. Wo at- traktive Angebote durch qualifiziertes Personal und Strukturen gemacht werden können, kann eine Trendumkehr eintreten. Mittelfristig wird sich die Form klassi- scher Kirchenchöre am meisten verändern.

Die vollständigen Zahlen sind auf der Homepage des RKM einsehbar.

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Johann Sebastian Bachs verschollene Markus-Passion

In einer neuen Zusammenstellung mehrerer Rekonstruktionen von Kantor Joachim Dreher erklang die Markus-Passion BWV 247 von Johann Sebastian am Sonntag, 2. April in Dillenburgs katholischer Pfarrkirche Herz Jesu. Da die Musik komplett verschollen und nur das Textbuch vorhanden ist, gibt es seit vielen Jahr- zehnten immer wieder neue Versuche, diese Passion zu rekonstruieren. Die Musikwissenschaft ist sich zumindest darüber einig, dass Bach aus verschie- denen Gründen die bekannte Praxis des Parodieverfahrens anwandte, nämlich einmal komponiertes Material durch Umtextierung (Parodie) wieder neu zu ver- wenden. Mögliche Vorlagen für die Markus-Passion finden sich in der so genann- ten Trauerode BWV 198, und zwar in auffallender Übereinstimmung für den Ein- gangs- und Schlusschor sowie für drei Arien. Bezüglich der weiteren Arien, Chöre, Choräle und Rezitative gibt es bis heute mehrere Lösungsansätze.

Im Konzert am 2. April bildete die Fassung des niederländischen Musikers Ton Koopman das „Rückgrat“ der Dillenburger Aufführungsvariante. Darüber hinaus hat Kantor Dreher mehrere Sätze aus anderen Rekonstruktionen aufgenommen. Neben der herausragenden Besonderheit, gewissermaßen ein „Phantomwerk“ zum Klingen zu bringen, fand dieses Projekt der katholischen Kantorei Dillenburg in Zusammenarbeit mit dem Chor der Wilhelm-von-Oranien-Schule Dillenburg (Leitung: Armin Müller und Ulrich Kögel) statt. Beide Chöre haben sich einzeln und gemeinsam ein halbes Jahr lang auf die Markus-Passion intensiv vorbereitet, sodass schließlich 80 Sänger/innen im Ge- samtchor im Konzert gesungen haben. Dramaturgisch stringent, stimmlich und intonatorisch bestens aufgelegt sowie interpretatorisch vielseitig zeigte sich der Chor bei den Turba-Chören wie bei den Chorälen und schilderte dadurch stets feinfühlig und ausdrucksstark die einzelnen Szenen mit ihren unterschiedlichen Affekten. Unter der Gesamtleitung von Joachim Dreher musizierten ferner die Solisten Gela Birckenstaedt (Sopran), Stefan Sbonnik (Tenor), Ekkehard Abele und Fabian Hemmelmann (Bass) sowie das Ensemble Capella Principale auf historischen Instrumenten. Joachim Dreher

2. Chorleitungs-Synode am Samstag, den 3. März 2018

Die nächste Chorleitungs-Synode findet am Samstag vor dem 3. Fastensonntag im RKM in Hadamar statt. Als Referent wird diesmal Prof. Reiner Schuhenn von der Hochschule für Musik und Tanz Köln mitwirken. (Zur Person s. Seite 25) Thematisch wird es u.a. um Einsingmodelle und Chorische Stimmbildung gehen.

Anmeldung per Mail erbeten ans RKM: [email protected]

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Chorprojekt-Tag Rutter-Requiem am Samstag, 18. November

Die Fachkommission Chorleitung bietet einen weiteren Chortag mit der Aufführung des Requiems von John Rutter an. Die Gesamtleitung hat Gabriel Dessauer. Beim Bistumschorprojekt haben Sie Gelegenheit, im Kreis Gleichgesinnter ei- nen Tag voller Musik aktiv zu gestalten: Zeitplan 18. November: 09:30 Uhr Come together, 10:00 Uhr Einsingen, anschl. Stimmproben Mittagspause 13:30 Uhr Gesamtprobe, 16:00 Uhr Generalprobe 19:30 Uhr Konzert in St. Bonifatius Wiesbaden

Stimmproben: Judith Kunz, Joachim Dreher, Franz Fink, Gabriel Dessauer Die Teilnahmekosten betragen 10,- € und werden am Tag eingesammelt. Bitte geben Sie bei der Anmeldung an, ob Sie die Noten für das Requiem benöti- gen (zusätzliche Kosten 10,- €) Wenn Sie nicht sicher sind, ob das etwas für Sie ist, kommen Sie zu einer der „Schnupperproben“ (oder gerne auch zu beiden), bei denen Sie das Stück ken- nenlernen können: Samstag, 21. Oktober 2017, 10 - 14 Uhr Pfarrsaal von St. Bonifatius, Wiesbaden Sonntag, 12. November, 14 - 18 Uhr Roncalli-Haus, Wiesbaden (Noten für die Schnupperproben werden zur Verfügung gestellt)

Anmeldeschluss: Montag, 13. November 2017 Bitte melden Sie sich per Mail an: [email protected]

PERSONALIA

Neustrukturierungen in der Frankfurter Dommusik und Domsingschule (FDS)

Die Entwicklung der Frankfurter Dommusik und der Frankfurter Domsingschule ist seit 2011 sehr erfreulich verlaufen. Das Bistum anerkennt die hervorragenden Verdienste der Aufbauarbeit von Dommusikdirektor Andreas Boltz und seiner bisherigen Assistentin Bjanka Ehry und dankt beiden für ihr großes Engagement. Um dem hierdurch entstandenen großen Arbeitsfeld in der Kirchenmusik am Frankfurter Dom gerecht zu werden, wurde im Juni eine dritte Personalstelle für die Dommusik eingerichtet. Mit der Einrichtung dieser weiteren Stelle wurden zum 15. August 2017 die Verantwortlichkeiten und Aufgabenbereiche in der Frankfurter Dommusik neu geordnet. Dommusikdirektor Andreas Boltz trägt weiterhin die Gesamtverantwortung für die Dommusik am Frankfurter Dom. Seiner bisherige

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Assistentin Bjanka Ehry wurde als Domkantorin die verantwortliche Leitung der Frankfurter Domsingschule übertragen.

Neu besetzt wurde die Assistenz der Dommusik mit Alexander Keidel. Sein Schwerpunkt liegt in der Leitung des Knabenchors der FDS. Als Assistent der Dommusik arbeitet er daneben ebenso wie die Domkantorin in der Dommusik mit. Alexander Keidel, geb. 1989 in Frankfurt, studierte Musikpädagogik und Anglistik für das Lehramt an Gymnasien und Chorleitung (Diplom) an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt. Von Oktober 2015 bis Januar 2017 war er als Referent für musikalisch-liturgische Bildung beim Referat Kirchenmusik tätig. Mit der Verbesserung der Personalausstattung ergeben sich neue Möglich- keiten im Angebot der Frankfurter Dommusik und insbesondere der FDS. So ist es ab jetzt möglich, besonders begabte Kinder und Jugendliche musikalisch noch weiter zu fördern durch Angebote in Form von Orgelunterricht, Kantorenschulun- gen etc.

Neue Mitarbeiterin im RKM-Sekretariat

Seit Juli arbeitet Frau Bettina May im Sekretariat des RKM mit. Frau May hat eine Ausbildung zur Sozialversicherungskauffrau absolviert und war lange im Gesund- heits- und Versicherungswesen tätig.

Frau Andrea Hilpisch hat zum 1. August in das Dezernat Finanzen nach Limburg gewechselt.

JUBILÄEN

Im Dienst der Kirchenmusik unseres Bistums wirken seit 25 Jahren: Herr Joachim Dreher, Bezirkskantor Lahn-Dill-Eder, Dillenburg Herr Dr. Helmut Föller, A-Kirchenmusiker, Phil.-Theol. Hoch- schule Sankt Georgen, Frankfurt Herr Peter Haßelbeck, Hachenburg seit 50 Jahren: Frau Waltraud Jung, Elz seit 60 Jahren: Herr Karl Nebel, Friedrichsdorf

Frau Petra Engelhardt, Mitarbeiterin im RKM-Sekretariat, konnte auf ihr 30- jähriges Dienstjubiläum im kirchlichen Dienst zurückblicken.

Allen herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum und Dank für die geleistete Arbeit!

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Kirchenmusikalische Veranstaltungen November 2017 – April 2018

Samstag, 4. November 19.00 Uhr Geisenheim, Hl. Kreuz „Herr, auf dich traue ich“ Kammerchor Frankfurt, Leitung: Wolfgang Schäfer

Sonntag, 5. November 16.30 Uhr Frankfurt, Dom St. Bartholomäus Evensong: Mädchen- und Knabenchor B der Frankfurter Domsingschule Leitung: Bjanka Ehry, Alexander Keidel

17.00 Uhr Ewersbach, Herz Mariä Musikalische Vesper: Stefan Gleitsmann und Stefan Peter, Oboe; Joachim Dreher, Orgel

17.00 Uhr Rüdesheim, St. Jakobus Konzert Chor von St. Jakobus, Capella sancti Jacobi

Sonntag, 12. November 17.00 Uhr Eschborn-Niederhöchstadt, St. Nikolaus Konzert für Trompeten und Orgel

Samstag, 18. November 19.00 Uhr Geisenheim, Hl. Kreuz „STUMM-Orgel unplugged“ - Konzert im Rahmen des 175-jährigen Orgeljubi- läums Festliche Orgelmusik ohne Motor, 4 Kalkanten Florian Brachtendorf, Orgel

19.30 Uhr Wiesbaden, St. Bonifatius John Rutter: Requiem; Hoyer: Memento Mori Bistumsprojektchor; Instrumentalensemble; Michael Loos, Orgel; Leitung: Gabriel Dessauer

Sonntag, 19. November 17.00 Uhr Flörsheim, St. Gallus W. A. Mozart: Requiem KV 626, Grabmusik KV 42, Ave verum KV 618 Main-Barock-Orchester, Flörsheimer Kantorei Marina Herrmann, Sopran; Sandra Stahlheber, Alt; Fabian Kelly, Tenor; Michael Roman, Bass; Leitung: Andreas Großmann

18.00 Uhr Kriftel, St. Vitus Johannes Brahms: Ein deutsches Requiem Caecilienverein, Vocalensemble Langen, Cordisensemble Leitung: Andreas Winckler

Samstag, 25. November 19.00 Uhr Bad Soden, St. Katharina Konzert zum Abschluss des Festjahres "60 Jahre St. Katharina" Junge Kantorei Bad Soden, Leitung: Tobias Landsiedel

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Sonntag, 26. November 14.30 Uhr Wehrheim-Pfaffenwiesbach, St. Georg „Mit Sankt Georg gestärkt in die Welt“ Leitung: Elmar Feitenhansl

16.00 Uhr Montabaur, St. Peter in Ketten Von Barock bis Klezmer Christian Wolf, Klarinette; Daniel Wolf, Orgel

Samstag, 2. Dezember 11.30 Uhr Bad Ems, St. Martin 30 Minuten Orgelmusik und Texte zum Advent Studierende der Orgelklasse von Lutz Brenner, Orgel

12.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Orgelmatinée zum Advent: Sebastian Munsch, Orgel

16.00 Uhr Montabaur, St. Peter in Ketten Kleines adventliches Orgelkonzert: Johannes Schröder, Orgel

17.00 Uhr Rüdesheim, St. Jakobus Adventliche Abendmusik bei Kerzenschein

19.30 Uhr Frankfurt, Liebfrauen NGL – Konzert zum Mitsingen: Chor der 21. Spiekeroog-Fortbildung; Moderati- on: Eugen Eckert; Leitung: Christoph Kuhn,

Sonntag, 3. Dezember 15.00 Uhr Abtei Marienstatt, Abteikirche Adventskonzert: Cappella Lacensis, Neues Rheinisches Kammerorchester Leitung: P. Philipp Meyer OSB

16.00 Uhr Wiesbaden, St. Bonifatius Lieder und Motetten zu Advent und Weihnachten Wiesbadener Knabenchor, Leitung: Roman Twardy

16.00 Uhr Montabaur, St. Peter in Ketten Kleines adventliches Orgelkonzert: Dr. Reimund Prokein, Orgel

16.30 Uhr Bad Ems, St. Martin Camille Saint-Saëns: „ de Noël“ , Joseph Rheinberger: Orgelkonzert St. Martins-Chor, Mitglieder des Hessischen Staatsorchesters Leitung: Lutz Brenner

Samstag, 9. Dezember 11.30 Uhr Bad Ems, St. Martin: Orgelmusik und Texte zum Advent 12.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Orgelmatinée zum Advent: Florian Brachtendorf, Orgel

16.00 Uhr Montabaur, St. Peter in Ketten Adventliches Orgelkonzert: Alfred Koob, Orgel

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Sonntag, 10. Dezember 16.00 Uhr Montabaur, St. Peter in Ketten Kleines adventliches Orgelkonzert: Andreas Loheide, Orgel

16.00 Uhr Wiesbaden, St. Bonifatius Orgelmusik zu Advent und Weihnachten: Cornelius Dahlem, Orgel

16.00 Uhr Frankfurt, Dom St. Bartholomäus Advent Carol Service mini Mädchen- und Knabenchor B der Frankfurter Domsingschule Leitung: Bjanka Ehry, Alexander Keidel

17.00 Uhr Bad Homburg-Kirdorf, St. Johannes “Sternstunde” Oratorium von der Ankunft und Menschwerdung Gottes

18.00 Uhr Wiesbaden-Bierstadt, St. Birgid Carols, Gospels und Motetten Sankt Birgid Chor, Leitung: Roman Bär

18.00 Uhr Frankfurt-Bonames, St. Bonifatius Adventskonzert Doris Annau

Samstag, 16. Dezember 11.30 Uhr Bad Ems, St. Martin 30 Minuten Orgelmusik und Texte zum Advent

12.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Orgelmatinée zum Advent: Petra Denker, Orgel

Sonntag, 17. Dezember 16.00 Uhr Frankfurt, Dom St. Bartholomäus Advent Carol Service Mädchen- und Knabenchor der Frankfurter Domsingschule Leitung: Bjanka Ehry, Alexander Keidel

16.00 Uhr Wiesbaden, St. Bonifatius Weihnachtsliedersingen bei Kerzenlicht Leitung: Gabriel Dessauer

17.00 Uhr Flörsheim, St. Gallus Adventskonzert „Machet die Tore weit“ Werke von A. Vivaldi, G. Ph. Telemann und J. S. Bach La Stagione Vocale; Barockorchester La Stagione Leitung: Michael Schneider

17.00 Uhr Rüdesheim, St. Jakobus J. S. Bach: Weihnachtsoratorium ChorART Rheingau; Leitung: Jochen Doufrain

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Samstag, 23. Dezember 11.30 Uhr Bad Ems, St. Martin 30 Minuten Orgelmusik und Texte zum Advent

12.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Orgelmatinée zum Advent: Joachim Dreher, Orgel

Dienstag, 26. Dezember 19.00 Uhr Geisenheim, Hl. Kreuz „Zu Bethlehem geboren“ – Ein Lichterkonzert zur Weihnacht Kinderchor C und Jugendchor am Rheingauer Dom; Kirchenchor Hl. Kreuz Leitung: Florian Brachtendorf

Mittwoch, 27. Dezember 17.00 Uhr Bad Soden, St. Katharina Weihnachtsliedersingen mit Tobias Landsiedel

Samstag, 30. Dezember 17.30 Uhr Dillenburg, Herz Jesu J. S. Bach, Weihnachtsoratorium I-VI Kath. Kantorei Dillenburg, Evang. Johanniskantorei Dillenburg, Capella Principale Leitung: Joachim Dreher und Petra Denker

18.00 Uhr St. Vitus, Kriftel Konzert zwischen den Jahren: Mit Pauken und Trompeten Trompeten-Ensemble; Andreas Winckler, Orgel

Sonntag, 31. Dezember 21.30 Uhr Limburg, Dom St. Georg Silvesterkonzert mit Werken für Orgel und Blechbläser

Montag, 1. Januar 17.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Festliches Neujahrskonzert mit Barockmusik für Trompete und Orgel Carolin Seelhof, Trompete; Joachim Dreher, Orgel

Sonntag, 7. Januar 16.30 Uhr Bad Ems, St. Martin Lichterkonzert St. Martinschor, Norbert Fischer, Orgel; Leitung: Lutz Brenner

Samstag, 6. Januar 17.00 Uhr Rüdesheim, St. Jakobus Abendmusik bei Kerzenschein

Sonntag, 21. Januar 16.00 Uhr Wiesbaden, St. Bonifatius Orgel-Winterspiele: Gabriel Dessauer, Orgel

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Sonntag, 28. Januar 16.00 Uhr Wiesbaden, St. Bonifatius Orgel-Winterspiele: Ulfert Smidt, Orgel

16.00 Uhr Geisenheim, Hl. Kreuz „Die Arche Noah – Ein Orgelkonzert für Kinder“ Florian Brachtendorf, Orgel ; Maria Brachtendorf, Sprecherin

Samstag, 3. Februar 17.00 Uhr Rüdesheim, St. Jakobus Abendmusik bei Kerzenschein 19.30 Uhr Bad Soden, St. Katharina Chorkonzert mit Werken von Bach, Brahms und Bruckner Vocalconsort Frankfurt; Horst Christill, Orgel Leitung: Tobias Landsiedel

Sonntag, 4. Februar 16.00 Uhr Wiesbaden, St. Bonifatius Orgel-Winterspiele: Michael König, Orgel

17.00 Uhr Montabaur, St. Peter in Ketten Karneval der Tiere - Orgelkonzert für Kinder (und Erwachsene) Florian Brachtendorf, Orgel

17.00 Uhr Wetzlar, Dom Unserer Lieben Frau Chorkonzert mit Werken von Bach, Brahms und Bruckner Vocalconsort Frankfurt; Horst Christill, Orgel Leitung: Tobias Landsiedel

Samstag, 10. Februar 12.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Heitere Orgelmusik am Faschingssamstag: Matthias Grünert, Orgel

Sonntag, 18. Februar 16.00 Uhr Wiesbaden, St. Bonifatius Orgel-Winterspiele: Danielle Piana, Orgel

16.00 Uhr Kriftel, St. Vitus Haydns Schöpfung für Kinder Caecilienverein Kriftel; Erzähler u. Orchester Andreas Winckler, Leitung

16.30 Uhr Frankfurt, Dom St. Bartholomäus Evensong: Mädchenchor der Frankfurter Domsingschule Leitung: Bjanka Ehry

17.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu 20 Jahre Frauenschola Hildegardensis Gesänge der Hildegard von Bingen; Werke von M. Praetorius, G. Fauré Diane Severson-Mori, Sopran; Frauenschola Hildegardensis Leitung und Orgel: Joachim Dreher

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17.00 Uhr Rüdesheim, St. Jakobus Vesper-Musik zur Österlichen Bußzeit

Freitag, 23. Februar 19.30 Uhr Frankfurt-Niederrad¸ Mutter vom Guten Rat „Congaudeant Catholici“ – Musik auf dem Jakobsweg; Estampie

Sonntag, 25. Februar 16.00 Uhr Wiesbaden, St. Bonifatius Orgel-Winterspiele: Johannes Schröder, Orgel

16.00 Uhr Geisenheim, Hl. Kreuz „Frühling vor der Tür“ Das Lilienquartett; Svantje Wolf und Nicole Windolf, Violine; Kristof Windolf, Viola; Susanne Tscherbner, Violoncello

16.30 Uhr Bad Ems, St. Martin Internationale Orgelkonzerte Bad Ems 2018 – Eröffnungskonzert Joachim Dreher, Orgel

Sonntag, 4. März 16.00 Uhr Wiesbaden, St. Bonifatius Orgel-Schülerkonzert

17.00 Uhr Flörsheim, St. Gallus „Hear he voice“ – Aus dem Notenschrank der Thomaner: Vokalmusik aus Leipzig Vokalensemble Amarcord

17.00 Uhr Rüdesheim, St. Jakobus Abendmusik bei Kerzenschein: Musik zur Österlichen Bußzeit

Sonntag, 11. März 16.30 Uhr Hadamar, St. Johannes Nepomuk Orgelkonzert: Bearbeitungen von und über Bach Michael Loos, Orgel

17.00 Uhr Eschborn-Niederhöchstadt, St. Nikolaus Konzert für zwei Soprane und Orgel M. Kopp, K. Callwitz, Sopran; H. Brendel, R. Reichel, G. Schroth, Orgel

Samstag, 17. März 19.00 Uhr Geisenheim, Hl. Kreuz „Begegnungskonzert Kinder- und Jugendchöre“ Kinder- und Jugendchor St. Peter in Ketten, Kinder- und Jugendchor Geisenheim Leitung: Andreas Loheide und Florian Brachtendorf

19.30 Uhr Bad Ems, St. Martin Chorkonzert Knabenchor Hannover; Leitung: Jörg Breiding

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Sonntag, 18. März 16.00 Uhr Montabaur, St. Peter in Ketten Heinrich Schütz: Matthäus-Passion Kammerchor vox animata; Leitung: Robert Göstl

16.30 Uhr Frankfurt, Dom St. Bartholomäus Evensong: Mädchen- und Knabenchor der Frankfurter Domsingschule Leitung: Bjanka Ehry, Alexander Keidel

17.00 Uhr Rüdesheim, St. Jakobus Vesper-Musik zur Österlichen Bußzeit

Sonntag, 25. März 19.00 Uhr Geisenheim, Hl. Kreuz „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ – 30 Minuten Orgelmusik zur Passionswoche Werke von Mendelssohn, Reger und Improvisationen Florian Brachtendorf, Orgel

Sonntag, 15. April 17.00 Uhr Rüdesheim, St. Jakobus Vesper-Musik zur Osterzeit

Samstag, 21. April 18.00 Uhr Dillenburg, Herz Jesu Evensong: Kath. Kantorei Dillenburg; Constantin Scholl, Orgel Leitung: Joachim Dreher

Sonntag, 22. April 13.00 Uhr Frankfurt-Schwanheim, St. Mauritius Ferdinand Frosch sucht ein Zuhause – Konzert für Kinder und die Familie Manuel Braun, Orgel

Sonntag, 29. April 16.30 Uhr Bad Ems, St. Martin Internationale Orgelkonzerte Bad Ems 2018 Thomas Sauer, Orgel

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REZENSIONEN

BÜCHER

Georg-Friedrich-Händel-Gesellschaft e. V. - Händel-Jahrbuch 2014 Bärenreiter-Verlag; 69,00 € Das Händel-Jahrbuch 2014 befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Thema 'Macht und Ohnmacht der Musik'. Damit rücken das Händel-Bild im späten 18. und 19. Jahrhundert sowie die politische Instrumentalisierung des Komponis- ten in diesen Epochen in den Fokus. So gibt es Artikel über Händel als deutschen Staatskomponisten, über das Händel-Bild in Kaiserreich und Weimarer Republik, über Händel-Filme der DDR, über Händels Umgang mit der manipulativen Seite der Musik, der Rolle der französischen Ouverture in Händels Schaffen und, losge- löst von Händel selbst, über das Verhältnis von Musik und Politik oder den Einsatz von Thomaner- und Kreuzchor im 3. Reich und der DDR. Darüber hinaus beschäf- tigen sich Beiträge des Bandes mit dem Verleger der ersten Händel- Gesamtausgabe Friedrich Chrysander und mit Arien von Reinhard Keiser. Viele Artikel sind interessant und gut zu lesen, manche Autoren befassen sich mit sehr speziellen Themen, deren allgemeiner Nutzen spontan nicht ersichtlich ist. Aus dem Händel-Jahrbuch 2014 lassen sich interessante Einblicke in die Händel- Rezeption des 19. und 20. Jahrhunderts gewinnen und viele Impulse für ein eige- nes Händel-Bild bekommen, leider aber wenig praktisches für das eigene Musizie- ren mitnehmen. (mb)

Borovnjak, Barbara / Kruse-Weber, Silke: Gesund und motiviert musizieren. Ein Leben lang; Schott Music UM 5015; 22,95 € Als Ergebnis eines interdisziplinären Symposiums zum Titelthema des Buches, das 2013 in Graz stattgefunden hat, haben Kruse-Weber und Borovniak diesen Band herausgegeben. Es finden sich darin interessante und meist gut lesbare Aufsätze zu Themen rund um Musikergesundheit. Teilweise betreffen sie sehr spezielle Themen wie z. B. Fokale Dystonie oder das Overuse-Syndrom, teilweise betrachten sie allgemeinere Themen rund um Symptome, Ursachen und Präventi- on, beispielsweise die über die Frage, was „Gesund“ eigentlich heißt, Probleme, die durch ein gewandeltes Berufsbild entstehen oder auch Hinweise zum gesun- den Üben. Die Beiträge stammen von Musikern, Pädagogen, Medizinern und Physiotherapeuten, entsprechend groß ist die Bandbreite. Nicht nur „schon be- troffene“ Kollegen können aus der Lektüre des Buches Gewinn ziehen, auch als „gesunder“ Musiker kann man einiges davon mitnehmen – seien es Hinweise zur Prävention oder sei es Bewusstheit im Umgang mit oder der Wahrnehmung von sich selbst. Speziell kirchenmusikalische bzw. organistische Problemstellungen streift das Buch allerdings bestenfalls, da es vornehmlich die Aspekte Orchester, Auftrittssituation und Ausbildung in den Blick nimmt. (mb)

Gröger, Bertrand: Warm up your choir, 22 komplette Einsingprogramme Schott Music ED 22142; 18,50 € Gröger hält sich nicht lange mit theoretischen Erläuterungen auf, sondern beginnt gleich mit seinen Übungen, was sehr praxisnah ist. Erst am Schluss, nach der letzten, der anspruchvollsten Einsingrunde, erläutert er einige Fachbegriffe. Zwar betont der Autor, dass seine Einsingübung für alle Arten von Chören geeignet sind, doch spürt man an der Auswahl, dass er eher im Jazzchor-Bereich beheima-

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tet ist. Dies wiederum könnte für Kirchenchöre ein guter Anreiz sein, mal etwas über den Tellerrand zu blicken. Empfehlenswert! (gd)

Hennig, Barbara: Der Tod ist verschlungen in den Sieg Verlag Dohr; 9,80 € Anlässlich einer Aufführung des berühmten Requiems von Johannes Brahms in einer Fassung für vierhändiges Klavier - also ohne gesungenen Text - stellte die Ehefrau eines der beiden Pianisten eine Sammlung verschiedener Bilder zusam- men. Diese sollen, entlang des Textes angeordnet, die Stimmungen und Assozia- tionen, die die Musik hervorruft, aufgreifen und untermalen. Die Bilderfolge liegt nun in Buchform vor. Der zugehörige Text ist jeweils auf die Bildfläche mit abge- druckt. Die Bildauswahl ist dabei naturgemäß sehr subjektiv und deckt sich daher nicht immer damit, was ich für mich mit Text und Musik verbinde. Dennoch: um die Musik des Werkes in der textlosen Form zugänglicher zu machen, ist dies sicher- lich eine schöne Form. Im vorliegenden Buchformat ist dies eher zu Hause beim Musikhören möglich als im abgedunkelten Konzertsaal. Wünschenswert wäre daher eine digitale Form der Bilder, die eine eigene Nutzung als Präsentation im Konzert ermöglicht. (mb)

Küster, Konrad: Musik im Namen Luthers Bärenreiter-Verlag BVK 2381; 34,95 € Einen detaillierten Einblick in Musik der Lutherischen Konfession bietet Küsters neu erschienenes Werk. Andere reformatorische Strömungen werden gestreift, soweit es für die Betrachtung der lutherischen Musik nötig ist. Die Zeit bis zu J. S. Bach - von den ersten lutherischen Gottesdiensten über Gemeindegesang bis hinzu Schütz und Bach - wird sehr ausführlich betrachtet und nimmt einen breiten Raum des Buches ein. Küster beschreibt Zusammenhänge sehr detailliert, spart musikalische Detailarbeit nicht aus und nimmt auch den historischen Kontext in den Blick (was das Buch teilweise schwer zu lesen und verwirrend macht). Alles, was danach folgt, wird auf kurzem Raum zusammengefasst, laut dem Autor aber ohne Verluste, da die typische lutherische Musik dann nur in bescheidenem Rah- men Neues zu bieten hat. Nicht nur für Musiker, auch für alle Interessierten ist dies ein interessantes und umfassendes Werk, allerdings mit zielgruppenabhängig anstrengenden Passagen. (mb)

Rilling, Helmuth: Johannes Brahms, ein Deutsches Requiem, „Nun, Herr, wes soll ich mich trösten“ Carus-Verlag CV 24.076; 24,00 € Nachdem der Grandseigneur der deutschen Chormusik „seine“ Gächinger Kanto- rei, das Vorbild für unzählige Oratorienchöre abgegeben hatte, wurde der Chor in „Gaechinger Cantorey“ umbenannt und musiziert nun nach historischen Vorbildern in wesentlich kleinerer, fast solistischer Besetzung. Für Brahms‘ Deutsches Re- quiem wäre das sicher die ungeeignete Aufführungspraxis. Rillings Erbe wird in solchen Veröffentlichungen wie der vorliegenden überliefert werden: Entstanden ist eine tiefe theologisch, musikwissenschaftliche und philosophische Durchdrin- gung des wohl wichtigsten Oratoriums des 19. Jahrhundert. Jedem Chorleiter, der eine Aufführung des Werkes plant, sei diese Veröffentlichung ans Herz gelegt, vor allem, wenn er/sie Rilling in seiner leidenschaftlich ernsthaften Auseinanderset- zung nicht persönlich erlebt hat. Zahlreiche Notenbeispiele ergänzen den Text, der die Spannweite der Rillingschen Gedankenwelt untermauert. (gd)

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Schneider, Matthias: Buxtehude-Studien Band 1 Dr. J. Butz Musikverlag BU 18; 23,00 € Als neu begonnene Schriftenreihe sollen die Buxtehude-Studien "ein Forum für die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Leben, Werk und kulturellem Um- feld der Lübecker Komponisten bieten". Dem wird dieser Band durchaus gerecht - es zeigt sich aber auch, dass die Buxtehude-Rezeption insbesondere außerhalb der Orgelmusik noch sehr im Argen liegt. Die fünf Hauptbeiträge der Publikation (davon betreffen vier die Orgelmusik des Meisters) sind ausgearbeitete Konferenzbeiträge bekannter Autoren, dazu kom- men fünf kleinere Beiträge (davon vier zur Orgelmusik). Ton Koopmann schreibt über J. G. Walther als Überlieferer von Buxtehudes Mu- sik, Matthias Schneider über das Zusammenspiel von Musik und Raum an Bei- spielen Buxtehudes, Ulf Wellner stellt ein Konzept eines 'Bilder-Konzertes' vor, Christoph Wolff untersucht 'Passagio' und 'Finale' in den Orgelwerken und Albert Clement zeigt die Wirkung Buxtehudes auf Bach auf. Im Hinblick auf orgelfremde Themen rund um Buxtehude eher mager - für Liebhaber der Orgelmusik des norddeutschen Meisters dagegen eine willkommene Bereicherung - bitte mehr davon! (mb)

Setchell, Jenny: Die Königin und ihr Gefolge Dr. J. Butz Musikverlag BU 13; 15,50 € Heitere und skurrile Anekdoten rund um Orgeln und Organisten bringen den Leser mindestens zum Schmunzeln, teilweise auch richtig zum Lachen. Zur Erstellung des Buches wurden Organisten um die Eingabe von Anekdoten gebeten, aus diesen entstand dann das vorliegende Buch. Da die Beiträge vorrangig von Orga- nisten aus dem angelsächsischen Kulturkreis eingereicht wurden, sind die Erzäh- lenden wie auch die Instrumente und die örtlichen Gegebenheiten den deutschen Organisten kaum vertraut. Mit Hans Uwe Hielscher übersetzte ein ausgewiesener Experte und Wandler zwischen den beiden Welten das Werk aus dem Englischen; er kommentierte es dabei auch vorsichtig – neben einigen erläuternden Fußnoten erstellte er am Ende des Buches eine Zusammenstellung von Kurzbiographien der vorkommenden Organisten. Aber auch dann, wenn man Orgeln und Organisten nicht näher kennt, liest man das Buch sehr angenehm und beendet die Lektüre mit besserer Laune, als man sie begonnen hat. (mb)

MUSIK ZUM ADVENT

Boltz, Andreas: Rorate coeli - Maria durch ein Dornwald ging Adventsmotette für S-Solo, SATB, Violine und Orgel Dr. J. Butz Musikverlag BU 2786; 9 € (Partitur) /1,30 € (Chp) Noch in seiner Zeit als Regionalkantor in Darmstadt schrieb der heutige Frankfur- ter Dommusikdirektor diese Adventsmotette. Die Motette kombiniert die drei Stro- phen des bekannten geistlichen Volksliedes (GL 224), das dem gemischten vier- stimmigen Chor anvertraut ist, mit dem gregorianischen „Rorate caeli“ (Sopran- Solo). Die Violinstimme ist mit dieser teilweise kanonisch geführt, die Orgelbeglei- tung auch mit Klavier ausführbar. Der Komponist schlägt eine räumliche Ausfüh- rung vor, die den Reiz des Werks noch einmal mehr verstärken wird. (ag)

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Holliger, Heinz: Advent Motette nach dem gleichnamigen Mysterienspiel von August Strindberg auf Texte aus dem alten und dem neuen Testament für gem. Chor a cappella mit Soli (SATB), Schott Music C 56721; 11,50 € "Advent" ist eine Motette aus der Feder des zeitgenössischen Schweizer Obois- ten, Komponisten und Dirigenten Heinz Holliger. Das a-capella-Werk entstand ursprünglich als Bühnenmusik zu einem gleichnamigen Mysterienspiel von August Strindberg (1849-1912). Holliger vertont die lateinischen Texte klangmalerisch für Chor SSAATTBB und Soli. Sieben der acht Texte atmen dabei einen pessimisti- schen Geist - der letzte Text öffnet zum weihnachtlichen Geschehen. Die Ton- sprache ist hochgradig dissonant, lebt von Septimen, Tritoni und Bitonalität. Auf- grund der Klanglichkeit, aber auch wegen der Stimmführung, des Ambitus' und den oft schwer zu erreichenden Einsatztönen ist das Stück als sehr schwer einzu- ordnen und nur für Ensembles auf hohem Niveau zu empfehlen. Das Zusammen- spiel von düsteren Texten und durchdachter, dissonanter Musik ist dann aber sehr beeindruckend. (mb)

MUSIK ZU WEIHNACHTEN

Arneth, Wolfgang: Weihnachtssonate; 4 Fantasien über Weihnachtslieder für Trompete und Orgel; Edition Walhall EW 981; 16,80 € Die vorliegende Weihnachtssonate für Trompete (auch Klarinette, Alt- oder Tenor- saxofon) und Orgel greift in vier Sätzen bekannte Weihnachtslieder auf; drei da- von gehöre auch zum katholischen geistlichen Liedgut. Der Ausgabe liegen Melo- diestimmen in B und in Es sowie eine Cellostimme zur optionalen Verstärkung der Bass- bzw. Pedalstimme bei, so dass in der Besetzung eine gewisse Variabilität möglich ist. Die ersten beiden Sätze sind in barockisierendem Stil gehalten, die letzten beiden in romantischem. Bei allen guten Ideen und klanglicher Schönheit, bei aller Freude am Spiel mit weihnachtlichen Melodien und bei aller Eingängig- keit: leider sind die Stile nicht gut getroffen, viele Stellen bleiben blass. Offensicht- liche Satzfehler und kompositorische Schwächen sind keine Ausnahme. Scha- de. (mb)

Bouzignac, Guillaume: Quatre motets pour le temps de Noël Gemischter Chor (SAT(A)B) a cappella; Carus-Verlag CV 21.024; 22,00 € Mit Guillaume Bouzignac wird hier ein zu seiner Zeit berühmter, heute aber weit- gehend in Vergessenheit geratener Komponist und Musiker vorgestellt. Er war an mehreren Kathedralen tätig, 1624 wurde er zum Priester geweiht. Ca. 140 Werke können ihm heute zugeordnet werden. Das Interessante an den vorliegenden vier weihnachtlichen Stücken ist die teilweise dialogische Konzeption (Gabriel redet mit den Hirten). Diese vier Motetten sind handwerklich gut gearbeitet und klanglich prächtig. Die Musik wartet mit den typischen Schwierigkeiten der Renaissancemu- sik auf (ungewohnte Rhythmen und Akkordwechsel, große Stimmumfänge) und ist daher nur für ambitionierte und stilsichere Chöre zu empfehlen - dann aber sicher- lich eine schöne Bereicherung für weihnachtliche Gottesdienste und Konzer- te. Die Besetzung der Stücke wechselt zwischen fünf und sechs Stimmen, wobei teilweise eine solistische Besetzung sinnvoll ist, um den sprechenden Rollen ge- recht zu werden. Der Praxis der Zeit gemäß können auch Instrumente eingesetzt werden, das Vorwort bietet einige Hinweise dazu. (mb)

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Charpentier, Marc-Antoine: Messe de Minuit pour Noël, für Soli SST(A)TB, Chor ST(A)TB, Bläser, Streicher, Bc; Carus-Verlag CV 21.029; 22,50 € Das Bemerkenswerte an dieser Messkomposition ist die Verarbeitung von zehn französischen Weihnachtsliedern als musikalisch-thematisches Material und der daraus resultierende tänzerisch-fröhliche Gestus. In der Besetzung sieht Charpen- tier einen vierstimmigen Chor sowie fünf Solostimmen vor. Dabei sind die Beset- zungsvarianten allerdings fließend, so dass manche für die Solostimmen gedach- ten Abschnitte auch vom Chor oder einem Teilchor übernommen werden können. Die Orchesterbesetzung verlangt zwei Violinen, zwei Flöten (Travers- oder besser Blockflöten), zwei Mittelstimmen (Violen) sowie mindestens zwei Bassinstrumente zuzüglich Orgel. Als Vor- und Zwischenspiele können tonartlich passende Bear- beitungen der verwendeten Weihnachtslieder von der Orgel gespielt werden. Für die Interpretation hinsichtlich der Fragen der Inégalité, der Besetzung und der Verzierungen ist einige Stilsicherheit erforderlich. Vorliegende Transposition des Werkes empfiehlt eine Wiedergabe auf einer Stimmtonhöhe von 415 Hz. (ab)

Cristóbal, Raquel: O magnum mysterium Motette für gemischten Chor a cappella; Schott Music C 55219; 2,80 € Ähnliches wie für die Motette „Lux aeterna“ (siehe „Musik für gleiche Stimmen“) benannt gilt auch für diese Weihnachtsmotette für gemischten Chor bis zu acht Stimmen a cappella: Klangflächen werden in der Regel immer von der jeweils untersten Stimme aus nach oben getürmt – viel mehr passiert nicht. (ab)

De Jong, Margaretha Christina: Lobt Gott, Ihr Christen alle gleich Gemischter Chor SATB, Orgel; Dr. J. Butz Musikverlag BU 2722; 1,80 € Sonst bisher eher mit Orgelwerken im Verlagsprogramm des Dr. J. Butz Musikver- lags vertreten, legt de Jong hier eine schöne und ansprechende, für den Chor mit geringem Aufwand zu bewältigende Liedbearbeitung über das bekannte Weih- nachtslied vor. Von der ersten, vierstimmig vertonten Strophe abgesehen sind die weiteren Strophen zweistimmig gehalten, teils mit tiefer liegender zweiter Stimme, teils mit höher liegender Descant-Stimme. Die Chorstimmen sind angenehm ge- führt, die Sopranstimme streift f'' und g'' nur ausnahmsweise und kurz. Allen Stro- phen gemeinsam ist eine üppige, aber angemessene Orgelbegleitung in romanti- schem Stil, die durch Zwischenspiele auch die Strophen verbindet - sie ist mittel- schwer zu spielen. Die Begleitung der ersten Strophe lässt, durchsetzt von Pau- sen, der Vierstimmigkeit des Chores wirkungsvoll Raum zur Entfaltung. (mb)

Distler, Hugo: Die Weihnachtsgeschichte op. 10; für Soli S(S)AT(Bar)B und gemischten Chor SATB a cappella; Carus-Verlag CV 10.011; 18,00 € Hugo Distler, der nur 34 Jahre alt wurde, ist einer der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Sein Werk "Die Weihnachtsgeschichte" zählt zu seinen bekanntesten und wichtigsten Kompositionen. Eingerahmt von zwei motettenhaf- ten Chöre und untergliedert durch sieben Variationen über das Lied "Es ist ein Ros entsprungen" erzählt Distler die Weihnachtsgeschichte anhand von Textaus- schnitten des Matthäus- und des Lukasevangeliums. Die Ecksätze sowie die Liedvariationen können auch losgelöst von der Weihnachtsgeschichte in Gottes- dienst und Konzert verwendet werden. Analog zu Passionen alter Meister setzt Distler neben dem Chor (a cappella) verschiedene Soliloquenten ein, allen voran einen Evangelisten, der durch das Geschehen führt. Diese Solopartien können gut aus dem Chor heraus besetzt werden. Allerdings stellt das Werk an die Ausfüh- renden hohe Ansprüche. Die Faktur ist polyphon, die Zusammenklänge sind herb,

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die Linien nicht immer eingängig, der Ambitus ist groß. Erschwerend kommt hinzu, dass Distler oft mehrere Taktarten parallel verwendet. Für ambitionierte Chöre ein lohnendes, anspruchsvolles Weihnachtsprogramm, das sich in klanglicher Hin- sicht von vielen „verzuckerten“ Weihnachtsprogrammen weit entfernt. (mb) Fischer, Wilfried: „O little Town of Bethlehem“ , Choräle und Motetten zur Weihnachtszeit für Chor (SABar) a cappella; Schott Music ED 22457; 19,50 € Die dreistimmigen Chöre mit zu wenigen Männerstimmen florieren. Daher schie- ßen Bearbeitungen für dreistimmige Chöre aus dem Boden. Der Bearbeiter hat das klangliche Problem erkannt: Liegt die Männerstimme in Basslage, entsteht ein klangliches Loch, liegt sie in Tenorlage, ist das Tenorproblem wieder da. Er ver- sucht es, in dem er die Sätze für die Männerstimme zwischen A und d singen lässt. Die Auswahl der Stücke ist gelungen, Altes mischt sich mit Neuem, Einhei- misches mit Weihnachtsliedern europäischen Ursprungs. Achtung: Manche Sätze erfordern dreistimmigen Frauenchor. (gd) Glanzberg, Norbert: Noël, c´est l´amour (Das Wunder der Weihnacht) Gemischter Chor SATB, Orgel; Dr. J. Butz Musikverlag BU 2583; 1,80 € Der französische Komponist und Pianist Norbert Glanzberg arbeitete in Paris u.a. mit Künstlern wie Charles Trenet, Edith Piaf oder Yves Montand zusammen. In dieser Tradition steht auch dieses charmante Weihnachtschanson, das von Jo- hannes Maria Strauss sehr effektvoll für gemischten Chor und Orgel arrangiert wurde. Lediglich die deutsche Übersetzung mag sich nicht so recht zum Flair der Melodie gesellen. (ab) Jones, Robert: Pastoralmesse; für gem. Chor SATB und Orgel, Streicher ad. lib., Dr. J. Butz Musikverlag BU 2806; 22,00 € (Partitur) / 2,30 € (Chorpartitur) Pastoralmessen haben ihren Ursprung in der süddeutsch-österreichischen Musik- tradition des Barock und werden gern zur Weihnachtszeit musiziert. Umso reizvol- ler, wenn ein englischer zeitgenössischer Komponist sich dieses Genres bedient. Die vorliegende Messe (ohne Credo) verwendet die Orgel als obligates Soloin- strument, während die Streicher weitgehend den Chor klanglich unterstützen und nur selten motivisch eigenständig geführt sind. Der Chorpart ist gut darstellbar und atmet englisches Flair. Trotz des Titels „Pastoralmesse“ kann man diese Verto- nung sicher auch gut außerhalb des weihnachtlichen Festkreises aufführen. (ag) Martin, Gerard: Offertorium pastorale „Transeamus usque Bethlehem“ für Soli SA ,Chor, Orchester, Orgel Dr. J. Butz Musikverlag BU 2741; 22,00 (Partitur) / 1,80 € (Chorpartitur) Wenngleich vom Komponisten des vorliegenden Weihnachtsoffertoriums wenig Biographisches bekannt ist (1755-1796, Pater in St. Mang, später Weltgeistlicher in Waltenhausen), so ist das Opus umso origineller. Die Ecksätze könnte man als kleine Orgelkonzerte mit Chor als Begleitinstrument bezeichnen, wobei dieser, fast schon stiefmütterlich behandelt, meist nur unisono und denkbar schlicht in Er- scheinung tritt. Auch im Mittelsatz, einer hübschen, aber hohen Sopran-Arie, tritt die Orgel immer wieder solistisch in Erscheinung. Neben Orgeln sind Streicher, zwei Hörner und zwei Flöten besetzt, dazu Chor sowie Sopran- und Alt-Solisten. Laut Herausgeber kann, wenn finanziell erforderlich, auf die beiden Hörner und die zweite Bratsche verzichtet werden, da auch ohne sie der musikalische Satz vollständig ist. Neben der außergewöhnlichen Anlage und "Verwendung" des Chores fallen kurze, unbegleitete Soli und plötzliche Generalpausen auf, beides zu der Zeit eher außergewöhnlich. Ein kleines musikalisches Manko ist Martins

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Hang zu Wiederholungen – insbesondere im dritten Satz manchmal etwas zu exzessiv. Ebenfalls noch zu erwähnen: trotz des gleichen Titels ist die Fortsetzung des Textes eine andere als bei Schnabels bekanntem „Transeamus...“. Eine wun- derbare und hochinteressante Bereicherung des weihnachtlichen Repertoires! (mb) Schütz, Heinrich: Ein Kind ist uns geboren SWV 384 Motette für sechs Stimmen SSATTB (Singstimmen und Instrumente), Bc Carus-Verlag CV 20.497; 16,00 € Obwohl das hier herausgegebene Stück für zwei Tenor-Stimmen und Continuo- Gruppe schon in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts als Fragment in einer Sammlung entdeckt wurde, wird es mit vorliegender Ausgabe zum ersten Mal – ergänzt vom Herausgeber Günter Graulich – für den praktischen Gebrauch vorgestellt. Die Ergänzungen ließen sich an vielen Stellen problemlos bewerkstel- ligen, da ein großer Teil des Stückes mit getauschten Stimmen wiederholt wird. Nur am Anfang wurde ein kurzes Stück der Singstimmen behutsam im Stil Schütz' vom Herausgeber vollständig neu komponiert. Aufgrund des Stimmtausches in zwei Abschnitten und vieler Wiederholungen auch innerhalb der Abschnitte ist diese Weihnachtsmusik nicht besonders spannend und abwechslungsreich, wenngleich eine schöne, für Solisten und Continuo-Spieler nicht allzu schwere Gebrauchsmusik für die Weihnachtstage. (mb) Krippenspiele

Fink, Gerald: Ganz Bethlehem ist ausgebucht; für Kinderchor und Klavier (andere Instrumente ad lib.) ; Strube Edition 6789; 6,00 € Noch deutlich schlichter als die oben aufgeführten Singspiele ist dieses Weih- nachtsmusical für Kinderchor und Klavier (Instrumente ad lib.) nach einem Text von Oliver Schürrle. Die Kinder von Bethlehem erleben die verschiedenen Szenen der Weihnachtsgeschichte, helfen Maria, Josef und den Hirten, und singen davon in einfachen Weisen. (ab) Grahl, Kurt: Und es waren Hirten in derselben Gegend, für Kinderchor und Instrumente; Strube Edition 6892; 4,00 € „Eine Weihnachtskantate zum Singen und Tanzen“ für 1-2-stimmigen Kinderchor und verschiedene Instrumente verwendet ein Motiv aus der Sinfonia der 2. Kanta- te des Weihnachtsoratoriums von J.S. Bach, welches gegenüber den omnipräsen- ten Synkopen auf der Zählzeit „zwei-und“ leider etwas unterrepräsentiert wirkt. Ansonsten werden die Ausführenden vor keine allzu großen Schwierigkeiten ge- stellt, die Stimmumfänge bleiben im Rahmen etwa einer Oktave, eine kleine Cho- reographie für den Kehrvers ist beigefügt. (ab) Hantke, Andreas: Letzte Hütte Bethlehem, für Soli, Kinderchor und Klavier Strube Edition 6897; 4,00 € Hier noch eine weitere Variante, sich der Weihnachtsbotschaft aus der Zielgruppe der Grundschulkinder zu nähern: Die Engel erfahren von der nahenden Geburt des Jesuskindes und landen nach vergeblichen Stationen in Rom und Jerusalem schließlich gerade noch rechtzeitig in der „letzten Hütte Bethlehem“. Der Aufbau des Singspiels bietet vielfältige Rollen von Engeln, Soldaten, Kaiser und König über Weise, Diener, und Wirten schließlich hin zu Maria, Josef und den Hirten, die Chorsänger nicht zu vergessen. Viel Text in vielen Strophen will gelernt sein! (ab)

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Seitz, Christoph Emanuel: Der Esel Simson erzählt die Weihnachtsgeschich- te, für Kinderchor, 2 Querflöten und Klavier; Strube Edition 6799; 8,00 € Musikalisch wesentlich interessanter ist dieses Weihnachtssingspiel (Text: Conny Flenner) für Kinderchor, Klavier und weitere Instrumente. Der Komponist integriert und arrangiert sehr geschickt bekannte Melodien neben neu komponierten Lie- dern in einem klangschönen Instrumental- und einem kindgerechten Vokalsatz. Dabei erscheint der Esel neben den üblichen Akteuren als eine Art moderierender Hauptdarsteller. (ab)

Uhlenhoff, Jens: Der verschlossene Stand, für Kinderchor, Bläser, Klavier Strube Verlag VS 6875; 12,00 € Die nette Geschichte erzählt von der Verkündigung der Weihnachtsbotschaft an die Hirten, die auf einem städtischen Weihnachtsmarkt der Gegenwart das Rätsel eines verschlossenen Marktstandes zusammen mit den Kindern lösen. Genau an dieser Stelle findet die Melodie von „Ich steh an deiner Krippen hier“ in der Bach- schen Fassung ihren Einsatz. Erzählung und musikalische Rollen können auf viele Mitwirkende verteilt werden, die musikalische Besetzung sieht neben Kinder- und Jugendchor mit Klavier auch Flöte, Klarinette und Schlagzeug ad lib. vor. Der Anspruch des Singspiels ist bewusst auf den Familiengottesdienst am Heiligen Abend abgestimmt. (ab)

ORGELMUSIK

Orgel solo

Einigkeit und Recht und Freiheit - Romantische Orgelbearbeitungen zur Melodie der deutschen Nationalhymne herausgegeben von Clemens Schnorr; Dr. J. Butz Musikverlag BU 2718; 18,00 € Nach der Weltmeisterschaft ist vor der Europameisterschaft - und umgekehrt. Keine Stücke für den allsonntäglichen Dienst, dafür aber kleine (und große) Stü- cke, die die Gottesdienst- und Konzertbesucher aufhorchen lassen. Da sich die Melodie unserer heutigen Nationalhymne schon lange, bevor sie als solche ver- wendet wurde, in Österreich (als "Volkshymne") und in Deutschland großer Beliebtheit erfreute und teilweise als Melodie für Kirchenlieder verwendet wurde, gibt es einige Stücke, in denen das musikalische Material aus der Feder Joseph Haydns verarbeitet wurde. Die Bandbreite ist groß: von kleinen, manualiter gehal- tenen Präludien und Fugen (z. B. von Robert Führer, Simon Sechter und Josef Gruber), über Variationen bis hin zu Louis Dités großer, fast schon Regerscher Introduktion, Passacaglia und Fuge sind hier acht interessante Werke verlegt. Nicht alle sind musikalische Highlights, aber in jedem Fall hat man publikumswirk- same und hübsche Stücke an der Hand. (mb)

De Jong, Margaretha Christina:  Präludium, Choralpartita und Fuge über „Jesu meine Freude“ BU 2714; 12,00 €  12 Meditationen op. 67, BU 2725; 16,00 € Dr. J. Butz Musikverlag Wie auch schon bei früheren Rezensionen überzeugen mich die liedgebundenen Werke der holländischen Organistin und Komponistin de Jong mehr als die frei komponierten. Präludium, Partita und Fuge über 'Jesu meine Freude' ist, trotz der

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bekannten Vorbilder, ein schöner, musikalisch gelungener Zyklus in barockorien- tiertem Stil mit originellen Momenten. Die im Vorwort benannte Bachsche Inspira- tion ist deutlich zu spüren, aber auch romantische Einflüsse sind nicht zu leugnen. Die Fuge könnte die eine oder andere Finesse mehr enthalten. Auch auf eine Quintparallele in der ersten Partita sei hier hingewiesen - dennoch ein Stück, das den Übeaufwand lohnt - der Level ist mittelschwer. Die freien Meditationen, zwölf an der Zahl, sind weder melodisch noch harmonisch überzeugend. Sie bewegen sich in einer Tonsprache, die romantische Elemente mit modernen Einschlägen verknüpft. Je sechs Meditationen sind manualiter bzw. pedaliter gehalten - hier sind die Stücke mit Pedal die eindeutig gelungeneren Werke: die Ideen sind origi- neller und die Vorgabe von Legato lässt sich besser erfüllen als bei den manuali- ter-Meditationen, bei denen der Übeaufwand oft unangemessen hoch scheint, wenn sie wirklich legato erklingen sollen. Alle Meditationen lassen sich liturgisch wie konzertant verwenden. (mb) Göttsche, Gunther Martin / Weyer, Martin: Choralvorspiele und Sätze zu den Liedern des Evangelischen Gesangbu- ches. Gottesdienst. EG 262 - EG 315; Bärenreiter-Verlag BA 9276; 31,95 € Die Idee dieser Publikation ist, Organisten eine Reihe von Bänden an die Hand zu geben, in dem sie sowohl (leichte) Choralvorspiele wie auch leichte Begleitsätze finden. Damit soll die Fülle von Noten, die man für einen Gottesdienst benötigt, eingedämmt werden. Vorspiele wie Sätze sollen auch mit knapp bemessener Vorbereitungszeit realisierbar sein. Teilweise ist das gelungen: die Begleitsätze sind einfach und oft interessanter als die üblichen Note-gegen-Note-Sätze des Orgelbuches, da andere, rhythmisch aufgelockerte Satzweisen zum Einsatz kom- men – teils mit, teils ohne Pedal. Sie können durchaus Abwechslung in den Alltag der Organisten und Gemeinden bringen. Die Choralvorspiele sind deutlich schwe- rer, gehen in entlegene Tonarten, haben ungewohnte Läufe und Griffe. Leider bieten sie auch stilistisch keine große Abwechslung, bleiben oft in einer leicht dissonanten, tonal modernen Stilistik verhaftet. Hier hätte mehr Vielfalt und besse- re Spielbarkeit realisiert werden können. (mb)

Graap, Lothar: Partita über "O Jesu Christe, wahres Licht"; Edition Dohr 15263; 6,80 € Graap nimmt sich hier dankenswerterweise eines alten, in der Orgelliteratur unter- repräsentierten Liedes an. Der Zyklus, durchweg leicht spielbar, besteht aus sie- ben Variationen über die Weise: teilweise sehr hübsch, auch als Vorlage für eige- ne Partitensätze oder Vorspiele geeignet. Schade, dass manche etwas banal wirken und die Liedpartita relativ farblos daher kommt. (mb) Guillou, Jean: Instants für Orgel op. 5 ; Schott Music ED 22143; 24,50 € „Augenblicke“ oder „Momente“ lässt sich der Titel dieser fünfsätzigen Komposition am besten übersetzen. Die einzelnen Sätze dauern zwischen 1´30´´ und 5´30´´ und verlangen dem Interpreten in spieltechnischer Hinsicht alles ab, was er sich jemals hätte aneignen können. (ab) Guillou, Jean: Macbeth op. 84 für Orgel; Schott Music ED 22005; 24,50 € Als Bühnenmusik im Jahr 2010 uraufgeführt bleibt die Komposition ihrem Unterti- tel „Poesie des Dunkeln“ nichts schuldig. Sehr differenzierte Registrierangaben verlangen häufig tiefe Grundstimmen und Solozungenregister. Äußerst ungewöhn- liche Klangmischungen in freitonaler Tonsprache unterstreichen den düsteren, schemenhaft-skurrilen Charakter. Guillous Vorliebe für ungeradzahlige und vielfäl-

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tige Kombinationen konfliktärer Rhythmen auch in extrem raschen Bewegungen unter Einbeziehung der Pedalstimme verstärken eminent den Ausdruck der Text- vorlage. Der unerhörte Schwierigkeitsgrad grenzt die Zielgruppe für dieses Werk allerdings dramatisch ein! (ab) Hakim, Naji: Toccata "Rottenburg Toccata für Orgel Schott Music ED 22524; 14,00 € Das Auftragswerk der Diözese Rottenburg-Stuttgart für das Jubiläumsjahr des Heiligen Martin 2016 ist ein „echter Hakim“ im virtuosen Stil einer französisch- spätromantischen Toccata. Der Komponist verarbeitet die Choralmelodie „Sankt Martin, dir ist anvertraut“ in drei Variationen: In Sextolenfiguration aufgelöst, in einer Art „Stampftanz“ in Moll und schließlich als Cantus firmus im Pedal mit dar- über liegenden Akkordbrechungen in Dupréscher Manier. In Summa stellt die Toccata ein mitreißendes und lohnendes Orgelwerk von obermittlerem Schwierig- keitsgrad dar. (ab) Hindemith, Paul: Symphonie „Mathis der Maler“ für Orgel Schott Music ED 21775; 32,50 € Heribert Breuers Orgelbearbeitung von Hindemiths dreisätziger Symphonie (1. Engelskonzert, 2. Grablegung, 3. Versuchung des heiligen Antonius), die ver- schiedene Bildmotive des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald musikalisch umsetzt, wirkt eindrucksvoll und ist gelungen. Sie verlangt eine mindestens drei- manualige Orgel mit vielfältigen Registriermöglichkeiten. Die Orgelfassung ist instrumentengerecht geschrieben und auch wegen der Choralbezüge („Es sungen drei Engel“, „Lauda Sion“) vortrefflich in Konzertprogramme einzubinden. (ab) Junker, Siegmar: Drei Intraden und drei Toccaten für Orgel solo; Dr. J. Butz Musikverlag BU 2761; 14,00 € Junker ist Kirchenmusiker in Kaiserslautern und legt hier 5 knackige Orgelstücke vor, die ihn als versierten, selbstständigen Komponisten mit abwechslungsreicher, gemäßigter Tonsprache ausweisen. Die Werke sind gespickt mit Synkopen, ohne deswegen billig zu erscheinen und erfordern einen ebenso technisch versierten wie rhythmisch zuverlässigen Organisten. Dann können sie ihre Wirkung vollstän- dig entfalten. (gd) Liszt, Franz: Variationen über „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ Orgelbear- beitung: Marcel Dupré Dr. J. Butz Musikverlag BU 2771; 15,00 € Der Butz-Verlag überrascht immer wieder: Die vorliegende (Erst-) Ausgabe kann als echte Entdeckung bezeichnet werden. Und kein Orgelvirtuose, der sich als ernsthafter Interpret der Musik Liszts bezeichnet, dürfte nach Kenntnis dieser Ausgabe noch guten Gewissens aus der Lisztschen Orgelfassung spielen. Im Vorwort begründet der Herausgeber Jeremy Filsell schlüssig: „Obwohl Liszt viel- leicht der berühmteste Tastenvirtuose seiner Zeit war, reichen seine wenigen Orgelkompositionen im technischen Anspruch nur selten an die Werke seines umfangreichen Klavierschaffens heran und wirken in dieser Beziehung ver- gleichsweise rudimentär. (…). Hinzu kommt, dass Liszts eigene Pedaltechnik weitaus weniger entwickelt war als seine Fingerfertigkeit, worauf die relativ einfa- chen Pedalsätze in seinen großen Orgelkompositionen hindeuten.“ Liszt betrach- tete die Orgel wohl als wenig ausdrucksfähiges Instrument. Die Orgelfassungen der Zwillingswerke machen einen „vergleichsweise schlichteren und unkomplizier- teren Eindruck als die Versionen für Klavier“. Dupré bemühte sich also um eine

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Belebung der Orgelfassung. Man kann sie als Rezensent nur als gelungen und der originalen Liszt-Fassung als weitaus überlegen bezeichnen, da er ein Kenner der Orgelspieltechnik war. Wer diese Fassung spielen möchte, muss allerdings sowohl über eine solide pianistische Technik verfügen als auch eine virtuose Pe- daltechnik, möglichst nach der Germani-Dupré-Schule, bei der Spitze und Absatz gleichwertig verwendet werden. (gd)

Pagliali, Luigi: Sonata per organo (1800); Edition Dohr 97496; 7,80 € Diese kleine einsätzige barocke Sonate des Florentiners Pagliali überrascht durch ihre heitere Spielfreudigkeit ebenso wie durch harmonische Wendungen im Mittel- teil. Dem Charakter einer italienischen Barockorgel entsprechend eignet sich das Werk besonders für kleinere Instrumente mit angehängtem Pedal. (ci) Schneider, Enjott: Sinfonie No. 15 „Psychogramm“; Schott Music ED 22615; 22,00 € In seiner neuesten Orgelsinfonie adaptiert der Komponist sehr geschickt Motive, Zitate und Fragmente aus Regers Gesamtwerk und fügt diese mit den Mitteln der zeitgenössischen Ausdrucksmöglichkeiten zu einem eindrucksvollen Gesamtbild. So versucht er sich dem kompositorischen und persönlichen Lebenskampf Max Regers mit all seinen Krisen und Rissen zu nähern. Im ersten Satz „Obsession und Kontrast“ verarbeitet Schneider Zitate aus der Phantasie op. 57 und B-A-C-H op. 46, im ruhigeren zweiten „Einsamkeit“ auch Motive aus der Eichendorff- Vertonung „Der Einsiedler“. Der dritte Satz „Fragmente des Fliehens“ verbindet Elemente aus Choralfantasien und B-A-C-H, dem Schlussabschnitt verleiht die Hauptzeile aus Regers Requiem, „Seele, vergiss nicht die Toten“ seinen Charak- ter. (ab) Setchel, Martin: Hochzeitsmarsch extraordinaire Dr. J. Butz Musikverlag, BU 2711; 10,00 € Ein humorvolles und nettes Orgelstück für Zugaben und ähnliche ungezwungene Anlässe ist der Hochzeitsmarsch extraordinaire des gebürtigen Engländers und heute in Neuseeland lebenden und wirkenden Organisten und Komponisten Mar- tin Setchell. Neben den beiden "üblichen Verdächtigen" aus den Federn Wagners und Mendelssohn finden sich Zitate beliebter anderer Märsche, beispielsweise aus Carmen oder aus "Blaze away". Das Stück ist mittelschwer, kann auch von Hobby-Organisten gut bewältigt werden, macht Spaß beim Üben und Spielen sowie gute Laune beim Zuhören. Für Hochzeiten nur bedingt geeignet! (mb)

Widor, Charles-Marie: Symphonie IV op. 13,4 ; Carus-Verlag CV 18.177; 38,50 Verglichen mit der V. Symphonie fristen vor allem die früheren Symphonien Widors ein Schattendasein. Die hier vorliegende Symphonie entstand 1872 und wurde von Widor für eine Neuausgabe 1887 um zwei weitere, effektvolle Sätze erweitert. Insbesondere das Scherzo verdient eine größere Beachtung von Spie- lern wie Hörern. Widors Satz ist hier noch vergleichsweise durchsichtig, was das Werk von den späteren Symphonien unterscheidet. Ausgezeichnete Einzelausga- be der bislang nur in einer Sammelausgabe (Symphonien I bis IV) erhältlichen Symphonie. (gd)

Willscher, Andreas / Bähr, Hans-Peter: Fanfaren für Orgel Dr. J. Butz Musikverlag BU 2780; 24,00 € Der Band stellt das leichtere Gegenstück zu den vor einiger Zeit im gleichen Ver- lag erschienenen „Kölner Fanfaren“ dar, die anspruchsvolle Fanfaren, vornehmlich

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aus dem 20. Jahrhundert, vorstellten. Die hier gesammelten Fanfaren haben Or- ganisten mit C-Niveau als Zielgruppe. „Hauptamtlichen werden die meisten Kom- positionen als Blattlektüre willkommen sein“ (Vorwort). Die Werke sind auf zwei- manualigen Orgeln gut darstellbar, liturgisch als Auszugsstücke gut geeignet, harmonisch gefällig und auch im Unterricht verwendbar. (gd)

Willscher, Andreas: 4. Orgelsymphonie „Die Marianische“ Dr. J. Butz Musikverlag BU 2792; 13,00 € Der in Hamburg wirkende Kirchenmusiker ist international auch als Komponist gefragt und seine Werke werden zu Recht häufig gespielt. Das vorliegende Werk basiert entweder auf gregorianischen Motiven oder „zeichnet mit musikalisch- stimmungsmäßigen Mitteln bestimmte, die Gottesmutter auszeichnende Attribute nach“. Der Titel „Symphonie“ ist dabei relativ hoch gegriffen, sind alle fünf enthal- tenen Werke höchstens 4-seitig. Kein Satz ist mehr als mittelschwer, die Tonalität überzeugend. (gd)

Wittrich, Peter:  Nun danket all - Jazz-Partita für Orgel ED 21913; 15,00 €  Lobe den Herren - Jazz-Partita für Orgel ED 21708; 19,50 € Schott Music Mit den beiden Partiten Wittrichs warten auf den Organisten zwei interessante Herausforderungen, die die nominell geweckten Erwartungen enttäuschen. Beide Werke sind mehrsätzige, choralgebundene Orgelstücke, die Jazz-Harmonik und Tanzrhythmen aufgreifen. Beide Stücke entsprechen nicht der Form der klassi- schen Partita: die Sätze verarbeiten den zugrunde liegenden Choral motivisch, statt ihn melodisch durchzuführen, oft muss man den cantus firmus richtiggehend suchen. Die Harmonik ist eher frei-tonal-avantgardistisch, mindestens aber free- jazzig und weniger so, wie ich mir Jazz vorstelle. Läßt man die Erwartungen bei- seite, sind beide Partiten musikalisch solide gearbeitet und verbinden Tanz- Rhythmen und Harmonien gekonnt zu zwei durchdachten und gelungenen Zyklen über zwei im Gottesdienst gern gesungene Lieder. An den Organisten stellen beide Partiten hohe Anforderungen: ungewohnte, teils komplizierte Rhythmen. Erweiterte Akkorde und Griffe, die man „nicht in den Fingern hat“, wollen gut geübt sein. Virtuose Stellen sowie eine ausgefeilte Artikulation erfordern eine solide Spieltechnik. Ob sich das Preis-Leistungs-Verhältnis lohnt, möge jeder Organist selbst entscheiden. Für den Zuhörer dürfte die Partita über "Lobe den Herren" deutlich zugänglicher sein, sie wirkt tonaler und lied-bezogener als ihr Pendant "Nun danket all": hier sind längere Strecken ohne c. f.-Bezug geschrieben und der Klang ist insgesamt spröder. (mb)

Orgel manualiter

Dubois, Théodore: Sämtliche Orgelwerke, Band VI Postum veröffentliche Werke. 42 Stücke ohne Pedal Bärenreiter-Verlag BA 9209; 44,95 € Mit diesem Band endet die verdienstvolle und gelungene Gesamtausgabe der Orgelwerke von Dubois beim Bärenreiter-Verlag. Die 42 Werke haben heutzutage allerdings weniger Praxisrelevanz, sind sie doch vornehmlich für das Harmonium entstanden, das in Frankreich im 19. Jahrhundert zwar ein ernstzunehmendes,

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klangvolles Musikinstrument darstellte, später jedoch immer mehr durch Orgeln mit Pedal ersetzt wurde. Heute steht an dessen Stelle meist ein elektronisches Instrument mit Pedal. Es handelt sich um Gebrauchsmusik im besten Sinn ohne größeren Tiefgang, aber mit bisweilen reizvollen harmonischen Wendungen. (gd)

Graap, Lothar: Neun Liedpartiten , für Orgel manualiter Edition Dohr 15262; 14,80 € In dieser Sammlung legt der 1933 geborene Lothar Graap Partiten über neun Kirchenlieder des Evangelischen Gesangbuchs vor (z. B. „Macht hoch die Tür“, „Die Kirche steht gegründet“, „Jesu meine Freude“, „Harre, meine Seele“), von denen sich einige auch im Gotteslob finden. Die Partiten bestehen aus maximal neun, meist weniger Sätzen, teilweise mit Choral am Ende. Erfreulich an der Sammlung ist einerseits, dass man über viele der Lieder in der Literatur nur wenig Bearbeitungen findet, und andererseits, dass die Partiten leicht spielbar und ma- nualiter gehalten sind, so dass die Sammlung eine gute Investition für nebenamtli- che Organisten mit wenig Zeit zum Üben ist. Schade allerdings, dass die Variati- onszyklen an sich ziemlich farblos bleiben – schon das Notenbild bietet wenig Abwechslung – und dass der innewohnende Charakter oft nur anhand der Satz- überschriften ersichtlich wird statt aus er Musik selbst hervorzugehen. Durch far- bige Registrierungen lässt sich zwar einiges an Abwechslung erzielen, Hinweise dazu gibt der Komponist leider nicht. Schöne musikalische Momente gibt es im- mer dann, wenn Graap den eigentlichen Rhythmus bzw. Takt verlässt und be- wusst konterkariert. (mb)

Jones, Robert: Miniature-Album Dr. J. Butz Musikverlag BU 2637; 13,00 € Die vorliegende Sammlung bietet eine Auswahl zehn hübscher kurzer Orgelstücke verschiedener Stile und Stimmungen an. Vom wiegenden, ruhigen Siciliano, über ein triumphales Trumpet Minuet und ein heiteres Scherzetto bis hin zum Klagelied findet man für viele Anlässe die passende Musik. Obwohl alle Stücke manualiter gehalten sind (ein Postludio kann um Stütztöne im Pedal bereichert werden) und technisch problemlos zu bewältigen sind, sind sie musikalisch ansprechend und gehaltvoll. Eine schöne Sammlung für die Praxis nebenamtlicher Organisten, insbesondere dann, wenn die Fähigkeit zum Pedalspiel noch nicht sehr weit ge- diehen ist oder die Orgel ohne Pedal gebaut wurde. (mb)

Orgel vierhändig

Guillou, Jean: Symphonie Initiatique, für Orgel mit zwei Spielern op. 18 Schott Music ED 22012; 29,50 € Guillous Symphonie ist gegliedert in einen ersten Satz mit drei verschiedenen Kanons, einen zweiten mit Introduction und Invention, eine dritte Satzgruppe mit Divertimento I, Variation und Divertimento II, sowie eine abschließende „Sonata con Ricercare“. Seine Musik lässt überhaupt keine Zeit für Verschnaufpausen, gewaltige Akkordballungen, hochvirtuoses Laufwerk, komplexe rhythmische Struk- turen, Doppeltriller und Glissandi im Pedal und ausgefeilte Registrierangaben verlangen zwei optimal abgestimmte Superinterpreten! (ab)

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Orgelpedal solo

Pedal Power, 29 Stücke für Orgelpedal solo herausgegeben von Meik Impekoven Dr. J. Butz Musikverlag BU 2772; 19,00 € Man muss dem Butz-Verlag bescheinigen: Ideen haben sie! Diese hier ist richtig gut und gut ausgeführt. Hans-Peter Bähr und Meik Impekoven haben ihre Bezie- hungen spielen lassen und Komponisten mit originellen Werken für die vorliegen- de Ausgabe beauftragt. Die Notwendigkeit dafür ergibt sich aus der Tatsache, dass viele Menschen heutzutage bass erstaunt sind, dass Organisten mit den Füßen spielen. Wenn dann interessante Werke zu hören sind, die ausschließlich mit den Füßen gespielt werden, wechselt das Erstaunen schnell in schiere Be- wunderung. Trotzdem fristet die diesbezügliche Orgelliteratur ein Schattendasein. Der Herausgeber empfiehlt, solche Werke im Gottesdienst anzukündigen oder im Konzert eine Video-Übertragung in Anspruch zu nehmen. Nicht zu Unrecht warnt er davor, nur 16‘ und 8‘-Registrierungen zu verwenden: Ein Pedalstück müsse nicht immer nach „Pedal“ klingen. Unter den 29 Stücken gibt es leichtere Pedalsoli (Graap, Bédard, E. Tambling), mittelschwere (Bach, Bossi, Willscher), schwere (Dupré, Middelschulte – leider nicht das „Perpetuum mobile“) und unterhaltsame, tänzerische (Rieg, Michel, Haarmann), um nur einige zu nennen. Auch im Unter- richt gut zu verwenden! Empfehlenswert! (gd)

Orgel plus

Albrechtsberger, Georg: Concerto per l’organo (cembalo o pianoforte) ed archi Dr. J. Butz Musikverlag BU 2689; 24,00 € Dieses Concerto ist ein Bindeglied zwischen barockem und klassischen Instru- mental-Konzert. Die Form des ersten Satzes bereitet den später üblichen Sona- tenhauptsatz vor, allerdings ohne feste Seitenthemen und Durchführung. Im zwei- ten, langsamen Satz steht das Wechselspiel zwischen Solo und Tutti im Zentrum. Der dritte Satz ist ein menuettartiger Kehraus. Alle Sätze klingen gefällig und hübsch, für die Streicher ist das Konzert mittelschwer, setzt aber beim Organisten klassisches Fingerspitzengefühl und leggiero-Anschlag voraus. Da kein Pedal vonnöten ist, genügen ein Positiv, ein Cembalo oder Klavier als Soloinstru- ment. Auch wenn das Werk nicht bahnbrechend ist, so ist es ein interessantes und lohnenswertes Konzertstück. (mb)

Boëllmann Léon: Suite gothique Bearbeitung für Orgel und Trompete von Carsten Klomp Dr. J. Butz Musikverlag BU 2809; 15,00 € Léon Boëllmanns (1862–1897) Suite gothique ist im Konzertrepertoire ein belieb- ter Klassiker. Mit der vorliegenden Bearbeitung für Orgel und Trompete bekommt das Werk einen ganz neuen Klangeindruck, der aufhorchen lässt. So lassen sich die Suite und vor allem der dritte Satz sehr effektiv auch an kleineren Orgeln dar- stellen. Eine Bereicherung für die beliebte Besetzung Orgel und Trompete ist es allemal. (ci)

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Dupré, Marcel: Légende für Violoncello und Orgel; Dr. J. Butz Musikverlag BU 2817; 10,00 € Dupré hat aus seinen Trois Pièces für Klavier und Violoncello diesen Satz für Orgel und Cello eingerichtet. Der Klavierpart wurde dabei von ihm für die Orgel neu umgesetzt, entstanden ist daraus eine vom Instrument gedachte Partie. Das Werk ist von impressionistisch-gemäßigt modernen Klängen inspiriert und ist at- mosphärisch von intim-kontemplativen Charakter. Der komplementäre Achtel- Rhythmus verleiht dem Stück einen schwebenden-berceusenhaften Eindruck. Ein sehr reizvolles Stück, zumal in dieser Instrumentenkombination, das sich auch gut als Musik im Gottesdienst eignet. (ag) Schneider, Enjott: African Patchwork, für Orgel und Djembé Schott Music ED 21680; 24,00 € Zum Albert-Schweitzer-Jahr 2013 wurde an die Gründung des Krankenhauses im afrikanischen Lambaréné vor 100 Jahren erinnert. Hierfür entstand auch dieser hübsche Sketch für die überaus seltene Kombination der Königin der Instrumente mit der afrikanischen Djembé. Der Orgelsatz verlangt den weichen Grundstim- mensound der spätromantischen dreimanualigen Orgel samt versiertem Bediener, der Schlagzeugpart darf auch als Grundlage intuitiven Spiels gedacht werden. Insgesamt betrachtet macht vor allem die spannende Besetzung Lust auf eine Begegnung mit der Komposition! (ab) Schnizer, Franz Xaver: Concerto für Cembalo (Orgel) und Streicher; heraus- gegeben von Franz Lehrndorfer und Ton Koopman Dr. J. Butz Musikverlag BU 2822; 24,00 € Eine im wahrsten Sinne des Wortes reizvolle Ausgabe des Werkes von Franz Xaver Schnizer (1740-1785), des bedeutensten Musikers der Abtei Ottobeuren. Ton Koopman verwendet für seine Herausgabe eine von Franz Lehrndorfer hand- schriftlich gefertigte Partitur im Vergleich mit dem Originalmanuskript und ergänzte eine eigene Kadenz. Ebenso druckt er aber auch eine Kadenz von Lehrndorfer mit ab, so dass der Spieler nun die Wahl zwischen zwei notierten Kadenzen oder einer improvisierten Kadenz hat. Obwohl der Solopart eigentlich für Cembalo geschrieben steht eignet sich das Werk auch besonders für die Orgel und steht damit in der Tradition der klassischen Orgelkonzerte des 18. Jahrhunderts. (ci)

Surges, Franz: Sonatine, für Flöte und Orgel; Edition Dohr 15299; 12,80 € Surges' Sonatine für Flöte und Orgel stellt spieltechnisch für Profis kein Problem dar, auch ambitionierte Hobby-Musiker können das Werk gut bewältigen. Musika- lisch ist die Sonate in tonal orientierter, moderner Tonsprache gehalten. Der (überproportional lange) erste Satz basiert auf einem Dialog zwischen den beiden Instrumenten - zunächst räumlich getrennt. Im Lauf des Satzes soll dann der oder die FlötenspielerIn zum Spieltisch der Orgel laufen. (Der musikalische Sinn dafür ist zumindest mir nicht ersichtlich.) Die Orgel begleitet die Flöte dabei mit Liegeak- korden, unterbrochen von eigenen Einwürfen. Nach dem ersten Satz folgt ein kurzes Intermezzo für Orgel solo, in dem unregelmäßig wechselnde, interessant- farbige Akkordflächen erklingen. Es folgt ein ruhig-tänzerischer zweiter Satz, teil- weise auch imitatorisch gearbeitet - ein sehr runder und stimmiger Abschnitt. Es schließt sich wieder das, jetzt um einige Einwürfe der Flöte erweiterte, Intermezzo an, bevor die Sonate mit einem "Kehraus" endet: eine schöne Idee, aber hier passen leider Klangsprache und Stimmung nicht zusammen. (mb)

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Tambling, Christopher: „Irische Segenswünsche“ für SATB, Flöte und Orgel (flexible Orchesterbegleitung ad lib.) Dr. J. Butz Musikverlag BU 2790; 15,00 € Die "Irischen Segenswünsche“ von Christopher Tambling (1964-2015) sind ein reizvolles Arrangement des bekannten Segensliedes "Möge die Straße" von Mar- kus Pytlik für Chor, Orgel und die für die irische Musik so charakteristische Flöte. Tambling ergänzt das Lied um ein schwungvolles Ritornell. Ad libitum kann die Aufführung durch Streicher, Holz-, Blechbläser und Pauken ergänzt werden. (ci)

VOKALMUSIK

Musik für Solostimmen

Dvorak, Antonin: Zypressen, für Tenor und Klavier Bärenreiter Verlag BA 9569; 23,95 € Der aus 18 Liedern bestehende Zyklus des jungen Dvorak ist vor allem in der Fassung des Komponisten für Streichquartett bekannt geworden. Die Originale punkten mit volkstümlicher Melodieführung und ansprechender farbenreicher Klavierbegleitung. In dieser schönen Urtextausgabe sind dem unterlegten tsche- chischen Text Übersetzungen in deutscher und englischer Sprache beigefügt. (ab)

Gounod, Charles: Jésus de Nazareth, für Gesang und Klavier Schott Music SF 1007; 5,00 € Gounods geistlicher Gesang nach einem Text von A. Porte wurde 1856 erstmals für Bariton und Harmonium veröffentlicht. Darüber gibt diese transponierte Ausga- be für hohe Stimme und Klavier allerdings keine Hinweise. Das offensichtlich im vergangenen Jahrhundert sehr nachgefragte Lied wurde oft bearbeitet und über- setzt. Die Musik ist sehr ansprechend und wirkungsvoll, der Instrumentalsatz scheint für die Wiedergabe auf dem Klavier am ehesten geeignet. (ab)

Graap, Lothar: „Zwei Psalmkonzerte“, für zwei Singstimmen und Orgel Edition Dohr 15266; 5,80 € Die Kompositionen Graaps zeigen, dass der modale Stil immer noch aktuell ist und seinen Reiz hat. Die beiden Psalmvertonungen lassen sich vielfältig in Got- tesdienst und Konzert verwenden und sind vor allem leicht einstudierbar. Auch aus ökonomischen Gründen ist das Werk sehr zu empfehlen: Wenig Aufwand für klangschöne Musik. Literatur also, die in noch viel größerem Umfang benötigt wird. (ci) Graap, Lothar: „Meine Seele verlangt nach deinem Heil“, Psalmkonzert für Sopran, Oboe, Violoncello und Orgel; Edition Dohr 15267; 10,80 € Das Stephanusfest fällt seit jeher auf den 2. Weihnachtstag. So ist es in der evan- gelischen Kirche fast in Vergessenheit geraten und wird zumindest praktisch nicht berücksichtigt. Diesem Umstand entgegenzuwirken hat Graap dieses kleine aber festliche Psalmkonzert geschrieben, welches in den Gottesdiensten am 2. Weih- nachtstag gut eingebaut werden kann. (ci)

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Pasterwitz, Georg von: Weihnachtsduett „Ihr Hirten, o eilt“ für Alt- und Tenorsolo, Flöte oder Oboe (ad lib.), Streicher und Orgel Dr. J. Butz Musikverlag BU 2728; 10,00 € Mit Pater Georg von Pasterwitz, einem österreichischen Komponisten und Ka- pellmeister, ist ein äußerst produktiver Komponist der Zeit der Wiener Klassik weitgehend in Vergessenheit geraten. Das vorliegende Duett für Solo-Alt und Tenor mit Streichorchester und Flöte (oder Oboe) soll dem entgegenwirken. Das Stück ist im wiegenden 3/8-Takt gehalten, als da-capo-Arie mit kontrastierendem Mittelteil komponiert und besticht durch eingängige und gefällige Linien der Melo- diestimme. Dabei wirkt es leider in der Architektur der Melodien und Phrasen unausgegoren und unorganisch. Für alle Beteiligten ist „Ihr Hirten, o eilt" gut zu bewältigen, die Vokalpartien können auch von ambitionierten Chorsängern statt Profi-Solisten gesungen werden. (mb)

Musik für gleiche Stimmen

Cristóbal, Raquel: Lux aeterna, für Frauen- oder Mädchenchor SSA a cap.; Schott Music C 55222; 2,80 € Der Text der Communio der liturgischen Totenmesse wird hier mit luzid bewegten Clusterchen, changierenden verminderten Akkorden und aufsteigenden Drei- klangsformen wenig inspirierend vertont. Man wünschte sich eine Klangbildung nicht ausschließlich durch die vertikale Dimension sondern ebenso durch Motivbil- dung und thematisch verknüpfte Dichte. (ab)

Haaf, Albrecht: Gelobt sei Gott, der Herr der Welten Frauenchor SSAAA a cappella; Schott Music C 55503; 4,50 € Der Text dieses Chorwerks für fünfstimmigen (SSAAA) Frauenchor a cappella (mit zusätzlichen Teilungen) entstammt der ersten Sure des Korans. Dem Komponis- ten gelingt ein anspruchsvoller Satz, welcher geschickt den möglichen Stimmum- fang nutzt und in behutsam erweiterter Tonalität reizende Klänge schafft. (ab)

Heizmann, Klaus: Lasst euer Lob erklingen; Geistliche Werke für Frauenchor mit Klavier- und Orgelbegleitung; Schott Music ED 22345; 19,50 € Heizmann, eigentlich Betreiber eines Musikalienhandels in Wiesbaden, legt in dieser Publikation zehn geistliche Stücke vor für dreistimmigen Frauenchor (SSA), teilweise mit Solostimme, mit Klavier- oder Orgelbegleitung sowie. Inhaltlich wird dabei ein breites Spektrum abgedeckt. Vier Stücke des Bandes stammen aus der Feder des Herausgebers, die meisten anderen sind in irgendeiner Weise von ihm bearbeitet. Leider fehlen meist Hinweise auf die Art der Bearbeitung und die Fak- tur des originalen Werks. Das einzige bekannte Stück des Bandes ist "Ich harrete des Herrn" aus Mendelssohns „Lobgesang“-Symphonie in einer entsprechenden Bearbeitung. Die Ansprüche an den Chor sind generell höchstens mittelschwer, aber über eine solide Höhe sollten insbesondere die Soprane verfügen. Der Kla- vier- bzw. Orgelpart ist ebenfalls mittelschwer, oft eher organistisch als pianistisch angelegt. Musikalisch können die Stücke des Bandes nicht mit Werken großer Komponisten mithalten, aber für alle Leiterinnen kirchlicher Frauenensembles lohnt ein Blick in jedem Fall. (mb)

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Lasso, Orlando di: Requiem, LV 624 für vier Stimmen TBBB a cappella; Carus-Verlag CV 27.319; 26,50 € Tobias Rimek legt hier Lassos Requiem in einer bisher unbekannten Fassung vor, die auf einem Chorbuch des ehemaligen Benediktinerklosters St. Ulrich und Afra in Augsburg basiert. Gegenüber den vorher bekannten, aber wohl jüngeren Fas- sungen weist diese eine andere Schlüsselung und daraus resultierend eine um eine Quarte oder Quinte tiefere Notation der Musik auf. Die Besetzung ist dadurch TBBB. Zudem findet sich nur in dieser Fassung die Vertonung der Sequenz "Dies irae". Der Münchener Komponist vertont die Totenmesse als komplette Plenar- messe, also mit allen Ordinariums- und Propriumsteilen. Seine Musik fließt ruhig und unspektakulär, aber abgeklärt und mitreißend. Durch die tiefe Transposition kommt für die Bässe ein Tonumfang zustande, der sehr weit in die Tiefe reicht: das große D ist keine Seltenheit. Das Klanggewand wird so sehr gravitätisch und düster. Für ein Requiem sicherlich nicht unpassend. Um insbesondere in dieser Tiefe einen transparenten und feinen Klang zu bekommen, in dem die Harmonik noch erkennbar bleibt und nicht in Grummeln untergeht, sollten mit diesem Werk nur versierte Sänger betraut werden. Wenn auch eine außergewöhnliche Beset- zung vorliegt – diese Fassung des Requiems ist, gut musiziert, sicherlich eine Bereicherung! (mb) Papoulis, Jim: I ask for One day,  Ausgabe für Chor SSA, Sopran und Klavier 48327; 2,50 €  Ausgabe für Chor unisono und Klavier, Sopran-Solo ad lib. BHI 48328; 2,50 € Boosey & Hawkes 'I ask for One day' ist eine spontan entstandene Vertonung eines Gedichtes einer zwölfjährigen, die von einer friedlichen Welt träumt. Es liegt in zwei Versionen vor - einstimmig mit Klavierbegleitung und optionaler Descant-Stimme sowie für Ober- stimmenchor SSA, ebenfalls mit Klavier und optionaler Descant-Stimme. Die Me- lodie ist angenehm und sanglich, auch die anderen Stimmen sind intuitiv und leicht zu lernen. Der Chorsatz lässt stellenweise Wünsche offen, da Akkorde häu- fig nicht in vollen Voicings erklingen. Die Harmonik ist recht einfach gehalten, die Akkorde sind dabei bisweilen poppig erweitert. Mit e‘‘ als Spitzenton ist das Stück für alle Chöre machbar, vielleicht etwas zu tief gesetzt im Hinblick auf Kinder- und Jugendchöre. (mb) Martini, Padre Giovanni Battista: Magnificat in D SSA, 2 Flöten, Keyboard; Boosey & Hawkes BHI 4209; 4,50 € Mozarts Lehrer zeigt sich in dieser Magnificat-Vertonung für dreistimmigen Chor (SSA), zwei Flöten und Basso continuo als würdiger Meister. Der Chorsatz klingt bereits für sich genommen sehr rund und die virtuosen Flötenpartien verleihen dem Werk zusätzlich einen konzertierenden Charakter in den Abschnitten für einzelne Solostimmen. Immer textorientiert gesetzt weiß die Komposition mit der melodischen Frische der Übergangsperiode zwischen Spätbarock und Frühklassik absolut zu überzeugen. (ab)

Schneider, Enjott: Missa brevis „Surrexit Christus“ Für 3 Singstimmen SSA und Orgel; Schott Music ED 20947; 16,00 € Die Kopfzeile des mittelalterlichen Osterchorals „Surrexit Christus hodie“ prägt vielfältig den Melodieverlauf dieser Messvertonung (ohne Credo) für drei Sing- stimmen (SSA) und Orgel. Dem Komponisten gelingen heiter beschwingte bis

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jubelnde Momente, der Chorsatz – bisweilen mit zusätzlichen Teilungen – verlangt Sicherheit im dreistimmigen Gesang, wiewohl selbiger für sich genommen für eine erquicklichere Probenarbeit klangschöner gestaltet sein könnte. (ab)

Michel, Matthias:  Dona nobis pacem, CV 07.516; 4,20 €  Lux aeterna, CV 7.517; 3,90 € für Frauenchor SSAA und Orgel ; Carus-Verlag Zwei sehr interessante Kompositionen für vierstimmigen Frauenchor plus Orgel, die an Chor und Organist gehobene Ansprüche stellen. Für den Chor liegen die Herausforderungen bei beiden Stücken in dem genutzten großen Ambitus, dem Wahren der Spannung über lange Bögen sowie im intonatorischen und dynami- schen Ausbalancieren der teils dissonanten Vierklänge. Auch rhythmisch sind die Chorstimmen nicht ganz einfach, v. a. bei „Dona nobis pacem“, wenn auch die Schwierigkeiten erst auf den zweiten Blick zutage treten: Der Wechsel zwischen langen Liegenoten und ruhigen Achtellinien ohne Schleppen will geübt sein. We- gen des ruhigen Grundtempos ist hier vom Chor keine gelenkige Virtuosität gefor- dert. Der Orgelpart trägt Züge von Minimal Music und ist recht bewegt. Bei „Dona nobis pacem“ untermalen Liegeakkorde mit darüber liegenden Flötenarpeggien den Chorsatz auf sehr anheimelnd Weise, darunter ist leichtes Doppelpedal zu bewältigen. Bei „Lux aeterna“ sind es gebrochene, tritonusversetzte Akkorde,die das Klangbild prägen und etwas morbide erscheinen lassen. (mb)

Rogers, Wayland: My soul doth magnify the Lord Frauenchor SSA und Orgel; Boosey & Hawkes BHI 48313; 2,50 € Der amerikanische Komponist, Pianist und Dirigent Wayland Rogers vertont zwei Texte aus dem englischsprachigen „Book of common prayer“ für Chor SSA mit Orgelbegleitung: Magnificat und Benedictus. Beide Stücke sind daher liturgisch verwendbar und aufgrund der identisch vertonten Doxologie auch ein reizvoller Beitrag zu Konzertprogrammen. Die Tonsprache der beiden Cantica ist, für engli- sche und amerikanische Zeitgenossen typisch, eine Mischung aus Romantik, Pop und modal anmutenden Rückungen. Für den Chor sind beide Stücke recht ein- gängig und leicht singbar; kleinere Klippen sind die unregelmäßigen Taktarten mit vielen Wechseln. Der Orgelpart ist mit solider pianistischer Vorbildung gut zu be- wältigen, bietet aber mit Sextparallelen und entlegeneren Tonleitern auch kleine Herausforderungen. (mb)

Musik für gemischte Stimmen a cappella

3 Voices, Band 2: Geistliche Chormusik; 266 Chorstücke für 3 gemischte Stimmen SAM ; Helbling Verlag C 8000; 34,90 € Der Herausgeber ist sowohl als Satzautor wie auch „Sammler“ an der Erstellung dieser umfangreichen und praxisnahen Sammlung von 266 „Chorstücken“ für dreistimmige Chöre (SAM) vertreten. In sieben Kapitel enthält das Buch geistliche Chorsätze aus allen Jahrhunderten, darunter auch Bearbeitungen bekannter Klas- siker (wie Alta Trinita beata o.ä.), Spirituals, Gospels und Arrangements und Kompositionen aus neuer Zeit. Dabei werden alle Themen der kirchenmusikali- schen Praxis abgedeckt, außer explizit adventlich-weihnachtlichen Beiträgen, den ein eigenes Chorbuch im gleichen Verlag abdeckt. Für Leiter von 3-stimmigen Chören ein reicher Fundus an Literatur und eine empfehlenswerte Ausgabe. (ag)

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Cooke, Phillip: O salutaris hostia Gemischter Chor SSAATTBB a cappella; Schott Music ED 57297; 3,80 € Der britische Komponist Cooke (*1980) vertont den bekannten Text des "O salu- taris hostia" in ansprechender moderner Tonsprache: erweiterte Dur-Moll-Ton- alität, freie Akkordverbindungen und Schichtungen nebeneinanderliegender Töne bilden einen schönen Klangteppich. Das ganze passiert in zwei blockhaften Rah- menteilen sowie einem polyphon-verwobenen Mittelteil, der von einem durch die Stimmen wandernden Motiv geprägt ist. Die acht Chorstimmen (SSAATTBB) sind routiniert-angenehm geführt, streifen die hohen Lagen nur kurz. Lediglich manche Einsatztöne stellen schwierigere Aufgaben dar. (mb) Graap, Lothar: Zwei Motetten nach Jesus Sirach für vierstimmigen gemischten Chor a cappella; Edition Dohr 15268; 6,80 € Hinter dem Titel verbergen sich zwei sehr (!) kurze Chorstücke, die im modalen Stil jeweils einen Vers aus Jesus Sirach betrachten. Für den Preis dann doch etwas wenig Musik. (ci) Wilhelm Killmayer: Missa brevis für Chor SATB a cappella; Schott Music SKR 20099; 12,50 € Nur für wirklich gute Chöre mit geduldigem Chorleiter ist diese Missa brevis ge- eignet. Insbesondere das Agnus dei mit seiner Polyrhythmik, aber auch Kyrie und Gloria stellen hohe Ansprüche an alle Beteiligten. Brevis, also kurz ist die Mess- vertonung insofern, als dass Credo und Sanctus nicht vertont sind – die vorhan- denen Sätze dagegen weisen eine beachtliche Länge auf. Neben Chor-Tutti gibt es einen kleinen Auswahlchor, auch eine Sopran-Solistin wird eingesetzt. Die Tonsprache Killmayers ist klanglich eher gemäßigt modern, oft von diatonischen Zusammenklängen geprägt, seltener um tonartfremde Töne angereichert. Die Musik lebt von kleingliedrigen Motiven und deren Zusammenspiel. Killmayer, ein Münchener Musiker und Komponist, u. a. Schüler Carl Orffs, erhielt für seine Missa brevis 1955 den Preis der Fromm Music Foundation in Chicago. (mb)

Lechner, Leonhard: „Mein süße Freud auf Erden“ Chorbuch Leonhard Lech- ner für 4-5 gemischte Stimmen; Carus-Verlag CV 04.022; 14,80 € Schön, dass im "Chorbuch Leonhard Lechner" eine so große Anzahl an Stücken aus dem großartigen Oeuvre des Komponisten Leonhard Lechner erschlossen wird! Die Musik ist durchweg vom polyphonen Geist seiner Epoche geprägt, man- che der Stücke jedoch sind dennoch schlicht gehalten und auch für einfachere chorische Verhältnisse machbar. Die Besetzung schwankt innerhalb des Bandes: es gibt vier- und fünfstimmige Werke, einzelne Sätze sind auch dreistimmig. Auch die Art der Vierstimmigkeit schwankt: SATB, teilweise auch SAAB. Die Ausgabe ist praxisnah angelegt, wenn auch mit Zügen einer wissenschaftlichen Ausgabe. Ausführliches Vorwort, umfassende Quellenangabe sowie ausführliche Einführun- gen zu den Stücken sind hier positiv zu erwähnen. Modernisierungen in puncto Akzidentien, Rechtschreibung und Sprache sowie Taktstrichen (statt Mensurstri- chen) sind weitere Eingriffe des Herausgebers: Auch wenn die Eingriffe praktisch sein mögen, so ist es schade, dass sie teils stillschweigend vorgenommen wurden und somit das Original nicht mehr erkennbar ist. Daher müsste der kritische Be- richt gerne ausführlicher ausfallen. Interessant ist die Beigabe zeitgenössischer Alternativtexte zu manchen Stücken. Als praktische Ausgabe geeignet. Wer sich ausführlich einarbeiten und wissenschaftlich fundiert interpretieren möchte, der wird darüber hinaus auf andere Literatur zurückgreifen müssen, um sich die Stü- cke zu erschließen. (mb)

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Maierhofer, Lorenz: Friedens-Messe in G; Chor SATB a cappella Helbling-Verlag C7700; 18,90 € Mit der Friedens-Messe in G legt Lorenz Maierhofer ein Werk vor, das vielfältige Aufführungsmöglichkeiten bietet. Die Messe kann von Chor SATB a cappella auf- geführt werden, ad libidum kann die Besetzung um Orgel, Streichorchester und Sprecher erweitert werden. Leider werden die Möglichkeiten, welche die Einbe- ziehung eines (kostenintensiven) Streicherensembles und eines Sprechers bieten, nicht wirklich genutzt – da hätte man mehr draus machen können. Der Zyklus be- steht aus acht Teilen, mit denen die meisten musikalischen Stellen im Messablauf abgedeckt werden können. Die Texte hierzu sind frei gedichtet und orientieren sich bei Ordinariums-Teilen an den entsprechenden liturgischen Texten. Da diese aber sehr frei und nur in kleinen Teilen tatsächlich aufgegriffen werden, sind es keine in liturgischem Sinne korrekten Ordinariumsgesänge. Generell sind die Tex- te inhaltlich eher schwach und bleiben oft floskelhaft. Schön ist die durchgehend leicht polyphone Setzweise. Die Harmonik ist leider blass – tonal mit leichten Einfärbungen – und auch die Melodien überzeugen nicht. (mb)

Martiné, Pascal: Pater noster, Chor SATB a cap; Schott Music 55555; 2,50 € Immerhin führt die behutsam eingesetzte diatonische Akkorderweiterung hier zu hübscher Klanglichkeit und das Metrum ist dem Sprachrhythmus in gelungener Weise angeglichen. Dem völlig homophonen Satz fehlt aber eine thematische Verarbeitung, welche möglicherweise zu einer satztechnischen Auflockerung führen könnte. Wer ohne diese zufrieden gestellt ist, wird mit dieser Vertonung jedenfalls gut bedient. (ab)

Ouseley, Frederik: Von dem Aufgang der Sonne Gemischter Chor SATB a cappella; Dr. J. Butz Musikverlag BU 2641; 1,30 € Dieses klangprächtige Chorwerk des englischen Romantikers Frederik Ouseley ist ein majestätisches Loblied auf Basis eines biblischen Textes aus Maleachi 1, 11. Meist in schweifenden, gut sanglichen Bögen, teils mit Fanfarenmotivik vertont, lässt sich die Motette auch von kleineren Kirchenchören gut singen. Der Ver- wendbarkeit in deutschen Chören versucht die Übersetzung Gerhard Weisgerbers gerecht zu werden. Obwohl diese, sowie die dadurch entstehenden musikalisch notwendigen Anpassungen, gut gelungen ist, offenbart sich doch an einigen Stel- len, dass die Musik für die englische Version geschrieben ist. (mb)

Poos, Heinrich: Auferstehn Gemischter Chor SSATB a cappella, Schott Music C 55501; 3,80 Klopstocks Osterlied hat Heinrich Poos in einem sehr hübschen, fein klingenden und nicht schwierigen fünfstimmigen (SSATB) Chorsatz verarbeitet. Der Anfang seiner Melodieschöpfung erinnert allerdings auffällig an die Gustav Mahlers im Schlussabschnitt dessen zweiter Symphonie. (ab) Stoiber, Franz Josef: Ave verum corpus; Motette für gemischten Chor SATB a cappella; Dr. J. Butz Musikverlag BU 2705; 1,30 € Anlässlich des 60. Geburtstages des Chorleiters und Stimmbildners der Regens- burger Domspatzen Karl-Heinz Liebl schrieb der Regensburger Domorganist Franz Josef Stoiber (*1959) eine kleine sehr schlichte aber klangschöne Motette, deren romantischer Charakter das Stück auch bei kleineren Chören schnell beliebt werden lässt. (ci)

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Mit Instrumenten

Albrechtsberger, Johann Georg: Os justi, für SATB, 2 Violinen und General- bass; Dr. J. Butz Musikverlag BU 2634; 8,00 € (Partitur) / 1,30 € (Chorpartitur) Der große Kompositions-Pädagoge im Wien des 18. Jahrhunderts vertont den Text des Graduales für Bekennerfeste "Os justi" mit routiniert eingebrachten kont- rapunktischen Mitteln für die Besetzung Chor (SATB), Generalbass-Gruppe und 2 Violinen. Das Werk beginnt mit einer homophonen Einleitung im Adagio. Dieser schließen sich zwei fugierte Teile, zwei etwas einfachere, nur motivisch gearbeite- te Teile sowie eine unisono-Coda unter Verwendung des ersten Fugen-Themas an. Der Chor-Part ist, insbesondere in den beiden Fugen, nicht ganz intuitiv zu singen, aber auch nicht wirklich schwer. Die beiden Geigen gehen colla parte zu Sopran und Alt, sind also ebenfalls nicht schwer zu spielen. Somit lässt sich im Hinblick auf die Praxis und die Finanzen auch an eine Umsetzung des Werkes ohne Streicher denken - wenn der Chor sicher ist, reicht eine (möglichst 16- füßige) Orgel als Continuo-Instrument aus. (mb) Albrechtsberger, Johann Georg: Laudate Deum aus op. 1; für SATB, 2 Violi- nen, Violoncello, Kontrabass und Orgel (Trompeten und Pauken ad. Lib) Dr. J. Butz Musikverlag BU 2793; 10,00 € (Partitur) / 1,30 € (Chorpartitur) Albrechtsberger galt zu seiner Zeit als der meistgeschätzte und beste Kompositi- onslehrer in Wien. Zu seinen Schülern zählten Carl Czerny, Johann Nepomuk Hummel und vor allem Ludwig van Beethoven. Kirchenmusikkompositionen ma- chen den Großteil seines kompositorischen Schaffens aus, von dem nur sehr wenig ediert ist. Die Erstausgabe des vorliegenden ca. 1758/59 entstandenen Graduale geht auf die Handschrift des Pfarrarchivs Maria Taferl zurück. Der kurze, freudig-zuversichtliche Satz (mit Trompeten und Pauken ad libitum) kann in Got- tesdiensten und Konzerten wirkungsvoll eingesetzt werden. Die Streicher gehen mit dem Chor colla parte, der Orgel-Continuopart ist ausgesetzt. (ag) Bach, Johann Christian: Domine ad adjuvandum me Soli, Chor, Orchester; Carus-Verlag CV 31.104; 18,00 € Die Vertonung des Invitatoriums der Vesper durch den Sohn J. S. Bachs löst sich von den väterlichen Gestaltungsprinzipien, wendet sich hin zur Wiener Klassik und weist dabei auf Mozarts Vespervertonungen hin. Eine ausladende instrumentale Einleitung geht dem Choreinsatz des Verses voraus, so dass dann die Stimmfüh- rung, insbesondere in den ersten Takten des Chores, fanfarenartig-instrumental und unsanglich ist. Aber abgesehen von diesen Takten sind Chorpart und Vokal- soli (Sopran und Alt) weder allzu hoch noch allzu schwer. Dem gegenüber steht eine große Klangpracht und Eingängigkeit des Werkes, so dass für den Chor ein gutes "Preis-Leistungsverhältnis" entsteht. Im Orchester sind neben Streichern auch Oboen und Hörner besetzt. Die vorliegende neue Ausgabe stützt sich erst- mals hauptsächlich auf die autographe Partitur des Komponisten statt auf einen Stimmensatz des Klosters Einsiedeln. Dadurch gibt es einige Änderungen gegen- über der älteren Ausgabe Warburtons, beispielsweise ist keine Cellostimme vor- geschrieben und es gibt in der Kontrabassstimme keine Vereinfachungen. (mb)

Bach, Johann Sebastian: Ein feste Burg ist unser Gott Chöre und Choräle aus Reformationskantaten für Chor und Orgel Carus-Verlag CV 31.351; 24,00 € Zwei anspruchsvolle Chöre und zwei Choralsätze aus den Kantaten BWV 80 „Ein

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feste Burg ist unser Gott“ und BWV 79 „Gott, der Herr, ist Sonn und Schild“ ent- hält diese Ausgabe. Die Orchesterpartien sind der Orgel übertragen und dan- kenswerter Weise auch auf drei Systemen notiert. Der Orgelpart geht von einer 3- manualigen Orgel aus, kann aber auch für 2 Manuale entsprechend eingerichtet werden. Der Eingangschor von BWV 80 erfordert einen gut geschulten und homo- gen besetzten vierstimmigen Chor. Zu beiden Kantaten liegt das Chormaterial e- benfalls bei Carus vor. (ag) Bach, Johann Sebastian: Johannespassion BWV 245 Soli, Chor, Orchester;Bärenreiter-Verlag BA 5037-90; 14,95 € (Klavierauszug) Der neu herausgegebene Klavierauszug von Arthur Mendel bietet, den Quellen entsprechend, die jeweils zusammenhängende Folge von Bibelwortsätzen (Rezi- tativ mit Choreinlage) ohne Unterbrechung durch Doppelstriche. Es ist darauf zu achten, dass sich infolgedessen die Satzzählung von der älteren Ausgaben unter- scheidet. Als Hilfe enthält das Inhaltsverzeichnis eine Konkordanz beider Zählun- gen. (ci) Bruckner, Anton: Te Deum; Bearbeitung für Soli, Chor, Blechbläserquintett und Orgel; Carus-Verlag CV 27.190/50; 80,00 € Diese Bearbeitung war überfällig, hört man doch bei Bruckners Orchesterwerken ohnehin den Organisten heraus. Da das Werk immer seltener in Orchesterkonzer- ten zu hören ist, wo es früher oft im Anschluss an die unvollendete 9. Symphonie erklang, andererseits in der originalen Orchestrierung meist den Rahmen eines Kirchenkonzertes sprengt, kann die vorliegende Fassung dazu beitragen, das grandiose Werk der drohenden Vergessenheit zu entreißen. Nur der Orchester- satz wurde bearbeitet, Soli und Chor blieben unangetastet. Die Orgel übernimmt im Wesentlichen den Streichersatz. Damit ist der Organist allerdings ziemlich gefordert. Die Bearbeitung ist zwar hervorragend und gut eingerichtet, aber schwer. Den 5 Bläsern (2 Trompeten, Horn, Posaune und Tuba) bleiben im We- sentlichen die plakativen Elemente des einst üppigen Orchestersatzes. (gd)

Diabelli, Anton: Drei leichte Offertorien; für S- oder T-solo, Chor SABar, 2 Violinen, Bc; Dr. J. Butz Musikverlag BU 2614; 14,00 € Der Dr. J. Butz Musikverlag bringt hier drei Offertorien des Wiener Verlegers und Komponisten Anton Diabelli heraus. Halbwegs bekannt sind seine Klavierwerke, weniger bekannt dagegen ist der Rest seines umfangreichen Oeuvres, wie auch seine geistlichen Werke. Die vorliegenden Offertorien sind drei Missae breves aus seiner Sammlung Opus 1 entnommen. Sie sind komponiert für Chor SABar, Solo Sopran oder Tenor sowie zwei Violinen und Basso continuo. Diabelli setzt be- wusst für bescheidene Verhältnisse - kleine Sängerzahl, machbarer Tonumfang der Stimmen, leichte Stimmführung für Sänger wie Instrumente. Für den Chor ist ihm das gut gelungen: blockhaft-deklamierend setzt er einen schönen Gegenpol zu den virtuoseren Solo-Stimmen und den freudig-figurierenden, nur selten colla parte laufenden Geigenstimmen. Eine erfreuliche Erweiterung des Repertoires für dreistimmige Chöre im Hinblick auf Konzerte mit Orchester. Schön, einfach und publikumsnah. Gerne mehr davon! (mb) Gounod, Charles: Chants sacrés - 20 lateinische Motetten; für Solo S, ge- mischter Chor und Orgel (Klavier); Carus-Verlag CV 04.110; 39,00 € Gounods Schaffen im Bereich der geistlichen Musik ist vor allem hinsichtlich sei- ner Messen geläufig. Weniger bekannt sind seine kleineren Werke, die hier in einer mustergültigen Edition vorgelegt werden. Schon das aufschlussreiche Vor-

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wort führt in die Werke gut ein, man sollte es folglich lesen - ! Die hier versammel- ten Motetten zeichnet überwiegend harmonische Einfachheit und homophone Stimmführung aus, die unter anderem aus der seinerzeit üblichen Praxis der Be- gleitung des gregorianischen Chorals resultierte. Bei anderen Sätzen entdeckt man dramatische Aufbrüche, am sichtbarsten wird dies in „Super flumina Babylo- nis“. Gounod hatte nur einen relativ klein besetzten Chor zur Verfügung, was angesichts der häufig geteilten Soprane oder Männerstimmen (teilweise 2 Tenöre und 2 Bässe) verwundern mag. Für die Repertoirerecherche sollte man als Chor- leiter/in dies wissen. (ag) Graap, Lothar: Die sieben Bußpsalmen , für einstimmigen Chor, zwei Spre- cher und Orgel; Edition Dohr 15269; 7,80 € Graap vertont nicht die Psalmen, sondern lediglich deren Antiphonen für einstim- migen Chor und Orgel. Dabei gelingt ihm eine schlichte, sehr gut nachvollziehbare und angemessene Tonsprache. Die Psalmverse werden von ein oder zwei Spre- chern rezitiert. Eigentlich schade. Eine Vertonung der Psalmverse – auch ein- stimmig - hätte das Werk bereichert und etwas schlüssiger werden lassen. Den- noch kann das Werk in Bußgottesdiensten oder anderen dem Charakter entspre- chenden Gottesdienstformen Verwendung finden und durch gute Sprecher sogar sehr eindrucksvoll wirken. (ci)

Haydn, Joseph: Stabat Mater, Hob: Xxbis; für Soli SATB, Chor SATB, 2 Oboen, Streicher, Bc; Carus-Verlag CV 51.991; 52,00 € Haydns erstes Werk, das er 1767 nach seiner Einstellung beim Fürsten Esterhazy schrieb, das bis heute seinen Ruf als führender Komponist sakraler Musik seiner Zeit begründete. Die Orchesterbesetzung ist angenehm klein (Streicher und Oboen bzw. Englischhörner), der Chorsatz abwechslungsreich. Die Ausgabe ist untadelig, die Besonderheit liegt darin, dass das Werk auch in der App „Carusmu- sic“ (für Android und IPhone) abrufbar ist, die einen Coach zum Erlernen der eige- nen Stimme enthält. Das ist modern und innovativ, denn man kann sich gut vor- stellen, dass Chormitglieder heutzutage gerne ein Werk am Smartphone oder Tablet einstudieren. Carus ist damit sämtlichen anderen Verlagen einen Schritt voraus. (gd) Hofmann, Leopold: Homo natus de muliere, für Chor SATB, 2 Posaunen, Orgel; Carus-Verlag CV 27.705; 11,00 € Einer der wenig beachteten Komponisten des Wien des 18. Jahrhunderts, obwohl dort hoch bestallt, ist Leopold Hofmann. Als Kapellmeister des Stephansdoms wurde ihm in seinen letzten Lebensjahren W. A. Mozart als Assistent zur Seite gestellt. Sein Werk "Homo natus de muliere", basierend auf einem Text des Bu- ches Hiob, ist möglicherweise eine Motette für Bestattungszeremonien. Das legt die Besetzung nahe, die neben dem vierstimmigen Chor und einer Continuo- Gruppe zwei Posaunen vorsieht. Das Stück besteht aus mehreren homophonen Chor-Blöcken, in denen die Bassinstrumente durchgehend trauermarschartige, getragene Achtel spielen und die Posaunen colla parte zu Alt und Tenor gehen. Zwischen den Blöcken erklingekurze instrumentale Zwischenspiele. In der Conti- nuo-Stimme sind die Zwischenspiele, falls die Motette ohne Posaunen aufgeführt wird, auch reduziert als ossia wiedergegeben. Daneben liegt die zweite Posau- nenstimme im Bratschenschlüssel bei, so dass alternativ eine Aufführung mit zwei Bratschen realisierbar ist. Die technischen Anforderungen an den Chor liegen in der Gestaltung der getragenen Phasen sowie der genauen Intonation der schmerzlich-vorhaltsgeprägten Harmonik. (mb)

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Klein, Bernhard: Jephta, für Soli, Chor, Orchester Edition Dohr 12614; 39,80 € (Klavierauszug) Uraufgeführt wurde das Oratorium 1828 mit angeblich 480 Mitwirkenden im Kölner Gürzenich und wurde stürmisch gefeiert. Stilistisch steht das Werk etwa zwischen Haydn und Mendelssohn. Schöne und vor allem zahlreiche, abwechslungsreiche, angenehm liegende Chorsätze prädestinieren das Werk für eine kirchliche Auffüh- rung eines leistungsstarken Kirchenchores. Der Name des doch außerhalb des Niederrheins eher unbekannten Komponisten steht leider einer weiten Verbreitung im Wege. Da werden viele Chorleiter eher zum etwa gleichzeitig entstandenen „Paulus“ von Mendelssohn greifen. (gd)

Meyerbeer, Giacomo: Cantique; für Bass-Solo, gemischten Chor (3 Frauen- stimmen, TTB) und Orgel; Schott Music ED 21789; 14,50 € Unter dem Titel „Cantique tiré de L´imitation de Jésus-Christ, Paroles de Pierre Corneille“ wurde Meyerbeers Komposition 1859 in Paris veröffentlicht. Der Dichter Pierre Corneille zählte zu den bedeutendsten Autoren im barocken Frankreich. Sein Andachtsbuch „L´imitation de Jésus-Christ“ ist die freie Nachdichtung eines lateinischen Textes des Mystikers Thomas von Kempen. Die Partitur sieht drei Sopranstimmen, geteilten Tenor, Bass und Bass-Solo mit Orgelbegleitung vor. Allerdings könnte die dritte Sopranstimme problemlos vom Alt und die zweite Tenorstimme vom 1. Bass übernommen werden. Drei chorischen Strophen gehen jeweils Rezitative der Solostimme voraus, der musikalische Satz ist klangschön und melodienselig in den Vokalpartien und simpel in der Orgelbegleitung. (ab)

Poos, Heinrich: Epistulae; für Soli SSSA, gemischter Chor SSAATTBB und Orgel; Schott Music SKR 20111; 16,50 € Der Berliner Komponist Heinrich Poos legt in der Kammerchor-Reihe des Schott- Verlages einen für Musiker wie Zuhörer anspruchsvollen Zyklus nach Texten der paulinischen Briefe vor. Auszüge aus drei Episteln, u. a. das bekannte Hohelied der Liebe, ordnet er wechselweise mit Strophen der von Luther gedichteten Leise „Nun bitten wir den heiligen geist“ zu einem persönlich geprägten "Glaubensbe- kenntnis" an. Die Besetzung ist mit SSATTBB angegeben, stellenweise teilt sich aber entgegen der Angabe auch der Alt, hinzu treten in einem Satz Soli SSSA sowie in allen Sätzen ein Organist: ohne solistische Funktion unterlegt der Orgel- part den Chorsatz mit vereinfachten Stützakkorden. Poos' Tonsprache liegt ein traditionelles Formendenken (der variierte, gliedernd wirkende Choral mit fugierten Elementen) sowie eine um Reizdissonanzen stark erweiterte Dur-Moll-Tonalität zugrunde. Die melodischen Linien sowie die Zusammenklange sind häufig unge- wöhnlich und für den Chor fordernd, die stützenden Orgelklänge erleichtern die Aufgabe jedoch. (mb) Rachmaninov, Sergej: Vocalise op. 34 Nr. 14 für gem. Chor und Klavier (Orgel), arrangiert von Adrian Connell Edition Dohr 88704; 6,80 € Die berühmte "Vocalise" Rachmaninovs (1873-1943) ist im Original eine Komposi- tion für hohe Singstimme und Klavier. Im Laufe der Jahrzehnte hat dieses Werk zahlreiche Bearbeitungen erfahren, sei es für Soloinstrument und Klavier, Kam- merensemble oder auch verschiedene Chor- und/oder Orchesterbesetzungen sogar vom Komponisten selbst. Die Arrangeure sind dabei sehr behutsam vorge- gangen, um den Charakter des Werkes als Solo-Vocalise beizubehalten. Auch hat man natürlich den Charakter, die Spielbarkeit und Klangerzeugung des jeweiligen

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Instrumentes für ein Arrangement im Blick gehabt. Weder Behutsamkeit noch Kenntnis von Chorklang und Behandlung der Chorstimme kann dem vorliegenden Arrangement attestiert werden. Vom ersten bis zum letzten Takt wird das Werk in seiner harmonischen und polyphonen Komplexität durchgängig auf fünf- bis sechsstimmigen Chor und Klavier- bzw. Orgelbegleitung aufgeteilt. Dabei kann die notierte Begleitung nicht ohne eigene Bearbeitung auf die Orgel übertragen wer- den. Trotz dynamischer Hinweise ist ein solches Arrangement zu mächtig und wird zudem in seinem Schwierigkeitsgrad völlig unterschätzt. Die dynamische Differenzierung wird allenfalls noch ein Solistenquartett hinbekommen, aber kein Chor. Dieser wird an diesem Stück keine Freude finden. (ci)

Porr, Michael: Das ist das Licht der Höhe; für SATB und Orgel; Dr. J. Butz Musikverlag BU 2812; 1,80 € Ein aphoristisch knapper Text von Ernst Moritz Arndt ist Grundlage dieser kurzen Komposition in cantabel-wohlklingendem Stil. Für Chöre eine gut zu meisternde Aufgabe, der Orgelpart ist mittelschwer und verlangt eine im Pianobereich farbige Registrierung. (ag) Schnizer, Franz Xaver: Dixit Dominus Domino meo. Psalm 110 Soli SAB, Chor SATB, zwei Trompeten, Pauken, Streicher und Orgel herausgegeben von Friedrich Hägele Dr. J. Butz Musikverlag BU 2760; 14,00 € Dieser festlichen Psalmvertonung liegt der erste Psalm der zweiten Sonntagsves- per zugrunde. Die fast schon sprichwörtliche Besetzung mit Pauken und Trompe- ten rührt aus der Verwendung der Musik anlässlich einer Primiz her. Es ist erfreu- lich, wenn durch den stetig erweiterten Fundus an Neuausgaben von zu Unrecht vergessener Musik die Werke Schnizers eine Renaissance erfahren. (ci) Stollhof, Lukas: Singet dem Herrn ein neues Lied für Chor SATB und Orgel; Dr. J. Butz Musikverlag BU 2816; 2,00 € Über den liturgisch vielseitig verwendbaren Text (Beginn des Ps. 96) hat Lukas Stollhoff, Regionalkantor des Bistums Trier mit Sitz in Oberwesel, eine reizvolle und beschwingte Vertonung geschrieben, die nicht allzu hohe Anforderungen an die Ausführenden stellen dürfte. (ag) Völlinger, Martin: Lichtblicke SATB und Klavier, Instrumente ad. lib. ; Helbling-Verlag C 7698; 21,90 € Der in Luzern und Steinhausen wirkende Komponist und Kirchenmusiker kompo- niert und vertont in diesem Band acht neue geistliche Lieder zu Texten von Meggi Klüber. Diese versuchen inhaltlich dort anzusetzen, wo Religion und Gott im Alltag greifbar werden. In den meisten Liedtexten gelingt dies gut und ansprechend, manches aber wirkt banal, phrasenhaft oder erzwungen. Völlinger vertont die Lieder abwechslungsreich im Hinblick auf Stilistik und Faktur sowie meist intuitiv singbar. Die Stimmunfänge der Chorstimmen sind dabei gut berücksichtig. Daher sind die Lieder für die meisten Chöre gut singbar. Schade nur, dass der Chorbass oft nur den Basston doppelt und dann schlecht zur Geltung kommt, während closed voicings häufig bessere Effekte erzielt hätten. Die Klavierbegleitung ist mit etwas Routine im Bereich der modernen Musik gut spielbar – für unerfahrene, klassisch orientierte Begleiter sind die Rhythmen teils recht komplex. (mb)

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Walter, Johann: Geistliches Gesangbüchlein Verlag Dohr 11308; 22,80 € Johann Walter, engster musikalischer „Mitarbeiter“ Martin Luthers, beriet Luther bei der Ausarbeitung der „Deutschen Messe“ und vertonte seine Texte. Mit dem Geistlichen Gesangbüchlein von 1524 eröffnet Walter sozusagen die Geschichte der mehrstimmigen protestantischen Kirchenmusik, neben dem Achtliederbuch und den Erfurter Enchiridien. 1525 erschien in Worms der Zweitdruck des Geistli- chen Gesangbüchleins mit einem Vorwort Luthers. Dieser Nachdruck bestand aus einer Partitur und fünf Stimmbüchern. Drucker war Peter Schöffer d. J., Sohn Peter Schöffers d. Ä., der selbst Mitarbeiter bei Johannes Gutenberg in Mainz gewesen war. Wegen seines Bekenntnisses zu Luther hatte der Sohn 1518 Mainz verlassen müssen. Seine Drucktechnik mit beweglichen Mensural-Lettern hatte Schöffer von Ottaviano Petrucci übernommen. Das „Gesangbüchlein“ enthält 38 deutsche Kirchenlieder in mehrstimmigen (3 – 5- stg.) Sätzen. Bei den meisten liegt der Cantus firmus im Tenor, einige führen ihn bereits im Sopran, andere kanonisch in zwei Stimmen. Den Beschluss bilden fünf lateinische Psalmen. Wer z.B. originale mehrstimmige Sätze der Lutherschen Lieder sucht (als Choräle bei einer Aufführung des „III. Teils der Clavierübung“ etc.), wird hier fündig. Ein großzügiges Druckbild mit sämtlichen Strophen (aller- dings ist jeweils nur die erste unterlegt) rundet diese vorbildliche Ausgabe ab. (ag)

Messen

Fux, Johann Joseph: Missa in G, für Soli, Chor, 2 Violinen, Violoncello (Kontrabass) und Orgel ; Dr. J. Butz Musikverlag BU 2805; 28,00 € Fux (1660 – 1741) verdient es als einer der großen Barockmeister Österreichs bezeichnet zu werden. In den vergangenen Jahren sind immer wieder Neuausga- ben der zahlreichen Werke des kaiserlichen Hofkomponisten am Wiener Kaiserhof erschienen. Die Missa in G ist mit einem Streichquartett zwar gering besetzt, ge- hört ihres Umfangs wegen aber zu den großen Messen dieser Zeit. Schon aus ökonomischen Gründen eignet sie sich für Festgottesdienste besonders dort, wo man sich kein großes Instrumentarium leisten kann. (ci) Gabriel, Thomas: Missa juvenalis, für Solo S, Jugendchor, Chor SATB und Kammerorchester; Schott Music ED 21791-01; 19,50 € Thomas Gabriels Messordinarium für Solo-Sopran, Jugendchor (2-3stg.), ge- mischten Chor und Kammerorchester vereint in Kyrie und Agnus Dei liturgische Texte mit Schriften Dag Hammarskjölds. Die Musik Gabriels lebt von rhythmi- schem Schwung, melodischer Phrasenbildung und harmonischer Farbigkeit, wel- che er punktgenau einzusetzen weiß. Hinzu tritt effektvoll und dosiert das Instru- mentalensemble oder die Orgel. Wer über die für die Aufführung entsprechenden Ressourcen verfügt, dem sei dieses Werk empfehlend ans Herz gelegt. (ab) Jansson, Mårten: Missa Popularis; für SSA, (TB ad. lib.), Streicherquartett Bärenreiter-Verlag BA 7420 ; 24,95 € Partitur / 13,95 € Klavierauszug "My music is my own", so schreibt der schwedische Komponist Mårten Jansson in der Biographie auf seiner Homepage. Etwas eigenwillig mutet auch die Idee an, eine Messvertonung, die sich an schwedischen Volkstänzen orientiert, zu kompo- nieren. Rückblickend auf die Musikgeschichte ist es aber nur halb so originell, denn wohl alle großen Komponisten ließen auch Tanzrhythmen ihrer Zeit in ihre

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Musik einfließen. So ist auch die Missa Popularis ein schönes und rundes, in keiner Weise "unsakrales" Werk. Die Musik greift die Stimmungen oft gut auf und bringt häufig musikalische Textausdeutung mit ein. Die Besetzung schließt Frau- enchor SSA mit optionalen Männerstimmen und Streichquartett (-orchester) ein. Auch wenn die Männerstimmen nur optional zu besetzen sind, so sind sie keines- wegs stiefmütterlich behandelt – es gibt einige Solostellen, häufig agieren sie kontrapunktisch-polyphon zu den Frauenstimmen. Auch die Orchesterstimmen gehen häufig eigene Wege, vom Figurieren bis hin zur virtuosen Violin- Solostimme, deuten sie teilweise statt des Chores den Text aus. Für den Chor ist das Werk nicht wirklich schwer, aber auch nicht ganz leicht: hohe Lagen werden nicht gemieden, die Tanzrhythmen sind streckenweise (zumindest für Mitteleuro- päer) ungewohnt und die Textierung wirkt bisweilen unorganisch. Die Klanglichkeit des Werkes ist tonal gehalten, teilweise mit um Septimen erwei- terte Akkorde und mit stellenweise ungewöhnlichen Akkordfortschreitungen. Insgesamt eine interessante Bereicherung des Repertoires für Frauenchor, aber auch für gemischte Chöre willkommenes Neuland. (mb)

Kleeb, Jean: Missa Brasileira, Lateinische Messe, für Solo S, Chor SATB, Klavier, Cello, Bass, Percussion; Helbling Verlag C 7789; 34,90 € Die vorliegende Messvertonung für gemischten Chor SATB, Sopran-Solo, Cello, Percussion und Band überzeugt insgesamt durch ihre Stilsicherheit, musikalische Vielfalt und gute Ausführbarkeit. Dazu leisten auch die ausnotierten Instrumental- parts ihren Anteil. Während das Gloria im Stile einer Kantatenmesse noch sieben Einzelsätze umfasst, sind vom Text des Credo dagegen nur Rudimente vertont. Gegen Ende des Ordinariums lassen Groove und Einfälle leider etwas Inspiration vermissen. (ab)

Mozart, Wolfgang Amadeus: Requiem KV 626 Soli, Chor, Orchester; Bärenreiter-Verlag BA 4538-90; 8,95 € (Klavierauszug) Gülden leuchtend prangt der Werbeaufkleber „The autoritative performing edition“ auf der neuen Ausgabe des Standardwerkes. Der Klavierauszug sei im Gegensatz zur vorherigen Ausgabe leichter spielbar, was ich nur an wenigen Stellen entde- cken konnte. Zum Glück ist der Klavierauszug kompatibel mit der bislang erhältli- chen Ausgabe. Das lesenswerte Vorwort von Christoph Wolff hat dazu geführt, dass der Band nicht mehr heftgebunden ist, sondern eine Buchbindung mit Rü- cken hat, da er um 8 Seiten zugenommen hat. Von meinen Chormitgliedern weiß ich, dass sie um jedes Gramm weniger Gewicht bei Noten, die man lange in der Hand halten muss, dankbar sind. (gd)

Saint-Saëns, Camille: Messe de Requiem op. 54 Soli, Chor, Orchester; Carus-Verlag CV 27.317; 78,00 € Das etwa 35-minütige Werk ist reizvoll, nicht allzu schwer, hatte aber bisher ein Handicap, das seiner weiteren Verbreitung im Weg stand: Eine übermäßige große Orchesterbesetzung Berliozschen Ausmaßes mit durchgehend vierfach besetzten Bläsern. Die Carus-Ausgabe stellt in dieser Hinsicht ein echtes Novum dar: Der Herausgeber Fritz Näf ermöglicht eine Aufführung in einer Reduzierung von 26 auf 13 Bläser (+ Streicher, Harfe, Orgel), die einer realisierbaren Besetzung sehr viel näher kommt. In der Partitur ist dies nicht zu erkennen, lediglich im Stimmensatz müssen die Bläser I und III häufiger die Parts der entfallenden Bläserstimmen II und IV übernehmen, um nur ein Beispiel der Vorgehensweise des Bearbeiters zu

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nennen. So wird der eigentliche Charakter des Werkes kaum angetastet. Für den Dirigenten ist es allerdings etwas verwirrend, wenn er Spieler und Stimmen nicht sofort zuordnen kann. (gd)

Stoiber, Franz Josef: Missa inglese für Chor SATB und Orgel ; Edition Walhall EW 1004; 18,50 € Orientiert an englischen Vorbildern, insbesondere Benjamin Britten, komponierte der Regensburger Domorganist Franz Josef Stoiber seine Missa inglese für Chor (SATB, teils auch geteilt) und Orgel: ein tonal gebundenes, gemäßigt-modernes Werk, inteligent komponiert, mitreißend für Zuhörer und mit Spaß zu musizieren. Die Tonsprache ist geprägt von terzverwandten Akkorden in allen Variationen, von um gemäßigte Dissonanzen erweiterten Akkorden sowie von Motivischer Arbeit. Die ungewohnten Akkordfortschreitungen mit teils unangenehmen Schrittfolgen innerhalb der Stimmen stellen den Chor intonatorisch zwar vor Herausforderun- gen, die jedoch dadurch aufgefangen werden, dass die Harmonien immer auch in der Orgelstimme präsent sind. Auch die hohe Lage wird nicht über Gebühr belas- tet. Dem Organisten kommt zu Gute, dass Stoiber selbst ein versierter Improvisa- tor ist, so dass die Orgelstimme zwar sämtliche Abschnitte des Quintenzirkels berührt, aber meist 'gut liegt' und merklich für dieses Instrument komponiert ist. Daher ist das Werk als mittelschwer einzuordnen - für Chor wie auch für Or- gel. (mb)

Walder, Heinrich: Missa brevis in Es  Bläserfassung: gemischter Chor (SATB), Bläser, Orgel, BU 2713A; 16,00 € (Partitur) / 2,50 € (Chorpartitur)  Orgelfassung: gemischter Chor (SATB), Orgel, BU 2713B; 14,00 € (Partitur) / 2,50 € (Chorpartitur) Dr. J. Butz Musikverlag Am 3. Sonntag der Osterzeit wird in der Diözese Bozen-Brixen der "Kassiansonn- tag" festlich begangen. Für die musikalische Gestaltung dieses Tages durch meh- rere zusammen musizierende Chöre komponierte Walder die Missa brevis in Es. Das Werk kann zusätzlich zu Chor und Orgel auch noch mit Bläsern und Pauken besetzt werden, um eine größere Festlichkeit zu erreichen. Diese Instrumente sind bedacht eingesetzt: durch viele längere Pausen wird eine einheitliche Klangfarbe vermieden; die Instrumente gehen teilweise colla parte und haben teilweise eige- ne Stimmfuhrungen, sie sind teilweise im gleichen Rhythmus wie der Chor und teilweise fanfarenartig rhythmisiert. Der Komponist war nach eigenen Angaben bei den Chorstimmen auf eine "leicht ausführbare Stimmführung" bedacht. Das ist ihm gelungen, leider überzeugt die Melodik dabei nicht immer und wirkt bisweilen uninspiriert. Vom Ambitus her ist die Messe den Möglichkeiten der einzelnen Stimmen angemessen, der Sopran muss einige Male auf das g'', jedoch nicht darüber hinaus. (mb)

Wallrath, Klaus: Missa festiva  Bläserfassung für Solo (S), SATB, Bläser, Orgel BU 2800A; 25,00 € (Partitur) 3,00 € (Chorpartitur)  Orgelfassung für Solo (S), SATB, Orgel, 2800B; 18,00 € (Partitur) / 3,00 € (Chorpartitur) Dr. J. Butz Musikverlag Diese Messe entstand als Auftragswerk für ein Chorjubiläum, dem festlichen An- lass entsprechend strahlt sie Freude, aber auch Innehalten aus. Der Chorpart wird

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von der Orgel getragen, die durch Bläser (je 2 Flöten, Klarinetten, Hörner, Trom- peten, Posaunen) angeführt werden. Für Aufführung ohne Bläser gibt es eine gesonderte Orgelpartitur. Die einzelnen Messsätze sind thematisch und motivisch sehr schön gestaltet, cantabel und wo textlich erforderlich mit artikulatorisch- rhythmischem Impetus. Das Sopran-Solo alterniert mit dem Chor oder hat z.B. im Gloria auch längere Solo-Passagen. Eine sehr gelungene, atmosphärisch treffen- de Vertonung des Ordinariums (ohne Credo). Empfehlenswert! (ag)

Mehrchörig

Graap, Lothar: Chorpsalmen sub communione für drei gemischte Chöre a cappella; Edition Dohr 15251; 17,80 € Die Komposition dient als Begleitgesang zur Kommunion bzw. zur Austeilung des Abendmahles. Dem Anlass entsprechend sind die Psalmen sehr schlicht und dezent, in modaler Tonsprache gehalten. Die Besetzung von zwei Frauen- und einer Männerstimme kommt auch den Chören entgegen, denen es an Männer- stimmen mangelt. (ci) Hessenberg, Kurt: Mitten wir im Leben sind; für zwei gemischte Chöre (SSAATTBB) a cappella; Schott Music SKR 20067; 14,50 Hessenbergs großartige Motette für achtstimmigen gemischten Chor verknüpft die Melodie der Antiphon „Media in morte sumus“ und die Textstrophen Martin Lu- thers mit Versen aus Psalm 90. Dabei sieht die doppelchörige Anordnung interes- santerweise eine Verteilung der Stimmen auf SSAT.ATBB vor. Der Komponist schreibt immer äußerst textbezogene und den Stimmen angemessene Melodieli- nien, weiß dramatische Akzente und Effekte zu setzen und erweist sich so als gewiefter Praktiker. Bezüglich der erweiterten Tonalität, der geforderten dynami- schen Bandbreite und der verlangten Stimmumfänge entsteht eine virtuose Chor- partitur, die umzusetzen ein wahrhaft erfahrenes Ensemble bedarf. (ab) Heugel, Johann: Consolamini popule meus; für achtstimmigen gemischten Chor a cappella; Pan-Verlag 1501; 12 € Johann Heugel wurde um 1510 in Wetter (Kreis Marburg/Lahn) geboren, studierte vermutlich in Süddeutschland oder der Schweiz und war dann zeitlebens in Kassel als Musiker, später als Hofkapellmeister und Komponist wirkte. Das vorliegende Opus 'Consolamini popule meus' vertont den bekannten Jesaja-Text unter dem unmittelbaren Eindruck der damaligen Pest-Epidemie in beeindruckender Weise. Die Anlage der Motette ist doppelchörig, die Harmonik eher schlicht, ganz im Gegensatz zu den Stimmführungen in den Einzelstimmen des durchbrochen ho- mophonen Werkes. Wenn beide Chöre gleichzeitig singen, ist häufig die Gange Bandbreite des chor-ambitus genutzt, was zu einem sehr dichten Klang führt. Auch sonst bevorzugt Heugel weite Lagen bei tief liegender Tenorstimme; auch die Sopranstimmen liegen nicht allzu hoch und überschreiten das f'' nur aus- nahmsweise. Während sich die Chöre am Anfang des Stückes noch in längeren Passagen abwechseln, so folgen gegen Ende sehr schnelle, auf Echowirkung angelegte Wechsel, bevor das Werk mit einer langen, für die Zeit fast revolutionär komponierten Schlusskadenz schließt. Ein sehr interessantes Werk, das sicherlich eine Aufführung lohnt, allerdings ist es wegen der doppelchörigen Besetzung, der außergewöhnlichen Stimmumfängen und der Melodielinien, die uns taktgeprägten heutigen Menschen oft merkwürdig unorganisch erscheinen, nur für Chöre auf

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hohem Niveau und mit Erfahrung bei der Aufführung von Renaissance-Musik zu empfehlen. (mb) Zelter, Carl Friedrich: Hymnus an die Sonne; für Soli TB mit Klavierbeglei- tung und zwei Chöre SATB/SATB; Schott Music ED 21772; 7,50 € Der Text des Hymnus für achtstimmigen gemischten Chor und Soli (TB) mit Kla- vierbegleitung) entstammt dem Gedicht „In Flammen nahet Gott“ von Christoph August Tiedge. Mit der doppelchörigen Anlage und der Anweisung „Sehr pathe- tisch!“ steht Zelters Werk in bester Cäcilienvereins- und Singakademien-Tradition jener Zeit. Ungewöhnlich wirkt, dass lediglich das kurze Tenor- und Bassduett des Mittelteiles vom Klavier zu begleiten ist, während die chorischen Ecksätze a- cappella zu singen sind. (ab)

Musik für Kinder

Unser Licht ist Christus - Chorbuch zum Deutschen Mädchen- und Jugend- chorfestival Pueri Cantores in Rottenburg; Bärenreiter-Verlag BA 6929; 10,75 € In diesem Jahr 2017 finden (bzw. fanden) 3 separate Chorfestivals für die ver- schiedenen Sparten des Pueri-Cantores-Verbands statt. Zu jedem dieser Festivals sind im Bärenreiter-Verlag eigene Chorhefte erschienen. Das hier vorliegende für Rottenburg (30. Sept.- 3. Oktober) richtet sich an die Mädchen-(Jugend)Chöre. Die Auswahl der darin enthaltenen Chorstücke lag in den bewährten Händen von Christian Schmitt, Gabriele Sichler-Karle und Judith Kunz. Herausgekommen ist wieder eine interessante Mischung aus bereits andernorts erschienen Chorsätzen und neuen Entdeckungen oder Bearbeitungen (wie z.B. eine gleichstimmige Fas- sung des „Gott, unser Schöpfer“ von Zsolt Gardonyi), die sich alle auch für gleich- stimmige Chöre fortgeschrittener Generationen eignen. Natürlich spielen englisch- sprachige Texte bei der „Klientel“ der Pueri Cantores immer eine große Rolle. Nahezu alle Sätze erfordern eine Begleitung durch Klavier und/oder Orgel. Sie können z.B. Firmgottesdienste und Veranstaltungen für jüngere Zielgruppen sehr gut bereichern. (ag)

Hantke, Andreas: Vier neue Kinderlieder Kinderchor und Klavier; Strube Edition 6806; 3,00 € „Das Kreuzlied“, „Heute war es wieder schön“, „Hippo Song“ und „Ich heiß doch nicht: ´He du!´“ sind die Titel der vier bunt gemischten leichten Strophenlieder für Kinder im Grundschulalter. Dahinter verbergen sich ein Lied über das Kreuzei- chen, ein Abschiedslied am Probenende, ein lustiger Nilpferd-Song und ein für Taufe oder Tauferinnerung geeignetes Namenslied. (ab)

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Die Orgel der katholischen Kirche St. Walburgis in Wetzlar-Niedergirmes

Für die 1953 neu erbaute Kirche St. Walburgis in Wetzlar-Niedergirmes lieferte 1967 die Orgelbauwerkstatt Förster & Nicolaus (Lich) eine neue Orgel mit folgen- der Disposition und technischer Beschaffenheit:

I. Manual C-g3 II. Manual C-g3 Pedal C-f1 Quintade 16' Gedackt 8' Subbaß 16' Prinzipal 8' Salizional 8' Oktavbaß 8' Rohrflöte 8' Prinzipal 4' Gedacktbaß 8' Oktave 4' Rohrflöte 4' Gemshorn 4' Gemshorn 4' Nasard 2 2/3' Nachthorn 2' Blockflöte 2' Oktave 2' Pedalmixtur 4fach Sesquialtera 2fach Sifflet 1' Posaune 16' Mixtur 4-5fach Zimbel 3fach Trompete 8' Krummhorn 8' Tremulant

Koppeln: II/I, I/P, II/P Spielhilfen: 2 freie Kombinationen, 1 feste Kombination (Tutti), Auslöser, Zungenabsteller, Handregister Schleifladen, mechanische Spietraktur, elektrische Registertraktur

2017 wurde die Orgel von der Erbauerfirma gereinigt und technisch instand ge- setzt. Hierzu gehörte auch die Wiederherstellung der Betriebssicherheit der elektrischen Kleinspannungsanlage (nach VDE-Vorschriften).

Da im Vorfeld der Wunsch nach zusätzlichen freien Kombinationen aufkam, ent- schloss man sich zum Einbau eines Setzers (System Heuss). Dabei wurden auch neue Wipptastenschalter und neue Schleifzugmotoren eingebaut. Der vorhandene Klangcharakter wurde beibehalten, bei der Intonation wurden lediglich ausglei- chende Maßnahmen vorgenommen.

Die Orgel ist ein typisches „Kind ihrer Zeit“, der so genannten Orgelbewegung, die sich in den 1920er-Jahren durch die Beschäftigung mit erhaltenen norddeutschen Barockorgeln und durch die Wiederbelebung der Orgelmusik aus Gotik, Renais- sance und Barock gebildet hatte. Diese Epoche ist geprägt von einer radikalen Verneinung des romantischen Orgelbaus einerseits und einer Idealisierung des Orgelbaus der Barockzeit andererseits. Vor diesem Hintergrund brachte die Or-

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gelbewegung einen eigenen Stil hervor, der jedoch nicht viele Gemeinsamkeiten mit originalen barocken Vorbildern hat. Die Qualitätsunterschiede der in der Zeit von 1945 bis ca. 1980 gebauten „neoba- rocken“ Orgeln können allerdings beträchtlich sein.

Die katholische Kirchengemeinde St. Walburgis verfügt hingegen über eine hand- werklich sehr gut gebaute Orgel. Das obertönige Klangbild wurde glücklicherweise nicht auf die Spitze getrieben, so dass der Hörer angenehm helle, aber nicht schrille Klänge wahrnehmen kann.

Die Förster & Nicolaus-Orgel in St. Walburgis ist damit ein hervorragender Vertre- ter einer in sich gültigen und mittlerweile abgeschlossenen Stilepoche des Orgel- baus. Sie eignet sich nicht nur bestens für die Orgelmusik von J.S. Bach, Dieterich Buxtehude und anderen (norddeutschen) Komponisten der Barockzeit. Vielmehr kann auch die Orgelmusik jener Komponisten stilgerecht wiedergegeben werden, die für die neobarocke Orgel komponiert haben. Ihre Namen sind heutzutage im Prinzip genauso vergessen, wie vor 100 Jahren z.B. Mendelssohn, Rheinberger oder Merkel.

Es handelt sich um Komponisten wie Joseph Ahrens (1904-1997), Johann Nepomuk David (1895-1977), Hugo Distler (1908-1942), Ernst Pepping (1901- 1981) oder Hermann Schroeder (1904-1984). Vielleicht kommt eines Tages die Zeit, in der diese Komponisten wiederentdeckt werden und man nach geeigneten Instrumenten für die Wiedergabe dieser Musik sucht. Die Förster & Nicolaus-Orgel von St. Walburgis in Wetzlar-Niedergirmes wäre sicherlich eines dieser Instrumen- te!

Dr. Achim Seip Orgelsachverständiger im Bistum Limburg

Bildnachweis Titelseite: Marienkirche Krakau, Deckengewölbe Marienkirche, Papstaltar in der Jakobskir- che Danzig: Fotos Gabriel Dessauer / RKM

Rückseite: Orgel in Wetzlar-Niedergirmes Foto: Dr. Achim Seip / RKM

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BEZIRKSKANTOREN

BÄR, Roman Bezirkskantor Wiesbaden [email protected] Wiesbaden; St. Birgid Tel: 0611 927 99 52

BRACHTENDORF, Florian Bezirkskantor Rheingau [email protected] Geisenheim; Hl. Kreuz Tel: 06722 750 74 22

BRAUN, Matthias Bezirkskantor Main-Taunus [email protected] Hofheim; St. Peter u. Paul Tel: 06192 929 850

BRENNER, Lutz Bezirkskantor Rhein-Lahn [email protected] Bad Ems; St. Martin Tel: 02603 93 69 20

CHRISTILL, Horst Bezirkskantor Wetzlar [email protected] Wetzlar; Dompfarrei Tel: 06441 200 12 85

DREHER, Joachim Bezirkskantor Lahn-Dill-Eder [email protected] Dillenburg; Herz Jesu Tel: 0160 959 05 141

FINK, Franz Bezirkskantor Untertaunus [email protected] Idstein; St. Martin Tel: 06126 951 916

LOHEIDE, Andreas Bezirkskantor Westerwald [email protected] Montabaur; St. Peter in Ketten Tel: 02602 999 06 90

LOOS, Michael Bezirkskantor Limburg [email protected] Hadamar; St. Joh. Nepomuk Tel: 06433 930 50

REULEIN, Peter Bezirkskantor Frankfurt [email protected] Frankfurt; Liebfrauen Tel: 069 297 296 28

SCHMITZ-BERNARD, Bernhard Bezirkskantor Hochtaunus [email protected] Bad Homburg; St. Marien Tel: 06171 225 85

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2/2017 Impressum Kirchenmusik im Bistum Limburg 2/2017

Herausgeber Referat Kirchenmusik im Bistum Limburg Bernardusweg 6, 65589 Hadamar fon: 06433. 88 720 fax: 06433. 88 730 mail: [email protected] web: www.kirchenmusik.bistumlimburg.de

Schriftleitung DKMD Andreas Großmann mail: [email protected]

Redaktionsteam Andreas Boltz (ab) Manuel Braun (mb) Gabriel Dessauer (gd) Andreas Großmann (ag) Carsten Igelbrink (ci) Adelheid Müller-Horrig (Rezensionsteil)

Layout Annika Steininger, Bischöfliches Ordinariat Limburg

Druck und Herstellung Druckerei Lichel, Limburg

Erscheinungstermin 1. Mai und 1. November

Redaktionsschluss 15. März und 15. September

Bistum Limburg www.kirchenmusik.bistumlimburg.de