Robert Uhrmacher

Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund Evolution der Steinzeit

© Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR

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Vorwort

2008 begann das LVR, Rheinisches Landesmuseum Bonn, in einem Team mit 30 Wissenschaftlern den kompletten Fund aus dem Doppelgrab vom Februar 1914 in Oberkassel zu hinterfragen. Somit musste ich zur Veröffentlichung dieser Publikation auf die Auswertungen warten. Vor Ausstellungsbeginn zum 100-jährigen Funddatum 2014 produzierte der WDR einen Begleitfilm zur Ausstellung, der aber erst im Oktober 2014 ausgestrahlt wurde. Da ich dem WDR Bildmaterialien für die Produktion zur Verfügung stellte, sollte der Film auch mit im Skript einbezogen werden. Dann überschlugen sich für mich die Ereignisse, da ich den Nachlass der Familie Peter Uhrmacher aus Italien zur Verfügung bekam. Im Nachlass waren bisher unbekannte Bildmaterialien enthalten, die ich in wochenlanger Arbeit einscannte und überarbeitete. Somit war der Tatsache geschuldet, dass ich nicht rechtzeitig mit meinem Werk zum 100 jährigen Gedenken des Fundes fertig werden konnte, ein besonderer Sinn gegeben. Die Materialien wurden von mir auch dem Rheinischen Landesmuseum in Bonn zur Verfügung gestellt. Erwin Cziesla stellte mir seine noch vorhandenen Aufnahmen von 1977 über den Hund und den Beifunden zur Verfügung. Leider waren diese nicht mehr vollständig vorhanden.

Es ist ein fast aussichtsloses Unterfangen alle Publikationen des diluvialen Steinzeitfundes aus Oberkassel und die neuesten Erkenntnissen der Steinzeit mit einzubeziehen. Auch führen neuere Untersuchungen zu Revisionen und einiges muss revidiert werden.

Danksagung Ich möchte mich bei allen beteiligten Wissenschaftlern des Rheinischen Landesmuseums in Bonn, dem Eiszeitmuseum im Schloss Monrepos bei Neuwied, der Universität Bonn und anderen Universitäten sowie Archiven mit verschiedenen beteiligten Instituten und Einrichtungen, dem Neanderthal Museum in Mettman bei Düsseldorf und Erwin Cziesla ganz herzlich bedanken. Erst durch deren Unterstützung war die Vollendung meines Werkes möglich.

Robert Uhrmacher

Oberkasseler Zeitung – Aus Nah und Fern, 14. Februar 1914

Inhaltsverzeichnis

Der Diluviale Fund von Oberkassel Einleitung ...... 1 Der Fund ...... 2 Erste Untersuchung der Fundstelle ...... 9 Bedeutsamkeit des Fundes ...... 17 Die Präparierung der Skelette ...... 18 Erhaltungszustand der Oberkasseler Skelette ...... 18 Erste Auswertung des Fundes ...... 19 Vorstellung des Fundes vor der Bonner Anthropologischen Gesellschaft ...... 20 Untersuchungen der Skelette ...... 21 Die Rotfärbung der Knochen ...... 24 Die stratigraphische Lage und Körperhaltung der Bestatteten ...... 24 Nachweisbare Krankheiten und Verletzungen am Skelett des Mannes ...... 25 Verwandtschaftsverhältnis ...... 26 Nachuntersuchungen ...... 26 Die im Grab beigelegten Kultur- und Schmuckgegenstände ...... 28 Der Hund ...... 37 Die Frage der Domestikation des Wolfes zum Hund ...... 44 Zeitdatierung der Funde ...... 49 Nicht mehr weiter untersuchte Proben des Fundes ...... 49 Nachträgliche Veränderungen im Bereich der Fundstelle ...... 50 Spätere Untersuchungen der Fundstelle und neueste Untersuchungen ...... 51 14 C –Datierungen aus 2008 ...... 55 14 C –Datierungen aus 2015 ...... 57 Gesichtsrekonstruktionen ...... 60 Inventarisierung des Fundes ...... 66 Letzte Eiszeit und die Umgebung des Oberkasseler Menschen ...... 68 Funde in der näheren Umgebung ...... 75 Evolution der Steinzeit Entwicklung des Menschen in Europa ...... 80 Entwicklung des Menschen ...... 87 Neandertaler ...... 90 Der Homo sapiens sapiens ...... 92 Wichtige Funde des jetzigen Menschen (Homo sapiens sapiens) ...... 94 Naher Osten ...... 94 Europa ...... 96 Afrika ...... 98 Asien und Ostasien ...... 100 Australien ...... 105 Amerika ...... 106 Parallele Homotypen ...... 106 Der Denisova-Fund ...... 107 Die Jagd ...... 115 Kultur, Kunst Schmuck und Bestattungen ...... 118 Schamanen und religiöse Zeremonien ...... 122 Wanderbewegungen von Kulturbeigaben und steinzeitlichen Menschen ...... 123 Auswanderungswellen ...... 124 Die Frage der Vermischung zwischen Neandertaler und Modernem Menschen ...... 126 Die Definition des Wortes Rasse ...... 130 Fazit ...... 131 Glossar ...... 134 Quellennachweis ...... 138 Foto und Bildnachweis ...... 141

Plakat Eiszeitjäger LVR Bonn © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Zeichnung: Karol Schauer Repro: Robert Uhrmacher

Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit

Der Diluviale Fund von Oberkassel Einleitung Neben der wirtschaftlichen bekam der Stingenberg, damals als Steinbruch im Besitz von Peter Uhrmacher, eine wissenschaftliche Bedeutung von außerordentlichem Range. Nicht wenige archäologische Funde wurden im Bereich von Oberkassel gemacht. Am bekanntesten ist der sogenannte „Oberkasseler Mensch“. Im Februar 1914 wurde in dem Steinbruch „Am Stingenberg“ ein Doppelgrab mit den Skeletten eines etwa 50- bis 60-jährigen Mannes und einer 20 bis 25jährigen Frau entdeckt, die von größeren flachen Basaltblöcken bedeckt gewesen waren. Die Leichname waren mit Rötel überpudert und hatten als Beigabe geschnitzte, figürlich verzierte Knochengeräte erhalten. Art und Beschaffenheit der Fundstelle ließen keinen Zweifel daran, dass es sich um eine Bestattung in einem Doppelgrab handelt.

Die drei Bonner Professoren VERWORN, BONNET und STEINMANN untersuchten den Fund und veröffentlichten 1915 und 1918 Ihre Erkenntnisse in einem peniblen Werk, was heute noch als herausstechend in Fachkreisen gilt. Es war für die damaligen Verhältnisse ein sehr aufwendiges, mit fotografischen Höchstleistungen angefertigtes Buch und ist heute nur schwer und mit viel Glück in Antiquariaten erhältlich.

(1) Max Verworn, Robert Bonnet und Gustav Steinmann Voit SUB Göttingen Universität Bonn; Repro G.Oleschinski, Schafgans (Archiv Theo Schafgans), Privatbesitz

Max Verworn (1863 - 1923), geboren in Berlin, war Professor für Physiologie in Bonn, befasste sich mit prähistorischer Archäologie, studierte Zoologie und Medizin und vor seiner Bonner Zeit (ab1910) Universitätslehrer in Jena (ab1891) und Göttingen (ab1901).

Robert Bonnet (1851 - 1921), geboren in Augsburg, war Professor für Anatomie, zunächst in München (ab 1891), in Würzburg (ab 1889), Giessen (ab 1891), Greifswald (ab 1895), und dann (ab 1907) in Bonn.

Gustav Steinmann (1856 - 1929), geboren in Braunschweig, war Professor für Geologie und Paläontologie in Bonn, ein Geologe von Weltruf. Er war außerordentlicher Professor in Jena, lehrte eine Zeit lang in Freiburg und ab 1906 in Bonn.

Seite 1 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Der Fund Anfang des Jahres 1914 beschloss der Steinbruchbesitzer Peter Uhrmacher in seinem Steinbruch „Im Stingenberg“ und bei Bonn-Oberkassel gelegen, einen Teil eines Hügels einzuebnen um zum einen den Zugang zum Steinbruch zu erleichtern und zum anderen um dort eine Gleisanlage zum Transport des gebrochenen Steines mit Förderwagen zu ermöglichen. Der Teil des Stingenberges, in dem der Fund gemacht wurde, nannte sich „Kuckstein“ und war Teil der „Rabenley“, die sich vorher „Casseler Ley“ nannte.

Er beauftragte seinen Vorarbeiter, Engelbert Nolden, der aus Oberdollendorf stammte und jahrelang selber im Steinbruch Basalt gebrochen hatte, mit ein paar Arbeitern den Hügel abzutragen. Im Februar wurde die Arbeit begonnen. Der Hügel bestand aus Hangschutt auf vier Metern mächtigen graugelben Sandes und die Profilbasis bildete oberflächig tonig verwitterter Basalt. Ursprünglich erhob sich dort eine Steilwand, die ungefähr auf halber Höhe dann bis zur höchsten Erhebung abflachte. Durch Verwitterung und Abspülungen hatte sich dieser Hangschutt über Jahrtausende abgelagert. Höchstwahrscheinlich war auch am unteren Ende der Steilwand ein leichter Felsabriss vorhanden, denn der Bonner Geologe Johann Jakob Noeggerath (1788 – 1877) beschrieb die noch weitgehend unversehrten Basaltfelsen 1822 wie folgt:

„Nördlich von den höhern Basalt- und Dolomit-Kegeln, welche das eigentliche Siebengebirge konstituiren, werden die aus dem Gebirge kommenden und sich nach dem Rheine hin öffnenden, also mehr oder weniger von Osten nach Westen streichenden, Thäler immer seltener oder sie schneiden doch weniger tief ein; die Berge werden dadurch, zugleich bei fortwährend abnehmender Höhe, mehr langgezogen rückenartig und verlaufen sich vor und nach mit ihrem Fuße in die Ebene. Ein solcher Rücken zieht fast parallel dem Rheine, in beiläufig viertelstündiger Entfernung von demselben ab, längst dem Dorfe Obercassel vorbei bis nach Ramersdorf, wo er durch ein Thal, doch nicht völlig, von der übrigen noch mehr nördlichen Bergmasse gesondert ist. Der mehr südlich gelegene Theil dieses Rückens ist etwa 400 Fuß über dem Rheinspiegel hoch und führt den Namen Casseler Ley, der mehr nördliche, höchstens 300 Fuß hohe, Theil ist dagegen unter dem Namen des Rückesberges bekannt. Basalt bildet die Masse dieses ganzen Rückens, dessen Hauptgehänge nach Westen, nach dem Rheinthale, hin gerichtet ist. Am obern Theile des Gehänges gehen die Felsen als steile Bergwände zu Tage aus, der untere Theil hat eine mäßige Abdachung.“

Da der Lagerplatz nicht unweit der Begräbnisstätte vermutet wurde, war die Frage eines sogenannten „Abri“, also Felsvorsprung, von großer Bedeutung. Bis jetzt konnte durch die Tatsache, dass es keine fotografischen Beweise diesbezüglich gab und die Steinbrüche im Stingenberg soweit erschlossen wurden, das diese aus geologischer Sicht nicht mehr nachweisbar sind, das ursprüngliche Vorhandensein eines solchen Felsvorsprungs nicht nachgewiesen werden. Jedoch spielte ein Abri für die Menschen der Steinzeit dann eine Rolle, wenn starke Unwetter einen Rückzug erforderten. Da die Menschengruppen damals in einer Gruppe von etwa elf bis maximal zwanzig Personen umherwanderten, zogen Sie den Aufbau von Zelten auf dem davor gelegenen Plateau vor, da Sie ansonsten im Bereich eines Abri auf engstem Raum hausen mussten. Jedoch wird ein solcher als sehr wahrscheinlich angenommen.

Um diese These zu untermauern mag ein Kupferstich von 1794 „De Seeven Bergen by Bonn – Les Sept Montagnes pres Bonn“ weiterhelfen, Es zeigt von Oberwinter aus in Richtung Siebengebirge. Dabei ist der Rolandsbogen etwas von der Mitte nach links zu sehen, in der Mitte unten der Rhein und im rechten Hintergrund der Drachenfels.

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(2) De Seeven bergen by Bonn – Les sept Montagnes pres Bonn © Robert Uhrmacher

Wie man in der Mitte erkennen kann, sind dort sehr deutlich Auswaschungen vom Rhein erkennbar. Auch sind sehr deutlich zwei Felsvorsprünge erkennbar. Zwar liegt Rolandswerth linksrheinisch und Oberkassel direkt hinter dem Rolandsbogen rechtsrheinisch, dies lässt aber trotzdem die These zu, dass die Felswände von Oberkassel ursprünglich genauso aussahen. Die Steinbrüche „Im Stingenberg“ wurden auf Höhe der Mittelterasse, wo auch das Plateau lag, erschlossen und zur Hochterasse hin abgebaut.

Die Tatsache dass die Felswand vom „Stingenberg“ aus einer Nieder- Mittel- und Hochterrasse bestand und der Fund in der Hochterrasse gemacht wurde, und dass diese komplett abgebaut wurde, ist das verborgene Vorhandensein des vermuteten Lagerplatzes unwahrscheinlich. Er wird wohl unwiederbringlich verloren gegangen sein, zumal der Steinbruch hinter dem Erschließungspunkt in die Tiefe abgebaut wurde. Hinzu kommt, dass vor dem vermuteten „Abri“, also dem Felsvorsprung, ein Hügel von ca. 6,50 m lag, der sich über die Jahrtausende gebildet hatte. Somit wäre der „Abri“ selbst bei einer existierenden Ablichtung von dem davor liegenden Hügel verdeckt gewesen. Auch der Bonner Geologe Johann Jakob Noeggerath hätte nur noch die oberen Reste des vermutlich existierenden „Abri“ sehen können. Die Beschreibungen decken sich mit der „Casseler Ley“, die „Im Stingenberg“ lag, wo der Fund gemacht wurde.

Für das Vorhandensein von einem „Abri“ in Oberkassel spricht aber auch das Bildmaterial vom sogenannten „Märchensee“, auch „Rauchloch“ genannt, der sich weiter nördlich im Bereich Ramersdorf befindet. Hier sind eindeutig zwei „Abri“ zu sehen. Im oberen rechten Teil ist ein kleinerer „Abri“ vorhanden und in der Bildmitte über dem See ein zweiter. Der Märchensee wurde ab 1925 von Jean Uhrmacher sen. als Naturtheater ausgebaut und genutzt. Es fanden dort viele Aufführungen statt. Neben Märchenaufführungen wurde dort auch gesungen. Durch die romantische Naturkulisse fanden diese rege Resonanz und waren sehr beliebt.

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(3) Der Märchensee, auch Rauchloch genannt, vor der Umgestaltung als Naturtheater. © Familie Uhrmacher

(4) Familie Strack, Besitzer des Berghofes, bei der Feldarbeit © Oberkasseler Heimatverein; Repro R. Uhrmacher

Bild mit der Familie Strack bei der Feldarbeit. Das Foto dient als Beweis für den im Bereich von Oberkassel vorhandenem Plateau, wo die Steinzeitmenschen wohl ihre Zelte aufschlugen.

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(5) Belegschaft Peter Uhrmacher 1928 im Steinbruch Stingenberg. © Familie Uhrmacher

Die Steinbrüche von Oberkassel wurden ab 1780 erschlossen und waren 1886 zum Leidwesen der Menschen schon soweit abgebaut, dass man sich über die massive Zerstörung der Landschaft beklagte (Siehe Seite 16).

Als nun Engelbert Nolden den Hügel mit Schaufel und Spitzhacke abtrug, fanden sich in einer Tiefe von fast sechs Metern durch Rötel intensiv rot gefärbter Lehm und einige flache Basaltsteine. Er hebelte die Basaltsteine zur Seite und schlug mit der Spitzhacke in die Erde, um zugleich zu erschrecken. Hatte er doch mit seinem Hackhieb einen Schädel freigelegt.

(6) Engelbert Nolden © Oberkasseler Heimatverein; Repro R. Uhrmacher

Er rief den alten erfahrenen Steinbruchaufseher Bonn herbei und vorsichtig fing man an, weiter zu graben. Es kamen immer mehr Knochen und ein weiterer Schädel zu Tage. Auf Anordnung von Johann Schonauer wurde dann an dieser Stelle vorläufig nicht mehr weiter gearbeitet. Nach

Seite 5 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit der Mittagspause hatte sich das Ereignis in Oberkassel bereits herumgesprochen, von Toten im Steinbruch war die Rede und Spekulationen machten die Runde. Der Vorarbeiter Johann Schonauer unterrichtete auf Anweisung von Peter Uhrmacher den auswärtigen Junglehrer Franz Kissel, der an der katholischen Volksschule tätig war, von dem Fund. Peter Uhrmacher war der Fund des Neandertalers bekannt. Jedoch hatte er nicht studiert und auch keine Kontakte zur Universität Bonn, zudem galt er als bescheiden. Deshalb hielt er es für die beste Entscheidung den Lehrer Kissel hinzuzuziehen und ließ diesen durch Johann Schonauer benachrichtigen.

(7) Franz Kissel © Oberkasseler Heimatverein; Repro R. Uhrmacher

Franz Kissel ließ sein Mittagessen stehen und eilte an die Fundstelle, begutachtete diese, erkannte deren Bedeutsamkeit und wies an den Fund zu sichern, zumal er unter einem Schädel einen etwa 20 cm langen und schmalen Gegenstand entdeckte, der eine geschnitzte Verzierung an seinem einen Ende aufwies und aus Knochen gearbeitet zu sein schien und bereits damals als „Haarpfeil“ bezeichnet wurde. Also deponierte man alles, was man an der Fundstelle fand, in einer alten Kiste, die in der Arbeitshütte des großen Basaltsteinbruches untergebracht wurde. Durch diese Tatsache wurden aber auch wichtige Fundzusammenhänge durch diese allzu voreilige Entscheidung, ohne vorherige fachkundige Beurteilung, unwiederbringlich zerstört. Andererseits wurde dadurch der Fund überhaupt gesichert. In der Beschreibung von Verworn wird die Kiste als Munitionskiste bezeichnet. Jedoch beweisen neuere aufgefundene Fotos von dem späteren Vulkanologen Dr. Charles Edgar Stehn, der die Fotos damals fertigte, und aus dem Nachlass von Peter Uhrmacher sind, dass es sich nicht um eine Munitionskiste handeln kann. Vielmehr handelte es sich um eine Kiste, in der die Steinbrucharbeiter normalerweise Sprengstoff lagerten. Die neueren Fotos sind vom Original und wesentlich deutlicher zu erkennen und bestätigen den Umstand, dass es sich nicht um eine Munitionskiste handeln konnte. Franz Kissels Enkel Karlheinz Schonauer bezeichnet die Munitionskiste aus seinen Erinnerungen über die Erzählungen von Franz Kissel auch als Kiste, in der die Steinbruchmittarbeiter Sprengstoff lagerten.

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(8) Die Fundstelle im Steinbruch „Im Stingenberg“ 1914 Das Kreuz bezeichnet die genaue Lage der Fundstelle Verwohn, Bonnet, Steinmann, Der Diluviale Menschenfund von Obercassel bei Bonn, 1919; © Repro R. Uhrmacher

(9) Die Fundstelle aus einer anderen, bisher unbekannten Ansicht von 1914 © Familie Uhrmacher

Seite 7 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Die Oberkasseler Zeitung berichtete am 14.02.1914 wie folgt: „Oberkassel, 14. Februar – Einen interessanten Fund machten vor einigen Tagen Arbeiter im Basaltsteinbruch des Herrn Peter Uhrmacher hier. Ungefähr 5-6 m unter der Erdoberfläche fand man unter Schutt und Geröll 2 Skelette, die noch ziemlich gut erhalten waren und ein weibliches Skelett. Das Alter derselben könnte wohl nur von Spezialisten ermittelt werden. Wenn Vermutungen Raum gegeben werden darf, so wäre vielleicht die Annahme nicht von der Hand zu weisen, das man es hier mit Bewohnern einer am Bergabhang gelegenen Hütte zu tun hat, die durch herabstürzendes Gestein den Tod fanden. Unter dem Schädel des weiblichen Skeletts fand man einen sehr gut erhaltenen, etwa 20 cm langen Haarpfeil, der an einem Ende in die Form eines deutlich erkennbaren Pferdekopfes ausläuft. Sämtliche Steine, die um die Skelette lagerten, wiesen eine karminrote Färbung auf. Der Fund dürfte für den Forscher wohl von Interesse sein, und werden wir bei Kenntniserhalt Näheres darüber bringen.“

Im Vorwort von Professor Max Verworn „Der Diluviale Menschenfund von Obercassel bei Bonn“ heißt es: „Am 18. Februar 1914 teilte der Steinbruchbesitzer Herr Peter Uhrmacher dem Sekretariat der Universität Bonn mit, das in seinem Steinbruche vor kurzem 2 menschliche Skelette gefunden worden seien, bei denen sich auch ein „Haarpfeil“ befunden habe. Er war durch einen auswärtigen Lehrer, der die Skelette bereits gesehen hatte, darauf aufmerksam gemacht worden, das der Fund für die Universität Bonn sicherlich von Wert sei. Er fragte nun an, ob nicht einer oder der andere der Herren den Fund in Augenschein nehmen wolle, und bemerkte, das er bereit sei, den Fund für eine wissenschaftliche Untersuchung zur Verfügung zu stellen.“

Herr Professor Verworn erhielt die Benachrichtigung am 20. Februar und setzte sich sofort mit Herrn Uhrmacher wegen einer Besichtigung des Fundes in Verbindung. Da im Universitäts-Archiv bei der Durchsicht der infrage kommenden Akten (Rektorat und Kuratorium) ein fraglicher Brief nicht gefunden werden konnte und auch im Nachlass von Herrn Verworn sowie Herrn Peter Uhrmacher kein Schriftstück aufzufinden ist, ist dieses Schreiben wohl unwiderruflich verloren gegangen.

Die Erinnerungen von Karlheinz Schonauer über seinen Großvater Franz Kissel wurden erst viel später verfasst. Im Nachlass von Franz Kissel findet sich kein Vermerk über das Funddatum. Zwar benennt Karlheinz Schonauer als Funddatum den 12. Februar 1914, dies ist aber nicht nachweisbar. Dem steht der Bericht der Oberkasseler Zeitung vom 14. Februar 1914, wo es heißt: „Oberkassel, 14. Februar – Einen interessanten Fund machten vor einigen Tagen Arbeiter im Basaltsteinbruch des Herrn Peter Uhrmacher hier" entgegen. In sämtlichen Nachlässen der beteiligten Wissenschaftler, Verworn, Bonnet, Steinmann und Stehn, taucht weder ein Brief von Peter Uhrmacher auf, noch wird das exakte Funddatum erwähnt.

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(10) Peter Uhrmacher © Familie Uhrmacher

Erste Untersuchung der Fundstelle Am 21. Februar fuhr Professor Verworn mit Herrn Professor Bonnet und Professor der Anatomie Friedrich Heiderich nachmittags nach Oberkassel. An der Station empfing Uhrmacher die Professoren. Auf den „Haarpfeil“ angesprochen präsentierte dieser ein prächtiges erhaltenes Knochenwerkzeug, das er eingewickelt hatte, und von den Professoren zu deren Überraschung aus der Rentierzeit erkannt wurde. Sie folgen Herrn Uhrmacher ungeduldig zur Arbeitshütte des großen Basaltsteinbruchbetriebes, wo der Fund ihm in einer alten Sprengstoffkiste mit den Knochenfunden vorgelegt wurde.

Professor Verworn schrieb dazu in dem 1919 herausgegebenen Fundbericht: „Mit Ungeduld folgten wir Herrn Uhrmacher nach der Arbeitshütte des großen Basaltsteinbruchs, wo uns in einer alten Sprengstoffkiste die Knochenfunde vorgelegt wurden. Wir sahen sogleich zwei wohlerhaltene Schädel, von denen nur der eine ein wenig durch einen Hackhieb beim Ausgraben verletzt war. Was uns an dem einen Schädel zunächst auffiel, war die außerordentlich starke Entwicklung der Muskelansatzstellen[...] Vor allem aber bemerkten wir, das nicht bloß der Schädel, sondern auch ein großer Teil der übrigen Skelettknochen, die ungeordnet in der kleinen Kiste durcheinander lagen, mit einer teilweise ziemlich dicken Schicht von rotem Farbmaterial, wie es uns aus dem paläolithischen Fundstellen des Vézèretales etwas sehr Vertrautes war, bedeckt erschienen, und das dieser offenbar aus Rötel bestehende Farbstoff zweifellos in der Erde die Skelette teilweise imprägniert hat, also jedenfalls gleichaltrig mit ihnen war. Indessen wagten wir noch immer kaum an ein paläolithisches Alter der Skelette zu glauben, bis wir die Fundstelle selbst besichtigt hatten. Bei strömendem Regen führte uns Herr Uhrmacher Jun. an die Stelle, wo die Skelette aufgedeckt worden waren. An dem westlichen Rande des großen Basaltbruches war bei der Anlegung eines schmalen, auf die Schutthalde führenden Geleiseweges für die Förderwagen von den Arbeitern einige Tage vorher der eine Schädel mit einer Hacke im Basaltschutt angeschlagen und aus dem Boden geholt worden. Glücklicherweise hatten die Arbeiter sehr bald den alten erfahrenen Steinbruchaufseher benachrichtigt, der nun in vorsichtiger Weise arbeiten ließ, wobei der zweite Schädel und eine Anzahl anderer Skelettknochen zum Vorschein kamen. Auf Anordnung von Herrn Uhrmacher war denn an dieser Stelle vorläufig nicht weiter gearbeitet worden und so fanden wir denn die Fundstelle noch in einem verhältnismäßig weniger veränderten Zustande. Der Basaltbruch des Herrn Peter Uhrmacher befindet sich in der „Rabenlay“ bei Oberkassel. Hier war am Westabhang nach der Rheinseite hin ursprünglich ein nackter Felsabsturz gewesen, den der Steinbruchbetrieb allmählich abgebaut hat. Nicht weit von der alten Stelle dieses

Seite 9 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit früheren Steilabfalls lag die Fundstelle. Es liegt an dem nach der Rheinseite gekehrten Rande des Steinbruches noch heute in einer Mächtigkeit von mehreren Metern eine ausgedehnte Schicht von Gehängeschutt, bestehend aus übereinandergeschichteten größeren und kleineren Basaltstücken, deren Zwischenräume nur durch spärliche Massen von Lehm und Verwitterungsmaterial lose ausgefüllt sind. Diese Basaltschotterschicht ruht auf einer breiten Schicht von hellgrauem Sand der Hochterrasse des Rheintales. An der Basis der Basaltschotterschicht hatten zwischen kleineren und größeren Basaltstücken und eingehüllt von einer spärlichen Lage durch Rötel intensiv rot gefärbten Lehms die Skelette gelegen. Nach der Angabe des Vorarbeiters waren die Skelette von größeren flachen Basaltblöcken bedeckt gewesen.

Als wir die Fundstelle besichtigten, fanden wir den Basaltschotter hier bis auf die Basis abgeräumt und nur nach der Rheinseite hin noch in geringer Höhe anstehend. Die Fläche war noch mit zahlreichen kleineren Basaltstücken bedeckt und im Umkreise von mehreren Quadratmetern durch Rötel gefärbt. Auch zahlreiche größere und kleinere Basaltstücke zeigten noch einen leichten lehmigen vom Rötel durchtränkten Überzug. Da auch noch einige kleinere Knochenstücke an der Fundstelle umherlagen, so beschlossen wir, in den nächsten Tagen bei günstigerem Wetter noch eine nachträgliche Grabung auszuführen. Außer den Herrn Professor Steinmann und cand. Geol. Stehn sowie Dr. Dragendorf schloss sich noch der Direktor des Bonner Provinzial-Museums Herr Professor Dr. Lehner unserer Exkursion an. Nachdem die geologischen Verhältnisse der Gegend durch Herrn Professor Steinmann und Herrn Stehn untersucht worden waren, wurde eine kleinere orientierende Grabung an der Fundstelle ausgeführt, die den Zwecke verfolgte zu prüfen, ob etwa die Fundschicht noch eine weitere Ausdehnung in der Fläche und in der Tiefe besäße und ob in der Nachbarschaft vielleicht noch andere Funde zu erwarten wären. Es zeigte sich bald, das die Fundstelle fast in ihrer ganzen Ausdehnung bereits aufgedeckt worden war und das sie sich höchstens noch in der Richtung der Schotterwand etwas weiter erstrecken könnte. In der Tat konnten wir sie hier noch auf etwa einen halben Meter in die Schotterhalde hinein verfolgen. Dabei wurden noch einige Fußwurzelknochen und Phalangen in situs gefunden. Dann aber hörte die Rötelschicht auf und von Knochenresten war nichts mehr zu entdecken. Auch in der Nachbarschaft, soweit sie einer Probegrabung zugänglich war, fand sich keine Andeutung weiterer Funde mehr, abgesehen von einigen verstreuten Knochenbruchstücken, die bei der ersten Bergung der Skelette verloren gegangen waren. Mein Augenmerk richtete sich daher besonders auf die Absuchung des Fundplatzes nach weiteren Kulturspuren. Die Hoffnung, Feuersteinwerkzeuge zu finden, wurde leider völlig getäuscht. Es hat sich auch bei mehrfachen späteren Besuchen der Fundstelle, bei denen namentlich Herr cand. Geol. Stehn sich große Mühe gab, irgendetwas Neues zu entdecken, nicht die geringste Spur von Feuersteinwerkzeugen oder auch nur von Bruchstücken solcher auffinden lassen. Herr Uhrmacher hatte uns auf unseren Wunsch die Skelettreste zur näheren Untersuchung überlassen und wir transportierten dieselben in der Kiste, in welcher sie bis dahin in der Arbeitshütte des Steinbruchs gestanden hatten, nach Bonn in das Anatomische Institut der Universität.“

Von dem einen Schädel fiel ihnen die außerordentlich starke Entwicklung der Muskelansatzstellen auf, die dem Schädel ein etwas brutales Aussehen verlieh. Es lag alles ungeordnet in der Sprengstoffkiste, ebenso wie ein großer Teil der übrigen Skelettknochen. Wie auch aus den paläolithischen Fundstellen des Vèzèretales, waren die Skelette mit durch Rötel versehener Erde aus deren bestehenden Farbstoff teilweise imprägniert. Bei strömendem Regen führte Herr Uhrmacher die Professoren an die Fundstelle. Die Fundstelle lag nicht weit von der alten Stelle des früheren Steinabsturzes der Felswand. Der Basaltschotter war hier bis auf die Basis abgeräumt und nur nach der Rheinseite hin noch in geringer Höhe anstehend. Außer zahlreichen kleinen umherliegenden Basaltstücken war die

Seite 10 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Fläche im Umkreise von mehreren Quadratmetern durch Rötel gefärbt, der auch an einigen kleineren Basaltstücken haftete. Auch erkannten Sie noch einige kleinere Knochenstücke an der Fundstelle umherliegend. So wurde beschlossen, an der Fundstelle in ein paar Tagen bei günstigerem Wetter Nachgrabungen durchzuführen.

Diese wurde am 23. Februar von Professor Verworn, Professor Bonnet, Professor Heiderich, Professor Steinmann und dem damaligen Geologie-Student cand. Geol. Stehn, Dr. L.F. Dragendorf, und der Direktor des Bonner Provinzial-Museums Herr Professor Dr. Lehner durch kleinere orientierende Grabungen durchgeführt. Das Ziel war es, festzustellen, ob die Fundschicht noch eine weitere Ausdehnung in der Fläche oder in der Tiefe besäße und ob in der Nachbarschaft noch weitere Funde zu erwarten wären. Aber die Fundstelle war fast in ihrer ganzen Ausdehnung schon aufgedeckt und erstreckte sich nur noch geringfügig über einen halben Meter in die Felswand hinein. Dort fanden sich nur noch einige Fußwurzelknochen und Phalangen eines Skeletts. Auch in der Nachbarschaft war nichts mehr zu finden außer von einigen verstreuten Knochenbruchstücken, die bei der ersten Bergung des Skelettes verloren gegangen waren. Eine Suche nach etwaigen weiteren Kulturschichten hätte sich Professor Verworn nur noch durch eine spätere Abräumung der meterhohen Basaltschotterschicht und zum Teil schwerer Basaltblöcke erhofft, was aber nur durch großen Aufwand und starker Arbeitskräfte möglich gewesen wäre. Somit mussten Sie sich auf die Untersuchung der engeren Fundstelle beschränken. Trotz mehrfachen späteren Besuchen der Fundstelle, die sorgfältig von Herrn cand. Geol. Stehn durchgeführt wurde, fanden sich keine Feuersteinwerkzeuge, lediglich ein Feiersteinsplitter von nur 11 x 5 mm Größe fand sich fünf Jahre später im Geologischen Institut der Universität beim Schlämmen von Lehm, der in etwa ein Meter Entfernung als Probe von der Fundstelle entnommen worden war. Dieser wies zwar deutliche Schlagflächen erkennen, aber keine weiteren Bearbeitungsspuren. Es wurden trotz gründlichem Suchens und wiederholter Exkursionen keinerlei weitere Kulturreste gefunden. Die Skelettreste wurden von Herrn Uhrmacher den Professoren zur näheren Untersuchung überlassen und in das Anatomische Institut der Universität Bonn verbracht. Später verkaufte Herr Uhrmacher den kompletten Fund der Universität Bonn. Dort fand Herr Professor Heiderich bei der Aussortierung einige kleinere Knochenbruchstücke, die nicht zu den Skeletten gehörten, kleine gravierte Linien erkennen ließen und zusammenpassten. Diese stellten einen flachen, plastisch geschnitzten Tierkopf dar, wie Sie mehrfach von südfranzösischen Fundorten bekannt geworden waren und als sogenanntes „Contour dècoupè“ bezeichnet wurde. Dieses war in mehrere Stücke frisch gebrochen, worauf man mit Sicherheit darauf schließen konnte, das diese erst bei der Freilegung des Fundes ungewollt zerbrochen war und durch den Rötelbezug eindeutig dem Fund zuzuordnen war (Stand 2004). Neuere Untersuchungen zeigen bezüglich des Zerbrechens aber etwas anderes. Auch fanden sich Bruchstücke von Säugetierknochen, denen die Professoren keine besondere Bedeutung beimaßen aber trotzdem auflisteten.

Folgende Tierfunde wurden nach Professor Heiderich identifiziert: - Eckzahn von Rangifer tarandus, dem Ren, - Vorderzahn von Bison priscus, dem Bison, - Rechter Unterkiefer, verschiedene Wirbel sowie Knochenbruchstücke von Canis lupus, dem Wolf - Prämolar von Ursus spelaeus, dem Höhlenbären - Mehrere Knochenreste von Capreolus caprea, dem Reh

Professor Dr. Steinmann lässt aus der geologischen Lagerung und den aufgefundenen Tierresten das Alter folgendermaßen bestimmen:

Seite 11 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit „Die Mächtigkeit des basaltischen Gehängeschuttes, der hier in großer Mächtigkeit sich angehäuft hat, ist zweifellos jünger als die Fundschicht und durch die Tatsache, das die Fundstelle am Fuße einer steilen Basaltwand gelegen haben muss und über einen längeren Zeitraum stattgefunden hat. Das Fehlen von Löß spricht für eine spätere Zeit als die Ablagerung des jüngeren Löß. Durch die Tierfunde nachgewiesene Fauna sind zwei ausgesprochene Diluvialtiere, der Höhlenbär und das Ren vertreten und sprechen für einen jungdiluvialen Abschnitt der letzten Eiszeit. Sie ordnen die Kultur des Magdalènien, vielleicht auch die des Solutréen zu, für die auch die Beigaben sprechen.“

Später teilte sich hier der Fund. Die Knochen verblieben im Anatomischen Museum der Universität Bonn und das Contour dècoupè sowie der Haarpfeil erst im Geologisch- Paläontologischen Institut und später im Rheinischen Landesmuseum Bonn (LVR) untergebracht.

Verworn befragte die Steinbrucharbeiter ausführlich über die Fundstelle und die Skelette. Demnach haben beide Skelette in unvollkommen gestreckter Lage gelegen und waren nicht mit Ihrer Längsachse in die gleiche Himmelsrichtung orientiert. Die Skelette waren mit größeren und flachen Basaltblöcken bedeckt und es lagen mehrere größere und kleinere Basaltschotterstücke in unmittelbarer Umgebung. Die sorgfältige Einpuderung mit Rötel wurde nach Verworn auch an anderen paläolithischen Begräbnisstätten in Frankreich wie Revière, Vernau, Villeneuve, in den Höhlen von Mentone sowie anderen europäischen Fundstellen wie bei Brünn in Mähren in gleicher Weise durch Funde der Rentierzeit beobachtet.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren paläolithische Funde in Deutschland eine Seltenheit. Zu diesem Zeitpunkt waren nur bekannt die des Neantertalerfundes bei Düsseldorf bestehend aus Schädeldach, Schlüsselbein, Beckenbruchstücke und ein Teil der Extremitätenknochen und Rippenstücke, dem Unterkiefer von Mauer bei Heidelberg und zwei Unterkiefern und Schädelbruchstücken des Neantertalers von Ehringsdorf bei Weimar sowie zwei Zähne und zwei Stücke eines Seitenwandbeines aus Taubach bei Weimar, zwei Zähne eines Kindes und sieben Rippenbruchstücke vom Martinsberg bei Andernach, drei Zähne und einige Knochen aus der Sirgensteinhöhle in Würtemberg, die Stirnbeine von Vörbitz, Schädeldächer und Knochen aus dem Hohlefels bei Nürnberg und 33 Schädel der Ofnethöhle bei Nördlingen aus der Zeit des Mesolithikum.“

Die hier erwähnten „zwei Zähne eines Kindes und sieben Rippenbruchstücke vom Martinsberg bei Andernach“, die H. Schaaffhausen bei seinen Grabungen in Andernach 1883 fand wurden von F. Poplin untersucht und in den „Rheinische Ausgrabungen“ Nr. 11, 1973, S. 175 F sowie S. 230 als Rippenbruchstücke von Pferd und Ren und die Zähne als die vom Rentier durch neuere Untersuchungen diesen zugeordnet. Das Knochenmaterial von der Fundstelle befindet sich jetzt im Rheinischen Landesmuseum Bonn.

„Ein Oberschenkelknochenstück aus dem Rhein bei Ludwigshafen und Knochenreste von Bollweiller im Elsaß galten nicht sicher als diluvial.“

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(11) Ansicht der Basaltbrüche an der „Rabenlay“ bei Oberkassel 1914 Der Pfeil bezeichnet die Lage der Fundschicht hinter der bewaldeten Schutthalde. Der weiße Strich in der Mitte die Fundstelle. Verwohn, Bonnet, Steinmann, Der Diluviale Menschenfund von Obercassel bei Bonn, 1919; © Repro R. Uhrmacher

(12) Und das Bild im Original von Stehn 1914 © Familie Uhrmacher

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(13) Steinbruch Peter Uhrmacher nach Fertigstellung der Gleisanlagen 1914 © Familie Uhrmacher

Die topographische Lage Oberkassel liegt auf der rechten Uferseite des Rheines bei Bonn bei 50o43’ N, 7o 10’ O und ist ca. 4 km von Bonn in südöstlicher Richtung entfernt.

Die sogenannten „Rabenley“ die früher „Casseler Ley“ hieß, ist ein ins Rheintal vorspringender Basaltfelsen. Der südliche Vorsprung dieses Felsmassivs ist der sogenannte „Kuckstein“, der sich wiederum in zwei verschiedene Lokalitäten unterteilt. Der südliche Steinbruch trägt den Namen „Berghofener Lay“, der nördliche die Bezeichnung „Am Stingenberg“, wo der Fund gemacht wurde.

Die Stratigraphie der Funde Der Geologe Steinmann untersuchte die Fundstelle zusammen mit dem Geologiestudenten Stehn im Februar 1914.

Die Fundstelle liegt in ca. 99m über NN und 49 m über der Talsohle des Rheines auf der Hochterrasse des Rheintales.

5. etwa 0,50 m Abraum des Steinbruchs und Humusdecke, 4. etwa 6,00 m ungestörter Gehängeschutt, der aus mehr oder weniger verwitterten Blöcken und Brocken von Basalt besteht, untermischt mit Basaltton. Darin einige bis hühnereigroße Gerölle von Quarz, die aus der über dem Basalt liegenden Hauptterrasse von der Höhe des Kucksteins herabgerollt oder geschwemmt und mit dem Basaltschutt vermischt sind. 3. 0,10 m sandiger, kalkfreier Lehm. Dieser besteht aus einem Gemisch von Basaltton, Basaltbrocken und glimmerhaltigem Rheinsand. 2. Der Lehm wird unterlagert von bis 4,00 m mächtigen graugelben Rheinsanden. 1. im Liegenden erscheint 1,00 m mächtig anstehender Basalt, oberflächig tonig zersetzt.

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(14) Profil durch die Umgebung der Fundstelle 1:2500 Verwohn, Bonnet, Steinmann, Der Diluviale Menschenfund von Obercassel bei Bonn, 1919; © Repro R. Uhrmacher

Im Sommer 1994 untersuchte Ralf- W. Schmitz zusammen mit der Geologin Renate Gerlach etwa 80 m südwestlich der Fundstelle einen vollständig spätpleistozänen / frühholozänen Hangschuttkegel der mit der Stratigraphie der Fundstelle von 1919 übereinstimmte. Dabei wurden aktuelle Datierungsansätze Mittels IRSL aus den gewonnenen Sedimentproben erstellt.

Die Proben ergeben:

OD 1 11.870 ± 1.030 BP OD 2 11.420 ± 1.240 BP OD 3 12.180 ± 1.750 BP OD 4 11.780 ± 1.910 BP OD 5 11.170 ± 1.780 BP OD 6 11.380 ± 920 BP OD 7 11.210 ± 1.400 BP OD 8 11.430 ± 1.540 BP OD X 12.090 ± 1.744 BP

Zwar weichen diese Daten von den späteren 14 C Radiokarbon-Daten leicht ab, bestätigt jedoch im Großen und Ganzen das tatsächliche Alter der Fundstelle von ca. 12.000 BP.

Somit erbrachte W. Schmitz mit Jürgen Thissen den Nachweis über das Vorhandensein einer Hängeschuttschicht, die im ursprünglichen Zustand unweit von der Original-Fundstelle auszumachen war. Bedauerlicherweise wurde die ursprüngliche Fundstelle später durch den Bau eines Windenbunkers zerstört.

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(15) Die Fundstelle 1938 aus anderer Perspektive. Gut zu sehen die davor verlegten Gleisanlagen Westfälischer Beobachter, Repro: Robert Uhrmacher

Bei Nachgrabungen fast fünf Jahre später wurde beim Schlämmen einer Sedimentprobe etwa einen Meter von der Fundstelle entfernt eine 11 x 5 mm bläulich-weiß patinierte Feuersteinlammelle gefunden.

Bereits 1886 wurde der Abbau der Oberkasseler Steinbrüche schon stark kritisiert. Dies wurde in einer Zeichnung fest gehalten. Jedoch darf man auch nicht vergessen dass erst der Steinbruchbetrieb den Fund von den Oberkasseler Steinzeitmenschen ermöglichte, auch wenn er ein Zufallsfund war.

(16) Oberkasseler Steinbrüche 1886 Quelle unbekannt, Repro: Robert Uhrmacher

Seite 16 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Zwar wurde der Bereich des „Stingenberg“ fast vollständig durch die Steinbrüche abgebaut, und auch im Bereich anderer Steinbrüche Oberkassels somit die ursprünglichen Felsformation zerstört, jedoch gibt es im Bereich Oberkassel noch Stellen, in denen die ursprüngliche und beeindruckenden Steilwände noch zu sehen sind. Es muss selbst für die damaligen Menschen der Steinzeit ein imposanter Eindruck gewesen sein, auf diese zu blicken.

(17) Ursprüngliche Felsformation im Bereich Oberkassel © Robert Uhrmacher

Bedeutsamkeit des Fundes Auch heute noch ist die Zahl diluvialer Menschenreste in Deutschland sehr gering. Ein Umstand ist die einst zwischen den Eismauern des nördlichen und des Alpengletschers eingeengte bewohnbare Zone, die wenige, als sicher geltenden diluviale Fundstätten enthält. Hinzu kommen, dass Körper Verstorbener von wilden Tieren zerrissen, benagt, teilweise verschlungen oder in einzelnen Teilen verschleppt wurden. Der Leichnam konnte vermodern, verwesen und selbst in Höhlen je nach chemischer Beschaffenheit seiner Lagerstätte innerhalb kürzester Zeit vollkommen zerstört werden. Durch Vereisungen, Erdverschiebungen und Überschwemmungen war es möglich, dss die Kochen zerstreuet oder in sekundäre Lagerstätten verbringen und, wenn sie bei diesem Transport nicht schon zerstört wurden, so konnten Sie durch Abrollung oder Druck beschädigt, zerbrochen oder vernichtet werden. In die oft meterdicken Schichten von Erde, Kies oder Steinblöcken konnten sie durch Druck zertrümmern oder verunstalten. Durch Weg- Bahn- Brücken- Straßen- und Baggerarbeiten wie auch in Kiesgruben verschwanden sie durch Unverständnis für immer. Hinzu kommt, dass im Mittelalter von sogenannten Einhornsammlern in Höhlen gerne Knochen gesucht wurden, die dann zerrieben und pulverisiert und als sogenanntes Allheilmittel vom Einhorn verkauft wurden.

Bei dem Oberkasseler Fund handelt es sich um:

- Einen einzigartigen Freilandfund - Ein Doppelgrab mit Ganzkörperbestattung - Der Fund eines weiblichen und männlichen Skelettes - Es ist ein Grab welches dem Ende der letzten Würm-Eiszeit zugerechnet wird - Die Skelette sind fast vollständig erhalten - Es fanden sich Kulturbeigaben - Es lag dem Fund ein Haustier bei - Die Gräber waren mit schweren, flachen Basaltbrocken abgedeckt

Seite 17 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Daher ist der Oberkasseler Fund so bedeutend.

Die Präparierung der Skelette „Nach vorsichtiger Säuberung und etwa dreiwöchiger, vollkommener Austrocknung im mäßig geheizten Zimmer wurden sämtliche Knochen nach einer uns freundlichst von Herrn Professor Mollison mitgeteilten Methode mit einer Zelluloidlösung durchtränkt. Für die Härtung verwendet man am besten gebrachte Filme z. B. Kinofilme von denen man die Gelatine mit warmem Wasser abgewaschen hat. Man löst ungefähr 5% davon in einer Mischung von reinem Azeton mit 10 – 30% Amylazetat. Das Azeton muss möglichst wasserfrei sein. Das lässt sich daran erkennen, dass es auch ohne Zusatz von Amylazetat einen klar auftrocknenden Zelluloidlack liefert. Enthält es Wasser in merklichen Mengen, so trocknet der Lack milchig-weiß auf, und es muss dann eine größere Menge von Amylazetat zugesetzt werden. Stärker wasserhaltiges Azeton ist unbrauchbar. Mit Leimlösung durchtränkte Knochen, namentlich Schädel, verändern sich bei wechselnder Außentemperatur und dem Feuchtigkeitsgehalt der Luft entsprechend mehr oder minder. Dieser Missstand und die Wirkung des mitunter sehr feuchten Bonner Klimas wurde durch den Gebrauch der Mollisonschen Lösung umgangen.“

Erhaltungszustand der Oberkasseler Skelette Die Sortierung sämtlicher Knochen und ihrer Bruchstücke ergab deren Zugehörigkeit zu zwei Individuen von verschiedener Größe, von verschiedenem Lebensalter und verschiedenem Geschlecht. Es folgt eine erste Auflistung der Knochen.

O ♀ O ♂ Schädel Fast vollständig Fast vollständig Unterkiefer Sehr gut erhalten Sehr gut erhalten Wirbel Halswirbel 1-3; Brustwirbel 5-7; Halswirbel 2, 6 u. 7; Brustwirbel 1-4 Brustwirbel 12, Lendenwirbel 1-4; und 8-12; Lendenwirbel 1, 3 u. 4, 5 Kreuzbeinwirbel I. Rippen rechts 10 (z. T. Bruchstücke), links jederseits 2. –12. Rippe. 4 Stücke Schlüsselbein Rechtes rechtes und linkes Schulterblatt rechtes und linkes rechtes und linkes Oberarmknochen rechter und linker rechter und linker Ellenbogenbein Rechtes (proximale Hälfte) rechtes und linkes Speiche - rechte und linke Handwurzelknochen - - Mittelhandknochen - rechter Mt 2 Fingerphalangen - - Hüftbein rechtes und linkes rechtes und linkes Oberschenkel Rechtes rechtes und linkes Schienbein unteres Ende des rechten Schienenbeines rechtes und linkes Wadenbein Bruchstück vom linken rechtes und linkes Fußwurzelknochen - rechtes Fersenbein Mittelfußknochen Linker Mt 2 u. 4, unbestimmbare Köpfchen Rechter Mt 1, linker Mt 1-5 Zehenphalangen - - Verschiedene kleine unbestimmbare Bruchstücke und Splitter

Der Erhaltungszustand wurde als sehr gut bezeichnet. Ein Teil der Brüche an den Skeletten ist in der Schicht selbst entstanden und nicht erst durch deren Ausgrabung. An keinem Knochen finden sich Schnitt- oder Schabspuren, was auf Zerlegung oder Entfleischen hinweisen würde.

Seite 18 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Erste Auswertung des Fundes Professor Bonnet beschreibt in der Zeitschrift „Die Naturwissenschaften“ die erste Auswertung des Fundes: „Außer den überraschend gut erhaltenen Schädeln nebst Unterkiefern eines männlichen und eines weiblichen Skelettes waren fast alle wichtigen Knochen entweder ganz oder bruchstückweise geborgen worden. Es fehlten nur die Hand- und Fußwurzelknochen, ein Oberschenkelbein, einige Finger und Zehen, sowie die Brustbeine. Wir besitzen einstweilen in Deutschland, abgesehen von dem nach seinem geologischen Alter nicht bestimmbaren und in seinen Knochen leider sehr unvollständigen Neandertalskelett und dem hochwichtigen Unterkiefer von Mauer bei Heidelberg an diluvialen Menschenresten nur einige mehr oder minder defekte Unterkiefer, einige Zähne und vereinzelt nahezu wertlose Knochenstücke. ... Der Fund von Oberkassel stellt sich durch seinen Erhaltungszustand, durch die Sicherheit der Bestimmung seines geologischen und archäologischen Alters, durch seine Vollständigkeit und dadurch, das er aus einem männlichen und weiblichen Skelett besteht, den besten diluvialen Funden an die Seite. Er ist außerdem der erste Fund nahezu vollständiger Skelette aus dem Quartär und speziell aus dem Magdalénien in Deutschland. ... Ich beschränke mich einstweilen nur auf die wichtigsten Angaben über die Schädel. Der eine Schädel von einer etwa 20-jährigen Frau war in den sehr einfachen Nähten gelöst in seine einzelnen Knochen zerfallen, konnte aber, abgesehen von Teilen beider Schläfenschuppen, den Nasenbeinen und einigen Defekten an der Schädelbasis vorzüglich zusammengesetzt werden. Der langköpfige, in Scheitelansicht durch Einziehung der flachen Schläfen leicht gitarrenförmige Hirnschädel hat einen Längen-Breitenindex von 70, eine größte Länge von 184, eine größte Breite von 129 sowie eine größte Höhe von 135 mm (vom vorderen Rande des Hinterhauptlochs zum Scheitelpunkt gemessen). Sein Horizontalumfang beträgt 512 mm. In Seitenansicht verläuft die Contur des Hirnschädels über die gut gewölbte steile Stirn bis zum Hinterhauptloch in schönem Bogen. Das Gesicht zeigt in Vorderansicht einen kräftig entwickelten Kieferapparat. Die mäßig breite Stirn wird durch eine Stirnnaht geteilt, eine bei den diluvialen Langschädeln sehr große Seltenheit. Die Überaugenhöcker sind für eine Frau gut entwickelt, die viereckigen Augenhöhlen verhältnismäßig groß. Die Nasenöffnung ist von mäßiger Größe, der Gaumen ist tief gewölbt, ein sehr kräftiger Unterkiefer mit deutlichem Kinn vervollständigt die steile Profillinie. Das Gebiß war während des Lebens bis auf den dritten, rechten, oberen Mahlzahn vollständig. Die drei letzten Mahlzähne sind weniger abgekaut als das übrige Gebiß, also noch nicht allzu lange durchgebrochen... Die übrigen Skelettknochen deuten auf einen zierlichen Körper von etwa 155 cm Länge. Im Gegensatz zu diesem Schädel zeigt der brutale Gesichtsschädel des Mannes durch seine breite und Niedrigkeit ein großes Missverhältnis zu der mäßig breiten und etwas geneigten Stirn und dem gut gewölbten Hirnschädel. Eine leichte, schon während des Lebens vorhandene Verbiegung des Oberkiefers nach rechts und das mangelhafte Gebiß machen die Physiognomie noch abstoßender und lassen den Schädel greisenhafter erscheinen als er tatsächlich ist. Da nur die Pfeilnaht und das an sie angrenzende stück der Lambdanaht verknöchert sind, darf man auf ein Alter von 40 bis 50 Jahren schließen. Auch dieser, in Seitenansicht schön ovale, Schädel ist mit einer Längen-Breitenindex von 74 mm langköpfig. Seine größte Länge beträgt 193, die größte Breite 144, die größte Höhe 138, der Horizontalumfang 538 mm. Die Kapazität wurde auf ca. 1500 cm3 bestimmt. Die Obergesichtsbreite ist, abgesehen von dem breiten Oberkiefer, durch ein ungewöhnlich großes und breites Jochbein eine sehr beträchtliche (153m mm). Die niedrigen rechteckigen Augenhöhlen sind stark nach außen und unten geneigt, über ihnen fällt ein einheitlicher etwa 8 mm breiter Oberaugenwulst auf. Ein niedriger mittlerer Stirnwulst zieht sich verbreiternd und verflachend bis zum Scheitelpunkt. Die Nasenöffnung ist im Verhältnis zur Gesichtsbreite schmal, der Gaumen, abgesehen von der teilweisen Rückbildung des Zahnfachfortsatzes im Verhältnis zum übrigen Kiefergerüst auffallend klein. ...

Seite 19 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Im Oberkiefer waren während des Lebens nur noch die beiden letzten stark nach auswärts gerichteten Mahlzähne beiderseits und der linke Eckzahn vorhanden. Im Unterkiefer sind während des Lebens 2 Schneidezähne, nachträglich noch ein Schneide- und ein Eckzahn ausgefallen. Sämtliche Zahnkronen sind, wie man das vielfach auch an Gebissen noch nicht seniler Schädel aus dem Quartär findet, bis auf schmale Reste des Emails abgekaut. Das freiliegende Dentin ist schwarz wie Ebenholz. ... Die starke Entwicklung sämtlicher Muskelfortsätze am Schädel und an den Extremitätenknochen zeugt von ungewöhnlicher Körperkraft des etwa 160 cm großen Mannes. Der sehr auffallende Gegensatz zwischen beiden Schädeln wird gemildert und verständlicher durch die Tatsache, das die derbe Modellierung beim Manne an dem zarteren und kleineren weiblichen Schädelhöhlen verhältnismäßig größer sind. Beide Oberkasseler Schädel zeigen eine auffallende Gesichtsbreite, beide zeigen ziemlich steile Gesichter mit eingezogener Nasenwurzel, beide eine gute Profilrundung des Hirnschädels, beide lassen, wenn auch der Mann in viel geringerem Grade, den Scheitelkiel erkennen. Der bei der Frau nur angedeutete Stirnwulst erinnert beim Mann zusammen mit dem Überaugenwulst an den Neandertaler. Das breite niedere Gesicht des Mannes mit den niederen rechteckigen Augenhöhlen, der schmalen Nase und dem v- förmigen Unterkiefer mit seinem ausgesprochenen Kinndreieck sind dagegen bekannte Merkmale der Chromagnon-Rasse. Von dieser unterscheidet er sich aber ebenso wie die Frau durch die Lage der größten Schädelbreite. Diese liegt bei der Cro-Magnons im Bereich ihrer seitlich weit ausladenden Schädelhöcker, bei den Oberkasseler Schädeln dagegen im Bereiche der Schläfenschuppen über dem Warzenfortsatze, also wesentlich tiefer und an einem ganz anderen Knochen. Diese Lage der größten Breite und namentlich der bei der Frau gut modellierte Schädelkiel nähern die Schädel dem ebenfalls einer Magdalénienschicht entstammenden Schädel von Chancelade in der Dordogne.

... Die Oberkasseler Schädel weisen also neben unverkennbaren, durch den Geschlechts- dimorphismus etwas verdeckten, Ähnlichkeiten auch nicht unbeträchtliche Abweichungen voneinander auf. Während der Mann Rassezeichen der Neandertaler, der Cro-Magnongs und Anklänge an den Schädeln von Chancelade zeigt, die auch an dem Hirnschädel der Frau auffallen, treten bei dieser die Cro-Magnon-Merkmale etwas zurück. ... In beiden Schädeln kommen die sehr bemerkenswerten folgen während des Diluviums stattgefundener Kreuzungen zum Ausdruck.“

Die Wissenschaftler, die sofort die besondere Bedeutung dieses Fundes erkannten, vermochten auf Grund eindringlicher anatomischer Untersuchungen festzustellen, dass es sich um „eine bisher unbekannte und neue Form des diluvialen (eiszeitlichen Menschen)“ handelte. Beide gehören der sog. Cromagnon-Rasse an, die ein direkter Vorgänger der heutigen Europäer ist. Sie lebten etwa 11500 – 14000 Jahre v. Chr., am Ende der letzten Eiszeit. Und gehörte bereits zu einer frühen Gruppe des Menschen heutiger Gattung, dem sog. Cromagnontypus. Die Menschen dieser Epoche ernährten sich noch immer von Jagd und Nahrungssammeln, doch scheinen sie schon länger an ihren Wohnplätzen gewesen zu sein.

Vorstellung des Fundes vor der Bonner Anthropologischen Gesellschaft Am 24. Juni 1914 berichtete der Bonner General-Anzeiger über die vorläufigen Untersuchungen und Vorstellung bei der Bonner Anthropologischen Gesellschaft:

„Anthropologische Gesellschaft. In der gestrigen Sitzung berichteten die Herren Geheimräte Verworn, Bonnet und Steinmann über die Skelettfunde, welche im Februar dieses Jahres in dem Basaltsteinbruch des Herrn Peter Uhrmacher in Oberkassel gemacht worden sind. Beim Anlegen eines Weges wurden von Arbeitern zwei vollständige Skelette sowie einige dazugehörige Beigaben aufgefunden. Letztere bestehen aus einem etwa 20 Zentimeter langen Glättinstrument aus Knochen mit zierlichem Tierkopf, einem aus einem flachen Knochenstück

Seite 20 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit gearbeiteten Pferdekopf und zwei bearbeiteten Knochenstücken ohne Verzierungen. Die Skelette samt den Beigaben waren eingeschlossen in eine umfangreiche Schicht von lehmiger Erde, die durch Rötel künstlich rot gefärbt war, und waren nach Angaben der Arbeiter von dicken Basaltplatten bedeckt. Feuersteininstrumente oder Reste eines Lagerfeuers sind nicht gefunden worden. Aus allen diesen Umständen geht hervor, dass es sich nicht um einen Lagerplatz, sondern um eine Begräbnisstätte handelt. Nach den Beigaben lässt sich der Fund einwandfrei in die Kulturstufe des Magdalénien einreihen.

Die Untersuchung der Skelette ergab, dass es sich um ein älteres männliches und um ein jüngeres weibliches Individuum handelt mit weitgehenden Ähnlichkeiten, aber auch deutlichen Verschiedenheiten. Beide erweisen sich, wie unter Beziehung auf die aus dem Diluvium bisher bekannten Menschenrassen ausgeführt wurde, als Rassenkreuzung. Während der Mann durch einen Überaugenhöhlen- und Stirnwulst Anklänge an die Neandertalrasse und im Übrigen an die Cro-Magnonrasse und an den Schädel von Chancelade aufweist, zeigt die Frau durch ihren Scheitelkiel zu diesem letzten Schädel besondere Beziehungen, lässt viele auffallende Merkmale des Mannes gemildert erkennen und erinnert außerdem in ihrem Gesichtsschädel besonders an den Schädel des Mannes von Combe-Chapelle.

Die geologischen Verhältnisse der Fundstelle wurden von Herrn Geheimrat Steinmann unter Mitwirkung des Herrn cand. Geol. E. Stehn untersucht. Vor Anlage des heutigen Steinbruchs „Im Stingenberg“ bildete die Rabenlay an Ihrem Vorsprung, dem sogenannten Kuckstein, einen Steilabsturz, der durch den Steinbruchbetrieb fast ganz beseitigt ist. Am Fuße dieses früheren Steinabsturzes befindet sich die Fundstelle in einer Meereshöhe von 99 Meter ü. M. Durch die Weganlage wurde unter ca. 0,5 Meter Abraum des Steinbruches etwa 6 Meter ungestörter Gehängeschutt aus mehr oder minder verwitterten Blöcken und Brocken von Basalt aufgeschlossen. Lößmaterial fehlt darin und darüber durchaus. An der Basis dieser Gehängeschuttlager fanden sich die Skelette und Beigaben sowie ein Eckzahn vom Rentier und ein Bovidenzahn in einer rötlichen Kulturschicht auf und in sandigem Lehm. Darunter folgen noch bis 4 Meter mächtiger gelbgrauer Rheinsand. Die Unterlage ist anstehender Basalt.

In der Fortsetzung der rotgefärbten Kulturschicht gegen die Basaltwand zu wurden ferner gefunden: ein rechter Unterkiefer vom Wolf, ein Zahn vom Höhlenbären und Knochen vom Reh, sowie Holzkohle, die einige Knochen anhaftete. Für die Altersbestimmung sind außer den paläontologischen Funden, die bestimmt auf ein diluviales Alter hinweisen, folgende Tatsachen von Wichtigkeit: Das Fehlen von Löß auf und in dem Gehängeschutt beweist, das die Kulturschicht jünger ist als Löß. Damit ist ein höheres Alter als Solutréen oder Magdalénien ausgeschlossen, da die Älteren Kulturen in die Lößzeit fallen. Es kann sich also nur um eine nachläßliche Kultur handeln, um Solutréen oder Magdalénien. Da Solutréen bis jetzt am Niederrhein noch nicht bekannt geworden, Magdalénien dagegen mehrfach vorhanden ist, so spricht die Wahrscheinlichkeit für Magdalénien. Die bedeutende Mächtigkeit des Gehängeschuttes, der die Kulturschicht bedeckt, lässt sich daher deuten, das auf die Bildung der Kulturschicht noch ein beträchtlicher Teil der letzten Eiszeit folgte, während dessen der Gehängeschutt entstand.“

Untersuchungen der Skelette Der Schädel der Frau Dieser war in seinen Nahtverbindungen und Fugen gelöst. An der rechten Schädelseite fehlt die ganze Schläfenschuppe, ein Stück des Jochbogens sowie die hintere Wand des Oberkiefers. Die linken Schädelwand weißt eine 81mm lange und 32mm breite, durch Abbruch des Schläfenwinkels, des Stirn- und Seitenwandbeines sowie eines Teil der Schläfenschuppe bedingte Öffnung auf. Es fehlen die Nasenbeine, die Nasenmuschel, die Pflugschar und der senkrechte Teil beider Gaumenbeine. Der linke Warzenfortsatz und die darüber liegende

Seite 21 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Schläfenschuppe sind stark abgescheuert. Der Unterkiefer war am Kinn sowie am rechten Gelenkkopf gebrochen und beide rechten Prämolaren und zwei Schneidezähne fehlten, die aber erst nach dem Fund verloren gingen. Im Oberkiefer fehlten der rechte erste Schneidezahn, die beiden linken Schneidezähne und der linke Eckzahn. Alle Zähne sind für das junge Alter auffallend stark abgekaut. Der Schädel hat ein Volumen von1350 ccm.

(18) Die rekonstruierten Schädel 1915. Oben der Schädel der Frau, unten der des Mannes, rechts mit Rekonstruktion des Zahnschemas. Verwohn, Bonnet, Steinmann, Der Diluviale Menschenfund von Obercassel bei Bonn, 1919; © Repro R. Uhrmacher

Der Schädel des Mannes Dieser war in einem schlechteren Zustand als der von der Frau. Die rechte Schädelhälfte ist stark beschädigt. Die rechte Seite weist ein längliches, vom Schläfenrande des großen Keilbeinflügels bis zum rechten Schenkel der Lambdanaht reichendes Loch mit gezacktem Rande mit Abbruch des Seitenwandbeines auf. Es fehlt auch die obere Hälfte der rechten Schläfenschuppe und das rechte Jochbein. Der untere Bereich der Schläfe und die angrenzende Hinterhauptsregion sind an Ihrer Oberfläche leicht abgescheuert. Das Tränenbein der rechten Seite ist ausgebrochen. Auch finden sich Beschädigungen im seitlichen Bereich der Augenhöhlenfläche des Stirnbeines und am Siebbein. Die Nasenbeine sind in der Mitte quer weggebrochen. Die Nasenmuscheln fehlen, und in deren Umgebung die Pflugschar. Die linke Seite ist besser erhalten und weist einen Riss der Augenhöhle auf, ebenso kleinere Defekte an der seitlichen Augenhöhlenwand, des Keilbeines und des Warzenfortsatzes.

Seite 22 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Der Oberkiefer ist auf der rechten Seite beschädigt. Er weist nur noch die 2. und 3. Molaren beider Seiten auf und ist durch deutliche Abnutzungsspuren gekennzeichnet. Der linke Eckzahn ging erst nach dem Tode verloren. Alle übrigen Zähne sind lange Zeit vor dem Tod ausgefallen. Dem Unterkiefer fehlen der rechte Gelenkfortsatz und eine kleinere Partie der linken Kieferhälfte. Dort fehlen der linke Eckzahn und der 2. rechte Schneidezahn sowie die zwei mittleren Schneidezähne. Der rechte Schneidezahn und der linke Eckzahn sind erst nach dem Tode ausgefallen. Die Kiefer sind auf den Kauflächen stark abgenutzt. Der Schädel hat ein Volumen von 1500 ccm.

(19/20) Die Schädel – Links Schädel des Mannes (EK20), rechts der Schädel der Frau (EK23) © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: LVR Repro: Robert Uhrmacher

Das Skelett der Frau Von der Wirbelsäule fand man die drei oberen Halswirbel, 5. – 7. sowie den 12. Brustwirbel und die 1. – 4. Lendenwirbel. Von den Rippen ist ca. ein Dutzend größere und kleinere Bruchstücke erhalten und das fragmentierte rechte Schlüsselbein. Die Schulterblätter bestehen nur noch aus den widerstandsfähigsten Teilen. In Fragmenten liegen die beiden Oberarmknochen vor. Es fehlen die Speichen. Es liegt ein ca. 18 mm langes, von der oberen Hälfte der rechten Elle vor. Bonnet kann keine geborgenen Teile dem Handskelett zuordnen, weißt aber ein gefundenes stark fragmentiertes Stück dem 2. Mittelfußknochen zu. Ein Gelenkköpfchen kann er nicht zuordnen. Der dem Beckengürtel zugeordneten Kreuzbeinwirbel ist der 1. erhalten und beide Hüftbeine in stark fragmentierten Zustand. Vom rechten Oberschenkel liegt der Rechte in einem Bruchstück vor. Von den Schienenbeinen kann Bonnet die distale Gelenkfläche des rechten identifizieren.

Bonnet verzeichnet eine Besonderheit der Schulterblätter, auf die nur im Werk von 1919 eingegangen wird: „Als Besonderheit verzeichne ich eine an beiden Schulterblattresten auf der lateralen Seite des Schulterblatthalses zwischen dem Rande der Gelenkpfanne und der Incisura acromialis auffallende, wie durch einen Fingereindruck hervorgerufene rundliche Grube von ca. 12 mm Durchmesser, die ich an keinem der mir zur Verfügung stehenden rezenten Schulterblätter bisher

Seite 23 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit auffinden konnte, und über deren Bedeutung sich vorderhand nichts aussagen lässt. Ich will sie als Fossa retroglenoidalis bezeichnen.“

Bonnet bestimmt die Körperlänge der Skelette nach der Methode von Manouvrier und dem Martin’ schen Lehrbuch für die Frau erst auf eine Länge von ca. 1,55 m (1914), korrigierte diese später auf 1,47 m (1919).

Das Skelett des Mannes Von der Wirbelsäule fand man den 2., 6. und 7. Halswirbel sowie 1. – 4. und 8. – 12 Brustwirbel, alle Lendenwirbel, bis auf den 2. Von den Rippen sind 11 größere und kleinere Bruchstücke beider Seiten erhalten. Es fehlen die ersten beiden Rippen. Beide Schlüsselbeine liegen fragmentarisch vor. Die Schulterblätter bestehen nur noch aus den widerstandsfähigsten Teilen, die verhältnismäßig kräftig und stark ausbildet sind. Beide Oberarme liegen nahezu vollständig vor und sind stabil gebaut, was auf eine starke Muskulatur schließen lässt. Beide Speichen sind gut erhalten, dennoch fragmentiert. Die linke Elle ist durch die obere Hälfte erhalten, die rechte Elle komplett. Vom Handskelett konnte Bonnet nur den 2. rechten Mittelhandknochen identifizieren. Bonnet hat den Eindruck, dass die linken oberen Gliedmaßen etwas länger und kräftiger ausgebildet waren. Beide Hüftbeine sind in Fragmenten erhalten. Es fehlt das Kreuzbein. Beide Wadenbeine sind fast unversehrt erhalten. Es liegt das rechte Fersenbein vor sowie von den Mittelfußknochen zwei recht, der 1. und 5. und fünf linke Mittelfußknochen.

Die Körperlänge bestimmt er erst auf eine Länge von 1,60 m (1914), korrigiert diese später auf 172 m (1919).

Die Rotfärbung der Knochen Bonnet war durch die Funde von Cartailhac eine vorherige Skelettierung der Verstorbenen nicht unbekannt. Da er überzeugt war von einer Bepuderung der Verstorbenen mit Rötel hielt er fest: „An keinem Knochen finden sich Schnitt- oder Schabspuren, wie sie bei der Zerlegung, Entfleischung und nachträglichen Färbung mit Roteisenstein sich finden müßten. Die Leichen sind also unzerlegt mit der roten Farbe eingepudert oder beschmiert worden, und die Knochen haben sich allmählich mit der roten Farbe durchtränkt.“

Verworn verleiht diesem Sachverhalt nochmals am Ende seiner Monographie Nachdruck und Nachuntersuchungen von Schmitz und Thissen ergeben keine Hinweise auf von Menschenhand geführte Schnitt- oder Schlagspuren.

Die stratigraphische Lage und Körperhaltung der Bestatteten Durch die von Kissel angeordnete Sicherung und Bergung der Skelette war Verworn auf die Befragung der an der Bergung betroffenen Personen, also Kissel und den Steinbrucharbeitern, angewiesen. Dabei war nicht mehr genau nachzuvollziehen, ob Sie ausschließlich in einer Basaltschicht oder aber teils schon bis in den sandigen Lehm lagen. Sie sollen in unvollkommen gestrecktem Zustand eingebettet gewesen sein. Ob diese in Rücken- oder Seitenlage bestattet wurden, konnte nicht mehr nachvollzogen werden. Auch ob sie in leichter Hockerstellung, wie durch die Schilderung der Arbeiter anzunehmen, und welche auf eine seitliche Lage hinweist lagen, ist durch die genaue Haltung beider Skelette faktisch unbekannt und somit rein spekulativ zu betrachten. Sie sollen kaum mehr als einen Meter in nicht einheitlicher Orientierung, also längsachslich nicht übereinstimmend im Sediment gelegen haben.

Seite 24 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Nachweisbare Krankheiten und Verletzungen am Skelett des Mannes An den Knochen des Mannes konnte Bonnet arthritische Veränderungen an den Lendenwirbeln, dem linken Oberarm sowie den Hüftknochen feststellen. Im Unterkiefer findet sich eine Fistelöffnung, die auf eine starke Wurzelhautentzündung zurückzuführen ist.

Der Schädel hat an der linken Seite eine grubenartig gestaltete Knochennarbe in Große einer Haselnuss, hervorgerufen durch eine Verletzung.

Am rechten Schlüsselbein findet sich eine Veränderung des Knochens, welches die Beweglichkeit des rechten Armes erheblich eingeschränkt haben muss.

Der rechte Ellenbogen weist am Beginn eine Verschiebung auf, ausgelöst durch einen verheilten Bruch. Dieser führte ebenfalls zu einer weiteren Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Armes. Diese Verletzung ist nachweislich gut verheilt. Somit war der Bruch lange vor dem Ableben des Mannes vorhanden. Da er aber über eine längere Zeit keine schweren Arbeiten verrichten konnte und auch nicht mehr an der Jagd teilnehmen konnte sowie die Motorik des Armes stark eingeschränkt war, zeugt dies von einem starken Sozialverhalten in der Gruppe. War er doch von der Pflege anderer Sippenmitglieder stark abhängig. Sonst wäre er schlichtweg einfach verhungert und hätte nicht sein für damals außergewöhnlich greises Alter erreicht.

(21) Der fünfte Knochen von links (Bezeichnung 17 und 18), zeigt den rechte Ellenbogenknochen des Mannes mit einer deutlich sichtbaren ausgeheilten Fraktur Verwohn, Bonnet, Steinmann, Der Diluviale Menschenfund von Obercassel bei Bonn, 1919; © Repro R. Uhrmacher

Seite 25 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Verwandtschaftsverhältnis Bonnet kam zu dem Schluss, dass trotz auf den ersten Blick recht auffallender Verschiedenheiten sie doch blutsverwandt zu einer Sippe gehört haben müssen. Er ließ aber die Frage offen ob als Vater und Tochter, Onkel und Nichte sie in einem engeren Verwandtschaftsverhältnis zueinander standen. Dies gilt bis heute und wird durch neueste Untersuchungen bestätigt.

Nachuntersuchungen Insbesondere in Bezug auf das Verwandtschaftsverhältnis mussten die Skelette weitere wissenschaftliche Untersuchungen von Szombathy 1920, Stadtmüller 1924/1925, Saller 1925/26, 1927 über sich ergehen lassen.

Auch untersuchten Morant 1930-31, Bonin 1935, Vallois 1937, Weinert 1941, Frayer 1978 und Bianchi 1980 die Skelette ausführlich.

W. Henke untersuchte die Skelette 1981 und 1986 und führte nicht nur eine Revision durch, sondern fand auch Beschädigungen, die nach den Untersuchungen von Bonnet eingetreten sein müssen. Auch wurden einige Knochen neu zugeordnet. Der Zustand der Inventur wurde als zufriedenstellend bezeichnet. Es war nur ein Fragment, der 3. Lubalwirbel der Oberkasseler Frau, verlorengegangen. Bei der Untersuchung wurde auch eine Fehlbestimmung der Brustwirbel THW1 und THW2 als THW2 und THW3 korrigiert. Hier ist Bonnet wahrscheinlich eine Verwechslung in der Beschriftung unterlaufen. Henke bezeichnet den von Bonnet als 2. Mittelfußknochen bestimmtes Stück als 4. Mittelhandknochen. Das von Bonnet bestimmte Gelenkköpfchen gehört wahrscheinlich zum 3. Mittelhandknochen. Es fehlt auch der rechte Eckzahn im Unterkiefer. Der Schädel zeigt eine zusätzliche Fraktur an der rechten Hinterhauptschuppe, die nach den Untersuchungen von Bonnet entstanden sein muss.

Beim Mann kommt Henke zum Ergebnis, dass das fehlende Kreuzbein unter den als unbestimmbar klassifizierten Material zugehörigen Fragmenten liegt.

Die Untersuchungen von Henke sind sehr sorgfältig gestaltet. Er untersuchte die Skelette und besonders die Schädel auf morphologische Abhängigkeiten im Rahmen europäischer Vergleichsmaterialen des Jungpaläo- und Mesolithikums. Craniologisch sollte der Fund zeitnahen Perioden abgegrenzt werden. Es wurde auf 231 Individuen bestehend aus 99 männlich, 93 weiblich und 29 Unbestimmten durch von Frayer standardisierten Datenbank- und Messmethoden zurückgegriffen. Davon 76 Jungpaläolithiker (Châtelperronien 1, Aurignacien 21, Gravettien 19 und Magdalénien 36), 53 Früh- und 101 Spätmesolithiker. Von jedem Schädel wurden 93 Variablen erhoben.

Er ordnet den Mann von Oberkassel deutlich dem cromagniden Formenkreis des Cro-Magnon- Typus zu und dem der Frau Combe-Capelle-Typus. Er unterstreicht jedoch, dass die außergewöhnlichen morphologischen Merkmale weitgehend im Durchschnitt sind und somit unauffällig. Als Ergebnis bestätigt er die Klassifizierung der Jungpaläo- und Mesolithiker in Cro- Magnon und Combe Capelle-Typen, aber auch, dass es eine Vielzahl von Übergangsformen zwischen jungpaläolitischen und mesolithischen Typen gab. Auch muss es Verschiebungen im Sexualdimorphismus gegeben haben. Es entwickelten sich morphologisch gesehen Übergangs- formen zwischen „Breiten“- und „Höhen“-betonten Variationen. Inzwischen wird Combe-Capelle ins Frühmesolithikum datiert. Somit ist die Einordnung von Henke inzwischen überholt.

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(22/23) Links Skeletttafel der Frau, rechts Skeletttafel des Mannes Erhaltene Knochenteile sind schwarz hervorgehoben W. Henke 1986

Als Ergebnis zeigten beide Schädel abweichende Maße auf. Das männliche Individuum zeigt deutlich andere Merkmalsabweichungen gegenüber dem Durchschnitt auf, als das Weibliche. Der Schädel des Mannes gilt als durchschnittlich robust-männlich und der Schädel der Frau als grazil und deutlich zum Hyperfemininen Typ tendierend. Der Mann von Oberkassel zählt mehr zu den Funden von CroMagnon 1 und Combe Capelle und zeigt auch Züge von Murzak-Koba. Die Frau mehr zu Combre-Capelle und Sie zeigt auch morphologische Ähnlichkeiten mit der portugiesischen Mugem-Gruppe. Insgesamt zeigt sich, das zu jener Zeit eine enge Verzahnung zwischen ost- mittel und süd- europäischen Funden nachweisbar ist und die im Diluvium stattfindenden Vermischungen deutlich zu sehen sind.

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(24) Skelette von Oberkassel im Rheinischen Landesmuseum © Robert Uhrmacher – Rheinisches Landesmuseum

Die im Grab beigelegten Kultur- und Schmuckgegenstände Professor Verworn schrieb dazu in dem 1919 herausgegebenen Fundbericht:

„Als er mir diese Bruchstücke noch an demselben Abend brachte, konnten wir mit freudiger Überraschung feststellen, das dieselben zusammengehörten und von einem flachen, plastisch geschnitzten Tierkopf stammten, wie solche mehrfach von südfranzösischen Fundorten bekannt geworden sind. Die Bruchstellen der Stücke waren noch frisch und scharf, so s kein Zweifel darüber bestand, s die Schnitzereien erst bei der Auffindung der Skelette von den Arbeitern unerkannt zerbrochen worden war. Anderseits ging aber aus der Tatsache, s die Arbeiter diese Knochenbruchstücke gleichzeitig mit den Skelettknochen dem Boden entnommen hatten ebenso wie aus dem Rötelüberzug derselben zweifelsfrei hervor, s die Tierkopfschnitzerei eine Beigabe der Skelette vorstellte, ebenso wie auch der „Haarpfeil“ als Beigabe der Skelette aufgefunden worden war. Leider fehlte zur vollständigen Zusammensetzung der Tierkopf- schnitzerei ein größeres Bruchstück, das bereits bei der Entnahme der Knochenreste aus dem Boden verloren gegangen sein muss und auch bei dem nachträglichen Absuchen der Fundstelle nicht mehr aufzufinden war. Schließlich fanden sich unter den menschlichen Skelettresten auch noch einige Bruchstücke von Säugetierknochen, die aber keinerlei Bearbeitungsspuren zeigten.“

Seite 28 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Der sogenannte „Haarpfeil“ Verworn schrieb 1914, das laut Angaben der Arbeiter dieser unter dem Kopf des einen Skeletts lag. Er ist aus einem harten Knochen geschnitzt, ca. 20cm lang, ca. 12 mm breit und kaum 5 mm dick, im Querschnitt rechteckig und ein sehr fein poliertes Glätteinstrument („Lissoir“). Er bezeichnet es von großer Schönheit und vorzüglicher Erhaltung. An seinem Griffende ist ein kleiner Tierkopf ausgearbeitet, welcher an anderem Ende stumpf ist. Auf den Schmalseiten zeigt das Instrument eine für die Rentierzeit sehr charakteristische Kerbschnittverzierung. Verworn erinnert die Darstellung des Kopfes am ehesten an einen Nagetier- beziehungsweise Marderkopf. Bosinski interpretiert es als Pferdekopf. In späteren Untersuchungen wird es als „Glätter“, „Knochenpfriem“ oder „Schaber“ bezeichnet. An den Stabseiten sind nahezu parallel schräg und längs verlaufende Einritzungen, die vermutlich auf einen intensiven Gebrauch des Stückes zurückführen sind, erkennbar. Man geht dabei von einer klopfenden oder reibenden Tätigkeit als Glätter/Schaber aus. Verworn führt schon damals als bestes Vergleichsstück ein aus Rengeweih gefertigtes Köpfchen von ca. 5,8 cm Länge, der in das Magdalénien datierten Station aus Laugerie-Basse, Dordogne auf, welches einen Bärenkopf darstellen soll auf. Dennoch handelt es sich bei dem in Oberkassel gefundenen Knochenstab nach wie vor um ein seiner Art einzigartiges Stück. Die Funktion dieses Haarpfeils ist bis heute nur zu vermuten. Jedoch wäre es nichts Außergewöhnliches und auch logisch, wenn dieses als „Multifunktionsgerät“ betrachten werden könnte und zwar als Körperschmuckgegenstand, welches in den Haaren getragen wurde und bei Bedarf als Arbeits- und Hilfsmittel zum täglichen Bedarf herangezogen werden konnte. Somit ist der „Haarpfeil“ als Besitzt der Frau anzusehen, wofür auch die Tatsache spricht das dieses unter dem Schädel eines der Skelette gefunden wurde und somit wohl auch am Kopf getragen wurde. Heutzutage wird der Kopf des „Haarpfeils“ einer Elchkuh zugeordnet.

Auch ordnet Verworn durch den „Haarpfeil“ den Oberkasseler Fund in seiner zeitlichen Zuordnung in das Zeitalter der Magdalénien ein.

Er ist aus Mammut-Elfenbein geschnitzt.

(25) Laugerie-Basse: Köpfchen aus Rengeweih Verwohn, Bonnet, Steinmann, Der Diluviale Menschenfund von Obercassel bei Bonn, 1919; © Repro R. Uhrmacher

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(26) Bild des so genannten „Haarpfeil“ (27) und als Zeichnung Verwohn, Bonnet, Steinmann, Der Diluviale Menschenfund von Obercassel bei Bonn, 1919; © Repro R. Uhrmacher

Die Tierschnitzerei Dieses als Contour découpé (ausgeschnittene Umrisse) bezeichnete Knochenfragment sortierte Heiderich im anatomischen Institut der Universität zu Bonn aufgrund der Morphologie und der feinen eingravierten Linien aus und trennte sie von den Skeletten. Die Bruchstücke waren frisch und scharfkantig, welches auf eine Beschädigung bei der Bergung hinwies. Diese sind zusammengelegt etwa 8,5 cm lang, 3,5 – 4 cm breit und etwa 1cm dick. Es wird von Verworn vom Material her als Kompakta eines Röhrenknochens beschrieben. Bosinski schließt aber auch nicht aus, dass hier Geweih verarbeitet wurde. Verworn hielt es in Anlehnung von Tierkopfschnitzereien aus französischen Fundorten aus dem Pyrenäengebiet um die Darstellung eines Pferde- oder Rhinozeros-Kopfes und beschrieb Sie: „Es fehlt die vordere Partie des Unterkieferteils, ferner eine Partie am Hinterkopf und ein kleiner Vorsprung auf der Stirne. ...Die Nüstern des Tierkopfes sind in ihrem oberen Teil noch erhalten. Außerdem ist auf der anderen Seite auch ein Teil des eingravierten Ohres noch zu sehen. Mit äußerst dünn eingeritzten Umrisslinien ist auf jeder Seite ein Auge angedeutet. ...Am hinteren unteren Rade des Unterkiefers befindet sich ein schopfartig mit der leicht abgebrochenen Spitze nach vorn umgebogener hakenförmiger Fortsatz.“

Deshalb zog Verworn als Vergleich solche auf beiden Seiten gravierten Pferdeköpfe, wie sie von Girod und Massenad in Laugerie Basse und von Piette in den Pyrenäen in größerer Zahl und mannigfachen Variationen gefunden, als Bezug heran.

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(28) Die von Verworn herangezogenen Tierkopfschnitzereien aus den Pyrenäen Verwohn, Bonnet, Steinmann, Der Diluviale Menschenfund von Obercassel bei Bonn, 1919; © Repro R. Uhrmacher

1927 untersuchten Breuil und Kühn sowie 1928 Mollison das Contour découpé und hielten es für in einem im Bereich des Kopfes nicht mehr vollständigen Tierkörper. Wobei Mollison es in der Silhouette am ehesten einem Elch zuordnete. Dabei mag das fehlende Geweih aus heutiger Sicht eher technologisch begründet sein. 1935 bezeichnete Kahrs es als Schweinekopf. Birgit Wüller kommt 1999 mit G. Bosinski 1978 zu dem Ergebnis diese Arbeit neutraler zu betrachten und der Wiedergabe eines Cervidenkörpers zuzuordnen. Die große Gruppe der Contour dècoupè wurde insgesamt in der Regel in der Form eines Anhängers getragen, entweder durch Auffädelung an einer Kette oder aber durch direkte Annähen auf der Kleidung. Das von Mollison als Jagdamulett bezeichnete Stück bedurfte dafür nicht unbedingt einer Aufhängervorrichtung in Form einer Durchlochung. Wahrscheinlich wurde es für jedermann sichtbar am Körper tragend stolz zur Schau gestellt. Es ist nach neuesten Untersuchungen höchstwahrscheinlich aus Rentiergeweih geschnitzt und hatte zu Lebzeiten des Besitzers kleinere ältere Bruchstellen. Es zeigt wohl eine liegende Elchkuh ohne tragendes Geweih.

(29) Contour découpé in größerer Darstellung (InvNr. 30476) © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: LVR Repro: Robert Uhrmacher

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(30) Der „Haarpfeil“ mit dem Contour découpé (InvNr. 30475; 30476) © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: LVR Repro: Robert Uhrmacher

Da das Contour découpé in seiner Art der Herstellung noch größenmäßig sowie auch vom gewählten Material von den Contour decoupé’s aus den französischen Fundregionen einen direkten Vergleich findet, muss dieses mit neueren Funden wie Abri Murat, Abri Morin, La Borie del Rey, Pont d’Ambon, der Grotte du Cheval bei Gouy in Nordfrankreich sowie der Bernsteinfigur aus Weitsche/Niedersachsen verglichen werden. Dabei sind eher deutlichere Parallelen zu finden, die sich auch in der Darstellungsweise des Ohres mit dem Weitsche-Fund, welches einen Elch (Alces alces) darstellt. Somit würde das Contour découpé mehr in die Datierung der dem Magdalénien IV folgenden Federmessergruppen fallen. Da beide Kulturbeigaben keine direkte Parallele finden, besonders aber der sogenannte „Haarpfeil“, sind diese Schmuckgegenstände einzigartig und würde somit auch für den Übergang in eine andere Kulturstufe sprechen. Dennoch sei angemerkt, dass immer noch die am weitgehendsten ähnlichen Funde aus den französischen Fundstellen stammen, welches wieder für eine Verzahnung der umherziehenden Steinzeitgruppen auch und insbesondere von Südwest nach Ost sprechen.

Seite 32 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Der Bärenpenisknochen Verworn hielt es für das Fragment einer hinteren Rippe oder eines Tarsalknochens. Bereits ein Jahr später identifizierte Szombarthy es als Penisknochen vom Bären. Es wird als pfriemenartiges Werkzeug fungiert haben. Auf beiden Seiten des schmaleren Endes sind Riefen erkennbar. Diese sind als Kratz- und Schabspuren zu werten. Eine genaue Bedeutung zum Gebrauch ist nicht möglich. Jedoch ist ein Einsatz zum täglichen Gebrauch, vielleicht zur Bearbeitung von Fellen oder zur Fleischbearbeitung erlegten Wildes möglich. Auch wurden Zähne des Bären im Grab gefunden, wie den 3. rechter Unterkiefermolar und die Zahnspitze vom Bär, die als Grabbeilage im weitesten Sinne verstanden werden können.

Der Bärenpenisknochen, lat. Os penis, Os priabi oder baculum, ist ein Knochen oder auch Verknöcherung im Schwellkörper des männlichen Fortpflanzungsorganes, den viele Säugetiere besitzen. Jedoch fehlt er beim Menschen völlig, da er wahrscheinlich evolutionstechnisch nicht gebraucht wurde. Viele Primaten haben noch einen solchen.

Da ein Bär zu den Raubtieren zählt ist das Vorhandensein eines Bärenpenisknochens im Doppelgrab von Oberkassel auch im Gebrauch von rituellen Anwendungen denkbar. Zum einen als Symbol in der Kraft und Stärke eines Bären, da dieser in der Lage ist, einen Menschen mit einem Prankenhieb zu töten, andererseits das Vorhandensein eines Phallussymbols für dessen Fruchtbarkeit zählt. Der Bärenpenisknochen von Oberkassel weist Schnittspuren auf, was auf eine künstlerische Bearbeitung zurückzuführen sein könnte.

Die Jäger und Sammler von Oberkassel müssen auch einen gewissen Stolz besessen haben ein solches starkes Raubtier erlegt zu haben. Galt dieser Bärenpenisknochen doch auch als Symbol für die Stärke und Überlegenheit der damaligen Menschen gegenüber einer der gefährlichsten Raubtiere der damaligen Zeit. Die Jagd auf Bären endete oftmals auch tödlich und es gibt sogar einen Fund, wo nachweislich ein Mensch vom Bären getötet wurde, selbst als der Bär von einem Pfeil tödlich getroffen war.

Ob er jetzt eine Anwendung als Werkzeug oder als rituelles Symbol oder beides hatte, bleibt aber offen.

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(31) Der Bärenpenisknochen Verwohn, Bonnet, Steinmann, Der Diluviale Menschenfund von Obercassel bei Bonn, 1919; © Repro R. Uhrmacher

Das Schaftfragment Dieses wurde in unmittelbarer Umgebung der Skelette gefunden. Auf eine genaue Bedeutung wird bisher nicht eingegangen. Dabei handelt es sich höchstwahrscheinlich um die Reste einer Jagdwaffe, also der abgebrochenen Knochenspitze eines Speeres. Diese wurden aus Knochen gearbeitet und in Schnitztechnik zugespitzt. Die so entstandene Spitze wurde am stumpfen Ende auf einen sauber bearbeiteten stabilen Holzast aufgeklebt oder mit Sehnen oder harten Grasfasern fixiert und fungierte so höchstwahrscheinlich als Wurfspeer.

(32) Das unbestimmbare Schaftfragment © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: H. Lilienthal

Seite 34 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Der Cervidenzahn Der Präparator Heyden fand bei der Reinigung und Sortierung einen Zahn, der durch an einem Lendenwirbel des Mannes im Rückenmarksloch durch rote Lehmmasse anhaftete. Den entsprechenden Wirbel markierte er dementsprechend.

(33) Der von Präparator Heyden beschriftete Lendenwirbel © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: H. Lilienthal Repro: Robert Uhrmacher

Ursprünglich wurde er als Eckzahn vom Rangifer tarandus eingeordnet, später aber von Nobis als 2. rechter Schneidezahn vom Rothirsch (Cervus elaphus) bestimmt. Da die Zahnwurzel fehlt, ist davon auszugehen, dass der Zahn vom Menschen als Schmuckelement bearbeitet wurde. Durch die Tatsache dass bei Wiederkäuern die feinen, langen Wurzeln nur bis zur Hälfte im Kieferknochen ruhen, konnten besonders im Zeitalter des Magdaléniens die Schneidezähne entlang des Kieferknochens mit Steinmessern herausgelöst werden. Dabei wurde die gesamte Zahnreihe verwendet, um sie dann auf einer Kette gezogen zu tragen. Auch beim Oberkasseler Fund ist davon auszugehen, dass eine vollständige Schneidezahnreihe getragen wurde, wobei man wohl bei der Bergung die restlichen Zähne übersehen hat und diese somit verloren gingen. Auch hat sich die eigentliche Kette, die aus pflanzlichen Materialien oder einem dünnen Lederstreifen bestand, über die Jahrtausende zersetzt.

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(34) Der Cervidenzahn © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: H. Lilienthal Repro: Robert Uhrmacher

1994 untersuchte Dr. Martin Street erneut faunistische Reste, die Steinmann und Nobis in den 80er Jahren untersucht hatten.

Er identifizierte:

- 3. rechter Schneidezahn vom Auerochsen (Bos primigenius) oder Wisent - Penisknochen vom Ursus Sp. - 1. rechter Oberkieferschneidezahn eines Spitzenfragments vom Carnivoren - 3. rechter Unterkiefermolar eines nicht näher bestimmbaren Schaftfragments - Drei Fragmente, poröser Inzisiv mit Sand und Hämatit behaftet vom Bos primigenius/Bison priscus sowie eine linke Tibia mit Tuff und Sand behaftet - 2. rechter Schneidezahn mit abgeschnittener Wurzel mit behaftetem Hämatit und Sand vom Rothirsch (Cervus elaphus) - 3. rechter Unterkiefermolar und die Zahnspitze vom Bär, sowie ein nicht näher bestimmbares Schaftfragment und fragmentarisch erhaltener Metatsus eines großen Cereviden - einen Lendenwirbel mit behafteten Sand- und Tuffspuren vom wahrscheinlich Capreolus capreolus

Bei einigen Stücken ist fraglich, ob sie im Grab gelegen haben. Wahrscheinlich sind einige faunistische Reste in der unmittelbaren Umgebung des Fundes im Erdreich verblieben und somit zu den geborgenen Überresten der Bestattung gelangt.

Der damalige Steinbruchaufseher Bonn wurde zu weiteren faunistischen Resten befragt. Bonn gab dazu an, dass bereits bei der Anlegung des Gleisweges für die Förderwagen unter anderem der Reißzahn eines Bären gefunden worden war. Da der Fund jedoch nicht aufbewahrt wurde, bleibt diese Beobachtung als ungeklärt zu betrachten, genauso wie die Lage in Bezug auf die Skelette.

Es sind faunistische Materialien von nicht näher bestimmbaren Knochenfragmenten vorhanden, darunter mehrere Schädelfragmente, Wirbel und Rippen. Einige tragen Hämatitspuren. Bei den Nachgrabungen von Verworn und Steinmann, der rötlichen Schicht in östlicher Richtung auf die Basaltwand folgend, hafteten Steinmann zufolge manchen Knochen Kohle an. Heute ist

Seite 36 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit ein solcher Nachweis nicht mehr möglich. Entweder sind sie beim Säubern abgewaschen worden oder aber es wurden Manganverfärbungen irrtümlich für Kohle gehalten.

1988 untersuchte Professor Dr. Joachim die in einem Außenlager des Rheinischen Landesmuseums untergebrachten nicht ausgestellten Reste. Dabei wurde er auf fünf Rippenbruchstücke aufmerksam, die in Gipsform erhalten sind. Die Rippenstücke stammen vermutlich von einem größeren Säugetier und sind intentionell modifiziert. Diese wurden in den akribisch verfassten Inventuren von Verworn, Bonnet und Steinmann nicht erwähnt. Hier ist anzunehmen, das Verworn wahrscheinlich diese Gipsabdrücke für irgendwelche Vergleiche zur Verfügung zog. Sicher scheint aber dass diese fünf Rippenstücke in Gipsform nicht kausal in Zusammenhang mit dem Oberkasseler Fund zu bringen sind. Möglich ist, das Verworn von Schaaffhausen damals die bei dessen Grabungen in Andernach aus den gefundenen sieben Rippenbruchstücken gefertigten Gipsabdrücken vom Martinsberg aus dem Jahr 1883 dafür zur Hilfe zogen.

Der Hund Obwohl Robert Bonnet am 21. Februar zusammen mit Max Verworn und Gustav Steinmann an die Fundstelle eilte, und dort auch den Fund einsehen konnte, erkannte er merkwürdigerweise den gefundenen tierischen Unterkiefer nicht als den eines Hundes. Er beteiligte sich an weiteren Untersuchungen der sichergestellten Überreste sowie an der Veröffentlichung des gemeinsamen Werkes zusammen mit Verworn und Steinmann. Es ist deshalb merkwürdig, weil Bonnet selbst Publikationen vorher über Hunde und Haussäugetiere veröffentlicht hatte. Somit hätte er den tierischen Unterkiefer als den eines Hundes erkennen müssen.

Er veröffentlichte folgende Dissertationen: Die stummelschwänzigen Hunde im Hinblick auf die Vererbung von Verstümmelungen. Grundriss der Embryologie der Haussäugetiere Beiträge zur Embryologie des Hundes

Erst 1977 wurde der Unterkiefer als der eines Hundes erkannt. Erwin Cziesla wurde 1977 im Rahmen einer Semesterarbeit von Karin Happe/Terberger für das Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Köln nach dem Unterkiefer des „Wolfes“ bezüglich des Oberkasseler Fundes gefragt. Als der Studierende Cziesla diesen dann im Geologisch-Paläontologischen Institut Bonn persönlich in Augenschein nahm, erkannte er sofort, das dieser Unterkiefer nicht, wie vorher vermutet von einem Wolf, sondern von dem damals wahrscheinlich ältesten nachweislichen Haustier der Menschheit in der Größe eines kleineren Schäferhundes stammte. Der Fund befand sich geteilt im Bonner Landesmuseum und im Geologisch-Paläontologischen Institut der Universität Bonn und wurde zusammengeführt. Die Sichtung erfolgte am 27.10.1977 zusammen mit Gerhard Bosinski und F.B. Naber im Geologisch-Paläontologischen Institut Bonn. Das Fundmaterial war in 11 Kartons gelagert. Das Fundmaterial lagerte unbeachtet seit über 60 Jahren dort. Cziesla teile Herrn Bosinski mit, das bestimmte Zähne im Unterkiefer schräg in dem verkürzten Kiefer standen, was gegen einen Wolfsschädel sprach. Nachdem er Professor Dr. Günter Nobis seine Entdeckung zeigte, wollte dieser Herrn Cziesla umgehend alle Funde und sämtliche Unterlagen abnehmen. Da Cziesla diese jedoch für seinen Seminar-Vortrag benötigte, den er am 2.2.1978 hielt, verweigerte er die Übergabe. Nachdem er am 18.11.1978 das letzte Mal über „meinen Hund“ referierte, war er über Herrn Bosinski die Funde an Professor Nobis los. Nobis machte dies zu seiner Entdeckung und galt fortan als „Entdecker des ältesten Haushundes“.

Erwin Cziesla sah den Fund erstmals 1990 hinter Panzerglas wieder. In der beeindruckenden Ausstellung im „Palais des Beaux Arts de Bruxelles“ mit dem Titel „5 Millions d`Annèes l`Aventure Humaine“.

Seite 37 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Folgende Revision erfolgte von Cziesla aus den 11 Original-Kartons:

Karton 1 10 Fundstücke OB 1-10 Karton 2 6 Fundstücke OB 11-16 Karton 3 2 Fundstücke OB 17-18 Karton 4 1 Fundstück OB 19 Karton 5 1 Fundstück OB 20 Karton 6 6 Fundstücke OB 21-26 Karton 7 5 Fundstücke OB 27-31 Karton 8 3 Fundstücke OB 32-34 Karton 9 9 Fundstücke OB 35-43 Karton 10 2 Stücke & Tüte OB 44-46 Karton 11 24 Fundstücke OB 47-72 (und ein Stück Maasflint)

Professor Nobis nahm sich anschließend der Sache an und untersuchte den Unterkiefer. 1979 veröffentlichte er seine Untersuchungsergebnisse und schrieb dazu:

„Größenmäßig kann der jungpaläolithische Haushund von Oberkassel, der vor ungefähr 14000 Jahren den Menschen der Cromagnon-Rasse den auf seinen Jagdzügen begleitete, mit einem kleineren Schäferhund verglichen werden.

Der Haushund von Oberkassel, der vor ungefähr 14000 Jahren lebte, ist somit das älteste bisher bekannte Haustier des Menschen. ... Das fast zeitgleiche Auftreten erster Haushunde in Zentraleuropa (gemeint ist der Fundort „Im Stingenberg“), im Vorderen Orient, in Fernost und in Nordamerika lässt an eine Domestikation autochthoner Wolfspopulationen und somit an mehrere, voneinander unabhängige Zentren der Haustierwerdung denken. Dieser Vorgang lässt aber auch vermuten, das der Auslöser hierzu im jüngeren Paläolithium beim Erreichen einer bestimmten Kulturhöhe stattgefunden hat, d.h. er steht in einer engen Beziehung zur geistigen Entfaltung des Menschen im Eiszeitalter.“

Neuere Untersuchungen mit Hilfe der Mitochondrien-DNA belegen, dass der Wolf vor ca. 135.000 Jahren vom Menschen domestiziert wurde. Zwar wurden die Datierungsmethoden in der Zuverlässigkeit angezweifelt und unter neuen Hypothesen auf ca. 100.000 Jahren revidiert, jedoch zeigt sich immer noch deutlich, das der Wolf weitaus früher vom Menschen domestiziert wurde als bisher angenommen. Obwohl es in „Ein Mallaha“, , dem Obersten Jordantal, auch eine Bestattung mit einem ca. 3 – 5 Monaten alten Wolfswelpen im Arm gab, der ungefähr Zeitgleich war, gilt der Hund von Oberkassel nach wie vor als eines der „Ältesten Haustier der Menschheit“, was zumindest seine Bestattung mit den Steinzeitmenschen von Oberkassel anbetrifft. Wurde er doch mit ins Grab gegeben.

Der Fund von „Ein Mallaha“ wurde mit der 14 C Radiokarbon-Datierung auf 11.300 – 11.500 BP datiert und ist somit jünger. Jedoch finden sich zeitgleiche Funde, die auf 12.000 – 13.000 BP datiert wurden und aus der Kneigrotte und der Teufelsbrücke stammen. Der Fund, der jedoch älter ist als der Hund von Oberkassel, ist ein im Russischen Eliseevich von M. Sablin und Khlopachev von 2002. Dort fanden sich in einer seit 18.000 BP aufgesuchten Siedlung die Schädel von zwei Hunden, die eine Datierung von 12.600 – 17.340 BP haben. Es handelt sich um zwei zum Todeszeitpunkt erwachsene Hunde. Dort ist man aber nicht so liebevoll mit den Hunden umgegangen wie in Oberkassel, fanden sie jedoch nachweislich den Weg auf den Speisetisch der dort lebenden Menschen. Die Schädel von Eliseevichi 1 haben in den Schädeln Löcher, von denen die Gehirne herausgenommen wurden. Die Hunde sind größer als der von Oberkassel, haben eine Höhe von ca. 70 cm besessen, waren kräftiger und Ähnlichkeiten zwischen Tibetanern oder Kaukasischen Schäferhunden und werden somit zu den Jagdhunden gerechnet. Diese wolfsähnlichen Hunde dienten wohl eher zum Schutz der Siedlung.

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(35) Unterkiefer des Hundes (EK37) © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: LVR Repro: Robert Uhrmacher

Bevor die Funde an das Landesmuseum Bonn (LVR) abgegeben wurden lagen sie im Geologisch-Paläontologischen- und Anatomischen Institut. Vor 1930 kamensSie im Tausch gegen anatomische Sammlungsstücke aus der ehemaligen Sammlung Schaffhausen in das Landesmuseum.

Weitgehend unbekannt war, dass viel mehr Knochenteile des Hundes vorhanden sind. Bis vor kurzem war nur der Unterkiefer bekannt. Inzwischen liegt das komplette Hundeskelett in der Ausstellung.

Diese lagerten in einem Außenlager des Rheinischen Landesmuseums und wurden 2002 in einer Studie von Dr. M. Street mit den Ergebnissen der seit 1993 laufenden Untersuchungen verschiedener Institutionen und Wissenschaftler veröffentlich. Beteiligt waren daran das Oxford Radiocarbon Accelerator Unit (Dr. R. A. Housley), das Kieler Beschleuniger-Laboratorium (Dr. D. Heinrich) sowie Dr. N. Benecke (Deutsches Archäologisches Institut Berlin) und Dr. H.-E. Joachim (Rheinisches Landesmuseum Bonn). Das Fundmaterial wurde neu sortiert und zugeordnet. Zur Identifizierung galten die Inventarnummern des LVR sowie des Geologisch-Paläontologischen Institut Bonn. Die Funde lagen weitgehend in Kisten oder Tüten vor. Auch tauchten dort die fünf Gipsabdrücke von Rippenfragmenten auf, die wohl nicht kausal zum Fund von Oberkassel gehören, sowie eine kleine Feuersteinlamelle, die wohl beim Sieben einer unmittelbar unter dem Basaltschutt entnommenen Sedimentprobe gefunden wurde. An inventarisierten Knochenfragmenten des Schädels und der Bezahnung des Hundes werden 11 Original-Verpackungen aufgelistet. Für das Rumpfskelett 10 und das Vorderbein 8.

Schädel und Bezahnung des Hundes von Oberkassel: Es handelt sich um insgesamt sechs Einzelzähne alle mit der Inventarnummer D1001, 01

Seite 39 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Laufende Inventarnummer des Geol.-Pal. RLMB (ggf. auch ursprüngliche Institut Beschreibung Anhaftendes Material Inventarnummer) (OB) RLMB D001001, 01 (D 1001A) * Maxilla dext, mit Incisivi 2 und 3 Sand, Tuff und Hämatit

RLMB D001001, 01 (D 1001A) * dext mit C, P4, M1 M2 Im RLMB ausgestellt RLMB D001001, 01 (D 1001A) * Processus coronoideus des linken Sand, Tuff und Hämatit Unterkiefers RLMB D001001, 01 (D 1001A) * Oberkiefer-Molar 1 dext Sand, Tuff und Hämatit (gründlich gereinigt) RLMB D001001, 01 (D 1001A) * Oberkiefer-Prämolar 1 sin. Sand, Tuff, Hämatit (und Gips?) RLMB D001001, 01 (D 1001A) * Oberkiefer-Prämolar 3 sin. Sand, Tuff, Hämatit (und Gips?) RLMB D001001, 01 (D 1001A) * Unterkiefer-Incisivus 1 dext. Sand, Tuff und Hämatit

RLMB D001001, 01 (D 1001A) * Unterkiefer-Incisivus 2 dext. Sand, Tuff und Hämatit

RLMB D001001, 01 (D 1001A) * Unterkiefer-Incisivus 3 dext. Sand, Tuff und Hämatit

RLMB D001001, 01 (D 1001A) Unterkiefer-Prämolar 2 sin. Ohne Sand, Tuff und Hämatit (gründliche gereinigt?) RLMB D001001, 21 48 Bester Vergleich ist mit rechtem Os Sand occipitalis von Canis familiaris

Rumpfskelett des Hundes von Bonn-Oberkassel Laufende Inventarnummer des Geol.-Pal. RLMB (ggf. auch ursprüngliche Institut Beschreibung Anhaftendes Material Inventarnummer) (OB) RLMB D001001, 10 21 Linke caudale Epiphyse eines Atlas (CV Sand, Tuff und Hämatit 1) RLMB D001001, 10 11 Fragment eines Halswirbels (DV 2) passt Sand, Tuff und Hämatit an OB 45 RLMB D001001, 10 45 Fragment eines Halswirbels (DV 2), passt Sand und Hämatit an OB 11 RLMB D001001, 11 12,13,14,15 Wirbel; OB 12 – 14 Lendenwirbel Sand, Tuff, schwach Hämatit RLMB D001001, 21 59 Nicht verwachsene kraniale Epiphyse eines Lendenwirbels, passt an OB 14 RLMB D001001, 10 4 Vordere linke Rippe, Canis familiaris ? Sand und Hämatit

RLMB D001001, 10 6 Linke Rippe 1 (?), von Sand und Hämatit Canis familiaris RLMB D001001, 04 (D1001d) Vier kleine Rippenfragmente Sand, Tuff und Hämatit

Vorderbein des Hundes von Oberkassel (* Fund bei Nobis 1986 beschrieben): Laufende Inventarnummer des Geol.Pal. RLMB (ggf. auch ursprüngliche Institut Beschreibung Anhaftendes Material Inventarnummer) (OB) RLMB D0001001, 01 (D1001a) * Rechtes Schulterblatt Sand, Tuff, Hämatit

RLMB D0001001, 14 23 * Epiphyse eines linken Humerus Sand, Tuff, Hämatit

RLMB D0001001, 01 (D1001a) * Schaft eines rechten Humerus Sand, Tuff, Hämatit

RLMB D0001001, 09 3 * Schaftfragment des linken Radius Sand, Tuff, Hämatit

RLMB D0001001, 03 (D1001c) * Schaftfragment der linken Ulna Sand, Tuff, Hämatit

RLMB D0001001, 03 1 * Schaftfragment der linken Ulna Sand, Tuff, Hämatit

RLMB D0001001, 16 31 * Rechte Ulna Sand und Hämatit

RLMB D0001001, 08 2 * Linker Metacarpus IV Sand

Seite 40 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Nicht näher bestimmbare Knochenfragmente von Bonn-Oberkassel. Laufende Inventarnummer des Geol.-Pal. RLMB (ggf. auch ursprüngliche Institut Beschreibung Anhaftendes Material Inventarnummer) (OB) RLMB D001001, 02 (D 1001b) Schaftfragment Mineralisiert?. Karbonat? RLMB D001001, 18 Schädelfragment(?) RLMB D001001, 01 (D1000a) Schädelfragment(?) Sand, Tuff, Hämatit RLMB D001001, 15 30 Schädelfragment Sand, Tuff, Hämatit RLMB D001001, 10 28, 42, 46 Schädelfragmente Sand, Tuff, Hämatit RLMB D001001,10 29 Schädelfragment Sand, Tuff RLMB D001001,10 35,39 Schädelfragmente Sand RLMB D001001, 21 49 Fragment eines Sand, Hämatit spongiosen Knochens RLMB D001001, 21 52 Unterkiefer von Sand, Hämatit Canis familiaris? RLMB D001001, 21 60 Unterkiefer von Sand, Hämatit Canis familiaris? RLMB D001001, 10 34 Fragment eines Sand, Hämatit Brustwirbels RLMB D001001, 10 26 Fragment eines Sand, Tuff Brustwirbels RLMB D001001, 10 5 Fragment eines Sand, Tuff Lendenwirbels RLMB D001001, 10 22, 24, 25, Wirbelfrgmente Sand, Tuff 27 RLMB D001001, 10 33 Wirbelfragment Sand RLMB D001001, 10 64 Wirbelfragment Sand RLMB D001001, 10 56 Fragment eines Sand Lendenwirbels? RLMB D001001, 21 Zwei Fragmente eines Sand, Tuff spongiosen Knochens RLMB D001001, 10 38 Fragment (Wirbel?) Sand, Tuff

RLMB D001001, 21 63 Fragment eines Sand, Tuff spongiosen Knochens RLMB D001001, 10 32, 36 Fragmente (Wirbel?) Sand

RLMB D001001, 21 68 Kleines Frament Sand spongiosen Knochens mit Artikulationsfläche (Wirbel?) RLMB D001001, 21 51 Fragment eines Sand spongiosen Knochens (Wirbel?) RLMB D1001001, 10 7, 8 Rippenfragmente Sand RLMB D001001, 10 37 Rippenfragment Sand, Tuff

RLMB D001001, 10 40,44 Rippenfragmente Sand RLMB D001001, 10 10 Unbestimmbares Sand, Hämatit Fragment RLMB D001001, 21 53, 54 Unbestimmbare Sand, Tuff, Hämatit zusammengepaßte Fragmente RLMB D001001, 21 58 Fragment eines Sand, Hämatit spongiosen Knochens RLMB D001001, 21 57 Fragment eines Sand spongiosen Knochens RLMB D001001, 21 66 Fragment eines Sand, Tuff, Hämatit spongiosen Knochens RLMB D001001, 21 47 Knochenfragment Sand (Becken?) RLMB D001001, 10 9, 18 Unbestimmbare Fragmente Sand, Hämatit RLMB D001001, 10 17 Unbestimmbare Fragmente Sand, Hämatit RLMB D001001, 10 41 Unbestimmbare Fragmente Sand, Hämatit RLMB D001001, 21 62 Unbestimmbare Fragmente Sand, Hämatit RLMB D001001, 10 43 Unbestimmbare Fragmente Sand, Tuff RLMB D001001, 21 65 Fragment eines Sand, Tuff spongiosen Knochens RLMB D001001, 21 50, 55, 61 Fragment eines Sand spongiosen Knochens

Seite 41 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit

(36-41) Knochen des Hundes von Oberkassel oben zum Vergleich jeweils rechts Knochen eines heutigen Schäferhundes und Teile der Vorderbeine des Hundes und zwar die rechten oberen und unteren Vorderbeinknochen, linke Elle und Speiche, und rechten Oberbeinknochen. Unten (links) als Erstes einen Wirbel, dann (Mitte) einen Teil des Oberkiefers mit Eck- und Vorderzahn, sowie rechten oberen Teil der Speiche Ein Wiedersehen mit dem Hund von Bonn-Oberkassel". Bonn. zool. Beitr. Bd. 50, H. 3, S. 269-290 Bonn, Dezember 2002 © MONREPOS | RGZM LVR | Fotos: M. Street Repro: Robert Uhrmacher

Es wurden weitere Fragmente dem Bären sowie dem Rothirsch und einer unbestimmbaren Bolivenart (Bos / Bison) zugeordnet. Eine Anzahl der Zahn- und Knochenreste werden von Street eher als Grabbeigaben (im weitesten Sinne) und nicht als Belege für eine zeitgleiche Jagdbeute interpretiert, da diese auch feine, alte Schrammen und Kratzer aufweisen und somit wegen Ihrer Wertschätzung in das Grab gelangten. Street unterstreicht die Wichtigkeit als ältester, taxonomisch klar determinierter Nachweis zur Domestikation des Wolfes. Der Hund von Oberkassel muss sich natürlich auch weiteren Funden wie die im Raum Göttingen, dem Nahen Osten und Ostfrankreich gemacht wurden, stellen. Der Kontext diesbezüglich bleibt abzuwarten. Er untermauert, dass fehlende Teile des Hundes auch wegen der spontanen und nicht fachgerechten Sicherung den Weg des allgemeinen Abraums gegangen sind, jedoch von einer kompletten Bestattung des Hundes auszugehen ist. Auch zeigen seine Untersuchungen, dass es sich tatsächlich um einen Hund und nicht um einen eiszeitlichen Wolf gehandelt haben kann, da die Zahnreihenlänge des Gebisses mit 69,6 mm erheblich kleiner ist als die vom Wolf. Somit bestätigt er die von Nobis 1979 veröffentlichten Ergebnisse. Um die Größendimension des heutigen Wolfes mit dem des Hundes von Oberkassel im direkten Vergleich sehen zu können, fertigte Nobis damals ein Foto mit einer Überlappung der unterschiedlichen Wolfsschädel mit Ober- und Unterkiefer.

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(42) Die von Nobis gefertigte Montage mit einem heutigem Wolf aus dem Baltikum © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: H. Lilienthal Repro: Robert Uhrmacher

Im Vordergrund dunkel die Teile vom Oberkasseler Hund. Deutlich ist hier der Größenunterschied, besonders im Unterkiefer zu sehen.

Reste von Capreolus capreolus (?), Cervus elaphus und einer Bovinenart von Bonn Oberkassel Laufende Inventarnummer des RLMB (ggf. Geol.-Pal. auch ursprüngliche Inventarnummer) Institut Beschreibung Anhaftendes Material (OB) RLMB D001001, 11 16 Lendenwirbel Sand und Tuff (Capreolus capreolus ?) RLMB D001003, 11 (D 1000c) Unterkieferzahn: Sand und Hämatit Incisivus 2 dext. (Cervus elaphus) RLMB D001001,10 72 Metatarsus Ohne Sediment und (Cervus elaphus ) Hämatit 71 Metatarsus Ohne Sediment und (Cervus elaphus ) Hämatit RLMB D001001, 04 (1000d) Unterkieferzahn: Incisivus 3 dext. (Bovinenart) RLMB D001001, 13 20 Tibia (Bovinenart) Sand und Tuff

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(43) Darstellung der identifizierten Skelettteile des Hundes © MONREPOS | RGZM | M. Street 2002

1994 wurden an der Universität Oxford im Rahmen einer Studie vier Knochenproben des Oberkasseler Fundes einer 14 C Untersuchung (Radiokarbonmessung) sowie 1997 im Kieler AMS-Labor drei Knochenproben zur Ermittlung des 14 C -Alters entnommen und untersucht. Die Ergebnisse fielen zwar etwas früher aus als erwartet, fallen jedoch immer noch an das Ende der Eiszeit.

14 C-Alter des Fundplatzes Bonn-Oberkassel (Stand 2006)

14 Lab. Nr. Datum C BP Tierart Anatomie Bezeichnung Inventar RLMB KIA-4163 11,620 ± 60 Canis familiaris ulna dext. OB 31 RLMB D001001,16 KIA-4161 12,110 ± 45 Canis familiaris maxilla dext D 1001a RLMB D001001,01 KIA-4162 12,210 ± 60 Canis familiaris humerus dext. D 1001a RLMB D001001,01 OxA-4793 12,270 ± 100 Canis familiaris ulna sin. OB I + D 1000c RLMB D001001,03 OxA-4790 11,570 ± 100 Homo sapiens ♂ humerus sin. D 999.56 RLMB OxA-4791 11,780 ± 90 Ursus sp. os penis D 1000a RLMB D001000,01 OxA-4792 12,180 ± 100 Homo sapiens ♀ humerus sin. D 999,30 RLMB

Diese ergeben ein Alter auf etwa 12.250 BP 14 C (kalibriert) Somit ist der Fund von Oberkassel über 12.300 Jahre alt. (Siehe Datierungen zur Altersbestimmung).

Die Frage der Domestikation des Wolfes zum Hund Die Definition des Wortes Domestikation wird aus dem lateinischen Wort domus abgeleitet. Es steht für Haus; Wohnsitz, Wohnung, Aufenthalt für Wildtiere, die sich der Mensch zu Nutzen machte. Dabei zählen Wolf und Hund gleichermaßen zur Familie der Caniden. Hierbei gilt der Wolf als ältestes Wild- und Raubtier, welches wir uns zu Eigen machten.

Seite 44 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Sicherlich mögen für den Wolf Nahrungsmittelreste, die wir weg warfen, wichtig gewesen sein. Brauchte er diese Beute doch nicht mehr zu jagen. Damit sorgte er für eine Abfallentsorgung und Vermeidung von Krankheitsherden, die sich im Abfall der damaligen Steinzeitmenschen ansammelten. Hinzu kam die Entstehung der Wälder, die bei der Jagd es dem Menschen erschwerte, verletztes Wild aufzuspüren, wenn dieses noch die Flucht ergreifen konnte. Der Wolf war dazu in der Lage und spürte das verletzte oder verendete Wild auf oder hetzte und stellte dies. Das haben die damaligen Jäger sich zu Nutze gemacht. Somit wurde der Wolf domestiziert, auch für die Jagd und nicht nur als treuen Begleiter und Wächter. Durch sein ausgeprägtes Jagdverhalten war er dem Menschen von Nutzen. Seine soziale Rudelfähigkeit und kognitiven Verhaltensmuster spielte eine Rolle und der Hund sah im Menschen die Stellung eines „Alphatieres“. Somit konnten sich junge und Wolfsbauten entnommene Wölfe dem Menschen unterwerfen, da sie in ihm ein Alphatier sahen. Für das Aufspüren von Wolfsbauten hatte der Mensch es damals recht einfach, brauchten sie doch nur dem Kolkraben (Corvus corax) zu folgen. Der Kolkrabe baute seine Nester in der Nähe von Wolfsbauten, weil er als Aasfresser die hinterlassenen Reste der Jagdbeute des Wolfes fraß. Dadurch konnte der Mensch die Wolfswelpen leicht auffinden, aus dem Bau der Wölfe entnehmen und sich aneignen. Hiermit nahm die Domestizierung des Wolfes zum Hund seinen Lauf. Zur Unterscheidung zwischen Wolf und Hund lässt sich alleine nur vom Unterkiefer (Zahnmorphologie) her durch die Zahnstellung feststellen, ob es sich um einen Hund oder Wolf handelt. Es stellt sich die Frage wann wir uns den Wolf als Hund zum treuen Gefährten und Bewacher domestizierten und wo auf der Welt dieser Prozess ablief oder ob dieser unabhängig voneinander verlief. Zwar wird angenommen, dass der Prozess der Domestizierung des Wolfes zum Hund im Nahen Osten und Ostasien stattfand, jedoch sind dort bisher nur Funde bekannt, die auf ein Alter von ca. 13.000 Jahren zurück reichen. In Europa und Sibirien jedoch liegen Datierungen vor die wesentlich älter sind und auf ein Alter von ca. 32.000 Jahre zurückreichen. Dabei ist die geografische Verteilung von der Verbreitung und auch Migration des Menschen abhängig. Er wanderte mit dem Menschen. Während in und Sibirien der Hund auf der Speisekarte des Menschen landete, wurde er in Oberkassel nachweislich mit in einem Grab bestattet. Für eine seriöse Studie kommen deshalb Funde aus dem Pleistozän in Frage, die erst einmal morphologisch eindeutig von Wolf und Hund unterschieden werden können. Anschließend muss aus den Knochenresten die Erbsubstanz der mtDNA herausgewaschen, gereinigt, isoliert und vervielfältigt werden. Hierbei entstehen die gleichen Probleme wie auch bei menschlicher DNA aus dem Pleistozän. Auch hier werden nur Teilstränge der DNA ausgewaschen und müssen per Computersimulation wieder zusammen gefügt werden, um ganze Ketten zu rekonstruieren. Diese Arbeiten erfolgen in einem Reinstlabor, um Kontaminierungen mit unserer und somit fremd-DNA zu vermeiden. 2014 veröffentlichte das Senckenberg – Natur Forschungs Museum eine Studie über den DNA- Stammbaum des Hundes. Hierbei wurden 16 prähistorische Caniden und die von 77 modernen Hunden, auch wild lebenden wie z.B. Dingo, Basenji, 49 Wölfen und 4 Kojoten aus allen Teilen der Welt heran gezogen. Ziel war es heraus zu finden ob es sich dabei um genetische Vorfahren oder nahe Verwandte des heutigen Hundes handelt.

Seite 45 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Hierbei wurde der Hund von Oberkassel mit einbezogen wie auch die Funde von Kesserloch (Wölfe) und Karstein. Die Auswertung ergab vier verschiedene Abstammungslinien. Gruppe A ist mit 64 % der heutigen Hunde vertreten. Er hat Verwandtschaft zu Kesserloch 2 (Wolf) und präkolumbianischen Hunden aus den USA und Argentinien. Gruppe B ist mit Wölfen aus Nordamerika, Asien und Europa sowie dem schwedischen Wolf verwandt und stellt die jüngste Gruppe dar. Gruppe C schließt den Fund von Oberkassel und Kartstein aus der Eifel (zwei Wölfe) ein. Gruppe D ist mit Kesserloch 1 und 3 (Wölfe) verwandt. Die Gruppe B sind enger mit modernen Hunden verwandt als die Linien A, C und D. Dies deutet auf einen europäischen Ursprung heutiger Hunde hin. Für die präkolumbianischen Hunde kann ein europäischer Ursprung auf die Basis im phylogenetischen (Abrufstatistik der DNA) im Stammbaum angenommen werden. Die Aufspaltung zwischen Wolf und Hund wurde in der Linie A auf maximal 32.100 Jahren berechnet. Für Linie D ein Maximum von 18.300 Für Linie C, also Oberkassel, zwischen 16.000 und 24.000 Jahren. Inwiefern nach der Domestizierung Einkreuzungen des Wolfes stattgefunden haben lässt sich aus der mtDNA nicht ableiten, da diese sich auf das weibliche Genom bezieht, jedoch nicht auf die feinere Methode des Zellkerns. Diese wäre weitaus aufwendiger und je nach Fund unmöglich, da die DNA über die Jahrtausende von der Natur ausgewaschen wird und prähistorische Funde räumlich und zeitlich begrenzt und somit selten sind. Das Ergebnis dieser Studie zeigte, dass der Hund sich auf dem Höhepunkt der letzten Eiszeit vom Wolf abspaltete, also vor ca. 15.000 Jahren und seinen Ursprung im Eurasischen Raum hatte. Trotzdem hält hier die Diskussion an. Genetische Veränderungen des Wolfs gegenüber dem Hund geschehen sehr langsam, und hier ist auch fraglich, welche Aussagekraft sie bei nachweislichen morphologischen Veränderungen wirklich haben. Manche Wissenschaftler hielten sogar eine Abspaltung vom Wolf vor 130.000 Jahren für möglich, auch wenn dies in letzter Zeit relativiert wurde. Es gibt auch Theorien, die eine Abspaltung vom Wolf zum Hund parallel sowohl im europäischen als auch asiatischen Raum für möglich halten. Der Wolf wurde vom Menschen gehalten. Wann sich genetisch nachweisbare Veränderungen bildeten, hat keinerlei Aussagekraft über die Abspaltung zum Hund und wann diese wirklich stattgefunden hat.

Inzwischen liegt der Hund im Rheinischen Landesmuseum neben den Skeletten von Oberkassel und gehört zum festen Inventar der Ausstellung.

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(44) Skelettfund des Hundes im LVR Bonn © Robert Uhrmacher – Rheinisches Landesmuseum

Wie berichtet wurde Erwin Czsiesla 1977 im Rahmen einer Studienarbeit mit einer Untersuchung der im Paläontologischen Institut liegenden mit im Grab gefundenen Beilagen betreffend vom Wolf beschäftigt.

Neben einem Bericht von Friedrich B. Naber und Harald Schuster mit dem Titel „Nachuntersuchungen an der Fundstelle der Doppelbestattung von Oberkassel“ fand er den Fund in 11 Kartons vor.

Für die Nachuntersuchungen benutzten B. Naber und Harald Schuster eine Topographische Karte 1:25000 (TK 25) 5209 Siegburg in Form einer Befliegung von 1934.

Die TK 25 5209 Siegburg existiert als ein historisches Kartenwerk. Das Kartenwerk hat die Bezeichnung TK 25 History.

Mir stellte sich die Frage, was Cziesla damals vorfand. Erwin Cziesla hat mir die Aufnahmen freundlicherweise zur Verfügung gestellt, die in DIA-Form gefertigt sind.

In den Aufnahmen sind unter anderem auch Bilder des Zahnes vom Ur (Auerochse, Bos primigenius) und des Braunbären (Ursus arctos) zu sehen.

Bei dem Ur handelt es sich um ein ausgestorbenes Wildrind welches 1627 ausgestorben ist und das letzte Exemplar in Polen im Wald von Jaktorow Wilderern zum Opfer fiel.

Die Jagd auf beide Spezies war für den Steinzeitmenschen äußerst gefährlich und endete oft mit schweren Verletzungen oder dem Tode. Für beide Zähne darf somit gelten, dass die Menschen von Oberkassel sehr stolz waren, diese erlegt zu haben.

Seite 47 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Bei beiden Zähnen ist es möglich dass diese an einer Halskette hingen, jedoch ist auch die Unterbringung in einem Beutel gut möglich. Sie lagen definitiv dem Grab bei.

Hier die Bilder, die Cziesla 1977 fertigte, mit den Originalbezeichnungen:

(45-52) Originalaufnahmen von Cziesla © Erwin Cziesla

Seite 48 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Zeitdatierung der Funde Die Beschreibung von Verworn über die Fundschichten sorgte für eine Datierung: „Die Funde wurden... in den tieferen Lagen dieses Basaltschutts gemacht, und es fanden sich auch noch spärliche Reste... dicht über dem sandigen Lehm. – Jünger als die Fundschicht ist zweifellos der basaltische Gehängeschutt... – in unvollkommen gestrecktem Zustand im Boden auf der Sandschicht... – An der Basis der Basaltschotterschicht hatten zwischen kleineren und größeren Basaltstücken und eingehüllt von einer spärlichen Lage durch Rötel intensiv rot gefärbten Lehms die Skelette gelegen“.

Aufgrund dieser Radiokarbondatierungen lässt sich der Fund von Oberkassel in die späte Magdalénien IV-Zeit und in den Übergang zur frühen Rückenspitzenindustrie der Bølling / Allerød-Zeit bestimmen und somit fast in die „klassischen“ Federmesserinventarien. Zwar sind Radiokarbon-Datierungen genau, jedoch muss auch aufgrund der etwas früher als zu erwartete Ergebnisse die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, dass die hier untersuchten Fundobjekte irgendwie verfälscht wurden. Entweder durch die Präparation der Knochen oder durch extreme atmosphärische 14 C -Schwankungen dieser Zeit erklärt werden könnte. Die genaue Altersbestimmung kann hier nicht nachvollzogen werden. Eine Ursache liegt in der Präparation der Knochen. Durch die von Herrn Professor Mollison damals mitgeteilten und angewendeten Methode wurden Sie mit einer Zelluloidlösung durchtränkt. Für die Härtung verwendet man am besten gebrachte Filme- z. B. Kinofilme – von denen man die Gelatine mit warmem Wasser abgewaschen hatte. Man löst ungefähr 5% davon in einer Mischung von reinem Azeton mit 10 – 30% Amylazetat.

Eine weitere Möglichkeit der Verfälschung der Daten kann auch an dem erfolgten Ausbruch des Vulkans von Maria Laach liegen, der für die oben genannten extreme atmosphärische 14C - Schwankungen geführt haben mag. Jedoch wird diese These von Wissenschaftlern als unmöglich angesehen, da sich die Radiokarbondaten nach dem Tode normalerweise nicht mehr verändern. Es sind aber Verfälschungen durch Einwaschungen anderer Bodenschichten möglich. Oder durch Huminsäuren späterer Bodenbildung, die in die Fundschicht eindrangen und somit zu einer Verschiebung in ein jüngeres Zeitalter sorgten. Auch ist eine Verfälschung durch die Art und Weise der 1914 erfolgten Präparation der Knochen möglich.

Inzwischen sind den Labors Verfälschungen von Datierungen um diese Zeit bekannt. Auch bei dem Fund in Oberkassel zeigten sich, wie bei manchen zeitgleichen anderen Funden auch, bei der Datierung zwei Spitzen. Inzwischen haben die Labors ein Verfahren entwickelt, welches Fremdkontaminierungen herausfiltert. Somit müsste der Fund von Oberkassel neu datiert werden.

Vielleicht sind die Funde doch noch älter und somit würden die in Oberkassel gefundenen Kulturbeigaben auch besser in die Zeitepoche passen.

Nicht mehr weiter untersuchte Proben des Fundes Bei der von Dr. Street 1993 durchgeführten Revision listet dieser auch nicht-organische Reste des in einem Außenlager des Rheinischen Landesmuseums gelagerten Original-Funden auf. Diese bestehen aus:

Laufende Inventarnummer des RLMB Geol. Pal. Institut (OB) Beschreibung Anhaftendes Material RLMB D001001, 05 (D1001e) Acht kantige Basaltstückchen Sand, Tuff und Hämatit RLMB D001001, 06 (D1001F) Sedimentprobe RLMB D001001, 07 44, 45, 46 Fünf Gipsabdrücke RLMB D001001, 19 Kleine Feuersteinlamelle Sand RLMB D001001, 20 Sedimentprobe RLMB D001001, 21 67 Fragment hellgelbgrünen Gesteins Sand, evtl. Hämatit

Seite 49 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Von besonderem Interesse dürfte jedoch die Sedimentprobe sein, die seitdem nicht mehr weiter untersucht wurde. Eventuell birgt sich hier die große Überraschung, dass doch noch das tatsächliche Alter des Fundes hierüber datiert werden kann. Jedoch liegen die Sedimentproben im Gramm-Bereich und wurden bei Tageslicht gelagert und somit natürlicher radioaktiver Bestrahlung ausgesetzt Auch sind sie in kleinen Plastiktüten gelagert worden. Wahrscheinlich ist eine Neudatierung durch die Original-Sedimentproben somit unmöglich.

Bei den acht in einer Schachtel enthaltenen kantigen Basaltstückchen, die mit der Beschriftung „Durch Roteisenstein gefärbte Basaltbrocken“, handelt es sich höchstwahrscheinlich um Fragmente der dem Grab überlagernden Schuttschicht.

Dann eine Sedimentprobe mit der Beschriftung „Lehm der Fundschicht mit Kohleresten“ aus Sand und eventuell Tuff? sowie Hämatit.

Die Bedeutung der fünf Gipsabdrücke ist nicht geklärt, jedoch werden sie kausal nicht mit dem Fund in Zusammenhang gebracht, sondern es liegt der Verdacht nahe, dass diese von Verworn zu Vergleichszwecken herangezogen wurden.

Auch wird hier die fast fünf Jahre später gefundene kleine Feuersteinlamelle, die beim Schwämmen von Bodensediment aus der unmittelbaren Umgebung der Fundstelle zu Tage kam, aufgelistet.

Die Original-Beschreibung der Sedimentprobe hat die Bezeichnung „Schlämmrückstand der Fundschicht“.

Es folgt die mit einem Etikett „Oberkassel XI“ bezeichneten Gesteinsbruchstücke, welches mit einer Anzahl kleiner Knochenfragmente gelagert sind. Den Fragmenten haften Körner oder Kristalle (Quarz?) an. Es könnte sich eventuell um vulkanisches Gestein (Trachyt?) handeln.

Nachträgliche Veränderungen im Bereich der Fundstelle Neben der weiteren Erschließung und der Ausbeutung der Steinbrüche im Bereich Oberkassel fanden zwei massive Eingriffe nach deren Schließung statt.

Mitte der 60er Jahre wurde für den Bau einer neuen Brückenüberführung über die Bundesbahntrasse in Niederdollendorf für die neue Straßenführung Erdreich aus dem Bereich des Stingenberg abgetragen. Der Abraum wurde für die beiden Brückenrampen der Brückenüberführung benötigt. Dabei soll ein Bagger auch Erdreich im Bereich des alten Basalt- brechers und der Fundstelle abgetragen haben.

Auch wurde für den Bau der A 59 vor den Steinbrüchen weitgehend Erdreich abgetragen.

Somit hat sich vor den Steinbrüchen die komplette Umgebung stark verändert und es wurde sehr viel Erdreich abgetragen. Deshalb sind dort Nachgrabungen sehr schwierig, weil Sie nur noch lokal Aussicht auf Erfolg hätten und relativ aussichtslos sind. Schließlich wurde nicht nur die unmittelbare Umgebung zerstört sondern auch weiträumig der Bereich der Fundstelle.

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(53-55) Links Historische Karte von 1896, Mitte Luftbildaufnahme von 1936 und Rechts von 1987 Reproduktion Geobasis NRW; Kartenblatts "5209 Siegburg" aus der CD-ROM-Serie TK25 History (Ausschnitte)

Spätere Untersuchungen der Fundstelle und neueste Untersuchungen Bereits 1973 und 1974 wurde von der Universität durch Bosinski und F.B. Naber sowie Harald Schuster versucht, den Bereich der Fundstelle aufzufinden. Dafür wurden die Steinbrüche von Harald Schuster mehrfach begangen und 1974 der beim Fund damals anwesende Lehrer Kissel hinzugezogen. Zwar konnte der Bereich der Fundstelle aufgefunden werden, jedoch wurde schon damals erkannt, dass durch den Bau eines Betonbunkers der Bereich weitgehend zerstört war. Hierbei wurde aber die Höhe der Fundstelle vom 99 m auf 93,83 m korrigiert.

Das Amt für Bodendenkmalpflege führte 1994 durch Jürgen Thissen und Ralf Schmitz Nachgrabungen an der Fundstelle durch. Jedoch wurden auch hier keine weiteren Details der Fundumstände hinzugewonnen. Es konnte lediglich die geologische Abfolge erschlossen werden. Durch die Analyse der dort gefundenen Sandschichten konnte der Fund nicht mehr wie bisher in die Magdalènien IV und älteren Dryaszeit datiert werden sondern in die jüngere Federmessergruppen.

Zum 100-jährigen Jubiläum des Steinzeitfundes von Oberkassel 2014 startete man 2008 das „Projekt Oberkassel “. Mit einem internationalen Forscherteam von 30 Wissenschaftlern in einem Kooperationsprojekt des Rheinischen Landesmuseums (LVR) und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn untersuchte man den Fund nach den neuesten wissenschaftlichen Methoden. Dabei ging es um neueste Untersuchungen der Skelette durch den renommierten Anthropologen Professor Dr. Trinkhaus, Gesichtsrekonstruktionen, Untersuchungen des Contour découpé, Nachgrabungen, die Frage der Domestizierung des Hundes, die Frage der Vermischung und des Verwandtschaftsgrades mit anderen Menschen der damaligen Zeit, neueste Erkenntnisse der Umgebung und Temperatur in der die Menschen lebten aber auch um eine Rekonstruktion eines eiszeitlichen Wohnzeltes. Einige der gestellten Ziele konnten abgeschlossen werden. Andere warfen neue Fragen auf und werden fortlaufend erweitert und ergänzt. Parallel dazu wurden die Skelette neu untersucht. Hier zeigte sich, dass die Rotfärbung auf den Knochen unterschiedlich intensiv war. Der Hämatit war intensiv auf den weiblichen Schädel verteilt, beim Mann gar nicht nachweisbar. Bei den Becken jedoch war es genau umgekehrt. Insgesamt war das männliche Skelett weniger eingefärbt.

2012 erfolgten die letzten Geländearbeiten. Es wurde der Bereich an und rund um die Fundstelle durch Ralf Schmitz und Renate Gerlach untersucht. Dabei wurde aber kein Fund gemacht der aus dem ehemaligen Grab stammte. Es wurden verschiedene Knochen und Bodenproben gesichert, deren Auswertung noch ansteht. Die

Seite 51 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Knochen sind zumeist nur ein paar hundert Jahre alt. Ein Knochen stammt aus der Eiszeit. Die Untersuchung steht noch aus. Die meisten Grabungen fanden ca. 80 m von der eigentlichen Fundstelle statt, da dort der vollständig spätpleistozäne/frühholozäne Hangschuttkegel erhalten blieb.

Als eines der wichtigsten Funde wurde jedoch eine steinzeitliche Pfeilspitze gemacht, dessen Zusammenhang aber nicht mit der Bestattung zu sehen ist. Die Pfeilspitze ist nachweislich durch einen Aufschlag gebrochen. Sie wurde aus der Schäftung entfernt und durch ein neues Pfeilprojektil ersetzt. Sie war nachweislich mit Birkenpech fixiert.

(56) Die 2014 gefundene Pfeilspitze aus der Steinzeit © Robert Uhrmacher – Rheinisches Landesmuseum

Aktuell wird an modernen Geländemodellierungsverfahren unter Einbeziehung von Fotomaterialien gearbeitet. Dabei werden Geländebewegungen mit einbezogen.

Im Oktober 2014 präsentierte das Rheinische Landesmuseum in einer Sonderausstellung eindrucksvoll die Ergebnisse und die Umgebung der damaligen und neueren Zeit. Es werden auch Kunst- und Nutzobjekte der Steinzeit mit einbezogen, wie eine Flöte oder Elfenbeinschnitzereien und Speerschleudern. Für die Sonderausstellung Eiszeitjäger, zum 100-jährigen Fund, wurden die Skelette einer anthropologischen-pathologischen Neuuntersuchung unterzogen. Diese fand durch Professor Eric Trinkaus von der Washington University in Saint Louis zusammen mit Dr. Ralf W. Schmitz vom LVR Bonn statt. Hierbei wies Professor Eric Trinkhaus am Becken der Frau durch eine Rille nach, dass diese mindestens ein Kind entbunden hat, höchstwahrscheinlich sogar zwei Kinder. Im folgenden Bild ist die Stelle des Beckens mit einem roten Kreis versehen. Damit das Becken symmetrisch mit der Kindheit mitwachsen kann, verschmilzt es erst im Alter von ca. 15 Jahren. Vorher ist es separat voneinander angelegt. Bei der Frau kann sich das Becken, (Pelvis), bestehend aus großen (Pelvis major) und kleinem (Pelvis minor) Beckenknochen, weiten, um bei einer Entbindung die Geburt zu erleichtern. Der rechte und linke Beckenknochen ist mit einer Faserknorpelverbindung verbunden. Für eine Entbindung muss sich die Bauchmuskulatur aus Bändern und Bindegewebe lockern, andererseits muss sie das Gewicht eines Fötus bis zur Entbindung tragen können. Somit verändert sich der Beckenboden. Die Bandverbindungen zum Becken muss daher im Knochen verstärkt werden. Da die Muskelansätze im Beckenknochen fixiert sind verändert sich dessen Struktur in einer sichtbaren Rille.

Seite 52 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Möglich ist der Tod der Frau bei einer Entbindung. Dies ist aber absolut im spekulativen Bereich zu sehen.

(57) Beckenknochen der Frau mit Nachweis auf Entbindung © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: LVR J. Vogel Repro: Robert Uhrmacher

Für eine gentechnische Analyse entnahm Professor Dr. Johannes Krause (damals MPI Leipzig) Universität Tübingen, Zähne aus den Kiefern der Schädel von Oberkassel. Die Wurzeln der Zähne sind durch Fremdkontaminierungen weitgehend geschützt. In steriler Umgebung wurden diese im Labor entnommen und eine komplette mtDNA-Analyse der Genome erstellt. Dies diente als Basis zu Untersuchungen zum Verwandtschaftsgrad des Mannes und der Frau. Dabei wurden auch anderen Funden der damaligen Zeit aber auch heutiger Populationen und deren möglichen Vermischungen mit einbezogen. Dabei wurden neue Wege für alte DNA gegangen. Anstatt der bisherigen Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ging man nunmehr dem Verfahren der „Hoch-Durchsatz-Sequenzierung“ (HTS) nach, um alle DNA-Moleküle in einem Extrakt gleichzeitig zu vervielfältigen. Es zeigte sich, dass sie nicht eng miteinander verwandt waren, also nicht Vater und Tochter.

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(58) Im Rheinlabor bei der Arbeit © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: Dr. Krause Repro: Robert Uhrmacher

Es wurden hier auch Analysen über das Nahrungsmittelverhalten in Form einer Strontium- Analyse der Menschen erstellt. Diese können aus dem Kohlenstoff/Stickstoff-Verhältnis des Knochenmaterials erlesen werden. Neben den Zähnen und dem dafür zuständigen Zahnschmelz wurden dazu auch die Rippen hinzugezogen. Dazu wurden zwei Rippen, jeweils eine des Mannes und eine der Frau, ein Knochenstück in der Größe von 1 cm x 0,5 cm entnommen und die mineralischen Anteile durch Säure entzogen. Das am Ende verbliebende organische Material in Form von Kollagen (Gelantine) wurde in einem Elementenanalysator verbrannt und die Kohlendioxid ( 12 CO, 12 CO) und Stickstoff ( 14 N, 15 N) in einem Isotopenmassenspektrometer ausgelesen. Die Menschen aus Oberkassel ernährten sich zu 90 Prozent aus Fleisch, aber auch Fisch war nachweisbar. Also bestand die Ernährung weniger aus pflanzlicher Nahrung und weitgehend aus tierischer Nahrung. Die Menschen jagten das Wild, was zur damaligen Zeit ihnen zur Verfügung stand und genießbar war. Zu denen zählte: Rothirsch, Elch, Reh, Ur (Auerochse), Pferd, Biber, Steinbock, Gams, Braunbär, Wildschwein, Wolf, Rotfuchs, Dachs, Marder sowie Fische.

Durch die daraus gewonnenen Strontium-Anteile lässt sich ermitteln, in welcher Umgebung Sie ihre Kindheit verbrachten, da diese sich in den in den Zähnen eingelagerten Elementspuren ablesen lässt. Nachweisbar auch durch Ablagerungen der unterschiedlichen Nahrungsangebote in den verschiedenen Landschaften. Hieraus lassen sich Erkenntnisse über deren Wanderschaft im Eiszeitalter ableiten. Mann und Frau verbrachten demnach nachweislich ihre Kindheit in verschiedenen Regionen. Aus den ersten Backenzähnen der Frau konnte auch das „Stillsignal“ analysiert werden, welches neben dem Beckenknochen beweist, das sie nachweislich mindestens ein Kind entbunden und gestillt hat.

Die Strontium-Analyse wurde auch beim Hund durchgeführt. Er wurde somit in die Untersuchungen mit einbezogen.

Von dem „Contour dècoupè“ erstellte man eine Rekonstruktion in vollständiger Form. Es zeigt somit eine komplett liegende Elchkuh.

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(59) Rekonstruiertes Contour dècoupè © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: LVR J. Vogel Repro: Robert Uhrmacher

Das „Contour dècoupè“ wurde im März 2013 einer Computertomographie (CT) durchzogen. Mit einem CT kann man in ein Objekt hineinschauen, ohne es zu zerstören. Überraschenderweise waren zwei Teile davon gut erhalten. Eines der drei Teile jedoch ist schlechter erhalten. Dies zeigt sich in den Hohlräumen im Inneren. Somit konnte das Contour dècoupè nicht bei dessen Bergung zerbrochen sein sondern vorher. Es zeigte sich, dass die Teilstücke verschiedenen Umwelteinflüssen ausgesetzt waren, was darauf hindeutet, dass sie in verschiedenen Bereichen des Grabes verblieben. Es muss somit beim Begräbnis oder kurz vorher zerbrochen sein.

Das Contour découpé zerbrach nachweislich nicht bei der Bergung sondern bei der Bestattung. Es ist in vier Stücke zerbrochen, wobei ein Stück bis heute fehlt. Ein Stück wurde durch Einlagerung in eine andere Stelle des Grabes stärker innerlich verwittert. Es wurde somit bei der Bestattung wahrscheinlich symbolisch zerbrochen. Es stellt sich die Frage, warum dies ausgerechnet bei dieser Bestattung geschah, und welche Umstände dazu führten. Ob aus religiösen Gründen oder der Tatsache, dass die Ahnenfolge unterbrochen wurde, also keine direkten Nachfahren mehr vorhanden waren, an die es weiter gegeben wurden konnten, bliebe dann im spekulativem Raum.

14 C –Datierungen aus 2008 Die letzten 14 C -Datierungen sollten klären ob es sich in Oberkassel um eine einmalige Doppelbestattung handelte oder um eine von den Eiszeitmenschen öfter aufgesuchte Begräbnisstätte.

Kalibriertes Kalibriertes Lab.-Nr. 14 C -Alter [BP] STD Probe Material Alter * Alter * [cal BP] 68 % [cal BP] 95 % OxA-4790 11.570 100 X Homo sapiens ♂ Knochen, Humerus sin. 13.460 ± 100 1.3660-13.260 OxA-4792 12.180 100 Homo sapiens ♀ Knochen Humerus sin. 14.208 ± 250 14.780-13.780 KIA-4163 11.620 60 X Canis familiaris Knochen, Ulna dext. 13.500 ± 80 13.660-13.340 KIA-4161 12.110 45 Canis familiaris Knochen, Maxilla dext. 14.090 ± 120 14.330-13.850 KIA-4162 12.210 60 Canis familiaris Knochen, Humerus dext. 14.300 ± 220 14.740-13.860 OxA-4793 12.270 100 Canis familiaris Knochen, Ulna sin. 14.390 ± 260 14.910-13.870 OxA-4791 11.780 90 Ursus sp. ♂ Knochen, Os penis 13.680 ± 90 13.860-13.500 14 C-Datierungen der Funde von Bonn-Oberkassel. Oxa – Oxford (ORAU); KIA – Kiel; STD – Standartabweichung auf 1 σ-Niveau; X – wahrscheinlich kontaminierte Proben; * Kalibration mit CalPal-2007 Hulu (Weniger/Jöris 2008)

Seite 55 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Kalibriertes Kalibriertes Daten- 14 C -Alter [BP] STD Probe Material Alter * Alter * gruppe [cal BP] 68 % [cal BP] 95 % Jüngere- 11.649 45 X Mann, Hund, Bär Knochen 13.670-13.390 Gruppe 13.530 ± 70 Ältere 12.162 32 Frau, Hund Knochen 14.540-13.860 Gruppe 14.200 ± 170 14 C -Datengruppen der Funde von Bonn-Oberkassel. Abkürzungen: GM – Gewichtetes Mittel aus mehreren Einzeldatierungen; STD – Standartabweichung auf 1 σ-Niveau; X – wahrscheinlich kontaminierte Proben; * Kalibration mit CalPal-2007 Hulu (Weniger/Jöris 2008)

(60) Grafische Darstellung der 14 C Datierungen durch Street/Jöris © MONREPOS | RGZM | Street, Martin/Jöris, Olaf

Die Auswertungen der 14 C -Datierungen aus 2008 verdeutlichen, wie in den ursprünglichen Datierungen, die Problematik und das gleiche Dilemma der Zuordnung des wahren Alters in Form von zwei „Peaks“. Deshalb muss man deren Zuordnung in zwei Gruppen teilen.

In eine Jüngere Gruppe Für den Mann (OxA-4790) und den Hund (KIA-4163) und den Bären (OxA-4791). 14 Hier zeigt sich das statistische Mittel auf 11.649 ± 45 C BP.

Und eine Ältere Gruppe Für den Hund (KIA-4161; KIA-4162; OXA-4793) und der Frau (OxA-4792). 14 Hier mit einem statistischen Mittel auf 12.162 ± 32 C BP.

14 Anzunehmen ist, dass von den drei Daten die zwischen 12.110 ± C BP (KIA-4161) und 12.270 14 ± 100 C BP (OxA-4793) die wahrscheinlichste der beiden Gruppen bildet und bei einem 14 gewichtigen Mittel von 12.160 ± 34 C BP (auf 1,04 σ-Niveau statistisch identisch) das wahre Alter des Fundes wiederspiegelt (Weninger/Jöris 2008).

Seite 56 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Die statistische Aufsplitterung des Fundes in eine jüngere und ältere Gruppe ist zu deuten in: a) Eines falsch interpretierten archäologischen Befundes (Gemeint ist die Doppelbestattung) b) Den Datierungen eingeschlossenen (inhärenten) Problems Somit könnte es sich nicht um eine Doppelbestattung gehandelt haben. Insbesondere weicht der Hund dafür zu weit in der Datierung ab. Würde es sich um eine Doppelbestattung einschließlich des Hundes handeln, so wären die Datengruppen wissenschaftlich schwer erklärbar. Hinzu kommt, dass die 14 C von unterschiedlichen Labors erstellt wurden. Seltsamerweise taucht der Hund in beiden Gruppen auf. Aufschluss über das wahre Alter kann hier nur eine Nachgrabung bringen, wo weitere und noch fehlende Skelettreste aus Oberkassel in reiner und nicht kontaminierter Form, insbesondere in Punkto ausgeschlossener Präparation der Knochenfunde, wie von Verworn geschehen, ergeben. Hier spielt insbesondere auch das mögliche Einschwemmen von jüngeren Kohlenstoffs in Form von z.B. Huminsäuren als Folge einer späteren Bodenbildung für die Kontamination eine Rolle. Die Verfälschung von 14 C -Datierungen und deren Problematik ist den Wissenschaftlern bekannt und kein Einzelfall. Selbst unter optimalen Umständen geborgene Fundmaterialien können verunreinigt sein.

Die Auswertung der 14 C -Datierungen aus 2008 zeigt einmal wieder, dass der Fund von Oberkassel besser in die jüngere Allerød-Zeit (Federmessergruppen) passt als in die späte Magdalènien IV-Zeit. Zumindest passt er in eine Übergangsphase beider Zeitgruppen. Für eine jüngere Datierung spricht auch das Vorhandensein eines Zahnes des Ur (Auerochsen) sowie die Darstellung des Contour dècoupè in Form eines Elches.

Hier sind weitere wissenschaftliche Auswertungen und Technologien gefragt. Vielleicht spielt auch Zufall hier eine Rolle, falls es gelingen sollte, fehlendes Knochenmaterial aus Oberkassel doch noch zu bergen.

14 C –Datierungen aus 2015 Radiokarbondaten des Hundes und der weiblichen Überreste aus der Bestattung Bonn- Oberkassel

Aus: Elsevir - Journal of Archaeological Science, A new look at an old dog: Bonn-Oberkassel reconsidered, © Repro: Robert Uhrmacher

Es wurden vier Radiokarbondaten an den Eckzähnen vorgenommen (z. B. Details siehe Tabelle 3), wobei sie zwischen ca. 12900/12850 und ca. 11900/11850 Kal. BC alt sind. Ihr gewichteter Mittelwert liegt zwischen 12290 und 12050 cal BC (2s) (Higham et al., 2015). Die weiblichen menschlichen Überreste wurden zweimal datiert, sie sind zwischen ca. 12550/12150 und 11800 cal BC alt. Ihr gewichtetes Mittel liegt zwischen 12160 und 11830 cal BC (2s).

Da viele der angestrebten Untersuchungen sehr aufwendig waren wurden einige der Untersuchungen erst später fertig gestellt und waren zum 100-jährigen Jubiläum des Steinzeitfundes von Oberkassel 2014 noch nicht fertig.

Seite 57 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Im April 2018 veröffentlichten Luc Janssens, Liane Giemsch, Ralf Schmitz, Martin Steet, Stefan Van Dongen und Philippe Crombe im Journal of Archaeological Science unter dem Titel „A new look at an old dog: Bonn-Oberkassel reconsidered“ die letzten Untersuchungen des Skeletts des Hundes aus dem Grab. Dabei hatten Sie Glück, dass Luc Janssens nicht nur Archäologe an der Universität Leiden sondern auch Veterinär ist.

Er erkannte, dass ein Mahl- oder auch Backenzahn (M1) von einem zweiten, kleineren und älteren Hund stammte. Dieser unterschied sich in Färbung, weißlich mit grau-schwarzen wolkigen Streifen, (fehlender Hämatit) und Größe (Mesio-Distraler Durchmesser) von den Zähnen eines jüngeren Hund, von dem die restlichen Skelettteile stammten. Dieser Zahn war auch in der Kaufläche stärker abgenutzt. Somit lagen dem Grab von Oberkassel zwei bestattete Hunde bei. Der jüngere Hund wies an den Zahnhälsen und speziell auf dem Eckzahns verschiedene „Riefen“ auf, die auf eine schwere Erkrankung durch Staupe (eine bösartige Virusinfektion bei Hunden vor allen im Welpen-Alter) in unterschiedlichen Schüben ab der 19., 21., und 23. Woche hinweisen. Da sich kurz vorher erst die bleibenden Zähne bilden und bei der Staupe, diese in verschiedenen Schüben ablief, bildeten sich an den Zahnhälsen diese „Riefen“.

(61) M1 Zahn des zweiten Hundes, Pfeile zeigen „Riefen“ durch Staupe-Infektion © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: J. Vogel Repro: Robert Uhrmacher (modifiziert) Somit starb der Hund mit Sicherheit an einer Staupe, auch wenn heute keine Gewebeproben mehr vorliegen, die dies eindeutig nachweisen können. Zusätzlich litt der Hund an einer schweren Parodontitis, die durch Immunschwäche ausgelöst wurde und dem Staupe-Virus zuzurechnen ist. Diese ist bei einem so jungen Hund völlig unerwartet und ist dadurch zu erklären, dass der Virus Zahnkeime entwickelt, die zum Absterben von Zellen führen. Durch die Immunschwäche wird also das Abwehrsystem des Hundes geschwächt was dann letztendlich auch zu Schädigungen der Lymphknoten, Milz, des Thymus und Knochenmark führt. Ein Überspringen der Staupe auf den Menschen ist nicht möglich. Sie ist jedoch einer Masern- Infektion sehr ähnlich. Wird ein Hund gegen Masern geimpft, so ist er gegen Staupe immun.

Seite 58 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Somit hat die Staupe keinerlei Einfluss auf den Tod der im Grab bestatteten Frau und des Mannes gehabt. Der Hund starb in der 28. Woche, also im Alter von ca. 7 Monaten. Es ist davon auszugehen, dass er nicht aus Mitleid getötet wurde sondern auf natürliche Weise verstarb. Die Staupe durchläuft drei Krankheitsphasen. Da sich die Staupe in Fieber bis 41 Grad, Husten, Appetitlosigkeit, Apathie, Atemnot, Durchfall, Lungenentzündung und Schädigungen des Nervensystems mit Muskelzuckungen äußert, sich hier im konkreten Fall aber auch ausgedehnte Defekte des Zahnschmelzes nachweisen ließen, muss der Hund über einen längeren Zeitraum gelitten haben. Da er unter normalen Umständen nicht so lange überlebt haben kann folgern die Wissenschaftler, dass er von „seinen“ Menschen behütet worden sein muss. Sie müssen Ihn gepflegt und gewaschen, Wasser und zu fressen gegeben haben. Da er in diesem Zustand für die Menschen nutzlos war zeugt dies von einer starken emotionalen Bindung zu „ihrem Haustier“. Ohne Pflege wäre er mit Sicherheit früher verstorben. Die letzten 14 C Datierungen des Skeletts des Hundes zeigen ein Alter von 14.223 +- 58 Jahren. Dabei wurden 4 Radiokarbondaten an dem Eckzahn vorgenommen. Ihre Auswertung ergab ein Alter von 12900/12850 und ca. 11900/11850 cal. BC. Der Mittelwert liegt bei 12290 und 12050 cal. BC. Dabei wurden auch die menschlichen weiblichen Überreste zwei Mal datiert. Sie liegen in einem Alter von ca. 12550/12150 und 11800 cal BC. Ihr Mittelwert liegt bei 12160 und 11830 cal BC. Aus dieser Auswertung schließen die Wissenschaftler, dass es sich zumindest bei der Frau und dem Hund um eine Einzelbestattung handelt. Da keine weiteren Bestattungen und menschliche Nachweise in der näheren Umgebung gefunden wurden, wird der gesamte Fund, also einschließlich des Mannes, als Einzelbestattung betrachtet. Hierbei wurde auch festgestellt, dass die Frau unter einer moderaten Parodontitis und Zahnstein litt während der Mann eine schwere fortgeschrittene Parodontitis mit Zahnausfall hatte. Diese bedeutende Mundhöhlenerkrankung ist in der spätpaläolithischen Zeit üblich gewesen 23 bisher nicht zugeordnete Knochenfragmente des Hundes konnten bestimmt werden. 13 von axialen Elementen wie Wirbel und Rippen und 9 von den Vordergliedmaßen. 25 waren nicht zuzuordnen. Anhand der Morphologie und Morphometrie und unter Hinzuziehung von Umrechnungsformeln berechnete man die Schulterhöhe des Hundes auf 0,45 m, ein Gewicht von ca. 15 kg und ein Alter unter 7 Monaten. Der Hund spielte eine Rolle zur Bewachung von Wohnungen oder Siedlungen, alleine wegen großer Raubtiere wie Braunbären. Er war wegen seines guten Geruchssinns und Gehörs von Vorteil für die Jagd und zur Bewachung. Außerdem entsorgte er den Abfall wie Knochen. Seine Haltung erfolgte nicht dazu um später im Kochtopf zu landen oder um sein Fell als Pelze zu verarbeiten. Andere Bestattungen mit Hunden finden sich im Nahen Osten und sind auf ein Alter von 11.600 Jahren datiert. In Skandinavien finden sich Nachweise zwischen 6.500 und 8.500 Jahren und in Illionois bei Kostern vor ca. 8000 Jahren. Nach heutigem Kenntnisstand waren die wahrscheinlichsten Hundevorläufer Europäer oder Asiaten. In den Wolfspopulationen wurde Ihre DNA-Linie nicht gefunden, somit ist dieser Vorfahre wahrscheinlich ausgestorben oder ist noch unentdeckt. Zur Ausstellung gehörte auch die Rekonstruktion eines Eiszeitzeltes der damaligen Zeit.

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(62) Computeranimation des Eiszeitzeltes der Ausstellung „Eiszeitjäger“ © Robert Uhrmacher – Rheinisches Landesmuseum

Gesichtsrekonstruktionen M. M. Gerassimow veröffentlichte 1964 ein Werk, in dem er den Schädeln von Verstorbenen ein Gesicht verlieh. Neben den Oberkasseler Schädeln rekonstruierte er auch Schädel von dem auf Java gefundenen Pithecanthropus IV, dem Sinanthropinen aus Nordchina, dem Homo heidelbergensis, der Frau von Steinheim (Mindel-Riß-Interglazial), dem Jüngling von Le Moustiers, Dordogne, dem Mensch von Rhodesien, des Menschen von Combre-Capelle und des Cro-Magnon.

Gerassimow beschäftigte sich in den 50er und 60er Jahren mit den Rekonstruktionen von Gesichtern nicht nur von paläontologischen Funden, sondern auch von Gesichtern spektakulärer rechtsmedizinischer Kriminalfälle und historischer Persönlichkeiten. Hierbei werden die beim heutigen Menschen messbaren Weichteildicken auf die Schädel übertragen. Inzwischen gibt es Computer-Programme, die aus einer Datenbank entsprechende anatomische Daten zur Verfügung stellen, und zur Hilfe gezogen werden. Diese Daten werden auch aus Ultraschall- und Röntgen- Untersuchungen gewonnen. Sie können nicht nur in der Paläontologie hilfreich sein sondern auch in erster Linie für forensische Untersuchung zur Gesichtsrekonstruktion unbekannter Verstorbenen oder ermordeter Personen.

Diese plastische Rekonstruktion wird von Wissenschaftlern oft kritisiert. In der Öffentlichkeit weckt es bei der Öffentlichkeit großes Interesse und Faszination und bringt uns das Aussehen ausgestorbener Anthropoiden und Hominiden, die ja nur in Schädel und Knochenfunden vorliegt, in lebendiger Form nahebringt.

Seite 60 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Außerdem bedurfte es einer Entwicklung nicht nur durch Messung und Ableitung auf von Dickschichten erlangten Ergebnissen, sondern auch Erfahrungen und Methoden der Gerichtsmedizin und der plastischen Chirurgie. Aber erst die Fortschritte des Computers und der dazugehörigen Programme in Verbindung mit digitaler Bildverarbeitung und Computertomographie lassen solche Rekonstruktionen schnell, leicht und präzise unter Berücksichtigung von Deformationen zu einem wirklich befriedigendem und realitätsnahen Anschauungsobjekt erwecken. Dabei können die Objekte dreidimensional gedreht und fehlende Teile ergänzt werden. Hierbei sind einer virtuellen Schaffung in Form von Muskeln, Haut, Fleisch und Haaren keine Grenzen gesetzt. Dieses Verfahren ist als Morphing bekannt. Dabei arbeiten heutzutage mehrere Forscher oder Teams mit unterschiedlichen Verfahren und Algorithmen. Früher musste dies in Form von Wachs und Modelliermasse mit künstlichen Haaren in Handarbeit geschehen

(63/64) Rekonstruktion des Gesichtes der Frau und des Mannes nach M. M. Gerassimow

Rekonstruktion mittels Computersimulation 2005 beschäftigten sich Marco Silvestri und Giancarlo Tomezolli mit einer 3D Gesichts- rekonstruktion der Frau von Oberkassel. Diese hat jedoch zwei große Schwächen. Zum einen wurde ein Abguss des Schädel der Frau vom Paläontologischen Museum in München benutzt. Zum anderen wurde aus einer Frontal- und einer Seitenaufnahme aus den 2D-Bildern mittels Computersimulation (Stereo Photo-imaging technique) eine 3D-Gesichtsrekonstruktion berechnet. Als Programm wurde eine Standard 3D CAD/CAM- Software benutzt.

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(65) Endgültige 3D Gesichtskonstruktion © M. Silvestri; Giancarlo Tomezzoli

(66) Künstlerische Darstellung der Rekonstruktion © M. Silvestri; Giancarlo Tomezzoli

Neueste Gesichtsrekonstruktion Da die Originalschädel für eine Gesichtsrekonstruktion mittels modellierbarer Masse nicht verwendet werden konnten, schließlich würden diese die Original-Schädel überlagern und mit Fremdmaterial kontaminieren, musste man sich eine andere Methode für eine detailgetreue

Seite 62 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Nachbildung ausdenken. Die Originalschädel wären unter der Modelliermasse verborgen und ständen nicht mehr zur Verfügung.

Abgüsse kamen nicht in Frage, da diese meist schrumpfen und ebenfalls die Schädel kontaminieren. Für eine seriöse Rekonstruktion entschied man sich für eine 1:1 Kopie der Schädel im Scan- Verfahren und der Digitalisierung der biometrischen Daten. Die Schädel wurden dabei mittels hochauflösenden microCT-Scan-Verfahren in einem speziellen PC-Programm in eine Datenbank eingelesen.

Aus diesen Datensätzen war es möglich, über einen dreidimensionalen 3-D-Druck nicht nur eine exakte Kopie anzufertigen sondern auch fehlende Teile, wie hier das intakte linke Jochbein, von einer Schädelhälfte auf die Andere zu spiegeln und die Schädel seriös in Kunstharz komplett zu rekonstruieren.

Dafür scannte das Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig die beiden Schädel aus Oberkassel im sogenannten Stereolithografie-Verfahren. Anschließend wurde die Gerichts- und Rechtsmedizinerin Dr. Constanze Niess damit beauftragt, auf den Kopien die Gesichtsrekonstruktionen über die bekannten Weichteilschichten der Haut zu modulieren. Wünschenswert war mit den Rekonstruktionen so nah wie möglich an das ursprüngliche Aussehen der Oberkasseler Steinzeitmenschen heran zu kommen und rechtzeitig zur 100- jährigen Sonderausstellung 2014 im Oktober fertig zu sein. Deshalb begann man damit schon im Jahre 2011.

Für die Weichteildicken wurden auf den rekonstruierten Schädeln Weichteilmarker aus millimetergenauen Gummistiften an anatomisch bestimmten Stellen fixiert. Durch Modellieren in Form der Plastilinschicht beginnt die eigentliche Arbeit der Rekonstruktion. Dabei ist es relativ problemlos die Nasen in ihrer ursprünglichen Form wieder auf zu modellieren.

Für die Glasaugen wurden passende Augenprothesen der Kopfskulptur unter Berücksichtigung des Alters und den widrigen Witterungsverhältnissen der damaligen Zeit gefertigt. Die Augenfarben wurden zufällig ausgewählt. Die Münder konnten anhand der Zähne und Zahntaschen rekonstruiert werden. Die Nachbildung der Ohren obliegt unter Einbeziehung bestimmter vorgeschriebener Grenzen der weitgehenden künstlerischen Gestaltung.

Die Haare, also deren Länge und Farbe und somit auch die Frisur, sind frei künstlerisch gestaltbar. Auch eventuelle Falten im Gesicht. Anschließend werden die Gesichtsrohlinge noch mit Farbe nachkoloriert. Hierbei wird das jeweilige Alter der zu rekonstruierenden Person mit einbezogen sowie die damaligen Lebensumstände, um das Antlitz möglich authentisch wieder zu geben.

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(67 – 72) Vorgang der Gesichtsrekonstruktionen nach Dr. Constanze Niess © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: C.Niess; LVR J. Vogel, Repro Robert Uhrmacher

Seite 64 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Gedenkstätte und Skulptur in Oberkassel Die Oberkasseler schafften dem Fund der Steinzeitmenschen ein Denkmal, welches in Form eines Brunnens in der Straße „Am Kriegersgraben“ von dem Bildhauer Viktor Eichler geschaffen wurde. Dabei hockt ein Steinzeitmensch über einem erlegten Bären. Die Tafel im Sockel hat zwei Fehler, zum einen ist die Datierung des Fundes auf 40.000 Jahre falsch zum anderen schufen Sie dem Oberkasseler Menschen eine eigene Spezies in der Bezeichnung „Homo obercasseliensies“, was natürlich so nicht richtig ist

(73) Brunnen am Kriegersgraben © Robert Uhrmacher

Zur 2000 Jahr Feier der Stadt Bonn im Jahre 1989 und zum 75. Jubiläum des Fundes der Bestattung der Steinzeitmenschen im Stingenberg stiftete die Stadt Bonn zusammen mit dem Heimatverein Oberkassel eine Gedenktafel welche an der Gedenkstätte im Stingenberg aufgestellt wurde. Bei der Gedenkstätte handelt es sich nicht um die historische Fundstelle. Diese lag ca. 30 m entfernt.

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(74) Gedenkstelle Im Stingenberg © Robert Uhrmacher

(75) Inhalt der Gedenktafel © Robert Uhrmacher Inventarisierung des Fundes Um Verworn, Bonnet und Steinmann für ihre akribischen Auflistungen und Ausarbeitung des Fundes Nachdruck zu verleihen folgt hier eine Abschrift des Kataloges aus dem Anatomischen Museum Bonn. Es liegt in der dortigen Bibliothek in einem Buch vor. Es ist in Sütterlin, im Volksmund auch „deutsche Schrift“ genannt, verfasst. Sie wurde nach dem Berliner Grafiker Ludwig Sütterlin benannt.

Seite 66 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Abschrift (Original handschriftlich)

Catalog Des Anatomischen Museums Bonn

Seite 96 Seite 97 Der Fund von Oberkassel bei Bonn . Der Fund von Oberkassel bei Bonn . a) Abgüsse und Rekonstruktionen 1.) Kopf des Mannes von Oberkassel Skeltteile von Oberkassel. Rekonstruktion nach Stadtmüller I.) rechter und linker Radius, ergänzt II.) rechte und linke Ulna, nicht ergänzt. 2.) Kopf der Frau von Oberkassel III.) Rechte Scapula, nicht ergänzt, Rekonstruktion nach Stadtmüller linke Scapula, ergänzt. IV.) rechter humerus, ergänzt. 3.) Schädelabgüsse: V.) Becken links, ergänzt I.) Schädel des Mannes von Oberkassel Becken rechts, nicht ergänzt. in der Farbe des Originals, ergänzt, VI.) Femur links, ergänzt. montiert VII.) Rechte und linke Tibia, ergänzt. II.) Schädel der Frau von Oberkassel, in der VIII.) Rechte und linke Fibula. Farbe des Originals, ergänzt IX.) Fußknochen, Abgüsse. montiert. III.) Schädel des Mannes von Oberkassel, 24 weitere Abgüsse verschiedener Oberkasseler Unterkiefer lose, Skelettteile 1. Syrank III: unergänzt. 1 Femur ♂ L – 1 Tibia ♂ L – 1 Fibula ♂ - IV.) Schädel des Mannes von Oberkassel, 2 Teile Becken ♀ - 1 Teil Becken ♂- Unterkiefer lose, 1 Sakralwinkel ♀ ergänzt 1 Humerus ♂ R – 1 Humerus ♀ L – V.) Schädel der Frau von Oberkassel, 1 Scapula ♂ L – 1 Calcaneus ♂ - Unterkiefer lose, 8 Teile Naktagus ♂. teilweise ergänzt.

4.) Rekonstruktion des weiblichen Beckens, von Oberkassel, montiert.

5.) Abgüsse und Rekonstruktionen männlicher

Seite 98 Seite 99 Der Fund von Oberkassel bei Bonn Der Fund von Oberkassel bei Bonn

Original 2.) Weibliche Skelettteile:

a) Fossile Skelettteile – Die Grabbeilagen Schädel: fast vollständig Befinden sich im Provinzial-Museum Bonn Unterkiefer: sehr gut erhalten Wirbel: Halswirbel 1 – 3 1.) Männliche Skeletteile: Brustwirbel 5 – 7 Schädel: fast vollständig u. 12 Unterkiefer: sehr gut erhalten Lendenwirbel 1 – Wirbel: Halswirbel 2, 6. u. 4 7 Kreuzbeinwirbel 1 Brustwirbel 1 – 4 u. 8 – 12 Rippen: rechts 10 (3. 7. Rippen: 2 – 12 beiderseits Bruchstücke, Schlüsselbein: rechtes und linkes links 4 Stücke Schulterblatt: rechtes und linkes Schlüsselbein: rechts Oberarmknochen: rechter und linker Schulterblatt: rechtes u. linkes Ellebogenbeine: rechtes und linkes Oberarmknochen: rechter und linker Speiche: rechte und linke Ellebogenbein: rechtes(Proximalen Mittelhandknochen: rechter Metacarpus hälfte) II Hüftbein: rechtes und linkes Hüftbeine: rechtes und linkes Oberschenkel: rechter Oberschenkel: rechtes und linkes Schienbein: unteres Ende des Schienbein: rechtes und linkes rechten Wadenbein: rechtes und linkes Wadenbein: Bruchstücke vom Fußwirbelknochen: rechtes Fersenbein linken Mittelfußknochen: rechter Metatarsus Mittelfußknochen: linker Metatarsus I II u. IV, Linker Metatarsus unbestimmbare I – V Köpfchen Verschiedene Bruchstücke und Splitter Verschiedene kleine unbestimmbare Bruch-Stücke und Splitter.

(Max R. Bonnet: Der diluviale Menschenfund von Oberkassel bei Bonn) [Verworn – Bonnet - Steinmann] (1. Institutsbücherei Ur. B. 156)

Seite 67 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Der Verlag J. F. Bergmann, Wiesbaden wurden von Joseph Friedrich Bergmann (23.11.1849 – 22.08.1917) 1878 gegründet. Er war ein Verleger medizinischer Literatur. Er übernahm von Christian Wilhelm Kreidel nach seinem Tod 1890 dessen Sparten über Naturwissenschaft und Technik. Mit seinem Freund Fritz Springer vereinbarte er krankheitsbedingt 1914, dass dieser seine Anteile an seinem Verlag übernimmt. Dies geschah dann 1917. Springer führte sein angesehenes und umfangreiches Medizin-Programm als entsprechenden Schwerpunkt weiter. Springer verlegte 1930 den Verlagssitz 1920 von Wiesbaden nach München und führte die Sparte als Imprint bis 1989 weiter (Quelle: Wikipedia). Der Springer-Verlag hatte ein Archiv in Heidelberg wo die Verlagsgeschichte aufgrund der vorhandenen Dokumente erfasst wurde. Seit ca. 2010 hat die Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) das Archiv übernommen. Im Springerarchiv ist dort das sogenannte Aktenarchiv Bergmann in einem Außenmagazin gelagert. Leider ist dieses nicht erschlossen und müsste eingesehen werden. Daher ist unklar was in diesem Außenmagazin zu finden ist und was zu neuen Erkenntnissen zu dem Doppelgrab von Oberkassel führt. Verworn ließ von Bergmann seine Werke „Der diluviale Menschenfund von Oberkassel bei Bonn“ drucken.

Letzte Eiszeit und die Umgebung des Oberkasseler Menschen Die hier aufgelisteten Altersdatierungen gelten als Anhaltspunkt. Die Wissenschaft betrachtet diese Eckdaten als Anhaltspunkte, was jedoch nicht heißt, dass manche Kulturepochen parallel und somit nicht fließend zu betrachten sind. Der Oberkasseler Mensch lebte in der letzten Eiszeit, die durch Warm- und Kältezeiten abgewechselt wurde: Diese Zeit ist also durch zahlreiche Klimaschwankungen gekennzeichnet, die starke Veränderungen der Umwelt mit sich zog. Vor allen Dingen im Bereich vor 16.000 bis 11.600 Jahren wurde der Mensch in seiner Lebens- und Siedlungsweise stark geprägt. Seine Jagdbeute und Lebens- wie auch Siedlungsweise änderte sich, war er doch gezwungen sich den gegebenen Klimaverhältnissen anzupassen, womit sich auch seine Ernährung änderte.

Die Untersuchungen in Gönnersdorf und Andernach-Martinsberg sowie weiterer bekannter Lagerplätze dieser Zeit sind Ziel dieser im Rahmen einer Projektarbeit Altsteinzeit des Landesamts für Denkmalpflege Koblenz gewesen.

Zur Zeit des Kältemaximums der letzten Eiszeit, im späten Jungpaläolithikum, also dem Beginn des späteiszeitlichen Interstadials zwischen 20.000 – 14.700 BP, war Mitteleuropa kaum besiedelt und lag in einer trocken-kalten Steppenphase. Sie wird auch als das Gebiet der Jägerkultur des Magdalénien in unseren Breiten bezeichnet. Der Mensch richtete sich nach den Wanderwegen der Tierherden, vor allem Pferd (Equus sp.) und Rentier (Rangifer tarandus). Er richtete sich dabei an günstig gewählten Plätzen und Jagdlager und richtete dort „Basislager“ ein, die er zu den Zeiten der Tierwanderungen immer wieder aufsuchte. Nicht nur in Gönnersdorf und Andernach-Marinsberg sind Siedlungsplätze bekannt.

Wenn auch die Siedlungsplätze in Gönnersdorf und Andernach-Martinsberg durch die Überdeckung des Geländes mit Bims aus dem Laacher See-Vulkan, der vor etwa 12.900 Jahre in der Osteifel ausbrach, in ungewöhnlich guter Erhaltung vorzufinden sind und in Oberkassel dies nicht so der Fall ist, so beweisen diese Siedlungsplätze die Lebensweise dieser Menschen, die

Seite 68 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit sich nach den Wanderungen der Tiere richteten. Zur Jagdbeute gehörten in dieser Zeit überwiegend die Pferde und nicht, wie wir denken, Rentiere.

Die Steinzeitmenschen von Oberkassel lebten am Ende des Magdalénien fast schon im Alter der zu den Federmessergruppen zählenden Allerødzeit.

Wenn man sich den Fundort der Begräbnisstätte von Oberkassel anschaut, so wird man unschwer erkennen, das Oberkassel ein idealer Aufenthaltsort für die damaligen Sammler und Jäger war. Auf einem großflächigen Plateau vor den Steilwänden konnte er seine Zelte aufschlagen. Nicht nur das er einen wundervollen Ausblick auf das Rheintal mit dem vorbeiziehenden Rhein hatte – heutzutage würde viele Menschen von einem so wunderschönen Ausblick träumen - von dieser Stelle aus konnte er weit Rheinaufwärts und Rheinabwärts schauen. Rechtsrheinisch das Siebengebirge als Ausläufer des Westerwaldes, zu dem der Stingenberg gehört, vor sich das Rheintale erblickend und auf der anderen Seite beginnend mit dem Venusberge die Ausläufer der Eifel, nach Norden in die „Tiefebene“ des Vorgebirges blickend überschauten die Steinzeitmenschen heran- und vorbeiziehendes Wild schon von weitem. Dabei hatte er genügend Zeit sich auf eine folgende Jagd vorzubereiten. Und wenn mal kein Wild zu jagen war, lag Ihm der Rhein zu Füßen, wo er dem Fischfang nachgehen konnte.

Das Wild war gezwungen durch das enge Rheintal zu ziehen, neben sich auf der einen Seite die Ufer des Rheins und auf der anderen Seite die Berge, die hier natürliche Engpässe schufen. Besonders nach Norden lässt es sich sehr weit in das Vorgebirge blicken.

Oberkassel hatte somit einen sehr günstigen strategischen Punkt, der ihm dort den riesigen Vorteil gab, ohne Hast auf die Jagd zu gehen und vorher noch genügend Strategien zum Erlegen der Beute zu entwickeln. Das Wild lief ihm dann buchstäblich vor die Füße.

Somit gilt als sicher, das Oberkassel nicht nur ein idealer Jagdplatz war sondern auch, dass man dort Unterschlupf fand und neben seinem Lager- auch Zerlege/Essensplätz hatte.

Auch ließ sich die Rheinseite ab und bis zu bestimmten Jahreszeiten für die Sammler und Jäger problemlos wechseln, welches auch das damalige Wild nutzte. Schließlich gefror der Rhein in den eiskalten Wintern zu. Somit konnte man zu Fuß über den Rhein von einer Seite auf die andere wechseln.

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(76) Der zugefrorene Rhein 1929 © Familie Uhrmacher

Das Mammut hatte sich weit nach Norden zurückgezogen und stand vor dem Aussterben. Zwar ist ein letztes Rückzugsgebiet des Wollhaarmammuts (Mammuthus primigenius), die als eine Zwergform des klassischen „Mammuthus“ gelten und auf der sibirischen Wrangel-Insel bekannt, wo Sie vor ca. 4.000 Jahren wahrscheinlich durch Jagd endgültig ausstarben. Das Wollnashorn (Coelodonta antiquitatis) dürfte er auch nicht mehr angetroffen haben. Es starb auch um diese Zeit aus. Der Höhlenlöwe war wohl schon längst nicht mehr vertreten. Ein Exemplar wurde in der Siegsdorfer Höhle gefunden und ist ca. 47.000 Jahre alt. Es weist Schnittspuren an den Knochen auf. Der Riesenhirsch (Megaloceros giganteus), der Tundren und Steppen bevorzugte, hatte sich bis nach Irland zurückgezogen, wo er vor etwa 9.500 Jahren ausstarb. Aufgrund seines mächtigen Geweihs von bis zu 5 m und einem Geweihgewichts von bis zu 45 Kg mied er die aufkommenden Wälder, da sich sein Geweih in den Ästen und Zweigen verheddert hätte.

Die damaligen Menschen jagten nachweislich Auerochse oder Wisent, also Bos oder Bison, Rothirsch und Reh, das Ren und den Bären, aber auch wie aus Gönnersdorf und Andernach bekannt, überwiegend das Pferd. Durch den Nachweis der Jagd auf Auerochse oder Wisent und dem Bären zeigt sich, dass sie nicht nur leichte Beute machten, sondern sich auch an gefährlich zu erlegenden Gattungen herantrauten. Somit ist ihnen auch ein respektvoller Grad an Mutigkeit entgegenzubringen. Gerade bei der Jagd auf Auerochse oder Wisent und dem Bären war die Verletzungsgefahr sehr groß und konnte unter unglücklichen Umständen zu tödlichen Verletzungen führen. Der Elch (Alces alces) mag mitunter auch zu jagen gewesen sein.

Neben der nachweislichen Jagdbeute gehörten auch Süßwasserfische, Schalentiere, wasserlebende Säugetiere und Wasservögel zur Nahrungskette. Er nutzte sämtliche verfügbaren Biotope aus, da er auch durch die dauernd veränderlichen klimatischen Bedingungen sein Jagdverhalten anpassen musste. Dabei galt die erlegte Beute nicht nur zum Verzehr, sondern sie war für Ihn auch ein wichtiger Rohstofflieferant, der komplett gehäutet und zerlegt wurde. Haut, Sehnen und Knochen wurden verarbeitet. Felle dienten nicht nur zur Bekleidung sondern auch für die Verarbeitung von Behausungen eine Rolle. Die Behausungen wurden mit am Rheinufer

Seite 70 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit geradwüchsigen Stämmen von Erlen als Karkasse und den Fellen und den Sehnen als Nähfäden gebaut. Aber auch Knochenschnitzereien für den Fischfang wurden hergestellt. Diese fanden sich unter anderem bei Ausgrabungen am Martinsberg in Andernach.

(77) Knochenschnitzereien für den Fischfang (Andernach) © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: Foto: H. Lilienthal Repro: Robert Uhrmacher

Es wurden Knochenahlen zum Nähen für Felle aus den Knochen gefertigt.

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(78) Knochenahle aus Wangen © NEANDERTHAL MUSEUM

Knochen und Geweih wurden zur Verarbeitung zu Kultur- und Schmuckgegenständen verwendet. Es standen pflanzliche Kost wie Beeren, Stängel, Blätter, Sprossen und Blüten wie z.B. Engelswurz, Säuerling, Läusekraut, Weidenröschen, Schlangenknöterich, Steinbrech, Löwenzahn, Tang, Moorbeerenblätter und Zwerkbirkenblätter und Wurzeln von Mauerpfeffer, Engelswurz, Läusekraut, Löwenzahn, Säuerling, Schlangenknöterich und Ampfer auf dem Speiseplan.

Will man mehr über die Zeit wissen in der die Steinzeitmenschen lebten, so sollte man diesbezüglich eine Grafik von Weniger/Jörigs betrachten, die Rückschlüsse auf das damals herrschende Klima gibt. Sie fällt in den Bereich der spätglazialen und frühholozänen Besiedlungsgeschichte des Rheintales.

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(79) Tabelle: SPP – Wandel der Geo-Biosphäre © MONREPOS | RGZM | Jöris & Weniger, Beug & Bittmann, Baales, Street - Repro R. Uhrmacher

In dieser Tabelle wurde mit roten Balken der aus den letzten 14 C -Radiokarbondaten ermittelten oberen und unteren Grenzwerte für den Fund der Frau von Oberkassel markiert und mit den blauen Balken die des Hundes. Wir stellen fest, dass die Steinzeitmenschen von Oberkassel genau in mehreren aufeinanderfolgenden stark wechselnden Phasen lebten. Somit ist eine genauere Bestimmung des um ihn herrschenden Klimas nicht möglich. Jedoch sind die Klimaverhältnisse durchaus nicht derart radikal für uns vorzustellen, wie sie wirklich herrschten. Bei dem Wort von „Eiszeit“ sehen wir automatisch nur noch Schneestürme und Eis vor Augen. Wenn zur damaligen Zeit eine Jahresdurch-schnittstemperatur von 5,5 Grad herrschte, so läge sie wohl in einem realistischen und akzeptablen Bereich.

Nach der Magdalénienzeit folgte die Zeit der Federmessergruppen , auch Azilien genannt, der sogenannten Allerødzeit , die sich im Zeitrahmen zwischen 13.500 – 12.700 BP bewegt. Durch den Ausbruch des Vulkans von Maria Laach im letzen Drittel der Allerødzeit mit der dadurch weitflächigen Bedeckung der näheren Region mit Bims wurde am Mittelrhein die Landschaft regelrecht konserviert und ist somit sehr gut erhalten. Dadurch sind bezüglich der Geländemorphologie, Fauna und Flora an vielen Stellen einmalige Aufzeichnungen unter dem Bims erhalten geblieben. Dazu zählt bei Mertloch, welches ca. 15 km vom Laacher See entfernt liegt, die Erhaltung von Tierfährten („Ichnofossilien)“. Hier konnten Tierfährten vom Braunbären, Pferden mit Fohlen sowie dem Rot- und Auerwild über längere Strecken nachgewiesen werden. Diese Tierfährten wurden durch den Ausbruch des Vulkans Laacher See mit einem Eruptionszentrum von rund 12.900 Jahren mittels der 14 C Radiokarbon nachweisbar erhalten. Erstmals wurden 1993 mehrere Fährten von Hühnervögeln (Galliformes) entdeckt, die dem Birkhahn (Tetrao [Lyrurus] tetrix) zugeordnet wurden. 1996 und 1997 folgten weitere unerwartete Tierfährten von zahlreichen Großsäugern sowie einer anderen Hühnervogelart, nämlich denen von Auerhühnern (Tetrao urogallus). Von den Großsäugern konnte über eine Länge von 20 bzw. 70 m eine Hirschkuh mit einem Kalb (Cervus elpahus) verfolgt werden, sowie die eines Braunbären (Ursus arctos) und mehrere Fährten von Pferden (Equus sp.). Von den Pferdespuren wurden zwei Doppelfährten von je zwei erwachsenen Tieren und einer kleinen Familiengruppe aus mehreren erwachsenen Tieren mit ein oder zwei jüngeren bzw. sehr jungen

Seite 73 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Fohlen nachgewiesen. Bei den Pferden von Mertloch handelt es sich um mit Przewalski-Pferden vergleichbare Trittsiegel.

Die Allerødzeit wurde in unserer Gegend durch ein feucht-kühles Klima geprägt, in der die vorangehenden Steppenzeiten langsam lichten Wäldern mit Birken, Weiden, Pappeln und Kiefern wichen. Die großen Tierherden wanderten immer weiter gegen Norden ab. Es folgte ihnen Biber, Elch, Reh, Rothirsch und Ur. Dennoch bestand die Landschaft immer noch aus großflächigen, offenen und grasbestandenen Bewuchs, was auch das Vorhandensein des Pferdes rechtfertigt.

Im Gegensatz zur Magdalénienzeit hielt sich der Mensch aber nur kurzfristig an seinen Siedlungsplätzen auf. Es wurden einige Feuerstellen und Steingeräte sowie mit Schnittspuren versehene Tierknochen nachgewiesen.

Die letzte Kaltphase der letzten Eiszeit wird als die sogenannte jüngere Dryaszeit zwischen 12.700 – 11.600 BP beschrieben. Sie ist im Rheinland weitgehend nicht dokumentiert. Erst durch Änderungen der Landschaft durch die neuen klimatischen Bedingungen und der Verdrängung der Wälder in eine Tundra-artige Umgebung ist im nördlichen Rheinland von der Ahrensburger Kultur die Rede, die auch als Stielspitzengruppe bezeichnet wird. Hier ist die Jagd auf das Rentier nachweisbar, welches bei seinen Frühjahrswanderungen im südlichen Teilen der norddeutschen Tiefebene gejagt wurde. In der Fauna des kalt-feuchten Klimas ist der Nachweis von Lemmingen und Schneehühnern möglich. Im südlichen Teil Mitteleuropas ist das Vorhandensein der Wälder nachweisbar. Dadurch entstanden unterschiedliche Menschengruppen zwischen Mitteleuropa und den nördlichen waldfreien Regionen mit verschiedenen Traditionen, die sich in deutlich verschiedenen Formen der Pfeilspitzen ausdrücken. Rückenspitzen; Federmesser auf der einen Seite, Stielspitzen auf der anderen Seite.

Vor 11.000 Jahren folgt der Übergang zum Holozän. Auch wenn hier der zeitliche Kontext fehlt so möchte ich hier doch eine Übersicht der Tierfauna und somit des Nahrungsangebots wiederspiegeln. An einer frühmesolithischen Fundstelle in Bedburg-Königshoven, im Erfttal westlich von Köln, herrschte eine reiche Fauna, in der Reh, Rothisch, Ur und Wildschwein aber auch noch Pferd nachweisbar sind. Im Neuwieder Becken sind Nachweise für den Wolf und an Flussniederungen der Biber (Castor fiber) zu finden. In den Mittelgebirgsfundstellen des Kartsteins, Remochamps/Belgien, dem „Hohlen Stein“ und bei Kallenhardt in Westfalen fand sich aber auch Gemse, Schnee- und Auerhuhn, Schneehase, Rot- und Eisfuchs, Wolf, Enten und Säger sowie der Uhu.

Gefunden wurden zwei sogenannte „Hirschgeweihmasken“, die mittels jeweils zwei Bohrungen im Schädelknochen manipuliert wurden. Mit zunehmender Erwärmung des Klimas breiteten sich dichte Wälder im Rheinland aus. Es sind Funde mit Steinartefakten aus Oberflächenfundplätzen bekannt. Größere Fundkomplexe des frühen Neolithikums, der Linearbandkeramik sind im Rheinland bekannt. Weitgehend ist man auf Informationen und Aspekte angewiesen, die auf pollenanalytischer Basis gewonnen werden.

Seite 74 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Funde in der näheren Umgebung Andernach-Martinsberg Bereits 1883 führte Hermann Schaaffhausen hier die erste Ausgrabung eines paläolithischen Fundplatzes im Mittelrheingebiet durch (H. Schaaffhausen 1888). Dieser beinhaltet zahlreiche Funde der sogenannten „Federmessergruppen“, zahlreiche Steinartefakte die aus unterschiedlichen Materialien und somit verschiedenen Rohstoffquellen stammen sowie auf Schieferplatten gravierte Frauen- und Tierdarstellungen, mehrere Frauenstatuetten aus Elfenbein, ein phantasievoll aus Rentiergeweih gestalteter Vogel und Schmuckschnecken aus dem Mittelmeerraum. Bei der Vogelfigur handelt es sich höchstwahrscheinlich um das Widerhakenende einer Speerschleuder und ist aus einem Cervidenkörper gearbeitet. Sie spricht für eine Verarbeitung im mittleren Magdalénien (Magdalénien IV).

(80) Die Vogelfigur von Andernach von 1883 © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: J. Vogel Repro: Robert Uhrmacher

Die Steinartefakte wurden durch Findlinge aus dem dort vorbeifließenden Rhein gefertigt aber auch aus dem Westerwald, der Eifel, Bonn, Baltischer Feuerstein aus dem Raum von Düsseldorf, möglicherweise um die Region Mülheim-Dietersheim am unteren Main, aus dem Maasgebiet und einer noch nicht bestimmbaren Region. Insgesamt wurden 23.200 Steinartefakte oder Splitter gefunden und untersucht. Andernach-Martinsberg ist somit ein sehr wichtiger Fundplatz des späten Magdalénien und wird nach der 14 C Radiokarbon-Datierung auf 13.200 cal. BP geschätzt. Beim Martinsberg handelt es sich um einen Siedlungsplatz mit Basislager welches saisonal im Frühjahr sowie im Herbst aufgesucht wurde, also zu den Zeiten der großen Tierwanderungen.

Gönnersdorf Bei Gönnersdorf, welches im Neuwieder Becken liegt, handelt es sich bei weitem Abstand um den ältesten nachweislichen Siedlungsort. Durch Zufall wurde er beim Aushub einer Neubaugrube durch die Aufmerksamkeit eines Architekten entdeckt. Es handelt sich um eine späteiszeitliche Dauersiedlung aus der Zeit um 13.500 v. Chr. (ursprünglich auf 10.500 v. Chr. datiert) die auf einem klimagünstigen Südhang liegt. Es konnte die Spuren von Rundzelten in breitovaler Form mit einem Durchmesser von 6 – 10 m, die wohl fellgedeckt waren, nachgewiesen werden. Die Zeltböden waren gepflastert, einschließlich der äußeren Umgebung und innen rot eingefärbt. Es fanden sich Knochen vom Mammut, Wildpferd, Wisent, Ur, Ren, Hirsch, Eisfuchs aber auch von Vögeln. An Steinartefakten fanden sich verschiedene Werkzeuge wie Messer, Bohrer, Kratzer und Sichel. Aber auch Geräte aus Elfenbein und Knochen wie Nähnadeln und Pfeilspitzen. An

Seite 75 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Schmuckgegenständen fanden sich Ketten und beschnittene Zähne, Hirschgrandeln und Schneckenhäuschen. Auch waren Perlen aus versteinertem Holz, dem sogenannten Gagat vorhanden. Es fanden sich auch weiblichen Kleinfiguren aus Geweih und Elfenbein. Bei den aus Mammutelfenbein geschnitzten Figuren handelt es sich um Plastiken von Frauendarstellungen ohne Kopf mit übergroß dimensionierten Brüsten und weit überdimensioniertem Hinterteil.

(81) Elfenbeinstatuette aus Gönnersdorf © MONREPOS | RGZM | Foto: Dieter Schmudlach ; Lit. 36, S. 88, Abb.150, Repro: Robert Uhrmacher

Die größte Überraschung aber waren die Funde von über tausend gravierter Schieferplatten mit eingeritzten Zeichnungen von Tieren und Frauendarstellungen ohne Kopf und Füße, mit überdimensionierten Darstellungen der Brüste und der weiblichen Vulva, meist schreitend und vereinzelt auch tanzend dargestellt. Bei einer Darstellung trägt die Frau höchstwahrscheinlich ein Kleinkind in einem Rucksack auf dem Rücken. Zahlreiche Fundstücke liegen im Eiszeitmuseum Monrepos, welches zum Kölner Institut für Ur- und Frühgeschichte, Bereich Altersteilzeit gehört.

(82) Gravierte Frauendarstellungen Gönnersdorf © MONREPOS | RGZM | Foto: Dieter Schmudlach ; Spuren der Jahrtausende, S. 88 Abb. 149, Repro: Robert. Uhrmacher

Seite 76 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Lohrsdorfer Kopf Der Lohrsdorfer Kopf liegt bei Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dort gruben 1971 Schüler des Linzer Gymnasiums nach römischen Fundsachen. Dabei fanden Sie eine Steinklinge von 10,3 cm länge und 2,5 cm Breite. Sie ist rasiermesserscharf und stammt aus dem alpinen Raum. Sie wird auf ein Alter von ca. 15.000 Jahre geschätzt.

(83) Steinklinge vom Lohrsdorfer Kopf © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: H. Lilienthal Repro: Robert Uhrmacher

Stadt Bonn Erst in der Jungsteinzeit ab ca. 5500 v. Chr. lässt sich im Bonner Stadt- und Umlandsgebiet eine Besiedlung auch im großflächigen Bereich nachweisen. Es ließen sich Funde im Bereich des ehemaligen Bundeskanzleramts, des Bertha-von-Suttner-Platzes, im Tannenbusch und zu den Hanglagen zwischen Poppelsdorf und Ückesdorf sowie des Brüser Berges und Röttgen mit dem anschließenden Kottenforst nachweisen. Auch liegen Funde an den im Bonner Bereich befindlichen Gewässern wie dem Rhein, den Gummen und Bachläufen wie den Godesberger und Klufter Bach, dem Olligs- und Schlossbach bei Röttgen/Ückesdorf und dem Lengsdorfer Bach vor.

Funde die in das obere jungpaläolithische Zeit zwischen 70.000 – 10.000 v. Chr. fallen wurden Ende der 1950er Jahre im Bereich des Marienforster Steinweg in Bad Godesberg in Form von Abschlagmaterial als Abfallprodukt der örtlichen Steingeräteherstellung gemacht. Als Material diente Süßwasserquarzit und sogar Basalt und bestehen aus elf Faustkeilen bzw. Halbkeilen.

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(84) Faustkeile aus Bad Godesberg (InvNr.) © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: H. Lilienthal Repro: Robert Uhrmacher

Die älteren Funde reichen dabei in das Zeitalter des Jungacheuléen und sind somit dem Neandertaler zuzuordnen. Die jüngeren Funde fallen in das Mittlere Jungpaläolithikum , dem Zeitalter des Gravettien zwischen 30.000 und 15.000 v. Chr. und wurden in Bad Godesberg gemacht. Sie bestehen aus Chalzedon bzw. Opal und bestehen aus Klingenkernen, Kratzern, Sticheln, Bohrern und gestielte Geräte.

In die Jüngere Steinzeit fallen die insgesamt 62 Fundstellen aus dem Zeitalter des Neolithikums und sind über das gesamte Stadtgebiet verstreut, jedoch häufen Sie sich zwischen Hardtberg und Röttgen.

In die frühe Bronzezeit um ca. 1.700 v. Chr. fallen Einzelfunde wie geflügelte Pfeilspitzen und über zehn Beile und Äxte. Die Beile sind aus Fels- und Grünstein gefertigt.

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(85) Die Jungsteinzeitlichen Pfeilspitzen © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: H. Lilienthal Repro: Robert Uhrmacher

Windeck Windeck liegt in der Nähe von Bonn im Siebengebirge. Der Heimatforscher Werner Schmidt fand im Juni 2005 einen Tonschieferstein der beim Pflügen eines Ackers zum Vorschein gekommen war. Die Strichzeichnung stellt eine Elchkuh dar und ist auf einen handflächengroßen Stein eingraviert. Auf der Rückseite ist eine vergleichbare schwächere Profildarstellung erkennbar. Diese Ritz-Zeichung wird zwischen 13.000 und 15.000 Jahre geschätzt. Als Funktion wird ein Werkzeug mit dem Steingeräte wie Pfeilspitzen bearbeitet wurden. Auch wird das Abbild eines Elches auf den Umbruch und die Umwandlung der kaltzeitlichen Steppenlandschaft in eine durch Klimaveränderung hervorgerufene Landschaft mit lichten Wäldern gedeutet. Damit verschwanden Mammut, Wollnashorn und Rentiere. Er diente als Retusche (Nachbesserung) zur Bearbeitung von Steinartefakten. Durch Schlagen oder Schleifen wurden die Kanten der Steinartefakte in ihre Form gebracht.

Da solche Funde sehr selten sind ist dieser von überregionaler Bedeutung.

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(86) Die „Elchkuh“ © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: LVR J. Vogel; Repro Robert Uhrmacher

Evolution der Steinzeit Entwicklung des Menschen in Europa Im Aurignacien , ca. 35.000 v. Chr., also in einer Kaltphase, lassen sich in Europa erste Spuren des Menschen finden. Die in Rumänien in der Karsthöhle „Pestera cu Oase“ (Knochenhöhle), die in den Südwest-Karparten liegt, gilt als bisher ältester Nachweis. Es folgte um 32.000 – 29.000 v. Chr. eine Warmphase. Als Jagdbeute gilt der Höhlenlöwe (Pantera leo), Höhlenbär (ursus spealeus), der Wolf (Canis lupus), Rot- und Eisfüchse, Mammut, Fellnashörner, Wildpferde, Rentiere und der Schneehase. Neben der Nutzung von natürlich vorhandenen Höhlen als Wohnstätte gibt es auch Hinweise auf Zelte und Hütten. Aus Feuerstein hergestellte schneidende Werkzeuge, die aus bis zu 100 km entfernten Fundstätten stammen, sind nachweisbar, ebenso wie Werkzeuge aus Knochen, Geweih und Holz. Im Gegensatz zu allen anderen Formen des Homo sapiens besitzt der „moderne Mensch“ die Fähigkeit, Schmuck und Kunstgegenstände anzufertigen. Es finden sich Höhlenmalereien, durchbohrte Schneckengehäuse, Eisfuchszähne und Elfenbeinanhänger. Ihre Population wird auf ca. 25.000 Personen geschätzt.

Im Gravettien , ca. 26.000 – 19.000 v. Chr. wandern nach Deutschland Menschen ein, die auch in Spanien, Frankreich, Italien, Belgien, Österreich, der Tschechoslowakei und Russland vertreten sind. Als Jagdbeute kommen der Moschusochse und die Höhlenhyänen hinzu. Die Wohnstätten erreichen Größen von bis zu 34 m länge und 5,50 m Breite. Steinkohle wurde als Heizmaterial verwendet. Stoßlanzen und Wurfspeere werden zur Jagd verwendet. Die Kleidung lässt sich aus einem Fund von Sungir bei Vladimir in Russland rekonstruieren. Sie war aus Pelz oder Leder in Form von Jacke, Hose und Kopfbedeckungen. Die Hose wurde an den Knöcheln und den Knien mit breiten Schärpen festgezogen. Hose, Jacke und Schärpen waren mit Perlen oder Elfenbein verziert. An indianischen Mokassins ähnelnde Schuhe wurden getragen. Eine Pelzmütze mit reich verzierten Schmuckperlen zum Schutz vor Kälte des Kopfes fand sich. Aus Elfenbein gefertigte Armringe mit eingeritzten Mustern lagen ebenfalls dabei.

Seite 80 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Nach dem Gravettien folgte die Weichsel - oder Würmzeit , wo Eismassen bis Hamburg im Norden und im Süden von den Alpen bis Starnberg und Fürstenfeldbrück reichten. Selbst im Schwarzwald waren höhere Berge vereist. Erst im Magdalénien , vor etwas über 14.000 Jahren v. Chr., wandern wieder Menschen bis nach Nordfrankreich, Belgien, Südengland, der Nordostschweiz und dann nach Deutschland. Die Magdalénienzeit gilt als Blütezeit der Rentierjagd. In ihre Zeit zählt das Vorhandensein von Mammut, Fellnashorn und Saiga Antilopen sowie später Wildpferde, Rentier, Hirsch, Auerochsen, Wisenten und Wölfen. Wachholder und Birken wachsen.

Die Dryas -Zeit, Sie zählt noch zum Magdalénien, wurde von einer Warmphase, dem sogenannten Bølling-Interstadial um 11.000 – 10.000 v. Chr. und dem Allerød-Interstadial um ca. 9.700 – 8.700 v. Chr., unterbrochen.

Die Menschen bauten Pfostenbauten mit einem Durchmesser von ca. 8 m, Wege und Fußböden wurden teilweise mit Schieferplatten belegt. Man kochte in Gruben, in der das Feuer Steine erhitzte. Auch lassen sich Aushöhlungen in Schieferplatten finden, die mit Fett gefüllt wurden und mit einem Docht versehen als Lampen dienten. Der aus rotem Eisenoxyd bestehende Hämatit wurde zum Färben von Fellen, wahrscheinlich zur besseren Imprägnierung, sowie zur Körperbemalung und Bestattungen verwendet. Zum Waffenarsenal kommen Speerschleudern und Harpunen hinzu. Der Mensch folgt den Wanderwegen von Rentier- und Wildpferdherden.

(87) © Robert Uhrmacher – Rheinisches Landesmuseum

1. Speerschleuderende mit Bison-Darstellung (Replika) La Madeileine (Frankreich) ca. 19.000 Jahre vor heute 2. Speerschleuderende mit Darstellung eines Mammuts (Replika) Bruniquel, Abri Montastruc (Frankreich) ca. 17.000 Jahre vor heute 3. Speerschleuderende „Springendes Pferd“ (Replika) Bruniquel, Abri Montastruc (Frankreich) ca. 17.000 Jahre vor heute

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(88) Gebrauch der Speerschleuder © Robert Uhrmacher

In Ritzzeichnungen finden sich die Jagdtiere sowie Frauenfiguren wieder. Auch erste erotische Darstellung von Phallus und Vulva tauchen auf. Diese sind als Fruchtbarkeitsrituale und auch dem Jagdzauber gewidmet. Gravierungen auf Knochen und Schieferplatten deuten auf rituelle Verwendungen oder Freudentänzen hin.

Um 8.700 – 8000 v. Chr. verschwindet ein Großteil der Bevölkerung und schrumpft auf ca. ein Fünftel. Auslöser war eine gravierende Klimaveränderung, hervorgerufen durch eine Polverschiebung, die zu einer großflächigen Überschwemmung riesiger Landflächen führte. Sie muss eine beachtliche Sintflut hervorgerufen haben. Die Mittelgebirge wurden von dichten Wäldern durchzogen, der Norden war von einer Tundrenlandschaft mit Birken, Gräsern und Silberwurz (Dryas) durchzogen. Es wurden Werkzeuge aus Stein und Rentiergeweihen sowie Pfeil und Bogen, Harpunen und Beile aus Rentiergeweih verwendet.

Dann folgt ab ca. 8.000 v. Chr. die Mittelsteinzeit . Das Klima sorgte für einen warmen Umschwung. Das Gebiet der Ostsee, einst eine riesige Graslandschaft in der die Wild- populationen im Frühjahr zogen, wird durch das Schmelzen der Schnee- und Eislandschaften mit Süßwasser gefüllt, bis es sich schließlich vor ca. 7.700 v. Chr. mit der Nordsee vereint. Durch den Anstieg der Meeresspiegel um ca. 100 m werden um 5.800 v. Chr. die Landverbindungen zwischen Holland, Belgien und Frankreich nach England unterbrochen. Es wird langsam feucht- warm und wärmer als heute. Um 5.500 v. Chr. wandern in das südliche Niedersachsen Bauern ein. In diesem Zeitraum fällt auch der Fund des vor ca. 5.300 Jahren gelebten „ Ötzi “, in dessen linken Schulterblatt die Spitze eines Pfeils stecke und ihn von hinten tödlich getroffen hat.

Um ca. 3.500 v. Chr. zieht der Mensch weitgehend noch als Nomade durch unsere Landschaft, jedoch errichtet er schon größere Siedlungen mit bis zu 100 Menschen, in denen er monatelang haust. Seine Siedlungen errichtet er aus Baumstämmen und Ästen, die er mit Knochen und sogenannten „Mikrolithen“ – kleinen scharfkantigen Steinabschlägen in Form von Dreiecken, die in einer Geweihstange oder einen Knochen eine Säge ergeben, sowie mit Beilen bearbeitet. Im Norden fertigt er die Beile aus Feuerstein und im Süden aus anderen Gesteinsarten. Werkzeuge wie Angelhaken, Behälter aus Baumrinde, Einbäume, Fischreusen, Fischnetze, Hammer, hölzerne Paddel und Stricke aus Bast entstehen. Als Schmuck trägt er durchbohrte Zähne von Tieren und Schmuckschnecken. Er fertigt aus Tierknochen durchlochte Pfeifen und geht auch der Musik und dem Tanz nach. Mit der Errichtung von Großsteingräbern beginnt auch zeitgleich in ganz Westeuropa der Ackerbau und somit auch die Viehzucht.

Es folgt das Zeitalter der Jungsteinzeit oder auch Neolithikum genannt, in der der Ackerbau und die Viehzucht und somit auch die Sesshaftigkeit des Menschen eintreten.

Seite 82 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit An Vieh züchtete er Schaf, Schwein, und Rind. Man fertigte Keramiken mit linienförmigen Ornamenten. Aus dem Süden wanderten Menschen nach Mitteleuropa und brachten höhere Kulturen und medizinisches Wissen mit. Es wurden Siedlungen mit bis zu 40 Häusern erstellt. Diese Siedlungen wurden mit Wällen, Gräben und Palisaden umgeben. Am Wasser treten erste Pfahlbauten auf. Erste zwei- und vierrädrige Wagen mit Scheibenrädern wurden gebaut und ein weitreichender Fernhandel praktiziert. Tongefäße, Bernstein, Kupfer, Silber und Goldgegenstände kamen in der sogenannten Glockenbecher-Kultur nach Deutschland. Der Mensch fing an sich zu spezialisieren. Der Mensch stand kurz vor der nachfolgenden Bronzezeit und die Steinzeit ging Ihrem Ende entgegen.

Im Jungpaläolithikum kam der Mensch nach Europa, wo schon der Neandertaler bis vor ca. 27.000 Jahren lebte. Diese Phase gilt als Höhepunkt für die Fertigung von Steinklingen und die perfekte Jagd auf das Wild, durch kognitives und strategisch verbundenes Sozialverhalten in der steinzeitlichen Gruppe. Nicht nur, dass aufwendig gearbeitete Geräte aus Elfenbein, Geweih, Horn und Knochen hergestellt wurden, auch der geistige Wandel in Form von Felsbilder in Südfrankreich, Höhlenbilder, Plastiken und Schmuck kommt hier erstmals zum Ausdruck und der Mensch schaffte eine bleibende Kultur, die wir heute noch bestaunen können.

Zur wichtigsten Jagdbeute der Steinzeit zählen: Braunbär (Ursus arctos) Ren (Rangifer tarandus) Bison (Bison priscus) Riesenhirsch (Megaloceros giganteus) Elch(Alces alces) Rothirsch (Cervus elaphus) Fische; hauptsächlich Lachs und Forelle Saigaantilope (Saiga tartarica) Höhlenbär (Ursus spelaeus) Steinbock (Capra ibex) Höhlenlöwe (Pantera leo spelaea) Ur-/Auerochse (Bos primigenius) Hyäne (Chasmaporfhetes/Crocuta crocuta spelaea) Vielfraß (Gulogulo) Woll-Mammut (Mammuthus primigenius) Vögel Schneehuhn, Trappe, Kranich, Gans, Ente, Schwan, Kolkrabe, Möwe und Schneeeule Meeres-Säugetiere Robben, Seebären, Seelöwen, Seehunde und Wildpferd (Przewalski-Pferd; Equus cabalus ferus Walrosse Moschusochse (Ovibos moscatus) Wolf (Canis dirius) Woll-Nashorn (Coelodonta antiquitatis) Ziesel (Citellis citellus) Polarfuchs (Alopex lagopus) Sowie Muscheln, Schnecken und andere Säugetiere © Robert Uhrmacher

Seite 83 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit

(89) Von oben nach unten : Mammut, Wollnashorn, Höhlenbär, Ur, Elch, Wildpferd (Przewalski-Pferd), Rentier M. M. Gerassimow; © Repro R. Uhrmacher

Zur wichtigsten Pflanzenkost als Sammler zählten: Wacholder ((Juniperus communis) Sauerampfer (Rumex acetosa) Haselnuss (Corylus avellana) Wiesenraute (Thalictrum flavum) Gräser: Hafer, Gerste, Hirse und Süssgräser Topfnambur (Helianthus tuberosus) Blütenstände: Kamille (Tripleurospermum perforatum) und Schafgarbe Zwiebeln (Alium cepa) (Achilléa) Löwenzahn (Taraxacum officinale) Knoblauch (Allium sativum) Wegwarte (Cichorium intybus) Wurzel- und Rübengewächse wie Möhren Melde (Atriplex) Krähenbeere (Empetrum nigrum) Nelkengewächse (Dianthus) sowie Farne und Pilze Beifuß (Artemisia vulgaris) © Robert Uhrmacher

Als Getränke bereitete er sich: Kräuter, Tee Milchprodukte wie Käse Joghurt, Kefir, Dickmilch und Buttermilch © Robert Uhrmacher

Die Milchprodukte zählen erst zu den Errungenschaften, die der Mensch sich erst vor ca. 10.000 Jahren aneignete. Er musste erst das Enzym Laktase entwickeln, welches die Laktose (Milchzucker) abbaut.

Aber auch Honig und Eier wurden nicht verschmäht. Seine Nahrung bestand zu 2/3 aus tierischer und zu 1/3 aus pflanzlicher Kost.

Die Epochen der Steinzeit Die Angaben können je nach Quelle variieren. Sie variieren auch innerhalb von Europa, von Ost nach West wie auch Nord und Süd. Bestimmte Kulturgruppen sind abhängig von Ihrem Lebensraum. Bestimmte Verzahnungen bewegten sich verzögert und kamen innerhalb von

Seite 84 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Europa nicht gleichzeitig an. Es wird zwischen europäischen und afrikanischen Epochen unterschieden. Deshalb gelten die hier gemachten Angaben lediglich als Anhaltpunkte.

Paläolithikum : (Gr. Palaois = alt und lithos = Stein), (Angaben in v. Chr.)

Es teilt sich auf in die Epochen des:

Altpaläolithikum 2.500.000 – 200.000 Afrika : 2.500.000 – 1.000.000 - Oldowan : 2.500.000 – 1.000.000 - Acheulèen : 1.500.000 – 200.000 Europa : 1.200.000 – 600.000 - Protoacheulèen/Abbevillien 1.500.000 – 6.000.000 - Altacheulèen : 600.000 – 350.000 - Jungacheulèen : 350.000 – 150.000 - Spätacheulèen : 150.000 – 100.000

Mittelpaläolithikum (125.000 – 35.000 v. Chr.) Europa : - Micoquien : 125.000 – 38.000 - Moustèrien : 125.000 – 38.000 - Blattspitzen-Gruppe: 50.000 – 35.000 - Szeletien : 50.000 – 35.000 Nordafrika : - Atèrien : 40.000 – 18.000 - Ibèromaurusien : 17.000 – 8.000 - Capsien : 9.000 – 3.000

Jungpaläolithikum 35.000 – 8.000 Europa : - Aurignacien : - Südost- und Mitteleuropa : 45.000 – 25.000 - Frankreich und Spanien : 30.000 – 25.000 - Châtelperronien/Perigordien : 35.000 – 30.000 - Gravettien : 26.000 – 19.000 - Solutréen : (Spanien und Frankreich) 19.000 – 16.000 - Magdalenien : - Südwestfrankreich und Nordspanien : 16.000 – 9.500 - Deutschland : 13.000 – 9.500 - Hamburger Kultur : 13.000 – 12.000 - Federmessergruppe : 10.000 – 8.700 - Bromme-Kultur : 9.700 – 9.000 - Ahrensburger Kultur : 9.500 – 8.500 - Dänemark : - Hamburger Zeit : 13.000 – 10.000 - Lyngby-Kultur : 10.700 – 10.000 - Bromme-Kultur : 11.000 – 9.000 - Ahrensburger Kultur : 9.000 – 8.000

Mittelsteinzeit: Mesolithikum : (Gr. meso = mittel und lithos = Stein)

Seite 85 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Es fängt mit dem Ende der Eiszeit an 8.000 - 4.000 - Deutschland : - Beuronien : 7.700 – 5.800 - Maglemose-Kultur : - Duvensee-Gruppe : 7.000 – 5.800 - Oldesloer Gruppe : 6.000 – 5.000

- Dänemark : - Maglemose-Kultur : 8.300 – 6.000 - Gudenå-Kultur : 8.000 – 4.000 (überholt, wird nicht mehr als eigenständige Kultur betrachtet sondern besteht aus einer Variante der mesolithischen Maglemose-Kultur) - Klosterlund : 8.000 – 5.000 - Kongermose : 6.000 – 5.200 - Ertebölle : (ältere) 5.200 – 3.000 - Nordskandinavien : - Fosna : 9.000 – 2.000 - Komsa : 8.000 – 3.000 - Askola : um 4.000 - Frankreich : - Sauverterrien : 8.000 – 4.000 - Tardenoisien : 4.500 – 3.500 - Campignien : um 4.000 - Spanien : - Azillien : 8.500 – 5.000 - Asturien-Kultur : 8.500 – 5.000 - Nordafrika : - Natufien : 12.000 – 7.000 - Capsien : 9.000 – 3.000

Jungsteinzeit : Neolithikum : (Gr. neo = neu und lithos = Stein) 5.500 - 1.600 - West-, Mittel- und Nordeuropa : - Linearbandkeramik : 5.500 – 4.000 - Stichbandkeramik : 4.900 – 4.500 - Ertebölle-Ellerbeck-Kultur : 5.000 – 4.300 - Rössener Kultur: 4.600 – 4.300 - Michelsberger Kultur : 4.300 – 3.500 - Trichterbecherkultur : 4.300 – 2.700 - Schnurkeramik : 2.800 – 2.400 - Glockenbecherkultur : 2.500 – 2.200 - Dolchzeit : 2.300 – 1.600 - Dänemark : - Erlebölle (jüngeres): 3.000 – 2.000 - Streitaxtkultur : 3.000 – 2.500 - Dolchzeit : 2.500 – 1.600 - Schweden und Norwegen : - Streitaxtkulut/Bootaxtkultur : 2.800 – 2.300 - Frankreich : - Chassèen : 4.600 – 2.400 - Tardenoisien : 4.500 – 3.500 - Schweiz : - Früher Human impact : ab 6.900 - La Hoguette Gruppe : 5.800 – 5.100

Seite 86 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit - Cortaillod-Kultur : 4.000 – 3.500 - Pfyner-Kultur : 3.900 – 3.500 - Horgener-Kultur : 3.300 – 2.800 - Schnurkeramik : 2.800 – 2.300 - Glockenbecherkultur : 2.500 – 2.200

Entwicklung des Menschen Das Wort Homo steht für Mensch und beschreibt den Gattungsnamen Mensch als gleich, ähnlich. Eine genaue Grenze zu seinen Vorgängern ist schwierig. Es fehlt eine genaue Definition zur Zuordnung Homo. Durch die Tatsache, dass Wissenschaftler durch moderne 3-D Scanverfahren in der Lage sind, Schädelfragmente virtuell zusammen zu setzen und zu rekonstruieren und auch der durch DNA- Analysen erlangten Einsicht der Kreuzungen von Homo-Typen ergibt sich folgendes Bild: Die hier nachfolgenden Homo-Typen könnten durch neueste Funde und den oben genannten Gründen neu zugeordnet und revidiert oder auch in gemeinsame Gruppen erfasst werden. Je älter die gemachten Funde sind umso schwieriger kann deren eindeutige Zuordnung erfolgen. Deshalb erfolgt hier die Auflistung nach klassischen, bereits bekannten Einordnungen der Wissenschaft aber auch ältere und überholte Zuordnungen.

Schon vor 2,5 Mio. Jahren finden sich Hinweise auf Feuerstellen und Geröllwerkzeuge. Sogar Aasverwertung durch Funde mit von Schabern entbeinten Pferden vor 2,3 Mio. Jahren konnten nachgewiesen werden.

Homo rudolfensis Vor 2,5 bis 1,8 Millionen Jahren entstand der Homo rudolfensis (Turkana-See in Kenia, vormals Rudolf-See). Er wurde ca. 1,55m groß und hatte ein Schädelvolumen von ca. 600 – 800 ccm. Er stellte schon Steinwerkzeug her, das er durch scharfkantige Abschlägen an Steinen fertigte. Er besitzt flachere Überaugenwülste als der Homo habilis.

Wichtige Funde: Ort/Bezeichnung Land Alter Datum/Finder: KNM-ER 819 Ileret, Kenia 1971, H. Mutua KNM-ER 1470 Koobi Fora, Kenia 1.8 Mill. Jahre 1972, B. Ngeneo KNM-ER 1482 Koobi Fora, Kenia 1972, H. Muluila KNM-ER 1483 (a-e) Koobi Fora, Kenia 1972, W. Mangao KNM-ER 1590 Koobi Fora, Kenia 1972, B. Ngeneo KNM-ER 1801 Koobi Fora, Kenia 1973, W. Mangao KNM-ER 1802 Koobi Fora, Kenia 1973, J.M. Harris © Robert Uhrmacher

Homo habilis Vor 2,4 bis 1,6 Millionen Jahren entstand der Homo habilis (der “geschickte” Mensch), der in Ost- und Südafrika verbreitet war. Da er im Schädel das Vorhandensein eines Sprachzentrums erkennen lässt muss er eine Art Sprache besessen haben. Auch er stellte schon Steinwerkzeug her. Sein Gesicht springt wenig hervor bei flacher Gesichtsform und kaum ausgeprägten Augenwülsten mit steilen und hohen Augenhöhlen. Er besitzt große Backenzähne in einem grazilen Unterkiefer. Er hatte eine Schädelkapazität zwischen 590 – 687 ccm und wurde ca. 1,45 m groß. In seinem Schädel ist das Sprachzentrum des Gehirns nachweisbar. Er war ca. 1,25 m groß und hatte ein Gewicht von ca. 45 kg. Er stellte zweiseitig abgeschlagenes und bearbeitetes Sternwerkzeug her. (Geröllgerätekultur in der Olduvai-Schlucht). Er wird auch manchmal durch seine unklare Einordnung den

Seite 87 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Australopithecinen zugeordnet. Sein Skelett lässt auf einen aufrechten Gang schließen. Aus ihm entstand der Homo rudolfensis.

Wichtige Funde: Ort/Bezeichnung Land Alter Datum/Finder: AL 666-1 Hadar, Äthiopien 2.3 Mill. Jahre William Kimball KNM-ER 992 (a-d) Ileret, Kenia 1973, B. Ngeneo KNM-ER 1472/1481 Koobi Fora, East Turkana, Kenia 1972, J. M Harris KNM-ER 1813 Koobi Fora, East Turkana, Kenia 1.8 Mill. Jahre 1973, K. Kimeu OH 7 Olduvai, Tansania 1.75 Mill. Jahre 1960, L.S.B. Leakey OH 13 "Cindy" Olduvai, Tansania 1.7 Mill. Jahre 1963, N. Mbuika OH 17 "George" Olduvai, Tansania 1.7 Mill. Jahre 1963, Louis Leakey OH 24 "Twiggy" PJ 24 Olduvai, Tansania 1.75 - 2.0 Mill. Jahre 1968, Paul Nzube StW 53 , Süd Afrika 1.5 - 2.0 Mill. Jahre 1976, A.R. Hughes KNM - ER 1805 "Mystery Skull" Koobi Fora, East Turkana, Kenia 1.7 Mill. Jahre © Robert Uhrmacher

Homo egaster Vor 1,8 bis 1,4 Millionen Jahren lebte der Homo egaster (der „handwerklich begabte Mensch“). Er wurde 1994 in Spanien entdeckt. Sein Schädel ist langgestreckt mit vorspringendem Kiefer aber mit starken Augenbrauenwülsten. Die Backenzähne sind klein. Er war ca. 1,50 m groß und um die 47 kg schwer. Seine Schädelkapazität betrug ca. 900 – 1100 ccm. Er kannte das Feuer und er benutzte weiterentwickelte Steinwerkzeuge wie Handäxte und Hackbeile . Seine Einordnung in die „Ahnengalerie“ der Menschheitsgeschichte ist umstritten. Er gilt als eine sehr frühe Form des Homo erectus.

Wichtige Funde: Ort/Bezeichnung Land Alter Datum/Finder: Bezeichnung: Ergaster ? Koobi Fora, Kenia ca. 1,7 Mill. Jahre 1975; Bernard Ngeneo KNM-ER 3733 Turkana Boy Nariokotome, Kenia ca. 1,6 Mill. Jahre 1984; Kamoya Kimeu KNM-WT 15000 KNM-ER 730 Koobi Fora, Kenia 1970, M. G. Leakey KNM-ER 730 "Chellean Man" Olduvai Schlucht, Tansania 600.000 - 800.000 1960; Louis Leakey OH 9 ergaster ? , Südafrika ca. 1,6 Mill. Jahre 1969; Ronald Clarke SK 847 Sangiran 17 (Pithecanthropus 4) Indonesien, Java, Sangiran 1.000.000 1969; Sastrohamidjojo Sartono Georgius D2700 Omanisi, Georgien ca. 1,8 Mill. Jahre 2001; Abesaiom Vekua D2700 Georgius D2282 Omanisi, Georgien ca. 1,8 Mill. Jahre 1991; G. Bosinski/A. Jostus D2282 KNM-ER 992 Koobi Fora, Kenia ca. 1,5 Mill. Jahre 1975; V. Mazak KNM-ER 992 © Robert Uhrmacher

Homo erectus Vor ca. 1,8 Millionen bis 300.000 Jahren folgte der Homo erectus (archanthropinen, pithecanthropus, Urmenschen oder auch Frühmenschen), der erste der Afrika in einer Wander- bewegung über den Vorderen Orient verließ und sich in Europa und Asien vor 800.000 Jahren bis nach China und Südostasien ausbreitete. Zuletzt kam er auf Java vor und ist dort vor ca. 40.000 Jahren ausgestorben. Er lebte parallel mit den austraolopithecinen noch 800.000 Jahre und mit dem Homo habilis und dem Homo rudolfensis noch 500.000 Jahre. Er besaß ein sehr robustes Skelett und die Kiefer hatten große Backenzähne. Sein langgestreckter Schädel hatte dicke Augenbrauenbögen. Seine Schädelkapazität betrug je nach Typ zwischen 500 – 1250 ccm und er wurde ca. 1,65 m groß. Er benutzte schon das Feuer und stellte elegantere Steinwerkzeuge her als der Homo habilis. Er besaß eine Sprache und fertigte Behausungen, wie in der Oldovai-Schlucht in Tansania nachgewiesen werden konnte. Die Behausung ist ca. 1,5 Millionen Jahre alt und besteht aus einem Steinwall mit einem Durchmesser von 3 m. Er wird in verschiedene Gruppen eingeordnet und hat sich mit Sicherheit durch die breite Streuung über die Kontinente genetisch entfremdet. Denn seine Spuren finden sich in Afrika, China, Europa, Asien, bis zu den indonesischen Inseln Sunda und Flores sowie an der Timorsee

Seite 88 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit nahe Australiens. Somit überschritt er als erstes die bisher geltende sogenannte Wallace-Linie, die nachweislich eine fiktive Flora- und Faunagrenze von mindestens 35 km Breite zwischen dem Australischen „Sahul“ und dem „Sunda-Shelf“ ist. Diese war aber nachweislich seit mehr als 5 Millionen Jahren ständig unter Wasser. Somit muss er irgendwie ein schwimmfähiges Gefährt erstellt haben, um diese aus Wasser bestehende natürliche Grenze zu überschreiten.

Bei ihm wird schon früh die Jagd im Gruppenverband nachgewiesen, wobei er Flusspferde, Nashörner und Elefanten tötete. Zur Jagd benutzte er anfangs zugespitzte Stöcke, dann geschnitzte Rippenspieße und später eingebundene Steinklingen im Lanzenschaft. Später traute er sich sogar an Höhlenbären, Auerochsen, Hirschen und Antilopen als Jagdbeute heran. Er kannte schon Jagdstrategien, die man ihm durch neueste Funde aus dem Harz auf ein Alter von ca. 400.000 Jahren nachweisen konnte und die ihm bis vor kurzem nicht zugetraut wurden. Diesbezüglich liegen Funde aus Helmstedt, Königsaue, Neumark-Nord bei Merseburg in Schöningen, Lehringen bei Bremen und Bilzingsleben vor. Höchstwahrscheinlich war es das kalte Klima Europas, was ihm zu neuen Überlebensstrategien und somit neuen Techniken trieb, um das im Europa vorkommenden Wild wie Bisonherden, Rentieren, Steppenelefanten, Nashorn und Riesenhirsche zu jagen, wodurch er auch neue Strategien und Jagdwaffen sowie Bear- beitungsmethoden entwickelte.

(90) Geröllgerät © NEANDERTHAL MUSEUM

Bekannte Untergruppen sind:

Homo erectus modjokertensis Er kam in Asien vor ca. 1,5 Millionen Jahren vor und besaß einen sehr archaischen Schädel.

Pithecanthropus/Java Mensch/Homo erectus erectus Er wurde 1891 auf Java erstmals gefunden und lebte vor 700.000 Jahren. Der Name Pithecanthropus bedeutet „Affenmensch“.

Durch den Fund von Dmanisi wurden die Wissenschaftler stutzig. Durch die Kombination eines langen Gesichts, großen Zähnen und einem kleinen Gehirnschädels vereint er Merkmale, die bisher verschiedenen Arten der Frühmenschen zugeordnet wurden. Somit könnten Homo habilis, Homo rudolfensis und Homo erectus ein und derselben Art zugeordnet werden: Homo erectus, der sich über Eurasien bis nach China und Java sich ausbreitete.

Homo erectus pekinensis/sinanthropus/Pekingmensch Er kam vor ca. 400.000 Jahren vor. Er besaß einen deutlicheren Scheitelkamm mit starken Überaugenwülsten und einer Schädelkapazität von ca. 1200 ccm.

Seite 89 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Wichtige Funde: Ort/Bezeichnung Land Alter Datum/Finder: Bezeichnung: ergaster ? Koobi Fora, Kenia ca. 1,7 Mill. Jahre 1975; Bernard Ngeneo KNM-ER 3733 Turkana Boy Nariokotome, Kenia ca. 1,6 Mill. Jahre 1984; Kamoya Kimeu KNM-WT 15000 "Chellean Man" Olduvai Schlucht, Tansania ca. 1,2 Mill. Jahre 1960; Louis Leakey OH 9 ergaster ? Swartkrans, Südafrika ca. 1,6 Mill. Jahre 1969; Ronald Clarke SK 847 Sangiran 17 (Pithecanthropus 4) Indonesien, Java, Sangiran 1.000.000 Jahre 1969; Sastrohamidjojo Sartono Georgius D2700 Dmanisi, Georgien ca. 1,8 Mill. Jahre 2001; Abesaiom Vekua D2700 Georgius D2280, D2282 Dmanisi, Georgien ca. 1,8 Mill. Jahre 1991; G. Bosinski/A. Jostus D2282 © Robert Uhrmacher Homo heidelbergensis Parallel zum Homo erectus entwickelte sich vor ca. 800.000 Jahren (CIS 15 - 10). Der Homo heidelbergensis genannt „Goliath“, auch als früher archaischer Homo sapiens bezeichet und manchmal auch Homo Steinheimensis . Er lebte in der Crome Elster- oder Mindel Eiszeit. Sein Unterkiefer wurde 1907 in Mauer bei Heidelberg, sowie andere fossilen Nachweise in Argo, Frankreich, Bilzingsleben, Deutschland, Boxgrove, England, Petralona, Apidima, Griechenland, Vértessöllös, Ungarn gefunden. Er lebte vor ca. 800.000 bis 300.000 Jahren. Hier liegen Funde in Europa vor, die ca. 600.000 Jahre zurückreichen. Er hat sowohl Merkmale der späteren Neandertaler als auch noch von Homo erectur/ergaster- Formen und ist mit dem Denisova-Menschen verwandt und muss somit einen gemeinsamen Vorfahren vor 700.000 Jahren gehabt haben. Der Nachweis gelang Leipziger Forschern über sequentierte DNA (mtDNA) aus der Höhle "Sima de los Huesos" in Nordspanien.

Wichtige Funde: Ort/Bezeichnung Land Alter Datum/Finder: "Heidelberg Mensch" Deutschland, Heidelberg 400.000 - 500.000 1907; Grubenarbeiter Atapuerca 5, 4 Sierra de Atapuerca, 300.000 1992; Juan Luis Asuaga Kabwe (Rhodesian) Man Kabwe, 125.000 – 300.000 1921 Apidima 2 Griechenland Broken Hill 1 Nord-Rhodesien Zw. 200.00 – 125.000 1921 von einem Arbeiter Swanscombe England 200-000 -250.000 1930; A. T. Mason Petralona 1 Petralona, Griechenland 150.000 – 200.000 1960; Einwohner des Dorfes Arago XXI "" Tautavel, Frankreich 200.000 – 400.000 1960/1970Henry. und Marie-A. de Lumley Streinheim Deutschland 200.000 – 250.000 1933; Karl Sigrist Bodo Bodo d´Ar. Äthiopien 600.000 1976 ; Alemaghew Asfaw, Wood Mauer 1 Mauer, Deutschland 300.000 1907; O. Shötensack Box Grove Tibia Boxgrove, England © Robert Uhrmacher

Aus ihm entwickelte sich der späte archaische Homo sapiens der vor 300.000 bis 200.000 Jahren lebte (CIS 9 – 8). Er lebte im Hoxnian, Holstein oder Mindel/Risse- Interglazial, Saale- oder Riss-Eiszeit. Als Fundorte sind bekannt Steinheim, Reilingen in Deutschland, Atapuerca, Sima de los Huesos, Spanien, Swanscombe, England sowie Weimar-Ehringsdorf, Deutschland.

Homo antecessor : (Vorfahre). Er lebte vor ca. 800.000 Jahren (OIS 20 – 18) und wurde in Spanien, Gran Dolina, Atapuerca sowie in Ceprano, Italien gefunden. Er weist äußerlich sowohl Merkmale vom Neandertaler als auch vom modernen Mensch auf. Sein Gesicht ist dem des modernen Menschen sehr ähnlich. Wann er genau nach Europa wanderte, ist nicht eindeutig nachweisbar. Für das nördliche Europa liegen keine Datierungen (ca. 600.000 Jahren) vor.

Ort/Bezeichnung Land Alter Datum/Finder: Bezeichnung: ATD6 - 69 Gran Dolina, Spanien 780.000 - 800.000 J. L. Arsuaga ATD 6-5 bis 312 © Robert Uhrmacher

Neandertaler Der Neandertaler (Homo sapiens neanderthalensis) Er entstand vor ca. 450.000 Jahren und zählt wie der Homo sapiens zu den archaischen Menschentypen. Er wurde erstmals 1856 im Neandertal bei Mettmann gefunden.

Seite 90 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Die Neandertaler werden in drei verschiedenen Gruppen gegliedert:

Ante-Neandertaler werden genannt, die zwischen 300.000 – 200.000 Jahren lebten und Sie werden noch zu Homo heidelbergensis gerechnet.

Frühe Neandertaler mit einer Datierung zwischen 200.000 – 100.000 (CIS 7 – 5), in der späten Saale oder Riss Eiszeit und Eern oder Ris/Würm lebende Neandertaler und zum Interglazial zählende Neandertaler mit Fundorten in Ochtendung, Deutschland, Biache 1, La Chaise Squard, Lazaret, La Chaise, Borgeois-Delanunay, Frenkreich, Saccapastore, Italien und Krapina Kroatien.

Klassische Neandertaler , zu ihm zählt der zwischen 100.000 bis ca. 27.000 Jahren (OIS 4 – 3), in der frühen Weichsel oder Würm-Eiszeit lebende Spezies und wurde gefunden im Neandertal, Deutschland, Spy, Belgien, Monte Circeo, Italien, Forbes Quarry, , La Chapelle, , , , St. Césaire, Frankreich, Shanidar, Irak sowie Amud, Israel. Sie werden auch als Prä- oder Proto-Neandertaler bezeichnet. Seine Erscheinung in Europa wird auf ca. vor 130.000 Jahren datiert.

(91) Fäustel Q 03 Arbeitsarchiv Vorgeschichte Neandertaler © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: LVR

(92) Faustkeil Q 04 Projekte Landesausstellung 2015 Bad Salzuflen © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: LVR

Seite 91 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit

Er starb vor ca. 27.000 Jahren in seinen letzten Rückzugsgebieten in Spanien aus. Er gilt als an klimatische kühle Regionen angepasst und somit auch als Eiszeitmensch. Er war ein großer Jäger und Sammler. Mit einer Größe von 1,68 m war er groß und von kräftiger Statur. Seine Schädelkapazität lag zwischen 1200 – 1750 ccm. Sein Verbreitungsgebiet lag vom Nahen Osten bis in Europa.

Wichtige Funde: Ort/Bezeichnung Land Alter Datum/Finder: Shanidar 1- 5 Höhle von Shanidar im Irak 70.000 - 40.000 1953, 1960 von Ralph Solecki Gibraltar 1 Gibraltar, Iberische Halbinsel, GB ungewiss Lieutenant Flint Neandertal 1 Deutschland, Feldhofer Grotte 40.000 - 50.000 1856 Johann Fuhlrott Pech-de-l´Ázè Frankreich 46.300, 30.700 BP La Ferrassie 1 La Ferrasie, Frankreich 50.000 1909 D. Peyrong / L. Capitan Carihuela Spanien 26.000 - 30.000 BP Zafaraya Spanien 29.800 - 33.400 Gruta da Oliveira 38.390 - 40.420 BP Mezmaiskaya Ukraine 29.195 BP Vindija Kroatien 29.080 - 28.020 BP Arcay-sur-Cure Frankreich 33.860 BP Saint-Césaire Sant Claire, Frankreich 36.300 1979 Francois Leveque "Der alte Mann" La-Chapelle-aux-Saints, Frankreich 50.000 1908 A. und J. Bouyssonie Amud 7 Amud-Höhle in Israel zw. 50.000 - 60.000 1992 T. Hietala / Y. Rak Amud 1 Amud-Höhle in Israel zw. 40.000 - 50.000 1961 T. Hisashi Suzuki Kebara 2 Kebara-Höhle in Israel ca. 60.000 1982 Lynne Schepatz Teshik-Tash Teshik-Tash, Usbekistan ca. 70.000 1938 Alexej Okladnikow Saccopastore I Steinbruch Saccopastore, Rom, Italien ca. 120.000 1929 Mario Grazioli Krapina C; Krapina Teeth Krapina, Kroatien 130.000 1899 D. Gorjanovic-Kramberger Mt. Circeo Mount Circeo, Italien Le Moustier Le Moustier, Frankreich Zafarraya Mandible Zafarraya , Andalusien, Spanien 27.000 Ehringsdorf Deutschland Hochdal Deutschland Altamura Altamura, Apulien, Italien Tabun 1 Tabun, Israel 33.000 – 34.000 © Robert Uhrmacher

Der Homo sapiens sapiens Entweder aus dem Homo heidelbergensis, oder dem Homo erectus entwickelten sich der Homo sapiens sapiens („vernunftbegabte Mensch“, heutige Mensch) sowie der Neandertaler (Homo neanderthalensis).

Seine Schädelkapazität variiert zwischen 1400 – 2000 ccm.

Als der Homo sapiens sapiens vor ca. 160.000 Jahren seinen Siegeszug als „moderner Mensch“ antrat, um die Welt in mehreren Epochen zu erobern, grenzt es an ein Wunder das wir überhaupt überlebten.

Der Homo sapiens idaltu (Der Älteste) gilt als fehlendes Bindeglied zum Menschen. Die im Gebiet von Middle Awash, in der Nähe von Herto in Äthiopien ausgehende Population war ursprünglich so klein (ca. 2.000 Individuen), das auch nur die kleinste Katastrophe gereicht hätte um uns wieder aus der Evolution verschwinden zu lassen. Sein Alter wird zwischen 154,000 und 160,000 geschätzt.

Man geht davon aus, dass der Mensch vor ca. 200.000 Jahren in Afrika entstand. Die immer wieder wechselnden Klimaverhältnisse waren entscheidend dafür, dass wir wieder einmal unsere Wurzeln in Afrika und nicht vielleicht in Eurasien hatten.

Seite 92 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Es werden zwei Arten von Homo sapiens sapiens unterschieden:

Der Cro-Magnon-Typ mit massivem breitem Schädel und ausgeprägtem Überaugenwülsten und einer schwach ausgeprägten Eindellung über der Nasenwurzel mit breiten, niedrigen und rechteckigen nach außen hängenden Augenhöhlen und großer, kräftiger Statur.

Der Chancelade-Typ mit grazilem schmalen Schädel und hoher Stirn, kaum vorhandenen Überaugenwülsten und starker ausgeprägten Eindellung über der Nasenwurzel mit großen rechteckigen bis runden Augenhöhlen und mittlerer Statur.

Wichtige Funde: Ort/Bezeichnung Land Alter Datum/Finder: Bezeichnung: Italien, Finale Ligure ca. 24.000 Bacho Kiro Bulgarien > 43.000, 32.700 - 29.200 BP Bluefish Alaska 20.000 Bonn-Oberkassel Deutschland 12.250 BP 1914, Steinbrucharbeiter Engelbert Nolden EK 20, EK 23 Südafrika 90.000 Brassempouy Frankreich 28.620 - 32.190 BP Broken Hill Sambia, Kabwe 125.000 BMNH 686 Cave 101, 102 Asien, Shandingdong 33.200 – 10.175 1933; Pei Cohuna, Australien 1925 Coobool 16, 49, 76, 86 Europa 14.000 Dali China, Shaanxi Prov. 209.000 1978, Shuntang Liu Dali China 200.000 1978, von Liu Shuntang El Castillo, Santander Spanien 40.000 BP Florisbad Süd-Afrika 250.000 Höhle von Klasies Südafrika 100.000 Iceman (Oetzi) Italien ca. 5.300 Marocco ca. 150.000 revidiert ~300.000 1961 Émile Ennouchi Keilor Australien 12.000 BP Kelsterbach Deutschland 31.200 BP Kennewick Man Nordamerika 9.300 Kent's Cavern England 30.900 BP Klasies River Mouth Süd-Afrika 90.000 Kow Swamp Victoria, Australien 10.000 1967, A. Thorne, P. Macurmber Kow Swamp Kow Swamp 1, 5, 7 Australien 9.500 Laetoli Tansania 120.000 Le Flageolet Frankreich 14.800 - 26.800 BP Les Cottès Frankreich 31.200 BP Les Eyzies Frankreich 30000 - 32.000 Handwerker bei Cro-Magnon Cro-Magnon I Liujiang China 67.000 Maba Jinniushan China, Guandong 120.000 Minatogawa 1 Südamerika 18.000 Mladec Tschechien 30.000 - 36.000 Mungo III, I Australien 26.000 BP Nacurrie 1 Australien ca. 6.000 115.000 Niah Cave Borneo 40.000 Omo I und II Äthiopien 130.000 1967, von Kamoya Kimeu Omo I und II Pestera cu Oase Rumänien 34.950 BP 2002 A. Bilgar, S. Milota, L. Sarcina Oase1 und 2 Predmosti 3 Tschechien 26.000 1884-1928 Qafzeh Israel 90.000 - 100000 1969, Bernard Vandermersch Qafzeh IX Roonka 20, 80, 108 Australien 6.910

Seite 93 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Singa Sudan 150.000 Skhul Israel ca. 90.000 1931, T. McCown, H. Movius Skhul V Stetten Deutschland 30.000 - 36.000 Tabun Naher Osten, Israel ca. 100.000 1930, Dorothy Garrod Talgai Australien 9.000 – 11.000 1914 Velica Pecina Kroatien 30.000 - 36.000 Vogelherd Deutschland 30.730 - 31.900 BP Wadjak 1, 2 Indonesien, Java 28.000 1988, Minenarbeiter Wilandra Lake Australien 29.000 WLH 50 Xijiayao Mandible China, Shanxi 125.000 Xujiayao 2, 3 China, Shanxi 104.000 1974 China 30.000 © Robert Uhrmacher

Wichtige Funde des jetzigen Menschen (Homo sapiens sapiens) Einige Funde können aufgrund der morphologischen Merkmale nicht eindeutig dem Homo sapiens sapiens zugeordnet werden. Auch sind andere Funde wiederum von der Zuordnung revidiert worden. Da auch verschiedene Menschengattungen im gleichen Verbreitungsgebiet vertreten waren, ist manchmal eine Zuordnung schwierig. Auch können Altersangaben nicht eindeutig festgelegt werden oder werden durch Neudatierungen mit neuen Messverfahren zeitlich neu zugeordnet.

Naher Osten Quafzeh 1969 fand man in Israel in der Quafzeh-Höhle das fast vollständige Skelett einer Frau neben anderen insgesamt 21 Individuen. Es zählt zu dem ältesten Fund des anatomisch modernen Menschen außerhalb von Afrika. Die Ausgrabungen fanden bereits Mitte der 30er Jahre statt, wobei schon 7 Überreste gefunden wurden, aber erst zwischen 1965 und 1980 konzentrierten sich die Ausgrabungsarbeiten auf den Bereich vor dem Höhleneingang, wo weitere 14 Individuen gefunden wurden. Die Frau, die man dann aber fand, bekam die Bezeichnung Qafzeh IX und ist eine junge Frau von ca. 20 Jahren die in einem Doppelgrab bestattet wurde. Das Skelett lag wie bei den meisten paläontologischen Funden auf der Seite mit angewinkelten Beinen. Neben ihr lagen auch die Überreste eines Kindes. Der Fund wurde aufwendig gesichert und von der israelischen Luftwaffe in ein Labor zur weiteren schonenderen Untersuchungen verbracht. Der Fund wurde als „Proto-Cro-Magnon“ eingestuft und mit Hilfe des Thermolumineszens- verfahrens auf 92.000 Jahre alt datiert. Mit dem Elektronenspin-Resonanzverfahren sogar auf eine Datierung von 120.000 – 100.000 Jahre. Da die morphologischen Untersuchungen der Knochen-überreste eine Anatomie des modernen Menschen ergab, gilt dieser Fund als der älteste Beweis eines Menschen, der Afrika verlassen hatte. Qafzeh XI, ein älterer männlicher Fund, hatte eine Schädelkalotte mit hoher Stirn und schwachem Brauen-Wulst aber markantem vorspringendem unteren Gesichtsteil und weitere Merkmale des modernen Menschen und unterscheidet sich dadurch deutlich von den Neandertalerfunden aus Amud. Dazu wurden auch die Knochen der rechten Hand untersucht, die für feine Handfertigkeiten geeignet war und nicht wie im Gegensatz zu den Neandertalern für große Kräfte im Gelenk. Seine Schädelkapazität betrug 1554 ccm.

Qafzeh liegt an der Levante-Küste, die von Israel bis nach Syrien reicht. Für die Auswanderungswellen aus Afrika galten Sie als Wanderweg der frühen Hominiden und auch des Neandertalers sowie des modernen Menschen, die dann Richtung Eurasien abwanderten. Deshalb sind auch entlang dieser Levante-Küste sowie des Nahen Ostens und auch des Zagrosgebirges einige Fundorte mit Überresten dieser Menschenarten bekannt. Fundorte sind

Seite 94 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Amud (Israel, Bisitun (), Dederiyeh (Syrien), Kebara (Israel), Qafzeh (Israel), Shanidar (Irak), Shovakh (Israel), Skhul (Israel) und Tabun (Israel). Während aber in Qafzeh und Skhul sich die Überreste von ca. 90.000 Jahre alten modernen Menschen fanden sind an den übrigen Fundorten späte archaische Menschen des Mittelpleistozäns und der beginnenden letzten Eiszeit gefunden worden. Dabei fallen die Datierungen vor und nach Qafzeh und Skhul. Die Funde im Nahen Osten des aus dem Pleistozäns mit archaischen Menschentypen wie Zuttiyeh und Tabun Schicht E zeigen morphologische Merkmale des Neandertalers.

Skhul Die Funde von Skhul in Israel, die auf 30.000 bis 40.000 Jahre geschätzt wurden, haben vergleichsweise modernere menschliche Züge wenn auch nicht identisch mit den heutigen modernen menschlichen Populationen. Später wurden die Funde mit zwei Datierungsmethoden nachdatiert. Dabei ergab die Elektronenspinresonanzmethode einen Durchschnitt von 81.000 – 101.000 Jahren und die Thermolumineszenz-Methode einen Durchschnitt von 119.000 Jahren. Die Funde haben eine große Bandbreite der „archaischen“ Merkmale aber auch einige die unter den modernen Menschen fallen. Die besten erhaltene Funde sind die von drei Erwachsenen, als Skhul 4, 5 und 9 bezeichnet und mit einer Schädelkapazität von ca. 1550 ccm. Die „archaischen“ Merkmale der drei Funde werden mit kleinen Abweichungen als Vertreter der europäischen Neandertaler interpretiert. Der als Skhul 5 bezeichnete Schädel ist der am besten erhaltene mit einer Schädelkapazität von 1518 ccm und zählt von der Größe zum europäischen Normenbereich. Es wurden Zahnabzesse und rheumatische Arthritis festgestellt. Der morphologische Unterschied zwischen Skhul 5 und Skhul 6 wird so groß wie die zwischen modernen Menschen und den Neandertalern beschrieben. Besonders die Knochen der Gliedmaßen sind länger und graziler als die der robusten Neandertaler. Alleine von der morphologischen Beschaffenheit der Funde wird von einem Aufsuchen der Individuen zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten ausgegangen.

Misliya In der Höhle „ Misliya “, welche am Mount Carmel liegt (Israel, Naher Osten, Gebiet in der „Levate“) wurden 2018 die Überreste des frühen anatomischen modernen Menschen gefunden. Die Misliya-Höhle befindet sich in der Nähe von Haifa. Die Funde geschahen im Rahmen eines Projekts der Universität von Tel Aviv, das von der Archäologin Mina Weinstein-Evron sowie dem Paläoanthropologen Israel Hershkowitz für eine Serie zum Erkunden und Ausgraben israelischer Höhlen initiiert wurde. Es fanden sich die linke Hälfte eines Oberkiefer-Knochens mit 8 Zähnen sowie die passende Hälfte des Unterkiefers mit 8 Zähnen, die mit „Misliya 1“ bezeichnet wurden. Da aus dem Knochenmaterial eine direkte Datierung nicht möglich war, zog man archäologische Begleitfunde in Form von Sedimentproben und Flintmaterial heran. Dafür wurden drei verschiedene Datierungsmethoden genutzt: Eine kombinierte Uranserie (U-Th), Elektronenspinresonanz (US-ESR) und Thermolumineszenz (TL). Hiebei ergab sich ein Alter zwischen 177.000 bis 194.000 Jahren. Die Zähne wurden nach morphologischen und metrischen Merkmalen verglichen und dem archaischer Homo sapiens zugeordnet. Somit gilt der Fund von „Misliya 1“ als Nachweis für den frühesten Beweis eines Homo sapiens außerhalb von Afrika und dessen Migration nach Eurasien.

Seite 95 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Europa Prestera cu Oase In Rumänien wurde 2002 in der Pestera cu Oase-Höhle, welche im Süd-West-Rumänien liegt, von Adrian Bilga , Stefan Milota und Laurentius Sarcina als erstes ein menschlicher Unterkiefer entdeckt. Dann gelang die Sicherung eines kompletten Schädels. Er wurde auf 34.950 ± 990 – 890 BP datiert. Es fanden sich zwei Schädel die als Oase 1 und Oase 2 bezeichnet wurden. Oase 2 stammt von einem jungen Mann. Durch die sichere Datierung gilt der Fund von Prestera cu Oase als der Älteste Homo sapiens sapiens-Fund Europas und fällt somit in das spät- Paläolithische oder frühe Aurignacien. Die Datierung fällt genau in die Übergangszeit zum Aurignacien. Die morphologischen Untersuchungen der Knochen ergeben Merkmale des modernen Menschen, dem Neandertaler sowie archaische Formen. Die Schädel sind sehr robust gebaut und weisen große Backenzähne auf, die besonders starke Ähnlichkeiten mit den archaischen Homo sapiens-Funden aus Afrika besitzen.

Mlade č Mlade č galt als größter Fund des frühen Jungpaläolithikums, dem Aurignacien in Ost und Mitteleuropa, die ab 1881 gefunden und ab 1925 von J. Szombarthy untersucht und beschrieben wurden. Von Mlade č sind im Naturhistorischen Museum Wien noch die beiden weiblichen Schädel vorhanden, die jetzt auf 31.000 BP unkalibriert datiert wurden. Zurzeit ist eine Kalibrierung des Fundes nicht möglich, jedoch ist zu erwarten, dass dann der Fund noch weitaus älter ist. Leider sind die bedeutenden wertvollen weiteren Funde, die von tschechischen Wissenschaftlern und Hobby-Archäologen ausgegraben wurden, bei einem Brand in der Mikulov-Festung zusammen mit vielen anderen wertvollen Funden wie Předmosti am Ende des II. Weltkrieges durch Bombardierungen der Nazis unwiderruflich verloren gegangen. Die Funde waren aus dem Aurignacien-Zeitalter und wurden auf ca. 32.000 Jahre oder älter geschätzt. Er bestand aus über 100 verschiedenen menschlichen Überresten aus der Haupt- und einer Nebenhöhle. In der Nebenhöhle fanden sich die Überreste von zwei Erwachsenen und einem Kind, als Mlade č 5, 6, und 46 benannt. Der Mann war von sehr robustem Skelettaufbau und sehr ausgeprägtem männlichen Charakteren und morphologischer Variabilität. Die Schädelstirn war noch nicht sehr hoch aber er besaß starke Oberbeinknochen. Seine Schädelkapazität betrug 1650 ccm für Mlade č 5.

Beschreibung nach C. David Kreger † 2017

Die 3 männlichen Schädel haben folgende Merkmale: - Kleinere Hirnschale - Dickere Schädelknochen - Hinter-Schädel in seiner Bildung die eines Neandertalers - Auffällig schwammige Knochen in der Entwicklung - Dicker Entwurf mit extremer Kreisform (Bildung anders als beim Neandertaler) - Große Gehirnkapazität

Die Frau war wesentlich graziler gebaut als der Mann und hatte mehr Ähnlichkeit mit dem modernen Menschen, trotzdem war Sie als robust einzustufen bezogen auf spätere Funde. Wie beim Neandertaler war hier ein deutlicher Unterschied der Schädelkapazität zwischen Mann und Frau zu erkennen. Die Frauen (Mlade č 1 und Mlade č 2) hatten Schädelkapazitäten von 1540 ccm und 1390 ccm während der Mann (Mlade č 5) ja 1650 ccm hatte. Die Frauen von Mlade č zeigten in der Morphologie Gemeinsamkeiten wie auch Differenzen zu den frühen Neandertalerfrauen.

Seite 96 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Die Schädel der Frauen zeigen: - Größere Schädelabweichungen - Mehr Mittelgesichtsentwicklung - Mehr vorderes Jochbein - Fehlen von maximalen Einkerbungen - Deutlich eingeengte Nasen - Vorhandensein einer deutlichen Schädelentwicklung

Mlade č ist der erste nicht-Neandertalerfund in Mitteleuropa aber ähnliche Funde gab es in Zlaty Kun (Tschechien), Cioclovina (Rumänien), Bacho Kiro Levels 6/7 (Bulgarien), Velica Pecina (Kroatien), Miesslingtal (Österreich), Stetten - Vogelherdhöhle (Deutschland) und Hahnöfersand (Deutschland). Die Datierungen reichen hier von 33.000 bis 25.000.

Die Funde von Dolní V ěstonice und aus der nahegelegenen Pavlov-Höhle aus Tschechien datierten um ca. 25.000 – 29.000 und stammen somit aus dem Jungpaläolithikum, dem Ende des Aurignaciens, dem Gravettien. Dort fanden Ausgrabungen seit 1924 statt, die Funde von Mammutjägern waren. In der „Hütte des Schamanen“ fanden sich auch Tierfiguren aus gebranntem Löss sowie zwei Brennöfen. Es wurden viele Fragmente von Keramikfiguren gefunden die Tiere wie Bären, Füchse und Löwen darstellten sowie viele Mammutknochen, teils geschnitzt. Es fanden sich Knochen von Rentier, Pferd, Wolf, Europäischer Wildkatze und Auerochse. In 1986 fand man eine Dreifachbestattung. Pavlov galt als sehr robuster Menschendfund während Dolní V ěstonice mehr grazil war. Dolní V ěstonice 1-3 waren sehr grazile Frauen. In der unmittelbaren Nähe des Fundes Dolní V ěstonice 3 fand sich eine schmale Skulptur, die sogenannte Venus von Dolní V ěstonice, die aus Keramik gebrannt ist. Sie wurde 1925 bei archäologischen Ausgrabungen gefunden. Dolin V ěstonice 16 war mehr robust gebaut. Dolní V ěstonice besteht aus verschiedenen einzelnen Fundorten mit den Bezeichnungen: Dolní V ěstonice I, II, II-A, und III, und Pavlov I - II, Der Předmostí-Fund ist der älteste des späten Jungpaläolithikums, dem Aurignacien und galt auch als von der Anzahl der gefundenen Überreste her als der Größte. Zwar wurde er im Zweiten Weltkrieg zerstört aber ein Fund blieb in einem kleinen Tschechischen Museum erhalten. Sie galten als robuste Menschentypen und die Unterschiede in den Schädelkapazitäten zwischen Mann und Frau waren gering.

Zwischen zwei Kalksteinformationen wurden an drei getrennten Fundstellen menschliche Überreste gefunden. Schon im 16. Jahrhundert wurden hier Funde von Tierknochen erwähnt. Es fanden Ausgrabungen zwischen 1884 und 1930 statt sowie in den 1990er Jahren. Die Grabungen in den 1990er Jahren stammen von Bär, Fuchs, Hase, Mammut, Pferd, Rentier und Vielfraß. Neben zahlreichen Werkzeugen aus Knochen und Feuerstein fand man auch Mammut- schnitzereien. Eines zeigt das Abbild einer Frau, weitere aus Mammuts und Menschen.

In einem ovalen Grab lagen fünf Männer, drei Frauen und 12 Kinder. Es zeigen sich an den Skeletten Vermischungen mit dem Neandertaler.

Auch fanden sich drei komplette Schädel vom europäischen Hund aus dem Gravettien. Sie könnten somit der älteste Nachweis einer Domestikation des Wolfes in Europa sein. Die Datierungen der Funde liegen bei: 26,000 B.P. (25,000 years (ka) 30,000 B.P. (30,000 - 12,000 B.P.) und hat eine kraniale Kapazität von 1580 ccm (Holloway 2000; Holloway et al 2004

Předmostí wurde vor 24.000 bis 27.000 Jahren besiedelt.

Seite 97 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Der Fund aus dem Mittelpaläolithikum, dem Moustérien von El Castillo Cave, welcher datiert wurde zwischen 37.000 und 49.000, ist leider verloren gegangen und es kann daher nicht mehr rekonstruiert werden ob es sich um einen Neandertaler oder dem eines modernen Menschen handelte.

Der einzige Fund der möglicherweise in die frühe Altsteinzeit fallen könnte wäre Combe Capelle in Frankreich und ist ca. 34.000 Jahre alt. Es handelt sich um den Fund einer sehr robust gebauten Frau und wurde ursprünglich in das Châtelperronien datiert. Es handelt sich definitiv nicht um einen Neandertaler aber durch die unsichere Datierung ist seine Wichtigkeit schwer zu interpretieren.

Es gibt verschiedene Funde in Westeuropa die in die späte Aurignacien-Zeit fallen aber zeigen dabei einige deutlich den Übergang vom Neandertaler zum modernen Menschen. Eine die in das Zeitalter des Moustèrien fällt, ist der Fund in der Grote des Enfants (Grimaldi). Es handelt sich um einen Fund, der in dem zum Gravettien zugeordneten Sediment gefunden wurde und ist jünger als Cro Magnon , welcher als der bestdatierte frühzeitliche Fund Westeuropas zählt. Das Skelett wurde beim Abri Cro-Magnon bei Les Eyzies 1868 in Frankreich gefunden und ist datiert auf 32.000 – 30.000. Es besteht aus fünf Skeletten dreier erwachsener Männer und einer Frau sowie einem Kind. Am bekanntesten ist der so bezeichnete Chro-Magnong 1, ein männlicher Fund, der bekannt ist unter dem Namen „Alter Mann“. Es ist mit Sicherheit ein moderner Mensch, da die morphologischen Funde dafür sprechen.

Afrika Die Funde in Afrika mögen anatomisch die mit den Merkmalen des modernen Menschen sein aber sie zeigen möglicherweise die Herkunft menschlichen Verhaltens. Die Materialverarbeitung der Werkzeuge in diesem Abschnitt der Steinzeit änderte sich zu feineren Werkzeugen und Jagdwaffen wie den Speer.

Durch Erbgut-Analysen fand man heraus, dass sich vor ca. 2.000.000 Jahren die dort lebenden Menschen aufzuspalten begannen. Als sie den Afrikanischen Kontinent verließen, spalteten sie sich in eine ost- und eine westeurasische Gruppe. Die osteurasische Gruppe besiedelte später den ostasiatischen und den australasiatischen Raum.

Nicht alle Funde, die dort gefunden wurden, enthalten anatomisch die des modernen Menschen. Der älteste Fund der jüngeren Altsteinzeit ist ein Teilschädel von Florisbad , Süd Afrika mit einem Alter um die 250.000 Jahre. Er besteht noch aus der Seite und Teilen des vorderen Gesichts, während die überwiegenden Teile des Hinterkopfes und der Schädelbasis fehlen. Er wird einem weiblichen Menschen zugeordnet. Er gilt als Bindeglied vorheriger Populationen und dem des modernen Menschen. Andere frühe Funde Afrikas kommen aus Eyasi in der Nähe des Sees Tanganyika in , welche auf ein Alter zwischen 130.000 bis 200.000 geschätzt werden. Eine genauere Datierung ist leider nicht möglich.

Der Kébibat -Jugendliche aus Marokko wurde in Mifsud Giudice Steinbruch in der Nähe von Rabat gefunden und ist größer als 200.000 Jahre und der aus dem südwestlichen Dschbuti, dem Wadi Dagadlè bestehende Kiefer wurde auf 250.000 Jahren datiert.

Seite 98 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Marokko Jebel Irhoud In einer Höhle in Marokko, mit dem Namen Jebel Irhoud, fand man 1961 beim Abbau von Baryt einen Schädel der auf ein Alter von 150.000 Jahren datiert wurde. 1963 fand man noch eine Schädeldecke. Es folgten 2004 bis 2017 weitere Ausgrabungen, bei denen man von 5 weiten Menschen, Knochen und Zähne sowie Steinwerkzeuge fand. Es fanden sich ein Schädel sowie Kieferknochen, Zähne und Gliederknochen welche zu drei Erwachsenen gehörten, und ein Jugendlicher sowie ein Kind von ca. 8 Jahren.

Die dabei gefundenen Steinwerkzeuge wurden durch die Verarbeitungstechnik der Levallois- Kultur zugerechnet. Der Archäologe Daniel Richter vom Max Planck Institut für evolutionäre Antropologie in Leipzig untersuchte per Thermolumineszenz Technik, wann diese Steinwerkzeuge mit Feuer erhitzt wurden. Das Mittel zeigte ein Alter von 314.000 Jahren (280.000 - 350.000).

Eine neuere radiometrische Datierung eines Zahnes zeigte ein Mittel von 286.000 Jahren (254.000 - 318.000).

Die Wissenschaftler ordnen den Fund einem "Frühen anatomischen modernen Menschen" zu und sprechen von einem "Protomodernen, nicht modernen Menschen".

Somit ist Jebel Irhoud mit ca. 300.000 Jahren der älteste Nachweis für den Homo sapiens sapiens.

Omo In Omo wurden 3 Exemplare in der Kibish-Formation Äthiopiens gefunden. Omo 1 war ein ausgegrabener Fund, während Omo 2 und 3 ein Oberflächenfund waren. Ihr Alter wurde anhand einer Muschel abgeleitet, welches nicht für genaue Datierungen gelten mag, da er ja nicht von den gefundenen Objekten abgeleitet wurde. Die zwei fast kompletten Funde Omo 1 und Omo 2 und die zu sehenden Unterschiede zwischen beiden und früheren und späteren Populationen stellen sie als Bindeglied zwischen früheren Menschengattungen zu modernen Afrikanern. Sie gelten vom Aussehen her als moderner Mensch und ihr Fund 1967 verdoppelte das Alter unserer Spezies. Die gefundenen Knochen zeigen, die eines modernen Menschen.

Der fast vollständigste Fund stammt aus Ngaloba , Laetoli, Tansania. Der Schädel wird auf ein Alter zwischen 129.000 und 108.000 Jahren geschätzt. Die Vorderansicht ist schmaler und graziler als die von Omo. Er mag jünger sein als Omo und mag auch eine Verbindung zum früheren Broken Hill Fund darstellen.

Der bestdatierte Fund aus Südafrika stammt aus der Alterssteinzeit und wurde in Klasies River Mouth gefunden. Er ist auf ca. 100.000 Jahre datiert und es handelt sich um Fragmente. Von der Morphologie her kann nur gesagt werden, dass es sich um eine sehr kleine Population gehandelt haben muss. Er wird auch als Afrikanisches Original oder Multiregionales Original bezeichnet. Zwischen den Geschlechtern besteht ein großer Unterschied im Sexualdimorphismus. Einige Anzeichen deuten auf den modernen Menschen hin, andere wiederum auf einen archaischen Menschen.

Seite 99 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Der Fund von Sea Harvest , Saldanha Bay besteht aus einigen wenigen menschlichen Fragmenten die mit Hyänenresten gefunden wurden und auf ein Alter von 128.000 bis 75.000 Jahre anhand von faunistischen Analysen datiert wurden.

Das Fundmaterial von Jebel Irhoud ist das Jüngste aus Nordafrika und beinhaltet die einzige Erscheinung eines nordafrikanischen aus dem mit der Moustèrien-Zeit gefundenen Schädels. In der Höhle wurden zwei Schädel sowie ein jugendlicher Oberarmknochen und ein jugendlicher Unterkiefer gefunden. Sie wurden ursprünglich auf ein Alter von 127.000 bis 87.000 Jahren geschätzt. Inzwischen gibt es Nachgrabungen, das Alter wurde revidiert (siehe Marokko).

Der Singa -Schädel aus Ost-Sudan wird beschrieben als Neandertaler, einer modernen Neandertaler-Kreuzung und als sogenannter „Proto-Buschmann“. Die Uranium/Thorium- Datierung liegt bei 133.000 Jahren.

Aus der späten Steinzeit existiert in Afrika der Fund von Border Cave welcher früher als der vom Klasies River Mouth eingestuft wird.

In Kwa Zulu an der Grenze zu Swaziland wurde der Origstad rock shelter mit 18.500 Jahren, der Springbok Flats (Tuinplaas) Fund, der Lukenya Fund mit einer Datierung von 17.000, der Circumtarkana Mensch, der Kanjera Fund und der Ishango Fund gemacht.

Asien und Ostasien Die Funde in Ostasien werden gerne von Vertretern der „Out of Afica“-Theorie ignoriert. Für die Vertreter der „multiregionalen“ Theorie sind sie sehr wichtig.

Es gibt zahlreiche Funde in China, bei denen die eindeutige Zuordnung der jeweiligen Menschengattung unklar ist. Zum einen war China für Wissenschaftler jahrzehntelang nicht zugänglich, zum anderen wurden Fundberichte nicht ins Englische übersetzt. Bei chinesischen Wissenschaftlern ist auch weitgehend bis heute die Ansicht vertreten, dass bezogen auf die Schädel es sich um sehr frühe Formen des Homo sapiens handelt, welche sich durch bewiesene Migrationen und Kreuzungen widerlegen lässt. Deshalb sind Funde aus China skeptisch zu betrachten, zumal weltweit renommierte Wissenschaftler weder am Fund beteiligt waren noch an deren Auswertung. Betrachtet man neuere Funde aus China, so stellt sich die Frage, wann Homo sapiens Asien erreichte und welche Hominiden, Vorfahren oder Kreuzungen (Hybride) dort umherwanderten oder entstanden.

Selbst seriöse neuere Funde stellen die Wissenschaftler vor große Rätsel. Dabei stellt sich die Frage nach der eindeutigen Zuordnung sowie ab wann der Mensch ursprünglich Afrika verließ. Es ist anzunehmen, dass der Homo sapiens sowie auch andere Hominiden wesentlich früher nach Asien auswanderten und dies in mehreren Auswanderungswellen nach Asien taten. Auf andere Hominiden scheint dies ebenfalls zuzutreffen.

Der Homo sapiens wird in zwei verschiedenen Entwicklungsstadien unterschieden. In archaische und moderne Menschen. Dabei wird die Morphologie des Fundmaterials zur Hilfe gezogen.

Bei vielen Funden ist eine 14 C-Datierung entweder ungenau oder sogar unmöglich, weshalb andere Datierungsmethoden wie die TL (Thermolumineszenz) oder ESR (Elektronen- spinresonanz) hinzugezogen werden. Bei manchen Funden basiert die Zuordnung über Steinartefakte aus dem Boden. Dies ist jedoch eine eher ungenaue Zuordnung und meist nicht seriös verwertbar.

Seite 100 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Bei den meisten Funden ist eine Extrahierung der DNA nicht möglich, weshalb diese dann morphologisch und metrisch ausgewertet werden müssen. Im subtropischen Klima wird die DNA sehr schnell durch die Hitze und Feuchtigkeit zersetzt und ist nicht mehr nachweisbar.

In der Yanhui -Höhle wurden 1972 und 1983 vier Zähne aus ca. 200.000 Jahre altem schlammigen Sediment des Höhlenbodens gefunden. Diese zählen nach der Auswertung nicht eindeutig zum Homo erectus. Die sogenannten „Tongzi-Zähne“ aus Zentralasien zeigen ein Puzzle von alten und modernen Merkmalen. Somit ist ihre Zuordnung nicht eindeutig. Sie könnten sowohl vom modernen Homo sapiens stammen als auch vom Denisova-Menschen. Da bei ihnen eine DNA-Analyse aussteht ist ihre eindeutige Zuordnung ungewiss. Sie können nicht mit dem in Sibirien gefundenen Denisova-Zahn verglichen werden, da sie nicht aus der gleichen Position im Mund stammen. Viele chinesische Fossilien sind zwischen 360.000 und 100.00 Jahre alt und können ebenfalls nicht zugeordnet werden. Sie sind in ihren morphologischen Auswertungen überraschenderweise modern. Zu ihnen zählen die Funde im südlichen China von Panxian und im Norden Chinas die mehr archaischen Funde von Xujiayao . Der vollständige Schädel aus Harbin zeigt wiederum Züge, die älter als die eines Neandertalers sind. In der Fuyan Höhle wurden 47 Zähne gefunden, die eindeutig vom anatomisch modernen Menschen stammen und zwischen 80.000 und 120.000 Jahre alt sind. Dabei konnte die Datierung aber leider nur über den Höhlenboden erfolgen. Ihre Zuordnung erfolgte über morphologische und metrische Vergleiche. Ihre 14 C-Datierung ist ausstehend.

Beim Fundmaterial aus Indonesien handelt es sich um Objekte mit vielen Problemen der zeitlichen Datierung.

Ngandong ist dafür ein Beispiel. Es wird als Homo erectus eingestuft und hat eine Datierung zwischen 53.000 bis 27.000 Jahren. Es könnte eine Verbindung zum modernen Ostasiaten darstellen. Diese These ist jedoch sehr skeptisch zu betrachten. Es lässt trotzdem viel Spielraum zu einer Entwicklung vom archaischen Ostasiaten zum modernen Ostasiaten zu bezüglich eines späten Überlebens von archaischen Populationen zu einer modernen Nachkommenschaft. Es handelt sich um die größte Zusammenstellung von Schädeln aus Java mit 15 Exemplaren welche auf der Hochterrasse des Solo River in der Nähe von Ngandong gemacht wurden. Auch zählt ein weibliches Exemplar aus der Nähe von Ngawei dazu. Es wird auch unter der Bezeichnung Solo geführt und ursprünglich in die Altsteinzeit durch Auswertung von faunistischen Material datiert. Die Datierungen von Tierknochen mit der Uranium-Methode liegen bei 101.000 Jahren. Aus der Hochterrasse stammen Datierungen von 165.000 Jahren und bei der Fissio-Track Datierung liegen sie bei unter 250.000 Jahren. Älter als 300.000 Jahre liegen modifizierte ESR-Datierungen eines der Schädel vor. Der Tuff in der Umgebung wird nach der K40 -Methode (Argon)-Datierung auf 500.000 Jahre angesetzt. Die neueren Datierungen von 53.000 bis 27.000 Jahren werden weitgehend nicht akzeptiert, da sie von Tierzähnen gemacht wurden und auch vom Aussehen her schon stark mit den Schädeln differieren. Es handelt sich um fossile Funde aus unterschiedlichen Zeitperioden. Von den 13 Schädeln oder Schädelfragmenten werden neun Erwachsenen und einer einem Jugendlichen zugeordnet. F. Weidenreich verstarb jedoch bei der Auswertung und Präparation des Materials. Die Veröffentlichungen sind diesbezüglich unvollständig. Solo 5, 9, 10 und 11 sind männlich, Solo 1, 4, 6, 8 und das Ngawi-Material sind weiblich. Der jugendliche Solo 2 ist männlich.

Dali Der Dali-Schädel ist das früheste Material aus China in der Provinz Shaanxi gelegen und wurde in einem Kiesbett gefunden. Es handelt sich um ein männliches Individuum unter 30 Jahren. Er

Seite 101 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit wird als Verbindung zwischen den früher datierten chinesischen Funden von Zhoukoudian und dem Java-Funden von Ngandong gesehen, da er Merkmale des ostasiatischen Homo erectus und der modernen lebenden Asiaten beinhaltet.

Ein unwesentlicher früherer Fund aus China stellt der Jinniushan -Fund aus der Provinz Liaoning dar. Es handelt sich um den Schädel und viele Teile des Skelettes eines 20 Jahre alten Mannes. Er besteht aus vier Wirbelsäulen, einigen Rippen, einer Elle und Kniescheibe sowie 30 Hand- und Fußknochen und wurde in Verbund in einem Spalt gemacht. Er wird auf zwischen 187.000 und 195.000 Jahre datiert. Er beinhaltet Vermischungen zum modernen Menschen und wiederum einige Kennzeichen die nicht dem modernen Menschen entsprechen. Die Zuordnungsprobleme zum Homo sapiens sapiens sind genauso stark wie die in Afrika (Klasies River Mouth) und West Asien (Qafze) und des halb so alten Fundes von Jinniushan. Auch gilt dieses Exemplar als Verbindung zum früheren Zhoukoudian-Fund.

Anderes früheres Homo sapiens sapiens-Material aus China beinhaltet eine Kinnlade und einen Schädelhinterkopfknochen aus Chaohu , auch Yinshan bezeichnet und aus der Anhui -Provinz. Die Changyang Kinnlade von Hubei, das Aushubsmaterial eines Kindes und Zähne aus Dincun , Shanxi, Zähne aus Xindong , Beijing, die Schädeldecke aus Maba in der Guangdongprovinz und die Funde von 10 Individuen aus Xujiayao, Shanxi, 2, 3 Unterkiefer.

Die berechtigen Funde moderner Homo sapiens sapiens China beinhalten das Liujiang Material mit einer Datierung von 67.000 Jahren, den Schädel und die Gliedmaßen-Überreste aus Salawusu mit einer Datierung von 50.000 bis 37.000 Jahren, das Laishui Material mit einer Datierung von 60.000 Jahren, das Ziyang -Material mit 39.000 bis 36.000 Jahren, der Upper Cave 101 und 102 aus Zhoukoudian mit einer Datierung von 29.000 bis 24.000 Jahren, ein Hinterkopf aus Shiyu mit 28.000 Jahren.

In fand sich das Hamakita Material und das Yamashita-cho -Material aus Okinawa mit einer Datierung von 32.000 Jahren, dem Pinza-Abu Schädelfragment und schädelzugeordneten Teilen mit einer Datierung von 26.000 Jahren, und dem 1970 von dem Geschäftsmann Seiho Ōyama gefundenen Minatogawa -Material mit einer Datierung von 18.000 Jahren.

Südostasien Bisher gilt der den in den Philippinen gefundene „Tabon-Man “, entdeckt in den im Lipuun Point Naturpark auf der Insel , Nähe der Gemeinde Quezon zu den ältesten im asiatisch-pazifischen Raum gefundenen menschlichen Überresten von Homo sapiens. Er wurde von dem Anthropologen Robert B. Fox, vom National Museum der Philippinen am 28. Mai 1962 entdeckt. Sein Schädel sowie die Kieferknochen von drei Individuen haben ein Alter von 16.500 ± 2000 14 C Jahren und seine Morphologie weist eine pre-Mongoloide Herkunft nach. Dort fand man auch viele weitere Artefakte und Relikte, die bis zu 50.000 Jahre zurückreichen. Andere Nachweise aus anderen Höhlen zeigen eine Besiedlung der Philippinen aus dem höheren Pleistozän von 45.000 – 50.000 Jahren. Die ersten modernen Menschen besiedelten den Archipel wahrscheinlich schon vor 70.000 Jahren, während dies dem Homo erectus schon vor ca. 1.000.000 Jahren oder früher gelang.

Die ersten Siedler waren Menschen, die den Melanesiern in Papua-Neuguinea und den Aborigines in Australien ähnelten und über Borneo, der Malayischen Halbinsel sowie Australien über Landbrücken auf die Philippinen einwanderten. Die Aeta (oder auch „Agta“ oder „Ayta“, sowie „Pugut“ oder „Pugot“) sind unter dem Sammelbegriff für Angehörige einiger indigener ethnische Gruppen zusammen zu fassen, die auf

Seite 102 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit und anderen Orten der heutigen Philippinen leben. Sie sind auch bekannt als „philippinischen “ (spanisch; von negro „schwarz“) Es handelt sich um dunkelhäutige, kraushaarige und kleinwüchsige Ethnien mit dunkelbraunen Augen in Süd- und Südostasien. Sie sind ethnologisch unscharf auf den Philippinen definiert. Sie gelten als die ältesten nachweis- baren Siedler der Art Homo sapiens der Philippinen. Männer aus diesen Gruppen, die in Luzon leben, haben eine durchschnittliche Höhe von 151 cm und die Frauen von 142 cm . Sie zeigen eine ancestralähnliche Hominiden-Anatomie aufgrund der Evolution auf isolierten Inseln wie beim Homo florensiensis. Die Aeta (auf Luzon), Mamanwa (auf Leyte und in Surigao del Norte), Ati (auf Panay) und Manowo und andere negritischen Ureinwohner der Philippinen sind genetisch mit den Bewohnern der Andamanen verwandt. Von ihnen gibt es nur noch etwa 30.000. Sie leben in größeren Gemeinschaften auf verschiedenen Inseln, unter anderem auf Luzon, Panay und Negros.

Die Aeta zählen zu den Jägern und Sammlern, und leben meistens als Nomaden. Sie sind höchstwahrscheinlich vor 20.000 bis 30.000 Jahren aus Borneo gekommen, durch einen Engpass, der als „Isthmus“ gilt (engster Punkt einer Landbrücke; Überreste, die heute die Insel Palawan bilden). In prähistorischer Zeit bestand eine Verbindung des philippinischen Archipels mit Borneo über einer Landbrücke. Zu den Aeta zählen das Volk der „Ati“ und ca. 30 weitere offiziell anerkannte ethnische Gruppen auf den Philippinen. Die Ati sind eine - Volksgruppe in den , dem zentralen Teil des philippinischen Archipels. Ihre geringe Anzahl konzentriert sich hauptsächlich auf die Inseln Boracay, Panay und Negros. Beide, Aeta und Ati sind genetisch verwandt mit anderen ethnischen Gruppen von Negritos auf den Philippinen, wie der „Batak“ von Palawan und der „Mamanwa“ von Mindanao sowie die „Manowo“. Die zu dem Sammelbegriff zählenden ethnischen indigener und negriden Populationen auf den Philippinen sind unklar. Die nennen alle dunkelhäutigen Volksgruppen Negritos.

Agta , Alabat Island: Sie gehören zu den ethnologischen Gruppen und werden auch Negritos genannt und leben auf Luzon, einige auf der Alabat Insel.

Ati : Sie gehören ebenfalls zu den Negrito zählenden ethnischen Gruppen. Sie leben in West- und Zentral Visayas, sowie den Insel von Guimaras und Negros.

Aeta , Abellen: Sie werden auch Negritos genannt und kamen vor über 30.000 Jahren auf die Philippinen und sind somit die ersten Bewohner der Philippinen. Sie leben in West-Tarlac und Zambales und vermischen sich mit Ihren Ilocano-Nachbarn. Sie leben in den Bergen der Tarlac-Provinz.

Aeta (Ita), Mamanwa und Ati werden als die Nachfahren der ersten Einwohner des Archipels angesehen, die womöglich bereits vor der Zuwanderung austronesischer Menschen (Völker mit Sprachenvielfalt im asiatischen Raum, die die Philippinen besiedelten) auf den Philippinen heimisch waren. Sie gelten als die ältesten Siedler der Philippinen. Sie leben hauptsächlich in den isolierten Bergregionen der Insel Luzon. Die Aeta sind nachweißlich mit einer archaischen und ausgestorbenen Hominiden Art gekreuzt, den Denisova-Menschen. Sie sind auch mit den Vorfahren derer verwandt, die vor etwa 40.000 Jahren über Indonesien nach Neuguinea und Australien vordrangen und zu den heutigen Papua und den in Austalien lebenden Aborigines wurden.

Es folgten weitere Einwanderungswellen. Wann und von welchem Volk die Philippinen genau besiedelt wurden ist unbekannt. Diese stammten vorwiegend aus dem Malaysisch-Polynesischen

Seite 103 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Raum sowie aus China. Die weiteren Einwanderungswellen vermischten sich auch mit den Volksstämmen der ersten Einwanderungswelle, was eine eindeutige Zurodnung erschwert.

Vor ca. 5.000 – 6.000 B.C. wurden die Philippinen erneut von Seefahrenden Indonesiern besiedelt, von Ihnen wiederum vor 3.000 bis 4.000 Jahren sowie nochmals vor ca. 3.500 bis 1.500 Jahren. Nachfahren einiger ethnischer Gruppen (Apayaos, Gaddangs, Ibanags, Kalingas und die Igorots. Die Tagbanuas auf Palawan, Bagabos, Manobos, Mandayas, Bukidonons, Tirurays und Subanuns auf Mindanao) sollen indonesischer Abstammung sein. Zu ihnen zählen auch die Batanes (Ivatan), welche zu den indigenen Völkern Taiwans gerechnet werden.

Aus kamen ab 300 B.C. bis ins 14. und 15. Jahrhundert in drei verschiedenen Einwanderungsgruppen weitere Gruppen auf die Philippinen. Die Zweite davon sollen Nachfahren der Tagalogs, Ilokanos, Bikolanos und Pampanguenos sein. Die Dritte hat muslimischen Glauben.

Da die Zuordnung ethnischer Volksgruppen auf den Philippinen nicht eindeutig und auch widersprüchlich sind und äußerst komplex, können die folgenden Tabellen Zuordnungsfehler enthalten.

Je nach Ansicht der ethnischen Gruppen ergeben sich ebenfalls verschiedene Zuordnungen.

Zuordnung Ethnischer Gruppen auf den Philippinen:

Ethnische Gruppe: Volksstamm:

Igorot (Cordilleran, Igoo, Ifugau): Bontok , Kalinga, Apayao-Kankanai, Ifugao, Isneg- Tinguian, Ibaloy (Nebaloi), I-wak

Moro (Bangsamoro), Kapampangan (Pampangueños, Pampangos) , Tausug, Ilocano (Bicolano, Iloco, Samtoy): Maguindanao, Maranao, Samal, Yakan (Tanguina), Banguingui

Ilongot (Ibilao, ): Engongot, Kadayakan: Abaca, und Dagkan

Atta, Bagobo, Banwaon, B‘laan, , Dibabawon, Diyangan, Erumanen ne Menuvu', Higaonon, Kaulo, Kuwemanen, K'lagan, K‘lata, Lambangian, Mamanwa, Mamanuwa, Mandaya, Manguwangan, Agusanon Manobo, Dulangan Manobo, Dabaw Manobo, Ata Manobo, Manobo, Mansaka, Mandaya, Matigsalug Manobo, Manobo Bilit, Sangir, Subanen, Tagabawa, Tagakaoulo, Talaandig, , T‘boli, Teduray, Tinenanen, und Ubu‘, wie Paganos (Pagans)

Pangasinense Kapampangan, Sambal, Ibanag, Igorot : Alangan, Bangon, Tau-Buid, Buhid, Hanuno, Iraya, Ratagnon, Tadyawan,

Ibanag : Ybanag und Ybanak oder Ibanak

Sama: Bajaw, Sama-Badjau, Badjaw, (Bajo oder Bayao) und Samal oder Siyamal

Ivatan Taiwanesische Aborigines

Palawa (Ira-an) : Kagayanen, Tagbanuwa, Palawano, Taaw't Bato, Molbog und die Batak

Tumandok Suludnon: Panay-Bukidnon, oder Panayanon Sulud

© Robert Uhrmacher

Negrito-Gruppen: Agta, Ati, Ayta Palawanstämme: Batak, Palawano, Palaweño, , Tau't Bato Mangyan: Alangan, Bangon, Buhid, Hanunoo, Iraya, Ratagnon, Tadyawan, Tawbuid Chavacano: Caviteño, Cotabateño, Davaoeño, Ermiteño, Ternateño, Zamboangueño Cordillera Ethnologische Gruppen: Bontoc, Ibaloi, Ifugao, Ikalahan, Isneg, Itneg, Kalinga, Kankana-ey © Robert Uhrmacher

Seite 104 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Da die Gruppe der „Lumad“ sehr kompliziert ist, wird hier auf die ethnische Volksgruupe der Lumad gesondert eingegangen.

Die „Lumad“ ist eine Ethnolinguistische Gruppierung und ein Visayan-Begriff, der "einheimisch" oder "indigene" bedeutet. Dort bestehen die Lumad-Stämme aus etwa 13 ethnischen Gruppen: Die Blaan, Bukidnon, Higaonon, Mamanwa, Mandaya, Manobo, Mansaka, Sangir, Subanen, Tagabawa, Tagakaulo, Tasaday und T'boli. Zu den oben genannten gehören auch weitere große ethnische Gruppen wie der Ata-Manobo, Agusan-Manobo und Dulangan- Manobo, um nur einige zu nennen. Die Gesamtbevölkerung der Manobo-Gruppe ist unbekannt, da sie Kerngebiete in den Hauptprovinzen der Region Mindanao besetzen. Sie werden auch Nitibo genannt, was umgangssprachlich „indigenes-, natives“ Volk bedeutet.

Der Begriff Lumad schließt die „Butuanons“ und „Surigaonons“ aus , obwohl diese beiden Gruppen auch in Mindanao heimisch sind. Dies liegt an ihrer Visayan-Ethnizität und ihrer mangelnden Affinität zu den Lumad. Die „Moros“ wie die „Maranao“, „Tausug“, „Sama-Bajau“, „Yakan“, etc. sind ebenfalls ausgeschlossen , obwohl sie auch in Mindanao heimisch sind und obwohl einige Gruppen ethnisch mit den Lumad verbunden sind. Das liegt daran, dass die Moros im 14. bis 15. Jahrhundert im Gegensatz zu den Lumad zum Islam konvertierten. Das kann verwirrend sein, da das Wort Lumad wörtlich "nativen" in den Visayan-Sprachen bedeutet.

Indonesien : Bekannt sind in Südostasien auch die Funde des Niah Cave Material von 1958, genannt „Deep Scull“ aus Borneo mit einer Datierung zwischen 45.000 – 39.000 Jahren sowie dem 1888 in Indonesien von B. van Rietschote gefundenen Wadjak -Material 1 und 2.

Auf der indonesischen Insel Sumatra wurde bereits 1890 von Eugène Dubois in der Höhle „Lida Ajer“ ein Backenzahn gefunden, dessen Nachuntersuchungen 2017 veröffentlicht wurden.

Hinzugezogen wurde ein zweiter menschlicher Zahn aus der gleichen Höhle, wobei von beiden deren genaue taxonomische und zeitliche Einordnung unbestimmt waren. Sie wurden vom Team um Kira Westaway von der Macquarie Universität in Sydney genauer untersucht und eindeutig dem anatomisch modernen Menschen zugeordnet. Dabei wurden mehrere Datierungsmethoden sowohl über die Morphologie der Zähne als auch der Sedimentschichten der Höhle angewandt. Das Ergebnis zeigt ein Alter von 63.000 und 73.000 Jahren. Sollten die Datierungen stimmen, so wäre Homo sapiens wesentlich früher als bisher bekannt von Afrika nach Asien gezogen und in mehreren Auswanderungswellen, zum einen über Europa, zum anderen über den Nahen Osten nach Asien gelangt und zeigen somit eine wesentlich frühere Anwesenheit des modernen Menschen in Asien.

Australien Die Ureinwohner Australiens wurden über Jahre hinweg debattiert, wann eine Besiedelung Australiens stattfand und somit datierte man diese immer weiter zurück. Es ist nun absolut möglich, dass Australien bereits vor 65.000 bis 60.000 Jahren besiedelt wurde. Es gibt einen Beweis, dass die erste Besiedlung vor ca. 115.000 Jahren stattfand. Der Beweis für eine frühere Besiedlung kommt von einer vermuteten Verbindung eines jüngeren Skelettes aus Australien als dem aus Java. Dieses Argument ist entstanden aus einem einzigen fossilen Fund mit der Bezeichnung WLH 50 aus dieser Zeitperiode. Es gibt natürlich noch andere späte Steinzeit- und frühe Steinzeitfunde die diese Behauptung demonstrieren. M. Wulpoff nahm davon ebenso Kenntnis und versuchte Ähnlichkeiten seiner Rekonstruktionen zwischen Sangiran 17 und den Ureinwohnern, den Aborigines Australiens herzustellen.

Seite 105 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Durch Erbgut-Analysen von Aborigines und Papua trennten sich die Gruppe der Europäer und Asiaten vor etwa 58.00 Jahren. Vor ca. 37.000 Jahren trennten sich dann die Aborigines und der Papua voneinander.

Der früheste datierte Fund Australiens ist das Skelettmaterial aus Willandra Lakes aus New South Wales welches größer als 35.000 Jahre datiert wurde. Es beinhaltet drei weitgehend komplette Exemplare, welche sehr wichtig für den Fund WLH 50 sind. Der Oberflächenfund welcher sicher datiert ist mit drei Schädeln und wovon ein Knochen auf das Minimum datiert wurde auf die gleiche Zeit wie die anderen. Der Wissenschaftler Milford Wolpoff und Andere erwägen es als klare Verbindung zu früheren indonesischen Funden. Einer der erwähnenswerten Eigenschaften ist das große Schädelvolumen von 1540 ccm, welches größer ist als die aufgezeichneten maximalen Kapazitäten des modernen Ureinwohners Australiens.

Die anderen zwei Willandra Exemplare einschließlich WLH (Mungo) 1, ein fragmentiertes eingeäschertes weibliches, sowie WLH (Mungo) 3 ist älter und besteht aus einem nahezu komplett erhaltenen männlichen Exemplar. Beide sind schmaler und graziler als WLH 50, mit gutgerundeter Stirn, schmalen gewölbten Knochen, schwächeren Muskelansätzen und schwächeren oder mäßiger überwiegend kreisförmiger Entwicklung. Im Gesamten wirken sie im Zustand grazil, haben aber auch einige robuste und bis zu stark abgenutzte Vorderzähne. In eine viel später fallende Zeit sind die Exemplare wie Kow Swamp , auch als Swamp 1 und 5 benannt, und mit 14.000 bis 9.500 Jahren datiert, das Coobool Crossing Material 16, 49, 65, 76 und 86 mit einer Datierung von 14.000 Jahren und der Keilor Schädel und Oberschenkelknochen mit einer Datierung von 12.000 Jahren.

Amerika Ob Amerika über die zugefrorene Beringsee von unseren Vorfahren erobert wurde, darüber streiten noch die Experten. Bisher gilt die sogenannte Clovis-Kultur als die Besiedler Amerikas. Die Clovis-Kultur wurde nach seinem Fundort, einer Ortschaft in Bundesstaat New benannt. Diese haben Amerika über die Beringsee erschlossen. Jedoch gibt es neueste Funde im so genannten „Buttermilk Creek Complex“, Texas, die zeigen das Amerika um 15.500 vor unserer Zeit von einer anderen Kultur besiedelt wurde. Es liegen auch Funde aus Wisconsin, Pennsylvania und Florida vor, die nicht in die Clovis-Kultur passen. Somit wurde Amerika ca. 2500 Jahre früher besiedelt als angenommen.

Oder war es nicht nur eine Spezies, die Amerika eroberte? Es gibt den Fund eines Skeletts in Brasilien mit dem Namen „Luzia“, das ca. 13.500 Jahre alt sein soll. Jedoch passt die Morphologie insbesondere die der Schädelform nicht in die Gruppe der heute lebenden Indianer sondern eher in die der Australier. Experten halten aber auch eine Besiedelung Amerikas von Europäern vor ca. 15.000 bis 20.000 Jahren mit Schiffen für möglich.

Parallele Homotypen Die Evolution erzeugte durch gewisse Umwelteinflüsse verschiedene parallel existierende Menschenarten, die auch teilweise untereinander im Konkurrenzkampf standen. Hier zeigt sich die Tatsache, dass der Homo sapiens sapiens nicht alleine lebte sondern in Koexistenz mit dem Neandertaler , der letztendlich in Spanien seine letzten Rückzugsgebiete fand und vor ca. 27.000 Jahren ausstarb. Auch der Homo erectus starb erst vor ca. 50.000 Jahren auf der Insel Java aus. Außerdem ist inzwischen bekannt, das auf der indonesischen Insel Flores in der Höhle der Homo sapiens florensis (Auch „Hobbit oder Flo“ wegen seiner Kleinwüchsigkeit (Mikrosomie) genannt) bis vor ca. 12.000 Jahren gelebt haben sollte. Inzwischen wurde dies revidiert, da Teile der Sedimentschichten durch erodierten Höhlenboden falsch zugeordnet

Seite 106 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit wurden und er dort nach mehrjähriger Untersuchung der Ablagerungen per Thermolumineszenz Infrarot stimulierter Lumineszenz (IRSL) und Argon-Argon-Methode sowie drei Ellenknochen per Uran-Thorium-Methode nachweislich vor 60.000 bis 100.000 Jahren lebte. Dort gefundene Steinwerkzeuge des Hobbits hatten ein Alter zwischen 50.000 bis 190.000 Jahren. Ob er vom Homo erectus abstammte, oder ein durch Erbkrankheit bedingter Kleinwuchs, der sogenannten „Mikrozephalie“ des anatomisch modernen Menschen war, oder durch die Tatsache, dass er auf einer Insel lebte und sich der Zwergenwuchs wegen der ihm zur Verfügung stehenden Nahrungsmittel-Ressourcen entwickelte, steht zurzeit zur Diskussion. Diesbezüglich ist zwischen den Wissenschaftlern eine hitzige Debatte entbrannt mit verschiedenen Modellen und Untersuchungen. Es ist bisher nicht gelungen seine DNA zu isolieren. Nach Überlieferungen der Inselbewohner könnten einige der Hominiden sogar noch vor 300 - 150 Jahren gelebt haben. Unter den Inselbewohnern gibt es eine Legende über ein kleinwüchsiges Wesen „Ebu gogo“ genannt was so viel wie „gierige Ahnen“ heißt.

Der Denisova-Fund Im Jahre 2000 legten russische Wissenschaftler in der Denisova-Höhle, im südlichen Sibirien, im Altaigebirge, in Russland bei der Stadt Chernyi Aui gelegen, einen Backenzahn frei, der weder dem Neandertaler noch dem anatomisch modernen Mensch zugeordnet werden konnte. Bereits 2008 wurde ein Fingerglied eines Kindes entdeckt und 2011 ein äußerer Zehengliedknochen vom linken Fuß.

Zwar wurde die Höhle ab den 1970er Jahren intensiv erforscht, jedoch erst durch den keiner bekannten Hominidenart zuzuordnenden Backenzahn erkannte man die Brisanz des Fundmaterials aus der Höhle. Diese wurde wahrscheinlich schon vor 280.000 Jahren vom Menschen bewohnt. Die geborgenen Denisova-Überreste lagen in einer Bodenschicht die auf ein Alter zwischen 50.000 bis 30.000 Jahre datiert wird, jedoch nach Untersuchungen vom Max- Planck Institut mit komplizierteren Berechnungen über die DNA-Sequenz auf 80.000 Jahre Der Fund wurde nach seiner Höhle als Denisova-Mensch benannt hat aber auch noch die Bezeichnungen wie “X-Woman“ oder „Digit“.

Im Leipziger Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie gelang es eine detaillierte Erbgut-Analyse aus den Knochensplittern zu selektieren. Dabei ist die DNA vom Denisova- Menschen so gut erhalten wie beim modernen Homo Sapiens. Die Untersuchungen der mtDNA (mitochondrial DNA) diese archaische Menschenform belegt im Vergleich zu uns eine sehr geringe genetische Vielfalt und ihre Population muss gering gewesen sein. Durch die Erbgutanalyse konnte bewiesen werden, dass der Denisova-Mensch sich vor ca. 800.000 Jahren als eigenständige Art absplitterte und sich mit dem modernen Menschen vor ca. 80.000 Jahren vermischte. Seine Gene sind heute in der Han Population im Süden Chinas und mit der Dai Population im Norden Chinas sowie der in der pazifischen Inselgruppe vor Australien wie Papua Neuguinea (Melanesien) bis zu den Fidschi-Inseln gelegenen Bereich, den Australischen Aborigines, den Philippinen und anderen Südostasiatischen Inselbewohnern wie Indonesiern, Hochland-Tibetern und auch schwach in amerikanischen Indianern nachweisbar durch Vermischung. Die archaischen Menschen Ostasiens weisen dabei aber deutlich andere Merkmale auf als die modernen Menschen aus Melanesien. Die der Han Population und Japaner sind somit den Denisova-Menschen ähnlicher. Somit lassen sich zwei unterschiedliche Einkreuzungen nachweisen. Die Menschen Ostasiens müssen sich mit einer nördlichen Gruppe und die der Ozeanier mit einer südlichen Denisova-Gruppe gemischt haben. Es haben sich also zwei verschiedene Untergruppen der Denisova-Menschen mit den Menschen Ostasiens und Papua Neuguinea gemischt.

Seite 107 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Dabei tragen diese 5 bis 6 Prozent des Denisova-Genpools in sich. Es lassen sich 100.000 Veränderungen im Genom des Menschen nachweisen.

Auf den Philippinen tragen die Volksgruppen Mamanwa und Manowo mehr Anteile des Denisova-Genpools in sich.

Der Denisova-Genpool hat Einfluss auf das Nervensystem, die Gehirnfunktion, Haut, Augen und Zähne. Auch stellt sich die Frage, wie die Nachfahren des Desinova-Menschen, die australischen Ureinwohner, die Wallace Linie, eine geographische Grenze nach Australien, überwinden konnte.

Ein weiteres Rätsel findet sich im Sibirischen Denisova Genpool. Hier lässt sich ein Marker feststellen, der eine bisher unbekannte archaische Menschenform nachweist, welche gleichzeitig parallel zum Neandertaler und Denisova-Menschen lebte. Somit wird klar, dass gleichzeitig drei archaische Menschenformen parallel lebten.

Somit beweist der Denisova-Mensch, der nach dem Homo erectus Afrika verließ, dass sich der moderne Mensch neben dem Neandertaler mit archaischen Formen und Parallelentwicklungen vermischte. Während der Neandertaler sich in Europa und Westasien kreuzte, tat dies der Denisova-Mensch in Ostasien. Beide lebten zeitgleich. Durch die neuen DNA-Sequenzen konnte auch nachgewiesen werden, dass die Neandertaler in Menschen aus Ostasien und Südamerika mehr Genome enthalten als die Europäer.

Die Denisova-Höhle, in ca. 27 Metern über einem Fluss gelegen, bietet viele Geheimnisse. Sie liegt im Grenzgebiet der Neandertaler im Westen und den Denisova-Menschen im Osten. Vor ca. 140.000 Jahren spalteten sich die Neandertaler in zwei Gruppen. Die östliche Gruppe lebte vor ca. 125.000 Jahren im Altai-Gebirge, während vor ca. 100.000 Jahren die europäischen Neandertaler-Line durch größere Wanderbewegungen bis ins Altai-Gebirge kam. Dabei wird die Population der Denisova-Menschen auf ca. 5.000 Individuen im Osten Eurasiens und die Population der Neandertaler-Menschen im Westen, also vor allem in Europa auf 2000 Individuen geschätzt.

Als ein Knochenfragment 2012 dort von russischen Archäologen gefunden wurde, das als „Denisova 22“ gekennzeichnet wurde, stellte sich später durch eine DNA-Analyse heraus, dass es sich um einen sogenannten „F1-Hybriden“ handelt, der von einer jungen Frau im Alter von zwischen ca. 13 bis 16 Jahren stammt. Bei der jungen Frau handelt es sich um einen Hybriden zwischen einer Neandertaler-Frau und eines Mannes des einen Denisova-Menschen. Die beiden haben sich nach Schätzungen der Wissenschaftler vor ca. 90.000 Jahren gekreuzt.

Die DNA-Analyse wurde vom Team um Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (EVA) in Leipzig durchgeführt.

Bei einem untersuchten Knochenfragment (Denisova 11) aus der Denisova-Höhle konnte eine Kreuzung mit dem Neandertaler nachgewiesen werden. Es handelt sich dabei um ein 13-jähriges Mädchen, wobei die Mutter Neanderthaler und der Vater ein Denisovaner war.

Es stehen Überlegungen an, ob der Denisova-Mensch mit heute noch in der Region berichteten Sichtungen von aufrechtgehenden Individuen in Zusammenhang gebracht werden können, die Bezeichnungen tragen wie „Almas“, „Chuchuna“, „Migyhur“, „Mulen“, oder dem auf Sumatra mit dem Namen Orang Pendek“ und somit mit dem Yeti gleichgestellt werden. Diese Berichte

Seite 108 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit sind rein spekulativ. Es gibt keinerlei Beweise außer immer wieder auftauchende Berichte ohne Nachweis.

Es gibt aber eine wissenschaftliche Studie, in der 30 Haarproben mittels mitochondrialen 12S- RNA-Sequenzierungen, die dem „Yeti“ zugeordnet werden, untersucht wurden. Dabei fielen zwei Himalaya-Proben, eine aus Ladakh, Indien, und die andere aus Bhutan, aus der Reihe. Alle anderen Proben stammten vom Hirsch, Kuh, Pferd, Braun-, Eis- oder Schwarzbären, Waschbär oder Wolf. Die beiden Proben mit der Bezeichnung Nr. 25025 und 25191 wurden als Ursus maritimus, (Eisbär) oder Ursus arctos / Ursus maritimus Hypbriden identifiziert. Wobei hier die mitochondriale SequenzHomologie eher mit modernen als mit alten Eisbären verbunden ist. Sie hatten trotzdem ihre engste genetische Affinität zu einem paläolitischen Eisbären und könnten durchaus zur biologischen Grundlage der Yeti-Legende beitragen.

Neben den Funden aus der Denisova-Höhle wurde ein weiterer Fund bekannt, der dem Denisova zugerechnet wird.

Bereits 1980 fand ein Mönch in einer Höhle, die am östlichen Rand des tibetischen Plateaus liegt die rechte Seite eines Unterkiefers. Die Höhle, genannt „Baishiya Karsthöhle“, liegt im chinesischen „Xiahe County“ und liegt 3.280 m über dem Meeresspiegel.

Der Fund wurde von ihm an die Universität Lanzhou übergeben und lag dort bis 2010 unentdeckt eingelagert und wurde dann erst von einem Team unter der Leitung von Fahu Chen und Dongju Zhang untersucht. Er wird auf ein Alter von etwa 160.000 Jahren geschätzt. Seine zwei Molaren sind größer als die von Neandertalern und gehörten einem jugendlichen Individuum. Bei einem der Zähne des Unterkiefers handelt es sich um einen dreiwurzelden unteren Molaren, eine seltene Eigenschaft, die vor allem bei modernen Asiaten zu finden ist. Die einige moderne asiatische Gruppen die Eigenschaft durch Vermischung mit einer Schwestergruppe von Neandertalern, dem Densiova, erlangt haben. In Asien gibt es einen fließenden Übergang zwischen archaischen und modernen Menschen wegen einiger gemeinsamer Eigenschaften. Der dreiwurzelnde untere Molar ist jedoch einzigartig bei asiatischen Gruppen. Seine Anwesenheit in einem 160.000 Jahre alten archaischen Menschen in Asien deutet stark darauf hin, dass die Eigenschaft durch die Vermischung mit archaischen Menschen in Asien auf Homo sapiens in der Region übertragen wurde. Mit Sicherheit lebte dabei der Denisova-Mensch schon viel länger in großen Höhen. Später, als der Homo sapiens vor ca. 40.000 Jahren nach Osten auswanderte, muss der Denisova-Mensch durch Kreuzung mit modernen Tibetern Gene weitergegeben haben, die den Tibetern und somit „Sherpas“ es ermöglichen, bequem in großer Höhe zu leben.

Zwar konnte bisher keine DNA extrahiert werden, jedoch aus den Zähnen Fragmente bestimmte Proteine, da sich diese besser erhalten als Aminosäure-Sequenzen. Diese konnten zu weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen verwendet werden.

Bei neueren Untersuchungen von alter und moderner DNA zwischen Indonesiern und Menschen aus Papa-Neuguinea wurden nicht nur die Genome vom Denisova-Menschen nachgewiesen sondern auch die zweier unterschiedlicher Denisova-Gruppen. Dabei stellte sich bei der Analyse der DNA von Menschen aus Indonesien und Papua-Neuguinea heraus, dass sich diese zwischen 50.000 und bis vor 15.000 Jahren noch zwei Mal gekreuzt haben könnten, da sich die Genome unterscheiden. Alle Homo sapiens, die aus Afrika auswanderten haben Neandertaler-Gene in sich, während einige Asiaten auch nachweislich mit dem Denisova-Menschen gekreuzt sind. Dabei haben sich Asiaten wohl zwei Mal mit ihm gekreuzt. Die Papua-Neuguineaner tragen bis zu 5 Prozent Denisova-DNA in sich. Die in Neu-Guinea und Australien von 3,8 - 4,8 Prozent.

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Alle anderen ozeanischen Populationen mit Denisova Vorfahren haben einen Anteil von 0.9 % bis 3 Prozent Denisova-DNA in sich.

Schätzungen über den Genanteil der Denisovan-Abstammung die der Osteurasier und nativer amerikanischer Bevölkerung (Indianern) gehen von einem Anteil von 0.13–0.17 Prozent aus.

Die Mamanwa aus den Philippinen stammen mit den Australiern und Neuguineanern sowie der Bevölkerung im Osten Indonesiens aus einer gemeinsamen Linie mit Beimischung von Denisova ab. Sie besitzen dabei mehr Denisova-Allele (Varianten eines Gens) als die von Neandertalern und haben somit mehr von den Denisova geerbt als die westeurasische und sibirische Bevölkerung (und in geringen Nachweisen von amerikanischen Indianern). Es muss wohl eine Rückwanderung von Neu-Guinea nach Ostasien gegeben haben oder bestimmte Populationen hatten Kontakt mit ihnen.

Zwei weitere Funde aus Taiwan und aus Nordchina ähneln dem Xiahe Fund und könnten ebenfalls vom Denisova-Menschen stammen. Auch hier konnte bisher keine DNA extrahiert werden. Somit existierten Jahrtausende verschiedene Menschenarten gleichzeitig, wenn auch nicht alle in einem gleichen Verbreitungsgebiet und mit unterschiedlichen Wurzeln auf den Stammbaum der Menschheit gesehen.

Homo luzonensis Im Jahr 2007 suchte der Paläoarchäologe Armand Salvador Mijares von der philippinischen Universität Diliman mit seinem Team die Callao-Höhle nach fossilen Überresten ab. Er fand einen mindestens 67.000 Jahre alten Fußknochen, der die Wissenschaft vor große Rätsel stellt.

Die „Callao Höhle“ ist eine Kalksteinhöhle auf den Philippinen, und gehört zur Provinz Cagayan und der Gemeinde Peñablanca (spanisch für „weiße Felsen“). Sie befindet sich in den Barangays von Magdalo und Quibal in Peñablanca, etwa 24 km nordöstlich der Stadt Tuguegarao, Hauptstadt der Provinz Cagayan. Die Höhle liegt in einem großen Nationalpark, welcher als erster Nationalpark vom amerikanischen Gouverneur Theodore Roosevelt Jr. im Jahr 1932 auf den Philippinen erschaffen wurde. Bei weiteren Ausgrabungen in den Jahren 2007, 2011 und 2015 wurden ein Dutzend weiterer Fossilien geborgen. Insgesamt 7 Zähne, wovon 5 ein und demselben Individuum zugeordnet werden konnten, 2 Fingern und 2 Zehenknochen sowie 1 Oberschenkelknochen, die drei Individuen zugeordnet werden konnten. Die 14 C -Analyse ergab ein Alter von 50.000 Jahren sowie für den 1. Fund von 67.000 Jahren.

Lange stritten die Wissenschaftler, ob „Homo luzonensis“ einer neuen Homo-Art zuzurechnen ist. Dabei wurden 78 weitere wissenschaftliche Publikationen einbezogen. Erst im April 2019 veröffentliche das Wissenschaftsmagazin „Sciencenews“ die Erkenntnisse der Studie des Co- Autors und des Teams des Paläoanthropologen Florent Détroit vom französischen Nationalmuseum für Naturgeschichte in Pari s. Daran waren neben Ihm auch Armand Salvador Mijares, Julien Corny, Guillaume Daver, Clément Zanolli, Eusebio Dizon, Emil Robles, Rainer Grün sowie Philip J. Piper beteiligt.

„Homo luzonensis“ wurde als eigene Arte anerkannt. Die Herkunft ist bislang unbekannt. Die Daten wurden in die Zoo-Datenbank eingetragen und stehen Wissenschaftlern weltweit zur Verfügung. Da sein Mindestalter auf den 14 C-Analsysen bei 50.000 und 67.000 Jahren datiert,

Seite 110 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit deutet es darauf hin, dass diese Art in dieselbe Lebensspanne fiel wie mehrere andere Hominide der Gattung „Homo“, einschließlich „Homo sapiens“, „Neandertalern“, „Denisovans“ und „Homo florensiensis“ („Hobbit“) und anderen unbekannten Hominiden-Arten. Vieles deutet darauf hin, dass die Art möglicherweise gleichzeitig mit Homo sapiens, Homo florensiensis und einer geheimnisvollen Gruppe namens Denisova in Südostasien unterwegs war, deren DNA bei heutigen Menschen in Südostasien übereinstimmt. Mehrere Homo-Linien hatten bereits Ostasien und südostasiatische Inseln besetzt als der Homo sapiens das heutige Südchina erreichte .

Es gibt Hinweise, dass Hominiden vor rund 700.000 Jahren Luzon zu Fuß erreichten. Homo luzonensis ähnelt keiner anderen Homo-Art ähnlich und zeigt wie der afrikanische Homo naledi eine Mischung moderner und primitiver Merkmale. Es ist ein Mosaik aus anderen frühen Homo- Arten wie Homo habilis, sowie die „Australopithen“ (Hominide die nicht der Gattung Homo zugerechnet werden), zu denen Paranthropus und Australopithecus gehören. Sie weisen kleinere Gehirne und einer primitiveren Anatomie auf, ähnlich denen des modernen Menschen wie etwa Australopithecus afarensis.

Homo luzonensis war größer als Homo florensiensis. Das Mosaik der Fossilienmerkmale ist möglicherweise ein Produkt der Kreuzung zweier oder mehrerer früherer Homo-Arten, die Hybriden geschaffen haben. Eine Entwicklung ging möglicherwiese aus beiden Arten hervor. Denkbar wäre ebenfalls die Bildung einer Population von Homo erectus, die seit hunderttausenden von Jahren auf einer isolierten Insel wie Luzon überlebt hatten und einige Skelettmerkmale erwarben, die den Landsleuten auf dem Festland fehlten. Gekrümmte Fingerknochen ähneln den Finger- und Zehenknochen von Australopithen und Arten des frühen Homo. Dies deutet darauf hin, dass Klettern ein Bestandteil des Verhaltensrepertoires dieser Art war, wie auch bei Arten der frühen Hominiden, er wahrscheinlich auf Bäume kletterte und dort auch schlief.

Die neu entdeckten Molaren sind im Vergleich zu anderen alten menschlichen Verwandten extrem klein. Erhöhte Höcker an den Molaren, wie bei Homo sapiens, sind nicht so ausgeprägt wie bei früheren Hominiden. Die Form des inneren molaren Schmelzes ähnelt der in Asien gefundenen Homo sapiens- und Homo erectus-Proben. Die in der Callao-Höhle entdeckten Prämolaren sind klein, liegen aber immer noch im Bereich von Homo. sapiens und Homo floresiensis. Die Gesamtgröße der Zähne sowie das Verhältnis zwischen Molaren- und prämolarer Größe unterscheiden sich jedoch von denen der anderen Mitglieder der Gattung Homo.

Seine Körpergröße lag im Bereich kleinerer Homo sapiens, wie beim Homo florensiensis. Es könnte in Erwägung gezogen werden, dass Homo floresiensis und Homo luzonensis Nachkommen von Homo erectus Populationen sind, die sich auf ihren jeweiligen Inseln über Hunderttausende von Jahren getrennt entwickelt haben. Détroit spricht sich für die Ansicht aus, dass die neue Art von einer Homo erectus-Gruppe abstammt, deren Körper sich allmählich in andere Formen entwickelten als die Vorfahren .

Die Entdeckung von Homo floresiensis warf die Frage auf, ob sie sich aus einer Spezies des frühen Homo entwickelt hat. Beweise für deren Existenz außerhalb Afrikas wären noch zu dokumentieren. Die Beantwortung dieser Frage beschäftigt weiterhin die Wissenschaft. Die Entdeckung von Homo luzonensis macht es notwendig, eine andere Hominiden-Art zu erklären: die von Homo floresiensis. Dieser lebte in einem Teil des Spätpleistozäns (zwischen 126.000 bis vor 11.700 Jahren).

Seite 111 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Die Anwesenheit des Homo luzonensis und somit einer anderen und bisher unbekannten Hominiden-Art östlich der Wallace-Linie während der Epoche des Spätpleistozäns unterstreicht die Bedeutung der Inseln Südostasiens für die Evolution der Gattung Homo . Er hatte Homoähnliche Zähne, aber australopithenähnliche Hände und Füße. Er lebte auf einer Insel, die von einer Linie abstammen, die vor Homo erectus von Afrika ausgewandert war. Die meisten ausgestorbenen Hominiden-Arten sind nicht unsere direkten Vorfahren, sondern nahe Verwandte mit Evolutionsgeschichten, die einen anderen Weg eingeschlagen haben als unsere Art. Die konventionelle Sichtweise ist, dass diese unerschrockenen Hominiden vor 2,58 bis 0,78 Millionen Jahren nach Eurasien und Asien auswanderten, während anderen Hominiden-Arten in Afrika, verblieben und ausstarben. Die ältesten Hominiden-Fossilien in Eurasien sind ca. 1,8 Millionen Jahre alt.

Versuche, DNA aus Homo luzonensis-Proben zu extrahieren, sind bisher ebenso gescheitert, wie auch beim Homo floresiensis und dem afrikanischen Homo naledi .

Homo naledi Im August 2013 bat Professor Lee Berger, Paläoanthropologe und Archäologe von der Universität Witwatersrand in Johannesburg seinen Kollegen Pedro Boshoff, Spezialist für Höhlenforschungen, Höhlen in der Wiege der Menschheit nach fossilen Ablagerungen von Hominiden zu untersuchen. Dieser erweiterte sein Team um Rick Hunter und Steven Tucker. Aber auch andere Höhlenforscher wurden gebeten, nach fossilen Ablagerungen in Höhlen zu suchen. Mit einer Karte aus dem Jahr 1985 begannen Steven Tucker und Rick Hunter in den 25 Meilen außerhalb von Johannesburg und in der südafrikanischen Provinz Gauteng gelegenen „Rising- Star-Höhle“ mit der Suche nach fossilen Überresten. Dabei spielte ein glücklicher Umstand eine Rolle. Für ein Foto wollte sich einer der beiden in eine bessere Position stellen und trat auf einen 18 cm breiten Schlitz in der sogenannten „Drachenkammer“. Über diesen gelangten sie über eine natürliche Rutsche in eine Kammer mit unzähligen Fossilien, der sie den Namen „Dinaledi“ gaben. Sie fotografierten diese und zeigten sie Lee Berger. Dieser beschloss mit Unterstützung von National Geographic und der richtigen Genehmigung ein Team zur Bergung zusammenzustellen, welches über die erforderlichen wissenschaftlichen und höhlenbewussten Hintergründe verfügte. Da dafür nur eine Handvoll Menschen weltweit so kurzfristig zur Verfügung standen, wählte er ein Team von sechs Frauen mit umfangreichen archäologischen und höhlenerfahrenen Kenntnissen aus. Ins Team gewählt wurden: Marina Elliot, Lindsay Hunter, Elen Feuerriegel, Alia Gurtov, Hannah Morris und Becca Peixotto aus, da sie schlank und klein von Statur und für die Höhlenexpedition körperlich besonders geeignet waren. Sie begannen im November 2013 mit der Erschließung der Kammer. Um in die Kammer von Dinaledi zu gelangen, benötigten sie 45 Minuten. Die Kammer lag sehr tief im Höhlensystem, außerhalb jeglichen Tageslichts. Die Kammer war übersät mit Stalaktiten. Dort fanden sie Fossilien auf dem Boden der Höhle und markierten sie in einer ersten Zählung. 300 Fragmente wurden aufgelistet. Für die Bergung wurde die Kammer ausgeleuchtet und mit Videokameras ausgestattet, um von den außerhalb der Höhle anwesenden Wissenschaftlern Anweisungen zur Bergung der Fossilien und Sediments zu erhalten. Diese wurden durch Aufzeichnung und Kartieren dokumentiert. Die Bergung der Fragmente musste sehr vorsichtig durchgeführt werden, da diese sehr fragil waren. Jedes Fragment wurde vermessen und katalogisiert und zum

Seite 112 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Teil in Tupperware-Boxen geborgen. In der Höhle fanden sich ausschließlich hominide Knochen und keine tierischen. Insgesamt bargen sie in der Rettungsoperation 1.350 Fossilien und Fosslilienfragmente, die an der Universität von Witwatersrand gelagert wurden. Da aber auch klar war, dass in der 3- wöchigen Bergungsaktion tausende von Knochen am Standort verblieben waren, die erst zeitaufwendig vorbereitet und analysiert werden mussten, dehnte sich das Forschungsprojekt zur Bergung des verbliebenen Materials zeitlich aus. Schnell war klar, dass es sich um eine neue Hominiden-Art handelt, der sie den Namen „Homo naledi“ gaben (was aus der lokalen Sotho-Tswana-Sprache so viel wie „Stern“ bedeutet). Parallel zur weiteren Bergung und Erkundung der „Rising-Star-Höhle“ und der offiziellen Veröffentlichung entschlossen sich Berger und Hawks zu einem Projekt in Form eines Workshops mit auserwählten paläoanthropologischen Wissenschaftlern, um deren Fähigkeiten miteinander in offen Teams auszutauschen. Im Mai 2014 kamen mehr als 40 Wissenschaftler nach Johannesburg und arbeiteten in fünf Wochen die fossilen Materialien der Höhle in über 10.000 Arbeitsstunden durch. Es ist ungewöhnlich, dass so viele Fossilfunde an einem Ort gefunden werden. Die Wissenschaftler analysierten die verschiedenen Skelettelement und Verschleißmuster der Knochen, während parallel die weiteren Ausgrabungen live erfolgten. Es wurden 3D Scans sowie Kopien und physische Abgüsse der Fossilien gefertigt und an der Duke University in der Datenbank „MorphoSource“ eingepflegt. Diese steht Wissenschaftlern in aller Welt zum kostenlosen Herunterladen und Drucken zur Verfügung. In einer weiteren Kammer, der man den Namen „Lesedi“ gab, wurden drei weitere Homo-naledi- Individuen und in der Hill-Vorkammer, einem Teil von Dinaledi, ebenfalls drei Homo-nadeli, geborgen. Die Ergebnisse wurden am 10. September 2015 in der Fachzeitschrift „eLife“ veröffentlicht. „Homo naledi“ zeigt eine Mischung aus affenartigen und menschenähnlichen Merkmalen, was es den Wissenschaftlern erschwerte, diesen im Hominiden-Stammbaum einzuordnen. Eine Reihe von Eigenschaften wurde dem Homo sapiens zugeordnet. Es handelt sich um ein Mosaik im Hominiden-Stammbaum. Insgesamt wurden mehr als 2.000 fossile Fragmente aus 21 Individuen von männlichen und weiblichen Erwachsenen sowie Kleinkindern aus drei verschiedenen Bereichen des Höhlensystems von Rising Star erfasst, die „Homo naledi“ basierend auf verschiedene Datierungsmethoden auf ein Alter zwischen 236.000 und 335.000 Jahren schätzen. Da „Homo naledi“ in Kammern gefunden wurde, liegt hier die Ansicht nahe, dass es sich um Bestattungen handelte. Es wurden keine Steinartefakte in der näheren Umgebung gefunden, die ihm zugeordnet werden können. Seine Art war wahrscheinlich nur in der Region endemisch. „Homo naledi“ hat möglicherweise zur gleichen Zeit wie die archaischen und ersten modernen Menschen gelebt. Er ist in die Zeit des späten mittleren Pleistozäns einzuordnen und steht im Widerspruch zu den bisherigen Gedanken der menschlichen Evolution. Sein Zweig könnte viel früher im Pleistozän entstanden sein. Viele Menschen neigen dazu, die menschliche Evolution als einen sehr linearen Weg zu betrachten und der Fund ändert unser Verständnis der pleistozänischen menschlichen Evolution in Afrika. Dabei war die menschliche Evolution keineswegs eine gerade Entwicklung sondern ein komplizierter Baum mit vielen Ästen in viele Richtungen. Inzwischen ist klar, dass durch den größten Teil unserer Evolutionsgeschichte in Afrika mehrere Spezies von Hominiden zogen und somit eine Vielfalt von Hominiden vorhanden war. Einige Hominiden-Linien starben aus, ohne Nachkommen zu hinterlassen. Bei

Seite 113 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit anderen Arten wurden Gehirn und die Arme größer oder Arme kürzer und Finger weniger gekrümmt oder die Zähne entwickelten sich kleiner. Die großen tropischen Wälder Afrikas stellten eine biogeographische Barriere für Arten dar, die an Savannen und Savannenwälder angepasst waren. Während des Pleistozäns dehnten sich die tropischen Wälder entlang des Äquators wiederholt nach Osten aus. In dieser Zeit brach das äquatoriale Ostafrika in ein Puzzle aus kleinen Savennenresten zusammen, während sich ein großes zusammenhängendes Gebiet von Savanne und Savannenwaldpuzzeln südlich des Äquatorialwaldes erstreckte. Das Gebiet südlich der Äquatorialwälder war für Hominiden wesentlich größer als im Norden oder Osten. Das subäquatoriale Gebiet, welches für Hominiden geeignet war, war sehr unterschiedlich, jedoch 5 bis 15-fach größer als entsprechende Lebensräume in Ostafrika nördlich des Äquators. Genetische Beweise zeigen, dass es im subäquatorialen Afrika einst ebenso viele Populationen archaischer Menschen gab und somit morphologische Vielfalt. Es versetzte die Paläoanthropologen in Aufruhr, dass „Homo naledi“ Anzeichen von primitiven morphologischen Merkmalen zeigt, was ihn als wahrscheinlich sehr alt darstellt. Seine Datierung allerding zeigt ihn als sehr jung in der Evolution. Er zeigt ein seltsames Mosaik aus primitiven, uralten und abgeleiteten (kleine Gehirngröße), eher menschenähnlichen Merkmahlen, (menschenähnliche Hände und Gliedmaßen), somit eine ungewöhnliche Mischung aus alten und modernen Eigenschaften, die sich in der Handgelenk- sowie Extremitäten-Morphologie widerspiegelt. Als Schlussfolgerung besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass vorherige Überreste von Hominiden falsch klassifiziert wurden und wir möglicherweise unsere Vorstellung über die Entwicklung der Hominiden überdenken müssen, da sich verschiedene Hominide- Populationen und -arten entwickelten, die zu verschiedenen Zeiten in diesen Gegenden lebten. Somit wäre die Klassifizierung des ungefähren Alters von Hominiden-Fossilien (-fragmenten) anhand Ihrer Morphologie zum Teil ungeeignet und fehlerhaft, da sie somit falsch ist. Es könnten viele Teile ihrer Anatomie individuell mit Hominiden-Material des Pleistozän-Zeitalters verwechselt worden sein. Teile des „Homo naledi“- Schädelgewölbes, des Gebisses, der Schulter, der manuellen Phalanges, des Beckens und des proximalen Femurs wären leicht zu Australopithecus falsch zugeordnet worden, seine Hand und Fingerspitzenmorphologie jedoch einigen abgeleiteten Merkmalen des Neandertalers und des modernen Menschen, die „Homo habilis“, „Homo floresiensis“ und „Australopithecus sediba“ fehlen. „Homo naledi“ zeigt Merkmale von „Homo habilis“, „Homo rudolfensis“, „Homo floresiensis“ und „Australopithecus sediba“. Da er aber jünger ist, könnte er eine Schwesternlinie von „Homo erectus“ und dem Nachfolger „Homo sapiens“ sein. Sollte er jünger sein, wäre er eine Schwesternlinie von „Homo sapiens“. Als letzte Möglichkeit wäre er das Ergebnis einer Hybridisierung verschiedener Populationen aus dem früheren Pleistozän zwischen zwei oder mehreren Abstammungslinien, wie mit „Homo sapiens“ und einer Australopithecinen Art. Seine Merkmale hängen nicht von seinem geologisches Alter sondern seiner phylogenetischen Position und den morphologischen Mustern anderer Hominiden ab. Der Fund von „Homo naledi“ liegt später als die hypothetische genetische Divergenz der Bevölkerung von Neandertaler und moderner Menschen vor mehr als 500.000 Jahren. Von „Homo naledi“ konnte bisher, wie auch beim „Homo floresiensis“, keine ursprüngliche DNA gewonnen werden. Sämtliche Versuche, aDNA zu extrahieren, sind von den führenden drei separaten auf alte DNA spezialisierten Labors erfolglos geblieben. DNA hängt von Temperatur, UV-Strahlung und pH-Wert sowie der Art des Knochens, des Zahns oder Gewebes ab, wie auch von der Wassermenge, dem Salzgehalt und den Mikroben, in das es eingelagert ist. Im Ablagerungskontext spielt dann auch der vorhandene Sauerstoff eine Rolle. Darüber hinaus

Seite 114 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit entspricht die morphologische Konservierung von Knochen nicht immer der biomolekularen Konservierung. Die Extrahierung von DNA ist sehr kosten- und zeitintensiv.

Die Jagd Wie immer, so spielten gravierende Klimaveränderungen, hervorgerufen durch tektonische Verwerfungen, Erdpolverschiebungen und äußere Katastrophen eine sehr wichtige Rolle in der Entwicklung der Menschheit. Innerhalb kurzer Zeitperioden änderte sich seine Umgebung und somit das Nahrungsangebot. Ursprünglich als Pflanzenesser und somit als Sammler musste er seine Nahrung umstellen. Schließlich ging es um sein Überleben. So war er gezwungen, Nahrung zu sich zu nehmen, die ihm zur Verfügung stand. Er stellte also seine Nahrung auf tierische Ressourcen um. Dabei zog er erst die von Raubtieren zurückgebliebenen Reste ein. Die Beobachtungen von Aasfressern waren dabei nützlich für ihn, schließlich folgten Hyänen, Wölfen und Krähenvögel den Raubtieren und wussten wo auf leichte Art und Weise Aas zu finden war. Manchmal dürfte auch das Folgen der Raubtiere in ihren Jagdrevieren von Vorteil gewesen sein oder die Tatsache, dass sich Raubtiere um die Beute stritten. Von hier aus war es nicht weit bis zur Jagd. Erst mit Stöcken und Steinen einzeln oder im Verbund begann er, den Tieren nachzustellen. Somit wandelte er sich zum Sammler und Jäger . Mit den im Fleisch enthaltenen Proteinen erhielt sein Gehirn die wichtigen Bestandteile, die es in der Schädelkapazität wachsen ließen. Durch das zunehmende Gehirnvolumen stieg die Leistungsfähigkeit. Dies war ein sehr wichtiger Schritt zur Menschheitsfindung und Entwicklung des Menschen. Dementsprechend entwickelten sich auch die Jagdwaffen und Techniken . Für kleinere Beute entwickelte er die Fallenjagd in Form von Gruben und Schlingen , aber auch die Hatz über Felsklippen hinweg, wo das Wild in den Tod stürzte, oder in Hinterhalte wie Engpässe in Moor und Sumpfgebiete hinein. Dann wurden die Jagdwaffen verfeinert. Aus Steinartefakten, die zur Bearbeitung von Fleisch, Leder und Gräsern geeignet waren entwickelten sich feinere Werkzeuge.

Seite 115 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit

(93) Artefakte aus der Mittelsteinzeit, Fundort Heinsberg © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: H. Lilienthal Repro: Robert Uhrmacher

Die Zeitabschnitte der Steinzeit werden mit den dafür verwendeten Werkzeugmaterialien als Steinzeit beschrieben, also indem Menschen hingingen und das dafür benutzte Grundmaterial Stein bearbeiteten, damit Sie zum Zwecke des Gebrauchs verändert wurden. Erste Funde waren die im sogenannten Oldowan bearbeiteten Gerölle, die durch Abschläge scharfe Kanten aufweisen. Sie lassen sich in Äthiopien und Afrika finden und werden auf ca. 2,5 Millionen Jahre datiert. In Europa wurden die ältesten Funde auf ein Alter von ca. 1,7 Millionen Jahren datiert. Erst vor ca. 600.000 Jahren, im Zeitalter des Acheulèen, entwickelten sich weitere und feinere Werkzeugkulturen mit der Herstellung von Faustkeilen die sich noch bis vor 100.000 Jahren hielten. Erst kurz vor Ende des Acheulèen, vor ca. 130.000 Jahren kam auch die Herstellung von Faustkeilmessern auf, die auch ein einfacheres Zerteilen der Jagdbeute ermöglichten. Im Micoquien kamen Abschläge vom Kernstein hinzu, die kleiner und leichter waren. Im Moustèrien wandelte sich die Steinbearbeitungstechnik in die sogenannte Levalloistechnik, eine mittelpaläolithische Steinbearbeitungstechnik durch aufwendige Präparation des Kernsteins. Erst dann erfolgten die gezielten Abschläge, die sehr großflächig und dünn sind. Sowohl Homo neanderthalensi als auch der Homo sapiens sapiens wendeten diese Technik an. Vor ca. 40.000 Jahren tauchen im Aurignacien erste lange, schmale Klingen und Messer in Mittel- West- und Südeuropa auf. Die Faustkeile und Fäustel wurden weiterentwickelt von einfachen Steinklingen zu in Holz mit Klebematerialien eingearbeiteten Steinklingen. Dadurch war die Verletzungsgefahr bei der Verarbeitung und Zerlegung von Wild nicht mehr so stark.

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(94) Faustkeile aus dem Kreis Viersen(InvNr. 74.0344) © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: LVR Repro: Robert Uhrmacher

Es kam zur Entwicklung von Holzlanzen , also an einem Ende zugespitzten Stämmchen aus Holz, die schon vom Homo erectus und Homo heidelbergensis vor 400.000 Jahren benutzt wurden. Aber bereits der Neandertaler stellte Stoßspeere aus ca. 7 cm dicken Fichten- oder Eibenstämmen her, die eine Länge von ca. 1,8 bis 2,3 m erreichten. Dabei war die Spitze nicht mehr nur zugespitzt sondern es wurden im Schaft Speerspitzen eingearbeitet, wie ein Fund in Königsaue beweist und auf ca. 70.000 Jahre datiert wird. Dabei wurde mit Birkenpech eine aus Feuerstein geschlagene Speerspitze auf ein geschäftetes Holzende des sorgfältig gearbeiteten Holzastes eingeklebt und mit Fasern oder Sehnen fixiert. Die Herstellung von Birkenpech ist gar nicht so einfach, muss doch unter Luftabschluss Birkenrinde auf eine konstante Temperatur zwischen 340 und 370° Celsius erhitzt werden. Dabei entsteht zunächst Birkenteer, der dann beim Aushärten zu Pech wurde. Wie der Neandertaler dies schaffte, ist der Wissenschaft immer noch ein Rätsel.

Für die Entwicklung eines Wurfspeeres jedoch musste sich der Schwerpunkt eines solchen Geschosses im vorderen Drittel befinden, um optimal in der Luft zu fliegen, ansonsten würde es sich in der Luft hochstellen und nicht die Jagdbeute treffen. Für die Jagd auf Großwild wurden Wurfspieße mit Steinklingen hergestellt. Für die Jagd auf kleinere Tiere verwendete man Spitzen aus Geweihen , Knochen oder Elfenbein . Auch wurden Wurfspieße hergestellt, die an einem Ende in mehrere Spitzen geteilt wurden. Diese waren für die Jagd auf Vögel geeignet und erhöhten somit die Trefferquote. Die Harpune wurde für die Jagd auf Robben und Walen entwickelt. Dabei ist die Spitze lose auf dem Schaft sitzend und mit Wiederhaken versehen. Diese sind über ein Seil miteinander verbunden. Ein etwas komplizierteres Instrument ist die Speerschleuder . Durch Verlängerung des Armes entsteht eine zusätzliche Hebelwirkung die sich beschleunigend auswirkt und auch die Durchschlagskraft erhöht. Dabei wird die Speerschleuder in Kopfhöhe gehalten. Sie besteht aus

Seite 117 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit drei Teilen, dem eigentlichen Speer und der Abwurfvorrichtung, die parallel zum Arm gehalten wird. Die eigentliche Abwurfvorrichtung nennt sich Kompositgerät. Dieses setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Dem eigentlichen Hakenende, welches aus Geweih geschnitzt wurde und einem daran fixierten Holzgriff. Die dafür benötigten Geweihe waren fast ausschließlich aus Rentiergeweihen gefertigt. Diese wurden miteinander verbunden. Dabei wird im Speer ein Haken unter Verwendung von Bienenwachs, Baumharz oder Birkenpech mit Sehnen oder Bast fixiert. Der Speer wird durch eine Aushöhlung am hinteren Ende des Speeres in die Schleuder eingehakt. Den Speer kann man sich als einen längeren Pfeil vorstellen, der eine Länge bis um die 2 m besaß. Wie beim Pfeil besitzt er an einem Ende Federn, um den Flug zu stabilisieren und am anderen Ende das Wurfprojektil, also eine Pfeilspitze. Ein effektiver Einsatz war aus einer Distanz von ca. 8 bis 30 m möglich.

Sie ist auf eine Zeit vor ca. 18.000 bis 16.000 Jahren, im sogenannten späten Solutréen nachweisbar.

Sicherlich ist auch der Einsatz des Bumerangs zu erwähnen, der für die Kleintierjagd und auch für die Jagd auf Vögel angewendet wurde und noch bis vor ca. 2.000 Jahre in Europa bekannt war. Auch nicht unerwähnt bleiben sollte der Fischfang, der mit Holzlanzen und später mit aufwendig gearbeiteten Knochenaalen an einem Ende gearbeitet wurde. Vor ca. 30.000 Jahren entwickelte sich Pfeil und Bogen .

(95/96) Indianischer Pfeil und Pfeilspitze © Robert Uhrmacher Durch die Ausbreitung der Wälder war die Speerschleuder nicht mehr effektiv und somit das im Gestrüpp umherziehendes Wild schwieriger zu jagen. Pfeil und Bogen ist eine zielgenaue, schnell einsetzbare Waffe zum Erlegen des Wildes. Auch stellte er Prunkprachtbeile und Breitbeile am Ende der Steinzeit her.

Da größere Beute zu schwer war, um diese zur Siedlung zu transportieren, musste sie an Ort und Stelle zerlegt werden um sie leichter tragen zu können. Die Jagdbeute wurde vollständig zerlegt und verarbeitet.

Hier nutzte man in der Eiszeit den Dauerfrost des Bodens zur Lagerung. Auch entwickelten sich Konservierungsmethoden wie das Räuchern oder die Konservierung mit Kräutern. Auch ist damals schon die Lufttrocknung von dünnen Fleischfilets bekannt gewesen.

Kultur, Kunst Schmuck und Bestattungen Mensch und Wild lebten in Abhängigkeit der Jahreszeiten. Wanderungen des Wildes sowie Sammeln von Kräutern, Beeren, Pilzen und Getreiden waren durch das Wetter beeinflusst. Auch der Mond in seinem monatlichem Zyklus sowie die Sternenbilder beeinflussten ihn. Durch diese

Seite 118 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Umstände fing er an, gewisse Ereignisse zu ehren und somit zu feiern. Dabei dürfte mit Sicherheit der Tanz um das Feuer eine der ältesten Kultureigenschaften gewesen sein. Ob zu Vollmond oder um das Ende des Winters, eine erfolgreiche Jagd, eine reiche Ernte an Beeren und Kräutern zu zelebrieren, bleibt dahingestellt. Es entwickelten sich rituelle und somit religiöse Handlungen. Dabei wurde sich mit Ocker oder Holzkohle bemalt oder aus Gesteinen und Erze Farben hergestellt die mit Wasser und Pflanzenharzen und Pflanzensäften gebunden wurden.

Die ersten Kulturgegenstände tauchen erst sehr spät auf. Als erster Nachweis dafür dürfen sogenannte Petrolyphen gelten, welches in Stein gearbeitete, also geritzte bildliche und grafische Darstellungen sind. Hierbei ist eine tiefere religiöse und kulturelle Bedeutung anzunehmen. Erste Funde werden in den ca. 300.000 Jahre alten Ritzmustern auf polierten Tierknochen aus Bilzingsleben in Thüringen gedeutet. Sie fanden sich auf einem ca. 40 cm langen Schienenbeinrest sowie einem Fußwurzelknochen eines Elefanten.

Geschnitzte Figurendarstellungen Erstmals tauchen Figuren auf, die wegen einer deutlichen Betonung der breiten Hüften und der Brüste als „Venusfiguren“ bezeichnet werden. Im Deutschen Bereich sind Sie rar und es sind die Venusfigur von Willersdorf in Österreich sowie der Fund in den Weinberghöhlen von Mauern in Bayern, Petersfels in Süddeutschland und Monruz in der Schweiz bekannt, während sie in Frankreich, Italien, der Tschechoslowakei und Russland reichlich gefunden wurden. Als älteste steinzeitliche Schnitzereien zeugen Figurenschnitzereien aus der kleinen Karsthöhle. Auch wurden Schnitzereien im „Hohe Fels“ bei Schelklingen und im Achtal in Form von Pferde- kopf, Wasservogel sowie eine Figur, die halb Mensch und halb Löwe ist, hergestellt. Diese Fundstellen liegen auf der Schwäbischen Alb und sind aus Mammutelfenbein geschnitzt. Der interessanteste ist die Darstellung eines Mischwesens zwischen Mensch und Löwe. Es gibt zwei Funde darüber. Die eine Darstellung ist 25,5 mm groß, die Andere 31,1 cm. Davon wurde ein Fund bereits 1969 gemacht und aus 200 Elfenbeinsplittern zusammen geklebt. Der Löwenmensch vom Hohlenstein-Stadel, im Lonetal gelegen, ist ca. 33.000 Jahre alt. Sein jüngerer Bruder vom „Hohe Fels“ ist vermutlich älter. Als älteste Figurenschnitzerei gilt dort die nur sechs Zentimeter große und auf 35.000 Jahre geschätzte Venus vom Hohe-Fels. Auch Sie war in 6 Einzelteilen zerbrochen. Sie zeigt eine Frauenstatuette mit zu dieser Zeit üblichem überdimensionalen Becken und Brüsten ohne Kopf, Hände und Füße. Die Schnitzereien werden auch in Zusammenhang mit religiösen Zeremonien in Form von schamanistischen Ritualen gesehen. Ob in Form von märchenhaften Erzählungen oder zur Vertreibung böser Geister sei dahin gestellt.

Höhlenmalereien Dann geschah etwas, was vorher noch nie ein Lebewesen auf der Erde getan hatte. Der Mensch fing an zu malen und zwar in Höhlen. Wahrscheinlich war es ein Ausdruck von Ausgelassenheit, bedingt dadurch dass der Mensch Nahrung in Überfluss fand. Jedenfalls hatte er genügend Zeit, sich den aufwendigen Malereien zu widmen. Im Vordergrund standen natürlich die Jagd und die erbeuteten Tieren. Diese Höhlenmalereien sind ca. 35.000 bis 29.000 Jahre alt und bestehen auch aus realistischen Felsritzungen sowie den Malereien auf Höhlenwänden oder auf Felsblöcken. Sie lassen sich in Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien und Österreich sowie Russland finden.

Seite 119 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Berühmt berüchtigt sind die Felsenmalereien von in Frankreich, die zu den schönsten überhaupt zählen. Hier finden sich Abbildungen von Auerochsen, Höhlenbären, Wisent, Hirsche, Fellnashörner, Wildpferde, Esel, Steinböcke, Moschusochsen, Rentiere, Vögel und Raubkatzen sowie eine Darstellung eines von einem Speer getroffenen Wisents mit einem vor ihn liegenden Jägers mit auffallendem Phallussymbol. Aber auch im Hochplateau von Tassili n’Ajjer in Algerien oder der Höhle von Altamira in Spanien sind Höhlenmalereien bekannt, die allesamt mehrere zehntausend Jahre alt sind. Für diese wurden verschiedene Wisch- und Sprühtechniken verwendet.

Hier eine Auflistung von einigen gefundenen Höhlenmalereien: - Die Höhle von Lascaux, Montignac in der Dordogne. Alter zwischen 17.000 und 10.000 Jahre, - Cussac, Dordogne, Alter etwa 28.000 Jahre - Castanet, Dordogne - Cellier, Dordogne - Die Höhle von Ariège, Niaux, Pyrenäen, Alter etwa 13.000 bis 14.000 Jahre - , Alter etwa 20.000 Jahre Gargas (Abris Gargas), Hautes-Pyrénées Alter etwa 25.000 Jahre - Pair-non-Pair - La Mouthe - Gabillou - Höhle von Niaux - Font-de-Gaume - Arcy-sur-Cure, Yonne - Höhle von Rouffignac - Chauvet-Höhle bei Vallon-Pont d'Arc an der Ardèche, Alter zwischen 33.000 und 30.000 - Henry-Cosquer-Höhle bei Marseille, Alter zwischen 27.000 und 19.000 Jahre - Altamira, Kalabrien, Spanien

(97) Felsenmalerei aus der Höhle Lascaux © EuroPreArt, European Prehistoric Art, Lascaux

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(98) Felsenmalerei aus der Höhle Lascaux © EuroPreArt, European Prehistoric Art, Lascaux

Gravierungen Die aus Mammutelfenbein gravierte Darstellung eines Wildpferdes die in der Kalksteinplatte aus der Oberen Klause bei Neuessing, Landkreis Klause – Höhe Kehlheim gefunden wurde und die netzartige Gravierung auf einem Knochensplitter aus dem Hohlstein im Klumpertal unweit Pottenstein, Lkr. BT aus dem Mesolithikum zählen zu den Gravierungen. Auch schuf er Skulpturen , also figürliche Kunstwerke. Zu ihnen zählen auch die so genannten „Contour dècoupè“, die fast ausnahmslos in Südwestfrankreich gefunden wurden. Zu den Skulpturen zählen die in Deutschland in Baden-Württemberg in der Geißenkloste bei Blaubeuren-Weiler im Achtal, in der Vogelherdhöhle in Heidenheim (Lonetal) und in der Höhle Hohlenstein-Stadel bei Asselfingen (Lonetal) bei Stetten, gefundenen Stücke. Sie sind ca. 30.000 Jahre alt und somit aus der Aurignacien-Zeit. Es handelt sich dabei um Elfenbeinskulpturen die Tier- und Menschenfiguren darstellen.

Bei dem Fund in der Höhlenstein-Höhle handelt es sich um eine 32.000 Jahre alte 30 cm hohen Elfenbeinschnitzerei und stellt einen Löwenmenschen mit dem Kopf eines Höhlenlöwen und dem Körper eines Menschen dar. Sie zählt zu den spektakulärsten und ältesten Figuren und somit beweglicher Kunst. Im „“ in Württemberg fand sich eine Elfenbeinschnitzerei die einen Wasservogel (Ente) darstellt sowie ein Pferdekopf und ein „kleinen Bruder“ der in der Höhlenstein-Höhle gefundenen Löwenmenschen. Die Funde aus der Geißenklosterhöhle stellen das Mammut, den Wisent und den Höhlenbär dar. In der Vogelherdhöhle barg man Plastiken von Mammut, Fellnashorn, Wissen, Wildpferd, Raubkatzen sowie eine Menschenfigur. Aber auch ein Wildpferd aus Mammutelfenbein wurde 1931 gefunden ebenso wie eine Mammutfigur.

Aus Österreich kommt der Fund einer 7,2 Zentimeter hohen Steinfigur die eine Frau darstellt. Sie wurde am Galgenberg von Stratzing bei Krems in Niederösterreich entdeckt.

In Russland fanden sich bei Sungir, nördlich von Moskau, Tierfiguren aus Mammutelfenbein, die Wildpferd, Wisent und Mammut darstellen.

Auch der Fund von Bonn-Oberkassel beinhaltet neben einem einzigartigem „Haarpfeil“ ein sogenanntes „Contour dècoupè“.

Aus dem Gravettin, also ca. 28.000 – 21.000 Jahre alt sind Figuren, die üppige Frauenkörper darstellen und mit dicken Brüsten sowie einer überdimensionalen Vulva gefunden worden. Wegen der üppigen Darstellung werden Sie deshalb auch als „Venusfiguren“ bezeichnet und wurden in: Frankreich (Lespugue Monpazier, Pechialet, Sireuil),

Seite 121 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Italien (Chiozza, Grimaldihöhlen, Savignano, Trasimeno, Deutschland (Mainz), Österreich (Willendorf), Tschechien (Dolní V ěstonice, Pavlov, Petrkovice) und in Russland (Avdeevo, Chotylevo, Gagarino, Kostenski) gefunden.

In Rheinland Pfalz, Gönnersdorf bei Neuwied wurden Gravierungen auf Schiefer-Steinplatten gefunden, die sehr zahlreich sind. Hier fanden sich ca. 200 Tiergravierungen sowie ca. 400 überdimensionale und üppige Frauendarstellungen ohne Kopf und Füße. An Tierdarstellungen finden sich das Wildpferd, Mammut, Fellnashorn, Hirsch, Elch, Saiga- Antilope, Auerochse, Wisent, Wolf, Höhlenlöwen, Fischen, Vögeln und die Robbe.

An Ketten sind Funde mit Schnecken, Reißzähnen vom Wolf sowie Zähnen vom Ren und Hirsch gefunden bekannt. Da die Halteschnüre eine so lange Zeit nicht überdauern, ist Ihre Interpretation und Zuordnung meist schwierig. Bei Durchbohrungen von Zähnen lässt sich dies einfach nachweisen. Auch sind viele dieser Kettenanhänger früher zuerst nicht im Zusammenhang mit dem Fund gebracht worden und den Weg des nicht verwertbaren Abraums und somit unwiederbringlich verloren gegangen.

Schamanen und religiöse Zeremonien Wenn wir auf die Naturvölker schauen so finden sich immer wieder Scharmanen, die mit medizinischem und pflanzlichem Wissen im Namen und Glauben der Völker handeln und versuchen aie von dem Bösen der Geister fern zu halten. Es ist anzunehmen, dass unsere Vorfahren schon lange Scharmanismus und somit Zeremonien ausführten. Sie sollten den Zusammenhang der Sippe festigen und somit das Überleben sichern. Dies wird ja auch in bestimmten Skulpturen zum Ausdruck gebracht. Ein wunderschönes Beispiel für eine zeremonistische Handlung ist in der Darstellung des „Zauberer“ aus der Höhle Les-Trois-Frères zu sehen. Hier ist die Abbildung eines Scharmanen, der halb in Menschengestalt und halb in Tiergestalt dargestellt ist, zu sehen. Er trägt auf dem Kopf ein Hirschgeweih, ist in Fell gekleidet mit kurzen Armen und einem Pferdeschwanz am Ende. Die Füße und Beine sind von den Konturen dem Mensch zuzuordnen. Die Hände enden in bärenähnlichen Tatzen. Als Mund ist ein Schnabel zu sehen. Zwei Hirschgeweihe wurden auch in Bedburg-Königshoven gefunden. Eine ähnliche Darstellung ist in einer Figur der Höhle Les-Trois-Freres zu sehen die genau wie die vorherige tanzend dargestellt ist. Dabei wird ein länglicher Gegenstand an seinem Mund als Flöte oder Pfeife interpretiert. Es ist davon auszugehen, dass Fruchtbarkeitskulte, Regen- und Jagdzauber sowie wundersame Heilungen in regelrechten Ritualen und somit religiösen Zeremonien durchgeführt wurden.

Die ältesten Musikinstrumente Auf der Schwäbischen Alb fanden sich in der Geißenklösterle-Höhle, bei Blaubeuren gelegen, Bruchstücke, die bereits in den 1970er Jahren in der dortigen Aurignacienschicht geborgen wurden. Diese lagerten im Archäologischen Seminar Tübingen. Erst 2004 wurden diese zusammengesetzt. Das Puzzle aus 31 Elfenbeinfragmenten ergab eine 18,7 cm lange Flöte mit drei Löchern. Insgesamt wurden drei Flöten gefunden, wobei zwei erst 1990 in derselben Höhle entdeckt wurden. Zwei dieser Flöten bestehen aus Schwanenknochen und zwar aus dem Oberschenkelknochen vom Schwan. Die Radiokarbondatierung und Thermolumineszenz-Messungen ergeben ein Alter zwischen 30.000 und 37.000 Jahren. Die in den 1970er Jahren gefundene Flöte bestand entgegen den hohlen Schwanenknochen jedoch aus geschnitztem Elfenbein. Zur Fertigung bedurfte es aber besonderem handwerklichen

Seite 122 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Geschick, da Elfenbein ja nicht hohl ist, sondern massiv. Es musste aus dem Elfenbein heraus geschnitzt werden, in zwei Hälften geteilt und innen ausgehöhlt werden. Anschließend wurden die zwei Hälften wieder miteinander verklebt. Dieses war eine für die damalige Zeit herausstechende Meisterleistung. Aus den Flöten, die im 45-Grad-Winkel angeblasen wurden, waren Melodien mit sieben Tönen möglich. Durch Veränderung der Mundstellung sind die Töne stärker modulierbar. Die Flöten gelten als älteste Musikinstrumente der Menschheit. Da Musik und Tanz nicht nur als Ausdruck für unsere Ausgelassenheit gilt, und somit auch eine wichtige Rolle bei erfolgreicher Jagd spielte, so ist deren Bedeutung auch in spirituellen und somit in Schamanistischen Ritualen zu sehen. Auch spielt Musik für uns im Trauerfall eine Rolle. Abgesehen von Feierlichkeiten wenn Frau und Mann einander versprochen wurden.

Bestattungen Bereits dem Neandertaler wird schon das Zeremoniell der Bestattung zugesagt. Auch wenn oft eine eindeutige Zuordnung zu einem Begräbnis fraglich bleibt, so existieren dennoch genügend eindeutige Beweise für eine Bestattung. Bei einigen Begräbnissen fand sich ein vermehrter Pollenfund. Dieser könnte auch rein zufällig entstanden sein, zählt man diese Funde nicht mit ein, so lässt spätestens das Auffinden von Ocker und Rötel auf eine Bestattung schließen. Auch die in Gräbern gefundenen Grabbeilagen deuten auf eindeutige Bestattungen. Diesen wurden in Form von Kulturbeigaben oder auch ganz selten durch Hunde mit ins Grab beigegeben. Der verwendete Rötel, auch Hämatit genannt, diente neben dem rituellen Hintergrund für die Hinterbliebenen noch einer ganz anderen Bedeutung. Führte die Bestreuung einer Grabstätte durch die rote Verfärbung für deren Auffindung, selbst nach Jahren, für die Hinterbliebenen zu einer großen Erleichterung. Schließlich gab es damals keine Grabsteine. Somit waren die Gräber schon aus weiter Entfernung optisch leichter auffindbar.

Wanderbewegungen von Kulturbeigaben und steinzeitlichen Menschen Nicht nur Feuerstein wurde über weite Wege von seinen Fundstellen transportiert, um dort zu seinem endgültigen Werkzeug verarbeitet zu werden, auch Muscheln und andere wertvolle Rohmaterialien. Ein gutes Beispiel hierfür ist auch das in Bonn-Oberkassel gefundene „Contour dècoupè“ sowie der „Haarpfeil“. Obwohl beide Gegenstände als etwas Eigenständiges anzusehen sind so lässt sich bis heute die Verarbeitung zu solchen Kulturgegenständen nur in Südwestfrankreich nachweisen. Es mag sein, dass diese Kulturgegenstände nicht dort gefertigt wurden, aber zumindest ist die damals herrschende „Mode“, also die damals herrschende Kultur verarbeitet worden und bis in das Grab von Bonn-Oberkassel gelangt.

Auch wird durch die morphologischen Untersuchungen der Skelette deutlich zum Ausdruck gebracht, das Wanderbewegungen und somit Populationsvermischungen stattfanden. Während die Frau eher dem südfranzösischen grazilen Frauentyp entsprach, trug der Mann wesentliche Züge aus dem baltischen Raum obwohl beide mit Sicherheit den Untersuchungen zufolge verwandt waren. Somit ist von einer weitaus größeren Verzahnung der damaligen Kulturen zwischen Ost- und West auszugehen. Damit zogen sie nicht nur als Sammler- und Jäger von Norden nach Süden um den Wanderwegen der Wildtieren zu folgen, die durch Schluchten und den Ufern der Flüsse und Bäche in Ihre Weidegebiete zogen. Sie müssen auch Kontakt zu anderen Gruppen in anderen Verbreitungsgebieten gehabt und sich miteinander ausgetauscht haben. Dabei kam es nicht nur zum Austausch von Kulturbeigaben und Techniken sondern auch zu einem gesunden Austausch von Sippenmitgliedern. Dies war auch unbedingt notwendig um Erbkrankheiten durch Inzest vorzubeugen und liegt auch in der Natur des Menschen, das Unbekanntes seinen Reiz hat und sich auch biologisch auszutauschen.

Seite 123 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Auswanderungswellen C. David Kreger † 2017 beschreibt Sie in vier Auswanderungswellen. Die Auswanderungswellen basieren auf bekannten fossilen Funden. Auch Sie unterliegen somit aktuellen Erkenntnissen und Revisionen. Neue Funde und Datierungsmethoden können zu zeitlichen Neudatierungen führen oder deren Einordnung teilweise oder komplett verwerfen.

Erste Auswanderungswelle Vor ca. 1.7 bis 2.0 Millionen Jahren wanderte der erste Homo von Afrika über den Nahen Osten aus. Dazu liegen Funde aus dem israelischen Ort Erk-el-Ahmar vor, welche aus gefundenen Werkzeugen und Gegenständen mit Hilfe der Magnetstratigraphie datiert wurden. Es sind somit die ältesten frühmenschlichen Nachweise außerhalb von Afrika. Vor ca. 1.75 Millionen Jahren wurde der erste Homo erectus nachgewiesen, der sich von Afrika über den Nahen Osten nach Eurasien bis in die ganze damalige Welt verbreitete. Er entwickelte sich vom frühen afrikanischen (ergaster) zu verschiedenen Arten wie die ostasiatischen (Homo pekinensis), dem ozeanischen (Homo pithecanthropus) und dem spätafrikanischen (Homo erectus) sowie einen kaukasischen (erektus) und einem äthiopischen (Homo äthiopicus). Alle zählen zur Gattung des Homo erectus, jedoch ist sein Verbreitungsgebiet sehr groß und dementsprechend konnte er sich entwickeln und der Vegetation und den Klimaverhältnissen anpassen. Er traf auf große, menschenleere Gegenden und konnte sich somit eigenständig entwickeln. Er schaffte es über Asien/Georgien (Dmanisi) sehr schnell bis nach Java/Ozeanien, wo er schon vor 1.6 bis 1.7 Millionen Jahren auftauchte. Er war der bisher am längsten vertretene Hominide Vorfahr.

Zweite Auswanderungswelle Vor ca. 630.000 Jahren führe der Ausbruch des Yellowstone-Vulkans zu einschneidenden Klimaveränderungen. Es wurde kälter und hat mit Sicherheit zu einer Weiterentwicklung der Hominiden geführt, da sie gezwungen waren, sich anzupassen. Es kam zu mehreren weiteren Auswanderungswellen von Homo erectus nach Eurasien. Aber auch der Mt. Toba in Indonesien brach aus und führte auch dort zu einschneidenden Veränderungen. Er machte ein Leben um Indonesien erst einmal unmöglich. Von dort war es aber auch nicht mehr weit bis nach Australien. Dass er die Wallace-Grenze überschritt wurde schon angedeutet und er schaffte irgendwie den Sprung über die ca. 35 km Wasserlinie bis nach Java.

Dritte Auswanderungswelle Es entstanden in Afrika neue Hominiden, wie vor ca. 800.000 Jahren den Homo antecessor und vor ca. 500.000 Jahren der Homo heidelbergensis sowie vor ca. 200.000 Jahren der Homo sapiens neanderthalis. Und alle tauchten in Europa auf. Während der Homo antecessor bereits vor 500.000 Jahren nicht mehr nachweisbar ist, beginnt der archaische Homo Sapiens von Afrika vor 200.000 Jahren nach Südeuropa, Asien und China auszuwandern. Auch der Homo heidelbergensis verschwindet vor 200.000 Jahren und einzig und alleine der Homo neanderthalensi bleibt in Europa zurück und passt sich somit über eine sehr lange Zeit auch den wechselnden Klimaverhältnissen an.

Vierte Auswanderungswelle Dann vor 150.000 Jahren entstand in Afrika der Homo sapiens sapiens. Bereits vor 90.000 Jahren ist er im Nahen Osten in Amud/Israel und in Australien ist er vor 37.000 Jahren schon nachweisbar, jedoch wird sein Erscheinen bereits schon vor 65.000 Jahren angenommen. Hier ist nebenher zu bemerken, dass der Ausbruch des Mt. Toba auf Sumatra/Indonesien vor ca. 74.000 Jahren zu einer gigantischen Umweltkatastrophe führte, und somit die gesamte damals

Seite 124 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit existierende Homo-Bevölkerung auf ein paar tausend Individuen dezimierte. Dabei sanken die Temperaturen weltweit um mehr als 5° Celsius und in Mitteleuropa um ca. 15° Celsius. Es führe zu der bis vor ca. 10.000 Jahren anhaltenden Eiszeit. Jedenfalls verbreitete sich der Homo sapiens sapiens innerhalb ganz kurzer Zeit auf allen Kontinenten.

Unumstritten ist, dass über mehrere zehntausend Jahre die alteingesessenen Homo-Typen mit dem modernen Menschen, also dem Homo sapiens sapiens nebeneinander lebten . Übereinstimmung bei den Experten besteht auch darüber, dass die verschiedenen Menschenarten in Afrika entstanden und von dort auswanderten (out of Africa-Theorie).

Es ist sehr umstritten, dass der Homo sapiens sapiens die alteingesessenen Homo-Arten verdrängte oder ausrottete. Schließlich konnten sich die Homo erectus-Typen und der Homo neanderthalensi über sehr lange Zeiträume in den von Ihnen vereinnahmten Kontinenten halten und sich den klimatischen und vegetativen Verhältnissen auf idealer Art und Weise anpassen. Erst mit dem Auftauchen des Homo sapiens sapiens verschwinden sie auf sehr mysteriöse Weise. Dass aber der Homo sapiens gleich einen Massenmord auf fast allen Kontinenten begangen haben soll ist sehr unwahrscheinlich.

Auch die vor allem in Asien gemachten, zahlreichen Funde sprechen für ein multiregionales Modell. Dazu untersuchte eine Forschergruppe um Alan G. Thorne und Milford H. Wolpoff die Schädel verschiedener Java-Menschen mit Datierungen bis zu 700.000 Jahren. Dabei blieben die großen Augenüberwülste und eine für Ihn typische Knochenleiste auf den Wagenbeinen sowie der zart ansteigende Nasenboden unverändert, während sich andere moderne morphologische Merkmale dort immer weiterentwickelten. Hinzu kommt der 1994 in Nordchina, in Jinniushan gefundene, grazile Schädel mit einer Schädelkapazität von 1400 ccm, der auf ein Alter von 200.000 Jahren datiert wurde. Da er aber kräftige Augenüberwulste besitzt, trägt er morphologische Merkmale vom archaischen und modernen Mensch. Besonders die Funde auf Java und in China fallen in dieses Zeitraster der Datierung. Vor 200.000 Jahren fallen zunehmend die steigenden Schädelkapazitäten auf, welches eher typisch für den modernen Menschen ist, während der Rest der Funde morphologisch noch den früheren Menschenarten entspricht. Diese Auffälligkeiten sprechen eher für eine Hypothese der Vermischung verschiedener Menschenarten und somit auch der Gene. Dazu gibt es eine Studie von Alan Templeton von der Washington University in St. Louis, Missouri. Über diese Studie berechnet er den ersten gemeinsamen Vorfahren von bestimmten Menschenarten aus. Bei der out of Africa-Theorie gehen die Anthropologen davon aus, dass die lokal verschieden existierenden Menschengruppen verschwanden, ohne ihr Erbmaterial zu hinterlassen, also dass keine Kreuzungen zwischen den lebenden verschiedenen Menschenarten stattfand. Bis jetzt ist es nicht gelungen über die mtDNA (mitrochondrien-DNA) von Genetikern eine Vermischung diesbezüglich nachzuweisen. Jedoch wird dies von den Anhängern der sogenannten „ Multiregionalisten “ angezweifelt. Demnach hätten der jetzt lebende moderne Mensch nicht nur eine einzige Wurzel (Adam und Eva-Prinzip), sondern es ist denkbar, dass es zu einer Vermischung zwischen den zugewanderten Homo sapiens sapiens mit den jeweilig dort schon lebenden Menschenarten kam. Templeton setzt als These an das „make love not war“ wichtiger war als Gewalt, also Sex wichtiger war und vor ca. 100.000 Jahren eine größere Rolle spielte als Gewalt. Dazu untersuchte er 35 Individuen aus Europa, Asien und Afrika unter der Determinierung der Häufigkeit von Haplotypen. Dabei fand er Hinweise für eine Auswanderungswelle aus Afrika, die vor ca. 420.000 – 840.000 Jahren und eine vor 80.000 – 150.000 Jahren stattfanden. Somit hätten durch die Auswanderungswellen die afrikanischen Vorfahren eine entscheidende Rolle in der Zusammenstellung des modernen Genpools der Völker gespielt. Dabei ist die Frage inwieweit die ursprünglichen Menschenarten genetisch in uns fortbestehen.

Seite 125 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Bei dem Verfahren wendete Templeton zur Analyse die geografische Verteilung der genetischen Haplotypen an und erstellt somit genetische Stammbäume. „Diese Sequenzen setzen sich aus 10 Erbgut-Regionen, mtDNS (mitrochondrien-DNA), vom Vater vererbte Y-Chromosomen-DNS, 8 genetische andere Regionen sowie 2 X-Chromosomen“ an. Wären die alteingesessenen Menschenarten verdrängt worden, so wären 3 aussagekräftige genetische Signaturen der früheren Zuwanderungen von 6 signifikanten älteren Populationen und sich wiederholenden genetischen Sequenzen eliminiert worden. Dabei ist sich Templeton sicher, dass der Homo sapiens sapiens sich mit alteingesessenen Menschenarten vermischt hat. Jedoch schränkt er selber ein dass die statistische Beweiskraft seiner Untersuchungen nicht aussagekräftig genug ist, um eine Vermischung mit verschiedenen Menschenarten zweifelsfrei zu beweisen.

Was für die Theorie der so genannten Multiregionalisten spricht ist eine Studie der University of Tennessee um ein Team von Dr. Andrew Kramer, welches verschiedene fossile Schädel aus dem östlichen Mittelmeerraum untersuchte. Dabei wird davon ausgegangen, dass der moderne Mensch dort erstmals vor ca. 84.000 Jahren auf den Neandertaler traf und sich vermischte.

Dabei konzentrierte man sich auf 12 charakteristische Schädelmerkmale vom Neandertaler und des modernen Menschen. Es konnten keine nennenswerten Unterschiede festgestellt werden. Daraus ist abzuleiten, dass sich beide Formen vermischten und zum heutigen modernen Menschen führten.

Die Frage der Vermischung zwischen Neandertaler und Modernem Menschen Die folgenden Abschnitte basieren erst einmal auf den Theorien, bevor heutige DNA-Analysen eine Vermischung des Homo sapiens sapiens mit anderen ausgestorbenen Homo-Typen nachweisen konnten, also vor 2009! Der Vollständigkeit halber sind sie hier mit beschrieben.

Es kommt immer wieder die Frage auf, ob der Neandertaler (Homo neanderthalensi) sich mit dem modernen Menschen (Homo sapiens sapiens) vermischt hat und dabei sogenannte „Hybriden “ entstanden.

Dabei ist die Frage, ob er sich mit uns vermischt hat nicht von so entscheidender Bedeutung. Vielmehr ist hier die Frage zu stellen, ob wir auch Züge des Neandertalers in uns tragen. Der Neandertaler wird sich mit Sicherheit mit uns gepaart haben oder umgekehrt. Ob aber nun die Nachfahren auch in der Lage waren, sich fortzupflanzen, wird stark bezweifelt. Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Nachfahren, also die „Hybriden“ zeugungsunfähig waren.

Die in der Karst-Höhle in den Karparten von rumänischen Höhlenforschern im Reservat Pestera cu Oase 2002 gefundenen Überreste des als ältesten modernen Menschen in Europa zugeordneten und ca. 34.000 bis 36.000 Jahre alten Kieferknochen sowie Schädelteile deuten darauf hin. Dabei wurden diese mit ähnlichen Funden moderner Menschen aus Afrika und dem Nahen Osten verglichen. Die großen Backen- und Weisheitszähne sprechen wegen der Größe und Proportionen anatomisch laut einer Studie der Washington University in St. Louis für eine Vermischung.

Auch bei dem Fund von Mlade č und dem aus der Vogelherd-Höhle zeigen die dort gefundenen Schädel Merkmale von Neandertalern. Jedoch sind diese mittlerweile widerlegt oder relativiert worden, da diese Einzelmerkmale auch bei weitaus jüngeren anatomisch modernen Menschen vorkommen und deshalb aufgrund ihrer Datierung oder kulturellen Stufe nicht in Frage kommen.

Seite 126 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Diese Merkmale werden als archaisch bezeichnet, und somit unterscheiden sie uns von heute lebenden Menschen.

Das 1998 in Portugal durch Arbeiten an einem Weg gefundene ca. 4 Jahre alte Kind von wird auf ein Alter von ca. 24.500 Jahren nach der 14 C Radiokarbon-Datierung geschätzt. Es war in Ocker eingebettet. Der Fund lag unter einem Felsüberhang. Dem Fund lagen durchbohrte Eckzähne eines Rothirsches und eine durchlochte Muschel sowie Wirbel und Rippen eines Hasen als Grabbeigabe bei. Unterhalb des rechten Oberschenkels des Kindes wurde die Verbrennung eines Kiefernzweiges nachgewiesen, der als Teil eines Totenrituals zu werten ist. Die morphologischen Merkmale deuten auf einen anatomisch modernen Menschen hin. Der Schädel zeigt Merkmale des modernen Menschen mit einer Ausnahme auf eine Zwischenstellung zwischen Neandertalern und Homo sapiens. Aber vor allen Dingen die Langknochen der Beine deuten auf eine Übereinstimmung mit dem Neandertaler. Gerade die in den Gliedmaßen festgestellten kurzen Proportionen passen nicht zu den Merkmalen des anatomisch modernen Menschen. Da aber der Neandertaler zu dieser Datierungszeit schon nicht mehr auf der Iberischen Halbinsel vorkam und als ausgestorben galt, kann es sich hierbei nicht um eine direkte Paarung zwischen Neandertalern und dem modernen Menschen handeln, sondern um einen Nachfahren einer Mischlingspopulation. Da bei allen Funden aufgrund morphologischer Merkmale basierenden Interpretationen nicht genügende Vergleichsfunde jener Zeit vorliegen, sind sich die Paläoanthropologen und Archäologen nicht einig, ob der Neandertaler sich wirklich mit dem anatomisch modernen Menschen vermischt hat oder ob es sich um Merkmale handelt, die doch noch in den Rahmen des anatomisch modernen Menschen jener Zeit fallen. Dafür liegen weniger als 20 Funde vor, die nicht nur zeitlich sondern auch in einem Verbreitungsgebiet der jeweiligen Menschen liegen dürfen und somit zu wenig Aussagekraft haben. Bei den Funden von Lagar Velho und der Karst-Höhle kommt hinzu, dass beide Funde aufgrund ihrer Mineralisierung nicht mehr für DNA-Untersuchungen, speziell der Mitochondrien-DNA geeignet sind. Bei allen Funden kann eine Zuordnung nur über morphologische Merkmale geschehen.

Untersuchungen Mittels mtDNA (Mitrochondrien-DNA) Unsere „Kraftwerke“ der Zellen bestehen aus den sogenannten Mitochondrien und sind die Organellen der Zellen. In ihnen läuft die Zellatmung ab. Sie besitzen eine eigene DNA, obwohl sie sich in den Zellen befinden. Diese eigene DNA wird zur Unterscheidung deshalb auch mtDNA (Mitrochondrien-DNA) genannt. Da sie nur den 200.000. Teil einer normalen DNA enthält, also des Erbmaterials, wird die durch sie untersuchte Datenmenge wesentlich kleiner und überschaubarer. Auch ist in der Paläontologie kein Material mit dem kompletten Erbmaterial vorhanden, da dieses nicht vorliegt. Es liegen bei Paläontologischen Untersuchungen nur mtDNA-Materialien vor, die zum Teil rekonstruiert und ergänzt werden müssen. Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass sie nur vom weiblichen Partner weiter gegeben werden können, da das Spermium keine Kern-DNA mitgibt und somit nur die Eizelle als solches für die Weitergabe der Mitrochondrien-DNA verantwortlich ist und somit nicht durch „Fremd-DNA“ des Mannes. Somit würde eine Mutation, also Veränderung eines Lebewesens nur durch den weiblichen Partner und nicht durch die Rekombination von beiden Partnern geschehen. Die Mutationsrate unterliegt demnach in den Unterschieden einer Sequenz bei nahe verwandten Organismen in einer relativ konstanten und regelmäßigen Rate. Somit lassen sich Mutationen auf eine bestimmte Zeitphase zurückrechnen. Inzwischen weiß man, dass dieser als „molekulare Uhr“ bezeichnete Prozess neu überdacht werden muss, da inzwischen weitere Untersuchungen ergeben haben, dass sehr wohl auch der männliche Partner seine Mitrochondrien-DNA an seine Nachkommen weiter gibt. Aufgrund dieser These versuchte man 1997 in einem Team von Genetikern um Rebecca Caan von der Universität Kalifornien durch Untersuchungen der mtDNA-Sequenzen bei über 100

Seite 127 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Menschen aus vier Kontinenten und ethnischen Gruppen zurückzurechnen, wann diese ihren letzten gemeinsamen Vorfahren hatten. Heraus kam, dass der gemeinsame letzte Vorfahr vor etwa 200.000 Jahren zur Aufspaltung in verschiedene Gruppen führte. Dies hatte zur Folge, dass sich durch das Verbreitungsgebiet des Homo erectus der Mensch nicht parallel in verschiedenen Kontinenten wie Afrika, Europa und Asien entwickelt haben konnte, sondern seine Wiege in Afrika haben muss.

Durch die Möglichkeit der Mitrochondrien-DNA-Untersuchungen kam es zu einer weiteren Studie, die von 6 renommierten Forschungsinstituten in Europa durchgeführt wurde. Dabei wurden 2001 menschliche und 59 Schimpansen-Sequenzen herangezogen und auf ihre Tauglichkeit überprüft. Bei 994 menschlichen mtDNA-Untersuchungen kam es gegenüber dem Schimpansen beim Neandertaler zu einer Abweichung bezogen auf 379 Basispaaren von 28.2 ± 1.9 gegenüber dem Europäer, 27.1 ± 12.2 von der Afrikanischen, 27.7 ± 2.2 von der Asiatischen, 27,4 ± 1.8 von der Amerikanischen, 28.3 ± 2.7 gegenüber der Australischen/Ozeanischen. Die Bandbreite mit dem Neandertaler liegt bei 22-36, da acht Untersuchungsobjekte des Neandertalers mit sich selber eine Differenz aufwiesen. Dabei ergab sich eine Abweichung von 27 bei 379 Basispaaren im Vergleich zum modernen Menschen. Somit hat der Neandertaler seinen Ursprung bei 550.000 – 690.000 Jahren, während der menschliche Vorfahr seinen Ursprung bei 120.000 – 150.000 Jahren hatte. Somit ist zwar nicht erwiesen, dass der Neandertaler andere Gene hatte als der moderne Mensch, jedoch wird der Hypothese, dass moderne Menschen aus Afrika nach Europa migrierten und den Neandertaler ersetzten, erhärtet.

Eine zweite Neanderthal-DNA-Studie vom März 2000 zeigt mit Untersuchungen eines Neandertalers aus der Mezmaiskaya-Höhle aus der Kaukasus-Region (29.000 Jahre alt), dass dieser 22 verschiedene mtDNA-Sequenzen hatte. Auch wurde festgestellt, dass der Vorfahre des Neandertalers zwischen 151.000 – 352.000 Jahre zurückliegt und der Mensch und Neandertaler eine zeitliche Differenz von 365.000 – 853.000 Jahre haben. Der Zeitunterschied zur Entstehung vom modernen Mensch auf seinen Vorgänger wurde auf eine Differenz zwischen 106.000 bis 246.000 Jahre berechnet. Somit wäre der Neandertaler nicht direkt verwandt mit dem modernen Menschen und er hätte seine Gene für sich behalten.

Hier ist jedoch festzuhalten, dass unser Wissen darüber noch viel zu gering ist. Manche Prozesse in der menschlichen Entwicklungsgeschichte sind viel zu kompliziert und beweist bis jetzt nur dass der Neandertaler keine wesentlichen Veränderungen im Genpool des modernen Menschen geliefert hat. Auch liegt noch keine mtDNA-Untersuchung mit einem Fund eines anatomisch modernen Menschen, der älter als 30.000 Jahre ist, vor, da bisher noch keine mtDNA aus einem so alten Fossilienfund gelungen ist. Außerdem sind immer auch noch das zeitliche Alter eines Fundes sowie das Verbreitungsgebiet und somit der Fundort mit einzubeziehen. Und genau an dieser Stelle „klemmt“ es in den Untersuchungen.

Und doch sind wir Hybriden und somit gekreuzt Dann die Überraschung.

2009 veröffentlichte das Max-Planck-Institut für evolutionäre Antropologie die Auswertung der seit 2006 laufenden Untersuchung der Mitrochondrien-DNA zwischen zahlreichen Neandertalern- und Homo sapiens-Funden. Es wurden Genome von Menschen aus dem südlichen und westlichen Afrikas, Papua-Neuguinea, China und Frankreich mit den Neandertalern verglichen. Es zeigt, dass sich die Genome um weniger als 0,5 Prozent unterscheiden. Als Basis dafür zog man 40 bis 60 Basenpaare heran und diese wurden mit

Seite 128 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit modernen Menschen aus Afrika, Europa und Asien verglichen. Durch die Studie konnte bewiesen werden, dass der Neandertaler Gene mit Nicht-Afrikanern austauschte und sich somit mit uns vermischt hatte. Es bewies auch, dass Europäer und Eurasier das Erbgut des Neandertalers in sich tragen, also somit, dass der moderne Mensch sich bereits im vorderen Orient, also im Nahen Osten vermischt haben muss. Er lebte dort in Koexistenz mit uns und das vor 50.000 Jahren.

2012 wurde dieser Zeitraum auf vor 65.000 bis 47.000 Jahren eingegrenzt. Es konnte nachgewiesen werden, dass Europäer und Eurasier vom Neandertaler ein bis vier Prozent in sich tragen. Diese Vermischungen beeinflussen die geistige und kognitive Entwicklung sowie des Schädels, Schlüsselbein und Brustkorb. Es lässt sich nachweisen, dass der Neandertaler ein anders wachsendes Gehirn hatte als wir und somit sein Verhalten sich auch von uns unterschied.

Die Vermischung mit dem Neandertaler brachte dem Europäer Vorteile in Form von einem Rezeptor (HLA-DRaDPa), der Einfluss auf unser Immunsystem hat. Er dient dazu, zu erkennen ob Eindringlinge in unserem Körper gefährlich sind. Da wir Europäer diesen Rezeptor vom Neandertaler erbten, schuf es den Europäern einen Selektionsvorteil und eine besseres Immunsystem gegen viele Krankheitserreger. Somit bekam der Europäer einen klaren Evolutionsvorteil durch Anpassung seines Immunsystems. Auch hatte die Vermischung Auswirkungen auf den Fettabbau des Europäers und somit wieder einen selektiven Vorteil in der Evolution. Schließlich lebten die Neandertaler über Jahrtausende schon in Europa und hatten sich dem Klima und der Umgebung angepasst.

Nach wie vor fehlen aber noch 40 Prozent der DNA des Neandertalers. Durch weitere Forschungsprojekte und Auswertungen wird dieser Prozentanteil wohl immer geringer werden und neue Erkenntnisse stehen aus. Somit kommen auch noch einige Überraschungen auf uns zu. Dies bleibt abzuwarten.

Wie verführerisch muss für den Homo Sapiens gewesen sein, Sex mit dem Neandertaler zu haben, stellen wir uns doch mal ein hellhäutiges Neandertalerweibchen mit blauen Augen und blonden oder sogar roten Haaren vor. Schließlich waren wir selber ursprünglich dunkelhäutig mit dunklen Haaren und Augen. Für uns selber sind exotische Menschen sehr anziehend und wir für diese ebenso. Weitere genetische Untersuchungen werden es zeigen. Inzwischen ist klar, dass der moderne Mensch sich auch mit archaischen Formen und Parallelentwicklungen schon in Afrika gekreuzt hat. Im Gegensatz zu allen anderen Menschenformen setzte er sich als letzter Überlebender als der moderne Mensch durch und verbreitete sich über die Kontinente auf der ganze Erde. In seinem Erbgut gingen auch alle Vorteile der Vermischung über. Manche dieser Vorteile sind global verteilt und in jedem von uns. Manche wiederum sind auf bestimmte Kontinente oder Regionen begrenzt. Je nachdem wie allgemein nützlich sie für uns waren oder ob sie von den örtlichen Gegebenheiten für uns von Nutzen waren. Natürlich ist dies auch abhängig davon, wo verschiedene Menschenarten aufeinander trafen. Den geringsten Vorteil wird dabei wohl der Afrikaner gehabt haben, da sein Vermischungsgebiet sich nur auf Afrika begrenzte. Gentechnisch gesehen sind aber die Unterschiede in den ethnischen unterschiedlichen Formen der Menschheit gering zu betrachten. Egal ob Europide, Mongoide oder Negide, wir mögen unterschiedliche Hautfarbe, Haarfarbe, Kopfformen, Gesichter oder Statur haben, wir sind trotzdem alles eins: Der Moderne Mensch!

Seite 129 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Die Definition des Wortes Rasse Die Frage nach einer eigenen „Rasse“ des Neandertalers ist trotz aller wissenschaftlichen Untersuchungen sehr schwierig und kritisch zu betrachten. Ob er nun unser Vetter war oder als unser Vorgänger blieb weiterhin lange offen. Inzwischen zeigen die Ergebnisse, dass er unser Vetter war.

Hinzu kommt, dass die Definition „Rasse“ hierfür nicht gelten kann, da das Wort Rasse für die Kreuzung zweier Arten steht, die nicht fortpflanzungsfähige Nachfahren zeugen würde. Die moderne Definition „Rasse“ bezeichnet „Ein Erscheinungsbild und/oder geographische abgegrenzte subspezifische Gruppe bestehend aus Individuen, in einer geographisch oder ökologischen lebenden Region, die eine Gen-Sequenz besitzt, die sie von anderen Gruppen unterscheidet“.

Da die DNA des Homo sapiens sapiens mit dem der Homo neanderthalensi zu ähnlich ist, hat er bei Kreuzungen fortpflanzungsfähige Nachfahren geschaffen. Demnach müsste man das Wort „Rasse“ hier mit unterschiedlichen Menschenarten (Haplogruppen) und somit Arten, Individuen oder Populationen ersetzten.

Obwohl immer wieder das Wort „Menschenrassen“ auftaucht und dieses auch in der Deutschen Umgangssprache gebräuchlich ist, so müssen wir doch von Arten, Individuen oder Populationen (durch deutlich morphologischen Abstand getrennt) sprechen. Auch könnte man hier Ethnische Volksgruppen ansprechen, da diese ja die Kultur- und Lebensgemeinschaft einer Volksgruppe betreffend definiert ist. Dabei unterscheidet man Taxonomisch (altgriechisch τάξις táxis, „Ordnung“ und νόμος nómos „Gesetz“) diese also in Kategorien oder Klassen und spricht deshalb auch von „Taxa“.

Somit unterscheiden wir nicht in „Rassen“ sondern in Haplogruppen, die in drei großen Gruppen zusammen gefasst sind:

Europide: Kaukasier, Nordide, Osteuropide, Lappide, Alpinide, Dinaride, Armenide, Turanide, Mediteronide, Orientalide, Indide und Sinti/Roma

Mongoide: Turgide, Sinide, Siberide und Palämongoide

Negide: Sudanide, Bantuide, Äthiopide und Palänegride

Die Blondinen Es klingt wie ein verspäteter Aprilscherz beruht jedoch auf einer umstrittenen Studie Schottisch- britischer Forscher von den Universitäten St. Andrews und Central Lancashire, die versuchten herauszufinden, warum Europide hellhäutig, flachsblond und blauäugig sind und somit den „nordischen“ Volkstypus entwickelten.

Basierend auf der Genforschung wurde die erste Genmutation, die Blondinen schaffte, vom Anthropologen Peter Forst mit dem Evolutions-Psychologen Professor Manning auf ein Alter von ca. 11.000 Jahren datiert.

Seite 130 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Da eine Wandlung vom dunkel pigmentierten Homo sapiens in Europa erstaunlicherweise sehr schnell mit der Besiedlung Europas geschah muss eine besondere Art sexueller Selektion stattgefunden haben – mit anderen Worten: Hellhäutige blonde Frauen wurden bevorzugt.

Als Grund dafür ist der Wandel des Klimas und der damit wechselnden Vegetation in Europa am Ende der Eiszeit zu sehen, die die Wanderherden des Großwildes immer mehr nach Norden verdrängten und schließlich auch zum Aussterben ganzer eiszeitlicher Großwildarten führte. Dies führte dazu, dass der Steinzeitmensch bei der Jagd immer weniger Wild vorfand und dadurch riskanter und gefährlicher das mühsam gestellte wenige Wild erlegen musste um seine Frauen und Kinder zu ernähren. Dabei kam es zu vermehrten tödlichen Unfällen oder schweren Verletzungen, die dazu führten, dass er der Jagd nicht mehr nachgehen konnte.

Bis Dato war der Steinzeitmensch jedoch wohl polygam veranlagt. Da die Frauen auf die erfolgreiche Jagd des Mannes angewiesen waren und der Familienverbund durch für den für die Ernährung dieser Familienverbunde wichtigen Männer Mangelware waren, konkurrierten immer mehr Frauen um die für Sie überlebenswichtigen Männer.

Um die Frauen attraktiver für den Mann zu gestalten, entwickelte die Evolution unter den ursprünglich dunkelhaarigen und dunkel pigmentierten negroiden Frauen im rasanten Tempo hellhäutige, blonde Frauen, die als exotische Frauen von den Männern bevorzugt wurden und sich somit einen großen Vorteil für die Zeugung und Sicherung Ihrer Nachkommen verschafften. Ursprünglich entwickelte sich die Hellhäutigkeit durch die ärmere Sonnen- bzw. UV-Strahlung als Wärme- und energiesparende Variante der europiden Menschen, bei dem ein großer Anteil Phäomelaninpigmente und weniger Eumelanin zur Hellhäutigkeit und Blondheit aber auch blauen Augen führte und somit vom damaligen Steinzeitmenschen bevorzugt wurde. Auch hier sind weitere genetische Untersuchungen abzuwarten. Schenkte uns der Neandertaler rote Haare? Eine Studie vom John Radcliffe Instiute of Molecular Medicine in Oxford bezieht sich auf einen Genozid des modernen Menschen mit dem Neandertaler, in der das Ginger-Gen (Rotschopf) definitiv älter als 50.000 Jahre ist und auch älter als 100.000 Jahre sein könnte. Als Erklärung sehen die Wissenschaftler, dass wir die Rothaarigkeit vom Neandertaler erbten. Demnach erbten wir von ihnen nicht nur die helle Haut und Sommersprossen sondern auch rote Haare. Die Schotten tragen zu 40 Prozent dieses Gen in sich. Ungefähr 10 Prozent der Schotten sind rothaarig.

Die größte Fälschung 1912 wurde der Öffentlichkeit ein Fund aus Piltdown, Südengland präsentiert, der ca. 1.000.000 Jahre alt sein sollte und aus einem Schädel mit großer Gehirnkapazität sowie einem kleinen, primitiv wirkendem Schädel bestand. Da er sich auf Grund der Gehirnkapazität nicht in den von Paläontologen gefundenen anderen Hominiden einreihen konnte, war dessen Zuordnung unmöglich. Erst 1953 wurde auf die Äußerung eines Anthropologen der Oxford-Universität die Echtheit bezweifelt. Dabei stellte sich heraus, dass es sich um den Schädel eines nicht einmal 2.000 Jahre alten Menschen handelte und der Kiefer der eines Orang Utans war. Die Knochen wurden dabei manipuliert um Ihnen ein älteres Aussehen zu geben. Auch wurden Knochen und Steingegenstände, die ebenfalls manipuliert waren, dem Fund beigegeben. Wer den Fund fälschte, ist selbst heute noch umstritten.

Fazit Ursprünglich hat man Hominiden-Arten über die Morphologie in Klassen (Taxa) eingeordnet. Um den Homo sapiens sapiens nach seiner ethnischen Herkunft (Individuum, Population oder auch Art) zu verstehen, begann man dies über seine Blutgruppe nachzuvollziehen. Heutzutage

Seite 131 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit geschieht dies auch über seine DNA , sofern möglich. Die Klassifizierung als ethnische Volksgruppe weist ihn einer bestimmten Haplogruppe zu. Dabei werden Rückschlüsse eines Individuums auf seine verschiedenen genetischen Aspekte gezogen. Bei der Ausbreitung des Menschen musste er sich den Umwelteinflüssen anpassen. Dabei entstehen Mutationen, die sich hauptsächlich dem Klima anpassten und sich in der DNA des Menschen wiederspiegeln. Durch das Duplizieren der DNA entstehen aber auch Fehler durch äußere Einwirkungen von radioaktiver Strahlung, die auch zu Erbkrankheiten führen können.

Bei der Analyse über Blutgruppen hat sich die Erkenntnis ergeben, dass der Mensch sich schon in Afrika kreuzte und auch seine Wanderbewegungen dadurch nachweisbar waren. Aber erst durch die Entschlüsselung der menschlichen DNA und auch der des Neandertalers gelang der Nachweis über eine Vermischung von beiden. Durch den Fund des Denisova-Menschen gelang ebenfalls der Nachweis über eine Kreuzung des Homo sapiens sapiens mit archaischen und parallel entwickelten Haplogruppen. Über die Entschlüsselung der Denisova-DNA entdeckte man eine zusätzliche Vermischung mit einer bisher unbekannten Menschenart. Hinzu kommen die Entdeckung des Homo floresiensis sowie des Homo luzonensis, die parallel in Südostasien lebten und erst sehr spät ausgestorben sind. Auch hier können Vermischungen mit Homo sapiens sapiens nicht ausgeschlossen werden, auch wenn es bisher unbekannt ist, welche Rolle sie dabei mit dem Jetztmenschen spielen. Jedenfalls mischte sich der „Mensch“ schon immer mit Parallelentwicklungen und archaischen Menschen. Hinzu kommen große Wanderbewegungen, die sie zum Teil auch wieder in ursprüngliche Verbreitungsgebiete zurückführten.

Es ist unumstritten, dass der Mensch seinen Ursprung in Afrika hatte und seinen Siegeszug um die Welt von dort startete (Out-Of-Afrika). Es ist inzwischen bewiesen, dass dies aber auch anderen Homo-Arten wie archaischen und Parallelentwicklungen des Homos gelang und dies bis tief nach Asien, vor der Verbreitung des Menschen (Homo sapiens) als auch während seiner Verbreitung aus Afrika hinaus. Somit haben Vermischungen, also die Schaffungen von Hybriden, sowohl in Europa als auch in Asien mit Homo sapiens stattgefunden.

Durch die Möglichkeit von hochseetauglichen Schiffen waren Vermischungen der Menschheit erstmalig über normale Wanderbewegungen hinaus möglich. Zählt man die industrielle Revolution und deren modernen Entwicklungen hinzu, so rückt die globale Menschheit immer enger zusammen und Vermischungen von ursprünglichen Haplogruppen sind heutzutage an der Tagesordnung. Dabei werden aber auch ethnische Minderheiten immer mehr an den Rand der Gesellschaft geführt und dezimiert. Dies ist insbesondere in Afrika und Asien zu beobachten. Ich führe hier als Beispiel die Philippinen an. Abgesehen davon, dass die Philippinen über mehrere Einwanderungswellen ursprünglich besiedelt wurden. Die Philippinen sind ein Mehrvölkerstaat mit heutzutage über 180 ethnischen Gruppen mit einer Bevölkerung von über 100 Millionen Menschen. Davon leben heute von der ursprünglichen Einwanderungswelle nur noch ca. 30.000 Menschen, die sich in schwer zugänglichen und somit weitgehend isolierten Bergregionen zurückgezogen haben und dort leben. Sie wollen sich nicht den modernen Gesellschaftsformen anpassen oder sind dazu nicht in der Lage, da sie ihre ursprünglichen Lebensweisen nicht aufgeben wollen.

Insgesamt lässt sich daraus schließen, dass es den klassischen Homo sapiens sapiens nicht gibt sondern er ein Produkt aus Kreuzungen von archaischen und parallelen Entwicklungen des Homos, sowie auch aus der Vermischung verschieden entwickelter ethnischen Menschen- gruppen ist. Dies spiegelt sich im Aussehen, Hautfarbe, unterschiedlicher Morphologie, Entwicklungen, Verhalten und deren Kulturen wieder. Auch wenn die Differenzen in der DNA nur minimal sind. Für den Erfolg des Menschen mag es aber entscheidend gewesen sein. Zumal er dabei auch immer wieder Gene in sich aufnahm, die ihn resistent gegen bestimmte Krankheiten machte oder bestimmte Abwehrstoffe dabei weiter gab, die von anderen

Seite 132 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Populationen in deren Genen schon vorher vorhanden waren. Die Wissenschaft hat sich längst vom klassischen „Stammbaum“ des Menschen verabschiedet, denn diesen gibt es nicht. Die Evolution des Menschen ist weitaus komplexer als gedacht. Trotzdem gilt, egal ob wir Asiaten , Afrikaner oder Europäer sind, ob Europide , Mongoide oder Negide und welcher ethnischen Volksgruppe , wir gelten alle als anatomisch moderner Mensch und gehören somit zum Homo sapiens sapiens.

Seite 133 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit

Glossar Morphologie Das Wort kommt aus dem Griechischen ( μορφή , morphé = Gestalt, Form und λόγος , lógos = Wort, Lehre, Vernunft) und bedeutet für die Anthropologen als Teil der Humanbiologie die Lehre der Struktur und Form, also den Aufbau von Gestalt, Lage und Struktur von Körperteilen. Dabei wird zum einen durch Untersuchungen von Skelettfunden diese anhand von charakteristischen Merkmalen bestimmten Rassen, Populationen oder Entwicklungsstufen zugeordnet oder es geschieht die Zuordnung durch bestimmte Funktionen, als Beispiel ob ein Individuum aufrecht laufen konnte oder wie es mit der Hand greifen konnte.

Somit ist die Morphologie ein sehr wichtiges Element für die Evolutionslehre und der Zuordnung von Skelettfunden in unseren menschlichen Stammbaum.

Datierungen Bei den Zeitangaben erscheint öfters das Kürzel BP. BP steht für „before present“. Dabei wurde als Referenz das Jahr der Erfindung des amerikanischen Physiker Willard Frank Libby auf das Jahr 1950 festgelegt. Somit entspricht das Jahr 1950 dem Jahr 0, ab dem zurückgerechnet wird. Da man 14 C Radiokarbon-Daten nicht direkt Kalenderjahren gleichsetzen kann, müssen diese erst über ein Vergleichsverfahren kalibriert werden. Das Kürzel BP sollte nicht verwechselt werden mit dem Kürzel BC. BC steht für „before Christ“, also praktisch auf das Jahr 0 unserer Zeitrechnung.

Bei den Datierungen unterscheidet man zwischen der aus physikalischen und chemischen erworbenen Erkenntnissen des Materials absoluten Datierung und der aus dem Umfeld der Fundstelle und des Fundes erlangten Erkenntnisse zur relativen Datierung .

Absolute und relative Datierungsmethoden ergänzen sich in Ihrer spezifischen Aussagekraft. Jede ist für sich selbst unter den dementsprechenden angewandten Methoden aussagekräftig. In manchen Fällen können mehrere Datierungsmethoden zur Bestimmung des Alters angewandt werden und ergeben dann ein Gesamtbild.

Absolute Datierungen: Bei der absoluten Datierung wird durch physikalische und chemische Methoden der radioaktive Zerfall bzw. Zerfallszustand der verschiedenen natürlichen Isotope im Gestein oder organischen Substanzen gemessen.

14 C Radiokarbon-Daten Wegen des geringen Halbzeitwertes des instabilen Kohlenstoffisotops 14 C von 5568 ± 30 Jahren können fossile Funde der jüngeren Epoche bis ca. 50.000 Jahren datiert werden. Hierbei wird nach dem Ableben von Pflanzen und Tieren kein neues 14C mehr aufgenommen, da es durch Photosynthese in den Stoffwechsel von Pflanzen und somit in die Nahrungskette tierischer Organismen gelangt. Danach zerfällt das 14 C zu nicht radioaktiven Stickstoff 14 N. Über ein Alter von 50.000 Jahren hinaus ist Sie nicht anwendbar. Damit wurde die gleichzeitige Existenz des Homo sapiens sapiens, Homo sapiens neanderthalensis und des Homo sapiens idulta nachgewiesen. Im gleichen Lebensraum war jedoch nur der Homo sapiens sapiens und der Homo sapiens neanderthalensis nachzuweisen.

K40-Methode Durch den Zerfall des Isotop Kalium K40 zu Argon A40 mit der Halbwertszeit von ca. 13 Milliarden Jahren kommt Sie für Bestimmungen in einer Zeit die älter ist als 500.000 Jahre in

Seite 134 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Betracht. Es kommt in vulkanischem Gestein wie Basalt, Lava und Tuff vor und ist somit für an dem Fund darüber und darunter liegenden Gesteinslagen aus vulkanischem Ursprung zur Datierung anwendbar.

Thermolumineszenzdatierung Da dieser Vorgang sehr kompliziert zu beschreiben ist erfolgt hier eine einfache, verständliche Beschreibung. Sie nennt sich auch „Optische Lumilierter Lumineszenz (OSL)“. Sie wird zur Altersdatierung von Keramikobjekten oder anderen gebrannten Objekten wie Artefakten benutzt. Auch können Bodenschichten damit analysiert werden. Dabei setzen geringe Mengen radioaktiver Substanzen in dem Objekt beim Zerfall Energie frei. Quellen der radioaktiven Strahlung sind die Höhenstrahlung sowie instabile Uran-, Thorium- Kalium- oder Radiumisotope (U 238, Th 232, K 40, Rb 87) sowie kosmische Strahlung, die in der Erdkruste nahezu überall vorhanden sind. Dabei wird der Thermolumineszenzeffekt langsam über die Zeit aufgeladen. Das Objekt wird durch die Lagerung im Boden oder des Sonnenlichtes oder das umgebende Sediment langsam aufgeladen. Das Objekt hat bei der Herstellung den Wert „0“ und lädt sich dann langsam auf. Bei der Auswertung wird die Ladung in umgekehrter Reihenfolge „abgerufen“. Das Objekt gibt die Energie beim Erhitzen als sichtbares Licht wieder ab. Voraussetzung zur Brauchbarkeit ist, dass die dafür verwendeten Proben keinem Licht ausgesetzt wird. Dies setzt eine Bergung in einem geschlossenen lichtundurchlässigen Behälter voraus z.B. in einem Metallzylinder. Des Weiteren dürfen die so gewonnenen Sedimentschichten nicht miteinander vermischt werden, da sie ansonsten untereinander kontaminiert und unbrauchbar werden. Die untersuchten Bodenproben müssen vorher auf Kontaminierungen überprüft werden, damit sie den gewünschten Anforderungen entsprechen. Auch müssen in der Umgebung des Fundortes vorkommende radioaktiven „Nuklide, durch die Anzahl seiner im Atomkern befindlichen Protonen und Neutronen eindeutig „charakterisiertes Atom“ messtechnisch erfasst werden (Vergleichsprobe). Ansonsten sind sie unbrauchbar.

Fission-Track-Methode Durch den Zerfall vom Atomkernen des Uran-Isotops U238 sowie U235 in Kernfragmenten des Inneren von uranhaltigem Material kommt sie für den Datierungsbereich zwischen 300.000 und 10 Millionen Jahren mit einer Genauigkeit von 10 % in Betracht. Sie zerfallen in die Elemente TH230 sowie PA231 Dafür muss in dem zu analysierendem Material allerdings das Isotop vorhanden sein.

„Molekulare Uhr“ Bei der so genannten Mitochondrien-DNA wird mittels eines Ähnlichkeitsvergleiches die Proteine aufbauender Aminosäuren die Zeit bei sich durch evolutive Trennung zweier Gruppen ermittelt. Dabei werden pro Zeiteinheit häufige Mutationen zurückgerechnet, wann Sie das erste Mal auftauchten. Dadurch werden Stammbäume der Verwandtschaftsbeziehung zwischen den Genen erstellt. Voraussetzung dafür ist, dass das zu analysierende Material noch organische Substanzen enthält und noch nicht mineralisiert ist, da ansonsten die DNS-Fragmente nicht mehr vorhanden wären. Hiermit gelang der Nachweis, dass der Homo sapiens sapiens (Jetztmensch) nicht mit dem Neandertaler verwandt ist, sondern dass dieser eine Parallelentwicklung von uns ist und somit als unser „Vetter“ zu betrachten ist. Jedoch ist bei dieser Datierungsmethode auch noch ein Haken zu beachten: Die Mitochondrien tauschen ihre DNA rege untereinander aus. Vor einer Zellteilung vermehren sich auch die Mitochondrien und verteilen sich anschließend auf die Tochterzellen. Zahlreiche Mitochondrien in einer Muskelzelle tauschen ihre DNA untereinander aus und das sogar extrem häufig. Auch konnte der Nachweis erbracht werden, dass in Muskelzellen Mitrochondrien-DNA des Vaters

Seite 135 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit nachweisbar war und nicht wie bisher angenommen das sämtliche Mitochondrien eines Kindes von deren Mutter abstammt. Somit tickt die „genetische Uhr“ schneller als angenommen. Hierbei werden mit der Polymerasekettenreaktion (PCR) gesicherte DNA-Teile vervielfältigt und sequenziert.

Dendrochronologie Wenn ein Baum wächst, so setzt er jedes Jahr einen neuen Wachstumsring an. Bedingt durch klimatische Veränderungen sind die Breiten dieser Ringe unterschiedlich. In trockenen Jahren schmal und in feuchten Jahren stärker. Durch Vergleiche mit dem Ringmuster ist eine Zurückrechnung bis zum Eingehen des Baumes möglich, vorausgesetzt, es ergeben sich gleiche Muster. Als Beispiel ergibt sich bei einer Kiefer in Deutschland eine dendrochronologische untere Grenze bis ca. 9500 v. Chr. und bei einer Eiche bis ca. 8000 v. Chr.

Relative Datierungen Da absolute Datierungen erst durch moderne Forschungserkenntnisse mittels chemischer und physikalischer Methoden entwickelt wurden, konnte man sich nur an anerkannten Zeitschemata orientieren. Sie werden auch dann noch angewandt, wenn datierungsfähiges Material nicht zur Verfügung steht.

Geologische Stratigraphie Hier setzt man voraus, das geologische Schichten sich von unten nach oben ablagern, also die tieferen Schichten älter und nach oben ablagernd jünger werden, unter der Voraussetzung das hier keine geomorphologischen Prozesse zur Verwerfung der Strata geführt haben. Dabei müssen die geologischen Schichtfolgen (Stratigraphie) sauber zugeordnet werden. Dabei werden geologische Profile bestimmt und somit der sedimentologische Aufbau der einzelnen Schichten ermittelt. Hier kann bei den geborgenen Fossilien eine genaue Bestimmung des Gattungs– oder Artniveaus bestimmt werden.

Magneto-Stratigraphie Für globale Datierungen wird eine Messung der magnetischen Polarität von in den Sedimenten vorhandenen Eisenpartikel vorgenommen. Dabei sind in den geologischen Schichtfolgen durch die Zeit ihrer Ablagerung entsprechend nach den vorhandenen Erdmagnetfeldern ausgerichtet. Dabei werden Magnetostratigraphien angelegt, die sich an der Ausrichtung durch im Laufe der Erdgeschichte mehrfach ändernden Erdmagnetfeldern richtet.

Leitfossilien Durch Verschiebung und Änderungen des Erdklimas und dadurch wechselnde Tiergruppen - nicht nur durch die Evolution bedingt sondern auch durch geographische Verbreitung vorhandenen Begleitfossilien - kommen für bestimmte Zeitabschnitte und auch entsprechende Gesteinsschichten charakteristische Begleitfossilien wie Tierarten, Pollen und Sporen aber auch Bakterien in Betracht. Zu Ihr gehören Pollenanalysen genauso wie Tiefseesedimentkernproben, die durch Bohrkerne entnommen werden. In Ihnen sind Klima- und Umweltveränderungen abzulesen. Somit ist eine Ableitung zur Datierung möglich.

Fluoridmethodik Beruhend auf ausgefeilten chemischen Methoden, im Grenzbereich zwischen absoluter und relativer Datierung wird eine Analyse des Fluorgehalts, der durch Eindringung von Grundwasser bedingt ist, durchgeführt. Mineralisierenden Knochen, die also fossilieren, nehmen dabei im gleichen Zeitabschnitt den gleichen Anteil an Fluoriden auf. Dabei ist zu beachten, dass zwischen verschiedenen Fundorten auch der Fluoridgehalt des Wassers beträchtlich variiert.

Seite 136 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit Typologie Durch Beobachtung, dass in bestimmten Regionen zu einer bestimmten Zeit hergestellte Werkzeuge und Kunstgegenstände sowie Keramiken oder Kleidung in eine Entwicklungs- Geschichte und somit Kulturepoche gefertigt wurden, die in Größe, Design oder Verzierung variieren, werden anhand dieser Merkmale typologische Reihen erstellt. Nach ihr lassen sich Neufunde meist problemlos einstufen. Es entstehen relative chronologische Rückschlusse in regionaler, lokaler oder globaler Ebene durch klimatisch unterschiedlichen Zeitabschnitt.

Bestimmungen des Eiszeitalters In Lössanwehungen und Moränenbildungen sind geologische Spuren vorhanden, die während der Glaziale und Interglaziale die Bodenbildung beeinträchtigten. In den weltweit wechselnden kälteren und gemäßigteren Klimas begannen das Anwachsen von Gletschern sowie auf der Nord- als auch der Südhalbkugel und führten in den Eismassen große Mengen Wasser, welches zu einem Absinken der Meeresspiegel führte.

Löss wurde in den quartären Kaltzeiten durch die Gletscher gebildet und meist vom Wind verbreitet und abgelagert. Er bildet ein Substrat, welches für den Ackerbau wichtigen fruchtbaren Boden bildet. Er bedeckt ca. 10 Prozent der Erdoberfläche.

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Computersimulation und Fotomontage R. Uhrmacher 62

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Foto: Robert Uhrmacher 17, 24, 44, 56, 73, 74, 75, 87, 95, 96

Jöris & Weniger, Beug & Bittmann, Baales, Street - SPP – Wandel der Geo-Biosphäre; Repro R. Uhrmacher © MONREPOS | RGZM : 79

LVR Bonn; Repro R. Uhrmacher © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR Deckblatt (Das neue Landesmuseum Bonn. Festschrift zur Wiedereröffnung am 24. März 1935), Reprint LVR Berichte aus der Arbeit des Museums 1/02, Zwischenblatt (Plakat Sonderausstellung Eiszeitjäger), 1, 29, InvNr. 30476; 30, InvNr. 30475; 30476; 35, EK37; 30, 57, 58, 59, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 77, 83, 86, 91, 92, 93, 94

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LVR Bonn, Nobis; Repro R. Uhrmacher © Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR |: 42

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Martin Street: Ein Wiedersehen mit dem Hund von Bonn-Oberkassel. Bonn. zool. Beitr. Bd. 50, H. 3, S. 269-290 Bonn, Dezember 2002 © MONREPOS | RGZM | Fotos: M. Street: 36, 37, 38, 39, 40, 41, 43; Repro R. Uhrmacher

Neandertalmuseum Mettmann © NEANDERTHAL MUSEUM: 78, 90

Oberkasseler Heimatverein; Repro R. Uhrmacher 4, 6, 7

Privatarchiv Familie Uhrmacher; Repro R. Uhrmacher 2, 3, 5, 9, 10, 12, 13, 76

Reproduktion Geobasis NRW; Kartenblatts "5209 Siegburg" aus der CD-ROM-Serie TK25 History (Ausschnitte) 53, 54, 55

Street, Martin/Jöris, Olaf © MONREPOS | RGZM: 60

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Westfälischer Beobachter, 20.5.1938 100/1487; Repro R. Uhrmacher 15

Zeichnung: Robert Uhrmacher 88

3D Facial Reconstruction from a Skull of a Male Subject of the Neolithic Square Mouth Pottery Culture of Quinzano 65, 66

Seite 141 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit

Weblinks

Seite der Familie Uhrmacher http://www.familie-uhrmacher.de

Rheinisches Landesmuseum Bonn http://www.landesmuseum-bonn.lvr.de/de/startseite.html

Eiszeitmuseum Schloss Monrepos http://web.rgzm.de/museen/monrepos-neuwied.html

Neanderethalmuseum Mettmann http://www.neanderthal.de/

© Rheinisches Landesmuseum Bonn | LVR | Foto: LVR

Seite 142 Robert Uhrmacher - Die Steinzeitmenschen von Oberkassel und das Haustier, der Hund - Evolution der Steinzeit

© NEANDERTHAL MUSEUM | Foto: Copyright H. Neumann NM

© MONREPOS | RGZM | Foto: Nicole Viehöver

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