DER WEIBLICHE KORPER ALS/EM SCIENCE FICTION: Diskursive Voraussetzungen einer Dekonstruktion von Ridley Scotts "Alien"

Marcella Stecher

ISSN 1028-2734 Klagenfurter Beiträge zur Technikdiskussion

Heft 81

Herausgegeben von Arno Bamme, Peter Baumgartner, Wilhelm Berger, Ernst Kotzmann

ISSN 1028-2734

In dieser Schriftenreihe veröffentlicht das IFF, Arbeitsbereich Technik- und Wissen­ schaftsforschung, Arbeitsmaterialien, Diskussionsgrundlagen und Dokumentationen, die nicht den Charakter abgeschlossener Forschungsberichte tragen, aber dem jeweils interessierten Fachpublikum zugänglich gemacht werden sollen. Beabsichtigt ist, neuere Forschungsresultate schnell, auch in vorläufiger Form, ohne aufwendige Aufarbeitung in die wissenschaftliche Diskussion einzubringen.

Der Nachdruck, auch auszugsweise, ist nur mit der Zustimmung des Instituts gestattet. INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG 1.1. Vorwort 7 1.2. Anlage der Arbeit 11

2. METHODISCHE FRAGESTELLUNGEN 2.1. Positionierung innerhalb feministischer Theorien 16 2.2. Repräsentation 23 Das Kino als Geschlechterideologie

8. KONTEXT DER FILMANALYSE 3.1. Plot 29 3.2. Phantasmen der Weiblichkeit 31 Die Figur der Actionheldin - Monströse Generativität - Genealogie - Das Phantasma der Mutter - Weiblichkeit und/oder Mütterlichkeit? - Exkurs über das Unheimliche 3.3. Feministische Bezüge 47 Feministische Konzeptionen von Weiblichkeit - Space-Off

3.4. Über die Effektivität von Figurationen und Verkörperungen 52 Effekte der Genres - Soziokultureller Kontext

3.5. Das gestörte Dreieck 61 Kinogeburten - Der „öffentliche" Fötus 4. FILMANALYSE 4.1. Verortung 72 Jenseitige Ursprungsphantasien - Das Rätsel

4.2. Über das Monströse 77 4.3. Über das Obszöne 83 Eine libidinöse Ökonomie - Die Camouflage von Natur und Kultur

4.4. Obszön ist nicht das Verborgene... 94 Welches Geschlecht haben Astronautinnen? - Das Obszöne als Überrepräsentation - Mother knows best! - Verwandtschaftsverhältnisse

4.5. Über Differenzen 104 The (Wo)Man and the Machine - Eine „Rhetorik der Gewalt": Zur Aktualität eines gynäkologischen Modells - Krisenherde und Grenzverläufe - Differenz und Tod

4.6. Kolonisierte Körper 127 Exotismus - Der koloniale Diskurs - Differenz, Identität, Fetisch - Eine Frage des Lichts - Zur Stereotypie der rassistischen Inszenierung - Differenz im Feld der Sexualität

4.7. Deviante Subjekte 151 Das Ideal normativer Männlichkeit - Das Final Girl - Perverse Subjekte - GeschJechter(in)differenz - Das Subjekt der Phantasie - Eine masochistische Ästhetik - Fetische - Die Moral der Geschichte

5. AUSBLICK 183

6. BIBLIOGRAPHIE 192

Dank "Sie sagt Wir wissen nichts, Sie so wenig wie ich. Was wir wissen, ist, daO diese Differenz, dieser Widerstand, den Sie mir gegenüber empfinden, da ist, um eine Sache zu verbergen, die sich auf das Leben bezieht." (Margnerite Doras)

1. EINLEITUNG

1.1. Vorwort Im Zentrum dieser steht das Unterfangen, eine femi­ nistische Filmanalyse des ausgewählten Hollywood-Spielfilms "Alien" (Ridley Scott, USA 1979) zu entwickeln. Das Interesse an feministischer Filmtheorie resultiert aus Über­ legungen, die sich v.a. auf den medialen Charakter der dargestellten Weiblichkeit beziehen: Die vorgestellten Verfahren zur Konstruktion von Weiblichkeit wirken nicht dies- versus jenseits der Leinwand als effektive, sondern bezeichnen die Überschneidung von filmischen und sozialen Einschreibungen in/von weibliche Körper(n). Schaulust und Identifikation überschreitend, bieten Filmerzählungen dennoch Diskurse über Weiblichkeit an, die den Status der "Frau" als Subjekt auch ihrer Sexualität thematisieren. Filmische Imaginationen stellen Weiblichkeitsentwürfe vor, die normative wie ideale Vorstellungen des weiblichen Körpers prägen und affirmierend wie antizipierend auf historische und gegenwärtige diskursive, materielle Praktiken wie auch auf individuelle Körpertechniken wirken. Das angesprochene, wechselseitig sich bedingende Verhältnis, das die Interdependenz zwischen Vorstellungen von Weiblichkeit, von (normativen) Konzeptionen der Kategorie "Frau" sowie Frauen als historischen Agentinnen ausbildet und strukturiert, markiert da­ bei eine erste Stufe methodischer Überlegungen: Wovon wird ge­ sprochen in einer Untersuchung, die sich der Analyse von Weiblich- keit widmet? Welchen Vorstellungen von "Frau" unterliegt das femi­ nistische Erkenntnisinteresse? (Oder: Welcher feministische Subtext wird implizit mitgeschrieben, mitproduziert?) Wie kann "Frau" the­ matisiert werden, wenn Weiblichkeit als Negation der ausschließen­ den männlich-phallogozentrischen Ordnung begriffen wird l? Dieser Fragenkomplex verwies mich auf das Genre des Science Fiction, da in diesen futuristischen Ambientes von (künstlich herge­ stellten) Cyborgs und Androiden die Konstruiertheit von Weiblich­ keit besonders hervortritt. Weiters ermöglicht der Science Fiction einen kritischen Bezug auf die diskursiven, materiellen Praktiken, wie sie heute im Zusammenhang der Bio- und Informationstechnologien wirksam werden und das Geschlechterverhältnis neu organisieren. Die Filmplots des Science Fiction entspinnen ihre Spielarten an­ hand von Topoi der Herkunft: Wer oder was ist ein Mensch? Jene Projektionen und Verschiebungen, mittels derer filmisch die Herstellbarkeit von Naturhaftigkeit und Geschlechtlichkeit inszeniert wird, impliziert eine Revision der Begriffe von Sex (als dem biolo­ gischen Geschlecht) und Gender (als dem sozial und kulturell ver­ mittelten Geschlecht). Jenseits von ontologischen Identitätskon­ zepten verweisen die filmisch materialisierten Ursprungsphantasien des Science Fiction auf eine Spaltung von Weiblichkeitskonzep­ tionen, insofern der Topos der Generativität oft verschoben in La­ bors verrückter Wissenschaftler (das Frankenstein-Motiv) oder in der exzessiven Sexualität von Monstern seine Sicht- und Darstell­ barkeit findet.

Je nachdem, ob die Theorie ein Ein-Geschlechts-Modell (Weiblichkeit als invertierte Männlichkeit) oder ein Zwei-Geschlechter-Modell (Modell der unhintergehbaren Differenz) ins Auge faßt, umfaßt die jeweilige Weiblich­ keitskonstruktion die "Frau" als "Andere" des Mannes (vgl. Simone de Beauvoir) oder als inkommensurabel "andere Andere" im Verhältnis zum Mann (vgl. Luce Irigaray). Die schematische historische Vorstellung dieser Ein- bzw. Zwei-Ge­ schlechter-Modelle findet sich bei LAQUEUR, Thomas: Auf den Leib ge­ schrieben. Die Inszenierung der Geschlechter von der Antike bis Freud. Frankfurt am Main 1992. Die repräsentativen Beispiele aus feministischen Theorien beziehen sich auf BEAUVOIR, Simone de: Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau. Reinbek bei Hamburg 1968. IRIGARAY, Luce: Speculum. Spiegel des anderen Geschlechts. Frankfurt am Main 1980 Die Auswahl von Ridley Scotts "Alien" (USA, 1979) bietet ein pa- radigmatisches Filmbeispiel, dieser Konstruktion bzw. Aufspaltung von Weiblichkeitsentwürfen - verkörpert durch eine der astronau­ tischen Männerwelt angepaßte Protagonistin und ein in seiner Gene­ rativität bedrohliches Monster - nachzugehen. Der aufgeworfene Fragenkomplex erweitert sich in diesem Zu­ sammenhang auf die Klärung des Verhältnisses von "Frau" im Hin­ blick auf ein weiteres normatives Moment der dominanten Fiktionen: ihre (potentielle) Mutterschaft. Damit konzentriert sich die intendierte feministische Filmanalyse auf diesen bestimmten Aspekt der Darstellung von Weiblichkeit: Aufgezeigt werden sollen jene Verfahren, mittels derer eine Sexuali- sierung im Sinne "hinreichender Weiblichkeit" seitens der auftreten­ den Frauenfiguren erreicht wird, und die Verdeckungen und Ausspa­ rungen, die für die Positionierung "handelnder" Frauen in einem action- und kampfbetonten Ambiente zu leisten sind. Recherchiert wird also nach Indizien, die einen (normativen) Charakter idealer Männlichkeit in seiner Kontingenz bedrohen und damit jene Aspekte beleuchten, die seitens der männlichen wie weiblichen Filmfiguren abgespalten werden müssen. Weitergehend stellt sich die Frage, an welchen Orten und Körpern die Verdeckung dieser Aspekte nicht mehr zu leisten ist, wo also das Ausbruchspotential der Tabui- sierung nicht mehr verleugnet werden kann 2.

Das Plädoyer für eine dekonstruktive Analyse des Spielfilmes resultiert daraus, keine neuen Bedeutungen aufzustellen. "Wenn sie sich darauf beschränkt, die Frage der Frau zu stellen (was ist die Frau?), so könnte sie schlicht versucht sein, eine Antwort auf die eh­ renwerte männliche Frage "was will die Frau?" zu liefern. Sie selbst bliebe noch Objekt der Frage. Eine Umkehrung der Situation würde darin beste­ hen, die Frage der Frau als einem Subjekt zu stellen: was bin ich? Was die ganzen überzeugenden Kritiken des souveränen Subjekts zurückbrächte. Die vom "geschichtlichen Augenblick" verlangte Geste könnte sein, die "Frage des Mannes" so zu stellen: Was ist der Mann, daß die vorgegebene Route seines Begehrens einen derartigen Text schafft? Mit anderen Wor­ ten, nicht einfach nur zu fragen: was ist der Mann? ... Andernfalls wird die von Frauen aus der eigentümlichen sub rosa-Position des zweifach verschobenen Subjekts gestellte Frage "was ist das Begehren des Man­ nes?" weiterhin nur der Aufrechterhaltung des maskulinen business as usual dienen und Antworten hervorbringen, die sie selbst mit grausamer, doch gar nicht bewußter Ironie als "totale Fraulichkeit" beschreiben." SPIVAK, Gayatri: Verschiebung und der Diskurs der Frau. In: VINKEN, 10

Die (v.a. filmtheoretische) Rezeption des Spielfilms "Alien" evo- zierte im Laufe meiner Arbeit Unzufriedenheit: Auch die Inanspruch­ nahme elaborierter psychoanalytischer Analysekriterien führt m.E. in zahlreichen Analysen zu einer Instrumentalisierung des Films; d.h. das verwendete Analysewerkzeug zieht zu kurz greifende, seine Voraussetzungen übertragende, kategorisierende Interpretationen nach sich. Auf dieser Basis finden sich beispielsweise Erklärungs­ modelle von fürsorglicher, kultureller Mutterschaft (verkörpert in der Astronautin) versus biologischer Generativität (seitens des Monsters) 3 oder die Applikation psychoanalytischer Zuschrei- bungen 4 wie oral-kannibalistische Weiblichkeit (Monster) versus phallische Frau (die Astronautin Ripley)5.

Barbara (Hg.): Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft in Amerika. Frankfurt am Main 1992. S. 205/206 Dieser Ansatz steht stellvertretend für Linda Bundtzen. BUNDTZEN, Linda K.: Monstrous Mothers, Medusa, Grendel, and now "Alien". Film Quarterly 40, Number 3, 1987. Hier sind beispielsweise die Beiträge von Barbara Creed zu nennen. CREED, Barbara: "Alien" and the Monstrous-Feminine. In: KUHN, Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction Cinema. London/New York 1990; CREED, Barbara: The Monstrous-Femi­ nine. Film, Feminism, Psychoanalysis. London/New York 1993; CREED. Barbara: The Monstrous-Feminine. Film, Feminism, Psychoanalysis. London/New York 1993; Unterschiedliche Rezeptionen des Filmes stellte ich im Diplomandinnen- seminar vor; ein Referieren dieser Ansätze ist im Rahmen dieser Arbeit nicht relevant für mein Erkenntnisinteresse - einzelne Autorinnen bzw. Blickwinkel werden an gegebener Stelle aufscheinen. Ansonsten vgl.: BERENSTEIN, Rhona: Mommie Dearest: Aliens, Rosemary's Baby and Mothering. In: Journal of Popular Culture. Volume 24. Fall 1990; BRAUERHOCH, Annette: "A Mother To Me": Auf den Spuren der Mutter - im Kino. In: BRAUERHOCH, Annette; KOCH, Gertrud; LIPPERT, Renate; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film, fröhliche Wissenschaft gai savoir gaya scienza. Heft 56/57. Frankfurt am Main 1995; BRAUERHOCH, Annette: Mutter-Monster; Monster-Mutter. Vom Horror der Weiblichkeit und monströser Mütterlichkeit im Horrorfilm und seinen Theorien. In: KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide(Hg.): Frauen und Film. Horror. Heft 49. Frankfurt am Main 1990. BRAUERHOCH, Annette: Mutter, Kino: Melodrama und Horror. Zu Konstruktionen von Mütterlichkeit in Film­ theorie und Filmen. Dissertation. Frankfurt 1993; BUNDTZEN, Linda (1987); DOANE, Mary Ann: Technophilia: Technology, Representation, and the Feminine. In: JACOBUS, Mary; KELLER, Evelyn Fox; SHUTTLEWORTH, Sally (ed.): Body/Politics. Women, Literature and the Discourse of Science. New York/London 1989; GRAHAM, Paula: Lesbisch sehen, lesbisch aussehen: Amazonen und Aliens im Science-fiction-Film. In: HAMER, Diane; BUDGE, Belinda (Hg.): Von Madonna bis Martina... die Romanze der Massenkultur mit den Lesben; GREENBERG, Harvey R.: Reimagining the Gargoyle: Psychoanalytic Notes on Alien. In: PENLEY, Constance; LYON, Elisabeth; SPIGEL, Lynn; BERGSTROM, Janet (ed.): Close Encounters. Film, Feminism, and Contemporary Science Fiction. 11

Die Unzufriedenheit mit diesen Vorgangsweisen bzw. umgekehrt, meine Faszination an den vielfältigen, spannungserzeugenden Aspekten der Inszenierung von Sex, mündeten in das Bemühen, eine Dekonstruktion und Interpretation des Filmes anzugeben, die sich unterschiedlicher filmtheoretischer wie semiotischer Methoden und diverser Disziplinen bedient. Damit schlage ich eine Relektüre des Filmes vor, die zum einen die multiplen visuellen und narrativen Codierungen von Sex respektiert, andererseits jedoch nachzuzeich­ nen vermag, auf welche Kontexte und Umschlagpunkte diese Markie­ rungen und Konstruktionen anspielen. Jenseits der Beschreibung "polymorph-perverser" Sexualisierungen intendiert meine feministische Vorgangsweise jedoch nicht nur die Feststellbarkeit der instrumentellen Wirksamkeit medialer Repräsen­ tationen "neuer" technologisch imaginierter Versionen von Weiblich­ keit, sondern befördert vermittels der ausgewählten Theorien auch ein situiertes Erkenntnisinteresse (das auch potentielle Handlungs­ möglichkeiten und -fähigkeiten feministischer Politik miteinschließt).

1.2. Anlage der Arbeit "Die aufregendste Arbeit im Kino und im Feminismus heute ist nicht anti-narrativ oder anti-ödipal; eher das Gegenteil. In ihr verwirklicht sich das Narrative und das ödipale mit entlarvender Konsequenz, weil sie die Zwiespältigkeit dieses Szenarios und den spezifischen Widerspruch des weiblichen Subjekts zu ihm betont, den Wider­ spruch, durch den die historischen Frauen mit und gegen ödipus ar­ beiten müssen." 6

Minneapolis/Oxford 1991; JENNINGS, Ros: Desire and Design: Ripley Undressed. In: WILTON, Tamsin (ed.): Immortal, Invisible. Lesbians and the Moving Image. London/New York 1995; KAVANAGH, James H.: Feminism, Humanism and Science in "Alien".In: KUHN (1990); NEWTON, Judith: Feminism and Anxiety in "Alien". In: KUHN (1990); PENLEY, Constance: Time Travel, Primal Scene, and the Critical Dystopia. In: PENLEY et.al. (1991); TASKER, Yvonne: Spectacular Bodies. Gender, Genre and the Action Cinema. London/New York 1995; WOOD, Robin: An Introduction to the American . In: NICHOLS, Bill (ed.): Movies and Methods. Volume II. Berkeley/Los Angeles 1985. DE LAURET1S, Teresa: ödipus interruptus. In: KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film. Väter und Töchter. Heft 48. Frankfurt am Main 1990. S.25. 12

Nach den eingangs erläuterten Fragestellungen, soll im folgenden der Verlauf meiner Untersuchung kurz skizziert werden. Angesichts der jüngsten Debatten, die den Widerspruch zwischen Feminismus und Dekonstruktion thematisierten, zielt mein Abschnitt Positionierung innerhalb feministischer Theorien darauf ab, gegen die vermeintliche Beliebigkeit, dekonstruktive Analysen in Bezug zu feministischen Positionen zu setzen. Damit soll nicht nur der Aus­ weis meiner theoretischen Herkunft belegt werden: Die notwendige Überschreitung dichotomer Konzepte von Geschlechterdifferenz impliziert zum einen die dekonstruktive Anerkennung ihres norma­ tiven, ausschließenden Charakters bzw. dahingehend die dekon­ struktive Analyse der Produziertheit derselben. Ein weiterer Schritt verfolgt die erkenntnistheoretische Perspektive einer Position (von der aus die Analyse betrieben wird), die historisch und kulturell situiert ist. Konkretisiert wird dieser Ansatz im Abschnitt Repräsen• tation, in dem die Probleme einer Darstellung und Befragung von Weiblichkeit dargelegt werden. Angesprochen wird Repräsentation als zunächst phallozentrisches Verfahren, in dem Weiblichkeit als "versicherndes, heimliches Gegenteil der Heterogenität der Selbstidentität des Mannes" 7 fungiert. Diese Relationalität von Weiblichkeit kritisiert ein System von Sex als dem (biologisch, ana­ tomisch) natürlichen Geschlecht, das einem diskursiv vermittelten Begriff von Gender (als sozial vermitteltem Geschlecht, in dem Ge­ schlechtlichkeit einen "Platzanweiser" bildet) zugrundeliegt oder vorangeht. Dekonstruktiver Feminismus verweist nun darauf, daß die soziale und kulturelle Konstruktion von Gender nicht allein ideo­ logisch konstruiert ist, sondern auch der Sex selbst. Inmitten der bipolaren Asymmetrie einer Geschlechterordnung, die eine "natür­ liche" anatomische Ausstattung zur Grundlage ihrer Setzungen ge- riert, ist Sex auch nur unter diesen Voraussetzungen intelligibel.

MENKE, Bettine: Dekonstruktion der Geschlechterdifferenz. Vortrag zur Tagung "Verwirrung der Geschlechter". Dekonstruktion und Feminismus. München Juli 1994 13

Im dritten Kapitel Kontext der Filmanalyse wird die Inszenierung von Weiblichkeit zunächst an den voneinander unterschiedenen Re­ präsentationen von Actionheldin und generativem Monster unter­ sucht. Unter dem Aspekt von Genealogie als einer Spurensuche nach Herkunftsgeschichte(n), lassen sich Heldin und Monster als aufeinander bezogene Figurationen untersuchen, die ausgehend von einem Phantasma der Mutter verschiedene Aspekte weiblicher Se- xualisierung vorstellen. Der Unentschiedenheit feministischer Theo­ rien, die das Verhältnis von Weiblichkeit und Mutterschaft betreffen, stellt Teresa de Lauretis den Entwurf eines fragend-parteilichen fe­ ministischen Subjekts im Space-Off entgegen. Damit wird der Spa­ gat zwischen Kunstwirklichkeit und Bedingungen weiblicher Lebens­ zusammenhänge nicht nur als ideologisch hergestellter, sondern immer auch - durch individuelle und kollektive Praxen - herstellbarer begriffen. Insofern "Alien" einen Schnittpunkt der Genres von Horror und Science Fiction markiert, werden unter dem Aspekt der Produziert- heit von Geschlechtlichkeit die genretypischen Verfahren dieser Konstruktion (bzw. der ihrer Figuren) aufgezeigt. Die Fusion der bei­ den Genres verweist weiters auf die (postmoderne) Durchdringung von Natur und Kultur, bzw. auf die Durchlässigkeit der Grenzen zwi­ schen Technologie und Materie. In diesem Zusammenhang wird eine weitere These im Vorfeld der Filmanalyse präsentiert: Veränderun­ gen normativer Vorstellungen von Geschlechtlichkeit (ihrer Rollen­ vorstellungen und -erwartungen) führen im Kontext des Kinos Ende der 60er Jahre zur Verschmelzung der Genres von Science Fiction, Horror und Melodram. Signifikant erweist sich dabei die Inszenierung von Kindern, die nunmehr ihren Status als Repräsentanten von Rein­ heit und Unschuld verlieren und im kontaminierten Feld der Klein- familie zum Zeichen und Symptom des Bösen geraten. Zeitgleich mit dem Auftreten cineastisch devianter Kinder schreibt sich eine wei­ tere Imago des Kindes in das öffentliche Bewußtsein ein: Verwiesen wird damit auf Lennart Nilssons Photoserie über den Foetus ("The Drama of Life before Birth"), der als diskursprägendes Imago der 60er Jahre massenmedial zur Auffassung der "Autonomie" des 14

Foetus beiträgt. Die Verschränkung dieser beiden (cineastischen und medizinwissenschaftlichen) Imagines indiziert die Wechselwir­ kung zwischen medialen und realen Wahrnehmungen. Dieser Kontext der Filmanalyse versucht so auf die unterschied­ lichen Felder hinzuweisen, in denen Effekte von Repräsentation auf realer wie medialer Ebene verhandelt werden und damit die viel­ fachen Blickwinkel, die eine Rezeption des Films "Alien" evoziert, in Erinnerung zu rufen. Um die angesprochenen Assoziationen in der Filminterpretation zugunsten eines vereindeutigenden Blickwinkels nicht aus den Augen zu verlieren, wird im vierten Kapitel Filmanatyse eine Lesart des Filmes vorgeschlagen, die - ausgehend von Begriffen des Monströsen und Obszönen - der Frage nach der Inszenierung von Sex nachgeht. Schrittweise wird versucht, verschiedene Ebenen der Bedeutungsproduktion abzutragen und so der Vielfalt sexueller Einschreibungen, wie sie an verschiedenen Körpern deutlich werden, Rechnung zu tragen. Dieser, einer den gesamten Filmtext beachtenden Analyse folgen zwei Ergänzungen, die jeweils einen eingeschränkteren Blickwinkel (und damit verbundene Methoden) focussieren. Zum einen soll in Kolonisierte Körper nicht nur die Inszenierung von „Rasse" (Weißheit versus Exotismus) skizziert werden, sondern der Zusammenhang zwischen Sexismus und Rassismus als ähnlichen Verfahren aufge­ zeigt werden. Angesprochen in Thesen über die Actionheldin wird zum anderen das Verhältnis zwischen der starken Actionheldin (bzw. der weibli­ chen Repräsentation des Monsters) gegenüber passiv inszenierten Männerfiguren interpretiert. Carol Clovers Analyse des "Final Girl" als narrative Struktur, in der normativ-rigide Konzeptionen von Weib­ lichkeit und Männlichkeit aufgelöst werden, wird konterkariert durch eine Interpretation des Szenarios als masochistischer Ästhetik. Diese berücksichtigt vielfältigere, auch marginalisierte Formen des Begehrens einer Lust an der Passivität, und subsumiert die einzelnen Sexualisierungen und Szenen nicht unter einem Männlichkeits­ komplex. 15

Abschließend weist die durch die Filmanalyse zutage geförderte Vieldeutigkeit und Ambivalenz sexueller (bezogen auf das Begehren) wie geschlechtlicher Verkörperungen auf das Repräsentationstabu generativer Frauenkörper. Eine letzte Anbindung an feministische Theorien, die einen Ausblick eröffnen könnte, mündet in der Vorstel­ lung der postmodernen Subjektkonzeption von Donna Haraways Cyborg-Mythe, die jenseits einer Re-Essentialisierung von weiblicher Generativität vielmehr ein Verhältnis von Selbst und Anderem vor­ schlägt, das die Auflösung von Grenzen (zwischen Natur und Kultur, Männlichkeit und Weiblichkeit etc.) mitbedenkt. 2. METHODISCHE FRAGESTELLUNGEN

2.1. Positionierung innerhalb feministischer Theorien Nach einer kurzen Skizzierung der Hauptanliegen und Fragestellun­ gen, die die vorliegende Arbeit untersucht, beschäftigt sich das fol­ gende Kapitel mit damit verbundenen methodischen Fragestellun­ gen. Dies betrifft meine Situierung innerhalb der feministischen Theoriebildung sowie die Einschränkung auf relevante Theoriefelder, die hinsichtlich der eingangs aufgeworfenen Fragen relevant er­ scheinen.

Der Nachweis meiner Herkunft inmitten feministischen Theorien be­ zieht seine Wichtigkeit aus der Tatsache, daß ein Erkenntnisinter­ esse im Kontext einer dekonstruktiv angelegten Analyse eines Film­ textes sich nicht - wie solchen Ansätzen oft unterstellt wird - darin erschöpft, die Konstruktionsmechanismen von Geschlechtlichkeit aufzuzeigen, sondern vermittels der aus verschiedenen Disziplinen stammenden Blickwinkel eine differenziertere Konzeption der Film­ lektüre vorzuschlagen versucht. "Wenn man mit frauenspezifischem Interesse nach vom Theater (und verwandten Medien, Anm. M.S.) vermittelten Frauen-Imagines Ausschau hält und sie im Hinblick auf die herrschenden normativen geschlechtsspezifischen Attributierungen hin untersucht (...), dann geht dies nicht ohne Berücksichtigung des historischen Kontexts. (...) Das Aufdecken patriarchaler Strukturen in der Verflechtung von Kunstwirklichkeit und konkretem Lebenszusammenhang ist aus "weiblicher Perspektive" allemal aufregend genug und gewiß nicht ohne innere Beteiligung durchzuführen...." 1 Feministisches Nachdenken heute, das sich nicht nur in der Inan­ spruchnahme einer mittlerweile auch wissenschaftlich-theoretisch

HA1DER-PREGLER, Hilde: Das Verschwinden der Langeweile aus der (Theater-)Wissenschaft. Erweiterung des Fachhorizonts aus feministischer Perspektive. In: MÖHRMANN, Renate (Hg.): Theaterwissenschaft heute. Eine Einführung. Berlin 1990. S. 319f. 17

etablierten Methode manifestiert, sondern seine historischen Wur­ zeln respektive der damit verbundenen Konzepte und Ansprüche ernst nimmt, zeichnet sich durch die Befragung der Kategorie "Ge­ schlecht" aus. Feministische Theorien bewegen sich derzeit, ver­ kürzt ausgedrückt, um die Pole einer rekonstruktiven Analyse (nicht nur) historischer Ordnungen der Geschlechterverhältnisse einer­ seits, andererseits bezeichnen sie die (dekonstruktive) Skepsis gegenüber identitätslogischen Konzepten 2. Damit ist jenes Pa­ radoxon benannt, das die Notwendigkeit rekonstruktiver Ge­ schichtsschreibung zur Erhellung erkenntnistheoretisch blinder Flecken anerkennt; gleichzeitig aber die unhintergehbare Erfordernis ins Auge faßt, die Selbstverständlichkeit dieser Kategorien zu de­ konstruieren, um sie so ihres bipolaren affirmativen Charakters zu entkleiden. Die (poststrukturalistische) Problematisierung der Kate­ gorie "Frau", deren ideologische und historische Konstruiertheit vermittels dieser Methode evident wird, impliziert jedoch nicht die Entlassung oder Entlastung von Ansprüchen feministischer Politik 3.

Historischen Analysen liegen zumeist, jedoch nicht zwangsläufig, identitätslogische Konzepte von Geschlecht zugrunde. Jene Befürchtungen, die sich an eine mit feministischer dekonstruktiver Theorie einhergehende "EntPolitisierung" knüpfen, beziehen sich zumeist auf die durch die Befragung der Kategorie "Frau" inf ragegestellte Grundlage feministischer Politik ("Subjekt Frau"). Durch neuere poststrukturalistische Theoriebildungen wurde eine erneute Befragung des Begriffs von Politik ausgelöst. Judith Butler, deren Theorieansatz mit "Unbehagen der Geschlechter" (bzw. dessen breitenwirksame Rezeption) paradigmatisch die Wende markiert, die den Gegensatz zwischen humanistischem (egalitärem) und essentialistischem (Kultur- oder Differenz-) Feminismus überschreitet, bezog wiederholt Position in der Frage nach politischem Handeln. "Dekonstruieren meint nicht verneinen oder abtun, sondern in Frage stellen und (...) einen Begriff wie "das Subjekt" für eine Wieder­ verwendung oder einen Wieder-Einsatz öffnen, die bislang noch nicht autorisiert waren. Anscheinend gibt es innerhalb des Feminismus eine gewisse politische Notwendigkeit, als und für Frauen zu sprechen - eine Notwendigkeit, die ich nicht in Frage stellen möchte. Zweifellos funktioniert die Repräsentationspolitik auf diesem Wege, und in diesem Land sind die Bemühungen um eine Lobby ohne Rückgriff auf eine Identitätskategorie unmöglich. Ich bin also damit einverstanden, daß Demonstrationen, legislative Bemühungen und radikale Bewegungen Forderungen im Namen der Frau stellen müssen. (...) Meine These, daß jeder Versuch, der der Kategorie "Frauen" einen universellen oder spezifischen Gehalt zuweist und dabei voraussetzt, daß eine solche vorgängige Garantie der Solidarität erforderlich ist, zwangsläufig eine Zersplitterung hervorrufen wird. Die "Identität" als Ausgangspunkt kann niemals den festigenden Grund einer politischen feministischen Bewegung 18

Das Decouvrieren der Unmöglichkeit einer universell verbindlichen Kategorie "Frau" eröffnet vielmehr einen Blick auf Differenzen, nicht nur zwischen den Geschlechtern, sondern auch zwischen Frauen (betreffend die Unterschiedlichkeit hinsichtlich Rasse, Klasse, Lebensweise etc.) sowie die Schnittpunkte von Differenzen innerhalb eines Subjektes (Identitätskonzepte wie z.B. eine jüdische Mutter, eine sozialistische Feministin etc.), so daß Fragen nach politischer Handlungsfähigkeit komplexere Strategien erfordern und auf strategischer Ebene eher im Bereich der Intervention und Bündnispolitik verortet werden können. Damit verlangt der konstatierte prekäre Status von Weiblichkeit 4, der die Situation von Frauen in Zeiten des politischen "Backslash" ebenso betrifft wie eine qualitative Inanspruchnahme eines "Stils

abgeben. Identitätskategorien haben niemals nur einen deskriptiven, sondern immer auch einen normativen und damit ausschließenden Charakter." BUTLER, Judith: Kontingente Grundlagen: Der Feminismus und die Frage der "Postmoderne". In: BENHABIB, Seyla; BUTLER, Judith; CORNELL, Drucilla; FRÄSER, Nancy (Hg.): Der Streit um Differenz. Feminismus und Postmoderne in der Gegenwart. Frankfurt am Main 1993. S. 48f "prekär" bedeutet etymologisch: "mißlich, schwierig, heikel"; abgeleitet aus dem frz. precaire "durch Bitten erlangt, widerruflich; unsicher, heikel" (von lat. precarius bzw. preces "Bitten" und precari "bitten; betteln"). DUDEN: Das Herkunftswörterbuch. Mannheim/Wien/Z ürich 1989. S.548. Ein Beispiel dieser prekären Position, sowie der Versuch einer paradoxen Lösung, findet sich bei Derrida: "This is a question of the Law: are those involved in women's studies - teachers, students, researchers - the guardians of the Law or not? (...) There seem to be two hypotheses, two responses. On one hand, there is the positive deconstruction, which consists of saying that one cannot be content with only positive research, but that one must push to the end of the radical question concerning the university Law, and do more than simply institute a department of Women's Studies. That is the optimistic deconstruction, the deconstruction which would not submit to the Law. And then there is another deconstruction (...) more conscious of the law of the Law and of the fact that even the radical questioning, even the radical deconstruction of the institution of the university by women's studies would not be able to reproduce the Law in the face of the Law. It is not a question of transgressing the Law. (...) But it would be for a new relation to the Law. It is necessary to establish the departments of Women's Studies (..), but after one had done that, one would already have found the Law again. But at least one would have radically changed the situation. One would have rediscovered the Law, but at least one would not be bored any longer, That would be the pessimistic deconstruction." aus: "Women in the Beehive: A Seminar with JACQUES DERRIDA. In: JARDINE, Alice; SMITH, Paul (ed.): Men in Feminism. New York 1987. S. 191/192. 19

von Frauen" 5 seitens männlicher Philosophen (z.B.), nach angemes­ senen paradoxen Strategien. Dieses Verhältnis soll im Folgenden dargelegt werden: So wird Sex (die Gestaltung und Vermittlung des Geschlechts, verstanden als Selbstverhältnis sowie unter dem Aspekt der gesellschaftlichen Wahrnehmung) als Akt der Perfor- manz oder Interpretation 6 verstanden; d.h. die Annahme einer den Diskursen vorgängigen Sexualität, die Sex als biologisch determi­ nierten Körper begreift, in den Geschlechtlichkeit als Gender sich einschreibt, wird bestritten. Die Auflösung der Gegenüberstellung eines prädiskursiven, anatomischen Geschlechts (Sex) gegenüber dem sozial, kulturell vermittelten Geschlecht (Gender) stellt damit jenes Denkschema in Frage, das Anatomie als konstitutiv für Ge­ schlechtsidentität begreift. Weiblichkeit und Männlichkeit bezeich­ nen dann keine Wesenheiten mehr, die "Natürlichkeit" der bipolaren Geschlechterordnung ist demaskiert und die Formierung von Ge­ schlechterpositionen kann als relationale und historisch wie kulturell spezifische untersucht werden. Die seitens dekonstruktiver Theorie geäußerten Zweifel an der bislang verbindlichen Möglichkeit, eine vorgegebene Kategorie "Frau" zu repräsentieren, beziehen sich vor allem auf den konstruktiv­ produktiven Charakter diskursiver Machtregimes: Letztlich verdankt sich die Ausbildung eines geschlechtlich differenzierten Subjekts der Unterwerfung, Anpassung oder Reproduktion von regulativen Strukturen 7; d.h. das Subjekt kann als Effekt eben dieser

•> Gilles Deleuze beschreibt mit "devenir femme" eine Schreibweise. ° damit beziehe ich mich v.a. auf Judith Butler und Teresa de Lauretis. BUTLER, Judith: Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt am Main 1993. DE LAURETIS, Teresa: Alice doesn't. Feminism, Semiotics, Cinema. Houndsmills/London 1984. 7 Die Performativität von Sex/Gender bezeichnet Butler auch als ein Zitieren der Norm: "Vielmehr ist die Geschlechtsidentität die wiederholte Stilisierung des Körpers, ein Ensemble von Akten, die innerhalb eines äußerst rigiden regulierenden Rahmens wiederholt werden, dann mit der Zeit erstarren und so den Schein der Substanz bzw. eines natürlichen Schicksals des Seienden hervorbringen. Eine politische Genealogie der Geschlechter- Ontologie wird also (...) den substantivischen Schein der Geschlechtsidentität in die konstitutiven Akte dekonstruieren, diese Akte innerhalb des Zwangsrahmens verorten und durch die verschiedenen Kräfte erklären, die das gesellschaftliche Erscheinungsbild der Geschlechtsidentität kontrollieren. (...) Die Einstimmigkeit des 20

Verhältnisse begriffen werden. Eine selbstkritische Thematisierung feministischer Ausblendun­ gen, die die Affirmation dieses "Subjekteffektes" zu überwinden versucht, verdankt sich vor allem jenen paradigmatischen Verschie­ bungen, die die Kritik des Rassismus und Eurozentrismus der "Women of Color" birgt und der Aufdeckung des (Zwangs) Hetero- sexismus, die von lesbischen und "queer" Theoretikerinnen gelei­ stet wurde. Damit erfährt die Ausdifferenzierung feministischer Theorien eine Betonung der Differenzen innerhalb der Kategorie "Frau" selbst, wobei die Unterschiedlichkeiten als Ausgangspunkt, nicht als additive Attribute gewertet werden. Diese situierte "Iden­ tität" markiert somit einen Schnittpunkt, der von historischen, ethni­ schen, rassischen, sowie im Bezug zu Klasse und Lebensweise ver­ laufenden Achsen durchkreuzt wird. "Eine Frau zu "sein", ist sicherlich nicht alles, was man ist." 8 Damit wird der Vereinheitlichung und Universalisierung der Kategorie "Frau" als Subjekt des Feminismus und phantasmatischer Agentin politischer Organisation (scheinbar zunächst) jegliches Selbstver­ ständnis vor allem hinsichtlich kollektiver Organisation entzogen. Feministische Debatten 9 entstehen vor allem angesichts der

Geschlechts (sex), die Innere Kohärenz der Geschlechtsidentität (gender) und der binäre Rahmen für beide: Geschlecht und Geschlechtsidentität werden dabei stets als regulierende Fiktionen begriffen, die die konvergierenden Machtsysteme der männlichen und heterosexistischen Unterdrückung festigen und naturalisieren." BUTLER, Judith: Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt am Main 1991. S. 60f. 8 BUTLER (1991), S. 18 9 Die im deutschsprachigen Raum meistrezipierten Diskussionen um den durch Judith Butlers Theorieansatz erfolgten Paradigmenwechsel feministischer Theorie finden sich in: BENHABIB, Seyla; BUTLER, Judith; CORNELL, Drucilla; FRÄSER, Nancy (Hg.): Der Streit um Differenz. Feminismus und Postmoderne in der Gegenwart. Frankfurt am Main 1993. BUSCH, Günther; WITTSOCK, Uwe (Hg.): Den Körper neu denken. Gender Studies. In: Neue Rundschau. 104. Jahrgang, Heft 4. Frankfurt am Main 1993. VEREIN SOZIALWISSENSCHAFTLICHE FORSCHUNG UND BILDUNG FÜR FRAUEN (Hg.): Zur Krise der Kategorien. Frau Lesbe Geschlecht. Edition der Frankfurter Frauenschule: Facetten feministischer Theoriebildung. Frankfurt am Main 1994. WOBBE, Theresa; LINDEMANN, Gesa (Hg.): Denkachsen. Zur 21

Gleichzeitigkeit erster Erfolge in der Durchsetzung feministischer Belange und den immer noch unerfüllten, vor allem ökonomischen Forderungen feministischer Politik. Fragen danach, wie aus gelei­ steten Analysen jene Postulate, die den jeweils spezifisch unter­ schiedlichen "weiblichen Lebenszusammenhängen" entsprechen, politisch und theoretisch repräsentiert werden können, stehen der­ zeit immer noch zur Debatte. Trotz des meines Erachtens zu kurz greifenden Vorwurfs einer "Institutionalisierung des Feminismus" (z.B. in Gleichbehandlungs- stellen in Wissenschaft und Politik) kann jenseits der Notwendigkeit dieser Vermittlungsinstanzen durchaus eine Aneignung des radikal- politischen Potentials der Frauenbewegung konstatiert werden; dies zeigt sich z.B. in den "Gender Studies" oder der "Männlichkeitsfor­ schung". Jenseits erkenntnistheoretischer Ignoranz, die "frauenspezifische" Themen immer noch als "Sonderanthropologie" betrachtet und re­ aktionäre Absichten unterstellt, scheint es mir notwendig, eine Posi­ tion einzunehmen, die die in der symbolischen Ordnung verdrängte Differenz der Relationalität von Weiblichkeit erneut thematisiert. Dabei sollte das Verhältnis von Weiblichkeit zu der Kategorie "Frau", bzw. Frauen als historischen Agentinnen explizit ins Auge gefaßt werden. Mein Nachfragen nach möglicher politischer Agentinnenschaft gilt nicht einer Annahme wesensgewisser Autorität phantasmatischer weiblicher Identität, sondern möchte vielmehr Wege aufzeigen und danach fragen, in welcher Weise den Herstellungs- und Formie­ rungsmechanismen der Repräsentation von Frauen nachgegangen werden könnte, bzw. weitergehend, welche Ausgangsbedingungen

theoretischen und institutionellen Rede vom Geschlecht. Frankfurt am Main 1994. BUTLER, Judith; SCOTT, Joan (ed.): Feminists theorize the Political. New York/London 1992. INSTITUT FÜR SOZIALFORSCHUNG FRANKFURT (Hg.): Geschlechterverhältnisse und Politik. Frankfurt am Main 1994. JACOBI, Juliane und andere (Hg.): Kritik der Kategorie Geschlecht. In: Feministische Studien. 11. Jahrgang, Nr. 2. Weinheim 1993. 22

für Handlungsfähigkeit (oder -möglichkeit) sich dahingehend formu­ lieren lassen. "Dekonstruktiver Feminismus ist auf eine ständige Subversion der Geschlechterrollen aus, wie sie ganz unzweifelhaft funktionieren, in diesem Funktionieren aber nicht als Realität, sondern als Illusion ausgestellt werden müssen. (...) Sprichwörtlich weibliche Neugierde als Erkenntnistrieb, der subversiv bestehende Figurationen unter­ läuft, richtet sich gegen die Repräsentationen, die diesen Wahn (das zur-Anschauung-kommen des einen, mit nichts als sich selbst identischen Geschlechts, Anm. M.S.) festschreiben." 10 Zusammenfassend möchte ich festhalten, daß mein Verständnis der Inanspruchnahme dekonstruktiver Methoden zum einen der er­ kenntnistheoretischen Aufdeckung des konstruierten Charakters von Sex bzw. daraus resultierend, der Geschlechterverhältnisse gilt. Weitergehend impliziert diese Methode, das Augenmerk darauf zu richten, welche Differenzen in der Asymmetrie der bipolaren Ge­ schlechterordnung verdeckt bleiben. Eine Focussierung der ausge­ blendeten Aspekte n ermöglicht einerseits einen kritischen Blick aus der Perspektive der Grenzen der symbolischen Ordnung, anderer­ seits verweist ein situiertes Wissen immer auch schon auf die Be­ grenztheit und die Konstitutionsbedinungen seiner Erkenntnismög­ lichkeiten. 12

10 VINKEN, Barbara: Dekonstruktiver Feminismus - Eine Einleitung. In: dies.(Hg.): Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft in Amerika. Frankfurt am Main 1992. S. 26/27 H Ausgeblendete Aspekte der Geschlechterverhältnisse beziehen sich beispielsweise auf den Rassismus und Heterosexismus, der die symbolische Ordnung stützt. 12 Den Begriff des "situierten Wissens" übernehme ich von Donna Haraway. "Feminist accountability requires a knowledge tuned to resonance, not to dichotomy. Gender is a field of structured and structuring difference, where the tones of extreme localization, of the intimately personal and individualized body, vibrate in the same field with global high tension emissions. Feminist embodiment, then, is not about fixed location in a reified body, female or otherwise, but about nodes in fields, inflections in orientations, and responsibility for difference in material-semiotic fields of meaning. Embodiment is significant prosthesis; objectivity cannot be about fixed vision, when what accounts as an object is precisely what world history turns out to be about. ... I am arguing for politics and epistemologies of location, positioning, and situating, where partiality and not universality is the condition of being heard to make rational knowledge claims." HARAWAY, Donna: Situated Knowledges: The Science Question in 23

2.2. Repräsentation "Die Frau ist Repräsentation schlechthin und gleichzeitig der Be­ reich, der sich vor und jenseits jeglicher Repräsentation befindet." I3 Ausgezeichnet durch die fast ausnahmslose zweitausendjährige Abwesenheit von weiblichen Autorinnen (wie Dramatikerinnen, Schauspielerinnen, Theaterleiterinnen...) zeichnen sich das Theater und später auch das Kino als eine Schrift von Bildern von der Frau, aber nicht für die Frau aus, in denen die Frau als Rätsel, Geheimnis oder Fläche eingeschrieben ist. Diesem Mißverhältnis - die Frau als Objekt und Grund von Repräsentation, nicht aber als Subjekt und Produzentin von Kultur - nachzugehen, sowie einige der damit ver­ knüpften methodischen Fragestellungen, die dahingehend eine fe­ ministische Filmanalyse impliziert, wird Thema des folgenden Ab­ schnittes sein. Der hier festgehaltenen kulturellen Geschichtslosigkeit von Frauen korrespondiert der Status von Frauen als Matrix und Projektions­ fläche, die produktiv wie reproduktiv den Zusammenhang kontin­ genter männlicher Macht- und Sinnkonstitution garantiert und (historisch spezifische) unterschiedliche Imaginationen speist. Da­ mit verhalten sich Ausschluß und Marginalisierung von Frauen umge­ kehrt proportional zu ihrer ästhetischen Diskursivierung als Medium des Phantasierens und Mythisierens. Neben der expliziten, d.h. par- teilich-misogynen Behandlung konstatiert Silvia Bovenschen 14 die impliziten Verfahren, die einer Thematisierung des Geschlechterver­ hältnisses unterliegt. Gemeint sind damit präformierte Denkstruktu­ ren, die unter der Prämisse von Objektivität ihre unausgewiesene Strukturierung und Orientierung an männlichen Paradigmen (der Dar-

Feminism and the Privilege of Partial Perspective. In dies.: Simians, Cyborgs and Women. The Reinvention of Nature. London, 1991. S. 194/195 13 BRONFEN, Elisabeth: Weiblichkeit und Repräsentation - aus der Perspektive von Semiotik, Ästhetik und Psychoanalyse. In BUSSMANN, Helga; HOF, Renate (Hg.): Genus. Zur Geschlechterdifferenz in den Kulturwissenschaften. Stuttgart 1995 S. 412 14 BOVENSCHEN, Silvia: Die imaginierte Weiblichkeit. Exemplarische Untersuchungen zur kulturgeschichtlichen und literarischen Präsentationsformen des Weiblichen. Frankfurt am Main 1979. 24

Stellung, der Erkenntnis etc.) nicht ausweisen und deren Ergebnisse sich als "männliche Ausformung" in Urteilen, Theorien und Normen manifestiert. Benannt ist damit die symbolische Anordnung des Ge­ schlechterverhältnisses, die auf der Universalisierung einer (unausgewiesenen) männlichen Norm basiert. Der konstatierte Ein- wie Ausschluß von Frauen aus der (ästhetischen wie politischen etc.) Kulturproduktion spiegelt phallo- zentrische Repräsentation; d.h. Bilder und Zeichen ihrer Bezeich­ nungsverfahren entsprechen einer Identitätslogik, die sich der Pola­ risierung von Weiblichkeit/der "Frau" im Verhältnis zur Kohärenz ei­ nes männlich definierten Subjektes verdankt. Repräsentation läßt sich damit als konstruierendes Verfahren entziffern, als symboli­ sche Konstruktion, die eine ideologische Verfaßtheit sozialer Sub­ jekte herstellt bzw. zur Produktion von Subjektivität beiträgt. Die abendländische symbolische Ordnung begründet sich auf der Basis binärer Gegensätze (beschreibbar als Verhältnisse von Selbst und Anderem, von Subjekt- und Objektdichotomien oder, nach Lacanscher Psychoanalyse, von "Phallus haben" und "Phallus sein"), die als Ideal die Kohärenz eines männlichen (weißen, heterosexuel­ len) Subjektes vorgeben. Vorstellungen über Weiblichkeit, Vorstel­ lungen über die "Frau" können so im Rahmen dieser symbolischen Ordnung nur im Verhältnis zum illusionären männlichen Subjekt de­ finiert werden. Bezogen auf die Repräsentation von Weiblichkeit kann mit Kristeva auch von der symbolischen Produktion eines "Effekts" Frau gesprochen werden: "Der "Effekt" Frau steht in unseren monotheistischen bzw. kapitali­ stischen Gesellschaften in einem besonderen Verhältnis zur Macht und damit zugleich auch ... zur Macht der Sprache. Dieses besondere Verhältnis besteht darin, weder Macht noch Sprache zu besitzen, sondern in einer Art stummer Unterstützung wie eine Arbeiterin hinter den Kulissen zu fungieren, eine Art Zwischenglied zu sein, das selbst nicht in Erscheinung tritt." 15

15 KRISTEVA, Julia: Produktivität der Frau. Interview mit Eliane Boucquey. 25

Von Irigaray auch als "Szenographie" oder als "Architektonik eines Theaters" 16 bezeichnet, - und damit anschaulich nochmals mit einer Metapher des Theaterkontextes versehen - weist diese Auffassung von Repräsentation nochmals auf die Verflochtenheit bzw. die In- terdependenzen hin, die, ausgehend vom normativen Ideal von Männlichkeit, die Positionen von Frauen und ihren Figurationen aus­ machen lassen. Zur Verdeutlichung möchte ich einer begrifflichen Unterscheidung von Teresa de Lauretis u folgen, die mit "FRAU" jene Vorstellungen faßt, in denen Frauen als das Andere des Mannes begriffen werden, veranschlagt auf der Seite von Natur, Mutterschaft, Passivität, Sexualität, Zeichen, Bild etc.. "Frauen" meint dagegen die real existie­ renden historischen Agentinnen (in ihrer materiellen Existenz), die als solche nicht jenseits diskursiver Formationen bezeichnet wer­ den können: "The relation between women as historical subjects and the notion of woman as it is produced by hegemonic discourses is neither a di­ rect relation of identity, a one-to-one correspondence, nor a relation of simple implication. Like all other relations expressed in language, it is an arbitrary and symbolic one, that is to say, culturally set up." i8 Trotz dieser begrifflichen Unterscheidung wird klar, daß die Diffe­ renz zwischen den Phantasien über Weiblichkeit und den realen hi­ storischen Agentinnen sich nicht in einem Dies- bzw. Jenseits von Repräsentation ansiedeln läßt und Repräsentation somit als Kom­ plex der Realitätskonstruktion begriffen werden kann. Mit Lummerding gesprochen: "Repräsentation bedeutet in diesem Zusammenhang nicht die Dar­ stellung von etwas (von dieser Darstellung unabhängigen "Realen", sondern bezeichnet den gesamten Komplex der Realitätskonstruk­ tion. Repräsentation ist in diesem Sinn also nicht als Zeichen/Bild zu

In: Das Lächeln der Medusa. Alternative 108/109. 1976. S. 76 16 IRIGARAY, Luce: Das Geschlecht, das nicht eins ist. Berlin 1979. S. 77 17 DE LAURETIS, Teresa: Alice doesn't. Feminism, Semiotics, Cinema. London 1984. 18 DE LAURETIS (1984), S. 5/6 26

verstehen, das für etwas a priori Gegebenes steht, sondern als Zei­ chenfunktion in der sozialen Wirksamkeit des Zeichens. Die (bildliche oder verbale) Artikulation von Bedeutung ist gleichzeitig und unumgänglich auch Diakrise und Klassifikation." i9 Aufgerufen wird damit die doppelte Problemstellung von Repräsen­ tation, da es zum einen darum ginge, Modi der Repräsentation (wer/wie/wo/wann/in welchem Kontext etc. repräsentiert wird) zu analysieren, als auch die Frage danach zu stellen ist, was/wer mit dem Begriff "FRAU" gemeint sein könnte.

Das Kino als Geschlechteptechnologie Das Kino als Ort der Produktion von Weiblichkeit bietet sich m.E. besonders an, um obengenannten Fragen nachzugehen. Die Konstitution der symbolischen Ordnung faßt Weiblichkeit nur in ihrem Verhältnis zur Männlichkeit als "Andere" und definiert sie ex negativo - den Mangel. Die imaginierte Weiblichkeit im Film ist damit nicht Signifikant (Ausdruck) für ein Signifikat (Aussage), sondern ein Zeichen der Repräsentanz phallozentrischer Bewußtseinsstrukturen. Die Arbitrarität eines Zeichens für "FRAU"/bzw. Frauen bezeichnet damit ein mediales Produkt einer fiktionalen Praxis, die wenig Rück- schluß von der Frau im Film zu einer realen, historischen Frau/Zuseherin zuläßt. Vielmehr läuft diese Substitution von Frauen durch Zeichen konventionellen Vorstellungen von Mimesis (als Vor­ stellung vorgängiger Realität) zuwider, und produziert Reduktionen, Entstellungen oder Überdeterminierungen. Jenseits der implizit geschlechterhierarchisch strukturierten Pro­ duktionsverhältnisse eines Hollywood-Systems (z.B. Starsystem) thematisierten feministische Filmtheorien diese phallozentrischen Repräsentationsstrukturen in ihrer Analyse von Blickstrukturen 20

19 LUMMERDING, Susanne: Weibliche Ästhetik? Möglichkeiten und Grenzen einer Subversion von Codes. Wien 1994. S. 14/15 20 vgl. den "dreifach männlichen Blick" von Kamera, innerfilmischer Diegese der männlichen Protagonisten und damit der potentiellen Identifikation des männlichen Zusehers in Laura Mulveys filmtheoretischen Ansatz. MULVEY, Laura: Visuelle Lust und narratives Kino. Die Frau als Bild, der Mann als Träger des Blicks. In: NABAKOWSKI, Gislind; SANDER, Heike; GORSEN, Peter (Hg.): Frauen in der Kunst. 1. Band. Frankfurt a. M. 1980. 27

und der Frage nach Schaulust, sowie als Strukturelement narrativer, semantischer und semiotischer Bezeichungsprozesse 2I. "Wer die Sprache des Films nicht beherrscht, der ist sich der ideolo­ gischen Implikate des Films nicht bewußt, er kann Ideologie nicht erkennen, sondern muß annehmen, daß das, was der Film sagt, ihm von der Wirklichkeit gesagt wird: er meint, durch ein Fenster zu schauen und sieht ein Schaufenster." 22 Jenseits einer Abbildtheorie, die filmische Repräsentationen als Ausdruck sozialer, ökonomischer, politischer Gesellschaftsentwick­ lung sieht, möchte ich kinematographische Repräsentationen als Reproduktionen diskursiver Regelungen sehen, in der sprachliche und bildliche Organisationformen von Zeichen als soziale und sozial geregelte Äußerungen fungieren und weiters die symbolische Ord­ nung (re)figurieren. "A social technology - cinema, for example - is the semiotic apparatus in which the encounter (between subjects and codes at the historical intersection of social formations and her or his personal history, Anm. MS) takes place and the individual is addressed as subject. Cinema is at once a material apparatus and a signifying practice in which the subject is implicated, constructed, but not exhausted. ... Representation as the negative term of sexual differentiation, spectacle-fetish or specular image, in any case obscene, woman is constituted as the ground of representation, the looking-glass held up to man. But, as historical individual, the female viewer is also positioned in the films of classical cinema as spectator-subject; she is thus doubly bound to that very represen­ tation which calls on her directly, engages her desire, elicits her pleasure, frames her identification, and makes her complicit in the production of her woman-ness. On this crucial relation of woman as constituted in representation to women as historical subjects de­ pends at once in the development of a feminist critique and the possibility of a materialist, semiotic theory of culture. For the femi-

21 Hier sind vor allem zu nennen: DE LAURETIS, Teresa: Alice doesn't (1984); SILVERMAN, Kaia: The Acoustic Mirror. The Female Voice in Psychoanalysis and Cinema. Bloomington/Indianapolis 1985; WILLIAMS, Linda: Hard Core. Power, Pleasure and the "Frenzy of the Visible". Berkeley/Los Angeles 1989. 22 KLÜSS, Werner: Die Sprache der Bilder. In: Die Zeit. 27.11. 1970. S. 29 28

nist critique is a critique of culture at once from within and from without, in the same way in which women are both IN the cinema as representation and OUTSIDE the cinema as subjects of practices." 23 Narratives Kino wirkt bewußtseins-, wert- und normbildend; es strukturiert nicht nur Wahrnehmungsmuster, sondern trägt bei zur Ausbildung von Subjektivität und Körperlichkeit. Damit schließt sich eine der Differenzen - zwischen der sozialen Existenzform von Frauen gegenüber der Dämonisierung wie Idealisierung von Weiblich­ keit -, denn in diesem Verhältnis strukturiert sich wechselseitig weibliche Körpererfahrung wie die Normierung von Weiblichkeit.

23 DE LAURETIS (1984), S. 15 3. KONTEXT DER FILMANALYSE

8.1. Plot

Das Auftauchen des Funksignals Die siebenköpfige Crew des eisenverhüttenden, interplanetarischen Raumfrachters Nostromo erhält auf ihrem Kurs in Richtung Erde ein Funksignal. Eine exakte Dekodierung des Signals gelingt nicht. Als Notsignal entziffert, beschließen die Astronautinnen jedoch, den Ur­ sprung desselben aufzusuchen. Das Landemanöver auf dem unbe­ kannten Planeten endet mit einem Maschinenschaden. Drei Besatzungsmitglieder (Captain Dallas, die Navigatorin Lambert und der Erste Offiziert Kane) bilden die Expedition, die das Signal in einem versteinerten, außerirdischen Raumschiff ortet. In einem höhlenartigen Tiefgeschoß dieses Raumschiffs entdeckt Kane eine fremdartige Lebensform, die aus einem Feld voller Eier besteht. Ausgelöst durch Kanes neugierige Untersuchung öffnet sich ein Ei und der Astronaut wird von einem krakenartigen Wesen, dem face- hugger, befallen und "infiziert". Deckoffizierin Ripley, die an Bord inzwischen das Signal als Warnsignal interpretiert hat, verordnet dem zurückgekehrten Expe­ ditionstrupp die zum Schutz der Restcrew erforderliche Quaran­ täne. Der wissenschaftliche Offizier Ash sabotiert jedoch ihre Be­ fehlsgewalt, öffnet die Luftschleuse und läßt damit die Astronautin­ nen mit dem Alien an Bord. Medizinische Untersuchungen sowie ein operativer Eingriff bleiben 30

erfolglos, da die Krake sich mittlerweile auf Kanes Gesicht und Hals festgesetzt hat, seine Lebensfunktionen unterstützt und eine Been­ digung dieser symbiotisch-parasitären Beziehung das Überleben Kanes bedroht. Nach den abgeschlossenen Reparaturarbeiten an Deck tritt eine Wandlung ein: Die nunmehr leblos wirkende Krake ist von Kanes Ge­ sicht abgefallen, dieser scheint gesund, wiewohl ihm jegliche Erinne­ rung an das Vorgefallene fehlt. Bei der Feier anläßlich der überstandenen Gefahr, einer gemein­ samen Mahlzeit vor Rückreise zum Planeten Erde, ereignet sich je­ doch die spektakuläre "Geburt" eines fremdartigen Lebewesens, - eine Mischung aus Phallus und Vagina Dentata - das aus dem Torso Kanes ausbricht. Kane stirbt bei diesem Geburtsvorgang, das fremde Wesen flieht vor der entsetzten Mannschaft. Die Suchmanöver der Crew verlaufen erfolglos, alle Versuche, das fremdartige Wesen - "Alien" - zu beseitigen, scheitern. Im Gegenteil, der Techniker Brett sowie Captain Dallas werden beim Aufspüren des Alien von diesem getötet. Die Macht und Potenz des Monsters werden durch aufgefundene Hautfetzen und Körperflüssigkeiten, die auf eine fortlaufende Metamorphose hinweisen, angedeutet. Als Ripley schließlich zur Befehlsgewalt über das Raumschiff be­ fugt ist, gelingt es ihr, den im Bordcomputer "Mother" verschlüssel­ ten Geheimbefehl für den wissenschaftlichen Offizier Ash zu knacken. Diese Entdeckung legt offen, daß Ash vom Konzern er­ mächtigt wurde, den Fremdorganismus auch auf Kosten des (Über)Lebens der Crewmitglieder zugunsten waffentechnischer Zwecke zu sichern. Nachdem sein verräterischer Auftrag aufgedeckt ist, versucht Ash, die "Mitwisserin" Ripley zu töten, wird dabei aber von Lambert und dem technischen Ingenieur Parker, dem einzigen Schwarzen in­ nerhalb der Crew, überwältigt. In diesem Handgemenge ereignet sich eine weitere Enttarnung Ashs: die beim Kampf entstandenen Ver­ letzungen machen deutlich, daß der wissenschaftliche Offizier kein Mensch, sondern ein Android ist. 31

Die Verbliebenen beschließen, das Schiff mit dem Alien zu sprengen und mit dem Raumgleiter zu flüchten. Bei diesen Vorbereitungsarbeiten werden Lambert und Parker vom Alien zerfleischt, allein Ripley (mit der Bordkatze Jones) gelingt das Entkommen mit dem Gleiter. Nach der Explosion des Raumschiffes und der vermeintlichen Ret­ tung ereignet sich ein finales Show-down: Das Alien hatte sich mi- mikriartig in der Konsole des Raumgleiters versteckt und gefährdet in einer letzten Attacke das Überleben Ripleys und der Katze. Ripley gelingt mit List die Tötung und "Austreibung" des Wesens. Schnee­ wittchengleich, versehen mit der Bordkatze, begibt sich Ripley resi­ gniert in die Hyperschlafkammer - hoffend, daß eine Raumpatrouille den Gleiter finden möge.

Ripley im Raumgleiter

3.2. Phantasmen der Weiblichkeit "To contest for origin stories is a kind of social action." ! Der Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit umfaßt die Filmanalyse von Ridley Scotts (Hollywood)Spielfilm "Alien" (USA 1979) aus feministischer Perspektive. Der Schwerpunkt dieser Auseinan­ dersetzung liegt in der Befragung filmisch produzierter Vorstellun­ gen von/über Weiblichkeit. Die Aktualität des mittlerweile als "Kultklassikers" etablierten

1 HARAWAY, Donna: Primate Visions. New York/London 1989. S. 289 32

Filmes besteht vor allem darin, daß dieser wie nahezu kein zweiter eine Rückkehr des exotischen Genres Science Fiction zum Main­ stream-Kino initiierte, dessen Ausläufer bis in die 90er Jahre des "Terminator", "Johnny Mnemonic" und "Alien 3" reichen. Seine starke Rezeption innerhalb filmtheoretischer Arbeiten focussiert das dis- topische Setting seiner gesellschaftlichen Verhältnisse, respektive die filmischen Verfahren, durch die Weiblichkeit, Natur und Re/Produktion konstruiert werden. Die Figur der Actionheldin Die Befragung der in "Alien" imaginierten Weiblichkeit berührt vor­ derhand die Figur der Actionheldin, einem 1979 noch ungewöhnli­ chen Identifikationsangebot für Zuseherlnnen. Die Auswahl bzw. Konzentration auf Scotts Film verdankt sich weitergehend jedoch der Inszenierung des Monsters, das mit weiblichen Attributen aus­ gestattet ist. Im Folgenden soll der Topos der Actionheldin beleuch­ tet werden und in ein Verhältnis zur Weiblichkeit des Monsters ge­ setzt werden.

In der genrekonventionellen "maskulinen" Atmosphäre des Science Fiction fungiert eine Frau - Sigourney Weaver als Deckoffizier Ripley - als Trägerin der Narration. "Alien" inauguriert also nicht nur eine Renaissance des SF-Genres jenseits der "Katastrophenphantasie" 2, sondern setzt in seinem distopischen Ambiente die Figur eines weibhchen Action-Helden 3. Der Topos dieser Heldinnen kann auch als Hollywoods Antwort auf revidierte Rollenvorstellungen (bzw. kul­ turelle Manifestation politischer Bestrebungen des Feminismus) ge­ lesen werden. Die Figur Ripley wirft damit Fragen auf, die einerseits die subversive Setzung einer weiblichen Subjektposition jenseits der Einbindung in eine heterosexuelle Love-Story betreffen. Ande­ rerseits birgt dieser zunächst progressiv scheinende Entwurf einer

Dies bezieht sich auf Susan Sontags Analyse von SF-Filmen der 50er und 60er Jahre. SONTAG, Susan: Die Katastrophenphantasie. In: dies.: Kunst und Antikunst. 24 literarische Analysen. Frankfurt am Main 1982. S. 286 Der Topos der Action-Heldin wird v.a. Mitte der 80er Jahre virulent, etwa in Filmen wie "Nikita", "Terminator II", "Blue Steel", "Thelma and Louise". 33

Actionheldin, der auch als Aneignung subkultureller Imagines 4 durch das Mainstream-Kino gelten kann noch keinerlei Versprechen dafür, eine adäquate Repräsentation von Weiblichkeit leisten zu können. Innerhalb der dominanten Ideologie herrschender Repräsentations­ modi birgt der neue Topos (in seiner Anlehnung bzw. Assimilation des subversiven Potentials von subkulturellen Codes und Imagines) vielmehr weitere Mängel, da seine Ausgestaltung sich dennoch im­ mer in Differenz zu tradierten Rollenvorstellungen bewegt und so­ mit Modelle von Defizienz konnotiert. So stellt auch Yvonne Tasker fest: "Equally the persona of the action heroine borrows on well- established images such as that of the tomboy, so that the heroine who is cast as the hero's sidekick can be read as a girl who has not accepted the responsibilities of adult womanhood." 5 Die Anlehnung an subkulturelle bzw. progressive Imagines verweist zwar auf die Grenzen bzw. erforderlichen Ausgrenzungen innerhalb der ideologisch zulässigen Rollenmodelle, so daß zunächst die Achse von Madonna/Mutter (als Verweis auf die Kleinfamilie) gegen­ über der Femme Fatale/Hure (die Frau gilt als Lustobjekt), die beide Weiblichkeit auf der Basis heterosexueller Reproduktion definieren, überschritten wird. Dennoch scheint der "Zutritt" in bislang männlich besetzte Genres und ihrer zugrundeliegenden Plots wie Rollen nur um den Preis des Aussparens all jener Eigenschaften und Vorstel­ lungen möglich, die auch seitens der dominanten Männlichkeit aus­ gegrenzt werden mußten. Den Topos der Actionheldin betreffend, kann zwar festgehalten werden, daß ihre Kampfeffizienz mit derjenigen der Männer konkurrieren kann; ausgespart werden muß jedoch eine explizit

gemeint ist hier die Tendenz des Mainstream-Kinos, marginalisierten Identitäten auch handlungstragende Funktion zukommen zu lassen, vgl. dazu die Repräsentation von Lesben oder Schwulen (z.B. in "Desert Hearts", "I've Heard the Mermaids Singing", "Personal Best" hin zu "Basic Instinct", "Philadelphia", "When Night is Falling") und Schwarzen (Erfolg und Präsenz schwarzer Stars wie Sidney Portier, Whoopy Goldberg, Danny Glover). TASKER, Yvonne: Spectacular Bodies. Gender, Genre and the Action Cinema. London/New York 1995. S. 15 34

erotische Inszenierung dieses Körpers (ebenso wie beim männlichen Actionhelden). Diese Anpassung enttarnt die "Überschreitung" als Verschiebung, in der das neu formulierte Zeichen "FRAU" (die Protagonistin im Action/SF-Genre) zunächst irritiert, die Narration sich zur Eindäm­ mung bedrohlicher Differenz jedoch neuer Verfahren bedient. Die neuen Rollenmodelle scheinen vor einem feminisierten Hintergrund auf, was bezüglich der Narration den Blick auf ungewohnte, selten repräsentierte Orte und Handlungsweisen lenkt und der Erzählstruk- tur der Genres neue Wendungen und Spielmöglichkeiten eröffnet 6. Die Frage nach dem Grad der Subversivität, die der Entwurf einer Rolle verspricht, richtet sich danach, welche Weiblichkeitsmuster verdeckt oder ausgespielt werden, und welche Aspekte von Weib­ lichkeit in diesem Prozess auf innovative Weise zum Ausdruck kommen, bzw. welcher Preis, welche Ausblendungen dafür zu leisten sind. Als eine dieser Verdeckungen bzw. Aufspaltungen kann die Trennung von Produktion und Reproduktion interpretiert werden - oder, wie Vivian Sobchack 7 es formuliert: Astronauten ziehen die Produktion der Reproduktion vor. So verkörpert die Astronautin Ripley im maskulinen Ambiente der Raumfahrt zwar eine kompetente Ingenieurin, allerdings um den Preis, daß jeglicher Verweis auf die Spezifizität ihres "Frauseins" vordergründig auf der Ebene der Narration unterbunden wird 8.

Weibliche Cops, Rechtsanwältinnen, Astronaut innen, Militärangehörige usw. bergen jenseits ihrer "Assimilierung" dennoch ein "Surplus" weiblicher Repräsentation (Stimme, Kleidung, Ausleuchtung), und implizieren auf der narrativen Ebene geschlechtsstereotype Verweise auf ihren Beziehungs­ status, auf ihr Kommunikationsverhalten oder ihre Versorgungsqualitäten. Fehlen solche spezifischen Zuschreibungen, wie dies beispielsweis in eini­ gen Filmen mit den Schauspielerinnen Vanessa Redgrave oder Whoopi Goldberg der Fall ist, evozieren diese "geschlechtslos" wirkenden Imagi­ nes lesbische/transsexuelle, zumindest ambiguose Assoziationen, die subkulturell zwar im Sinne einer "queer'-Rezeption begrüßt werden, sei­ tens des Mainstream-Kinos bestenfalls als Nebenhandlung oder Negativ­ folie eingesetzt werden. SOBCHACK, Vivian: The Virginity of Astronauts: Sex and the . In: KUHN, Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction Cinema. London/New York 1990. Sowohl ein geschlechtsspezifischer Vorname wie die oben erwähnten At­ tribute von Beziehungsstatus, Liebesgeschichte etc. fehlen. 35

Monströse Generativität Die in Taskers Zitat angesprochene "ausgereifte Weiblichkeit" (bzw. ihre ideologische Konstruktion) ist als quasi janusköpfige Kehrseite verschoben in der Generativität des Monsters verortet. Der Herkunftsort des Monsters rührt von einem Eierfeld, die In­ vasion und Bedrohung der Crew ergibt sich aus einer Art Befruch­ tung und Geburt sowie kannibalistischen Tötungsakten - diese Bei­ spiele mögen hinreichen, um vorerst als Verweise auf Generativität zu gelten. Eine erste Lesart des Filmes könnte sich so darauf be­ schränken, eine Konfligierung von Technik und Natur zu konstatie­ ren, die sich zuspitzt in der Auseinandersetzung zwischen der Astronautin als Repräsentantin der Zivilisation und dem Monster als Ausgeburt der Wildnis. Bezogen auf die unterschiedliche weibliche Sexualisierung dieser Körper, die in der Aufspaltung in produktive, androgyne (Ripley) versus reproduktiver, monströser Weiblichkeit (Monster) resultieren, plädiere ich für eine weiter reichende Lesart des Filmes. Diese geht aus vom Phantasma der Mutter als einer ideologischen Konstruktion von Weiblichkeit, die das Vermögen zur Generativität auf symbolischer Ebene dem Gesetz/Namen des Va­ ters (wie es/er durch die Anordnungen des Konzerns repräsentiert werden) gegenüberstellt. Anhand dieser Figur soll jene imaginäre Bildproduktion erhellt werden, die sich über die Körper instituiert, in der die Protagonistin Ripley als "mangelhafte" imaginiert wird sowie der Überschuss (an weiblicher Sexualisierung) in der bedrohlichen Potenz des Monsters festgeschrieben wird.

Genealogien Zur Kritik der ideologischen Verfaßtheit dieses Phantasmas betrifft meine Analyse im weiteren Fragen der Genealogie, die im Science Fiction häufig verhandelt werden, wie beispielsweise: Wer ist ein Mensch? Woher kommt dieses Wesen? Wie sind seine Entstehungs­ bedingungen? Welche Arten von Verwandtschaft lassen sich fest­ stellen? (etc.) Genealogie meint die Suche nach Herkunft, sie geht nicht aus von der Existenz eines Ursprungs; ihre Spurensuche be­ zeichnet die Entstehung von Zugehörigkeit (gegenüber einer Rasse, 36

Tradition, einem gesellschaftlichen Typ usw.) jenseits identitäts­ logisch kohärenter Erzählungen. Oder, wie Foucault beschreibt: "Am historischen Anfang der Dinge findet man nicht die immer noch bewahrte Identität ihres Ursprungs, sondern die Unstimmigkeit des Anderen." 9 Analysen der Herkunft rekurrieren auf Entstehungsgeschichten, die eine Bühne, einen Ort der Konfrontation markieren, an dem "unzäh­ lige Anfänge" und "tausend verlorene Ereignisse wimmeln"10 - im Un­ terschied zur Suche nach EINEM Ursprung, der Identität und Kohärenz suggeriert, dessen Unwägbarkeiten und Einzelheiten durch die Wahrheit des Diskurses jedoch zum Verschwinden gebracht wurden. Dies umschreibt auch Helene Cixous: "Zuerst Drinnen/Dedans: der Ort, wo man mit den Mythologien Be­ kanntschaft macht, (...). Der Ort, wo man auf die Triebe stößt, von denen Freud sagte, daß sie unsere Titanen sind. (...) Man muß zu den Ursprüngen zurückkehren, an dem Geheimnis des Ursprungs arbei­ ten, denn nur so wird man an den Geheimnissen des Endes arbeiten können. An der Frage "Wo" zu arbeiten beginnen, "Woher kommt", damit man dann an dem "dann" arbeiten kann, so kann man hoffen, daß man einmal zu dem Punkt der Vollendung kommt, wo das ICH sich gut hält, einwilligt, zu verschwinden, Platz zu machen, und nicht der Held der Bühne/Szene zu werden, sondern die Bühne/Szene selbst: Der Ort, der Anlaß für den Anderen." n Genealogische Spurensuche fragt also nach Herkunft und Verfaßt­ heit (von körperlichen Einschreibungen) des Menschen. Bezogen auf das Kino werden damit die häufig wiederkehrenden Themen von Erzeugung und Geburt angesprochen, die im Science Fiction in Bil­ dern fremder/außerirdischer Mißgeburten oder in Plots, die die Her­ stellung des künstlichen (Super)Menschen behandeln, zu finden sind.

FOUCAULT, Michel: Von der Subversion des Wissens. Frankfurt am Main 1987. S. 71 10 FOUCAULT (1987), S. 73 11 CIXOUS, Helene: Von der Szene des Unbewußten zur Szene der Ge­ schichte. In: RICK, Karin (Hg.) Die Frauen, das Sexuelle und die Kunst. Tübingen 1987. S. 77 Cixous spricht von "Ursprung", ihre Verwendung des von Foucault kriti­ sierten Begriffs entspricht jedoch seinem Begriff der Herkunft. 37

Ähnliche Dramatisierungen erinnern an die Schnittstelle zum Hor­ rorgenre; jedoch steht dort weniger die technologische Herstellbar­ keit oder in die Zukunft verlagerte Interaktion mit Androiden oder außerirdischen Lebewesen im Zentrum, vielmehr greift die prokrea­ tive Phantasieproduktion zurück auf mythisch imaginierte Halbwesen wie die Figuren von Vampir, Werwolf oder Hexe. Die Spannung beider Genres und Settings ergibt sich aus der unerwarteten Irritation einer Atmosphäre von "Normalität", in die monströse Verkörperungen jedweden Ursprunges einbrechen 12.

Das Phantasma der Mutter Die vorliegende Filmanalyse beleuchtet die Konstitutionsbedingun­ gen dieser "Produktion von Andersheit" (im Verhältnis zu Männlich­ keit bzw. Weiblichkeit) unter genealogischen Gesichtspunkten, um die visuellen und narrativen Codierungen von Prokreativität aufzu­ spüren. Damit ist das "Phantasma der Mutter" ein zentraler Topos, der via der "außerordentlichen" Körper von Actionheldin und Mon­ ster inzeniert wird. Ohne einer bestimmten Theorie über Weiblichkeit zu folgen, bezieht sich meine Ausgangsthese der Ausblendung/Tabuisierung (bezogen auf Ripley) bzw. der Projektion re/produktiver Arbeit (bezogen auf das Monster) auf Patricia Yaegers Begriff eines "reproduktiven Un- bewußten" 13. Die Ausblendung reproduktiver Arbeit erfolgt im Film auch via deren geographischer und zeitlicher Verschiebung in das Ambiente des Science Fiction, d.h. diese Verfremdung kann als wei­ tere (De)Kolonisierung des weiblichen Körpers bzw. patriarchaler reproduktiver Strategien gelesen werden. Bezogen auf "Alien" be­ deutet das ein Infragestellen der Aufspaltung von Weiblichkeitsvor­ stellungen, wie sie in der androgyn anmutenden, sterilen Inszenie-

12 Vgl. dazu die Katalogisierung von Wood, der hier beispielsweise die mon­ ströse Verkörperung von Sexualität, Homo- und Bisexualität, von ande­ ren Kulturen sowie Kindern nennt. WOOD, Robin: An Introduction to the American Horror Film. In: NICHOLS, Bill (ed.): Movies and Methods. Volume II. Berkeley/Los Angeles 1985. S. 201 13 YAEGER, Patricia: The Poetics of Birth. In: STANTON, Domna C. (ed.): Discourses of Sexuality. From Aristotle to Aids. Michigan 1992. 38

rung der Protagonistin Ripley versus der verschlingend-monströsen Sexualisierung des außerirdischen Lebewesens Alien' aufscheinen . Eine Lesart, die ein "reproduktives Unbewußtes" vor dem Hinter­ grund der Folie, die das "Phantasma der Mutter" bildet, konstatiert, impliziert die Herstellung von Querverbindungen zwischen diesen Körpern (Ripley und Monster). Weiblichkeit und/oder Mütterlichkeit? Dieser Blickwinkel (der Zusammenschau einer Spaltung) verweist damit auch auf die in feministischen Theorien nicht unumstrittene Konzeptualisierung von Weiblichkeit in ihrem Verhältnis zur Repro­ duktion; da die potentielle Fähigkeit zur Mutterschaft (abgesehen davon, ob sie verworfen wird oder als verheißungsvoll gilt) als meist untrennbar mit Weiblichkeit verschmolzen begriffen wird. Eine an­ gemessene Klarheit dieses Begriffes scheint durch Adrienne Richs Definition, die eine mögliche Differenz zwischen potentieller und in­ stitutionalisierter Mutterschaft zieht, gegeben. Nach ihr bezeichnet Mutterschaft zwei unterschiedliche Phänomene: "1. die potentielle Beziehung jeder Frau zu ihren Fähigkeiten, neues Leben zu kreieren, und ihre Beziehung zu Kindern. 2. die Institution, die darauf abzielt zu garantieren, daß dieses Poten­ tial der Frauen - und damit Frauen generell - unter männlicher Kon­ trolle bleibt." 14 Beide Phänomene erweisen sich als ideologische, d.h. sie erfahren historisch, gesellschaftlich, kulturell spezifische Ausgestaltungen und weisen damit auf die Konstruiertheit ihres Charakters hin. In ge­ schichtlicher Perspektive manifestiert sich beispielsweise Mutter­ schaft hinsichtlich des Ausschlusses der Frauen aus der Polis, der Politik in der griechischen Antike durch ihre staatsbürgerlich tragende Funktion 15 oder wird deren historische Ausgestaltung ab ca. dem 17. Jahrhundert als Phase der "Erfindung der Mutterliebe" 16

14 RICH, Adrienne: Of Woman Born. Motherhood as Experience and Insti­ tution. New York 1976. S. xv 15 vgl. beispielsweise LORAUX, Nicole: Die Trauer der Mütter. Weibliche Leidenschaft und die Gesetze der Politik. Frankfurt am Main 1992. 16 BADINTER, Elisabeth: Die Mutterliebe, Geschichte eines Gefühls vom 17. 39

begriffen. Diese historischen Konstruktionen von Mutter­ schaft/Mütterlichkeit als Ideologeme definieren sexuelle Differenz in ihrem Verhältnis zur gesellschaftlichen und symbolischen Ebene. "Mütter dürfen nicht Mütter sein, sie müssen Mütter sein." 17 Die Einverleibung der Weibhchkeit unter das Primat der Mutterschaft bindet nicht nur die Ausbildung weiblicher Subjektivität 18 (als Sub­ jekt von Politik, Geschichte, Kultur), sondern stützt die Normativität der Heterosexualität, die in der Ideologie der Kleinfamilie ihre gesell­ schaftliche Einbettung findet. Parallel zur Etablierung und Normie­ rung des Modellcharakters der Kleinfamilie (ab dem 19. Jahrhundert) prägen einander widersprechende Diskurse zum einen das Ideal we­ senseigener Mütterlichkeit, zum anderen werden Frauen aufgrund ih­ rer potentiellen Mutterschaft von unterschiedlichsten Ausschluß- verfahren betroffen. So fragt Christina von Braun: "Wenn aber die Spezialisierung der Frau auf "mütterliche Aufgaben" bewirkt, daß Frauen auf Mutterschaft verzichten, muß man sich dann nicht fragen, ob dies der eigentliche Sinn der Spezialisierung ist? Wenn der Zwang, Kinder zu bekommen, mit dem Wunsch nach Kin­ dern unvereinbar ist, so bedeutet das doch, daß der Geburtenzwang - welche Form die Geburtenpolitik auch immer annehmen mag - eine besonders effiziente Form ist, den Wunsch nach Kindern zu unterdrücken. (...) Die Kontrazeptive, die das Industriezeitalter ent-

Jahrhundert bis heute. München/Zürich 1981. I7 BRAUN, Christina von: Nicht ich. Logik, Lüge, Libido. Frankfurt am Main 1988. S. 215 Anzufügen bleibt: "That hypothesis is supported by the fact that AID (artifical insemination by donor) is considered a perfectly acceptable social practice, whereas the notion of a surrogate mother is often found distressing and shocking, for it introduces the possibility of drawing distinctions between uterine mother, the ovulating mother and the social mother, and that is something that upsets our image of a single, true maternal bocy, certain beyond doubt. We can tolerate the duplication of a father by a semen donor - a nameless actor who is a purely somatic presence - but we resist the idea that childbearing no longer constitutes maternity. It is all right to efface the father's body, but not the mother's." SISSA, Giulia: Subtle Bodies. In: FEHER, Michel; NADAFF, Ramona; TAZI, Nadia (ed.): Fragments for a History of the Human Body. Part Three. New York 1989. S. 133 1° Erinnert sei an den jahrhundertelangen Vorwurf der "Kulturunfähigkeit der Frau", der sich zumeist auf ihre generative Kapazität bezieht. 40

wickelt hat, stehen nicht im Gegensatz zum Reproduktionszwang. Sie bilden vielmehr dessen Ergänzung. Sie sind ein Symptom dafür, daß der Kampf des Logos gegen die Mutter zu einem Ende gekom­ men ist. Der Logos hat sein Ziel erreicht. So wie er das Sexualwesen Frau besiegt hat, hat er auch das Sexualwesen Mutter bezwungen." 19 Der Schein von Entscheidungsfreiheit (für/gegen ein Kind) be­ schreibt den Verschmelzungsprozess von Frausein mit Mütterlich­ keit und verstrickt die historischen Agentinnen in das Dilemma von "Wahlmöglichkeit" zwischen der körperlichen Erfahrung von Schwan­ gerschaft und Geburt versus der befürchteten Viktimisierung im Rahmen der Kleinfamilie. Die Neubewertung mütterlicher Produktivi­ tät (betreffend sowohl Geburt, Fürsorge und Erziehung als auch die damit verbundene Arbeitsteilung der Geschlechter), die vor allem seitens der Objektbeziehungstheoretikerinnen geleistet wurde 20 bietet zwar die Verschiebung eines Blickwinkels und ermöglicht die Repräsentierbarkeit einer Kreativität, die bislang verdeckt und im Reproduktiven unbeachtet blieb. Dennoch, jenseits der Sichtbarma­ chung leisten diese Ansätze m.E. zwar die Erstellung von Kriterien, die einem (den dominanten Ideologien angepaßten) weiblichen Le­ benszusammenhang entsprechen und hinsichtlich der Erstellung von Bewertungsmodellen (z.B. moralischer Kompetenz 21 oder der Be­ wertung von Arbeit und Arbeitsverhältnissen) eine angemessenere Darstellung und Einordung von Frauen gewährleisten; letztlich wird aber innerhalb ihrer Befangenheit in einem bipolaren Denken von Geschlechterdifferenz das bekannte Modell des weiblichen Sozi­ alcharakters (fürsorglich, passiv, emotional etc.) affirmiert. Dieses Dilemma einer feministischen Thematisierung von Mutterschaft, das um die Pole von Stilisierung und Ablehnung kreist, greift Patricia

19 BRAUN (1988), S. 229/230 20 CHODOROW, Nancy: Das Erbe der Mütter. München 1985; BOWER, Lisa C: "Mother" in Law: Conceptions of Mother and the Maternal in Feminism and Feminist Legal Theory. In: difference. A Journal of Feminist Cultural Studies. No. 3.1. 1991 2* vgl. dazu GILLIGAN, Carol: Die andere Stimme. Lebenskonflikte und Mo­ ral der Frau. München 1984. Oder: BENJAMIN, Jessica: Die Fesseln der Liebe. Psychoanalyse, Feminismus und das Problem der Macht. Frankfurt am Main 1990. 41

Yaeger folgendermaßen auf: "If feminist theorists have reified or essentialized motherhood in or­ der to reclaim stolen territory, there has been an equal impulse to turn away from mothering and its metaphors in order to purge femininity of its victimizing rituals." 22 Dieses Ausgehen von der Potentialität zur Mutterschaft bedingt die Subsumption der Kategorie Frau unter den Term der Mütterlichkeit und läßt eine Konzeption von "FRAU" nur im Rahmen heterosexueller Reproduktion (zudem meist gekoppelt an Paarbildung mit dem Mann) zu. Bezogen auf die Frauenbewegung läßt sich dieses domi­ nante Denkschema auch hinsichtlich der kollektiv einigenden Orga­ nisation von Frauen hinsichtlich der ersten Welle der Frauenbewe­ gung, die sich unter dem Motto "Mein Bauch gehört mir" formierte, sowie der PorNo (Anti-Pornographie) Debatte konstatieren. Abgese­ hen von massenmedialer Präsenz läßt sich die kurzzeitige, wiewohl breitenwirksame Einigung dieser Bewegungen auch begreifen als Ef­ fekt, der unter der Prämisse der Politisierung privater Verhältnisse dennoch auf der Basis einer Verschmelzung der Kategorien von Frau und Mutter stattfand. Dieser, einem heterosexuellen Imperativ un­ terliegende Subjekt- und Geschlechtsbegriff verschleierte Differen­ zen zwischen Frauen und beförderte letztlich einen affirmativen Charakter. Die Vereinnahmung der Potentialität zur Mutterschaft impliziert die (ideologische) Konzeption einer Kategorie Frau, die lesbische und nicht-gebärende Frauen (z.B.), deren Lebensweisen und -zusammenhänge ausblendet, der Spezifität eines weiblichen Lebenslaufes (der sich durch bestimmte Phasen der Gebärfähigkeit auszeichnet) nicht entspricht und diskursive Körpertechniken (wie Gebärzwang, Vergewaltigung etc.) nur eindimensional erfassen kann. Die differenzverdeckenden, Heterosexualität affirmierenden Aspekte dieser "mütterlichen" Weiblichkeitskonzeptionen verweisen in ihrer Normativität und seitens ihres Ausschlußcharakters auf die Ausstreichung weiblicher Geschichte/n. De Lauretis meint:

22 YAEGER, Patricia: The Poetics of Birth. In: STANTON (1992), S. 293 42

"I would even suggest that the maternal imaginary is dangerous for women, (...) dangerous, first of all, because reducing female sexuality to maternity, and feminine identity to the mother, whether imaginary or symbolic, erases a history of women's political and personal struggles for the affirmation of a difference of and between women vis-ä-vis hegemonic institutions and cultural formations in many countries; and dangerous, as well, because reclaiming maternity and maternal power on the ground of an ambiguous theoretical premise in turn erases the history of individual and social struggles for the affirmation of lesbianism as a particular relation between women that is not only sexual but also sociosymbolic; that is to say, a relation between women that entails a different production of reference and meaning, if not always in the terms of feminism." 23

Die Betonung dieser soziosymbolischen Bezüge greift auch Gayatri Spivak auf, die dahingehend den Gestus des Bezugs auf den weibli­ chen Körper vorschlägt. Dieser scheint ihr eine Möglichkeit zu ver­ sprechen, die Gleichung Frau = Mutter wieder auszudifferenzieren. Die symbolische Ausstreichung /Aussparung der Klitoris markiert die Ideologie des "normalen" Frauseins, ihre Wiedereinholung implizierte eine Erweiterung eines nicht-affirmativen Konzeptes von Weiblichkeit. "Die Klitoris entgeht der Rahmenvorgabe der Reproduktion. Indem die Frau rechtlich als Objekt des Tausches, des Übergangs oder des Besitzes in der Form der Reproduktion definiert wird, wird nicht nur die Gebärmutter buchstäblich angeeignet; es ist die Klitoris, die als Signifikant des sexuierten Subjekts ausgestrichen wird. Alle histori­ sche und theoretische Forschung, die in die Definition der Frau als Rechtsobjekt investiert wird - innerhalb oder außerhalb der Ehe, oder als politisch-ökonomischer Übergangsweg zum Eigentum und zur rechtlichen Anerkennung -, würde auf eine Erforschung der ver­ schiedenen Weisen, die Klitoris auszustreichen, zurückfallen. Der soziale Text der Mutterschaft ist in diese Untersuchung einge­ schrieben." 24

23 DE LAURETIS, Teresa: The Practice of Love. Lesbian Sexuality and Per­ verse Desire. Bloomington/Indianapolis 1994. S. 198 24 SPIVAK, Gayatri: Verschiebung und der Diskurs der Frau. In VINKEN, 43

Zurückkehrend zum Film soll es also darum gehen, aufzuzeigen, wie Phänomene von Generativität sich in der ausgewählten distopischen Horrorstory abspielen bzw. inwieweit diese auf Vorstellungen von Weiblichkeit und Mütterlichkeit hinweisen. Das durch Spannung und thrill aktivierte Unterlaufen der Selbstverständlichkeit wesensgewis­ ser Identität, wie sie in "Alien" in der „FRAU" und dem Monster auf­ scheinen, bietet dennoch ein "Mehr" an Lesarten an, die jenseits des heterosexuellen Kanons Schaulüste motivieren. "Alien" bietet m.E. ein Spektrum, das von von Reflexionen gegenwärtiger sozialer Ordnung (Technologiekritik), hin zu Phantasien des kollektiven Unbewußten (das reproduktive Unbewußte) sowie Imaginationen subjektiver Wunscherfüllung und-abwehr (queer readings unterstellen ein heterophobes Ambiente seitens der Crew) reichen. Die obsessive Inszenierung sexueller bzw. generativer Imagines könnte auf ein ta- buisiertes Begehren verweisen; darauf, daß die Unterstellung eines männlichen "Gebärneids" nicht hinreicht zur obszönen Vorstellung von Körpern, die nicht eindeutig bzw.nicht-eins sind. "The woman's body can change shape in pregnancy and childbearing; it is therefore capable of defeating the notion of fixed bodily form, of visible, recognizable, clear, and distinct shapes as that which marks the contour of the body. She is morphologically dubious." 25

Exkurs über das Unheimliche Diese Körpervorstellung bzw. deren Repräsentation erscheint mon­ strös und unheimlich. Der Exkurs über Sigmund Freuds Schrift "Das Unheimliche" 26 soll im weiteren diesen Zusammenhang zwischen (Vorstellungen von) Weiblichkeit und monströser Phantasieproduk­ tion stützen.

Barbara (Hg.): Dekonstruktiver Feminismus. Literaturwissenschaft in Amerika. Frankfurt am Main 1992. S. 211/212 25 BRAIDOTTI, Rosi: Mother, Monsters and Machines. In: dies.: Nomadic Subjects. Embodiment and Sexual Difference in Contemporary Feminist Theory. New York 1994. S. 80 26 FREUD, Sigmund: Das Unheimliche. In: FREUD, Sigmund: Psychologische Schriften. Studienausgabe. Frankfurt am Main 1970. 44

Die ambivalente Bedeutimg des Begriffes "heimlich" als vertraut und gleichzeitig geheim 27 verweist auf beunruhigende Fremdheit von bekannten Erfahrungen: "Ich will gleich verraten, ... das Unheimliche sei jene Art des Schreckhaften, welche auf das Altbekannte, längst Vertraute zu­ rückgeht." 28 "...denn dies Unheimliche ist wirklich nichts Neues oder Fremdes, sondern etwas dem Seelenleben von alters Vertrautes, das ihm nur durch den Prozess der Verdrängung entfremdet worden ist." 29 Unheimliche Gefühle treten nach Freud dann auf, wenn verdrängte Komplexe oder primitive Überzeugungen aufgerufen werden - dieses beunruhigende Vertraute wird vom Subjekt dann als Fremdes und Dämonisches phantasiert. Hervorgerufen wird dies bei Prozessen an der Nahtstelle von Symbolischem und Organischem, dem Trieb; so­ wie bei Konfrontation mit dem Tod oder beim Anblick des Ur­ sprungs des Fremden, dem weiblichen Genital 30 . "Es kommt oft vor, daß neurotische Männer erklären, das weibliche Genitale sei ihnen etwas Unheimliches. Dieses Unheimliche ist aber der Eingang zur alten Heimat des Menschenkindes, zur örtlichkeit, in der jeder einmal und zuerst geweüt hat." 31

27 "Unheimlich ist irgendwie eine Art von heimlich. FREUD (1970), S. 250 28 FREUD (1970), S. 244 29 FREUD (1970), S. 264 30 Der Kastrationskomplex als Stadium, in dem das Subjekt die Bedeutung geschlechtlicher Differenz erfährt, bzw. die Erfahrung von Geschlechtun­ terschieden im Zusammenhang mit Phantasieproduktion und Repräsenta­ tion werden von Freud auch in seinem Aufsatz "Das Medusenhaupt" the­ matisiert. "Der Schreck der Meduse ist also Kastrationsschreck, der an einen An­ blick geknüpft ist. Aus zahlreichen Analysen kennen wir diesen Anlass, er ergibt sich, wenn der Knabe, der bisher nicht an die Drohung glauben wollte, ein weibliches Genitale erblickt. Wahrscheinlich ein erwachsenes, von Haaren umsäumtes, im Grunde das der Mutter. Wenn die Haare des Medusenhauptes von der Kunst so oft als Schlangen gebildet wurden, so stammen diese wieder aus dem Kastrationskomplex, ... sie ersetzen den Penis, dessen Fehlen Ursache des Grauens ist Wenn das Medusenhaupt die Darstellung des weiblichen Genitales ersetzt, vielmehr dessen grau­ enerregende Wirkung von seiner lusterregenden isoliert, so kann man sich erinnern, dass das Zeigen der Genitalien auch sonst als apotropäische Handlung bekannt ist." FREUD, Sigmund: Das Medusenhaupt. In: FREUD, Sigmung: Gesammelte Werke, Band xvii, S. 47f. 31 FREUD (1970), S. 267 45

Die so angesprochene Triebangst (im Unterschied zu einer Real­ angst) berührt die Konfrontation mit Gebürtlichkeit und Sterblich­ keit. Entgegen mythischer Interpretation 32 resultiert die Wahrneh­ mung weiblicher Differenz in der Ausschaltung ihrer bedrohlichen Potenz, bzw. deren phantasmatischer Umgestaltung 33. Oder, wie Kristeva dies formuliert: "Sicher, das Unheimliche ist Wiederkehr eines vertrauten Fremden, aber er erfordert auch den Antrieb zu einer neuen Begegnung mit einem unerwarteten Äußeren. Das Unheimliche, das Bilder vom Tod, vom Automaten, vom Doppelgänger oder vom weiblichen Ge­ schlecht auslöst... ereignet sich, wenn die Grenze zwischen Phan­ tasie und Wirklichkeit verwischt wird." ^ Die Varianten des Unheimlichen thematisieren damit die Konflikte, die aus der Situierung von Subjekt und Anderem 3f) hervorgehen und

32 vgl. z.B. KERENY, Karl: Die Mythologie der Griechen. Zürich 1951. S. 53f; RANKE-GRAVES; Robert von: Griechische Mythologie. Quellen und Deu­ tung. Reinbek bei Hamburg 1983. S. 214f; VERNANT, Jean-Pierre: Die re­ ligiöse Erfahrung der Andersheit: Das Gorgogesicht. In: SCHLESIER, Renate: Faszination des Mythos. Studien zu antiken und modernen Inter­ pretationen. Frankfurt am Main 1985. 33 Dazu Klaus Heinrich in seiner Interpretation des Medusenhauptes: "Das Grauen, das sie (die Medusa, Anm.M.S.) erregt, ist ja jene erst noch zu lösende ... Verquickung von herausfordernder Wildheit, die eine an­ dere als die zwanghafte oder ausweichende Form der Sublimierung ver­ spricht, und der Erstarrung ... , die wir ihr als Verursacherin auferlegen. Das Vorhalten des Schildes als Spiegel lenkte schon davon ab, daß sie der Schild und Spiegel ist - und das eigene Anderssein zugleich: Grund der Faszination durch Medusa. Indem wir das Erschrecken der Nicht-Do­ mestizierungwilligen als den Schrecken derer ausgeben, die uns erstarren macht, und der Vorgang der Erstarrung zuletzt das Erstarren jener "Wild­ heit" bedeutet, führen wir Medusa sozusagen gegen sich selbst ins Feld. Ihr die Maske abnehmen hieße: die Geschlechterspannung wider traktier­ bar machen und damit vielleicht auch das, dem sie als Schubkraft dient, neu balancierbar." HEINRICH, Klaus: Das Floß der Medusa. In: SCHLESIER (1985), S. 369 34 KRISTEVA, Julia: Fremde sind wir uns selbst. Frankfurt am Main 1990. S. 204 •" "Männlichkeit ist keine Substanz und Weiblichkeit ist auch nicht deren leeres Komplement, eine heimliche Gebärmutter. Weiblichkeit ist weder eine Metonymie, ein behaglicher Behälter von Männlichkeit, noch ist sie eine Metapher - dessen spiegelbildliche Reflexion. Weiblichkeit wohnt der Männlichkeit inne, wohnt ihr inne als Andersheit, als ihre eigene Unter­ brechung. Weiblichkeit ist mit anderen Worten eine reine Differenz, ein Signifikant - und das ist Männlichkeit auch; als Signifikanten sind Männ­ lichkeit und Weiblichkeit beide über die Weise definiert, in der sie sich differentiell auf andere Differenzen beziehen." FELMAN, Shoshana: Weiblichkeit wiederlesen. In: VINKEN (1992), S. 58 46

an die Unvollständigkeit und Instabilität der Subjektkonstitution mahnen, in der die Bedrohlichkeit eines "Realen" in einem Phantasie­ produkt aufzuheben gesucht wird. Anders ausgedrückt: das Un­ heimliche des Horrorfilms, das seine augenscheinliche Konkretisie­ rung im Monster erfährt, weist auf die perforate Grenze zwischen Realität und Fiktion hin. Jene Momente der Subjektkonstitution, in der die imaginäre Kohärenz und Identität durch die Begegnung mit dem/der Anderen konfrontiert werden, werden damit aktualisiert bzw. phantasmatisch materialisiert. Diese Repräsentationen zeichnen sich durch die Konkretion der Bilder aus (die unbewußte Ergänzungen angesichts ihrer Auslassungen und Schwarzkader evozieren) und berühren ebenfalls diesen Spagat zwischen Erfahrung und Phantasie: "Confronted by the sight of the monstrous, the viewing subject is put into crisis - boundaries, designed to keep the abject away, threaten to disintegrate, collapse. The horror film puts the viewing subject's unified self into crisis in those moments when the image on the screen becomes too threatening or horrific to watch, with the threat that the viewing subject will be drawn to the place, where all meaning collapses, the place of death." 36 In der filmischen Auseinandersetzung mit dem Unheimlichen erfolgt eine Analogisierung zwischen Zuseherinnensubjekt und Opferposition: darin korreliert der Schock der Zuseherlnnen mit der Passivität der Opferposition der Filmfiguren. Die Identifikation mit dieser traumatischen Situation (die Distanz zwischen Selbst und Leinwand wird in der körperlichen Sehreaktion aufgehoben), die die Gefahr körperlicher Desintegration beschwört, wird narrativ aufgelöst in der Zerstörung und Überwindung des Monsters. "Der Horrorfilm inszeniert geradezu ein Universum an Distanzlosig- keit und Unübersichtlichkeit. Kontakt zwischen den Protagonisten und ihrer Umgebung bedeutet regelmäßig konkrete Berührung: wenn das Opfer das Objekt wahrnimmt, ist es immer schon so nah, daß es

36 CREED, Barbara: "Alien" and the The Monstrous-Feminine. In: KUHN, Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction Cinema. London/New York 1990. S. 137 47

(schön?) gefährlich wird Der Horrorfilm würde damit die an sich lustvolle Kinosituation auf die Spitze treiben - und dem dafür empfänglichen Zuschauer die Möglichkeit geben, die Dehnbarkeit seiner "Schmerzgrenze" zu erfahren." 37 In diesem Sinn können die Phantasien von "Alien" auch als Ergeb­ nisse unbewußter Produktion angesehen werden können, deren Vor­ führung bei Zuschauerinnen Grenz- und Differenzerfahrungen aufrufen.

3.3. Feministische Bezüge "As the current popularity of horror, science fiction, and heroic adventure films indicates, we are at least equally moved by an appetite for images drawn from the "blind space" of the imagination. Fantasy films, for instance, draw into a cinematically real context "copies" which have no originals, by way of suggesting what could be, "what if they inhabited our own specular space. Moreover, the prevalence of sequels and cycles in the horror and science fiction genres argues for another dimension to this desire, the extension of its reach to the real world as well, as it elicits additional images of those desired images. Still, if such films seem less obviously to serve that human desire to "catch" reality, they are not less concerned with desire itself: they attest to our urge to gain access to the meeting ground between the specular and the blind, the very realm of desire in our own lives as in the world of film." 38 Diesem Sprung zwischen dem "Spiegel und seinen blinden Flecken" nachzugehen, evoziert die Frage danach, welche "Rätsel" in diesen Repräsentationen verdeckt werden bzw. worauf gerade diese Aus­ lassungen hinweisen. Insofern der Science Fiction das imaginierte Paradoxon des u-topos (gr.: kein Ort) bebildert, das sich dennoch durch die Installation des Fiktionalen in lesbaren, intelligiblen Bildern und Dekors auszeichnet (der Science Fiction als eine der "reinsten

37 KLIPPEL, Heike: Böse Bilder. Horrorfilm und Angsterleben. In: KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide: Frauen und Film. Horror. Heft 49. Frank­ furt am Main 1990. S. 88 38 TELOTTE, J.P.: The Doubles of Phantasy and the Space of Desire. In: KUHN, Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction Cinema. London/New York 1990. S. 152 48

Formen des Schauspiels" 39), erfordert die Filmanalyse eine Befra­ gung des Materials jenseits der filmsprachlichen Elemente, indem die filmische Organisation von Zukunft in Bezug zu anderen Diskur­ sen und Praktiken gesetzt wird. Oder, wie es in Haider-Preglers me­ thodischen Vorschlägen zu einer feministischen Theaterwissen­ schaft formuliert wird: "Begibt man sich nun auf die Suche nach dem Ort der Frau - in Diffe­ renz zu dem des Mannes - im Theater, so heißt es nach den in der szenischen Inszenierung vermittelten Büdern von Weiblichkeit auf der einen Seite und auf der anderen nach der den Frauen tatsächlich eingeräumten Teühabe am künstlerischen Prozeß und generaliter nach ihrer Stellung in der Gesellschaft zu fragen." 4° Anknüpfend an die Anliegen der Neuen Frauenbewegung, Frauen einen Subjektstatus zugestanden zu wissen, versuche ich "Alien" historisch in ein Spannungsfeld einzuordnen. Ausgehend von Bewe­ gungen der 60er Jahre - stichwortartig zusammengefaßt als Erschüt­ terung traditioneller Geschlechtsrollen, Krise der Institution der Kleinfamilie - werden in "Alien" Topoi aufgerufen, die über die Eta­ blierung des Rechtsstatus des Fötus bei gleichzeitiger Ausblendung des mütterlichen Umfeldes (Debatten der 80er Jahre) hinreichen zu ästhetischen und juristischen Auseinandersetzungen mit neuen Technologien der Bio- und Informationstechnologien. "Alien" fungiert m.E. als paradigmatisches Beispiel für diese Pro­ zesse in seiner rückwirkend aufschlußreichen wie antizipierenden Inszenierung vieldeutiger (Film)Körper. Weiblichkeit wird also nicht nur an/durch "Frauenfiguren" repräsentiert, sondern findet sich in Verschiebungen, Verschlüsselungen, Symbolisierungen 41 - die letzt­ lich (was später aufzuzeigen sein wird) sich dennoch speisen von Vorstellungen von "FRAU".

39 SONTAG (1982), S. 286 40 HA1DER-PREGLER (1990), S. 320 41 Als Verschiebung kann die Generativität des Monsters gelten, als Ver­ schlüsselung des handlungstreibenden Konflikts die Positionierung des Androiden oder als Symbolisierung die Benennung des lebensversorgenden Computersystems mit Namen "Mother". 49

Die Frage danach, wer/wie/was/wann repräsentiert wird, bezieht ihren Focus darin, daß das Soziale - verstanden als Produkt und Produzierendes diskursiver Regelungen ^ - als Symbolisches 43 in den Blick rückt. Feministische Konzeptionen von Weiblichkeit Das impliziert für die Konzeption von Weiblichkeit (und weiterge­ hend für Fragen nach politischer und theoretischer Repräsentation), daß sowohl hinsichtlich historischer Konstitutionsbedingungen und symbolischer Plazierung - gemeint ist der gleichzeitige Aus- wie Ein- schluß von Frauen - "Weibhchkeit" einen ambivalenten Status erwirbt. Versuche einer Bestimmung dieser Position können jedoch weder im Behaupten polarer Differenz (die Eigenart weiblicher Praktiken in Abgrenzung zum Patriarchat betreffend, oft unter "Kulturfeminis­ mus" rezipiert oder mit dem Vorwurf des "Essentialismus" belegt) noch in emanzipatorisch-pragmatisch wohlmeinendem Eingliedern weiblicher "Subkultur" (kurzgefaßt auch als "humanistische" oder "idealistische" Position) aufgehen. Die Divergenz dieser Weiblichkeitskonzepte findet sich verscho­ ben in "Alien" wieder: auf einen ersten Blick manifestiert sich Weib­ lichkeit zum einen in der Figur des Mannequins 44 (Ripleys Weiblich-

42 Auf den Film bezogen findet sich dies z.B. im Beziehungsgeflecht der Crew. 43 Auch hier durch den Bordcomputer "Mother" markiert. 44 "Diese neue Realität des Körpers als verborgenes Geschlecht ist von An­ fang an mit dem Körper der Frau verbunden. Der verborgene Körper ist weiblich (natürlich nicht biologisch, sondern mythologisch). ... Weiterhin ist dieselbe Logik am Werk; und wenn die Mode zum Allgemeingut wird, um sich für alle zu öffnen, so deshalb, weil das Verbot des Körperlichen sich seinerseits auch verallgemeinert...: nämlich in Form allgemeiner Ent- sexualisierung. Denn nur durch seine Verdrängung war der Körper ein starkes sexuelles Potential: erst dadurch bekam er das Aussehen eines gefesselten Verlangens. Dem Modezeichen überlassen, wird der Körper sexuell entzaubert, er wird Mannequin - ein Wort, dessen Geschlechtslo­ sigkeit sehr gut ausdrückt, was es bedeutet. Das Mannequin insgesamt ist Sex/Geschlecht, aber Sex/Geschlecht ohne Eigenschaften. Die Mode ist sein Geschlecht. Oden in der Mode verliert sich das Geschlecht als Differenz, denn es verallgemeinert sich als Referenz (als Simulation). Nichts ist mehr geschlechtlich/sexuell, alles ist sexualisiert." BAUDRILLARD: Der symbolische Tausch und der Tod. München 1982. S. 147/148 Übertragen auf den Film würde das bedeuten, daß Ripley nicht die Funk­ tion "FRAU" verkörpert, sondern die Astronauten als "Geschlecht" 50

keit als hom(m)osexuelle Maskierung 45), zum anderen in der Figur des Monsters (Konzepte einer abjekten, verworfenen, nicht-phalli- schen Sexualität). An der Nahtstelle der Genres von Science Fiction und Horror an­ gesiedelt, inszeniert "Auen" sowohl die (ideologische und technolo­ gische) Konstruktion von Weiblichkeit bzw. bebildert via Projektion und Abspaltung die generativen, kontingenzbedrohenden Aspekte davon und macht sie im Monster identifizierbar. Einem dreifachen männlichen Blick entsprechend 46, können mit­ tels einer Dekonstruktion der filmischen wie institutionellen Diskurse jedoch keine Einsichten in "Wesen" oder Verfahren (wie Stil, Ästhetik) von Weiblichkeit gewonnen werden, bzw. bleibt darüber hinaus das Verhältnis von imaginierten Frauenfiguren zur Situation „realer" historischer Frauen undeutlich. Die Dekonstruktion kann die inten­ dierte Infragestellung der Funktionsweise eindeutiger Setzung von Aussagen bezogen auf Geschlecht und Identität nur gewährleisten vermittels von Methoden, "....die das Innere des Systems denken, die es im gleichen Maß auf sein Aus sen verweist. Thematisiert ist damit nicht mehr das Innere eines Systems, sondern dessen Grenzen, die nun keineswegs mehr Gegenstand sein können, da sie immer schon den Betrachter hin­ einziehen." 47

fungieren. Auf diese "Entsexualisierung" bzw. die Sexualisierung durch ein androgyn anmutendes Setting der Raumfahrt und ihrer Mode wird in der Filmanalyse näher eingegangen. 45 Luce Irigaray und Teresa de Lauretis beschreiben angesichts der männer- bündischen Struktur männlicher Ordnung jene als homo­ sexuell/homosozial männliche, von der aus wenig über Frauen/Weiblichkeit denn in ihrem Verhältnis zu Männlichkeit/Männern ausgesagt werden kann, bzw. die Konzeption von sexueller Differenz letzlich unklar bleibt. 46 MULVEY, Laura: Visuelle Lust und narratives Kino. Dieser Terminus be­ zeichnet die dominante Konvergenz von männlicher Kameraführung (-in- szenierung), männlichem Protagonisten sowie der Blickstrukturen der Fi­ guren untereinander, die die Z use ha uerlnnenpo sit ion ausblenden. "Die aus männlicher Sicht geschaffenen Vorlage wird getreu der Intention aus männlicher Sicht (...) realisiert und vom Publikum aus dieser ihm als allgemeingültig vermittelten Sicht wahrgenommen. Dabei wird diese Sicht konsequent erweise auch den Zuschauerinnen auf gezwungen und immer als die ihre suggeriert." HA1DER-PREGLER, Hilde, a.a.O. S. 322 47 MEYER, Eva: Zählen und Erzählen. Für eine Semiotik des Weiblichen. Wien/Berlin 1983. S. 10. 51

Die Demaskierung der symbolischen Ordnung bzw. von Repräsenta­ tionen als phallogozentrische(n) ließe dennoch das Verhältnis von "Kunst"wirklichkeit zu Bedingungen eines weiblichen Lebenszusam­ menhanges ungeklärt, so daß angenommen werden könnte, die Frau verbliebe immer noch in der Position der "Anderen", über die nichts auszusagen wäre. Oder, wie Sue-Ellen Case beschreibt: "For women, one of the results of this representation of women as "other" in the male gaze is that she also becomes an "other" in herself. Within the patriarchal system of signs, women do not have the cultural mechanisms of meaning to construct themselves as the subject rather than as the object of performance." 48

Space-Off Dieser pessimistischen Absage, die keine weiblichen Handlungsmög­ lichkeiten oder Interventionen vorsieht, möchte ich Teresa de Lauretis Entwurf eines "feministischen Subjekts" 49 entgegenstellen. Ihrem Verständnis nach wird das Verhältnis zwischen "FRAU" (Vorstellungen über die Frau fungieren als Grundlage und Bedingung von Repräsentation) und Frauen (den historischen Agentinnen) durch den Widerspruch ihrer Positionierung innerhalb und außerhalb von Gender unterhalten. Ein feministisches Subjekt (eine theoreti­ sche Konstruktion, die sich, bewegungsverpflichtet, in einem ständi­ gen Prozess der Neu/Findung bewegt) bezeichnet dagegen einen bewußt doppelte Sicht auf dieses Paradoxon und besetzt hinsicht­ lich der kritischen Negativität der Theorie eine affirmative Position, jedoch ohne identitätslogische Implikationen. Diese Position bietet Interventions- und Gestaltungsmöglichkeiten, die die von Case konstatierte Entfremdung überschreiten: die Schaffung neuer Orte für Diskurse, die Umschrift kultureller Er­ zählungen, die Sichtbarmachung blinder Flecken von Repräsentatio­ nen, Vorschläge für eine Neukonstruktion von Gender, - sowie auf

48 CASE, Sue-Ellen: Feminism and Theatre. New York 1988. S. 120. Zitiert nach HAIDER-PREGLER (1990), S. 323. 49 DE LAURETIS, Teresa: Technologies of Gender. Essays on Theory, Film and Fiction. Houndsmills/London 1987. 52

realpolitischer Ebene die Etablierung sozialer Räume und alltäglicher (widerständiger) mikropolitischer Praktiken. Dieser von de Lauretis konstatierte "Space-Off fungiert als Gegenpraxis und lebt von der Spannung des Widerspruchs und der Heteronomie. Wenngleich de Lauretis Entwurf durchaus Ansprüche an ein ideales Subjekt formu­ liert, so eröffnet ihre Position, die ihren Einschluß ebenso wie ihre Kontamination mitbedenkt, in ihrer (offengelegten) Situierung wei- testmögliche Kritik wie eine Thematisierung von Grenzen und Diffe­ renzen, die weder den Zusammenfall noch die Aufspaltung eines Weiblichkeitskonzepts bezogen auf potentielle Mutterschaft bedeuten.

3.4. Über die Effektivität von Figurationen und Verkörperungen

Effekte der Genres "Die Wurzel des englischen, französischen und spanischen Wortes (Genre, Anm. M.S.) bildet das lateinische Verb "generare" zeugen und der lateinische Stamm gener-, Rasse oder Art. (...) Die Substantive "Geschlecht", "gender", "genre" und "genero" verweisen auf die Be­ griffe von Art, Gattung und Klasse." 5° Ein Genre speist Erwartungen, ordnet Schau- und andere Lüste der Rezipientlnnen entlang bestimmter Texte und limitiert das Risiko evozierter Erwartungen an das Neue durch Klassifikation. Damit könnte das Genre als Vertrag zwischen Fümindustrie, Filmtext und Publikum gesehen werden. Die Zugehörigkeit von Texten zu einem bestimmten Genre - seine Kanonisierung - erfolgt vermittels einer strukturalen Methode, die die jeweiligen Texte anhand der Ober­ fläche von Plot und Ikonographie sowie der darin enthaltenen Codes organisiert. Ende der 70er Jahre zerfällt die rigide Klassifikation ebenso wie die Konzeptualisierung von Schaulust/Identifikation der Apparatus- theorie. Auch Ridley Scotts Spielfilm "Alien" wird wahlweise den

50 HARAWAY, Donna: Geschlecht, Gender, Genre. Sexualpolitik eines Wor­ tes. In: HAUSEN, Karin: Feministische Wissenschaftskritik. Berlin 1986. S. 42. 53

Genres von Science Fiction und Horrorfilm zugeordnet. Wenn, nach Kuhn51, der Schlüsselbegriff des Science Fiction darin zu finden ist, die Konstruktion einzelner Typen von fiktionalen Welten darzustellen, weist dieses Merkmal des ZEIGENS von Fiktionalem bereits auf die Nahtstelle zum Horror hin: demonstrare = zeigen; hiervon auch das "Monströse" abgeleitet ist.

Roloff und Seesslens Definition 52 der Genres des Horror und des Science Fiction bewirkt in ihrer Gegenüberstellung eine Polarisierung, wie im Folgenden kurz dargestellt werden soll. Der Science Fiction (entstanden aus der Reiseliteratur der Spätaufklärung) imaginiert den Topos der kolonialistischen Er­ oberung, umgesetzt etwa in den Space Operas; bzw. den Rückschlag von Fortschritt, einem vielfach variierten Thema der In­ vasion. Der Motivkatalog sieht die Entwürfe fremder Welten vor und focussiert das Phantastische im Hinblick auf Technologie. Roboter und Androide als genretypische Agenten verkörpern "Denk- und Handlungsmaschinen", sie gelten als avanciertester Ausdruck der Technologie. Die Beschreibung des Horrorgenres verfährt gegenläufig, ihre Vor­ geschichte stützt sich vor allem auf die Ausgestaltung magischer, mystischer und mythischer Vorstellungen, deren phantastischer Aspekt die Bedrohlichkeit und Unerklärbarkeit der Erscheinungen charakterisiert. Anstelle der Halbwesen aus Mensch und Maschine bezeichnen seine typologischen Figuren die Grenze zwischen Leben und Tod (beispielsweise Zombies und Vampire etc.), zwischen Mensch und Tier (Werwolf, Schlangenmensch etc.) oder zwischen Rationalem und Okkultem (Hexen, besessene Menschen etc.). Gemeinsames Merkmal beider Genres ist das Phantastische, das "was eine Gesellschaft zu wünschen übrig läßt" 53; dennoch wird

51 KUHN, Annette: Introduction. In: dies.(ed.): Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction Cinema. London/New York 1990. 52 SEESSLEN, Georg: Kino des Phantastischen. Geschichte und Mythologie des Horrorfilms. Hamburg 1979; Kino des Utopischen. Geschichte und Mythologie des Sience-Fiction-Filmns. Hamburg 1980. 53 SEESSLEN (1980), S. 58 54

dieser unerfüllbare Wunsch genährt und narrativ aufgeladen mit dessen phantastischer Belohnung oder Bestrafung. Der Konflikt in "Alien", der technologisches Fortschrittsdenken mit der unzivilisierten Wildheit eines Monsters konfrontiert, schließt in seiner Typologie, Ausstattung und hinsichtlich seiner narrativen Mu­ ster beide Genres ein. Diese Verschränkung von mythischer Mon­ strosität und futuristischer Technologie markiert einen Knoten­ punkt, Seesslens Definition der Genres muß angesichts dessen je­ doch nicht widersprüchlich verfahren: "Das Problem des Science Fiction ist die Technik, das Problem des Horror ist die Natur."54 Der Topos der Raumfahrt konnotiert Fortschritt und Eroberung, die Invasion des Alien ins Raumschiff verweist dagegen auf den Rück­ schlag derselben. In einer futuristischen Dystopie ereignet sich die Rückkehr des Verdrängten, da entlang einer Spirale von Gewalt Themen von Herkunft, Empfängnis und Geburt, inszeniert werden. Psychoanalytisch interpretiert, können die verdrängten Phantasien als Konzeptionen von Differenz verstanden werden, die im/vom Fremden/Anderen verkörpert werden. Ausgeblendet werden damit potentielle Phantasien, die sich in den ideologisch zulässigen Denk- und Sozialisationsformen nicht mehr formen lassen und via Projek­ tion auf Andere/s ihre Materiahsation finden. "...the concept of "the Other": that which bourgeois ideology cannot recognize or accept but must deal with (....) in one of two ways: either by rejecting and if possible annihilating it, or by rendering it safe and assimilating it, converting it as far as possible into a replica of itself." 55 Dabei aktiviert das Genre den Thrill des Fremdartigen nicht nur nar­ rativ, sondern vor allem entlang des visuellen Dispositivs von Sehen und Gesehen werden. Sehen garantiert Wissen und sichert im Agon

54 SEESSLEN (1979), S. 9 55 WOOD, Robin: An Introduction to the American Horror Film. In: NICHOLS, Bill (ed.): Movies and Methods. Volume II. Berkeley/Los Angeles 1985. S. 199 :>:>

mit dem Anderen das Überleben. Für die Zuseherlnnen eröffnet das Gezeigte zwischen Vorauswissen und Erschrecktwerden den Span- nungsbogen zwischen identifikatorischer Kontrolle und Lustangst am tabuisierten Abjekten. "In a sense, these films (Horrorfilme, Anm. M.S.) pose the collapse of the utility of the patriarchy's nature-culture binarism i.e. they appear on one level to erect that dualism as locatable, while on another they deconstruct the separation of its terms. In the end, the division between nature and culture collapses in the relationships between the mothers and the monsters." ^

Sozfokultureller Kontext Dieser Genuß am Spektakulären in der Kollabierung binärer Struktu­ ren verweist jedoch auf ein soziales Feld, das zu durchqueren ist, wenn sich Fragen nach dem Unheimlichen, nach repressiven Phanta­ sien und damit nach Identifikation und Identität - also Repräsenta­ tion - stellen. Aufgerufen werden damit soziokulturelle Kontexte, die unter dem Genre/dem Filmtext die Sphäre von Diskursen und Prak­ tiken jenseits des Kinos berühren. Der folgende Abschnitt themati­ siert die angesprochene Konstruktion des Körpers seitens der Psychoanalyse und stellt einen Bezug zum Film her. "What's the story, Mother" tippt auch "Alien"'s Captain Dallas in den Bordcomputer Mother. "Stories are material practices; boundary conditions are not just structuralist fantasies, but potent aspects of daüy life. Discourses are not only social products, they have fundamental social effects. They are modes of power. The life and human sciences are powerful actors in an age of bio-politics, in which the management of the efficiencies of bodies is a major constructive practice. Scientific discourses both bound and generate conditions of daily life for millions. To contest for origin stories is a form of social action." 57

56 BERENSTEIN, Rhona: Mommie Dearest. Alien, Rosemary's Baby and Mothering. In: Journal of Popular Culture. Volume 24. Fall 1990. S. 56 57 HARAWAY, Donna: Primate Visions. New York/London 1989. S. 289 56

Die Positionierung eines Zitates über "Science" deutet die Zusam­ menhänge an, die jenseits des Fiktionalen berührt und thematisiert werden, wenn über Science Fiction gesprochen werden soll. Mit dem Ende des utopischen Denkens zu "Beginn des 19. Jahr­ hunderts - das nach von Braun Idealvorstellungen entwirft, die von der Realität abstrahieren - können die Modelle der Science Fiction als Extrapolationen gegenwärtiger technischer Errungenschaften an­ gesehen werden. Oder, wie Seessien meint, beziehen sich seine dys- topischen Effekte auf die Verteidigung einer bestehenden Realität entgegen dem (humanistischen) Ethos der historischen Notwendig­ keit einer neuen Gesellschaft und eines neuen Menschen. 58 Christina von Braun hingegen betont vielmehr die Aktualität der (kühnen) Fiktionen des Science Fiction, die in zeitgenössischen Ma­ terialisierungen bereits ihren Ausdruck gefunden haben. Die Realisie­ rung dieser Phantasien verdankt sich der Assimilation von Technik und Kunst, die die Vorstellung des Gegensatzes zwischen Kunst und Natur verabschiedet, die Grenzen zwischen Leben und Tod neu de­ finiert oder die künstliche Herstellbarkeit des Körpers propagiert. 59 "Eben dies ist im 20 Jahrhundert evident geworden: es ist eine Mate­ rie "aus dem Kopf entstanden, eine Kunst-Natur, ein synthetischer Körper. Diese Materie, dieser Körper sind mehr als nur unterworfene Natur, beherrschte Materie. (...) Den entscheidenden Beitrag zur Schöpfung dieser künstlichen Materie lieferte die Kunst als Binde­ glied zwischen Körper und Idee, zwischen Abstraktion und sinnlich Wahrnehmbaren. Immer wieder wird die politische Bedeutung der Kunst geleugnet, als gelte es, ihre Macht über die gesellschaftliche

58 SEESSLEN (1980), S. 62 59 "Leben wird artifiziell produziert, Kunst und Natur scheinen im "telege­ nen" Körper, der in unserer Gesellschaft (mit Hilfe des technologischen Fortschritts) hergestellt wird, synthetisiert. ... Der "telegene"Körper ist ein Produkt unserer Gesellschaft, wenngleich die Werkstätten der Herstellung kaum noch zu verorten sind. Digitale Netzwerke kreieren Wesen, die ... per Bildschirm jederzeit - ob nun im Operationssaal oder im "Kunstlabor" - abrufbar sind. Stammen die Konzepte über Cyberspace oder Virtual reality aus Science-Fiction-Literatur und -Film, entspringt der "telegene" Körper den visionären Köpfen der Medienkünstlerinnen." LAMMER, Christina: Der "telegene" Körper. Ein Vergleich der postmoder­ nen Körperproduktion zwischen Kunst und Klinik. Unveröffentlichtes Ma­ nuskript. Wien 1996. 57

und politische Realität zu verbergen. Die Kunst hat schon längst zu­ stande gebracht, was die Wissenschaft noch für die Zukunft ver­ spricht: die Erschaffung des künstlichen Menschen." 6° Im Zeitalter von Biopolitik und der Informationsgesellschaft erhält dieses Sprechen über das "Anderswo" des im Science Fiction Imagi- nierten eine neue Bedeutung. Zeitgenössische Phänomene wie Transsexualität, Bodyshaping oder Schönheitsoperationen betreffen nicht nur die "Intelligibilität" des Körpers (derjenige, der geprägt ist durch wissenschaftliche, philosophische und ästhetische Diskurse), sondern auch dessen Nützlichkeit (praktische Regulationen, in denen der Körper trainiert und geformt wird, auf die er antwortet und denen er gehorcht) 61. Die Repressionshypothese (wie auch Wood, s.o., sie für den Horrorfilm entwirft) überschreitend, verweist Foucaults Konzeption des Subjekts - als in multiple mikro- und ma­ kropolitische Machtstrukturen eingebundenes - auf die spezifische Conditio der Modernen, die in der Überwindung einer auf dualen Oppositionen beruhenden metaphysischen Einheit beruht. Der Kör­ per als Zielscheibe der Disziplinierungs- und Kontrollmechanismen stellt dabei jene Ressource, dessen Materialität die Manipulation (der "gelehrige" Körper) und soziale Konstruierbarkeit stützt. Jen­ seits der Differenzen von Rasse, Klasse, Ethnizität, Lebensweise (und so weiter) erfordert die Lektüre von Körpern bzw. Verkörpe­ rungen erneute Aufmerksamkeit für die Konstruktion von Sex/Gender, insofern systematisch konzipierte Grenzen die Gültig• keit von Differenz limitieren. Anders ausgedrückt: Weder geht es um die "Befreiung" oder "Enttabuisierung" eines (vordiskursiven) "natürli­ chen" Körpers - wie die Repressionshypothese konstatiert; noch um eine historische Analyse von diskursiven Einschreibepraktiken, die auf ebendieser Grundlage eines unverfälschten Körpermaterials be­ ruhen. Körper existieren nicht als vorkulturelle, natürliche Objekte,

60 BRAUN, Christina von: Nicht ich. Logik, Lüge, Libido. Frankfurt am Main 1988. S. 380f 61 Diese Unterscheidung übernehme ich von Susan Bordo. BORDO, Susan: Unbearable Weight. Feminism, Western Culture, and the Body. Berkeley/Los Angeles 1993. 58

wiewohl Markierungen und Einschreibungen an ihnen sich abzeichnen - sie (bzw. ihre Intelligibilität) fungieren als Effekte der sozialen Kon­ struktion von Natur und Materie, so daß die historische Produktion von Körpern immer Körper von bestimmten Typen hervorbringt 62. Elizabeth Grosz begreift den Körper denn auch als Feld: "The specificity of bodies must be understood in its historical rather than simply its biological concreteness. ... Bodies can be represented or understood not as entities in themselves or simply on a linear continuum with its polar extremes occupied by male and female bodies but as a field, a two-dimensional continuum in which race (...) form body specifications." 63 Die obengenannten Achsen erfordern somit die Einbeziehung dis­ kursiver und sozialer Phänomene, die das Feld des Körpers insze­ nieren. Damit intendiere ich die Überschreitung einer nur den Film­ text ins Auge fassenden Analyse, möchte vielmehr die Verschrän­ kung und gegenseitige Beeinflussung diverser visueller Felder (z.B. in Medizin oder Druckmedien), die sich in Film- und andere Körper ein­ schreiben (vice versa) unter dem Gesichtspunkt einer Recherche nach der Frage von Geschlechtlichkeit kenntlich machen. Der Plot von "Alien" läßt sich so auch entziffern als Entfaltung eines "mate­ riellen" (gemeint ist hier: den Körper betreffenden) Gegensatzes, der

62 Ein Beispiel: Das Versprechen der Vielfalt an kulturellen Codes, die Teil­ nehmerinnen an virtuellen Gemeinschaften scheinbar offensteht, erweist sich als fatal. Zwar gilt die Wahl des Sexes/Genders als aufschlußreich, wenn eine Netzrepräsentation selbst gewählt werden kann, d.h. der fik­ tive Körper ist deutlich sexualisiert. Dennoch sehen die meisten Pro­ grammiererinnen lediglich männliche oder weibliche Positionen vor. "Wenn ein Körper erst kulturell lesbar wird, wenn er geschlechtlich mar­ kiert ist, dann ist es klar, daß die umgesetzten Fantasien in den virtuel­ len Welten in erster Linie die ihrer Programmiererinnen und Anwenderinnen sind. Und während in der Medienkultur (oder der Theorie, Anm. M.S.) die Grenzverwischung zwischen Menschen und Computer, zwischen männlich und weiblich enthusiastisch zelebriert werden, bleiben die "gender boundaries" seltsam unflexibel. ... Allerdings sind geschlechtliche Diffe­ renzierungen und damit Identitätssetzungen offensichtlich der einzige Orientierungspunkt in einer "world otherwise beyond our norms" geblie­ ben." ANGERER, Marie-Luise: alt.feminism/alt.sex/alt.identity/alt.theory/ alt.art. Über virtuelle Geschlechter. In: Springer. Hefte für Gegenwartskunst. Heft 2-3. Wien 1995. S. 34 63 GROSZ, Elizabeth: Volatile Bodies. Toward a Corporeal Feminism. Bloomington/Indianapolis 1994. S. 19 59

das Paradoxon des menschlichen Körpers betrifft. Innerhalb der Technophilie des Genres bezeichnet der Körper gleichzeitig men­ schliche Über- wie Unterlegenheit: da zum einen Maschinen die Kör­ per organisieren, andererseits jedoch Menschen diese Maschinen entwerfen und kontrollieren. Der Einbruch des Fremden vermittelt die Gegensätzlichkeit dieser simultanen Aspekte. Der resultierende Konflikt, der im Genos (dem Sex) sich zuspitzt, wird von Vieldeutig­ keiten beherrscht, die verschiedene Bilder von Weiblichkeit über die Körper der Protagonistin und das Monster legen. Die evozierte "un­ heimliche (da weiblich konnotierte) Sexualität" droht die Gruppe der Astronautinnen als Repräsentanten der Menschheit zu vernichten, deren Fortbestand sie gerade gewährleisten soll. Die Figur der FRAU steht damit auf dem Spiel: "Science Fiction (...) frequently envisages a new, revised body as a direct outcome of the advance of science. And when technology intersects with the body in the realm of representation, the question of sexual difference is inevitably involved. (...) A certain anxiety concerning the technological is often allayed by a displacement of this anxiety onto the figure of woman or the idea of the feminine. This has certainly been the case in the cinema, particularly in the genre which most apparently privileges technophilia, in Science Fiction." 64 Die im futuristischen Horror aktivierten Schaulüste und Abwehr­ reaktionen verweisen auf kathartische Grenzerfahrungen und ge­ mahnen damit an Freuds Konzeption des Unheimlichen 6S. Psycho- analytisch interpretiert, werden damit die Topoi von Todesangst, Phantasien von der Rückkehr in den Mutterleib oder Kastrations­ angst angerührt; sie bringen Vorstellungen über den weiblichen Kör­ per ins Spiel als einer Matrix, "auf der und mit der artikuliert wird" 66.

64 DOANE, Mary Ann: Technophilia: Technology, Representation, and the Feminine. In: JACOBUS, Mary; KELLER, Evelyn Fox; SHUTTLEWORTH, Sally (ed.): Body/Politics. Women, Literature and the Discourse of Science. New York/London 1990. S. 163 65 vgl. dazu meine Ausführungen in 3.2. 66 HEINZEL, Kathrin: Die Puppe, Der Junggeselle, Das Monster. Über verfüh­ rerische Maschinen. In: Ästhetik und Kommunikation. Verführung. Heft 80/81. Basel/Frankfurt am Main 1993. S. 55 60

Aufgerufen wird damit die Verflechtung von Weiblichkeitsimagines mit Phantasmen über Mütterlichkeit, die in ihren diversen Verkörpe­ rungen jene Schwelle inaugurieren, die intrauterines Dasein bannt, an und über die sich psychoanalytisch trianguliertes Denken und Spe­ kulieren jedoch ausbreitet. "Die Imago der archaischen Mutter stützt die Entwicklungen des Hor­ rorfilms und schwängert seine Atmosphäre." 67 Die Repräsentationen des Science Fiction entwerfen "Weiblichkeit" anhand von Körperimaginationen, die den Bogen spannen vom "Mannequin" (die Weiblichkeit Ripleys als hom(m)ologe Maskierung) zum "Monströsen" (verworfene, abjekte Inszenierung von Sex im Alien), sich jedoch stets des Phantasmas der Mutter bedienen, die als Matrix für ambivalente Verfahren fungiert, vermittels derer Sex/Sexualität/Gender konstituiert wird. Weiblichkeit und Monstrosität lassen sich aufeinander bezogen entziffern: "...denn durch die Ähnlichkeiten und Affinitäten, die der klassische Horrorfilm zwischen dem Monster und der Frau, zwischen "the beauty and the beast" herstellt, entsteht ein subversiver Effekt. Im Monster wird der Frau der Spiegel einer anderen, abweichenden Sexualität vorgehalten, gleichsam stellt diese andersartige Erschei­ nung in ihrer nicht-phallischen bisexuellen Form phallische Macht in Frage." 68 Die Aufspaltung von Weiblichkeitsimagines in Protagonistin und Monster kann so nicht nur als Eindämmung bedrohlicher Aspekte von Weiblichkeit, die deren Verschiebung und Projektion ins Mon­ ströse implizieren, gelesen werden. Vielmehr erhellt eine Rezeption, die das Spannungsverhältnis außerordentlicher, die Grenze markie­ render Körper oder Figuren ins Auge faßt, jene Verfahren, die eine

67 DADOUN, Roger: Der Fetischismus im Horrorfilm. Zitiert nach BRAUERHOCH, Annette: Mutter-Monster, Monster-Mutter. In: KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film. Horror. Heft 49. Basel/Frankfurt 1990. S. 21 68 BRAUERHOCH, Annette: Mutter-Monster, Monster-Mutter. In: KOCH et.al. (1990), S. 22 61

Geschlechterordnung installieren, die von der Kontingenz aktiver, weißer, heterosexueller Männlichkeit ausgeht. Oder, noch einmal ge­ gen den Strich gekehrt: obwohl diese Konzepte "andersartiger" Se­ xualität sich ableiten von bzw. im Verhältnis stehen zu Vorstellun­ gen idealer Männlichkeit, bieten Science Fiction Filmnarrationen (und "Alien" insbesondere) jenseits von Schaulust und Identifikation Dis­ kurse über Weibhchkeit an, die den Status der „FRAU"/der Protago­ nistin als "Subjekt" (begehrend, handlungstreibend) hinsichtlich von Sexualität und Reproduktion thematisieren. Als nicht-utopische Ima­ ginationen stellen sie Weiblichkeitsentwürfe vor, die normative wie ideale Vorstellungen über den weibhchen Körper entwerfen und prä­ gen. Diese problematisierten Vorstellungen werfen gleichzeitig ein Licht auf andere (nichtfilmische) Kontexte, insofern diese Imagina­ tionen rückgebunden werden können an gegenwärtige diskursive und materielle Praktiken von Wissenschaft, Technologie und Kunst.

3.6. Das gestörte Dreieck " Lange Zeit danach wanderte ödipus, alt und geblendet, auf den Straßen. Er roch einen bekannten Geruch. Es war die Sphinx, ödipus sagte, "Ich möchte Dir eine Frage stellen. Warum habe ich meine Mutter nicht erkannt?" "Du hast die falsche Antwort gegeben" sagte die Sphinx. "Aber das war es, was alles möglich machte", sagte ödipus. "Nein", sagte sie. "Als ich fragte, was steht am Morgen auf vier Beinen, am Mittag auf zweien und am Abend auf dreien, antwor­ tetest Du, Man(n). Von einer Frau hast Du nichts gesagt." "Wenn man Man(n) sagt", sagte ödipus, "schließt das auch die Frauen ein. Jeder­ mann weiß das." Sie sagte, "Das denkst Du." 69

Kinogeburten Wie die ausgewählten feministischen Interpretationen, in deren Zen­ trum die Aufsprengung der Institution der Kleinfamilie steht, zeigen, rühren die Narration und die visuelle Gestaltung von "Alien" vor allem an Vorstellungen von Geschlechtlichkeit (sex/gender) sowie an Her-

69 RUKEYSER, Muriel: Myth. Zitiert nach DE LAURETIS, Teresa: ödipus Interruptus. In: KOCH et.al. (1990), S. 25 62

kunftsphantasien. Inwieweit diese normativen Konzepte Ergebnisse historischer Veränderungen sind bzw. welche öffentlichen Imagines die auf politischer und wissenschaftlicher Ebene stattfindenden Pa­ radigmenwechsel begleiten, soll im folgenden dargelegt werden. Die Kontamination ödipaler Szenarien bleibt vor allem auf der Ebene visueller Repräsentation nicht folgenlos. Ende der 60er Jahre, darauf weist Vivian Sobchack 7° hin, ereignen sich in Kinofilmen zwei entscheidende Geburten: in Roman Polanskis (Horrorfilm) "Rosmary's Baby"(1968) gebiert eine Frau das Baby eines Teufels; in Stanley Kubricks (Science Fiction) "2001 - Odyssee im Weltraum" (1968) resultiert die atemberaubende Zeitschleife in der Konfrontation des Protagonisten mit seinem Selbst als Baby. Die Einführung von Kindern als neuen "dramatis personae" weist zum einen auf die Krise amerikanischen Zeitgeistes hinsichtlich des Zu­ sammenbruchs traditioneller Werte- und Rollenvorstellungen (ausgelöst durch Vietnamkrieg, Popkultur, Frauenbewegung etc.) hin - "A man's home in bourgeois patriarchal culture is no longer his castle." 71 - und führt andererseits im Kinokontext zur Konvergenz der Genres von Science Fiction, Horror und Familienmelodram . Die kulturelle Bedeutung des Kindes, das bisher mit Transparenz, Unschuld und Reinheit konnotiert war, erfährt im Kontext der eben­ falls in Mitleidenschaft gezogenen Mitglieder der Kleinfamilie eine radikale Umdeutung. "As figures, these children coalesce, condense, embody, enact and transform the text, cause its trouble, and are themselves transformed through their textual work: adjusting the system of representation and the demands of the psyche and culture each to the other. In their most vital work, such figures are "more than shortcuts by way of association and substitution; they have the

70 SOBCHACK, Vivian: Child/Alien/Fa then Patriarchal Crisis and Generic Exchange. In: PENLEY, Constance; LYON, Elisabeth; SPIGEL, Lynn; BERGSTROM, Janet (ed.): Close Encounters. Film, Feminism and Contemporary Science Fiction. Minneapolis/Oxford 1993. 71 SOBCHACK (1993), S. 4 63

power to disrupt the relation of context to sign and reorient not only the discursive event but the system itself which will never be the same afterwards." 72 Diese "neuen, horriblen" Kinder symbolisieren die Apokalypse vom Ende der Kindheit und werden (wie im klassischen Kino ansonsten die „FRAU") auf der Leinwand zum problematischen Zeichen. Ver­ antwortlich für die Ab/Entwicklung der Narration, verweisen sie auf den Kontext des Krisenherdes und bebildern damit jene Krise des Patriarchats, die traditionelle Vorstellungen von Männlichkeit bzw. Väterlichkeit problematisiert. 73 Damit schreiben sich auch die Monstren nicht mehr im Jenseits (der Zivilisation, der Erde) ein, sondern im Kontext des Familialen - kurzum, die Familie gerät zum devianten Monster oder bietet den Entstehungsherd des Monströsen. 74

Der "öffentliche" Fötus Eine Ergänzung, die zeitgleich mit der Erschütterung der nuklearen Familie 75, bzw. dem cineastischen Eintritt des Babys sich ereignet und als deren Ergänzung interpretiert werden kann, bildet das ebenso diskursprägende Imago des "öffentlichen Fötus" des schwedischen biomedizinischen Fotographen Lennart Nilsson.

72 SOBCHACK (1993). S. 5 73 Filmbeispiele der familialen Krisenherde: Carrie:, Der Exorzist, Kramer ge­ gen Kramer, Shining, Der Terminator usw. 74 Exemplarische Filmbeispiele der Familie als Brutstätte des Bösen bilden auch Steven Spielbergs Filme der 80er Jahre. 75 "Nancy Armstrong, a feminist critic, has claimed that "the most powerful household is the one we carry around in our heads". Yet even the desiring bodies of its members seem to be less and less sites of family: these days, the drift of desire is such that household members are only playing at Oedipus, convincing fewer and fewer people. The Oedipal nar­ rative of Mommy-Daddy-Me, or better still of the Phallus, isn't faring well lately. REID, Roddey: "Death of the Family," or, Keeping Human Beings Human. In: HALBERSTAM, Judith; LIVINGSTON, Ira (ed.): Posthuman Bodies. Bloomington/Indianapolis 1995. S. 192. Sie zitiert Nancy ARMSTRONG: Desire and Domestic Fiction: A Political History of the Novel. New York, 1987. S. 251 64

Time Life, April 196 5 Nilssons Foto eines 18 Wochen alten Fötus in einer Fruchtblase "er­ schuf" in der Aprilnummer des Life-Magazins 1965 das Imago des sichtbaren, öffentlichen Fötus. Die gezeigte Fotoserie erhielt welt­ weite Bedeutung, die das Ergebnis gezielter Vermarktung angesichts des breiten öffentlichen und politischen Interesses war. "Das Wettrennen der männlichen Samen um die Penetration des Eies wurde schon 1965 für Millionen Menschen durch Lennart Nilssons Fotographie beglaubigt. (...) Auch der Fötus auf dem Titelbild von 1965 enthüllt Weltbedeutung. Ganz allein schwebt er im Raum. Er ist ein Homunculus, der den Prototyp des beziehungslosen Individuums repräsentiert, denn wie ein Astronaut hängt er in seiner Kapsel und ist nur durch die Nabelschnur am Versorgungssystem der Plazenta angeschlossen." 76 Die Vermarktung des Fötus als gleichzeitig persönlicher wie wissen­ schaftlicher Erfahrung beschleunigt den Prozess der Sichtbarma­ chung des bislang Verborgenen. Entlang dieser Achse verlief auch die massenmediale Rezeption dieser "Entdeckung" - die Sichtbarma­ chung des Fötus geriet zum Schauobjekt, der als Emblem der Abtreibungsgegnerinnen ebenso fungiert, wie als Werbeträger.

76 DUDEN, Barbara: Der Frauenleib als öffentlicher Ort. Hamburg/Zürich 1991. S. 29 65

Nilssons Fotographien werden damit gleichzeitig als Kunstwerk, wissenschaftliche Illustration, Forschungsinstrument und als popu­ läre Massenkultur wahrgenommen 77. Der wissenschaftliche Charak­ ter von visuellen Technologien wird mittels dieser Imagines zwar säkularisiert (Etablierung von Intelligibilität, massenmediale Verbrei­ tung), gleichzeitig aber zur Ikone erhoben. Babara Duden analysiert die ideologische Einbindung dieser Imago als Schlüsselrepräsenta­ tion, die (metonymisch) Konfigurationen von Person, Familie, Nation, Ursprung, Herkunft, Wahl, Leben und Zukunft konnotiert: als Sacrum (technowissenschaftliches Sakrament) bezeichnet, fungiert dieser "öffentliche Fötus" als Objekt, in dem sich Transzendenz manife­ stiert. Oder, wie Haraway ausführt:

"The visual image of the fetus is like the DNA double helix - not just a signifier of life, but echo offered as the thing-in-itself. The visual fetus, like the gene, is a technoscientific sacrament. The sign becomes the thing itself in ordinary magico-secular transubstantiation." 78

Die Bilder hübsch ausgeleuchteter Föten verweisen auf die Dispute, die sich an dieses neue Objekt des Wissens binden. Damit signifi- ziert der Fötus "das Leben selbst". Die ideologische Wirkungsweise der Fotos, so Haraway weiter, beruht auf der Illusion der Materialität des Fleisches; darin, daß die sinnliche Qualität der Berührung in die visuelle Gestaltung eingeht. Innerhalb einer technowissenschaftli­ chen visuellen Kultur birgt diese Imago das Versprechen auf Natür­ lichkeit und Verkörperung. Der Bildkommentar in Time Life lautete denn auch:

Zur Vermarktung: 1965 erschien "Drama of Life before Birth", 1977 das uuuBuchi "A Child Is Born", 1983 die Fernsehsendung "The Miracle of Life", 1987 das Buch "The Body Victorious" (Föten und Immunsystem), 1990 ein Artikel sowie das Coverfoto "The First Picture Ever of How Life Begins" in Time Life (mittlerweile auch als Compactdisk erhältlich). 78 HARAWAY, Donna: The Virtual Speculum in the New World Order. Abstract for the Conference on "Revisioning Women, Health and Healing: Feminist Cultural and Technoscience Perspectives." October 1995. Unpublished Paper. S. 6 66

"Dies ist das erste Portrait, das je von einem lebenden Embryo im In­ neren des mütterlichen Schoßes aufgenommen wurde. Es ist eines von noch nie dagewesenen Farbfotos, die überraschend vollständig in ihren klinischen Details sind und gleichzeitig eigenartig schön - menschliche Embryonen in ihrem natürlichen Zustand." 79

Zynischerweise zeigt sich bei dekonstruktiver Analyse des Co-Tex- tes der konstruierte Charakter von Nilssons Fotographien. Er ent­ hüllt die Tatsache, daß die Photographien von autopsierten Embryo­ nen stammen.

"Was hier zusammengestellt wurde, um Leben zu simulieren, ist ironischerweise - Tod." 8° Im Zeitungsartikel wird zur Konstruktion der Autonomie des Fötus dessen Herkunft aus dem bzw. und Bezogenheit auf den Mutterleib nicht angesprochen, wiewohl auf diesen abwesenden Körper mit dem Begriff der "Mutter" referiert wird. In Nilssons Folgeserie von 1990 ereignet sich eine weitere Abnabelung der Mutter-Kind- Situation: Körperteile wie Nabelschnur oder Plazenta fehlen völlig. Die bildkommentierenden Texte betonen die unterschiedlichen Blutkreisläufe von Mutter und Kind, wobei die Plazenta lediglich als "Modem" zur Kommunikation funktionalisiert wird.

Die von Nilsson initiierte Beschleunigung des Prozesses der De- mystifizierung des Uterus bewirkt in ihrer Konzentration auf die Entdeckung des Embryos die Ausblendung der existentiellen Ver­ bindung zwischen schwangerer Frau und Foetus und resultiert daher in der Elimination der Frau im reproduktiven Diskurs. Im Zuge ihrer Entsubjektivierung und repräsentativen Reduktion zum "mütterlichen Umfeld", zum bloßen Gefäß, wird dem "autonom" imaginierten Foetus zusehends Subjektcharakter zugebilligt.

79 STABILE, Carol: Shooting the Mother: Fetal Photography and the Politics of Disappearance. In: TREICHLER, Paula; CARTWRIGHT, Lisa (ed.): Camera Obscura. Imaging Technologies, Inscribing Science. Number 28. Bloomington 1992,. S. 183 80 STABILE (1992), S. 183 67

"Man könnte den Fötus als einen Astronauten in einem uterinen Raumschiff begreifen." 81 Seitens der Institutionen binden sich an diesen Topos die Investments in pränatale Medizin wie Diagnostik, Operationen und vorgeburtliche Geschlechtsbestimmung und die Entstehung der Gen- und Reproduktionstechnologien (künstliche Befruchtung, IVF, Leihmutterschaft etc.). Weitergehend tauchen auf der Ebene der Ju­ stiz Debatten um den legalen Rechts/Subjektstatus des Foetus sowie der Abtreibung auf.

Damit beschleunigen Nilssons weltweit prägende Imagines die fortschreitenden Prozesse der Entkoppelung von Zeugung, Schwan­ gerschaft und Geburt - begleiten also die brüchig gewordenen Rol­ lenmodelle bzw. die Krise der Kleinfamilie (real wie imaginär im Kino, s.o.) - und münden in die phantasmatischen Verfahren der Gen- und Reproduktionstechnologien: Die Enthüllung intrauterinen Lebens be­ dingt nicht nur paradigmatische neue Ein- und Zuschreibungen für die Körper von Frauen, sondern nimmt radikale soziale Veränderun­ gen der Konzepte über das Subjekt "FRAU" vor ®. Durch diese Dis- kursivierung befördern der öffentliche Foetus als Repräsentation und medizinische Techniken wie diejenige des Ultraschallbefunds als Körpertechnik die Übernahme von Interpretationen und Intelligi- bilität der visuellen Repräsentationen insofern, als beispielsweise das Foto der Ultraschallaufnahme zum "Beweis" einer "schwangeren" Körpererfahrung ^ führt. Umgekehrt bewirkt die massenmediale Verbreitung die Suggestion einer "kindlichen Gestalt", die in vorge­ burtlich vermessenen Organismen wahrzunehmen sei. Diese Intelli- gibilität von Ultraschallbildern wird gezielt für ein „social bonding" eingesetzt, etwa zur Motivation von Frauen, die sich einer In-Vitro- Fertilisation unterziehen oder bei Frauen, die die Zwangsberatung im

°1 Abtreibungsgegner Thomas Ford, zitiert nach DALY, Mary: Gyn/Ökonolgie. Eine Metaethik des Radikalen Feminismus. München 1980. S. 80 °2 z.B. in den Varianten der Abtreibungsdebatte 83 DUDEN (1991), S.28 68

Fall einer (unerwünschten) Schwangerschaft in Anspruch nehmen. Die Introjektion ideologischer Bedeutungsvermittlung, die sich an vi­ suelle Darstellungen knüpft, bezeichnet Duden auch als "misplaced concreteness", "Konkretion am falschen, am ver-rückten Ort" M.

Das durch Nilsson ausgelöste massenmediale Interesse an einer Darstellung des Nicht-Sichtbaren, Verborgenen etabliert durch die neuen Sicht- und Repräsentierbarkeitskriterien ihrer Imaging-Techno- logien neue Orte der Macht. Die Fusion von Technik/Kunst und Na­ tur/Materie in den Repräsentationen speist sich von wechselseitiger Beeinflussung fiktionaler und naturwissenschaftlicher Bilder, die wei­ tergehend durch ihre breitenwirksame Rezeption für Ausdifferenzie­ rungen wie Verschlüsselungen der Intelligibilität von Körpern dienen. Ästhetische, rechtliche und medizinische Diskurse gewährleisten via ihrer visuellen Repräsentationen die Codierung (betreffend den Be- ziehungs- und Subjektstatus) und die Disziplinierung (sei diese nun therapeutisch, diagnostisch oder überwachend) von Körpern.

Visuelle Technologien ermöglichen also nicht nur den Blick auf et­ was, sondern sie strukturieren gleichzeitig die Art und Weise der (subjektiven wie gesellschaftüchen) Wahrnehmung, bzw. die Art der Aufnahme des Objektes.

"Technologies themselves do not peer; they are instruments and relations that facilitate or obstruct, but above all, construct "peering," indeed, instruments and relations that do not simply uncover meaning, but inscribe and enforce it. likewise, "peering" is not itself a benign, impartial, disinterested or disembodied activity, but is both mediated and situated within interpretive frameworks, points of view, and sets of purposes - how else is the body "revealed", read, or made legible to an observing eye? What we see is inseparably linked to and utterly dependent upon how we see." 85

84 DUDEN (1991), S.30 8^ HARTOUNI, Valerie: Fetal Exposures: Abortion Politics and the Optics of Allusion. In: TREICHLER, Paula; CARTWRIGHT, Lisa (ed.): Camera Obscura. A Journal of Feminism and Film Theory. Imaging Technologies, Inscribing Science 2. Number 29. Bloomington 1992. S. 143 69

Die von den visuellen Technologien repräsentierten Darstellungen von Verkörperung können so auch als Figurationen gelten, insofern sie als performative Bilder wirken, die "bewohnt" werden können. Damit ist nicht nur die Funktion des öffentlichen Fötus als Sacrum angesprochen; vielmehr läßt die Bedeutung solcher Repräsentatio­ nen den Rückschluß zu auf Hoffnungen, Wünsche, Auseinanderset­ zungen etc., die sich an die Bedeutungsproduktion der Sichtbarma­ chung und Veröffentlichung (den Körpern/Organismen kommt der Status eines Agenten für die Öffentlichkeit zu) sowie die Interpreta­ tionen des vorliegenden Bildmaterials heften. Die Grenzen zwischen Natur und Kultur, zwischen Technologie und Materie, zwischen Wissenschaft und populärer Kultur erweisen sich damit als obsolet. Haraway bezeichnet die Reduktion kom­ plexer Lebensverhältnisse, die in bestimmten Figurationen gerinnen 86 als "theater of origin" 87. Die Repräsentationen lassen sich ent­ ziffern als topographische Raster, die den Ursprung von Leben innerhalb einer postmodernen Welt bezeichnen. "In art, literature and science, my subject is the technology that turns body into story, and vice versa, producing both what can count as real and the witnesses to that reality." ** Zum Film zurückkehrend möchte ich die aufgeworfenen Argumente nochmals kurz zusammenfassen: Die durch die historischen Zeit­ strömungen ausgelöste Krise der Kleinfamilie (veränderte Ge­ schlechtsrollenkonzeptionen, veränderte Lebensbedingungen), die nun nicht mehr als dominante Lebensform fungiert, problematisiert die Zuverlässigkeit der bislang verbindlichen Familienromane. Her­ kunftsgeschichten oder -phantasien funktionieren nicht mehr bruchlos im triangulierten Familiensetting. Frauenbewegung, das Civil Rights Movement (etc.) etablieren neue Subjekte der Politik und des Begehrens; insofern damit ein traditio-

°6 weitere Beispiele bilden die Darstellung des (blauen) Planeten Erde - der ebenso wie der Fötus "Leben" signifiziert oder der (Bruder) Baum, der als Metapher für Umwelt und Ökologie gilt. 87 HARAWAY (1995), S. 8 88 HARAWAY (1995), S. 8 70

nelles Verständnis von Kultur (begriffen als Selbstsetzung, in der Subjekte sich eine Geschichte geben) in Frage gestellt wird, muß auch das Thema der Generativität neu verhandelt werden. Das Phan­ tasma der Mutter ist somit stets als historisch situiertes zu be­ greifen. Im Mainstream-Kino verweist die Setzung von (schuldigen) Kindern als Protagonisten innerhalb von Filmnarrationen auf diese Tranfor­ mationsprozesse. Zeitgleich mit der Sichtbarmachung (der zerrütteten Kleinfamüie) ereignet sich eine, durch die visuellen Technologien beschleunigte, Aufspaltung der bislang unangetasteten Mutter-Kind-Dyade vor al­ lem durch die öffentliche Ausstellung des Fötus. Die diskursive Focussierung dieses Wissensobjektes beschleunigt die Auflösung der Fusion von schwangerer Frau und Embryo und befördert damit zum einen wechselnde Konzeptionen des Subjektstatus der „FRAU"/von Frauen (ihre Betroffenheit als Agentinnen), sowie der Geschlechterdifferenz. Gemeinsam ist den Prozessen von Fiktion (Kino) und Naturwis­ senschaft (Screenings) die Revision von Herkunftsphantasien: Science Fiction behandelt Fragen nach dem Wesen des Menschen und seiner Herkunft; die Imaging-Bilder medizinischer Technologien inszenieren diesen Topos an anderer Front m. Die Inszenierung eines "Anderswo" (im Weltraum, auf einem frem­ den Planeten etc.) erlaubt kaum Verweise darauf, wie das Leben auf der Erde organisiert ist, beispielsweise hinsichtlich der Reproduk­ tion der Gattung. Diese nur scheinbar stattfindende Entsexualisie- rung (die eine Indifferenz von Männlichkeit und Weiblichkeit, bzw. von Reproduktion und Generativität vorgibt) verschiebt diesen Bereich auf die Konfrontation mit dem Fremden. In "Alien" erweist sich diese Projektion als signifikant, da durch die Verkörperung

Das Rekurrieren auf Herkunftsmythen (des Science Fiction) das argumen- tativ verdeckt bleibt, mag auch als Beweis dafür dienen, warum die Le­ gende abgebildeter Embryonen (mit und ohne Fruchtblase, respektive "mütterliches Umfeld") so oft mit der Situation von Astronauten vergli­ chen wird. 71

einer Heldin, deren mütterliche Attribute sich auf Fürsorglichkeit beschränken, sowie der generativen Exzesse seitens des monströsen Ortes/Körpers besonders augenfällig werden. Ripleys kulturelle Konnotationen (angespielt wird auf eine Entfremdung von ihrer weibhchen "Natur") werden durch die sexuellen Metamorphosen von Alien scharf konturiert und verweisen gleichzeitig auf die famihalen Entkoppelungen. 4. FILMANALYSE

4.1. Ueportung Dieses Kapitel widmet sich der Analyse bzw. Interpretation des Films "Alien". Die traditionellen Rezeptionen, die sich zumeist auf ein filmtheoretisches Analysekonzept beziehen, greifen m.E. zu kurz, um die angebotene Vieldeutigkeit narrativer und visueller Codes aufzuzeigen, bzw. ihre Verflochtenheit gut zu vermitteln. Meine Vor­ gangsweise verläuft entlang von zwei Strängen: zunächst erfolgt eine dekonstruktive Relektüre des Spielfilms, indem die Begriffe des Monströsen und Obszönen als Folie appliziert werden, um der Frage nach der Inszenierung der unterschiedlichen Konstruktionen von Sex nachzugehen, bzw. sie in ihren Verschiebungen auf narrati­ ver und visueller Ebene nachzuweisen. Im zweiten Teil soll das Heranziehen unterschiedlicher filmtheoretischer Ansätze l die Posi­ tionierung verschiedener Figuren erneut deutlich machen.

Im Zentrum meines Ansatzes steht die Frage nach der Inszenierung von Generativität. Die vermeintliche Aufspaltung dieses Phänomens (als Dialektik von Aussparen bzw. Hypervisibihtät 2) sehe ich in der

Gemeint ist die Analyse der Beziehungen der Crew vor dem Hintergrund einer masochistischen Filmästhetik (Deleuze); die Inszenierung von Weißheit als Decouvrierung des (sexistischen) Rassismus (v.a. Dyer), so­ wie Clovers Analyse der Heldin als "Final Girl". CLOVER, Carol: Men, Women and Chainsaws. Gender in the Modern Hor­ ror Film. Princeton 1992. DELEUZE, Gilles: Sacher-Masoch und der Masochismus. In: SACHER- MASOCH: Venus im Pelz. Frankfurt am Main 1980. DYER, Richard: Weiß. In: BRAUERHOCH, Annette; KOCH, Gertrud; LIPPERT, Renate; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film. Ethnos und Geschlecht. Heft 54/55. Frankfurt am Main 1994. Die Bilder/Figuren wirken performativ, insofern damit bestimmten Agen­ ten Existenz zugestanden wird, Geschichte(n) aufgerufen werden, die sowohl für die Konstellation der Figuren innerhalb des Filmes wie für die Rezipientlnnen bestimmte Bedeutungen tragen. Beispielsweise focussiert Donna Haraway in ihrer analytischen Gegenüberstellung des "öffent­ lichen" Fetus versus der nicht-repräsentierten Favela-Babies (dem repro­ duktiven Müll, der keine Chance auf Leben erhält) die fehlenden Reprä­ sentationen, diejenigen, die aufgrund eines abgewandten Blicks nicht in Erscheinung treten und damit auf politischer Ebene keine Lobby erhalten. "Quite the contrary, the missing images, and what they represent, are precisely contemporary with and embedded in the same networks as the 73

unterschiedlichen Sexuierung der Protagonistin und des Monsters repräsentiert. Durch die kurzfristige Applikation der Begriffe des Monströsen auf das Alien (das auf die Exzessivität des Alien­ körpers bezogen wird) und des Obszönen auf die Protagonistin (Sexualität ist im Science-Fiction obszön - die androgyne Sterilität Ripleys betont diese Aussparung), kann eine erste Schicht von Bedeutungsproduktion freigelegt werden. Insofern beide Figurationen (auch in ihrer Verdeckung) innerhalb des Topos der Generativität agieren, eröffnet ihre Zusammenschau die tabuisierte Verflochtenheit beider Konzeptionen, die weitergehend in einer Re­ vision des Begriffs des Obszönen mündet. Die Bedeutungsproduktion von Sex und Sexualität werde ich hin­ sichtlich der Verhältnisse der übrigen Personen des filmischen Set­ tings explizieren. Damit soll verdeutlicht werden, in welchem Aus­ maß und durch welche Verfahren die Konstruktion von Sex bzw. die Konstruiertheit desselben angelegt wird. Die gewählte Vorgangsweise verläuft nicht linear, dennoch schien es die geeignetste Methode, um den komplexen Verflechtungen der Filmfiguren nachzugehen.

Jenseitige Ursprungsphantasien Zwei unterschiedliche feministische Historisierungen der Geschlech­ terverhältnisse, bzw. die flapsige Koppelung ihrer Buchtitel "Von der sexuellen Rebellion zur Gen- und Reproduktionstechnologie" 3 und "Der Einbruch des Wohnzimmers in der Fremde" 4 werden von mir

all-too-visible, on-screen fetal data structure. ... It is the mode of presence and absence that changes for differently positioned citizens in technoscientific public reproductive visual culture, more than absolute presence or absence. The visual icons of hungry infants do not perform the same semiotic work as the icons of the highly cultivated on-screen fetuses " HARAWAY, Donna: The Virtual Speculum in the New World Order. Vortrag der Konferenz "Revisioning Women, Health, and Healing." Oktober 1995. Unveröffentlichtes Manuskript. S. 30/31 TREUSCH-DIETER, Gerburg: Von der sexuellen Rebellion zur Gen- und Re­ produktionstechnologie. Tübingen 1990. In: BRAUN, Christina von: Die schamlose Schönheit des Vergangenen. Zum Verhältnis von Geschlecht und Geschichte. Frankfurt am Main 1989. 74

benutzt, um jene (scheinbar gegenläufigen) Tendenzen zusammen­ zufassen, die einerseits die phallogozentrische Besetzung des/der Anderen imaginieren, andererseits aber die Entkoppelung von Ge­ schlecht, Zeugung und Geburt feststellen. Die Konzentration auf die Inszenierung von Sexualität, die unterschiedlichen Verfahren und Projektionen, die sich nicht nur auf menschliche Körper allein bezie­ hen, bedingen vielmehr, "Alien"'s dystopische, fortschrittskritische Ambitionen weniger im genrekonventionellen Raster der Space Opera 5 ansiedeln - und damit einmal mehr die filmische Installation des autonomen Subjekts vor einem regressiv hingegebenen ZuschauER zu zelebrieren. Vielmehr scheinen mir die diversen Ka­ merafahrten und -einstellungen weniger die "unendliche Weite des Weltraumes" denn eine klaustrophobische Enge und somit ein "Wohnzimmer" vorzugeben, bzw. darin jenen Ort zu imaginieren, der zur erneuten Inszenierung des Skandalons von Generativität und Prokreativität dient. Die schon erwähnte Behandlung von Ursprungs­ phantasien im Jenseits der Erde erweist sich als nicht folgenlos für die Darstellung von Sexualität. Oder, wie Sobchack meint:

"Science fiction films are full of sexually empty relations and empty of sexually full ones. In concert with this narrative de-emphasis on human sexuality and women, biological sexual functions - intercourse and reproduction - are avoided in their human manifestations and, instead, displaced onto mutant and alien life forms and into technological activity." 6

Das Rätsel

Die erste Einstellung des Films ist dem dunklen, verheißungsvollen Blick in die Unendlichkeit des Weltraumes gewidmet. Vor der Sil­ houette eines fremden Planeten erscheinen Schriftzeichen, die sich allmählich zum Filmtitel "Alien" formieren. Nach Ablauf des Vorspanns erfolgt durch den Schnitt eine längere

•> PALM, Michael: der Weltraum - unendliche weiten, der leere räum und science fiction kino. In: Karl SIEREK (Hg.): filmtheorie und. Wien 1991. 6 SOBCHACK, Vivian: The Virginity of Astronauts. In: KUHN (1990), S.105 75

Kamerafahrt im Inneren eines Raumschiffes entlang von Korridoren bis zu einem Raum mit Schlafkammern.

Der Korridor im Raumschiff Diese ersten beiden Einstellungen vermitteln eine Atmosphäre von Ruhe, in der jedoch Außenwelt und Rauminneres einander ge­ genübergestellt werden: dunkel und unheimlich versus hell und heimelig. Dieses Ambiente einer geordneten Welt an Bord wird jedoch mit der nächsten Einstellung durch das Aufscheinen eines Funksignals unterbrochen. Von den Crewmitgliedern als "Rätsel" bezeichnet und ebenso ambivalent als Warnung oder Hilferuf decodiert, markiert es einen Ausgangspunkt der Filmerzählung und erlaubt folgende Assoziationen: Das Funksignal kann als instrumentell vermittelte Collage begriffen werden, die mittels der Visualisierung eines Ge­ räusches Wirklichkeit konstituiert; nicht Sehen, sondern dessen vi­ suelle Repräsentation bezeichnet also das Rätsel. Gleichzeitig kann diese Eröffnung als Reflexion des kinematographischen Apparates interpretiert werden, als Anspielung auf die Position der Zu­ schauerinnen, ihre Erwartungen in Bezug zu ihrer Schaulust, ihre Be­ reitschaft zum Genuß der Genrekonventionen wie Gewalt und Mon­ strosität, als Antizipation des in Szene Gesetzten. Weitergehend kann das Funksignal sogar als analoge Spielart des visualisierten Geräusches des Ultraschallgerätes gelesen werden - als weiterer impliziter Hinweis auf das zu verfolgende Phantasma der Mutter? "Nicht das Abhören von Tönen lieferte Nachricht, sondern die Auf­ nahme des Echos einer unerhörten Beschallung von außen. Je nach Dichte des Gewebes wird dort, wo es von der Schallwelle getroffen wird, ein Echo von verschiedener Stärke zurückgeworfen. Dieses 76

Echo wird elektronisch in unterschiedliche Maßstäbe verziffert. Je­ der Meßwert wird in einen Grauton umgesetzt, und aus winzigen Quadraten dieser Grautöne entsteht das Mosaik." 7 Nicht um das Rätsel geht es vorderhand, sondern durch sein Er­ scheinen wird eine Erzählung ausgelöst, die im Konflikt zweier un­ terschiedlicher Körper (des Monsters Alien und der Heldin Ripley) im finalen Show-down mündet. Diese beiden außerordentlichen Körper bestimmen das Geschehen, sie werden angesehen und begehrt und zeichnen sich durch ein "Zuviel" bzw. "Zuwenig" an Körper aus - so man vom Standpunkt sexueller Differenz, die auf dem Konzept normativer Männlichkeit basiert, ausgeht 8.

Neben der Gegenüberstellung dieser beiden Figuren, die auch als Stellvertreter zweier Genres gelten können, möchte ich für diese Körper versuchsweise die Begriffe des Monströsen (bezogen auf das Monster Alien) und des Obszönen (bezogen auf die Protagoni­ stin Ripley) applizieren, um so eine erste Lesart für den Film "Alien" anzugeben. Unterstützt wird dieses Vorgehen auch von der Varianz des Films hinsichtlich seiner Zuordnung (bzw. der seiner Stoffe, des Mobiliars etc.) zu den Genres des Horros und/oder SF. Damit wird

7 DUDEN (1991), S. 40 8 Christina von Brauns Analyse einer Zivilisationsdynamik, die sich durch Auslöschung und Verdrängung von Sterblichkeit auszeichnet, bedient sich des Phänomens der Hysterie als Folie, von der ausgehend die Verfahren des Logos zu entziffern seien. Das folgende Zitat über die Symptomatik der Hysterie mag auch als Beispiel für die Bezogenheit der angespro­ chenen exzeptionellen Körper gelten und ebenfalls einen Vorausblick auf die Bedeutungskonnotationen eines "Zuviel" bzw. "Zuwenig" an Körper­ lichkeit. "Im großen und ganzen lassen sich die Symptome der Hysterie in zwei Kategorien einteilen: jene, die ein Mehr an Körper und jene, die ein Weni­ ger an Körper produzieren. Zu den ersten beiden Kategorien gehören etwa e pile spie ähnliche Anfälle, Krämpfe, Erstickungsanfälle, Kopfschmer­ zen, Übelkeit, Schwind elanfälle, Scheinschwangerschaften. Zu der zwei­ ten Kategorie der Symptome, die ein Weniger an Körper einführen, gehört der Verlust der Empfindungsfähigkeit, wie bei der Frigidität oder der Anästhesie der Haut, der volle oder partielle Verlust des Sehvermögens, des Gehör- oder Geruchssinns... . Denn die Symptome der Körperverwei­ gerung sind letztlich nur eine besonders intensive Form, den Körper ins Bewußtsein zu rufen - durch die Betonung seiner Abwesenheit. (...) "Die Amnesie der Verdrängung", so sagt Jacques Lacan, "ist eine der lebendig­ sten Formen des Gedächtnisses." BRAUN (1988), S. 28f 77

der Gestus des Zeigens bzw. Ausstellens an das Monster Alien im Kontext naturhafter Bilder gekoppelt; weiters die Elemente des Science Fiction, angesichts der Verdrängung sexueller Topoi unter dem Primat von Fortschritt und Rationalität, dem Obszönen zuge­ ordnet.

4.2. Über das Monströse •Monstren • Etymologisch heut das Lebewesen oder Sachen, die des Zeigens wert sind." (Hebel FoucauR) Das etymologische Lexikon 9 gibt unter "monstrum" an: Mahnzeichen Ungeheuer, furchterregendes Fabelwesen; abgeleitet von "mon- strare" zeigen, hinweisen. Zum Wortstamm gehörig auch die "Mon­ stranz" als das zeigende Gefäß und das "Muster" als nachahmens­ wertes Vorbild 10.

"Monsters share more than the word's root with the verb to demonstrate"; monsters signify." n

Modelle des Monsters

9 DUDEN. Das Herkunftswörterbuch. Mannheim/Wien/Zürich 1989. 10 Vgl. dazu Neda Bei: "Auch das Wort Ungeheuer ist ein Wort, das als Marke der Verdrängung gelesen werden kann. Mit deutlichen Parallelen zu geheim/heimlich im Sinn von: zum (gleichen) Haus gehörig hat geheuer bedeutet: der gleichen Siedlung angehörig; es wird von einem Verbalstamm für liegen abgeleitet. Traut, lieb; (Heirat); freundlich; gütig (angelsächsich hiere, kiore); all das wird mit der althochdeutschen Verneinung zum Gegensatz, unhiuri, mit der Bedeutung unheimlich, grauenhaft." BEI, Neda: Das Monstrum ist der Fall. Bathory, Kadivec, Luner, Papin & Papin und die Grenzen des seman- tischen Feldes. In: Ästhetik und Kommunikation. S. 135 11 HARAWAY (1989), S. 378 78

In ein Bild von Normalität bricht die ikonographische Figur des Genres, das Monster, ein. Indiziert durch das Funksignal mit un­ bekannter Herkunft verdichtet sich die "Offenbarung" des Bildes der Monstrosität 12 entlang seiner proairetischen Codes: diese sind markiert durch das Funksignal, die Explosion, die sich bei der Lan­ dung auf dem fremden Planeten ereignet, sowie den Abbruch des Funkkontaktes zwischen Raumstation und Explorern. "Das Halbwesen tritt erst auf, wenn wir es längst erwarten."13 Die Enthüllung, Darstellung des Monsters (bzw. seiner ersten Mani­ festation) ist an seinem Herkunftsort (Alienursprungsort), den unbe­ kannten Planeten piaziert.

Der fremde Planet - das versteinerte Raumschiff Die Steigerung der Spannung auf den genrekonventionell von den Zuseherlnnen erwarteten Einbruch des Konflikts (bzw. seiner Ver­ körperung) wird durch die Irritation der Zuseherinnenperspektive stark betont: zum einen topographisch an einem fremden Ort pia­ ziert, der sich "außerhalb unseres Planetensystems" (Aussage der Navigatorin Lambert), fern vom programmierten Kurs des Raum­ schiffes befindet. Neben dieser sprachlichen "Verfremdung" wird die Bedrohlichkeit des Ambientes mittels subjektiver Kamera erzielt,

12 Den Ausdruck "Bild der Monstrosität" (BdM) entnehme ich einem Artikel von ROBNIK, Drehli: Zeigen. Deprivilegierte Monstrosität in "The Fly" und anderen Filmen von David Cronenberg. In: PALM, Michael; ROBNIK, Drehli (Hg.): Und das Wort ist Fleisch geworden. Texte über Filme von David Cronenberg. Wien 1992. 13 SEESSLEN, Georg: Kino des Phantastischen. In: SEESSLEN, Georg, ROLOFF, Bernhard (Hg.): Grundlagen des populären Films 2. Reinbek bei Hamburg 1980. S. 42 79

die für den/die Zuseherln die Übersichtlichkeit eines (zentral- perspektivisch) geordneten Raumes unterbindet und einen eingeschränkten Blick auf den unbekannten Ort ermöglicht. Narrativ und visuell inszeniert, dient das Abreißen des Über­ tragungskontakts der astronautischen Sicht (die subjektive Kamera ist an einem Astronautenhelm montiert) beim Eintritt in das außer­ irdische Raumschiff dazu, eine weitere Spannungsstufe zu initiieren. All diese Schritte unterminieren die zur Aufrechterhaltung einer kon­ trollierten Zuseherinnenhaltung notwendige Distanz und durch­ brechen die unbeteiligte Beobachterinnenposition. Damit gelingt die Übertragung der Spannung als Angstlust, die im Erscheinen des Monsters ihre Materialisation erfährt. "...das BdM (Bild der Monstrosität) ist immer Endpunkt, Gegenwert, kontrollierende Instanz in einem Tauschakt bzw. in einer metony­ mischen Serie von Tauschakten, die sich von BdM zu BdM über den Horrorfilmtext spannt und dessen Zeitlichkeit hierarchisch organi­ siert: Das BdM unterteilt die Dauer des Films in die mit höchstem Sehens- und Begehrenswert ausgestatteten Momente seines Auf­ tauchens einerseits und andererseits in Intervalle, die ihren Wert stets prospektiv durch das BdM an ihren Endpunkten erhalten." 14 Zunächst wird die technologische Atmosphäre des Raum­ frachters, seiner Bildschirme und sonstigen Datenträger irritiert; das Monster (bzw. seine Repräsentation) als privilegiertes Bild über­ schreitet und entgrenzt damit den Fluß der Filmerzählung und markiert eine Differenz. Eine erste Klassifizierung des Wesens, die das Monströse des "Zuviel" an Körper konnotiert, weist mythisch-naturhafte Merkmale auf: der Planet als Ursprungsort ist gekennzeichnet durch eine "ur­ zeitliche Atmosphäre", Versteinerungen der vorgefundenen unbe­ kannten Kultur wecken Assoziationen zu archäologischen Expedi­ tionen; der Alienursprungsort wird bildlich als Landschaft organi­ siert: eingebettet in felsige Umgebung eröffnet sich ein tropfstein­ höhlenartiges Inneres.

14 ROBNIK (1991), S. 117 80

Das Eierfeld befindet sich in einer feucht-warmen, tropenartigen Atmosphäre.

Eierfeld

Die Beschreibungen der Atmosphäre und der sensationellen Organismen erinnern an Darstellungen von weiblichen Geschlechtsorganen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf den Einleitungstext zum Bildband des Schweizer Künstlers H.R. Giger aufmerksam machen, der die diversen Modelle des Monsters Alien kreiert hat.15 "Gigers Werk verwirrt uns durch seine enorme evolutionäre Dimen­ sion und mutet uns gespenstisch an. Er zeigt uns nur allzu deutlich, woher wir kamen und wohin wir gehen. Er greift zurück in unsere biologischen Erinnerungen. Gynäkologische Landschaften, intraute- rine Ansichtskarten." 16 Das Monster selbst wird von der Crew mit einem Vampir verglichen und gleichzeitig im Bereich des Animalischen verortet, da die Mann­ schaft über "das Vieh" spricht. Die Jagd auf das Alien zeichnet sich nicht durch die (erwartete) Verwendung von Hi-Tech-Waffen aus: ein Strahlenortungsgerät soll die Suche erleichtern, funktioniert jedoch nicht perfekt. Seine Ausstattung, die einem zeitgenössischen Bewe­ gungsmelder gleicht, erinnert dabei an die Analogie der Visualisie-

*5 Academy Award for Special Visual Effects 1979: H.R. Giger, , Brian Johnson, Nick Allder, Denys Ayling 16 LEARY, Timothy. Zitiert im Vorwort des Kataologes HR Giger Arh+. Berlin/Zürich 1991. S. 4 81

rung eines Geräuschs wie beim Ultraschall. Zur Bekämpfung sind die Astronautinnen weiters mit einem Fangnetz, Flammenwerfern und einem bajonettähnlichen Elektroschockgerät ausgestattet; - alle­ samt Instrumente, die angesichts der Technologie des Raumschiffs wie der monströsen Gefährlichkeit unpassend, antiquiert und primi­ tiv wirken 17. Ebenso "naturhaften" Vorstellungen scheint auch die Möglichkeit des Alien zur Metamorphose zu entsprechen : das fremde Wesen durchläuft eine Genese vom Ei über die Krake (dem face-hugger), den "chest-burster" (das aus Kanes Leib "geborene" Wesen 18), da­ nach manifestiert sich "Alien" als Riesenungeheuer, das filmisch nur durch Fragmente wie Kopf, Klauen, Maul, Schwanz, Schattenumriß ausgestellt wird. Kameraschwenks deuten riesenhafte Größe und technologische Mimikry an, die Nicht-Unterscheidbarkeit zwischen Raumschiff und Monsterkörper verweist damit auf den revidierten Begriff der Obszönität. Die finale Manifestation in Form eines men­ schenähnlichen Insekts passiert letztlich die am längsten dauernde Einstellung.

Vagina Dentata

17 Die Primitivität der "gebastelten" (Synchronton Parker) Waffen verdient ein weiteres Augenmerk, da der Schwarze für deren Herstellung verant­ wortlich ist. Damit stellt sich die Frage, ob die Hautfarbe als Signal der Herkunft (wild, unzivilisiert, primitiv) ebenfalls für eine imaginierte "Na­ turnähe" steht, die jenseits technologischer Überwachung, Abschottung und Steuerung Kenntnis oder Erfahrung im Umgang mit analog wilden, bedrohlichen Angreifern suggeriert. Dem wird im Kapitel über kolonisierte Körper nachgegangen. 18 In der Fallstudie zu "der kleine Hans" weist Sigmund Freud in einer Fußnote auf den Zusammenhang zwischen "bohren" und dem "geboren" werden hin. 82

Das Monster wird jedoch nie in vollständiger Körpergröße, als einheitlicher Körper gezeigt, die Momente des "Bildes des Monstro­ sität" umfassen verhältnismäßig wenige Bildkader, die bestenfalls Mikropartikel des Filmes ausmachen. Eine kohärente Gestalt des Monsters wird lediglich in der Vorstellung der Betrachterin phanta­ siert; auch die Zwischenstadien von Aliens Metamorphosen werden nie bebildert, lassen sich nur aufgrund liegengebhebener Hautfetzen oder fallender Schleimtropfen imaginieren. "The entire creature appears for the first and last time in the shuttlecraft, but the viewer's sight is obscured by flashing strobes within the ship, and by the dazzling engine exhaust outside. Scott thus compels the viewer to piece together an impression of the monster based on tantalizing fragments, fleshed out by the potent nuances of subjective fantasy, surely the scariest beast of all." 19 Das Monster erscheint als Ausgeburt chaotischer, unzähmbarer Na­ tur, als "Normabweichung mit der Referenz Substanz" 20. "Monsra oder Monstrum heißt in denen Rechten überhaupt alles das­ jenige, was wieder die Natur ist oder gebohren wird, oder welches gleichsam den wahren Ursprung seiner Geburt durch Annehmung einer fremden Gestalt verläugnet oder verändert. (...) Als wenn z.E. von rechten natürlichen Menschen Kinder mit Pferde- und Küh-Füs- sen oder andern mehr dem Viehe, als Menschen ähnliche Gliedmas­ sen gebohren werden, oder wenn eine Wölffin junge Schafe, eine Stutte Hasen, eine Kuh Löwen u.dgl. wirfft, (...) so heißt MONSTRUM, wovon unter MISSGEBURT ... ein mehreres." 21

Ebenso klassisch entlang der Dichotomie von Natur und Kultur an­ geordnet, verfahren auch die Kategorien des SF in ihrer Anordnung von Themen und Ikonographie, von mir jetzt unter dem Primat des Obszönen gefaßt.

19 GREENBERG (1991), S. 90 20 Zedlers Urüversal-Lexikon, Bd. 21 1739, zitiert nach BEI (1990), S. 135 21 BEI (1990), S. 135 83

4.8. Ober das Obszöne "The task of the 8F Author today is as easy as that of the pornographer; and in the sane way." (Stanislaw Lern)

Wie im Vorausgegangenen aufgezeigt, konstituiert sich die Ordnung innerhalb der Raumfahrtgesellschaft über den Ausschluß bedrohli­ cher Aspekte. Die darob installierte Struktur entbehrt dennoch nicht gewisser Spannungen, die zum einen Ausbruchsenergien wie die Abwehr einer potentiellen Hereinnahme fremder Elemente impli­ zierte. Somit deuten der Verlust einer Übersicht oder von Kontrolle über die Erzählung - vermittelt durch die spannungserzeugende Strukturierung der Filmerzählung zu jenen Momenten, in denen Fragmente des Monsters aufscheinen, - auf jene Grenzsetzungen, die die Stabilität von Innen und Außen, Eigenem und Fremden betref­ fen. Die Irritationen des etablierten Ambientes verweisen auf diese Ausgrenzungen und evozieren damit den Begriff des Obszönen. Der folgende Abschnitt widmet sich dem Aufspüren dieser Elemente.

Eine vorläufige Definition des Obszönen (nach Baudrillard) veran­ kert die so konnotierten Phänomene im Bereich der "Off-Scene":

"Hier hat das Obszöne seinen Ursprung, im Außerhalb-der-Szene, in dem, was das System der Repräsentation links liegen läßt. Das Obszöne ist also erstlich das Obskure: das, was die Transparenz der Szene zunichte macht, so wie das Unbewußte und das Verdrängte die Transparenz des Bewußtseins zunichte machen. Das, was weder sichtbar noch repräsentierbar ist und somit eine Ausbruchs- und Überschreitungsenergie besitzt, eine versteckte Kraft, die in die Ordnung des Realen einbrechen kann. Die genau ist die traditionelle Obszönität, die des sexuell oder sozial Verdrängten, der gefährliche Charakter dessen, was weder repräsentiert noch repräsentierbar ist." 22

22 BAUDRILLARD, Jean: Die Szene und das Obszöne. In: KAMPER, Dietmar; WULF, Christoph (Hg.): Das Schwinden der Sinne. Frankfurt am Main 1984. S. 281 84

Eine libidinöse Ökonomie Auf den Film bezogen, ereignet sich dieses "sexuell oder sozial Verdrängte", das von von einem "Anderswo" (der Erde, eines frem­ den Planeten) herüberreicht, im Raumschiffambiente explizit in sprachlich minimalen Äußerungen, die als "Anspielung" auf jene Mas­ kerade des hinter futuristischen Dekors der Raumfrachter-Ausstat­ tung Verborgenen verweist. Ausgelöst durch das Funksignal werden der umgelenkte Kurs des Raumschiffs und das unbekannte Plane­ tensystem thematisiert; Bemerkungen über den kollabierten Gleiter geben Auskunft über die Skepsis gegenüber der Technologie sowie der Raumfahrbedingungen. Technologieskepsis und -kritik untermi­ nieren damit die vorgebliche Fortschrittsideologie, deren Funktionie­ ren sich der Ausblendung ihrer bedrohlichen und kritischen ver­ dankt. Wie Michael Stern 23 aufzeigt, gelingt diese Maskerade durch die Inszenierung von "special effects", die zum einen die Ambiente des Futuristischen wie des Phantastischen betreffen. Der Ausdruck der "special effects" verweist darauf, daß manche Effekte sich als "spezielle" gerieren: Der Glamour neuer Technologien, das Entstellte des Monströsen werden formal durch filmische (Trick-) Technolo­ gien gestaltet, sie lenken den Blick weg von der ebenso ausgefeilten mise-en-scene anderer Filmobjekte, die damit ihren kulturellen Cha­ rakter zugunsten vorgeblicher "Natürlichkeit" verlieren.

Camouflage

23 STERN, Michal: Making Culture into Nature. In: KUHN (1990). 85

"From a conservative perspective, technology represents artifice opposed to nature, the mechanical as opposed to the spontaneous, the regulated as opposed to the free.... The significance of technology thus exceeds simple questions of mechanics." 24 Diese Tilgung des konstruierten Charakters des "Filmemachens", das die Effekte bestimmter Technologien herausstellt und in ihrem Kontext die Figuren piaziert und sexualisiert, kann auch an weiteren Filmbeispielen nachgewiesen werden: Die Körper der Astronautinnen werden so beispielweise auch maschinell organisiert durch die com­ puterisierte Steuerung der Hyperschlafkammern sowie die Versor­ gungsfunktion des Auto-Kochs der Messe/Kantine, durch die tech- nifizierte Entsorgung der Leiche Kanes oder die Laserapparatur als medizinischem Universalgerät etc. Ebenfalls signifikant inszeniert erweisen sich die Such- /Bildschirme, die in ihrer Relation von Zeichenträger und Referent Tatorte bezeichnen (Funksignal; Datentransfer zwischen Expedition und Kontrolle im Raumschiff am Bildschirm; computerisiertes Über­ wachungssystem der Luftschleusen). Als funktional verlängerte Wahrnehmungsapparaturen sollen diese semantischen Systeme un­ ter menschlicher Kontrolle "menschliche" Überlegenheit demonstrie­ ren - es wird sich jedoch herausstellen, daß diese Bezeichnungs- /Verortungsscreens bei "Aufnahme" (im Sinne von Daten-Aufzeich­ nung des Objekts) des Alien bzw. eines Zeichens für ihn/es, zu­ sammenbrechen. Die Nachweisbarkeit von vorhandenem Zeichen ist nicht rückführbar auf dessen Signifikat; d.h. die Einverleibung dieses Objektes mißüngt, sein Status als Fremdkörper wird dadurch erneut bestätigt. Wiederholt und variiert wird dieses Motiv der sinnlosen-zwanghaf­ ten Anbindung des Menschen an die Maschinen geradezu ge- stisch/parodistisch in den Dekors des Raumschiffs: keine Auf­ blende, in der ein Raum nicht gekennzeichnet wäre durch herabhän­ gende Schläuche, Kabel, Mobiles, Mikrophone u.v.a. mehr - lesbar als

24 RYAN, Michael; KELLNER,Douglas: Technophobia. In: KUHN (1990), S. 58 86

permanente Aufforderung zum (oralen) Ankoppeln, zum Anschlies- sen an das Computersystem 25.

Die visuellen Ikonen in und um das Raumschiff fungieren weiter­ gehend als Verkörperung einer Waren-/Zeichen-Tauschgesellschaft. Deren Obzönität decouvriert sich anläßlich eines "Blicks zurück". Denn: Raumfahrt gilt als Chiffre für Eroberung und Kolonisierung, und kann mit Christina von Brauns Metapher "Arriver c' est tuer un peu" 26 beschrieben werden: "Darüber hinaus beinhaltet dieses "partir c'est mourir un peu" aber auch anderes: Es ist das Wagnis, sich dem Fremden, dem Neuen, dem Zufall und der Unberechenbarkeit auszusetzen. Das Wort "Elend" leitet sich von "Ausland" ab. Das Bild der Fremde ist von Furcht besetzt, von der Vorstellung des Identitätsverlustes. Das Ausland erscheint wie die Begegnung mit dem Unbekannten schlechthin, nämlich mit dem Tod, der Auslöschung des Ichs." 27

Die Begegnung mit dem Fremden geschieht jedoch nicht intentionslos: "Das Wort "reisen" stammt vom altdeutschen Wort "risan" ab, was soviel bedeutet wie "aufstehen". (...) Es bedeutet auch, "sich erheben" und "aufbrechen zu kriegerischer Unternehmung". Im englischen Wort "uprising", dem Aufstand, ist dieser Wortursprung noch deutlich gegenwärtig. Das Reisen leitet sich also von einem Begriff ab, der klar die Konnotation "Krieg", "Feldzug", "Eroberung" mit sich führt. Der Begriff bezeichnet den Aufbruch zu neuen Ufern. Aber er besagt auch deutlich, daß dies nicht in friedlicher Absicht geschieht, sondern mit diesem Reisen ist eher die Absicht

2-> "In the relation between cognitive science and complex social behaviour, communication is the luminous object of attention. And communication is where machine, animal and human boundaries broke down dramatically in post-World War II popular and scientific discourses." HARAWAY (1989), S. 376 2^ Nach von Braun zeichent sich die koloniale Logik/Dialektik aus durch das (sentimentale) "Weggehen, um ein bißchen zu sterben" angesichts der Erfordernis, die Fremdheit und den Exotismus im "Ankommen, um zu tö­ ten" zu kanalisieren. 27 BRAUN, Christina von: Die schamlose Schönheit des Vergangenen. Zum Verhältnis von Geschlecht und Geschichte. Frankfurt am Main 1989. S. 16 87

verbunden, das Fremde zu unterwerfen. Man zieht aus, das "Elend" zu erobern - oder genauer gesagt: auszulöschen." 28

Im Lauf der Filmerzählung wird sich herausstellen, daß die Aufgabe der Nostromo nicht in der Förderung von Eisenerz lag, sie vielmehr aufbrach zur Sicherstellung eines Fremdorganismus zur Waffen­ produktion. Diese (verborgene) Intention eines kolonialen Gestus der intendierten Aneignung, Ausbeutung, Auslöschung des/der An­ deren - die für die Crew dennoch als konstitutives Außen fungieren, - führt dazu, daß die Differenzen zwischen den Astronautinnen ver­ deckt werden. Innerhalb einer monopolistischen Ökonomie sind die menschlichen Körper der Crewmitglieder in technokratisch funktio- nalisierten Zusammenhängen mittels Gleichschaltung unter Konzern­ interesse organisiert. Ihre hierarchische Positionierung entspricht beruflicher Kompetenz und bietet (mit Ausnahme des Schwarzen Parker) keinen Aufschluß hinsichtlich geschlechtlicher Differenz. Psychoanalytisch interpretiert, erfolgt diese "Organisation" auf sym­ bolischer Ebene durch die Konzernbefehle und Verträge, narrativ eingebracht durch die Prämienforderungen Parkers, die Quarantäne­ regelung, die Regelung des Zugangs zu "Mother", den Geheimbefehl für Ash. Die Gleichschaltung betrifft die Versorgung und Steuerung der Lebensfunktionen durch den Bordcomputer "Mother". Auch der Name des Raumschiffs kann als Anspielung auf dieses Setting gelesen werden: Nostromo als "nostro homo" ("unser Mann") und damit ein Zitat eines Romans von Joseph Conrad ("Nostro homo") über einen Helden der Arbeiterklasse. Judith Newton inter­ pretiert dieses Zitat als spätkapitalistische Zuspitzung einer egali­ tären Gesellschaft, in der "everybody is the company's man" inner­ halb der Strukturen des Konzerns positioniert ist. "For the corporation, all life is commodity, and the crew members are expendable. Hence the latter are victims at once of the corporation's greed and of an incomprehensible, sinister and overwhelmingly powerful natural creature that in a sense wreaks

28 BRAUN (1989), S. 24 88

vengeance for its disturbance by the human beings. Indeed, by their transformation of nature into commodity, human beings here become the true aliens." 29 Aufgrund dieser Ökonomie scheinen Differenzen zwischen den Crewmitgliedern nivelliert - sogar die sichtbaren Indizien unter­ schiedlicher Geschlechtsidentität und Rasse treten in den ersten zwei Dritteln des Filmes zwar augenscheinlich hervor, werden je­ doch zugunsten der Angleichung und Kooperation im Arbeits­ zusammenhang abgehandelt. Insofern diese Differenzen sich an Körpern abzeichnen, fungiert deren Inszenierung (seitens der Astronautinnen) als obszöne; auch hier kommt der versorgenden Funktion "Mothers", die existentielle körperliche Bedürfnisse (Schlaf, Essen, Temperatur, Atmosphäre etc.) reguliert, eine besondere Rolle zu. Der menschliche Körper wird in diesem Setting (All und Schiff als Mikro- und Makrokosmos) zum Fremden, "Monströsen" trans­ formiert und enthüllt letztendlich den ambivalenten Charakter des Technologischen, der sich sowohl als Triumph über die fehleran­ fällige (menschliche) Biologie äußert und ebenso sich als destruktive antihumanistische Kraft manifestiert. Technologie als "" naturalisiert vielmehr die Praxis konstitutiver Macht­ konstellationen. "SF makes technology into the source of magical objects which enter people's lives and transform them under the direction of higher, more powerful things (whether aliens or ruling classes). 30 Zusammenfassend kann argumentiert werden, daß die Obszönität der Technologie die Monstrosität der (menschlichen) Körper pro­ duziert (vice versa). Jenseits einer kontrollierten Ordnung lassen sich Verschiebungen feststellen, in denen Technologie zur Magie ge­ rät und Körper als Prothesen der Maschinen fungieren. Diese Ver­ schränkung von Natur und Technik ruft umgekehrt auch eine Revi­ sion der "naturhaften" Bilder auf den Plan, in der sich die oben vor­ gestellte Aufspaltung des Genremobiliars (beispielhaft aufgezählt

29 BYERS, Thomas B.: Commodity Future. In: KUHN (1990), S. 40 30 STERN, Michael: Making Culture into Nature. In: KUHN (1990), S.70 89

hier: Planet und Raumschiff - oder besser gesagt - Ort/Körper der Herkunft von Alien versus der Crew) nicht durchhalten läßt.

Die Camouflage von Natur und Kultur

Der versteinerte Astronaut - Zur Verschmelzung von Menschen- und Maschinenkörpern Im Film fallen zuerst die analoge Architektur von Gängen/Korridoren im Inneren des Planeten und auf der Nostromo auf (besonders un­ terstrichen durch ähnliche/wiederholte Kameraeinstellungen, -fahrten und -schwenks). "But instead of being lit starkly (...), the ship's surface is sunken into shadow, vaguely threatening. The Nostromo's "terrible house" equivalencies, combined with the darkness of the ship's surface in the subsequent passing shot, at once kindle a feeling of disquieting ambiguity that pervades the flat "suchness" of space-age technology throughout the film. More than any previous work, "Alien" evoked simultaneous resonances within the horror and science fiction canons in representing a future rnilieu. This feat is accomplished by exceptional design which imbues futuristic hardware with haunting "horrific" connotations quite apart from function: the hieratic helmets - they resemble Aztec skulls! - resting upon the dead computer terminals in the deserted control room at the film's beginning.'' 31

31 GREENBERG, Harvey R.: Reimagining the Gargoyle: Psychoanalytic Notes on Alien. In: PENLEY et.al. (1991), S. 88 90

Den steinzeitlichen Reliefs der Höhle (des Alienusprungsortes) ent­ sprechen die offenen Verkabelungen der Schiffsgänge, beide Räume gleichen sich zudem in ihrer "üppig wuchernden" bio-mechanischen Struktur, ihren kathedralenartig hohen Räumen und geometrisch an­ geordneten Korridoren. Diese Biomechanik läßt sich durchaus auch mit Mary Ann Doane als Mimesis eines weiblichen (genauer: mütter­ lichen) Körpers interpretieren: "The ship itself seems to mimic in the construction of its internal spaces the interior of the maternal body. In the first shots of the film, the camera explores in lingering fashion corridors and womblike spaces which exemplify a fusion of the organic and the technological. The female merges with the environment and the mother-machine becomes mise-en-scene, the space within which the story plays himself out. The wrecked alien spaceship which the crew investigates is also characterized by its cavernous, womblike spaces." 32

Die Übersichtlichkeit einer linearen Topographie entpuppt sich je­ doch zusehends: Flure/Tuben/Wände brechen auf; "schlitzartige" und vaginale Öffnungen bieten Eingang und Nische; Gänge und Schächte verengen und vervielfältigen sich zum trügerischen Laby­ rinth, zur mörderischen Sackgasse. "The unsettling quality of the "ordinary" future environment derives ... from the nagging similarity of its structures to human organs, particularly the organs of reproduction. The entire craft resembles a stupendous uterine fallopian system." 33 Neben der Architektonik von Innen und Außen kommt auch dem Verhältnis von Unten und Oben besondere Bedeutung zu. Marc Ries begreift diese Inszenierung auch als Verwirklichung des Deleuzeschen "image pulsion" 34, da die Architektonik nicht als nützliches Milieu fungiert, sondern bestimmungslos einer

32 DOANE (1990), S. 169 33 GREENBERG (1991), S.88/89 34 RIES, Marc: The Brood. In: Drehli ROBNIK, Michael PALM (Hg.): Und das Wort ist Fleisch geworden. Texte über Filme von David Cronenberg. Wien 1992. S. 110 91

chaotischen Anordnung von vorläufiger, ungeordneter Materie entspricht. Damit verlieren die den Raum bewohnenden Figuren jegliche Macht als diesen konstituierende Subjekte. Die Anordnung und Dislozierung der bedrohlichen Orte "unter" bzw. jenseits der cleanen Kontrollräume indiziert auch, daß dort das "oben" Verdrängte, Ausgesparte Platz finden kann. Bezogen auf die Sexualisierung Ripleys als Frau erweist sich dies als signifikant, da auf ihre Weiblichkeit mehr oder weniger subtil von Brett und Parker im ersten Drittel des Filmes angespielt wird. Ar­ beitsplatz dieser beiden Vertreter der "working class" sind die Ma­ schinenräume und Lager der Raffinerie unterhalb der steril gestylten Computer- und Aufenthaltsräume. Ihre hierarchische Positionierung und Verortung thematisierend, bemerken sie: "Die kommen nie hier runter"; "Hier unten passiert die wirkliche Arbeit". Wenige Einstellun­ gen später kontrolliert Ripley die ausgeführten Reparaturen in den tiefgelegenen Maschinenräumen. "Da unten" wird sie von beiden Männern mit sexuellen Anspielungen belästigt ("Miststück!" "Bitch!"). Ebenfalls nach unten steigt Kane bei der Expedition auf dem fremden Planeten ins Innere des versteinerten Raumschiffes zu ei­ nem Eierfeld; hier finden die ersten sexuell konnotierten Meta­ morphosen des Alien statt: die "Animation" eines Eies durch Kanes Berührung sowie das "Einnisten" des fremden Organismus, der durch "Penetration" des "face-huggers" in Kanes Leib eindringt.

„Arriver c'est tuer un peu...." (Kane untersucht das Eierfeld) Weitere Beispiele der analogen ornamentalen Texturen, die die von Maschinen organisierten Körper als entfremdete, unheimliche imagi­ nieren, ergeben sich noch im blauen Licht, das über dem Eierfeld 92

liegt und sich wiederholt als abtastender Laserstrahl der sargähnli­ chen medizinischen Station sowie als Widerschein der Leuchten auf den Astronautenhelmen spiegelt; darüber hinaus werden durch den Einsatz von Dampf (über dem Eierfeld und in den Hallen der Raffinerie der Nostromo) jene Orte mystisch und gleichzeitig tech­ nisch imaginiert. Die Konvergenz von Maschinen und Körpern, die die Auflösung der Grenze zwischen ihnen signifiziert, findet letztlich ihren Aus­ druck im Kameraschwenk über die Raffinerie, der begleitet wird von Atemgeräuschen auf der Tonspur (obwohl es sich hier nicht um "subjektive Kamera" handelt!) bzw. den Atem- und Schrittgeräuschen der Astronautinnen beim Eindringen in den Alienursprungsort. Wie­ derholt werden hier Sequenzen dazu benutzt, in der Koppelung von Filmbild und Tonspur eine Irritation auszulösen. Die Geräusche bil­ den nicht den "Realitätseffekt", der als Begleitton erwartet wird, sondern imaginieren eine Subjektivität (einer Filmfigur, die sich zur Identifikation anböte) oder Anwesenheit (des/der Zuseherln), die wie oben ausgeführt, die kontrollierte Schaulust zusammenbrechen läßt. Die Camouflage des Technischen als ornamentales Spiel von Kör­ pern und Maschinen enthüllt und verweist nun, zuletzt, auf das Sexuelle, das als explizite Handlung/Konnotation im SF eigentlich ausgespart ist, als Obszönes dennoch nicht aufgelöst werden kann.

Der augenscheinlichste Einbruch des (Hetero)Sexuellen in "Alien" zeigt sich gegen Ende des Filmes in der Penetration Ripleys durch Ash mittels pornographischer Magazine, sowie der Inszenierung Ripleys als dem klassischen weiblichen Opfer: im finalen Show-down wird Ripley (als einzige und letzte menschliche Überlebende) in ihrer Unterwäsche ("stripping off her narrative competence..." 35) mit dem Monster konfrontiert - dabei indiziert die Nacktheit ihre Verletzlich­ keit, zusätzlich und jenseits der Uniform wird ihr Körper als weib­ licher ausgestellt und "sexuell" aufgeladen.

35 SOBCHACK, Vivian: The Virginity of Astronauts. In: KUHN (1990), S. 107 93

„Stripping of her narrative competence..."

Die zunehmende Sexualisierung Ripleys korrespondiert mit ihrer zunehmenden Macht als filmsignifizierende Heldin; die Demon­ stration ihrer Verletzlichkeit betont letztlich ihr Vermögen, diese zu überwinden und (dadurch die bedrohlichen) Hindernisse zu beseitigen.

Im Zusammenhang mit der - das Sexuelle konnotierenden - Camouflage des Technologischen und des Natürlichen und weiter­ gehend der aus diesem Konflikt resultierenden Auseinandersetzung zwischen Ripley und dem Monster, interpretiert denn auch James Kavanagh 36 diejenigen Sequenzen, die das Erscheinen des Monsters ankündigen, als sexuelle Schwellensituationen.

"As the power of the woman-signifier is foregrounded, the film's complex investment in the alien-signifier can be seen more clearly. The first part of the film, leading to the shocking birth of the alien, actually projects three images of birth, each with an increasingly confused and frightening set of sexual associations. The first is the lingering exploration of the inner body of the space­ ship ... by the first-person camera that implicates the viewer as I/eye; this ends with a long tracking shot down the smooth, clean electronic corridor into an inner chamber, where six curiously un- sexed bodies slowly come to life. The second birth scene - more a conception - involves two men and a woman collectively imaged as three slumsy spermlike figures entering the vaginal opening bet­ ween the upstretched ' legs' of an alien spaceship. The three clumsy

3" KAVANAGH, James: Feminism, Humanism and Science in "Alien". In: KUHN (1990). 94

seekers find, in one chamber, death gigantic, and in another, the expectant egg of a new life grotesque. This conception - in which male and female, life and death are confused - is then reserved as the egg forces its own tenacious fertilizing instrument on the man, who as a passive receptacle must ingest its seed. Finally, the particularly horrifying confusion of the sexual-gynaecological with the gastrointestinal is patched onto the life-death, male-female confusions as Kane dies in agony enduring the forced birth'of the razor toothed phallic monster that gnaws its way through his stomach into the light...." 37

4.4. Obszön ist nicht das Verborgene ... Die genannten Beispiele mögen hinreichen, den vorläufig festgehal­ tenen Begriff des Obszönen als einem Phänomen, das sich durch die Maskierung eines Verborgenen auszeichnet, zu entlarven. Special effects, der A-Topos von Sexualität sowie die visuelle Ikonographie von Naturhaftem und Technologischem verweisen in ihren repräsen­ tativen Verfahren der Ausblendung vielmehr auf die Dominanz des­ sen hin, was nicht zur Anschauung kommen darf und im folgenden ausgeführt wird. Vorerst soll ein weiteres Zitat von Jean Baudrillard die Definition dessen erweitern, worauf die angekündigte Revision des Obszönen sich bezieht: "Ganz anders stellt es sich für uns dar: Heute beruht umgekehrt die Obszönität auf der Überrepräsentation. Unsere Obszönität... beruht nicht mehr auf dem Versteckten und Verdrängten, sondern auf der Transparenz des Sozialen, auf der totalen Durchlässigkeit des Sozia­ len (und des Sexuellen) als Sinn, als Referenz, als Evidenz." 38 Zur Recherche und Beschreibung der obszönen Augenscheinlichkeit sexueller Repräsentationen wird im Folgenden der Begriff der Ge-

37 KAVANAGH (1990), S. 75/76 38 BAUDRILLARD (1982), S. 281 "Da ist die Ob-Szenität: die Strukturen umgestülpt, ausgepackt, die Ver­ fahren sichtbar gemacht. Das geht vom unwahrscheinlichen Netz der Telefon- und Stromkabel... bis zur Auffächerung aller konkreten Körper­ funktionen im Wohnbereich." BAUDRILLARD, Jean: Vom zeremoniellen zum geklonten Körper: Der Einbruch des Obszönen. In: KAMPER, Dietmar; WULF, Christoph (Hg.): Die Wiederkehr des Körpers. Frankfurt am Main 1982. S. 353 95

nealogie herangezogen, um weitergehend der Bedeutung von Sexua­ lität und Reproduktion nachzugehen. Die genealogische Fragestel­ lung (nach Herkunft und Verwandtschaft) deutet so auch explizit auf das Phantasma der Mutter und stellt den Bezug her, der die Kon- fligierung von Heldin und Monster aufschlüsselt.

Insofern sich die Geheimnisse des Ursprungs auf der "Bühne/Szene selbst: Dem Ort, dem Anlaß für den Anderen" 39 mitteilen, erübrigt sich die Suche nach EINEM Ursprung zugunsten genealogischer Spurensuche. "Alien" zeigt, so Constance Penley 4°, daß sich im Laufe des Films die Identifikation der Zuschauerinnen ständig verschiebt und die Grenzen des biologischen Sex überschreitet. Die Verstörung des Filmtextes beruft sich nicht allein auf die Inszenierung eines weibli­ chen Körpers, sondern durchwandert mehrere Körper und Orte.

Phallus dentata? "The confusion of the semes of sexual difference indicates the fears attendant upon the development of technologies of reproduction that debiologize the maternal. In "Alien", men have babies, but it is a horrifying and deadly experience. When the alien or other invades the most private space - the inside of the body - the foundations of subjectivity are shaken." 41

39 CIXOUS, He'lene: Von der Szene des Unbewußten zur Szene der Ge­ schichte. In: RICK, Karin (Hg.): Das Sexuelle, die Frauen und die Kunst. Tübingen 1987. S.77 40 PENLEY (1991), S.69 41 DOANE (1990), S. 170 96

Die analoge biomorphe Struktur von Raumschiff und Planet, bzw. die Mechanisierung des "Natürlichen" - die Menschen zu Tauschwerten reduziert oder den fremden Planeten als Maschinenhalle vorstellt - ließe sich genealogisch (als Ordnung von Herkünften und Bezugssystemen) erweitern, so daß sich die beiden Reihen: Planet - Legebatterie - spermatozide Krake (=„face-hugger") - „chestburster" - Alienfragmente - mannähnliches Alien und analog Konzern - Nostromo - Bordcomputer Mother - Gleiter und Kapsel - Crew - Leiche - Katze als Organisation von unterschiedlich sexuierten Verwandtschaften aufstellen lassen. Dennoch erübrigt sich die Frage nach dem Sexuel­ len (bzw. seiner Ökonomie) nicht.

Weiches Geschlecht haben Astronautinnen? Die "lebensfeindliche Gewinnsucht" ^ der Crewmitglieder scheint die gynäkologischen Bilder der Konzeption/Geburt/Metamorphose des Alien zu kontrastieren. Dennoch, so vermute ich, maskiert die vor­ gebliche Nicht-Unterscheidbarkeit der Astronautinnen ("Kinder" des lebensversorgenden Systems von Bordcomputer Mother) die WESENtliche Ursache des sich zuspitzenden Konflikts zwischen Schutz und Zerstörung des fremden Organismus. "Yet, astronauts are clearly those figures who centralize and visually represent the values and virtues common to all the male protagonists of the genre in a single archetypical presence. They are cool, rational, competent, imaginative, male and sexless." 43 Durch Kleidung und berufliche Funktionalisierung quasi entsexuali- siert (besser: einem männlich heterosexuellen Begehren nicht ent­ sprechend), erscheint die Differenz der weiblichen Astronautinnen verkleidet (she is.... "one of the boys"). Da das klassische Erzählkino

42 GREENBERG, Harvey: Reimagining the Gargoyle: Psychoanalytic Notes on "Alien". In: PENLEY et.al.(1991) 43 SOBCHACK, Vivian: The Virginity of Astronauts. In: KUHN (1990), S. 107 97

dazu tendiert, quer durch seine Texte stabile Konzepte von Ge­ schlechtlichkeit gegen Ende der Filme zu etablieren, scheint es naheliegender, eine Geschlechterdifferenz im Verhältnis von Men­ schen (Männer und Frauen) versus Alien zu positionieren. Sobchack argumentiert denn auch, daß das subtextuelle Problem des sexuel­ len Konflikts und die daraus entstehenden Handlungsmotive durch die imaginierte "Jungfräulichkeit" der Astronautinnen verstellt wird. Die Aussparung bzw. Tabuisierung von Sexualität impliziert damit die Ausklammerung von weiblicher Sexualität hinsichtlich ihres Po­ tentials zur Generativität. Die Hom(m)ologisierung der Astronau­ tinnen kann so als Unterwerfung unter eine männliche (auch libidi­ nöse) Ökonomie begriffen werden - die Obszönität der Prokreati­ vität läßt so weitere Rückschlüsse auf die Konstitution dieser Männ­ lichkeit zu.

"That major generic problem centers around the male desire to break free from biological dependence on the female as Mother and Other, and to mark the male self as separate and autonomous. The realization of this desire necessitates the rejection and repression of female difference which marks a difference." 44

Sobchacks Auffassung der Astronauten als Signifikanten potenter, maskuliner Technologie, die Produktion der Reproduktion vorziehen, greift meines Erachtens zu kurz. Dieses Analysemodell der Negation des Sexuellen und dessen Projektion auf Andere/s (das Alien und seine Manifestationen, weiterreichend den Konzern als "abwesenden Vater" bzw. Bordcomputer Mother) bewegen sich noch immer im Rahmen jener Vorstellung von Obszönität, die der Gleichsetzung von Mensch=Mann/Astronaut/asexuell, bzw. Frau= Weiblich­ keit/gefährliche, todbringende Sexualität/Reproduktion entspre­ chen. Als könnte eine Wiederkehr des Verdrängten kohärent ge­ macht werden (was den Kinobesucherinnen die Eindämmung der thrilling story und der weiteren Folgeproduktionen beschert hätte).

44 SOBCHACK (1990), S. 107f 98

Es wäre vielmehr durchaus möglich, auch Ridley Scotts Filmtexte "...innerhalb eines aufkommenden "Postmodernismus" zu veran­ kern, in dessen Namen die Senkung von Spannungsniveaus betrie­ ben wird, um sie "all ihrer einstigen subversiven Kraft" zu entledigen, die ein schon älterer Modernismus etabliert hat. Anstatt nach einem binären Maßstab vorzugehen, der Bedeutungen als vertraut oder un­ heimlich zirkulieren läßt, arbeiten diese Filme in entropischer Weise, indem sie die für den früheren Modus charakteristischen Opposi­ tionen verdünnen." 45 Die Revision des Obszönen soll nun auch dahingehend formuliert werden, daß in "Alien" Vorstellungen von Sexualität, Identität und Generativität UBERrepräsentiert werden. Meines Erachtens lauert das Obszöne nicht im Verborgenen, sondern wird augenfällig in ver­ schiebbaren Mustern geschlechtlicher Markierungen und Konnota­ tionen. Diese These wird nachvollziehbar anhand jener Operation, die nach der Macht im Text fragt und die bis dahin aufgestellte Achse "Ripley und/oder Alien signifizieren die Narration" ausbalanciert.

Unter dem veränderten Blickwinkel sollen nachfolgend die unter­ schiedlichen Inszenierungen von Sexualität, sowie ihre narrativen und visuellen Verschiebungen ausgewiesen werden. "Gender is narrated as one of the products of human evolution, so how gender and sex are marked at the boundary— sets constraints on basic cultural stories about what it means to be a man or a woman. Is there sharp sexual difference? Is it antagonistic? Complementary? Adaptive? Insignificant? Can the heterosexual reproductive imperative be relaxed in knowledge-power fields enough to permit escaping the binary restrictions on sex and gender?" 46

Interpretationsmuster, die die inszenierte (menschliche) Gruppe als geschlechtlich differenzierte lesbar machen, zielen darauf, das Ver-

45 SILVERMAN, Michael: Die Neuschreibung des Doubles. In: PALM/ROBNIK (1991), S.94 46 HARAWAY (1989), S.325 99

hältnis von Company, Mother und Crew als symbolische Familie zu identifizieren.

'/-:—. -SV-':.

Hyperschlafkammer Zunächst sind alle Crewmitglieder in ihrer Funktion als ausgebildete Techniker charakterisiert, deren Organisation als zur Teamarbeit verpflichtete sich jedoch nach individuellen Spezialgebieten hierarchisch strukturiert. Darüber hinaus können die Beziehungen unter-/zueinander auch als "entfremdete" (unter dem Gesetz des Vaters, des Konzerns) wahrgenommen werden, da die gegenseitige Anrede sich auf die "unpersönlichen" Nachnamen beschränkt 47.

Das Obszöne als Überrepräsentation Wie gestalten sich jedoch die Verhältnisse untereinander? Janet Bergstrom stellt in ihrem Artikel "Androids and Androgyny" die Werbefotographie Calvin Kleins vor.

Calvin Klein

47 Lieutnant Ripley erhält in den folgenden Filmen einen Vornamen: Ellen. Onomatopoetische Anklänge an Alien oder die Bedeutung von eile = sie sind offensichtlich. 100

Dieses Ambiente sowie die Ausstattung der Models ähnelt jener Sequenz im Film (die ersten Einstellungen nach dem Erwachen aus den Hyperschlafkammern) mit der die Astronautinnen als Protagonistinnen eingeführt werden. Nach Sobchacks Argumenten (s.o.), die in der fehlenden Liebes- geschichte sowie der Inszenierung von Ähnlichkeit die "Jungfräulich­ keit" und Asexualität der Kameraderie der Astronautinnen sieht (und damit Ripley als "Mannequin" 48 interpretiert), gilt Calvin Kleins Wer­ bung als "asexuelles" Ambiente. Bergstrom 49 setzt dem entgegen, daß der modische Aspekt des Androgynen vielmehr multiple sexu­ elle Phantasien evoziert. Oder, die Fragen eines Newsweek-Repor- ters zitierend, werden folgende Provokationen herausgefordert: Sind das unschuldige Windeln, oder hatten sie gerade Sex? Wenn ja, dann wer? Alle drei? Wie? Die Interpretation des Szenarios in seiner vorgeblichen, nicht­ expliziten Konnotation des Sexuellen, verlagert sich somit auf die Ebene der Betrachterin. "This is an example of the use of androgynous images to connote more sexuality. The ad is clearly designed to be sexually suggestive. It can be imagined in many ways, but one of this image's most potent aspects is its soft ambience of indefinite sexuality. As for gender, it is clearly marked. But practically nothing else about sexual identity is indicated - not object choice, not preference for any variety of sexuality. ... The powerful thing about this ad is that the consumer is under no obligation to choose. Ambient sexuality is completely non-restrictive." 50

48 dazu noch ein Querverweis auf die Funktionsweise der Actionheldin: "In order to function effectively within the threatening, macho world of the action picture, the action heroine must be masculinised. The masculinisation of the female body, which is effected most visibly through her muscles, can be understood in terms of a notion of "musculinity". That is, some of the qualities associated with masculinity are written over the muscular female body. 'Musculinity' indicates the way in which the signifiers of strength are not limited to male characters. These action heroines though, are still marked as women, despite their arguments advanced by some critics that figures like Ripley are merely men in drag." TASKER, Yvonne: Spectacular Bodies. Gender, Genre and the Action Cinema. London/New York 1993. S. 149 49 BERGSTROM, Janet: Androids and Androgyny. In: PENLEY et.al. (1991) 50 BERGSTROM (1991), S. 38 101

Die Subtilität dieser Inszenierung von Differenz findet ihre Fort­ setzung im Verhältnis zum Bordcomputer „Mother", der einerseits lebensversorgende Funktionen für alle Astronautinnen garantiert, andererseits Sonderbefehle durch selektiven Zugang zum System bereithält. Insofern der handlungstreibende Konflikt verborgen bzw. verbunden ist mit dem Zugriff auf den Bordcomputer, läßt sich um­ gekehrt auch behaupten, daß das Dilemma der zunächst erfolglosen Abwehr des fremden Eindringlings auf der Ununterscheidbarkeit der Crewmitglieder basiert. Die vorgebliche Ähnlichkeit und Gleichbe­ rechtigung der Astronautinnen als "Kinder" von „Mother" zeigt sich in ihrer symbiotischen Abhängigkeit, die durch die Betonung oraler Codes im ersten Drittel des Spielfilms (vor der Erscheinung des chestburster auf dem Schiff) veranschaulicht wird: die Crewmit­ glieder kommunizieren nicht, stattdessen werden sie permanent rauchend, trinkend, essend, kaugummikauend vorgestellt. Erst im Lauf der Narration, auch als Geschichte ihrer Individuation, wird ihre Unterschiedlichkeit sichtbar, die Gleichsetzung unter das orale Ge­ setz der Mutter verflüchtigt sich. "Mother is the filmic presence that gives both life and death - freezing and resurrecting the crew in one womblike chamber, dispensing futile advice to the good boy and girl leaders in another - until Ripley confounds that oracle with a question that elicits its priorities." 51

Mother knows best! Die Szene, in der Ripley den Computercode des verschlüsselten Ge­ heimbefehls für Ash knackt, bezeichnet mehr als diesen "Schlüssel": Ripley symbolisiert damit eine Position, die Grenzen der Balance des Status Quo anrührt. Rückblickend wurden diese Grenzgänge bereits im Vorfeld auf unterschiedlichen Ebenen inszeniert: Erinnert sei daran, daß Ripley angesichts der von der Expedition zurückkehrenden und teilweise verletzten Astronautinnen ihre Be-

51 KAVANAGH, James H.: Feminism, Humanism and Science in Alien. In: KUHN (1990), S.76 102

fehlsgewalt im Einhalten der vom Konzern verordneten Quarantäne­ vorschriften verteidigt; die Grenzziehung ihrer Macht wird dabei von Ash gebrochen, indem er die Luftschleuse öffnet und der potentiel­ len Infektionsgefahr Vorschub leistet. Als weitere Indizien können Ripleys renitente Interessensäußerungen gelten, die ein surplus jen­ seits der Funktionalisierung auf hierarchisch festumrissene Positio­ nen (Rang, Kompetenz, Verantwortung) im Rahmen der Crew signa­ lisieren: Obwohl als Notssignal eingestuft, gibt Ripley sich mit dieser Analyse nicht zufrieden, bringt vielmehr ihre auf weiteren Unter­ suchungen beruhende Vermutung, daß das "Rätsel" ein Warnsignal bezeichnet, zum Ausdruck. Ebenso Kompetenz und Funktionalisie­ rung überschreitend (und von Ash ebenso kommentiert) wirkt ihr In­ teresse an Ashs mikroskopischen Analysen, wiederum verweigert Ash diese Einmischung. Diese wiederholten Auseinandersetzungen zwischen Ash und Ripley führen auch dazu, daß Ripley ihr Mißtrauen gegenüber Captain Dallas äußert. Seine Antwort "Ich vertraue nie­ mandem" entspricht der verordneten Verantwortung slosigkeit. Wenn Ripley auch in all diesen vorgelagerten Konflikten und Machtkämpfen unterliegt, bezeichnet die Ermächtigung des Zugangs zu "Mother" eine Umkehrung, die nach ihrer listigen Dekodierung des geheimen Befehls für Ash eine Erweiterung ihrer Rollenkonzeption bewirkt. In den folgenden Sequenzen wird Ripley abwechselnd sexualisiert in der weiblichen Opferposition (in den Kämpfen mit Ash und dem Alien) sowie in der starken Position des "female warrior" gezeigt werden.

Posing ... Zusammenfassend läßt sich sagen, daß bis zur Schlüsselszene zu­ ungunsten der Differenzen die Ähnlichkeit und Gleichstellung der 103

Astronautinnen betont wird. Nach der Szene im Computerraum - der magischen Kammer - von "Mother" erfolgt das Aufbrechen von Un­ terschieden, ermöglicht Ripleys Verwandlung bzw. Changieren eine Lektüre a posteriori, die auch vormals angedeutete Unterschiedlich­ keiten betont. Verwandtschaftsvephältiiisse Unter der Voraussetzung, daß die Konflikte zwischen den Astronautinnen als Konflikte der Abgrenzung gegenüber dem symbolischen, abwesenden Vater (Konzern) oder der phallischen Mutter ("Mother") auf die Ebene der Auseinandersetzung mit dem Monster verschoben werden, lassen sich in diesen Verhältnissen folgende Positionen ausmachen: • Passive, angepaßte Positionen werden eingenommen von der hysterisch gezeichneten Navigatorin Lambert, von Brett als nicht- sprechwilligem, rezeptivem Befehlsempfänger sowie vom apathi­ schen, mozarthörenden Captain Dallas, der wie ein semiotisch nicht abgegrenzter Sohn wirkt.

Lambert als hysterische Negativfolie der Acttonheldin • Als systemkonforme, überangepaßte Ideal-Söhne können Kane, der (über)eifrige Wissenschaftler (der damit seinen Tod verschuldet, vgl. in diesem Zusammenhang die Analogie seines Namens mit dem biblischen, ersten Mörder und Gesetzesübertreter "Kain") und der wissenschaftliche Offizier Ash gelten. • Die beiden signifikanten Außenseiter (die Frau Ripley und der schwarze Arbeiter Parker) grenzen sich auf narrativer Ebene deut­ lich ab und thematisieren ihre Differenz zu den anderen: Ripley ar- 104

gumentiert wiederholt ihr Mißtrauen gegenüber Ash (Dekodierung des Signals, Bedienung der Luftschleuse, Zugang zum Mikroskop, spätes Einchecken zur Besatzung), Parker fordert wiederholt höhere Prämien für seine Arbeit - beide initiieren alternative Vorschläge zur Rettung der Mannschaft. Eingedämmt werden diese Differenzen durch die entfremdete Kollektivität einer systematischen Unterordnung unter "Mother", die auch durch den selektiven Zugang zum Computer angezeigt wird. Die Szene der Dekodierung läßt sich demnach auch als mimetische Inszenierung eines psychoanalytischen Szenarios interpretieren. "Knowledge in psychoanalysis, on the other hand, is linked to the mother's body (knowledge of castration and hence of sexual difference, knowledge of where the babies come from) - so many tantalizing secrets revolving around the idea of an origin and the figure of the mother." 52 Der Bordcomputer "Mother" besetzt so sprichwörtlich die Position einer (phantasmatischen) Mutter: in ihr verschmelzen die lebens­ spendenden (lebensorganisierenden) Funktionen mit der damit ver­ bundenen Todesangst, die psychoanalytisch als Angst vor Rückkehr in den dunklen Schoß gedeutet werden und auf filmischer Ebene als verschlüsseltes Todesurteil, das der geheime Befehl für die Crew letztlich bedeutet, inszeniert werden.

4.5. Über Differenzen "Man kann die Frau oder die Weiblichkeit der Frau oder die weibliche Sexualität nicht mehr suchen. Zumindest kann man sie in den bekannten Formen des Begriffs und des Wissens nicht mehr finden, selbst wenn man nicht umhin kann, sie zu suchen." (Jacques Derrida) Die Aufdeckung der trügerischen Mutter erschüttert auch technolo­ giefixierten Fortschrittsglauben, d.h. die Intelligibilität und Kontrol­ lierbarkeit der Rationahtät symbohsierenden Maschinen und Screens

52 DOANE (1990), S. 170 105

scheint fragwürdig. Oder umgekehrt, läßt sich menschliches Begehren, vor der Folie einer sexuellen Chiffre nicht auch als "irrational" begreifen? "Da die Anderen als sexueller und sozialer Horizont praktisch ver­ schwunden sind, beschränkt sich der geistige Horizont des Subjekts auf den Umgang mit seinen Bildern und Bildschirmen. Was sollte da noch Sex und Begehren für es bedeuten?" 53

The (WoMilan and the Machine Die Videomechanismen und Computercodes geben den Bildschirm­ empfängerinnen die Illusion geglückter Investigation, Gefahr lauert aber immer dann, wenn eine Transmission von Daten mißlingt oder ein Bild verlorengeht. Auf der Ebene des Films wird die Aufdeckung von Differenzen zwischen Ripley und Ash auch auf der Achse des Zugangs, der Eingriffsmöglichkeit in das Programm des Bord­ computers Mother inszeniert. Ripleys erste Interaktion mit Mother (nachdem sie dazu befugt ist...) initiiert die Aufdeckung Ashs als Androiden. Da ich mich auf den nächsten Seiten genauer auf diese Szene konzentrieren möchte, sei hier ihr Inhalt kurz beschrieben: Mit der Zugangsberechtigung zum Bordcomputer "Mother" knackt Ripley den verschlüsselten Geheimbefehl für den wissenschaftlichen Offiziers Ash. Dieser verordnet die Sicherung des Fremdorganismus zu waffentechnischen Zwecken, auch auf Kosten des Überlebens der Astronautinnen. Ash unterbricht Ripleys Dekodierung, darauf folgt ein Wortgefecht, in dem Ripley Ash als Verräter anklagt. In ei­ ner Schuß-Gegenschuß-Aufnahme werden Ripley nasenblutend, Ash eine weiße Körperflüssigkeit transpirierende einander gegenüber ge­ stellt. Nach dieser bildlichen Konfrontation kommt es zu einem Kampf, in dem Ash gewaltsam gegen Ripley vorgeht. Angesichts sei­ ner außerordentlichen körperlichen Kräfte ist Ripley ihrem Angreifer

53 BAUDRILLARD, Jean: Videowelt und fraktales Subjekt. In: Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik. Leipzig 1991. S. 252 106

chancenlos ausgeliefert. Ripleys Überleben scheint gefährdet, als Ash letztlich einen Stapel zusammengerollter (Porno)Magazine in ihren Mund stopft, sie damit zu ersticken droht. (Im folgenden werde ich die Einstellung als "Penetration" bezeichnen; sowohl der ausgewählte Kamerawinkel - von oben - als auch die inszenierten Bewegungen verweisen auf diese sexuelle Assoziation eines Opfer- Täter-Verhältnisses). Ripley wird gerettet durch den herannahenden Parker, der Ash mit dem Viehtreiber angreift; im weiteren Kampf wird anhand Ashs Verletzungen klar, daß die außerordentliche Kampfstärke sich seiner androidischen Identität verdankt.

Ash penetriert Ripley mit einem Pornomagazin In dieser Szene manifestiert sich also ein Konflikt und eine Differenz, die sich bereits vorher im familialen Ensemble andeutete und v.a. (narrativ/sprachlich) auf der Handlungsebene abspielte. In Folge kulminieren diese Differenzen in der Übertreibung ihres wesenhaften Unterschieds: In ihrer dialogisch-agonalen Auseinander­ setzung um Kompetenz wird Ripley in Großaufnahme, nasenblutend ausgestellt. Die Porosität ihres Körpers wird konterkariert durch Ashs milch-/spermaartiges Transpirieren (auf der Stirn).

Körperflüssigkeiten: Ripley - Ash 107

Die Differenz zwischen Blut und Müch/Sperma läßt sich auf unter­ schiedliche Weise interpretieren: zum einen deutet der Unterschied zwischen Blut und Sperma auf eine anatomisch-biologische Differenz, die sich auf anthropologische Zuschreibungen von Männ­ lichkeit und Weibhchkeit bezieht, hin. 54 Oder, wie Francoise Heritier-Auge beschreibt: "Because, it seems to me, the raw material of the symbolic is the body - the prime place for the observation of sensory data - and because for any complex problem there can only be solutions that refer to explanations based on simpler and simpler data until they run up against elementary facts, I would propose that the reason for this is possibly a feature anchored in the female body (and not an incapacity for the concoction of sperm). What man values in man, then, is no doubt his ability to bleed, to risk his life, to take that of others, by his own free will; the woman "sees" her blood flowing from her body (Do we not, in French, usually say "voir" to see, for "avoir ses regies", to have one's period?) and she produces life without necessarily wanting to do so or being able to prevent ist. In her body she periodically experiences, for a time that has a beginning and and end, changes of which she is not the mistress, and which she cannot prevent. It is in this relation to blood that we may perhaps find the fundamental impetus for all symbolic elaboration, at the outset, on the relations between the sexes." 55

Als Milch interpretiert kann diese Körperäußerung jedoch auch als Verweis auf Ashs Gebundenheit (bzw. psychoanalytisch gelesen auf eine nicht gelöste Bindung mit der Mutter) an "Mother" gesehen wer-

54 "Hence, the main point of reflection concerning the genesis of blood and semen... deep-rooted as it is in the anatomy and the physiology of both the human and the animal body, comes up against an initial constraint of a purely physical order. I believe that this constraint explains why people living in very different epochs and in very different parts of the world have arrived at remarkably similar theories, as well as why those theories, in their explanatory acuteness and sophistication, sometimes tally with the most modern knowledge on the subject." HERITIER-AUGE, Francoise: Semen and Blood. Some Ancient Theories Concerning Their Genesis and Relationship. In: FEHER, Michel; NADAFF, Ramona; TAZI, Nadia: Fragments for a History of the Human Body. Part Three. New York 1989. S. 160/161 55 HERITIER-AUGE, Francoise: Older Women, Stout-Hearted Women, Women of Substance. In: FEHER et.al.(1989), S. 298 108

den. s6 Damit situiert sich der Angriff von Ash im familialen En­ semble mit seinen sexuellen Repressionen. An Sobchack Thesen zur "Krise der Familie", sowie Woods Analyse des Horrorgenres im Rahmen der Repressionshypothese erinnernd, nimmt Ash damit die Position des Kind-Monsters ein, das als Produkt der kontaminierten Familie agiert - unabhängig davon, ob die Familie als schuldig oder unschuldig angesehen wird. Das Aufscheinen dieser körperlichen Differenz situiert sich be­ reits vor dem Kampf zwischen Ash und Ripley, der so als Zu­ spitzung des Austragens der wesenhaften Unterschiede angesehen werden kann. Jenseits dieser Unterscheidungskriterien von Mensch versus Android bzw. Frau versus Mann thematisiert dieses "Bluten" /"Schwitzen" Körperlichkeit auch hinsichtlich der Hautgrenze. Die Durchlässigkeit der Körperoberfläche antizipiert damit die Ver­ letzungsoffenheit. Diese Ähnlichkeit der Körper - begriffen als Ka­ pazität, Inneres nach Außen treten zu lassen - stellt neben der Dif­ ferenzbetonung dennoch eine Verminderung von Ash* s männlicher Sexualisierung her. Seine "hysterische" Inszenierung des Taumeins, Schreiens bzw. die Mimesis des "Großen hysterischen Bogens" wecken Assoziationen zur Weiblichkeit; das Groteske dieses nur vorgeblich "männlichen", in jedem Fall aber "anderen" Körpers, ergibt sich aus der Fähigkeit, penetriert zu werden. Genau diese Motiv wird jedoch aufgenommen, verschoben und pervertiert: Als weitere exaltierte Verschärfung des Konflikts und der Differenz erweist sich Ashs Penetration von Ripley mit porno­ graphischen Magazinen. Konterkariert wird dieser sexuelle Übergriff von Ash dann jedoch wieder durch die von Parker durchgeführte Enthauptung Ashs, die als Kulmination einer weiteren Entstellung dieses Spiels um wesenhafte Unterschiede fungiert. Festzuhalten bleibt, daß die wesenhafte Differenzierung zu­ sätzlich sexualisiert wird, bzw. durch Parkers Eingriff, den Angriff

5" Die unterschiedlichen Konnotationen dieser Körperflüssigkeiten erinnern an das biblische Tabu der Mischung von Blut und Milch, bzw. verweisen in diesem Kontext auf die strenge Trennung der Geschlechter. 109

auf das Haupt, erst gelöst wird: Die Penetration von Ripleys Rachen findet vor und mit ausgestellten Pornoheften statt und weckt Assoziationen zum Opferbegriff. Da die Aufdeckung von Mothers Sonderbefehl den narrativen Konflikt zwischen Crew und Monster verschiebt auf die Ebene zwi­ schen Ripley und Ash, soll im nachfolgenden Exkurs der Bedeu­ tungsvielfalt dieser Auseinandersetzung nachgegangen werden.

Eine "Rhethorik der Gewalt**: Zur Aktualität eines gynäkologisches Modells Historisch und kulturell gilt bei Frauen der Hals bzw. Nacken sowohl als erotische Körperzone, die Schönheit konnotiert, ebenso be­ zeichnet sie eine Körperregion goßer Verletzlichkeit. So gilt, was Nicole Loraux bereits im Rahmen einer Analyse antiker Tragödien für Opferhandlung und weiblichen Selbstmord konstatiert: "There is no point in multiplying examples of dere (dere = "the front of the neck, the throat", Anm. M.S.) in a sacrificial context. All that one need say is that, where there is dere, there is still breath and life. At this word, more than once, the description of an immolation pauses as the menace is for a moment held back, and the virgin, with the knife at her throat, still breathes. But where a throat has already been cut or is being penetrated by the sword, dere gives way to laimos, the word for the throat considered as the gullet; for once the fair surface of the neck has been pierced, death starts to slip into the interior of the body." 57 Der weibliche Tod sitzt also im Hals: "The conclusion of this analysis that we cannot avoid: death lurks in the throats of women, hidden in their beauty, which the texts never evoke more freely that at the precise moment when their lives are threatened and in the balance. (...) The Euripidean fantasy of the knife on the throat reveals tragedy's concept of feminine seduction, which is especially dangerous for the women who is its too vulnerable agent." 58

57 LORAUX, Nicole: Tragic Ways of Killing a Woman. Cambridge/London 1987. S. 51 58 LORAUX (1987), S. 52f 110

Diese geschlechtsspezifische Verortung und Signifikation einer Körperregion kann ebenso mit antiken Vorstellungen über weibliche Andersartigkeit assozüert werden. Der weibliche Tod sitzt also im Hals und wiederholt die Monotonie eines gynäkologischen Denkens, das der Frau nur zwei Öffnungen zugesteht: Vagina und Mund. Diese Vorstellungen weiblicher Differenz bilden darüber hinaus die Basis ätiologischer Erklärungen der Hysterie, die, nach Christina von Braun, verstanden werden kann als Folie zur Entzifferung historischer Mo­ delle von Geschlechterdifferenz.

""Hystera" ist das griechische Wort für Gebärmutter, "hysteria" heißt soviel wie die Wanderung der Gebärmutter. Über Jahrhunderte galt die Wanderung der Gebärmutter als Erklärung für bestimmte Symptombüdungen, die einzig bei Frauen auftraten - und für die sich keine organischen Ursachen feststellen ließen. Man betrachtete die Gebärmutter als eine Art von Tier, das im Leib der Frau wohnt und dann, wenn es "unbefriedigt" ist, rastlos zu wandern beginnt. (...) Erstickungsanfälle erklärte man damit, daß "das Tier" auf seiner Wanderung am Engpaß zwischen Kopf und Körper angelangt sei und nun dort Atembeschwerden verursache." 59

Historische Hysterietherapie bezog sich, nach von Braun, auf die Be­ sänftigung des "Uterus-Tieres" durch Mutterschaft oder Ge­ schlechtsverkehr.

Anhand dieser beiden antiken Beispiele wird deutlich, welcher ästhetischen und medizinischen Verfahren die Konstruktion von Differenz (der Differenz von Weiblichkeit in ihrem Verhältnis zur normativen heterosexuellen weißen Männlichkeit) sich verdankt bzw. durch welche Körpervorstellungen und -Inszenierungen sexuelle Differenz ihren Ausdruck findet. 6°

59 BRAUN, Christina von: Nicht Ich. Logik, Lüge, Libido. Frankfurt am Main 1988. S. 34 60 Auf die (historischen, philosophischen) Kontexte beispielsweise einer aristotelischen Zeugungstheorie für die griechischen Tragödien bzw. se­ xualwissenschaftlichen Theorien von Frigidität oder der Erfindung des Mannweibes als Hintergrund einer Entstehungsgeschichte der Hysterie kann hier nur verwiesen werden. Ill

Diese Therapien zur Normalisierung von Frauen ebenso wie die Verfahren der Tragödie bilden analoge Beispiele zur narrativen Ver­ schiebung des Plots in "Alien" - allesamt Verfahren, die Teresa de Lauretis 61 als "rhethoric of violence" beschreibt. Unter Bezugnahme auf Juri Lotman, so analysiert sie, ergibt sich die gewaltsame Rezi­ prozität von engagiertem Subjekt und Objekt im Mythos durch das Setting des Helden und der ihm entgegenstehenden Hindernisse. Die Subjektivität des Helden resultiert aus der Bewegung entlang und durch die Narration, Differenzen und Normen angesichts der Hin­ dernisse zu etablieren. Diese Hindernisse dagegen lassen sich, nach de Lauretis, als Funktion des Raumes beschreiben: als Grenz­ markierungen, die die Dichotomie von mobil versus immobil ange­ ben und insofern auch das Verhältnis von Subjekt und Objekt struk­ turieren. Jenseit der matriziellen Funktion des Weiblichen/der Frau als Garantie der Narration 62 soll an dieser Stelle die Gewaltsamkeit dieses Verfahrens deutlich werden. Im Unterschied zur melodrama­ tischen Paarbindung thematisiert diese Rhethorik in einigen Genres oder Erzählungen die zur Ausbildung und Erlangung von Subjektivi­ tät notwendige Überschreitung und Bezwingung von Grenzen oder Figuren. Ihr Grundmuster zeichnet sich dadurch aus, daß die Hin­ dernisse stereotyp morphologisch weiblich charakterisiert sind: d.h. durch sie werden meist geschlossene Räume (Käfig, Höhle, Haus, Frau) markiert, deren Eintritt als Überschreitung geahndet wird. In diesem Setting verkörpert der Held das aktive Prinzip, das Grenzen und Differenz etabliert, die Frau bzw. die weiblich inszenierten Räume und Objekte bieten Raum für seine Bewegung. Übertragen auf "Alien" eröffnet dieses Modell weitere Argumente zur Camouflage der höhlen- und schlauchartigen Architektur des Raumschiffes Nostromo und des Ursprungsortes des Monsters, und kann als weitere Analogie zwischen Ash und dem von ihm bewun­ derten Ungeheuer konstatiert werden.

"* DE LAURETIS, Teresa: Technologies of Gender. Essays on Theory, Film and Fiction. Houndmills/London 1991. "2 DE LAURETIS, Teresa: Alice doesn't. Feminism Semiotics Cinema. Houndmills/London 1984. 112

Vaginale Öffnungen führen ins fremde Raumschiff

Die Repräsentation des Hauses als Symbol von Weiblichkeit gut als traditioneller Topos des Horrorgenres. Die Inszenierung kathar- tischer Grenzverletzungen im Haus bezieht ihre Ambiguität aus den zuwiderlaufenden Charakterisierungen von Schutz- und Zufluchtsort versus Schlachthaus und Todesfalle, die kein Entkommen zuläßt. Aufgerufen werden damit Primärphantasien, die in der Analogie von Haus und Uterus diese als Geburts- wie Todesort imaginieren. "The symbolization of the womb as house/room/cellar or any other enclosed space is central to the iconography of the horror film. Representation of the womb as a place that is familiar and unfamiliar is acted out in the horror film through the presentation of monstrous acts which are only half glimpsed or initially hidden from sight until revealed in their full horror."63 Das Haus als Ort des Unheimlichen wird so analog zu einem weibh­ chen Körper gesehen, seine (architektonischen) Teile werden feti- schisiert. Damit erklären sich auch die sexuellen Anspielungen, die sich in den Untergeschossen der Raffinerien ereignen sowie die Be­ drohlichkeit der Architektur von Raumschiff und fremdem Planeten, die körperinneren Strukturen gleichen bzw. als Mimesis weiblicher Genitalien aufgefaßt werden. "The haunted house is horrifying precisely because it contains cruel secrets and has witnessed terrible deeds usually committed by famüiy members against each other. Almost always the origin of

63 CREED, Barbara: The Monstrous-Feminine. Film, Feminism, Psycho­ analysis. London/New York 1993. S. 55 113

these deeds takes us back to the individual's quest for her or his own origins which are linked to three primal scenes - conception, sexual difference, desire. The house becomes the symbolic space - the place of beginnings, the womb - where these three dramas are played out." ^ Die Furcht vor weiblicher Differenz findet also ihre Symbolisierungen in ästhetischen wie medizinischen Verfahren. Die Symbolisierung von Hindernissen, die durch geschlossene Räume repräsentiert werden, korrespondiert hinsichtlich der Bedrohlichkeit des weiblich-mütterli­ chen Körpers mit der Sexualisierung, erotischen Besetzung oder ta- buisierter Vermeidung weiblicher Körperöffnungen. Zurückgehend zur Ebene des Filmes, sei erinnert an die Invasion des Alien, die vermittels des face-huggers, der sich um Hals und Mund von Kane schlingt, die (aggressive) Symbiose von menschlichem und nicht­ menschlichem Körper anzeigt. Ashs Penetration von Ripley als Kol­ lision ebensolch differenter Körper, könnte auch als Wiederholung dieses Motivs gelesen werden. Die Sexualisierung der Zone von Hals und Mund soll auch im weite­ ren verfolgt werden: "The ideal of impregnation by the "pneuma" is ancient and widespread in both learned and popular beliefs, and it turns up repeatedly in occult films in connection with the reproduction/possession complex of ideas. It plays on an equally ancient and widespread association between the vagina and the throat - an association reflected in the fantasy of the vagina dentata, the German word for the neck of the uterus, Mutterhals ("mother throat"), and in the folk belief that the body is open to the devü both during sneezing and during orgasm." 65

64 CREED (1993), S. 55 65 CLOVER, Carol: Men, Women and Chainsaws. Gender in the Modern Hor­ ror Film. Princeton 1992. S. 79 Zur Vagina Dentata: "The tooth has always been accorded to a special, magical role among all peoples and at all times, and has stood for power, and its loss for loss of power. In ancient folk belief, and in our nightmares today, every tooth that falls, naturally or forcibly extracted, is a more or less symbolic little death. Even - especially - the mutilation of teeth for aesthetic, totemistic, apotropaic and sacrificial purposes, which is so foreign to the Western tradition, has its roots in their power 114

Damit angesprochen wird der Topos der Besessenheit, ein Klischee des Horrorfilms, das seine sexuelle Konnotation aus der oralen Penetration des Opfers bezieht. Eine weitere Assoziation, die sich auf die sexuelle Markierung des Halses beruft (und in Zusammenhang mit der Ausübung von Gewalt bzw. Unterwerfung steht) bietet das Motiv des Vampirs. Der Vampir als wiederkehrender Toter bezeichnet, ähnlich wie der Android Ash, ein Grenzwesen. Diese Interpretation Ashs als Vampirs eröffnet nochmals einen Blick auf die verschlingend-zerstörerische Gewinn­ sucht des Konzerns, die vermittelt wird durch die Passivität des Be­ fehlsempfängers Ash. Weitergehend verweist die Penetration von Ripleys Hals vor diesem Hintergrund auf die Bisse des Vampirs, de­ ren sexuelle Konnotation die Mutterbindung ins Spiel bringt und Ash damit erneut in ein (symbiotisches) Verhältnis zu Mother setzt. Da es den Rahmen dieser Arbeit überschreiten würde, die Ge­ nealogien dieser Motivgeschichte sowie ihrer unterschiedlichen Interpretationen zu beschreiben, möchte ich mich auf die Auswahl eines Argumentes beschränken. Barbara Creeds Untersuchung der unterschiedlichen Repräsentationen weibhcher Monstrosität begreift die Mythen des Vampirs als Thematisierung weiblicher Differenz 66. Shuttle und Redgroves Untersuchung einer Geschichte der weibh­ chen Menstruation folgend, verweist der Konnex von Vampir und Blut auf die mythische Gestaltung eines Übergangsritus, der das Frau-Werden junger Mädchen symbolisiert. Beim vampiristischen Biß in den Hals repräsentiert dieser demnach den Gebärmutterhals, aus dem das Blut in die Vagina gesaugt wird, damit auf diese Weise der Übergang, die Verwandlung stattfinden kann. Auffallend ist die be­ reits oben angeführte Analogie, die zwischen Hals und Gebär-

symbolism. " KUNZLE, David: The Art of Pulling Teeth in the Seventeeth and Nineteenth Centuries: From Public Martyrdom to Private Nightmare and Political Struggle. In: FEHER et.al.(1989), S. 30 "Our age of psychoanalysis and dream interpretation has not difficulty in seeing (fear of) loss of teeth as fear of death and castration, as well als loss of power generally." KUNZLE (1989), S. 81 "6 Insofern Blut als Metapher für Lebenssaft mystifiziert wurde, verweist das Motiv des Vampirs auf Ursprungsmythen ebenso wie auf den Opfer­ kult. 115

mutterhals hergestellt wird. Der durch die Initiation erfolgte Status­ wechsel erlaubt auch eine Lesart des Vampirismus als Metapher der Defloration. "It is possible to interpret the vampire myth as a story about deflora­ tion. The vampire bites the woman, the teeth penetrate her neck, blood flows. She is transformed from an innocent into a creature of the night who, because she has been sexually awakened, is now a threatening female figure." 67 Damit wird die Bedrohlichkeit einer Differenz, die eine weibliche Anatomie kennzeichnet, verschoben auf ein Monster und in dieser Verkörperung kontingent gemacht. Der Vampir repräsentiert den sexuellen Initiator; das zumeist weibliche Opfer erfährt als "Medium" dieser Metamorphose einerseits eine Entmächtigung, andererseits verweist gerade diese Art der Vermittlung auf die Bedrohlichkeit der körperlichen Differenz.

Eine weitere Lesart, die sich der sexuellen Gleichung von Vagina und Mund bedient und die konstruierte Verkörperung weibhcher Anders­ artigkeit stützt, schließt an Linda Williams Genealogie der Verän­ derungen im pornographischen Genre an. Das im folgenden zitierte Filmbeispiel nimmt die erotische Signifizierung weiblicher Körper­ öffnungen erneut auf, verschiebt das Motiv der sexuellen Viktimisie- rung jedoch auf die Ebene der durch Gewalt zu kompensierenden Unsicherheit männlicher Potenz angesichts der Unsichtbarkeit weib­ licher Lust (und damit "Sexualität"). Williams erinnert diesbezüglich an den 1972 herausgekommenen Porno "Deep Throat", der einen Paradigmenwechsel in diesem Genre einleitet: Ein dominantes Motiv des Genres bildete bislang der "Money Shot" (männliches Ejakuheren außerhalb des weiblichen Körpers), der als Zeichen und Indiz für männliche Lust und Potenz fungierte. Die Lust der Frauen galt als unwesentlich, sie blieb unsichtbar und unzeigbar; ihr Stöhnen, ihre Sprache bestätigte "seine" Lust, "seine" Potenz - und konnte jenseits der Rückschlußlosigkeit allenfalls als Simulation entziffert werden.

67 CREED (1993), S. 66 116

"Deep Throat" thematisiert erstmals die Unterschiedlichkeit (individuellen wie) geschlechtspezifischen sexuellen Begehrens, in­ dem die Protagonistin Befriedigung ihrer Lust erst dann einfordern kann, als ein Sexualwissenschaftler den Sitz ihrer Klitoris im Hals lokalisiert. "... it (the fetish of the money shot, Anm. M.S.) is the obsessive attempt of a phallic visual economy to represent and "fix" the exact moment of the sexual act's involuntary convulsion of pleasure. The money shot utterly fails to represent the satisfaction of desire as involving a desire for, or of, the other; it can only figure satisfaction as failing to do what masculine sexual ideology frequently claims that the man does to the woman: to occupy, penetrate, possess her. Thus the solipsistic withdrawal from the other to the self paradoxically constructs another "memorial to lack" right where we might most expect to see presence and fullness. It would be wrong, however, to repeat Freud's misrecognition and to call this lack "castration". We might more properly call it a lack of relation to the other, a lack of ability to imagine a relation to the other in anything but the phallic terms of self." 68

Krisenherde und Grenzverläufe Ob die Penetration Ripleys nun als Zitat des richtungsweisenden Pornos intendiert ist (oder nicht), bemerkenswert scheint mir die Koinzidenz der Darstellung expliziter sexueller Aktivität mit Gewalt. Die VisualisierungAJnterwerfung Ripleys kann in diesem Kontext wei­ tergehend als pornographische Inszenierung eines erzwungenen "Blow-Jobs" entziffert werden, - die angesichts des heterosexuellen Rahmens, der symbolisch präsentiert wird, dennoch auf die sexuelle Impotenz/Potenz von Ash verweist. Damit wird einmal mehr dessen Mangel an Beziehung zu den Anderen betont, bzw. wird durch die Intimität der dargestelltion Handlung die Differenz zwischen ihm als Android zu den Menschen bzw. als "Mann" zur Frau über­ repräsentiert.

68 WILLIAMS, Linda. Hard Core. Power, Pleasure and the "Frenzy of the Visible". Berkeley/Los Angeles 1989. S. 113f 117

Die angezeigten Argumente sollen zeigen, daß die situativen, auf den Kontext bezogenen Sexualisierungen von Orten und Körpern sowie die stattgefundenen Verschiebungen der evozierten Assozia­ tionen und Konnotationen einer Zuspitzung und einem Aufschub der Matrix des Konflikts dienten. Der auslösende, generative Konflikt si­ tuiert sich vor diesem Hintergrund nicht in der Differenz zwischen Crew und Monster, sondern ist dem familialen Krisenherd als Differenz zwischen Mensch und Android/Cyborg eingeschrieben. Donna Haraway definiert einen Cyborg folgendermaßen: "A cyborg is a cybernetic organism, a hybrid of machine and organism, a creature of social reality as well as a creature of fiction. ... The cyborg is a matter of fiction and lived experience that changes what counts as women's experience in the late twentieth century. This is a struggle over life and death, but the boundary between science fiction and social reality is an optical illusion. ... Cyborg replication is uncoupled from organic reproduction. ... The cyborg skips the step of original identification with nature in the Western sense. ... The main trouble with cyborgs, of course, is that they are illegitimate offspring of militarism and patriarchal capitalism, not to mention state socialism. But illegitimate offspring are often exceedingly unfaithful to their origins. Their fathers, after all, are inessential." 69 Auch wenn die Cyborg-Mythe sich im Falle von "Alien" (vor allem hinsichtlich der Vatergesetz-Subversion...) nicht bruchlos über­ nehmen läßt, bietet die Figur des Ash einen Drehpunkt, von dem aus sich die triangulierten Bezüge verschieben und neu kombinieren. Ebenso wie Ripley als Repräsentantin der Macht installiert wird, wird auch Ash in seiner Unterschiedenheit von den übrigen Crew­ mitgliedern visuell und narrativ herausgehoben. Die agonale Struktur von Monster versus Crew als dualer wird aufgehoben, der Android als Bindeglied (derjenige, der Ähnlichkeiten mit dem Monster und mit den Menschen verkörpert) tritt als Träger des Konfliktes in Erschei­ nung. Seiner chimärischen Stilisierung als monströser Android ent-

69 HARAWAY, Donna: Simians, Cyborgs and Women. The Reinvention of Nature. London 1991. S.149-151 118

spricht auch seine Sexualisierung, da er hinsichtlich seiner Sterilität vielleicht sogar als filmische Verkörperung einer Junggesellen­ maschine gelesen werden könnte. "Im Gegensatz zu wirklichen Maschinen und sogar im Gegensatz zu imaginären aber rationellen und wirklichen Maschinen erscheint die Junggesellenmaschine als unmöglich, unnütz, unverständlich, wahnsinnig. ... Die Junggesellenmaschine ist ein Trugbild, dem man im Traum begegnet, im Theater, im Kino oder auf dem Übungs­ gelände der Kosmonauten." 7° Die (im Film bis dahin) augenscheinliche Gefahr für die Mannschaft, das Auen, entkleidet sich in der Aufdeckung von Ashs Sonderbefehl damit nur als sekundäre Monstrosität aus der Sicht der Opfer. Seine "Natur" gehorcht lediglich seinem genetischen Code, der Anpassung und Mimikry an/in fremde(n) Umgebungen. Als eigentliches Monster etabliert sich Ash, als Betrüger innerhalb der Familie; als einer, der Gruppenintegrität vorspiegelte, die Crew jedoch zugunsten der waffentechnischen Sicherstellung des fremden Organismus opfern würde. Die Abwesenheit von generativer Potenz ist es vielleicht auch, die jenseits des Konzernbefehls - filmisch inszeniert durch die "emotio­ nale Überreaktion" des Androiden wie Transpiration, Penetration, Zynismus - der Beziehung von Ash zu Alien Bedeutung verleihen. Ash's Bewunderung des fremden Organismus ("Ich bewundere seine konzeptionelle Reinheit") verweist etymologisch auf den Topos der Empfängnis und kann als Herstellung eines Verwandtschaftsver­ hältnisses gesehen werden. Die phallische Penetration Ripleys wiederholt die Penetration Kanes durch Alien, bzw. könnte sie als mimetische Aneignung der (dem Androiden fehlenden) Generativität oder Sexualität jenseits des Biomechanoiden gesehen werden. Nicht das Alien demaskiert sich als Parasit, der die Rückkehr des Verdrängten symbolisiert, sondern der Kannibalismus eines lebens­ verschlingenden, devianten (kapitalistischen) Systems, dessen Vor-

70 CARROUGES, Michel: Gebrauchsanweisung. In: Katalog Junggesellen- maschinen/Les Machines celibataires. S.21 119

Stellung ("..ultimate technological fantasy is creation without the mother" 71) von künstlicher Mutterschaft diese mit einem anderen männlichem Phantasma des Todes kurzschließt. Anders formuliert: Die menschliche Gesellschaftsordnung dieses Science Fiction zeich­ net sich durch die Verwischung von Unterschieden aus; d.h. ein Android gilt als "menschengleich" (Inszenierung der Unterschieds- losigkeit) bzw. ist durch den Sonderbefehl als (seine Mitmenschen) Überlebender und damit Überlegener positioniert. In diesem Zu­ sammenhang erklärt sich auch die Verdrängung weiblicher Differenz der Astronautinnen (als "den Männern gleich/gestellt/e").

Differenz und Tod Diese Auslöschung von Differenz (seitens des Androiden, seitens der ausgeblendeten Generativität der Frauenfiguren) impliziert die Verdrängung von Natalität und damit auch des Bewußtseins von Sterblichkeit. Der Logik dieser Ökonomie entspricht der kriegerische Imperialismus der Sicherstellung des generativen Fremdorganismus zu waffentechnischen Zwecken. Diese Neutralisation weiblicher Differenz zugunsten einer Homologisierung, die Teilnahme an der modernen kapitalistischen Gesellschaft gestattet, nimmt auch Jean- Francois Lyotard zum Ausgangspunkt seiner Analyse der Performa- tivität von Sex n (in der Fiktion wie der Demokratie). Die List männ­ licher Vernunft, so schreibt er, bedient sich des Todes, um sich von der Bedrohlichkeit weiblicher Differenz zu lösen. "Wenn die Frauen zivilisiert und das heißt: vermännlicht werden sol­ len, dann müssen sie die Angst zu sterben erfahren und sie über­ winden. Andernfalls geben sie entweder nach und werden unter­ worfen...; oder sie lassen sich nicht unterwerfen: dann tötet man sie ein bißchen, und es gibt tote Soldaten, aus denen man Helden ma­ chen kann. Sklavinnen sind nie sicher; wirklich zivilisierte Frauen sind Tote oder Männer." 73

71 DOANE (1990), S. 167 72 LYOTARD, Jean-Francois: Der Einsatz in den Kämpfen der Frauen. In: ders.: Das Patchwork der Minderheiten. Berlin 1977. 73 LYOTARD (1977) S. 54/55 120

Ein Kriterium der Differenz innerhalb der Geschlechterverhältnisse bildet für Lyotard das Verhältnis der Geschlechter zum Tod; ich würde ergänzen, zu Gebürtlichkeit und Sterblichkeit 74. Seine Be­ schreibung der symbolischen Funktion (die Liebe zum anderen Ge­ schlecht dient nicht der Anerkennung von Differenz, sondern der Befriedigung von narzißtischen Bedürfnissen mittels Reproduktion) läßt sich als Kritik am Heterosexismus lesen. "Die Männlichkeit konstituiert sich um einen Preis, den des Lebens; nur wenn er sterben kann, kann der Körper sprechen, und jedesmal wenn er genießt, riskiert er, wieder ein Körper ohne Gesetz, ohne Sprache zu werden, der nur zu leben und zu lachen fähig ist. Die Liebe ist für den Mann ein Kampf, in dem seine Männlichkeit, und das heißt: die Kultur auf dem Spiel steht. Die Männer - zumindest im Abendland - lieben nicht die Liebe, sondern den Sieg." 75

Die konstatierte Todesökonomie sei im folgenden auf der Ebene des Filmes noch weiter verfolgt. "Ströme von Blut, Flüsse von Körpersäften jeglicher Art ergießem sich immer erst am Ende. Dann wenn es nicht mehr zurückgehalten werden kann, wenn die Schließmuskeln versagen, und das Innere unaufhaltsam nach außen dringt." 76 Während Brett, Dallas, Lambert und Parker zwar von einem gewalt­ samen bzw. eruptiv zupackenden Monster getötet werden, läßt sich keine eindeutige "Killermethode" des Monsters identifizieren 77.

74 Oder, wie Helene Cixous meint: "..der Ursprung ist ein männlicher Mythos, das ist: ich will immer wissen, wo ich herkomme. Die Frage "Wo kommen die Kinder her?", das ist im Grunde die männliche Frage. Der Be­ zug zum Ursprung, dargestellt durch ödipus, ist kein Bezug, der das weibliche Unbewußte heimsucht." CIXOUS, Helene: Geschlecht oder Kopf. In: dies.: Die unendliche Zirku­ lation des Begehrens. Berlin 1977. S. 41. Ohne im weiteren Cixous'affirmativer Beschreibung einer bestimmten (essentialistischen) weiblichen Ökonomie folgen zu wollen, die als rela­ tionale, auf die phallogozentrische Norm sich bezieht und deren Konsti­ tutionsbedingungen nicht unterminiert, stimme ich deren Analyse der Ge- schlechterverhältnisse zu. 75 LYOTARD (1977), S. 57 76 REICHERT, Holger: Köstliche Schauer und der Geschmack am Anderen. In: PALM/ROBNIK (1991), S.74 77 Auch vielfaches Zurückspielen des Filmes in Zeitlupe ließ keine eindeu­ tige Identifizierung der Tötungsart zu, weder kannibalisches Verschlingen noch ein Zerreißen der Körperoberflächen konnte ausgemacht werden. 121

Interessant scheint auch, daß Kanes zerschundener Leib rituell bei­ gesetzt werden kann, während die Leiber der anderen gar nicht mehr oder nur als zerstückelte Leichenteile aufgefunden werden (Dallas Körper verschwand, Parker: "Nur die Waffe lag noch da"; Parkers Leiche ähnelt einem baumelnden, ausgeweideten, nicht mehr vollständigen Körper). Unklar bleibt also eine Motivation des Monsters, das tötet, um sich zu ernähren, weil es sich bedroht fühlt oder ob seine "Eigenart" aus todbringender Aggressivität besteht. Aufgebrochene Körperoberflächen und damit die Sichtbar­ machung eines (im cleanen Ambiente tabuisierten) Körperinneren werden filmisch explizit an den Körpern von Kane (die Geburt des Alien) und Ash (seine Enthauptung deckt sein biomechanoides Innenleben auf) gezeigt. Die Ähnlichkeit bzw. Verwandtschaft dieser, von mir als "Ideal-Söhne" bezeichneten Männer mit dem Alien, läßt sich auch anhand folgender Bezüge nachweisen. Auffällig in diesem Zusammenhang ist die inszenierte Wiederholung einer körperlich­ medizinischen Untersuchung: Im Zustand parasitärer Infektion wird Kane von einem Lasermonitor abgetastet, seine Körperoberfläche ist jedoch geschlossen. Die Untersuchung offener Körper (oder besser: Organismen) betrifft vielmehr andere Körper und indiziert ein neues Ähnlichkeitsverhältnis, das ebenso auf der Ebene der Camouflage von Technologischem und Naturhaftem angesiedelt ist.

Die Krake auf dem Seziertisch

Zum einen hängt dies mit der nur wenige (ca. 2-3) Bildkader umfas­ senden Inszenierung zusammen, andererseits blieben auch Kamerawinkel und Perspektive für die Zuschauerinnen unklar, da lediglich diverse Körperteile, wie etwa Parkers schmerzverzerrtes Gesicht versus tropfen­ des Kiefer von Alien oder liegender Körper von Brett gegenüber der her­ abschnellenden Bewegung des Kopfes von Alien, auftauchen. 122

Die Rückseite der knochenartigen, skelettartigen Krake ("face- hugger") gibt den Blick frei auf molluskenartige, fleischig-wabernde Organe, die an Innereien erinnern. Ash ist derjenige, der diese Organe mit einem elektronischen Skalpell untersucht. Wiederholt und variiert wird dieses Motiv später, als Ripley den aufgerissenen Rumpf von Ash einer analogen Untersuchung unterzieht und die ab­ gerissenen Kontakte zu reparieren sucht. In beiden Einstellungen focussiert die Kamera den Blick auf das Innere (die Organe, die Synapsen), der/die Untersuchende ist im Profil (wenn überhaupt ein­ geblendet) positioniert, ausgestellt sind vielmehr deren/dessen Hände, die im Inneren des jeweüigen Körpers stochern.

Die Eingeweide des Cyborg Ash Mit dem Aufbrechen von Ashs Körperoberfläche, die sein biome­ chanoides Innenleben und seine Identität als Android preisgeben, erhellen sich gleichzeitig vorher angedeutete semiotische Bezüge, die das Verhältnis der Crewmitglieder zu Mother thematisieren. Bei gemeinsamen Mahlzeiten war Ash wiederholt und als einziger milchtrinkend gezeigt. Neben der differenzbetonenden Komponente, die Ashs Transpirieren im Kampf mit Ripley aufwies, erhellt diese Lektüre a posteriori die Konstruktion der Verwandtschafts Ver­ hältnisse, also der Ähnlichkeiten und Unterschiede der Astronautinnen, in Bezug auf Mother. Der Konnex von Nahrung und Identität verweist, wie folgendes Zitat unterstreicht, auf die Obszö­ nität der (subtilen) Verdrängung von Triebregungen und thematisiert erneut die Grenzlinien, die zwischen Mensch und Maschine, Mann und Frau gezogen werden. 123

"Wenn es ums Essen geht, stellt sich die Frage nach dem Nicht- Identischen, dem Verinnerlichten, stellt sich die Frage nach dem Rest, der nicht Ich ist. Die Exkremente zum Beispiel gehören ebenso zum Verdrängten, zum Nicht-Ich wie die verdrängte Lust, verdrängte Sexualität oder verdrängte Triebregungen jeglicher Art. Die Parasiten verwischen die vorerst erkennbare Grenze zwischen Körperinnerem und Körperäußerem, zwischen dem Reinen und dem Schmutzigen, zwischen Über-Ich und Trieb, zwischen Eigenem und Fremdem. Wo diese Grenzen verschwimmen, gibt es Probleme bei der Ich- Findung." 78 Vorgeführt werden soll also Ashs Verfaßtheit als Bindeglied zwischen dem Monster und der Crew, deren genealogische Herkunft hergestellt wird durch das Phantasma der Mutter. Repräsentiert durch den Bordcomputer ist hier die Schnittstelle von materiellen Körpern (die Lebensversorgung der Crew) und Technologie (Stimme und Programm) auszumachen. In der Auflistung der semiotischen Bezüge ergibt sich, neben der Bereitschaft zur Unterordnung unter die Konzerninteressen eine weitere Analogie ("Bruderschaft") zwischen Ash und Kane. Während alle übrigen Getöteten fragmentarisch aufgenommen sind, beste­ chen diese beiden Toten durch ihre aufgebrochenen Körper.

a,V

Der „hysterische" Ideal-Sohn Kane Beider Todesstellung wirkt wie eine Nachahmung des "Großen hysterischen Bogens", aufgebäumte Oberkörper, aufgerissene Torsi (Kane durch die Geburt des Alien; Ash durch taumelndes Stürzen

78 REICHERT (1991), S.77/78 124

nach der Enthauptung), aus denen sich Blut- bzw. Milchströme ergießen, bis ebenso analoge Großaufnahmen ihrer zuckenden Finger das Eintreten der Todes-/Funktionssteife ausstellt. Eine weitere Verwandtschaft (mit dem Monster) anhand des Todesbeweises ergibt sich auch im Bild der Todesfeststellung beim "face-hugger": Er wird mit einem elektronischen Skalpell angestochen, dies erinnert an den Todesstoß, den Lambert dem taumelnden Ash mit dem (für die Alienjagd präparierten) Flammenwerfer versetzt. Zusammenfassend lassen sich die Argumente, die die unter­ schiedlichen Stationen von Sexualisierung einnehmen, folgenderma­ ßen sammeln: Auf der Basis von nicht-linearer, vielfältiger Re­ produktion können die Mimesis des Mütterlichen seitens des Pla­ neten und der Nostromo sowie die Verschmelzung weiblicher Or­ gane mit Ornamenten biologischer und technologischer Texturen gefaßt werden. Die Konfusion von Tropen unterschiedlicher Identitä­ ten operieren weiters hinsichlich der "Sterilität" der weiblichen Astronautinnen, bzw. betrifft dies auch Kane, als dem Subjekt und Objekt einer Primärphantasie, die den tabuisierten Akt von Zeugung und Geburt mit einem spektakulären Tod bestraft 79.

Zeugung - Geburt - Tod (Kane)

79 "Disembowelment abrogates this touchy sequestration irrevocably. The self's fragile envelope is definitively breached; once the abdomen is ripped open, how can Humpty Dumpty ever be put right again? After his tiny invader leaves him a gutted husk on the mess table, Kane's deadness is absolutely unassailable, a crushing narcisstic wound to viewers who had imagined themselves omnipotent secure outside the screen." GREENBERG (1991), S.96 125

Kanes Position innerhalb der Crew kann hinsichlich der Kollision sexueller Zuschreibungen - der Zusammenfall von Zeugung und Geburt bezeichnet an seinem Körper die Verwischung männlicher und weiblicher Kapazitäten - auch als die eines Repräsentaten innerhalb der Tradition dualer Persönlichkeitstypen verstanden werden. Seine Besessenheit (die Invasion des Alien ereignet sich medial durch seinen Körper) bezeichnet den Zusammenbruch geschlechtlicher Grenzen bzw. ein irritiertes Verhältnis zwischen Selbst und Anderem. Diese Körpermarkierung als Grenz situation erinnert weiters an Kanes Ähnlichkeit mit dem zweiten "Ideal-Sohn", Ash, dessen Verfaßtheit als Cyborg jedoch die Grenze zwischen Mensch und Maschine berührt. Wie Creed ausführt, evoziert der Topos von Empfängis, die ohne die Agentinnenschaft des anderen Geschlechts stattfindet, Assoziationen des Kloning oder Vampirismus 80. Weitere Topoi, die auf das Thema der Geburt anspielen und die Grenzziehungen von Identitäten und Körpern auflösen, finden sich in der Konterkarierung von genußvollem Essen (bei unterdrücktem s e- xuellen Apettit) durch das Austreiben des Einverleibten (beispielhaft hier: die Fleischzunge aus dem Ei, die Geburt des Alien aus Kane, das Ausstoßen seiner Leiche aus dem Raumfrachter, die Fluten von Milch und Blut). Die subtilsten Inszenierungen der Grenzverwischun­ gen und -Verletzungen bewegen sich auf der Ebene der Gleichschal­ tung unterschiedlicher Geräusche bzw. Geräuschproduzenten: Da­ mit gemeint sind die Laute, die sich nach der Explosion des Frach­ ters bei der Landung auf dem fremden Planeten ereignen. Dieses fremde, synthetisch produzierte Geräusch ist dasselbe, mit dem die Schreie des neugeborenen Chestburster unterlegt sind bzw. diejeni­ gen, die der verletzte Ash beim Taumeln ausstößt. Argumentiert wird hier für die Vielfalt, mit der Einschreibungen die diversen Körper markieren; sie alle entziehen sich eindeutigen Zu-

°0 "... the creature born is primitive rather than civilized suggesting that a thin line separates the human animal from its ancestors." CREED (1993), S. 17 126

Schreibungen und sperren sich gegen ebenso identitätslogische Vorstellungen. Diese neu aufgeführten Genealogien bewirken eine Verstörung der "astronautischen Kameraderie", die sich bis dahin entlang des narrativen Fadens im Kampf gegen das Alien organisiert hatte. Die sich ablösenden Konfliktachsen (grob zusammengefaßt in Natur /Planet / Alien versus Technologie / Nostromo / Crew; Ambivalenzen von Alien und Konzern / Ash versus Crew...) verla­ gern sich vor dem Show-down auf die Ebene von Mother versus Ripley.

Als der Weg zur Raumkapsel versperrt ist, mißlingt Ripley die De­ Aktivierung des Selbstzerstörungsprogrammes von Mother. Ripley entlarvt damit die betrügerische Haltung Mothers gegenüber der Crew (als ersetzbarer) und kommentiert dies : "Mutter, du Mist­ stück!" ("Mother, you bitch!" - Man/frau erinnere sich: Ripley wird in den untengelegenen Raffineriehallen von Brett und Parker als "Mist­ stück" bezeichnet). Wenige Einstellungen (ohne Dialoge) später, nach vermeintlich ge­ glückter Rettung vor dem Alienmonster, heißt es: "Hab ich dich doch gekriegt, du Miststück!" ("I got you, son of a bitch!"). Die famüiale Konstellation von Mutter und Alien bzw. Mutter ver­ sus Ripley ist komplettiert. 127

4.6. Kolonisierte Körper Während ich mich bislang vorrangig auf die Inszenierung von Weib­ lichkeit (wie sie in Actionheldin und Monster verkörpert werden) konzentiert habe, soll im folgenden das Verhältnis zwischen Män­ ner- und Frauenfiguren ins Auge gefaßt werden. Zuvor jedoch werde ich mich der Differenz zwischen weißen und schwarzen Körpern widmen. "To be a Heinz 57 81 American, a white, class-confused American, land of the Kleenex type American, is so formless in and of itself. It only takes shape in relation to other people." & "However, whiteness does have content inasmuch as it generates norms, ways of understanding history, ways of thinking about self and other, and even ways about the notion of culture itself." 83 Die Filmlektüre a posteriori enthüllt ein "Ranking" der vom Alien ge­ töteten Astronautinnen: seine ersten Opfer können als Verkör­ perungen weißer Männlichkeit gelten (der wissenschaftliche Offizier Kane, der Ingenieur Brett, Captain Dallas). Nach diesem Ingangsetzen des thrills, der auf der Frage "who's next?" beruht, verschiebt sich jedoch der Konflikt zwischen Monster und Crew, insofern die Auf­ deckung Ashs als einem Androiden diesen als Betrüger innerhalb des familialen Ensembles enttarnt. Angesichts dieser Verschiebung können die vermeintlich potentiell Überlebensfähigen auch gefaßt werden unter der Kategorie der "Anderen" im Verhältnis zu weißer Männlichkeit. Die Frauen nehmen innerhalb der Narration verschiedene Positio­ nen ein: Lambert fungiert als Dekor und garantiert als "Negativfolie" die Männlichkeit der Astronauten, Ripley als "Final Girl" m besetzt die ambivalente Position einer Actionheldin, deren "Heldenstatus" trotz der "homologen Maskierung" subversives Potential besitzt.

81 Heinz ist der Markenname einer Mayonaise 82 Cathy Thomas, zitiert nach FRANKENBERG, Ruth: Questions of Culture and Belonging. Minneapolis 1992. S. 192 83 FRANKENBERG (1992), S. 227 84 Ausdruck von Carol Clover: Her Body, Himself. CLOVER, Carol: Her Body, Himself. In: CLOVER (1992). 128

Die Positionierung der Figur Parker führt eine weitere Differenz - ne­ ben derjenigen des Frau-Seins jene der Nicht-Weißheit - ein, die mit­ tels analoger Operationen semantisch-narrativ konstruiert ist und die Norm sowohl unterwandert wie auch affirmiert. Eine genauere Betrachtung dieses Phänomens erfordert einen knappen Exkurs.

Exotismus Durch Kritiken der Cultural Studies, der Anthropologie, der Ethno­ logie, vor allem jedoch der Feminismen der "Women of Color" geriet der Begriff von Rasse (respektive Ethnizität) als nicht nur additive Markierung, ins Zentrum der Analyse bzw. wurde deren konstruk­ tiver Charakter ideologisch befragt. Da eine theoretische Diskursivierung des Begriffs von "Rasse" im Rahmen dieser Arbeit nicht leistbar ist, mögen die ausgewählten Theorieansätze dazu dienen, das Paradoxon der Definition von Rasse zu beschreiben. Eine dominante Kultur verfährt mit ihren marginalisierten Rändern zum einen via Inferiorisierung, zum anderen via projektiver Aufwer­ tung, d.h. der Spagat zwischen Fremdenfeindlichkeit und Exotismus besteht in einem dualistischen Agon zwischen Devianz, Pathologi- sierung und Abwertung einerseits, der Zuschreibung positiver Attri­ bute (wie "angeborene" Güte, Zugang zur Spiritualität oder Natur­ verbundenheit) andererseits. Homi Bhaba konstatiert als Charakteri- stikum des kolonialen Diskurses die "Beständigkeit" (fixity) der ideologischen Konstruktion von Andersheit 85, deren stereotype Anwendung sich im Prozess der Ambivalenz erschöpft. "For it is the force of ambivalence that gives the colonial stereotype its currency: it ensures its repeatability in changing historical and discursive conjunctures; informs its strategies of individuation and marginalization; produces that effect of probabilistic truth and predictability which, for the stereotype, must always be in excess of what can be empirically proved." **>

85 BHABA, Homi K.: The Other Question: Stereotype and Colonial Discourse. In: Screen (ed.): The Sexual Subject. London/New York 1992. 86 BHABA (1992), S. 312 129

Die angesprochenen stereotypen Umgangsweisen bezeichnen je­ doch keine historisch spezifischen, topographisch lokalisierbaren oder ökonomischen Prämissen, die die entsprechenden, auseinan­ derliegenden Pole von Begehren und Verachtung rechtfertigen könn­ ten. Diese können vielmehr als diskursive Strategien zur Produktion von Wissen begriffen werden. Analog zur Instrumentalisierung von Weiblichkeit/der „FRAU" greifen diese Konstruktionen vielmehr inein­ ander, indem sie Limit und Exzess einer Selbstsetzung von Männ­ lichkeit und Weißheit markieren. Zwar ist diese Dichotomie von Rand und Zentrum spätestens seit Foucaults Machtanalyse obsolet ist, dennoch werden vermittels eines latenten Rassismus, der über die strukturelle und institutionelle Definition eines "anderen" Körpers (als Matrix fungieren die "andere" Hautfarbe, das "andere" Blut) ge­ waltsame soziale Grenzziehungen vollzogen. "In the context of contemporary feminist discourse, I would argue, the category of postcolonialism must be read as a free-floating metaphor for cultural embattlement and as an almost obsolete signifier for the historicity of race." 87 Der Charakter der Metapher des Postkolonialismus verbirgt diese Machtstrukturen; analog dazu fungiert Farideh Akashe-Böhmes & Definition des Begriffes "Exotismus", der in deutschen Nachschlage­ werken fehlt - damit weist sie auf den blinden Fleck deutscher Wis­ senschaft angesichts kolonialer Bestrebungen hin. "Exotismus ist ein Terminus, der seinen Ursprung im Frankreich des 19. Jahrhunderts hat. Exotismus ist eine Geisteshaltung, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 20. Jahrhundert lebendig war (...). Exotismus ist ein Phänomen, das sich in der Literatur und Kunst seit der Aufklärung etabliert hat. Exotismus ist mit dem ihm inne­ wohnenden Fluchttendenzen ein sozialpsychologisches Phänomen, das mit Eskapismus als ein Begriffspaar zu sehen ist. Beide nämlich

°7 SULERI, Sara: Women Skin Deep: Feminism and the Postcolonial Condition. In: Critical Inquiry 18. Summer 1992 °° AKASHE-BÖHME, Farideh: Das Exotische und die männliche Phantasie. Ausländerinnen zwischen Exotik und Diskriminierung. In: KONNERTZ, Ursula (Hg.): Weibliche Ängste. Ansätze feministischer Vernunftkritik. Tübingen 1989. 130

bezeichnen eine psychische Bereitschaft zu Fluchttendenzen, und zwar bei Menschen, die sich den realen Anforderungen des Lebens nicht mehr gewachsen sehen, sich in eine imaginäre Wirklichkeit zurückziehen, um sich den Folgen der zivilisatorischen und techni­ schen Entwicklung zu entziehen. Die Erfahrung der Selbstentfrem­ dung und des Individualitätsverlusts im Fortschreiten des industriel­ len und zivüisatorischen Prozesses bringt den Verlust der Nähe mit sich und veranlaßt den Menschen, die exotische Weite zu suchen; er wünscht sich in das "goldene Zeitalter" zurück. Vom Psycho- dynamischen her gesehen, ist dies eine Regression in die infantile Phase, die mit einer Entsublimierung der Triebe einhergeht, jenseits von zivüisatorischen Zwängen und zurück zur symbiotischen Be­ ziehung von Mutter und Kind." ^ "Die Neigung zur Realitäts- und Gegenwartsflucht, also die eskapisti- schen Sehnsüchte der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, waren Sehnsüchte nicht aller, sondern einer gehobenen europäischen Ge- sellschaftsschicht. Ein Produkt dieser war das Traumbüd vom "Edlen Wüden", der zum Menschen im "Zustand der reinen Natur" stilisiert wurde. Der "Edle Wilde" war die schwärmerische Stilisierung der exotischen Lebensformen schlechthin, was letzten Endes seinen Ursprung im subjektiven Unbehagen an der eigenen Kultur und Ge­ sellschaft hatte." 9°

Der koloniale OisKurs Der Prozess der Entstehung eines kolonialen Diskurses kann also verstanden werden als eine Zivilisationslogik, die sich angesichts der Erfordernisse aufklärerischer Selbstbewußtwerdung des Europäers historisch als Metapher etabliert. Sie wird vermittelt aauf unterschiedlichsten diskursiven Ebenen 91, die sich durch Natur­ beherrschung, Verdrängung von Leiblichkeit und Kolonisierung aus­ zeichnen. Der Machtapparat dieser Diskursivierung schafft ein Objekt des Wissens und produziert damit eine soziale Realität 92

89 AKASHE-BÖHME (1989); S. 164/65 * AKASHE-BÖHME (1989); S. 171 91 angesichts der Descartschen Trennung von Leib und Geist können hier Phänomene wie das Theater als moralische Anstalt oder die Entwicklung moderner Lebensformen (Norbert Elias) genannt werden. 92 "The objective of colonial discourse is to construe the colonized as a 131

(die nicht mit Realismus verwechselt werden darf). Diese beruht auf der Konstruktion phantasmatischer Andersheit und bewirkt, daß die derart "erfaßten" Subjekte" sich im Zirkelschluß dieser Totalität ihres Subjektstatus und ihrer zugewiesenen Zeichen bewegen.93 Den Blick verkehrend und in Analogie zum Ein- und Ausschluß von

population of degenerate types on the basis of racial origin, in order to justify conquest and to establish systems of administration and instruction." BHABA (1992), S. 316 93 Vgl. dazu auch den von Christina von Braun beschriebenen Prozess der Konstruktion des Fremden im 19. Jahrhundert, wie er in der Figur des Juden verkörpert sein soll: "Diese Fabrikation der Fremde bleibt keineswegs auf einen psychischen Vorgang beschränkt - und hier wird allmählich deutlich, weshalb die Wohnstube nicht nur nach außen, sondern auch nach innen eine solche Gewalttätigkeit entwickelte. Die Fabrikation der Andersartigkeit, des Fremden innen, ging einher mit der Fabrikation des Fremden außen und - eng damit verbunden - mit der Fabrikation von tatsächlicher Vernichtung. Als deutlichstes Beispiel dafür sei der Antisemitismus erwähnt, der im 19. Jahrhundert neue, biologische - dem "Blut", der "Rasse" einverleibte - Formen annimmt. Ausgerechnet dieses Jahrhundert (...) erfindet die "jüdische Rasse", als angeblichen Beleg für eine konkrete, sichtbare, sinnlich wahrnehmbare, dem Körper eingeschriebene Form von Andersartigkeit. Das ist es, was ich mit der "Fabrikation der Fremde" meine, eine Fabrikation, die mit einer "Reise nach innen" (gemeint ist die zeitgleiche künstlerische Inanspruchnahme von Fremdheit, wie sie etwa von Novalis, Baudelaire, Flaubert, Mallarme, Proust symptomatisch angenommen wird, Anm.MS), der eigenen "Entfremdung" beginnt und mit der Konstruktion der Fremdheit im eigenen Volk endet. Denn eben darum geht es im Judenhaß, den Vernichtungslagern: einen Teil des Ichs abzuspalten, sichtbar abzuspalten - um auf diese Weise der grauenerregenden Vorstellung zu entgehen, daß es das Ausland, das "Elend", den Tod - die doch zugleich auch Beweis von Lebendigkeit sind - nicht mehr gibt." BRAUN, Christina von: Die schamlose Schönheit des Vergangenen. Zum Verhältnis von Geschlecht und Geschichte. Frankfurt am Main 1989. S. 32/33 und dazu Mary Ann Doane: "Die Besonderheit der Situation des männlichen Schwarzen wird im Vergleich mit der jüdischen Situation deutlich. Unter dem Einfluß von Sartres Arbeit "Antisemit und Jude" vergleicht Fanon die gegen Juden üblichen Gewalttätigkeiten (Mord oder Sterilisation) mit denen gegen die Schwarzen (Kastration): "Der Penis, das Symbol der Männlichkeit, wird vernichtet, d.h. Männlichkeit wird verweigert. Der Unterschied zwischen den beiden Situationen ist eindeutig. Der Jude wird in seiner religiösen Identität angegriffen, in seiner Geschichte, seiner Rasse, dem Verhältnis zu seinen Vorfahren, in seiner Zeugungsfähigkeit; wird ein Jude sterilisiert, wird er von seinen Ursrpüngen abgeschnitten; jedes Mal, wenn ein einzelner Jude verfolgt wird, dann ist es sein ganzes Volk, das verfolgt wird. Den Neger hingegen greift man in seiner Körperlichkeit an. Er wird als konkrete Einzelperson gelyncht, die Bedrohung geht tatsächlich von ihm als Wesen aus. Die allgemeine jüdische Bedrohung steht im Gegensatz zur Angst vor der sexuellen Potenz des einzelnen Negers. (Fanon, S. 163-64)". DOANE (1989), S. 25 132

Weiblichkeit/der „FRAU" kann dies als Prozess beschrieben werden, in dem ein weißes, westliches Subjekt sein Selbst konstruiert durch die Produktion, Benennung und Einbindung einer Riege von "Anderen". Die Identifizierung und Marginalisierung dieser "Anderen" affirmiert die normative Setzung eines Selbst, das seine Kontamination mit obengenannten Attributen verleugnet. "The self, where it is part of a dominant cultural group, does not have to name itself." ^ und: "...whiteness often stood as an unmarked marker of other's differentness - whiteness not so much void or formlessness as norm" 9^ Der westliche koloniale Diskurs schafft also ein weißes, männliches Selbst, indem er seine nicht-weißen (und nicht-männlichen) Anderen instrumentalisiert, sie als Matrix für seine Selbstsetzung dienen.. Diese Setzung beruht auf der dualistischen Konzeption eines weißen, männlichen Subjektes demgegenüber diese "anderen" als kulturelle Agenten fungieren. Durch diese Operation wird das (weiße, männliche) "unmarkierte Markieren" (dessen produktiver Charakter die eigene "Markiertheit" unsichtbar macht) als Ort von Identität und Kultur durch ein diskursives Netz von Praktiken, Repräsentationen und Sprache zur Norm gesetzt. Rasse und Geschlecht bezeichnen also ein Deutungsmuster von Differenz, dessen spezifische Verge­ sellschaftungsform, wie im folgenden zu zeigen sein wird, an eine leibliche Dimension (die Konstruktion des Körpers, seine Sicht­ barkeit und Verletzbarkeit) gebunden wird. 96

94 FRANKENBERG (1992), S. 196 95 FRANKENBERG (1992), S. 198 96 "Die Codierung der Geschlechterdifferenz als Ordnung der Geschlechter (Honegger) gibt einen Deutungshorizont an, in dem die Grenzen zwischen dem Vertrauten und dem Fremden vermessen werden. Der Begriff Rasse bezeichnet im Sinne "natürlicher" Einheiten, als erblich bestimmter Gemeinschaft, ab 1775 bei Kant den Abstammungszusammenhang. Die Zugehörigkeit zur "Erbgemeinschaft" bestimmt sich nach körperlichen Zeichen und verändert sich als Deutungsmuster zu derselben Zeit im anthropologischen Diskurs wie das des Geschlechts. Das "andere" Geschlecht und die "anderen Rassen" sind Konstruktionen, die im Zuge der epistemologischen Wende, die das "Ganze" des Menschen auf die 133

Die hier modellhaft skizzierte Analogie, die der Konstruktion von Weiblichkeit und anderen Anderen zugrundeliegt, findet sich auch in Freuds ahistorischer Bezeichnung weiblicher Sexualität als dem "dark continent" 97:

"Ein weiterer Charakter der frühkindlichen Sexualität ist, daß das ei­ gentlich weibüche Geschlechtsglied in ihr noch keine Rolle spielt - es ist für das Kind noch nicht entdeckt. Aller Akzent fällt auf das männliche GÜed, alles Interesse richtet sich darauf, ob dies vorhan­ den ist oder nicht. Vom Geschlechtsleben des kleinen Mädchen wissen wir weniger als von dem des Knaben. Wir brauchen uns dieser Differenz nicht zu schämen; ist doch auch das Geschlechts­ leben des erwachsenen Weibes ein dark continent für die Psychologie." 98

In diesem Zusammenhang möchte ich auf Mary Ann Doanes Bemer­ kung hinweisen, die Psychoanalyse als "hochentwickelte Form der Ethnographie" " bezeichnet, als "normative Festschreibung der Ethnizität der weissen, westlichen Psyche" 10°, die auf Unterdrückung beruht. Insofern Erkenntnis auf der Fähigkeit zur Unterscheidung beruht, wird (ebenso im oben zitierten Kastrationskomplex) damit das Pro­ blem der Sichtbarkeit, respektive Repräsentation angesprochen.

Differenz, Identität, Fetisch Psychoanalytisch inspirierte Analysen (wie von Franz Fanon oder Homi Bhaba) beschreiben dieses Feld als eines der sexuellen und

Erde holt - durch die Anthropologie verwissenschaftlicht werden." WOBBE, Theresa: Die Grenzen der Gemeinschaft und die Grenzen des Geschlechts. In: WOBBE, Theresa; LINDEMANN, Gesa (Hg.): Denkachsen. Zur theoretischen und institutionellen Rede vom Geschlecht. Frankfurt am Main 1994. S. 180 97 FREUD, Sigmund: Die Frage der Laienanalyse. Unterredung mit einem Unparteiischen. Studienausgabe (Schriften zur Behandlungstechnik) Ergänzungsband. Frankfurt am Main 1982. 98 FREUD (1982), S. 303 99 DOANE.Mary Ann: Dunkle Kontinente. Epistemologie der rassischen und sexuellen Differenz in der Psychoanalyse und im Kino. In: Frauen und Medien. Frankfurt am Main 1989. S. 11/12 100 DOANE (1989), S. 11/12 134

rassischen Andersartigkeit, die, focussiert auf das Feld der Sexuali­ tät, auf Angst und Begehren verweist. Damit wird das Exotische und Erotische konnotiert, die weitere Abgrenzungsmechanismen (auf der Ebene konzeptioneller Polarisierung, die mit diskursiver Produktion von Machtfeldern und Unterdrückung zusammenhängen) nach sich ziehen. Fanon, der dieser psychosexuellen Konstitution in "Schwarze Haut, weisse Masken" nachging, konkludiert denn auch: "So schwer es mir selbst auch fällt, dieses Ergebnis hinzunehmen, so bin ich doch gezwungen zu sagen: Es gibt nur eine Bestimmung für den schwarzen Menschen. Und die ist Weiss." 101 Die "Negrophobie" weißer Menschen liegt nach Fanon in einer Art se­ xueller Logik, die aus dem Konkurrenzverhältnis weisser und schwarzer Männer um die weiße Frau resultiert. Mit sexueller Potenz ausgestattet, markiert die Phobie das Bild des übergenitalen, super­ potenten Negers und imaginiert ihn als sexuelle Bedrohung 102. In diesem Zusammenhang soll Theresa Wobbe 103 zur Sprache kommen, die das Verhältnis zwischen der Konstruktion des Ge­ schlechterunterschiedes und des Fremden als Deutungsmuster von Differenz, in der die soziale Konstruktion des Körpers focussiert wird, untersucht. Zurückgreifend auf Heinrich Popitz' Versuch, die Machtbetroffenheit des Menschen unter dem Aspekt von Verletzungsoffenheit und -mächtigkeit zu beschreiben, eröffnet sich so für sie die Möglichkeit, die über Körper vermittelten Macht- und Gewaltverhältnisse zu thematisieren. Ein ausgewähltes Beispiel der Interaktion (die Rede deutscher Mädchen über türkische männliche Jugendliche) zeigt, daß die Zuschreibung potentieller weibhcher Ver­ letzungsoffenheit (als spezifisch soziale Position, die die Raum­ wahrnehmung von Frauen betrifft) und die projizierte Verletzungs-

101 DOANE (1989), S. 10 102 Abgesehen vom heterosexuellen Raster und dem Objektstatus der (weißen) Frau möchte ich einem Hinweis Johanna Schaffers nachgehen. Die schwarze Feministin Bell Hooks kritisiert die Übernahme dieses Modells v.a. hinsichtlich der Tatsache, daß dieses dominante Verhältnis den Ausschluß/die Unsichtbarmac hung schwarzer Frauen doppelt zementiert. 103 WOBBE (1994) 135

mächtigkeit des Femden nach folgendem Muster funktionieren: "Denn die Erfahrung potentieller männlicher Verletzungsmacht ist in die leiblich-äffektive Konstruktion der Geschlechterdifferenz ein­ gebaut, und läßt sich, wird sie auf "fremde" Männer bezogen, nicht einfach als Stereotyp bezeichnen. Vielmehr artikuliert sich in der Rede über den Fremden als fremden Mann die Erfahrung einer ge­ walttätigen Dimension der Geschlechterdifferenz, die vom Vertrau­ ten, nämlich dem vertrauten Mann, bekannt ist. Es ergibt sich also eine paradoxe Koinzidenz von Anonymität und Vertrautheit, denn das männliche Gegenüber wird leiblich als fremd und bedrohlich wahrgenommen. Wenn das vertraute Bedrohliche im Fremden wahr­ genommen wird, dann erlaubt dieser Mechanismus, die Bedrohung im Vertrauten zu umgehen." 104 An dieser Stelle zeigt sich die Überlagerung von Sexismus und Rassismus, insofern die Negation weiblicher Verletzungsoffenheit weitergehend die Verletzungsoffenheit der Gemeinschaft 105 (Frauen garantieren die soziale und kulturelle Kontinuität der Generationen­ folge) berührt und auf dieser Negation die Stabilität des Rassismus begründet wird. "In the United States the history of slavery, and its relation to reproduction and rape, has meant that a "pure" match between race and skin color is relatively rare. (...) Since race is thought to be "carried" by blood and the history of slavery for African-American women is alas the history of rape, the belief that one is "purely" white or black is difficult to sustain." 106

Obwohl der Rassenkonflikt die Konstruktion individueller Identität überschreitet, vielmehr die genealogische Konstruktion von Gemein­ schaft bedroht, impliziert seine Dekonstruktion, daß dieser Kon­ struktion von Andersartigkeit auf der Matrix der Grenzziehung von Geschlechterdifferenz Relevanz zukommt. 107

104 WOBBE (1994), S. 192 !05 Rassistische Konzepte über "Ursprung" und "nationale Reinheit" prägen den kolonialen Diskurs. 106 PHELAN, Peggy: Unmarked. The Politics of Performance. London/New York 1993. S. 7 107 "In der Rede über den fremden Mann artikuliert sich die Erfahrung einer gewalttätigen Dimension der Geschlechterdifferenz, die im eigenen 136

Da der Topos der sexuellen Bedrohlichkeit des Schwarzen histo­ risch als Rationalisierung kolonialer Auslöschungsstrategien gut, sei hier noch ein Querverweis angebracht: "In the nineteenth century white men accused black men of raping white women as a reason for lynching and/or castrating former slaves. The displacement of the reality of white men (slaveholders) victimizing black women onto a fiction of black men victimizing white women is still at work in the twentieth century. I see that displacing logic in action when fears about genocide get presented as something that black men do to white women instead of what white men do to black women." 108 Die Projektion potentieller Sexualität auf den Schwarzen deckt die Blindheit gegenüber bzw. Ignoranz des weissen Mannes angesichts der Wahrnehmung seiner eigenen Sichtbarkeit auf. Fanon argu­ mentiert denn auch, daß die schwarze Psyche durch ständige Sicht­ barkeit als Funktion der Hautfarbe entsteht. Die Haut fungiert damit als Signifikant psychischer Intensität bzw. rassischer Identität (auf die sich im weiteren metaphysische Implikationen richten).

Eine Ausweitung bzw. Ausdifferenzierung des Fanonschen Schemas zeigt sich m.E. durch Homi Bhabas Versuch, durch eine Relektüre des Stereotyps des Fetischs eine nur politisch korrekte oder auf moralischen Argumenten beruhende Intervention zu überschreiten. Jenseits einer Frage nach "Identität" befragt er vielmehr jene Pro­ zesse von Subjektivierung als Differenzierung, die multipel verfah­ ren und via Überschneidungen entlang einer Ökonomie des Begeh­ rens sich verknüpfen mit Herrschaft und Macht. Der Fetisch wird begriffen als Vermeidung von Differenz zugun­ sten eines Objektes, das diese Differenz jedoch gleichzeitig be-

Vertrauten, dem vertrauten Mann, bekannt ist. Diese Verschränkung impliziert keineswegs zwangsläufig Rassismus, die gewalttätige Dimension ist ihrer Konstruktion jedoch inhärent und damit für verletzungsmächtige Grenzziehungen verfügbar." WOBBE (1994), S. 194 108 MASON, Carol: Terminating Bodies. In: HALBERSTAM, Judith; LIVINGSTON, Ira (ed.): Posthuman Bodies. Bloomington/Indianapolis 1995. S. 230/231 137

zeichnet, indem es an die originäre Präsenz erinnert. Die Applikation dieses psychoanalytischen Instrumentariums fungiert bei Bhaba zur Erklärung des Stereotyps (von Begehren und Verachtung). "The fetish or stereotype gives access to an identity' which is predicated as much on mastery and pleasure as it is on anxiety and defence, for it is a form of multiple and contradictory belief in its recognition of difference and disavowal of it. This conflict of pleasure/unpleasure, mastery/defence, knowledge/disavowal, absence/presence, has a fundamental significance for colonial discourse. For the scene of fetishism is also the scene of the reactivation and repetition of primal fantasy - the subject's desire for a pure origin that is always threatened by its division, for the subject must be gendered to be engendered, to be spoken. The stereotype, then, as the primary point of subjectification in colonial discourse, for both colonizer and colonized, is the scene of a similar fantasy and defence - the desire for an originality which is again threatened by the difference of race, colour and culture." 109 Eine weitere Übertragung Bhabas bedient sich des Lacanschen Spiegelstadiums 110 , in dem das Subjekt sich (als solches) erfährt. Die darin gewonnene "Identität" (als imaginäre) speist sich aus den beiden unterschiedlichen Erfahrungen von narzisstischer versus aggressiver Identifikation. Dieses Muster gilt als weiterer Hinweis auf die Verfahrensweise des Stereotyps als dominanter Strategie kolo-

109 BHABA (1992), S. 320/321 110 Hier sei nochmals an Doane erinnert: "In der Lacanschen Psychoanalyse liegt die Bedeutung der Spiegelphase in deren Vermittlung einer illusorischen aber starken Identität, die sich auf das Körperbild stützt. Das Bild eines ganzheitlichen Körpers stützt das ich und stellt gleichzeitig die Basis des psychischen Terrors im Zusammenhang mit der Kastrationsangst dar. Der Schwarze verhindert die ganzheitliche Haltung, indem er die Möglichkeit eines anderen Körpers aufzeigt. Seine Stellung kommt somit der Frau in der Psychoanalyse nahe, die die Verkörperung einer drohenden Kastration ist. Doch wird die Bedrohung durch die Frau in ihrer physischen Ermangelung gesehen, während der schwarze Mann durch eine Überpräsenz, seinen monströsen Penis, bedrohlich wirkt, diese Überpräsenz steht nicht ohne Zusammenhang zur Hypervisibilität der Hautfarbe (ist doch, laut Freud, der Penis nicht nur das sichtbarste Sexualorgan, sondern dazu noch metonymisch mit dem Auge verbunden). Die Augenscheinlichkeit der rassischen Unterschiede erscheint als Symptom der Behandlung der Oberfläche der Psyche." DOANE (1989), S. 27 138

nialer Macht: seine Ambivalenz betont und verneint die Differenz. Gewonnen wird aus Bhabas Theorie jene Einsicht, die konstatiert, daß das Stereotyp (bzw. seine Ambivalenz) als Bild/Spiegel Wissen um Differenz schafft und damit das Bild als Identität stiftet, von dem ausgehend nichts über die "anderen" Subjekte ausgesagt wer­ den kann.

Die Identität wird durch den Fetisch, das am deutlichsten sichtbare Organ der Haut, gestiftet - Fanon bezeichnet dies auch als "Epider- malisierung". Schwarzsein entspricht damit einem körperlichen Schema und zeigt die Möglichkeit eines anderen Körpers auf. Den­ noch, nach allem Vorausgesagten, bleibt nun zu fragen, wie diese Haut als dasjenige, was die Diskriminierung beschreibt, als sichtbare produziert wird. Denn, wie Abbot m feststellt, "... discrimination must constantly invite its representations into consciousness, reinforcing the crucial recognition of difference which they embody and revitalising them for the perception on which its effectivity depends. ... It must sustain itself on the presence of the very difference which is also its object." 112 Das Wissen um Differenz gründet auf einer "Naturalisierung" der Haut, der Erzeuger des kolonialen Diskurses befindet sich dabei in der (ülusionären) Position des "Unmarkiertseins" 113, während das Objekt des bezeichneten Diskurses als natürliches und sichtbares vorgegeben wird. "For if x skin' in racist discourse is the visibility of darkness, and a prime signifier of the body and its social and cultural correlates, then we are bound to remember what Karl Abraham says in his seminal work on the scopic drive. The pleasure-value of darkness is a withdrawal in order to know nothing of the external world. Its symbolic meaning, however, is thoroughly ambivalent. Darkness signifies at once both birth and death; it is in all cases a desire to

111 ABBOT, Paul: Authority. Zitiert nach BHABA (1992) S. 324 112 ABBOT, zitiert nach BHABA (1992), S. 324 113 Doane spricht hier auch vom "unmarked marker". 139

return to the fullness of the mother, a desire for an unbroken and undifferentiated line of vision and origin." 114 Dies könnte also ein Hinweis "... auf die Zwiespältigkeit sein, die unterschwellig zischen rassischen Identitätsideologien (im Blut definiert) und Echtheitsideo­ logien des Kinos (begründet im Visuellen) liegen. Die Rollen­ besetzung läuft im Grunde auf eine Organisation der Verteüung von Körpern im Film und die sichtbare Bestätigung einer bestimmten Auffassung von Realität hinaus." 115

Black in black

Eine Frage des Lichts Inwieweit der Begriff der Rasse durch die Echtheits- und Sichtbar­ keitskriterien konstruiert wird, untersucht Richard Dyer in "Das Licht der Welt - Weiße Menschen und das Füm-Büd." 116 "Die gegenwärtige Stille um die weiße Identität scheint nahezulegen, daß es Menschen gibt, die einer Rasse zugeteilt sind (Nicht-Weiße) und andere (Weiße), die einfach Menschen sind, die menschliche Norm. Mein Ziel ist es, diese für selbstverständlich erachtete Annahme von den Weißen als Norm aufzudecken und damit die Weißen seltsam erscheinen zu lassen." 117

114 BHABA (1992), S. 328 115 DOANE (1989), S. 41 116 DYER, Richard: Das Licht der Welt - Weiße Menschen und das Film-Bild. In: ANGERER, Marie-Luise (Hg.): The Body of Gender. Körper. Geschlecht. Identitäten. Wien 1995. 117 DYER (1995), S. 152 140

Nicht zufällig fällt die Entstehungszeit des biologischen Begriffs von Rasse in die gleiche Zeit wie die Entstehung der Fotografie 118. An­ gesichts der Beschreibung des kolonialen Diskurses kann hier als weiterer Hinweis Paul Virilios Beschreibung von Wahrnehmungs­ weisen 119 gelten, die in der Parallelität der Entwicklung von Kriegs(Waffen-)technik und Wahrnehmungstechnik (Kartographie, Fotographie, Film) sich ab dem 19. Jahrhundert entwickeln 120. Ka­ mera und Waffe gelten als Medien der Wahrnehmung, die Durchdrin­ gung ihrer technologischen und ökonomischen Entwicklung ist ab­ lesbar an Analysen, die Filmtechnik als "Abfall" der Militärindustrie oder die Einordnung kultureller Phänomene wie z.B. des Starsystems in politische Bewegungen (Vermeidung des Bürgerkriegs vor dem 1. Weltkrieg, Civil Rights Movement der 60er Jahre) festhalten. "Das Schlachtfeld war von Anfang an ein Wahrnehmungsfeld, und das Kriegsgerät für Heerführer und Waffenträger ein Darstellungs­ mittel (...) Für den Krieger geht die Funktion des Auges auf in der Funktion der Waffe. Deshalb haben die Kinematik der Kriegsfliegerei und der von ihr bewirkte Zusammenbruch des räumlichen Kontinu- ums und der atemberaubende Fortschritt der Kriegstechnologien seit 1914 die alte homogene Sicht buchstäblich zum Platzen ge-

118 hjer sej nochmals auf Christina von Brauns Histografie der Konstruktion der Andersrassigkeit des Juden in "Die schamlose Schönheit des Vergangenen" verwiesen. Und: "Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts ist durch eine wahre Obsession des Sichtbaren..., durch die Wirkung der gesellschaftlichen Vervielfältigung von Bildern gekennzeichnet. ... diese Wirkung war jedoch ihrerseits eine Folge der Ausdehnung des Felds von Sichtbarem und Darstellbarem: durch Reisen, Expeditionen, Kolonisierungen wurde die ganze Welt sichtbar und zugleich zu einem Objekt der Aneignung." Jean- Louis Comolli: Machines of the Visible. Zitiert nach SOBCHACK, Vivian: The Scene of the Screen. Beitrag zu einer Phänomenologie der "Gegenwärtigkeit" im Film und in den elektronischen Medien. In: GUMBRECHT, Hans Ulrich; PFEIFFER, K. Ludwig (Hg.): Materialität der Kommunikation. Frankfurt am Main 1988. S. 122 H9 VIRILIO, Paul: Krieg und Kino. Logistik der Wahrnehmung. Frankfurt am Main 1989. 120 "Im 19. Jahrhundert fiel die Entwicklung der Kriegspsychologie zusammen mit der der experimentellen Psychologie und der Physiologie." VIRILIO (1989), S. 18 "Innerhalb von einhundert fünf zig Jahren (von der Entwicklung des Trommelrevolvers 1832 bis hin zur Chronophotographie 1974, Anm. M.S.) hat sich das Schlachtfel in einen Drehort verwandelt, das Schlachtfeld ist zu einem für Zivilisten zunächst gesperrten Filmset geworden." VIRILIO (1989), S. 20 141

bracht und zur Heterogenität der Wahrnehmungsfelder geführt. Die Metapher der Explosion ist von nun an sowohl in der Politik als auch in der Kunst geläufig." 121 Oder, wie Friedrich Kittler meint: "Die Geschichte der Filmkamera fällt also zusammen mit der Ge­ schichte automatischer Waffen. Der Transport von Bildern wieder­ holt nur den von Patronen. Um im Raum bewegte Gegenstände, etwa Leute, visieren und fixieren zu können, gibt es zwei Verfahren: Schießen und Filmen. Im Prinzip von Kino haust der mechanisierte Tod, wie das neunzehnte Jahrhundert ihn erfunden hat: ein Tod nicht mehr des Gegners, sondern serieller Unmenschen. Colts' Re­ volver zielte auf Indianertrupps und Gatlings oder Maxims Ma­ schinengewehr (zumindest in der ursprünglichen Planung) auf Eingeborenenvölker." 122 Dennoch zielt gerade diese Metapher des "mechanisierten Todes" in ihrer Verkehrung auf die Spurensicherung von Leben durch (vermeintliche) Abbüdung der Wirklichkeit. Der Logik von Koloniali- sierung und Konstruktion von Wissen entspricht denn auch die Tat­ sache, daß das Bekanntwerden von Fotographie und Film zu wis­ senschaftlichen Zwecken dazu führte, daß Ethnologen und Anthro­ pologen sich trotz schwierigster Bedingungen bereits von Anbeginn der medialen Entwicklung dieser Technologien bedienten. Völker­ kundliche Zeugnisse sollten zum Studium "in der Stille der Studier­ stube" dienen und entsprachen damit jenen Hoffnungen des 19. Jahrhunderts, die mittels Messungen und Experimenten Grundlagen einer Empirie (als Darstellung von "Wirklichkeit") festzulegen ver­ suchten 123.

121 VIRILIO (1989), S. 35 122 KITTLER, Friedrich: Grammophon Film Typewriter. Berlin 1986. S. 190 *23 "Die meisten Forscher, die damals zu fremden Völkern reisten, waren von ihrer Ausbildung her Mediziner, und von ihren Interessen her oft genauso, oder mehr, an der Physis wie an der Kultur der von ihnen untersuchten Menschen interessiert. Gerade diese Interessenkombination machte sie aber offen für die Bildaufzeichnung, die von ihren Vorgängern, die noch in der naturgeschichtlichen oder hermeneutischen Tradition des 18. Jahrhunderts standen, vermutlich abgelehnt worden wären. Es ist dieser Punkt, an dem sich eine überwiegend empirisch, an den Methoden der Naturwissenschaft (wie der Physiologie, Medizin usw.) orientierte Anthropologie oder Völkerkunde mit einem technisch- 142

Dieser Umgang verstellt die Tatsache, daß mediale Verfahren immer schon Bearbeitungen der Wirklichkeit sind, bzw. daß die Ähnlichkeit zwischen festgehaltenem Moment nicht identifiziert werden kann mit dem jeweiligen historischen Augenblick, sondern das foto­ graphische oder filmische Ab-Büd vielmehr als eine Aussage über die Wirklichkeit zu gelten hat. Die Fiktion des Authentischen des Bil­ des bringt den Kamerablick (und damit die kulturelle, historisch spezifische, geschlechtliche ... Position des "Autors") zum Ver­ schwinden. "Film is the only method I have to show another just how I see him." 124

"Die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Fremden, Anderen ist zugleich immer ein Prozeß der Reflexion über sich selbst. Das (vermeintlich neutrale) Aufzeichnen und Vermessen von Wirklich­ keit qua Medium setzt einen Prozeß der Reduzierung und Aneignung fort, der dem Sammeln und Retten der Museen entspricht." 125 Meine obigen Ausführungen könnten entlang des Schichtenmodells von Filmbildern als Versuch der Dekonstruktion der Vorstel­ lungsschicht (die Konstruktion des Anderen im Verhältnis zu unaus- gewiesener "Eigenheit") gelten; inwiefern die materielle Schicht diesen Prozess weiter affirmiert, soll im folgenden ausgewiesen werden.

Die Vorstellung eines Objektes resultiert aus den Licht- und Schat­ tenflecken, die die Struktur eben dieser Objekte im Filmbild vorstel­ len. Diese ästhetische Technologie bedient sich also eines bestimm­ ten Instrumentariums, das formale und affektive Qualitäten hervor­ bringt. Da die fotografischen Medien Lichttechnologien sind, stehen

naturwissenschaftlichen Interesse an der Erforschung und Aufzeichnung der flüchtigen Bewegung trifft, das zunächst die Reihenfotogrphie (Marey u.a.), und später die Kinematographie entwickelte." TAUREG, Martin: Ist Wirklichkeit konservierbar? In: BLÜMLINGER, Christa (Hg.): Sprung im Spiegel. Filmisches Wahrnehmen zwischen Fiktion und Wirklichkeit. Wien 1990. S. 217 124 Zitat des französischen Ethnologen und Filmemachers (Nouvelle Vague) Jean Rouch: The Camera and the Man. In:HOCKINGS, Paul (ed.): Principles of Visual Anthropology. Paris 1975. S. 99 125 TAUREG (1990), S. 222 143

ihre Verfahren auch in einem besonderen Verhältnis zur Weißheit der weißen Menschen, bzw. kann mit Dyer 126 davon ausgegangen wer­ den, daß die Entwicklung dieser Technologie auf dem Weißsein be­ ruht. " Fotos und Filme werden mit Hufe von Licht geschaffen. Ein Foto, bzw. ein Film wird durch die chemische Reaktion von Filmmaterial auf das von einem Gegenstand reflektierte Licht hervorgerufen. ...(Die Vorstellung eines weißen Menschen, Anm. M.S.) wurde in der eigentlichen Entwicklung der Technologie vorausgesetzt, wo der weiße Körper und vor allem das weiße Gesicht als Norm galten."127 Aussehen und Qualität des Lichtes (Projektion und Ausleuchtung), Material und Entwicklung evozieren nicht nur formale, materielle, sondern auch affektive und normative Qualitäten des Abbildes 128 So gehen die Instrumentarien und Verfahrensweisen filmischer und fotographischer Technologie von der Vorrangstellung eines weißen Menschen aus, indem diesem eine privilegierte Stellung ein­ geräumt wird, er durch deutliche Ausleuchtung und zentrale Posi­ tionierung im Bildrahmen als Subjekt positioniert wird. Damit ergibt sich, im Unterschied zu "andersfarbigen" Subjekten, die Bevorzu­ gung von Weißheit (und Geschlechtlichkeit), vermittels derer Sicht­ barkeit und Dominanz demonstriert werden. Insofern unterschiedliche Hautfarben Licht unterschiedlich reflek­ tieren, faßt Dyer folgende Annahmen als historische und kulturelle Implikationen der Darstellung und Wahrnehmung von Weißheit zusammen:

126 DYER (1995), S. 153f. 127 DYER (1995), S. 153/54 12° Ein historisches Beispiel zeigt sich anhand der Entwicklung des Farbfilmmaterials: "So besprach zum Beispiel Brian Winston die Entwicklung von Farbfotomaterial im Zusammenhang mit dem weißen Gesicht; es wurden ständig Veränderungen vorgenommen, bis das Material die richtige Hautfarbe des Gesichtes wiedergab, was bezeichnenderweise auf den idealen Rosaton der weißen Frau hinauslief. Die Auswirkungen des Versuches, genau diesen Ton bei anderen Farben (einschließlich anderer Hautfarben) zu erhalten, waren von zweitrangiger oder überhaupt keiner Bedeutung." DYER (1995), S. 155 144

"Die Welt ist durchsichtig und das Licht kommt von oben." 129 Fümische Beleuchtungstechnik entwickelte sich in Form der Ober­ beleuchtung im Laufe des 19. Jahrhunderts im Theater und der Malerei; dieses Licht wird von weißen Menschen am besten reflek­ tiert. Lichttechnik, die die normative Gestaltung eines weißen, männ­ lichen Subjektes durchführt, impliziert die Vorstellung, Sichtbar­ machung eines Körpers, der sich durch Un-Körperlichkeit auszeich­ net 13°. Sexuelle Konnotationen wie die Plastizität und Erotik eines solchen Körperbildes werden in den Darstellungen der normativen Subjekte unterbunden und abgewehrt; sie erfahren ihre Aus­ gestaltung vielmehr in der Projektion auf jene Subjekte bzw. Körper, die das "Andere" im Verhältnis zum weißen Mann repräsentieren. In Analogie zur Verschränkung von Sex und Rasse kommt so auch dem Imperativ heterosexueller Darstellung besondere Bedeutung zu:

"Wenn wir das Licht in Filmdarstellungen weißer Heterosexualität be­ trachten, dann können wir ein gemeinsames Schema feststellen. Der Mann wird meistens angeleuchtet und farbig unterschiedlich gekleidet - unten dunkel, oben hell - die Frau wird eher voll aus­ geleuchtet. Er sehnt sich nach Licht, nach (weltlicher, sexueller) Transzendenz, sie ist im Licht. Wir können dies in den klassischen Standaufnahmen von weißen, heterosexuellen Paaren beobachten. Das Licht fällt ganz auf die Frau."131

Damit angedeutet ist eine Körper/Geist-Dichotomie, die die Frau im Status der Jungfrau imaginiert, den Mann hingegen sexualisiert und mit Begehren ausstattet. Ihr Licht steht für Geist und Idealität, seine Dunkelheit für Körperlichkeit und Erotik, die jedoch als nicht-kon- zeptualisiertes Begehren fungieren. Diese schematische Licht-Ikono­ graphie installiert weiße Männer als universale Entsprechung hege- monialer Kultur, deren Halb-Erscheinung (nicht völlig ausgeleuchtet, nicht ganz im Dunklen) sie nicht auf eine bestimmte Position - Idea-

129 DYER (1995), S. 159 130 Vgi dazu die Gestaltung normativer (weißer, heterosexueller) Männlichkeit, wie sie schematisch in Kapitel 5.1. ausgeführt wurde. 131 DYER (1995), S. 163 145

lisierung, Komik/Impotenz - festschreibt. Festzuhalten bleibt der Darstellungscode des Dualismus von Körperlichkeit und Geistigkeit (Fleisch und Geist), der ein unausgewiesenes Begehren speist, Kör­ perlichkeit jedoch verleugnet. Diese Entmaterialisierung zelebriert den "Humanismus" weißer Menschen bei gleichzeitiger Negation des Dualismus von Leib und Geist.

"Es heißt, daß die Afrikaner glaubten, die ersten Europäer, die sie sa­ hen, seien Gespenster. Vielleicht gleichen in der afrikanischen Kosmologie Gespenster lebenden Leichnamen, etwas Verblichenes, aber gleichzeitig Substantielles, doch in Europa sind Geister Phanta- siegebüde, durchsichtig und ohne Substanz. Wie fotografische Bilder von weißen Menschen kann man durch sie hindurch sehen. Die weiße Kultur hat sich stets der Durchsichtigkeit des Körpers ge­ rühmt, doch in Wirklichkeit hat sie den Körper nie aufgegeben - die Imperative der Reproduktion (als die Reproduktion von Macht, von der eigenen Beherrschung der Welt) und von Begehren waren stets bestimmend. Das Filmbild ... scheint vielleicht beide, Geist und Fleisch, zusammenzuhalten. Schließlich sehen wir die Körper weißer Menschen nicht als farbiges Licht auf der Leinwand. Wir dekodieren sie nicht als materielle Personen." 132

Unabhängig davon, ob die fremde Kultur nun diejenige eines "Anderswo" bezeichnet, oder als eingebundene 133, marginalisierte innerhalb einer dominanten Kultur fungiert - ist ihre „Differenz" immer in Hinblick auf die Normativität der weißen Rasse konstruiert. Das so hergestellte Machtverhältnis kann seitens dekonstruktiver Kritik befragt werden auf die Modi von Ein- und Ausschluß und weitergehend an den „Differenzen" ansetzen, die als Affirmationen und Subversionen mit und gegen die hegemoniale weiße Ordnung arbeiten.

132 DYER (1995), S. 165 133 "bounded" bezeichnet einen Terminus der Filmemacherin und Theoretikerin Trinh T. Minh-ha, der die Eingebundenheit fremder Kulturen in einer dominanten beschreibt (beispielsweise amerikanische Chinatowns oder türkische Viertel in deutschen Großstädten). MINH-HA, Trinh: Difference: A special Third World Women Issue. In: dies. (Hg.): She, the Inappropriate/d Other". Discourse 8. Fall-Winter 1986-87, 146

Zur Stereotypie der rassistischen Inszenierung Der Film "Alien" bietet in der Figur Parkers eine solche Imago, da in ihr die Ambivalenz stereotyper Verfahrensweise überdeutlich angelegt ist. Das performativ zulässige Modell schwarzer "Identität" stellt die­ sen vor allem in Rollen des Sklaven (Diener, Untergebener im Hinter­ grund), Playboy, Wilder (Athlet, Tänzer) oder des Ver­ brechers/Schlitzohrs vor. "In dem dem Melodram untergeordneten Genre des Frauenfilms, dem Imitation ja angehört, sind Schwarze zwar vorhanden, niemals im Mittelpunkt, aber doch als wichtiger Bestandteü des Diskurses, der dazu dient, dessen Realitätswert zu unterstreichen. Die Schwar­ zen, derart konsequent im Hintergrund eingesetzt, werden somit zu einem Element des Dekors. Sie werden zum Grund und zur Bestäti­ gung des textlichen Universums in der Konstruktion einer weissen Weiblichkeit. Und im Melodram besonders ist das Verhältnis zwischen Charakter und Dekor bedeutungsschwanger geladen, oftmals instabil und potentiell umkehrbar. Die Darstellung der Schwarzen unterliegt einem Prozess der Reifikation, der im Gegen­ satz zur sonst im Melodram üblichen Praxis liegen mag, über Aus­ stattung und Dinge Gefühle zu transportieren." 134 Was Mary Ann Doane für das Melodram konstatiert, kann m.E. auch auf den Science Fiction übertragen werden: Im futuristischen und außerirdischen Ambiente verleiht Parker als Mitglied der Crew den Hauch von "Realitätseffekt", angesichts der Tatsache, daß die mei­ sten "MamTschaften zeitgenössischer Science Fiction sich ge­ mischtrassisch und gemischtgeschlechtlich (einer wie immer ge­ arteten Weltordnung entprechend) zusammensetzen. Die "Erdung" einer Crew durch Frauen und Schwarze kann als Orientierungshilfe gegenüber den genretypischen Bedrohungen eines Außen dienen. Eingebettet in die ökonomische Hierarchie des Konzerns, einer kulturellen Besonderheit ansonsten jedoch beraubt, ist Parker als Schiffsingenieur am unteren Ende der Rangfolge piaziert. Seine

134 DOANE (1989). S. 47 147

"respektlose" Inszenierung vermittels rüder Umgangsformen, schmutziger Kleidung bzw. das Setting seines Arbeitsplatzes in den tiefergelegenen Maschinenhallen verleiht der Figur einen prole­ tarischen Charakter. Die Unterordnung unter Machtstrukturen offenbart sich zum einen durch seine wiederholten Anspielungen und Argumentationen, die darauf abzielen, eine höhere (ihm angesichts des Sonderauftrags angemessen erscheinende) Bezahlung zu erhalten. Captain Dallas, Ripley und auch Ash weisen Parkers renitente Versuche nach "Bes­ serstellung" unter Berufung auf die Vertragsklauseln und potentielle Sanktionen jedoch zurück und positionieren ihn damit in einer Si­ tuation der Ohmmacht. Die wiederholten Dispute zwischen Crew und dem aufbegehrenden* Neger "spielen deutlich mit den stereo­ typen Topoi des Sklaven/Dieners und Verbrechers/Schlitzohrs. Jenseits einer Marginalisierung als "black underdog" wird dieses rassisch/historisch verweisende Ausgestelltsein als Untergebener jedoch insofern gleichzeitig kulturell eingebunden, als Parker ein re­ lativ sprachloser Partner (Brett, der Techniker der Nostromo) beige­ ordnet ist. Die rassische Konnotation der Untergebenenposition wird so eingeholt und scheinbar assimiliert - im ersten Drittel des Filmes treten Parker und Brett fast zwillingshaft als "male buddies" auf 135. Im Unterschied zu gemischtrassischen Männerpaaren, vor allem des Actionkinos 136, kann in diesem Setting ein subversives Element ausgemacht werden: nicht nur, weil Parker als tonangeben­ des Sprachrohr fungiert, sondern auch angesichts der Tatsache, daß dem Weißen Brett die, üblicherweise dem schwar­ zen/impotenten Part vorbehaltene, Opferposition zukommt.

135 -[)je beiden Männer bildeten ein seltsames Paar, ungleich und für Außenstehende völlig verschieden. Und doch gab es zwischen ihnen eine Art Koexistenz, die hervorragend funktionierte." FOSTER, Alan Dean: Alien. Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt. (Roman nach dem Drehbuch v. Dan O'Bannon). München 1991. S. 7 *3" Don Johnson und Philip Michael Thomas in der Fernsehproduktion "Miami Vice"; Richard Gere und Lou Gösset Jr. in "Ein Offizier und Gentleman"; Mel Gibson und Danny Glover in "Lethal Weapon" (1-3); Sylvester Stallone und Carl Weathers in "Rocky" (1-4) - um nur einige der prominentesten Beispiele zu nennen. Vgl. TASKER (1995). 148

Die Paarbindung des Farbigen (mit dem Weißen) verweist in ihrer dichotomen Ausgestaltung auf eine Spielart des Stereotyps, beste­ hend aus Zuschreibungen wie renitent, sprachbegabt, schlau und vorsichtig versus desinteressiert, mundfaul, naiv und leichtsinnig. Kulturell assimiliert und hierarchisch eingebunden oszilliert der Charakter Parkers zwischen angedeuteter Hypersexualisierung und passivem Kastriertsein, zwischen aggressiver Aktivität und ver­ ordneter Passivität. Nicht zuletzt garantiert der flapsige, humorvolle Ton der Gespräche zwischen den Männern die Rücknahme einer Be- drohlichkeit, die ein aktiver farbiger Held im Hollywoodkino bedeu­ ten würde. Die außerordentliche Position als letzter Überlebender der männ­ lichen Wesen impliziert zwar eine Verschiebung im Rollenpersonal Hollywoods, kann jedoch nicht als "Negrophilie" im Sinn narrativer Idealisierung gelten. Vielmehr verweist die zu konstatierende Ver­ schiebung auf jene binäre Achse von Negrophobie, die mit der Be­ wertung und Bedeutungsproduktion von Zeichen rassischer Differenz arbeitet. "Hunger for the same - including the sexual same - demands a difference, if only to elicit the pleasure of resemblance. If there is no perceived effort to "convert" or "transform" the apparently different into the Same then there is no "production" at work. And in looking there is always (re)production. The conversion of the abject other (the racially marked, the sexually unmarked) into the Same is an integral part of artistic production. Artistic reproduction transforms the always-abject other into the Same by making that other its object." 137

Differenz im Feld der Sexualität In der hierarchischen Repräsentation und Festlegung kann Differenz sich erst wieder auf dem im Science Fiction textuell und narrativ sublimen Feld der Sexualität etablieren.

"Both (black men and the phenomenon! of masochism, Anm. M.S.)

137 PHELAN (1993), S. 49 149

are made to signify taboos and the "darkness" of the sexual drive (particularly the homosexual drive). Race is thereby made legible as a sexual practice rather than as a social, economic, and cultural difference with a history of great cost for those marked by it as Other."13« Wie in der Analyse masochistischer Ästhetik bzw. dem Monströsen aufgezeigt (wird), korrelieren Hunger und sexueller Appettit. Diese Spur wird nicht nur durch Parkers ökonomische Gier nach "Mehr" signifiziert, auch bei den zwei Mahlzeiten in der Messe wird er, als große Portionen verschlingend und das Essen darüber hinaus kom­ mentierend, gezeigt bzw. charakterisiert. Die rassistischen Verfahren einer Sexualisierung operieren zum einen in der Beistellung eines weißen Buddys, der die stereotype Funktionalisierung, die dem schwarzen Körper die Überrepräsen­ tation von Sexualität unterstellt, unterbindet. Zum anderen muß die Unterstellung eines homophilen (schwulen) Begehrens von Parker konterkariert werden durch seine Heterosexualisierung. Die Einbin­ dung bzw. Anspielung auf die heterosexuelle Disposition Parkers wird gewährleistet durch die sexuellen Anspielungen, mit denen Ripley anläßlich der Reparaturarbeiten im unteren Bereich des Raumschiffes konfrontiert wird ("Bitch!/ "Miststück!") ; ihr macht­ voller Auf- bzw. Abgang aus der Szene wird durch Parkers Auf­ drehen von Maschinendampf aus einem Rohr abgeschwächt bzw. lächerlich gemacht. Weiters wird bei einer gemeinsamen Mahlzeit der Crew Parkers sexuelle Potenz betont, da er für sexistische Witze ("Ich weiß schon, was ich lieber täte, nur geht das hier nicht!", anschließend Kameraschwenk auf Lambert, die beschämt die Augen niederschlägt und erst mit Verzögerung die sexuelle Anspielung be­ lächelt) zuständig wirkt. Ebenso wie Lambert als Negativfolie für Ripleys Weiblichkeit fungiert, könnte auch Parkers männliche (Hetero)Sexualität als Negativfolie gegenüber den anderen Männern dienen. Eine explizite Sexualisierung der übrigen Männer erübrigt

138 YINGLING, Thomas: How the Eye is Caste: Robert Mapplethorpe and the Limits of Controversy. In: Discourse 12.2. Spring-Summer 1990. S. 12 150

sich damit, diese scheinen begehrens"frei", während der Schwarze rassistisch gezeichnet wird in seiner Gier nach Geld und Lust. Diese Charakterisierung mit "ungezügelter Gier" erinnert an die vom kolonialen Diskurs unterstellte "Naturnähe", auf die bereits verwiesen wurde. Nicht nur, daß ein Repräsentant der wilden (Menschen)Rassen Erfahrung in der Bekämpfung von ebenso wilden Tieren zu garantieren scheint, auch die Wahl der Waffe birgt weitere Assoziationen, die sich in diesem Register abspielen. Parker bastelt zur Verteidigung gegen das Alien einen Flammenwerfer. Nicht nur als Verteidigungsinstrument angreifenden Raubtieren gegenüber ver­ dient diese Waffe eine Bemerkung; auch im Kontext des Schwarzen signifiziert sie dessen Synthetisierung. Historisch und mythisch be­ legt gilt doch das Feuer als Zivüisationsmerkmal, das die kulturelle Selbstsetzungsmöglichkeit des Menschen als vermittelnde Tätigkeit zwischen Natur und Gesellschaft symbolisiert139.

Zusammenfassend läßt sich folgern, daß auch die Extrapolation Parkers in ihrer Inanspruchnahme stereotyper rassistischer Ver­ fahrensweisen filmisch derart verfährt, vermittelnd und abgrenzend zwischen sexuell unterschiedlich situierten Positionen einzugreifen. Sein Eingebundensein in ein "male couple" synthetisiert Klassen­ gegensätze, die vorher mittels seiner Forderungen aufgetreten waren; homophiles Verschmolzensein wird aufgehoben durch heterosexuelle Anspielungen; Naturnähe wird durch die Feuerwaffe konterkariert. Wenn auch der Exotismus des schwarzen Körpers in der Crew assimiliert scheint, birgt das Spiel mit Besonderheiten je­ ner Herkunft bzw. ihrer kulturellen ideologischen Konnotationen dennoch die Konstruktion von Andersheit, die in Relation zu weißer heterosexueller Männlichkeit gedacht wird und ähnliche Positionie­ rungen unternimmt, wie sie in der Monstrosität und Obszönität von Weiblichkeit (im Monster und der Protagonistin) in Erscheinung treten.

139 vgl. dazu den Feuerraub des Prometheus, bzw. Hesiods Theogonie. 151

Schwarze Natur, weiße Technologie Damit etabliert "Alien" als Teil der populären Kultur sich als un­ bestrittenes Feld dominanter Ideologie, auch wenn ein marginali- siertes Publikum oder marginale Figuren sich innerhalb des visuellen Mainstreams piazieren können.

4.7. Deviante Subjekte

Das Ideal normativer Männlichkeit Abgesehen vom Actionkino, das die Physikalität von Männerkörpern exzessiv als Spektakel inszeniert, rekrutiert sich die konventionelle Darstellung weißer heterosexueller Männlichkeit im Hollywood-Kino gerade von der Aussparung der Sexualität bzw. Körperlichkeit von Männerkörpern 140. Die diegetische und symbolische Macht phallo- zentrischer Blickstrukturen 141 und Narrationen 142 resultiert daraus, Frau als Matrix der Narration - verwirklicht in der Frau als lust­ versprechendem Endziel in der melodramatischen Paarbildung oder als mythisch-verkleidetes Hindernis in der Heldengeschichte - zu imaginieren, als Büd und Schau-Objekt 143, das vom Mann - in der

140 Die humanistische Gleichung weiblicher Ausblendung "Der Mensch ist der Mann" funktioniert auch umgekehrt: Der Mann ist zuallererst Mensch. 141 vgl. MULVEY; Laura: Visuelle Lust und narratives Kino. In: NABAKOWSKI, Gislind; SANDER, Heike; GORSEN, Peter (Hg.): Frauen in der Kunst. 1. Band. Frankfurt am Main 1980. *42 vgl. DE LAURETIS, Teresa: Alice Doesn't. Feminism, Semiotics, Cinema. Houndmills/London 1984. 143 vgl. DOANE, Mary Ann: Film und Maskerade: Zur Theorie des weiblichen Zuschauers. In: GRAMANN, Karola; KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film. Heft 36. Frankfurt am Main 1985. 152

Positionierung der männlichen Protagonisten innerhalb der Narration wie vom Zuseher - kontrolliert und in Besitz genommen werden kann. Die solchermaßen installierte Diskursivierung des Blicks resul­ tiert in der Spaltung von Sehen und Gesehenwerden und etabliert damit ein Setting von (aktiven) Subjekten und (passiven) Objekten, das als geschlechtlich markiertes Verhältnis der herrschenden Ge­ schlechterordnung entspricht, sowie vermittels normativer Vorstel­ lungen auch affirmierend erneut produziert. Traditionelle Männlichkeit stellt sich her durch die ständig sich er­ neuernde Verleugnung von Passivität zugunsten einer Einbindung in Handlungen (z.B. in Filmplots, die Männer im Zentrum der Handlung piazieren oder in Bildkompositionen, die Männerkörper in Aktion zeigen) sowie der Abwehr eines erotisch kontemplativen Blickes auf (sexualisierte) Männerkörper. Werden Männerkörper (wie etwa im Actionkino) explizit in den Blick genommen, zeichnet sich ihre Maskulinität durch Muskelkraft als vorgeblich biologischem, keinesfalls kulturell (wie etwa durch Sport) angeeigentem Attribut aus. Die Natürlichkeit dieser Muskeln, so Richard Dyer 144, soll männliche Macht und Dominanz legitimie­ ren. Eine Aufladung mit sexueller Schaulust wird dabei jedoch in zweifacher Weise unterbunden: Zum einen durch die Koppelung der narrativ zentral piazierten Körper an aggressive, kämpferische Handlungen (die Ablenkung bzw. Abwehr von der Körperlichkeit die­ ser Zur-Schau-Stellung wird durch eine filmische Einbettung anhand schneller Schnitte und Reißschwenks erreicht); zum anderen durch bestimmte Licht- und Blickstrukturen, die eine Plastizität des Kör­ pers des Protagonisten abschwächen und seinen Blick, der (im Un­ terschied zur Frauenfigur, der als koketter oder verschämter die Sexuahsierung betont) über den Bildrahmen hinaus gerichtet ist und somit eine Konzentration und Orientierung auf Geistiges (der be­ vorstehende Kampf, die komplizierte Situation etc.) andeuten soll.

144 DYER, Richard: "Don't Look Now". Die Unstimmigkeiten des männlichen Pin-Up. In: GRAMANN, Karola; KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.). Frauen und Film. Heft 40. Frankfurt am Main 1986. 153

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß die Darstellung des weißen, heterosexuellen Männerkörpers durchaus paradoxal ver­ fährt: zwar wird der Protagonist mit Blick- und Handlungsmacht aus­ gestattet, ist seine Position zentral in Bild und Handlung verankert - und stellt damit ein eine ideale Identifikationsfigur für potente Mas­ kulinität vor 145. Dem zuwider laufen jene filmischen und textuellen Operationen, die jegliches Aufscheinen von nicht-männlichen (v.a. femininen oder homosexuellen) Konnotationen, die zur Repräsen­ tation einer (die Schaulust der Rezipientlnnen Unterstütztenden) zu begehrenden Körperlichkeit einladen, unterbunden und abgewehrt werden. Der Männerkörper wird also als Objekt der erotischen Kon­ templation disqualifiziert, die Thematisierung seines Körpers wird durch andere Verfahren motiviert. "Die Martern und Qualen, die sich diese Männer zufügen oder von anderen erdulden sind eine Sache. Eine andere ist ihre unleugbare Aggression, Kraft und Omnipotenz. Am Ende steht immer der Sieg über sich und andere, die Beherrschung anderer und ihrer selbst. Wie der Protagonist in den Spiegel, so blickt der Zuschauer auf ein "Double", auf ein Fleisch gewordenes Phantasma vollkommener Selbstbeherrschung." 146 Laura Mulvey interpretiert die mögliche narzisstische Identifikation von Zuseher und (stellvertretendem) Helden als Blickstruktur, in der "...die Macht des Protagonisten, der das Geschehen kontrolliert mit der Macht des erotischen Blicks zusammenfällt - das Ergebnis ist ein Omnipotenz-Gefühl. Die glanzvollen Eigenschaften des männlichen

*45 Diese schematische Skizze läßt zugegebenermaßen außer acht, daß die narrativ zu überwindenden Hindernisse, die den Helden als solchen installieren (und die nach de Lauretis/Lotman "weiblich" markiert sind), durchaus auch durch Männer(körper) repräsentiert werden. Trotz der tabuisierten Homoerotik, die eine solche aktiv-passiv Positionierung vorgibt, funktionieren diese, mit weniger Potenz ausgestatteten Männerfiguren, für eine männlich homosexuelle Schaulust. Innerhalb der (auch narrativ verankerten) männerbündischen Struktur ist die Interaktion eines kompetitiv geregelten Verkehrs unter Männern zwingend, doch muß jede explizite erotische Konnotation seitens normativer männlicher Heterosexualität abgewehrt werden. Oder, wie die Künstlerin Barbara Kruger lakonisch präsentiert: "Men create intricate rituals to touch the skin of other men". 146 BRAUERHOCH, Annette: Glanz und Elend der Muskelmänner. Konfrontation mit einem Genre. In: GRAMANN et al. (1986), S. 23 154

Filmstars sind folglich nicht die des erotischen Objekts des Blicks, sondern die des perfekteren, vollständigeren, mächtigeren, idealen Ich, die in dem ursprünglichen Augenblick des Wiedererkennens vor dem Spiegel (gemeint ist hier die phantasmatische Identifizierung mit einem Ideal-Ich, durch die Subjektivität als immer schon ver­ fehlte Identität in Lacans Spiegelstadium zustandekommt, Anm. MS) erlebt wurden." 147 Wie oben angedeutet, wird dieses ideale Szenario unterstützt durch filmische Strukturen von Raum, Sprache, Narration (etc.). Die imagi­ nierte männliche Kraft und Aktivität kann demnach als phallische wahrgenommen werden, sie repräsentiert die abstrakte väterliche Macht der symbolischen Ordnung. Diese Skizzierung der konventio­ nellen Darstellung von Männlichkeit verweist auch jenseits ihrer Ausnahmen und unterschiedlichen Spielarten, dennoch auf folgendes: "Man erliegt hier leicht der Gefahr, die Dinge nicht richtig zu durch­ denken. Der Phallus ist nicht einfach ein wülkürlich gewähltes Sym­ bol der Macht; das Entscheidende ist, daß der Penis dafür Modell ge­ standen hat. Weil nur Männer einen Penis haben, sind phallische Symbole, auch wenn Frauen sie in einem gewissen Sinn besitzen können, immer Symbole einer letztendlich männlichen Macht. ... Das führt zur größten Unstimmigkeit in der bildlichen Darstellung von Männern. Denn der Penis kann sich nicht mit dem Phallus mes­ sen und sich niemals zu dessen mystischer Bedeutung empor­ schwingen. ... Aber die Grundlage all dieser Unstimmigkeit ist eine Haltung, die in jenem Streben, Sich-Anstrengen das eigentliche Heü sieht, das den Mann erst zum Mann macht. Ob der Kopf hoch­ gereckt ist, im Bemühen eine unerreichbare Transzendenz, oder der Penis im hoffnungslosen Versuch nach oben schnellt, phallisches Herrschertum zu behaupten: Stets sind Männer wie Frauen aufgeru­ fen, eben jene Momente zu würdigen, welche die Männlichkeit zu einer so unbefriedigenden Definition des Menschlichen zu machen." 148

Damit wird offensichtlich, daß auch Männlichkeit als

147 MULVEY (1980), S. 38 148 DYER (1986), S. 18/19 155

phantasmatisches Konstrukt begriffen werden kann, dessen Inszenierung immer auch als Streben nach Verkörperung des phallischen Ideals gelesen werden kann. Eine Eingangsfrage zur Filmanalyse "Was ist das Begehren des Man­ nes, das er einen solchen Text schreibt?" wieder einholend, soll im Folgenden das Augenmerk auf die Formierungsmechanismen von Männlichkeit gerichtet werden. Beschrieben und analysiert wurden bislang die performativen Akte, vermittels derer Weiblichkeit als relationale Konstruktion die Etablierung normativer weißer, hetero­ sexueller Männlichkeit stützt. Die Asymmetrie einer Geschlechter­ differenz, die sich anhand der Dichotomisierung bipolarer Konzepte von Sex konstituiert, deren Grundlage (Sex) jedoch historisch, kul­ turell (etc.) diskursiv produziert wird und produktiv wirkt, basiert auf der Grundlage einer symbolischen Ordnung, die die Verteilung von Machtpositionen vornimmt. Der Blick auf diese Machtstruktur eröffnet ein erweitertes Ver­ ständnis der Formation geschlechtlicher Subjekte, da - über die symbolische Ordnung hinaus - ideologische Implikationen 149 die Ausbüdung von Identität bzw. die Anerkennung geschlechtlicher Dif­ ferenzen) durchdringen. Die Funktionsweise dieser im Subjekt ver­ ankerten ideologischen Interpellation beruht z.B. darin, daß kulturell hergestellte Bilder (wie die Anatomie von Körpern) als (präsymbolische, prädiskursive - unvermittelte) "Realität" wahrge­ nommen und begriffen werden; d.h. die ideologische Verfaßtheit von Subjekten beruht auf der Verkennung des konstruierten, historisch spezifisch eingebundenen Charakters von (Selbst-) Wahrnehmung. Übertragen auf das Verhältnis der Geschlechter übermittelt sich, wie v.a. Kaia Silverman und Gayle Rubin 15° aufzeigen, patriarchale Ideo-

*49 Ideologische Einschreibeprozesse begleiten die Subjektgenese und führen zur "Verinnerlichung" dieser Normen: "In order for ideology to command belief, then, it must extend itself into the deepest reaches of the subject's identity and unconscious desire. I will propose the positive Oedipus complex as the mechanism through which our dominant fiction seeks to effect this interpellation, and thereby to produce and sustain a normative masculinity." SILVERMAN, Kaia: Male Subjectivity at the Margins. London 1992. S. 16 "0 RUBIN, Gayle: The Traffic in Women: Notes on the "Political Economy" 156

logie im Namen/Gesetzes des Vaters wie der Regelung der Nachkommenschaft, also jenen Grundlagen der symbolischen Ord­ nung, die die Ideologie von Famüie und Arbeitsteüung als "natürli­ ches" (Geschlechter)Verhältnis vorgeben und in der Subjektgenese verhandeln. Angesichts der Aufdeckung des ülusionären Charakters von Realität spricht Kaia Silverman von "dominanter Fiktion" und be­ tont damit weitergehend den produktiven Charakter derselben. "Because of the interarticulation of the core elements of the dominant fiction with elements drawn from the ideologies of class, race, ethnicity, and gender, the dominant fiction might be said to negotiate between the symbolic order and the mode of production - to be that which permits two very different forms of determination to be lived simultaneously (Süverman bezieht sich auf die Differenz von weiblich und männlich, Anm. M.S.). Finally, the dominant fiction presents the social formation with its fundamental image of unity, the famüy." 151

Die Ausformung dieser Subjekte unter das Gesetz des Vaters bzw. das Gesetz der Nachkommen ereignet sich nach Maßgabe masku­ liner Paradima und läßt sich folgendermaßen beschreiben: "Our dominant fiction calls upon the male subject to see himself, and the female subject to recognize and desire him, only through the mediation of images of an unimpaired masculinity. It urges both the male and the female subject, that is, to deny all knowledge of male castration by believing in the commensurability of penis and phallus, actual and symbolic father." 152

Diese Vorausschickungen sollen ausreichen, um das Ideal norma­ tiver Männlichkeit zu skizzieren, bzw. die (hier angelegte) mono­ lithische Struktur eines bipolaren Denkens von Geschlechter­ differenz aufzuzeigen. Rückblickend auf den Spielfilm "Alien" scheint dieser Science Fiction eine progressive Umkehrung der dichotomen Macht-

of Sex. In: REITER, Rayna (ed.): Toward an Anthropology of Women. New York/London 1975. 151 SILVERMAN (1992), S. 42 152 SILVERMAN (1992), S. 42 157

konstellation im Verhältnis zwischen Männern und Frauen anzu­ deuten. Wie in der Filmanalyse ausgeführt, ist die Macht über Hand­ lung und Blick an Positionen (Ripley, das Monster, Mother) gebunden, die mit Weiblichkeit (bzw. bestimmten Aspekten ihrer) assoziiert werden; dagegen nehmen die männlichen Filmfiguren eine Opfer­ position ein 153. Dies verführt zur These, daß in "Alien" traditionelle Geschlechterpositionen verkehrt werden: Männer hätten ein Körper­ geschlecht, das durch seine Offenheit gekennzeichnet ist und Pene­ tration ermöglicht; weitergehend seien die weiblichen Positionen durch phallische Insignien gekennzeichnet. Damit ergäbe sich die Gegenüberstellung von mit männlichen Symbolen und Attributen ausstaffierten, mächtigen Frauenfiguren angesichts männlicher "Anti­ Helden", deren Inszenierung weiblicher Rollenmerkmale geschuldet ist. Diese These, die ich im folgenden widerlegen möchte, vertritt Carol Clover: "The fact that female monsters and female heroes, when they do appear, are masculine in dress and behavior (and often even name), and that male victims are shown in feminine postures at the moment of their extremity, would seem to suggest that gender inheres in the function itself - that there is something about the victim function that wants manifestation in a female, and something about the monster and hero functions that wants expression in a male." l*4

Angedeutet im Begriff der "Umkehrung" sollen im Folgenden zwei Interpretationsmuster vorgestellt werden, die sich als Folie anbie­ ten, das Geschlechterverhältnis in "Alien" gegen den Strich zu lesen. Eine erste Gegenversion bietet sich in Carol Clovers Motiv des "Final

153 Zur Darstellung einer Struktur, die sich auf die Inszenierung passiver Männlichkeit in der Opferposition konzentriert, sehe ich mich veranlaßt, an dieser Stelle auf die ambiguose Inszenierung Ripleys und des Monsters zu verzichten. Keine dieser beiden Figuren verkörpert ein vollständiges Ideal normativer Weiblichkeit, jenseits der ambivalenten Zuschreibungen sind sie vielmehr in der Polarität der Entgegensetzung von weiblichen Attributen und Konnotationen als aufeinander bezogene Figuren zu lesen. I-*4 CLOVER, Carol: Men, Women and Chainsaws. Gender in the Modern Horror Film. Princeton 1992. S. 12 158

Girl" an, ein genretypisches Verfahren des Horror Movies, das die Überlebensposition weiblicher Helden in ein Verhältnis zur darge­ stellten Niederlage der männlichen Figuren stellt.

Eine weitere Differenzierung dieses Topos kann durch den Er­ klärungsansatz der "masochistischen Ästhetik" geleistet werden. Insofern die Betonung des phantasmatischen Settings eines maso­ chistischen Begehrens den Bezugsrahmen meiner Filmanalyse stützt, konzentriere ich mich auf den Ansatz von Deleuze. Diesem Konzept vorgeschaltet ist jedoch Teresa de Lauretis Ansatz zu einer Kon­ zeption "perverser Subjektivität", die (jenseits der Addressierung dieser Theorie) ein nicht-restriktives Modell zur Verfügung stellt, in dem Repräsentation, Fantasie und die Konstitution sexueller Sub­ jekte in ihren komplexen Zusammenhängen gedacht werden können. De Lauretis' Entwurf entwickelt die ideologische Verfaßtheit von Sub­ jektivität entlang eines Konzeptes von Fantasie, die - im Unter­ schied zu Silvermans dualer Geschlechterkonzeption, die lediglich einen, zudem heterosexistischen, Ausblick auf die Normativität von Maskulinität anbietet - unterschiedlichste Formen von Begehren und Sexuierung begreifbar macht. Vor dem Hintergrund ihres Ansatzes garantiert die "masochistische Ästhetik" von Deleuze weitest- gehende Begehrensdispotionen, wie sie m.E. auch im Spielfilm "Alien" imaginiert werden.

Das Final Girl Im Rape-Revenge Film (Filmen, die mörderische weibliche Rache nach einer Vergewaltigung thematisieren) und im Slasher Film der 70er und 80er Jahre ergibt sich, nach Clover 155 eine Verschiebung in der Identifizierung von Gender als Attribut einer Überlebens- bzw. Opferposition. Als Grundmuster dieser Füme fungieren die brutalen Tötungsakte eines Psychokillers (bzw. einer Gruppe von Männern), die eine Gruppe von Teenagern bedrohen. Beendet wird diese

155 CLOVER, Carol: Her Body, Himself. In: dies.: Men, Women and Chainsaws. Gender in the Modern Horror Film. Princeton 1992. 159

Blutorgie stets durch ein junges Mädchen, die als letzte Über­ lebende, den/die Killer mit dem Tod bestraft. Jenseits einer Sensibilität angesichts kultureller Veränderungen der traditionellen Geschlechterrollen, stellt sich - insofern diese Subgenres ein nahezu ausschließlich männliches Publikum addres- sieren - die Frage nach männlicher Schaulust und Identifikation, die (s.o.) Distanz und Kontrolle über Handlungs- und Blickstrukturen er­ fordert. Die Unterwerfung und Niederlage männlicher Figuren kann angesichts einer weiblichen Siegerposition 156 nicht nur als Variation eines Genrethemas begriffen werden. Die Exzessivität der Aus­ stellung zerstörter, aufgerissener Männerleiber widerstrebt jeglicher Vorstellung einer distanzierten Rezeptionshaltung; die Niederlage des männlichen Külers verhindert zudem die Etablierung einer männ­ lichen Siegerposition (die die blutige Überwindung von Gegnern zu­ mindest narrativ kompensiert hätte, vgl. z.B. den Western), so daß keinerlei (normalisierende) Einbindung in einen Rahmen von (normativer) Männlichkeit gelingt; vielmehr die Entgrenzung und Ent- territorialisierung männlicher Körperbilder zelebriert wird. Welche Lüste werden also angesprochen? "... in horror films, our primary excitement and involvement is with the victims, not with the monsters or the murderers. Our "identification" or investment is with the very bodies being dismembered, rather than with the agents of their destruction." I57 Sollte Schaulust sich einzig in der Faszination an den (tabuisierten, abjekten) verletzten Körpern entzünden, rückt dennoch das Final Girl als Figur, die die Spannungsstruktur der exzessiven Abschlach- tungen umkehrt, ins Zentrum. Das Final Girl bezeichnet ein junges Mädchen, die den wiederholten Angriffen auf ihre körperliche Ver­ letzlichkeit entrinnt und der es gelingt, ihrer permanenten Vikti- misierung durch das eigenhändige Auslöschen des/der Bedroher(s) zu entkommen.

156 "...from 1974 on, the survivor figure has been female." CLOVER (1992), S. 35 157 SHAVIRO, Steven: The Cinematic Body. Minneapolis/London 1993. S. 60 160

Das Final Girl wird von Anbeginn des Fümes libidinös besetzt, ihre Position unter den übrigen Gruppenmitgliedern individualisiert und herausgehoben. Zu ihren Charakteristika zählen Attribute, die "männlich" konnotiert sind (wie Intellektualität, sportliche Ambi­ tionen, männliche Fertigkeiten wie Autoreparieren etc.) und in Bezug zu ihrer sexuellen Identität zu lesen sind: das Final Girl ist somit (noch) nicht heterosexuell besetzt. "Unlike her girlfriends she is not sexually active. ... she is unattached and lonely but declines male attention. The Final Girl is also watchful to the point of paranoia; small signs of danger that her friends ignore, she registers. Above all, she is intelligent and resourceful in a pinch. ... The Final Girl is boyish, in a word."158

Ash / Ripley am Mikroskop Ausgehend von diesem sexuellen Setting interpretiert Clover, daß die Filmplots dieser Genre sich um das Phänomen der potentiellen Bisexualität der agierenden Figuren drehen. Entlang der Narration er­ folgt die Stabüisierung von sexueller Identität und manifestiert sich in den sexuell imaginierten Positionen von Opfer - Schlächter - Final Girl sich manifestieren. Als Beispiele aus "Alien" mag die Diskussion des Status von Ripley als Actionheldin gelten: Der Prüfstand ihrer Etablierung in einem maskulin besetzten Genre erfordert, wie ausge­ führt, die Anpassung an männliche Umgangsformen, die zum einen der Vorstellung eines Frauenbildes dienen, das (narrativ) z.B. durch berufliche Kompetenz und Handlungsmacht ausgestattet ist. Fümisch impliziert diese neue dramatis personae jedoch ein Oszü- lieren ihrer sexuellen Identität, die vom jeweiligen Kontext bestimmt

158 CLOVER (1992). S. 39/40 161

wird: Erinnert werden soll an das Posing als "Girl with a Gun" (dies symbolisiert die Adaption an die actionbetonte Handlung, unter­ streicht Handlungs- und Blickmacht der Protagonistin im Zentrum der Narration) ebenso wie den "Striptease", der Ripley in der Opfer­ position anbietet, ihrer Maskulinisierung bzw. einer subkulturellen Lesart als Dyke zuwiderläuft und potentielle Zweifel an ihrer anato­ mischen Ausstattung bestreitet (was weitergehend auch der Versi­ cherung einer heterosexuell-männlichen Schaulust, die die Inbesitz­ nahme des weiblichen Schauobjektes intendiert) gilt. Bei aller Kritik, die sich auf die Ausblendung von weiblichen Attributen angesichts der Adaption, und umgekehrt, die klischiierte Zusicherung von Fe- minität, bezieht, weise ich wiederholt auf das subversive Potential solcher Veränderungen (Genretheorie, Schaulust, Identifikation) hin. "But from a body-centered, literalistic viewpoint, these films represent the hero as an anatomical female, so that at least one of the traditional marks of heroism, triumphant self-rescue, is no longer strictly gendered masculine." 159 Vor diesem Hintergrund gestaltet sich die Männlichkeit der Killer als impotente: sie sind ausgezeichnet durch deviantes Sexual verhalten, geistigen Stumpfsinn, sexuelle Unerfahrenheit und werden oft trans- vestitisch oder transsexuell inszeniert. Diese "Devianz" ruft auch Wüliams Analyse der Monsterkörper auf: "Die Macht des Monsters resultiert eindeutig aus der sexuellen Differenz zur Männlichkeit. ... Es könnte also durchaus sein, daß Macht und Potenz des Monster-Körpers... nicht als Ausbruch der für gewöhnlich unterdrückten animalischen Sexualität des zivilisierten Mannes verstanden werden sollte (das Monster als Doppelgänger des männlichen Zuschauers und des Mannes im Film), sondern als die angsterregende Macht und Potenz einer anderen Art Sexualität (das Monster als Doppelgänger der Frau)." 16° Rückblickend auf "Ahen" scheint die Argumentation bis hierher schlüssig: Ripley könnte die Position des Final Girl besetzen, ihre

159 SHAVIRO (1993), S. 60 160 WILLIAMS, Linda: Wenn sie hinschaut. In: KOCH, Gertrud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film. Heft 49. Frankfurt am Main 1990. S. 7 162

Gegner - der wissenschaftliche Offizier Ash und das Monster - wei­ sen viele Merkmale impotenter Männlichkeit auf - oder, Wüüams fol­ gend, maskiert das agonale Setting weiblich konnotierte Ähnlichkei­ ten. An dieser Stelle der Analyse könnte das Phänomen der "umge­ kehrten" Strukturen und Verfahren hinsichtlich Gender mit der po­ tentiellen Möglichkeit des Gender-Crossing in Bezug zu Schaulust und Identifikation erklärt werden. Anders ausgedrückt: Jenseits der anatomisch spezifischen Erscheinungsformen, die einen Leinwand­ helden als Identifikationsangebot für den männlichen Zuseher vor­ sehen, würde „Alien" ein Modell von Überidentifikation (des Zuse- hers mit Ripley) anbieten. Auf die Notwendigkeit dieser Rezeptions­ haltung seitens der weiblichen Zuseherin wies Mary Ann Doane 161 wiederholt hin, nicht theoretisiert wurde zumeist jedoch die poten­ tielle Identifikation eines männlichen Zusehers mit einer weiblichen Figur. Leider versäumt Clover in ihrer aufschlußreichen Analyse dieses Argument, so daß eine psychoanalytische Einbindung dieser Gender- Verschiebungen nur um die Affirmation eines dualen phallischen Modells stattfindet. Zwar konstatiert sie eine Lücke im maskulinen Genre, die die Figur des Final Girl produziert und die eine Identifika­ tion männlicher Zuseher mit (weiblich konnotierter) Hilflosigkeit in der Opferposition ermöglicht. Im Beharren auf bisexuell-subversiven Codes, die die traditionellen Strategien von männlicher Dominanz und weiblicher Unterwerfung unterminieren, verfängt sich jedoch Clovers Aufdeckung der ambivalenten Sexuierungen bzw. werden diese in einer unhinterfragten Vorstellung von Bisexualität wider­ spruchsfrei aufgelöst. Mit diesem Kunstgriff einer von Final Girl und Killer "geteilten Maskulinität und geteilten Feminität" wird das Final Girl letztlich als Komplizin des männlichen Zusehers imaginiert, als "congenial double for the adolescent male" 162. Damit wird die "Rhethorik der Gewalt" (de Lauretis) dieser umgekehrten Subjekt-

161 DOANE, Mary Ann: Zur Theorie des weiblichen Zuschauers. In: GRAMANN, Karola; KOCH, Gertrud, SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film. Maskerade. Heft 38. Frankfurt am Main 1985. 162 CLOVER (1992), S. 51 163

Objekt-Verhältnisse nicht zu einer kritischen Befragung der Ge­ schlechtskategorien genutzt I63, vielmehr steht diese Figur für den tabuisierten homosexuellen Austausch und Verkehr zwischen Män­ nern 164. Als homoerotisierte Stellvertreterin signifiziert sie den Mangel des männlichen Geliebten, der allerdings im Finale (der Aus­ stattung mit der phallischen Waffe) kompensiert wird. "The Final Girl is (apparently) female not despite the maleness of the audience, but precisely because of it. The discourse is wholly masculine, and females figure in it only insofar as they "read" some aspect of male experience. To applaud the Final Girl as a feminist development, as some reviews of Aliens have done with Ripley, is, in light of her figurative meaning, a particularly grotesque expression of wishful thinking. She is simply an agreed-upon fiction and the male viewer's use of her as a vehicle for his own sadomasochistic fantasies an act of perhaps timeless dishonesty." *65

163 Wenngleich Barbara Creed die duale Konzeption von Geschlechterdifferenz nicht dekonstruiert, vermag ihre Konzentration auf den Kastrationskomplex dennoch eine erweiterte Version des Final Girl vorzuschlagen: "The heroine of the slasher film is also represented as a castrating figure - a crucial point which is largely ignored in critical discussions of the genre. Clover emphasizes the savage nature of her revenge. In dispatching the killer, the heroine frequently engages in castration, symbolic or literal. ... Using a Freudian psychoanalytic framework, Clover, however, does not allow the heroine ... to be defined as castrating. ... As I have shown, the phallic woman and castrating woman are different figures. The avenging heroine of the slasher film is not the Freudian phallic woman whose image is designed to allay castration anxiety but the deadly femme castratrice, a female figure, who exists in the discourses of myth, legend, religion and art but whose image has been repressed in Freudian psychoanalytic theory largely because it challenges Freud's view that man fears woman because she is castrated." CREED, Barbara: The Monstrous-Feminine. Film, Feminism, Psychoanalysis. London/New York 1993. S. 126/127 164 Dieses Tabu erklärt zum Teil auch die Ausblendung einer erotischen Darstellung von Männerkörpern: "Die Kastration kann natürlich nur Männer treffen; und wahrscheinlich ist das Tabu männlicher Analerotik dafür verantwortlich, daß die Penetration für Männer, die sich als männlich definieren, angstbesetzt ist- ebenso wie das männliche Konzept von (Hetero)Sexualität, bei dem die Frau "genommen" wird, die Penetration erst zu einem Akt der Gewalt macht. Frauen werden bei der Konfrontation und Betrachtung dieser kastrierend/penetrierenden Blicke in ein System verstrickt, das sich weniger auf sie bezieht, als vielmehr Aspekte männlicher Sexualität zum Vorschein kommen läßt, die nur in den Köpfen der Männer existieren." DYER, Richard: Don't Look Now. In: GRAMANN; KOCH; SCHLÜPMANN (Hg.): Frauen und Film. Heft 40. Frankfurt am Main 1986. S. 15 165 CLOVER (1992), S. 53 164

Die Darstellung von Clovers Final Girl verdankt sich (jenseits meiner Kritik der widerspruchsfreien Einbindung) der Aufmerksamkeit, mit der Clover die Ambivalenzen nur scheinbar identitätslogisch ver­ fahrender sexueller Figurationen aufdeckt. Die Interpretation von Ripley als einem potentiellen Final Girl bietet einen Ausgangspunkt für die folgende Argumentation. Clovers Argument der potentiellen Bisexualität von Final Girl und Killer, verdeckt die - zwar konstatierte - Instabilität der Kongruenz normativer Männlichkeit bzw. Weiblich­ keit und verschleiert den ideologischen Charakter ihrer hetero­ sexuellen Matrix. Ihre Lesart produziert subtextuell die Affirmation weibhcher Rollenklischees (Frauen als Subjekte der Handlung müs­ sen nicht notwendigerweise maskulin interpretiert werden); Clovers verstellter Bück, der die Übernahme phallozentrischer Blick- und Er­ zählstrukturen fortschreibt, kann so in seiner vermeintlich analy­ tischen Interpretation weder andere Kategorien begrifflich fassen, noch subversive Muster als solche erkennen. Dies erklärt auch ihre "Blindheit" für Filmstrukturen, in denen die tabuisierte männliche Homoerotik verhandelt wird. Damit verschenkt Clover m. E. jene Angebote, die auf ein verän­ dertes Setting von Subjektpositionen verweisen und sich für das Verhältnis von Identifikation und Schaulust als konstitutiv erweisen: Zum einen wird das Angebot einer potenten weiblichen Protagonistin angesichts der konstatierten Maskulinisierung unterschätzt; mein Einwand richtet sich gegen Clovers pessimistische Perspektive an­ gesichts weibhcher Agentinnenschaft (sowohl in Hinsicht auf die Zu- seherin als auch auf die Verschiebungen auf der Ebene der Reprä­ sentation i66). Zum anderen übersieht sie die potentielle Identi­ fikation männlicher Zuseher mit der Opferposition (passive Männ­ lichkeit, schwule Identifikation etc.). Ihre Lesart der "sadomaso­ chistischen Fantasien" affirmiert die dominante Fiktion bzw. deren duale, heterosexistische Basis. Dadurch verdeckt sie die phan- tasmatische masochistische Dimension des Settings.

166 Vgi dazu die Argumentation hinsichtlich der Actionheldin. 165

Perverse Subjekte Im Rückblick auf die geleistete Filmanalyse werden angesichts der oben genannten Aspekte die multiplen sexuellen Einschreibungen, die sich identitätslogischer Einordnung entziehen aufgerufen. An dieser Stelle möchte ich nochmals darauf hinweisen, daß mein Be­ harren auf der konstatierten Vielfalt sich auf die Notwendigkeit (repräsentativer) Identifikationsangebote und feministischer Agentinnenschaft bezieht. Diese verdanken sich der Zuversicht in die Veränderbarkeit einer (phallisch dominierten) symbolischen Ord­ nung, bzw. theoretischen Eröffnungen, die z.B. für eine "nicht-reprä­ sentative Repräsentation" 167 plädieren. Der folgende Exkurs über Teresa de Lauretis' Entwurf einer les­ bischen Theorie des Subjekts verfolgt in dieser Hinsicht zwei Ziele: de Lauretis dekonstruiert den dichotomen Charakter der Ge­ schlechterdifferenz, die sich durch den Ausschluss "anderer" Differenzen auszeichnet. In ihrer Relektüre von Sigmund Freud ent­ wickelt sie ein Konzept von Subjektivität, das (jenseits seiner ex­ pliziten Addressierung an lesbische Leserinnen) Möglichkeiten für queere Besetzungen verspricht. Die Betonung der Bedeutung von Phantasie als konstitutiver Struktur für sexuelle Identität ermöglicht u.a. die Umdeutung des mütterlichen Körpers und eröffnet weiter­ gehend ein revidiertes Modell einer masochistischen Ästhetik 168.

167 "what remains at stake is the development of practices in answer to the call for the recognition of multiple determinations mentioned above; not polysexual choreography but the exploration of the various realities of difference and the different positions and effects they involve. Something that seems crucial to these practices is the attempt to develop forms of non-representative representation. ... It is a question of the propriety of difference and of the difficulties of that. People can represent themselves, as is often said. ...represent yourself for us, and represent yourself to absolve us from the necessary work of representation we must do, the renegotiation of relations of understanding of you and us. ... We ...need again to recast the terms of our "representation", to produce forms that hold at once to difference and its critique, that can challenge the limits of claims to representativeness in recognition of particularity while holding to the recognition equally of the limits of particularity if that is itself - as "difference" or "other" - fetishized into absolute and final instance." HEATH, Steven: The Ethics of Sexual Difference. In: Discourse. Theoretical Studies in Media and Culture. Spring-Summer 1990. S. 149/150 1"° Gemeint ist hier ein Verständnis von masochistischer Ästhetik, das den 166

Rückgebunden an die Fümanalyse werden so Interpretations- und Analysemuster verfügbar i69, die nicht-restriktive Subjektpositionen implizieren, ohne in ein frei flottierendes Spiel austauschbarer Be­ deutungen zu münden.

Ge8clHechter(in)differenz Das Angebot nicht-restriktiver Subjektpositionen (für Repräsenta­ tionen, für Agentinnenschaft) erfordert eine Konzeption von Ge­ schlechterdifferenz, die nicht auf die Opposition von Weiblichkeit und Männhchkeit reduziert ist. Die seitens dekonstruktiver Theorie ausgelösten Verschiebungen, die der Rede von Weiblichkeit als dem "Anderen" der Männlichkeit eine Absage erteüen und sowohl den Differenzen zwischen Frauen wie auch intrasubjektiven Differenzen Rechnung tragen, stellen den Begriff der Geschlechterdifferenz in Frage: "It thus appears that "sexual difference" is the term of a conceptual paradox corresponding to what is in effect a real contradiction in women's lives: the term at once, of a sexual difference (women are, or want, something different from men) and of a sexual indifference (women are, or want, the same as men)." i7° Theoretische Ausrichtungen 171, deren Konzeption von Ge­ schlechterdifferenz dualistisch begründet ist und zumeist Differenzen von Homo- oder Transsexualität ausblendet, vermögen

Rahmen psychoanalytischer Triangulierung überschreitet, s.u. 1^9 "...i am saying, when it comes to engaging the subject's fantasy and identification, a film's effects are neither structural (if structural is equated with universal) nor totally structured by the film (by its fantasy, narration, or form); rather, they are contingent on the spectator's subjectivity and subjecthood (which are themselves, to some extent, already structured but also open to restructuration). The success of a critical analysis or reading of a film, therefore, consists in showing particular spectator ... in her/his interpretation or ciritical reconstruction (secondarization) of the film as fantasy." DE LAURETIS, Teresa: The Practice of Love. Lesbian Sexuality and Perverse Desire. Bloomington/Indianapolis 1994. S. 130 l7^ DE LAURETIS, Teresa: Sexual Indifference and Lesbian Representation. In: CASE, Sue Ellen (ed.): Performing Feminism: Feminist Critical Theory and Theatre. Baltimore 1990. S. 17 l'l Seien sie einem Ein-Geschlechts- oder Zwei-Geschlechter-Modell verpflichtet; humanistisch-egalitär oder essentialistisch-differenzbetont konzipiert... 167

Weiblichkeit lediglich im Spannungsfeld von purer Differenz oder unwesentücher Indifferenz zu begreifen. Das solchermaßen von de Lauretis konstatierte Paradoxon der sexuellen (In)Differenz l72 be­ dingt Vereinnahmungen und Ausblendungen von, sowie Zu­ schreibungen an "andere" (marginale, "perverse") Formen des Be­ gehrens sowie der Subjekte dieses Begehrens, deren Begreif- und Repräsentierbarkeit nur unter Aspekten normativ männlicher Paradigmen stattfinden kann. Diese strukturelle Unmöglichkeit ist der Ausschließlichkeit einer dualen Struktur von Geschlecht geschuldet; d.h. "andere" Selbstrepräsentationen und Repräsentationen werden über die Pole von Weiblichkeit und Männlichkeit verhandelt. Als Beispiele hierfür mag die sexualwissenschaftliche Diskussion um die Jahrhundertwende gelten, in der Kategorien wie "das Mannweib" oder "der Weibmann" etabliert wurden, um Homosexuelle in einem dualen Geschlechtermodell zu verankern 173. Die Ignoranz gegenüber "anderen" Repräsentationen (sei sie nun durch das Fehlen wissen­ schaftlicher Kategorien oder andere normative Diskursivierungen reguliert) verweist diese Subjekte und deren Repräsentation in die Position der Marginalität und Devianz 174. De Lauretis Modell der sexuellen (In)Differenz erweist sich auch in Rückbezug auf "Alien" schlüssig; als Beispiel sei dazu nochmals auf die ambivalente Interpretation des "astronautischen" Status von Ripley verwiesen. Vivian Sobchack konstatiert das Aussparen bzw. Abspalten von Ripleys Weiblichkeit im asexuell-jungfräulichen 175, die

l7^ Analog dazu verwendet de Lauretis für diese (In)Differenz auch die Begriffe von Homosexualität, worunter schwule und lesbische Sexualitäten zu verstehen sind, im Unterschied zur (von Irigaray entlehnten) Hom(m)osexualität. So bezeichnet wird die p hallo go zentrische Ordnung männerbündischer Struktur als (dennoch unausgewiesen) homosexuelle, in der der Verkehr zwischen Männer dahingehend geregelt wird, daß Frauen als Zeichen, Ware und Tauschwert zirkulieren. 173 vgl. dazu BEGUSCH, Harald: Cross-Dressing?/Trans-Sex?/Core-Gender? Die Konstruktion der Effemination als Darstellung des Geschlechts. Dissertation. Wien 1995. 174 Diese Operation betont weitergehend die ideologische Differenz zwischen sexueller (In)Differenz und sozialer (In)Differenz, auf die ich im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht weiter eingehen kann. 175 SOBCHACK, Vivian: The Virginity of Astronauts. In: KUHN (1990). 168

Ratio betonenden Ambiente der Raumfahrt. Jene Bedeutungen, die mit "Jungfräulichkeit" einhergehen, entgehen Sobchack, sie verwendet den Begriff im Sinne von sexueller Nicht-Aktivität. Seine geschlechtsbezogenen Implikationen transportieren jedoch ein Kon­ zept von Geschlechterdifferenz, das auf die ideologisch und sym­ bolisch vermittelte Regelung der Nachkommenschaft verweist. Fra­ gen danach, was diese "Jungfräulichkeit" für das Verhältnis der Män­ nerfiguren (gegenüber dem Konzern, gegenüber dem Monster) be­ deutet oder warum "Jungfräulichkeit" gerade das Tabu aktiver Se­ xualität garantieren soll, werden nicht gestellt. Diese Ignoranz ist insofern signifikant, als dadurch ein Großteil der sexuellen An­ spielungen und Bilder, die sich auf die Körper beziehen, nicht zu­ gänglich gemacht werden kann, bzw. die Interpretation auf eine Les­ art beschränkt bleibt, in der Asexualität hier (Crew), Sexualität (Monster) dort verortet wird. Wie unter dieser Perspektive der handlungstreibende Konflikt analysiert werden könnte, bleibt unklar. Im Unterschied zu Sobchack argumentiert Janet Bergstrom 176 für die subtile sexuelle Aufladung des astronautischen Ambientes. Ihr Blick focussiert den - unter den Uniformen und Raumanzügen - verborgenen Körper, dessen "Sexualität" in Widerspruch zur visuell intendierten "Entsexualisierung" hin zum Unisex oder einer vermeintlichen Androgynie stehen soll. Wenngleich ihr Ansatz vielfältige Begehrensmodi zumindest zur Disposition stellt, hört ihre Analyse doch an jenem Punkt auf, an dem es darum gehen könnte, die Beziehungen zwischen diesen Körpern (die ihr ja als Garant für Sexualität und Begehren gelten) zu untersuchen bzw. weiterzuver- folgen, welche Kontexte, welche Begehrensstrukturen ermöglichen oder unterbinden und welche Paar- und Gruppenkonstellationen auf diese Weise hergestellt werden. Im Hinweis auf die Auslassungen dieser - dualen Geschlechts­ konzeptionen verpflichteten - Ansätze, sollte die Anwendbarkeit der Konzeption sexueller (In)Differenz auf "Alien" veranschaulicht werden.

176 BERGSTROM, Janet: Androids and Androgyny. In: PENLEY et. al. (1991). 169

De Lauretis' argumentiert gegen eine ungeteilte, nichtwidersprüch­ liche, universelle und generalisierende Version von Geschlecht und Subjektivität im Sinne von vielfältigen Dispositionen des Begehrens oder Selbstverhältnissen. Geschlechterverhältnisse sind so organi­ siert, daß deren Subjekte nicht nur von unbewußten, psychischen Prozessen, sondern gleichzeitig auch von normativen, regulierenden Diskursen strukturiert werden - so daß auf diese Weise deren ideo­ logische Verfaßtheit mitproduziert wird. Subjektivität ist markiert als Knotenpunkt einander durchdringen­ der Verbindungen (subjektiver wie sozialer Erfahrungen). Aufgrund der Machtstrukturen der dominanten Fiktion kann eine auszu- büdende Geschlechtlichkeit immer nur verfehlt werden. Angesichts der Unmöglichkeit einer gefestigten geschlechtlichen Identität bzw. deren grundsätzlicher Instabilität, muß die Vorstellung von ge­ schlechtlicher Identität umgearbeitet werden zu einem prozessualen Verständnis derselben, in der sie als in ständiger dynamischer Her­ stellung begriffen erscheint: "Taking gender as a process, .... what lies at the heart of this redefinition of gender as the technology of the self is the notion of the politics of subjectivity, in the twofold sense of both the constitution of identities and the acquisition of subjectivity in terms of forms of empowerment, or entitlements to certain practices. The acquisition of subjectivity is therefore a process of material (institutional) and discursive (symbolic) practices, the aim of which is both positive - because the process allows for forms of empowerment - and regulative - because the forms of empowerment are the site of limitations and disciplining." l77

Das Subjekt der Phantasie Der folgende Abschnitt beschreibt entlang de Lauretis' Freudlektüre jene Disposition von sexueller Entwicklung, die vermittels der Phan­ tasie subjektive und symbolisch wie imaginär normative Strukturen inkludiert. Dieses Verhältnis von Selbst und Gesellschaft ist der

177 BRAIDOTTI, Rosi: Nomadic Subjects. Embodiment and Sexual Difference in Contemporary Feminist Theory. New York 1994. S. 156/157 170

Psychoanalyse als Theorie von Begehren und Kultur eingeschrieben. "... if perversion is understood with Freud... then Freud's theory contains or implies, if by negation and ambiguity, a notion of perverse desire, whether perverse means not pathological but rather non-heterosexual or non-normatively heterosexual." 178 Ausgehend vom Konstatieren der sexuellen (In)Differenz, die ein binäres Modell von Geschlechterdifferenz bereithält, sowie in der Focussierung "anderer" Formen des Begehrens entwickelt de Lauretis ein Modell von Subjektivität, das persönliche und politische Identität als sexuelle Differenz außerhalb des Bezugs der sozial dominanten, institutionell verankerten Form der Hetero Sexualität zu begreifen sucht 179. Entgegen der dominanten Interpretation eines psychoanalytischen Modells normaler, heterosexueller, reproduk­ tiver Sexualität wendet sich de Lauretis den der Freudschen Psycho­ analyse inhärenten Ambivalenzen zu, um einer negativen Spur der Perversion zu folgen. Als kulturell und historisch situierte Wissen­ schaft verdankt die Psychoanalyse ihre Erkenntnisse der Normalisa­ tion abweichender Manifestationen der Libido, so daß eine sog. "normale" Sexualentwicklung den Grenzverlauf zwischen Perversion und Neurose markiert. Die "normale" Entwicklung kann damit als Pro­ jektion gesehen werden, als normativer Rahmen, dem das Subjekt sich anzunähern sucht. Anders ausgedrückt, resultiert die gelungene Verfaßtheit von Subjektivität aus der Übereinstimmung der Struktu­ ren des Unbewußten mit diskursiven Regulationen. Die Vermittlungsinstanz zwischen den unterschiedlichen Wün­ schen und Erfordernissen von Es/Über-Ich und der Außenwelt bildet das Ich. Analog zur Situierung des sexuellen Instinkts (als Mittler zwischen dem Mentalen und der Physis) ist das Ich - als Körper-Ich - an der Grenzlinie unaufhörlicher materieller Vermittlungen zwischen Innen- und Außenwelt situiert.

I78 DE LAURETIS (1994), S. xiii l7^ „... I would not exclude that perverse desire might be useful considered in relation to male homosexuality or even to forms of sexuality that appear to be heterosexual but are not so in the normative or reproductive way." DE LAURETIS, Teresa: The Practice of Love. Lesbian Sexuality and Perverse Desire. Bloomington/Indianapolis 1994. S. xiii/xiv 171

Die Überschreitung einer binären Struktur des Geschlechter­ verhältnisses resultiert aus der wichtigen Funktion, die Sexualität in Verbindung mit Phantasie bei der Ausbüdung von Subjektivität ein­ nimmt. So "... geht de Lauretis mit Laplanche/Pontalis davon aus, daß nicht Na­ tur oder Biologie am Ursprung der Sexualität steht, sondern die Phan­ tasie, deren Gehalte und Formen sich in einem dynamischen Prozeß der Vermittlung zwischen "privaten" und "öffentlichen" Phantasien herausbüden." 18° Damit kommt der Phantasie - als Ursprungsphantasie wie auch als Ursprung der Phantasie - eine konsumtive Rolle für die Subjekt­ genese zu. Vermittelt v.a. über elterliche Phantasien wird durch sie eine Geschichte des Subjekts strukturiert: Über die imaginierten Ur­ sprungsphantasien von Urszene, Verführung und Kastration werden auf subjektiver Ebene die Rätsel von Herkunft, von Sexualität und dem Geschlechterunterschied eingeleitet und aufgelöst. Usprungs- phantasien bilden damit eine Art Sprache oder symbolische Se­ quenz, die die Geschichte des Subjekts strukturieren, gleichzeitig aber historisch situiert sind. Das sexuelle Subjekt bildet sich aus im Feld der Phantasie nach dem Verlust des (primären) Objektes; diese Trennung vom Objekt führt zur Ausbildung der Autoerotik, so daß aus dieser phantasiegestützten Umwandlung von Wünschen und Bedürfnissen erst "Sexualität" als solche entsteht. "In other words, it is through their representation in fantasy that the drives become properly sexual, in the psychoanalytic sense, and hence it is only through fantasy that desire is sustained." i81 Die Verbindung von Phantasie und Begehren zielt nicht darauf, ein Objekt des Begehrens zu verfolgen; vielmehr markiert Phantasie ein

180 DITTUS, Sabrina: Rezension von DE LAURETIS (1994). In: Feministische Studien. Einsprüche. Weinheim 1995. S. 154 "Obzwar kulturelle Mythen als solche in der Subjektivität des Individuums fest verankert, sind auch diese ursprünglichen ("privaten") Phantasien in ihrer Beziehung zu sozialen Praktiken und Repräsentationen ("öffentlichen" Phantasien) einem Prozeß der Transformation unterworfen." DITTUS (1995), S. 155. 181 DE LAURETIS (1994), S. 83/84 172

Ausgangssetting, in das Subjekt sich in Bildern verliert. Phantasie fungiert demnach als Szenario, Setting oder strukturierende Szene des Begehrens.

Eine masochistische Ästhetik Dieses Szenario des Subjekts ist durchaus vergleichbar mit der hin­ gegebenen Schaulust des/der Kinobesucherin - oder, wie de Lauretis meint, die Figuration des Subjektes kann auch als kinematische Trope begriffen werden. Die Funktion der Phantasie für die Genese des Subjektes bzw. die Ausgestaltung seines/ihres Begehrens ist grundlegend für die fol­ gende Skizzierung einer masochistischen Ästhetik. Ridley Scotts "Alien" bietet sich in zweifacher Hinsicht als Materia­ lisierung einer masochistischen Ästhetik an: zum einen entsprechen die vor allem körperlichen Erfahrungen der Rezeption (das Abwen­ den des Blicks, das Erschrecken etc.) bei Anblick des imaginierten Horrors einer Schaulust* die sich auf die Lust am Leiden stützt; zum anderen wird entlang einer Narration der Bestrafung, Auflösung und Bedrohung von Körpern nicht das Exempel eines moralischen Sa­ dismus exerziert, sondern die spannungserzeugende Ästhetisierung von Passivität inszeniert. "The extinction of sight is the positive condition for a new space and time, the strange realm of fascination and the image. And this is why pornography and horror are so crucial to any account of cinematic experience. In the realm of visual fascination, sex and violence have much more intense and disturbing an impact than they do in literature or any other medium; they affect the viewer in a shocking direct way. Violent and pornographic films literally anchor desire and perception in the agitated and fragmented body. These "tactile" convergences are at once the formal means of expression..." I82 Jenseits einer psychoanalytisch vom sadistischen Impulsen der Distanz und Kontrolle ausgehenden Dynamik der Schaulust, bietet

l82 SHAVIRO, Steven: The Cinematic Body. Theory out of Bounds. Minneapolis/London 1993. S. 55 173

eine masochistische Schaulust die Betonung von Taktilität, von Kör­ perlichkeit und von Mimesis an. Ich möchte mich im folgenden auf die Interpretation des Maso­ chismus von Gilles Deleuze stützen, der sein Konzept ausgehend von Sacher-Masochs Roman "Die Venus im Pelz" entwickelte !83. Abgeleitet aus einer fiktionalen Repräsentation scheint mir dieses Modell die oben ausgeführten Bedingungen eines Settings von Phan­ tasie hinsichtlich nicht-restriktiver Vorstellungen von Geschlecht­ lichkeit am besten zu gewährleisten. Psychoanalytisch betrachtet, bildet der ödipale Konflikt den An­ trieb zur Ausbildung der masochistischen Disposition; diese ent­ steht jedoch vor der Fixierung der Geschlechtsidentität, ist dem Eintritt in das ödipale Szenario also vorgelagert. Eine positive ("normale") Auflösung des Ödipuskomplexes impli­ ziert (zur Erlangung "eindeutiger" Geschlechtsidentität) beim Jungen die Ablösung aus der symbiotischen Beziehung zur Mutter und die Identifikation mit dem Vater; umgekehrt erfährt das Mädchen durch die heterosexuelle Matrix des Inzesttabus die Anerkennung ihres "Mangels", sowie den Aufschub der Ausbüdung ihrer Weiblichkeit auf eine spätere Partner- und mögliche Mutterschaft. Masochistisches Begehren erfolgt durch die negative Auflösung dieses Komplexes, da die Kastrationsdrohung des Vaters ersetzt wird durch eine, das Begehren wie die folgende Bestrafung ersetzende Antizipation eines masochistischen Leidens eines repressiv geleiteten Verlangens nach der Mutter. Die Triangulierung der ödipalen Situation wird so negiert, die Macht des Vaters/Phallus tritt nur ex negativo auf. Dagegen steht die Mutter als Kernfigur, die gleichzeitig Liebesobjekt wie Kon­ trollinstanz ist, im Zentrum des Settings. Diese Konstellation im­ pliziert, daß diese relativ offene, bewußte Phantasie, die an infantüe

183 Nicht zufällig beruft sich Deleuze auf einen Roman, um die masochistische Disposition als phantasmatisches Setting des Begehrens zu erklären. De Lauretis Phantasiekonzept folgend, beziehe ich mich also nicht auf Kaia Silverman oder Gaylyn Studiars Modelle; wie an anderer Stelle aufgezeigt, af firmieren ihre Zuschreibungen von homosexuellem/heterosexuellen Begehren das zugrundeliegende bipolare Konzept von Geschlechterdifferenz. 174

Formen der Sexualität anknüpft, als Begehren nach der Mutter zwi­ schen Verschmelzungswunsch und Leidenslust schwankt 184. "Der Masochist erlebt die symbolische Ordnung als intermaternelle und setzt die Bedingungen, unter denen die Mutter innerhalb dieser Ordnung mit dem Gesetz identisch ist. Eben deshalb kann im Fall des Masochismus von einer Mutteridentifikation nicht gesprochen werden. Die Mutter ist keineswegs Objekt einer Identifikation, son­ dern Bedingung des Symbolkomplexes, der das Ausdrucksmedium des Masochismus ist." 185

Im Rückbezug auf "Alien" kann die filmisch inszenierte Positionierung der Crew unter dem Gesetz von Bordcomputer "Mother" (auch an­ gesichts des abwesenden symbolischen Konzerns, verkörpert durch den Konzern) als Materialisation des beschriebenen psycho- analytischen Settings gelesen werden.

Die magische Kammer (Dallas im Borcomputer „Mother") Bordcomputer "Mother" ist damit besetzt als mächtige Mutter, die zum einen präödipale Lüste der Symbiose in der Übernahme der lebensversorgenden Funktionen erfüllt, gleichzeitig aber die

184 Obwohl Gaylyn Studiars Betonung des Prä-Ödipalen oft zu Unrecht kritisiert wurde, sollte die Bedeutung dieser Phase nicht geschmälert werden. Im Unterschied zu Studlar kommt es m.E. in einem masochistischen Setting zur Überlagerung von präödipalen und ödipalen Strukturen. D.h. insofern Lust sich an erinnerte Symbiose - die vom Subjekt nicht aufgegeben werden will - entzündet, impliziert die auf die Mutter verschobene Kastrationsdrohung nicht die Aufhebung ödipaler Gesetze, lediglich deren Verschiebung. 185 DELEUZE, Gilles: Sacher-Masoch und der Masochismus. In: SACHER- MAS'OCH: Die Venus im Pelz. Frankfurt am Main 1980. S. 215 175

Kastrationsdrohung via des Geheimbefehls symbolisiert. (Das Vatergesetz erscheint damit "pervers", da in der geheimen Kammer, dem Innersten des Raumschiffs, in der Computer station "Mothers" die Phantasie von Rückkehr in den Mutterleib sich kurzschließen mit den dadurch ausgelösten Todesphantasien, für die der Geheimbefehl steht.). "Mother" besetzt die psychoanalytische Mutterposition auch insofern, als sie die ambivalente Rolle von Lebensspenderin und -bedroherin repräsentiert. Die Verschiebung von Machtstrukturen (die Mutter als Zentrum) bedingt die Überlagerung von Odipalem durch Orales: Bezogen auf die (vermeinthche) Gleichschaltung der Astronautinnen sehe ich we­ niger die Betonung ödipaler (phallisch-sadistischer) Modelle der Ab­ grenzung der Figuren von "Mother". Wie bereits an anderer Stelle vermerkt, wird diese Organisation der Lebens- und Funktions­ zusammenhänge filmisch dargestellt durch die Dominanz der An­ bindung an "Mothers " System. Hyperschlafkammern, Auto-Koch, Computerraum sind "Mother-"betonte zentrale Schaltstellen, die über weite Strecken der Fümerzählung die fehlende Autonomie der Astronautinnen kennzeichnen. Unterstrichen wird die mütterliche Abhängigkeit durch orale Codes: Müch-, Kaffetrinken und Rauchen.

Parker, Kane, Dallas Die Ambivalenz der oralen Phantasien ergibt sich aus dem bedrohli­ chen Aspekt einer (vom Subjekt imaginierten) Angst vor dem Ver­ schlungenwerden durch die Mutter, die weitergehend durch die auf­ nehmenden, einverleibenden Qualitäten des Kindes (bzw. der Astronautinnen) ersetzt wird. 176

Der Betonung der Oralität entspricht das Fehlen sexueller Konno­ tationen im Verhältnis der Astronautinnen untereinander. Diese Sub­ version einer masochistischen Disposition, die sich der Entwicklung einer genitalen Sexualität widersetzt, verweist auf die oben ausgeführten Diskussion um das asexuelle versus ambiguos sexualisierte Ambiente des Fümes. Dies zeigt sich in der Abspaltung explizit sexuell-aktiver Indizes seitens der Menschen auf genitale Metaphern auf Seiten der nichtmenschlichen, außerordentlichen Körper von Alien und Ash: Erinnert werden soll z.B. an die Pene­ tration Ripleys durch Ash oder die ihrer Tötung vorausgehenden, lasziven Berührungen von Lambert durch den Schwanz des Mon­ sters, die offensichtlich auf das Motiv der Vergewaltigung anspielen. Die durch "Mother" verordnete Passivität der Crewmitglieder wird am deutlichsten in der Figur von Captain Dallas, der als befehls­ habender Offizier des Raumschiffes sich sträubt, Verantwortung zu übernehmen, kerne Rettungsmöglichkeiten vorschlägt und keine Ent­ scheidungen trifft. Auch seine Inszenierung bei einer (erfolglosen) Verfolgung des Monsters entspricht diesem Muster: Der un­ geschützte Captain Dallas begibt sich in die Opferposition, als er allein in den Luftschächten das Monster aufzuspüren sucht.

Alien Die übrigen Astronautinnen verfolgen diese Aktion auf Suchbildschirmen. Obwohl Dallas rechtzeitig vor dem Auftauchen des Monsters gewarnt wird, scheint er von Schreck gelähmt, ist unfähig zur Flucht und wird darauf vom Monster verschlungen. Diese Vermittlung wird durch eine, nur mehr wenige Bildkader 177

umfassende Schuß-Gegenschuß-Montage gezeigt: Ein bewegungsunfähiger Mann wird einem Monster gegenübergestellt, das ihn mit - wie zu einer Umarmung geöffneten - Armen bzw. Klauen und mit weit aufgerissenem Maul empfängt. Unter dem Blickwinkel des Sonderschutzes für das Monster, das durch "Mother" gewährleistet wird, könnte "Alien" hier auch als Ver­ körperung eines mütterlichen Phallus/Fetisch interpretiert werden. Die Reaktion von Dallas kann seine Hingabe an diese bedrohlich-ver- führende Verkörperung "Mothers" verstanden werden, wobei wie­ derum die Verschmelzung von Liebeswunsch und Todesdrohung zu konstatieren ist. Fetische Damit soll wieder auf ein dominantes Motiv der masochistischen Phantasie verwiesen werden: den Kastrationsdrohungen gemeinsam ist das Motiv der Bedrohung, das in engem Zusammenhang mit männlichen Weiblichkeitsvor- und -darstellungen steht; Frauen wer­ den fetischisiert und monströs gezeigt. Da das Monster nur in wenigen Bildern zu sehen ist, ergeben sich jenseits der funktionalen narrativen Setzung von Alien als Phallus/Fetisch von "Mother" aus dem filmischen Material wenig An­ zeichen für die Fetischisierung. Dennoch bietet das Motiv des Fe­ tisch eine weitere Anknüpfung an Carol Clover und Teresa de Lauretis. Wie ausgeführt, verfängt sich Clovers strukturelle Analyse der Narration an dem Punkt, wo die Ambivalenzen von androgyner Weib­ lichkeit des Final Girl und feminisierter-impotenter Männlichkeit des Külers aufgrund ihres zugrundeliegenden Zwei-Geschlechter-Modells (der Differenz) nicht mehr aufgelöst werden können und daher im symbolischen Konstrukt einer vereinnahmenden, die subversiven Momente ausblendenden Maskulinisierung (v.a. des Final Girls) auf- gefaßt werden. Um also nicht wie Studlar die voluntaristische Ausblendung ödi­ paler Strukturen zugunsten präödipaler (noch-nicht-geschlechter- differenter) zu leisten, bzw. wie Silverman jenseits aller ideo- 178

logischen Dekonstruktionen (der Analyse von unterschiedlichen Ausformungen eines männlichen ODER weiblichen Masochismus) die normative Institution der Heterosexualität zu affirmieren, kann mit de Lauretis auch das Phänomen der Fetischisierung "anders" be­ griffen werden. Ausgehend von literarischen Schreibweisen und subkulturellen Codes konstatiert Lauretis, daß auch Frauen Strategien der Fetischisierung vollziehen 186. Nachgereicht werden soll an dieser Stelle, daß die Wichtigkeit psychoanalytischer Konzepte für feministische Tehorien sich, nach de Lauretis, der Tatsache verdankt, daß in ihr Frauen (wenn auch un­ ter dem Vertrag der Institution der Heterosexualität) die Macht zu verführen und verführt zu werden, eingeräumt wird. Dcimit sind Frauen in diesen Diskursen nicht nur als Objekte des Begehrens, sondern auch als begehrende Agentinnen eingeschrieben. Das be­ deutet, mit de Lauretis argumentiert, daß der mütterliche Körper nicht nur von einem heterosexuellen, männlichen, sondern auch von einem weiblichen Subjekt fetischisiert werden kann. Dabei wird die Position der Mutter erotisch besetzt, auch sie fungiert nicht nur als Objekt, sondern auch Agentin des Begehrens und kann so eine phantasmatische Rolle für weibliche Sexualität spielen. Diese mütterliche Metapher kann, ähnlich wie in der maso­ chistischen Disposition, die väterliche Macht ignorieren und erset­ zen. Durch die Fetischisierung des mütterlichen Körpers begehrt eine Frau nicht den mütterlichen, sondern den weiblichen Körper. Der Verlust des mütterlichen Körpers refiguriert damit nicht den Mangel des Penis, sondern den Mangel eines liebenswerten Körpers.

186 Auch Deleuze konstatiert die Existenz einer weiblichen Fetischisierung: "Im Fall des Masochismus hat der männliche Triebanteil die Sohnesrolle besetzt, während der weibliche auf die Mutterrolle projiziert ist; die beiden Strebungen bilden jedoch eine einzige Figur, weil das Weibliche als das Mangellose gesetzt ist, das Männliche aber als das in der Verneinung Suspendierte (das Fehlen des Penis ist nicht schon Phallusmangel, ebenwowenig wie sein Vorhandensein schon Phallusbesitz ist). Im Masochismus ist also die Übernahme der Sohnesrolle durch die Tochter ohne weiteres denkbar, da es die strafende Mutter ist, die idealiter den Phallus besitzt und von der die Neugeburt abhängig ist." DELEUZE (1980), S. 219 179

Die Fetischisierung bezieht sich damit auf den phantasmatischen Aspekt der Verdoppelung des verlorenen Objektes (der Mutter) durch ein anderes verlorenes Objekt (den weiblichen Körper) und die Ersetzung des letzteren durch die Signifizierung des Begehrens. Der Fetisch bezeichnet damit die Abwesenheit eines begehrten Objektes, sowie in der Signifizierung den Wunsch des Subjektes danach. Oder anders ausgedrückt werden in de Lauretis Konzept sowohl der Körper der Mutter als auch der des weiblichen Subjekts affektiv besetzt, damit repräsentiert der Fetisch das Objekt und verweist gleichzeitig auf dessen Mangel. Dieses Begehren kann nach Lauretis durch physikalische, intellek­ tuelle Attribute, durch Haltungen, Erscheinungen, eine Art der Selbstrepräsentation, Kleidung und vieles mehr ausgedrückt werden. Unter dem Aspekt der Subjektivität strukturierenden Bedeutung der Phantasie ermöglicht das Konzept von de Lauretis eine Auswei­ tung der phantasmatischen Dimension eines masochistischen Be­ gehrens. Übertragen auf den Film muß Ripley dahingehend nicht mehr als maskulinisierte Version (Clover), als Mannequin (Baudrülard) oder als Frau, die eine nicht ausgereifte Weiblichkeit verkörpert (Tasker) ver­ standen werden. Jene Attribute, die in konventionellen Fümanalyse als phallische, den weiblichen Mangel ausgleichende interpretiert wurden, können vor dem Hintergrund einer weiblichen Fetischi­ sierung auf ein nicht-heterosexuelles Begehren 187 (Ripleys nach einer phantasmatischen Mutter) verweisen. Als Beispiele dafür könnte die Inszenierung von Ripley als weiblicher Space-Kriegerin (vor dem Show-down) gelten. Der Bezug auf de Lauretis soll nicht dazu dienen, Ripley identitätslogisch als lesbische Frau zu installieren, sondern vorzuschlagen, daß masochistische Settings nicht allein durch männliche oder weibliche, ausschließlich hetero- oder homosexuelle 188 Erklärungsmuster zu erklären sind. Betont

1°' Die Rezeption von "Alien" seitens lesbischer The ore tike rinnen ist ausgeprägt; sie bezieht sich vor allem auf die Tatsache einer weiblichen Identifikationsfigur, die nicht-trad it ioneile Weiblichkeit repräsentiert. 188 Vgi beispielsweise die Interpretation der masochistischen Disposition als 180

werden soll vielmehr die Offenheit sexueller Phantasien (z.B. fragmentierte, "polymorph-perverse", ausgezeichnet durch viele Zo­ nen der Lust), die subversiv einer heterosexuell genitalen Ökonomie zuwiderlaufen. Die Subversion resultiert daraus, daß die genitale Vormachtstellung des Männlichen in Frage gestellt wird, der Besitz des Phallus sich als sekundär erweist, da die Frau nicht als Indikator des Mangels repräsentiert wird. Der Frauenkörper ist in diesem Set­ ting als außerordentliches Organisationsprinzip einer maso­ chistischen Einbildungskraft gezeigt, er wird idealisiert. Im Fall von "Alien" ereignet sich diese Idealisierung durch die Verschiebung müt­ terlicher Macht auf Technologie bzw. die Monstrosität. Diese Operation verdeutlicht einmal mehr die Aufhebung von Realem im Idealen, die imaginierte "FRAU" läßt nicht unbedingt Rückschlüsse zu auf Bedingungen weiblicher Existenz, sie dient wieder als Pro- jektionsfläche für bestimmte Phantasien und die Bedrohlichkeit einer Differenz des Weiblichen wird in einem neuen Setting wieder einge­ bunden. "Ähnlich scheint es, als werde der masochistische Held von der au­ toritären Frau erzogen und geformt, in Wahrheit aber ist sie es, die von ihm geformt und travestiert wird, und er ist es, der ihr die harten Worte eingibt, die sie an ihn richtet. Das Opfer spricht durch seinen Henker, ohne sich zu schonen." l8Q Alle Kennzeichen einer masochistischen Ästhetik, die Deleuze vor­ schlägt (die Übertragung der Macht des Gesetzes auf das Mutter- büd, der ständige Aufschub bzw. das Aussparen einer Endlust der Suspense und die ästhetische Gestaltung des Ambientes nach kul­ turellen Vorbüdern 19°) finden sich also in "Alien" materialisiert.

homo sexuell-männlicher - die Mutter würde in diesem Setting lediglich als Repräsentantin des Vaters, das durch das Inzesttabu verbotene Liebesobjekt, gelten. Neben der Richtigkeit, die eine solche Argumentation fallweise (bei unterdrückter Homophobie beispielsweise) durchaus birgt, scheint mir die Applikation eindeutiger Zuschreibungen dennoch oft unzutreffend, da sie meist auf Kosten anderer Differenzen geht. 189 DELEUZE (1980), S. 178 190 Bezogen auf die stilisierte Ästhetik in "Alien" möchte ich auf die Filmanalyse (die Camouflage von Natur und Technologie) verweisen, da der visuelle Stil dort ausführlicher nachzulesen ist. Auch die Kreation des 181

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, daß in der masochistischen Ästhetik nicht eine Figur (der Vater) durch eine andere (die Mutter) ersetzt wird, sondern die ursprüngliche Erfahrung von Schmerz und Lust, die einer Anerkennung des ödipalen Gesetzes vorausgeht, repräsentiert wird. Wie die Genrekonvergenz von Science Fiction und Horror andeutet, entspricht der ausgewählte Spielfüm auch hier den Prämissen der masochistischen Ästhetik: Sowohl die Ausstellung monströser Körper (dies bezieht sich an dieser Stelle neben dem außerirdischen Lebewesen auch auf die zerstörten, verletzten und infizierten Körper), wie auch die Rezeption konzentrieren sich auf die Sensationen des Körpers. Die Spannung in "Alien" und dem masochistischen Setting ent­ spricht einer leeren Zeitlichkeit, einer passiv-hingegebenen Faszi­ nation. Die Spannung im Film pendelt zwischen Angst und Lust (Lust, das Fremde, Unbekannte im Monster zu sehen), Erregung und Auf­ schub. Über lange Strecken erschöpft sich die Schaulust nicht in ei­ ner finalen Entladung, sondern konzentriert sich auf eine ständig in Schwebe gehaltene und nicht eingelöste Endlust. Wiewohl der Film ein vermeinliches Happy-End angibt - Ripley konnte mit dem Gleiter flüchten und bedrohliche Monster töten - , wird aus den letzten Worten Ripleys (die vom Bordcomputer aufge­ zeichnet werden) deutlich, daß diese Rettung nur vorläufig ist, da sie abhängt vom Auftauchen einer Raumpatrouille, die den Gleiter findet. i9i.

Die Moral der Geschichte Bleibt im Anschluß auf die unterschiedlichen Aspekte der Film­ analyse noch ein Zitat von Steven Shaviro anzufügen:

Monsters durch einen (sub kulturell) bekannten Maler, H.R. Giger unterstützt die These einer theatralen Inszenierung der "perversen" Ästhetisierung des Todes. 191 Vielleicht verdankt sich diese nicht-eingelöste Endlust einer endgültig narrativen Auflösung auch die stete Fortsetzung der "Alien'-Sequels. ("Aliens" von James Cameron, 1986; "Alien 3" von David Fincher, 1993. Filmzeitschriften berichten, daß bereits ein vierter Film, wieder mit Sigourney Weaver, sich in Vorbereitung befindet). 182

"But through all these variations and transformations, I have returned over and over again to the notion of cinema as a technology for oxymoronically intensifying corporeal sensation, for effects of subjectivity. I have insisted upon a primordial passivity and ambiguity, an unsurpassable, promiscuously undecidable mtermingling of body and image, of reality and artifice, of passion and subjection, of pleasure and pain. And I have tried to argue that such ambivalence does not disable politics: it should be seen, rather, as a necessary, enabling condition of any political intervention or evaluation. The ambivalent cinematic body is not an object of representation, but a zone of affective intensity, an anchoring point for the articulation of passions and desires, a site of continual political struggle. I have consequently articulated an aesthetic of bodily intensity, of masochism and abjection, presenting it both as a symptomatic effect of postmodern power and as a possible form of resistance to that power." 192

192 SHAVIRO, Steven: The Cinematic Body. Theory out of Bounds. Minneapolis/London 1993. S. 154 5. AUSBLICK "Obwohl des Problem wohl offensichtlich nicht gelöst werden kann, enthält der ödipusmythos dennoch eine Art logisches Werkzeug, das zum originären Problem hinreicht: Geboren aus einer oder gebo­ ren aus beiden? Oder, darüber hinaus: Geboren aus dem Unter­ schied oder geboren aus dem Selben." l Nach der dekonstruktiven Fümanalyse soll im Abschluß der vorlie­ genden Arbeit noch ein Ausblick auf eine mögliche feministische Konzipierung des Verhältnisses von Weiblichkeit und Mutterschaft geboten werden. Die - dem Science Fiction durchaus nahe - Meta­ pher des/der Cyborg von Donna Haraway bietet m.E. eine feministi­ sche Position, die sowohl der konstatierten Vielfalt sexueller Co­ dierungen, wie sie im Füm imaginiert werden, Rechnung trägt; zum anderen sich auch verbinden läßt mit postmodernen Subjekt­ theorien, die entgegen einer Re-Essentialisierung das spezifisch weibliche Potential zur Mutterschaft in einem politischen Bezug auf Geschlechterverhältnisse begreift. Die Vorstellung dieses Entwurfs soll abschließend nochmals den Horizont meiner theoretischen Her­ kunft verdeutlichen. Gegen eine Lesart des Filmes, die eine futuristische Neuinszenie­ rung des Muttermordes durch eine elektrengleiche Ripley resümiert, soll die Zweideutigkeit der narrativen Auflösung betont werden: Die Macht des abwesenden Vaters, verkörpert im Konzern - dessen Name oder Gesetz verantwortlich ist für die Dynamik der sich ab­ spielenden Konflikte - wird unterminiert durch die Actionheldin, die sich nicht systemkonform verhält und damit die Etablierung und Af­ firmation seiner Gesetze negiert. Wenngleich der Bordcomputer Mother ursprünglich die Funktion der Vatergesetz-Vermittlung be­ setzte, ist seine/ihre Existenz nach der atomaren Sprengung nicht völlig ausgelöscht; die Stimme Mothers ist nach der Explosion der Nostromo erneut als voice-over zu hören.

LEVI-STRAUSS, Claude; zitiert nach SOBCHACK, Vivian: The Virginity of Astronauts. In: KUHN, Annette (ed.): Alien Zone. Cultural Theory and Contemporary Science Fiction Cinema. London/New York 1990. S. 110 184

Die vorgestellte Fümanalyse kann so nicht reduziert werden auf die eindeutige Interpretation einer abschließenden Filmnarration bzw. einer dominant signifizierenden Filmfigur. Vielmehr sollte aufgezeigt werden, daß in "Alien" Vorstellungen eines stabilen, kohärenten Subjektes inklusive seiner identitätslogisch Vorausgesetzen Codierung (Mann aktiv, Frau passiv etc.) aufgelöst werden. Darüber hinaus lassen sich die unterschiedlichen visuellen und narrativen Verfahren, in der die Durchdringung von Natur und Kultur vorgestellt wird (z.B. fremder Planet und/versus Raumschiff), interpretieren als postmodernes Setting, in der die dichotome Trennung dieser Sphä­ ren aufgelöst erscheint. Dieser Zusammenbruch von Grenzen geschlechtlicher, körperli­ cher und menschlicher Identität, der die Konfusion geschlechtücher Tropen, wie sie an den verschiedenen Körpern inszeniert werden (z.B, des Monsters, des Androiden, der Actionheldin) läßt sich um­ gekehrt auch lesen als Refiguration eines "Körper-Horrors" 2, der eine neue Ökonomie von Identifikationsmöglichkeiten und Begehren in Gang setzt.

Das Monster focussierend, verfängt sich eine Interpretation seiner Genese bzw. Metamorphose - betont werden die vaginal anmutende Eieröffnung, die Manifestation des Chest-Burster als phallisches Baby oder "phallus dentata"3 oder die Gleichzeitigkeit von phallisch begehrendem Schwanz und zähnefletschendem Kiefer (als Vagina Dentata) in der ausgereiften Version des Alien - nicht hinsichtlich ei­ ner eindeutigen Zuordnung als männlich oder weibliches Wesen. "Alien" s Verkörperungen markierten die Überschreitung einer sexuel­ len Identität, die auf der Interpretation genitaler Differenz beruht.

HURLEY, Kelly: Reading like an Alien: Posthman Identity in Ridley Scott's "Alien" and David Cronenberg's "Rabid". In: HALBERSTAM, Judith; LIVINGSTON, Ira (ed.): Posthuman Bodies. Bloomington/Indianapolis 1995. S. 205 Diesen Begriff prägte Roger Dadoun. DADOUN, Roger: Der Fetischismus im Horrorfilm. Zitiert nach BRAUERHOCH, Annette: Mutter-Monster, Monster-Mutter. In: KOCH, Gertud; SCHLÜPMANN, Heide (Hg.): Frauen und Film. Horror. Heft 49. Frankfurt am Main 1990. S. 21 185

"Collapsing this foundational binarism (penis/no penis, male/female) indispensable to the constitution of human identity, the film works to take us outside of the logic of "the human", to imagine other (alien) systems of reproduction, other (alien) logics of identity." 4 Der Mensch ist also nicht nur auf der Ebene des Filmplots ersetz­ bar.... Um dem flottierenden Spiel sich verschiebender Bedeutungen aber nicht jegliche Beliebigkeit einzuräumen, bietet die Aufspaltung der weiblich sexualisierten, generativen Aspekte dennoch, ex nega­ tivo, eine Anküpfung. Wenngleich Schaulust, Identifikation und (heldenhafte) Aktivität sich nicht an eine Figur oder einen Hand­ lungsstrang delegieren lassen, bleibt die dominante Thematisierung einer Körpervorstellung sowohl in ihrer Ausblendung wie in ihrer aufgeschobenen Überrepräsentation faszinierend: Tabu und skan­ dalös scheint die Repräsentation eines Frauenkörpers, der generativ produktiv ist. Dieses Darstellungstabu läßt sich anhand der aktuellen medialen Repräsentation von Annie Leibovrtz' Photographie der Schauspiele­ rin Demi Moore zeigen: Unter dem Überschrift "More Demi Moore" war im August 1991 die Schauspielerin hochschwanger und nackt auf dem Titel der Illustrierte "Vanity Fair" abgebüdet.

Vanity Fair, August 1991 4 HURLEY (1995), S. 211 186

Dieses Titelbüd förderte eine enorme Steigerung der Auflage der Illustrierten und evozierte eine heftige - medial inszenierte 5 - Kon­ troverse über Ästhetik und Moral, aus der vor allem negative, ab­ lehnende Reaktionen auf Moores Abbildung hervorgingen. Die Kritik bezog sich dabei vor allem auf die Kombination von Nacktheit und Schwangerschaft bzw. die von der Fotographin inszenierte Selbst­ verständlichkeit einer Ausstellung des schwangeren Leibes. "The pregnant body - even clothed - is a source of abjection and disgust in popular culture: the woman is represented as awkward, uncomfortable, and grotesquely excessive. In a culture that places such a premium on thinness, the pregnant body is anathema. Not only is it perhaps the most visible and physical mark of sexual difference, it is also the sign for deeply embedded fears and anxieties about femininity and the female reproductive system. With the advent of visual technologies, the contents of the uterus have become demystified and entirely representable, but the pregnant body itself remains concealed." 6 Trotz aller ideologischer Anstrengungen, das Bild der Frau als Mut­ ter - als Wesen, das zuerst und vor allem sich den Anderen widmet, dessen Bedeutung der Spezies gilt und nicht dem Selbst - immer wieder zu installieren, führten die (durchaus widerstreitenden) Ten­ denzen von Frauenbewegung und technologischem Fortschritt (wie den Gen- und Reproduktionstechnologien) zu einer Vielfalt an müt­ terlichen Imagines: Mutterschaft umfaßt die verschiedenen Aspekte von Leihmutterschaft, biologischer Mutterschaft, sozialer Mutter­ schaft; jenseits der Kleinfamilie gibt es alleinerziehende und les­ bische Mütter. Trotz der angeblichen Vielfalt an Rollenmustern und Lebensentwürfen (und ihren Repräsentationen) zeichnet sich die Sphäre der Reproduktion und die damit verknüpfte Politik durch eine Intensivierung materieller und symbolischer Machtstrukturen

Stabile nennt 1.500 Artikel in Zeitschriften, 95 Fernsehsendungen zu die­ sem Thema, 64 Radioshows. STABILE, Carol: Shooting the Mother: Fetal Photography and the Politics of Disappearance. In: TREICHLER, Paula; CARTWRIGHT, Lisa (ed.): Imaging Technologies, Inscribing Science. Number 28. Bloomington 1992. STABILE (1992), S. 191/192 187

aus. Und immer noch dienen die Körper von Frauen als Schauplatz der Inszenierung 7 wissenschaftlicher Forschung, die darauf zielt, menschliche Prokreation aus ihrer Leibgebundenheit zu lösen.

Donna Haraway bezeichnet die Debatten um Reproduktionsfreiheit und -rechte denn auch als eine der vorrangigen Fragen des Spät­ kapitalismus, da - vermittelt über Fragen der Investition und der Ex­ pansion - in ihnen Grenzen und Wunschprojektionen des indivi­ duellen Selbst verhandelt werden. Gleichzeitig wird mittels der Bio- und Informationstechnologien "Leben" artifiziell hergestellt bzw. fungiert umgekehrt der menschliche Körper als Schauplatz techno­ logischer Interventionen. Die Herstellbarkeit und der Umbau von Lebewesen initiieren einen Transformationsprozess, der neue Differenzierungs- und Definitionsprobleme birgt: Die Trennung von Embryo und Mutterleib verweist dabei nicht nur auf jene Grenz­ verwischung zwischen Vorstellungen von Männhchkeit und Weibhch­ keit, bzw. Natur und Kultur, sondern berührt die Grenze zwischen Leben und Tod. Die Herstellung von Lebewesen in Labors und Klini­ ken verschiebt Fragen der sexuellen Differenz, die sich bislang vor allem auf (organische und persönliche) Körper bezogen hatte, auf die Ebene maskulinistischer Technologie und industrieller Politik. Dennoch erübrigt sich die Frage nach dem Grund sexueller Differen­ zen nicht, wie Donna Haraway meint: "In short, where there is sex, literal reproduction is a contradiction in terms. The issue from the self is always another. The scandal of sexual difference founded on compulsory heterosexuality is itself the key technology for the production and perpetuation of Western Man ... But also at its simplest, so far only women get pregnant. Pregnant women in western cultures are in much more shocking relation than men to doctrines of unencumbered property in the self. In "making babies" female bodies violate western women's liberal singularity during their lifetimes and comprise their claims to full citizenship. ... Ontologically always potentially pregnant, women are both more limited in themselves with a body that betrays their

vgl. die Debatten um Experimente mit komatösen Schwangeren. 188

individuality, and limtiting to men's fantastic self-reproductive projects." 8 Rückkehrend zu einer meiner Ausgangsfragen, die das Verhältnis von Mutterschaft und Weiblichkeit betreffen, soll mit diesem Zitat jedoch nicht eine weitere Festschreibung von Weiblichkeit af firmiert werden. Innerhalb der Filmanalyse wurde dieses prekäre Verhältnis in dekonstruktiver Weise gestreift; die Konzentration auf die Auf­ spaltung der Phänomene von verkörperter Weiblichkeit und monströser Generativität, wie sie an den unterschiedlichen Körpern vorgestellt wurde, wies letztlich auf die Auslassung von Reprä­ sentationen generativ aktiver Frauen bzw. die Tabuisierung schwangerer Körpervor- und darstellungen hin. Abschließend soll hierzu noch Patricia Yaeger angeführt werden, eine Theoretikerin, die angesichts der Unterrepräsentation re­ produktiver Topoi in Philosophie und Kunst für eine "Poetik der Ge­ burt" plädiert. Im Zuge postmoderner Mutter-Imagines fordert Yaeger eine Rekonzeptualisierung und Renarrativisierung von Re­ produktion außerhalb einer "kopulativen Politik" (Yaeger), die bislang immer an eine sexuelle und produktive (Geschlechter-)Asymmetrie geknüpft war. Damit ist gemeint, daß Reproduktion nicht mehr als Ergebnis von heterosexueller Paar- und Familienbildung gesehen werden kann, da technologischer Fortschritt und poststrukturalistische Philosophie einem Glauben an reine Ursprünge und eine totalisierende Weltsicht, die sich um die Mutter als "Nabel der Welt" drehen, sich als obsolet erweisen. "... the mystery, worry, and aggravation of what it means to come from a womb require continual re-elaboration. Reproduction must be tamed or tampered with to fit within an era's ideology, to acquire appropriate meaning. One reason to set forth a reproductive philosophy as new "master" narrative would be to rekindle the problem of natality in our imaginations - in part, by revealing the constancy, as well as the transformations, of these collective fantasies about birth." 9

8 HARAWAY (1989), S. 353 9 YAEGER, Patricia: The Poetics of Birth. In: STANTON, Domna C: Discourses of Sexuality. From Aristotle to Aids. Michigan 1992. S. 291 189

Jenseits der Hervorhebung des Präödipalen oder der Focussierung der geschlechtsspezifischen Arbeitsteüung impliziert eine feministi­ sche Thematisierung des Komplexes der Reproduktion eine episte- mologische Neufassung von Geburt (Gebürtlichkeit und Prokreation) im Zusammenhang mit Fragen der Geschlechterverhältnisse - im Be­ wußtsein kultureller und historischer Situiertheit. Donna Haraways Cyborg-Mythe bietet für Yaeger eine postmoderne Version, wie Mutterschaft jenseits einer Re- Essentialisierung in einer postmodernen Version auch begriffen werden könnte: " Why not reimagine pregnant women as cyborgian ciphers rather than tossing out gestation and parturition... ? If the cyborg becomes one site, where the boundaries among humans, animals and machines can be "thoroughly breached" (Haraway), might not the pregnant woman's body offer another site of Utopian monstrousness?" 10 Die Cyborg-Mythe bildet für Haraway eine Denkfigur für feministische Theorien, die - angesichts der zeitgenössischen Situation der Übersetzung von Welt vermittels ihrer Dekodierung (vgl. das Human Genom Project) und der daraus resultierenden Auslöschung von Differenzen - eine Trope für politische Möglichkeiten der Intervention und Einmischung bietet: Die Bio- und Informationstechnologien produzieren "Körper", die historisch, kulturell und lokal unterschiedliche Einschreibungen generieren. Damit korreliert die Unmöglichkeit einer universell verbindlichen Kategorie "Frau"; weder das Unterdrückungsparadigma noch Konzepte spezifisch weiblicher Erfahrung bilden hinreichende Motive, um Begriffe und Praxen, die sich auf die Illusion eines natürlichen, vorgängigen Körpers beziehen, zu legitimieren oder Begründungszusammenhänge für feministische Identitätspolitik zu garantieren. Entgegen der Produktion antagonistischer Dualismen (und der damit verbundenen Ausschlüsse) intendiert die Cyborg Mythe den Entwurf einer Dislozierung von Differenz, die die

10 YAEGER (1992), S. 294 190

Negation des/der Anderen aus einer Logik des Selben überschreitet.

Was zeichnet nun das Erzählmuster des /der Cyborg aus? "By the late twentieth century, our time, a mythic tüne, we are all chimeras, theorized and fabricated hybrids of machine and organism; in short, we are cyborgs. The cyborg is our ontology; it gives us our politics. The cyborg is a condensed image of both imagination and material reality.... In the tradition of reproduction of the self from the reflections of the other - the relation between or­ ganism and machine has been a border war. ... this chapter is an argument for pleasure in the confusion of boundaries and for responsibility in their construction." u

Der Zusammenbruch der Grenzen zwischen Organismus und Maschine, Mensch und Tier, Kultur und Natur (oder, mit Patricia Yaeger: das Verhältnis von Selbst und Anderem im schwangeren weiblichen Körper) befördert ein Denken, das sich von dichotomen Repräsentationen löst und stattdessen Modelle eines Netzwerkes, der Simulation oder ein nachödipales Post-Gender vorschlägt. Dabei soll die Cyborg-Metapher als Fiktion einer sozialen Ver­ körperung ebenso gelesen werden können wie als Verkörperung gelebter Erfahrung. Als imaginäre Ressource könnte der/die Cyborg zu unheimlichen Bündnissen verführen (die durchaus auch Risiken bergen). Die Mythe intendiert jedoch nicht die Verwandlung von Ge­ schichte in Mythos, sondern die Konzeption partialer, situierter, heterogener Konstruktionen, die Projekte wissenschaftlicher Re­ cherche, politischer Intervention und kultureller Produktion unterhält. Oder, wie Judith Halberstam das Manifest kommentiert: "However, femininity is always mechanical and artificial - as is masculinity. The female cyborg becomes a terrifying cultural icon because it hints at the radical potential of a fusion of femininity and intelligence. If we define femininity as the representation of any gendered body, and intelligence as the autonomous potential of

11 HARAWAY, Donna: A Cyborg Manifesto: Science, Technology and Socialist-Feminism in the Late Twentieth Century. In: dies.: Simians, Cyborgs, and Women. The Reinvention of Natur. London 1991. S. 150 191

technology and mental functioning, their union signifies the artüicial component in each without referring to any essential concept of nature. A female cyborg would be artificial in both mind and flesh, as much woman as machine, as close to science as to nature .... the inteUigent and female cyborgs thinks gender, processes power and converts a binary system of logic into a more intricate network. As a metaphor, she challenges the correspondences such as maternity and femininity or female and emotion, as a metonym, she embodies the impossibility of distinguishing between gender and its representation." I2

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