UNICUIQUE SUUM NON PRAEVALEBUNT

Redaktion: I-00120 Vatikanstadt Schwabenverlag AG Einzelpreis Wochenausgabe in deutscher Sprache 50. Jahrgang – Nummer 38 – 11. September 2020 D-73745 Ostfildern Vatikan d 2,20

Ansprache von Papst Franziskus beim Angelusgebet am Sonntag, 6. September Die Pädagogik der geschwisterlichen Beziehungen

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag! bemühen wir uns, nicht zu klatschen. Der Klatsch ist eine hässlichere Seuche als Covid! Das Evangelium dieses Sonntags (vgl. Mt Bemühen wir uns: kein Geschwätz. Es ist die 18,15-20) ist der vierten Rede Jesu bei Matthäus Liebe Jesu, der Zöllner und Heiden willkommen entnommen, die »Gemeinderede« oder »Rede hieß und damit den Tugendwächtern der damali- über die Kirche« genannt wird. Der heutige Ab- gen Zeit zum Ärgernis wurde. Es geht also nicht schnitt spricht von der brüderlichen Zurechtwei- um eine Verurteilung ohne Berufungsmöglich- sung und lädt uns ein, über die zweifache Di- keit, sondern um das Eingeständnis, dass unsere mension des christlichen Lebens nachzudenken: menschlichen Versuche manchmal scheitern die gemeinschaftliche Dimension, die den Schutz können und dass nur das Alleinsein vor Gott den der Gemeinschaft, also der Einheit der Kirche, er- Bruder mit seinem Gewissen und mit der Ver- fordert, und die persönliche Dimension, die Auf- antwortung für seine Taten konfrontieren kann. merksamkeit und Respekt für jedes einzelne Ge- Wenn das nicht gut geht, dann Schweigen und wissen verlangt. Gebet für den Bruder und die Schwester, die ir- Um den Bruder, der einen Fehler gemacht hat, ren, niemals aber Klatsch. zurechtzuweisen, schlägt Jesus eine Pädagogik Möge uns die Jungfrau Maria helfen, die brü- der Zurückgewinnung vor. Die Pädagogik Jesu ist derliche Zurechtweisung zu einer gesunden Ge- immer eine Pädagogik der Zurückgewinnung; er wohnheit zu machen, damit in unseren Gemein- versucht immer zurückzugewinnen, zu retten. schaften immer neue brüderliche Beziehungen Diese Pädagogik der Zurückgewinnung [des Bru- entstehen können, die auf gegenseitiger Verge- ders] besteht aus drei Schritten. Zuerst sagt er: bung und vor allem auf der unbesiegbaren Kraft »Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann geh der Barmherzigkeit Gottes beruhen. und weise ihn unter vier Augen zurecht!« (V.15), das heißt seine Sünde nicht in der Öffentlichkeit Gegenseitige Vergebung und die unbesiegbare Kraft der Barmherzigkeit Gottes sind nach Papst Fran- Nach dem Angelus sagte der Papst: breittreten. Es geht darum, mit Diskretion zu sei- ziskus die Grundlage, damit immer neue geschwisterliche Beziehungen entstehen können. Liebe Brüder und Schwestern! nem Bruder zu gehen, nicht um ihn zu verurtei- Ich grüße euch alle, die Römer und die Pilger len, sondern um ihm dabei zu helfen, sich darü- »Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen die gesamte Gemeinde beteiligt. Es gibt Dinge, aus verschiedenen Ländern: Familien, Pfarrgrup- ber klarzuwerden, was er getan hat. Wie oft oder zwei mit dir, damit die ganze Sache durch angesichts derer die anderen Brüder und Schwes- pen, Vereinigungen. haben wir diese Erfahrung schon gemacht. Je- die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschie- tern nicht gleichgültig bleiben können: Es bedarf Insbesondere grüße ich die Seminaristen des mand kommt und sagt uns: »Aber hör mal, da den werde« (V. 16). Das ist ein Gebot des mosai- einer größeren Liebe, um den Bruder zurückzu- Päpstlichen Nordamerikanischen Kollegs in Rom hast du geirrt. Du solltest dich in dieser Hinsicht schen Gesetzes (vgl. Dt 19,15). Obwohl es gegen gewinnen. Aber manchmal ist selbst das nicht ge- und jene des Großen Seminars in Ljubljana (Slo- etwas ändern.« Vielleicht werden wir zunächst den Angeklagten gerichtet zu sein scheint, diente nug. Und Jesus sagt: »Hört er aber auch auf die wenien). Ich grüße die Jugendlichen aus Cer- wütend, aber dann danken wir ihm, weil es eine es in Wirklichkeit dazu, ihn vor falschen Anklä- Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein nusco sul Naviglio und jene aus Chiuso und Mag- Geste der Brüderlichkeit, der Gemeinschaft, der gern zu schützen. Aber Jesus geht noch weiter: Heide oder ein Zöllner« (ebd.). Dieser scheinbar gianico – mit den gelben Halstüchern –, die sich Hilfe, der Zurückgewinnung war. Die beiden Zeugen sollen nicht anklagen und ur- so verächtliche Ausdruck lädt uns in Wirklichkeit auf ihr Glaubensbekenntnis vorbereiten. Ich er- Und es ist aus unterschiedlichen Gründen teilen, sondern helfen. »Nun, sprechen wir uns dazu ein, unseren Bruder wieder Gottes Händen mahne euch alle, Jesus, dem Eckstein und guten nicht leicht, diese Lehre Jesu in die Praxis umzu- ab, du und ich, wir wollen mit diesem, mit dieser anzuvertrauen: Nur der Vater wird eine Liebe Hirten, immer mehr nahe zu sein. setzen. Wir befürchten, dass der Bruder oder die reden, die einen Fehler gemacht haben, die sich zeigen können, die größer ist als die aller Brüder Ich grüße die an multipler Sklerose erkrank- Schwester schlecht reagiert; manchmal ist das zum Narren machten. Aber lasst uns als Ge- und Schwestern zusammen. ten Sportlerinnen, die auf der Via Francigena von Vertrauensverhältnis zu ihm oder ihr nicht aus- schwister hingehen und mit ihm, mit ihr reden.« Diese Lehre Jesu hilft uns sehr, denken wir an Siena nach Rom gewandert sind, und die Jugend- reichend groß… Und andere Gründe. Doch wir Das ist die Haltung der Zurückgewinnung, die ein Beispiel: Wenn wir einen Fehler, eine lichen aus Santo Stefano Lodigiano, die für eine haben jedes Mal, wenn wir dies getan haben, das Jesus von uns will. Jesus berücksichtigt in der Tat, Schwäche, einen Ausrutscher bei diesem Bruder Wohltätigkeitsinitiative mit dem Fahrrad gekom- Gefühl gehabt, dass es gerade der Weg des Herrn dass auch diese Vorgehensweise – die zweite oder jener Schwester sehen, dann ist für ge- men sind. Beide Gruppen waren mutig. Geht mit war. Vorgehensweise – mit Zeugen scheitern kann, im wöhnlich das erste, was wir tun, dass wir hinge- Freude und Zuversicht weiter voran! Es kann aber vorkommen, dass trotz meiner Gegensatz zum mosaischen Gesetz, für das die hen und es anderen erzählen, dass wir klatschen. Ich grüße auch die Gläubigen aus anderen guten Absichten der erste Versuch scheitert. In Aussage von zwei oder drei Zeugen für eine Ver- Und der Klatsch verschließt der Gemeinde das Ländern. Ich sehe, dass hier Polen, Libanesen, diesem Fall ist es gut, nicht aufzugeben und zu sa- urteilung ausreichte. Herz, es verschließt die Einheit der Kirche. Der Franzosen und Mexikaner sind. Ich grüße euch gen: »Soll er halt sehen, wie er zurechtkommt, Tatsächlich kann auch die Liebe von zwei große Schwätzer ist der Teufel, der immer die alle! Auch euch, die Mutigen von der Vereinigung ich wasche meine Hände in Unschuld.« Nein, das oder drei Brüdern unzureichend sein, weil er hässlichen Dinge der anderen herumerzählt, weil »Immacolata«: vorwärts! ist nicht christlich. Gebt nicht auf, sondern greift oder sie dickköpfig sind. In diesem Fall – so fügt er der Lügner ist, der versucht, die Kirche zu spal- Ich wünsche allen einen schönen Sonntag. auf die Unterstützung eines anderen Bruders Jesus hinzu – »sage es der Gemeinde« (V. 17), das ten, die Brüder zu vertreiben und keine Gemein- Bitte vergesst, nicht, für mich zu beten. Geseg- oder einer anderen Schwester zurück. Jesus sagt: heißt der Kirche. In manchen Situationen wird schaft zu schaffen. Bitte, Brüder und Schwestern, nete Mahlzeit und auf Wiedersehen!

Unterzeichnung einer neuen Enzyklika Dem Libanon In dieser Ausgabe Generalaudienz im Damasus-Hof Vatikanstadt/Assisi. Papst Franziskus wird eine gemeinsame am 2. September ...... 2 am 3. Oktober eine neue Enzyklika unterzeich- Zukunft geben nen. Dies soll in Assisi stattfinden, wie der Di- Grußworte des Papstes an die Teilnehmer rektor des Pressebüros des Heiligen Stuhls, Mat- Vatikanstadt/Beirut. Mit eindringli- der inklusiven Sportinitiative teo Bruni, in einer Erklärung vom 5. September chen Worten erinnerte Papst Franziskus »We run together«...... 4 mitteilte. Das Lehrschreiben trägt den Titel »Fra- bei der Generalaudienz am 2. September »Abrüstung« im Vatikan – telli tutti« und hat die Brüderlichkeit aller Men- an die Explosionskatastrophe in Beirut vor Zur Abschaffung der Päpstlichen Garden einem Monat. Über hundert Jahre lang sei schen zum Thema. Der Papst wird am Nachmit- vor 50 Jahren ...... 5 der Libanon ein Ort der Hoffnung, der To- tag des 3. Oktober zunächst eine Messe am Grab Hilfe für die Armen und Ausgegrenzten leranz, der Achtung und des Zusammenle- des heiligen Franziskus (1182-1226) in der Unter- in Armenien...... 6 kirche der Basilika feiern (siehe Bild rechts) und bens gewesen. Die Menschen in Beirut Botschaft von Papst Franziskus zum im Anschluss seine Unterschrift unter das Doku- forderte der Papst auf, im Land zu bleiben Weltgebetstag für die Bewahrung ment setzen. Angesichts der aktuellen Corona- und einen Neuanfang zu wagen. So könne der Schöpfung...... 7-8 Krise wird der Besuch in privater Form erfolgen die christliche Präsenz im Land, die für den und daher ohne Teilnahme von Gläubigen statt- Nahen Osten so wichtig sei, aufrechter- Audienz für eine ökologische Experten- finden. Franziskus wird nur einen halben Tag un- halten werden. Der Appell des Papstes gruppe aus Frankreich ...... 8-9 terwegs sein und anschließend in den Vatikan und eine Bericht von Kardinalstaatsse- Botschaft des von Kardinal Turkson zurückkehren. kretär im Libanon auf geleiteten Dikasteriums zum Welttag

Nach Lumen Fidei (2013) und Laudato si’ Seite 12 des Tourismus...... 10

(2015) handelt es sich um die dritte Enzyklika von Predigten in Santa Marta...... 11 Papst Franziskus. 11. September 2020 / Nummer 38 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 2 Aus dem Vatikan

Generalaudienz im Damasus-Hof am 2. September Solidarität als Ausweg aus der Pandemie

Vatikanstadt. Erstmals seit gut einem hal- ben Jahr hat Papst Franziskus seine wöchentli- che Generalaudienz wieder in Anwesenheit von Gläubigen gehalten. Das Treffen fand nicht wie sonst auf dem Petersplatz statt, sondern im Damasus-Hof, dem Innenhof des Apostolischen Palastes. Vor rund 750 Gläubigen setzte Franzis- kus seine Anfang August begonnene Katechese- reihe zu den Folgen der Corona-Pandemie fort. Er sagte:

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag! Nach vielen Monaten nehmen wir unsere Be- gegnung von Angesicht zu Angesicht wieder auf, und nicht von Bildschirm zu Bildschirm. Von An- gesicht zu Angesicht. Das ist schön! Die gegen- wärtige Pandemie hat unsere gegenseitige Ab- hängigkeit deutlich gemacht: Wir sind alle miteinander verbunden, die einen mit den ande- ren, sowohl im Schlechten als auch im Guten. Um besser aus dieser Krise herauszukommen, müssen wir dies also gemeinsam angehen. Ge- meinsam, nicht alleine, gemeinsam. Alleine Zu Beginn der Generalaudienz ist Papst Franziskus zu Fuß durch den Mittelgang des Areals mit Sitz- nicht, denn das geht nicht! Entweder macht man plätzen gegangen. Mehrfach sprach er mit einzelnen Gläubigen, wahrte aber die vorgeschriebene es gemeinsam, oder man macht es nicht. Wir Distanz. Die letzte Generalaudienz von Franziskus mit Gläubigen vor Ort hatte am 26. Februar statt- müssen es gemeinsam tun, alle zusammen, in So- gefunden. Als Italien Anfang März wegen der Corona-Pandemie ein allgemeines Versammlungsverbot lidarität. Dieses Wort möchte ich heute hervorhe- erließ, gab es monatelang statt Pilger- und Touristenströmen auf dem Petersplatz Videoansprachen aus ben: Solidarität. der Privatbibliothek des Apostolischen Palastes. Als Menschheitsfamilie haben wir unseren gemeinsamen Ursprung in Gott; wir bewohnen fiel, dann klagten alle darüber. Und wenn jemand darität, oder die Dinge werden sich verschlech- ein gemeinsames Haus – den Planeten, unseren schuld daran war, wurde er bestraft! Warum? tern. Ich möchte es wiederholen: Aus einer Krise »Garten« –, die Erde, auf die Gott uns gestellt hat; Weil es teuer war, einen Ziegel zu machen, her- geht man nicht genauso hervor, wie man früher und wir haben eine gemeinsame Bestimmung in zustellen, zu brennen. Es brauchte Zeit und Ar- war. Die Pandemie ist eine Krise. Aus einer Krise Christus. Aber wenn wir das alles vergessen, beit, um einen Ziegel herzustellen. Ein Ziegel war geht man entweder besser oder schlechter her- dann wird unsere gegenseitige Abhängigkeit zur mehr wert als das menschliche Leben. Jeder von vor. Wir müssen wählen. Und die Solidarität ist Abhängigkeit einiger von anderen – wir verlieren uns möge darüber nachdenken, was heute ge- ein Weg, um besser aus der Krise herauszukom- die Harmonie der gegenseitigen Abhängigkeit in schieht. Leider kann auch heute so etwas gesche- men – nicht mit oberflächlichen Veränderungen, der Solidarität – und vermehrt Ungleichheit und hen. Es fällt irgendeine Quote auf dem Finanz- mit einem Anstrich, und alles ist in Ordnung. Ausgrenzung; das Sozialgefüge wird geschwächt, markt – wir haben es in diesen Tagen in den Nein. Besser! und die Umwelt wird geschädigt. Es ist immer Zeitungen gesehen –, und die Nachricht ist in al- Inmitten der Krise gestattet uns eine vom dasselbe Muster. len Agenturen. Es sterben Tausende von Men- Glauben geleitete Solidarität, die Liebe Gottes in schen aufgrund von Hunger und Elend, und kei- unserer globalisierten Kultur umzusetzen, nicht Neue Mentalität ner spricht darüber. indem wir Türme oder Mauern bauen – und wie ist gut, das zu tun, aber es ist mehr –, sondern es Im Gegensatz zu Babel steht das Pfingstereig- viele Mauern werden heute gebaut! –, die tren- Daher ist das Prinzip der Solidarität heute so geht um Gerechtigkeit (vgl. Katechismus der Ka- nis, wir haben zu Beginn der Audienz davon nen, aber dann einstürzen, sondern indem wir nötig wie nie zuvor, wie der heilige Johannes tholischen Kirche, 1938-1940). Um solidarisch zu gehört (vgl. Apg 2,1-3). Der Heilige Geist kommt Gemeinschaften knüpfen und Prozesse eines Paul II. gelehrt hat (vgl. Enzyklika Sollicitudo rei sein und Frucht zu tragen, braucht die gegensei- vom Himmel her wie Sturm und Feuer, das auf wirklich menschlichen und soliden Wachstums sociali, 38-40). In einer vernetzten Welt erfahren tige Abhängigkeit starke Wurzeln im Menschen die im Abendmahlssaal eingeschlossene Ge- fördern. Und dabei hilft die Solidarität. Ich stelle wir, was es bedeutet, im selben »globalen Dorf« und in der von Gott geschaffenen Natur. Sie meinschaft niedergeht, gießt ihr die Kraft Gottes eine Frage: Denke ich darüber nach, was die an- zu leben. Das ist ein schöner Ausdruck: Die große braucht die Achtung der Gesichter und der Erde. ein, drängt sie hinauszugehen, um allen Jesus, deren brauchen? Jeder möge in seinem Herzen Welt ist nichts anderes als ein globales Dorf, weil Die Bibel warnt uns von Anfang an. Denken den Herrn, zu verkündigen. Der Geist schafft die antworten. alles miteinander verbunden ist. Wir verwandeln wir an die Erzählung vom Turmbau zu Babel (vgl. Einheit in der Vielfalt, er schafft die Harmonie. In Inmitten von Krisen und Stürmen appelliert die gegenseitige Abhängigkeit jedoch nicht im- Gen 11,1-9), die beschreibt, was geschieht, wenn der Erzählung vom Turmbau zu Babel gibt es der Herr an uns und lädt uns ein, die Solidarität mer in Solidarität. Es ist ein langer Weg von der wir versuchen, bis zum Himmel – unser Ziel – zu keine Harmonie; man machte weiter, um Geld zu neu zu erwecken, die in der Lage ist, Solidität gegenseitigen Abhängigkeit zur Solidarität. Die gelangen und dabei die Verbindung mit dem verdienen. Dort war der Mensch ein reines und Unterstützung zu schenken und diesen Egoismen – individuelle, nationale, machtpoliti- Menschen, mit der Schöpfung und mit dem Werkzeug, reine »Arbeitskraft«, aber hier, beim Stunden, in denen alles Schiffbruch zu erleiden schen Egoismen – und ideologische Starrheit Schöpfer außer Acht lassen. Das soll heißen: Es Pfingstereignis, ist jeder von uns ein Werkzeug, scheint, einen Sinn zu geben. Möge die Kreati- nähren im Gegensatz dazu »Strukturen der geschieht immer dann, wenn man immer weiter aber ein gemeinschaftliches Werkzeug, das mit vität des Heiligen Geistes uns ermutigen, neue Sünde« (ebd., 36). aufsteigen will, ohne die anderen zu berücksich- seinem ganzen Selbst am Bau der Gemeinschaft Formen familiärer Gastfreundschaft, fruchtbarer »Das Wort ›Solidarität‹ hat sich ein wenig ab- tigen. Ich allein! Denken wir an den Turm. Wir teilnimmt. Der heilige Franz von Assisi wusste Geschwisterlichkeit und universaler Solidarität genutzt und wird manchmal falsch interpretiert, konstruieren Türme und Wolkenkratzer, aber das gut, und beseelt vom Heiligen Geist nannte er zu entwickeln. Danke. doch es bezeichnet viel mehr als einige gelegent- wir zerstören die Gemeinschaft. Wir vereinen alle Menschen, ja alle Geschöpfe »Bruder« oder (Orig. ital. in O.R. 3.9.2020) liche großherzige Taten. Es erfordert, eine neue Gebäude und Sprachen, aber wir vernichten den »Schwester« (vgl. Ls, 11; vgl. hl. Bonaventura, Le- Mentalität zu schaffen, die in den Begriffen der kulturellen Reichtum. Wir wollen Herren über genda maior, VIII, 6: FF 1145). Auch Bruder Wolf, Gemeinschaft und des Vorrangs des Lebens aller die Erde sein, aber wir zerstören die Biodiversität denken wir daran. gegenüber der Aneignung der Güter durch einige und das ökologische Gleichgewicht. Ich habe wenige denkt« (Apostolisches Schreiben Evange- euch in einer anderen Audienz von jenen Fi- Globalisierte Kultur lii gaudium, 188). Das bedeutet Solidarität. Es schern in San Benedetto del Tronto erzählt, die in geht nicht nur darum, den anderen zu helfen – es diesem Jahr gekommen sind und zu mir gesagt Durch das Pfingstereignis wird Gott gegen- haben: »Wir haben 24 Tonnen Müll aus dem wärtig und inspiriert den Glauben der Gemein- Meer entfernt, und die Hälfte davon war Plastik.« schaft, die in Vielfalt und Solidarität vereint ist. Am Rande Denkt nur! Sie haben die Gabe, Fische zu fangen, Vielfalt und Solidarität in Harmonie vereint, das ja, aber auch, den Müll aufzufischen und ihn zu ist der Weg. Eine solidarische Vielfalt besitzt die der Audienz entfernen, um das Meer zu säubern. Aber diese »Antikörper«, damit die Einzigkeit eines jeden – [Verschmutzung] bedeutet, die Erde zu zerstören, der ein einzigartiges und unwiederholbares Ge- Vatikanstadt. Im Rahmen der Gene- keine Solidarität zu haben mit der Erde, die ein schenk ist – nicht an Individualismus, an Egois- ralaudienz vom 2. September hat Papst Geschenk ist, und das ökologische Gleichge- mus erkrankt. Die solidarische Vielfalt besitzt Was der Papst konkret unter Solidarität ver- Franziskus an die Entstehung der polni- wicht. auch die Antikörper, um gesellschaftliche Struk- steht, machte er bei der Generalaudienz am Bei- schen Gewerkschaftsbewegung »Soli- Ich erinnere mich an eine mittelalterliche Er- turen und Prozesse zu heilen, die zu Systemen spiel des Libanon deutlich. Beim Gang durch die darnosc« vor 40 Jahren erinnert. Aus der zählung, die dieses »Babel-Syndrom« beschreibt, der Ungerechtigkeit, zu Systemen der Unter- Reihen küsste er eine libanesische Fahne, die ihm Solidarität unterdrückter Menschen seien das dann auftritt, wenn keine Solidarität vorhan- drückung degeneriert sind (vgl. Kompendium der ein junger Priester reichte, und betete still für das die Gewerkschaft »Solidarnosc« und wei- den ist. In dieser mittelalterlichen Erzählung Soziallehre der Kirche, 192). Die Solidarität ist von einer Krise erschütterte Land. In einer eige- tere politische Veränderungen in Polen heißt es, dass beim Bau eines Turms, wenn ein heute also der Weg, der beschritten werden muss nen Ansprache rief der Heilige Vater Vertreter von und Mitteleuropa hervorgegangen, so der Mann herunterfiel – es waren Sklaven – und auf eine nachpandemische Welt hin, auf eine Politik und Religion auf, ihre jeweiligen Einzelin- Heilige Vater in seinem Grußwort an die starb, niemand etwas sagte, höchstens: »Der Heilung unserer zwischenmenschlichen und so- teressen zurückzustellen und dem Land eine ge- Pilger polnischer Sprache. Ärmste, er hat einen Fehler gemacht und ist her- zialen Krankheiten hin. Es gibt keinen anderen. meinsame Zukunft zu geben. untergefallen.« Wenn jedoch ein Ziegel herunter- Entweder gehen wir voran auf dem Weg der Soli- Siehe auch Seite 12 11. September 2020 / Nummer 38 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan und der Weltkirche 3

Franziskus und die Generalaudienzen Eine Zivilisation der Liebe erbauen

Begegnungen mit den Menschen Vatikanstadt. In der Generalaudienz am Mittwoch, 9. September, die im Damasus-Hof des Von Alessandro Gisotti Glaubens an Jesus Christus erfasst. Apostolischen Palastes stattfand, setzte Papst In einer Zeit, die vom religiösen An- Franziskus die Katechesereihe über geistliche alphabetismus geprägt ist, wird der Wege aus der Coronakrise fort. Ein Mitarbeiter anze 189 Tage sind vergan- Papst »Katechet« und erklärt direkt, der deutschsprachigen Abteilung des Staatssekre- Ggen, seitdem am 26. Fe- warum die Begegnung mit dem tariats trug folgende Zusammenfassung vor: bruar die letzte Generalaudienz mit Herrn das Leben verändert und uns Liebe Brüder und Schwestern, die christliche Gläubigen auf dem Petersplatz statt- für eine Hoffnung öffnet, die nie- Antwort auf die gegenwärtige Krise findet ihre gefunden hat. Am 2. September mals stirbt. In diesen siebeneinhalb Grundlegung in der Liebe Gottes, die uns immer war es nun endlich wieder so weit – Jahren haben seine Katechese - vorausgeht. Er liebt uns bedingungslos und, nun allerdings im Damasus-Hof des reihen einen sehr weiten Raum um- wenn wir diese göttliche Liebe annehmen, kön- Apostolischen Palastes. Sehr viel spannt: von den Sakramenten bis nen wir nicht nur die lieben, die uns nahestehen, Zeit scheint vergangen zu sein, die zur Barmherzigkeit, von der Eucha- sondern sogar unsere Feinde. Es handelt sich aber noch um einiges länger er- ristie bis zu den Zehn Geboten, und hierbei um eine Kunst, in der wir beständig wach- scheint, weil die Generalaudienzen Franziskus hat nicht versäumt, sen müssen. Die Liebe beschränkt sich nicht nur dank der Katechesen, vielleicht aber seine Meditationen auch zu grund- auf die Beziehung zwischen zwei Personen, son- vor allem auch dank der Gesten und legenden Fragen des täglichen Le- dern sie umfasst auch die zivile und politische Di- der spontan eingefügten Worte des bens mension. Sie befruchtet die Familien und die Papstes in sein vorbereitetes Ma- Der Heilige Vater mit Gläubigen im Damasus-Hof. anzubieten: von der Familie bis Freundschaften, aber auch die gesellschaftlichen, nuskript, zu einem Termin gewor- zum Frieden, vom Aufruf zu einer wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse, den sind, auf den nicht nur die Begegnung mit den Menschen, und Voraussetzung für das andere. So gerechten und solidarischen Wirt- um eine Zivilisation der Liebe zu erbauen, die auf katholischen Gläubigen warteten, insbesondere mit den Schwächsten, wie man, wenn man den Hirten mit schaft bis hin zur jüngsten Kateche- dem Gemeinwohl gründet. Es ist die Pflicht jedes sondern auch viele der Kirche fern- Kranken und Leidenden, sehr viel seiner Herde sieht, der fast mit sei- sereihe, die am vergangenen 5. Au- Einzelnen, hierzu beizutragen. Der heilige Igna- stehende Menschen, die die Live - Zeit, mitunter überraschend viel ner Herde zur Einheit verschmilzt, gust angefangen hat und sich auf tius von Loyola lehrt in diesem Sinne, dass die übertragung des Papstes verfolgten. Zeit. Die Letzten werden die Ersten erkennt, dass man den einzelnen das Thema »Die Welt heilen« kon- Ausrichtung der täglichen Mühen auf das Ge- Wie bei den Frühmessen im sein. Einige dieser Begegnungen ha- Gläubigen nicht von der kirchlichen zentriert. meinwohl eine Art ist, zur Ehre Gottes zu wirken. Gästehaus Santa Marta ist auch die ben aufgrund der daraus resultie- Gemeinschaft trennen kann. »In der Der Papst weiß, dass die Kirche Auch die bescheidenste Geste kann so helfen, die Generalaudienz – in diesem Pontifi- renden Botschaft einen universellen Kirche«, so betont Franziskus ge- keine »Patentrezepte« bereithält, die Liebe Gottes in dieser Welt sichtbar zu machen, kat mittlerweile über dreihundert– Wert angenommen. Dies ist etwa rade in einer Generalaudienz, jener aus der Krise führen, aber er will mit die sie von ihren Übeln heilen kann. vor allem durch die Begegnung mit der Fall bei der Umarmung des Paps - vom 25. Juni 2014, »gibt es kein ›Sel- dieser jüngsten Katechesereihe ge- Der Heilige Vater grüßte die deutschsprachi- dem Volk Gottes geprägt. Das ist das tes mit Vinicio, einem Mann, der bermachen‹, gibt es keine ›Einzel- meinsam mit allen Menschen guten gen Pilger auf Italienisch. Anschließend wurde Herzstück dieser Momente. Kurz durch eine schreckliche Krankheit, kämpfer‹«, denn »wir sind Christen, Willens einen christlichen Blick auf folgende deutsche Übersetzung der Grüße vorge- sind die Predigten, die bei den Mor- die Neurofibromatose, entstellt ist. weil wir zur Kirche gehören. […] die Probleme werfen, die die Pan- lesen: genmessen gehalten werden, und Die Bilder der Umarmung am Ende Wenn der Name lautet ›Ich bin demie ins Scheinwerferlicht gerückt Herzlich grüße ich die Gläubigen deutscher kurz sind auch die Katechesen bei der Generalaudienz vom 6. Novem- Christ‹, so lautet der Nachname ›Ich hat, insbesondere die »sozialen Sprache. Die selige Jungfrau Maria, deren Ge- den Generalaudienzen, die oft um ber 2013 gingen um die Welt und gehöre zur Kirche‹«. Krankheiten«. Es handelt sich hier- burtsfest wir gestern begangen haben, zeigt uns, Einfügungen aus dem Stegreif und bezeugten mehr als tausend Worte, Ebenso bedeutsam ist die Spra- bei um ein Virus, das noch schwerer dass der Herr Großes an denen tut, die demütig nicht selten um Momente des Dialo- was Franziskus meint, wenn er aus- che, deren sich der Papst bei seinen zu besiegen ist als Covid-19. Sicher- seinem Willen folgen. Sie helfe uns, aus diesem ges mit dem anwesenden Publikum nahmslos alle Christen auffordert, Mittwochsaudienzen bedient, und lich wird ihm die Begegnung mit Bewusstsein zu leben, um die Liebe Gottes in der angereichert werden. »Wenn man diejenigen zu berühren, die die dasselbe gilt für die Predigten in den Menschen, mit dem Volk Welt zu verbreiten. vorliest« – so sagte Franziskus ein- Wunden Christi leiden. Santa Marta. Der Papst geht auf die Gottes, dem er sich so oft anvertraut mal –, »dann kann man den Men- Tatsächlich ist es bei den Gene- zentralen Themen des christlichen hat und das er braucht, helfen, uns schen nicht in die Augen schauen.« ralaudienzen nicht möglich, Worte Lebens ein, wobei er sich stets einer eine Perspektive der Hoffnung, Hei- Grundlagenabkommen Franziskus widmet bei den Ge- und Gesten des Papstes voneinan- einfachen, für alle verständlichen lung und Erneuerung zu geben – zwischen Vatikan neralaudienzen üblicherweise der der zu trennen, denn das eine ist die Sprache bedient, die das Wesen des wenn auch in einem neuen Kontext und Burkina Faso in Kraft

Neue Wege in Kardinal Adrianus Simonis Kardinal Marian Jaworski Vatikanstadt. Ein Grundlagenabkommen der Kommunikation gestorben gestorben zwischen dem Heiligen Stuhl und Burkina Faso ist am Montag, 7. September, in Kraft getreten. Utrecht. Der niederländische Kardinal und Krakau. Kardinal Marian Franciszek Jawor- Wie der Vatikan tags zuvor mitteilte, habe die frühere Erzbischof von Utrecht, Adrianus Johan- ski ist tot. Er starb am Samstag, 5. September, im Botschaft des Landes die Ratifizierungsurkunden nes Simonis, ist am 2. September im Alter von Alter von 94 Jahren in einem Krakauer Kranken- des im Juli 2019 geschlossenen Vertrages über- 88 Jahren gestorben. haus. Jaworski war reicht. Mit dem Abkommen werden in dem Papst Franziskus wür- von 1991 bis 2008 Erz- westafrikanischen Land die katholische Kirche digte Simonis in einem bischof im westukrai- und ihre Institutionen als öffentliche Körper- Beileidsschreiben als nischen Lwiw (Lem- schaft anerkannt. Zudem regelt der Vertrag die »treuen Zeugen des berg). Er gehörte zu Zusammenarbeit zwischen staatlichen und Evangeliums«, der ei- den engsten Vertrau- kirchlichen Einrichtungen. nen »hingebungsvol- ten von Papst Johannes Burkina Faso, das frühere Obervolta, und der len Hirtendienst für Paul II. In einem Bei- Heilige Stuhl haben seit 1973 diplomatische Be- Vatikanstadt. Am Montagvormittag, 7. Sep- die Kirche in Rotter- leidstelegramm an den ziehungen. In dem knapp 21 Millionen Einwoh- tember, empfing Papst Franziskus den Präfekten dam und Utrecht« ge- Erzbischof von Krakau, ner zählenden Land ist knapp ein Viertel katho- des vatikanischen Kommunikationsdikasteriums, leistet habe. Simonis leitete die Erzdiözese Ut- Marek Jadraszewski,würdigte Papst Franziskus lisch; die Mehrheit der Bewohner (gut 60 Dott. Paolo Ruffini, zusammen mit Msgr. Lucio recht von 1983 bis 2007 und war in dieser Zeit den verstorbenen Kardinal als »ausgesprochen ge- Prozent) ist muslimisch. Adrián Ruiz, Sekretär, Dott. Andrea Tornielli, mehr als 20 Jahre Vorsitzender der Niederländi- rechten, aufrichtigen und mutigen Mann«, der Chefredakteur, sowie den Direktor unserer Zei- schen Bischofskonferenz. von tiefer Liebe zur Kirche erfüllt gewesen sei. tung, Dott. Andrea Monda, in Audienz. Im Rah- Adrianus Simonis war das älteste von elf Kin- Jaworski wurde am 21. August 1926 im damals Kongress men der Begegnung stellten die Verantwortli- dern einer Zahnarztfamilie und wuchs in Lisse im polnischen Lwów geboren, dem heutigen west- chen der vatikanischen Medienarbeit dem Zentrum der niederländischen Blumenzwiebel- ukrainischen Lwiw. Er studierte dort, in Krakau »Economy of Francesco« Heiligen Vater ein neues verlegerisches Konzept Industrie auf. Nach dem Studium der Theologie und Lublin Theologie und Philosophie und wurde Ende November online für die Vatikanzeitung vor. und Philosophie in Hageveld und Warmond emp- am 25. Juni 1950 für das Erzbistum Krakau zum fing er am 15. Juni 1957 das Sakrament der Pries- Priester geweiht. Nach Jahren als Gemeindeseel- Rom. Der Kongress »Economy of Francesco« terweihe. Am Päpstlichen Bibelinstitut schloss er sorger und einer Promotion arbeitete er für die für alternative Wirtschaft und Unternehmens- 1969 ein Aufbaustudium im Fach Exegese des Polnische Bischofskonferenz, ab 1976 dann als führung soll vom 19. bis 21. November online Kurz notiert Neuen Testaments mit der Promotion ab. Am Dekan und ab 1981 als erster Rektor an der Päpst- stattfinden. Der ursprünglich für Ende März ge- 29. Dezember 1970 ernannte Papst Paul VI. Si- lichen Theologischen Akademie in Krakau. Papst plante Nachhaltigkeits-Kongress in Assisi war Vatikanstadt/Wien. Der aus Baden- monis zum Bischof von Rotterdam; 1983 über- Johannes Paul II. ernannte ihn am 21. Mai 1984 pandemiebedingt abgesagt worden. Wie der Württemberg stammende Ordensgründer trug Papst Johannes Paul II. ihm die Verantwor- zum Bischof und übertrug ihm zunächst die Franziskaner-Konvent in Assisi nun mitteilte, ha- P. Franziskus Jordan (1848-1918) steht kurz tung für die Erzdiözese Utrecht. Johannes Paul II. Leitung des polnischen Teils der Erzdiözese ben sich die Organisatoren für eine zunächst vir- vor der Seligsprechung. Wie der General- nahm ihn auch wenige Tage nach seinem Besuch Lwow/Lwiw mit Sitz in Lubaczow. 1991 wurde tuelle Nachholveranstaltung entschieden. Dabei obere, P. Milton Zonta, mitteilte, erfolgt die in den Niederlanden am 25. Mai 1985 in das Kar- er erster lateinischer Erzbischof von Lwiw seit soll auch der Papst zugeschaltet werden. Feier für den Gründer der Salvatoriani- dinalskollegium auf. Als Bischof und Vorsitzen- dem Zweiten Weltkrieg. Nach seiner Emeritierung Zu den verschiedenen thematischen Foren, schen Gemeinschaften am 15. Mai 2021 der der Bischofskonferenz ergriff Kardinal Simo- mit 82 Jahren kehrte Jaworski nach Polen zurück Vorträgen und Workshops sollen sich all jene zu- in der Lateranbasilika in Rom. Vorstehen nis Partei gegen gesellschaftliche Entwicklungen und ließ sich in Krakau nieder. schalten können, die sich für das ursprünglich ge- wird ihr der Präfekt der Kongregation für wie die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe, ge- Nach Jaworskis Tod zählt das Kardinalskolle- plante Treffen angemeldet hatten, teilten die Or- die Selig- und Heiligsprechungsprozesse, gen Liberalisierungen beim Schwangerschaftsab- gium noch 219 Mitglieder. Davon sind derzeit ganisatoren mit. Nach deren Angaben vom März Kardinal . bruch und gegen den Abbau von Rechten von noch 122 unter 80 Jahre alt und damit in einer waren 2.000 junge Menschen aus 115 Ländern Asylbewerbern. möglichen Papstwahl stimmberechtigt. erwartet worden. 11. September 2020 / Nummer 38 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 4 Aus dem Vatikan

VATIKANISCHES BULLETIN Aus dem Vatikan in Kürze

Als »unermüdliche Arbeiterin der Nächstenliebe« hat der Papst die heilige Privataudienzen – den Präfekten des Dikasteriums für die Kom- für die in Rumänien lebenden armenischen Mutter Teresa gewürdigt. »Bitte für uns, munikation, Dott. Paolo Ruffini, mit Msgr. Lu- Gläubigen; auf dass unser Handeln immer von der kos - cio Adrian Ruiz, Dott. Andrea Tornielli und 4. September: tenlosen Liebe zu allen geprägt sei, ohne Der Papst empfing: Dott. Andrea Monda; Unterschied der Sprache, der Kultur, des – von Bischof Jean-Paul Jaeger von der Leitung 3. September: – den Generalvikar Seiner Heiligkeit für die Diö- Volkes oder der Religion«, schrieb er in ei- der Diözese Arras (Frankreich); – den Präfekten der Kongregation für den Gottes- zese Rom, Kardinal . nem Tweet zum liturgischen Gedenktag dienst und die Sakramentenordnung, Kardinal 7. September: der Ordensgründerin am 5. September. Dieser Tag, ihr Todestag, war bei der Hei- ; –von Michel Mulloy, ernannter Bischof von ligsprechung 2016 als Gedenktag festge- – den Präsidenten des Internationalen Strafge- Bischofskollegium Duluth (Vereinigte Staaten von Amerika); legt worden. Auch Kardinal Tagle, Präfekt richtshofs, Chile Eboe-Osuji; 8. September: der Kongregation für die Evangelisierung – den Apostolischen Nuntius in Bulgarien und in Ernennungen der Völker, würdigte die Friedensnobel- Nordmazedonien, Anselmo Guido Pecorari, – von Bischof János Pénzes von der Leitung der Diözese Subotica (Serbien). preisträgerin. In einem Beitrag für das Por- Titularerzbischof von Populonia; Der Papst ernannte: tal »Vatican News« bezeichnete er sie als – den Apostolischen Nuntius in Burkina Faso 2. September: »Instrument der Nächstenliebe Gottes«. und in Niger, Michael Francis Crotty, Titular - Todesfälle Dass die Vereinten Nationen den 5. Sep- – zum Apostolischen Administrator »ad nutum erzbischof von Lindisfarna; tember ihr zu Ehren zum Welttag der Sanctae Sedis« des Ordinariats für die in Rumä- Am 2. September ist der emeritierte Erzbi- Nächstenliebe erklärt hätten, könne hel- 4. September: nien lebenden armenischen Gläubigen: Gergely schof von Mercedes-Luján in Argentinien, Agus - fen, Menschen und Organisationen zu Kovács, Erzbischof von Alba Iulia; tín Roberto Radrizzani, aus dem Orden der – den Botschafter von Belgien, Patrick Renault, menschenfreundlichen Aktivitäten zu er- zur Überreichung des Beglaubigungsschreibens; Salesianer des heiligen Johannes Don Bosco, im 4. September: muntern. – den Apostolischen Nuntius in der Arabischen Alter von 75 Jahren im Krankenhaus von Junín – zum Bischof der Diözese Arras (Frankreich): ******* Republik Syrien, Kardinal Mario Zenari; gestorben. Olivier Leborgne, bisher Bischof von Amiens; Papst Franziskus ist am 3. September Am 3. September ist der emeritierte Bischof – den Apostolischen Nuntius in Peru, Nicola Gi- mit dem Präsidenten des Internationalen von Banjul in Gambia, Michael Joseph Cleary, rasoli, Titularerzbischof von Egnazia Appula; 5. September: Strafgerichtshofes (ICC), Chile Eboe-Osuji, aus der Kongregation der Spiritaner, im Alter von – den Apostolischen Nuntius in Argentinien, – zum Weihbischof in der Diözese Sofia-Plowdiw zusammengetroffen. Der 58-jährige Nige- 95 Jahren in Dublin, Irland, gestorben. Miroslaw Adamczyk, Titularerzbischof von (Bulgarien): Rumen Ivanov Stanev, bisher rianer, der lange in Kanada gearbeitet hat, Otricoli; Pfarrer der Pfarrei in Rakovski-Sekirovo, mit Zu- Am 6. September ist der emeritierte Bischof ist seit März 2018 Präsident des Interna- – den Apostolischen Nuntius Giuseppe Pinto, weisung des Titularsitzes Simidicca; von Thamarasserry der Syro-Malabaren in In- tionalen Strafgerichtshofes mit Sitz in Den dien, Paul Chittilapilly, im Alter von 86 Jahren Haag. Der Heilige Stuhl besitzt in der 1998 Titularerzbischof von Anglona; 8. September: gestorben. gegründeten Behörde einen Beobachter- 5. September: – zum Bischof der Eparchie Krizˇevci für die Gläu- Am 8. September ist der emeritierte Erzbi- status. – den Präfekten der Kongregation für die bigen des byzantinischen Ritus (Kroatien): Milan schof von Madang in Papua-Neuguinea, Bene- ******* Bischöfe, Kardinal ; Stipic, bisher Apostolischer Administrator »sede dict To Varpin, im Alter von 84 Jahren in Rabaul Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin – die »Capitani Reggenti« der Republik San Ma- vacante« dieses Kirchenbezirks; gestorben. hat am Samstag, 5. September, in der rö- rino, Ihre Exzellenzen Alessandro Mancini – zum Bischof von Subotica (Serbien): Slavko mischen Basilika Sant’Eugenio 29 Nu- und Grazia Zafferani, mit Gefolge; Vecˇerin, bisher Generalvikar dieser Diözese und Der Apostolische Stuhl merarier des Opus Dei zu Priestern ge- – den Apostolischen Nuntius im Sudan und in Pfarrer in Sombor. weiht. Er verlas dabei eine Botschaft des Eritrea, Luís Miguel Muñoz Cárdaba, Titula- Papstes, in der dieser die Neupriester aus rerzbischof von Nasai; Rücktritte Römische Kurie 13 Ländern aufforderte, »durch ihre Ein- – den Botschafter von Kroatien, Neven Pelica- heit mit dem Papst stets dem Wunsch des ric, zu seinem Abschiedsbesuch; Der Papst nahm die folgenden Rücktrittsge- Der Papst ernannte: heiligen Josemaría Escrivá zu entsprechen, – den Botschafter von Haiti, Carl-Henri Gui- suche an: dass alle mit Petrus durch Maria zu Jesus 4. September: teau, zu seinem Abschiedsbesuch; gelangen«. Sie sollten bedenken, wie 2. September: – zum ordentlichen Mitglied der Päpstlichen wichtig es sei, dass »sie gerade in diesen 7. September: – von Erzbischof György-Miklós Jakubínyi Akademie der Sozialwissenschaften: Sr. Helen leidvollen Momenten« geweiht würden, – den Präfekten der Kongregation für den Klerus, von seinem Amt als Apostolischer Adminis- Alford OP, Vize-Rektorin der Päpstlichen Uni- in denen Christus durch ihren Dienst mit Kardinal ; trator »ad nutum Sanctae Sedis« des Ordinariats versität »Heiliger Thomas von Aquin« in Rom. seiner Barmherzigkeit gegenwärtig wer- den wolle, so Papst Franziskus. Audienz für die Teilnehmer an der Initiative »We run together« Wunden heilen und Brücken bauen Grußworte von Papst Franziskus am 5. September

Liebe Sportlerinnen und Freundschaft aufbauen kann. Das L’OSSERVATORE ROMANO Sportler, guten Tag, ist vor allem für die Jüngeren eine Wochenausgabe in deutscher Sprache 50. Jahrgang noch einmal! deutliche Botschaft. Und wahrer Herausgeber: Apostolischer Stuhl Gemeinsam haben wir am ver- Sport hat immer diese Dimension Verantwortlicher Direktor: Andrea Monda Giuseppe Fiorentino gangenen 20. Mai die solidarische des Amateurhaften, der Amateur… Vizedirektor: Sportinitiative »We run together« ge- Der Sport ist unentgeltlich. Kardinal startet, als Unterstützung und Dank [Ravasi] hat das Wort »Unentgelt- Redaktion I-00120 Vatikanstadt; für zwei Einrichtungen, die bei der lichkeit« gebraucht. Das ist das We- Tel.: 00 39/06 69 89 94 30; Hilfe für die am Coronavirus Er- sen des Amateursports. Internet: http://www.vatican.va; E-Mail: [email protected] krankten an vorderster Front stan- Ich freue mich, dass ihr von »Ath- Bilder: Foto-Service und Archiv O.R. den und stehen: das Krankenhaus letica Vaticana« diese Art und Weise, Tel.: 00 39/06 69 88 47 97; E-Mail: [email protected] Johannes XXIII. in Bergamo und die den Sport zu leben, voranbringt. Verlag: Schwabenverlag AG; Vorstand: Ulrich Peters »Fondazione Poliambulanza« in Bre- Macht weiter so! Und ich hoffe, dass Vertrieb: Annika Wedde; Anzeigen: Angela Rössel Postfach 42 80; D-73745 Ostfildern; scia. Heute sind Vertreter des Perso- ihr, sobald es möglich ist, das Mee- Tel.: (07 11) 44 06-0; Fax: (07 11) 44 06 138; nals hier anwesend. Willkommen! ting abhalten könnt, das im vergan- Internet: http://www.schwabenverlag.de; E-Mail: [email protected] Durch euch grüße ich auch all eure genen Frühjahr vorgesehen war, in Druck: Pressehaus Stuttgart Druck GmbH Kollegen in Italien und in der Zusammenarbeit mit der »Guardia di Plieninger Straße 150, D-70567 Stuttgart; Jahresabonnement: Deutschland e 98,50; Schweiz ganzen Welt, die aufopferungsvoll Finanza«, dem »Vorhof der Heiden« sFr. 135,–; restl. Europa e 102,50; Übersee e 129,50. den Kranken zur Seite stehen. Gott und »Fidal Lazio«. Unterdessen freue ISSN 0179-7387 Die Delegation der inklusiven Sportinitiative bestand aus Sportlern mit und Folgende Bankverbindungen gelten für die Kunden in vergelte euch euren Einsatz! ohne Behinderung. Der Gesamterlös von 100.000 Euro soll dem Personal ich mich, in einem neuen Buch der Deutschland, Österreich und der Schweiz: Und heute möchte ich auch den Vatikanischen Verlagsbuchhand- Deutschland: Liga Bank Regensburg; BIC: GENODEF1M05; zweier lombardischer Krankenhäuser in Brescia und Bergamo zugutekom- IBAN: DE53750903000006486142; vielen Sportlern aus verschiedenen men, die besonders von der Corona-Pandemie betroffen waren. lung einige meiner Beiträge zum Österreich: BAWAG P.S.K.; BIC: OPSKATWW; IBAN: AT476 Ländern danken, die für die ge- Thema Sport anzubieten. 000000007576654 Schweiz: PostFinance AG; BIC: POFICHBEXXX; IBAN: meinnützige Versteigerung unter- des eigenen Hauses zu öffnen be- ons, die eine Behinderung haben, Ich danke euch allen für das, was CH2809000000800470123 schiedliche Sportartikel gestiftet ha- deutet, das eigene Herz zu öffnen. einander auf derselben Ebene ihr tut, und auch für diese Begeg- Abonnementgebühren sind erst nach Rechnungserhalt zahl- bar. Abbestellungen können nur schriftlich mit einer Frist ben. Ich habe mich auch gefreut zu Es ist ein Zeichen [um zu sagen]: der menschlichen und sportlichen nung. Mit der Hilfe Gottes »we run von 6 Wochen zum Bezugsjahresende entgegengenommen hören, dass einige Sportler die »Ich öffne dir das Herz.« Würde begegnen und so dem Sport together«, laufen wir gemeinsam für werden. Bei Anschriftenänderung unserer Leser ist die Post berechtigt, diese an den Verlag weiterzuleiten. Zur Zeit ist die Türen ihrer Häuser für die Freude ei- Denn die Initaitive »We run to- Ehre machen. Einem inklusiven, die Brüderlichkeit und die Men- Anzeigenpreisliste Nr. 29 vom 1. Januar 2019 gültig. Für un- ner persönlichen Begegnung geöff- gether« hat bewirkt, dass berühmte brüderlichen Sport, der auch Wun- schenwürde. Danke! verlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Ge- währ übernommen. net haben. Das ist wichtig: Die Tür Spitzensportler und andere Champi- den heilen, Brücken bauen, soziale (Orig. ital. in O.R. 6.9.2020) 11. September 2020 / Nummer 38 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Kultur 5

Vor 50 Jahren schaffte Paul VI. mit Ausnahme der Schweizergarde alle Päpstlichen Garden ab »Abrüstung« im Vatikan

Von Ulrich Nersinger

er im Jahre 1970 einen Blick auf den Vatikanstaat warf, stellte mit WErstaunen fest, dass der kleinste Staat der Erde über die weltweit größte »Militär- macht« verfügte. Vier päpstliche bewaffnete Korps, die soge- nannten »Corpi armati Pontifici«, standen damals unter der Fahne des Papstes. Ihre Truppenstärke beeindruckte; sie überragte die Zahl der Staats- bürger und Bewohner des Kleinstaates. Doch die »Armee« des Vatikans stellte für die übrige Welt keinerlei Bedrohung dar; sie besaß weder Panzer Seit mehr als 500 Jahren steht die und Raketen noch Bomberstaffeln und Kriegs- Schweizergarde im Dienste der Päpste und schiffe. Es waren die Palastgarden des Heiligen wacht über den Vatikan (oben); Vaters, die im Vatikan mit traditioneller Bewaff- Soldaten der Nobel- und der Schweizergarde nung – Degen, Hellebarde, Pistole und Karabiner eskortieren den heiligen Papst Johannes XXIII. – anzutreffen waren: die Päpstliche Nobelgarde, (1958-63) bei einer Prozession (links oben); die Schweizergarde, die Päpstliche Palatingarde Am 14. Juli 1816 war das Korps der »Carabi- und eine Gendarmerietruppe. nieri Pontifici« geschaffen worden. Ihm war »die Historisches Foto aus dem Jahr 1933 Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, die von einem Päpstlichen Gendarmen und Die Garden Durchführung der Gesetze und die ständige einem italienischen Carabiniere (links unten). des Papstes Überwachung des Staates« anvertraut, wie es im Artikel 2 seines Reglements hieß. An kriegeri- Die 1801 gegründete Päpstliche Nobelgarde schen Auseinandersetzungen nahm es als Trup- »Ehrengarde des Papstes«) und die Palatingarde bestand als ranghöchste Leibwache des Heiligen penverband des päpstlichen Heeres teil. Mit ei- aufzulösen. Die Gendarmerie sei in eine zivile Vaters aus Aristokraten, die sich »zum unmittel- nem Dekret vom 12. Juli 1851 erhielten die Polizei-Einheit umzuwandeln; einzig die altehr- baren Schutz der sakralen Person des Papstes« Carabinieri die Bezeichnung »Gendarmen«. Nach würdige Schweizergarde dürfe als bewaffnetes (Reglement von 1963, Art. 1). zusammengefun- dem Ende des alten Kirchenstaates (20. Septem- Korps des Heiligen Stuhles weiter bestehen blei- den hatten. Ihre Sollstärke betrug 70 Mann, die ber 1870) bestand eine Kompanie der Gendarme- ben. Die Musikkapelle der Palatingarde wurde in bei ihrem Eintritt in das Korps alle einen Adels- rie zum Schutz des Vatikans fort. Neben der Ver- der Folge umgewandelt in die »Banda Musicale nachweis zu erbringen hatten. Nobelgardisten pflichtung, Polizeidienste zu leisten, behielt die della Città del Vaticano« und versieht bis heute versahen ihren Dienst in den Vorzimmern der Gendarmerie auch im 1929 gegründeten Vati- ihren Dienst bei Staatsbesuchen und bedeuten- päpstlichen Gemächer. Litt der Papst an einer kanstaat ihre alte paramilitärische Aufgabe bei, den religiösen Anlässen. schweren Krankheit, übernahm eine Wache den das dem Papst anvertraute Territorium zu sichern In seinem Schreiben begründete Paul VI. ständigen Schutz des Krankenzimmers; verstarb und zu verteidigen. In den Vorzimmern der seine Entscheidung und bezog sich dabei aus- der Heilige Vater, wichen die Nobelgardisten bis päpstlichen Gemächer nahmen die Gendarmen drücklich auf das II. Vatikanische Konzil, nach zur Beisetzung des Papstes nicht mehr von des- Wachposten ein. Zu Besuchen ausländischer dessen Lehre auch die Umgebung des Nachfol- sen Leichnam. Verließ der Papst seine Gemächer, Staatsgäste wurde eine Abteilung des Korps ab- gers des heiligen Petrus »den religiösen Charakter stellten sie ihm eine Eskorte. Bei offiziellen Zere- kommandiert, um im Damasushof des Apostoli- seiner Mission, immer inspiriert von einer evan- monien nahmen Gardisten beim Thron des Paps- Gemächer. Wenn der Papst anlässlich seiner schen Palastes mit der Gardefahne Aufstellung zu gelischen Einfachheit«, wiederzugeben habe. tes ihren Platz ein; Mitglieder des Korps eskortier- Wahl oder zu Ostern und Weihnachten den Se- nehmen und den Besuchern die militärischen Eh- »Unsere in der Vergangenheit hoch verdienten ten bei diesen Gelegenheiten den Tragsessel des gen »Urbi et orbi« erteilt, erweist eine Abteilung, ren zu erweisen. Während der Sedisvakanz des Militärkorps sind daher nicht mehr zeitgemäß für Heiligen Vaters. Während der Sedisvakanz des die auf dem Petersplatz Aufstellung genommen Apostolischen Stuhles stand das Korps für die einen Dienst am Heiligen Stuhl, weil die Notwen- Apostolischen Stuhles wurde der Nobelgarde der hat, dem Pontifex die militärischen Ehren. Auf Aufgaben zur Verfügung, die mit dem Schutz des digkeiten entfallen sind, für die sie damals errich- Schutz der Kardinäle anvertraut; sie geleiteten die seinen Auslandsreisen wird der Papst von An- Konklaves zusammenhingen. tet wurden«, erklärte sich der Papst. Kardinal Papstwähler ins Konklave. Nobelgardisten wur- gehörigen der Schweizergarde begleitet, die ihren Villot informierte am darauffolgenden Tag die den zudem häufig zu Mitgliedern außerordentli- Dienst bei diesen Anlässen in Zivilkleidung aus- Neue Entwicklungen Gardekommandanten über den Entscheid des cher päpstlicher Gesandtschaften ernannt. üben. Während der Sedisvakanz des Apostoli- in einer neuen Zeit Papstes. Der Heilige Vater vergaß jedoch nicht, Die Schweizergarde war die zweite Leibwa- schen Stuhls ist der Schutz des Konklaves der auf die außergewöhnlichen Dienste hinzuwei- che des Papstes. 1505 hatte sich Julius II. ent- Schweizergarde übertragen. 1964 hatte Papst Paul VI. gegenüber den Pa- sen, die ihm und seinen Vorgängern seitens der schlossen, Söldner aus der Schweiz »für den Im Dezember des Jahres 1850 war die Päpst- triziern und dem Adel der Ewigen Stadt hervor- Garden erwiesen worden waren. Schutz Unseres Palastes« anzuwerben. Am liche Palatingarde ins Leben gerufen worden. gehoben, dass sich der geistliche Dienst des 22. Januar 1506 trafen 150 Mann in Rom ein und Die Garde setzte sich aus Freiwilligen zusam- Papstamtes von Tag zu Tag auf neue Verhältnisse Akzeptanz legten so den Grundstock für die Schweizergarde men, die in der Stadt Rom geboren sein mussten einzustellen habe und der Heilige Stuhl daher und Fortleben der Päpste. Dem Korps obliegt der Schutz der Per- oder dort ihren ständigen Wohnsitz besaßen. verpflichtet sei, aus wirklichkeitsnaher Sicht un- son des Heiligen Vaters, sei es in seiner Residenz, Das 500 Mann starke Korps verstand sich als ter den überkommenen Institutionen und Ge- Die ehemaligen Mitglieder der Nobelgarde in seiner Begleitung oder bei religiösen und welt- Bürgermiliz. Papst Leo XIII. sah 1878 in ihm »ei- wohnheiten jene auszuwählen, die von beson- fanden sich zu einer Vereinigung zusammen. Sie lichen Feiern. Ferner ist ihm die Bewachung der nen ständigen, waffentragenden Volksentscheid ders hoher Bedeutung seien. Vier Jahre später versprachen die volle Akzeptanz der päpstlichen Eingänge zur Vatikanstadt anvertraut. Bei allen der Ergebenheit und Treue der Römer gegenüber wandelte der Papst den Päpstlichen Hof in das Entscheidung und bekundeten den Willen, im vom Heiligen Vater gewährten Empfängen ist die dem Heiligen Stuhl«. Das Korps leistete Ord- »Päpstliche Haus« um. So gab er an, dass sich ein Band der Treue zum Papst und seinen Nachfol- Garde präsent. Statten Monarchen und Staats- nungs- und Ehrendienste im Apostolischen Pa- sehr ausgeprägtes Empfinden gebildet habe für gern zu bleiben. Die Vereinigung hält regelmäßig oberhäupter dem Papst einen offiziellen Besuch last, bei Pontifikalämtern und feierlichen päpstli- »die Beachtung des Praktischen, Funktions- religiöse Treffen ab und begeht am 20. Januar ei- ab, treten Ehrenformationen an und Gardisten chen Zeremonien. Bei Staatsbesuchen erwies es gemäßen und Sinnentsprechenden, wobei man nes jeden Jahres das Fest ihres Patrons, des heili- mit geschulterter Hellebarde eskortieren den im Damasushof des Apostolischen Palastes den all das hintansetzt, was nur Titel, äußere Aufma- gen Sebastian. Die ehemaligen Gardisten der Pa- Staatsgast auf seinem Weg in die päpstlichen ausländischen Gästen die militärischen Ehren chung und Prunk ist«. latingarde gründeten die in der Vatikanstadt und trat mit seiner In dem Motu Proprio »Pontificalis Domus« ansässige »Associazione SS. Pietro e Paolo«, die Musikkapelle an. Wenn (28. März 1968) gab er bekannt, das es ihm ange- christliches Leben, Apostolat und Treue zum es erforderlich schien, bracht erscheine, das Päpstliche Haus »den Gege- Apostolischen Stuhl durch gemeinsame Aktivitä- konnte es zu besonde- benheiten unserer Zeit anzupassen und auf die ten bezeugen möchte. Die Vereinigung weist ein ren Wach- und Schutz- wirklichen Verhältnisse abzustimmen«. Unter äußerst aktives Vereinsleben auf (www.pietroe- diensten herangezogen anderem bestimmte er: »Die Päpstliche Nobel- paolo.com). werden, so bei der Ab- garde heißt künftig ›Ehrengarde des Papstes‹. Sie Die einstigen Gendarmen des Papstes dienten sicherung eines Konkla- soll von nun an ihre Ehrendienste bei öffentli- mehr als 30 Jahre im Vatikan als »Vigili« (Wach- ves. chen nichtreligiösen feierlichen Zeremonien leis - leute). Am 1. Februar 2002 erhielt die »Vigilanza« ten«. Die Charge des »Esente di Servizio« der No- (Wachkorps) eine neue Bezeichnung und wurde belgarde, die das militärische Zeremoniell im in »Corpo della Gendarmeria dello Stato della Apostolischen Palast regelte, wurde abgeschafft. Città del Vaticano« (Gendarmeriekorps des Staa- Allen Päpstlichen Garden wurden neue Regle- tes der Vatikanstadt) umbenannt. Als Begrün- ments angekündigt. dung für die Namensänderung hieß es, dass in Fronleichnam 1934: In einem Brief vom 14. September 1970 teilte der Benennung des Korps dessen »Natur und ho- eine Abordnung der der Papst seinem Staatssekretär Kardinal Jean Vil- heitliche Aufgaben« deutlich zum Ausdruck kom- Päpstlichen Nobelgarde lot dann jedoch mit, dass er »nach reiflicher Über- men müssen. Wenige Jahre später bekam es eine nimmt auf dem Peters- legung und mit großem Bedauern« zu dem Ent- Uniform, die der der alten Päpstlichen Gendarme- platz Aufstellung. schluss gekommen sei, die Nobelgarde (nunmehr rie in Ansätzen nachempfunden ist. 11. September 2020 / Nummer 38 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 6 Kirche in der Welt

Interview mit der Generaloberin der Armenischen Schwestern von der Unbefleckten Empfängnis Hilfe für die Armen und Ausgegrenzten

Von Francesco Ricupero gehörigkeit, wie nehmen alle ohne Unterschied auf. Unser Hauptziel ist es, jedem unserer Sorge anvertrauten Kind einen Ort anzubieten, an dem ie hat ihr ganzes Leben den Benachtei- es sich zuhause fühlt. Und wo wir uns engagiert ligten, Armen, Ausgegrenzten und den und liebevoll für dessen geistiges, spirituelles, SWaisenkindern gewidmet. Waisenhaus, physisches, emotionales und psychisches Wachs- Altenheim, Berufsschule für arme Kinder: Das tum einsetzen. sind die wichtigsten Initiativen, die Schwester Wir arbeiten nicht nur mit den Kindern, son- Jeannette Arousiag Sajonian leitet. Die General- dern auch mit ihren Familien. Wir bemühen uns, oberin der armenischen Schwestern von der Un- ihnen so viel wie möglich zu helfen, indem wir befleckten Empfängnis hört mit ihren 75 Jahren Nahrung, Kleidung und Schulmaterial zur Verfü- nicht auf, mit großer Entschlossenheit den vielen gung stellen. Dank der Wohltäter und Einzelper- armenischen Brüdern und Schwestern zu helfen, sonen, die unsere Kinder unterstützen, gelingt es die in Armut leben und das Werk der Kirche brau- uns, die Kinder in Gjumri mit allem Nötigen zu chen. »Ich verdanke meine Berufung meiner versorgen, und auch die jungen Universitäts- Mutter und der heiligen Therese von Lisieux, der studentinnen in unserem Zentrum in Jerewan, ›Kleinen Blume‹. Zuerst wollte ich Karmelitin dem »Annie Bezikian Youth Center«, wo wir 18 werden«, erzählt Schwester Jeannette dem Os- Mädchen Unterkunft gewähren. Einige sind Wai- servatore. »Aber meine Freunde haben mich da- sen, andere kommen aus armen Familien, deren von überzeugt, dass ich als Armenierin meinem Eltern es nicht möglich wäre, Lebensunterhalt, Volk dienen sollte. Auch meine Mutter wäre Miete und Universitätsgebühren zu bezahlen. gerne Ordensfrau geworden, aber ihre Eltern ha- Dank der Wohltäter können wir elf Familien ben sie verheiratet, als sie erst 15 Jahre alt war finanziell voll unterstützen, etwa 80 Kernfami- Schwester Jeannette Arousiag Sajonian aus Armenien. und noch zur Schule ging. Ich bin dankbar für die lien erhalten gelegentliche Unterstützung und je- Tatsache, dass sie meinen Vater geheiratet hat. dem, der an unsere Türe klopft, können wir Klei- Sonst würde es mich nicht geben. Auf den Ruf dung geben. Unter den italienischen Wohltätern rer Mädchen eine Hochzeit ermöglicht. Einige ha- Was ist seit Juni 2016 anders geworden, das des Herrn zu antworten war nicht ganz einfach, möchte ich die Vereinigung »Famiglie insieme« ben eine schöne, solide Familie aufgebaut, andere heißt seit Papst Franziskus Armenien besucht weil ich mich als Heranwachsende verliebt hatte. erwähnen, die seit Jahren die Waisen unterstützt, haben sich getrennt und haben sich gemeinsam hat? Aber es ist mir nie gelungen, die innere Stimme und die Vereinigung der Ehrenamtlichen »Mana- mit ihren Kindern unserer Sorge anvertraut. Wir zum Schweigen zu bringen, die mich rief, mein live«, die uns seit einigen Monaten unterstützt müssen feststellen, dass einige dieser Mädchen, Hier bei uns wird dem Heiligen Vater eine Leben dem Herrn zu weihen. Mein damaliger und den Waisen eine Bibliothek mit Lehrmaterial die von klein auf mütterliche Zuneigung entbeh- sehr hohe Achtung entgegengebracht. Etwas Freund ist später Priester geworden und dann Bi- für Fremdsprachenunterricht schenken will. ren mussten, Schwierigkeiten haben, den eige- Wichtiges, das der Papst nach Armenien ge- schof. Ich denke, dass mein Eintritt ins Kloster ein nen Kindern die notwendige Aufmerksamkeit zu bracht hat, war das Bewusstsein für die Präsenz Weg war, damit er seine Berufung findet. Ich Wie schwer ist es für einen Jungen, der aus schenken. der Katholiken in unserem Land. Jemand könnte weihe jeden Tag meines Lebens dem Herrn und Ihrem Waisenhaus kommt, sich erfolgreich in die auf die geringe Zahl hinweisen, aber bei der hei- allen Hilfesuchenden, Großen und Kleinen: Alle Gesellschaft einzugliedern? Trotz Ihrer zahlreichen Verpflichtungen fin- ligen Messe in Gjumri wurde klar, dass es in sind Kinder Gottes.« den Sie Zeit, um auch in den Sommercamps Armenien viele Katholiken gibt. Und sicherlich Zur großen Überraschung des armenischen Dienst zu tun, die ihre Kongregation in Tsagh- haben der Besuch und die mehrstündige Anwe- Wie viele Kinder leben in Ihrem Waisenhaus? Ministeriums für soziale Angelegenheiten waren kadzor abhält, dem »Tal der Blumen«, bei Sewan. senheit des Papstes in unserem Zentrum, das Sind alle katholisch? unsere Jungen aus dem Waisenhaus die ersten, aus Kloster, Waisenhaus, Altenzentrum und Be- die an der medizinischen Universität in Jerewan Abgesehen von diesem Sommer, der von der rufsschule besteht, die Bedeutung unserer Akti- In Gjumri, der Hauptstadt der Provinz Schi- studierten. Heute haben wir drei Zahnchirurgen, Coronakrise überschattet ist, verbringen etwa vität unterstrichen. Der Raum, in dem er zwei rak, kümmern wir uns um 33 Kinder, aber in der einen Pharmazeuten und zwei Opernsänger, und 850 Kinder zwischen 8 und 15 Jahren etwa zwei Stunden ausgeruht hat, ist ein Museum gewor- Vergangenheit waren es doppelt so viele, 66. Zu dazu einige, die einen akademischen Abschluss Wochen in unserem Ferienlager. Sie werden aus den, und eines Tages wird es ein Wallfahrtsort Beginn waren es Kinder, die ihre Eltern durch an der amerikanischen sowie an der französi- den Ärmsten des Landes ausgewählt, gefährdete werden, da bin ich sicher. All unsere Gäste das Erdbeben verloren und keine Familie mehr schen Universität Armeniens erworben haben, Jugendliche aus Waisenhäusern oder besonders möchten »das Papstzimmer« sehen. Auf alle hatten. Heute haben wir leider vor allem Kinder, außerdem an den Fakultäten für Sprachwissen- notleidenden Familien. Das ist möglich dank der Fälle hat sich die Mentalität der Gesellschaft ge- die von ihren Vätern und manchmal auch von schaft und für Pädagogik der staatlichen Univer- Arbeit von freiwilligen Helfern aus der ganzen genüber den Waisen und verlassenen Kindern ihren Müttern im Stich gelassen wurden. Bei sität Jerewan. Gewöhnlich blicken die Leute Welt. Aber wir kümmern uns nicht nur um junge geändert. Wir sind nach dem Erdbeben von etwa der Hälfte der Kinder, die derzeit im Heim wohlwollend auf die jungen Menschen aus un- Menschen. Als Armenische Schwestern von der 1988 in Armenien angekommen und uns ist sind, leben die Eltern noch, aber viele kennen sie serem Waisenhaus, weil sie an unsere Arbeit Unbefleckten Empfängnis bieten wir auch Tages- klar geworden, dass die Gesellschaft alleingelas- nicht. Fast alle unsere kleinen Gäste leben ganz glauben. Dennoch werden Waisen in Armenien betreuung für einsame und von ihren Familien im sene Kinder ausgrenzt. Wir haben ihnen eine bei uns, mit Ausnahme von zwei, drei Kindern, trotz ihrer Begabung immer noch von oben herab Stich gelassene alte Menschen an. Wir holen sie Ausbildung gegeben. die abends nach Hause gehen. In unserem Wai- betrachtet, als Kinder, die von ihren Eltern im zu Hause ab und bringen sie in unser Zentrum, Als unser erstes Waisenkind, ein Mädchen, senhaus fragen wir nie nach der Religionszu- Stich gelassen wurden. Wir haben über 18 unse- wo sie gemeinsam essen, beten und spielen. an die Universität gegangen ist, haben sich viele gefragt, wie das möglich war. Ich habe ihnen ge- sagt: Wenn ihr diesen Kindern so helft, wie sie es brauchen, dann können sie alles erreichen. Zum 18. Oktober: Eine Million Kinder beten den Rosenkranz Beispiel: Um die Jugendlichen spüren zu lassen, dass sie wichtig sind, entstand 2005 ein Mäd- chenchor, zu dessen Repertoire heute Komposi- Weltweite Gebetsaktion von »Kirche in Not« tionen berühmter armenischer und internationa- ler Komponisten gehören. Nicht alle unserer Wai- Am Sonntag, 18. Oktober, lädt beeindruckend zu sehen, wie sich senkinder können die Universität besuchen, das weltweite päpstliche Hilfs- unsere Gebetsaktion um den denn es kommen auch Jungen und Mädchen zu werk »Kirche in Not« wieder zur ganzen Globus verbreitet. Sie ist uns, die bis zum Alter von zwölf, dreizehn Jahren Gebetsaktion »Eine Million Kinder wirklich zu einer weltkirchlichen nie in die Schule gegangen sind. Für sie haben beten den Rosenkranz« ein. Für Gebetsaktion geworden, die nicht wir aber eine Berufsschule eingerichtet, damit sie das Gebet in Pfarrgemeinden, Kin- nur die Herzen der Kinder, son- ein Handwerk erlernen können: Bei uns können dergruppen oder Familien stellt dern auch der Erwachsenen be- sie Kochkunst oder Kellnern lernen oder wie sie »Kirche in Not« ein kostenloses wegt.« Barkeeper oder Manager in einem Hotel werden, Faltblatt zur Verfügung. Es enthält Die Gestaltung variiert dabei: sie können als Computertechniker, Elektriker eine Anleitung zum Rosenkranz- Einige Teilnehmer beten den ge- oder Installateure ausgebildet werden und dann gebet, kindgerechte Betrachtun- samten Rosenkranz, einige nur ei- arbeiten. gen zum Freudenreichen Rosen- nen Teil. Andere verbinden das kranz sowie eine Kinderweihe an Gebet mit einer Katechese zum Was braucht Armenien? die Gottesmutter. Auch Plakate Rosenkranzgebet, kurzen Lesun- zur Gebetsaktion sind erhältlich. gen und kindgerechten Liedern. Kinder aus Malawi bei der Gebetsaktion 2019. Hier gibt es sehr viel, das sich ändern muss. »Das Gebet um Einheit und Andere laden Kinder neben dem Es ist eine Nation, die leidet, nicht nur aufgrund Frieden ist zu jeder Zeit aktuell, Gebet zum Malen der Rosen- Aktion ist ein Ausspruch des heili- »Kirche in Not«. Lorenzonistraße des Erbes, das 70 Jahre Kommunismus hinterlas- während der existenziell spürba- kranzgeheimnisse ein. gen Pater Pio von Pietrelcina: 62, 81545 München, Tel. 089- sen haben, sondern auch wegen der Armut. Be- ren Corona-Pandemie und ihrer Die Kinder-Rosenkranz-Aktion »Wenn eine Million Kinder den Ro- 6424888-0 oder unter: https:// sonders in unserer Provinz Gjumri gibt es keine Auswirkungen ganz besonders«, ist 2005 in Venezuela entstanden, senkranz beten, wird die Welt sich www.kirche-in-not.de/shop/ Arbeit, und aus diesem Grund verlassen die Men- erklärte Florian Ripka, Geschäfts- seither hat sie sich in der ganzen verändern.« Gebetsanregung und kategorie/eine-million-kinder-be- schen, sehr viele junge Menschen, Armenien, führer von »Kirche in Not«. »Es ist Welt verbreitet. Leitgedanke der Plakat sind kostenlos erhältlich bei ten-den-rosenkranz/ um in Russland oder Westeuropa Arbeit zu fin- den. (Orig. ital. in O.R. 13.8.2020) 11. September 2020 / Nummer 38 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan 7

Botschaft von Papst Franziskus zum Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung am 1. September Schöpfung als gemeinsames Erbe

dabei die Ökosysteme zerstört werden, die wir zum Leben brauchen. Die aktuelle Pandemie hat in mancher Hin- sicht dazu geführt, dass wir einfachere und nach- haltigere Lebensstile wieder neu entdecken. Die Krise hat uns in einem gewissen Sinn die Mög- lichkeit gegeben, neue Lebensweisen zu ent- wickeln. Man hat gesehen, wie sich die Erde er- »Erklärt dieses fünfzigste Jahr für heilig holen kann, wenn wir sie zur Ruhe kommen und ruft Freiheit für alle Bewohner des Landes lassen. Die Luft ist sauberer geworden, das Was- aus! Es gelte euch als Jubeljahr« (Lev 25,10) ser klarer, Tierarten sind an viele Orte zurückge- kehrt, von denen sie verschwunden waren. Die Liebe Brüder und Schwestern, Pandemie hat uns an einen Scheideweg geführt. jedes Jahr, insbesondere seit der Veröffentli- Wir müssen diesen entscheidenden Moment chung der Enzyklika Laudato si’ (Ls, 24. Mai nutzen, um überflüssige und zerstörerische Akti- 2015), begeht die Familie der Christen am 1. Sep- vitäten und Ziele aufzugeben und Tugenden, Be- tember den Weltgebetstag für die Bewahrung der ziehungen und schöpferische Initiativen zu pfle- Schöpfung, an den sich eine »Zeit für die Schöp- gen. Wir müssen unsere Gewohnheiten in fung« anschließt, die am 4. Oktober, dem Ge- Sachen Energieverbrauch, Konsum, Transport denktag des heiligen Franziskus, endet. In dieser und Ernährung auf den Prüfstand stellen. Wir Zeit erneuern Christen auf der ganzen Welt ihren müssen unsere Volkswirtschaften von ihren Glauben an Gott, den Schöpfer, und vereinen nicht notwendigen und schädlichen Aspekten sich auf besondere Weise im Gebet und im Han- Der Papst hat die Menschheit angesichts der Corona-Krise zu einem Leben in »ursprünglicher Harmo- befreien und für den Handel, die Produktion und deln für die Bewahrung des gemeinsamen Hau- nie« mit der Schöpfung aufgerufen. Der heutige menschliche Lebensstil bringe die Erde an ihre Gren- den Transport von Waren ertragreiche Möglich- ses. zen, warnt Franziskus in seiner Botschaft zum Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung, die keiten entwickeln. Ich freue mich, dass die ökumenische Familie am 1. September veröffentlicht wurde. als Motto der Zeit für die Schöpfung 2020 »Jubel- 4. Eine Zeit der Wiederherstellung jahr für die Erde« gewählt hat, befinden wir und unsere Beziehungen zur Natur nicht zu tren- verschiedenen Formen moderner Sklaverei wie uns doch in dem Jahr, in dem der Earth Day zum nen ist von der Brüderlichkeit, der Gerechtigkeit Menschenhandel und Kinderarbeit gefangen Das Jubeljahr dient auch der Wiederherstel- 50. Mal begangen wird. und der Treue gegenüber den anderen« (Ls 70). sind. lung der ursprünglichen Harmonie der Schöp- In der Heiligen Schrift ist ein Jubeljahr eine Außerdem müssen wir dazu zurückkehren, fung und der Heilung zerrütteter menschlicher heilige Zeit des Erinnerns, der Umkehr, des Ru- 2. Eine Zeit der Umkehr wieder auf die Erde zu hören, die in der Heiligen Beziehungen. hens, der Wiederherstellung und der Freude. Schrift als adamah bezeichnet wird, als der Bo- Es lädt dazu ein, wieder gerechte soziale Be- Das Jubeljahr ist eine Zeit der Umkehr und des den, aus dem der Mensch, Adam, geformt wurde. ziehungen zu schaffen, einem jeden seine Frei- 1. Eine Zeit des Erinnerns In-sich-Gehens. Wir haben die Bande gebrochen, Heute mahnt uns die beunruhigte Stimme der heit und sein Eigentum zurückzugeben und ein- die uns mit dem Schöpfer, mit anderen Men- Schöpfung, an den uns eigentlich zukommenden ander die Schulden zu erlassen. Wir dürfen Wir sind eingeladen, uns vor allem daran zu schen und mit der übrigen Schöpfung verbunden Platz in der natürlichen Ordnung zurückzukeh- nämlich die Geschichte der Ausbeutung der Süd- erinnern, dass es die endgültige Bestimmung der haben. Diese beschädigten Beziehungen bedür- ren und uns daran zu erinnern, dass wir ein Teil hemisphäre nicht außer Acht lassen, die enorme Schöpfung ist, in den »ewigen Sabbat« Gottes ein- fen der Heilung, denn sie sind entscheidend für und nicht etwa die Herren des großen Lebenszu- ökologische Schulden verursacht hat, vor allem zugehen. Es ist eine Reise in der Zeit, die sich im das eigene Bestehen und den Erhalt des gesam- sammenhanges sind. Die Zerstörung der biologi- durch den Raubbau von Ressourcen und die ex- Rhythmus der sieben Wochentage, des Sieben- ten Lebensgefüges. schen Vielfalt, die schwindelerregende Zunahme zessive Müllentsorgung in einer Umwelt, die al- Jahres-Zyklus und des großen Jubeljahres voll- Das Jubeljahr ist eine Zeit der Rückkehr zu von Klimakatastrophen, die ungleich schwerwie- len gehört. Es ist Zeit für eine Gerechtigkeit im zieht, das am Ende von sieben Sabbatjahren, sie- Gott, unserem liebenden Schöpfer. Man kann genderen Auswirkungen der aktuellen Pandemie Sinne einer Wiedergutmachung. In diesem Zu- benmal sieben Jahren (vgl. Lev 25,8), steht. nicht in Harmonie mit der Schöpfung leben, ohne auf die Ärmsten und Schwächsten sind Alarm- sammenhang erneuere ich meinen Appell, den Das Jubeljahr ist auch eine Zeit der Gnade dass man in Frieden ist mit dem Schöpfer, dem glocken, die angesichts der ungezügelten Kon- schwächsten Ländern angesichts der schwerwie- zum Gedenken an die ursprüngliche Berufung Ursprung und der Quelle alles Seienden. So sumgier schrillen. genden Auswirkungen der gesundheitlichen, so- der Schöpfung, die eine Gemeinschaft der Liebe merkte Papst Benedikt XVI. einmal an: »Der bru- Hören wir besonders jetzt, in dieser »Zeit für zialen und wirtschaftlichen Krisen, denen sie als sein und als solche weiter gedeihen soll. Wir exis - tale Verbrauch der Schöpfung setzt dort ein, wo die Schöpfung«, auf ihren »Puls«. Sie wurde ins Da- Folge von Covid-19 ausgesetzt sind, ihre Schul- tieren immer in Beziehungen: zu Gott, dem es keinen Gott gibt, wo Materie nur noch Mate- sein gerufen, um die Herrlichkeit Gottes zu offen- den zu erlassen. Es muss auch sichergestellt sein, Schöpfer, zu unseren Brüdern und Schwestern rial ist für uns, wo wir selbst die letzten Instanzen baren und mitzuteilen, um uns zu helfen, in ihrer dass die Maßnahmen zur Förderung des Wieder- als den Mitgliedern einer einzigen Familie und zu sind, wo das Ganze uns einfach gehört« (Begeg- Schönheit den Herrn alles Seienden zu finden und aufschwungs, die auf globaler, regionaler und na- allen Geschöpfen, die mit uns dasselbe Haus be- nung mit dem Klerus der Diözese Bozen-Brixen, zu ihm zurückzukehren (vgl. Bonaventura, In II tionaler Ebene entwickelt und umgesetzt wer- wohnen. »Alles ist aufeinander bezogen, und alle 6. August 2008). Sent., I,2,2, q. 1, concl; Brevil., I I,5.11). Die Erde, aus den, tatsächlich wirksam sind, wobei Politik, Menschen sind als Brüder und Schwestern ge- Das Jubeljahr lädt uns ein, wieder neu an die der wir genommen sind, ist daher ein Ort des Ge- Gesetzgebung und Investitionen auf das Gemein- meinsam auf einer wunderbaren Pilgerschaft, Anderen zu denken, insbesondere an die Armen betes und der Meditation: »Erwecken wir den wohl ausgerichtet sein und sicherstellen müssen, miteinander verflochten durch die Liebe, die Gott und an die am meisten Verwundbaren. Wir sind ästhetischen und kontemplativen Sinn neu, den dass dabei globale soziale und ökologische Ziele für jedes seiner Geschöpfe hegt und die uns auch aufgerufen, Gottes ursprünglichen und liebevol- Gott in uns gelegt hat« (Apostolisches Schreiben verfolgt werden. in zärtlicher Liebe mit Bruder Sonne, Schwester len Plan für die Schöpfung als gemeinsames Erbe Querida Amazonia, 56). Die Fähigkeit zum Stau- Ebenso notwendig ist es, die Schäden zu be- Mond, Bruder Fluss und Mutter Erde vereint« neu anzunehmen, als ein Festmahl, das mit allen nen und zur Kontemplation können wir vor allem heben, die die Erde erlitten hat. Die Wiederher- (Ls 92). Brüdern und Schwestern in einer Gesinnung von unseren indigenen Brüdern und Schwestern stellung eines ausgewogenen Klimas ist äußerst Das Jubeljahr ist also eine Zeit des Gedenkens, von Tischgemeinschaft zu teilen ist; nicht in un- lernen, die in Einklang mit der Erde und ihren viel- wichtig, da wir uns bereits mitten in einer Notsi- in der die Erinnerung an unsere interrelationale geordnetem Wettstreit, sondern in freudiger Ge- fältigen Lebensformen leben. tuation befinden. Die Zeit läuft uns davon, wie Existenz bewahrt wird. Wir müssen uns bestän- meinschaft, in der man einander unterstützt und uns unsere Kinder und Jugendlichen in Erinne- dig erinnern, dass »alles aufeinander bezogen ist beschützt. Das Jubeljahr ist eine Zeit zur Befrei- 3. Eine Zeit des Ruhens rung rufen. Es muss alles getan werden, um den und dass die echte Sorge für unser eigenes Leben ung der Unterdrückten und all jener, die in den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur In seiner Weisheit hielt Gott den Sabbat frei, unter einer Schwelle von 1,5°C zu halten, wie es um der Erde und ihren Bewohnern zu ermögli- das Pariser Übereinkommen zum Klimaschutz chen, sich auszuruhen und neue Kraft zu schöp- vorsieht. Eine Überschreitung dieses Wertes fen. Heute jedoch bringt unser Lebensstil den könnte insbesondere für die Ärmsten auf der Planeten hart an seine Grenzen. Der ständige ganzen Welt katastrophale Auswirkungen ha- Wachstumsdruck und der unaufhörliche Kreis- ben. Zu diesem kritischen Zeitpunkt ist es not- lauf von Produktion und Konsum erschöpfen die wendig, die Solidarität zwischen den Generatio- Umwelt. Die Wälder sterben, die Böden erodie- nen und innerhalb der Generationen zu fördern. ren, die Felder verschwinden, die Wüsten breiten In Vorbereitung auf den wichtigen Klimagipfel in sich immer weiter aus, die Meere versauern und Glasgow, im Vereinigten Königreich (COP 26), die Stürme werden immer intensiver: die Schöp- lade ich alle Länder ein, ehrgeizigere nationale fung stöhnt! Ziele zur Reduzierung der Emissionen zu verab- Während des Jubeljahres war das Volk Gottes schieden. eingeladen, sich von den gewohnten Tätigkeiten Die Wiederherstellung der Biodiversität ist auszuruhen. Der Boden konnte sich durch den auch vor dem Hintergrund des beispiellosen Ar- Rückgang des üblichen Konsums regenerieren tensterbens und der Verschlechterung der Öko- und die Dinge kamen wieder in Ordnung. Heute systeme von entscheidender Bedeutung. Es ist ist es notwendig, zu einer angemessenen und notwendig, den Appell der Vereinten Nationen nachhaltigen Lebensweise zu finden, die der zu unterstützen, bis 2030 30% der Erde als ge- Erde wieder die Erholung zuteilwerden lässt, die schützten Lebensraum zu bewahren, um das sie braucht, und nach Wegen zu suchen, wie alle Klimakatastrophen plagen zunehmend die ärmsten und schwächsten Länder der Erde. ausreichend ernährt werden können, ohne dass Fortsetzung auf Seite 8 11. September 2020 / Nummer 38 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 8 Aus dem Vatikan

Audienz für eine Expertengruppe zum Thema der Enzyklika »Laudato si’« Ökologische Umkehr

Vorbereitete Ansprache von Papst Franziskus am 3. September

Exzellenz, forderungen antworten kann, die wir in Angriff sehr geehrte Damen und Herren! zu nehmen haben. Ich freue mich, Sie zu empfangen, und heiße Im Hinblick auf eine solche ökologische Sie herzlich in Rom willkommen. Ich danke Erz- Umkehr möchte ich mit Ihnen einige Gedanken bischof de Moulins-Beaufort für die Initiative zu austauschen über die Art und Weise, wie Glau- dieser Begegnung. Sie findet im Anschluss an die bensüberzeugungen den Christen eine starke Reflexionen statt, die die Französische Bischofs- Motivation für den Naturschutz bieten wie auch konferenz der Enzyklika Laudato si’ gewidmet für den Schutz der schwächeren Brüder und hat und bei denen auch eine Reihe von Experten Schwestern, denn ich bin überzeugt, dass Wis- beteiligt war, die sich für das Anliegen der Ökolo- senschaft und Glaube, die sich von unterschiedli- gie einsetzen. chen Ansätzen aus der Realität nähern, einen in- tensiven und produktiven Dialog entwickeln Der Papst sieht Fortschritte im weltweiten ökologischen Denken und Handeln. Dieses beginne, auch Bewahrung des können (vgl. Enzyklika Laudato si’, 62). das politische und wirtschaftliche Handeln zunehmend zu beeinflussen, sagte er bei einer Begegnung gemeinsamen Hauses Die Bibel lehrt uns, dass die Welt nicht aus mit einer französischen Delegation im Vatikan. Dieser gehörten unter anderem die Schauspielerin Ju- dem Chaos oder aus Zufall entstanden ist, son- liette Binoche, der Umweltaktivist Pablo Servigne und der Vorsitzende der Französischen Bischofskon- Wir sind Teil einer einzigen Menschheitsfami- dern aus einer Entscheidung Gottes, der sie aus ferenz, Erzbischof Eric de Moulins-Beaufort von Reims, an. Gleichwohl bleibe noch viel zu tun, mahnte lie und berufen, in einem gemeinsamen Haus zu Liebe ins Dasein gerufen hat und fortwährend ins Franziskus. Die aus 13 Personen bestehende Delegation, der Theologen, Ordensleute, Fachjuristen leben, dessen besorgniserregenden Verfall wir Dasein ruft. Das Universum ist schön und gut, und Journalisten angehörten, war in den Vatikan gekommen, um mit dem Papst über Fragestellungen gemeinsam feststellen müssen. Die gesundheitli- und seine Betrachtung erlaubt uns, die unendli- seiner Sozial- und Umwelt-Enzyklika »Laudato si’« zu sprechen. Zwar könne die Kirche keine fertigen che Krisensituation, die die Menschheit derzeit che Schönheit und Güte ihres Urhebers zu erah- Antworten anbieten, sie wolle aber die Gewissen für eine ökologische Umkehr formen, betonte Fran- durchmacht, erinnert uns an unsere Verletzlich- nen. Jedes Geschöpf, auch das kurzlebigste, ist ziskus in nebenstehender Ansprache, die er der Expertengruppe in schriftlicher Form überreichte. keit. Wir merken, wie sehr wir miteinander ver- Gegenstand der Zärtlichkeit des Vaters, der ihm bunden sind, eingebunden in eine Welt, deren einen Platz in der Welt zuweist. der Mensch ist sich selbst von Gott geschenkt keine neue Beziehung zur Schöpfung geben ohne Zukunft wir teilen, und wir verstehen, dass deren Der Christ kann nicht anders, als das Werk zu worden; darum muss er die natürliche und mora- einen neuen Menschen. Nur wenn das Herz des Misshandlung gravierende Folgen hat, nicht nur respektieren, das der Vater ihm anvertraut hat als lische Struktur, mit der er ausgestattet wurde, re- Menschen geheilt wird, kann man hoffen, die im Bereich der Umwelt, sondern auch gesell- Garten, den er seinem Potential entsprechend be- spektieren« (Enzyklika Centesimus annus, 38). Welt von ihrer Unordnung im Bereich von Gesell- schaftlich und menschlich. bauen, hüten und wachsen lassen soll. Wenn der Also ist alles miteinander verbunden. Gleichgül- schaft und Umwelt zu heilen. Es ist eine erfreuliche Tatsache, dass die Be- Mensch auch das Recht hat, die Natur für seine tigkeit, Egoismus, Gier, Stolz, der Anspruch, Herr Liebe Freunde, ich möchte Sie erneut ermuti- wusstwerdung von der Dringlichkeit der Situa- Zwecke zu nutzen, so darf er sich doch in keinster und Beherrscher der Welt zu sein, sind es, die die gen im Hinblick auf Ihre Anstrengungen zum tion ein wenig überall zu spüren ist und dass das Weise als deren Eigentümer oder willkürlicher Menschen zum einen verleiten, die Arten zu zer- Schutz der Umwelt. Während die Lage des Plane- Thema der Ökologie die Denkweisen auf allen Beherrscher verstehen, sondern er muss sich als stören und die natürlichen Ressourcen zu plün- ten sich als katastrophal erweisen mag und ge- Ebenen immer mehr prägt und beginnt, einen ihr Verwalter betrachten, der über seine Verwal- dern, und zum anderen, das Elend auszunutzen, wisse Situation sogar unumkehrbar zu sein schei- Einfluss auf die politischen und wirtschaftlichen tung Rechenschaft ablegen wird müssen. Die die Arbeit von Frauen und Kindern zu missbrau- nen, verlieren wir Christen jedoch nicht die Entscheidungen zu haben, auch wenn noch sehr Menschen sind aufgerufen, in diesem Garten, chen, die Gesetze der Familie umzustürzen, das Hoffnung, weil wir den Blick auf Jesus Christus viel zu tun bleibt und wir eine zu große Langsam- den Gott uns schenkt, in Harmonie, Gerechtig- Recht des Menschen auf Leben von der Empfäng- richten. Er ist Gott, der Schöpfer in Person, der ge- keit und sogar Rückschritte beobachten können. keit, Frieden und Brüderlichkeit zu leben, dem nis bis zum natürlichen Ende nicht mehr zu ach- kommen ist, seine Schöpfung zu besuchen und Die katholische Kirche möchte ihrerseits voll und von Jesus aufgezeigten Ideal des Evangeliums ten. mitten unter uns zu leben (vgl. Ls 96-100). Er ist ganz am Einsatz für die Bewahrung des gemein- (vgl. Ls 82). Und wenn die Natur einzig als Ge- gekommen, um uns zu heilen und uns die verlo- samen Hauses teilnehmen. Dabei hat sie keine genstand des Profits und der Interessen gesehen Neue Beziehung rene Harmonie wiedergewinnen zu lassen, die fertigen Antworten anzubieten und ihr entgehen wird – eine Sichtweise, die die Willkür des Stärk- zur Schöpfung Harmonie mit den Brüdern und Schwestern und weder die Schwierigkeit der diesbezüglichen sten unterstützt –, dann zerbricht die Harmonie die Harmonie mit der Natur. »Er verlässt uns technischen, wirtschaftlichen und politischen und es treten große Ungleichheit, Ungerechtig- Demnach gilt: »Wenn die ökologische Krise nicht, er lässt uns nicht allein, denn er hat sich Probleme noch all die Anstrengungen, die dieser keit und Leiden auf. ein Aufbrechen oder ein Sichtbarwerden der ethi- endgültig mit unserer Erde verbunden, und seine Einsatz erfordert. Aber sie möchte dort, wo dies Der heilige Johannes Paul II. schrieb: »Nicht schen, kulturellen und spirituellen Krise der Mo- Liebe führt uns immer dazu, neue Wege zu fin- möglich ist, konkret handeln und vor allem die allein die Erde ist von Gott dem Menschen gege- derne bedeutet, können wir nicht beanspruchen, den« (Ls 245). Gewissen formen, mit dem Ziel, eine tiefgrei- ben worden, dass er von ihr unter Beachtung der unsere Beziehung zur Natur und zur Umwelt zu Ich bitte Gott, Sie zu segnen. Und Sie bitte ich, fende und nachhaltige ökologische Umkehr zu ursprünglichen Zielsetzung des Gutes, das ihm heilen, ohne alle grundlegenden Beziehungen für mich zu beten. unterstützen, die allein auf die wichtigen Heraus- geschenkt wurde, Gebrauch machen soll. Aber des Menschen zu heilen« (Ls 119). Daher wird es (Orig. ital. in O.R. 4.9.2020)

Botschaft zum Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung

Fortsetzung von Seite 7 verzweifelter Suche nach wirtschaftlicher Ent- Familien, Pfarreien, Diözesen, Ordensinstituten, wicklung schändlich ausbeutet. Es ist notwendig, Schulen, Universitäten, im Gesundheitswesen, in die nationale und internationale Gesetzgebung Unternehmen, in der Landwirtschaft und in vie- alarmierende Schwinden der biologischen Viel- zu stärken, so dass sie die Aktivitäten der Kon- len anderen Bereichen zu einer ganzheitlich öko- falt einzudämmen. Ich fordere die internationale zerne, die den Abbau von Bodenschätzen betrei- logischen Praxis führen. Gemeinschaft eindringlich auf, sich gemeinsam ben, reguliert und es den Geschädigten ermög- Wir freuen uns auch darüber, dass sich Glau- dafür einzusetzen, dass der Biodiversitätsgipfel licht, den Rechtsweg zuverlässig zu beschreiten. bensgemeinschaften zusammenschließen, um (COP 15) in Kunming, China, ein Wendepunkt eine gerechtere, friedlichere und nachhaltigere auf dem Weg zur Wiederherstellung der Erde 5. Eine Zeit der Freude Welt zu schaffen. Es ist eine besondere Freude, wird, so dass sie gemäß dem Willen des Schöp- dass die Zeit für die Schöpfung zu einer wahrhaft fers wieder zu einer Heimat wird, in der es Leben In der biblischen Tradition stellt das Jubeljahr ökumenischen Initiative wird. Wir wachsen wei- in Fülle gibt. ein freudiges Ereignis dar, das durch das Erschal- ter in dem Wissen, dass wir alle als Mitglieder Eine solche Wiederherstellung muss in ge- len eines Horns eröffnet wird, das im ganzen derselben Familie ein gemeinsames Haus bewoh- rechter Weise erfolgen und dafür sorgen, dass die- Land ertönt. Wir wissen, dass der Schrei der Erde nen! jenigen, die ein Land seit Generationen bewohnt und der Armen in den letzten Jahren noch lauter Freuen wir uns, denn in seiner Liebe unter- haben, wieder ganz darüber verfügen können. geworden ist. Gleichzeitig können wir bezeugen, stützt der Schöpfer unsere demütigen Bemühun- Indigene Gemeinschaften müssen vor Unterneh- wie der Heilige Geist Einzelne und Gemeinschaf- gen zum Wohl der Erde. Sie ist auch Gottes Haus, men geschützt werden, insbesondere vor multi- ten überall dazu inspiriert, sich zusammenzutun, wo sein Wort Fleisch geworden ist und unter uns nationalen Konzernen, die durch die schädliche um das gemeinsame Haus wiederaufzubauen gewohnt hat (vgl. Joh 1,14), und ein Ort, den die Gewinnung von fossilen Brennstoffen, Minera- und die Schwächsten zu verteidigen. Wir erleben Ausgießung des Heiligen Geistes ständig erneu- lien, Holz und Agrarprodukten »in den weniger eine wachsende Mobilisierung von Menschen, ert. entwickelten Ländern tun, was sie in den Län- die sich von unten und von den Peripherien her »Sende deinen Geist, Herr, und erneuere das dern, die ihnen das Kapital bringen, nicht tun großzügig für den Schutz der Erde und der Armen Antlitz der Erde« (vgl. Ps 104,30). können« (Ls 51). Dieses korporative Fehlverhal- einsetzen. Es macht Freude, so viele junge Men- ten der Konzerne stellt eine »neue Form des Ko - schen und Gemeinschaften, vor allem indigene, Es ist auch Grund zur Freude, dass die Enzy- Rom, lonialismus« dar (Johannes Paul II., Ansprache an an vorderster Front zu sehen, die sich mit der öko- klika Laudato si’fünf Jahre nach ihrem Erscheinen Sankt Johannes im Lateran, die Teilnehmer der Vollversammlung der Päpst - logischen Krise auseinandersetzen. Sie rufen zu viele lokale und globale Initiativen zum Wohle des am 1. September 2020 lichen Akademie der Sozialwissenschaften, einem Jubeljahr der Erde und zu einem Neuan- gemeinsamen Hauses und der Armen inspiriert. 27. April 2001, zitiert in Querida Amazonia 14), fang auf, in dem Wissen, »dass sich die Dinge än- Ich würde mir wünschen, dass in diesem Jahr der die Gemeinschaften und ärmeren Länder auf dern können« (Ls 13). langfristig angelegte Programme entstehen, die in 11. September 2020 / Nummer 38 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan 9

Audienz für eine Expertengruppe, die zum Thema der Enzyklika Laudato si’ mit der Französischen Bischofskonferenz zusammenarbeitet Harmonie unter den Menschen und mit der Natur

Ansprache von Papst Franziskus am 3. September in freier Rede

Ich danke Ihnen allen de vôtre visite [»für eine, es gibt Gruppen – wie die Ihrige –, die sich Ihren Besuch«, sagte der Papst auf Französisch], zusammenschließen, um etwas zu tun… Aber und ich danke dem Präsidenten des Episkopats. ich beziehe mich auf jene grundlegende Bezie- Ich sehe, dass jeder von Ihnen die Überset- hung, die menschliche Harmonie stiftet. Und wie zung dessen in Händen hält, was ich sagen oft haben wir das Bewusstsein der Wurzeln, der wollte. Und es ist Teil der ökologischen Umkehr, Zugehörigkeit verloren. Das Gefühl der Zu- keine Zeit zu verlieren. Den offiziellen Text ha- gehörigkeit. Wenn ein Volk das Bewusstsein für ben Sie daher. Jetzt möchte ich lieber frei spre- seine Wurzeln verliert, verliert es seine Identität. chen. Das Original übergebe ich Ihnen. – Aber nein! Wir sind modern! Was soll das, an Ich möchte mit einem Stück Geschichte be- unsere Großeltern, an unsere Urgroßeltern den- ginnen. Im Jahr 2007 gab es die Konferenz des ken… Alte Sachen! – Aber es gibt eine andere Lateinamerikanischen Episkopats in Brasilien, in Wirklichkeit, nämlich die Geschichte, es gibt die Aparecida. Ich war in der Gruppe der Redakteure Zugehörigkeit zu einer Tradition, zu einer Art des des Schlussdokuments und es kamen Vorschläge Menschseins, zu einer Lebensweise… Daher ist zu Amazonien. Ich sagte: »Aber diese Brasilianer, es heute sehr wichtig, dies zu pflegen, die Wur- sie gehen uns mit diesem Amazonien auf die Ner- zeln unserer Zugehörigkeit zu pflegen, damit die ven! Was hat Amazonien mit Evangelisierung zu Früchte gut sind. tun?« Das war ich im Jahr 2007. Dann kam 2015 Daher ist der Dialog zwischen Großeltern Laudato si’ heraus. Ich habe einen Weg der Um- und Enkeln heute notwendiger denn je. Das mag kehr zurückgelegt, des Verstehen-Lernens des ein wenig seltsam klingen, aber wenn ein junger ökologischen Problems. Vorher habe ich nichts »Gut leben heißt, in Harmonie mit der Schöpfung zu leben«, unterstrich Papst Franziskus und verwies Mensch – Sie hier sind alle jung – keinen Sinn verstanden! auf die Weisheit der indigenen Völker, »die wir vielleicht durch zuviel Intelligenz verloren haben«. für eine Beziehung zu den Großeltern, kein Be- Als ich nach Strassburg zur Europäischen wusstsein von den Wurzeln hat, dann wird er Union gegangen bin, hat der Präsident, Hollande, nicht in der Lage sein, die eigene Geschichte vor- die Umweltministerin Ségolène Royal geschickt, Aber ich möchte Folgendes unterstreichen: nein! Gut leben heißt, in Harmonie mit der anzubringen, die Menschlichkeit, und er wird um mich zu empfangen. Wir haben am Flugha- vom Nicht-Verstehen in Aparecida 2007 bis zur Schöpfung zu leben. Und diese Weisheit des letztendlich Abstriche machen, einen Kompro- fen miteinander gesprochen… Am Anfang we- Enzyklika. Davon möchte ich Zeugnis geben. Wir guten Lebens haben wir verloren. Die ur- miss schließen mit den Umständen. Menschli- nig, denn da war bereits das Programm, aber müssen uns dafür einsetzen, damit alle diesen sprünglichen Völker bringen uns diese offene che Harmonie duldet keine von Kompromissen nachher, zum Schluss vor der Abfahrt, mussten Weg der ökologischen Umkehr gehen können. Tür. Und einige alte Menschen aus der Urbevöl- geprägten Pakte. Ja, menschliche Politik – das ist wir etwas warten und da haben wir mehr gere- kerung im Westen Kanadas beklagen, dass ihre eine andere notwendige Kunst –, menschliche det. Und Frau Ségolène Royal hat mir Folgendes Die Weisheit der Enkel in die Stadt gehen, die modernen Dinge Politik wird so betrieben, mit Kompromissen, gesagt: »Ist es wahr, dass Sie etwas über Ökolo- indigenen Völker übernehmen und die Wurzeln vergessen. Und weil sie alle vorankommen lassen kann. Aber gie schreiben?« – C’était vrai! [Das war wahr!] – dieses Vergessen der Wurzeln ist ein Drama bei der Harmonie ist das nicht so. Wenn du »Bitte veröffentlichen Sie es vor dem Treffen von Dann kam die Synode über Amazonien. Als nicht nur der Urbevölkerung, sondern auch der keine Wurzeln hast, wird der Baum nicht wei- Paris!« ich nach Amazonien gegangen bin, bin ich dort zeitgenössischen Kultur. terwachsen. Es gibt einen argentinischen Dich- Ich habe das Team zusammengerufen, denn vielen Menschen begegnet. Ich bin nach Puerto Und so diese Weisheit wiederfinden, die wir ter, Francisco Luis Bernárdez – er ist bereits ver- Sie wissen, dass ich dies nicht eigenhändig ge- Maldonado im peruanischen Amazonasgebiet vielleicht durch zuviel Intelligenz verloren ha- storben, er ist einer unserer großen Poeten –, der schrieben habe. Es war ein Team von Wissen- gegangen. Ich habe mit den Menschen aus vielen ben. Wir – und das ist schade – sind »makroze- sagt: »Todo lo que el árbol tiene de florido vive de schaftlern, ein Team von Theologen und alle ge- verschiedenen indigenen Kulturen gesprochen. phal«: Viele unserer Universitäten lehren uns lo que tiene sepultado.« Wenn die menschliche meinsam haben wir diese Reflexion angestellt. Dann habe ich mit 14 Stammesoberhäuptern von Ideen, Begriffe… Wir sind Erben des Liberalis- Harmonie Früchte bringt, dann deshalb, weil sie Ich habe dieses Team gerufen und gesagt: »Das ihnen zu Mittag gegessen, alle mit Federn, tradi- mus, der Aufklärung… Und wir haben die Har- Wurzeln hat. muss vor der Begegnung von Paris herauskom- tionell gekleidet. Sie redeten in einer Sprache der monie der drei Sprachen verloren. Die Sprache men.« – »Aber warum?« – »Um Druck zu ma- Weisheit und sehr hoher Intelligenz! Nicht nur des Kopfes: denken. Die Sprache des Herzens: Dialog mit chen.« Von Aparecida bis Laudato si’, das war für Intelligenz, sondern Weisheit. Und dann habe ich fühlen. Die Sprache der Hände: tun. Und diese den Großeltern mich ein innerer Weg. gefragt: »Und Sie, was machen Sie?« – »Ich bin Harmonie bringen, damit jeder denkt, was er Als ich begonnen habe, an diese Enzyklika zu Professor an der Universität.« Ein Indigener, der fühlt und tut; damit jeder fühlt, was er denkt Und warum der Dialog mit den Großeltern? denken, habe ich die Wissenschaftler gerufen, dort Federn trug, aber in zivil zur Universität und tut; damit jeder tut, was er fühlt und denkt. Ich kann mit den Eltern sprechen, das ist sehr eine schöne Gruppe, und habe ihnen gesagt: ging. »Und Sie?« – »Ich bin im Bildungsministe- Das ist die Harmonie der Weisheit. Das ist nicht wichtig. Mit den Eltern sprechen ist sehr wichtig! »Nennen Sie mir die Dinge, die klar sind und die rium die Verantwortliche für diese ganze Re- ein wenig die Disharmonie – aber das sage Aber die Großeltern haben etwas Zusätzliches, bewiesen sind, keine Hypothesen, die Realität.« gion.« Und so, einer nach dem anderen. Und ich nicht im negativen Sinn – der Spezialisie- so wie der gute Wein. Je älter guter Wein wird, Und sie haben diese Dinge beigetragen, die Sie dann ein Mädchen: »Ich bin Studentin in Poli- rungen. Man braucht Spezialisten, sie sind not- desto besser ist er. Ihr Franzosen kennt das, nicht heute dort lesen. Dann habe ich eine Gruppe Phi- tikwissenschaften.« wendig, unter der Bedingung, dass sie in der wahr? Die Großeltern haben jene Weisheit. Mich losophen und Theologen gerufen [und ihnen ge- Und da habe ich gesehen, dass es erforder- menschlichen Weisheit verwurzelt sind. Die hat immer dieses Wort aus dem Buch Joël beein- sagt]: »Ich möchte eine Reflexion darüber anstel- lich war, das Bild der Indigenen, die wir nur mit Spezialisten, die dieser Weisheit entwurzelt druckt: »Die Großeltern werden Träume haben. len. Ihr sollt arbeiten und mit mir darüber Pfeilen sehen, zu revidieren. Ich habe Seite an sind, sind Roboter. Die Alten werden Träume haben und die jungen sprechen.« Und sie haben die erste Arbeit getan, Seite mit ihnen die Weisheit der indigenen Völ- Neulich hat mich jemand gefragt, wir spra- Männer haben Visionen.« Junge Menschen sind dann habe ich mich eingeschaltet. Und zum ker entdeckt, auch die Weisheit des »guten Le- chen über künstliche Intelligenz, wir haben im Propheten. Alte Menschen sind Träumer. Das Ge- Schluss habe ich die Endredaktion übernommen. bens«, wie sie es nennen. »Gut leben« bedeutet Dikasterium für die Kultur eine sehr, sehr hoch- genteil scheint der Fall zu sein, aber es ist wirk- So ist sie entstanden. nicht »dolce vita«, nein, kein süßes Nichtstun, rangige Arbeitsgruppe zur künstlichen Intelli- lich so! Unter der Bedingung, dass die Alten und genz: »Aber die künstliche Intelligenz, wird sie die Jungen miteinander sprechen. Das ist Hu- alles tun können?« – »Die Roboter der Zukunft manökologie. werden alles tun können, alles, was ein Mensch Es tut mir leid, aber wir müssen zum Schluss tut. Aber bis auf was?«, habe ich gesagt. »Was kommen, denn der Papst ist auch ein Sklave der werden sie nicht tun können?« Und er hat ein Uhr! Aber ich wollte dieses Zeugnis aus meiner wenig nachgedacht und mir gesagt: »Nur eines eigenen Geschichte geben, diese Dinge, um vor- werden sie nicht haben können: Zärtlichkeit.« anzugehen. Und das Schlüsselwort ist Harmonie. Und Zärtlichkeit ist wie die Hoffnung. Wie Pé- Und das menschliche Schlüsselwort ist Zärtlich- guy sagt, sind es demütige Tugenden. Es sind keit, Fähigkeit zu liebkosen. Die politische Struk- Tugenden, die liebkosen, die nicht herrisch tur ist eine der vielen menschlichen Strukturen, sind… Und ich glaube – das möchte ich beto- die notwendig sind. Die menschliche Struktur ist nen –, dass wir bei unserer ökologischen Um- der Dialog zwischen Alt und Jung. kehr an dieser Humanökologie arbeiten müssen, Ich danke Ihnen für das, was Sie tun. Ich an unserer Zärtlichkeit und der Fähigkeit zu lieb- wollte lieber diese [schriftliche Ansprache] an Ihr kosen… Du mit deinen Kindern… Die Fähig- Archiv senden – Sie werden sie anschließend le- keit zu liebkosen, was zum guten Leben in Har- sen – und dafür aus dem Herzen sagen, was ich monie gehört. empfinde. Das schien mir menschlicher zu sein. Dann gibt es noch etwas, was ich über die Hu- Ich wünsche Ihnen das Beste. Et priez pour moi. manökologie sagen möchte. Die ökologische Um- J’en ai besoin. Ce travail n’est pas facile. Et que le kehr lässt uns die allgemeine Harmonie erken- Seigneur bénisse vous tous. [Der Papst sagte ab- nen, die Wechselbeziehung von allem: Alles ist schließend auf Französisch: »Beten Sie für mich. verbunden, alles steht miteinander in Beziehung. Ich brauche es. Diese Arbeit ist nicht einfach. In unseren menschlichen Gesellschaften haben Und der Herr segne Sie alle.«] Im Januar 2018 reiste Papst Franziskus nach Chile und Peru. Im peruanischen Puerto Maldonado aß wir den Sinn für diese menschlichen Bezie- er gemeinsam mit Vertretern der Amazonas-Völker zu Mittag. hungszusammenhänge verloren. Ja, es gibt Ver- (Orig. ital. in O.R. 5.9.2020) 11. September 2020 / Nummer 38 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 10 Aus dem Vatikan

Botschaft des Dikasteriums für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen zum Welttag des Tourismus am 27. September Tourismus und ländliche Entwicklung

Der 41. Welttag des Tourismus findet in die- ner der bahnbrechenden Faktoren im Kampf ge- sem Jahr in dem ungewissen Kontext statt, der gen jene Armut, die durch die Covid-19-Pande- von den Entwicklungen der Covid-19-Pandemie mie einen enormen Anstieg verzeichnet hat. geprägt ist, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Abschließend wollen wir allen unserer Nähe So kommt es zu einer drastischen Reduzierung und unserer Unterstützung versichern, die sich der menschlichen Mobilität und des nationalen für die Bewältigung der Auswirkungen einsetzen, und internationalen Tourismus, der an einem his- die die Pandemie auf das Leben der Einzelnen und torischen Tief angelangt ist. Die Einstellung der der Gesellschaften hat, die vom Tourismus leben. internationalen Flüge, die Schließung der Flughä- Wir appellieren an die Regierenden und an die fen und der Grenzen, die Auferlegung strenger Entscheidungsträger im Bereich der nationalen Reisebeschränkungen – auch im Inland – verur- wirtschaftspolitischen Maßnahmen, den verant- sachen eine nie dagewesene Krise in vielen mit wortungsbewussten Tourismus zu unterstützen der Tourismusindustrie verbundenen Bereichen. und zu fördern, der nach den Grundsätzen der so- Es wird befürchtet, dass es im schlimmsten Fall zialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit und bis Ende 2020 einen Rückgang von etwa einer unter voller Achtung der Umwelt und der Kultu- Milliarde internationaler Touristen geben wird, ren erfolgt. Die Regierenden mögen ihren Blick mit einem weltweiten Wirtschaftsverlust von den Randgebieten zuwenden und diesen Gegen- etwa 1.200 Milliarden Dollar. Die Folge wäre ein den konkrete Entwicklungsmöglichkeiten bieten, enormer Verlust von Arbeitsplätzen im Touris- indem sie ihre besonderen Berufungen wert- mussektor. Dem Generalsekretär der Weltorgani- schätzen, die Teilhabe der örtlichen Gemeinden sation für Tourismus (UNWTO), Surab Pololi- an den Entscheidungsprozessen aufwerten und kaschwili, zufolge gehört »der Tourismus zu den die Einkommen derer, die das Land bearbeiten, vom weltweiten Lockdown am schwersten be- verbessern. troffenen Sektoren, mit einer Million gefährdeter Nachhaltige Entwicklung im Tourismusbereich bedeutet, den außerstädtischen touristischen Zielen, Arbeitsplätze in einem der Wirtschaftszweige weniger bekannten und besuchten Orten und Dörfern mehr Aufmerksamkeit zu schenken: den ver- Ganzheitliche Ökologie mit der höchsten Arbeitsintensität«1. borgenen Orten, die es zu entdecken oder wiederzuentdecken gilt, gerade weil sie von unberührter Dieses beunruhigende Szenarium, das noch Schönheit sind. Wir wenden uns insbesondere an die ökologi- vor einigen Monaten undenkbar gewesen wäre, schen Bewegungen sowie an alle, die sich für den darf uns nicht lähmen und uns einer positiven Eine solche Art von Tourismus kann zum Ka- Form, neue Kulturen kennenzulernen, sich von Schutz der Umwelt einsetzen, auf dass sie durch Sicht auf die Zukunft nicht berauben. In diesem talysator für eine Unterstützung der ländlichen den Werten der Bewahrung der Schöpfung und ihre Arbeit zur Umkehr der Herzen beitragen mö- Sinne hat Papst Franziskus gesagt: »Schlimmer als Wirtschaft werden. Diese besteht aus Landwirt- des Schutzes der Schöpfung anstecken zu las- gen, hin zu einer gesunden und korrekten ganz- die gegenwärtige Krise wäre nur, wenn wir die schaft und oft aus Familienunternehmen, kleinen sen, die heute nicht nur eine moralische Pflicht heitlichen Ökologie, in der der Wert des Men- Chance, die sie birgt, ungenutzt verstreichen Dimensionen, Randgebieten und geringen Ein- darstellen, sondern dringendes kollektives Han- schen mit dem Schutz der Lebensbedingungen ließen. […] Jetzt, im großen Bemühen um einen künften aus der Lebensmittelversorgungskette. deln erfordern. der ländlichen Gemeinden in den Randgebieten Neubeginn, wie schädlich ist da der Pessimismus, Tourismus und Landwirtschaft können so zu So wird der »ländliche Tourismus« zum Ort, verbunden ist. Die Wirtschaftsplanung soll als die Schwarzmalerei und die ständige Leier, dass zwei wesentlichen Bestandteilen einer neuen an dem man lernen kann, auf neue Weise in Be- Bezugspunkt den Schutz der Armen und der nichts mehr so sein wird, wie es einmal war!«2 Welt werden, die man aufzubauen hofft. Ein Tou- ziehung zum anderen und zur Natur zu treten. schwächeren Glieder des Wirtschaftskreislaufes »Tourismus und ländliche Entwicklung« – das rismus, der von den Menschen und durch die Und jede persönliche Veränderung muss bei haben; die Landarbeiter der ländlichen Gebiete von der UNWTO vor dem Covid-19-Notstand Menschen verwirklicht wird. Im Übrigen sind wirklich verwandelnden Verhaltensweisen be- sollen als direkte Adressaten relevanter Wirt- gewählte Thema – zeigt von der Vorsehung ge- die Kleinlandwirte durch ihre geduldige und ginnen. Dazu muss man sich auf den Weg ma- schafts- und Finanzhilfen sowie von Projekten fügt einen Weg zu einer möglichen Erholung des mühsame Bearbeitung des Landes die ersten Hü- chen; und um sich auf den Weg zu machen, zur Rückgewinnung und Förderung der fami- Tourismussektors auf. Es beginnt mit der Auffor- ter der Schöpfung. Touristen sind Besucher, die braucht man ein Ziel: Die ländliche Welt kann all liären Landwirtschaft betrachtet werden. derung, die nachhaltige Entwicklung ernst zu zu Unterstützern eines Ökosystems werden kön- das sein. Der Tourismus verbindet sich mit der Die Bischöfe und die Verantwortlichen der nehmen und in die Praxis umzusetzen. Im Tou- nen, wenn sie bewusst und einfach reisen. Zu Entwicklung, wenn er auf aufmerksame und Tourismusseelsorge bitten wir um gemeinsamen rismusbereich bedeutet dies, den außerstädti- ländlichen Zielen zu reisen bedeutet also kon- ruhige, nachhaltige Weise stattfindet. Das bedeu- Einsatz, damit jeder auf seinem eigenen Gebiet schen touristischen Zielen, kleinen Orten, Dör- kret, die örtliche Produktion kleiner Landwirt- tet, die landwirtschaftlichen Vorgänge, die Le- konkrete Initiativen zur Unterstützung der touris - fern, Straßen und weniger bekannten und schaftsunternehmen zu unterstützen, die im Ein- bensrhythmen der bäuerlichen Bevölkerung zu tischen Aktivitäten ergreifen möge. Die Gläubi- besuchten Orten mehr Aufmerksamkeit zu klang mit den Gesetzen der Natur arbeiten. So achten, die noch bewahrte Ursprünglichkeit gen und die Pfarrgemeinden sollen mit Eifer und schenken: jenen eher verborgenen Orten, die es kann eine Reise den Geschmack der Geschichte ganzer Landstriche wertzuschätzen und sich Großherzigkeit auf die Bedürfnisse und Nöte der zu entdecken oder wiederzuentdecken gilt, haben und das Herz für den weiten Horizont der überraschen zu lassen von den zahllosen kleinen Mitarbeiter im Tourismus antworten, die sich gerade weil sie zauberhafter und unberührter Geschwisterlichkeit und der Solidarität öffnen. Dingen, die man erkennen kann, wenn man lo- heute in Schwierigkeiten befinden, und gemein- sind. Das Landleben findet an diesen Orten statt, kale Landwirtschaftsprodukte wählt. Auf diese sam Netzwerke der Nähe entwickeln, sowohl in weit entfernt von den Wegen des Massentouris- Erlernen neuer Lebensstile Weise kann man die kleinen und großen Unter- den Beziehungen als auch bei der Hilfe zum Aus- mus. Es geht also um die Förderung des nachhal- schiede zwischen den Traditionen in den be- gleich von Einkommenseinbußen. Zur touristi- tigen und verantwortungsbewussten Tourismus. Der Tourismus, der es versteht, die Gaben suchten Orten und Gemeinden wahrnehmen. schen Nutzung der ländlichen Gebiete mögen Wenn er nach den Grundsätzen der sozialen und der Erde im ländlichen Bereich zu betrachten Warum sollten wir uns also nicht einem Touris- neue Wege gefunden werden, den Schutz der wirtschaftlichen Gerechtigkeit und unter voller und zu teilen, führt auch auf ganz konkrete mus zuwenden, der die ländlichen Regionen und Umwelt und Gelegenheiten zur Unterstützung Achtung der Umwelt und der Kulturen stattfin- Weise zum Erlernen neuer Lebensstile. Die die Randgebiete aufwertet und dorthin geht? der örtlichen Mitarbeiter im Tourismusgewerbe det, erkennt er damit die zentrale Stellung der Weisheit dessen, der das Land bebaut, die aus Das wird uns gestatten, das Leben zu entschleu- miteinander zu verbinden. gastgebenden örtlichen Gemeinde und ihr Recht, Beobachten und Warten besteht, kann der heu- nigen und die Gefahren der Hektik zu vermei- Abschließend bringen wir all jenen unseren Protagonistin in der nachhaltigen Entwicklung zu tigen hektischen Welt gewiss helfen, die Zeiten den.4 herzlichen Dank zum Ausdruck, die in dieser Zeit sein, an; ein Tourismus also, der das positive Zu- des täglichen Lebens mit den natürlichen Zeiten Der Tourismus kann gerade in dieser Zeit zum der Prüfung jenen Solidarität und Unterstützung sammenwirken von Tourismusindustrie, örtli- in Einklang zu bringen. Tourismus und ländliche Werkzeug der Nähe werden. Ja, unsere postmo- erwiesen haben, die vom Tourismus leben, ins- cher Gemeinde und den Reisenden fördert.3 Entwicklung einander anzunähern ist eine gute derne Welt braucht Nähe, das Nahsein in den Be- besondere in den ländlichen Gebieten. Mit der ziehungen und somit der Herzen. Und der Tou- Hilfe Gottes wollen wir uns alle auf denselben rismus, der in jedem Fall die Bewegung von Weg in eine bessere Zukunft begeben. 120 Millionen Jobs wegen Corona bedroht Personen und Gütern vorsieht, muss jetzt sein Aus dem Vatikan, am 6. August 2020, verwandelndes Gesicht zeigen, als Aktivität der Fest der Verklärung des Herrn Bonn. Wegen der Corona-Krise sind im Tou- Dies sei besonders verheerend, da die meis- Erholung, die den Geist der Geschwisterlichkeit rismus in diesem Jahr laut UN-Generalsekretär ten Tourismus-Betriebe kleine und mittlere Un- zwischen den Völkern wachsen lässt. Kardinal Peter K. A. Turkson António Guterres weltweit rund 120 Millionen ternehmen seien. »Frauen, junge Menschen und In einer Zeit der Ungewissheit hinsichtlich der Präfekt Jobs bedroht. »Die Krise ist ein massiver Schock informelle Arbeiter sind besonders bedroht«, un- Mobilität der Menschen, in der der Tourismus die für entwickelte Ökonomien, aber für Entwick- terstrich Sandra Carvao von der UN-Tourismus- größten unmittelbaren und direkten Folgen erlei- Fußnoten lungsländer ist sie ein Notstand«, sagte Guterres organisation (UNWTO). Mehr als die Hälfte der det, meinen wir, dass man etwas für die Unter- in einer Video-Botschaft. Viele dieser Länder sind im Tourismus Beschäftigten sind Frauen. stützung der Einkommen der Mitarbeiter in die- 1Vgl. https://www.unwto.org/news/covid- stark vom Tourismus abhängig: In Afrika habe »Es ist unerlässlich, dass wir den Tourismus- sem Sektor tun muss, ebenso wie für die 19-world-tourism-remains-at-a-standstill-as-100- 2019 der Tourismussektor zehn Prozent aller Ex- sektor wieder aufbauen«, so der UN-Generalse- Bewahrung und den Schutz der schwächeren of-countries-impose-restrictions-on-travel porte ausgemacht, wie es in einem am 25. August kretär. Dies müsse aber in einer Art und Weise ge- ländlichen Gemeinden in jedem Gebiet. Dadurch 2Franziskus, Predigt in der heiligen Messe am veröffentlichten UN-Bericht heißt. tan werden, die »sicher, gerecht und klima- kann die Tourismuswirtschaft wieder zu ihrem Hochfest Pfingsten, 31. Mai 2020; in O.R. dt., Nr. Wegen der Corona-Pandemie sei in den ersten freundlich« sei. Reisen müssten verantwortungs- normalen Lauf zurückfinden, wenngleich mit ei- 24/25, 12.6.2020, S. 7. fünf Monaten des Jahres die Zahl der internatio- bewusst und nachhaltig sein, um die Millionen ner reduzierten Zirkulation: Die Zirkulation von 3Diese Definition wurde von der Versamm- nalen Touristen um 56 Prozent gesunken, insge- von Menschen, die vom Tourismus abhängig Menschen, Gütern und Geld wird das spürbare lung des Italienischen Verbandes für verantwor- samt könnte sie in diesem Jahr um 78 Prozent seien, zu schützen. Auch sei zu befürchten, dass Zeichen einer Nähe sein, die im Herzen begon- tungsbewussten Tourismus am 9. Oktober 2005 einbrechen. Zwischen 910 Milliarden und 1,2 Bil- der Ausstoß von Treibhausgasen wieder ansteige, nen hat. Verantwortungsbewusster und nachhal- angenommen. lionen Dollar an Exporteinnahmen im Tourismus sollte die Erholung des Tourismussektors nicht an tiger Tourismus, der die örtlichen Ressourcen und 4 Vgl. Franziskus, Enzyklika Laudato si’, 18. könnten demnach verloren gehen. den Klimazielen ausgerichtet sein. Tätigkeiten wertschätzt, ist erstrebenswert als ei- (Orig. ital. in O.R. 8.8.2020) 11. September 2020 / Nummer 38 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache Aus dem Vatikan 11

Predigten von Papst Franziskus bei den Frühmessen in Santa Marta

Am Samstag, 16. Mai es nicht wachsen lassen (vgl. Lk 8,7). Und Paulus sagt zu den Galatern: »Ihr wart Sklaven der Welt, Heilmittel gegen der Weltlichkeit« (vgl. Gal 4,3). Ich bin immer, im- den Geist der Weltlichkeit mer beeindruckt, wenn ich die letzten Worte des Buches von Pater de Lubac Betrachtung über die Zu Beginn der Frühmesse in der Kapelle des Kirche lese (vgl. Henri de Lubac, Betrachtung vatikanischen Gästehauses Santa Marta am über die Kirche, Graz / Wien / Köln 1954), die Samstag, 16. Mai, nannte Papst Franziskus das letzten drei Seiten, wo er über die geistliche Welt- täglich wechselnde Gebetsanliegen: lichkeit spricht. Er sagt, dass sie das Schlimmste Wir wollen heute für die Menschen beten, de- sei, was der Kirche passieren könne. Und er über- ren Aufgabe es ist, die in dieser Pandemie ver- treibt nicht, denn dann nennt er einige Übel, die storbenen Menschen zu bestatten. Die Toten be- furchtbar sind. Und das ist das Schlimmste: die statten ist eines der Werke der Barmherzigkeit, geistliche Weltlichkeit, denn sie ist eine Herme- und natürlich ist es keine angenehme Sache. Be- neutik des Lebens, sie ist eine Lebensweise; auch ten wir für sie, die sogar ihr Leben und eine An- eine Weise, das Christentum zu leben. Und um steckung riskieren. angesichts der Verkündigung des Evangeliums zu In der Predigt sprach der Papst mit Bezug auf überleben, hasst sie, tötet sie. das Tagesevangelium (Joh 15,18-21) über den Wenn man von den Märtyrern sagt, dass sie Hass der Welt gegen Jesus und gegen gläubige aus Glaubenshass getötet wurden… Ja, tatsäch- Christen. Er warnte in diesem Zusammenhang lich richtet sich der Hass gegen einige aufgrund erneut vor der geistlichen Weltlichkeit, die die eines theologischen Problems; aber das war nicht Christen und die Kirche verderbe. Er sagte: die Mehrheit. In den meisten Fällen hasst die Jesus spricht oft, und vor allem in seiner Ab- Weltlichkeit den Glauben und tötet, wie sie es bei »Ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben« (Joh 14,16), der euch an schiedsrede an die Apostel, von der Welt (vgl. Joh Jesus getan hat. den Zugang zum Vater erinnern wird. Er wird euch daran erinnern, dass wir einen Vater haben, der 15,18-21). Und hier sagt er: »Wenn die Welt euch Das ist seltsam: die Weltlichkeit… Jemand die Mitte von allem ist, der Ursprung von allem, die Einheit von allem, die Rettung von allem, weil er hasst, dann wisst, dass sie mich schon vor euch könnte sagen: »Aber Vater, das ist eine Ober- seinen Sohn gesandt hat, um uns alle zu retten. gehasst hat« (V. 18). Offensichtlich spricht Jesus flächlichkeit des Lebens…« Täuschen wir uns vom Hass, den die Welt ihm selbst entgegen- nicht! Die Weltlichkeit ist keineswegs oberfläch- brachte und den sie uns gegenüber an den Tag le- lich! Sie hat tiefe Wurzeln, tiefe Wurzeln. Sie ist Bitten wir den Heiligen Geist in diesen letz- ein anderer kommen, der euch den Zugang zum gen wird. Und im Gebet, das er mit den Jüngern chamäleonartig, wechselhaft, sie kommt und ten Tagen – auch in der Novene zum Heiligen Vater lehren wird. Er wird euch an den Zugang beim Abendmahl spricht, bittet er den Vater, sie geht je nach den Umständen, aber die Substanz Geist –, in den letzten Tagen der Osterzeit, um zum Vater erinnern.« Der Heilige Geist kommt nicht aus der Welt zu nehmen, sondern sie vor ist dieselbe: ein Lebensentwurf, der überall ein- die Gnade der Erkenntnis, was Weltlichkeit und nicht, um »Kunden zu gewinnen«. Er kommt, um dem Geist der Welt zu bewahren (vgl. Joh 17,15). dringt, auch in die Kirche. Die Weltlichkeit, die was Evangelium ist, und uns nicht täuschen zu den Zugang zum Vater anzuzeigen, um an den Ich glaube, wir können uns fragen: Was ist der weltliche Hermeneutik, das Make-Up, alles wird lassen. Denn die Welt hasst uns, die Welt hat Je- Zugang zum Vater zu erinnern, an das, was Jesus Geist der Welt? Was ist diese Weltlichkeit, die in geschminkt, um so zu sein. sus gehasst, und Jesus hat gebetet, dass der Va- geöffnet hat, was Jesus gezeigt hat. Es gibt keine der Lage ist, zu hassen, Jesus und seine Jünger zu Der Apostel Paulus kam nach Athen und war ter uns vor dem Geist der Welt bewahren möge Spiritualität nur des Sohnes, nur des Heiligen zerstören, ja sie zu verderben und die Kirche zu beeindruckt, als er auf dem Areopag viele Götter- (vgl. Joh 17,15). Geistes: der Mittelpunkt ist der Vater. Der Sohn verderben? Wie der Geist der Welt beschaffen ist, statuen sah. Und er dachte bei sich, dass er da- wurde vom Vater gesandt und kehrt zum Vater was das ist: Es wird uns guttun, darüber nachzu- rüber sprechen würde: »Ihr seid ein religiöses zurück. Der Heilige Geist ist vom Vater gesandt, denken. Die Weltlichkeit ist ein Lebensentwurf. Volk, das sehe ich… Jener Altar, der einem un- Am Sonntag, 18. Mai um an den Vater zu erinnern und den Zugang zu Einige meinen, dass Weltlichkeit bedeute, Feste bekannten Gott geweiht ist, zieht meine Auf- ihm zu lehren. zu feiern, in Saus und Braus zu leben… Nein, merksamkeit an. Ich kenne ihn und bin gekom- Der Heilige Geist Nur mit diesem Bewusstsein von Kindern, die nein. Weltlichkeit kann so beschaffen sein, aber men, um euch zu sagen, wer er ist.« Und er und der Zugang zum Vater keine Waisen sind, können wir untereinander in das ist sie nicht grundlegend. begann, das Evangelium zu verkündigen. Als er Frieden leben. Die Kriege – sowohl die kleinen Die Weltlichkeit ist eine Kultur; sie ist eine aber beim Kreuz und bei der Auferstehung an- In der Einleitung zur Frühmesse am 17. Mai, als auch die großen Kriege – tragen immer eine Kultur des Vergänglichen, eine Kultur des schö- kam, nahmen sie Anstoß und gingen weg (vgl. dem sechsten Sonntag der Osterzeit, betete Papst Dimension der Verwaisung in sich: es fehlt der nen Scheins, des Make-Ups, eine Kultur des Apg 17,22-33). Es gibt eine Sache, die die Welt- Franziskus für Reinigungskräfte und Müllmän- Vater, der Frieden stiftet. Als Petrus zur ersten »heute ja, morgen nein, morgen ja und heute lichkeit nicht duldet: das Ärgernis des Kreuzes. ner: Gemeinde sagt, dass sie den Menschen erklären nein«. Sie hat oberflächliche Werte. Eine Kultur, Sie duldet es nicht. Und das einzige Heilmittel ge- Heute beten wir für viele Menschen, die die sollten, warum sie Christen seien (vgl. 1 Petr 3,15- die keine Treue kennt, weil sie sich je nach den gen den Geist der Weltlichkeit ist Christus, der für Krankenhäuser und die Straßen säubern, die die 18), da sagt er: »Antwortet aber bescheiden und Umständen verändert, alles verhandelt. Das ist uns gestorben und auferstanden ist, Ärgernis und Mülltonnen leeren, die von Haus zu Haus ge- ehrfürchtig, denn ihr habt ein reines Gewissen« die weltliche Kultur, die Kultur der Weltlichkei- Torheit (vgl. 1 Kor 1,23). hen, um den Müll wegzubringen: eine Arbeit, (V. 16), also mit der Sanftmut, die der Heilige Geist ten. Und Jesus will uns davor bewahren und bit- Daher sagt der Apostel Johannes, als er in sei- die niemand sieht, die aber für das Überleben schenkt. Der Heilige Geist lehrt uns diese Sanft- tet, dass der Vater uns vor dieser Kultur der nem Ersten Brief das Thema der Welt behandelt: notwendig ist. Möge der Herr sie segnen und ih- mut, diese Sanftmut der Kinder des Vaters. Der Weltlichkeit bewahren möge. Es ist eine Weg- »Das ist der Sieg, der die Welt besiegt hat: unser nen helfen. Heilige Geist lehrt uns nicht, zu beleidigen. Und werfkultur, je nach dem was sich gerade lohnt. Glaube« (1 Joh 5,4). Der einzige: der Glaube an Je- In seiner Predigt kommentierte der Papst das eine der Folgen des Gefühls der Verwaisung ist Es ist eine Kultur ohne Treue, sie hat keine Wur- sus Christus, der gestorben und auferstanden ist. Evangelium vom Tag (Joh 14,15-21), wo Jesus zu die Beleidigung, die Kriege, denn wenn es keinen zeln. Aber es ist eine Art zu leben, eine Art zu Und das bedeutet nicht, fanatisch zu sein. Das be- seinen Jüngern sagt: »Wenn ihr mich liebt, werdet Vater gibt, dann gibt es keine Geschwister, dann leben auch vieler Menschen, die sich Christen deutet nicht, es zu unterlassen, im Dialog mit al- ihr meine Gebote halten. Und ich werde den Va- geht die Brüderlichkeit verloren. Das – diese nennen. Sie sind Christen, aber sie sind welt- len Menschen zu stehen, nein: aber mit der Über- ter bitten und er wird euch einen anderen Bei- Milde, dieser Respekt, diese Sanftmut –, das sind lich. zeugung des Glaubens, ausgehend vom Ärgernis stand geben, der für immer bei euch bleiben soll, Haltungen der Zugehörigkeit, der Zugehörigkeit Im Gleichnis vom Samenkorn, das auf den Bo- des Kreuzes, von der Torheit Christi und auch den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht emp- zu einer Familie, die sicher ist, einen Vater zu ha- den fällt, sagt Jesus, dass die Sorgen der Welt – vom Sieg Christi. »Das ist unser Sieg«, sagt Johan- fangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht ben. also der Weltlichkeit – das Wort Gottes ersticken, nes, »unser Glaube«. kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt »Ich werde den Vater bitten und er wird euch und in euch sein wird. Ich werde euch nicht als einen anderen Beistand geben« (Joh 14,16), der Waisen zurücklassen, ich komme zu euch«: euch an den Zugang zum Vater erinnern wird. Er Beim Abschied von den Jüngern (vgl. Joh wird euch daran erinnern, dass wir einen Vater 14,15-21) schenkt Jesus ihnen Ruhe, schenkt ih- haben, der die Mitte von allem ist, der Ursprung nen Frieden durch das Versprechen: »Ich werde von allem, die Einheit von allem, die Rettung von »Das einzige Heilmittel euch nicht als Waisen zurücklassen« (V. 18). Er allem, weil er seinen Sohn gesandt hat, um uns gegen den Geist der verteidigt sie gegen diesen Schmerz, dieses alle zu retten. Und nun sendet er den Heiligen Weltlichkeit ist Chris - schmerzhafte Gefühl, Waisen zu sein. In der Geist, um uns an den Zugang zu ihm, zum Vater, tus, der für uns gestor- Welt herrscht heute ein tiefes Gefühl des Ver- zu erinnern, und aus dieser Vaterschaft heraus ben und auferstanden waist-Seins: Viele haben viele Dinge, aber der kommt diese brüderliche Haltung der Sanftmut, ist«, unterstrich der Vater fehlt. Und in der Geschichte der Mensch- der Milde, des Friedens. Papst. »Bitten wir den heit wiederholt sich dies: Wenn der Vater fehlt, Bitten wir den Heiligen Geist, dass er uns im- Heiligen Geist um die fehlt etwas, und es besteht immer das Verlan- mer, immer wieder an diesen Zugang zum Vater Gnade der Erkenntnis, gen, dem Vater zu begegnen, den Vater zu fin- erinnere, dass er uns in Erinnerung rufe, dass wir was Weltlichkeit und den, selbst in den alten Mythen. Denken wir einen Vater haben. Und möge er dieser Zivilisa- was Evangelium ist, an die Mythen von Ödipus, von Telemachos tion, die ein tiefes Gefühl des Verwaist-Seins und uns nicht täuschen und vielen anderen: immer die Suche nach dem empfindet, die Gnade schenken, den Vater zu fin- zu lassen. abwesenden Vater. Heute können wir sagen, den, den Vater, der dem ganzen Leben Sinn ver- dass wir in einer Gesellschaft leben, in der der leiht und die Menschen zu einer Familie werden Vater fehlt, ein Gefühl der Verwaisung, das ge- lässt. rade die Zugehörigkeit und die Brüderlichkeit betrifft. Mit dieser Predigt schließt die Dokumentation Deshalb verheißt Jesus: »Ich werde den Vater der Predigten ab, die der Papst von Montag, bitten und er wird euch einen anderen Beistand 9. März, bis Sonntag, 17. Mai, im Gästehaus geben, der für immer bei euch bleiben soll« Santa Marta gehalten hat und die in Videostrea- (V. 16). »Ich gehe fort«, sagt Jesus, »aber es wird ming live übertragen wurden. 11. September 2020 / Nummer 38 L’OSSERVATORE ROMANO Wochenausgabe in deutscher Sprache 12 Aus dem Vatikan und der Weltkirche

Appell des Papstes für den Libanon bei der Generalaudienz am 2. September Das Land der Zedern möge neu erblühen

Liebe Brüder und Schwestern, einen Monat Vatikanstadt. Bei der Generalaudienz am Zukunft zu geben. Dafür brauche der Libanon nach der Tragödie, die die Stadt Beirut getroffen Mittwoch, 2. September, erinnerte Papst Fran- auch internationale Unterstützung und dürfe hat, gehen meine Gedanken erneut zum gelieb- ziskus im Damasus-Hof des Apostolischen Pa- »nicht allein gelassen werden«. Vor dem Appell ten Libanon und zu seiner so leidgeprüften Bevöl- lastes in eindringlicher Weise an die Explosions- ließ Franziskus den jungen maronitischen Pries - kerung. Und dieser Priester, der hier ist, hat die katastrophe in Beirut vor einem Monat. In einem ter Georges Breidi aus dem Publikum zu sich Flagge des Libanon zu dieser Audienz mitge- Appell rief der Heilige Vater für den 4. Septem- holen, der dem Heiligen Vater mit bewegten bracht. ber zu einem Fast- und Gebetstag für den von Worten für seine Unterstützung dankte und Was der heilige Johannes Paul II. vor 30 Jah- Krisen erschütterten Libanon auf. Gleichzeitig kurz über die schwierige Situation im Libanon ren in einem entscheidenden Augenblick der Ge- kündigte er an, zu diesem Anlass seinen Staats- berichtete. Als Franziskus sprach, hielten er und schichte des Landes gesagt hat, das wiederhole sekretär, Kardinal Pietro Parolin, nach Beirut zu der junge Priester gemeinsam die libanesische auch ich heute: »Angesichts der immer wieder- schicken. Der Papst rief die Verantwortlichen Flagge. Abschließend erhoben sich alle Anwe- kehrenden Dramen, die jeder Bewohner dieses des Landes auf, dem Land eine gemeinsame senden zu einem stillen Gebet für den Libanon. Landes kennt, sind wir uns der extremen Gefahr bewusst, die die Existenz des Landes selbst be- sie die Eigeninteressen beiseitelassen und auf Namen des gemeinsamen Interesses, einer wah- droht. Der Libanon darf in seiner Einsamkeit das Gemeinwohl und die Zukunft des Landes ren Kultur der Begegnung, des Zusammenlebens nicht allein gelassen werden« (Apostolisches blicken. Außerdem rufe ich erneut die internatio- im Frieden, der Brüderlichkeit. Ein Wort, das dem Schreiben an alle Bischöfe der katholischen Kir- nale Gemeinschaft auf, das Land zu unterstützen, heiligen Franziskus sehr am Herzen lag: Brüder- che über die Situation im Libanon, 7. September um ihm zu helfen, die schwere Krise hinter sich lichkeit. Möge diese Eintracht eine Erneuerung 1989). zu lassen, ohne in die regionalen Spannungen im gemeinsamen Interesse sein. Auf dieser Über hundert Jahre lang war der Libanon ein eingebunden zu sein. Grundlage lässt sich die Kontinuität der christli- Land der Hoffnung. Auch in den dunkelsten Zei- Insbesondere richte ich mich an die Bewoh- chen Präsenz und eures unschätzbaren Beitrags Konfessionen und religiösen Traditionen ein, sich ten seiner Geschichte haben die Libanesen ihren ner von Beirut, die von der Explosion schwer mit- zum Land, zur arabischen Welt und zur ganzen dieser Initiative anzuschließen, in der Form, die Glauben an Gott bewahrt und die Fähigkeit be- genommen wurden: Fasst wieder Mut, Brüder Region gewährleisten, im Geist der Brüderlich- ihnen am geeignetsten erscheint, aber alle ge- wiesen, ihr Land zu einem einzigartigen Ort der und Schwestern! Der Glaube und das Gebet mö- keit zwischen allen religiösen Traditionen, die im meinsam. Toleranz, der Achtung, des Zusammenlebens in gen eure Kraft sein. Verlasst eure Häuser und Libanon vorhanden sind. Und jetzt bitte ich euch, Maria, Unserer Lie- der Region zu machen. Die Aussage, dass der Li- euer Erbe nicht, macht nicht den Traum jener zu- Und aus diesem Grund möchte ich alle einla- ben Frau von Harissa, unsere Sorgen und Hoff- banon etwas mehr darstellt als einen Staat, ist zu- nichte, die an die Zukunft eines schönen und ge- den, am kommenden Freitag, dem 4. September, nungen anzuvertrauen. Möge sie alle stützen, die tiefst wahr: Der Libanon »ist eine Botschaft der deihenden Landes geglaubt haben. einen weltweiten Gebets- und Fastentag für den um ihre Angehörigen trauern, und all jenen Mut Freiheit, ein Vorbild des Pluralismus sowohl für Liebe Hirten, Bischöfe, Priester, geweihte Libanon zu halten. Ich beabsichtige, an jenem Tag einflößen, die ihre Häuser und mit ihnen einen den Osten als auch für den Westen« (ebd.) Für das Männer, geweihte Frauen, Laien: Begleitet eure meinen Vertreter in den Libanon zu senden, um Teil ihres Lebens verloren haben. Möge sie Für- Wohl des Landes, aber auch der Welt dürfen wir Gläubigen auch weiterhin. Und euch, die die Bevölkerung zu begleiten: Der Staatssekretär sprache halten beim Herrn Jesus, auf dass das nicht zulassen, dass dieses Erbe verlorengeht. Bischöfe und Priester, bitte ich um apostolischen wird in meinem Namen dorthin reisen, um Land der Zedern neu erblühen und den Wohlge- Ich ermutige alle Libanesen, weiter zu hoffen Eifer; ich bitte euch um Armut, keinen Luxus, meine Nähe und Solidarität zum Ausdruck zu ruch des Zusammenlebens in der ganzen Region und wieder die notwendigen Kräfte und Energien Armut mit eurem Volk, das leidet. Seid ein Vor- bringen. Wir entbieten unser Gebet für den des Nahen Ostens verbreiten möge. zu finden, um neu anzufangen. Ich bitte die Poli- bild der Armut und der Demut. Helft euren Gläu- ganzen Libanon und für Beirut. Wir sind auch Und jetzt lade ich alle ein, sich wenn möglich tiker und die Verantwortlichen der Religions - bigen und eurem Volk, sich wieder zu erheben nahe mit konkreten Werken der Nächstenliebe, zu erheben und in Stille für den Libanon zu be- gemeinschaften, sich aufrichtig und mit Transpa- und Protagonisten einer Neugeburt zu sein. Seid wie bei anderen, ähnlichen Gelegenheiten. Ich ten. renz für den Wiederaufbau einzusetzen, indem alle Stifter der Eintracht und der Erneuerung im lade auch die Brüder und Schwestern anderer (Orig. ital. in O.R. 3.9.2020)

Besuch von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin in Beirut In Frieden und Würde zusammenleben

Vielfalt idealerweise ein Vorbild und hatte Parolin gesagt: »Wenn wir an Ih- weiter: »Der Libanon braucht die Stabilitätsfaktor für die ganze Region. rer Seite stehen, finden wir den Mut, Welt – doch die Welt braucht auch die Aoun seinerseits sicherte mit Blick auf gemeinsam zu schreien: Genug!« Das einzigartige Erfahrung des Landes von die verheerende Explosion vor einem erlittene Leid könne »die Entschlossen- Solidarität und Freiheit.« Monat zu, »dass allen, die verantwort- heit stärken, in Frieden und Würde zu- Bei einer heiligen Messe später im lich oder fahrlässig gehandelt haben, sammenzuleben und eine bessere Re- Wallfahrtsort Harissa ging Parolin ex- Gerechtigkeit widerfahren wird«. Dies gierungsführung anzustreben, der es plizit auf die Wut und Ungeduld junger sei das Recht der Libanesen. um Verantwortung, Transparenz und Menschen ein. Diese reagierten inzwi- Anschließend besuchte Kardinal Rechenschaftspflicht geht«. schen allergisch darauf, wenn jemand Parolin den Ort der Explosionskatas - Gemeinsam könne man Gewalt die sprichwörtliche Resilienz der Liba- trophe vom 4. August im Hafen von und Autoritarismus überwinden. nesen lobe. Vielfach bedeute dies ein Beirut sowie das Denkmal der Aus- Dafür müssten traditionelle Parteien Ablenken von »Straffreiheit« und Beirut. Bei seiner zweitägigen Ansprachen und Predigten mahnte der wanderer. Dort gedachte Parolin so- wie neue politische Bewegungen vor »schuldig gebliebener Rechenschaft«. Reise in den Libanon hat Kardinal- Kardinal gleichzeitig zu tiefgreifenden wohl der Opfer der Explosion wie auch allem gezielt junge Menschen fördern Insgesamt absolvierte Kardinal- staatssekretär Pietro Parolin den Men- politischen und sozialen Reformen. der Emigranten. Insbesondere die und in die Verantwortung einbezie- staatssekretär Parolin im Libanon ein schen des Landes ideelle wie auch ma- Zu Beginn seines zweiten Besuchs- christliche Gemeinschaft im Libanon hen. Niemand aber dürfe »die Träume umfangreiches Reise- und Besuchspro- terielle Hilfen zugesagt. Bei mehreren tages traf Kardinal Parolin mit Staats- leidet seit Jahrzehnten unter Abwan- der Jugend manipulieren«, warnte der gramm. Dies gilt umso mehr, als der Begegnungen mit Politikern und Reli- präsident Michel Aoun zusammen. derung, vor allem junge Christen se- Kardinal mit Blick auf Extremisten. Vatikan die Reise erst kurzfristig am gionsführern am Donnerstag, 3., und Dabei betonte er die Auffassung des hen wenig Zukunft in ihrem Land. »Der Libanon ist nicht allein. Wir 2. September bekanntgegeben hatte, Freitag, 4. September, sicherte der Kar- Heiligen Stuhls, der Libanon sei in sei- Vor einem Gespräch und Mittages- stehen still an Ihrer Seite, um Ihnen als Franziskus den weltweiten Gebets- dinal dem Land Solidarität zu. In seinen ner religiösen und gesellschaftlichen sen mit dem Oberhaupt der größten unsere Liebe zu bekunden«, so Parolin und Fasttag für den Libanon ausrief. christlichen Gruppe, dem maroniti- schen Patriarchen Kardinal Béchara Boutros Raï, traf Parolin mit Überleben- den der Explosion und Angehörigen von Opfern zusammen. Zudem be- suchte er Krankenhäuser im zerstörten Stadtteil Ashrafieh. Anlass der kurzfristig bekanntge- gebenen Reise war ein vom Papst am Mittwoch, 2. September, ausgerufener Gebets- und Solidaritätstag mit dem Li- banon am Freitag, 4. September. Dazu wiederholte Parolin mehrfach die Auf- forderung von Franziskus an die inter- nationale Gemeinschaft, den »Libanon nicht allein zu lassen«. Bei einem Treffen mit christlichen und muslimischen Vertretern in der Georgs-Kathedrale von Beirut am ers- Der Glaube gibt den Menschen im Libanon Trost und Halt. Fotos: ANSA ten Besuchstag (siehe Bild links oben) Kardinal Parolin lässt sich das Ausmaß der Zerstörung in Beirut zeigen.