Humanité 1 | 2017

Prävention in Paraguay Gegen das Schweigen

Ernst Widmer, Fan vom Notruf SRK Herzlichen Dank, Rotes Kreuz!

20 Jahre 2 × Weihnachten 13 Zeichen schicken Glück

Bosnien und Herzegowina Die Kraft der aktiven Alten 4 15 12

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REPORT – Prävention in Paraguay 4 Gegen das Schweigen 8 Für die Vernachlässigten sorgen Impressum Humanité 1/2017 Februar 2017 12 ERLEBT – Ernst Widmer, Fan vom Notruf SRK ISSN 1664-1159 Herzlichen Dank, Rotes Kreuz! Titelseite und Rückseite: Remo Nägeli

Herausgeber: Schweizerisches Rotes Kreuz, Rainmattstrasse 10, Postfach, 3001 14 IM GESPRÄCH – Annemarie Huber-Hotz, Telefon 058 400 41 11, [email protected], www.redcross.ch Präsidentin des SRK Spenden: Postkonto 30-9700-0 Für die Zukunft bereit IBAN CH97 0900 0000 3000 9700 0 Beratung für Legate: Telefon 058 400 42 83 Adressänderungen: E-Mail an [email protected] 15 EINBLICK – Wiederaufbau auf den Philippinen oder Telefon 058 400 44 64 Bambushäuser der neuen Generation Redaktionsadresse: Schweizerisches Rotes Kreuz, Redaktion Humanité, Postfach, 3001 Bern, [email protected], www.magazin-humanite.ch 18 ENGAGIERT – 20 Jahre 2 × Weihnachten Redaktion: Tanja Reusser (Redaktionsleitung), Célia Francillon 13 Zeichen schicken Glück (Gesundheit und Integration), Daniela Mathis (Internationale Zusammenarbeit), Isabelle Roos (Corporate Partnerships), Katharina Schindler (Internationale Zusammenarbeit), Katrin Schöni (Gesundheit und Integration), Regula Zellweger 22 VOR ORT – Bosnien und Herzegowina (Internationale Zusammenarbeit) Die Kraft der aktiven Alten Mitarbeitende dieser Ausgabe: Markus Mader, Marco Ratschiller, Julia Zurfluh Abo-Kosten: Das Abonnement kostet CHF 6.– 26 PERSÖNLICH – Lebensgeschichte von pro Jahr und ist für SRK-Gönnerinnen und SRK-Gönner im Beitrag enthalten. Gerhard Ulrich Erscheinungsweise: vier Mal jährlich Sprachen: deutsch, französisch und italienisch Zug um Zug Gesamtauflage: 126824 Bildrechte aller Fotos ohne Hinweis: Schweizerisches Rotes Kreuz 29 KREUZ & QUER Übersetzungen: Übersetzungsdienst SRK Layout, Lektorat und Druck: Vogt-Schild Druck AG, Tee mit Kultstatus Derendingen Rätsel/Cartoon Nächste Ausgabe: Juni 2017

PERFORMANCE

neutral Drucksache No. 01-16-396662 –www.myclimate.org ©myclimate –The Climate Protection Partnership

Für Humanité wird ausschliesslich Recyclingpapier verwendet, das aus 100 % Altpapier hergestellt wur- de. Dies schont Ressourcen und somit die Umwelt.

2 Humanité 1/2017 EDITORIAL Blattner Roland ©

Hinter die Fassaden blicken

Liebe Leserin, lieber Leser

Der ländlichen Bevölkerung Paraguays sieht man nicht an, wie gross die Armut ist. Die Kinder tragen Schuluniformen, Frauen und Männer sind sauber gekleidet. Erst bei den Familien zu Hause zeigt sich, dass sie jeden Céntimo zwei Mal umdrehen müssen. In Bosnien und Herzegowina leben die Ältesten und Ärmsten zurückgezogen und einsam in baufälligen Wohnungen. Man sieht sie kaum in der Stadt. Die zwei Länder in Südamerika und Osteuropa haben gemeinsam, dass die Not gross ist, auch wenn sie nicht immer offensichtlich ist. Mit dem Ansatz Hilfe zur Selbsthilfe kann das Schweize- rische Rote Kreuz in beiden Ländern viel bewegen. Ich empfehle Ihnen die Lektüre ab den Seiten 4 und 22. Besonders, wenn Sie vom Leben im einen oder anderen Land noch kaum je etwas gehört oder gelesen haben.

In der Schweiz dürfen wir uns glücklich schätzen, dass Lücken in der Versorgung oder Betreuung von Bedürftigen meist rasch erkannt und geschlossen werden. Auch durch die Rotkreuz-Kantonalverbände, die besonders für ältere, kranke oder behinderte Menschen Unterstützung bieten. Ein klassisches Beispiel dafür ist der Rotkreuz-Notruf, der mit Ernst Widmer einen echten Fan hat, wie Sie auf Seite 12 sehen.

Es grüsst Sie herzlich

Markus Mader Direktor des Schweizerischen Roten Kreuzes

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Prävention in Paraguay Gegen das Schweigen

Die 17-jährigen Schülerinnen Gabriela Gamarra und Yasmin Gómez testen an der Hand, wie weit sich ein Kondom dehnen lässt. Das Thema ist nicht selbstverständlich. Mangels Aufklärung und Verhütung sind in Paraguay 20 Prozent aller werdenden Mütter noch minderjährig. Vier Mal mehr Menschen als in der Schweiz infizieren sich mit Aids. Deshalb unterstützt das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) die Prävention und bildet Jugendliche aus, die ihr Wissen aus eigener Überzeugung an Gleichaltrige weitergeben. Wirksame Massnah- men, die wichtig sind für die Zukunft einer ganzen Generation.

TEXT: DANIELA MATHIS BILDER: REMO NÄGELI

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rancisca Valenzuela war 37, als sie Fschwer krank wurde. Man sah sie kaum noch im Dorf. Ungewöhnlich fan- den das auch die Mitarbeitenden der Organisation Tesãi Reka, die regelmäs- sig im Dorf Arroyito vorbeikommen. Denn die neugierige Frau hatte nie eine der Veranstaltungen der NGO (Nichtre- gierungsorganisation) ausgelassen. In einer der ärmsten Regionen Paraguays informiert Tesãi Reka durch Vorträge die Bevölkerung über ihre Grundrechte wie der allgemeine Zugang zu Gesund- heit, aber auch über stark tabuisierte Themen. Sexualität und Intimität bei- Die jungen Promotoren sind überzeugt von dem, was sie gelernt haben, und dadurch spielsweise, sexuelle Gesundheit oder glaubwürdig – das kommt gut an bei den Jugendlichen Familienplanung. Es geht auch um Dis- kriminierung sowie um die Selbstbe- diesen Treffen gelernt habe, wäre es nie schwach. Da bekam ich die Diagnose.» stimmung über den eigenen Körper und so weit gekommen.» Nur ihre Familie Das war ein Schock. Sie wusste praktisch das eigene Leben. weiss, dass sie mit dem HI-Virus leben nichts über Aids und dachte, es wäre ihr Trotz heftigem Dauerregen sind an diesem muss. Aus Angst vor Diskriminierung Todesurteil. Dank der Unterstützung Vormittag mehrere Zuhörende gekom- spricht sie vor ihren Nachbarn nicht da- von Tesãi Reka und der Stiftung Vencer men, um von den freiwilligen Gesund- rüber. Damals, als sie akut krank war, (Spanisch für «Besiegen, Überwinden»), heitspromotorinnen von Tesãi Reka zu schaute eines Tages Tesãi Reka bei ihr den beiden Partnerorganisationen des lernen. diskutieren sie über Gewalt. SRK in Paraguay, erhielt die Witwe alle Ein Phänomen, über das kaum gespro- «Hätte ich all dies früher nötigen Informationen. «Ich wusste ja chen wird. Ein etwa vierzigjähriger Mann gewusst, was ich an den Treffen damals überhaupt nicht, was mit mir unterstreicht, wie wichtig Sensibilisierung gelernt habe, wäre es nie so los war. Nach allem, was mir passiert ist, sei. Er setze sich ein für ein gewaltfreies weit gekommen.» möchte ich, dass mein Umfeld besser in- Zusammenleben in der Gemeinschaft und formiert ist», sagt Francisca Valenzuela in der Familie. Nicht wegschauen, sondern vorbei.«Ich ging nicht zum Arzt, der war rückblickend. «Ich wollte immer Kran- helfen oder Hilfe holen im Ernstfall. «Da- zu weit weg», erzählt die Selbstversor- kenschwester werden. Doch weil wir mit sich etwas ändert», fordert er. gerin, die von ihrem kleinen Stück Land arm waren, verliess ich wie so viele an- und ein paar Haustieren lebt. «Ich hat- dere die Schule frühzeitig. Ein Studium Betroffene als Promotorin te kein Geld, um bis zum Krankenhaus konnten wir uns sowieso nicht leisten. Francisca Valenzuela ist heute wieder zu fahren.» Zudem war ihr Mann kurz Als Gesundheitspromotorin kann ich dabei. Die mittlerweile 42-Jährige lässt zuvor gestorben. Sie brachten sie nach meiner Gemeinschaft heute helfen, das sich zur Promotorin ausbilden. «Hät- Asunción ins Krankenhaus. «Gleich 18 macht mich glücklich. Der Virus wird te ich alles früher gewusst, was ich an Tage behielten sie mich dort, ich war so mich nicht aufhalten, etwas zu verän- dern», sagt die dreifache Mutter. Eine Ansteckung kann, aber muss heut- zutage nicht mehr tödlich sein. Wichtig ist, dass die Betroffenen gleich nach der Diagnose betreut werden, Unterstüt- zung und Zugang zu den antiretrovira- len Medikamenten erhalten.

Zurück im Leben In der Hauptstadt Asunción begegnen wir Carlos Cortázar. Der 23-Jährige blickt etwas scheu aber voller Energie in Ein Gesundheits- posten bietet in die Zukunft. Seine braunen Augen wer- ländlichen Gebieten den traurig, als er erzählt, wie schwierig die einzige es war, seiner Mutter zu beichten, dass medizinische Ver- sorgung für rund er HIV-positiv ist. «Erst muss man selber 4000 Menschen mit der Diagnose klarkommen. Ich war

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19, als ich es herausfand, per Zufall, und damit stark gefährdet, sich mit sexuell haben viel gelernt. Weder die Gesell- ich dachte, das war’s jetzt!» Zum Glück übertragbaren Krankheiten anzuste- schaft noch die Familie oder der Partner liess ihn der Arzt mit diesem Urteil nicht cken oder viel zu früh Eltern zu werden. sollten über uns bestimmen, sondern alleine, sondern vermittelte den Kon- Das gefährdet nicht nur die Gesundheit jede einzelne Person für sich selber.» takt zur Stiftung Vencer. «Sie gaben mir der zu jungen Mütter, sondern auch de- Information bedeutet, eine Wahl zu die Hoffnung, dass das Leben weiter- ren Zukunft in einem Land, in dem gut haben und bewusst eine Entscheidung geht und zeigten mir, dass ich mit den ein Drittel der Bevölkerung in Armut lebt treffen zu können. Medikamenten ein gutes Leben führen und etwa 60 Prozent kaum oder keinen Die Informationsvermittlung ist umso kann.» Seit vier Jahren lebt der Kellner Zugang zur Gesundheitsversorgung ha- wichtiger, hat doch nicht einmal die mit seinem Partner zusammen, der ge- ben. Hälfte der Bevölkerung Zugang zum sund ist. «Wie Vencer hat auch er mich Das konservative und katholisch ge- Internet. Die beiden Oberstufenschüle- immer unterstützt, auch als ich nach prägte Land tut sich schwer, über solche rinnen kennen Gleichaltrige, die aus Un- zwei Jahren endlich bereit war, es mei- Tabuthemen zu sprechen. Aufklärung wissenheit viel zu früh schwanger wur- ner Familie zu erzählen.» Dabei steigen steht nicht im offiziellen Lehrplan. Tesãi den und plötzlich vor einer verbauten ihm Tränen in die Augen. «Ich wusste, Reka und Vencer besuchen daher lan- Zukunft stünden. «Heute räumen wir meiner Mutter würde es das Herz zer- desweit Schulen für die Aufklärung und mit dem weit verbreiteten Halbwissen

Carlos Cortázar ist HIV-positiv und hätte ohne Unterstützung nach Francisca Valenzuela hat nie von Aids gehört, bis sie erfuhr, dass der Diagnose nicht mehr ins Leben zurückgefunden sie unwissentlich infiziert wurde reissen. Zum Glück war die Sozialarbei- Prävention in der Oberstufe. Zur Verstär- auf, wenn wir mit anderen diskutieren, terin von Vencer für uns da.» Sie sass kung bilden sie Jugendliche als Promo- seien es Eltern oder Gleichaltrige. Wir mehrmals mit seiner Mutter zusammen toren aus, die Gleichaltrigen ihr Wissen mischen uns ein.» und nahm ihr die Angst und die Zweifel, weitergeben. «Die meisten in meinem erklärte ihr, dass es ein Leben, eine Zu- Alter sind zu schüchtern, darüber zu Für eine bessere Zukunft kunft auch mit HIV gibt. «Dafür bin ich reden», bestätigt die Schülerin Gabriela Francisca Valenzuela kann dank den Me- unendlich dankbar.» Gamarra. Sie hat viel gelernt in den Auf- dikamenten ein normales Leben führen. Der junge Mann geht auch heute noch klärungsstunden und realisiert, wie viele Geblieben ist ihre kritische Haltung.«Der alle zwei Wochen zu den Treffen der Falschinformationen noch heute kursie- Staat ist weitgehend abwesend im öf- Selbsthilfegruppe bei Vencer. Sie seien ren. «Dagegen heisst es anzukämpfen», fentlichen Leben von uns Paraguayern. sehr wichtig. «Dort können wir frei von sagt uns die bald 17-Jährige. Sie möchte Ohne die Unterstützung von Tesãi Reka unseren Ängsten sprechen und wir wis- andere informieren. «Schliesslich geht und dem Schweizerischen Roten Kreuz sen, wir sind nicht alleine. Komme, was es um unsere Zukunft. Ich will Medizin wäre unser Leben noch schwieriger. Nur da wolle.» studieren und nicht so jung ein Kind be- dank ihnen haben wir Zugang zu einer kommen. Jetzt weiss ich, wie ich meinen Gesundheitsversorgung. Und Unterstüt- Die Wahl haben Traum erreichen kann.» Aufklärung und zung in schweren Momenten, so wie ich In Paraguay erkranken jährlich etwa Prävention sind der Schlüssel für eine sie erlebt habe.» Damit ihre Kinder eine vier Mal mehr Menschen an HIV als in erfolgreiche Zukunft ihrer Generation. Zukunft haben, sei es umso wichtiger, der Schweiz. Aids ist ein wachsendes Davon ist auch ihre Schulkollegin Yas- sie so früh wie möglich aufzuklären und Problem, ebenso die Jugendschwan- min Gómez überzeugt. Die 17-Jährige ihnen alles erforderliche Wissen mit auf gerschaften: 20 Prozent der werdenden spricht zu Hause über das, was sie ge- den Weg zu geben.» Bei ihrem Engage- Mütter in Paraguay sind minderjährig. lernt hat. Auch über starre Rollenbilder, ment denkt sie nicht zuletzt an ihre drei Die Gesellschaft – und insbesondere die über Gewalt. «Ich bin sehr dankbar, dass eigenen Töchter. Jugendlichen – ist kaum aufgeklärt und Tesãi Reka bei uns an der Schule war. Wir ➔ redcross.ch/paraguay

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Engagement in Paraguay Für die Vernach- lässigten sorgen

Hierzulande hat kaum jemand weitreichende Kenntnisse über das südamerikanische Land, auch weil es wenig touristisch ist. Der Programmverantwortliche Urs Schori erklärt, weshalb sich das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) in Paraguay engagiert.

INTERVIEW: DANIELA MATHIS FOTO: REMO NÄGELI

Urs Schori, wieso setzt sich das SRK rige, Tendenz steigend. Diese zu jungen die Angebote überhaupt kennen und in Paraguay ein? Mütter gefährden ihre Ausbildungs- nutzen. Dazu führt Tesãi Reka Aufklä- Reichtum und Einkommen sind extrem möglichkeiten und ihre Gesundheit. rungskampagnen durch, vermittelt zwi- ungleich verteilt. Wenn man im Land Mangelernährung bei Kindern unter schen Dorfbevölkerung und Behörden unterwegs ist, sieht man nicht auf den fünf Jahren ist weit verbreitet. Das SRK und bestärkt die Menschen darin, ihr ersten , dass rund ein Drittel der unterstützt den Gesundheitsbereich Recht auf Gesundheitsversorgung ein- Bevölkerung in Armut lebt, davon die und setzt auf Prävention sowie Aufklä- zufordern. Hälfte in extremer Armut. Die Gesund- rung. Es ist Potenzial vorhanden, mit heitsversorgung in ländlichen Gebieten wenigen Massnahmen viel zu bewegen. Arbeitet das SRK in Paraguay genügt keineswegs. Fast zwei Drittel auch mit dem lokalen Roten Kreuz der Menschen haben kaum Zugang zur Was bedeutet das? zusammen? Gesundheitsversorgung. Die Mütter- Wir stärken die Gesundheitsversorgung, Ja, für die Nothilfe – beispielsweise nach sterblichkeit in diesen Regionen ist ent- indem wir einige Unidades de Salud de Überschwemmungen – und für Mass- sprechend sehr hoch. Ein Fünftel aller la Familia unterstützen. Das sind staat- nahmen zur Katastrophenprävention ist Schwangerschaften betrifft Minderjäh- liche Gesundheitsposten auf dem Land, das Paraguayanische Rote Kreuz unser die je rund 4000 Menschen erreichen. Partner. Im Bereich Gesundheit ist Tesãi Die medizinische Einrichtung ist aber oft Reka eine bedeutende unabhängige in schlechtem Zustand. Deshalb finan- Organisation, welche direkt in den Ge- URS SCHORI ziert das SRK deren Erneuerung oder Re- meinden tätig ist und stark in der Bevöl- Der 60-Jährige ist Pro- paratur. Das ist wichtig, denn meist gibt kerung verankert ist. Mit den Nöten der grammverantwortlicher des SRK für Paraguay, es weit und breit keine andere medizini- Kleinbauern und Landlosen ist die Orga- Bolivien und Ecuador. Vor sche Grundversorgung. Noch wichtiger nisation vertraut. Seit wenigen Jahren seiner Tätigkeit beim SRK ist aber, dass wir mit unserer Partneror- ist dank der Lobbyarbeit von Tesãi Reka arbeitete er bereits für den Bund und ein Schweizer ganisation Tesãi Reka Paraguay dafür und Vencer, unserem zweiten Partner, Hilfswerk in Lateinamerika. sorgen, dass die Familien in den Dörfern das Recht auf eine Gesundheitsversor-

So unterstützen Sie das SRK in Paraguay konkret:

Betreuung Nothilfe Gesundheit

Beratung und Nothilfekits mit Aufklärungs- Nutzen Sie den Betreuung von Saatgut für Workshops in Einzahlungs- 12 HIV-infizierten 6 betroffene Klein- zwei Dörfern durch schein oder Menschen während bauernfamilien nach geschulte Gesundheits- spenden Sie mit 1 Monat Überschwemmungen promotoren dem Vermerk «Humanité 34 Franken 54 Franken 90 Franken Paraguay» IBAN CH97 0900 0000 3000 9700 0

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Wasser, das zum Wasser geht Erstaunliche Fakten über ein südamerikanisches Binnen- land, dessen Name mit Wasser zu tun hat.

TEXT: DANIELA MATHIS FOTO: REMO NÄGELI

Paraguay liegt eingebettet zwischen den grossen Nachbarn Argentinien, Boli- vien und Brasilien. Obwohl es keinen Zugang zum Meer hat, ist Wasser überall präsent. Die beiden grossen Flüsse Río Paraguay – Namensgeber und Lebensader des Landes – und Río Paraná verursachen immer wieder grosse Verwüstungen, wenn sie regelmässig das flache Land überfluten. Paraguay bedeutet auf Guaraní «Wasser, das zum Wasser geht». Es ist das einzige Land auf dem südamerikani- «Stopp Aids»: eine wichtige Botschaft an schen Kontinent, in dem die Sprache der Ureinwohner, Guaraní, von fast allen der Wand im Gesundheitsposten gesprochen wird. Guaraní und Spanisch werden häufig gleichzeitig gesprochen, man wechselt fliessend von einer Sprache in die andere. Als zweite Amtssprache gung in der Verfassung verankert. Wie ist sie dem Spanischen verfassungsmässig gleichgestellt. in der Reportage beschrieben, erreichen Alfredo Stroessner regierte 35 Jahre lang das Land wie ein Familienunternehmen. die beiden Organisationen mit unserer Diese Strukturen sind in der heutigen Politik noch immer zu finden. Seit dem Unterstützung tatsächlich die wichtigen Ende der Diktatur 1989 regiert die Colorado-Partei Stroessners fast ununterbro- Zielgruppen. chen in Paraguay und dominiert weiterhin mit ihren Netzwerken. Das Binnenland ist fast zehnmal so gross wie die Schweiz, hat aber nur eine Be- Gehören die Jugendlichen zur völkerung von knapp 7 Millionen Einwohner. Agrar- und Viehwirtschaft domi- wichtigsten Zielgruppe? nieren die Wirtschaft. Paraguay exportiert mehr Rindfleisch als Argentinien oder Ja, weil die Weichen für eine bessere Zu- Europa und verfügt über riesige Anbauflächen für Mais und Soja. Der Grossteil kunft noch gestellt werden können. Die des nutzbaren Landes gehört einigen wenigen Grossgrundbesitzern. Diese Struk- vielen jungen Mütter, die selber noch tur fördert die extrem ungleiche Verteilung von Vermögen und Einkommen. Die fast Kinder sind, die vergleichsweise sehr ländliche Armut ist trotz jährlichen Wachstumsraten der Exportlandwirtschaft hohe Zahl von Menschen, die sich noch erhalte n geblieben. Hinzu kommt die Vergiftung von Böden und Wasser durch immer mit dem HI-Virus oder anderen den massiven Einsatz von Kunstdüngern und Pestiziden in der Landwirtschaft. Geschlechtskrankheiten anstecken, stel- Das gefährdet zusätzlich die Gesundheit vieler Landarbeiter und deren Familien. len das Land vor noch grössere Heraus- Die mangelhaften Bildungsmöglichkeiten sind ein Grund dafür, dass 35 Prozent forderungen, wenn wir nicht jetzt etwas in Armut leben. Rund 20 Prozent der Jugendlichen brechen die Schule frühzeitig dagegen unternehmen. Gute präventi- ab, weil sie arbeiten müssen, um die Familie zu unterstützen. ve Massnahmen verhindern Kosten im ➔ redcross.ch/paraguay Gesundheitswesen und viel Leid.

Hat Paraguay nicht grössere Probleme als HIV? Die zunehmende Anzahl an HIV-Infizier- ten zeigt, dass es ein wachsendes Pro- blem ist. Und zwar quer durch die ganze Bevölkerung. Zudem werden noch lange nicht alle HIV-Infizierten erreicht. Kaum mehr als ein Drittel der Betroffenen ha- ben Zugang zu einer antiretroviralen Therapie, die ihnen ein fast normales Leben ermöglicht. Die Kombination aus Prävention und Behandlung verringert zudem ein mögliches Ansteckungsrisiko für andere. Sexuelle und reproduktive Gesundheit ist ein Bereich, der von der

WHO als zentral erachtet wird. Kleinbauernfamilien sind in allen Bereichen des Lebens benachteiligt ➔ redcross.ch/paraguay

Humanité 1/2017 9 Setzen Sie ein Zeichen für

Liebe für die Nächsten – das SRK im Testament berücksichtigen die nächste Generation. www.redcross.ch/legat el enk Fr alia /T oss Cr Red American

Mit einem Testament stellen Sie sicher, dass Ihr Bitte senden Sie mir kostenlos den Vermögen in Ihrem Sinn verteilt wird. Der kostenlose SRK-Testamentratgeber Testamentratgeber des Schweizerischen Roten Kreuzes erklärt, welche Möglichkeiten Sie haben, Name damit Ihr letzter Wille rechtlich gültig ist.

Vorname Bestellen Sie unseren Testament­ Strasse/Nr. ratgeber oder kontaktieren Sie mich für ein persönliches Gespräch. PLZ/Ort

Telefon Marianne Dätwyler Telefon 058 400 42 83 E-Mail [email protected] www.redcross.ch/legat Geburtsdatum

❏ Bitte nehmen Sie Kontakt mit mir auf

Schweizerisches Rotes Kreuz Marianne Dätwyler Rainmattstrasse 10 Postfach CH-3001 Bern KURZ & BÜNDIG

Fachtagung zur Unterversorgung von Folter- und Kriegsopfer ■ 120 interessierte Teilnehmende tref- fen sich am 7. Dezember 2016 in Bern, um mit Referaten, Diskussionen und einem Podium die «Psychiatrische Un- terversorgung von Folter- und Kriegs- opfern in der Schweiz» zu vertiefen. Das Ambulatorium SRK und der Verbund Support for Torture Victims organisieren die Fachtagung. Angesprochen werden

der Mangel an qualifiziertem Personal, Nägeli die allzu niedrige Anzahl Therapieplätze Remo und die ungelöste Frage der Überset- © zungskosten. Gerade beim letzten Pro- blem drängen Fachkreise auf eine nati- Winterhilfe für syrische Flüchtlinge im Libanon onale Lösung, zum Beispiel durch eine ■ Der Winter kann in den Hochebenen terstützung des SRK im Libanon in Zu- explizite Regelung im Krankenversiche- Libanons empfindlich kalt werden, ins- sammenarbeit mit dem Libanesischen rungsgesetz. besondere in den improvisierten Flücht- Roten Kreuz. Dazu zählt insbesondere lingscamps in der Bekaa-Ebene. Am die Hilfe mit Bargeld für 650 Familien. nördlichen Ende im Distrikt Hermel un- Sie erhalten das ganze Jahr monatlich terstützt das Schweizerische Rote Kreuz 175 US-Dollar, um ihre dringendsten Be- (SRK) auch diesen Winter syrische Flücht- dürfnisse zu decken, und zusätzlich im linge und bedürftige einheimische Men- Winter einen Beitrag, um sich besser vor schen. Während vier Monaten erhalten der Kälte schützen zu können. Libanon 450 besonders verletzliche Familien hat seit Kriegsbeginn in Syrien vor bald monatlich Gutscheine im Wert von 100 sechs Jahren mehr als eine Million syri- US-Dollar, um Heizöl zu beziehen. Die sche Flüchtlinge aufgenommen. Winterhilfe ergänzt die langjährige Un- ➔ redcross.ch/libanon Sprechstunde fürs Digitale SLRG – Rettungschwimmerin und ■ Das Jugendrotkreuz verbindet die Ge- Rettungsschwimmer des Jahres nerationen, auch digital. Jeden Dienstag ■ Jeweils Ende Jahr kürt die Schweize- schwimmen. Die SLRG leistet diesbezüg- um 17 Uhr beantworten junge Freiwil- rische Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG lich seit Langem zielgruppengerechte lige beim Freiburgischen Roten Kreuz die Rettungsschwimmerin oder den Ret- Präventionsarbeit. Sie veranschaulicht alle persönlichen Fragen zu Smartpho- tungsschwimmer des Jahres. 2016 ge- die Baderegeln mit Piktogrammen und nes, Tablets, Laptops und Internet. Diese bührt diese Ehre zwei Personen. Patrizia übersetzt sie in 10 Sprachen: «Sprechstunde für neue Technologien» und Neil Herrmann erhalten von Daniel ➔ migesplus.ch -> Publikationen ist kein Kurs, wie ihn Mobilfunkanbieter Biedermann (rechts), dem Präsidenten anbieten, sondern eine Beratung, die der SLRG, eine finanzielle Unterstützung sich nach den Bedürfnissen der Ratsu- und eine Urkunde. Dank dem Ehepaar chenden richtet. Die Seniorinnen und Herrmann lernen im Sommer 2016 ei- Senioren stellen ihre individuelle Frage. nige Asylsuchende des Durchgangszen- Zum Beispiel wie man ein Profilbild aus- trums Winterthur schwimmen. Die SLRG tauscht, online einen Flug bucht, Apps würdigt das freiwillige Engagement der runterlädt oder wie man online einkauft. beiden Vorstandsmitglieder der Sektion Die jungen Freiwilligen setzen ihr digita- Rafzerfeld, weil es sich an eine nachweis- les Wissen sinnbringend ein und üben lich gefährdete Zielgruppe richtet, wie sich in Geduld sowie gutem Zuhören. die Statistik zeigt. Die Hälfte der Ertrin- Die ältere Generation wird ermutigt, die kungsopfer 2016 sind Menschen mit Mi- vielen Online-Angebote zu entdecken, grationshintergrund. Viele Asylsuchende die für das tägliche Leben praktisch sind. sind sich im und am Gewässer kaum der SLRG ➔ croix-rouge-fr.ch Gefahren bewusst und können nicht ©

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Ernst Widmer, 68, geniesst seinen Garten – immer dabei: der Notruf SRK

Ernst Widmer, Fan vom Notruf SRK Herzlichen Dank, Rotes Kreuz! Als Fan des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) hat Ernst Widmer durch die Plakate und Inserate alte Freunde wiedergefunden. Der Notruf des SRK erlaubt dem aktiven Rentner seit Mitte fünfzig, dass er alleine in seinem geliebten Zuhause bleiben kann. Damals erlebte er die schlimmste Zeit seines Lebens.

TEXT: CÉLIA FRANCILLON BILDER: MONIKA FLÜCKIGER

chon als Kleinkind litt Ernst Widmer Rotkreuz-Notruf konnte er dennoch in fibrillator implantiert wurde. Eine schwie- Sunter Atembeschwerden. Als Asth- seinem Haus wohnen bleiben. rige Zeit begann. Ernst Widmer war schon matiker erkrankte er immer wieder an Es begann alles 1996 mit einer nicht rich- geschwächt, weshalb er sein Arbeitspen- Bronchitis. Doch nie hätte er sich vorstel- tig abgeheilten Bronchitis. Im Jahr darauf sum als Lehrer um 50 Prozent reduzieren len können, dass seine Gesundheit sich so zeigte sein Herz erste Anzeichen einer musste. Als 2003 seine Frau an Krebs starb, dramatisch verschlechtern könnte, dass Schwäche. Da sich sein Zustand zuse- die er als «Liebe seines Lebens» bezeich- seine Selbstständigkeit, ja sein ganzes hends verschlimmerte, musste er sich im net, ist der Verlust für ihn unbeschreiblich Leben kurz vor dem 50. Geburtstag plötz- Jahr 2000 einer Operation unterziehen, gross. Seine Gesundheit verschlechterte lich infrage gestellt würde. Nur dank dem bei der ihm ein Herzschrittmacher mit De- sich weiter, wohl umso mehr, als er nun

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alleine leben musste. Mehrmals verlor er zu Hause das Bewusstsein. Seine Kinder fürchteten um sein Leben. Der Gedanke, dass ihr Vater alleine in seinem Haus war, bereitete ihnen schlaflose Nächte. Sie bestanden darauf, den Rotkreuz-Notruf installieren zu lassen, was Ernst Widmer schliesslich akzeptierte. Er entschied sich für das Armbandmodell, mit dem er je- derzeit Hilfe anfordern kann, weil er den Sender ständig auf sich trägt.

Ein neues Herz für ein neues Leben 2011 wendete sich das Blatt für Ernst Widmer. Nach mehrjähriger Wartezeit erhielt der mittlerweile Frühpensionier- te endlich ein neues Herz. Glücklicher- weise war die Operation erfolgreich, aber er musste wieder Kraft und Zuver- sicht schöpfen, um die Folgen der Trans- plantation zu bewältigen. Zunächst war er noch sehr geschwächt und musste direkt nach der Transplantation sogar ins Koma versetzt werden. Daher waren er und seine Angehörigen froh, dass der Rotkreuz-Notruf zu Hause bereits instal- liert war. 2012 brach sich Ernst Widmer den Oberschenkel wegen Knochen- Der pensionierte Lehrer pflegt seine Hobbys – auch Singen und Klavierspielen gehören dazu schwunds. Das Risiko eines erneuten Unfalls bleibt; überall, auch zuhause. auslösen. Er und seine Angehörigen kön- Baum pflücken kann. Nur etwas fehlt ihm nen den Alltag nun sorgloser angehen. zu seinem Glück: Trotz all der Plakate und Fan vom Roten Kreuz Durch seine neue Rolle als Fan des SRK Inserate des SRK hat er (noch) keine neue Heute ist sein Gesundheitszustand stabil. hat er sogar eine gewisse Berühmtheit er- Liebe gefunden. Mit seinem neuen Her- Seit zwei Jahren nutzt er statt des Arm- langt. «Mein Sohn war ganz erstaunt, als zen würde er gerne sein Glück mit einem bands das Handy für den Notruf. So kann er mich im Strandbad Luzern auf einem anderen Menschen teilen. er auch unterwegs den Rotkreuz-Notruf Plakat erblickte», erzählt der mittlerweile ➔ redcross.ch/notruf 68-Jährige amüsiert. Auch ein ehemali- ger Schüler hat ihn auf einem SRK-Inserat APROPOS in einer Zeitschrift erkannt und sich bei ihm gemeldet. Und von einem früheren Rotkreuz-Notruf: Sicherheit nach Mass Handballkollegen hat er einen Brief erhal- Ob viel unterwegs oder meist zuhau- ten. Gelegentlich tritt er an Veranstaltun- se, der Rotkreuz-Notruf hat für jeden gen auf, um über seine Erfahrungen zu Lebensstil die passende Lösung. berichten und auf die Vorteile der Freiwil- Das System Casa sorgt zu Hause für Sicherheit. Neben einem Gerät mit ligenarbeit des SRK hinzuweisen. Freisprecheinrichtung umfasst es Neben dieser repräsentativen Tätigkeit einen Sender, den die Person ständig besucht Ernst Widmer regelmässig Chor- bei sich trägt. Auf Knopfdruck kann proben und lernt fleissig Italienisch. Zu in jeder Situation die Notrufzentrale alarmiert werden. Von unterwegs Hause setzt er sich gerne ans Klavier und dient das Mobiltelefon als Notruf- spielt seine Lieblingsstücke wie«Let It Be» knopf und übermittelt gleich den ge- «ICH BIN FAN VOM ROTEN KREUZ. von den Beatles oder «Ewigi Liebi». Drei nauen Standort in die Zentrale, wenn DANK IHM KÖNNEN MEINE dies gewünscht wird. Der Rotkreuz- ANGEHÖRIGEN UND AUCH ICH Mal pro Woche geht er ins Fitnessstudio, Martig Notruf lässt sich mit Zusatzdiensten WIEDER RUHIG SCHLAFEN.» pedalt auf seinem Hometrainer oder un- Ernst Widmer (68), selbständig wohnender Rentner, wie Bewegungs- oder Rauchmeldern Caspar Fan vom Rotkreuz-Notruf ternimmt kleine Veloausflüge. Bei schö- © erweitern. Nähere Informationen: Seit über zehn Jahren kann Ernst Widmer nem Wetter geniesst er seinen Garten, ➔ redcross.ch/notruf mit dem Notruf jederzeit Hilfe alarmieren wo er im Herbst die Äpfel direkt vom

Humanité 1/2017 13 IM GESPRÄCH

Annemarie Huber-Hotz, Präsidentin des SRK Für die Zukunft bereit Annemarie Huber-Hotz präsidiert das SRK seit 2011. Als SRK-Präsidentin pflegt sie Kontakte zur weltumspannenden Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, was sie als Privileg bezeichnet.

INTERVIEW: TANJA REUSSER BILD: REMO NÄGELI

Sie sind die erste Frau und die tionen der reicheren Länder Entwick- 20. Person, die das Schweizerische lungszusammenarbeit. Unser Ziel ist es, Rote Kreuz (SRK) präsidiert und ha- zusammen mit den Menschen vor Ort ben das Jubiläumsjahr begleitet. nachhaltig bessere Lebensbedingungen Was bedeutet das für Sie? zu bewirken. Zudem unterstützen wir Es ist ein grosses Privileg, mich als Präsi- bei Naturkatastrophen und Epidemien, dentin für eine derart wichtige humani- die betroffene Bevölkerung mit Nothil- täre Organisation mit einer bewegten fe und beim Wiederaufbau. Wo immer Geschichte engagieren zu dürfen. Als nach einer Katastrophe unsere Hilfe er- Präsidentin des SRK bin ich zugleich wünscht ist, rückt unser Team aus und Vizepräsidentin ex officio der Interna- arbeitet in enger Koordination mit der tionalen Föderation der Rotkreuz- und Föderation. Rothalbmondgesellschaften (IFRC). Ihr gehören 190 Nationale Rotkreuz- und Wie sehen Sie das SRK in Rothalbmondgesellschaftenan.Einevon der Zukunft? ihnen ist das SRK mit seinen 24 Kanto- Das SRK hat in seiner 150-jährigen Ge- nalverbänden, fünf Rettungsorganisati- schichte gelernt, sich auf neue Situati- onen und der Blutspende SRK. Alle Na- onen einzustellen. Es ist gut aufgestellt Annemarie Huber-Hotz informiert sich tionalen Gesellschaften sind denselben 2015 vor Ort über die Zusammenarbeit und bereit, die Herausforderungen der humanitären Grundsätzen verpflichtet mit dem Libanesischen Roten Kreuz Zukunft anzugehen. In der Schweiz und setzen sich als unparteiische, neu- bleibt unser Angebot für kranke, be- trale und unabhängige Organisationen stark auf Freiwillige, um so effizient wie tagte oder einsame Menschen. Die SRK- dafür ein, das Leben und die Gesundheit möglich viele bedürftige Menschen zu Kantonalverbände erbringen in diesem der Menschen zu schützen und deren erreichen. Das SRK wird seit seiner Grün- Bereich viele Dienstleistungen, vom Würde zu wahren. Den internationalen dung durch Spenden der Bevölkerung Fahrdienst, der Unterstützung von pfle- Austausch kann ich mitgestalten, was getragen. Das ist wichtig, denn es erhält genden Angehörigen bis zur Ausbildung anspruchsvoll, aber auch enorm erfül- vom Staat praktisch keine zweckfreien von Pflegehelfern/-innen. Eine wichtige lend und wichtig ist. Mittel, sondern Leistungsaufträge für Dienstleistung ist die Kinderbetreuung die Umsetzung einer bestimmten Mass- zu Hause für Familien, die kurzfristig Werden Sie oft nach dem Unterschied nahme. Das IKRK hat von der Staatenge- auf fremde Hilfe angewiesen sind. In zwischen IFRC, SRK und IKRK gefragt? meinschaft den Auftrag, die Einhaltung der Integration von Asylsuchenden und Nein, kaum. Für die meisten Leute ist das des humanitären Völkerrechts zu über- Flüchtlingen wollen wir uns vermehrt Rote Kreuz eine grosse Organisation. wachen. Zu 95 Prozent finanzieren die mit neuen Angeboten engagieren. Im Die Wenigsten kennen die Arbeitstei- Staaten das IKRK, was ein Bekenntnis Ausland setzen wir – in Anbetracht der lung innerhalb der Rotkreuzbewegung. zum humanitären Völkerrecht signa- auch wegen der Klimaveränderung zu- Für Konflikte sowie für das humanitäre lisiert. Auch das IKRK arbeitet mit der nehmenden Naturkatastrophen – ver- Völkerrecht zuständig ist das Internatio- jeweiligen Nationalen Gesellschaft zu- mehrt auf Katastrophenvorsorge, um nale Komitee vom Roten Kreuz IKRK. Für sammen, da diese im Land verankert ist. das Schlimmste zu verhindern. Ich bin Gesundheit, Integration und Rettung – überzeugt, dass wir auch künftig unsere vor allem auch bei Naturkatastrophen Folglich engagiert sich das SRK in Herausforderungen meistern werden. – engagieren sich die Nationalen Ge- Ländern, die aktuell nicht Schauplatz Das ist unsere humanitäre Aufgabe sellschaften und ihre Dachorganisation von bewaffneten Konflikten sind? als Nationale Rotkreuzgesellschaft der IFRC. Das SRK und die meisten seiner Das ist richtig. Wie das SRK leisten die Schweiz. 189 Schwesterorganisationen setzen meisten Nationalen Rotkreuzorganisa- ➔ redcross.ch/organisation

14 Humanité 1/2017 EINBLICK

Wiederaufbau auf den Philippinen Bambushäuser der neuen Generation

Der stärkste Taifun, der je gemessen wurde, hat den Ärmsten auf den Philippinen alles ge- nommen. Wo das SRK tätig ist, bestätigen die Betroffenen drei Jahre später eine bessere Lebensqualität als zuvor. Dank Spendengeldern aus der Schweiz baut das SRK stabilere Bam- bushäuser und sorgt für Trinkwasser, was von der Bevölkerung mehr als geschätzt wird.

TEXT: REGULA ZELLWEGER BILDER: ROLAND SCHMID

Humanité 1/2017 15 EINBLICK

osalito Bermejo, 45, baut an seiner RZukunft. Gemeinsam mit anderen Zimmermännern aus San Juan sägt und hämmert er am Gerüst eines Neubaus. Ein Bauexperte der philippinischen Re- gierung bildet die Arbeiter im Auftrag des SRK im sturmsicheren Bauen aus. Dank fester Verankerung im Boden und Verstärkungen an den Holzbalken soll das Gebäude künftigen Tropenstürmen standhalten. Als am 8. November 2013 Taifun Haiyan mit bis zu 320 km/h über die Philippinen fegte, hinterliess er eine Spur der Zerstö- rung. Der stärkste je gemessene Taifun machte vier Millionen Menschen obdach- los. Über eine Million Häuser wurden zer- stört oder beschädigt. Rosalito Bermejo erinnert sich an die bangen Stunden, als wäre es gestern gewesen: «Noch nie zuvor erlebten wir einen so schlimmen Sturm. Gemeinsam mit anderen Familien Gelegenheitsjobs als Schreiner konnte sorgen», sagt der vierfache Vater. Seiner suchten wir in der Schule Zuflucht. Als wir er seine sechsköpfige Familie nur knapp Frau Toepy steigen bei diesen Worten die zu unserem Haus zurückkehrten, fanden über die Runden bringen. Tränen in die Augen. «Wir sind einfach wir nur noch Trümmer vor.» Behelfsmäs- Drei Jahre lang hausten sie in der einfa- nur glücklich. Das neue Haus ist grösser sig baute er sich aus den Überresten eine chen Hütte, direkt neben einem Reisfeld. als das alte und wir erhalten sogar unsere Unterkunft auf. Um ein richtiges Haus Doch nun schöpfen sie wieder Hoffnung. eigene Latrine.» zu bauen, fehlte dem Familienvater das Ihre Gemeinde wurde in die zweite Phase Auch für Luna Malinao, 22, ist die eigene Geld. Mit dem Einkommen aus seinen des Wiederaufbauprogrammes des SRK Latrine eine riesige Erleichterung. Die jun- aufgenommen. Bereits rund 3000 Häu- ge Mutter musste früher ihre Notdurft im ser hat das SRK seit dem Taifun Haiyan nahegelegenen Zuckerrohrfeld verrich- auf den Philippinen repariert und neu ten, was nicht nur unhygienisch, sondern gebaut. Bis Ende 2017 werden es weitere nachts auch gefährlich war. Heute lebt sie 1400 Häuser sein. Das SRK hat sich beim mit ihrem Mann und ihren drei kleinen Wiederaufbau auf drei Inseln konzen- triert. Auf zwei von ihnen wurden Ende «Hier gibt es jedes Jahr 2016 die Arbeiten abgeschlossen, nun mehrere Wirbelstürme. folgt noch die letzte Bauphase im Distrikt Jetzt fühlen wir uns sicher.» Ormoc auf der Insel Leyte, wo die Zerstö- rung durch Haiyan am grössten war. Kindern in einem SRK-Haus. «Hier gibt es jedes Jahr mehrere Wirbelstürme. In unse- Ein sicheres Dach über dem Kopf rem neuen Zuhause fühlen wir uns sicher. So auch in San Juan, einem kleinen Dorf Es ist viel stabiler als unser altes Haus.» in den Hügeln der Insel, einige Kilometer Die sturmsicheren SRK-Häuser entspre- von der Küste entfernt gelegen. Die Fa- chen optisch dem traditionellen phi- milie Bermejo ist die erste, welche dort lippinischen Häuserbau, leicht erhöht ein neues Haus erhält. Es ist das Haus, auf Stelzen mit geflochtenen Wänden an welchem Rosalito Bermejo und sei- aus Bambus. Die Raumaufteilung im In- ne Kollegen ausgebildet werden. «Wir nern des Hauses bestimmen die Fami- sind unendlich dankbar für die Hilfe des lien selbst. Bei Luna Malinao dient das Roten Kreuzes. Nicht nur, dass wir bald Wohnzimmer auch als Schlafzimmer. wieder ein sicheres Zuhause haben. Dank Tagsüber stapelt sie sämtliche Matratzen der Ausbildung kann ich auch sonst beim und Decken fein säuberlich in einem Ne- Wiederaufbau helfen und erhalte da- benraum, einzig eine Hängematte dient Rosalito Bermejo baut an seinem Haus und hat dank der Bauausbildung ein mit ein geregeltes Einkommen. Endlich der Familie im Wohnzimmer als Sitzgele- Einkommen für seine Familie kann ich wieder richtig für meine Familie genheit. So einfach die Einrichtung des

16 Humanité 1/2017 EINBLICK

meinsames Wasserbecken sowie neun Bei starkem KURZ BEFRAGT Regenfall zeigt im Dorf verteilte öffentliche Wasserstel- sich wie wichtig len. Ein Wasserkomitee stellt sicher, dass es ist, dass die KUNHALI MUTTAJE Häuser auf Stelzen alle dazu Sorge tragen. «Ich bin sehr Der 62-jährige Dele- gebaut sind stolz auf diese Aufgabe, denn so kann gierte des SRK hat seit dem Hurrikan den ich zum Wohlergehen unserer Gemein- Wiederaufbau vor Ort schaft beitragen», erklärt die neuge- geleitet. wählte Wasserbeauftragte Mercedita E. Chavez. «Früher mussten wir das Wasser

NACH WELCHEN KRITERIEN HAT SICH DAS SRK FÜR DEN GEWÄHLTEN TYP HAUS ENTSCHIEDEN? Die SRK-Häuser entsprechen dem tra- ditionellen philippinischen Häuserbau, Luna Malinao, sie haben jedoch ein stabiles Funda- ihr Mann und ment aus Beton und solide Verstre- die Kinder sind bungen. Dadurch halten sie Taifunen glücklich im künftig besser stand. Es ist wichtig, neuen Haus dass sich die Familien wohlfühlen und so leben können, wie sie es sich gewohnt sind. Die Wände aus Bambus sind auf den Philippinen sehr beliebt, da sie dank ihrer Durchlässigkeit eine gute Durchlüftung ermöglichen und gleichzeitig das Tageslicht genutzt werden kann. Traditionelle Baumate- rialien sind zudem hier erhältlich und dadurch günstig. Die Hausbesitzer können zukünftige Reparaturen selber vornehmen.

WIESO VERLANGT DAS SRK, DASS JEWEILS EIN FAMILIENMIT- GLIED BEIM HAUSBAU MITHILFT? Die Familien sollen von Anfang an spü- ren, dass das neue Haus ihnen gehört und damit auch die Verantwortung bei ihnen liegt. Durch die Mithilfe beim Bau erlernt das Familienmitglied ein Grundwissen über einfache Hand- werksarbeiten und kann somit bei Trinkwasser holt Luna Malinao nun bei der neuen Wasserstelle vom SRK, die zum Dorf gehört zukünftigen kleineren Reparaturen am Haus selbst Hand anlegen Hauses, so liebevoll ist die Umgebung ge- im Fluss holen. Das war aufwändig und WELCHE AKTIVITÄTEN SIND staltet. Sorgfältig eingetopfte Pflänzchen gefährlich. Das verunreinigte Flusswas- IM BEREICH KATASTROPHEN- säumen den Grundriss des Hauses. Das ser hat immer wieder Menschen krank VORSORGE VORGESEHEN? gleiche Bild zeigt sich bei den Nachbarn. gemacht. Die sichere Wasserversorgung Wir denken langfristig. Die Philippinen Im Dorf Sitio Laray ist der Wiederaufbau hat für unser Dorf eine grosse Bedeu- sind jährlich von 20 bis 35 Taifunen be- bereits abgeschlossen. Ein SRK-Haus reiht tung und wir alle möchten dafür Sorge troffen. Nebst dem stabilen Häuserbau ist es überlebenswichtig, dass die Men- sich an das andere. 105 neue Häuser tragen.» Als Wasserbeauftragte weiss schen wissen, wie sie sich vor drohen- wurden hier gebaut, dazu kommen 130 Chavez, wie das geht und auch, wie man den Katastrophen schützen können. reparierte Häuser. Von der Hilfe des Ro- eine defekte Leitung reparieren kann. Wir bereiten künftige Evakuierungen ten Kreuzes hat das ganze Dorf profitiert. Noch steht in San Juan erst das Haus vor. Alle Menschen müssen wissen, wo ihre nächste Notunterkunft ist und von Rosalito Bermejo. Doch in den kom- was sie mitnehmen sollen. Gleichzeitig Wasser für das ganze Dorf menden Monaten wird bald auch dort arbeiten wir auf Gemeinde- und Regie- Nebst den sturmsicheren Häusern hat das ganze Dorf von der Hilfe des Roten rungsebene, um die Behörden fachlich das SRK auch die Wasserversorgung Kreuzes profitiert haben und gemein- und materiell in der Katastrophenvor- sorge zu unterstützen. wieder aufgebaut und verbessert. In sam in eine stabilere Zukunft blicken. Sitio Laray gibt es nun ein grosses ge- ➔ redcross.ch/philippinen

Humanité 1/2017 17 ENGAGIERT

20 Jahre 2 × Weihnachten 13 Zeichen schicken Glück

× Weihnachten ist wohl die kürzes- fer zu einer bescheidenen Feier, die gleich sönlich, wie sonst kaum jemand. Nun 2te Postadresse der Schweiz. Die SRG drei Gründe hat: Das 20-jährige Jubiläum, wird er pensioniert – oder fast. Denn die sorgt dafür, dass die ganze Schweiz vom die Aufnahme von Coop als neuer Mitträ- Aktion 2× Weihnachten wird auch nächs- 24. Dezember bis in die zweite Januarwo- ger der Aktion und die Würdigung von tes Jahr nicht ganz ohne ihn stattfinden. che sie kennt. Die Post spediert seit 20 Jah- Josef Reinhardt, beim SRK bekannt als Dieses Jahr öffnen und sortieren die Frei- ren Pakete mit der 13-Zeichen-Kurzadres- «Mr. 2 × Weihnachten». Der 65-jährige willigen in Wabern bei Bern 64000 Pake- se kostenlos ans Logistikzentrum des SRK Leiter der Katastrophenhilfe SRK ist seit te. Die eine Hälfte der Waren erhalten Be- in Wabern. Hier treffen sich inmitten von 12 Jahren beim SRK verantwortlich für dürftige in Osteuropa, die andere Hälfte Paletten und Paketen die Trägerschaft der 2 × Weihnachten und kennt so viele Frei- wird in der Schweiz verteilt. Aktion und wichtige Helferinnen und Hel- willige und Begünstigte der Aktion per- ➔ 2xweihnachten.ch

TEXT: TANJA REUSSER BILDER: ROLAND BLATTNER ▲ Sie stehen für die Organisationen, welche 2 × Weih- nachten ermög- lichen: Susanne Ruoff, CEO Post CH AG, Joos Sutter, CEO von Coop, Annemarie Huber- Hotz, Präsidentin des SRK, und Maria- no Tschuor, Mitglied der Generaldirekti- on SRG

SRK-Botschafterinnen ▲ Dominique Gisin und Nubya mit SRK-Direktor Markus Mader – Nubja hat zu Hause ihr Paket bereits vorbereitet, zum Mitbrin- gen war‘s zu schwer

▲ Die Post stellt einen Briefkasten Schriftsteller Pedro ▲ zum Verschicken Lenz und National- von Postkarten rätin Regula Rytz vom Anlass – engagierten sich Annemarie Huber- bereits freiwillig Hotz und Susanne beim Auspacken Ruoff werfen ein von Paketen gemeinsames Erin- nerungsbild ein

18 Humanité 1/2017 ENGAGIERT

Sie sorgen dafür, dass das SRK für den Katastrophen- fall vorbereitet ist: Josef Reinhardt, Katastrophenhilfe Schweiz, auch bekannt als «Mr. 2 × Weihnachten» und Beatrice We- ber, die Leiterin der Katastrophenhilfe Ausland des SRK

▲Chantal Stähli vom SRK Kanton Aargau bestä- tigt, dass die Hälfte der Waren in der Schweiz verteilt werden. Zum Beispiel an Menschen, die am Existenzminimum leben, Notschlafstellen, Frauenhäuser, Kindertagesstätten, Pflegehei- me, Kinderheime oder Aufnahmezentren für Flüchtlinge. ▲ Dani Fohrler leitet die Podiumsgespräche und engagiert sich als charmanter Gastgeber, der die Gäste umsorgt – hier mit Annemarie Huber-Hotz

▲▲ Moderator Dani Fohrler lässt SRF- Radiomoderatorin Ladina Spiess er- zählen, wie sie die Warenverteilungen in Osteuropa erlebt hat – stets mit Josef Reinhardt vom SRK (rechts) als erfahre- nen Reisebegleiter zur Seite ▲ Als erfahrene Frei- willige erklären Kurt und Margrit Eggli dem CEO von Coop, worauf es beim Auspacken ankommt – immer das Haltbarkeitsdatum prüfen – Joos Sutter sortiert mit Freude

▲ Regierungsrätin Beatrice Simon (links), nimmt jährlich einen Tag frei, um freiwillig hier zu helfen, die 92-jährige Inès Ochsenbein ist die grosszügigste und ältes- te aktive Privatspende- rin der Aktion

Humanité 1/2017 19 Taten statt Worte Nr. 280

Starke Sache: Wir sorgen beim Roten Kreuz für volle Pakete. Seit bald 20 Jahren pflegen wir eine enge und intensive Partnerschaft mit dem Schweizerischen Roten Kreuz (SRK). Das SRK bringt unsere Spenden zur richtigen Zeit an den richtigen Ort. So erreichen wir Menschen in Not auf der ganzen Welt – auch in der Schweiz: Für die Aktion «2 x Weihnachten» spenden wir jährlich Waren im Wert von 500000 Franken. Alles über das Nachhaltigkeits-Engagement von Coop auf: taten-statt-worte.ch KURZ & BÜNDIG ter Pe Dominique REDOG, © REDOG geht in die Luft ■ Die Suchhunde von REDOG erhalten Unterstützung aus der Luft. Drohnen des Schweizerischen Verbands ziviler Drohnen

SVZD werden künftig bei der Suche nach AG

vermissten Menschen in der Schweiz eine Suisse

Übersicht von oben liefern. Damit wird die edit Cr

Suche in unwegsamem, grossflächigem © Gebiet schneller und einfacher. Die Droh- nen, bestückt mit Wärmebildkameras, Credit Suisse und SRK erneuern Partnerschaft werden die Geländesuche aus der Luftper- ■ Das SRK freut sich, dass die Partner- Unternehmen bis zu vier Arbeitstage pro spektive ergänzen. Die Hundenasen am schaft mit der Credit Suisse für mindes- Jahr zur Verfügung. Die Freiwilligen ma- Boden jedoch werden von den fliegenden tens drei Jahre weitergeführt wird. Die chen mit bei Blutspendeaktionen, bei In- Spürhunden nie ersetzt werden können. Credit Suisse ist seit 2008 offizieller Part- tegrationsprojekten des SRK, der Aktion ner und leistet einen finanziellen Beitrag 2 × Weihnachten, dem SRK-Fahrdienst an das Engagement des SRK. Mehrere oder sie stellen sich für Übungen der SRK- Hundert Mitarbeitende der Credit Suisse Rettungsorganisationen zur Verfügung. sind jährlich freiwillig für das SRK tätig. Für Die Credit Suisse leistet damit einen di- diese Freiwilligeneinsätze stellt ihnen das rekten Beitrag für die Gesellschaft.

Neuer Kurzfilm «Migration und Alter» ■ Das SRK hat mit Unterstützung des den einlässt. Der 19-minütige Film trägt Bundesamtes für Gesundheit einen den Titel «Wir bleiben» und richtet sich Samariterkurse mit Dokumentarfilm produziert über das an Fachleute im Gesundheits- sowie Leben von betagten, teils pflegebedürf- Sozialbereich. Das Video eignet sich als Qualitätszertifizierung tigen Migrantinnen und Migranten. Diskussionsgrundlage in Ausbildungen ■ Der Schweizerische Samariterbund SSB Der Film zeigt ältere Menschen mit Mi- und ist in drei Landessprachen kosten- hat seine Lehrmittel grundlegend überar- grationshintergrund in verschiedenen los auf dem SRK-Portal für Gesundheit beitet. Auf einer neuen Online-Plattform Lebenssituationen und lässt sie selber und Migration verfügbar: finden die Kursleiterinnen und -leiter alles, zu Wort kommen. Thematisiert werden ➔ migesplus.ch was sie brauchen und wissen müssen für sprachliche Barrie- einen Kurs gemäss den aktuellen Vorga- ren, gesundheitliche ben vom Interverband für Rettungswe- Probleme und die sen (IVR). Die Kursleitenden sparen Zeit damit verbundenen bei der Vorbereitung, weil sie mit The- Sorgen, aber auch menbausteinen den Kursinhalt einfach mögliche Lösungs- zusammenstellen können. Dies bedeutet ansätze. Zum Beispiel eine grosse Entlastung in ihrer Freiwilli- die mediterrane Ab- gentätigkeit. Seit Anfang Jahr verfügt der teilung eines Alters- SSB über die Qualitätszertifizierung durch zentrums, wo das den IVR. Kurse, die von einem Samariter- Personal italienisch verein angeboten werden, entsprechen oder spanisch spricht demnach stets den neusten Qualitätsvor- und sich auf die bis- gaben. Das Kursangebot des SSB: herigen Gewohnhei- ➔ redcross-edu.ch ten der Bewohnen-

Humanité 1/2017 21 VOR ORT

«Und eins, und zwei, und drei…» – gemeinsames Turnen zu Musik sorgt für gute Laune

Bosnien und Herzegowina Die Kraft der aktiven Alten Die Menschen von Bosnien und Herzegowina leiden noch immer unter den Folgen des Krie- ges. Vor allem Ältere leben in bitterer Armut und sind auf sich selbst gestellt. Das SRK unter- stützt sie bei der Selbsthilfe und hat einen Hauspflegedienst aufgebaut. Hoch willkommene Angebote, wie ein Besuch in Tuzla und Umgebung zeigt.

TEXT: KATHARINA SCHINDLER BILDER: MONIKA FLÜCKIGER

in kalter Wintermorgen in der bosni- schlendert. Seniorinnen und Senioren die Arme und hüpfen im Takt der Musik. Eschen Stadt Tuzla. Der zentrale Platz von Tuzla und Umgebung treffen sich zu «Es tut richtig gut», meint der 83-jährige wirkt um diese Zeit normalerweise ver- einer Fitnessaktion! Bald scheppert aus Witwer nach 20 Minuten leicht atemlos. lassen. Aber heute ist alles anders. Von den Lautsprechern peppige Musik. Un- Dank den Aktionen in der Gruppe ver- allen Seiten treffen ältere Menschen ein, gesse er die schweren Gedanken, die ihn die rasch miteinander ins Gespräch kom- Wer sich in einer Active-Ageing- seit dem Tod seiner Frau vor drei Jahren men. Zwei Frauen bringen Kisten mit Gruppe engagiert, hilft anderen oft begleiteten. Früchten und Mineralwasser. Ein betag- und tut sich selber etwas Gutes. ter Herr stellt zwei Lautsprecher auf und Für sich selber und andere macht einen Soundcheck. «Was geht ter der Anleitung eines jungen Mannes «Mit solchen Aktionen erregen wir be- hier vor?», fragt eine junge Frau, die mit des lokalen Turnvereins kreisen die Frau- wusst Aufmerksamkeit. Die älteren Men- ihren beiden Kindern über den Platz en und Männer ihre Hüften, schwingen schen, die isoliert zu Hause sind, werden

22 Humanité 1/2017 VOR ORT

sichtbar – sie zeigen, dass sie Energie haben und gemeinsam stark sind», sagt Mihela Hinic, Länderverantwortliche des SRK in Bosnien und Herzegowina. Initi- iert und unterstützt vom SRK sind in den letzten drei Jahren in Tuzla und Umge- bung 20 sogenannte Active-Ageing- Gruppen entstanden, rund 800 ältere Menschen machen mit. «Es ist wie eine Lawine, es werden immer mehr», stellt Mihela Hinic fest. Neben dem wichtigen geselligen Teil, der den Menschen hilft, ihre Einsamkeit zu durchbrechen, setzen sich die Grup- pen für soziale Anliegen ein. Das sind beispielsweise Vergünstigung für Be- tagte auf bestimmten Dienstleistungen oder auch Freizeitangebote für Kinder. Gruppenmitglieder besuchen einsame und gebrechliche Menschen zu Hause oder verkaufen Selbstgestricktes und unterstützen mit dem Erlös Familien in Not. Das SRK unterstützt sie bei der Raumsuche, stellt Material zur Verfü- gung und ermöglicht besonders enga- gierten Freiwilligen, sich weiterzubilden – wie kürzlich mit einem chili-Training (siehe Folgeseite) zum Umgang mit Kon- Mihela Hinic, Länderverantwortliche SRK, freut sich über den Erfolg von Active-Ageing flikten. grundlegende soziale und gesundheitli- burt schwer behindert. Vater Nedzad, der Bedürftige ohne Hilfe che Dienstleistungen zu erbringen. einst als Bauarbeiter die Familie ernährte, Auch 20 Jahre nach Ende des Kriegs lei- Wie gross die Not ist, zeigt sich beim Be- musste den Job aufgeben und kümmert det Bosnien unter dessen Folgen. Die such bei der Familie Rezcic. Mutter Ramza, sich um alles. Die Familie lebt von einer Wirtschaft ist am Boden, die Jungen 62-jährig, ist nach einer misslungenen Rü- winzigen Rente – es fehlt an allem. Der wandern ab. Viele Menschen sind ver- ckenoperation seit vier Jahren bettlägerig. Knabe braucht Einlagen, die Mutter teu- armt und der Staat ist nicht in der Lage, Ihr 17-jähriger Sohn Dzerad ist seit der Ge- re Medikamente. Auch das Holz, um im

Der Hauspflegedienst des Roten Kreuzes ist Nachdem die Mutter den schwerstbehinderten Sohn jahrelang allein gepflegt hat, wurde dringend nötig für kranke und alte Menschen sie selber bettlägerig – die Familie ist auf Pflegerinnen des Roten Kreuzes angewiesen

Humanité 1/2017 23 VOR ORT

baut sie wieder etwas Muskeln auf.» Viel KURZ BEFRAGT zu lange sei sie ohne Betreuung gewesen.

Nach der Operation des Rückens vor sie- THOMAS HOFER ben Jahren hatte sie keinerlei Physiothe- Seit vier Jahren ist rapie und es ging ihr immer schlechter. er Koordinator des SRK-Konfliktpräven- Auch bei der Betreuung des Sohnes, der tionsprogramms chili. während des ganzen Besuches im Bett Zum ersten Mal hat liegt und schläft, wurde die Familie viele der 39-Jährige mit Jahre völlig allein gelassen. einer chili-Fachfrau einen Workshop im In Tuzla Stadt und im ländlichen Lukavac Ausland begleitet. hat das SRK in den letzten drei Jahren Hauspflegedienste aufgebaut und paral- CHILI IST EIN ANGEBOT FÜR lel dazu auch die Active-Ageing-Gruppen JUGENDLICHE IN DER SCHWEIZ. NUN WURDE IN BOSNIEN EIN gefördert, die mit Hausbesuchen das An- TRAINING FÜR ÄLTERE MEN- gebot ergänzen. Rund 200 Menschen mit SCHEN ANGEBOTEN. WARUM? medizinischen Problemen oder Behinde- Es stimmt, dass wir chili vor allem bei rungen, aber auch alleinstehende Hoch- Jugendlichen einsetzen, meist wird es betagte werden regelmässig besucht. mit Schulklassen durchgeführt. Aber Maja Sejdinovic vom Roten Kreuz besucht nicht nur. Auch in der Schweiz stellen auch Hochbetagte, die alleine leben Das SRK will das Programm auf fünf wei- wir fest, dass der spielerische, er- tere Regionen ausweiten – denn die Be- lebnisorientierte Ansatz des Trainings Winter zu heizen, geht ins Geld. Immer- dürfnisse sind enorm. Ziel ist es, dass die bei Erwachsenen gut funktioniert. So hin hat sich die Lage der Familie in den Gesundheitsbehörden die Hauspflege führten wir schon mit Bus-Chauffeu- letzten Jahren gebessert, seit das SRK in ren, Mitarbeitenden von Altershei- men und oft auch mit Lehrpersonen der Region neben Selbsthilfegruppen Weitere Active-Ageing-Gruppen Kurse durch. Die Idee, im Rahmen auch einen Hauspflegedienst aufgebaut und zusätzliche Hauspflege- des Altersprogramms in Bosnien ein hat. Zweimal pro Woche kommt eine dienste – das SRK will noch chili-Training durchzuführen, hat mich Rotkreuz-Pflegerin vorbei. «Es ist eine mehr erreichen. überzeugt. Konflikte betreffen ja alle Altersgruppen, nicht nur die Jungen. enorme Erleichterung», sagt der Vater, dessen Gesicht von Sorgen gezeichnet ist. längerfristig übernehmen, entsprechen- HAT DAS ERSTE CHILI-TRAINING Nachdenklich schaut er zu, wie die Rot- de Gespräche sind im Gang. Doch bis es AUSSERHALB DER SCHWEIZ kreuz-Krankenschwester Maja Sejdinovic soweit ist, bleibt noch viel zu tun – dank FUNKTIONIERT? seine Frau anleitet, selber im Bett aufzu- der Unterstützung aus der Schweiz kön- Die Rückmeldungen der Teilnehmen- den waren durchwegs positiv. Sie wa- sitzen – etwas, das Ramza Rezcic längst nen die Rotkreuz-Pflegerinnen und die ren erfreut, aber auch überrascht, wie aufgegeben hatte. Die Frau jammert und aktiven Älteren ihre wertvolle Hilfe wei- viel sie vom Training lernen und nun in ächzt, aber Maja sagt:«Es ist wichtig, dass terführen und ausweiten. ihren regionalen Altersgruppen um- die Übungen anstrengend sind. Nur so ➔ redcross.ch/bosnien-herzegowina setzen können. Mich hat beeindruckt, wie engagiert und wissbegierig sie waren. Alle waren offen, sich mit ihren Konfliktmustern auseinanderzusetzen. Von einigen ehemaligen Lehrkräften kam sogar die Idee, solche Trainings künftig auch an Schulen in Bosnien und Herzegowina durchzuführen.

WIRD CHILI NUN AUCH IN AN- DERN LÄNDERN, WO DAS SRK AKTIV IST, ANGEBOTEN? Die Erfahrung in Bosnien hat uns ge- zeigt, dass es sinnvoll sein kann, chili in der internationalen Zusammenarbeit einzusetzen und dass es gut aufge- nommen wird. Das ist motivierend. Wir werden die Erfahrungen nach einiger Zeit auswerten und dann prüfen, ob auch in andern SRK-Programmen chili- Trainings durchgeführt werden sollen. ➔ chili-srk.ch

Die praktischen Übungen bewähren sich auch im ersten chili-Training ausserhalb der Schweiz

24 Humanité 1/2017 Schenken Sie Augenlicht. Übernehmen Sie eine Patenschaft.

50CHF ermöglichen ation eine Oper Nägeli Remo SRK, ©

Samira kann wieder lesen und sieht hoffnungsvoll in die Zukunft. Die Augenoperation hat dem Mädchen ein neues Leben geschenkt.

Vier von fünf blinden Menschen weltweit haben das Augenlicht an Krankheiten verloren, für die es Heilung gäbe. ❏ Ja, für 50 Franken im Monat übernehme ich eine Am häufigsten ist dabei der graue Star. Weil es an Fachpersonal Patenschaft für Augenlicht. und medizinischer Versorgung fehlt, können die Betroffenen ❏ Bitte senden Sie mir unverbindlich mehr Informationen zu der nicht behandelt werden. SRK-Patenschaft für Augenlicht. Als Pate helfen Sie den Kindern und Erwachsenen in Nepal,

Vorname/Name: Kirgistan, Ghana, Togo und Mali. Mit Vorsorgeuntersuchungen, Sehtests, Behandlungen und Operationen. Strasse/Nr.: Bereits mit 50 Franken kann der graue Star operiert werden. Ein Geschenk fürs Leben. PLZ/Ort: Werden Sie SRK-Pate und helfen Sie langfristig und nachhaltig. Geburtsdatum: www.redcross.ch/patenschaften Tel.: E-Mail: [email protected]

Unterschrift:

Bitte einsenden an: Schweizerisches Rotes Kreuz, Patenschaften Rainmattstrasse 10, Postfach, 3001 Bern PERSÖNLICH

Gerhard Ulrich mit dem Buch, in dem sein eindrücklicher Bericht über den Schweizer Erholungsaufenthalt abgedruckt ist

Lebensgeschichte von Gerhard Ulrich Zug um Zug Gerhard Ulrich, 77, und seine Frau Monika Ulrich, 74, vermachen fast ihr gesamtes Hab und Gut dem Schweizerischen Roten Kreuz (SRK). Ein Zug aus Dankbarkeit, weil Gerhard Ulrichs Leben durch das SRK 1948 in eine neue, gute Bahn gelenkt wurde. Aus einem traumatisier- ten Kriegskind wurde ein Mann mit klaren Lebenszielen.

TEXT: TANJA REUSSER BILDER: FABIAN BIASIO

ugfahrten stellten die Weichen ten auf meine Heimatstadt Dresden.» Zeit. Drei Jahre später war der Knabe Zim Leben von Gerhard Ulrich und Nach 48 Stunden lag fast die ganze ausgemergelt und litt an Rachitis. brachten ihm Glück. Zuerst der Kinder- Stadt in Trümmern, die noch jahrelang Bei der Schuluntersuchung wurde sein zug des SRK, der ihn als Achtjähriger Gesundheitszustand als kritisch einge- von Berlin nach brachte. Erstaun- «Es war mir zuerst nicht be- stuft, weshalb er für einen dreimonati- lich genau erinnert er sich nach rund 70 wusst, aber rückblickend wusste gen Erholungsaufenthalt in der Schweiz Jahren an Details aus dieser Zeit. Mitten ich stets, dass mich diese Reise empfohlen wurde. Von 1940 bis 1956 im Zweiten Weltkrieg geboren, waren gerettet hat.» wurden solche Aufenthalte durch das seine ersten Lebensjahre geprägt von SRK organisiert. Die schwächsten, hilfs- Leid und Angst. «Zwei Tage nach mei- liegen bleiben sollten. Mit dem Kriegs- bedürftigsten Kinder aus den kriegs- nem fünften Geburtstag, am 13. Febru- ende begann für Gerhard Ulrich und versehrten Gebieten Europas wurden ar 1945, fielen die Bomben der Alliier- seine Familie eine entbehrungsreiche ermittelt und mit Sonderzugfahrten in

26 Humanité 1/2017 PERSÖNLICH

die Schweiz gefahren. Mitarbeiterinnen Wochen wieder bei Familie Feucht und von «Kinderzüge in die Schweiz» ihn bat, des SRK betreuten die Kinder während lernte als Jugendlicher die Schweiz noch seine persönliche Erfahrung niederzu- der Fahrt und suchten passende Pfle- besser kennen. 1966 wurde sein Traum schreiben, gelang ihm eine berührende gefamilien. Ein sinnvolles Konzept für wahr. Er zog nach Cham im Kanton Zug, Kurzfassung, die im zweiten Buch «Not die damalige Zeit, das bestens funktio- weil es ihm gelang, eine Arbeitsstelle und Hoffnung» publiziert wurde. Bei al- niert hat, wie Gerhard Ulrich bestätigt: zu finden. Und wieder bringt ihm eine len wichtigen Entscheidungen stimmt «Die Trennung von der Familie fiel mir Zugfahrt Glück. 1970 lernte er im Zug das Ehepaar Ulrich miteinander über- nicht schwer. Ich war einfach neugierig. zwischen Deutschland und der Schweiz ein. Wann immer ein «Häufchen Fränk- Es war mir zuerst nicht bewusst, aber seine Frau kennen. li» – beide sprechen nach all den Jahr- rückblickend wusste ich stets, dass mich zehnten kein Hochdeutsch mehr – übrig diese Reise gerettet hat.» In Dankbarkeit bleibt, spenden sie es dem Schweizeri- Monika Ulrich kennt die Lebensge- schen Roten Kreuz. «Das ist unsere Art, Grossherzige Pflegefamilie schichte ihres Mannes so gut, dass sie unseren Dank auszudrücken. Nicht nur Der Sommer 1948 in der Schweiz war bei den Erzählungen ergänzt. Sie weiss gegenüber dem SRK, sondern auch ge- denn auch heilsam für das traumatisierte auch, wie prägend die schlimmen Erfah- genüber der Schweiz.» Deshalb ist sich Flüchtlingskind, sowohl physisch als auch rungen seiner Kindheit waren. Erst als das Ehepaar Ulrich sicher, dass sie ihren psychisch. Hier waren die Städte intakt, Gerhard Ulrich 1991 seine ostdeutsche gesamten Nachlass dem SRK vermachen keine Trümmer. Der Knabe schöpfte Zu- Heimatstadt nach dem Fall der Mauer wollen. «Unser Vermögen soll das SRK versicht. Wie selbstverständlich integrier- für bedürftige Menschen in der Schweiz ten ihn seine Pflegeeltern ins Familien- «Das ist unsere Art, unseren einsetzen, aber auch für die Ärmsten im leben. Sie gaben ihm reichlich zu essen, Dank auszudrücken. Auch Ausland,» erklärt Gerhard Ulrich, wäh- bezahlten Medikamente und versorgten gegenüber der Schweiz.» rend seine Frau nickt. Sie glaubten beide ihn mit neuen Kleidern. Herr und Frau nicht daran, dass wer Gutes tue, auch Feucht hatten zwei Töchter, sechs und wieder besuchen konnte und mit eige- Gutes zurückbekomme. Viel mehr sei es acht Jahre älter als der «kleine Gerhard». nen Augen gesehen hatte, wie die Stadt ein logischer Schritt nach einem Leben, Die freien Tage verbrachte Familie Feucht wieder aufgebaut worden war, hörten das ohne die Kinderzüge des SRK in eine gerne im Wochenendhaus in Altendorf die Albträume nach fast 50 Jahren plötz- andere Bahn gelenkt worden wäre. am See. «Wir fuhren immer mit dem Zug lich auf. «Er hätte ein Buch schreiben sol- dahin und sassen auf weichen Polstern len», meint sie. Ein Buch wurde es nicht, ➔ Buchtipp: Bernd Haunfelder, «Not im Erstklassabteil. Vor der Abfahrt durf- aber als Bernd Haunfelder, der Autor und Hoffnung», Aschendorff Verlag te ich jeweils ins Stellwerk schauen, weil Familie Feucht den Bahnhofvorstand kannte.»Noch heute scheinen die Augen von Gerhard Ulrich zu leuchten, wenn er davon erzählt. Oder von seiner ersten Modelleisenbahn, welche ihm die Pfle- geeltern schenkten. Nach dem glückli- chen Schweizer Sommer kehrte Gerhard Ulrich verändert nach Dresden zurück. Gesünder, Schweizerdeutsch sprechend und mit dem Ziel, in die Schweiz zurück- zukehren, wann immer sich die Gelegen- heit bieten würde. Regelmässig schickte Familie Feucht Geschenke und bot an, dass er jederzeit für Ferien nach Zürich kommen dürfe. Nichts schwieriger als das. Schon der erste Schweizaufenthalt wäre ohne den Einfluss des SRK unmög- lich gewesen. Nur unter besonderen Umständen wurde eine Ausreise aus Ostdeutschland bewilligt. Erst im Alter von 17 Jahren gelang es Gerhard Ulrich von Frankfurt aus, wo er seinen Grossva- ter ausnahmsweise besuchen durfte, per

Fahrrad in die Schweiz zu gelangen. Nach Eine Modelleisenbahn war das schönste Geschenk der Zürcher Pflegefamilie, später bastelte neun Jahren lebte Gerhard Ulrich für drei er mit Leidenschaft an seiner grossen Anlage im Keller

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KREUZ & QUER

Paraguay REZEPT

EMPANADAS

Hauptmahlzeit für 4 Personen Tee mit Kultstatus oder Snack für 6 Personen

*Zutaten Teig Bekannt sind Teezeremonien aus Asien oder England, die bis 500 g Mehl 2 TL Salz ins kleinste Detail nach alter Tradition abgehalten werden. 300 g Butter, kalt 2 Eigelb In Paraguay ist das Trinken von Tereré unkomplizierter, aber Je 4 EL Milch und Wasser 1 Ei zum Bestreichen nicht weniger wichtig. *Oder fertigen Blätter- oder Kuchenteig rechteckig ausgewallt TEXT: DANIELA MATHIS BILD: REMO NÄGELI Zutaten Füllung 3 EL Butter Francisca Valenzu- 500 g grob gehackte Zwiebeln ela kocht für uns 200 g Mozzarella geraffelt Teewasser – ihre 200 g Halbhartkäse Küche ist in einem (z.B. Raclettekäse) geraffelt separaten Gebäude 1 TL Salz untergebracht Weisser Pfeffer fein gemahlen 1 EL Oregano

Zubereitung: Für den Teig Mehl und Salz mischen. Butter in Flocken dazu- geben und zu einer krümeligen Masse zerreiben. Eigelb, Milch sowie Wasser beifügen und zu einem glatten Teig kneten. Im Kühlschrank ca. 2 Stunden ruhen lassen. Die Zwiebeln in der Butter weich dünsten. Mit Salz, Pfeffer und Oregano vermischen und abküh- len lassen. Dann den geraffelten Mozzarella und Käse beifügen, gut mischen. Den Teig dünn auswallen und Rondellen mit mind. 10 cm an kann sich Paraguay nicht den- paar Schlucke mit der Bombilla, dem me- Durchmesser ausstechen. 1–2 EL Mken ohne Tereré. Es gibt sogar tallenen Trinkhalm. Das flache Sieb am Füllung in die Mitte der Teigron- einen nationalen Tereré-Tag, seit das Ge- Ende hält die zerkleinerten Teeblätter in dellen geben und diese umklap- tränk 2011 als kulturelles Erbe gilt. Der der Guampa zurück. Immer wieder wird pen, sodass ein Halbmond ent- steht. Gut verschliessen und mit etwas bittere, leicht anregend wirkende Wasser nachgefüllt. Die Thermoskanne Ei bestreichen. Im vorgeheizten Mate-Tee wird als Tereré nicht etwa mit ist denn auch meist nicht weit. Passanten Ofen bei 220°Grad 20–30 Minuten heissem, sondern mit Eiswasser aufge- tragen sie unter dem Arm. Man sieht sie backen. Als Hauptmahlzeit mit gossen. An nassen und kühlen Tagen am Arbeitsplatz auf dem Tisch stehen, im Salat servieren. wie heute trinkt man den Mate-Tee aber Schulzimmer auf dem Pult des Lehrers. warm. Daher kocht uns Francisca Valen- Teetrinken ist in Paraguay ein Ritual und zuela in ihrer bescheidenen Küche Was- eine gesellige Angelegenheit. ser für unsere Thermoskanne. So können So allgegenwärtig wie der Tee sind in Pa- wir auf dem weiten Weg zurück in die raguay auch die Empanadas. Die gefüll- Stadt den Mate in der Guampa, dem tra- ten halbmondförmigen Teigtaschen gibt ditionell gefertigten Trinkgefäss, immer es in allen möglichen Variationen, klas- wieder aufgiessen. Guampas gibt es in sisch gefüllt mit Hühnchen, Hackfleisch jeder Grösse und mit allen möglichen oder Schinken und Käse. Oft werden Designs. Oft sind sie mit Leder verkleidet, sie in heissem Fett knusprig gebacken. verziert mit ländlichen Szenen. Ob zum Mittagessen oder als Zvieri – sie Aus der Guampa schlürft man das Natio- munden immer. nalgetränk reihum. Dabei saugt man ein ➔ magazin-humanite.ch/rezepte

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HUMANITÉ 4/2016

Lösungswort des letzten Kreuzworträtsels: AUGENLICHT

Wir gratulieren den Gewinnerinnen und Gewinnern: Lily Bolli, Dörflingen Hélène Charmillot, Vicques Jolande Claret, Choëx Josiane Monnier, Arnex Urs Spörri, Buochs

Übrige Lösungen der letzten Ausgabe:

Für Humanité zeichnet «Karma» alias Marco Ratschiller. Er ist Cartoonist und Chefredaktor des Satire-Magazins . Labyrinth Vom Start bis ans Ziel wird der Weg mit feinen Linien markiert. Den gefundenen Weg ausfüllen – und schon erscheint das Bild.

Die Lösung zum Sudoku, zum Bil- derrätsel und zum Labyrinth finden Sie jeweils in der nächsten Ausgabe oder im Internet. ➔ magazin-humanite.ch

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Kreuzworträtsel Sudoku

Füllen Sie die leeren Felder mit den Zahlen von 1 bis 9. Dabei darf jede

Teilnahmebedingungen für den Wettbewerb: Die Gewinner Zahl in jeder Zeile, jeder Spalte und GEWINNEN werden schriftlich benachrichtigt. Über den Wettbewerb wird in jedem der neun 3 x 3-Blöcke nur keine Korrespondenz geführt. Die Barauszahlung und der Rechtsweg sind ausgeschlossen. einmal vorkommen. Bilderrätsel Fl ü ckiger Finden Sie 10 Fehler im a

unteren Bild! Monik ©

Taschenmesser 22 Franken und USB-Stick 9 Franken, erhältlich hier: ➔ redcross.ch/shop

Wettbewerb Unter allen korrekt eingeschickten Lösungswörtern des Kreuzworträt- sels werden fünf Einsendungen aus- gelost. Wer gewinnt, erhält einen USB-Stick und ein Taschenmesser des SRK. Senden Sie das Lösungs- wort und Ihre Adresse in einem E-Mail an [email protected] oder auf einer Postkarte an:

Schweizerisches Rotes Kreuz Magazin «Humanité» Postfach 3001 Bern

Einsendeschluss: 30. April 2017

Humanité 1/2017 31 In Paraguay unterstützen Menschen wie Francisca Valenzuela und das SRK die Gesundheitsversorgung und fördern die Selbsthilfe.

Unsere Hilfe braucht Ihre Spende. Spendenkonto IBAN CH97 0900 0000 3000 9700 0