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Im Süden EINSCHLAUFEN Betrifft: Ein Leben, aufbewahrt in Gedichten und Liedern Impressum Nº 02.13 DER MUSIKZEITUNG LOOP 16. JAHRGANG Später Geschäftsbeginn heute, aber dann mit funktioniert, und so bleibt einmal mehr bloss glasklarem Kopf, mit sauber aufgeräumtem der leere Bildschirm, auf dem sich ein ganzes P.S./LOOP Verlag Herzen und einem Jackett voller Kostbarkei- Universum ausbreiten könnte. Eine ins Unend- Postfach, 8026 Zürich ten. Von der krispen Temperatur zu schneller liche ausgreifende Anordnung von Gereimtem Tel. 044 240 44 25, Fax. …27 Schrittkadenz gezwungen, sitzt man endlich im oder Ungereimtem, ein streng komponiertes [email protected] / www.loopzeitung.ch Drehsessel am Schreibtisch, ordnet die frisch an- Gedicht oder eine Musical-Nummer, die selbst gespitzten Bleistifte in einem rechten Winkel zur «Californication»-Sidekick Atticus Fetch ein Verlag, Layout: Thierry Frochaux Tastatur an, fährt den Rechner hoch, liest lust- paar Schattierungen von Schamesröte über des- los ein paar Nachrichten im Spamordner – und sen Lidschatten zwängen würde. Administration, Inserate: Manfred Müller macht sich ein paar vorsichtige erste Gedanken Jede Zeile ist eine vertrauenszerstörende Mass- zur Feingestaltung der Mittagspause. Die ganz nahme, die sich als Frustration in den weiteren Redaktion: Philippe Amrein (amp), komplizierten Pläne sind geschmiedet, die letz- Abend hinein verlängert. Die schlechte Laune Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe ten Deadlines rücken in Sichtweite, also ist man lässt sich kaum mehr beseitigen, und selbst der versucht, sich in eine einigermassen ernsthafte kurze Blick in den Abgrund auf dem Nachhause- Mitarbeit: Reto Aschwanden (ash), Existenz einwickeln zu lassen. Oder für ein paar weg bringt nicht viel. Bloss die Erkenntnis, dass Thomas Bohnet (tb), Samuel Burri, kurze Minuten im wohlverdienten Halbschlaf zu man anderswo besser aufgehoben wäre. Zum Pascal Cames (cam), Christian Gasser (cg), verschwinden. Beispiel unten im Süden. Wenngleich das eher Michael Gasser (mig), Hanspeter Künzler (hpk), Aber: geht natürlich nicht. Denn erst jetzt be- dem Klischee geschuldet ist, wie die folgenden Tony Lauber (tl), Mathias Menzl (men), ginnt die anstrengende Phase der Gefühlsprä- Seiten verraten. Philipp Niederberger, Ricarda Solms, zisierung, die uns auch das Evernote- und Pin- Was uns bleibt, ist ein Zitat, diesmal aus Franz Miriam Suter (mis) terest-Zeitalter nicht haben abnehmen können. Doblers Roman «Aufräumen». Es ist ein Buch Dieses halbkonstruktive Ringen um Verständ- aus dem Süden der Bundesrepublik, geprägt von Druck: Rotaz AG, Schaffhausen lichkeit, um einen Gedanken, der den emotio- lyrischem Klarblick auf eine Welt, die sich all- nalen Impuls einigermassen zutreffend wieder- mählich aufl öst: «Am Ende aller Tage, wenn die Das nächste LOOP erscheint am 28.3.13 zugeben vermag. Auf Papier, schwarz auf weiss, Erde wüst und leer, steht im verbrannten Park Redaktions-/Anzeigenschluss: 21.3.13 verbindlich und portabel. ein Kofferradio. Es überträgt ein Lied aus alter Die Arbeit am Dokument zieht sich dahin, die Zeit. Von einer zerkratzten Schallplatte. Die Na- handelsüblichen Strategien («Gebt mir eine del hängt. Und niemand mehr da, der irgendwas Flasche Cognac, fünfzig Filterzigaretten, einen umdreht.» Kugelschreiber und ein grosses Blatt Papier Titelbild: Fokn Bois – oder einen Konzertfl ügel») haben noch nie Guido Amundsen

Ich will ein Abo: (Adresse) 10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 33 Franken (in der Schweiz). LOOP Musikzeitung, Langstrasse 64, Postfach, 8026 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected] victor jara VOLKES STIMME sang von Liebe und von einem Leben in Frieden. Er blieb Vor 40 Jahren wurde der Sänger Victor auf dem Boden, berührbar, brauchte Bezüge, die Nähe zu den Leuten, den persönlichen Grund für all das, was man Jara in Chile von den Schergen Pinochets das Leben nennt. Seine persönliche Liebe blieb – so sehr seine Lieder auch allen gehörten – seine ganz private An- und der CIA ermordet – und war nie weg. gelegenheit. Jaras Entdecker und wichtigster Förderer war kein Mäzen, «Da ist Victor Jara!», ruft eine Frau, ein anderer erkennt sondern eine Frau, die Volkslieder sammelte und kompo- ihn auch, sie ziehen den Toten aus dem Massengrab. Es nierte, ein kleines Café in Santiago betrieb und sich schliess- ist der 16. September 1973, Santiago de Chile. Der Sänger lich aus Kummer das Leben nahm: Violetta Parra. Auch sie Victor Jara ist ermordet worden, die Militärs wollten ihn keine Ikone, ihr berühmtes Lied «Gracias a la vida» kennt verschwinden lassen, verscharren zwischen Tausenden Lei- man vor allem in der Version von Mercedes Sosa. Jaras chen, sie haben nicht damit gerechnet, dass er erkannt wer- Biografi e schrieb kein schillernder Feuilletonist, sondern den würde, dass man ihn selbst als Toten nicht auslöschen seine Frau, die englische Tänzerin Joan Turner Jara. «Das kann. Er ist bis heute vielen Chilenen eine Art Bruder, ein letzte Lied», die Geschichte eines Menschen, der sang, weil Geliebter, ein Sohn, ein Freund; den wenigsten ein Heiliger. er wusste, was meist bestritten wird: dass Gesang die Welt Die schwarzen Locken, das breite Lachen, die Stimme, die verändert. alle Tonlagen traf, die klare, unverstellte, kitschfreie Poe- sie der Lieder, das kurze Leben, der Märtyrer-Tod, all das HEULEN UND GESCHREI hätte ausgereicht für einen Status, der in der aktuellen Zeit- rechnung darbender Plattenfi rmen täglich jemand Neuem Victor Jara kam in Lonquen bei Santiago zur Welt, im Sep- verliehen wird: für den Ikonenstatus. Stattdessen scheint tember 1938. Ein armes Kind in Südamerika. Landarmut. Jara einfach da zu sein. Vater Manuel arbeitete als Tagelöhner bei einem der Gross- Victor Jara sang und komponierte Lieder, die ihn unsterb- grundbesitzer Chiles, der Lohn bestand aus etwas Weizen, lich machten, er kämpfte auf seine Weise für die gerechte Zucker, Mate und manchmal Kleiderstoff. Die Mutter, Sache. Und er starb mit 34 durch das Maschinengewehr Amanda, eine kleine drahtige Frau, versuchte mit dem, was eines Militärschergen. Er war kein Zigarrenraucher, kein Garten und Hühner hergaben sowie der Untermiete des Motorradfahrer, kein Guerillero. Er war kein Bürgersohn Dorfl ehrers dazuzuverdienen. Die Ehe der Eltern bröckelte, mit Sehnsucht nach dem einfachen Volk. Er war keiner, Manuel trank, schlug Amanda und die Kinder. Die grosse dessen Konterfei T-Shirts rebellischer Teenies zierte oder Schwester, Maria, verbrühte sich beim Wäschewaschen, ziert. Kein zweiter Che. musste nach Santiago und blieb ein Jahr im Krankenhaus. Die schwangere Amanda zog mit den Kindern hinterher, EINE PRIVATE ANGELEGENHEIT der Vater blieb in Lonquen. Und verschwand aus Victor Jaras Leben. «Ich erinnere mich ans Gesicht meines Vaters Victor Jara war ein Arbeiterkind. Ein Fixstern ohne kühle Distanz. Seine Motive eigneten sich nicht zum Abheben: Er bitte umblättern singt er, erst in der Gruppe Die Geschichten dieses Musikers sind schnell erzählt. Sie VOLKES STIMME Cuncumén, später in der handeln von der Ungerechtigkeit in einem Land, das nur Gruppe Quilapayun, das wenigen gehört, von Aufständen der Land- und Minen- / Wie eine Nische in der Mauer, Betttücher und Schlamm- klingt nach Folk, und das arbeiter, die niedergeschlagen wurden, von Kindern, die fl ecken, Lehmfussboden, meine Mutter am Arbeiten, Tag Volk ist politisch. im Dreck spielen, die nie zur Schule gehen, und von dem und Nacht, Heulen und Geschrei.» Als Student hat er ein Zim- Glück, dennoch etwas aus sich zu machen. Amanda war der Mensch, der «die Härte erträglich mach- mer in einer feinen Gegend «Zerbrechlich wie ein Drachen, / über den Dächern von te». Und sie war die erste, die ihm auf der Gitarre Volkslie- am Cerro San Cristobal, Barrancas / spielte das Kind Luchin! mit seinen Händen der vorspielte. Später schrieb Jara das Lied, das ihn am be- darin ein Holzbett, die we- blau vor Kälte / mit dem Ball aus Lumpen! mit der Katze rühmtesten machte: «Te recuerdo Amanda». «Ich erinnere nigen Sachen verpackt in und dem Hund! das Pferd schaute zu…» mich an dich Amanda / wie du zur Fabrik läufst, wo Manu- Pappkartons, zum Teil an- Er singt im Slang der einfachen Leute, er singt, wie sie spre- el arbeitete. / Das breite Lachen, der Regen in deinem Haar, gekohlt von einem Brand chen, aber der Klang seiner Stimme verleiht ihrer Sprache nichts war wichtig, / denn du würdest dich mit ihm treffen.» in dem Armenviertel, aus Anmut. Victor Jaras Gesang ist nie wehleidig, manchmal In dem Lied stirbt Manuel, kehrt nicht zurück von der dem er fortgezogen war. frech. Seine Lieder sind zum Mitsingen, es sind, wenn man Arbeit. Es ist die Geschichte irgendeines Paares, einfache Die Kleider hängen an der so will: Popsongs. Denn jeder teilt sie mit jemandem, je- Arbeiter, deren Glück zerstört wird. Santiago. Das war eine Wand, das beste Stück ist der verbindet seine eigene Geschichte mit ihnen, bis heute. andere Welt, die des Viertels zwischen Bahnhof, eine Eisen- die Gitarre, seine Compa- Jara erzählt, fern der offi ziellen Geschichtsschreibung, von konstruktion von Eiffel, und Markt. Die Welt der Klein- ñera, alles sauber und or- den Dingen des Lebens, natürlich von der Sehnsucht nach bauern, Huren, Banden und ausgehungerten Strassenköter, dentlich, so erinnert sich Liebe, von den kleinen und ach so wichtigen Momenten, schlammig im Winter, staubig im Sommer. Amanda glaub- Joan an ihren ersten Be- die zählen: vom Geruch des Morgens, dem Schweiss auf te an die Bildung, sie schickte Victor, den Jüngsten, und such. Sein Leben als Regis- der Haut, von der brennenden Sonne, der Anstrengung des seinen Bruder Lalo auf die katholische Schule, arbeitete als seur, als Solist, auf Reisen, täglichen Überlebens und der Schönheit, die in allem liegt, Köchin, bis sie Geld für einen kleinen Marktstand zusam- entfernt ihn von seinen auch im Dreck. Er macht eine Musik, die bald die Nue- mengespart hatte. Amanda ackerte sich fast zu Tode, die Wurzeln, er ist weder hier va Cancion Chilena genannt wird, das «Neue chilenische Kinder lernten brav den Katechismus auswendig, waren noch dort heimisch, wirkt Lied», dem sich Sänger anderer Länder anschliessen und gute Schüler, und nebenbei fi ng Victor an, auf der Gitarre introvertiert. Die Poblacion die so ihr grosses «Neues lateinamerikanisches Lied» sin- der Mutter zu spielen. Anfang der 50er-Jahre. Nogales bleibt der andere gen: Eine mündliche Geschichtsschreibung für eine weit- Ort, von dem er kam und gehend analphabetische und damit bis dahin ausgeschlos- ALS SOLIST AUF REISEN an den er sich zurückzieht, senen Masse, gesungenes Gedächtnis der Mischlinge aus wenn er mit seinen Leuten indigener Bevölkerung und europäischen Einwanderern, Anfang der 60er-Jahre ist aus dem kleinen Landarbeiterjun- sprechen muss, wenn die mit dem Wunsch nach einem neuen Weg des Kontinents, gen ein Wanderer zwischen den Welten geworden. Amanda, andere, reiche Welt zu halt- weg von Oligarchie und Leibeigenschaft, weg vom Kolo- die früh starb, hatte für Victors Schulbildung gesorgt, kurz los wird. Und wenn er singt, nialismus. hatte er darüber nachgedacht, Priester zu werden, dann eine sagen die Leute, dann bricht Zeit beim Militär verbracht, schliesslich landet er im Theater- etwas hervor, eine Stärke, DAS BEKENNTNIS DES KÜNSTLERS seminar der Universität von Santiago. Lernt Schauspielern, eine Energie, die die Men- Regie, Komponieren. Jara wird Regisseur, bekommt 1965 schen, die ihm zuhören, tief Und die Geschichte des Sängers? Der sein Land verändern den Preis «Laurel de Oro» für die beste Inszenierung. Dann berührt. will, der einem Politiker zum Erfolg verhilft, weil er den rich-

victor jara kreisen den Präsidentenpalast, die Moneda. Als sie unter dem Kommando des Generals Augusto Pinochet und unter der Fe- derführung der CIA bombardiert wird und die letzten Worte Allendes über den kommunistischen Sender «Radio Magel- lan» knistern, hissen die Nachbarn die chilenische Fahne und machen Champagnerfl aschen auf. Chile ist überall. Jara, rastlos, will in die Universität, später ruft er noch von dort an: «Mamita, ich komme zurück, morgen, nach Ende der Ausgangssperre, ich liebe dich!» Er wird festgenommen, die Gitarre in der Hand, in das Nationalstadion gebracht, gefoltert. Er singt, um die anderen vor dem Wahnsinn zu bewahren, damit sie sich nicht die Schädel an den Mau- ern einschlagen. Die Soldaten brechen ihm die gefährlichen Gitarrenspieler-Hände. Dann erschiessen sie ihn mit einem Maschinengewehr. Vermutlich am 15. September. Er wird erkannt, Joan erfährt von seinem Tod. Später erinnert sie sich: «Das Leichenschauhaus ist so voll, dass die Leichen alle Teile des Gebäudes füllen. Ein langer Flur, Türreihen, und auf dem Boden davor ein Leichnam neben dem anderen… zehn, zwanzig, dreissig, vierzig, fünfzig… und dann, ungefähr in der Mitte der langen Reihe, fi nde ich Victor. Seine Kleider zerrissen, die Hose um die Fussknöchel… seine blaue Unter- hose in Fetzen um die Hüften, wie mit einem Messer oder Bajonett aufgeschlitzt seine Brust von Löchern durchsiebt, und eine grössere Wunde klaffte im Unterleib. Die Hände schienen in einem seltsamen Winkel von den Armen abzu- stehen, als wären die Gelenke gebrochen… Aber: Er war es, es war Victor, mein Ehemann, mein Geliebter.» Sie beerdigte Victor Jara auf dem Zentralfriedhof von Santiago.

Ricarda Solms tigen Sound fi ndet für den Neuanfang, der auf den Wahl- und Joan nicht in der Öf- veranstaltungen für den Kandidaten der «Unidad Popular», fentlichkeit, nicht John und Salvador Allende, das Volk einschwört? Auch diese Geschich- Yoko. Hier waren zwei, die te ist kurz. Die Hymnen schrieben andere, Illimani und Qui- zwischen den Welten hingen lapayun – «Venceremos» sangen sie und: «Das vereinte Volk und sich nur gegenseitig eine wird niemals besiegt.» Si! Victor Jara hingegen sang: «Meine Zuhause geben konnten. Gitarre ist nicht die der Reichen, und nichts, was dem ähnlich Ihre Kinder, Amanda und wäre. Mein Gesang entspringt den Gerüsten, über die man Manuela, leben ein norma- die Sterne erreicht.» Mit 34 schrieb er sein «Manifesto», sein les Leben in einem beschau- Bekenntnis als Künstler und Mensch, als habe er geahnt, dass lichen Viertel Santiagos, die es Zeit war dafür: «Ich singe nicht wegen des Gesangs, oder Eltern ziehen es vor, dass die weil ich eine gute Stimme habe, ich singe, weil die Gitarre Familie unter sich bleibt. einen Sinn und einen Verstand hat.» Jara reist in die Sowjetunion, Der Sozialismus ist auch seine Heilslehre, zwar weniger the- nach Europa, Kuba, Joan ist oretisch als praktisch, aber klar, es sind die Sechzigerjahre. oft dabei, auf eigenen We- Castro hat Kuba befreit von Batista, Che Guevara beein- gen. 1968 in London be- druckt durch mythentaugliches Auftreten und Ableben. Und wundert er die Freiheit und in Lateinamerika herrscht, neben einer konservativen bürger- den Stil der Leute, kauft sich lichen Mittelschicht: das Mittelalter. Wenn der Sozialismus Klamotten, hört die Beatles, das Leben der Arbeiter und Bauern verbessert, ja bitte, dann seine und seiner Tochter her damit. Menschen wie Allende oder der Nobelpreisträger Lieblingsband. Seine Haare und Dichter Pablo Neruda – eher sanfte Intellektuelle denn sind für chilenische Verhält- machtberauschte Comandantes – machen Hoffnung auf eine nisse zu lang, die Nachbarn friedliche Revolution. halten ihn für einen Hippie. Am 11. September endete diese Geschichte. Und wie sie Aber was spielt das für eine sich davor anfühlte – in den Jahren 1970 bis 73 –, darüber Rolle, wenn es gilt, das Uni- scheiden sich in Chile bis heute die Geister. Für die einen war verselle mit dem Konkreten dieser Sozialismus ein Aufbruch, für die anderen eine Zumu- zu versöhnen? tung. Letzteren schlug die Enteignung und Verstaatlichung von Latifundien und Rohstoffi ndustrie aufs Gemüt, denen CHILE IST ÜBERALL drehte sich wegen der frechen Präsenz Parolen skandierender Jugendlicher, singender Indios und Hippies, Murales malen- September 1973. Streiks der Aktivisten und Kuba-Touristen der Magen um. Das Land haben Chile ins Chaos ge- war gespalten, und Victor Jara sang, wie gehabt, nicht mili- stürzt, die Geschäfte sind tant. Sondern vom Licht: «Ich will mein Vaterland weder ge- leer, Benzin ist knapp, die teilt, noch ausgeblutet durch sieben Messer. Ich wünsche mir Menschen bleiben zu Hause, das Licht von Chile gehisst, über das neu errichtete Haus.» Busse fahren nicht. Am 11. Joan Turner, die schon einige Jahre in Chile lebte, traf Vic- September soll Jara in der tor in der Theaterakademie, Anfang der Sechzigerjahre, er TU singen, Allende wird da verliebte sich. Sie brauchte ein wenig länger, bis sie ihn sin- sein. Am Morgen berichten gen hörte und sah. Auch als Geliebter taugt Victor Jara nicht die Radios von Truppenauf- zur Ikone, seine Liebe schreit er nicht heraus, zelebriert sich märsehen, Helikopter um- the allman brothers BITTERSWEET HOME ihre Brötchen zu verdienen. Duanes Bruder Gregg seinen am Gospel geschulten Gesang Rebellisch, stockkonservativ – und doch Phil Walden, damals Mana- und eine fette Hammondorgel beisteuerte. ger von Otis Redding, än- erfrischend: Die Geschichte des Southern derte das, indem er in Ma- STERNSTUNDE DES SOUTHERN ROCK con, Georgia, Capricorn Rock beinhaltet etliche Sternstunden, Records gründete. Den Doch der absolute Knaller war das abenteuerliche Zusam- ersten einheimischen Act, menspiel der Gitarristen Dickey Betts und Duane. Obwohl Abstürze, Dramen und Stereotypen. den er 1969 unter Vertrag ihr erstes Album über Georgia hinaus kaum Wellen warf, nahm, waren die Allman führte es ein neues Genre in die amerikanische Rockmusik Die Geschichte des südlich der Mason-Dixie-Linie entstan- Brothers, ein Sextett aus ein. Nach zwei Jahren on the road erlangten die Allman denen Southern Rock ist reich befrachtet mit Optimismus, Florida. Gitarrist Duane Brothers enorme Popularität mit «At Fillmore East», ei- Lokalkolorit und Tragödien, so dass sie glatt als Tennessee- Allman hatte sich bereits nem Livealbum, das bis heute als einer der packendsten Williams-Drama durchgehen könnte. Wie der Name indi- eine beachtliche Reputation Konzertmitschnitte der Rockgeschichte gilt. Kaum jemand ziert, handelt es sich um ein überwiegend provinzielles Phä- mit Studiojobs für Wilson hatte je solch virtuose Gitarrenjams gehört. nomen. Dieser von Country & Western, Soul und Rhythm Pickett und Aretha Frank- In vielerlei Hinsicht avancierten die Allman Brothers zu ei- & Blues inspirierten Musik haftet etwas rebellisches, unge- lin – nicht zu vergessen mit ner der innovativsten Bands der USA. Doch ihre kreative zügeltes, gleichzeitig auch stockkonservatives an. Southern Derek & The Dominos Sternstunde währte nicht lange. Im Oktober verunglückte Rock glorifi ziert den Lebensstil des «alten» Südens und be- auf «Layla» – erspielt und Duane Allman tödlich mit seinem Motorrad, ein Jahr spä- dient sich vieler Stereotypen: Patriotismus und Hass auf die als begnadeter Slidegitar- ter unter ähnlichen Umständen Bassist Berry Oakley. Ob- Yankees, Rebellentum, Gottesfurcht, Gewalt, Sex, Whis- rist neue Standards gesetzt. wohl die umbesetzte Band kommerziell weiterhin erfolg- key, Klapperschlangen, schnelle Autos, aber auch Famili- Doch Duane wollte seine reich war – etwa mit dem Hit «Ramblin’ Man» –, konnte endramen, Arbeitslosigkeit, Rassismus. Den Boogie, wie eigene Band anführen und sie nie mehr an die kreativen Höhenfl üge anknüpfen, die ihn Elmore James oder John Lee Hooker kreiert hatten, nicht bloss anonymer Be- durch Duane inspiriert wurden. Mitte der Siebziger machte garnierten weisse Teenager wie Greg und Duane Allman gleiter sein. Angetrieben die Band weniger durch Musik, sondern mit Klatsch – bei- Ende der Sechzigerjahre mit ausgedehnten, jazzangehauch- von einer Rhythmusgrup- spielsweise Greg Allmans turbulente Ehe mit der Sängerin ten Improvisationen, wozu sich auch die Hippiebands in pe mit zwei Schlagzeugern, Cher – oder Drogenproblemen von sich reden. San Francisco verstiegen. deren Power an einen vor- Während sich Nashville ganz dem klebrigen Mainstream- beibrausenden Güterzug «LIVE FAST, WORK HARD, DIE YOUNG!» Pop zuwandte und die Black Music in Muscle Shoals, Mem- erinnert, spielte die Allman phis und New Orleans boomte, liessen etliche weisse Musi- Brothers Band ein bluesge- Der Niedergang der Allman Brothers Band änderte nichts ker den Süden hinter sich, um in New York oder Kalifornien tränktes Repertoire, zu dem an der wachsenden Attraktivität des Südstaatenrock. Neue

Empfehlenswerte Platten The Allman Brothers Band: At Fillmore East (1971) / Lynyrd Skynyrd: Lynyrd Skynyrd (Pronounced Leh-nird Skin-nerd) (1973) / Sea Level: Sea Level (1977) Molly Hatchet: Flirtin’ With Disaster (1979) / Black Crowes: The Southern Harmony and Musical Companion (1992) / Widespread Panic: Bombs & But- terfl ies (1997) / Drive-By Truckers: The Dirty South (2004) / Gov’t Mule: By a Thread (2009) Bands drängten ins Rampenlicht, darunter die von einem Warren Haynes, Oteil Bur- The North Mississippi Allstars urchigen Blues mit psyche- Tabak kauenden Gitarristen und Fiddler angeführte Char- bridge und Derek Trucks. delischem Rock. Bands wie R.E.M. und B-52’s wiederum, lie Daniels Band, die ebenfalls zur Country Music hin ten- Bands wie Lynyrd Skynyrd auch die Songschreiber Vic Chesnutt und Matthew Sweet, dierende Marshall Tucker Band aus South Carolina, die oder Molly Hatchet hinge- stammten alle aus der boomenden Szene von Athens, Geor- ihren modernisierten Western-Swing mit Instrumenten wie gen tingeln bis heute von gia. Musikalisch liessen sie kaum einen Bezug zu den Tra- Flöte oder Saxofon ergänzte. Da waren auch ZZ Top aus einem Biker-Treffen zum ditionen ihrer Region erkennen. Auch die legendäre Jam- Texas, oder Black Oak Arkansas, sechs musikalische Tief- nächsten, degeneriert zu Band Widespread Panic wurde 1986 in Athens gegründet. fl ieger, deren Aushängeschild ein testosterongetriebener Karikaturen: vor aufge- Ihr dynamischer, eklektischer Stil, ein Mix aus Rock, Blues, Schreihals namens Big Jim Dandy war. spannter Konföderierten- Soul, Folk, Country und Jazz, machte sie bald zur überregi- Andere Bands wollten in die Fussstapfen der Allmans tre- Fahne aufgereiht, lang- onal gefragten Liveband. ten, indem sie deren instrumentale Finesse und kontrol- haarig, schnauzbärtig, die lierte Leidenschaft zu imitieren versuchten. Sowohl Grin- Glatzen unter breitkrempi- DIE GEGENWART derswitch, 38 Special, Molly Hatchet oder The Outlaws, gen Hüten versteckt, gros- eine Gitarrenarmee aus Florida, gelang musikalisch besten- se Gürtelschnallen überm Ebenfalls aus Athens stammen die Drive-By Truckers. Rein falls durchschnittliches. Trotz seines Hinterwäldler-Images Bierbauch, die Füsse in musikalisch führt die Band um Patterson Hood die Tra- brachte das Genre auch so verschiedenartige Acts wie Schlangenlederstiefeln. dition fort, die bis Lynyrd Skynyrd zurückreicht oder zur die Amazing Rhythm Aces, deren geschmeidiger Sound legendären Muscle-Shoals-Band der Sechziger- und Siebzi- mit tollen Gesangsharmonien veredelt wurde, oder Dixie NEW WAVE OF SOUTHERN ROCK gerjahre, was die Truckers schon auf Alben von Bettye La- Dregs und Seal Level hervor: beide frönten der Vorliebe für Vette und Booker T. unter Beweis stellten. Jenseits der Riffs Jazz-Rock-Fusion. Wet Willie schliesslich verkörperten den Die Achtzigerjahre führten und Bar-Boogie-Jams, die diese Band so locker drauf hat, Prototyp einer funky Southern-Bar-Band. eine breitere Palette von jenseits der üblichen Texte über Benzin und Girls oder über Einzig Lynyrd Skynyrd aus Florida besassen das Potenzial, Rockmusik aus dem Süden allzumenschliche Verfehlungen, bietet sie grosse Songs aus das Erbe der Allman Brothers zu übernehmen. Sie verin- ein: Jason and the Scorchers der Feder von Patterson Hood: autobiografi sch, zeitkri- nerlichten die hinlänglich bekannten Klischees: In ihren und The Kentucky Head- tisch, berührend. Songs priesen sie den Schnaps, die Knarre und das Stunk- hunters waren seit zwanzig Warren Haynes, der Gitarrist/Songschreiber der Allman machen. Instrumental setzten sie noch einen drauf und Jahren die ersten beiden Brothers Band, hält seit zwanzig Jahren die vierköpfi ge traten mit drei Leadgitarristen an. Gleich mit ihrem 1973 Rockbands aus Nashville, Jam-Band Gov’t Mule am Laufen. Die Vorbilder der Band veröffentlichten Debütalbum – es enthielt die Gitarrenor- die es zu nationaler Popu- waren ursprünglich Bluesrock-Power-Trios wie Cream gie «Free Bird» – schafften Lynyrd Skynyrd den Sprung in larität brachten. Atlanta oder The Jimi Hendrix Experience. Mule sind in erster Li- die US-Charts. Ihren grössten Hit verbuchten sie 1974 mit brachte The Black Cro- nie eine phänomenale Live-Band, deren Spielfreude auch «Sweet Home Alabama», einer trotzigen Antwort auf Neil wes und Georgia Satellites nach zirka 2000 Shows verblüfft. Keines der bis dreistün- Youngs «Southern Man». Frei nach dem Credo «live fast, hervor, deren Hit «Keep digen Konzerte gleicht dem anderen, das Repertoire wech- work hard, die young» endete die Erfolgssträhne von Ly- Your Hands to Yourself» selt ständig. Egal, ob Eigenkompositionen oder Covers von nyrd Skynyrd abrupt: 1977 stürzte ihr Privatjet nahe Baton den gradlinigen Southern- Hendrix, Neil Young oder Frank Zappa: stets klingen War- Rouge ab, Sänger Ronnie Van Zandt, Gitarrist Steve Gai- Rock in die internationa- ren Haynes & Co. überzeugend und authentisch. Ihre sti- nes sowie dessen Schwester Cassy kamen ums Leben. Die- len Charts zurückführte. listische Offenheit unterstreichen Mule nicht zuletzt durch se Tragödie markierte zugleich das Ende des klassischen The Black Crowes motzten das Zusammenwirken mit Musikern jeglicher Couleur, die Southern Rock als lebendige Quelle für erfrischende neue ihren Hang zu Soul und schon mit ihnen auf der Bühne standen: von Jazzern wie Musik. Blues mit einem kräftigem Bill Evans, Ron Holloway, Karl Denson zu Vernon Reid, Von den frühen Exponenten ist es lediglich der 1992 re- Schuss Sixties-Rock à la den Rockern Jason Newsted (Metallica), Jack Cassady formierten Allman Brothers Band gelungen, ihr kreatives Faces auf. Und in Memphis (Jefferson Airplane), bis David Hidalgo (Los Lobos), Bud- Feuer neu zu entfachen und musikalisch interessantes her- kreuzten die Söhne des le- dy Guy, Leslie West bis Billy Gibbons (ZZ Top) und The vorzubringen – dank personeller Blutauffrischung durch gendären Jim Dickinson als Dirty Dozen Brass Band. Tony Lauber

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Fr. 29.3.13 Aktionshalle 19:30 A Thousand Leaves STILLER HAS

Sa. 30.3.13 Ziegel oh Lac 21:30 Ziischtigmusig NAKED LUNCH Vorverkauf:www.starticket.ch ROCK HOCH RAP und wohnt inzwischen handeln dort, wo sich das normale Leben abspielt: draussen. Die Fokn Bois sind das erste alternative wieder in Accra. «Man Am Strassenrand essen die Fokn Bois das Nationalgericht muss aus dem Aquarium Fufu und loben die Köchin nicht bloss für ihre Kochkünste. Hip-Hop-Duo Ghanas. Kalkulierte Provo- raus, um den Ort zu se- Sie rennen zwischen Lehm- und Wellblechhäusern herum, hen, in welchem die Fische um an Geld und schöne Kleider zu kommen. kation gehört zu ihrem Erfolgsrezept. schwimmen», sagt Wanlov. «Coz ov Moni» zeigt das wahre Leben. Andere ghanaische Und so kritisieren sie im- Musiker fl äzen sich in Ledersofas in schicken Clubs und Wanlov the Kubolor trägt immer einen Rock – und nichts mer wieder das Aquarium fahren dicke Schlitten. Davon heben sich die Fokn Bois drunter. Das weiss man spätestens, seit er am ghanaischen Ghana. wohltuend ab. Diese Mikrowellenmusik sei nichts für ihn, Fernsehen – auf Bitte der Moderatorin – den Rock hob. Provokation gehört dabei so Wanlov. Mensa und er würden keinen Trends folgen. Wanlov geht barfuss, liebt auffällige Brillen, hat mindes- zum Erfolgsrezept. Die «Wir machen uns bloss lustig darüber. Und sind heimlich tens vier Kinder mit auf der halben Welt verstreuten Frau- Fokn Bois machen sich neidisch, wenn andere damit Geld machen.» en und ist im westafrikanischen Ghana beinahe so populär über alles lustig – und im- wie der Präsident. Mit Mensa, seinem Partner in Crime, mer auch über sich selbst. OBAMA'S BANANA bildet er das Rap-Duo Fokn Bois. Etwa im Song «Come Noch populärer als in Ghana sind die Fokn Bois im Aus- Home + Me», wo sie sich Dafür sind die Fokn Bois im Ausland erfolgreicher als ihre land, wo sie als ghanaische Vorzeigemusiker von Festival um eine Frau streiten: lokalen Beatgenossen. Sie beherrschen das Spiel mit den zu Festival gefl ogen werden. Der Grund ist simpel: Sie sind Mensa bezeichnet Wanlov Medien, brechen Erwartungen und sind stets unterhaltsam. originell – im Gegensatz zu anderen Rappern, die US-Stars als schlechte Bob-Marley- Das zeigt auch der von ihnen produzierte Track von Wan- kopieren, oder dem Reggae-Musiker Blakk Rasta, der in Kopie, worauf dieser auf lovs Schwester Deborah. Im Song «Uncle Obama» singt jamaikanischem Patois zu rappen versucht. Die Fokn Bois Mensas graue Haare und sie über dessen grosse «Banana», die sie gern an ihr Äff- rappen im Pidgin-Slang, einer Englisch-Variante mit viel seinen angeblichen Via- chen verfüttern würde. Der schlüpfrige Text – ein Marken- Lokalkolorit. gra-Gebrauch zu rappen zeichen der Fokn Bois – sorgte bis in die USA, wo gerade Zusammen gingen sie vor Jahren in Ghana zur Schule. kommt. Wahlkampf war, für Aufsehen. Das Video dazu wurde bis Wanlov hat Mensa jeweils mit faulen Ausreden aus dem Der Song ist Teil des Mu- heute fast eine Million Mal angeklickt. Klassenzimmer geholt. «Dann liefen wir irgendwohin, sikfi lmes «Coz ov Moni», Zu hoffen bleibt, dass sich die Fokn Bois nicht zu sehr auf trommelten einen Beat und rappten dazu.» Zur musikali- zu deutsch: «Wegen des die Provokation verlassen und dabei ihre musikalischen schen Zusammenarbeit kam es erst viel später – beide sind Geldes». «Der Film zeigt Qualitäten vernachlässigen. Auf dem letzten Album «Fokn auch solo unterwegs. Die Distanz sei wohltuend, so Wan- einen Tag im Leben von wit Ewe» wird bereits im Intro in der Kirche über Sex mit lov, «und wenn wir zusammen sind, kommen die Ideen zwei Typen in Accra», er- Tieren gesprochen. Danach geht es um Homosexualität, stets von selbst.» zählt Wanlov. «Geplant sexy islamische Mädchen, kriminelle Nigerianer, Chinesen, war das erst als Musik-Al- um einen seltsamen Reggaemusiker und – wen wunderts WITZE ÜBER ALLES bum. Doch dann haben wir – um Rasta-Sex. Vielleicht werden die beiden ja in der ge- gemerkt: Wow, das könnte planten Fortsetzung ihres Filmes «Coz ov Moni» auch wie- Die Stärke der Fokn Bois: Sie haben auch eine Aussenper- auch ein Film sein!» Ge- der ein breiteres Themenspektrum aufgreifen. Und Wanlov spektive auf Ghana. Mensa lebt hauptsächlich in London, dreht wurde in Ghanas kann seinen Rock unten lassen. Wanlov ist halber Rumäne, war einige Jahre in den USA Hauptstadt. Die Szenen Samuel Burri

fokn bois SZENE

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musik im briefkasten

WHOMADEWHO PROTEST MIT ÖLFÄSSERN «Apeman» von den Kinks oder «I Want You Back» von den Jackson Five wie auch Camille Saint-Saëns’ «Aquarium» ein Steel-Kleid verpasst. Ein Steel-Kleid, das dem Produzenten der Platte einige Su- perlative entlockt: «This ain’t your Jimmy Buffett Banana Republic. It’s Fellini with Bikinis. This is one prime example of Calypso’s power.» Oder: «The Esso Trinidad Steel Band is the GOLDEN AGE of Steel Band». Und: «It makes Kings- ton and New Orleans seem like a sleep walk.» Der dies schreibt, ist Van Dyke Parks – Hochbegabter, Schauspieler, Pianist, Arrangeur von Klassikern wie dem «Jungle Book»- Hit «Bare Necessities», Experte in psychedelischen Drogen und Text-Komplize bei Brian Wilsons tragischem «Smile»- Abenteuer. Als Solo-Künstler zelebriert Van Dyke Parks auf seinem meisterlichen und teuer produzierten «Song Cycle» das amerikanische Songbook und kreuzte alle Popmusiken des Landes mit seiner Orchestrier- und Arrangierkunst, so, dass natürlich nur die Kritiker jubelten, während das Ma- jorlabel Warner Brothers in einer Verzweifl ungsaktion das Album verscherbelte. TRIUMPHALE BAND

1969, ein Jahr nach dem kommerziellen Misserfolg des «Song Cycle», ereignete sich im Santa-Barbara-Kanal eine Ölkatas- trophe, die Teile der kalifornischen Küste verschmutzte und Van Dyke Parks’ Bewusstsein für die Umwelt schärfen sollte. Parks erinnerte sich an die Esso Trinidad Steel Band, die er einst in Las Vegas erlebte, damals als Orchester, das degene- riert von der Unterhaltungsindustrie erschien. Und so hatte Parks mit seiner Produktionsarbeit zum Ziel, die Band vor der Trivialisierung zu retten – und gleichzeitig die Ölindustrie tish Empire – seine Schütz- anzuprangern. Ersteres, ja, das gelang auf glanzvolle Art: Die Die Esso Trinidad Steel Band aus Trinidad linge unterstützt, wie die Platte, damals auf Warner Brothers erschienen, heute mitsamt Farbe der Ölfässer vor den DVD auf Van Dyke Parks’ Label Bananastan greifbar, ist ein brachte die angeschwemmten Ölfässer Auftritten in Uni-Aulas und Triumph des Orchesters, das tanzt und mit den ungreifbaren Festsälen aufgefrischt wird, Tönen immer neue Schattierungen der Arrangements freilegt. zurück in die USA – und gewann mit wie sich die Musiker im Die Anklage, die Blossstellung der Ölindustrie durch diese winterlichen Midwest der Öko-Platte, die misslang natürlich grandios – schlicht, weil Van Dyke Parks einen Fan, der mit dem Staaten Schneeballschlach- sie zu obskur geblieben ist. Trinidad und der Calypso liessen ten liefern und wie das Or- Van Dyke Parks in der Folge dennoch nicht los: 1973 veröf- Orchester eine zeitlose Öko-Platte ein- chester die zweifelhafte Rol- fentlichte er das panamerikanisch-träumende Album «Disco- le der Exoten tadellos gibt. ver America», später folgte die Produktion für den Calypso- spielte. Monarchen Mighty Sparrow und die Platte «Clang of the DAS GOLDENE ZEITALTER Yankee Reaper». Im grossen Songbook «Discover America» 1936: US-Präsident Franklin Delano Roosevelt besucht auf taucht «FDR in Trinidad», dieser Ur-Calypso, wieder auf – der Durchreise Richtung Südamerika die britische Kolonie Doch den «Panmen» ging als psychedelischer Slow-Jam und als Ode an diese Insel und Trinidad. In überlieferten Wochenschau-Bildern sieht man es um mehr als nur um den Calypso. den Präsidenten im weissen Anzug, wie er mit einer offenen perlende Tanzmusik, die ge- Benedikt Sartorius Limousine durch die Strassen von Port of Spain chauffi ert mäss der Legende am Kar- und von Marines und Einheimischen umjubelt wird. Natür- neval 1945 erfunden wur- lich diktiert FDR auch einige Sentenzen in die Notizblöcke de. Die Musiker sahen sich der Journalisten, doch was genau, das bleibt im Verborge- als musikalische Botschafter nen. Geblieben von dieser Stippvisite ist in all den Jahren viel- des «Land of the Hum- mehr ein Report in Form eines Calypso: Der «Star Spangled mingbird», als Botschafter Banner» leitet den musikalischen Bericht von Attila the Hun auch, die nicht nur gefällig – einem der ersten Calypso-Sänger überhaupt – ein, der die- vor den Mächtigen spielten, sen «greatest event» im Genre-Klassiker «FDR in Calypso» sondern mit ihren umfunk- in Worte zu fassen versucht. tionierten Instrumenten 35 Jahre nach dem Besuch des Calypso-Fans FDR besucht auch protestierten: «Ameri- eine grosse Delegation aus Trinidad die USA. Mit im Gepäck ca pollutes its environment haben die 22 Herren zu Musikinstrumenten umfunktionier- with oil: little Trinidad ma- ten Zivilisationsmüll: klingende Ölfässer aus dem Hause kes beautiful music from Esso, dem Ölkonzern, der auch im Name der Esso Trinidad the drums that you throw Steel Band fungiert. Im kurzen, als Zeitdokument überaus away», lässt sich das Band- bemerkenswerten Film zu dieser US-Tour sieht man, wie die mitglied Godfrey Clarke im Steel-Drums auf dem Busdach festgezurrt sind, wie Reverend Booklet zur selbstbetitelten Father John Sewell – ein Überbleibsel aus den Zeiten des Bri- Platte zitieren, die Songs wie van dyke parks SZENE

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Krautrock-Compilations gibt es viele, die meis- bezeichnen – wenn sogar vernehmlichem Seufzer Solex ist das Pseudonym ten wirken aber lieb- und konzeptlos zusammengestoppelt der englische Premiermi- durch die Nase. Was bei ih- der holländischen Stu- – «Deutsche Elektronische Musik» hingegen wurde ganz nister damit prahlt, dessen rem Konzert im legendären diobastlerin Elisabeth offensichtlich sorgfältig und, wie nicht zuletzt die fundier- Solo-Platte vorbestellt zu Olympia im 9. Pariser Ar- Esselink. Wobei «Studio- ten Linernotes unterstreichen, mit grossem Sachverstand haben. Ob das jetzt ein rondissement als Gedicht bastlerin» hier den Na- kuratiert. Es geht um diesen Strang deutscher Rockmusik, gutes oder schlechtes Zei- beginnt, wird zunehmend gel wirklich auf den Kopf die sich im Zug der Studentenunruhen sowohl vom Schla- chen ist, lassen wir mal rasanter und wandelt sich trifft, denn es soll nicht ger als auch vom angelsächsischen Rock’n’Roll emanzi- dahingestellt. Bekannt ist zum Kurz-Rap über Uran, einfach ein Euphemismus pierte und eine eigene Sprache und Identität entwickelte. Marr natürlich als Grün- Dioxid, Babys und unseren sein für Knöpfchendrücken Natürlich fi nden sich auch hier die üblichen Verdächtigen: dungsmitglied von The Planeten. Der Auftritt ging und Reglerschieben. Viel- Can spielen mit «Halleluwah» wie gewohnt in einer eige- Smiths. Danach kollabo- vergangenen Oktober über mehr spielt Essenlink mit nen Liga, und es tauchen auch Amon Düül II, Michael Ro- rierte er mit Bands wie die Bühne und erscheint den verschiedensten Zu- ther und Neu!, Popol Vuh, A.R. and Machines alias Achim Modest Mouse, The Cribs jetzt unter dem Titel «Ilo taten, die dann im Heim- Reichel, die grossen Faust und das inspirierte Dreigestirn oder The The. Trotz oder Lympia», eine Anspielung studio zusammengelötet Eno, Moebius und Roedelius auf. Daneben gibt es auch vielleicht auch wegen die- sowohl auf den Veranstal- werden wie eine klingende eher obskure Combos auf, die die Eigenständigkeit und die ser bewegten Laufbahn ist tungsort als auch auf das Tinguely-Maschine. So Exzesse dieser Szene dokumentieren – bis hin in Abstürze «The Messenger» das erste bislang letzte Studioalbum stellte sie einmal ein gan- ins prätentiös kitschige Grauen. Gilas räucherstäbchen- Soloalbum des Engländers. der Französin, «Ilo Veyou» zes Album zusammen aus duftgeschwängerter Elektrohippiefolk («Sundance Child») Er besinnt sich darauf auf (2011). Camille, die man Samples von Platten, die etwa oder, vor allem oder nur für den Schweizer Hörer von traditionelles Songwriting, ausserhalb ihres Heimat- sie in ihrem Laden partout Belang, Sergius Golowins «Die weisse Alm». Vor vierzig das auf hohem Niveau zu landes nicht zuletzt dank nicht verkaufen konnte. Jahren trug unser Eso-Mytho-Guru, begleitet von namhaf- überzeugen weiss. Und mit ihres Gesangs auf «Too «Solex Ahoy!» sei ein Tri- ten Musikern wie Witthüser, Westrupp und Klaus Schulze Songs wie «New Town Ve- Drunk To Fuck» oder «The but an die Wasserwege von in prätentiös gespreiztem Duktus ein ebensolches Poem locity», «Sun and Moon» Guns of Brixton» von Nou- Holland, sagt sie. Vor ein vor … Golowin zum Trotz bleibt die hoffentlich weiterge- oder dem Titeltrack sind velle Vague kennt, vertraut paar Sommern tuckerte führte Reihe „Elektronische Deutsche Musik“ eine der we- auch mehrere veritable bei ihrer Show vor allem sie mit dem musikalischen nigen ernsthaften und empfehlenswerten Auseinanderset- Hits auf der Platte zu fi n- auf ihre Stimme. Die Ar- Partner Bart van Poppel im zungen mit der deutschen Rockmusik der Siebzigerjahre. den. Einziger und leider rangements sind karg, ein Motorboot durch die zwölf Der Einfl uss von Bands wie Can, Kraftwerk oder Neu! beträchtlicher Wermuts- paar akustische Gitarren, Provinzen von Holland. war und ist gigantisch – sie hinterliessen Spuren nicht nur tropfen ist Marrs Gesang. ein paar Streicher, ein Pi- In jeder Provinz legten die in Postpunk, sondern auch im HipHop, House und Tech- Manche mögen sagen, dass ano. That’s it. Die 34-Jäh- beiden an und luden Lokal- no. Überprüfen lässt sich dies auf der Doppel-CD «Acid. dieser eigentlich nicht mal rige nutzt diese Ausgangs- musikanten zum improvi- Mysterons Invade the Jackin‘ Zone. Chicago Acid and so schlecht ausfällt für ei- lage, um sich auszutoben. sierten Jam ein. Daheim in Experimental House 1984-1993» (VÖ: 5. April). Auf 18 nen Gitarristen. Die Luft Sie kiekst, sie schwelgt, sie Amsterdam dann hat Esse- Tracks von Legenden wie Farley «Jackmaster» Funk, DJ nach oben ist aber beträcht- trifft höchste Noten. Und link aus diesen Fragmenten Pierre, Larry Heard oder Marshall Jefferson, die unter im- lich – wenn man sich vor gefällt sich – und dem Pu- Songs gemacht. Die Re- mer wieder anderen Namen auftreten, erlauben diese CDs Augen führt, wer da sonst blikum – als Chansonnière, sultate klingen kaum nach eine Reise von den Anfängen bis zu den Höhepunkten die- so singen könnte. Und man Drama-Queen und Pop- Elektronik, viel eher nach ser musikalischen Revolution. Der frühe Chicago-House fragt sich oft, wie wohl die sängerin. Ihre Performance einer Mischung aus spleeni- faszinierte damals durch die repetitive Reduktion und die Songs klingen würden mit wirkt wie eine Kreuzung gem Ry Cooder, obskurem unterkühlte düstere Atmosphäre: Stampfende Beats, primi- arrivierten Sängern am Mi- aus Edith Piaf, Françoise Südstaaten-Blues, Mungo tive Elektronik, kaum Vocals. Tanzmusik von avantgardis- krofon, etwa mit Bands wie Hardy, Prince und Bobby Jerry, folkigen Sugarcubes, tischer Strenge. Veröffentlicht wird «Acid. Mysterons In- The Smiths, Modest Mouse McFerrin. Abenteuerlich. experimentellem Bluegrass, vade the Jackin’ Zone» mit einer Graphic Novel von Paolo oder The Cribs. Sie wären Aber auch ergreifend. Und zwitschernden Vögeln und Parisi, die die Geschichte von Chicago House in Form einer fantastisch. Und darum zwar so sehr, dass man eins bulgarischer Hochzeits- reisserischen Science-Fiction-Story nacherzählt – oder neu gibts ein weinendes und ein bitterlich bereut: Nicht mit band mit Beefheart-Tick. erfi ndet. lachendes Auge. dabei gewesen zu sein. Zutiefst eigenartig und be- seelt von einer überwälti- Christian Gasser men. mig. genden Munterkeit.

hpk. DIE NEUEN PLATTEN HAIM Danielle, Alana und Este Haim sind die drei jüdischen Schwestern, deren Musikvideo zur Single «Forever» die Blogosphäre letzten Herbst aufjauchzen liess: Die drei langhaarigen Schönheiten fahren darin beispielsweise mit Oldschool-Fahrrädern durch die Stadt, darüber wurde ein Retro-Filter gelegt, der Sound ist zwar poppig, aber doch eher brav. Und die Optik des Videos erinnert zudem ein Unknown Lady Lamb the The Growlers bisschen an die von Lana del Rey. Bis hierhin denkt man Mortal Beekeeper Hung At Heart sich: «Okay, ein weiterer Hype aus den Tiefen der Musik- Orchestra Ripely Pine (Fat Cat Records) branche, der von den Musikmagazinen die nächsten zwei II (Bb*Island/Cargo Records) Monate gefeiert wird und dann genau so schnell wieder (Jagjaguwar/Irascible) Die Growlers, eine etwas verschwindet, wie er gekommen ist.» Doch das wäre ein Aly Spaltros Künstlername andere «Surfband». Aus Trugschlusss. Ruban Nielsen, Kreativ- Lady Lamb the Beekeeper dem kalifornischen Long Denn man kann auch nach mehr suchen, nach mehr Mu- kopf von Unknown Mor- lässt an Folk mit Biosiegel Beach kommt diese schräge sik, mehr Infos – und fi ndet dann ganz schnell die Wahr- tal Orchestra, hauste mit denken (falsch) oder an Bie- Band, die bislang vor allem heit: Dass die drei Schwestern ihre Band HAIM nämlich seiner Familie zeitweise in nenfl eiss (richtig). Die musi- mit skurrilen Videos aufge- nach ihrem Nachnamen benannt haben, allesamt süsse einer Jurte, pocht jedoch kalische Karriere der jungen fallen ist und eine ziemlich Twentysomethings sind und erst letztes Jahr ihre erste Mu- darauf, kein Hippie zu Amerikanerin begann in durchgeknallte Musikmi- sik veröffentlichten, nachdem sie sechs Jahre lang an dieser sein. Bloss: Seine Haltung einem Hinterzimmer ei- schung auffährt, die das gearbeitet hatten. Ein bisschen ist man schon beeindruckt, wirkt wie eine papierdün- ner DVD-Ausleihe, wo sie Quintett selbst als «Beach aber nur ein bisschen, schliesslich braucht es heute nur ne Schutzbehauptung. Zu nachts ihre Demos aufnahm Goth» bezeichnet. ein NME-Cover, um durchschlagenden Erfolg zu haben. gut passt ins Bild, dass er und dann dafür sorgte, dass Cheap oder authentisch Trotzdem ist man neugierig und auch bereits ein bisschen seinen Plattenvertrag in ei- Musikfreaks sie für lau be- im Klang kommt auch ihr verliebt in die Hippiemähnen der Mädchen und den rotzi- ner Bar und auf einer Ser- kamen. neues, von Dan Auerbach gen Gesang der 22-jährigen Danielle. viette unterschrieben hat. Das in Brooklyn aufgenom- (Black Keys) produziertes Dann erst stösst man auf ihre Musik, auf Youtube zum Zu gut passt ins Bild, dass mene Album ist ein lautes Album «Hung At Heart» Beispiel. Aufs Geratwohl klickt man einen Clip an, «The der heute in Oregon leben- Statement gegen jede Schub- daher. Ein Werk, dessen Wire» etwa, und plötzlich ist es um einen geschehen. Denn de Neuseeländer vorzugs- lade. Müssen Songs Balla- Songs zwischen Garagen- dieser Song klingt wie Michael Jackson – einfach als Mäd- weise Tracks fertigt, die den oder rockig sein? Muss rock, Surfrock und sumpfi - chenband, die die Achtzigerjahre ins Heute beamt. Und farbenfroher sind als ein ein Album in laute und leise gem Rockabilly, etwas Psy- wow, die Live-Auftritte, wie echte Riot Grrrls. Man atmet Regenbogen. Und sich kei- Liedern aufgeteilt sein? Jede chedelia, fuzzy Indie-Pop, auf, schreit innerlich laut «Danke!» und ist froh, dass es nen Moment lang scheuen, Antwort wird zum span- 50s-Pop und einer Spur neben den ganzen Lanas und Katys doch noch echte Girl- ihre sanft psychedelischen nenden Abenteuer. Man Country pendeln. Eine kru- bands mit Biss gibt. Dann geht man los und kauft die Single Seiten hervorzukehren. weiss nie, was kommt, wie de Mischung mit viel viel «Don’t Save Me», für die der Schweizer Cyril Hahn übri- Wo auf dem Erstling der es ausgeht, wann der Hahn Charme. Manchmal klingt gens einen fantastischen Remix beigesteuert hat. Und man Band das Sonnige noch al- kräht und ab wann die Oh- das Quintett auch wie ist glücklich, ein weiteres Goldstück entdeckt zu haben. les andere in den Schatten ren heiss werden. Wohin die Kinder der fi nnischen stellte, mischt sich auf «II» steuert das nervöse «Mezza- 22-Pistepirkko. Dazu passt Miriam Suter ein wenig Melancholie und nine»? In einen (scheinbar) das quäkende Organ von Nachdenklichkeit unter die banalen Rocksong mit ein- Sänger Brooks Nielsen. Haim: «Don’t Save Me» (Polydor) mitunter einlullende Glück- dringlichem, leisen Singen Wo «Salt On a Slug» im seligkeit. Die Gitarren ru- über die Klanginseln einer Walzertakt an die Doors fen leise «wah-wah», die E-Gitarre? Und das ist noch erinnert, schaut bei «Li- Rhythmen sind relaxt, und lange nicht das Ende vom ving In a Memory» Johnny Nielsen (32) singt, als ob er Lied, weil tonnenschwe- Cash um die Ecke, orgelt es gleich – von jeder irdischen re Gitarren hereinbrechen in «One Million Lovers» Last befreit – Richtung werden und sie vom gebro- recht eigenartig und rockt Himmel fahren würde. chenen, armen Herzen sin- «Burden of the Captain». Dennoch klingt das Unk- gen wird und davon, dass Bekannt sind die Growlers nown Mortal Orchestra, «du der Apfel bist» und auch für ihre exzentrischen ein Trio, nie wirklich lasch. Gitarren und Streicher eine Liveshows. Leider streift Weil Nielsen und Co. es Wall of Sound à la Bayreuth die Band auf ihrer anste- verstehen, ihren vielschich- aufbauen werden. Und das henden Tour die Schweiz tigen LoFi-Pop immer wars dann immer noch nicht. wieder mit funkigen Riffs, nicht. Lady Lamb kompo- Anleihen beim Prog-Rock niert nicht nur Songs, die tb. oder trippigen Melodien mehr Roman als Kurzge- selbst zu unterwandern. schichte sind, sondern singt Und das derart erfolgreich, sie auch mit einer stolzen dass man gar nicht mehr Erhabenheit – kraftvoll, be- weghören möchte. törend, beschwörend.

mig. cam. DIE NEUEN PLATTEN

Atoms For Grande Roses Cosmo Alley Gemma Ray Tomorrow’s Peace Disease Now It’s On Down Baby Down World Amok (Noisolution/Irascible) (Lautstark/Irascible) (Bronze Rat/Seriés Aphonos) Tomorrow’s World (XL Recordings) (Naïve) Eine anständige Rockband Der Eintrag ins Abwesen- Die unterdessen in Berlin Viel wurde geschrieben im zu fi nden, ist heutzutage heitsnotizbuch war knapp, wohnende Engländerin Dass das vierzehnte Album Vorfeld über Atoms For gar nicht so einfach. Gran- und was anschliessend Gemma Ray hat den schrä- des Synthie-Pop-Duos Era- Peace. Der Grund: Es han- de Roses aber liefern die folgte, war eine lange Phase gen Witz-Song «How Do sure auch «Tomorrow’s delt sich um eine sogenann- Vollbedienung – druck- des Schweigens. Ende 2002 I Get To Carnegie Hall» World» hiess, ist wohl eher te Supergroup bestehend voll, drängend und von verabschiedete sich der von den unvergleichlichen ein blöder Zufall. Viel- aus Thom Yorke (Radio- unbedingter Dringlichkeit. Songwriter Tom Krailing Sparks an der Seite eben mehr gehe der Name auf head), Flea (Red Hot Chilli Schnickschnack haben sie aus dem Rampenlicht, um dieser Sparks in ein Mini- ein populäres englisches Peppers), Nigel Godrich keinen im Angebot, dafür sich fortan abseits der Mu- Epos verwandelt und als TV-Programm zurück, wo (langjähriger Radiohead- griffi ge Songs, knackige bis sikszene zu betätigen. Erst Single veröffentlicht. Ein jeweils die Gadgets von Produzent), Joey Waronker krachende Arrangements mussten das Private und anderes Mal verfi el sie Übermorgen dem staunen- (Beck und R.E.M.) und und in Göran Andersson das Professionelle neu gere- auf die kuriose Idee, den den Publikum von heute Mauro Refosco (brasiliani- einen überragenden Front- gelt werden – und das hat Sonic-Youth-Text «Drun- vorgestellt wurden. Und ge- scher Instrumentalist). Wie mann, der diese gewisse ganz schön lange gedau- ken Butterfl y» zum Titel- nauso klingen Tomorrow’s diese Truppe zusammen- Gefährlichkeit ausstrahlt, ert. Zwar war Krailing mit stück aus dem Soundtrack World tatsächlich – elek- gefunden hat? Thom Yor- die einfach zu einem rich- seinen Liedersammlungen von «Rosemary’s Baby» tronische Klänge, die wie ke gab zu Papier, dass sie tigen Rocker gehört. Das «Buffalo Ballet» und «Elec- zu singen. Es erstaunt also besoffen zwischen orchers- alle Afrobeat mögen, sich Rad erfi nden die Schweden trostreet» ganz selten noch nicht weiter, wenn ihr neus- traler Opulenz und Suicide- eine Zeit lang oft getroffen nicht neu, aber das ist auch immer unterwegs, doch tes Werk nun auf «Seriés ähnlichem Minimalismus, hätten, abgefeiert und dazu nicht nötig. Grande Roses es bedurfte der Gründung Aphonos» erscheint, ei- zwischen hoch raffi nierter Fela Kuti hörten. Eigent- bauen ihre Stücke nicht des Projekts Cosmo Alley, nem taufrischen Ableger neuster Techonologie und licher Ziehvater ist aber allzu weit vom Punkrock. um unseren Mann wieder des Londoner Indie-Labels ebenso hochmoderner Thom Yorke, der für sein Manche Songs verfeinern aus der Versenkung zu ho- Bronze Rat, das «ausserge- Nachempfi ndung von put- bisher einziges Solo-Album sie mit spiralig gewunde- len. Gemeinsam mit seinen wöhnlichen musikalischen ziger Analog-Romantik «The Eraser» bereits einen nen Gitarren im Geist der Mitstreitern Gianni Palum- Wanderungen, Sound- hin und her torkeln. Hinter Song namens «Atoms For frühen Sisters of Mercy und bo und Dominic Damon- tracks und kuriosen Schät- Tomorrow’s World verste- Peace» geschrieben hat. im Gesang klingt manch- te – und with a little help zen aus versteckten Ecken» cken sich Jean-Benoit Dun- Ausserdem unterstützten mal der fi nstere Ernst von von Studio-Wizzard Olifr gewidmet ist. Ray nennt die ckel und Lou Hayter. Dun- die Mitglieder von Atoms New Model Army an. Zehn Guz – legt er nun «Now zehn Songs und Instrumen- ckel ist besser bekannt als For Peace ihn auch auf sei- knapp gehaltene Songs It’s On» vor. Darauf fi n- talstücke, die sich über Sei- eine Hälfte des Trends set- ner Solo-Tour. Der Sound enthält dieses Debüt: vom den sich nicht nur bestens te 1 und Seite 2 von «Down zenden Duos Air, derweil auf «Amok» ist unver- Titelstück, einem schwelen- abgehangene Preziosen aus Baby Down» erstrecken, Hayter bis anhin bei New kennbar Thom Yorke und den Sturm im Anzug, über früheren Jahren («Catch «fantasy soundtracks», Young Pony Club still hin- Radiohead. Blubbernde die plakative und doch un- Me If You Can»), sondern also Musik zu Filmen, die ter den Keyboards stand. Beats, vertrackte Rhyth- widerstehliche Single «Ra- auch die wunderbar abge- es nur in ihrem Kopf gibt. Die Kombination von post- men, schräge Sounds, viel dio Heartbreak» bis zum klärte Radiosingle «Hurts Aufgenommen hat sie das käsigem Synthie, Anfl ügen Kopfkino und Bass. Käme lauernden «You’re Never On Rewind», die einen Werk zusammen mit dem von Badalamenti sowie das von jemand anderem, Gonna Change» liegt die Eindruck davon vermittelt, Zürcher Bad-Seeds-Drum- dem lakonisch fl ötenden er würde gefeiert werden Trefferquote atemberau- womit sich Krailing in der mer Thomas Wydler, Rory Gesang einer Nicht-Sänge- dafür. Von diesem Ensem- bend hoch. Selbst wenn das jüngeren Vergangenheit he- More an der Orgel und rin zeitigt indes erstaunlich ble ist das aber irgendwie Quintett mal Tempo und rumzuschlagen hatte. Wilhelm Stemeier an Bass charmante Resultate. Vor zu viel Radiohead und zu Druck wegnimmt, bleibt In seiner Summe ist das und Theremin. Sie selber allem deswegen, weil all wenig davon, was die an- doch stets das Gefühl, dass Album das beeindrucken- spielt Gitarren, Dulcimer diese übermorgig-gestrigen deren Mitglieder mit ihrem jederzeit etwa passieren de musikalische Statement und Glockenspiel und zau- Elektronika-Sounds von Background hätten beitra- könnte. Grande Roses sind eines 50-jährigen Trou- bert damit einen fürwahr der Zentrifugalkraft fein gen können. Und ein biss- die aufregendste Rockband badours mit erstklassiger tonmalerischen Sound zwi- gestrickter Liederschreibe- chen mehr Fela Kuti hätte des jungen Jahres. Reputation. Und es ist ver- schen Rockabilly, Morrico- kunst zusammengehalten durchaus auch gut getan. dammt gut, Krailing und ne und Twin Peaks und aus werden. Fast so schön wie ash. seine Truppe wieder im den Rillen. ein Mondschein-Spazier- men. Rampenlicht zu wissen. gang mit Françoise Hardy. hpk. amp. hpk. DIE NEUEN PLATTEN

Baden Baden Endless Foals Trixie Whitley Dido Coline Boogie Holy Fire Fourth Corner Girl Who Got Away (Naïve) Long Island (Warner) (Unday/Namskeio) (Sony) (No Quarter) Seltsam. Eine hippe fran- Das Debütalbum der Fo- Talent ist vererbbar, wie Steife Oberlippe ist ge- zösische Band, die sich den Runde drei mit den New als («Antidotes») war im Trixie Whitley nahelegt. wöhnlich kein Erfolgs- Namen der konservativen Yorker Boogie-Giganten. bereits hypemüden Früh- Die 25-Jährige ist hörbar rezept im Pop-Geschäft. deutschen Kurstadt gibt? «Long Island» dauert acht jahr 2008 eines dieser hals- die Tochter des 2005 und Dido bildet da die grosse Anscheinend haben Sänger Songs mit einer Gesamt- brecherisch erfrischenden viel zu früh verstorbenen Ausnahme. Unterdessen Eric Javelle und seine Pa- spieldauer von 80 Minuten. Alben, an denen man nur Chris Whitley. Eines Mu- ist sie sowas wie die alte riser Mitstreiter vor fünf Zu meckern gibts da nix. schwer vorbeikam. Mit Be- sikers, der powergeladenen Adele. Beide Künstlerinnen Jahren den Namen gewählt Irre Blues-Rock-Riffs, die griffen wie «Math Rock» Roots-Rock mit Gefühlen haben nie mit Starallüren – weil er gut klinge. 2010 zu brummenden Versatz- und «Afro Disco Beat» wur- von endlosem Himmel und oder gewaltigen Konzep- ist bereits die exzellente EP stücken mutieren. Zur Ach- de nur so um sich geschmis- trockenerdiger Prärie zu ten geblendet. Ihre Lieder «78» erschienen, und seit terbahnfahrt stoisch vor- sen, und bald erklomm man verschmelzen vermochte. drehen sich um alltägliche einem Jahr wird in der fran- antreibender Sounds und die UK Charts bis zum Podi- Höre, und das unbedingt, Emotionen, ohne vor Kli- zösischen Szene verstärkt überraschend dezent einge- um. Ein Galopp sonderglei- «Big Sky Country» von schees zu triefen. Beide sin- von Baden Baden gespro- setzter psychedelischer Ver- chen. Mit der Fortsetzung seinem 91er-Debüt «Living gen sie mit unverkennbaren chen. Im März wird nun zierungen grummelt Sänger «Total Life Forever» schal- With the Law». Grandios. Stimmen, die nicht brüllen endlich das lang erwartete, Paul Major wie ein weid- teten sie einen Gang runter, Und aufgezeichnet im Haus müssen, um angehört zu in Frankreich schon ver- wunder Beefheart-Epigone. trabten eher verträumt vor von Daniel Lanois, der – werden. Emotionen mar- gangenen Herbst erschie- Endless Boogie werden oft sich hin und irritierten da- offensichtlich ganz der Fa- kieren sie mit schimmern- nene Debüt «Coline» auch als Jamband bezeichnet, mit hartgesottene Fans, um milienfreund – mit Trixie den Untertönen. Mit ihrem hierzulande veröffentlicht. doch ausufernde Stücke sie zuguterletzt doch noch seit 2009 die Band Black an der Seite ihres Bruders Und «Coline» ist grossar- wie «The Savageist» und mitzureissen. Beim nun Dub betreibt und dabei Rollo (im Hauptberuf Teil tig geworden. Voller hüb- «The Montgomery Ma- vorliegenden dritten Streich Americana und Reggae mit von Faithless) produzierten scher kleiner Pop-Perlen, nuscript» werden nicht mit beschleunigen die Englän- New-Orleans-Funk zusam- Debüt-Album – weltweit melodisch ins Ohr gehend, aufdringlichen Gitarren- der das Tempo wieder. Mit menbringt. Solo steht der der bestsellende Bestseller eingängig, mit einer feinen soli ausgefüllt. Statdessen «Math Rock» oder «Afro Sängerin mit der so verletz- von 2001 – kreierte sie eine Spur Melancholie. wird alles in den Groove Disco Beat» hat das aktuelle lich wie verraucht klingen- munterere Art von Trip- Selbst gibt die Band als Ein- und ein unterschwelliges, Schaffen aber wenig zu tun. den Stimme der Sinn eher Hop, der weitab vom da- fl uss sowohl französischen konstantes Dröhnen integ- Mit dem Vorabtrack «In- nach Blues und Soul. Ihr maligen Hitparadensound Pop von Alain Souchon und riert. Als Referenzen dazu haler» überraschten sie ein- Spiel auf der Slide-Gitarre seine melancholischen den Innocents an, Girls In fallen mir natürlich Velvet mal mehr. Alternativ-Rock erinnert in seiner Deftig- Kreise drehte. Der neuste, Hawaii und auch Phoenix Underground ein, Canned paart sich mit Indie-Rock keit an das ihres Vaters, vierte Wurf ändert an der dürften ihre Spuren hin- Heat, The Magic Band, – aber in Gut. Alternativ- gut. Allerdings verzichtet Formel wenig. Produziert terlassen haben. Entdeckt Spiritualized und neben Rock? Wirklich? Das hätte Trixie leider öfter auf des- wieder vor allem von Rol- wurde die Band übrigens anderen höre ich auch den man zuletzt erwartet. Der sen Maxime «weniger ist lo – unter Beizug von Greg vor einigen Jahren über Einfl uss der Rolling Stones zweite Release vor Veröf- mehr». Das führt dazu, Kirstin und einmal von Bri- den landesweiten Wettbe- («Taking Out the Trash»). fentlichung war «My Num- dass die Halbbelgierin ihre an Eno –, ist die Musik eine werb «Ceux qu’il faut dé- Doch da werden keines- ber» und hat mit Dancef- Lieder bisweilen überfrach- Spur härter und elektroni- couvrir», kurz CQFD, der wegs einfach Favoriten aus loor und Tanzen im Viereck tet. Dann prallen schon scher geworden. Unter dem inzwischen «Inrocks Lab» der Plattensammlung zi- schon mehr am Hut. Und mal Keyboardgewitter auf Strich ist es ein süffi ges, heisst, und 2003 erstmals tiert, «Long Island» klingt auch die weiteren Tracks Streicherkaskaden, dichte stilvolles und erwachsenes von der einfl ussreichen höchst lebendig und span- haben mehr Funk und Harmonieschichten und Pop-Album, das man im Kultur-und Musikzeitung nend, da wird eine eigene Groove im Blut als «Total Percussionsfl uten. Nicht Gestell getrost gleich neben «Les Inrockuptibles» orga- Welt kreiert. Wer sich auf Life Forever», sind aber so bei «Hotel No Name» die Pierces stellen kann. nisiert worden ist. den atmosphärisch myste- nicht vergleichbar mit dem oder «Irene», die direkten, Nur wünschte man sich riösen Trip einlässt, wird es Debüt-Album. Die Musiker druckvollen und ausgemer- zwischendurch halt doch tb. nicht bereuen. Endless Boo- entpuppen sich als begabte gelten Blues-Rock bieten. ein paar fl iegende Fetzen, gie spielen am 18. April im Verwandlungskünstler, die Und eben beweisen: Hier klirrende Dissonanzen oder Kultur-Viadukt in Zürich. mit jeder Platte zuerst etwas ist ein Talent am Werk. wirklich eisige Eiszapfen. irritieren, am Ende aber ver- Eins, das sein Können wei- tl. zücken und begeistern. ter entfalten wird. hpk.

men. mig. DIE NEUEN PLATTEN

Yuri Member Kate Miller- Cheatahs Jenn Grant Emmylou Do Heidke Extended Plays The Beautiful Wild Harris & (Ikarus) Nightfl ight (Musikvertrieb) (Blue Rose) Rodney (Dramatico/Phonag) Crowell Manfred Hirt ist sozusa- Die Cheatahs, ein aus ei- Aus dem kanadischen Ha- Old Yellow Moon gen die Bescheidenheit in Der Karriereweg war vor- nem Deutschen, einem lifax kommt die Songwri- (Warner) Person. Bei den Konzerten gespurt, und 2005 gab Kanadier und zwei Englän- terin Heather Elizabeth seiner Band Gabardine po- Kate Miller-Heidke ihr dern zusammengewürfeltes Grant, die sich kurz Jenn Nachdem ihr Duettpartner sitionierte er sich jeweils Operndebüt als Solistin in Quartett mit Basis London, Grant nennt. Seit ihrem Gram Parsons 1973 ver- schräg zum Publikum und Benjamin Brittens «The spielen 90er-Jahre-Indie- Debüt vor sechs Jahren hat starb, avancierte Emmylou konzentrierte sich auf seine Turn of the Screw». Im Rock der Marke Dinosaur sich die heute 32-Jährige Harris solo zum Super- Gitarren, die er durch Un- Jahr drauf war sie dafür Jr, Seam oder Slowdive – beständig weiterentwickelt. star. Zum wichtigen Weg- mengen von Effektgeräten eingeplant, Lieder aus dem also das, was die Kids, die «The Beautiful Wild» mar- begleiter wurde Gitarrist schleuste und gerne auch 19. Jahrhundert von Gil- nicht die Mehrheit bilden kiert einen echten Höhe- und Songschreiber Rodney mit Büroklammern präpa- bert und Sullivan an der und nicht gerade HipHop, punkt in ihrer musikali- Crowell, dessen Lieder sie rierte. Dass dieser Mann Oper in Sydney vorzutra- Dubstep oder Electro hö- schen Karriere. Zwischen spielte und der sie auch im mit seinem Soloprojekt Yuri gen. Doch in letzter Minute ren, cool fi nden. «Extended einem deftigen, mit Pedal Studio unterstützte. In Eu- Member die «Supergroup entschied sie sich für ein Plays» ist vollgepackt mit Steel und Banjo angetrie- ropa ist er kaum bekannt, des Noise-Pop» anführt, Leben im Pop. Allerdings diesen kleinen, wundervol- benen Country-Song wie aber einen Titel wie «Even sorgt da natürlich erst ein- kann und will die Austra- len Perlen, bei denen sich «The Fighter» und dem Cowgirls Get the Blues» mal für leichte Verwirrung. lierin ihre Ausbildung nicht verzerrte, leicht dissonante ohrwurmigen Popsong hat man schon einmal ge- Doch die zerfällt beim An- verstecken. Und so singt sie Gitarren mit wunderbaren «White Dove» mit seinen hört. Das erste offi zielle hören des Debüt-Werks vorzugsweise mit enormer Melodien und Harmonien Bläsersätzen ist da viel Duett-Album entstand aus «Do» innert kürzester Zeit. Dramatik in der Stimme. zu einer höchst angeneh- Platz. Für einen fast schon einer Klimperei am Kü- Denn hier zelebriert Hirt, Denke Kate Bush in Opern- men und ansprechenden psychedelischen Rocker mit chentisch, dann wurden was er nach Berufsjahren manier, aber frei von Tüll. Mischung paaren, die sich Sitar («Gone Bay Gone») alte eigene Songs («Blue- in der Luftfahrtbranche Wie die Britin mag es auch desinteressiert und kühl oder für den schönen Slow- bird Wine») ausgegra- bereits mit dem fi nalen Heidke-Miller, ihre Lieder anhört, aber insgeheim und Song «I ve Got Your Fire», ben und fremde wie Patti Gabardine-Meisterwerk um theatralische Töne vom unterschwellig strotzt vor der an Leslie Feist erinnert, Scialfas «Spanish Dancer» «Years & Airports» (2009) Piano zu bauen. Vom Pop Emotionen. Zusammen mit aber auch für einen rüden adaptiert sowie auch neue auf höchstem Niveau vor- entfernt sich die 31-Jährige ihren Mitstreitern Palma Swamprock wie «I Want Lieder geschrieben. Das Al- führte: Das grosse, durch- fast nie. Dementsprechend Violets – die derzeit gerade You Back», der auch mit bum fokussiert keineswegs dachte und konzentrierte spielen Rockriffs auf ihrem als der heisse Scheiss und einem Kinderchor aufwar- nur die Sängerin mit dem Klimpern, hinter dem sich vierten Album «Nightfl y» die Retter von Rock‘n‘Roll tet. Den Bonustrack hätte schönsten Lidschlag des eine von Esprit und Easy bloss eine untergeordnete gehandelt werden – und man sich vielleicht schen- Country, sondern räumt Listening geprägte Stimme Rolle. Umso erstaunlicher, der LA-Punk-Band Fid- ken können. Jenn Grant dem Gitarristen und Sänger durch den Raum schmug- dass es die Texte von Heid- lar gelten die Cheatahs reduziert Survivors «Eye of Crowell ebenfalls Platz ein. gelt. Zwischendurch darf ke-Miller ziemlich in sich zur Speerspitze der jungen the Tiger» zur Ballade, was Natürlich singt er etwas dann auch mal eine fein- haben. Wer sie als nächster Wilden. Schade, dass das den Schlonzrock auch nicht knorrig, wie man es von gliedrige Akustikgitarre anhuste, müsse mit einem einfach fast kein Schwein besser macht. Produziert einem alten Herren wie mitfl irren («Elmira») oder Schlag mitten ins Gesicht interessiert. wurde die Platte übrigens ihm auch erwartet. Em- eine Orgel nölen. Selbst für rechnen, schnurrt sie auf von ihrem Ehemann Dani- mys Stimme klingt dagegen wohldosierte Hektik fi n- dem Titelsong in aller Süs- men. el Ledwell, der seinerseits forever young, charmant, det sich in den 15 Liedern se. Das lässt spüren, dass in der bislang noch unbe- wehmütig, kitschig. Beide Platz. Und für jede Menge es die Künstlerin frech und kannten kanadischen Band haben sie Heimweh in der Sonnenschein, der durch vorwitzig mag. Während In-Flight Safety spielt, die Stimme und klappern in die Texturen diffundiert. die Musik Kapriolen dreht an dieser Stelle ebenfalls ihren Liedern den Westen Eine Sammlung, die beein- und zu braven, wenngleich nachdrücklich empfohlen und dessen Mythen ab. druckt – nicht zuletzt auch leicht überkandidelten sein soll. «Old Yellow Moon» ist lo- durch Bescheidenheit. Melodien neigt, fabuliert cker eingespielter Country Heidke-Miller, was das tb. mit schönen Harmonien amp. Zeug hält. Das erzeugt und hörbarer Spielfreude nicht nur Spannung, das sowie Überraschungen in hält diese auch hoch. den Grenzgebieten Boogie und Rock. mig. cam. DIE NEUEN PLATTEN London Hotline Kevin Ayers ist gestorben. Das hat nicht nur in meinem mu- sikalisch interessierten Freundeskreis heftige Schmerzens- bezeugungen ausgelöst, sondern auch im grossen britischen Medienwald. Überall gab es enzyklopädische Nachrufe und überschwängliche Elegien an ein halsstarres Original aus den grossen Zeiten der englischen (Post-)Sixties. Ja, selbst das Revolverblatt «The Sun» widmete dem traurigen Various Artists Various Artists Big Harp Ereignis zwanzig Zeilen plus Passphoto. Son of Rogues Reason To Believe Chain Letters Derweil man es natürlich nur freudig begrüssen kann, dass Gallery: Pirate – The Songs of Tim (Saddle Creek/Irascible) Kevin zumindest postum solche Wertschätzung zukommt, Ballads, Sea Songs & Hardin ist die geballte Masse doch ein bisschen eigenartig. Denn zu Chanteys (Rough Trade) Kleinstadtjunge aus Ne- seinen Schaffenszeiten gehörte Ayers selbst unter Fans eng- (Anti/Phonag) braska trifft Grossstadt- lischer Sixties-Psychedelik eher zu den Aussenseiter-Lieb- Über 30 Jahre nach sei- mädchen aus Los Angeles. habereien. Eigentlich geht es mir ja selber so. Ich bin tat- Die erste «Rogues Gallery»- nem Tod ehrt man einen Man verliebt sich, heiratet, sächlich im Besitz von ein paar Alben aus allen Ayers’schen Kompilation, lanciert vom der drei grossen Tims der setzt Kinder in die Welt Schaffensperioden. Aufgelegt habe ich sie indes alle höchst «Pirates of the Caribbean»- 60er-Jahre mit einem Co- und gründet eine Band. selten bis gar nicht. Team Johnny Depp und ver-Sampler. Bekannter als Die Band heisst Big Harp, Warum hat mich Ayers Hinschied dennoch getroffen? Bei Regisseur Gore Verbinski, die anderen beiden – Tim das Debüt «White Hat». reifl icher Überlegung komme ich zum Schluss, dass ich ihn erschien 2006 und wartete Buckley und Tim Rose –, Dieses lockte vor zwei aus dem genau gleichen Grund so gemocht habe, wie ich mit einer All-Star-Besetzung wurde Tim Hardin in den Jahren mit entspanntem seine Alben kaum je hören wollte. Jedes Ayers-Album ist auf: , Sting, Bry- vergangenen Jahrzehnten Americana-Sound. Da- ein Sturzbach von unterschiedlichen Emotionen. Ein zu- an Ferry, Bono und vielen sehr oft gecovert, von Leu- von ist auf dem Nachfol- tiefst herbstlicher Text wird begleitet von einer Blödelmelo- anderen. Teil zwei bringt ten wie Willie Nelson und ger «Chain Letters» nicht die, gefolgt von einem freejazzigen Sax-Solo, einem rocki- wieder Piratenballaden und Dolly Parton, Cher, Scott mehr viel zu spüren, denn: gen Bläsersatz und einem munteren Bluegrass-Banjo-Riff. Chanteys, diesmal jedoch Walker oder Joan Baez. Christopher Senseney und Es folgt ein Stück, das man beim Scott Walker der mittleren hat Produzent Hal Willner 1980 an einer Überdosis Stefanie Drooten-Senseney Phase nicht als fehl am Platz empfunden hätte, darauf eine seine Lektion gelernt: Ein Heroin erst 39-jährig ver- mögen es neuerdings laut, Passage mit Ukulelen wie bei Tiny Tim, und dann wieder Album mit Piratenliedern storben, hinterliess Hardin dreckig und vernehmlich, eine düstere musikalische Meditation zum Thema der verzichtet auf Warmduscher eine stattliche Anzahl an aber nach wie vor nicht all- menschlichen Existenz und des Weingenusses. wie Sting und Bono, es setzt famosen Songs und Hits. zu temporeich. Die vormals Man behafte mich in dieser Aufzählung bitte nicht auf die auf Tom Waits. Dessen Ver- Natürlich kennen wir alle prägnanten akustischen Gi- akkurate Wiedergabe von Songlisten und Details – es geht sion von «Shenandoah» seinen grössten Hit «If I tarren wurden nicht ganz mir ums Prinzip. Wenn man nicht selber Kevin Ayers ist ist eines der Highlights des Were a Carpenter», der auf des Feldes verwiesen, doch oder sich in äusserst schrulliger Stimmung befi ndet, ist es neuen Sets. Sein Mitstreiter diesem Sampler vom eng- sie dürfen sich erstmals auf schwierig, eines seiner Alben in deren Gesamtheit wahr- ist (ex-Karibik-Pirat) Keith lischen Frauenduo Smoke dem fünften Track, «Bar zunehmen, ohne zwischenhinein genervt aufzuspringen, Richards. Die 140-minütige Fairies gespielt wird. Das All the Doors», präsentie- um die Nadel weiterzubefördern. Und dazu immer diese Kollektion beginnt mit Sha- eigenwillige «Eulogy For ren. Statt ihrer dominieren sonore Ayers’sche Bariton-Stimme, die immer ein bisschen ne MacGowans Version von Lenny Bruce», einst von nun die Elektrische des angesäuselt klingt. Manchmal war sie mir einfach zu viel «Leaving of Liverpool». der grossen Nico gesun- Gatten mit viel Reverb und des Sonnigen und erinnerte mich an die wohlbetuchten Dass der promillemässig gut gen, hören wir hier in einer das enorm grobkörnige Plaudertypen, welche die Pubs in der Portobello Road imprägnierte Pogues-Barde schönen Fassung von der Bassspiel seiner Angetrau- bevölkern und jungen weiblichen Touristen charmant die seinen Part bestens ausfüllt, jungen nordirischen Sän- ten. Christopher Senseney Rübe mit Anekdoten füllen. Kommt hinzu, dass Ayers dazu versteht sich. Zur weite- gerin Hanna Peel, die mit singt nicht mehr, er brummt neigte, selbst seine tiefsinnigsten Songs mit einer cartoon- ren Besatzung zählen dies- ihrer Band The Magne- – wie ein wider Willen dem haften Selbstironie zu subvertieren. mal Patti Smith, Dr. John, tic North auch noch «It’s Winterschlaf beraubter Aber eben: all diese verqueren Eigenschaften sind es, die Marc Almond, die Holly- Hard To Believe In Love Grizzly. Das Duo weidet auch mich diesen Kevin Ayers schätzen liessen. Denn dass woodstars Tim Robbins For Long» interpretiert. Rock, Gospel und Ameri- er sich dieses emotionelle Zick-Zack, dieses theatralische und Anjelica Huston, Iggy Meist von eher unbekann- cana aus. Bis aufs Gerippe. Sprühen von Ideen gönnte, zeugt von einer freigeistigen Pop sowie das Duettpaar ten Acts gecovert, sind mit Dieses wird ausgekocht, Kühnheit, die ich zumindest im Kopf von ganzem Herzen Michael Stipe und Courtney dem ehemaligen Screaming- eingedickt und aufgetischt. toll fi nde. Love. Willner ist zu danken, Trees-Sänger Mark Lane- Als Resultat warten Songs Ich glaube, eine ähnliche Bewunderung für pionierhafte Ei- dass die «Rogues Gallery»- gan, Okkervil River und der auf, die bluesigen Retro- genbrötlerei auch aus der Flut von Nachrufen herauslesen Alben keine austauschbaren tollen Sängerin Alela Diane Rock-Chic oder kernigen zu können. Man will sich ja nicht in Nostalgie ergehen. Kollektionen von hedonisti- auch einige Grössen der Sze- Country-Folk bieten, die Aber ein paar waschechte Exzentriker wie Kevin Ayers im schen Saufsongs geworden ne dabei. Der oft gecoverte auch ohne Sonneneinwir- heutigen Musikgeschehen wären schon schön. Und damit sind. Sie sind eine Hom- Titelsong wird hier von der kung eine aussergewöhnli- ein grosses Hoch in Richtung Wild Billy Childish. mage ans harte Männerle- Liverpooler The Sand Band che Strahlkraft aufweisen. ben – mit Geschichten über gespielt. Dass das wunder- Bissig, rotzig und erfri- Hanspeter Künzler den Tod, Einsamkeit und schöne «Lady Came From schend. Mühsal, sei es auf See oder Baltimore» fehlt, wundert im Hafen. mich allerdings. mig.

tl. tb. DIE NEUEN PLATTEN Nick Cave «Die Zuhörer müssen sich beim neuen Album fragen, ob sie die Bad Seeds überhaupt noch mögen», sagt Nick Cave im Interview im aktuellen «Surprise». In der Tat: «» unterscheidet sich von allem, was Cave bis- her gemacht hat. Auf «Push the Sky Away» gibt es keinen Krach, nur wenige Gitarren, kaum Klavier und keine Bal- Leonti Victor Crime & The laden im typischen Stil, dafür viel Uneindeutiges und Un- Pink Maria Hofstetter City Solution heimliches. Die vorab veröffentlichten Singles «We Know (Bassbelle/Irascible) Fires in the Tundra of American Twilight Who U R» und «Jubilee Street» sowie das Titelstück sind Our Hearts (Mute/MV) Lieder, die auf Anhieb ordentliche Plätze in Caves riesigem Seit einigen Jahren gibt es (Irascible) Repertoire an grossen Songs einnehmen. Ansonsten gibts eine erfreuliche Schwemme Die Auferstehung einer aber viel Textur und wenig Kontur. Man muss bis zu den an Schweizer Sängerinnen Der umtriebige Basler Legende. Nachdem letzten allerersten Aufnahmen der Bad Seeds zurückgehen, um mit speziellen Stimmen. Singer/Songwriter Victor Herbst eine Retrospekti- Stücke zu fi nden, die so stark von Klängen und so wenig Eine Wegbereiterin dieser Hofstetter vereint auf dem ve die Erinnerung an die von Melodien defi niert werden wie diese neuen Lieder. Musikerinnen ist Nadia neuen Album mit dem Supergroup des Berliner Für die Neuausrichtung gibt es Gründe. Zum einen sind Leonti. Die Baslerin sang leicht schwülstigen Titel 80er-Untergrundes weckte, die Bad Seeds geschrumpft. Über das -Quar- schon in den 90ern bei «Fires in the Tundra of Our gibt es nun neues Material tett hinaus ist nur Thomas Wydler mit von der Partie, der Bartrek und Popmonster, Hearts» zehn Songs, die vor von einer aufgefrischten diese Songs mit seinem intuitiven, jazzigen Schlagzeugspiel seit einigen Jahren gehört Herzschmerz und Melan- Besetzung. Natürlich singt prägt. Dazu gibt es ein paar Streicher sowie einen kleinen sie auch zu Shilf. «Pink cholie triefen. Eingespielt weiterhin Bandboss Simon (Kinder-)Chor. Zudem schrieb Cave die Songs nicht wie Maria» ist ihr zweites So- mit seiner Band The Brot- Bonney und auch Alexan- üblich allein, sondern gemeinsam mit (mit loalbum, und wo 2009 herhood of Love, handeln der Hacke sowie Geigerin dem er in den letzten Jahren auch mehrere Soundtracks auf «Everyone/I» manch die Songs von herausgeris- Bronwyn Adams sind mit produzierte), zwei Stücke nennen zusätzlich Wydler als schöne Idee nicht ganz zum senen Herzen, vom Weiter- an Bord. Co-Autor. Vieles beruht auf pulsierenden Patterns und Erblühen kam, ist Leonti entwickeln, vom Zurück- fehlt, doch mit Jim White verdrehten Loops, die Ellis mit seinem eigenartigen Inst- nun ein stimmige, runde fallen, vom Fragenstellen wurde der Drumhocker rumente- und Effektarsenal anfertigte. Es braucht Zeit und Songsammlung gelungen. und vom Abschiednehmen. hockkarätig besetzt. Auch aufmerksames Hören, bis man merkt, wie wunderbar die Das liegt auch an der neu- Themen, wie sie schon un- David Eugene Edwards ist kleinen Melodien klingen, die in den Klanglandschaften formierten Band, die nun zählige Male auf Tausen- ein Neuzugang von Rang, von «Mermaids» oder «We Real Cool» ihrer Entdeckung deutlich organischer klingt den von Alben abgehandelt Hackes Künstlergattin Da- harren. Auch textlich hat sich Cave vom Vordergründigen und den Songs Leben und wurden. Aber schliesslich nielle De Picciotto hingegen verabschiedet. Statt Geschichten zu erzählen, dichtet er Farbe verleiht. Verfasst hat kann man das Rad nicht ist eher eine Musikerin à la meist assoziativ, wie im «Higgs Boson Blues», in dem er Nadia Leonti die Songs zu neu erfi nden, und was kre- Linda McCartney. «Ameri- von einer Autofahrt nach Genf, Robert Johnson und dem einem grossen Teil mit dem ative Menschen nun einmal can Twilight» ist ein Come- Teufel fabuliert, bevor am Ende Miley Cyrus im Swimming amerikanischen Songwri- am meisten beschäftigt, back, das würdig bis trium- Pool treibt. Ein Pop-Schätzchen, das als Wasserleiche en- ter Andrew Shields und sind Herzens-Themen. phal gerät. Mit White am det, so viel Tradition darf dann doch sein. zu einem kleineren mit «Fires in the Tundra of Schlagzeug fällt das band- Wer sich auf «Push the Sky Away» einlässt, kann die Lie- Sebastian Hausmann. Sti- Our Hearts» ist ein solides typische Rhythmusgerum- be zu den Bad Seeds neu entdecken. Nick Cave sagt: «Ich listisch bedient man sich Indie-Album geworden. pel ungewohnt groovig aus, betrachte es als meine Pfl icht, diese unglaubliche Band am Indierocks verschiedener Hofstetter erzählt darauf und Bonney hat als Sänger Leben zu erhalten.» Möge es ihm gelingen. Herkunft, der dann zu – leider mit etwas zu star- getragener Verse nichts ver- Popsongs geformt wird. kem Schweizer Akzent und lernt. Neu ist ein amerika- Reto Aschwanden Das klingt angenehm alt- etwas zu farbloser Stim- nischer Einschlag: «River modisch: Eine Band spielt me – zum Beispiel, dass er Man» und der Titeltrack Nick Cave & The Bad Seeds: «Push the Sky Away» (Bad Seeds/TBA) Songs – ohne elektronische eine Jahreszeit nach seiner sind tanzbarer Funk, «Do- Spielereien, sondern ganz Liebsten benennen will, mina» sündiger Gospel. herkömmlich mit Rasseln weil sie die Ewigkeit ver- Und mit «Beyond Good und Shakern, Texturen dient hat. Eine sehr schöne And Evil» und «Streets Of aus dem Keyboard sowie Idee. West Memphis» sind auch gelegentlich Bläsern und Die Platte klingt ein biss- sentimentale Schmacht- Chorgesang. Traditionel- chen nach Frühlingsan- fetzen für alte Fans im les Songhandwerk mit viel fang. Der schleicht sich ja Programm. Wem die neue Charme also, und vor al- oft auch unbemerkt in un- Cave zu experimentell ist, lem verfügt Nadia Leonti sere Nähe und ist momen- fi ndet in Crime & The City über eine Stimme, die in tan wahrscheinlich das, Solution eine artverwandte jeder Lage mit Schmelz und was wir uns alle am meis- Band, die ihre Geschichte in süssem Schmerz betört. ten wünschen. traditionsbewusster Form aufl eben lässt. ash. mis. ash. SZENE

01.03. LILLY WOOD & THE PRICK 02.03. THE PAROV STELAR BAND SOLD OUT 08.03. SON OF KICK 09.03. LA NUIT DU CINEMA MUET STUMMFILM–NACHT 13.03. MATMOS 16.03. CORTEZ 22.03. PRIMASCH AND THE TZIGAN DREAMS' COLLECTOR 23.03. CHATEAU RÖSTI 27.03. BALMORHEA •P•R•E•V•I•E•W•S• STILLER HAS EELS CULT OF LUNA BENJAMIN BIOLAY BARN OWL OY PATENT OCHSNER LES OGRES DE BARBACK WWW.FRI-SON.CH Route de la Fonderie 13 | P.o.Box 15 | 1705 Fribourg [email protected] | www.fri-son.ch +41 (0)26 424 36 25 musik im briefkasten – loopzeitung.ch

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Der Mod-Pop von The Jam bekommt Blondes Give Me All You Got Just a Little Bit of the den Punk-Drive von The Vibrators und hängt sich in Sa- (Bear Family Music) (Ninth Street Opus) Jumpin’ Bean chen Eingänglichkeit direkt an Eddie & The Hotrods. Es (Vampisoul) wird nicht einfach sein, der Party nach diesen 97 Sekunden Bei Loop-Leserinnen und Das ist Carrie Rodriguez’ noch einen stärkeren Kick zu geben. –Lesern ist Eddie Noack viertes Studioalbum seit Allein das erste Stück lohnt In einer Zeit, da man an jeglicher Ecke zugemüllt wird mit am ehesten bekannt als der 2006. Als Songwriterin und den Kauf dieser Compila- Musik, hat es einfach keinen Platz mehr für ironische Inter- Interpret von Leon Paynes Performerin ist die Ameri- tion: Cozy Coles «Cozy’s pretationen ebendieses Muzaks, und so habe ich in meinen «Psycho», in welchem er kanerin gereift, sie strotzt Mambo» – 186 Sekunden Wahrnehmungsfi lter Die Zorros als Spam markiert. War- vor einem beängstigend hörbar vor Selbstvertrauen. lang totale Frenesie, ein um ich neulich am Voodoo-Rhythm-Verkaufsstand trotz- brüchigen Arrangement Mit einer Stimme, die so atemloser und atemberau- dem das Münz für «The Shark» (Ghost Highway) zusam- mit grosser Glaubhaftigkeit verletzlich und zart klingt bender Hochgeschwin- mengekratzt habe? Tja, mit der Zeit kann man eben eine einen Serienmörder besingt. wie auf «Get Back in Love» digkeitsmix aus Funk, Platte berühren und spürt, dass ein Hit in den Rillen steckt. Das war 1968, da war Ed- oder mit genügend Bitter- Rock’n’Roll und Mambo, Der Titelsong ist Kriminalfi lmmusik, wie sie von anderen die Noacks Karriere als In- nis versetzt, um «Cut Me getrieben vom schwindel- Schweizer Bands besser eingespielt wird. Aber «Letter To terpret längst zu Ende, und Now» zur düsteren Tren- lerregenden Beckenwirbel Myself» ist schwer zu übertreffender Sixties-Garage-Punk dieser Massenmörder-Song nungs-Ballade à la Lucinda des Drummers Cozy Cole. mitsamt Horror-Novelty-Orgel-Solo – und ginge wohl trug nicht gerade dazu bei, Williams empor zu heben. Ein fantastischer Einstieg auch als ein Song von The Monsters durch. ihn wieder salonfähig zu Carries Stil ist vielschichtig in die dritte Ausgabe einer Der noch immer fl eissig tourende Sonny Vincent hat nicht machen. «Psycho» fehlt und abwechslungsreich, sie Samplerreihe, die jedes Mal nur 1976 seinen Punk mit den mittlerweile wiederveröf- auf der 3-CD-Anthologie legt Wert auf solides Song- wieder begeistert. Schwierig fentlichten und legendären The Testors vergeblich versucht «Gentlemen Prefer Blon- writing und den Gesang. ist es ja nicht, für die «R&B bei Plattenfi rmen unterzubringen; auch bereits 1972 wur- des», die Noacks Karriere Emotionale Texte über Hipshakers» scharfe, wilde den seine Studio-Aufnahmen mit dem Proto-Punk-Trio als leidlich erfolgreicher das Befreien aus Zwängen und sexy R&B-Heuler aus Fury zurückgewiesen. Die Kisten mit seinen Aufnahmen Country-Singer-Songwriter oder anderen beizustehen, den späten Fünfziger- und hat er wohlweislich durch die ganze Welt gezügelt, und in den Fünfzigerjahren intertpretiert sie mit sach- frühen Sechzigerjahren zu- nun endlich erscheint «Flying» auf Hozac Records. Genau abdeckt. Anders als späte te köchelnder Intensität. sammen zu tragen – der so muss Hard-Rock klingen: dunkel, monoton pulsierend, Aufnahmen vermuten las- Chip Taylor (der Autor von Kompilator, DJ Fine Wine, kurzes Gitarrensolo, ein Feedback anstatt weiterer Soli und sen, war Eddie Noack ein «Wild Thing» und wieder- hat Zugriff auf die Archive ein Gesang, der Puch-Maxi-Fahrern das Gefühl von 100 PS Traditionalist, der der Ver- holt Carries Kreativpart- der legendären Labels King gibt. «100% Proof» zeigt dann mit viel Soul und Maracas suchung widerstand, mit ner) schrieb an einer Hand- & Federal Records aus in Richtung Detroit und MC5. Sonny! Rockabilly einen schnellen voll neuer Songs mit, so Cincinnati, die unter ande- Dollar zu machen, son- auch an «Devil in Mind», rem die Karriere von James Philipp Niederberger dern sich zur «pure country einer Kombination von Brown lancierten. Die Idee music» bekannte. Tradi- Rodriguez’ Austin-Roots von «R&B Hipshakers» ist tioneller Honky Tonk, im mit den urbanen Einfl üs- es, selten bis gar nie kom- Mid-Tempo geschrummelt, sen, welche sie während pilierte Tracks von bekann- vorgetragen mit falscher zehn Jahren in Brooklyn ten und weniger bekannten Nachlässigkeit und schlitz- aufgesogen hat. Producer Musikern vor dem Verges- ohrigem Charme. Lee Townsend, bekannt sen zu retten – und es er- Es lohnt sich, auf «Gent- durch seine Zusammenar- fasst einen ein gerade meta- lemen Prefer Blondes» ge- beit mit Jazzgitarrist Bill physischer oder zumindest nauer hinzuhören – denn Frisell, hat Rodriguez und metamusikalischer Schau- Noack war ein guter Be- ihre Tourband meist live der, wenn man hört, was obachter und träfer Texter. im Studio aufgenommen. für ungeborgene Schätze Noack wollte Journalist So kommt eine entspannte in diesen Archiven auf uns werden, sagte Bob Dylan Stimmung rüber. Die Te- warten! Auch in dieser Lie- 2007 über ihn. «Wir haben xanerin darf stolz sein auf ferung gibt es wieder zahl- aber genügend Journalisten ihr bisher stärkstes, bewe- reiche Perlen zu entdecken. und nicht genügend Leute, gendstes Album. Und schon ertappt man die so singen und schreiben sich dabei, sich Volume 4 können wie Eddie Noack.» tl. herbeizusehnen. cg. cg. NACHTSCHICHT

Detaillieren mit The Sea and Cake Schritt halten mit Shilf

Sie sind die Könige der subtilen und heimlifeissen Popmusik: The Sea and Vielleicht sollte man doch einfach mal bei Pro Helvetia durchklingeln und Cake. Seit beinahe zwanzig Jahren veröffentlichen Sam Prekop, Archer mit ein paar netten Worten einen Kanon des guten Geschmacks vorschla- Prewitt, Eric Claridge und John McEntire Alben, die man im Vorbeigehen gen. Eine Art Zeitkapsel, in der ein paar unabdingbare Werke aus Musik leicht anhören, aber auch leicht überhören kann. Dabei steckt der Teufel und Literatur aufbewahrt werden, um dereinst an bessere Zeiten zu erin- bei den Chicagoer aus dem einstigen Post-Rock-Kuchen im feinen Detail, nern und uns ein wenig aufzumuntern. Und eine erste Nomination könn- in den Verschiebungen der Gitarren- und Synthie-Schichten, die Studio- te man bei dieser Gelegenheit natürlich auch gleich deponieren: Das Ge- Künstler und Schlagzeuger McEntire produziert. Das ist auf ihrer letztjäh- samtwerk der Basler Band Shilf, namentlich die Alben «Me» (2002), «Out rigen, bereits zehnten Platte «Runner» (Thrill Jockey) nicht viel anders. For Food» (2004) und die grosse Comeback-Kollektion «Walter» (2011). Und doch ist hier eine neue Leichtigkeit in den Songs auszumachen, eine Denn dem um Songwriter Lucas Mösch und Sängerin Nadja Leonti grup- Leichtigkeit und Direktheit, die bei diesen sorgfältigen Soundarbeitern bei- pierten Quartett-Quintett ist ein Country-Entwurf fernab von Wildleder- nahe als Spielfreude durchgehen kann. «Runner» ist eine Liedsammlung fransenjacken und ornamentierten Stiefelschäften gelungen. In früheren mit zehn zeitlosen und federnden Melodien, die beglücken – im Nebenbei, Jahren herrlich zerdehnt und verlangsamt, hat man sich bei der Arbeit am vor allem aber im Detail. (bs) aktuellen Album einer neuen, äusserst eleganten Ruppigkeit verschrieben, die auch mal Raum lässt für Westküsten-Chorgesang oder eine leise Spur 3.3., Stall 6, Zürich Fernweh in den Gitarrenläufen. Dabei halten sich Shilf freilich stoisch an eine Politik der kleinen Schritte als unabdingbare Grundlage für grosse Songs. Dass diese nur so selten live zu hören sind, ist beklagenswert. Doch hin und wieder öffnet sich die Zeitkapsel für ein paar wertvolle Momente. Bald ist es wieder so weit. (amp)

8.3., Parterre, Basel; 9.3., El Lokal, Zürich Schlaumeiern mit Matmos

M. C. Schmidt und Drew Daniel sind die konzeptionellen Schlaumeier der elektronischen Musik: Als Matmos suchen die beiden seit 18 Jahren die unmöglichsten Soundquellen auf, sammeln Schnipsel und verbasteln diese zu Tracks, die lustig das Niemandsland zwischen Kunstgalerie, klassischem Geistersounds mit Holy Other Konzertsaal und Dancefl oor besetzen. Nachzuhören ist dies etwa auf dem Album «A Chance to Cut Is a Chance to Cure», als die Sounds aus den Das Londoner Label Tri Angle ist seit drei Jahren die feinste Adresse, wenn Operationssälen der plastischen Chirurgie stammten. Auch in den ameri- es um herumgeisternde Elektronik geht. Elektronische Musik, die düstere kanischen Fanfaren-Bürgerkrieg zogen Matmos («Civil War»), nachdem Kreise zieht, jedoch entspannter, weicher ausfällt als die wesentlich grim- sie Björks Winteralbum «Vespertine» produziert und mitbetourt haben. migeren Entwürfe, die vor sieben Jahren mystische Produzenten wie Burial Aktuell beschwören die beiden, die nach ihrem Vertrag mit Matador nun fabrizierten oder derzeit auf den Produktionen des Labels Blackest Ever beim nicht minder klassischen Label Thrill Jockey in Chicago Unterschlupf Black zu hören sind. Holy Other ist einer der heranwachsenden Tri-Angle- gefunden haben, parapsychologische Phänomene. Die Partituren ihrer neu- Künstler, einer, der unerkannt bleiben will, weil er zu scheu für das Licht en Platte «The Marriage of True Minds» entstanden mit Ganzfeld-Versu- sei. Seine Tracks bezeichnet er als «Schlafzimmer-Pop», denn dort entstehe chen, doch wichtiger als der Hang zum grossen Gesamtkunstwerk sind die nun mal seine Musik: in der Dunkelheit. Letztes Jahr erschien Holy Others Tracks, die auch ohne Beipackzettel funktionieren. Denn diese sind auf der Debütalbum «Held». Die Platte moduliert nur selten greifbare Compu- neuen Platte faszinierend vielfältig, geschickt und widerspenstig ausgefal- ter-Sounds zu glitschigen Träumen, die den Zuhörenden somnambul ins len. So sehr, dass die beiden am Schluss des Albums «ESP» von den Buzz- Taumeln bringen. Und natürlich sind in den Schleifen dieser Klänge auch cocks mit Metal-Grabesstimmen und süssem Pop-Ende problemlos covern Stimmen aus dem Jenseits zu vernehmen, die Holy Other einen eigenarti- dürfen. (bs) gen Heiligenschein verleihen. (bs)

13.3., Fri-Son, Fribourg 15.3., Südpol, Luzern; 16.3., Papiersaal, Zürich NACHTSCHICHT

Bestätigen am M4Music Irren mit Egyptian Hip Hop

«Die Migros ist einfach eine gute Geschichte», erklärt in einem aktuellen Der Name führt treffl ich in die Irre. Denn die Band, die sich hinter Namen Werbespot ein Grosi seiner Enkeltochter. Und selbst Coop-Kinder müssen Egyptian Hip Hop verbirgt, hat so ganz und gar nichts mit Sprechgesang zugeben: So was wie M4Music hat kein anderer Detailhändler zu bieten. oder dem dauerbewegten Land zu tun. Vielmehr sind hier vier Manchester Der Branchentreff in Lausanne und Zürich bildet einen Pfl ichttermin in Buben am Werk, die mit der EP «Some Reptiles Grew Wings» vor drei jedem gewissenhaft geführten Konzertkalender. Jahren eine aufregend frickelnde Tanz-Pop-Musik entwickelten. Das Spek- Bei den Konzerten gibt es eine ganze Reihe Schweizer Acts auf der Be- takuläre an dieser schmalen Platte war sicherlich die hibbelige Produktion stätigungsrunde zu besichtigen. Etwa der letztjährige Demotape-Clinic- des schottischen Club-Wunderkindes Hudson Mohawke, während das Gewinner Domi Chansorn, die hochgelobten Rumpelrockerinnen Velvet Debüt-Album «Good Don’t Sleep» aus dem letzten Jahr nun weit weni- Two Stripes, Elektrowave von Venetus Flos, die nach einer Umbenennung ger grelle Töne anschlägt. Erschienen ist dieses auf dem Electronica-Label Zeno heissen und für Leute mit guter Kondition am Sonntagmorgen um R&S und versammelt zehn Songs, die westafrikanische Harmonien ein- halb drei die Schaffhauser R&B-Recken Min King. Erstmals in Zürich prä- bauen (etwa in der Single «Yoro Diallo»), nächtliche Stimmungen entwi- sentieren sich die versoulten Garagenrocker The Animen aus Carouge und ckeln und durch feine Wave-Anleihen zart an die famosen Wild Beasts er- auch die radikale Rapperin La Gale aus Lausanne harrt der Entdeckung innern. Vor allem ist hier eine genaue Band am Werk, deren Eigenwilligkeit durch die Deutschschweizer. zum Glück nicht im Namen endet. (bs) Internationalen Glanz bringen die Foals aus Oxford, die zu den raren in- novativen Bands der Gegenwart zählen. Ähnliches gilt für Jamie Lidell, den 22.3., Bleu Lézard, Lausanne; 23.3., Palace, St. Gallen; 26.3., Exil, Zürich Soulbrother des Warp-Labels. The Jezabels aus Australien machen vor, wie sich Indie-Rock mit stadionfüllendem Pathos verbinden lässt, die Youtube- Überfl ieger Walk Off The Earth (Bild unten) treten zur Live-Prüfung an, und wer das nächste grosse Dinge in statu nascendi erleben will, zieht sich den dubbigen Elektro-Pop des Geschwisterduos Wild Belle aus Chicago rein. Manchmal fast spannender als die Konzerte am Abend (und gratis) sind die Jurysessions, Workshops und Diskussionen tagsüber. Wie schon in den Vorjahren liefern auch diesmal Kontrolle und Kommerzialisierung von mu- sikalischem Schaffen im Digitalzeitalter Stoff für Diskussionen. Am Frei- tagnachmittag gibt es gleich drei Veranstaltungen dazu, bei denen Musiker, Fiebern mit Naked Lunch Urheberrechtsverwalter, Politiker und Tim Renner (Bild oben) als Vor- und Nachdenker des Digitalzeitalters ihre Sicht der Dinge präsentieren. Um Mehr als zwei Jahrzehnte umspannt sie mittlerweile, die Bandgeschichte Geld geht es auch im Panel zur Popförderung, bei dem Vertreter der klas- von Naked Lunch. Zu Beginn der Neunzigerjahre formiert, machten sich sischen Förderinstitution Pro Helvetia und der neuartigen Crowdfunding- die Klagenfurter auf den Weg zum internationalen Durchbruch – der sich Plattform wemakeit auf Labelbetreiber und Lobbyisten treffen. Und am dann trotz diverser Labelwechsel nicht wirklich einstellen wollte, was wie- Übergang zur fi nalen Konzertnacht gibt es erneut «Rotwein mit Renner», derum dafür sorgte, dass die Band in fast regelmässigen Abständen auch der diesmal mit André Béchir, François Mürner und Dieter Meier mehrere einfach weg vom Fenster war. Exzesse, Todesfälle und ein gewisser Le- Meister der gepfl egten Plauderei um sich schart. (ash) bensverdruss säumen die Naked-Lunch-Saga, der nun mit dem Album «All Is Fever» (Tapete) ein Werk abgetrotzt wurde, das den Vorgänger «This 21.3., Les Docks, Lausanne; 22. und 23.3., Schiffbau, Zürich Atom Heart of Ours» (2007) erweitert. Einmal mehr werden hier kräftige Parolen hymnisch verarbeitet und zu allgemein gültigen Songs verfertigt, die eigentlich einen neuen Anlauf Richtung ganz grossem Durchbruch na- helegen würde. Doch die Band scheint sich mit Gelegenheitsarbeiten für Film und Theater bestens zu unterhalten, so dass ein nächstes reguläres Album wohl erst in einem späteren Jahrzehnt erscheinen dürfte. Also lohnt es sich, die aktuelle Gegenwart zu nutzen. (amp)

29.3., Sommercasino, Basel; 30.3., Rote Fabrik, Zürich SZENE SZENE SZENE SZENE SZENE

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