Land, Kommunen Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 8/2018

Im Blickpunkt: Die Stadt

Reinhard Güll

In der Serie „Im Blickpunkt“ steht dieses Mal in den Kocher mündet. Naturräumlich betrach- die Stadt Öhringen im Landkreis . tet ist die Hohenloher Ebene, in der Öhringen Aus dem Landesinformationssystem Baden- liegt, ein Teil des Südwestdeutschen Schicht- Württemberg (LIS) lassen sich für Öhringen stufenlandes und gehört zur Triaslandschaft. wie für jede andere Gemeinde des Landes Öhringen ist die größte Stadt des Hohenlohe- interes­sante Erkenntnisse zur Struktur und kreises und seit 1994 dessen einzige Große Entwicklung gewinnen. Besonders herausge- Kreisstadt. Für die umliegenden Gemeinden ist hoben werden an dieser Stelle die Bevölke- sie Mittelzentrum. Zum Mittelbereich Öhringen rungsentwicklung, die Wohn- und die Be- gehören neben der Stadt Öhringen noch die Reinhard Güll war Büroleiter der Abteilung „Informations- schäftigtensituation. Städte und Gemeinden , Neuenstein, dienste, sozial- und regional- , Waldenburg und . Im wissenschaftliche Analysen“ im Statistischen Landesamt Zuge der Gemeindegebietsreform Anfang der Baden-Würt­temberg. 1970er-Jahre wurden die bis dahin selbststän- Öhringen ist eine Stadt im fränkisch geprägten digen Gemeinden Schwöllbronn, , Nordosten Baden-Württembergs, etwa 25 km Baumerlenbach, Michelbach am Wald, Möglin- östlich von gelegen. Öhringen liegt gen, Ohrnberg, Cappel und Eckardtsweiler ein- im westlichen, tiefer gelegenen Teil der Ho­ gemeindet. Zusammen mit Pfedelbach und henloher Ebene, zwischen der Keuperstufe Zweiflingen bildet Öhringen eine Vereinbarte der Schwäbisch-Fränkischen Waldberge und Verwaltungsgemeinschaft. dem Kochertal. Die Stadt breitet sich über das flache Tal der Ohrn aus, eines kleinen Flusses, Die Stadt Öhringen ist über die Anschluss- der etwa 10 km talwärts im Stadtteil Ohrnberg stelle Öhringen an die Bundesautobahn A 6 unmittel­bar an das deutsche Fernstraßen- netz angebunden. Mehrere Landes- und Kreis- S Lage der Stadt Öhringen straßen durchqueren die Stadt und führen nach Künzelsau, Schwäbisch Hall, Heilbronn, Main-Tauber- ins Kochertal und in den Mainhardter Wald. -Odenwald- Kreis Durch Öhringen verläuft die Burgenstraße, eine Kreis Ferienstraße, die von Mannheim und Heil- bronn kommend über Nürnberg bis Prag ver- läuft. Der Öhringen Hauptbahnhof liegt an Schöntal Dörzbach st Jag der 1862 bis 1867 eröffneten Bahnstrecke Heil- bronn – Crailsheim. Die Strecke wird von Nah- verkehrszügen der Deutschen Bahn bedient. Weißbach Seit Mitte Dezember 2005 fahren auf dieser K oc her Strecke auch Züge der Stadtbahnlinie S 4 nach Künzelsau Heilbronn und Karlsruhe. Hohenlohe- Zweiflingen kreis Gefundene Spuren von Bandkeramik aus der

Neuenstein Jungsteinzeit (5600 und 4900 v. Chr.) deuten auf eine erste menschliche Besiedelung des Öhringen Gebiets in und um Öhringen hin. Die Siedlun­ gen standen vermutlich auf den Zeugenber- gen in und um Öhringen. Um 155 n. Chr. ent- Bretzfeld Pfedelbach Waldenburg standen im Raum Öhringen zwei Kastelle am Schwäbisch Hall römischen Limes. Etwa tausend Legionäre waren dort untergebracht. Durch die Alaman- LKR Heilbronn nenüberfälle der Jahre 259 und 260 n. Chr. wurde der Limes und die Kastelle zerstört. Das Statistisches Landesamt Baden-Württemberg 88-43-17-12M heutige Öhringen wird erstmals im Öhringer Landesinformationssystem © Kartengrundlage GfK GeoMarketing GmbH Karte erstellt mit RegioGraph 2015 Stiftungsbrief aus dem Jahr 1037 als Oringowe

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Ausgewählte Daten zur Stadt Öhringen, zum Landkreis Hohenlohekreis und T zu Baden-Württemberg

Landkreis Stadt Merkmal / Indikator Einheit Hohen- Land Öhringen lohekreis

Fläche1)

Fläche insgesamt am 31. Dezember 2016 ha 6 779 77 676 3 574 828 Siedlungs- und Verkehrsfläche am 31. Dezember 2016 % 19,7 13,2 14,5 Waldfläche am 31. Dezember 2016 % 19,8 27,4 37,8 Landwirtschaftsfläche am 31. Dezember 2016 % 57,6 56,8 45,3

Bevölkerung

Bevölkerung am 31. Dezember 2016 Anzahl 23 771 110 689 10 951 893 Ausländeranteil am 31. Dezember 2016 % 12,3 9,6 14,5 Durchschnittsalter Ende 2016 Jahre 43,6 43,1 43,3 Geburtenüberschuss/-defizit je 1 000 Einwohner 2006 – 2016 Anzahl – 1,1 – 0,8 – 0,6 Bevölkerungsdichte am 31. Dezember 2016 Einwohner/km² 351 143 307

Weiterführende Schulen

Übergänge auf Werkreal-/Hauptschulen 2016/17 % 0,0 6,5 5,9 Übergänge auf Realschulen 2016/17 % 43,1 39,7 33,7 Übergänge auf Gymnasien 2016/17 % 33,8 31,1 43,8 Übergänge auf Gemeinschaftsschulen 2016/17 % 16,9 20,4 13,4

Beschäftigte am Arbeitsort

Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte2) je 1 000 Einwohner 2016 Anzahl 432 493 408 Beschäftigte im Produzierenden Gewerbe 20162) % 36,1 47,5 35,9 Beschäftigte im Handel, Verkehr und Gastgewerbe 20162) % 28,5 29,4 20,2 Beschäftigte im sonstigen Dienstleistungsbereich 20162) % 34,4 22,2 43,5

Verkehr

Pkw je 1 000 Einwohner 2015 Anzahl 594 656 577 Pkw-Anteil am Kfz-Bestand 2015 % 82,9 81,6 81,9

Tourismus

Ankünfte von Gästen insgesamt je 1 000 Einwohner 2016 Anzahl 758 1 782 1 929 Ankünfte von Auslandsgästen je 1 000 Einwohner 2016 Anzahl 113 145 453 Übernachtungen von Gästen insgesamt je 1 000 Einwohner 2016 Anzahl 1 415 3 721 4 784 Übernachtungen von Auslandsgästen je 1 000 Einwohner 2016 Anzahl 299 373 1 030

Wohnen

Anteil Einfamilienhäuser an Wohngebäuden 2016 % 65,6 67,6 61,1 Wohnfläche je Einwohner 2016 m² 44 48 46

Wasserwirtschaft

Trinkwasserverbrauch je Einwohner 2013 Liter/Tag 104 106 116 Tinkwasserpreis 2016 EUR/m³ 3,69 3,15 2,11

Gemeindefinanzen

Steuerkraftmesszahl je Einwohner 2016 EUR 862 1 019 998 Steuerkraftsumme je Einwohner 2016 EUR 1 166 1 210 1 377 Schuldenstand (Kernhaushalt, Eigenbetriebe) je Einwohner 2016 EUR 2 407 1 072 1 026

1) Flächennutzungsart in ALKIS Nomenklatur. – 2) Datenquelle: Bundesagentur für Arbeit.

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Schloss Öhringen Sitz der Stadtverwaltung. © Stadtverwaltung Öhringen

(Gau an der Ohrn) erwähnt. Danach ging der gen durch Kaiser Franz I. im Jahr 1764 war Besitz Öhringen vom Bistum Regensburg an nicht nur für das Fürstenhaus von Bedeutung, die adlige Familie Hohenlohe über. Nach dem sondern auch für die Entwicklung Öhringens Augsburger Religionsfrieden verordneten die als Residenzstadt, die um 1800 die größte der Hohenloher Landesherren ihren Gemeinden 17 hohenlohischen Städte war. Als Folge des die Kirchenreformation, somit wurde auch Rheinbundes erfolgte in Öhringen am 13. Sep- Öhringen 1556 reformiert. Während des Drei- tember 1806 die Eingliederung der Hohenloher ßigjährigen Kriegs litt Öhringen besonders Fürstentümer in das Königreich Württemberg. unter Hungersnöten, die mit der Pest von 1625 Öhringen wurde Oberamtsstadt. 1862 eröffne­ in Zusammenhang standen. Vom 13. bis 18. Sep- ten die Königlich Württembergischen Staats- tember 1634 wurde Öhringen geplündert. 1677 Eisenbahnen die Kocherbahn Heilbronn – Hall, wurde Öhringen Residenz des Grafen Johann die Öhringen an das Eisenbahnnetz anschloss. Friedrich I. von Hohenlohe. Das Schloss wurde Aus dem Oberamt Öhringen wurde 1938 der ausgebaut und erweitert, ein Theaterbau er- Landkreis Öhringen mit Öhringen als Kreisstadt stellt und Ende des 18. Jahrhunderts entstand gebildet. Der Landkreis Öhringen bestand bis die sogenannte Karlsvorstadt. 1698 erbte die zur Kreisreform 1973 und wurde dann mit dem Familie Hohenlohe die Linie Hohenlohe-Neuen- Landkreis Künzelsau zum Hohenlohekreis ver- stein. Die Erhebung Graf Johann Friedrichs II. einigt. zum Fürsten zu Hohenlohe-Neuenstein-Öhrin­ Öhringen hat eine Gemarkungsfläche von 6 779 Hektar (ha). Davon werden fast 58 % landwirt­schaftlich genutzt. Damit liegt diese Flächennutzungsart über dem Landesdurch- schnitt von 45 %. Die Waldfläche beträgt knapp 20 % und liegt deutlich unter dem Niveau des Landes (38 %). Knapp 20 % der Fläche sind be- siedelt oder dienen als Verkehrsfläche, auch hier wird das Landesmittel deutlich überschrit- ten.

Am 31. Dezember 2016 lebten 23 771 Personen in Öhringen. Mit 351 Personen je Quadratkilo- meter (km2) liegt die Besiedelungsdichte zwi- schen den großstädtisch und den ländlich ge- prägten Teilen Baden-Württembergs und über- steigt den Landesdurchschnitt (307). Die Bevölke­

Das Obere Tor in Öhringen. rungsentwicklung war in den Jahren zwischen © Stadtverwaltung Öhringen 2006 und 2016 positiv. In diesem Zeitraum hat

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Die Marktstraße und die Stiftskirche in Öhringen. © Stadtverwaltung Öhringen die Bevölkerung um 4,4 % zugenommen. Sie Langfristig betrachtet lag die Zahl der sozial­ lag damit über der landesweiten Entwicklung, versicherungspflichtig Beschäftigten 2016 um hier ist nur ein Zuwachs von 2 % zu verzeich­ gut 1 750 höher als 1999. Fast 36 % aller Ar­ nen. Das Durchschnittsalter der Bürger von beitsplätze in Öhringen liegen heute noch in Öhringen betrug 43,6 Jahre und lag damit dem Wirtschaftsbereich des Produzierenden leicht über dem Landesdurchschnitt von Gewerbes und nehmen damit eine dominie­ 43,3 Jahren. Gut 12 % der Einwohner von rende Position wie in vielen anderen Kommu­ Öhringen hatten 2016 einen ausländischen nen des Landes ein. Pass. Der Ausländeranteil in Heidenheim lag damit unter dem Landesdurchschnitt von gut Der Schuldenstand je Einwohner in Öhringen 14 %. belief sich auf 2 407 Euro im Jahr 2016 und lag damit über dem Landesdurchschnitt von Die Entwicklung des Wohnungsbestandes in 1 026 Euro je Einwohner. Die Steuerkraftmess- Heidenheim ist positiv. Im Zeitraum zwischen zahl je Einwohner und die Steuerkraftsumme 2006 und 2016 nahm der Wohnungsbestand um je Einwohner lagen im Jahr 2016 unter dem 3,8 % zu und liegt damit aber noch unter dem Landesniveau. Landesniveau von 5,2 %. Die Werte für baureifes Land lagen in dem Zeitraum zwischen 2014 und Kulturell hat Öhringen seinen Einwohnern und 2016 mit 205 Euro je Quadratmeter (EUR/m2) Besuchern einiges zu bieten. Das städtische um 19 EUR/m2 höher als die im Landesdurch- Weygang-Museum in der Karlsvorstadt zeigt schnitt ermittelten Werte. Knapp 66 % der Wohn- zahlreiche Exponate zur Geschichte der Stadt gebäude sind Einfamilienhäuser. Mit einer durch- und zur Hohenloher Volkskultur. In einem Mu- schnittlichen Wohnfläche von 44 m2 je Ein- seumsanbau befindet sich die älteste noch wohner liegt der Wert in Öhringen unter dem produzie­rende Zinngießerei Deutschlands. Das Landesdurchschnitt. Architektonisch fallen im private Meeres-Museum im Stadtteil Cappel Stadtbild von Öhringen zahlreiche historische zeigt einen Überblick über Muschel- und Besonderheiten auf. Da gibt es den mittelalter- Schneckenarten aus allen Weltmeeren mit lichen Marktplatz mit dem ehemaligen hohen- rund 1 800 Exemplaren. Die jährlich stattfin- lohischen Schloss, die Stiftskirche, die Altstadt- dende Öhringer Woche Ende April/Anfang Mai mauer mit dem Spitalarchivturm, dem Gänsturm, ist eine Veranstaltung des Handels- und Ge­ dem Storchsnestturm, dem Malefizturm und werbevereins mit Modenschauen, Kindernach- dem Kessler- und Göckelsturm, das Alte Rat- mittagen und Open-Air-Konzerten. Im Advent haus, das Prädika­turhaus, das Hofjägerhaus und wird die Stadt zum märchenhaften Öhringen. das Gelbe Schlössle. Dabei werden zahlreiche Motive aus Märchen in der Innenstadt aufgebaut, an den einzelnen Die Chance auf eine Beschäftigung in Öhrin- Stationen können die entsprechenden Mär- gen hat in den vergangenen 10 Jahren zuge- chen angehört werden. Parallel dazu findet an nommen. So hatten hier 2016 rund 10 230 so- den ersten 3 oder 4 Adventswochenenden der zialversicherungspflichtig Beschäftigte einen beliebte und gut besuchte Öhringer Weih­ Arbeitsplatz. Dies sind fast 4 % mehr als 2006. nachtsmarkt statt.

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