Memoriav Bulletin 25

Privatarchive Archives privées Editorial MEMORIAV

Fliessende Des frontières ­Grenzen fluctuantes

Jede Generation verhandelt von neuem, wo das Où commence le public et où s’arrête le privé ? das Öffentliche beginnt und das Private endet. Chaque génération doit redéfinir la limite. Auch technische Entwicklungen verschieben ­L’évolution technique déplace également les die Grenzen zwischen öffentlichem und privatem frontières entre vie publique et vie privée. Leben. Aktuelles Beispiel dafür ist, wie in der Un exemple d’actualité est la façon dont, dans ­digitalen Welt die intimsten Details der Privat- le monde numérique, les détails les plus Werden Sie Mitglied sphäre zur öffentlichen Sache werden. ­intimes de la protection de la sphère privée ­deviennent une question d’intérêt public. von Memoriav Mit dieser Bulletin-Nummer sind wir den Memoriav ist ein gesamtschweizerischer Verein ­fliessenden Grenzen nachgegangen, die private Avec ce numéro du Bulletin, nous avons exploré mit über 200 Mitgliedern. Alle am audiovisuellen von öffentlichen audiovisuellen Sammlungen les frontières fluctuantes qui séparent les col- Kulturgut interessierten Institutionen und Laurent Baumann trennen. Auf unserer spannenden Reise kreuz lections audiovisuelles privées des collections ­Personen können Mitglied des Vereins Memoriav Verantwortlicher Kommunikation und quer durch die abwechslungsreiche Land- publiques. Au cours de notre passionnant Responsable communication werden. schaft der Schweizer Privatarchive stiegen voyage à travers le paysage varié des archives http://memoriav.ch/mitgliedschaft/ wir in tiefe Keller und entdeckten einzigartige privées suisses, nous sommes descendus dans Sammlungen und engagierte Menschen mit des caves profondes et avons découvert des ­einem grossen Archivarsherz. Aber auch das ­collections uniques et des gens dévoués dont Devenez membre Sammeln hat seine Grenzen, und wir fragten le cœur bat pour leurs archives. Mais l’art de de Memoriav bei professionellen Institutionen nach, wie la collection a aussi ses limites et nous avons Audio­visuelles aus privaten Sammlungen zu ­demandé aux institutions professionnelles Memoriav est une association nationale avec ­ihnen gelangt bzw. wie sie damit umgehen. Auf ­comment les documents audiovisuels des plus de 200 membres. Elle est ouverte à toute was Private beim Digitalisieren achten müssen,­ ­collections privées leur sont parvenus et com- ­personne ou institution intéressée par la sauve- garde du patrimoine audiovisuel. Une demande geben wir zu guter Letzt auch mit auf den Weg. ment elles les traitent. Enfin, nous donnons ­aussi des conseils aux particuliers au sujet des d’adhésion peut être adressée en tout temps. Ob und wie audiovisuelle Dokumente und subtilités auxquelles ils doivent faire attention http://memoriav.ch/devenir-membre/?lang=fr Sammlungen Generationen später noch lorsqu’ils procèdent à des numérisations. zur ­Verfügung stehen werden, ist ein komplexer Diventa membro ­Prozess, an dem viele private und öffentliche La question de savoir si et comment les docu- Akteure beteiligt sind. Damit dieser sich nach- ments audiovisuels et les collections seront di Memoriav haltig entwickeln kann, ist ein aktiver Austausch ­disponibles pour les générations à venir est un Memoriav è un’associazione nazionale con von Erfahrungen, Empfehlungen und «Best processus complexe impliquant de nombreux oltre 200 membri. Tutte le istituzioni interessate Practice» nötig. Dafür setzt sich der Verein acteurs privés et publics. Un échange intensif al patrimonio­ audiovisivo e le persone possono ­Memoriav seit bald einem Vierteljahrhundert ein. d’expériences, de recommandations et de « bonnes pratiques » est nécessaire pour péren- ­diventare membri dell’associazione Memoriav. Wir wünschen Ihnen gute Lektüre, und falls Sie niser ce processus. L’association Memoriav http://memoriav.ch/diventare-membro/?lang=it es nicht schon sind, werden Sie Mitglied beim Foto/Photo : Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde (SGV) s’y engage depuis près d’un quart de siècle. Verein zur Erhaltung des audiovisuellen Kultur- gutes der Schweiz. Wir freuen uns auf Sie! Nous vous souhaitons une bonne lecture et, si vous ne l’êtes pas déjà, devenez membre de l’Association pour la sauvegarde­ de la mémoire audiovisuelle suisse. Nous nous réjouissons de vous accueillir !

2 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 3 MEMORIAV

Inhalt Table des matières

Dossier Visibilité

6 Die Grenzen der ­Sammelleidenschaft 38 Un archivio tra intimità e rigore scientifico Samuel Mumenthaler, Musiksammler und Autor Nicole Peduzzi, Società Svizzera per le Tradizioni Popolari,

­Responsabile del progetto 9 Un nouvel adage lausannois : pas d’archives audiovisuelles Mit Übersetzung ­publiques sans offre privée Frédéric Sardet, Chef du service Bibliothèques & ­Archives 40 Zeugnis schweizerischer Musikrezeption: de la Ville de Lausanne die Tonbandsammlung von Fritz Muggler

Forschungsteam Projekt Fritz Muggler: Ivan Denes 9 16 12 Un archivio, molti volti e molte voci ­(Dokumentalist), Iris Eggenschwiler (wissen­schaftliche Nicola Arigoni, Presidente dell’Associazione memoria­ audiovisiva­ ­Mitarbeiterin) und Lukas Näf (Projektleiter) di e Val Colla Mit Übersetzung 42 Une belle industrie neuchâteloise, retour sur une sauvegarde Aude Joseph, Responsable du Département audiovisuel 14 Lichtspiel / Kinemathek Bern: Archiv und Öffentlichkeit de la Bibliothèque de la Ville de La Chaux-de-Fonds (DAV) für private Filmaufnahmen Brigitte Paulowitz, Filmrestauratorin und Leiterin der Film­ 44 Inhalt erhalten und Zugriff­ vereinfachen: sammlungen im Lichtspiel / Kinemathek Bern Videoprojekt im Verkehrshaus­ der Schweiz Lorenz von Felten, Wissenschaftlicher­ Dokumentalist und Kura- 16 Audiovisuelle Privat­archive im Schweizerischen Sozialarchiv tor Luftseilbahnen und Tourismus im Verkehrshaus der Schweiz Stefan Länzlinger, Leiter Archiv beim Schweizerischen Sozialarchiv

19 «Professionelle Hilfe wäre sehr willkommen» Interna Samuel Mumenthaler, Musiksammler und Autor 46 Das Kultur­erbe als Herzens­angelegenheit / 22 Digitalisieren von audiovisuellen­ Dokumenten:­ Le patrimoine culturel,­ une affaire­ de cœur Hinweise für Private Franco Messerli, Historiker und Publizist Felix Rauh, Verantwortlicher Bildung und Bereich Film bei Memoriav 48 Memoriav-Tipps 26 Avec traduction 49 Impressum 26 Ich habe ein Archivarsherz­ Franz Hohler, Autor und Archivar

29 Umzugskisten und tiefe Keller Fred Truniger, Leiter MA Film der Hochschule Luzern – Design & Kunst

32 Les fonds d’archives privés à la Cinémathèque suisse Caroline Neeser et Christine Tourn, Département Non-Film de la Cinémathèque suisse

34 Marthe Gosteli, Gründerin des Privatarchivs zur 38 ­Geschichte der Schweizerischen Frauenbewegung Cécile Vilas, Direktorin von Memoriav

Titelbild / photo de couverture : Blick in die Privatsammlung von Klaus Radomski, Berlin. 46 Vue sur la collection privée de Klaus Radomski, Berlin. Foto / photo : David Landolf

4 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 5 ← Im Sammlerzimmer: Ein Schelllacksammler, umgeben von Privatarchive / Archives privées MEMORIAV ­seinen Schätzen. Foto: Elion Paz / www.dustandgrooves.com

mehr da ist. Einen würdigen Nachfolger zu finden, der die Kollektion als Ganzes weiterführt, mag eine Idealvorstellung sein. In der Realität gelingt es aber oft nicht, eine entsprechend geeignete Person heranzuziehen. Denn kaum eine Sammlung ist frei von Ballaststoffen und – nicht immer erfreuli- chen – Geheimnissen, die sich kaum ein Aussen- stehender aufladen will. Im Idealfall findet der Sammler schon zu Lebzeiten eine Lösung, und übergibt seine Objekte geordnet und kommentiert an die Person oder Institution, die sich für seine Nachfolge interessiert. Aber eben: Loslassen ist ­gerade für Sammler schwer, und oft wird der rich­ tige Zeitpunkt verpasst. So kann die Sammlung auch zum Problem werden: Ins Altersheim kann man seine Schätze nicht mitnehmen und ins nächste Leben erst recht nicht. Dann müssen oft Die Grenzen der Verwandte oder Erben über den Verbleib der Sammlung entscheiden. Das ist mitunter schwie- rig, da sie mit der Sammlung auch ein Stück des ­Sammelleidenschaft Sammlers selber veräussern oder verschenken. Kein leichter Entscheid!

Pflicht und Chance zugleich Im Laufe eines langen Lebens unermüdlich eine einmalige Privatsammlung zusam­ Viele Sammler wünschen sich, dass eine öffentli- Im Archivkeller: Aufnahme aus dem SRF Studio Zürich. Foto: Rudolf Müller / Memoriav mentragen, und dann, im richtigen Moment, das Ganze integral und wohlgeordnet che Institution das Konvolut integral übernimmt, und so der Sammlung (und dem Sammler) ein in berufene Hände übergeben: So weit die Ideallösung. Doch meist sieht die Wirk­ «ewiges» Leben in öffentlicher Obhut ermöglicht. lich zu erwerben. Sie akzeptiert nur Schenkungen lichkeit anders aus. Doch es gibt zahlreiche Haken. Viele Sammlungen und weist auf die Verantwortung des Sammlers hin, sind zwar für ihre Eigentümer ein privater Segen die Sammeldokumente und ihre Herkunft zu erfas- Sammeln und loslassen: Das geht nicht gut zusam- zusammengebracht, ohne gefragt zu werden, was und reich an Trouvaillen. Doch in den seltensten sen. men. Viele private Sammlerinnen und Sammler le- sie von ihrer neuen Gesellschaft halten. Es ist der Fällen interessieren diese auch die Öffentlichkeit, Bei Sammlungen, die eine Person im Laufe ihres ben mit ihren Schätzen quasi in Wohngemein- Sammler, der sie zusammenführt, sie ordnet und die ja durch Archive, Museen und Stiftungen ver- Lebens einfach anhäuft und die den eigenen Le- schaft, freuen sich über Neuzuzüge und ärgern sich katalogisiert – nach seinen eigenen Kriterien, die körpert wird. Solche Organisationen bensweg dokumentieren, ist das darüber, wenn ihre Sammelobjekte unter dem Alter oft radikal subjektiv sind. Er braucht sich dafür haben zwar einen Sammlungs- und meist weniger ein Problem. Davon zu ächzen oder gar zu zerbröckeln beginnen – wie nicht zu rechtfertigen. Weder seiner Kollektion Aufbewahrungsauftrag und verfügen Sammler altern zeugen zum Beispiel die zahlreichen sie selber. Wer etwas aus der Vergangenheit aufbe- noch der Gesellschaft gegenüber, höchstens sich über professionelle Infrastrukturen, Nach- (und Vor-)lässe von Schrift­ wahrt, versucht einen Moment aus der Geschichte selber schuldet der Sammler Rechenschaft. Natür- die eine langfristige Erhaltung sicher- schneller als ihre stellerinnen und Schriftstellern im Samuel Mumenthaler einzufrieren, sei es aus der eigenen, sei es aus der- lich gibt es Grenzen, ethische und rechtliche: Man stellen. Gerade darum müssen sie Sammlungen, Schweizerischen Literaturarchiv. Die Musiksammler und Autor jenigen der Menschheit oder gar unseres Planeten. denke an die Raubkunstdebatte, mit der sich das sich – im Gegensatz zum schwelgeri- Aufnahme eines solchen Nachlasses Indem er ein Objekt betrachtet, sieht der Sammler Berner Kunstmuseum durch den erbrechtlichen schen Sammler – oft radikal be- denen­ sie oft in ein renommiertes Archiv, in dem seine ganz eigene Sicht auf ein Ereignis bestätigt, ­Erwerb der Sammlung Gurlitt konfrontiert sieht – schränken und eine Selektion treffen, ideale­ Lebens­ die Sammlung zusammen mit den­ denn nur er verfügt über den unmittelbaren, priva- und der es sich stellt und damit die Sammlung was sie erhalten wollen und was jenigen von anderen prominenten ten Zugang zu diesem «Original», das seine oft ein- ­eines Einzelnen in einem Kontext positioniert, der nicht. Was in ähnlicher Form schon in bedingungen Stiftern aufbewahrt und kontexuali- malige Geschichte erzählt. Zumindest aber eignen die Allgemeinheit betrifft. Doch oft stellen sich den Archiven zu finden ist oder nicht bieten,­ um siert wird, ist meist Ehre genug. sich Sammelobjekte für die Projektionen ihrer ­solche Fragen erst nach dem Tod des Sammlers. ins eigene Sammelgebiet passt, wird Eigentümer­ und deren Thesen darüber, wie sich abgelehnt. Oft fehlt es privaten sie vor der Einmaliges aus den Nischen ­etwas zugetragen habe oder was die Erschafferin Der «richtige» Zeitpunkt Sammlungen auch an einem erklä- Vergänglichkeit­ Schwieriger wird es, wenn ein Samm- eines Kunstwerks, eines Manuskripts, eines Fotos Sammler altern schneller als ihre Sammlungen, renden Kontext und an Metadaten, ler nicht sein eigenes Leben doku- Signierte Singleplatte aus der Sammlung oder eines Musikstücks habe ausdrücken wollen. ­denen sie oft ideale Lebensbedingungen bieten, die nur der Sammler selber hätte lie- zu bewahren.­ mentiert, sondern sich einem Thema des Autors. www.sams-collection.ch um sie vor der Vergänglichkeit zu bewahren. So fern können. Eine «Pflicht» und eine oder einer schönen Kunst widmet, Radikal subjektiv stellt sich unweigerlich die Frage, was mit den – zu- Chance, die allzuoft verpasst wird. und dafür über ein ganzes Leben hin- Gegenstände können nicht widersprechen. Sie mindest für den Sammler – wertvollen Schätzen zu Zeigt eine Institution aber Interesse, ist sie oft nicht weg oft erhebliche Geldbeträge investiert hat. Eine werden vom Sammler mit anderen Gegenständen geschehen habe, wenn ihr Eigentümer einmal nicht bereit oder nicht in der Lage, die Sammlung käuf- unentgeltliche Übergabe wird hier weniger schnell

6 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 7 Photo : Archives de la Ville de Lausanne, → Privatarchive / Archives privées MEMORIAV Photographe : Matthieu Gafsou

vollzogen, denn sie geht auch auf Kosten der Er- ben, für welche die Sammlung oft das einzige nen- nenswerte Aktivum ist, das sie erhalten. Das mag bei Sammeltätigkeiten, die ein grosses Budget vor- aussetzen und darum meist wohlhabenden Leuten vorbehalten sind, ein weniger grosses Problem sein. Aber gerade bei einmaligen Sammlungen, die aus Nischenbereichen stammen, die sonst wenig dokumentiert sind, muss sich die Institution über- legen, ob sich nicht auch finanzielle Mittel auftrei- ben lassen, um das Konvolut für die Öffentlichkeit zu erwerben – vor allem, wenn es sonst im privaten Sammlermarkt zu versickern droht. Selbst dann, wenn man sich über den Preis einig wäre, ist es manchen Sammlern ein Graus, die Schätze, mit denen sie in enger Gemeinschaft le- ben, in einen klimatisierten Lagerraum im dritten Untergeschoss zu verbannen, aus denen viele Sammlungen nie oder nur noch selten ans Tages- Un nouvel adage lausannois : licht gelangen. Sammeln ist Leidenschaft, Archivie- ren eine sachliche Angelegenheit. Mag sein, dass die Archivare einen nüchternen Zugang zu den ih- pas d’archives audiovisuelles nen anvertrauten Objekten der Sammlerbegierde haben, doch oft ist das hilfreich, um die Sammlung als Ganzes zu erhalten und ihr ein langes Leben zu publiques sans offre privée ermöglichen – auch über dasjenige ihres Gründers hinaus. Diese «Entpersonalisierung» macht die Sammlung auch zu einem eigenständigen Wert. Entscheidet sich der Sammler für die Übergabe C’est une certitude : la politique d’archivage des films, vidéos et sons conduite ­seiner Kollektion an private Nachfolger, wird sich par les Archives de la Ville de Lausanne, depuis le début des années 1980, n’a die Frage nach der Zukunft der Sammlung hinge- gen schon bald von Neuem stellen. pu et ne peut encore se penser sans se référer au secteur privé. Un décompte statistique sur les fonds inventoriés montre que les archives audiovisuelles Loslassen als Glücksmoment d’origine privée constituent 80 % du volume d’heures conservées. Cette Wer sammelt, tut also gut daran, die innere Bremse zu deblockieren und sich mit dem Gedanken des ­proportion continuera de croître à l’avenir vu les rythmes d’archivage. Cette Sammlerglück: Vinyljäger zeigen ihre Schätze. Loslassens anzufreunden. Etwas Vernunft, der histoire, qui reste à écrire, montrera notamment l’importance des liens entre Foto: Elion Paz / www.dustandgrooves.com ­Austausch mit vertrauenswürdigen Sammlerkolle- producteurs locaux, espace politique, changements sociétaux, mutations gen oder Fachinstitutionen gehören irgendwann zum Pflichtprogramm des «seriösen» Sammlers. technologiques et volontarisme des archivistes. Zu wissen, was mit all den toten Gegenständen, die der Sammler mit seiner Leidenschaft belebt und Curieuse histoire à vrai dire. Elle est initiée par la sons, monteurs et réalisateurs. On ne saurait trop in eine Gemeinschaft zusammengeführt hat, der- chute du Cinéac pour cause de télévision triom- insister sur l’importance de cette cellule de produc- einst geschieht; die Gewissheit, selber über das phante et l’embauche dans la foulée par la Ville de tion qui impliqua directement le personnel des ar- Schicksal der Sammlung zu entscheiden und Lausanne de l’un des opérateurs, Octave Heger. Ce chives, tant pour la prise de vue et de son que pour nicht die Nachfahren damit zu belasten, kann dernier perpétue son activité pour l’administration le montage, d’abord en 16 mm puis en vidéo analo- die Sammlung mit einem neuen, von der publique grâce à une habile reformulation de sa gique et numérique.­ Cette pratique a nourri une ­Person des Sammlers unabhängigen Geist mission en 1969 : l’homme préside à la constitu- culture interne­ de l’image et du son ainsi que des erfüllen. Gelingt eine Nachfolgelösung, tion d’archives filmiques pour la municipalité. Ce technologies afférentes sans solution de continui- kann sich der Sammler künftig noch Frédéric Sardet travail solitaire laisse place à une commission in- té. Elle s’est régulièrement enrichie des échanges ­intensiver der Kür widmen, nämlich der Chef du service terne interservices dite des « archives filmiques ». avec des techniciens professionnels du privé. Cette Bibliothèques & ­Archives ganz privaten Auseinandersetzung mit De 1982 à 2012, elle bénéficie de la passion de configuration exceptionnelle au sein d’une admi- de la Ville de Lausanne seinen Schätzen. Man muss sich Sammler fonctionnaires policiers ou d’un architecte agis- nistration communale suisse explique en grande als glückliche Menschen vorstellen. sant à la fois comme cameramen, preneurs de partie l’émergence et la pérennisation d’un pôle

Fotograf, Sammler und Buchautor Elion Paz. 8 MEMORIAV BULLETIN №25 Foto: Elion Paz / www.dustandgrooves.com MEMORIAV BULLETIN №25 9 Privatarchive / Archives privées MEMORIAV

suelles sur les serveurs publics a permis de passer privée qui justifie aujourd’hui ­encore cette activité sans blocage d’une production sur cassettes vi- originale pour un centre communal, en dépit d’une déos à la transmission de fichiers, désormais en pratique administrative audiovisuelle très limitée full HD. Les archives ont également su mobiliser ou sporadique si on excepte les enregistrements leurs savoir-faire internes pour industrialiser les des débats du législatif communal et la tradition processus de versement et de catalogage, tout en des tournages internes au corps des pompiers. veillant à collecter les archives administratives des Jusqu’en 2018, il faut le relever, la communication producteurs, pas toujours aisément, mais dans le municipale est demeurée essentiellement centrée respect d’une démarche sans laquelle la collection sur les communiqués de presse écrits. audiovisuelle ne saurait se penser comme fonds d’archives. Un modèle d’archivage à repenser ? En 2018, sur la base des documents inventoriés, Et les coûts ? les archives de la ville gèrent un patrimoine audio- Sans doute, à la lecture de ce très bref résumé, visuel issu de 211 fonds privés (pour 764 fonds s’étonnera-t-on d’entendre si peu parler d’argent… ­privés sous gestion) et de 38 services administra- C’est un fait. A aucun moment le travail mené à tifs (pour 69 services dénombrés). Cela représente Lausanne n’a justifié un quelconque soutien finan- plus de 27 000 unités filmiques et 9000 docu- cier externe, de Memoriav notamment. Les coûts – ments sonores, soit un volume de données repré- bien réels – ont été essentiellement humains et sentant plus de 15 000 heures (207 To). Avec les « internalisés » tant du côté public que privé. Outre moyens dont l’institution dispose (un équivalent les serveurs, les infrastructures de stockage sur plein temps d’archiviste spécialisé avec un sou- bande LTO, fastidieuses et imposant des migra- tien administratif et informatique ponctuel), le tions régulières, ne sont pas ­financièrement pro­ ­résultat semble honorable, euphémisme poli. Si hibitives pour les archives. La pro- aujourd’hui encore, des person- duction tape­less largement répan- nes privées – effet du bouche à due dès 2009 a même réduit les oreille – proposent aux archives de coûts logistiques, au prix toutefois C’est parce que la ville leurs anciennes pellicules d’une modé­lisation bien pensée la fonction « familiales » (surtout pour en avoir des flux, i. e. suffisamment souple une copie numérique), il demeure pour s’adapter au fil du temps ­archivistique­ qu’un pan massif de la production aux changements organisationnels ne pouvait être prise privée contemporaine prend la et techniques de la production forme de vidéos numériques na- Photo : Archives de la Ville de Lausanne, Photographe : Matthieu Gafsou télé­visuelle. en charge efficace­ tives, diffusées désormais sur les Pour compléter ce tableau, il faut ment par ces réseaux ­sociaux. garder en tête que l’archivage des La dissémination des informations d’archivage audiovisuel, même si ce dernier de- prise en charge efficacement par ces médias que la documents sonores ou filmiques a médias que la sur les plateformes et leur mode de meure de toute petite taille et donc fragile. collaboration avec les archives de la ville a pu été nourri essentiellement par des collaboration­ avec stockage rendent quasi impossi­ L’autre facteur que cette histoire révélera tient à la ­perdurer et s’affermir. Dans un contexte moins cha- institutions culturelles, associa- bles un versement sur le modèle perpétuation d’une offre de médias audiovisuels huté que celui des rédactions, des programmes tions ou fondations extérieures à les archives de la ­ ancien des archives de famille qui privés, locaux ou régionaux dont le destin a été et des annonceurs, en l’absence aussi de moyens l’administration publique, mais ville a pu perdurer font la richesse des centres d’ar- ­organiquement lié à la ville de Lausanne et que les ­financiers qui laissaient la porte ouverte à une col- souvent soutenues par des finan- chives. C’est un des paradoxes de archivistes ont considérée immédiatement comme laboration avec des archives publiques, presta- cements publics. On citera pêle- et s’affermir. notre société égotiste et malade relevant de leur mission patrimoniale pour docu- taires « gratuits », la reconduction du responsable mêle : captations théâtrales, réali- d’infobésité. Faute de solution mi- menter l’histoire du XXe siècle. technique au sein des entités médiatiques succes- sations de compagnies de danse, racle, ne doit-on pas dès lors ima- sives a évité la dissolution des liens de confiance radios web, télévision de quartier, chasseurs de giner des actions proactives, portées avec les mi- Collaborer avec le privé et tirer profit et d’estime entre entreprises publique et privée. son, chœurs ou festivals de musique. C’est l’en- lieux universitaires ou associatifs pour développer des opportunités Une prise en compte des besoins des archivistes semble de ce dispositif qui a finalement­ encouragé de nouvelles méthodes de collecte des informa- Une offre qui prend corps avec l’expérience asso- en termes de métadonnées a même pu s’imposer, et fortifié l’archivage audiovisuel au sein de la ville tions audiovisuelles dans des microespaces, ciative de Radio Acidul’ dès 1984, qui se mue en facilitée plus récemment par les exigences de la de Lausanne. Ainsi, l’abandon en 2012 de toute comme ceux d’une ville ? Il y a, à l’évidence, un défi Télévision régionale lausannoise (Tvrl) en 1993, communication web, incontournable pour l’entre- production filmique pour cause d’économies et d’un nouveau type à relever. Il supposerait au avant de se « fondre », dès 2009, dans la nouvelle prise télévisuelle. parce que les modèles RH de l’administration n’au- moins une coordination d’un nouveau genre entre télévision régionale Vaud-Fribourg connue sous le Un soutien indéfectible du service informatique de torisaient plus les activités « accessoires » de tour- institutions publiques et privées. nom de « La Télé ». Tout au long de ces années, c’est la Ville de Lausanne pour garantir une livraison et nage n’a pas sonné le glas de l’archivage audio­ parce que la fonction archivistique ne pouvait être un stockage en flux tendu des productions télévi- visuel. C’est la largesse du spectre­ de la collecte

10 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 11 ← Banchetto per il cinquantesimo anniversario degli Swiss Privatarchive / Archives privées MEMORIAV Sharp Shooters (tiratori scelti svizzeri) a San Francisco, 28.7.1912 (29,5 × 18 cm). Foto: Proprietà ACVC

Per quanto riguarda i documenti orali, vale a dire le interviste a carattere storico-etnografico, si proce- de anche in questo caso secondo parametri tecnici dettati da Memoriav e alla loro catalogazione nella banca dati della Fonoteca. Una volta che la curatrice dell’archivio entra in pos- sesso delle immagini inizia il lavoro di scelta, dal momento che vengono selezionate unicamente ­alcuni tipi di immagini: quelle che posseggono un valore storico-documentario, estetico o che sono rappresentative di qualche particolare usanza o mestiere, così come le immagini di paesaggi. ­Spesso la scelta è fatta assieme al proprietario dei documenti, che può fornire informazioni utili per la selezione; il proprietario è comunque coinvolto al momento della restituzione degli originali, quando la curatrice recupera il maggior numero possibile di informazioni riguardanti le immagini scelte. Dopo Un archivio, la scansione degli originali e la loro restituzione (e la firma di un contratto di prestito), si procede alla catalogazione, utilizzando il sistema fornito dalla molti volti e molte voci Fonoteca nazionale svizzera. eutsch: Mit Übersetzung auf D Genere dei fondi www.memoriav.ch/bulletin25 Oltre ai molti fondi di famiglia, in questi anni sono L’Archivio audiovisivo di Capriasca e Val Colla, con sede a Roveredo, , stati censiti anche alcuni fondi particolari. Nello è un museo regionale riconosciuto dal Cantone che si occupa di scovare specifico: il fondo di fotografie dello scultore Mario Bernasconi e della moglie Irma Pannes, vissuti a ­immagini nei paesi della regione. Oltre ad alcuni fondi di proprietà, gran Sala Capriasca dal 1929 al 1933, comprendente Ritratto dell’emigrante Angelo Rossini di Insone a Fort Lewis (WA) nel 1943. ­parte della sua collezione è costituita da immagini digitalizzate che vanno 170 immagini, per la massima parte della Capria- Foto: Proprietà ACVC sca, ma anche di , Morcote e Gandria; il dalla fine dell’Ottocento ai giorni nostri. ­fondo Domenico Quirici di Bidogno Oltre a immagini in formato digitale, comprendente circa 150 lastre foto- l’ACVC è anche collettore di immagi- Archivio audiovisivo Genesi e impostazione impazienza di entrare nella dialettica odierna di grafiche scattate tra il 1880 e il 1910 I materiali raccolti ni originali e conserva anche docu- di Capriasca e Val Colla Nucleo 5, 6957 Roveredo Nato nel 2007, l’Archivio audiovisivo di Capriasca e contribuire a creare una formazione più libera fin circa; il fondo fotografico apparte- non stanno là nelle menti cartacei (lettere, diari, testa- Val Colla (ACVC) raccoglie, salvaguarda e riconse- dalla sua radice.» Questa citazione dello scrittore nente al Convento del Bigorio, del menti) e documenti video. [email protected] www.acvc.ch gna alla popolazione e a tutti gli interessati le im- italiano Cesare ­Zavattini si presta per definire gli in- quale sono state selezionate ­circa scaffalature in magini e le testimonianze orali che costituiscono la tenti e l’impostazione dell’ACVC. È importante sot- 400 immagini, tra le quali troviamo un’interminabile Visibilità dei materiali raccolti memoria collettiva della regione. Il patrimonio au- tolineare che il patrimonio fotografico raccolto fotografie di interni, con frati al lavo- Le immagini catalogate dall’ACVC diovisivo raccolto proviene in gran parte da privati dall’ACVC non sarebbe altrimenti visibile e reperi- ro e in preghiera, di esterni, di molte ­attesa, (…), ma sono ammontano a circa 7000, tutte con- che offrono la possibilità di inserire le loro immagi- bile dal momento che le immagini provengono in cerimonie religiose, di processioni, invece percorsi da sultabili sul sito internet dell’Archi- Nicola Arigoni ni, le loro esperienze e conoscenze nell’archivio. Si gran parte da fondi privati. di visite di personaggi importanti, di vio. Inoltre il sito è utile per promuo- Presidente dell’Associazione tratta spesso di collezioni importanti di fotografie, Per quanto riguarda le immagini, il lavoro consiste paesaggi, documentazioni sul rifaci- una viva impazienza vere nuove acquisizioni e avere un ­memoria audiovisiva di carattere privato ma anche pubblico (fotografie in due fasi: da una parte la ricerca, la raccolta e la mento della Via Crucis e sull’incen- filo diretto con informatori o posses- di Capriasca e Val Colla di entrare nella di avvenimenti, di feste, di luoghi­ e paesaggi, di scansione di queste immagini, dall’altra la loro dio del 1987; il fondo Luigi Rossi, im- dialettica­ odierna sori di immagini e permette agli inaugurazioni, di mestieri, di pratiche religiose, di ­catalogazione anche per poterle ritrovare facilmen- portante per il rapporto tra fotografia utenti una totale libertà di scelta momenti della storia della regione­ quali l’emigra- te. Questo lavoro è svolto secondo criteri dettati e pittura indagato dal grande pittore di contribuire ­nella visione delle immagini. La no- zione o la costruzione di edifici e strade, di matri- da Memoriav e dalla Fonoteca nazionale svizzera. ticinese; il fondo ­Ernest Bloch, una a creare­ una forma­ vità dell’impostazione dell’ACVC sta moni e ritratti). «I materiali raccolti non stanno là Dal momento che l’Archivio è riconosciuto come sessantina di ­fotografie scattate dal quindi nel fatto di riunire il materiale nelle scaffalature in un’interminabile attesa, diven- museo regionale dal Cantone Ticino, i dati digitali compositore svizzero durante il suo zione più libera fin fotografico che può interessare la tando cioè sempre più archivio, secondo il vecchio sono salvati anche sui server del Cantone, oltre che soggiorno a Roveredo, Ticino, nei dalla sua radice. popolazione, senza vincoli tempora- vocabolario, ma sono invece percorsi da una viva su quelli della Fonoteca. ­primi anni Trenta del Novecento. li o tematici.

12 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 13 ← Professionelle Lagerung für private Filmaufnahmen Privatarchive / Archives privées MEMORIAV im Lichtspiel / Kinemathek Bern. Foto: Sammlung Lichtspiel / Kinemathek Bern

möglicherweise wichtige Sammlungen entgehen, die damit vermutlich nicht überleben werden. Ansonsten hat das Lichtspiel eine einzige wirkliche Grundregel für die Aufnahme von Sammlungen: Sie müssen im Haus vorgeführt werden dürfen, im Gegenzug sind Einlagerung und notwendige Arbei- ten am Material unentgeltlich. Bei Beispiel 1 sehen wir bereits, dass Vorführungen schwierig sein könnten, da kein explizites Einver- ständnis der einzelnen Kunden vorliegt und die Urheberrechtsfrage­ für jeden einzelnen Film ge- klärt werden muss. Das Thema Urheberrecht ist ­zugleich sehr komplex und einfach. Grundsätzlich bleibt das Autorenrecht bei den Autor/-innen bzw. ihren Nachkommen. Das Nutzungsrecht hingegen Lichtspiel / Kinemathek Bern: kann übergeben werden, muss es aber nicht. Na- türlich zieht das Lichtspiel es vor, auch mit dem ­Archiv und Öffentlichkeit Nutzungsrecht arbeiten zu können, da im Falle ­einer externen Nutzung, z. B. für eine Filmproduk­ tion, auch einige­ der entstandenen Kosten wieder für private ­Filmaufnahmen gedeckt werden können. Die Entscheidung liegt Max Sixt: Dampf in Mittelbaden, 1970, S8 mm. Foto: Lichtspiel / Kinemathek Bern aber bei den Deponent/-innen.

Arbeitsintensive Erschliessung Das Lichtspiel / Kinemathek in Bern ist Kino, Archiv, Museum, Dienstleister und Ver­ Um zu evaluieren, ob Filme langfristig im Lichtspiel und wir wissen bereits, dass der Bestand inhaltlich anstaltungsort zugleich. Als Verein, der vor 18 Jahren, gegründet wurde, ist es weit gesichert werden oder nicht, müssen sie zuerst wie ästhetisch bedeutend ist. «Donation Questionnaire» ­gesichtet werden. Dabei werden sie im Lichtspiel In Zusammenarbeit mit anderen über die ursprünglichen Vorstellungen hinaus gewachsen und zu einer national wie zugleich auf ihren Zustand hin analysiert und in Internationale Zusammenarbeit nötig ­Archiven (u. a. mit dem Center for international renommierten Institution geworden, die sich – im Unterschied zu den der Datenbank erfasst. Diese Tätigkeiten sind bei Die Frage, was aufbewahrt werden soll, ist auch Home Movies, EYE Film Instituut und Harvard Film Archive) wurde nicht industriellem Film ungleich arbeitsintensiver, deshalb schwierig zu beantworten, da es wenig meisten kulturellen Institutionen – immer noch grossmehrheitlich selbst finanziert. vor einigen Jahren ein Fragebogen da es zumeist keine Sekundärquellen gibt, d.h. ­Literatur zum nicht industriellen Film gibt, kaum Im Folgenden erklärt die Filmrestauratorin und Leiterin der Filmsammlungen, wie entwickelt, der den Archiven helfen eine Bewertung steht und fällt unter anderem mit zeitgenössische Listen, Inhaltsangaben und Infor- soll, eine Kontextualisierung zu beim Lichtspiel die archivische Bewertung von privaten Filmsammlungen erfolgt. einer detaillierten inhaltlichen Be- mationen zu den Vorführungen. Auch ­erleichtern oder zu verbessern: schreibung und einer ästhetischen filmwissenschaftliche Untersuchun- ­http://www.centerforhomemovies. Der Schwerpunkt der Filmsammlung des Licht- Beispiel 2: Bewertung. Diese erfordert zusätzlich Sammlungen gen gibt es nur vereinzelt. Internatio- org/donation-questionnaire/ spiels liegt auf Kurzfilmen aller Art; den grössten allgemeine Kenntnisse der Materia­ nale Zusammenarbeit ist hier umso ­(englische Version, Deutsch auf ­Anfrage im Lichtspiel). Teil darunter nehmen nicht industrielle Filme ein. Im Alpinen Museum wird die Vorführung eines lien, aber auch der ganz spezifischen müssen im Haus wichtiger. Für die Bewertung wären Durch den Tätigkeitsbereich «Digitalisierung» wer- ­Filmes mit dem Titel «Dengeln, Super 8 und ande- Eigenheiten von nicht industriellem vorgeführt Forschungs­arbeiten, die sich mit den viele Filme nach deren Digitalisierung auch Teil res altes Zeug» angekündigt, der das filmische Film. ­diesen Filmen auseinandersetzen Lichtspiel / Kinemathek Bern der Sammlung des Lichtspiels. Werk von Elisabeth Freidig dokumentiert, die über Existieren zusätzliche Materialien werden­ dürfen, und Klas­sifizierungsmodelle entwer- Die Institution führt wenn immer Zwei typische Beispiele, denen wir immer wieder 25 Jahre lang die Bergbauernarbeit ihres Mannes wie Drehbücher und idealerweise im Gegenzug sind fen versuchen, besonders wün- möglich Filme in ihrem Original­ begegnen: Im ersten Fall wissen wir über den Kon- auf Film festgehalten hat. Wir besuchen die Vor­ ­Informationen, die mit dem «Dona­ schenswert. format vor, veranstaltet Workshops und Symposien, führt Schulklassen Brigitte Paulowitz text der Filme so gut wie nichts, im zweiten sind führung, sind begeistert und sprechen mit Frau tion Questionnaire»-Fragebogen (sie- Einlagerung und Nicht industrieller Film ist ja nicht in die Geheimnisse des Kinos ein, Filmrestauratorin und Leiterin ­Leben und Werk der Autorin gut dokumentiert. Freidig. Diese setzt vor ihrem Tod 2017 das Licht- he Kasten) gewonnen wurden, er- ­einfach nur ein weiteres Genre wie der Filmsammlungen notwendige betreut Forschende und Filme­ spiel testamentarisch als Erben der Filme ein. leichtert dies die spätere Kontextuali- Western oder Horror, sondern ein im Lichtspiel / Kinemathek Bern macher/-innen auf der Suche nach Beispiel 1: sierung. Im Allgemeinen wird darauf Arbeiten­ am ­eigenes Medium, das seinen eigenen Material, vermietet die Räumlichkei- Akquisitionspolitik mit einer Grundregel hingewiesen, dass technische Geräte Material­ unent­ Gesetzen gehorcht. Und wir wissen, ten für private Anlässe, berät andere Ein Digitalisierungsservice ruft an und teilt mit, Im Lichtspiel kommt eine «halb-aktive» Akquisiti- und vorhandene Tondokumente, aber dass vieles seinen Weg nicht ins Archive im Umgang mit ihren Film- dass man grössere Mengen von Filmen diverser onspolitik zum Zug. Im Unterschied zu vielen ande- auch Videos, Teil eines Werkkorpus geltlich. ­Archiv findet, d. h. nur ein Bruchteil sammlungen, führt Restaurierungs- projekte durch und digitalisiert Kunden bei sich habe. Die Kunden wollen die Filme ren Institutionen (wie zum Beispiel dem Haus des bilden und zusammen erhalten wer- ­erhalten bleiben wird. Die Aufgabe, ­Filmbestände für externe Kunden. nach einer Digitalisierung nicht retourniert haben, Dokumentarfilmes in Stuttgart oder dem Filmarchiv den sollten. so viel als ­möglich zu erhalten, um www.lichtspiel.ch sondern entsorgt. Der Dienstleister findet das Austria in Wien) müssen wir von aktiven Aufrufen Im Gegensatz zu Beispiel 1 stellt das Beispiel 2 viel den Reichtum dieser Kulturpraxis­ zugänglich zu schade und klärt mit den Kunden ab, ob man die absehen, da sie unsere Kapazitäten sprengen wür- weniger komplexe Ansprüche, die wesentlichen machen, ist daher umso dringlicher. Filme auch einem Archiv übergeben dürfe. den, dies geschieht im Wissen, dass uns dadurch Fragen sind vor einer Übernahme geklärt worden

14 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 15 ← Collage mit den Videobeständen des Schweizerischen Privatarchive / Archives privées MEMORIAV ­Sozialarchivs. Foto: Schweizerisches Sozialarchiv

Projektpartner, der auch finanzielle Mittel für die aufwändige Digitalisierung zur Verfügung stellen kann. Und drittens hat der «Visual Turn» in der Geschichtswissenschaft­ dazu geführt, dass Bilder, Filme und Videos immer mehr Akzeptanz als eigen- ständige Quellen fanden. Das Sozialarchiv regist- rierte um die Jahrtausendwende eine verstärkte Nachfrage, Vorstand und Geschäftsleitung erkann- ten die Zeichen der Zeit und schufen eine eigene Stelle für audiovisuelles Archivmaterial.

Vom Anfangserfolg zum Alltag Die Zusammenarbeit von Heinz Nigg, Memoriav und Sozialarchiv brachte den ersten Meilenstein hervor: die Videosammlung Stadt in Bewegung. Das Echo war gross, die Ausleihe der VHS-Visionie- rungskopien ein Renner. Aber wie weiter? Nach der Ernte der Lorbeeren dieses Anfangserfolgs begann der wesentlich weniger glamouröse Alltag. Was sollte mit den Videokassetten­ passieren, die über Chillen am Vierwaldstättersee: am Strand des Hotel Floralpina in Vitznau, wo Gewerkschafts­ Dutzende bereits im Archiv liegende Bestände ver- mitglieder günstige Ferien verbringen konnten. Filmstill aus: «Uns zur Wehr, dem Land zur Ehr», 1962 (Sozarch_F_9003-001). Foto: Schweizerisches Sozialarchiv streut waren? Was sollte aufbewahrt werden? Wie sollte das entschieden werden? Wer bezahlte den Rattenschwanz an Kostenfolgen: Digitalisierung, Erschliessung, Benutzungskopien, allen­falls Mig- prozess zu entwickeln. Ebenso tückisch war die Audiovisuelle Privat­ ration der Daten? Und vor allem: Was nützte die Entwicklung eines Erschliessungskonzepts. Wer teuerste Digitalisierung, wenn vom Resultat kaum schon Bewegtbild erschlossen hat, weiss, wie sehr jemand Notiz nahm? die Diskussionen um Normen im Fluss sind und archive im Schweizeri­ Die Klärung dieser Fragen erfolgte selbstredend wie wenig man sich auf ein allgemein akzeptiertes nicht von heute auf morgen, sondern nahm Jahre Metadatenschema und Katalogisierungsregeln in Anspruch. Dank dem Umstand, dass in den Nul- (etwa im Vergleich zur bibliothekarischen Erschlies­ schen Sozialarchiv lerjahren doch schon ein paar Gedächtnisinstitu­ sung) abstützen kann. tionen in derselben Lage waren, Das Videoband gehört wohl zu den kurzlebigsten Medienphänomen der und dank dem kontinuierlichen Populär und doch kein Interesse Archiv­welt. Wenige Jahrzehnte nach seiner Erfindung ist es im Begriff, von fachlichen und finan­ziellen Sup- Bei erhaltungswürdigen­ dafür port durch Memoriav gelang­ es, Diese archivischen Kernprozesse Beständen manifestier­ der Bildfläche zu verschwinden. Vom immensen kommerziellen Erfolg und ­zumindest die drängendsten Prob- wurden von Projekt zu Projekt wei- den vielfältigen Einsatzgebieten zeugt aber die Tatsache, dass fast jede leme zu lösen. Das Sozialarchiv ten sich in den letzten terentwickelt. Bei der Übernahme schaffte sich einenbescheidenen ­ Jahren immer wieder ein der Film- und Videoarchive der Vor- Abliefe­rung ans Sozialarchiv auch Videobänder enthält. Wie geht ein Spe­ Technikpark mit Videogeräten­ der gewisses­ Desinteresse gängerorganisationen der Gewerk- zialarchiv mit den vielfältigen Anforderungen um? am häufigsten vorkommenden For- von Gedächtnisinsti­­ schaft UNIA 2005 musste ein griffi- mate an, um wenigstens die Be- ges Bewertungskonzept her. Wie Audiovisuelles Material fristete im Sozialarchiv bis dene Lebenserwartung haben. Einmal bespielt, wertung in-house erledigen zu kön- tutionen respektive das heute üblich und verbreitet, wurde vor 20 Jahren das typische Archivschicksal: Ton- dauert es schlimmstenfalls wenige Jahre, bis sie nen. Für alle weiteren technischen Fehlen eines ­nationalen damals beschlossen, nur Eigenpro- bänder, Videokassetten und Fotografien bleiben unbenutzbar werden. Dieses Schicksal drohte Arbeitsschritte entstanden Partner- Kompetenz- oder duktionen der abliefernden Stelle Bestandteil der klassischen, sprich papierenen auch den Videos der Jugendbewegung aus den schaften mit einer Dienstleister­ Archivierungszentrums­ zu archivieren. Bedingung war zu- Archiv­bestände, wo sie bestenfalls im Findmittel späten 1970er Jahren und der 1980er Jahre. Einzig- szene, die mittlerweile von konser- dem, dass das Material hinsicht- nachgewiesen wurden. Für eine medienspezifische artige Zeugnisse der ersten Generation von Video- vatorisch-restauratorischen Eingrif- für Videomaterial­ lich Evidenzwert und Metadatier- Erschliessung oder Aufbereitung für eine Benut- aktivistinnen und -aktivsten wären wohl verloren fen bis zur Digitalisierung der in der Schweiz. barkeit gewissen Mindestanforde- zung fehlten Know-how, Geld und auch das Inte­ gegangen, hätte sich nicht Heinz Nigg, Ethnologe exotischsten Formate alles ab- rungen genügte. Das ehrgeizige Stefan Länzlinger resse der Nutzerinnen und Nutzer. und Video­schaffender, vehement für ihre Rettung deckt. Ziel, die Videos auf auch einer­ Leiter Archiv beim Schweize- Ende des letzten Jahrtausends führten drei Ent- eingesetzt und viele Kassetten zusammengetra- Erstaunlicherweise komplexer war es, eine konzise ­online zugänglichen multimedialen Datenbank zu rischen Sozialarchiv wicklungen zu einer Kehrtwende: Es stellte sich gen. Nur wenige Jahre vor Niggs Aktion wurde – «Collection policy» mit einem einigermassen ob- streamen, beeinflussten natürlich auch dieV er- erstens heraus, dass Videobänder eine beschei­ zweitens – Memoriav gegründet: ein kompetenter jektivierbaren und nachvollziehbaren Bewertungs- tragsverhandlungen mit der Gewerk­schaft UNIA.

16 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 17 Er erkannte das Kommunikationstalent der → Privatarchive / Archives privées MEMORIAV Box-Legende: Eric Bachmann zeigt im Archiv sein Buch über Muhammad Ali. Foto: Christian Lanz

Der Erfolg der Datenbank Bild + Ton beim Publikum und die sich abzeichnende Obsoleszenz des Zu- gangsformats VHS beschleunigten die Digitalisie- rung der Videosammlung Stadt in Bewegung. Die Masterkopien auf Digibeta-Bänder wurden in digi- tale Files umgewandelt und 2011 online gestellt. Die Popularität des Mediums Videos war und ist in Jugendszenen und in der Jugendarbeit ungebro- chen. Videoherstellung verursacht kaum Kosten, ist leicht erlernbar und hat dank der permanenten technischen Weiterentwicklung ein dynamisches Flair. Natürlich ist bei weitem nicht alles für die Ewigkeit gemacht. Bei erhaltenswürdigen Bestän- den manifestierten sich in den letzten Jahren im- mer wieder ein gewisses Desinteresse von Ge- dächtnisinstitutionen respektive das Fehlen eines nationalen Kompetenz- oder Archivierungszent- «Professionelle Hilfe rums für Videomaterial in der Schweiz. So ist das Material des Vereins Szenario, der bis 2007 Bewer- bungs- und Videotrainings für junge Arbeitslose wäre sehr willkommen» durchführte, nach mehreren erfolglosen Platzie- rungsversuchen schliesslich im Sozialarchiv gelan- det. Gleiches gilt auch für das kurzlebige, aber Die legendäre WC-Schüssel aus «Barcelette», einem Video von Reno Sami. Auf ihr fliegt der nicht minder attraktive Projekt von «Kompressor ­Protagonist durch die besetzte Wohlgroth-Fabrik in Zürich. Videostill aus: «Barcelette», 1994 Im Kellerarchiv von Eric Bachmann lagern Hunderttausende von Fotografien, die (Sozarch_Vid_V_008). Foto: Schweizerisches Sozialarchiv TV», einem­ privaten TV-Jugendsender. die Geschichte der letzten 60 Jahre dokumentieren und den Menschen, die sie Zunehmende Archivablieferungen ­geprägt haben, nahe kommen. Die Frage, was mit seinem Lebenswerk geschehen Mit dem definitiven Ende von Videoaufzeichnun- Es ist anzunehmen, dass das Medium Video uns soll, beschäftigt den Schweizer Fotografen, der während der Blütezeit der Presse gen auf physischen Bändern in den letzten Jahren in Ablieferungen von Privaten noch einige Jahre haben naturgemäss die Archivablieferungen noch- ­begegnen wird. Für viele der damit verbundenen auf Reportage war. mals massiv zugenommen. Grosse NGOs wie der Herausforderungen konnten in erstaunlich kurzer WWF Schweiz oder Greenpeace trennten sich leich- Zeit Lösungen gefunden werden. Was bleibt ist Eric Bachmann ist ein kontaktfreudiger Mensch. So auch über die Landesgrenzen hinausführte, erfüllt, ten Herzens von ihren Sammlungen. Die Schweize- die Frage, wie kleinere und mittlere Organisationen unkompliziert, wie er Besucher in seinem Altstadt- ging er auf eigene Faust auf Reportage und kehrte rische Arbeiterbildungszentrale SABZ (heute: Mo- mit den grossen Datenmengen hochaufgelöster haus in Kaiserstuhl empfängt und ihnen sein­ mit eindringlichen Bildern heim, die andere Blicke vendo) beispielsweise besass eine intern genutzte Videofiles­ hinsichtlich der langfristigen Speiche- Archiv zeigt, so direkt ging er auf diejenigen zu, auf den Vietnamkrieg, die Apartheid oder die Videothek mit rund 500 Kassetten – sie harrt rung und Sicherung umgehen. Unbefriedigend die er im Lauf seiner fast 60-jährigen Tätigkeit seit Globuskrawalle­ ermöglichten – aber auch auf die ­gegenwärtig der Bewertung und wird selektiv digi- bleibt auch das Fehlen eines konsensfähigen Me- den 1950er-Jahren fotografierte. «Mich interes­ Natur, der sich der passionierte Fischer immer talisiert werden. Eine Herausforderung vor allem tadatenstandards. Die Fortschritte verglichen mit sieren Menschen», sagt er. Kaum ein bekanntes schon verbunden fühlte. technisch-konservatorischer Natur stellte eine der der Situation von vor 15 Jahren sind allerdings im- ­Gesicht aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhun- grössten Videoübernahmen des Sozialarchivs dar: mens. Der Datenaustausch mit Memobase klappt Samuel Mumenthaler derts, das sich nicht in seinem Archiv findet. Bach- Vertrauter Umgang Das Videoarchiv des Videoladens Zürich, einem dank einer Angleichung unserer Erschliessung an Musiksammler und Autor mann war – stets als freier Fotograf – unterwegs für Zahlreiche Bücher zeugen von Bachmanns Schaf- aus der Zürcher Jugendbewegung entstandenen den von Memoriav verwendeten «Memobase- Zeitschriften und Zeitungen, die damals noch über fen. Etwa das intime «Casa Verdi», welches Bilder Produktionskollektiv. Die delikaten, oft stark mit- Core» mittlerweile fast reibungslos. Das muss ja das nötige Budget verfügten, um ihn auf Reportage aus einer von Giuseppe Verdi finanzierten Alters­ genommenen Originalbänder aus der Videostein- schliesslich das Ziel von Erhaltungsmassnahmen zu schicken. Er war bei vielen Bundesräten, aber residenz für Opernsängerinnen und -sänger zeigt. zeit mussten gereinigt und konservatorisch auf- sein: dass möglichst viele Interessierte online auf auch bei Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch zu Oder die Reportage vom einzigen Schweizer Be- wändig für die Digitalisierung vorbereitet werden. das Material zugreifen können. Hause. Er wirkte während der «Goldenen Ära» als such der Boxlegende Muhammad Ali, die 1971 im Videoschaffende, Memoriav, Konservatorinnen inoffizieller Hoffotograf des Schweizer Fernsehens Zürcher Hallenstadion auf den deutschen Schwer- und das Sozialarchiv arbeiteten Hand in Hand, um und knipste vor und hinter den Kulissen der gros­ gewichtsmeister Jürgen Blin traf. Ali siegte durch einen zeitgeschichtlich einmaligen Schatz für die sen TV-Shows von «Hits à Gogo» über «Teleboy» bis K. o. in der siebten Runde. Eric Bachmann erkannte Nachwelt zu sichern. «Karussell». Hatte er seinen Auftrag, der ihn oft das einmalige Kommunikationstalent des Stars,

18 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 19 Modell und Vertraute: Die Schweizer TV-Ikone → Privatarchive / Archives privées MEMORIAV Heidi Abel, 1977. Foto: Eric Bachmann

oder Ausstellungsbeiträge, scannt frühere Arbei- ten und versucht sein Werk so zu ordnen,­ dass es sich nicht nur ihm selber schnell erschliesst.­ Meh- rere hunderttausend Fotos hat er in seinem alpha- betisch und teils thematisch geordneten­ Archiv ab- gelegt, wo sich Negative, ­Abzüge und manchmal auch erklärende Begleit­materialien in grossen Briefcouverts befinden. Mag sein, dass die Lage- rungskonditionen profes­sionellen archivarischen Standards nicht zu genügen vermögen, fügt Bach- Nahe dran: Eric Bachman fotografiert die Sixties-Sängerin mann an, denn das ­Archiv liegt im Keller, wo sich Julie Driscoll in einer Garderobe des Schweizer Fernsehens, 1969. Foto: Eric Bachmann auch die Heizung ­befindet. Die alten Holzbalken an der Decke wären im Brandfall ein rasches Opfer des Feuers. Doch in der Realität gab es nie Probleme – chauffierte ihn in seinem Auto durch Zürich, beglei- Bachmanns Fotos­ sind wohl behalten und leicht tete ihn beim Joggen, assistierte beim Kleiderein- zugänglich. Mehr Sorgen bereitet dem Fotografen kauf und liess sich gar selber von der Boxlegende die langfris­tige Erhaltung seines Lebenswerks. «In fotografieren. Dass er Vertrauen meinem Fundus sind viele Perlen schaffen konnte, davon zeugen viele versteckt, die ich ans Tages­licht ho- seiner Bilder, die ein schneller Er wirkte während len möchte», sagt er. Oft kennt nur «Blitzlichtfotograf» so nie hätte er allein die Umstände, unter denen schiessen können. Manchmal entwi- der «Goldenen eine Reportage entstanden ist. Nur ckelten sich aus der professionellen Ära» als inoffiziel­ Bachmann kann Querbezüge schaf- Beziehung des Fotografen zu sei- fen und brauchbare Metadaten lie- nem «Modell» auch Freundschaften. ler Hoffotograf fern, die sein umfangsreiches Archiv Die Schweizer TV-Ikone Heidi Abel des Schweizer nachhaltig nutzbar ­machen. Doch etwa fragte Bachmann immer wieder solche ­Arbeiten sind aufwändig. auch in persönlichen Angelegenhei- Fernsehens und Und oft fehlt es an der nötigen Zeit. ten um Rat und vertraute sich ihm knipste vor und «Eine Assistenz fehlt leider», räumt an. Schon bald werden zahlreiche Bachmann ein. Zwar unterstützt ihn von Bachmanns persönlichen Bil- hinter den Kulissen sein Neffe ­Dominik bei Projekten dern in einer Dokumentation zum der grossen und ­Recherchen im Archiv. «Eine 90. Geburtstag von Heidi Abel zu professionelle Hilfe bei der Erfas- ­sehen sein, an welcher der Filmema- TV-Shows von sung wäre aber sehr willkommen.» cher Felice ­Zenoni derzeit arbeitet. «Hits à Gogo» Offene Zukunft Verborgene Perlen über «Teleboy» Noch sind kaum Kontakte zu profes- Heute geht Eric Bachmann auf die bis «Karussell».­ sionellen Organisationen wie zum 80 zu. Er musste seine fotografi- Beispiel der Fotostiftung Schweiz ge- schen Aktivitäten auch wegen einer knüpft, wo dieser immense Fundus schweren Krankheit einschränken. Wenn es die auf Interesse stossen könnte. Doch was nicht ist, ­Situation erlaubt, arbeitet er weiter in seinem kann noch werden. Wie gesagt: Eric Bachmann ist ­Archiv, macht die Auswahl für seine Pub­likationen ein kontaktfreudiger Mensch.

20 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 21 ← Super-8 war lange Zeit das beliebteste Filmformat Privatarchive / Archives privées MEMORIAV im privaten Bereich. Foto: Laurent Baumann / Memoriav

gangsmaterials im Klaren sein. Wenn Sie oder Ihre Vorgänger vorsichtig mit dem Material umgegan- gen sind, ist der Zustand vermutlich besser. Wie bei Menschen gilt auch bei AV-Material: Sorgfältige Pflege erhöht die Lebensdauer und erhält die Schönheit. Besonders wichtig sind gute Lagerbe- dingungen. Diese sind im privaten Rahmen aber häufig nicht gegeben. Bleiben Filme oder Magnet- bänder jahrelang auf dem Estrich oder im Keller lie- gen, sind sie grossen Temperatur- und Feuchtig- keitsschwankungen ausgesetzt und das Material degeneriert schneller. Auch die trockene Luft der im Winter gut geheizten Innenräume wirkt sich ­ungünstig auf die chemische Beschaffenheit von AV-Dokumenten aus. Professionelle Archive ver­ fügen über kontrollierte, konstant kühle und tro- ckene Räumlichkeiten, die sich für die langfristige Lagerung von AV-Materialien besonders eignen. Im privaten Bereich verbessert schon ein ausgegliche- Digitalisieren von audio­ nes Raumklima die Überlebenschancen. Der zweite Grundsatz, der die Qualität und die Lebensdauer­ von AV-Dokumenten erhöht, ist der visuellen ­Dokumenten: vorsichtige Gebrauch. Dazu gehören saubere Räu- me, gut gewartete Geräte und v. a. die umsichtige Handhabung der fragilen Materialien. Halten Sie Hinweise für Private Fotos und Filme nur am Rand, berühren Sie die Oberflächen (auch von Magnetbändern) nicht mit : Traduction française sur blossen Händen, tragen Sie Handschuhe. www.memoriav.ch/bulletin25 Bevor Sie die Dokumente digitalisieren können, Auch für Privatpersonen besteht die primäre Herausforderung darin, sollten Sie sich fragen, was Sie genau vor sich ha- ­Digitalisierungsentscheidungen vorausschauend zu treffen und mögliche ben. Vielleicht ist das Magnetband, das Sie im Nachlass des Onkels gefunden haben, gar kein ­Konsequenzen für die Haltbarkeit der Dokumente mitzudenken. Dieser Ton- sondern ein Videoband. Wenn Sie nicht sicher ­Artikel gibt einige grundsätzliche Hinweise, was Sie tun und was Sie lassen sind, orientieren Sie sich an der Beschriftung der sollten, um Ihre audiovisuellen Schätze möglichst nachhaltig aufbewahren Schachtel oder des Trägers selber oder konsultie- Mit der Musikkassette konnten Töne auf einfache Weise aufgenommen ren Sie eine der Websites mit Bildern zu den ver- und gleich wiedergegeben werden. Foto: Laurent Baumann / Memoriav zu können ohne den Richtlinien folgen zu müssen, die für Gedächtnis­ schiedenen Formaten (oder schauen Sie in den institutionen mit einem Archivierungsauftrag gelten. Memoriav-­Empfehlungen nach). Beachten Sie, dass den Beschriftungen nicht immer zu trauen Nun, da Sie Format und Zustand kennen, gehen Sie Sie möchten Ihren Kindern die Super-8-Filme zei- möglichkeit und/oder das Trägermaterial ist in ist, es kann auch eine falsche Hülle sein. einen Schritt weiter und überlegen, wer die Digita­ gen, die Ihre Eltern vor 30 Jahren von Ihnen und schlechtem Zustand. Farbfotos und -filme bekom- Auch ohne Expertenwissen kann ein erster Zu- lisierung vornehmen soll. Sie selber oder doch ­Ihren Geschwistern aufgenommen haben. Nur men einen Rotstich oder bleichen aus, Videos lau- standsbefund gemacht werden. Filme, die seltsam ­lieber jemand mit mehr Erfahrung und Know-how? funktioniert der Projektor leider nicht mehr. Aus­ fen nur noch mit Streifen auf dem Bildschirm, und riechen oder sichtbar verformt sind, Magnetbänder Welche Faktoren beeinflussen die Entscheidung? serdem hätten Sie die Filme sowieso lieber digital das Interview mit der Grossmutter rauscht immer mit einem Belag, oder verblasste Fotonegative zur Verfügung, um sie auch gleich noch Ihren Nich- mehr. deuten darauf hin, dass erstens grosser Hand- Wer macht die Arbeit? ten und Neffen schicken zu können.V ielleicht wird Auch wenn Ihr Material (noch) keine Schäden lungsbedarf besteht und dass Sie zweitens vor der Heute ist es einfach, mit wenig und relativ günsti- es auch die Grosskinder in ein paar Jahren interes- ­aufweist, Sie noch ein Abspielgerät besitzen und Digitalisierung mit einem Spezialisten Kontakt auf- gen Infrastrukturen Digitalisierungen durchzufüh- Felix Rauh sieren zu sehen, wie Sie die ersten Skiversuche Sie primär zu Präsentationszwecken digitalisieren nehmen sollten, der Ihnen eine exakte Diagnose ren. Im Internet gibt es unzählige Anleitungen, wie Verantwortlicher Bildung und machten. Oder es interessiert sich ein lokales möchten, lohnt es sich, die Digitalisierungen gut des Schadens stellt. Je nach Fall reicht eine Rei­ und mit welchen Maschinen digitalisiert werden ­Bereich Film bei Memoriav ­Archiv oder Museum für Ihre Dokumente. vorzubereiten. nigung oder es sind andere Massnahmen nötig, kann. Die Do-it-yourself-Aktivitäten bergen aller- Es gibt viele Gründe, weshalb Sie Ihre Fotos, Filme, um das Dokument in einen abspielbaren Zustand dings zweierlei Risiken: Videos oder Tondokumente digitalisieren wollen Identifikation und Zustandsanalyse zu bringen. Je besser der Zustand des Ausgangs- Erstens können Originale bei unsachgemässer Be- bzw. sollen. Häufig steht die einfachere Präsenta­ Wenn Sie wissen, was Sie digitalisieren möchten, materials, desto besser kann das analoge Signal handlung beschädigt werden. Nicht nur die Doku- tion im Zentrum. Vielleicht fehlt auch die Abspiel- sollten Sie sich über Format und Zustand des Aus- transportiert werden. mente selber brauchen Pflege, auch die Geräte

22 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 23 Privatarchive / Archives privées MEMORIAV

müssen intakt und gut gewartet sein. Falsches Handling und defekte Abspielmaschinen fügen den Filmen oder den Tonbändern Schäden zu, die nur noch mit grossem Aufwand durch eine Fach­ person repariert werden können. Zweitens mindert eine schlechte Digitalisierungs- qualität das Seh- und Hörvergnügen und senkt die Überlebenschance der Dateien. Um einen optima- len Signalfluss zu garantieren, sind mehrere Kom- ponenten nötig. Nicht immer reicht dafür eine ­simples Abspielgerät, manchmal braucht es noch ­zusätzliche Maschinen, die den Signalfluss stabili- sieren (wie ein «Timebasecorrector»). Wie bei aller Technik gibt es sehr grosse Unterschiede, die sich u.a. in markanten Preisdifferenzen manifestieren. Nicht immer, aber häufig ist das teurere Gerät das bessere. Die meisten Privatpersonen sind nicht in der Lage, qualitativ gute Digitalisierungen durchzuführen. Deshalb ist es häufig sinnvoll, mit einem profes­ sionellen Dienstleister zusammenzuarbeiten. Da Bis zum Siegeszug der DVD speicherten der Markt gross und unübersichtlich ist, gibt es vor allem VHS-Kassetten Privatvideos ­einige hilfreiche Tipps. und TV-Aufnahmen und machten sie auf dem Fernseher sicht- und hörbar. Foto: Laurent Baumann / Memoriav Digitalisieren, aber mit wem? – Entscheiden Sie nicht primär nach dem ­günstigsten Preis. – Holen Sie Referenzen ein, verlangen Sie Hören nicht vermisst werden. Sie müssen sich aber ­geniesst. Auch hier bieten sich für die zusätzlichen Der wichtigste Ratschlag für Private lautet Redun- ­Transparenz, gehen Sie vor Ort. bewusst sein, dass diese so genannten verlustbe- Nutzungskopien je nach Bedürfnis unterschiedli- danz. Verlassen Sie sich nicht auf eine Speicher­ memO EmpfEhlungriavEn – Achten Sie darauf, ob sorgfältig in sauberer hafteten Datenreduktionen nicht mehr rückgängig che Formate an. Detaillierte Informationen zu For- lösung, sondern kombinieren Sie verschiedene. rEcommandations ­Umgebung gearbeitet wird. gemacht werden können. Bei diesen Ton- und Bild- maten finden Sie in den Memoriav-Empfehlungen Bauen Sie z. B. ihren eigenen Netzwerkspeicher rEcommEndations – Lassen Sie sich die Maschinen ­zeigen und erklä- formaten besteht das Risiko, dass spätere Um- oder in der Übersicht der KOST (Koordinationsstel- (NAS), kaufen Sie ein RAID (zu Deutsch: Redun­ Digitale archivierung von Film unD viDeo: ren, wie der optimale Signalflussfunktioniert. ­ wandlungen in neue Formate digitale Darstellungs- le für die dauerhafte Archivierung elektronischer dante Anordnung unabhängiger Festplatten) und GrundlaGen und OrientierunG

– Fragen Sie nach, wie die Qualität der Digitalisie- fehler (Artefakte) hervorrufen. Unterlagen). entscheiden Sie sich zusätzlich für l’archivage numérique Die gute Nachricht ist, dass es mittlerweile auch Des Films et viDéos: rung und des Resultats kontrolliert wird. eine Ihnen adäquat­ erscheinende fOndements et OrientatiOns – Informieren Sie sich, wo und wie die Dokumente Formate mit verlustfreien Kompressionsalgorith- Was passiert mit den Dateien «Cloud»-Lösung. Digital archiving vor und nach dem Prozess gelagert werden. men gibt. Dort werden digitale Informationen nur und den Originalen? Wie bei Menschen Zwei wichtige Ratschläge zum oF Film anD viDeo: PrinciPles and Guidance temporär entfernt und beim Abspielen ohne Infor- Die Diskussion um das ideale For- gilt auch bei Schluss: Behalten Sie unbedingt Qual der Formatwahl mationsverslust wieder komplettiert. mat ist eng mit der Frage verbunden, Ihre Originale. Sie fungieren als Eine schwierige Frage ist die Wahl der Zielformate. Für die langfristige Aufbewahrung von digitalisier- wie die Dateien nach der Digita­ AV-Material: Backup, wenn die Datei dennoch Von den unzähligen digitalen Formaten, die heute ten Fotografien und Tondokumenten lohnt es sich lisierung aufbewahrt werden. Pro- verloren geht, können sie evtl. noch- verfügbar sind, eignen sich die meisten für die in jedem Fall, Formate ohne Kompressionen zu fessionelle Gedächtnisinstitutionen Sorgfältige­ Pflege mals besser digitalisiert werden und suPPOrted by ­einfache und schnelle Präsentation der Bilder und wählen, z. B. TIFF bzw. Wave. Zusätzlich können bauen mit viel Geld digitale­ Archi­ ­erhöht die Lebens­ enthalten vielleicht Informationen Töne, aber nur die wenigsten für die nachhaltige Sie für die Nutzung JPEG- bzw. MP3-Dateien anferti- vierungssysteme auf, welche das auf dem Träger (z. B. zu Orten oder Aufbewahrung. Sie sind in der Regel stark kompri- gen lassen. Bei bewegten Bildern müssen Private nachhaltige Überleben von Dateien dauer und erhält Personen), die Sie vergessen haben, Weitere Informationen zu den miert, was ihre Verwendung im Internet, in Smart- wegen der sehr hohen Datenmengen in der Regel sichern. Für den Privathaushalt ist mit der Datei zu speichern. Memoriav-Empfehlungen finden Sie hier: die Schönheit. http://memoriav.ch/empfehlungen/ phones oder anderen Abspielgeräten attraktiv einen Kompromiss eingehen und gleichwohl da- die Aufbewahrung der eigenen Schliesslich sollten Sie sich ein Re- macht. Je nach gewähltem Kompressionsalgorith- tenreduzierte Formate wählen. Im Idealfall ent- ­Daten eine grosse Herausforderung. ferenzierungssystem ausdenken, in mus gehen mehr oder weniger Daten aus dem ori- scheiden Sie sich für eine verlustfreie Kompres­ Externe Festplatten funktionieren dem Sie die Speicher- und Lagerorte ginalen Datenfluss dauerhaft verloren.E s handelt sion, z. B. FFV1. Wenn auch damit noch zu viele plötzlich nicht mehr, Memory-Sticks gehen verlo- der Originale und der Dateien notieren.­ Damit Sie sich um Daten, die Informationen über sehr hohe ­Daten produziert werden, sollte unbedingt auf ein ren und die grossen Präsentationsplattformen im selber oder Ihre Lieben die wertvollen Familien- oder sehr tiefe Töne oder redundante Bildinforma- Format ausgewichen werden, das möglichst wenig Internet (Youtube etc.) verpflichten sich weder für schätze auch nach Jahren wieder finden können. tionen enthalten und beim normalen Sehen und Information löscht und das grosse Verbreitung Langfristigkeit noch für Datensicherheit.

24 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 25 ← Illustration: Christina Baeriswyl, Illustrateuse Privatarchive / Archives privées MEMORIAV www.christinabaeriswyl.ch

Als ich begann, Geschichten und Gedichte zu schreiben­ und sie an Zeitungen und Zeitschriften zu senden, die sie im besten Fall veröffentlichten, legte ich mir einen Ordner mit den Abdru- cken an, und als ich begann, mit Bühnenprogrammen aufzutreten, legte ich mir auch einen Ordner mit der dazugehörigen Korrespondenz an, und dazu kam ein Ordner mit den Presse­ kritiken. Den ersten Abdruck­ordner eröffnete ich im Jahr 1959, als ich noch ins Gymnasium ging, die andern beiden Ordner gründete ich im Jahr 1965. Nach und nach ­gesellten sich wei­ tere Ordner dazu; für die Korrespondenzordner mit Veranstaltern und Verlagen konnte ich Platz in einem Archivraum mit meinen Bühnenrequisiten schaffen, später allerdings quollen Franz Hohler sie eine steile Treppe hinauf in meinen Estrich, wo sie immer noch Zuwachs bekommen. Autor und Archivar Foto: Christian Altorfer Mittlerweile sind sie zu Zeitdokumenten geworden, und wo immer ein Theater oder eine Insti- tution, mit dem oder der ich zu tun hatte, ein Jubiläum feiert, greife ich, wenn ich für eine ­Mitwirkung gefragt ­werde, zu meinen Ordnern und suche nach den ersten schriftlichen Kontak- ten. Der erste Brief, den mir Emil schrieb, als er sein Kleintheater gründete und mich fragte, ob ich dort auftreten würde, ist ein Dokument seiner Innovationsfreude. Der dafür vorgesehene Raum war bisher ein Telecafé, aber «Dank dem schlechten Geschäftsgang war es mir möglich, die Besitzer umzustimmen …», und so konnte er nun ein Kleintheater eröffnen. Den Ausdruck «Dank dem schlechten Geschäftsgang» muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Von Hand habe ich dazu geschrieben «Übernachten ev. bei Emils Mutter». Er wollte das ­Unternehmen um jeden Preis realisieren und zögerte nicht, auch seine Mutter darin einzu­ binden. Ich habe dann, als ich auftrat, im Hotel übernachtet, aber die Entschlossenheit, mit der Emil um sein Theater warb, hat mir imponiert, und der über 50-jährige Brief ist eine kleine Kostbarkeit. Interessant ist auch, wenn man beim ersten Programm der Kleinkunstbühne «unterhaus» in Mainz die Namen auf einem damals noch hektographierten­ Zettel sieht, Hanns-Dieter Hüsch, Hannes Wader, Reinhard Mey, Ingo Insterburg & Co., eine tolle Auswahl der damaligen Grössen der Kleinkunst und Liedermacherei, und wenn man dann die Eintrittspreise sieht, DM 5.– (Stud./Schüler DM 3.–), merkt man, dass seither ein paar Jahre vergangen sind. Oder ein umfangreicher Briefwechsel mit dem Gründer des Kellertheaters Bremgarten, mit dem es fast zu einem Abschluss gekommen war, als ein Schreiben mit dem Satz eintraf: «Leider muss ich Ihnen mitteilen, dass wir im Augenblick infolge ­finanzieller Schwierigkeiten nicht in der Lage sind, Sie zu einem Gastspiel nach Bremgarten einzuladen.» Diesen Brief las ich beim 50-Jahr-Jubi­läum des Theaters vor, das sich übrigens immer noch Kellertheater nennt, ­obwohl es mittlerweile in den zweiten Stock einer Liegenschaft umziehen konnte. Ein beträchtlicher Teil meines Archivs besteht aus Ton- und Bildaufnahmen. Bei den Radio- und Fernsehanstalten nahm ich ­lange als selbstverständlich an, dass sie ihre ­Sendungen archivieren, zu lange, denn das war keineswegs immer der Fall. Von den Fernsehsendungen für Kinder, die ich mit dem legendären René Quellet zusammen («I säge nüt!») für die Sendung «Spielhaus» des Schweizer Fernsehens machte, haben die sechs Pilotsendungen nicht überlebt, was sehr schade ist, denn man hätte­ an ihnen die ­Entwicklung der beiden Figuren zu ihrer späteren Form mitverfolgen können. Von 1980 bis 1983 bestritt ich zehn Mal im Jahr eine satirische­ Viertelstunde unter dem Titel «Denkpause»,­ und als ich mich, nachdem sie mit einem Eklat zu Ende gegangen war, aufmachte, um die Originale zu sichern, wurden die ersten Bänder gerade­ gelöscht. Es gelang der zuständigen Redaktorin, den Vorgang zu stoppen, aber von den frühen Sendungen besass ich nur die Kopien, die ich Ich habe ein selbst mitgezogen hatte, und die allererste Auf­nahme, sozusagen das Basler Täubchen der Sammlung, blieb verschwunden. Ich hatte offenbar nicht daran gedacht, sie während der ­Ausstrahlung aufzunehmen, oder dann war es mir wegen meines technischen Ungeschicks ­Archivarsherz nicht gelungen, jedenfalls musste ich mich damit abfinden, dass sie­verschollen war.

26 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 27 Hans-Jakob Sibers Archiv im Keller seines → Privatarchive / Archives privées MEMORIAV Wohnhauses am 20. Oktober 2005. Die Filme ­lagerten in zwei Umzugsboxen am Boden. Foto: Fred Truniger / Thomas Schärer

Dann las ich eines Tages in der Zeitung zufällig eine Todesanzeige, die mich sehr berührte. Da war einer,­ der eine Alphütte im Onsernonetal besass, während eines Gewitters vom Blitz erschlagen worden. Ich dachte an unsere Alphütte im Maggiatal, und an die Gewitter, die ich dort schon erlebt hatte, und ich fühlte mich so verschont, und der Mann tat mir so leid, dass ich seiner Schwester, welche als Traueradresse firmierte, einen Brief schrieb, um ihr mein ­Mitgefühl auszudrücken. Der Brief, den sie mir zurückschrieb, war eine Überraschung, denn sie erzählte mir darin, dass ihr Bruder ein begeisterter Zuschauer meiner satirischen Fernseh- sendungen gewesen sei, die er samt und sonders von Anfang an aufgezeichnet habe, und wenn ich wolle, dürfe ich gerne seine Kassetten mit den gesammelten «Denkpausen» haben. Das wollte ich gerne, und so konnte ich meine Dokumentation vervollständigen und habe nun in meinem Archiv alle 40 Sendungen, die einen kleinen Spiegel der damaligen Zeit darstellen. Die Kopie der ersten Sendung ist qualitativ nicht zu vergleichen mit den Originalbändern, aber eigentlich gehört das auch mit zur Charakteristik von Dokumenten, das Unvollkommene, das technisch Unzulängliche, das Verwischte, das Verzitterte, das Rauschen auf den Wachswalzen und auf den 78er-Platten. Die unscharfen Filme von der ersten Mondlandung wären mit der heutigen Bildauflösung geradezu unglaubwürdig. Dokumente müssen, wie die Menschen, Runzeln haben. Wenn ein Text von mir abgedruckt wird, bekomme ich normalerweise ein Belegexemplar. Da Umzugskisten sich meine­ kurzen Texte zum Nachdruck in Anthologien und Schulbüchern eignen, füllen auch diese Belegexemplare in bedrohlichem Masse die Regale meiner Büchergestelle und meines Archivraumes. Jeden Nachdruck betrachte ich mit einer gewissen Rührung, denn er bestätigt und tiefe Keller mir nicht zuletzt die Brauchbarkeit meiner Texte. Auf dem Schreibtisch des Hauses von Pablo Neruda in Isla Negra habe ich seinerzeit ein Kartoncouvert des Verlags Volk und Welt gesehen, das mich geradezu verwandtschaftlich berührt hat, weil ich darin auch meine ­eigenen Beleg­ Die Schweizer Filmgeschichtsschreibung ist geprägt durch den Ausschluss exemplare wieder erkannte. Es zeigte mir, dass ich zur selben Familie gehörte, zur Grossfamilie von Substrukturen wie zum Beispiel dem Experimentalfilm. Um diese Lücke der Schreibenden. Die Belegexemplare der Schulbücher wuchsen aber mit den Jahren derart an, dass ich zu einer drastischen Massnahme griff. Als das Museum Strauhof eine Ausstellung zu schliesssen, wurde 2005 eine Filmreihe ins Leben gerufen, die schliesslich über meine Arbeit für Kinder machte, stellte ich sämtliche Schulbücher zur Verfügung, in denen in einem umfangreichen (von Memoriav unterstützten) Nationalfonds-­ Texte von mir abgedruckt waren, und schlug den Ausstellungsmachern vor, daraus einen Turm Forschungs- und Erhaltungsprojekt kulminierte. Im Folgenden blickt der zu machen und diesen Turm nach dem Ende der ­Ausstellung zu vernichten. So geschah es, und selbstverständlich gab es ein paar Bücher, die mich im Nachhinein reuten und die ich mir Projektleiter auf die abenteuerliche Suche in Privatarchiven nach den weit in zum Teil mühsamen Suchaktionen wieder beschaffte. verstreuten Schweizer Experimentalfilmen zurück. Ich habe im Übrigen auch alle meine alten Agenden aufbewahrt. Die erste hatte ich mit 10 Jah- ren von der Papetrie Max Friedli in Olten bekommen, und ich bat alle meine Verwandten und Der erste Besuch in einem privaten Filmarchiv fand Kisten bestand aus etwa 70 oxidierten Blechdosen, Bekannten, sich an ihrem Geburtstag mit dem Jahr ihrer Geburt einzutragen. Die älteste Person am 2. Oktober 2005 statt. Ich hatte mich telefo- beschriftet mit zerschlissenen Papieretiketten. nisch bei Hans-Jakob Siber gemeldet, der mir von ­Darin lagerten Filmkopien von einem der bekann- darin war Marie Senn, die in Spitzenschrift am 28. September unterschrieben hatte, und zwar Erzählungen, Broschüren und Festivalkatalogen testen Exponenten der Schweizer Experimental- mit dem Geburtsjahr 1857. Dies macht mir die unglaubliche Tatsache bewusst,­ dass ich einen bekannt war. Köbi, wie er sich vorstellte, lud mich filmszene.V or rund 40 Jahren hatten sie an Festi- Menschen gekannt habe, der Ereignisse wie die Entwaffnung der Bourbaki-Armee an der ohne zu zögern zu sich nach Hause in Aathal ein. vals und Filmabenden viel Echo ausgelöst. Schweizer Grenze 1871 und den Bergsturz von Elm 1881 noch erlebt hat. Abends, wenn der Arbeitstag zu Ende wäre. Zum Der Grund für meinen Besuch bei Köbi Siber war Seit mehreren Jahren übergebe ich jedes Jahr einige­ Schachteln mit Manuskripten, Entwürfen, Essen, wenn ich möge. ein Rennen gegen die Zeit. Unter dem Titel Reser- ­Plakaten, Zuschriften, Ton- und Bilddokumenten dem Schweizerischen Literaturarchiv, und Fred Truniger Was ich dabei im Keller des Wohnhauses zu sehen voirfilm hatten Wolf Schmelter und ich ab 2006 nach meinem Abgang aus dieser Welt wird das Archiv auch meine Ordner bekommen, aber Leiter MA Film der Hochschule bekam, war zunächst kaum bemerkenswert: auf eine Filmreihe angekündigt, die in diversen Luzern – Design & Kunst ­solange noch Redaktoren und Redaktorinnen verabschiedet werden,­ mit denen ich zusammen- Holzgestellen Teile des Archivs der Mineralien- Schweizer Art-House-Kinos geplant war und bereits handlung Siber & Siber, die er gemeinsam mit im Mai 2006 im Rahmen von Videoex (Experimen- gearbeitet habe, solange noch Bühnen und Verlage Jubiläen feiern, solange noch nach ­seinem Vater in den 1960er Jahren gegründet tal Film und Video Festival Zürich) starten sollte. Gründungsmitgliedern­ von Literaturtagen­ oder der Gruppe Olten gefahndet wird, solange ­hatte, alles sorgfältig in kleinen Boxen unterge- Diese Filme waren nicht in der Cinemathèque ­behalte ich mein eigenes Archiv, solange schlägt mein Archivarsherz. bracht. Zwei Umzugskisten jedoch standen auf ­suisse in Lausanne zu finden, sondern mussten dem Boden. Sie hatten es nicht ins Regal zu den bei den Filmschaffenden selber gesucht werden. anderen Archivalien geschafft. Der Inhalt dieser Problematisch war, dass wir sie zu diesem Zeit-

28 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 29 Privatarchive / Archives privées MEMORIAV

genommen, mit Nummern versehen und auf einfa- chen A4-Bögen die Filmrollen samt ihren Spezifika- tionen verzeichnet. In allen anderen Fällen waren wir mit Blechdosen ungewissen Inhalts konfron- tiert, deren Beschriftungen sich am Sichtungstisch oft als zumindest unzulänglich, wenn nicht als gar völlig falsch herausstellten. Erst im Anschluss an die Filmprogramme vom Mai 2006 wurde ein erster Teil dieser Kopien im von Memoriav­ unterstützten Restaurierungsprojekt «Der künstlerische Film in der Schweiz» inventarisiert und identifiziert.

Von der Filmreihe zum ­Forschungsprojekt Das Restaurierungsprojekt dauerte von 2008 bis 2011. An den Solothurner Filmtagen 2011 wurde es mit drei Programmen vorgestellt. Daraufhin starte- ten Thomas Schärer, François Bovier, Adeena May und ich das Forschungs-­ und Erhaltungsprojekt zur Geschichte der «Schweizer Filmexperimente 1950–1988», welches bereits­ mehrmals in Aus­ HHK Schoenherr in seinem Wohnzimmer in Zürich anlässlich eines längeren Interviews stellungen (Kunsthalle Fri-Art Fribourg, Museum für mit Fred Truniger und Thomas Schärer, 8. Juni, 2011. Foto: Fred Truniger / Thomas Schärer Gestaltung Zürich sowie in Rom und Kairo) präsen- tiert worden ist. Bis 2011 waren die Bestände von einem Dutzend gefunden worden – auch dieser Film ist heute im Filmemachern und Filmemacherinnen erfasst und Archiv in Bern gesichert. 16 Filme restauriert worden. Im anschliessenden filmhistorischen Projekt stieg diese Zahl auf rund Hinweise willkommen Guido Haas lagerte ungeschnittenes Material zu seinen Filmen unter anderem in diesem Setzkasten, 16. August, 2008. Foto: Fred Truniger / Thomas Schärer 100 Namen, über die wir Kontextmaterialien sam- Im Rahmen der drei Projekte zum experimentellen melten und die Filme zu lokalisieren suchten. Doch Film in der Schweiz sind über 25 private Archive noch wichtiger als die Restaurierung einiger weni- kontaktiert worden. Weit über 150 Filme wurden zu punkt teilweise noch gar nicht kannten. Ihre Na- beck-Schneidetisch und grossen, ungerahmten ger Filme war die Überzeugungsarbeit bei den Sichtungszwecken digitalisiert. Die Digitalisate men fanden wir in alten Festivalkatalogen oder Leinwänden dominierten Wohnung Werner Filmemacher/-innen, ihre Filme ei- werden mit der Zustimmung der durch Gespräche mit anderen Filmschaffenden und von Mutzenbechers in Basel; der tiefe Keller nem professionellen Archiv zu über- Filmschaffenden in das Medienar- machten sie daraufhin Anruf um Anruf ausfindig. HHK Schoenherrs in Zürich, wo unzählige Filmdo- geben. In vielen Fällen gelang dies: Doch noch chiv der Künste der Zürcher Hoch- Wir konzentrierten uns dabei vorerst auf die Zeit sen in zwei Meter Höhe verstaubten; der von Reto Die Lichtspiel Kinemathek in Bern schule der Künste aufgenommen wichtiger­ als die nach 1962/63, als das heute legendär gewordene A. ­Savoldelli bewohnte Bauernhof im französi- verzeichnete­ über die Jahre Eingän- (medienarchiv.zhdk.ch > Suche: dritte Experimentalfilmfestival im belgischen See- schen Biederthal bei Basel; ein geräumiger und un- ge von mehreren Privatbeständen, Restaurierung­ «Filmexperimente»). Der Projektblog bad Knokke-le-Zoute rege Schweizer Beteiligung endlich unaufgeräumter Keller eines uralten Wohn- die heute als konservatorisch gesi- einiger­ weniger­ mit derzeit 264 Seiten und fast in seinen Katalogen vermeldete. hauses im italienischen Bevagna, wo Clemens chert, filmhistorisch kontextualisiert ­Filme war die 1500 gescannten Dokumentensei- Klopfenstein unüberblickbare Bestände an Filmrol- und der Öffentlichkeit – das Einver- Überzeugungs­ arbeit­ ten wird Ende 2018 freigeschaltet Informelle «Filmarchive» len, Kameras­ und Papier hortete, oder die langen, ständnis der Filmemacher/innen­ vo- (blog.zhdk.ch/sfex). Die Recherchen ergaben bis Mai 2006 etwa 35 Na- tischhohen Holzarchivschränke im Turmzimmer rausgesetzt – wieder zugänglich be- bei den Filme­ Die Finanzierung für die Projekte ist men. Alle Filmemacher/-innen zu besuchen, war Fredi Murers in Zürich, wo sich nicht nur Kopien von zeichnet werden können. Die Kine- macher/-innen, 2013 ausgelaufen, doch längst sind unmöglich, doch bei jenen, die wir besuchten, fan- ­Murers eigenen frühen Filmen fanden, sondern mathek hat darüber hinaus auch die ihre Filme ­einem nicht alle vergessenen experimen- den wir fast immer eine vergleichbare Situation auch jene von Renzo Schraner, einem früh verstor- Papierbestände von HHK Schoen- professionellen­ tellen Filme wiedergefunden und vor: Nur ein kleiner Teil ihrer Filme waren in einem benen, engen Freund. Viele ähnliche Orte folgten, herr übernommen und katalogisiert aufbereitet worden. Digitalisierte regulärem Filmarchiv deponiert worden. Ihre infor- die man – faute de mieux – als Filmarchive be- und ist offen für weitere ähnliche Be- Archiv­ zu ­ ­Filme im Medienarchiv aufzuschal- mellen «Filmarchive» waren beispielsweise antike zeichnen muss, weil in ihnen­ unter prekären Bedin- stände. Clemens Klopfenstein hat übergeben. ten, Papier- oder Filmbestände ins Holzkommoden in einem völlig mit Büchern über- gungen tatsächlich seit Jahrzehnten Film­kopien la- sich mit Hilfe von Filmwissenschaft- Lichtspiel Bern zu vermitteln sowie ladenen Wohnzimmer im Fuchsloch bei Kaltacker gerten. Verzeichnisse der gelagerten Kopien exis- lerinnen und Archivarinnen selber Filme zu sichten, die jahrzehntelang (bei Guido Haas); das obere Regalbrett im Schlaf- tierten ausser bei Werner von Mutzenbecher daran gemacht, seinen Keller aufzuräumen. Dabei in Vergessenheit geraten waren, wird uns noch zimmerschrank von Werner Ott in Willisau LU; meh- nirgendwo. Er hatte erst kürzlich vor meinem Be- ist unter anderem die längst verschollen geglaubte ­lange beschäftigen. Wenn Sie Hinweise auf Bestän- rere Metallregale in der von einem kleinen Steen- such am 7. Januar 2006 alle seine Kopien zur Hand Kopie seines ersten in Italien gedrehten Films La de und Kontext­materialien geben können – sie Luce Romana vista da Ferraniacolor (1975) wieder- sind jederzeit willkommen!

30 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 31 ← Le fonds mixte Ernest Ansorge. Privatarchive / Archives privées MEMORIAV Photo : Collection Cinémathèque suisse

Au cœur d’un fonds audiovisuel mixte Les fonds de réalisateurs, de producteurs et de ­distributeurs sont généralement dits «mixtes» en raison de la diversité des types de support qu’ils renferment. Il y a d’une part des images en mou­ vement, photochimiques ou numériques, appelées «fonds film», et d’autre part des documents essen- tiellement sur support papier appelés «fonds pa- pier». A propos d’un film de fiction, par exemple, on trouvera les textes qui ont permis que l’œuvre existe et soit projetée sur grand écran : scénarios en plu- sieurs versions, correspondance pour la recherche du financement, photographies de lieux de tour- nages potentiels, dossier de production, devis pour de la pellicule, notes de frais de l’équipe technique, plan de montage, annonce de la première lors d’un Les fonds d’archives festival, bordereaux de transport de bobines, maté- riel d’exploitation, ou encore critiques de presse. Tous ces éléments, qui font partie du processus privés à la créatif et administratif, deviennent des documents Le carnet de Daniel Schmid. Photo : Collection Cinémathèque suisse d’archives qui seront conservés pour la postérité, principalement à des fins d’études historiques. Cinémathèque suisse à dis­position. Ce traitement est identique sur les Le traitement des fonds d’archives deux sites, qui partagent les mêmes normes et CASPAR – CinémAthèque Suisse Ces fonds sont acquis au terme d’un processus qui ­standards archivistiques et procédures internes. Papier ARchives peut durer des années après le premier contact Les inventaires des archives papier sont progres­ L’inventaire en ligne des collections De par le monde, les cinémathèques conservent du « film », dans l’acception ­établi avec le déposant ou donateur. Il est indispen- sivement mis en ligne depuis 2016 dans caspar. d’archives papier de la Cinéma- thèque suisse couvre les collections sable de préciser que la remise d’ar- L’inventaire (ou description archivis- large d’images en mouvement. Fait moins connu, ces institutions conservent d’archives papier conservées au chives à la CS ne répond à aucune tique) renseigne le public quant à la généralement aussi d’autres types de collections, comme par exemple les Centre de recherche et d’archivage­ exigence légale. En effet, hormis pour «Ces fonds sont provenance et au contenu d’un fonds de Penthaz (cotes CSL et DD) fonds d’archives papier d’origine privée. les copies des films soutenus par la ainsi qu’aux conditions d’accès pour et à la Dokumentationsstelle Zürich Confédération, la branche cinémato- ­acquis au terme sa consultation. Cette description­ du (cotes CSZ et DDZ). Il contient les La structure de la Cinémathèque suisse (CS) en des maisons de production ou de dis­tribution (par graphique n’a pas l’obligation d’as- d’un processus qui fonds papier mentionne toutes les descriptions archivistiques – ou ­témoigne : ses collections sont réparties en deux exemple Elite Film ou Dschoint ­Ventschr), des asso- surer la préservation à long terme de parties qui composaient le fonds à ­inventaires – des fonds. A chaque description est liée une notice ­départements, Film et Non-Film. Ce dernier gère ciations professionnelles (dont l’Association suisse ses archives. Le mode d’acquisition peut durer des son arrivée à la CS. Ainsi, la descrip- ­d’autorité qui présente la personne photos, affiches et autre matériel publicitaire, dos- des distributeurs de films – ASDF). principal est le dépôt mais les dons tion du fonds Reni Mertens und Wal- années­ après physique ou morale (le « produc- siers de presse, livres, périodiques et scénarios, D’autres ensembles proviennent de laboratoires, et les legs sont également pratiqués, le premier contact ter Marti indique que le fonds film, teur ») qui est à l’origine du fonds. Caroline Neeser et Christine Tourn supports sonores, appareils anciens et divers festivals, exploitants de salles, responsables de en particulier dans le domaine du ainsi que les affi­ches, se trouve à https://caspar.cinematheque.ch Département Non-Film ­objets, œuvres graphiques ainsi que des fonds ­cinéclubs, journalistes, historiens ou encore collec- non-film. Des bordereaux d’entrée et établi avec Penthaz et le fonds papier à Zurich. A de la Cinémathèque suisse ­d’archives papier. tionneurs. La politique du cinéma en Suisse est do- des contrats formalisent cette acqui- l’avenir, un outil infor­matique global Nous nous intéresserons ici plus particulièrement cumentée par les papiers rassemblés par Albert sition. le déposant ou donnera ­accès aux données concer- aux quelque 160 fonds d’archives papier conservés Masnata en tant que président de la Chambre Le fonds est ensuite pris en charge donateur.»­ nant l’ensemble du fonds. au Centre de recherches et d’archivage de Penthaz suisse du cinéma, ou par les archives de l’Associa- par la CS. Pour des raisons tant ma­ et à la Dokumentationsstelle Zürich, qui représen- tion cinématographique suisse romande (ACSR) et térielles qu’intellectuelles, une pelli- Préserver pour mettre en valeur tent 2 kilomètres de rayonnage. Tous d’origine pri- divers fonds de cinéastes, comme Ernest Ansorge cule 35 mm ne peut être mise en boîte, entreposée Collecter et donner accès à des sources d’origine vée, ils sont déposés ou donnés librement par des ou Hans-Ulrich Schlumpf, lesquels contiennent des et décrite de la même façon qu’une affiche ou qu’un privées qui permettent d’écrire l’histoire écono- individus, des collectivités et des entreprises. Les documents sur les relations entre la branche et les classeur de correspondance. C’est pourquoi il est mique, sociale et culturelle du cinéma, ou de « producteurs » de ces fonds (dans le sens de la per- pouvoirs publics. nécessaire de séparer les différents composants ­poursuivre l’analyse esthétique de la production sonne ayant produit ou rassemblé les documents) A deux exceptions près, ces fonds concernent tous des fonds mixtes afin de fournir à chacun le traite- ­filmique est dorénavant une des missions priori- ont le cinéma pour point commun, tout en étant de le cinéma suisse ou diffusé en Suisse. Enfin, la CS ment adéquat. Une première répartition du fonds taires de l’institution. L’étendue des collections profils très variés. Ce sont principalement des ci- conserve également ses propres archives adminis- entre les secteurs spécialisés est opérée dès de la Cinémathèque suisse lui permet aussi bien néastes professionnels (comme Jacqueline Veuve, tratives car, en tant que fondation de droit privé, elle ­l’arrivée. Le fonds est par la suite traité par les de contribuer à l’enseignement académique que Daniel Schmid ou Alexander J. Seiler) ou amateurs, n’est pas tenue de les verser aux Archives ­fédérales. ­secteurs en fonction des priorités et des ressources d’assurer une programmation riche et exigeante.

32 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 33 ← Marthe Gosteli liest «Die Stärke der Frauen». Privatarchive / Archives privées MEMORIAV Foto: Elsbeth Boss / Sammlung Gosteli Stiftung

­Erhalten von Dokumenten, die ausserhalb der Ver- waltung entstanden waren,­ ermöglichte. Doch da hatte Marthe Gosteli längst ihre Stiftung gegrün- det, um den Archivalien der privatrechtlichen Frau- enorganisationen ein Überleben zu ermöglichen. Dazu gehörte beispielsweise das Archiv des BSF, des Bundes der Schweizerischen Frauenorgani­ sationen (heute ­Alliance F). Marthe Gosteli war deren Vizepräsidentin gewesen und wusste genau, welche archivalischen Schätze vorhanden waren, Schätze, denen durch eine unsachgemässe Be- handlung der Verlust drohte. Oder auch das Archiv des Bernischen Stimmrechtvereins gehörte zu ­diesen Beständen. Die umsichtige Gründerin hat das Gosteli-Archiv Marthe Gosteli, Gründerin auf drei Standbeine gestützt: nebst dem eigentli- chen Archiv mit Nachlässen von Frauenorganisa­ Marthe Gosteli in ihrem Büro in der amerikanischen Botschaft in Bern, um 1955. tionen und Privatpersonen besteht es aus einer Foto: Sammlung Gosteli Stiftung des Privatarchivs zur Bibliothek­ und einer Dokumentationsstelle. Das Gosteli-Archiv ist seit seiner Gründung mar- Es war Marthe Gosteli ein grosses Anliegen aufzu- kant gewachsen: Es umfasst einen Laufkilometer zeigen, dass der Kampf der Schweizer Frauen weit Gosteli-Stiftung und Archiv ­Geschichte der Schweizeri­ Altikofenstrasse 186 Akten! ins 19. Jahrhundert zurückging. Als bürgerliche Frau waren Demos und plakative Aktionen nicht ihre CH-3048 Worblaufen Geschärftes Bewusstsein für Öffentlichkeitsarbeit ­Sache. Nicht gegen die Männer, mit den Männern Tel. +41 31 921 02 22 schen Frauenbewegung [email protected] Doch, wer war Marthe Gosteli? Geboren im Jahr wollte sie sich für ihr Land engagieren. 1917 auf dem Gut Altikofen in Worblaufen genoss Allgemeine Informationen: sie eine bodenständige Erziehung und durchlief 1982 Gründung der Gosteli-Stiftung www.gosteli-foundation.ch Die Gosteli-Stiftung betreut das wichtigste Privatarchiv der Schweiz: Diese die Stationen eines «Mädchens aus gutem Hau- In einem Alter, in dem die meisten Leute in Pension Übersichten und Zugänge Behauptung hat nicht mit der Grösse dieser Berner Institution zu tun, se»: Volksschule, Pensionat in Neuchâtel, Höhere gehen, beschloss sie, das Archiv für die Geschichte ­Archivalien: Töchterschule Monbijou in Bern. der Schweizerischen Frauenbewegung zu gründen. www.gosteli-foundation.ch/de/­ ­sondern bezieht sich auf seinen inhaltlichen Schwerpunkt: Die Geschichte Die Arbeit in der Abteilung «Presse und Funk- Das war 1982. Mit der Gründung der Gosteli-­ archiv der Schweizerischen Frauenbewegung. Es ist, auf den Punkt gebracht, das spruch» der Armee während des Zweiten Welt- Stiftung wollte sie dem Archiv eine unabhängige Schweizer Archivverbund HAN kriegs sowie die Betreuung der Filmabteilung des Trägerschaft geben. Archiv der Schweizerinnen oder das Archiv, welches die Geschichte der (Handschriften, Archivalien, Informationsdienstes der amerikanischen Bot- Bis 2013 – ihrem 96. Lebensjahr – leitete Marthe ­Nachlässe): halben­ Schweizer Bevölkerung aufbewahrt. schaft in Bern gehörten zu ihren prägenden berufli- Gosteli das Archiv selber. Seit 2014 führt die In­ www.ub.unibas.ch/han/ chen Stationen. Speziell auch ihr geschärftes Be- formationswissenschaftlerin und Kulturmanagerin Metadaten via HAN-Verbund auch Der Film «Die göttliche Ordnung» von Petra Volpe ­gelangten ihre Aktivitäten – logischerweise – auch wusstsein für Öffentlichkeitsarbeit geht auf diese Silvia Bühler das Gosteli-Archiv. Sie konnte ein Pri- im Schweizer Archivportal Archives­ erreichte seit 2017 über 350 000 Zuschauerinnen nicht in die staatlichen Archive. Ein wichtiger Teil Zeit zurück. vatarchiv übernehmen und weiterführen, das sich online und Zuschauer und ist einer der grössten Erfolge des Gedächtnisses der politischen Schweiz drohte Nach dem Tod ihres Vaters 1957 übernahm Marthe über drei Jahrzehnte hohe professionelle und kon- www.archivesonline.org des aktuellen Schweizer Kinos. Drehbuch und Dar- verloren zu gehen. Gosteli die Verwaltung des Bauernguts der Erben- servatorische Standards gesetzt hatte. Kalliope-Verbund: stellerinnen wurden mit dem Schweizer Filmpreis gemeinschaft Gosteli, wo sie auch mit Behörden Marthe Gosteli ist am 7. April 2017, in ihrem hun- http://kalliope.staatsbibliothek- 2017 ausgezeichnet und der Film erhielt interna­ Sie wohnte in ihrem Archiv verhandeln musste. Das Fehlen der politischen dertsten Lebensjahr, gestorben. Bis zu den letzten berlin.de/de/index.html tional grosse Aufmerksamkeit. Eine der ersten Personen, welche dieses Problem Rechte der Frauen wurde ihr dabei sehr bewusst. Wochen ihres Lebens nahm sie Anteil am Betrieb Patenschaften Sein Thema – der lange Kampf vieler Schweizerin- frühzeitig erkannt hatte, war Marthe Gosteli (1917– Schon früh engagierte sie sich für die Rechte der «ihres» Archivs, und ihre wohlwollende Präsenz Unterstützen Sie das Gosteli-Archiv Cécile Vilas nen um das Frauenstimmrecht – berührt zu Recht 2017). Sie handelte kurzentschlossen, gleichzeitig Frauen: Zuerst als Präsidentin des bernischen Frau- war für Team und Archivbesucherinnen und -besu- und übernehmen Sie eine Direktorin von Memoriav ein grosses Publikum. Dass ein grünes Papier aus aber auch wohlüberlegt: Sie stellte ihr eigenes enstimmrechtvereins, ab 1968 als Vizepräsidentin cher spürbar. Mehrere grosse Preise und Würdi­ ­Patenschaft für einen Nachlass: der Gosteli-Stiftung in Worblaufen am Anfang die- Haus – das Gut Altikofen im bernischen Worblau- des Bundes Schweizer Frauenorganisationen und gungen zeichneten ihr Lebenswerk aus, beispiels- Konto 30-16789-2 ses Filmes stand, das wissen wohl nur wenige. fen – als Archivgebäude zur Verfügung, sie setzte in den entscheidenden Jahren von 1970/71 als weise das Ehrendoktorat der Universität Bern oder IBAN: CH17 0900 0000 3001 6789 2 Doch eins nach dem anderen. ihr Geld, ihre Arbeitskraft und vor allem auch ihr ­Präsidentin der Arbeitsgemeinschaft der Schwei­ der Kulturpreis der Burgergemeinde 2017. BIC: POFICHBEXXX Bis 1971 mussten Schweizerinnen mit Parolen wie grosses Wissen und ihre Netzwerke als Aktivistin zerischen Frauenverbände. Sie war eine redege- Im persönlichen Kontakt beeindruckte Marthe Gos- «Zämme schaffe – Zämme stimme» für ihre politi- ein, um verschiedene Archive der Schweizer Frau- wandte und überzeugende Verhandlungspartnerin teli durch ihre Schlagfertigkeit und ihren Humor schen Rechte kämpfen. Da den Frauen jahrzehnte- enbewegung zu sichern, ja zu retten. Erst in den gegenüber den höchsten Behörden des Landes. So und verstand es, ihre bäuerlichen Wurzeln mit ei- lang der Zugang zu Wahlen, ­Abstimmungen und 1980er, vielfach gar den 1990er Jahren entstanden trug sie wesentlich zur erfolgreichen Abstimmung ner hierzulande nicht so oft anzutreffenden Welt- somit zu politischen Ämtern verwehrt blieb, die Archivgesetze, welche das Sammeln und im Jahr 1971 bei. läufigkeit zu verbinden.

34 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 35 Privatarchive / Archives privées MEMORIAV

Die Bestände des Gosteli-Archivs stand vorhanden sind auch die zahlreichen Inter- Die Bestände des Archivs sind über die Website views, welche mit Marthe Gosteli im Radio oder der Gosteli-Stiftung einsehbar und werden nach im Fern­sehen gemacht wurden. Der audiovisuelle dem internationalen Archivstandard ISAD(G) im Teilbestand umfasst 16-mm-Filme, Videokasset- Schweizer Archivverbund HAN (Handschriften, Ar- ten, Tonbänder und natürlich Fotografien. chivalien, Nachlässe) erfasst. Die Metadaten sind zudem via HAN-Verbund im Schweizer Archivportal Privatarchiv – wie weiter? «Archivesonline» und dem Kalliope-Verbund re- Während dreier Jahrzehnte konnte sich das Gosteli- cherchierbar (siehe Kasten). Stellvertretend für Archiv dank der unentgeltlichen Arbeit von Marthe ­viele Bestände seien die Nachlässe von Gertrud Gosteli, ihrem in die Stiftung eingebrachten Vermö- Heinzelmann, Ida Somazzi, Emilie Gourd oder gen, ihrer zur Verfügung gestellten Liegenschaft aus jüngerer Zeit von Annemarie Rey genannt. Im und den Schenkungen und Erbschaften vieler Mit- Bereich der institutionellen Nachlässe ist die Band- streiterinnen von Marthe Gosteli selber finanzie- breite sehr gross: die Archive der ­Sozial-Caritativen ren. Diese Ressourcen werden nun, wenn keine Frauenschule Luzern, des Verbands Änderung­ eintritt, nach über 35 Jah- Ich bin Hausfrau, Mutter von 3 Kin- der Schweizer Akademikerinnen ren versiegen: Das Stiftungsvermö- dern, habe bisher nie extra für das oder der Schweizerischen Gesell- gen erlaubt den Betrieb des Archivs Frauenstimmrecht gekämpft. Wenn schaft Bildender Künstlerinnen sind Es war Marthe auf dem aktuell zwar sehr professio- ich aber den Einzahlungsschein nur drei Beispiele. nellen, aber auch äusserst kosten- ­Ihrer Gruppe lese, so könnte mich Gosteli­ ein ­ Natürlich gehören zu der Führung bewussten Niveau bis ins Jahr 2021. das fast dazu bringen, jetzt dafür zu grosses Anliegen, kämpfen. Wer dagegen ist, soll des Gosteli-Archivs, nebst der Er- Ein Fehlbetrag von rund CHF 120 000 doch ruhig daheim bleiben und den schliessung, auch die weiteren tra­ aufzuzeigen,­ muss zurzeit jährlich durch das andern, den vielen intelligenten, ditionellen Archivaufgaben: Die schwindende Stiftungsvermögen tüchtigen Frauen die Freude lassen, Überlieferungsbildung (z. B. die dass der Kampf ausgeglichen werden. Trotz wichti- mitzustimmen. Haben Sie z. B. an Übernahme neuer Bestände oder der Schweizer ger privater Unterstützung muss für die vielen ledigen, gut verdienenden Nachlieferungen, Bewertung, Bera- dieses bedeutende Archiv eine neue Sekretärinnen gedacht, die grosse tung), aber auch die Konservierung Frauen weit ins Zeit beginnen und eine Mehrsäulen- Steuern zahlen und absolut fähig (beispielsweise das Umpacken von finanzierung gefunden werden, bei wären, in der Gemeinde mitzube- 19. Jahrhundert Beständen oder weitere Konservie- der sich auch die öffentliche­ Hand stimmen? zurückging.­ Hoffentlich erhalten Sie recht viel rungsmassnahmen) und schliess- einbringt. Eigenwirtschaftlichkeit, Geld via Post. Und was tun Sie mit lich natürlich auch die Vermittlung Beiträge der abliefernden Frauen­ dem eventuellen Überschuss? und Kundenberatung. Nicht zu ver- verbände und eine Unterstützung Weiter­kämpfen natürlich. Vielleicht gessen ist die Öffentlichkeitsarbeit­ in Form von Vor- von Kanton und Bund würden das Fortleben des gäbe es noch eine vernünftigere Art trägen, Publikationen oder Ausstellungen – ein As- Gosteli-Archivs ermöglichen. für die Verwendung des Geldes, das pekt, den die mediengewandte Marthe Gosteli Im Berner Grossen Rat wurde 2017 eine Motion zur Sie gerne sammeln möchten? Tuggener Jakob Gestaltung: Quelle: Sammlung Gosteli Stiftung sehr gepflegthatte. ­ Rettung des Archivs einstimmig gutgeheissen. Schliesslich gehört auch die allgemeine Administ- Auch im Nationalrat sind fünf gleichlautende Pos- ration (beispielsweise des Gutes Altikofen) zu den tulate eingereicht worden, welche im Dezember Aufgaben von Stiftung und Archiv. Bemerkenswert 2017 angenommen worden sind. ist, dass die Archivbestände nicht separat – von Bleibt zum Schluss noch die Antwort auf die an- den Benutzenden getrennt – aufbewahrt werden, fangs erwähnte Geschichte von Petra Volpe offen: sondern eben, wie in einem Privathaus üblich, in Bei den Recherchen war die Filmerin im Gosteli-­ den vorhandenen Räumen, wo auch die Forschen- Archiv im Nachlass der Stimmrechtsgegnerin Ger- den arbeiten. Das habe nie zu Problemen geführt, trud Haldimann-Weiss auf einen retournierten und weiss die Archivleiterin Silvia Bühler zu berichten. kommentierten Einzahlungsschein gestossen (sie- Die bis 2017 im Archiv sehr präsente Marthe Gos­ he Bild links). Der Kommentar dieser jungen Frau teli habe durch ihre Autorität so stark gewirkt, dass hat Petra Volpe zu ihrer Hauptfigur ‹Nora› in «Die niemand daran dachte, Akten zu entwenden. Göttliche Ordnung» inspiriert. Einer der erfolg- Auch audiovisuelle Dokumente sind im Archiv reichsten Schweizer Spielfilme hat seine Initialzün- ­verzeichnet: Fotoporträts innerhalb der Dossiers dung im Gosteli-Archiv erfahren. Es bleibt zu hof- gehören dazu und auch absolute Raritäten wie fen, dass dieses aussergewöhnliche Privatarchiv

Fotografien­ der AS FFA-Ausstellung 1928. Im Be- noch manche Sternstunde erlebt und ermöglicht. Zürich. d. A rbeiterbewegung, z. Gesch. & D ok. © Bildarchiv A BZ,

36 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 37 Postkarte des S des Postkarte ← Windschirm (paravento), Portogallo, ca. 1930, Heinrich Brock- Visibilité MEMORIAV mann-Jerosch, diapositiva su vetro colorata a mano, 8.5 × 10 cm, SGV_03D_00052. Foto: Società Svizzera per le Tradizioni Popolari

Il lavoro di catalogazione e archiviazione è stato A far da ponte tra il rigore dello stu- svolto all’archivio della SSTP da sei assistenti dio scientifico e quello del lavoro di scientifici (studenti presso l’Istituto di scienze cul- catalogazione, è stata la partecipa- turali dell’Università di Basilea) appoggiati, in varie zione molto apprezzata di ben tre fasi del progetto, da praticanti, collaboratori volon- ­fotografi che hanno donato le loro tari e civilisti. I lavori di conservazione e restauro collezioni private all’archivio della degli originali sono stati affidati alla restauratrice SSTP. Con la loro prospettiva «da Regula Anklin (Atelier für Restaurierung Anklin & dentro», per certi versi addirittura Assen, Basilea). Per la riproduzione digitale degli «intima» rispetto al contenuto­ di originali e lo sviluppo della banca dati si è invece ­alcune immagini, hanno aiutato gli cercata la collaborazione con il laboratorio Digital assistenti e gli studenti che si occu- Huma­nitieslab (DHLab) dell’Università di Basilea pavano delle loro collezioni a meglio nelle persone di Lukas Rosenthaler (banca dati) e capire gli oggetti fotografici, la loro di ­Peter Fornaro (digitalizzazione). Con questi due storia e persino anche il contesto partner esterni si è voluto dare al progetto una della loro ­ricezione. Da questa colla- base solida, professionale e interdisciplinare che borazione è nata anche una dinami- lasciasse però anche spazio a un costante scambio ca inversa che ha portato i fotografi- di idee, rivelatosi poi negli anni approfondito e collezionisti­ stessi a vedere con altri ­proficuo. Assieme si è definito il flusso di lavoro occhi le loro collezioni private inse­ ideale per l’elaborazione di ogni nuova collezione. rite in un nuovo contesto, quello Assieme si è riusciti a creare le premesse per pubblico. Questa costellazione di Momento di pausa durante la vendemmia, Visperterminen, 1940, ­inserire nella banca dati immagini e informazioni persone con sguardi e motivazioni Ernst Brunner, negativo in bianco e nero, 6 × 6 cm, SGV_12N_12377. Foto: Società Svizzera per le Tradizioni Popolari relative a una ventina di collezioni della SSTP. diverse verso le stesse fotografie, ha avuto un forte impat- Un archivio tra intimità Le fotografie in mano, to sulla qualità dei dati accessibili nella mente e nel cuore L’accesso all’ar­ online dal 1o febbraio 2018 all’in­ Partendo dalla cultura materiale dirizzo archiv.sgv-sstp.ch. e rigore scientifico delle fotografie, si è organizzato un chivio digitale ha corso di due giorni sull’identifica- richiesto­ molto Le collezioni in rete eutsch: Mit Übersetzung auf D zione dei procedimenti di ripresa e Negli ultimi anni sono stati parecchi www.memoriav.ch/bulletin25 delle tecniche fotomeccaniche, lavoro­ concettuale i ricercatori che hanno lavorato con Il portale dell’archivio Da Chiasso a Basilea, da Müstair a Ginevra e oltre: la Svizzera e il mondo in nonché ripetute introduzioni alle e impegno gli oggetti originali in archivio. Gra- fotografico della SSTP La piattaforma web presenta attual- 100 000 oggetti fotografici della Società Svizzera per le Tradizioni Popolari pratiche di manipolazione e di con- zie alla collaborazione della restau- servazione del materiale fotografi- finanziario.­ ratrice Regula Anklin, l’accesso al mente 20 collezioni fotografiche di origine scientifica (progetti (SSTP) ora accessibili al pubblico tramite la nuova piattaforma. co. I corsi, tenuti dalla restauratrice materiale analogico si è svolto nel ­lanciati dalla SSTP) e privata (dona- Regula Anklin, hanno contribuito, migliore dei modi e generando zioni, legati)­ comprendenti circa Negli ultimi cinque anni l’archivio fotografico della ­ruotano attorno all’universo della fotografia. Le da una parte a formare al meglio i membri dello esperienze arricchenti per entrambe le parti. L’ac- 100 000 dei 250 000 oggetti facenti Società Svizzera per le Tradizioni Popolari (SSTP) ­fotografie sono oggetti complessi e l’esigenza di staff dell’archivio. Dall’altra sono serviti da intro- cesso all’archivio digitale, invece, ha richiesto più parte dell’archivio. Le fotografie a Basilea si è trasformato in un luogo di azione a capirne meglio l’essenza per poterle conservare e duzione alle modalità di consultazione di materia- lavoro concettuale e impegno finanziario. La forte ­prodotte sia da fotoamatori che da 360 gradi. Durante un progetto di salvaguardia e salvaguardare al meglio ha portato alla creazione le fotografico in archivio a una quarantina di stu- richiesta da parte del pubblico e dei finanziatori fotografi professionisti tra il 1860 accesso al pubblico si è lavorato contemporanea- di una vera e propria rete collaborativa in seno denti dell’Università di Basilea. Durante i semestri ha spinto i responsabili del progetto ad avviare e il 2005 offrono un ampio sguardo sul panorama sociale e sulla mente fino a cinque collezioni fotografiche diverse: all’archivio fotografico della SSTP. Questa rete fatta estivi 2017/2018, essi hanno seguito due seminari una collaborazione con la ditta Formwerdung di vita quotidiana nelle varie regioni chi si è occupato della gestione delle collezioni, chi di persone, oggetti e idee, ha reso possibile la condotti da Walter Leimgruber e Nicole Peduzzi ­Zurigo per la realizzazione di una piattaforma ­linguistiche della Svizzera, ma si è preso cura della conservazione e della pulitura ­realizzazione del progetto fotografico da quasi nell’ambito dell’antropologia visiva nelle scienze ­online appositamente concepita per le collezioni ­anche in diverse realtà culturali di Nicole Peduzzi degli oggetti fotografici, chi ha lavorato alla loro 2 milioni di franchi iniziato da Walter Leimgruber culturali. Mentre le collezioni fotografiche­ nate su fotografiche della SSTP. In futuro, grazie a questo altri continenti. Responsabile del progetto ­catalogazione, chi ha scelto i materiali per la loro e finanziato da numerosi enti pubblici (Confede­ iniziativa della SSTP in ambito di progetti scientifici nuovo portale, si intende avviare un progetto di archiv.sgv-sstp.ch archiviazione e chi invece li ha studiati per la pre- razione, 15 cantoni della svizzera tedesca più Gri- lanciati tra i anni 1930 e 1970 sono ben docu­ «scienza dei cittadini» (citizen science) per racco- parazione di una mostra, per una pubblicazione gioni, Ticino e Lotteria Romanda) e privati svizzeri, mentate, non si può dire lo stesso per quelle gliere ulteriori dati che andranno man mano a o per una tesi di laurea. tra cui Memoriav. ­donate in seguito­ alla SSTP da privati. Il contributo ­migliorare la banca dati. Parallelamente, si pensa Dal 2014 al 2018 sono stati coinvolti complessiva- degli studenti­ con l’analisi di album fotografici anche ad ampliare­ e sviluppare la piattaforma Una rete collaborativa mente cinquanta collaboratori, quindici dei quali ­appartenenti a diverse collezioni, ha aiutato a ­esistente in modo da rendere accessibili al pub­ Sin dall’inizio del progetto è apparso evidente hanno accompagnato il progetto dall’inizio alla ­meglio contestualizzare le collezioni private com- blico anche i dati relativi ad altre collezioni dell’ar- che tra le diverse attività svolte in archivio c’erano fine conferendo stabilità, continuità e sistematicità prendenti fotografie­ di famiglia, im­portanti come chivio della SSTP – quelle di film, materiale sonoro molti punti di intersezione fra i vari mondi che alle interazioni collaborative. testimonianza visiva di una storia sociale. e manoscritti.

38 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 39 ← Der Journalist und Musiker Fritz Muggler unterstützt die Mitarbeitenden Visibilité MEMORIAV des Projekts beim Inventarisieren der Tonbänder aus seiner Sammlung, September 2016. Foto: Rudolf Müller / Memoriav

be. Die Bandbreite der Aufzeichnungen ist gross torische Massnahmen: alle selektierten Bänder und deckt viele Zeitepochen und Stile der europäi- wurden falls nötig repariert, auf sichere Metallspu- schen und aussereuropäischen Musikgeschichte len umgespult und in säurefreie Bandschachteln ab. Im Zentrum steht das zeitgenössische Musik- umgepackt; das umfangreiche Begleitmaterial schaffen, weitere Schwerpunkte bilden Alte Musik, (Karteikarten, teilweise stenographische Notizen, Musikethnologie und Jazz. Die vorläufige Bewer- Zeitungsartikel, Konzert- und Radioprogramme) tung der Sammlung (im Rahmen eines Vorprojek- wurde in säurefreie Mappen umgeordnet. In einem tes von Lukas Näf, Iso Fuchs und Iris Eggenschwiler) zweiten Schritt erfolgt nun die Inventarisierung zeigt, dass sie eine einzigartige Auswahl von Musik der Tonbänder durch Abhören und durch die Aus- des 20. Jahrhunderts mit hohem Helvetica-Anteil wertung des umfangreichen Dokumentations­ darstellt. So weisen rund die Hälfte der Aufnahmen materials. Die unterschiedlichen Kombinationen einen direkten Bezug zur Schweiz auf und haben von ­Aufnahmearten, Abspielgeschwindigkeiten Schweizer Komponisten, Interpreten, Sprecher und Spurlagen (Mono, Stereo, ein-, zwei- und vier- oder Kritiker zum Gegenstand. spurig sowie den ­Geschwindigkeiten 15/16, 1⁷⁄8 und 3¾ Zoll) erschweren die Arbeit, insbesondere, Zeugnis schweizerischer Inventarprojekt und wenn einer dieser Parameter innerhalb eines konservatorische ­Massnahmen ­Bandes ändert. Das von Memoriav unterstützte Projekt besteht in Fritz Muggler. Foto: Rudolf Müller / Memoriav Musikrezeption der Erstellung eines Inventars der Tonbandsamm- Vielseitige Auswertung möglich lung. Vergleichbar mit anderen von Memoriav un- Die aufgezeichneten Sendungen werden in einer terstützten Projekten (wie zum Beispiel der Samm- Excel-Datenbank erfasst. Das Projekt sieht eine Die Tonbandsammlung lung Fritz Dür) hat das Inventarprojekt das Ziel, die vollständige Inventarisierung der Sammlung vor. Unikate unter den Helvetica zu bestimmen, um Gegenwärtig sind etwa 150 Tonbänder komplett ­diese dann nachhaltig erhalten zu können. Durch ausgewertet und detailliert beschrieben, was etwa von Fritz Muggler einen Abgleich des Inventars mit den Archiven 6600 Einträgen entspricht. Sobald ein gesichertes von SRF, der Schweizerischen Nationalphonothek Inventar vorliegt, ist die wissenschaftliche Auswer- (Fonoteca) sowie Bibliothekskatalogen wird fest- tung der Sammlung vielseitig möglich. Im Vorder- gestellt, bei welchen Helvetica der Sammlung es grund steht zunächst ein Projekt, das den Sammler Der Zürcher Musiker und Journalist Fritz Muggler (geb. 1930) zeichnete ab 1950 sich um Einzelstücke handelt. Sie Muggler ins Zentrum rückt und wei- in einem privaten Studio in Zürich-Höngg Radiosendungen verschiedener sollen später im ­Rahmen eines tere Materialien aus seinem Nach- ­Folgeprojektes digitalisiert und in Die vorläufige lass wie Zeitungskritiken, Musikno- ­europäischer und Schweizer Sender ab Rediffusion (Kabel) auf über 1200 Ton­ der Fonoteca archiviert werden. ten und Notizen zu den wichtigsten bändern auf. An der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) wird dieser Be­ Die Bänder werden seit 2012 in der Bewertung­ der Musikfesten in Europa miteinbe- Zürcher Hochschule der Künste Sammlung zeigt, zieht. stand im Rahmen eines von Memoriav unterstützten bibliografischen Projekts (ZHdK) zwischengelagert; ein Teil Speziell bereichernd für das Projekt mit der tatkräftigen Hilfe von Fritz Muggler selbst gesichtet und inventarisiert. konnte mit Unterstützung der Fono- dass sie eine ist der regelmässige Kontakt mit teca bereits bearbeitet werden. Sie einzigartige­ Fritz Muggler, der etwa jede zweite Der vielseitige Musiker, Musikwissenschaftler und ler regelmässig die Musikfestivals in Darmstadt, befanden sich zum Teil (30 %) in Woche beim Sortieren und Auswer- Journalist Fritz Muggler hat fast acht Jahrzehnte Donaueschingen und Witten, von denen er in der ­einem problematischen Zustand, Auswahl­ von Musik ten der Bänder und Notizen behilf- Schweizer Musikgeschichte miterlebt und mitge- Presse berichtete. Zudem amtete er von 1975 bis waren aber abspielbar. Insgesamt des 20. Jahrhun­ lich ist und zusätzliche Informa­ schrieben. Aufgewachsen in Zürich-Höngg stu­ 1982 als Präsident der IGNM Ortsgruppe Zürich zeigte der Bestand deutliche Alte- tionen zu seiner Sammlung und zu Forschungsteam dierte er nach dem Abschluss des Lehrerseminars (Pro Musica). Durch seine Tätigkeit nahm er aktiv rungserscheinungen: Staub, Ge- derts mit hohem seinen musikalischen und journalis- Projekt Fritz Muggler: zwischen 1952 und 1964 Klavier, Schulgesang, Anteil am Schweizer Musikleben und ist mit sei- ruch, geknickte und spröde Bänder, tischen Tätigkeiten liefert. Ivan Denes (Dokumentalist), Helvetica-­Anteil ­Orgel und Theorie, später zudem Blockflöte. An der nen 88 Jahren noch immer regelmässiger Gast bei schlechte Wicklungen, die zum Teil Die Tonbandsammlung Fritz Muggler Iris Eggenschwiler (wissen­schaftliche Mitarbeiterin) Universität Zürich absolvierte er ein Studium der Konzerten und Symposien. vom Kern der Spule fielen, in weni- darstellt. spiegelt als «kuratiertes Radio» die und Lukas Näf (Projektleiter) Musikwissenschaft mit Nebenfach Kunstgeschich- gen Fällen auch Schimmelpilzbefall Auswahl eines hochgebildeten, viel- te. Als Blockflötist war er Mitglied des Ensembles Sammlung mit hohem Helvetica-Anteil oder Zersetzung durch das «Essig- seitig interessierten und aufge- New Consort Zürich, zwischen 1960 und 1995 Orga- Unmittelbares Zeugnis von Mugglers musikali- Syndrom». In einer ersten Etappe wurden die Bän- schlossenen Musikkritikers und Musikers. Sie nist in Schlieren. Etwa 1958 begann seine Lauf- schen Interessen ist die umfangreiche Tonband­ der mit Helvetica anhand der Begleitdokumente zeugt von einem spezifischenV erständnis und bahn als Musik-, Radio- und Kunstkritiker bei diver- sammlung. Diese umfasst mehr als 1200 Tonbän- separiert; die Bänder ohne Helvetica-Anteil bzw. ­Umgang mit zeitgenössischer Musik, ihrem Diskurs sen Schweizer Zeitungen wie dem Volksrecht, der der (ca. 4800 Stunden Spielzeit) mit Aufnahmen ohne Begleitdokumente werden später bearbeitet. und ihrer Vermittlung in der Schweizer Fachwelt Tat, der Neuen Zürcher Zeitung, der Schweizeri- vorwiegend von Radiosendungen, aufgezeichnet Bis März 2018 trafen der Dokumentalist Iso Fuchs und ist damit ein wichtiges Zeugnis schweize­ schen Musikzeitung, der Zürichsee-Zeitung und der zwischen 1954 und 1990 im Rahmen seiner Tätig- und sein Nachfolger Ivan Denes (ZHdK) unter der rischer Musikrezeption in der zweiten Hälfte des Schweizer Radio-Zeitung. Ab 1954 besuchte Mugg- keit als Radiokritiker und aus persönlicher Vorlie- Anleitung von Rudolf Müller (Memoriav) konserva- 20. Jahrhunderts.

40 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 41 ← Une belle industrie neuchâteloise, 1929. Production : Visibilité MEMORIAV Cinéma scolaire et populaire suisse, Berne ; commanditaire : Dubied, Ed. & Cie, S.A. Neuchâtel. Photo : DAV

promotion des fameuses machines à tricoter, on provenances variées permettent de mettre en sait notamment qu’Emile Cohl (1857–1938), cé- ­valeur le vêtement en tricot. C’est ­notamment le lèbre animateur français de la première moitié du cas d’une séquence balnéaire issue d’un sujet XXe siècle souvent considéré comme le père du d’actualité tourné en 1928 à Biarritz par Pathé. dessin animé, réalisa entre décembre 1922 et Ainsi que le souligne la Filmographie neuchâte- ­janvier 1923 quatre films publicitaires vantant les loise : « La dernière partie illustre la politique so- machines à tricoter Dubied. ciale de l’entreprise, qui prend en charge non seu- lement la formation du personnel mais l’ensemble Un film à plusieurs facettes des aspects de sa vie quotidienne (réfectoires, lo- Le film Une belle industrie neuchâteloise fait ainsi gement, pouponnière et terrains de sport). Cette partie d’un ensemble de films 35 et 16 mm à visée politique semble porter ses fruits : le film se ter- publicitaire, mais également commémorative ou mine par une excursion des plus vieux employés didactique, remis au DAV par l’entreprise covas- de la société. A les voir rire et lever leur verre tout sonne suite à sa faillite. en jetant des coups d’œil à la caméra, on se sent On ne connaît de ce film qu’une version allemande plongé dans l’ambiance d’un film de famille. » Une belle industrie sans carton de titre, probablement lacunaire. La Copie composite d’un film dont la diffusion fut re- deuxième édition (1931) du Catalogue des films marquable, véritable témoignage sur une époque suisses industriels et économiques de l’Office où les machines à tricoter Dubied partaient à la neuchâteloise, retour suisse d’expansion commerciale (OSEC) en attri- conquête du monde, Une belle industrie neuchâ­ bue la paternité au Cinéma scolaire et populaire teloise occupe une place particulière au sein du suisse (Berne) et indique une longueur de 1800 m, patrimoine cinématographique neuchâtelois. sur une sauvegarde environ 66΄ à 24 i./s., ce qui en faisait un pro- gramme principal. Une belle industrie neuchâte- Reconquérir le public loise fut présenté à Neuchâtel en novembre 1929, La sauvegarde, réalisée en 2017 grâce au soutien sous son titre français, ainsi que dans plusieurs de Memoriav, fut effectuée à partir d’éléments po- A l’instar de la production cinématographique helvétique, le patrimoine fil­ autres villes de Suisse. Il était également destiné à sitifs 35 mm nitrate, noir/blanc, d’une longueur de mique du canton de Neuchâtel est largement marqué par la prévalence du l’étranger. 1476 m, ainsi que d’un fragment de 52 m teinté/ Au-delà de sa vocation promotionnelle, le film colorié au pochoir et conservé à part. Le rapport/ film de commande. Un patrimoine que le Département audiovisuel de la ­revêt plusieurs facettes que l’on découvre au fil guide de restauration et tirage établi en 2017 à la ­Bibliothèque de la Ville de La Chaux-de-Fonds (DAV) s’emploie depuis près des cinq parties qui le composent. Tandis que la Cinémathèque suisse (laquelle conserve par ail- première partie propose un bref historique de l’en- leurs tous les films neuchâtelois impressionnés de 40 ans à réunir, conserver et diffuser. Un exemple entre autres. treprise, la deuxième met en valeur la région dans sur pellicule nitrate) par Maral Mohsenin révèle laquelle est sise cette dernière. une copie en bon état mécanique, Une belle industrie neuchâteloise, 1929. Le patrimoine filmique du canton de Neuchâtel se de distillateurs d’absinthe à Couvet. Elle connaît La Revue Dubied relève la familia- quoique fortement rayée, ainsi que Photo : DAV révèle à l’image des caractéristiques locales : si le un fort développement dans les premières rité de ces images : « On a vu passer la nécessité de refaire ou consolider territoire neuchâtelois compte peu de hauts-lieux ­décennies du XXe siècle. Malgré l’éclatement du à l’écran tant de ­cités lointaines, Dubied fut les collures, et de réparer les per­ du tourisme, il abrite de nombreuses entreprises, premier conflit mondial, Pierre-Edouard Dubied tant de paysages étranges, polaires l’une des forations déchirées. Le fragment lesquelles ont marqué de leur empreinte la vie neu- (1887–1955), petit-fils du fondateur, fait agrandir et tropicaux, tant de personnages ­coloré au pochoir a été réinséré châteloise. Aussi le DAV conserve-t-il plusieurs l’usine, crée l’apprentissage et met en place un d’autres continents, tant de scènes entreprises­ dans la sauvegarde numérique. Le fonds de films industriels. Tandis que la primauté service d’aide sociale. Pendant une quarantaine inattendues, que c’est un plaisir tout neuchâteloises­ laboratoire Cinegrell a effectué un de l’horlogerie apparaît de manière évidente au d’années, il dirigera la maison familiale, moder­ neuf d’y saluer­ pour une fois des scan en 2 K, une restauration légère Aude Joseph sein des collections filmiques de l’institution, nisant et rationalisant la production. »1 choses bien connues : le port et le qui recourut ainsi qu’un retour sur pellicule Responsable du Département d’autres secteurs de l’industrie sont également Les films réalisés pour le compte de Dubied il- marché de Neuchâtel, la forêt de tôt et souvent­ noir/blanc. audio­visuel de la Bibliothèque de la bien représentés par le truchement d’entreprises lustrent l’importance de cette firme à un niveau Rochefort, les rochers de la Clusette, Ainsi le DAV dispose-t-il d’une Ville de La Chaux-de-Fonds (DAV) au cinéma. Photo : DAV de renom international. C’est le cas entre autres de cantonal et national, au plan économique mais la rivière qui miroite devant l’usine, nouvelle copie de conservation et Suchard, dont le fonds films fut sauvegardé il y a également social et identitaire. Par ailleurs, l’entre- puis des visages familiers et les d’éléments numériques de qualité quelques années avec l’aide de Memoriav, et de prise exportait ses produits à l’échelle mondiale gestes du travail de chaque jour » permettant quant à eux la mise Dubied. et possédait des succursales à l’étranger. Dubied (Revue Dubied, janvier 1930). La troisième partie, en valeur du film. fut l’une des entreprises neuchâteloises qui recou- centrale, plonge le spectateur dans le fonctionne- En 2007, une projection d’Une belle industrie Tôt recourt au cinéma rut tôt et souvent au cinéma. Sans avoir retrouvé ment même de l’usine de Couvet et donne à voir les neuchâteloise­ eut lieu à Neuchâtel, en marge de Comme nous le précisions dans la Filmographie la trace matérielle de tous les films destinés à la différentes étapes de la fabrication desmachines ­ à l’exposition Seconde peau, histoire de mode… Le neuchâteloise : « L’entreprise de machines à trico- tricoter. L’univers de la mode et des loisirs­ se situe public, composé notamment d’anciens employés ter Dubied fut fondée en 1867 par Henri-Edouard 1 Aude Joseph, Neuchâtel, un canton en images : filmo­ au cœur de la quatrième partie. On quitte alors par de « la Dubied », fut si nombreux qu’il nous fallut Dubied (1823–1878), descendant d’une famille graphie, Hauterive : Ed. G. Attinger ; 2008, pp. 91–92. moment le canton de Neuchâtel : des images de alors organiser une deuxième séance.

42 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 43 ← Videostelen in der Ausstellung. Visibilité MEMORIAV Foto: Verkehrshaus der Schweiz, VA-58998

Videobänder intern zu visionieren. Vor allem stan- lungen einfliessen zu lassen. Nach dem oben den bei Projektbeginn nicht mehr alle benötigten ­beschriebenen geplanten Vorgehen hätte dies Abspielgeräte zur Verfügung. ­bedeutet, dass praktisch jede der 900 Kassetten Dennoch war rasch klar, dass praktisch jeder Inhalt ein «Original» gewesen­ wäre. mehrfach auf verschiedenen Kassetten vorhanden Zusammen mit dem externen Partner wurde das ist. Dies war nicht erstaunlich, da die Ausstellungs- Konzept entsprechend angepasst: Der Dienstleis- machenden die Masterbänder jeweils kopierten, ter digitalisiert sämtliche Videokassetten und um «Copy»-Bänder in der Ausstellung in Endlos- sucht nach identischen Videosequenzen. Die schlaufen präsentieren zu können. Sämtliche die- ­Sequenz mit der besten Qualität wird für das ser Kassetten wurden schliesslich im Videoregal ­Verkehrshaus konfektioniert und als AVI- und des Dokuzentrums aufbewahrt. Leider konnten oft- MP4-Datei abgespeichert. Die Datei umfasst eine Firmennachlässe: Herstellung des Comprex- mals die Masterbänder nicht eindeutig als solche neue Inventarnummer sowie weitere Angaben, Turboladers durch die damalige BBC. Videostill: Verkehrshaus der Schweiz, VA-55627 identifiziert werden. Rein kommerzielle Videos in wie z. B. die ursprüngliche Kassettennummer, die minderer Qualität wurden schon zu Beginn des ­Po­sition auf der Kassette, die Filmdauer und das Inhalt erhalten ­Projektes als nicht erhaltenswert ausgeschlossen. ­ursprüngliche Videoformat. Auch glichen wir die erstellte Inven- In der vom Verkehrshaus verwende- tarliste mit den Beständen von ex- ten Inventardatenbank MuseumPlus und ­Zugriff vereinfachen ternen Archiven ab. Was bei diesen Durch dieses können wir die Kassetten virtuell professionell archiviert wird, muss wieder in ihre ursprüngliche­ Kompo- im Verkehrshaus nicht noch doku- Konzept­ konnte sition zusammenstellen, benötigen Videoprojekt im mentiert werden. Besonders ins Ge- der Zugriff auf dafür aber nur eine Videodatei pro wicht fielen dabei die Beiträge über Sequenz (Beispiel: Sequenz X ist auf das Verkehrshaus vom Schweizer die einzelnen Kassette 300, Position 2 und auf ­Verkehrshaus der Schweiz Radio und Fernsehen SRF, die be- Sequenzen­ über­ Kassette 400, Position 5). Durch Schwer zu beschaffende Filme: reits in ihrem Archivsystem FARO re- ­dieses Konzept konnte der Zugriff sowjetische Raumfahrt. sichtlicher ­ Videostill: Verkehrshaus der Schweiz, VA-56163 ferenziert sind. auf die einzelnen Sequenzen über- So wurde 2014 mit 900 Videokasset- gestaltet und sichtlicher gestaltet und Speicher- Auch in den Museen haben die digitalen Medien die analogen Videokasset­ ten das eigentliche Erhaltungspro- Speicherplatz­ ein­ platz eingespart werden. Dabei ten schon länger abgelöst. Bei den noch vorhandenen Videokassetten jekt gestartet. Durch den Wegfall von ­wurde darauf geachtet, dass keine Dubletten rechneten wir mit der Digi- gespart werden. ­Informationen, wie beispielsweise naht nun das Lebensende. In einem aufwendigen Erhaltungsprojekt sichert talisierung von 450 Videokassetten. Sprachversionen, verloren gingen. das Dokumentationszentrum des Verkehrshauses nun die Inhalte der Der Projektzeitraum wurde aufgrund Der Nachteil dieses Vorgehens ist der personellen und finanziellen Ressourcen auf der Mehraufwand. Statt der Digitalisierung von 1000 Kassetten umfassenden Videosammlung langfristig. fünf Jahre festgelegt. Eine externe Firma überprüft ganzen Kassetten werden viele Einzeldokumente pro Jahr ein Los à 180 Videokassetten auf Dublet- hergestellt. Folglich braucht das Zusammenstellen Das Verkehrshaus der Schweiz in Luzern ist das Schenkungen. Einige Videobänder sind bereits ten, sortiert diese aus und digitalisiert den Rest der digitalen «Kassetten» mehr Zeit. meistbesuchte Museum der Schweiz und eine na­ über 30 Jahre alt und dürften bald nicht mehr mit ­anschliessend. Zurück im Verkehrshaus inventari- Eigenproduktion Verkehrshaus: tionale und internationale Plattform für Mobilität. vernünftigem Aufwand abspielbar sein. Für deren sieren wir die Videodateien. So sind die Videos für Museen zeigen Interesse Modellbautage 1995. Videostill: Verkehrshaus der Schweiz, VA-58597 Seine umfangreiche, historisch wertvolle Video- langfristigen Erhalt initiierte das Dokumentations- die Besucherinnen und Besucher des Dokumenta- Seit Anfang Jahr ist nun das letzte und fünfte Los sammlung thematisiert sämtliche Bereiche des zentrum des Verkehrshauses 2014 ein entspre- tionszentrums an den Arbeitsstationen recher- an Videokassetten in Bearbeitung. Was noch zu Verkehrs und dokumentiert die Geschichte des chendes Projekt. Memoriav unterstützt dieses chier- und abrufbar. Ende 2018 werden sämtliche tun bleibt, ist die Integration des Videobestandes Verkehrshauses.­ Der Videobestand ist im Doku- fachlich und finanziell. Arbeiten abgeschlossen sein. So weit die Projekt- in Memobase.ch, der Informationsplattform von mentationszentrum eingelagert und beinhaltet planung. Memoriav. Dafür müssen die Copyrightfragen ein- Lorenz von Felten Unikate aus Nachlässen diverser Firmen, Aufnah- Abgleichen und Aussortieren gehend geklärt werden. Von vielen Filmsequenzen Wissenschaft­licher Dokumentalist men vom Verkehrshaus, über das Verkehrshaus, In einem ersten Schritt analysierten wir die nur teil- Testlauf bringt neue Erkenntnisse ist der Rechteinhaber unbekannt. und Kurator Luftseilbahnen Video­zusammenschnitte für Ausstellungen, aber weise inventarisierte Videosammlung. Der physi- Bereits zu Beginn des Videoprojektes – bei den Erfreulicherweise stossen die bereits bearbeiteten und Tourismus im Verkehrshaus der Schweiz auch Videodokumentationen über Verkehrshaus- sche Zustand der Bänder war gut. Damit konnte die ersten Testläufen – mussten wir die Strategie zu Videofiles auf reges Interesse. Beispielsweise ha- objekte. Die Videos wurden in den unterschied- Digitalisierung der Kassetten ohne vorgängige Res- Ausscheidung von Dubletten und Digitalisierung ben wir an den im Verkehrshaus jährlich stattfin- lichsten Formaten aufgenommen, dazu gehören taurierungsarbeiten in Angriff genommen werden. grundlegend überdenken. Die Ausstellungsma- denden Themenwochenenden zum Schienenver- Betacam SP, Digital Betacam, VHS, S -VHS, U-matic Um einen inhaltlichen Überblick zu erlangen, wur- chenden des Verkehrshauses kopierten nämlich – kehr, zur Luft- und Raumfahrt mehrmals Videos Videodokumentationen zu Verkehrshaus-­ sowie U-matic S. Bis ungefähr ins Jahr 2005 pro­ den die Kassetten einzeln inventarisiert. Als Infor- anders als angenommen – die Videosequenzen in aus dem Projekt zusammengestellt und erfolgreich Objekten: Inbetriebnahme des Ajax-Taxis. Videostill: Verkehrshaus der Schweiz, VA-57884 duzierten die Mitarbeitenden des Verkehrshauses mation dienten uns lediglich die z. T. handschrift- verschiedensten Kompositionen auf diverse Kas- vorgeführt. Auch zeigen bereits diverse andere Videos für die Ausstellungen. Seither wächst die lich verfassten Kassettenbeschriftungen. Aus per- setten; vermutlich um die Inhalte zu akzentuieren ­Museen Ausschnitte aus diesen Videofiles in ihren Sammlung nur noch geringfügig durch vereinzelte sonellen Gründen war es nicht möglich, die oder auch um neue Informationen in die Ausstel- Ausstellungen.

44 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 45 ← Cécile Vilas mit einer Schellackplatte aus ihrer privaten Interna MEMORIAV ­Sammlung. Foto: Franco Messerli, Bern Cécile Vilas avec un disque 78 tours de sa collection privée. Photo : Franco Messerli, Berne

Das Kultur­erbe Le patrimoine als Herzens­ culturel, une angelegenheit ­affaire de cœur

2018 ist das Jahr des Europäischen 2018 est l’Année européenne Kulturerbes, an dem sich auch die du ­patrimoine culturel, à laquelle Schweiz beteiligt. Wie bedeutend la Suisse participe également. dieses Kulturerbe für uns alle ist, Cécile Vilas, directrice de Memoriav weiss kaum jemand besser als depuis six mois, sait mieux que ­Cécile Vilas. Sie wirkt seit nunmehr ­personne à quel point le patrimoine einem halben Jahr als Direktorin est ­important pour nous tous. Franco Messerli Historiker und Publizist von Memoriav. Mit Umsicht und Avec ­expérience et discernement, Historien et journaliste ­Erfahrung führt sie das Engagement elle poursuit l’engagement de ihres ­Vorgängers fort und setzt son ­prédécesseur tout en apportant ­dabei erste eigene Akzente. sa touche personnelle.

Bevor Cécile Vilas Anfang März dieses Jahres die Avant de prendre en charge la direction opération- operative Führung von Memoriav übernahm, lei­ nelle de Memoriav début mars dernier, Cécile Vilas tete sie eine Dekade lang den Bereich Kultur der a été pendant dix ans responsable de la culture à Stadt Zofingen. Dabei unterstanden ihr die Stadt­ la ville de Zofingue, où elle s’occupait notamment bibliothek und das Stadtarchiv. Daneben fungierte de la bibliothèque et des archives municipales. sie ebenfalls als Intendantin von Musik & Theater ­Parallèlement, elle a également exercé la fonction Zofingen. Im Rahmen dieser Institution bespielen d’administratrice de Musik & Theater Zofingen. Tourneetheater- und Musikensembles die Bühne Dans le cadre de cette institution, des troupes des Stadtsaals Zofingen. théâtrales et des groupes de musique se pro- Kulturelle Drehscheibe Zofingens ist die Stadt­ duisent sur la scène de la salle municipale de bibliothek, eine Institution mit jahrhundertealter ­Zofingue. Tradition. «Auch der Titel der Stadtbibliotheka- La plateforme culturelle de Zofingue est la biblio- rin / des Stadtbibliothekars ist historisch geprägt thèque municipale, une institution issue d’une und impliziert ein umfassendes Verständnis für ­tradition séculaire. « Le titre de bibliothécaire mu- ­aktuelle und vergangene Aspekte rund um das nicipale est aussi chargé d’histoire. Il implique Kultur­gut» schrieb Vilas 2011 im Kulturförderkon- une compréhension globale des aspects actuels zept der Aargauer Kleinstadt. Die Stadtbibliothek et passés du patrimoine culturel », écrivait Cécile verfügt «über eine beachtliche Sammlung histo­ Vilas en 2011 dans le projet de promotion de la rischer Bücher und Handschriften» – wie auf culture de cette petite ville d’Argovie. La biblio- der Website der Stadt Zofingen nicht ohne Stolz thèque municipale dispose «d’une collection vermerkt wird. considérable de livres et de manuscrits histo- riques», comme l’indique fièrement laV ille de Ein Nashorn in der «Geheimnisvollen Bibliothek» ­Zofingue sur son site Internet. Cécile Vilas liebt alte Bücher und ihre Geschichten. Ihre Augen fangen an zu leuchten, als sie davon er- Un rhinocéros dans la «Bibliothèque zählt, wie sie in der Veranstaltungsreihe «Geheim- ­mystérieuse» nisvolle Bibliothek» Kindern ab acht Jahren mit Cécile Vilas aime les vieux livres et leurs histoires. ­Hilfe der «Encyclopédie d’Yverdon», einem Haupt- Ses yeux brillent lorsqu’elle évoque comment, werk der Schweizer Aufklärung, die Geschichte von dans le cadre de la série de manifestations « Biblio-

46 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 47 Interna MEMORIAV

Das Schweizerische Kulturerbejahr findet im Rahmen des Europäischen Jahrs des ­Kulturerbes 2018 statt. Mehr dazu unter: https://www.kulturerbe2018.ch/

L’Année du patrimoine culturel suisse­ s’inscrit dans le cadre de l’Année ­européenne du patrimoine­ culturel 2018. Pour plus d’informations : https://www.patrimoine2018.ch/

Clara näherbrachte. Es handelt sich dabei um ein thèque mystérieuse », elle a fait découvrir l’histoire Dieses Bestreben fügt sich nahtlos in die Ziele des plateforme parmi tant d’autres dans un univers en weibliches Panzernashorn, das Mitte des 18. Jahr- de Clara aux enfants de 8 ans et plus à l’aide Europäischen Jahres des Kulturerbes 2018 ein. Es perpétuelle évolution. Pour que l’ensemble ne de- hunderts in ganz Europa vorgeführt und so zu einer de l’Encyclopédie d’Yverdon, une œuvre maîtresse soll uns Europäer an unsere gemeinsamen kultu- vienne pas un cimetière de données à long terme Berühmtheit wurde. Clara war völlig zahm, soff Bier du temps des Lumières en Suisse. Clara est une rellen Wurzeln ­erinnern, damit wir Europa als ge- en dépit du nombre d’utilisateurs croissant, Cécile und liebte Orangen und Tabakqualm. ­femelle rhinocéros qui a été présentée dans toute meinsamen ­Geschichts- und Kulturraum begreifen. Vilas aspire à perfectionner Memobase dans un Durch ihr Romanistikstudium und ihre beruflichen l’Europe au milieu du XVIII e siècle et qui est deve- souci de convivialité pour simplifier encore plus Stationen ist die perfekt bilingue Cécile Vilas so- nue une célébrité. Complètement apprivoisée, Kommunikation als Schwerpunkt l’accès. wohl in der Deutschschweiz als auch in der Suisse ­Clara buvait de la bière et aimait les oranges et la Memoriav kommuniziert bereits auf verschiedenen Cette volonté s’inscrit parfaitement dans les objec- romande bestens vernetzt; dies auch dank ihrer fumée de tabac. Ebenen. Dabei möchte die Direktorin, neben der tifs de l’Année européenne du patrimoine culturel langjährigen Tätigkeit als Präsidentin der SIGEGS Parfaitement bilingue, Cécile Vilas bénéficie d’un Fach-Community, auch eine breitere Öffentlichkeit 2018. Cela doit nous rappeler, à nous Européens, (Schweizerische Interessengemeinschaft zur Erhal- excellent réseau tant en Suisse alémanique qu’en ansprechen, um u. a. auf den Wert von Fotos oder nos racines culturelles communes afin que nous tung von Grafik und Schriftgut). Suisse romande grâce à ses études en langues et Filmen hinzuweisen. Diese können sich nämlich concevions l’Europe comme un espace historique littératures romanes, à son parcours professionnel auch in privaten Händen befinden, so beispiels- et culturel commun. Kulturelle Teilhabe et à ses nombreuses années d’activité au poste weise Familienfotos, welche «nebenbei» Wandel In ihrem neuen Wirkungsfeld bei Memoriav will die de présidente de la SIGEGS (Association suisse von Ortsbildern dokumentieren. Sensibilisierung Priorité à la communication Luzernerin mit spanischen Wurzeln den Verein mit pour la conservation des œuvres graphiques et bleibt ein wichtiges Thema, speziell auch in der Memoriav communique déjà à plusieurs niveaux. Umsicht weiterentwickeln und optimal positionie- ­manuscrites). Prävention. Au-delà de la communauté d’initiés, la directrice ren, um den vielfältigen Herausforderungen der souhaite s’adresser à un plus large public, notam- Das Grammophonmöbel aus den 1930er ­Zukunft zu begegnen. Da bislang im Rahmen von Participation culturelle Tango und Alice Rivaz ment pour mettre l’accent sur la valeur des photos ­Jahren, auf dem die Memoriav-Direktorin ihre Schellackplatten abspielt. Foto: Cécile Vilas Memoriav der Takt eher von den grossen Institutio- Dans son nouvel environnement de travail chez Ein Steckenpferd von Cécile Vilas ist der Tango ou des films. Certains sont en effet en possession nen vorgegeben wurde, möchte sie als Anwältin Memoriav, la Lucernoise d’origine espagnole en- ­Argentino. Sie verfügt über eine Sammlung von de particuliers, par exemple les photos de famille La directrice de Memoriav écoute ses ­anciens disques 78 tours sur un gramophone der kleineren Mitglieder auch deren Interessen ver- tend poursuivre le développement de l’association ­alten Schellackplatten mit Stücken dieser Musik­ qui documentent aussi le changement de physio- des années 1930. Photo : Cécile Vilas stärkt einbringen. avec circonspection et la positionner de manière richtung. Auf ihrem Grammophonmöbel aus den nomie des lieux où elles sont prises. La sensibili­ Die Memoriav-Direktorin misst der «kulturellen optimale afin de relever les nombreux défis à venir. 1930er Jahren kann sie diese Aufnahmen stilge- sation reste une question majeure, en particulier Teilhabe», wie sie der Bund in seiner Kulturbot- Si, jusqu’ici, ce sont principalement les grandes recht abspielen. dans le domaine de la prévention. schaft postuliert, hohe Bedeutung zu. Das heisst, institutions qui dictaient le rythme au sein de Auf die abschliessende Frage, welches Buch sie auf ein möglichst einfacher und breiter Zugang zu Kul- ­Memoriav, Cécile Vilas, en tant qu’avocate des die berühmte einsame Insel mitnehmen würde, Le tango et Alice Rivaz tur und Abbau von entsprechenden Hürden. membres les plus modestes, entend leur donner schwankt Cécile Vilas zwischen Thomas Manns Cécile Vilas est passionnée par le tango argentin. davantage voix au chapitre. «Zauberberg», «Don Quijote» oder einem Werk von Elle possède une collection de disques 78 tours Weiterentwicklung von Memobase La directrice de Memoriav accorde beaucoup d’im- Alice Rivaz (1901–1998). Letztere hat es ihr beson- qu’elle écoute avec son gramophone des années Auf beispielhafte Weise ermöglicht das Online-In- portance à la «participation culturelle» encouragée ders angetan, speziell ihr Schreibstil und ihre The- 1930. formationsportal Memobase einen solchen Zugang par la Confédération dans son message culture. menwahl. Die grosse alte Dame der Westschweizer Quant à savoir quel livre elle emporterait sur une zum Kulturerbe der Schweiz. Der Vorteil von Memo- Cela signifie un accès aussi facile et vaste que Literatur war eine berufstätige Frau (sie arbeitete île déserte, Cécile Vilas hésite entre La Montagne base sind die umfassenden Metadaten sowie ­possible à la culture et l’élimination des obstacles als Dokumentalistin) mit einem ausgeprägten Sinn magique de Thomas Mann, Don Quichotte ou une die Systematik der verzeichneten Dokumente. correspondants. für soziale Fragen. Die meisten ihrer Romane dre- œuvre d’Alice Rivaz (1901–1998). La romancière ­Dennoch ist Memobase eine von vielen Plattfor- hen sich um den Platz der Frau in der Familie und l’a particulièrement conquise par son style et les men in einer sich laufend weiterentwickelnden Développement de Memobase in der Berufswelt. thèmes qu’elle aborde. Cette illustre figure de la Plattformlandschaft. Damit das Ganze – ungeach- Le portail d’information en ligne Memobase ré- ­littérature de Suisse romande était une femme tet steigender Nutzungszahlen – langfristig nicht pond à cette volonté de manière exemplaire en ­active (elle travaillait comme documentaliste) do- zu einem Datenfriedhof verkommt, ist Cécile Vilas donnant accès au patrimoine culturel de la Suisse. tée d’un sens aigu des questions sociales. La plu- gewillt, Memobase benutzerfreundlich weiterzu- L’avantage de Memobase réside dans les méta- part de ses romans s’intéressent à la place de la entwickeln. Damit soll der Zugang noch mehr données complètes et dans la classification des femme dans la sphère familiale et dans le monde ­vereinfacht werden. documents indexés. Toutefois, Memobase est une professionnel.

48 MEMORIAV BULLETIN №25 MEMORIAV BULLETIN №25 49 Memoriav-tipps MEMORIAV

Impressum

Memoriav Bulletin № 25 Oktober / Octobre 2018 Redaktion / Rédaction Laurent Baumann Franco Messerli Samuel Mumenthaler Übersetzungen / Traductions BMP Translations AG, Basel Die Publikation zur Ausstellung Ein visueller Ohrenschmaus En route avec Roadmovie Gabriella Capparuccini, Memoriav Unterwegs mit Roadmovie Nadya Rohrbach, Fribourg Von 1934 bis 1939 und wiederum von 1947 bis 1954 Nick Hornby schrieb 1995 mit «High Fidelity» das Korrekturen / Corrections wurde Bern jeweils im August während einiger Tage schönste Buch, in dem Plattensammler eine Haupt- Chaque automne depuis 15 ans, Roadmovie fait Stämpfli AG, Bern zum Zentrum des internationalen Motorrennsports. rolle spielen. Nun wird es vom opulenten Bildband halte dans 36 villages en Suisse pour y présenter la Die Automobil- und Motorradrennen auf dem «Dust & Grooves» ergänzt. Auf 432 Seiten werden culture cinématographique suisse. En collaboration Auflage / Tirages 5000 Ex. ­legendären Rundkurs im Bremgartenwald zählten in diesem Coffee-Table-Buch mehr als 130 Schall- avec des partenaires locaux, Roadmovie transforme damals zu den Klassikern der Vollgas-Branche. plattensammler in Text und Bild porträtiert. Doch halles de gymnastique ou salles communales Grafische Gestaltung / Das Bernische Historische Museum zeigt bis am die Hauptrolle spielen die Objekte der Begierde, en cinémas­ exceptionnel d’un jour. Pendant l’année Réalisation graphique Martin Schori, Biel 22. April 2019 eine multimediale Ausstellung über sprich: die Vinylplatten. Allein zwischen diesen #patrimoine2018, le Ciné-Journal suisse fait partie diesen einst grössten Sportanlass der Schweiz. Buchdeckeln dürften es Hunderttausende sein! de la tournée et ramènera sur le grand écran Druck / Impression «Grand Prix Suisse 1934–54. Bern im Rennfieber» «Dust & Grooves» ist ein sinnliches Buch von Afici- des actualités­ cinématographiques inoubliables. Stämpfli AG, Bern nennt sich die «überzeugend inszenierte Schau» onados über Aficionados für Aficionados. Man hört Un patrimoine vivant à découvrir. Herausgeber / Editeur (Der Bund). Gezeigt werden die damaligen Boliden, förmlich das Knistern zwischen den Stücken, das Memoriav grossformatige Fotografien, Plakate und viele Knacken, wenn sich der Plattenarm auf das Vinyl Seit 15 Jahren besucht Roadmovie jeden Herbst Bümplizstrasse 192, 3018 Bern ­Beiträge der Schweizer Filmwochenschau. Daneben senkt. Die Musik spielt mit, aber sie ist nicht die 36 Dörfer in der Schweiz und präsentiert dort einen T 031 380 10 80, [email protected] www.memoriav.ch wird das historische Spektakel auch in den Kontext Hauptsache. Denn es geht um die Obsessionen der Tag lang Schweizer Filmkultur. Gemeinsam mit den seiner wirtschaftlichen, sozialen und technischen Sammler – nicht ohne (Selbst)Ironie. «Plattensam- Partnern vor Ort ermöglicht Roadmovie der ganzen Bedeutung für Bern und die Schweiz gestellt. meln ist eine endlose Reise in die Vergangenheit», Bevölkerung einen einzigartigen Kinotag. Zur Ausstellung veröffentlicht das Bernische sagt ein Akteur. Der israelische Autor Elion Paz Im #Kulturerbe2018 geht die Schweizer Filmwochen­ ­Historische Museum in Zusammenarbeit mit der ­nähert sich den verschiedensten Sammlertypen – schau mit auf Tournee und bringt unvergessliche «Berner Zeitschrift für Geschichte» eine gleich­ «die meisten sind Männer und haben Katzen», Wochenschaubeiträge zurück auf die Leinwand. namige Begleitpublikation.­ Darin lassen die Auto- ­beobachtet er – behutsam aber zielstrebig an. Er ­Lebendiges Kulturgut zum Entdecken! ren und Autorinnen in über 60 Bildern die Rennen nennt das Plattensammeln eine «stillschweigende im «Bremer»­ wieder aufleben. Religion» und zeigt die Vielfalt dieser analogen www.roadmovie.ch – 24.9.–29.11.2018 Unterstützt durch: ­Kollektionen überall auf der Welt: Von der kleinen, Grand Prix Suisse 1934–54. Bern im Rennfieber. feinsortierten bis zur riesigen, wild wuchernden. 128 Seiten, schwarz-weiss Abbildungen, 2018 Hrsg: Bernisches Historisches Museum Dust & Grooves, Plattensammler und ihre Verlag: Berner Zeitschrift für Geschichte (BEZG) Heiligtümer.­ 448 Seiten, 130 Bilder, 2015. ISBN: 978-3-9524783-1-8 Verlag: Eden Books. ISBN: 978-3-95910-017-5 Preis: CHF 19.– Weitere Informationen: Bestellung: https://www.edenbooks.de/eilon-paz-dust- bhm.ch/de/informationen/shop/onlineshop/ grooves | www.dustandgrooves.com

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