SALVATORE SCIARRINO (*1947)

1 Lo spazio inverso (1985) 7:25 für Flöte, Klarinette, Celesta, Violine und Violoncello

2 Muro d’orizzonte (1996) 11:14 für Altflöte, Englischhorn und Bassklarinette

3 Omaggio a Burri (1995) 12:58 für Altflöte, Bassklarinette und Violine

4 Codex purpureus (1983) 11:05 für Streichtrio

5 Introduzione all’oscuro (1981) 17:48 für Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott, Horn, Trompete, Posaune und Streichquintett

T T: 61:00

ensemble recherche Kwamé Ryan 5

Coverphoto: © Charlotte Oswald

2 ensemble recherche

Melise Mellinger Violine 1 3 4 5 Barbara Maurer Viola 4 5 Lucas Fels Violoncello 1 4 5 Klaus Steffes-Holländer Celesta 1 Martin Fahlenbock Flöte 1 2 3 5 Jaime Gonzalez Oboe 5 Jacqualine Burk Englischhorn 2 Shizuyo Oka Klarinette 1 5 Uwe Möckel Klarinette 2 3 mit Clarens Bohner Fagott 5 Marc Noetzel Horn 5 Achim Gorsch Trompete 5 Andrew Digby Posaune 5 Felix Borel 2.Violine 5 Marc Fischer Kontrabaß 5

3 Hans-Peter Jahn IV Schattenfresser Sie sind leicht identifizierbar, die Partituren des Durch die Wüsten der Musik 1947 geborenen Sizilianers, zumal es immer nur Salvatore Sciarrinos ein kompositorisches Problem gibt, das in seiner Unlösbarkeit die Partiturseiten verschlingt ... mal I geschwärzt ... mal leer. Die Paradiese der Musik sind klebrig ge­worden. Seine Sezierinstrumente zur Findung eines kompositorischen Karzinoms sind flirrende und II wimmelnde, manchmal wimmernde Flageolett- Einbetonierte Musik in Glasbauten, hartgespielt Tremoli, secco-trockene Impulse von Blas­in­stru­ zu Sirup, schmecken gelangweilten Bürgern der mentenklappen oder tonlos gepusteten Atmern, Gegenwart nicht mehr. Sie sehnen sich nach manchmal winzige mikrointervallische Schlei­fer Fäulnis, nach Schimmel, nach Ver­wesung, wenn oder altersgeschwächte Glissandi, die auf ihren nicht gar nach den jauchzenden Schreien aus längeren Strecken durch Terz- oder Quarträume der Hölle. Von dort, aus dem Orte der Dunkelheit verbluten, manchmal ­stri­che, die wie und Kälte – dem nach alter Vorstellung eingeheizt Laserstrahlen das Klangoben vom Klangunten wird –, kommen ab und zu Geräusche empor, abschneiden und „immer-immer“ die in allen die in die Wände der Schönheiten Risse rupfen. Partituren anwesenden und um sich selbst krei- Erlösungen also vom Ewig-Reproduzierbaren und senden Motivfiguren, aneinan­dergereiht wie Hoffnung auf Wandel ins Schreckliche, Hoffnung Rosenkranzperlen, vor sich hin­betend wie auf Teil­nahme an Karawanen in die Ödnis von die ewig gedankenlosen, irr­sinns­geladenen Zumu­tungen, in welcher der Reichtum an Erinne­ Marienpreisungen, Roboter­fröm­mig­­keiten auf ita- rungslosigkeit das Gedächtnis peinigt. lienisch, gnadenlos repetierendes, sisyphusverlo- renes Lechzen nach Im­mergleichem, ohne ameri- III kanisch zu werden. Kein Minimalismus, sondern Salvatore Sciarrinos Musik foltert die Er­wartung. rotierende Ge­räu­sche der Leibesflüsse, schaben- Dann und wann gaukelt eine Fata Morgana inmit- des Schnau­fen an Biegungen der Adern... aufs ten der Sandwelten Konturen von Oasen vor. Papier gesetzt. Die Scheinhaftigkeit seiner Musik inszeniert Inmitten dieses Operationssaals setzt Sciarrino ihre Täuschungen. In dieser Trockenheit morsen den Leib der Musik unter den Gefrierpunkt. So Tropfen, penetrant gleichförmig aufschlagend auf seziert der Komponist seine brüchigen Noten, unendlich verfeinertes Gestein, das sie auffrißt als skalpiert die Geschwüre. Alles Überflüssige wird verdunstetes Nichts. abgesaugt. Am Eis der Partituren wärmt sich das Ohr.

4 V den wir die Töne unseres Körpers, erkennen sie Schattenfresser sind die Strahlen auf geschmol- als unsere ureigensten wieder und hören die zenen Stein. kleinsten Spannungen der Intervalle wie Irrlichter, Glas. die als Gesten – jeder Dramatik bar – aus dem Dunkel aufblitzen... Unser Verstand ist großzügig VI genug, diese kläglich zerbrechliche Musik zu Die Bilderorgien, die Salvatore Sciarrino entwirft, akzeptieren. Musik ist nicht länger dazu gemacht, sind Versuche, die Werkanalyse als vertrockneter die Marktplätze einzuschläfern, sondern die Kadaver zu zeigen. Es ist, als spräche der Pinsel Erkenntnis zu wecken – in dem Moment, da in uns des Malers aus seinem Mund, sobald er den eige- der Marktplatz zum Verstummen gekommen ist.“ nen Werken mit Sprache begegnet. Weit entfernt Sciarrino zu Introduzione all’Oscuro: „In die- von Bloßlegungen der motivischen Strukturen, ser Komposition ist die Nachahmung oder der Instrumentation, der Dramatisierungen inner- Übertragung einiger lebensnotwendiger Klänge halb der musikalischen Zeit. der inneren Physiologie deutlich wahrzunehmen Wüstensteine voller Rätsel. – ein Art Objektivation, eine sprachlose Drama­ Was ihn interessiert zu sagen, drückt sich in tisierung des Herzens und des Atems. An diesen Metaphern aus, erzählt nicht nach, was klingt, Stellen neigt Musik dazu, die Verhältnisse zwi- sondern spricht aus, was erfahrbar, aber nicht schen Abwesenheit und Anwesenheit umzukeh- nachweisbar ist. ren, sie zum ‘Gespenstischen’ hin zu bewegen. Sciarrino zu Codex Purpureus: „... Umsonst unter- Das, was man spürt, nimmt man nicht wahr: es scheiden wir zwischen Visionen und Blindheit: bleibt praktisch allein eine blinde, geheimnisvolle jedes Licht überschreitet diese Schwelle, wenn Bewegung, die sich in einer Beschleunigung und es uns blendet, mit einer Schleppe von Illusionen. Verlangsamung periodischen Pulsierens äußert, Spürt nicht auch Ihr das, was im Klang sichtbar eine Atmosphäre der Angst, deren ‘äußere’ psy- ist?“ chologische Ursache unserer Empfindung ver- Sciarrino zu Omaggio a Burri: „Die Öffnung der schlossen ist.“ Sinne ist der Hintergrund meiner Musik.“ Salvatore Sciarrinos Granitblöcke in den Weiten Sciarrino zu Lo spazio inverso: „Nach der sengenden Sandes glühen wie Lampen auf ope- Abschaffung des Rhythmus entsteht Bewe­ rierter Haut. gung aus einer polyphonen Gravitation wie die der Gestirne am Himmel oder wie die Profile VIII der Gebirge am Horizont. In der Wüste tau- Dante Alighieris Terzinenepos La Divina Comedia chen die physiognomischen Züge als Umrisse in 100 Gesängen mit 14 233 Versen ist wie auf: Pulsierende Klanginseln streifen Seen von eine kolossale Festung, auf deren Gemäuer die Schweigen. Im Inneren dieses Schweigens fin- Windwirbel des Horizonts tanzen, die fauchende

5 Musik Sciarrinos. zittert... wie alles, was aus der Hand von Sciarrino So ungeheuerlich die in neun Stufen nach wächst. unten sich verjüngende Hölle und der gottes- Das scheinbar harmlose 4/4 Gerüst wird durch fernste Erdmittelpunkt, wo der gefesselte häufig forcierte Akzente auf die Taktanfänge Luzifer haust, in Dantes Dichtzyklus beschrie- stabilisiert. Bis Takt 38 gilt dieser ätzen- ben steht, so unheimlich sind die Stürme, die de Kolbenschlag. Dann plötzlich zerfetzt die durch die kompositorischen Refugien des Automation das Getriebe. Alles das, was zuvor in 682 Jahre später geborenen Komponisten fegen. sturster Gleichförmigkeit akzentuiert, fluoresziert Nicht mit seinem Beethovenschen oder repetiert, wird durcheinandergeschleudert Verve und dem eschatologischen Gespür, son- und in eine katastrophische Durch­führung getrie- dern Salvatore Sciarrino ist der unerbittlichste ben, der weder eine Reprise noch irgend sonst- Erneuerer und Beender italienischer Musik­kultur. was folgt. Die Durchführung zerstört sich selbst. Seine Musik wandert – unfreiwillig zum Am Schluß – nach 27 wechselnden Achteltakten Prophetischen gezwungen und verflucht zum – ordnet sich das zersplitterte Material zu arhyth- Kassandraauge – zwischen Vergil und Beatrice mischen, zer­hack­ten Doppelschlägen. durch die drei Jenseitsreiche. Gleich­mütig und Herzrhythmusstörungen bis zum Flimmern. manchmal heiter gewitzt, geschultert auf den Bergen der Bescheidenheit ist Salvatore Sciarrino X ein Gefäß, in welches der Sud aus dem Inferno Das kompositorische Auge des Italieners sieht fließt und, verwandelt als Klangschrecken, die das klebrige Paradies. Welt besetzt. Mit Folter, Entzug, Ausweglosigkeit, Kälte – den Sonnen auf Teer. Höflichkeiten der Hölle – setzt Sciarrino dem Himmelreich auf Erden zu. IX Im Hochofen seiner Musik schmilzt das In Muro d’orizzonte wandern Flöte, Englisch­horn „Entsorgte“. und Baßklarinette 66 Takte lang auf der Stelle. Ein Schattenfresser. Paradies, Läuterungsweg und Hölle fallen zusam- men. Die Sammlung an Pausen, an durchlö- cherten Klangflächen mit Nichts ist gigantisch. XI Was sich in diesen wenigen Mi­nuten bewegt, Aus dem Nichts ins Nichts zurück.

6 © Casa Ricordi Milano 42, Introduzione Introduzione all ’ oscuro, S .

7 Hans-Peter Jahn IV Shade eaters They are easy to identify, the scores of the Through the deserts of Sicilian, born in 1947, particularly since the pro- Salvatore Sciarrino’s music blem is always only of a compositional ­nature, which in its insolubleness devour the score sheets I ... some blackened ... some left blank. The paradises of music have become viscous. His dissecting instruments that serve to find a compositional carcinoma are whirring and teem- II ing, occasionally whimpering flageolet tremoli, Music, set into the concrete of glass buildings, the secco-dry impulses of wind instrument keys hardened to syrup by being played, is no longer or soundlessly puffed breaths, sometimes tiny palatable to the bored citizens of today. They micro-interval slides or glissandi weakened by yearn for decay, for mould, for putrefaction, if not age, which bleed to death on their long stretches even for the cheering cries from hell. From there, through the spaces of thirds and fourths, occa- out of the place of darkness and cold – heated sionally sound strokes, which sever the crown according to age-old belief – noises emerge, from the base of the sound as a laser beam, and now and then, snatching fissures in the walls of „always-always“ the thematic self-revolving fig- beauty. Deliverances, thus, from the eternally ures present in all scores, strung together as the reproducible, hoping to change to the dreadful, beads on a rosary, praying to themselves as the hoping to join the caravans on their way to the eternally thoughtless, blatantly senseless praise wasteland of exactions, where the wealth of mem- of the Virgin Mary, reverence to robots in Italian, orylessness torments the recalling mind. mercilessly repeating, ceaseless Sisyphean thirst for the ever same, without becoming American. III No minimalism, but the rotating swish of bodily Salvatore Sciarrino’s music tortures expectation. streams, the scrapping wheeze where arteries Once in a while, a mirage feigns the contours bend ... set on paper. of oases in the midst of worlds of sand. The In the middle of this operating room, Sciarrino seemingness of his music stages its deceptions. sets the body of music below freezing point. Thus In this aridity, drops stutter an annoying regu- the composer dissects his brittle notes, excises lar rhythmed morse code onto infinitely refined the ulcers. The superfluous is suctioned off. The stone, which devours them as evaporated noth- ear basks itself at the ice of the scores. ingness.

8 V mind is generous enough to accept this wretch- Shade eaters are the rays on melted stone. edly fragile music. Music is no longer made to put Glass. to sleep market places but to awaken realisation – in the moment when the market place has fallen VI silent in us.“ The image orgies Salvatore Sciarrino contrives Sciarrino on Introduzione all’Oscuro: „In this are attempts at showing analysis as a desiccated composition the imitation or transmission of some cadaver. As if the painter’s brush spoke from its vital sounds of internal physiology are clearly dis- mouth as soon as it confronts its own works with cernable – a kind of objectivation, a speechless language. Far from merely being the revelation of dramatisation of the heart and the breath. Here, motivistic structures, of instrumentation, of dra- music tends to reverse the relations between matisations within musical time. absence and presence, to move it toward the Desert stones full of riddles. ‘uncanny’. You do not perceive what you feel: it What he wishes to say is expressed in metaphors, practically remains merely a blind, mysterious does not retell that which resounds, but speaks movement expressed in an acceleration and retar- what is tangible but not provable. dation of periodical pulsation, an atmosphere of Sciarrino on Codex Purpureus: „...We differentiate fear, whose „outer“ psy­chological cause escapes between visions and blindness in vain: every light our comprehension.“ transgresses this threshold, when it blinds us with Salvatore Sciarrino’s granite blocks in the vast- a train of illusions. Do you not feel as well that ness of scorching sand glow like lamps on oper- which is visible in sound?“ ated skin. Sciarrino on Omaggio a Burri: „Unfolding the senses is the background of my music.“ VIII Sciarrino on Lo spazio inverso: „After abrogating Dante Alighieri’s epic poem, La Divina Co­me­dia, the rhythm, movement is created out of polypho- composed in tercets, in 100 canticles compris- nous gravitation like that of the stars in the sky or ing 14,233 verses, is like a colossal fortress on as the profiles of the mountains on the horizon. the walls of which the whirlwinds of the horizon In the desert, the physiognomic traits appear as dance, Sciarrino’s hissing music. outlines: pulsating islands of sound brush seas The storms sweeping through the compositional of silence. Within this silence we find the sounds refugia of the composer born 682 years later are of our body, we recognize them as our primeval just as eerie as the description in Dante’s poem own and hear the smallest tensions of the inter- of the nine stages of the downward tapering hell vals like will-o’-the-wisps, which – devoid of all and the centre of the earth, the farthest point drama – light up as gestures in the dark... Our from God where Lucifer abodes fettered, is outra- geous.

9 Not Luigi Nono with his Beethoven-like verve and measures. This acerbic clubbing applies up to the eschatological notion, but Salvatore Sciarrino measure 38. Then suddenly, the mechanism of is the most relentless renewer and ender of Italian this automation is torn to shreds. All that had been musical culture. accentuated, fluoresced, or repeated in the most His music migrates – involuntarily compelled to obdurate uniformity is thrown topsy-turvy and the prophetic and condemned to be the eye of forced into catastrophic implementation which is Cassandra – between Virgil and Beatrice through followed neither by a reprise nor by anything else. the three kingdoms come. Composed and occa- The implementation destroys itself. At the end sionally cheerfully humorous, shouldered on the – after 27 changing eighth notes – the fragmented mountains of modesty, Salvatore Sciarrino is a material arranges itself in arhythmical, hackneyed vessel in which the dregs flow out of the inferno double turns. and, transmuted to sound terror, occupy the Heart dysrhythmia all the way to fibrillation. world. Suns on tar. X The compositional eye of the Italian sees the IX viscous paradise. In Muro d’orizzonte flute, the English horn, With torture, withdrawal, hopelessness, the cold and bass clarinet mark time for 66 measures. – the courtesies of hell – Sciarrino torments Paradise, purgatory, and hell collide. The collec- heaven on earth. tion of pauses, of perforated sound surfaces with In the high furnace of his music, the „disposed“ nothingness, is gigantic. What moves in these few melts. minutes, trembles ... as everything growing out of A shade eater. Sciarrino’s hands. The seemingly harmless 4/4 structure is stabilised XI by frequently bold accents on the beginning of From nothingness back to nothingness.

10 © Casa Ricordi Milano , 7 orizzonte, S. ’ Muro d

11 Hans-Peter Jahn comme des riens évaporés. Mangeur d’ombre A travers les déserts de la musique de IV Salvatore Sciarrino. Les oeuvres du compositeur sicilien né en 1947 sont facilement identifiables notamment parce I qu’on y retrouve à chaque fois un problème musi- Les paradis de la musique sont devenus pois- cal dont l’insolubilité transparaît dans les pages seux. de la partition... parfois en l’assombrissant... parfois en l’épuisant. II Ses instruments chirurgicaux qui tentent de Le citoyen d’aujourd’hui dans son ennui ne prise détecter une tumeur compositionnelle se com- plus la musique bétonnée dans une tour de verre posent de trémoli de sonorités de flageolet et interprétée de manière sirupeuse. Il veut de la qui vibrent, fourmillent et parfois gémissent, pourriture, de la moisissure, de la putréfaction d’im­pulsions sèches causées par le bruit des voire des cris d’allégresse provenant des enfers. clés des instruments à vent ou par des halète- Des sons qui lézardent les murs de la beauté ments silencieux, parfois de minuscules coulés s’échappent ici et là de ce lieu de ténèbres et micro-intervalliques ou de glissandi couvrant de froid (quoique d’anciennes représentati- un intervalle de tierce ou de quarte qui viennent ons parlent de chaleur). La délivrance donc de ­mourir, parfois de traits sonores qui, comme « l’éternellement reproductible » et l’espoir d’une un rayon laser, transpercent la musique, de l’aigu évolution vers l’horrible, l’espoir d’une participa- jusqu’au grave, et qui sont « toujours toujours tion à une caravane traversant l’aride désert de » présents dans les œuvres de Sciarrino. Ces l’inacceptable dans lequel la richesse de l’oubli traits sont comme des motifs s’enroulant sur eux- tourmente la mémoire. mêmes, alignés comme les grains d’un chapelet, qu’un dévot déviderait machinalement avec ses III louanges insensées à la Vierge. Une véritable La musique de Salvatore Sciarrino met l’espérance dévotion mécanique à l’italienne, impitoyable- au supplice. ment répétitive, une soif inextinguible de simili- Cà et là miroitent des mirages d’oasis au milieu tudes qui ne tourne pas à la musique répétitive du monde des sables. L’apparence extérieure de à l’améri­caine. Non pas un minimalisme, mais sa musique met en scène sa propre illusion. Des plutôt les sonorités tournoyantes du flux corporel, gouttes martèlent sans relâche, tel le crépitement un halètement rauque provoqué par la courbure du télégraphe, des roches toujours plus polies d’une artère... couché sur papier. qui sont dévorées par la sécheresse ambiante Au milieu de cette salle d’opération, Sciarrino

12 abaisse la température corporelle de la musique rythme disparu, une gravitation polyphonique au-dessous du point de congélation. Le com- apparaît, comme les étoiles dans le ciel ou positeur extrait ses notes friables et procède à comme le profil des montagnes à l’horizon. Dans l’ablation de la tumeur. Tout ce qui est superflu le désert, des contours surgissent, un peu comme est enlevé. Au contact de la partition glaciale se dans une ébauche : les îles sonores affleurent à réchauffe l’oreille. la surface des mers de silence. Au cœur de ce silence, on retrouve les bruits de notre corps que V l’on reconnaît comme les plus fondamentaux. On Les mangeurs d’ombre sont les rayons des pier- entend aussi les tensions les plus infimes des res fondues. intervalles qui surgissent comme des feux follets, Verre. un geste qui étincelle dans les ténèbres – comme une véritable dramaturgie-... Notre raison est VI suffisamment généreuse pour accepter cette L’orgie d’images esquissée par Salvatore Sciarrino musique pitoyablement fragile. La musique n’est tente de réduire les analyses de ses compositions dès lors plus conçue pour bercer la place du à l’état de cadavres desséchés. Comme si le pin- ­marché, mais bien pour éveiller un jugement et ce, ceau du peintre se mettait à parler par sa bouche au moment précis où l’on cesse de l’entendre. » même au moment précis où l’on confronte son Sciarrino sur Introduzione all’Oscuro : « Dans cette œuvre avec des mots. Il reste profondément étran- composition, on perçoit une imitation ou une trans- ger au dégagement de la structure motivique, de position de quelques-uns des sons vitaux de notre l’instrumentation et de la dramatisation à l’intérieur physiologie interne. Une sorte d’objectivation, de du temps musical. dramatisation muette du cœur et de la respiration. Cailloux du désert chargés de mystère. La musique tend alors à intervenir dans la rela- Ce qu’il a envie de dire, il le dit métaphoriquement. tion entre absence et présence et la rend « inquié- Il n’évoque pas ce que l’on entend mais plutôt ce tante ». On ne croît plus à ce que l’on ressent : que l’on ressent et qui n’est pas démontrable. il ne subsiste plus qu’un mouvement aveugle, Sciarrino sur Codex Purpureus : « ...nous faisons mystérieux qui émet une pulsation régulière durant une distinction inutile entre vision et cécité : cha- son accélération et son ralentissement, et une que source lumineuse dépasse le fait qu’elle nous atmosphère de peur dont l’origine psychologique éclaire avec toute une série d’illusions. Ne sentez- „extérieure“ à notre sensation demeure inacces- vous pas ce qui est visible dans un son ? » sible. » Sciarrino sur Omaggio a Burri : « L’éveil des sens Les blocs de granit de Salvatore Sciarrino qui est à la base de ma musique. » reposent dans les étendues de sable brûlant lui- Sciarrino sur Lo spazio inverso : « Une fois le sent comme la lampe sur la peau d’un opéré.

13 VIII silences dans l’étendue sonore perforée de riens L’épopée en cent chants de 14 233 vers dispo- est énorme. Ce qui se meut durant ces quelques sés en terza rima, La divine comédie de Dante minutes tremble… comme tout ce qui croît de Alighieri, est comme une colossale forteresse sur la main de Sciarrino. La structure en apparence les murs de laquelle dansent les tourbillons de inoffensive de la mesure à quatre temps se sta- l’horizon, la musique sifflante de Sciarrino. bilise par de fréquents accents au début de cha- Les descriptions dans le poème de Dante des neuf que mesure. Ce coup de piston se fait entendre cercles de l’enfer qui vont en se rétrécissant et du jusqu’à la trente-huitième mesure. Puis, brusque- centre de la terre, là où règne Lucifer, loin de dieu, ment, le caractère mécanique se disloque. Tout sont aussi monstrueuses que sont inquiétantes ce qui jusqu’à présent était accentué, souligné les tempêtes qui passent en trombe au travers et répété avec entêtement et régularité est extrait des refuges musicaux du compositeur né 682 ans pêle-mêle et entraîné dans un développement plus tard. catastrophique qui n’obéit à aucune reprise ou Ce n’est pas Luigi Nono avec sa verve beetho- à quoi que ce soit d’autre. Le développement vénienne et son intuition eschatologique mais s’auto-détruit. À la fin – après vingt-sept mesures plutôt Salvatore Sciarrino qui est l’impitoyable comptées à la croche – le matériel fragmenté réformateur et le finalisateur de la culture musica- s’ordonne en gruppetti arythmiques et hachés. le italienne. Sa musique se promène entre Virgile Irrégularité du battement cardiaque jusqu’au scin- et Béatrice – impassible face aux forces prophé- tillement. tiques et à la malédiction des pessimistes – à travers les trois règnes de l’au-delà. Impassible et X parfois gaiement rusé, transporté sur les épaules L’œil du compositeur italien aperçoit le paradis à travers des montagnes de modestie, Salvatore poisseux. En évoquant la torture, les privations, Sciarrino est comme un récipient d’où s’échappe l’impossibilité de fuire et le froid – la courtoisie une décoction provenant des enfers et qui, en se de l’enfer –, Sciarrino transporte le royaume des déversant sur le monde, se transforme en un son cieux sur terre. effroyable. Dans le haut-fourneau de sa musique les déchets Soleils sur goudron. fondent. Un mangeur d’ombre. IX Dans Muro d’orizzonte, la flûte, le cor anglais et XI la clarinette basse voyagent sur place pendant Du rien vers le rien. soixante-six mesures. Paradis, chemin de puri- fication et enfer coïncident. La concentration de

14 © Casa Ricordi Milano , 7 C odex purpureus, S.

15 ensemble recherche und den Rheingau-Musikpreis (1997). Seit 1992 sind folgende CDs erschienen: Dallapiccola, Feldman I & II, Grisey, Hauben- stock-Ramati, K. Huber, Krenek, Lachen- mann I & II, Nono, Pagh-Paan, W. Rihm, Schöllhorn I & II, Schwehr, Spahlinger I & II, Steinke, Wolpe, B.A. Zimmermann und Lichtspielmusik. Filmmusiken von Schwehr zu Filmen von D. Danquart (Auswahl): „Der Pannwitz-Blick“/ WDR, „Objekt der Begierde“/ZDF & arte, „Vieh-Jud Levy“. Hörspielmusiken von Schwehr zu (Auswahl): „unser boot nach bir ould brini“ von Christian Geissler/SWF und „Die Durchquerung der Tiefe“ von Ror

© Bernhard Strauss Wolf/SWF.

Photo: The ensemble recherche, which was founded Das 1984 gegründete ensemble recherche hat sich in 1984, has developed into one of the most zu einem der gefragtesten Ensembles der Musik claimed ensembles for 20th century music. The des 20. Jahrhunderts entwickelt. Es spielt jährlich ensemble performs some 65 concerts annually and etwa 65 Konzerte und hält Seminare mit und für holds seminars in cooperation with and for com- Komponisten und Instrumentalisten, produziert zwei posers as well as instrumentalists, produces two to bis drei CDs pro Jahr sowie Hörspiel- und Film- three CDs a year as well as music for radio plays musiken. Zahlreiche Werke, die für das Ensemble and film. Numerous works, especially composed geschrieben wurden, zeugen von kontinuierlicher for the ensemble, bear witness to a programme Zusammenarbeit mit Komponisten. Künstlerische of continuous cooperation with composers. The und wirtschaftliche Entscheidungen werden von 8 musicians and the 2 organizers reach both den acht Musikern und zwei Organisatoren gemein- artistic and business decisions together. Among sam getragen. Für die offensive Vermittlung neuer other prizes, the ensemble has received the fol- Musik erhielt das Ensemble u.a. den Förderpreis der lowing awards for its pro-active mediation of new Siemens-Stiftung (1994), den Schneider-Schott- music: the Siemens Foundation Award (1994), the Musikpreis (1995), den August-Halm-Preis (1996) Schneider Award (1995), the August

16 Halm Award (1996), and the Rheingau Music Award Dallapiccola, Feldman I & II, Grisey, Haubenstock- (1997). Ramati, K. Huber, Krenek, Lachenmann I & II, Nono, The following CDs have appeared since 1992: Pagh-Paan, W. Rihm, Schöllhorn I & II, Schwehr, Dallapiccola, Feldman I & II, Grisey, Haubenstock- Spahlinger I & II, Steinke, Wolpe, B.A. Zimmermann Ramati, K. Huber, Krenek. Lachenmann I & II. Nono, et musique de cinéma. De Schwehr des musiques Pagh-Paan, W. Rihm, Schöllhorn I & II, Schwehr, pour des films de D. Danquart (sélection) : "Der Spahlinger I & II, Steinke, Wolpe, B.A. Zimmermann Pannwitz-Blick"/WDR, "Objekt der Begierde" (Objet und Lichtspielmusik. Film music by Schwehr for du désir)/ZDF & arte, "Vieh-Jud-Levy", musiques films by D. Danquarts (selection): "Der Pannwitz- pour pièces radiophoniques de Schwehr (sélec- Blick"/WDR, " Objekt der Begierde"/ZDF & arte, tion); " unser boot nach bir ould brini" de Christian "Vieh-Jud Levy", radio play music by Schwehr Geissler/SWF et "Die Durchquerung der Tiefe" de for (selection): "unser boot nach bir ould brini" by Ror Wolf/SWF. Christian Geissler/SWF and "Die Durchquerung der Tiefe" by Ror Wolf/SWF.

Fondé en 1984, l’ensemble recherche compte Salvatore Sciarrino aujourd’hui parmi les ensembles musicaux les plus recherchés pour la musique du vingtieme Sciarrino wurde 1947 in Palermo geboren. siecle. Chaque année il donne environ 65 concerts Professuren in Mailand, Perrugia und Florenz. et tient des seminaires avec et pour des com- (siehe auch CD 0012022KAI). positeurs et des instrumentistes. Il produit deux à trois CD par an ainsi que des musiques pour Sciarrino was born 1947 in Palermo. Professor at pièces radiophoniques et pour films. Le nombre the conservatories in Milan, Perrugia and Florence. des œuvres écrites pour l’ensemble témoigne de (Cf. KAIROS CD 0012022KAI). sa coopération continue avec des compositeurs. C’est l’ensemble des huit musiciens en coopéra- Né en 1947 à Palerme. Il est professeur aux tion avec deux origanisateurs qui prennent toutes conservatoires de Milan, Perrugia et Florence. les décisions concernant les questions artistiques (Voir KAIROS CD 0012022KAI). et économiques. Pour son interprétation offensive de la musique contemporaine, l’ensemble a reçu entre autres les prix suivants: le prix promoteur de la Fondation Siemens (1996), le Schneider-Schott- Musikpreis (1995), le August-Halm-Preis (1996) et le Rheingau-Musikpreis (1997). Depuis 1992, les CD suivants sont nés:

17 Kwamé Ryan Né en 1970 à Toronto (Canada), il a passé sa jeunesse sur l`île caraibe de Trinidad. Etudes de la musique et du chant à l’université de Cambridge. Etudiant de Peter Eötvös dès 1991, domicilié en Allemagne dès 1992. Kwamé Ryan compte parmi les jeunes conduc- teurs dirigeants de la musique contemporaine en Europe. Dès septèmbre 1999 il occupe le poste du « GMD (Directeur Général de la Musique) der Städtischen Bühnen Freiburg » (Théâtre de la Ville de Freiburg).

1970 in Toronto (Kanada) geboren, wuchs auf der Karibischen Insel Trinidad auf. An­schlie­ßend begann er sein Studium in Musikwissenschaft­ und Gesang an der Universität Cambridge. 1991 wurde er Schüler von Peter Eötvös. Seit 1992 lebt Kwamé Ryan in Deutschland­ und zählt mittlerweile zu den führenden jungen Dirigenten von zeitgenössischer Musik in Europa. Seit September 1999 General­ ­ musikdirektor der Städtischen­ Bühnen Freiburg.

Born in 1970 in Toronto (Canada), grew up on the Sämtliche KünstlerInnen-Biographien unter www.kairos- Caribbean island Trinidad. Studied musicology and music.com / All artist biographies at www.kairos-music.com singing at Cambridge University. Became student of / Toutes les biographies des artistes à l’adresse suivante : www.kairos-music.com Peter Eötvös in 1991. Lives in Germany since 92. Is one of the leading young conductors of contem- porary music in Europe. Since september 99 chief English translation: Christoffer Lindner conductor of Städtische Bühnen Freiburg. Traduction française: Jean-Pascal Vachon

18 HELMUT LACHENMANN BEAT FURRER GÉRARD GRISEY Allegro sostenuto Drei Klavierstücke Les Espaces Acoustiques Serynade Voicelessness. The snow has no voice Phasma Garth Knox Yukiko Sugawara Asko Ensenble Shizuyo Oka WDR Sinfonieorchester Köln Lucas Fels Nicolas Hodges Stefan Asbury 0012212KAI 0012382KAI 0012422KAI

SALVATORE SCIARRINO SALVATORE SCIARRINO SALVATORE SCIARRINO Infinito nero Quaderno di strada Luci mie traditrici Le voci sottovetro Annette Stricker Otto Katzameier Kai Wessel Otto Katzameier Simon Jaunin Sonia Turchetta Klangforum Wien Klangforum Wien ensemble recherche Sylvain Cambreling Beat Furrer 0012022KAI 0012482KAI 0012222KAI

In Nomine OLGA NEUWIRTH WOLFRAM SCHURIG The Witten Chamber music Ultima Thule Broken Consort Book Annette Bik Nicolas Hodges Ernesto Molinari Irvine Arditti Klangforum Wien Garth Knox Emilio Pomárico ensemble recherche Arditti String Quartet Beat Furrer 0012442KAI 0012462KAI 0012492KAI

CD-Digipac by Optimal media production GmbH P & C 2000 KAIROS Production D-17207 Röbel/Müritz www.kairos-music.com http://www.optimal-online.de [email protected]