DEUTSCHER RAT FüR LANDESPFLEQE

ENTWICKLUNG GROSSRAUM Entwicklung Großraum Bonn

Heft 28 - 1977 DER SCHRIFTENREIHE DES DEUTSCHEN RATES FÜR LANDESPFLEGE Fü r den Inhalt verantwortlich : Prof. Dr. Gerhard Olschowy

im Auftrag des Deutschen Rates für Landespflege

Redaktion: Dipl.-Ing. Clemens Schulte

Druck: city-druck Leopold bonn, Verlagsdruckereigesellschaft mbH., Friedrichstraße 38, 5300 Bonn 1 Inhaltsverzeichnis

1. Schreiben des Deutsche n Rates an den Herrn Bundeskanzler . . . 485 2. Landespflegerische Fakten zur Entwicklung des Großraumes Bonn . 486

3. Tischrede des Herrn Bundespräsidenten anläßlich des Abendessens zur Einführung des Kabinetts 487

4. Josef E r t l: Die Stadt als Umwelt . 488 5. Edm und G a s s n e r : Die städtebauliche Entwicklung von Bonn 490

6. Paul E p p i n g : Bundeshauptstadt Bonn ...... 502 7. Günter Sc h u b e r t : Ziele der städtebaulichen Entwicklung im Raume Bonn einschließlich der geplanten Regierungsbauten ...... 507

8. Reinhard G r e b e : Gefährdung der Freiräume durch die bauliche Entwicklung der Bundeshauptstadt Bonn ...... 51 0 9. Herbert Strack : Städtebauseminar „Bonn - Stadt und Hauptstadt" . . . 515 10. Hubert E m o n d s : Klimatisch-lufthyg ienische Sachverhalte und Folgerungen zur Stadtplanung in Bonn ...... 517

11 . Edmund E ls: Interview mit dem Bundeskanzler Schmidt wünscht Bonn den großen Stadtplaner 521 Anschriften der Autoren 525 Bildnachweis . . . . 525 Verzeichnis der bisher erschienenen Hefte 526

Verzeich nis der Ratsmitglieder . . . . . 528

Deutscher Rat für Landespflege Insel Mainau, den 28. Dezember 1977 Der Sprecher

An den Kanzler der Bundesrepublik Deutschland Herrn Helmut Schmidt Bundeskanzleramt

5300 Bonn 1

Betr.:

Ausbau der Bundeshauptstadt Bonn

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! 3. auch die Landkreise und die ang renzenden Gemeinden in einem vereinfachten Verfahren mit zu beteiligen, die durch die von der Bundeshauptstadt ausgehenden Vor­ Der Deutsche Rat für Landespflege hat sich seit längerer Zeit mit den Problemen befaßt, die mit dem Ausbau der haben wesentlich mit berührt werden, Stadt Bonn zu einer repräsentativen und funktionsfJhigen 4. die Universität als gewichtigen Faktor im Leben und Bundeshauptstadt auftraten. Aus diesem Anlaß hat er sich Gefüge der Stadt nicht unbeteiligt zu lassen. von einer größeren Anzahl von Sachverständigen beraten Im Namen der Mitglieder des Deutschen Rates für Lan­ lassen, so auch Prof. Dr. Wortmann, Prof. Dr.-lng. Gassner, despflege teile ich Ihnen, sehr geehrter Herr Bundeskanz­ Prof. Dr.-lng. Strack, Ltd. Baudirektor Epping, Ltd. Bau­ ler, diese Empfehlungen mit und füge diesem Schreiben direktor i. R. Schubert, Dr. Emonds und Dipl.-Ing. Grebe. als Anlage eine Aufstellung der sachlichen Fakten bei, Der Rat hat, gestützt auf Aussagen dieser Sachverständi­ die in unsere Überlegungen eingeflossen sind. In Kürze gen, sowohl die städtebaulichen und landschaftsgestalteri­ wird Ihnen das Heft Nr. 28 der Schriftenreihe des Deut­ schen als auch die mit ihnen zusammenhän']enden politi­ schen Rates für Landespflege zugehen, in dem die nach schen und gesellschaftlichen Gesichtspunkte in seine Un­ Ansicht des Rates sachdienlichen Anregungen und Auf­ tersuchungen einbezogen, die von einem besonderen Ar­ fassungen der befragten Sachverständigen enthalten sind. beitsausschuß vorbereitet wurden. Dabei war der Rat be­ Abschrift dieses Schreibens nebst Anlagen haben erhalten: strebt, den gewachsenen Verhältnissen in der Stadt wie in ihrer Umgebung sowie dem Großraum Bonn soweit wie der Herr Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen möglich Rechnung zu tragen. Dankbar erkennen wir nun, der Herr Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und daß Bund, Land und Stadt sich bemühen, die Vorausset­ Städtebau, Bonn zungen für eine gründliche Lösung zu schaffen. der Herr Minister des Innern des Landes Nordrhein­ In Kenntnis der zu bewältigenden Schwierigkeiten haben Westfalen die Mitglieder des Rates das Interesse begrüßt, das sein der Herr Reg ierungsprädient zu Köln Schirmherr, der Herr Bundespräsident, an einem der Welt­ geltung der Bundesrepublik Deutschland gerecht werden­ der Herr Oberbürgermeister der Bundeshauptstadt Bonn. den, würdigen und sachgerechten Ausbau der Bundes­ hauptstadt bekundet hat, und nicht minder die Anregung des Herrn Bundeskanzlers, Sachverständige von großer sachlicher Erfahrung und Autorität zur Beratung der vielen Mit verbindlicher Begrüßung an d ieser Aufgabe beteiligten amtlichen Stellen, aber auch der betroffenen Bürger zu gewinnen. DER SPRECHER Aufgrund der angestellten Überlegungen empfiehlt der Rat, 1. den Auftrag des berufenen Beratergremiums auf die gesamte Stadt auszudehnen und auf weitere wesent­ liche Komponenten der Stadtplanung wie Verkehr und Ökologie zu erweitern; dem Gremium sollte die Aufgabe zugewiesen werden, einen umfassenden, das Für und Wider abwägenden Gesamtplan gemeinsam mit den Auftraggebern auszuarbeiten, 2. dazu auch alle Randprobleme zu berücksichtigen, u. a. durch Beteiligung spezieller Sachverständiger, aber auch der Bürger und ihrer Zusammenschlüsse, (Graf Lennart Bernadotte)

485 Anlage zum Schreiben des Deutschen Rates für Landespflege vom 28. Dezember 1977

Landespflegerische Fakten zur Entwicklung des Großraumes Bonn

Positive Entwicklungen: Vorschläge aus der Sicht der Landespflege zur Planung Bonn Ausbau des Geländes zwischen Bonn und Bad Godes­ berg in Verbindung mit der BGS 1979 zu einem zen­ Erhaltung der Rheinuferzonen aus Gründen des Natur­ tralen Erholungspark. schutzes, der Ökologie und der Erholung. Unterschutzstellung des Kottenforstes sowie des Ennerts Erhaltung und Ausbau der Rheinauen (links- und rechts­ und des Siebengebirges (Landschaftsschutz- bzw. Na­ rheinisch) als primäre Gliederungselemente der Stadt turschutzgebiet). Bonn. Keine weitere Einengung der Hochwasserauslauf­ flächen durch Eindeichungen. Ein Wechsel von Erho­ Verzicht auf den Ausbau der Straßenquerspange ent­ lungs- und Siedlungszonen soll angestrebt werden. Die lang des Rheindorfer Baches und auf die Überque• Karte der potentiellen natürlichen Vegetation sowie die rung des Katzenlochbachtales. vorhandenen Gleit- und Prallhänge sind in die Planung Erkennen der Bedeutung von Uferbereichen und Tal­ möglichst mit einzubeziehen. sohlen der links- und rechtsrheinischen Bäche für die Freihaltung des engeren Uferbereiches sowie der stadt­ Durchlüflung des Stadtgebietes. Diese Bereiche sollen nahen Erholungsgebiete von jeder weitere Bebauung. freigehalten bzw. nachträglich wieder freigemacht wer­ Schaffung verkehrsberuhigter Zonen in den jeweiligen den (Godesberger Bach). Ortszentren neben Bonn, , und Auflagen in den Bebauungsplänen zum Schutz der Duisdorf auch in den Zentren der alten dörflichen Sied­ landschaflsbestimmenden Hangkanten und Hangbewal­ lungskerne mit ihren wertvollen Baustrukturen. dung vor Bebauung oder sonstigen Eingriffen. Verbesserung der landschaftlichen Einbindung begonne­ Freihalten eines jeweils 50 m breiten Geländestreifens ner und noch notwendiger Verkehrsbaumaßnahmen. links und rechts der Stadtautobahnen und Schnell­ Konzentration der baulichen Entwicklung sowohl der straßen von jeglicher Bebauung. Wohngebiete als auch der Anordnung von Arbeitsplätzen auf bestimmte umliegende Gemeinden zum Zwecke der Problematische Entwicklungen: Sicherung von Erholungsgebieten (NP „Siebengebirge", NP „Kottenforst-Ville", „Siegmündung") und zur Ent­ Die neue Schwerpunktbildung der Bundesbauten zwi­ lastung des Rheintalbereiches. schen Bad Godesberg und Bonn wird von erhebli­ Die künftige städtebauliche Entfaltung Bonns sollte chem Einfluß auf die Rheinlandschafl sein. möglichst auf klimatisch geeigneten Standorten z. B. Weitere Ausweisung von störenden Industrien im kli­ auf der Hochterrasse vollzogen werden und nicht im matisch belasteten Raum Bonn, zumal für den betref­ engeren Rheintal, da sonst in Zukunft die natürlichen fenden Siedlungsraum über den klimatischen Komplex Gegebenheiten den Belastungen nicht mehr gewach­ hinausgehende ökologische Untersuchungen fehlen. sen sein werden. Nicht notwendigerweise in Bonn anzusetzende tertiäre Erhaltung historischer Parkanlagen (Rigal'scher Park, Arbeitsplätze sind in den Gemeinden anzusiedeln, in Drachensteinpark) und Zurücknahme der Ausweisung denen ein angemessener Wohnungsbesatz vorhanden eines Teiles des Leserparkes als Wohngebiet. oder in der Entwicklung ist, um unnötige Pendelverkehre zu vermeiden und um die Verkehrswege gleichmäßiger Ausbau der quer zum Rhein fließenden Bachläufe (Ufer­ auszulasten. zonen) als öffentliche Grünflächen (Funktion als Glie­ derungselemente und Durchlüftungsschneisen). Störende Auswirkungen des geplanten Ausbaues der Ausbau eines Fußwegesystems entlang der Bachläufe, B 42 am Fuße des Siebengebirges und des Ennerts Hangstufen, Rheinufer etc. zur Verbindung von Sied­ sowie des westlichen Teiles des Autobahnringes (Nord­ lungs- und Naherholungsbereichen. west-Tangente) zwischen A 56 und 555. Außerdem dürfte die geplante Südtangente (Tunnel durch den Venus­ Keine Erstellung von Gebäuderiegeln in der Hauptwind­ berg) zu Beeinträchtigung von Wohngebieten und dar­ richtung, da sonst die zeitweise sehr geringe Windbe­ über hinaus durch ihre Fortführung in den Westerwald wegung noch weiter gesenkt würde. hinein zu höchst unerwünschten Siedlungsentwicklun­ Freihalten der Seitentäler und Hanglagen von jeglicher gen führen, die eine weitere Zerstörung noch intakter Bebauung (bes. Bad Godesberg und Mehlem). Erholungslandschaften zur Folge hat. Verzicht auf die Ansiedlung weiterer emittierender In­ Erhaltenswerte Bausubstanz wird oftmals zerstört und dustrieanlagen wegen ihrer negativen Auswirkungen durch Neubauten ersetzt, die sich dem vorgegebenen auf das Bonner Stadtklima. Maßstab nicht anpassen. Außerdem werden oftmals die Erhaltung des gartenbaulich-landwirtschaftlichen Gebie­ ehemaligen Firstlinien überschritten, ohne daß klima­ tes nördlich von Bonn als gliederndes und das Lokal­ tische Gutachten eine höhere bauliche Nutzung als un­ klima beeinflussendes Element in der rheinischen bedenklich ausweisen. Stadtlandschaft.

486 Tischrede des Herrn Bundespräsidenten anläßlich des Abendessens zur Einführung des Kabinetts

Herr Bundeskanzler! kann nun einmal nur ein Architekt. Wir Politiker könnten Meine Damen und Herren! ihm sagen, was wir von einer Hauptstadt erwarten, welche Funktion sie ausüben soll, welches Bild sie dem Bürger und der Welt vermitteln soll; aber dann sollten wir dem Den Damen und Herren des Kabinetts habe ich schon bei Architekten, der ein wirklicher Städtebauer sein muß, ja der Übergabe der Ernennungsurkunde zur Übernahme ihrer ein Hauptstadtbauer, das Feld überlassen. Ämter gratuliert. Sie, Frau Schmidt, und Sie, meine Damen, die nicht auf der Regierungsbank sitzen - Herr Huber sei Ich glaube nicht, daß das ständige Hineingerede von Be­ nicht vergessen - sehe ich heute nach der Wahl zum er­ amten in die Hauptstadtarchitektur Bonns bisher förderlich sten Mal. Meine Frau und ich begrüßen Sie sehr herzlich. gewesen ist. Ich glaube auch nicht, daß riesige Gremien Ich zögere etwas, auch Ihnen zu den Ämtern Ihrer Män• über eine geistig-künstlerische Sache - und darum han­ ner, Ihrer Frau zu gratulieren. Mir ist nur zu genau be­ delt es sich meiner Meinung nach bei diesem Problem - kannt, welche Opfer Sie bringen müssen, Opfer, die tief in abstimmen sollten. Dergleichen sonst begrüßenswerte de­ das persönliche Leben eingreifen. Opfer, von denen man mokratische Verfahren führen bei einer solchen Aufgabe kaum spricht, die darum jedoch nicht leichter wiegen. Ih­ auf direktem Wege in die farblose und langweilige Mittel­ nen wird zu selten gedankt. Nehmen Sie es bitte nicht als mäßigkeit, für die dann schließlich kein einziger verant­ leere Floskel, wenn ich Ihnen heute im Namen aller Bür• wortlich sein will und letzten Endes auch keiner verant­ ger dafür danke, daß Sie bereit sind, diese Opfer für vier wortlich ist. weitere Jahre zu bringen. Es scheint mir nicht ganz selbstverständlich zu sein, daß Man braucht ja kein Hellseher zu sein, um festzusellen, das alte Rathaus der Stadt Bonn, in seinem städtebauli• daß es heutzutage keine leichte Aufgabe ist, Bundeskanz­ chen Zusammenhang und vom Rang seiner Architektur her ler oder Mitglied der Regierung zu sein. Ein Blick in die gesehen, den wichtigsten Regierungsbauten so eindeutig Zeitung genügt. Vor uns türmen sich Probleme, deren Größe überlegen ist. Die einzelnen Elemente des „Regierungsvier• durchaus genügt, um den verantwortlichen Politikern den tels", soweit sie schon stehen, sind ja nun leider Gottes Schlaf zu rauben. Möglicherweise könnten sie auch dahin heterogen genug. Um so dringlicher scheint mir die Aufga­ wirken, daß die Freude an einem Essen beim Bundesprä• be, den vorhandenen Bestand in einen gedanklichen und sidenten gemindert würde. Ich möchte deshalb heute baulichen Zusammenhang zu bringen, und das heißt, die abend nicht über die große Politik sprechen, sondern letzte Chance zu nutzen, um der Hauptstadt unseres Lan­ mich einem Thema zuwenden, das uns als Bürger des doch noch ein Gesicht zu geben. dieser Stadt am Herzen liegt, nämlich der Bundes - Ich weiß, das ist schwierig. Die Interessen, Wünsche und h au p t stad t B o n n. Ich glaube kaum, daß irgend­ Vorstellungen von Stadt, Land und Bund sind nur schwer jemand in diesem Kreise besonders glücklich ist, auf einen Nenner zu bringen. Aber die Alternative wäre, wenn er die Entwicklung der Stadt betrachtet. Gewiß, daß Bonn zu einem steinernen Beweis dafür würde, daß die manche Baustellen sind verschwunden - dafür gibt es drei staatlichen Ebenen in diesem lande eine von allen andere -, das Angebot der kulturellen Einrichtungen hat Seiten als dringlich und notwendig erkannte Aufgabe nicht sich verbreitert und auch verbessert. Und wenn man ein­ zu lösen vermögen. Ein solcher Beweis würde alle Be­ kaufen w ill, braucht man nicht mehr nach Köln oder Düs­ hauptungen von dem Funktionieren der demokratischen se ldorf zu fahren - man findet das meiste in Bonn. Institution und der verschiedenen staatlichen Ebenen allzu augenfällig Lü gen strafen. Professor Lützeler, dessen Urteil Das ist eine erfreuliche Entwicklung der Gemeinde Bonn, zweifellos. Aber mit der „ B u n des h au p t stad t " hat ich sehr schätze, hat dieser Tage an das Goethewort erin- nert: „ Man mag doch immer Fehler all das nur recht entfernt zu tun. Die Frage nach der „ Bun­ b e g e h e n , b a u e n d a r f m a n k e i n e ". Der deshauptstadt" scheint mir hauptsächlich die Frage zu sein, wie sicher unser Staat in dieser Stadt vor dem deut­ Hauptstadtausbau Bonns hat, so glaube ich, durchaus et­ was mit der Glaubwürdigkeit unserer Demokratie zu tun, schen Bürger und der Welt darstellt. Der Reisende, der der Glaubwürdigkeit, auf der denn doch letztlich jedes hier ankommt, findet Bonn; er findet auch, weit verstreut, ein paar Bürohäuser - nicht gerade Meisterwerke der Ar­ freiheitliche Gemeinwesen beruht. chitektur -, an deren Eingang er, wenn er genau hin­ Auch die Architektur ist eine Sprache, und ich glaube, wir schaut, einen Bundesadler erkennen kann. Und wenn er Politiker sollten darauf achten, daß diese Sprache, wie die noch näher herantritt, kann er auch lesen, daß es sich bei Sprache überhaupt, nicht zu einem leeren Jargon wird, diesem Gebäude um dieses oder jenes Bundesministerium den niemand mehr sehen oder hören mag. Sie sehen, mir handelt. Eine Ha u p t stad t findet er jedoch nicht. liegt dieses Problem am Herzen. und wenn ich als Bundes­ präsident irgendwie dabei hilfreich sein kann, so bitte ich Ich plädiere hier gar nicht für großartige Bauten. Bonn soll kein zweites Brasilia sein. Ich plädiere für ein Sie, Herr Bundeskanzler, es mich wissen zu lassen. Sie werden mich zu jeder Anstrengung bereit finden. H au p t s t ad t k o n z e p t. Nicht für höhere Mittel, son­ dern für einen besseren Gebrauch der Hirnsubstanz. Es Es ist im übrigen nicht ganz ohne Hintergedanken, daß müßte doch möglich sein, so denke ich mir immer wieder, ich diese Frage heute vor Ihnen, da die Ehedamen und eine Hauptstadtkonzeption zuwege zu bringen, die etwas Herr Huber anwesend sind, ausbreite. Ich vermute nämlich mehr bringt, als daß das Ministeri um X an der zufällig be­ in Ihnen Verbündete in dieser Sache. Es ist nur zu be­ baubaren Stelle Y irgendein Haus bekommen soll. Ich greiflich, daß angesichts der vielen ernsten, ja bedrücken• denke an eine Konzeption, die Struktur und Gefüge unse­ den Probleme das Problem Bonn in der Kabinettrunde res Staates sichtbar macht, in ein Ganzes bringt und auch immer wieder in den Hintergrund tritt, und da wär es mir - vielleicht ist das nun gar zuviel verlangt - etwas vom nur recht, wenn Sie. meine Damen, und Sie, Herr Huber, Geist unserer fr eihe itl ic hen Demokratie als Bü rgerinnen und Bürger dieser Stadt ihre Ehepartner erkennen läßt. hin und wieder stubsen würden, damit sie Bonn nicht ver­ gessen. Freilich, um so etwas zu erreichen, dazu muß man i n und m i t der Architektur denken können - und das Ich danke Ihnen.

487 Josef E r t 1

Die Stadt als Umwelt

Umweltschutz wird oft allzu leicht als nur technologische setzen andersartige Maßstäbe gegenüber den Gebäuden Problemlösung angesehen: Luftreinhaltung, Wasserreini­ und beleben den Straßenraum ungemein. Ich freue mich gung, Abfallbeseitigung, Lärmbekämpfung und derglei­ auf jeder Fahrt zwischen meinem Du isdorfer Ministerium chen. Ich möchte deshalb deutlich machen, daß als volks­ und dem Bundeshaus über die große Blutbuche im engen wirtschaftlich sinnvollstem Weg dem Vorbeugen von Schä• Schlauch der Reuterstraße oder über die Platane gegen­ den, der Sicherung und Entwicklung der Leistungsfähig­ über dem Museum Koenig; ich erinnere an den Baumbe­ keit des Naturhaushalts und der Vielfalt der natürlichen stand auf dem Beueler Rathausplatz oder an die Baum­ Umwelt Vorrang gegeben werden muß. Genau das ist für schulallee. Nicht nur große Baumbestände wie der Godes­ mich das Leitprinzip von Naturschutz und Landschaftspfle­ berger Stadtpark, sondern auch Einzelbäume bestimmen ge, die ich als Daseinsvorsorge des Staates für seine Bür• das Ortsbild ganz wesentlich. ger verstehe. Naturschutz und Landschaftspflege dienen De r Wuchsraum für Bäume wird jedoch in den Städten dadurch dem obersten Ziel liberaler Gesellschaftspolitik, durch die Verkehrsbauten und den „unterirdischen Städte• die Würde des Menschen zu schützen und ihm ein bau" des dichten Versorgungs- und Ableitungsnetzes im­ Höchstmaß an Entfaltungsmöglichkeiten sowie körperli• mer stärker eingeschränkt. Dem städtischen Gartenamt chem, seelichem und sozialem Wohlbefinden zu garantie­ bleiben auf kommunalem Grund und Boden häufig kaum ren. Um dieses Ziel zu erreichen, muß langfristig und um­ die Möglichkeiten, Bäume zu pflanzen. Hier können die fassend geplant werden; alle Nutzungs- und Produktions­ Grundstückseigentümer ganz entscheidend mithelfen; denn vorhaben sind auch danach zu beurteilen, welche Auswir­ in vielen Gärten haben Bäume Platz, die gerade von dort kungen sie auf die natürliche Umwelt haben; vor allem, aus ihre Wirkung in den gesamten Straßenraum ausüben was für unerwünschte Nebenwirkungen auftreten können. können. Jene Suche in der Reuterstraße ist ein Paradebei­ Naturschutz und Landschaftspflege, Planung unter Berück• spiel dafür. Im Zusammenwirken von Stadt und Grund­ sichtig ung ökologischer Kriterien, Daseinsvorsorge des stückseigentümern könnte viel in dieser Hinsicht getan Staates usw. - das klingt, als ob dem Staatsbürger kein werden. Raum für eigene Initiative mehr bliebe. So ist das nicht. Mit Bäumen und Sträuchern wird aber nicht nur das äuße• Deshalb möchte ich herausstellen, was der einzelne für re Bild der Straßen im Wechsel der Jahreszeiten verwan­ Umweltschutz und Umweltgestaltung, für seinen eigenen delt, sondern von besonderer Bedeutung sind ihre Auswir­ Lebensraum wie den der Gesellschaft tun kann. Gerade in ku ngen auf die gesundheitlichen Verhältnisse der städti• einem städtischen Raum wie Bonn, aus vielen Teilen neu schen Umwelt: Sie fördern den notwendigen Luftaustausch zusammengesetzt, mit einem hohen Anteil von Bürgern und kühlen durch die Wasserverdunstung von der großen überallher aus unserem Land , wird das Engagement der Blattoberfläche ihre Umgebung; hinzu kommen die staub­ Bewohner deutlich in Wechselwirkung mit der Qualität der filternde und lärmmindernde Wirkung, das Schattenspen­ städtischen Umwelt stehen. den, der Verbrauch an Kohlendioxyd und die Produktion Je höher Wohnwert und Erlebniswert der Stadt sind und von Sauerstoff. Schließlich bieten sie Lebensstätten für die ihr Erholungswert - vor der Haustür wie in der umgeben­ Vogelwelt, die wir in unseren Städten auch nicht missen den Landschaft -, desto stärker wird die Verbundenheit wollen. der Einwohner mit ihrem Ort sein. So eine Suche wie die in der Reuterstraße mag 15 Meter Dem Bürger stehen auch im städtischen Raum viele Mög• Kronendurchmesser und etwa 600 000 Blätter haben, die lichkeiten offen, im Sinne von Naturschutz und Land­ eine Blattoberfläche von rund 1 200 Quadratmetern erge­ schaftspflege seinen Beitrag zur Verbesserung der Umwelt ben. Wenn dieser Baum mit einem Kronenvolumen von zu leisten. Ich will einige Details nennen, über die manche rund 1 800 Kubikmeter gefällt würde, so könnten ihn erst vielleicht lächeln, deren Wirkung aber nicht unterschätzt 1 800 junge Bäume mit je einem Kubikmeter Kronenvolu­ werden sollte: Es beginnt mit dem Vermeiden unnötigen men in der biologischen Wirkung ersetzen. Man sieht an Leerlaufs beim eigenen Auto und setzt sich fort mit der diesem Rechenexempel, daß das nicht durchführbar ist. Benutzung der Papierkörbe und der Sperrmüllabfuhr im Dem Schutz der vorhandenen großen Bäume und rechtzei­ Sinne der leisen Mahnungen an den Papierkörben: „Halte tiger Nachpflanzung kann also in unseren Städten gar Deine Stadt sauber!" Ein sichtbarer Beitrag zur Stadtge­ nicht genug Beachtung geschenkt werden. staltung ist neben dem Pflegezustand der Häuser die Aus­ Das gewichtigste Kapitel ist zweifelsohne die Anteilnahme gestaltung der Vorgärten oder der Blumenschmuck an der Bürger an der künftigen Entwicklung ihrer Stadt. Gera­ Fenstern und Balkonen. Jeder kann selber nachempfinden, de hier in Bonn, wo nach dem Zusammenschluß nun die wie freundlich Pflanzen und besonders Blumen einen Stra­ Planung für den größeren Raum in Angriff genommen ßenraum machen können, der sonst nichtssagend grau wird, ist das von Bedeutung. Die Planungsprozesse sind und langweilig wirkt. Ohne die Aktivität der Anwohner ist zwar ganz allgemein noch nicht so transparent für jeder­ so etwas nicht zu erreichen. mann, wie es wünschenswert wäre. Aber das Recht des Für die Straßenräume und ihre „Wohnlichkeit", wenn ich so Bürgers auf Information und Einwirkung auf die Planung sagen darf, spielen Bäume eine überragende Rolle: Sie ist schon im Bundesbaugesetz von 1960 dadurch veran-

488 kert, daß die Gemeinden bei der Aufstellung der Bauleit­ die Waldungen auf den Hochflächen. pläne verpflichtet sind, die Entwürfe mit Erläuterungsbe• Auc h die vorhandenen Grünflächen und Parks sowie richt und Begründung für die Dauer eines Monats öffent­ die Straßenbäume in den alten Wohnvierteln zählen lich auszulegen. Di e Gemeinde hat die vorgebrachten Be­ hierzu. denken und Anregungen zu prüfen und das Ergebnis der Genehmigungsbehörde mitzuteilen. Die große Bedeutung der Bachläufe und ih rer Täler wird leider oft verkannt. Sie sind die naturgegebenen Bahnen Ich meine, daß diese Möglichkeit, den rechtmäßigen Ein­ für das Abfließen der Kaltluft, die die schwüle im Talkes­ fluß auf die Ortsplanung und ihre Realisierung zu nehmen, sel aufbessern hilft und zugleich die natürlichen Leitlinien viel zu wenig genutzt wird. Hier liegt noch ein weites Feld aus der Tallage in die Wald ungen der Hochfläche. Sie für die Mitwirkung des Bürgers an der Sicherung und Ent­ dürfen nicht durch Bebauung abgeriegelt werden, sondern wicklung seiner gebauten und natürlichen Umwelt brach. sollten die Ansatzlinien für die Stadtgliederung und Schaf­ Das bürgerliche Engagement könnte sich z. B. für folgende fung von Grünzonen sein, denen auch diejenigen öffentli­ Ziele von Naturschutz und Landschaftspflege in der Bon­ chen Einricht,ungen zugeordnet werden können, die an ner Stadtentwicklung einsetzen, um Eigenart und Unver­ Freiräume gebunden sind, wie Schulen, Kindergärten, wechselbarkeit des Bonner Raumes in der rheinischen Spielgelegenheiten und Sportplätze, Ruheplätze für alte Städtelandschaft lebend ig z.u machen und seine Umwelt­ Menschen, Kleingärten, Bolz- und Tummelplätze für Ju­ qualität zu verbessern: gendliche usw. E s s o 1 1 t e a 1 1e s u n t e r n o m m en w e r d e n d i e Wie mir meine Mitarbeiter gesagt haben, bringt der Land­ la ndschaftlichen Eleme nt e im S t ad,t ge­ schaftsplan im Rahmen der Stadtentwicklungsplanung - biet zu schonen u n d f reizuhalten ode r Stufe 1 - der Stadt Bonn für d iese Aufgaben von Natur­ wie d e r fre i zul egen, sie als Grünflächen schutz und Landschaftspflege gute Zielvorstellungen und für Gliede run g un d Durchl üftung der Planungsvorschläge. Lassen Sie mich zum Schluß noch auf Stadt nutzba r zu machen u nd für die Frei­ eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Lösung der zeitaktivitäten z u erschließen und auszu­ Umweltprobleme kommen, die U m w e 1t e r z i e h u n g. gestalten. Das Verständnis dafür, daß man mit dem begrenzten Na­ turpotential und der Landschaft als Lebensraum haushälte• Ich will nicht in Einzelheiten gehen. Aber für mich, der ich risch umgehen muß, setzt naturwissenschaftlich-biologi­ ja immerhin einen großen Teil der letzten zehn Jahre hier sches Wissen voraus. Die Grundlagenvermittlung durch die in Bonn verbracht habe, sind dies besonders wertvolle Schule und die Hinführung zu ökologischem Denken - Landschaftselemente: zum Denken in Zusammenhängen - hat bei dieser lang­ die Rheinuferbereiche, fristigen Aufgabe eine Sch lüsselstellung. Aber die ersten die Geländestufe des „ Hochgestades" zwischen Rhei­ Anstöße zur Achtung vor dem Lebendigen, Gewachsenen naue und Niederterrasse, und die Begleitung auf dem Weg zu einer Partnerschaft die großenteils noch bewaldeten Steilhänge zur Hoch­ mit der Natur können und müssen die Eltern den Kindern fläche der Hauptterrasse und der Siebengebirgsausläu­ geben. Hier hat ein jeder sehr wichtige und sehr dankbare fer, Aufgaben für Schutz und Sicherung einer menschenwürdi­ gen Umwelt zu erfüllen. d ie Talräume der in die Hochfläche eingekerbten Bä• che und (Sonderdruck aus dem VORWÄRTS vom 2. August 1973)

489 Edmund G a s s n e r

Die städtebaugeschichtliche Entwicklung von Bonn

1. Einführung übergang. Abb. 1 zeigt die beiden römischen Lager, das Auxiliarkastell und die Legionsfestung nach dem heutigen Im Rahmen einer Publikation, die sich mit höchst aktuellen, Stande der Erkenntnis (4) . Man sieht auch den Verlauf der in ihrer Vielschichtigkeit schwierigen und auf die Zukunft Gumme mit ihren Abzweigen sowie die alle Nord-Süd• gerichteten Fragen befaßt, mag es verwunderlich erschei­ Straße, die durch das große Kastell als via principalis nen, eine geschichtliche, also doch rückwärts gerichtete führte im Verlauf der heutigen Römerstraße. Tacitus Betrachtu ng vorzufinden. Jedoch hier gilt, wie überall, erwäh,nt die castra Bonnensia. An die Kastelle schlossen der Satz, daß erst die Vergangenheit der Gegenwart sich Vorstädte an, bei den Legionsfestungen die Canabae Sinn und Tiefe gibt. „Wir sind das Produkt der Vergan­ Legionis, bei Auxiliarkastellen die Vicus. Die Canabae genheit und leben in die Vergangenheit getaucht, die von enthielten Schankstätten, Handlungen und Werkstätten zur allen Seiten auf uns lastet", hat der Philosoph Benedetto Versorgung der Garnison, waren an die Garnison gebun­ Corce geschrieben, und er fährt fort: „ Wie sollen wir die den und befanden sich auf militärischem Territorium. In Vergangenheit überwinden, wenn wir in ihr sind und sie Bonn lagen die Canabae westlich und südlich der Festung. in uns ist? Nur ein Weg bleibt aus diesem Kreis: Der Wann die Bonner Zivilsiedlung entstand, ist noch unbe­ Weg des Denkens. daß die Bindung mit der Vergan­ kannt. Nach (4) lag der zivile Vic us zwischen den beiden genheit nicht zerreißt, sich aber geistig über sie erhebt Lagern, nördlich des Bertha-von-Suttner-Platzes, und hatte und sie in Kenntnis verwandelt". Wenn wir wissen, daß die seit dem 2. Jahrhundert Fachwerkhäuser auf Steinsockeln, von Geschichte erfüllten alten Räume, die Hinterlassen­ vielleicht auch einige Steinhäuser. Es wird aber auch ver­ schaft, die in aufgehender Bausubstanz oder auch nur mutet, daß die einheimische Bonner Zivilsiedlung infolge im Stadtgrundriß sich abzeichnet, einst Glanz und Elend der großen Anziehungskraft Kölns bald verkümmerte (6). menschlichen Strebens und Sch icksals beherbergten, wenn Die Legionsfestung, später unter den Franken „Bonnburg" wir sehen, wie sich uns heute die Ergebnisse glücklichen genannt, sperrte die Nord-Süd-Straße, überwachte die Sieg- oder blinden Zufalls, planender Vorsorge oder kurzsichti­ gen • Unverstandes darstellen, wenn wir uns um solche Erkenntnis mühen , wird uns dieses geistige Erlebnis be­ fähigen, nicht nur Verständnis und Liebe zu unserer Stadt zu mehren, sondern auch im Umgang mit der ererbten Substanz und in ihrer Anpassung an künftige Bedürfnisse sorgfäl tiger zu verfahren. Eine Betrachtung der städtebaulichen Entwicklung von Bonn kann sich auf recht ergiebige Quellen stützen, die im Literaturverzeichnis angegeben si nd. Das alte Bonn liegt, wie alle größeren Orte des Mittel­ rheins, an der linken Seite des Stromes, und zwar an einer besonderen Stelle seines Laufes, wo das romantische Mittelrheintal endet und die Niederrheinebene mit der Kölner Bucht ansetzt. Die Altstadt befindet sich auf der hochwasserfreien Niederterrasse, etwa 15 m über dem Mittelwasser des Rheines; die untersten Enden der zum Rhein hinabführenden Gassen standen unter Hochwasser­ einfluß. Doch Bonn war stets auch ein lebhafter Fährplatz. Denn gegenüber liegt die Siegmündung, einst mit Schlingen, Altwassern und sumpfigem Auenwald, ein Verkehrshinder­ nis welches die rechtsrheinische Straße und später die Eis,enbahn nach Siegburg hin abdrängte. Deshalb zog man es vielfach vor, zwischen dem Fischer- und Schifferdorf Beuel und Bonn überzusetzen, von dort die Straße Bonn­ Köln und andere Verbindungen ins Hinterland zu benut­ zen (3).

2. Römerzeit

Die angedeutete verkehrsgeographische Lage veran laßte die Römer, hier, unweit einer älteren, den vorrömischen Namen Bonn tragenden Siedlung zwei Festungen zu er­ bauen, das ältere, kleinere Drusukastell, zwischen Minori­ tenkirche und Rathausgasse nachgewiesen, und das jün­ 0 gere, größere Legionslager nördlich davon am alten Fluß- „ ! 1 1 1'' 1 1 1

490 mündung am gegenüberliegenden Ufer sowie die Fähr­ zösische Wort „bourgeois" und die deutsche Bezeichnung stelle, die später im Hochmittelalter, stromauf, an die „Bürger" geworden. Erzbischof Konrad von Hochsladen Fischer-Siedlung unterhalb des heutigen Alten Zolls verlegt ordnete 1244 die Ummauerung der Bürgerstadt an, be­ werden wird. Gardo und Decumanus markieren das strenge stätigte die alten Rechte und Gewohnheiten auch für alle Ordnungsprinzip des römischen Gastrums. Die aus ein­ Neubürger und gewährte zum Ausgleich für die Belastung heimischen und zugewanderten Elementen bunt gemischte mit dem Mauerbau Steuererleichterungen. Nun galt der Bevölkerung der römischen Siedlungen hatte vom zweiten Rechtssatz „Stadtluft macht frei" auch für Bonn. 1286 Jahrhundert bis in die Mitte des dritten Jahrhunderts teil wird die Ratsverfassung eingeführt. an der glanzvollen städtischen Kultur des Römerreiches und an dem blühenden Wirtschaftsleben der Provinz Unter­ Die Bevölkerung nahm zu. Im Marktviertel und im südöst• germanien. Fast ein halbes Jahrtausend waren die Römer lichen Rheinviertel herrschte reges Handels- und gewerb­ am Rhein; das Römisch-Germanische Museum am Kölner liches Leben. Im Nordteil überwogen Klöster und Höfe Dom vermittelt uns ein lebendiges Bild aus der Zeit dieser auswärtiger Klöster, oft umgeben von Wein- und Baum­ PAX ROMANA. gärten. Es bestand regelmäßige Schiffsverbindung mit Köln. Konrad von Hochstaden legte auch den Keim zur Bildung Es ist nun aber für die Bonner Entwicklung bedeutsam, der Residenzstadt Bonn, denn er wohnte häufig dort, daß nicht dieses Gastrum und daraus abgeleitete Ent­ pflegte Verhandlungen und erließ Regierungsakte. Mit Be­ wicklungsprinzipien, wie das z. B. bei Boppard, Straßburg, ginn der Renaissance-Zeit erfolgte eine weitere wichtige Regensburg, Arles, Aosta im Stadtgrundriß ablesbar ist, Entscheidung. Im Jahre 1525 verlegte Erzbischof Hermann den frühmittelalterlichen Stadtgrundriß prägen, sondern daß von Wied die Zentralbehörde des Kurkölnischen Staates, eine frühchristliche Grab-Kultstätte, die an der Stelle des die Landeskanzlei nach Bonn. heutigen Münsters über einem Märtyrergrab erbaut wurde, den Kern zu einer zukunftsträchtigen Entfaltung bilden Der Kupferstich des Matthäus Merian vom Jahre 1646 sollte. Die Legende nennt die römischen Märtyrer Gassius (Abb. 2) vermittelt uns ein plastisches Bild des spätmittel• und Florentius, die als Mitglieder der sog. thebaischen alterlichen Bonn. Stiftsstadt und Bürgerstadt sind auszu­ Legion ihres Glaubens wegen starben und um 300 an der machen, das Ganze ist mit einer türmebewehrten Ring­ genannten Stelle begraben wurden. mauer umgeben. Das Gassiusstift mit den Kirchen St. Martin und St. Gangolph sowie, in Richtung Markt, St. Remigius, der vor 1570 begonnene Neubau des landesfürst• 3. Bonn zur Zeit des Mittelalters lichen Residenzschlosses, der bürgerliche Markt mit Rat­ haus heben sich deutlich heraus. Die mittelalterliche Stadt­ Die dauerhafteste Spur, die die Römerherrschaft am Rhein mauer mit Türmen, Toren und Wassergraben umschließt hinterließ, waren die frühchristlichen Gemeinden und ihre das Stadtgebilde, wobei das Kölntor und das Sterntor Kirchen. Die Kultstätte des Gassius und Florentius und besonders auffallen. Im Vorfeld liegt noch das Stift Diet­ ihre gallorömischen Gläubigen überstanden die fränkische kirchen , das später, 1680, wegen Kriegswirren in die Stadt Eroberung. Das um diesen Kern sich bildende Gassius­ verlegt werden wird. st ift als Mittelpunkt einer „villa Basilica" genannten Sied­ lu ng, die weitere Kirchen, Kurien, Hörigenwohnungen und auch eine kleine Niederlassung von Kaufleuten, einen 4. Landesfürstliche Zeit und Absolutismus karolingischen „ Vicus Bonnensis" umschloß, waren Grund­ lage für die bauliche Entwicklung einer Stiftsstadt (5, 6). De r im Zuge des zweiten Reformationsversuches hervor­ Diese machte im laufe der Zeit dem „castrum Bonna", gerufene blutige Kölnische Krieg (1581-1584), in dem u. a. wie die römische Festung in den Urkunden der fränkischen die Godesburg zerstört wurde, und es zu Schäden, Aus­ Zeit meistens genannt wird, der „Bonn-Burg" wachsende plünderungen und wirtschaftlichem Niedergang in der Konkurrenz. Die villa Basilica, im 11. Jahrhundert auch Stadt und ih rer Umgebung kam, hatte am Stadtbild nicht „c ivitas Verona" bezeichnet und wohlbefestigt, hatte um viel ve rändert. Im Verlauf der Auseinandersetzungen ge­ 1021 über die Bonn-Burg bereits das Übergewicht, denn wann das Haus Wittelsbach den Kölner Kurstuhl, den Dietkirchen wird damals als „in suburbio Bonnae" gele­ dann bis 1761 nachgeborene Söhne innehaben sollten, gen aufgeführt, eine Entwicklung, die wohl durch die Nor­ unter ihnen der tüchtige Ferdinand (Kurfürst 1612-1650), mannenstürme von 881 und 892 vorangetrieben worden als letzte Joseph Giemens (Kurfürst 1688-1723) und Gie­ war. Jedenfalls wirkte die Bedeutung der Grabeskirche als mens August (Kurfürst 1723-1761). Den Dreißigjährigen wichtigster christlicher Ku ltstätte kontinuitätsbildend für den Krieg hat Bonn, nicht zuletzt durch geschickte Politik Übergang zwischen römischer Besiedlung und der früh• Ferdinands, verhältnismäßig gut überstanden. Unter diesem mittelalterlichen Stadt (5, 6). Landesherrn w urden in Bonn die Zentralbehörden ausge­ baut, im Rahmen der Gegenreformation eine Klosteransied­ Wir glauben zu wissen, daß man spätestens in der 2. Hälfte lungspolitik mit Lehr- und Volksbetreuungsorden betrie­ des 11. Jahrhunderts den Bonner Stiftsbereich neu ab­ ben, eine Hofhaltung eingerichtet, mit dem Ausbau des gesteckt hatte. Mit seinem Ausbau wurden neue Maßstäbe Residenzschlosses ein Renaissancegarten angelegt und ein gesetzt, denn nun entstand in Bonn zum ersten Mal seit ebensolcher bei der Wasserburg Poppelsdorf. Ferdinand der römischen Zeit wieder große Architektur. Der Stadt­ war nicht nur ein großer Gartenliebhaber, er war auch ein herr, der Kölner Erzbischof, schuf einen geistlichen Stadt­ großer Musikfreund, mit ihm beginnt die glanzvolle Ge­ kern mit den Bereichen Stift, erzbischöfliche Pfalz, den schichte der Bonner Hofkapelle. Um 1650 zahlte Bonn Kirchen St. Martin, St. Remigius und später St. Gangolph den höchsten Steuerbetrag von allen kurkölnischen Städ• (5). Zugleich mit der Neuorganisation der Stiftsstadt wird ten, ei n Zeichen des Wohlstandes. Dieser Wohlstand an der Nordseite eine bürgerliche Marktsiedlung neu be­ sollte aber alsbald vernichtet werden. gründet, als oppidum Bonnense 1211 zuerst genannt und zun ächst noch unbefestigt. Der Marktplatz legt sich an die Im Zuge der Wittelsbacher Politik, die vielfach zu Bündnis• Immunität an. Dort ist auch ein Rathaus ausgewiesen. sen Kurkölns mit Frankreich gegen Habsburg führte, wurde Wahrscheinlich gab Erzbischof Hermann II (1036-1056) Bonn mit französischem Geld zur modernen Festung im die Initiative zum Neubau der Immunität und zur Anlage Bastionärsystem ausgebaut, wobei schließlich der Gou­ der Bürgerstadt, deren Einwohner Burgenses genannt wur­ verneur von Saarlouis, Ghoisy, nächst Vauban der beste den. Der Ausdruck hängt mit burgum, borgo, Bergeort, französische Festungsingenieur, die Leitung der Arbeiten Vorstadt zusammen, und aus dem burgensis ist das fran- übernahm. Auf der an deren Rheinseite entstand bei Beuel

491 Abb. 2 Die Stadt Bonn nach Merian (1646).

ein Fort, das zwei fliegende Brücken mit Bonn verban­ und landesväterlich gewirkt, die unter seinem Vorgänger den. „Mit entgegengesetzten Gefühlen betrachteten die Max Friedrich unter dem Einfluß seines Ministers Belder­ Franzosen und die Bonner diesen Panzer, der um die busch 1877 gegründete kurfürstliche Akad emi e 1786 zur Stadt gelegt wurde" (6). Für die Stadtentwicklung brachte Universität erhoben zu haben, er gab auch entscheidende d ieser Ausbau zur kurkölnischen Landesfestung das übel Impulse fü r die Entwicklung von Bad Godesberg. mit sich, daß eine Anzahl der alten Tore und Pforten ganz Der letzte kurkölnische Landesherr, Max Franz von Habs­ geschlossen und die Zugangswege gesperrt wurden, so burg, inaugurierte den Kurbetrieb (24, 25, 26). Der Kurfürst, daß nach der Landseite nur drei Tore offen blieben. Diese von seinem Leibarzt, dem Unive rsitätsprofessor Ney, und Zerstörung der natürlichen alten Verkehrslinien war von von dem Professor der Chemie, Wurzer, nachdrücklich auf einschneidender Wirkung auf die spätere städtebauliche Entwicklung. Die letzten Fo lgen sind eigentlich erst im den Wert der Godesberger Quelle hingewiesen, verfolgte große Pläne für den Ausbau zu einem Hei lbad. Zuge des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg 1790-1792 beseitigt worden. wu rde das Schlößchen Redoute und das anschließende kleine kurfürstliche Theater im Frühklassizismus errichtet. Dreimal innerhalb eines Menschenalte rs, 1673, 1689 und Damit entstand das noch heute - trotz mancherlei Um­ 1703 wurde Bonn belagert. 1689 wurde die Stadt nach und Neubauten - reizvolle Ensemble. Die ganze Umge­ mehrmonatiger Beschießung als Trü mmerhaufen überge• gend des Brunnens wurde nach Plänen des Baumeisters ben. Die Stadtbehörde versah den neuen Siegelstempel, und Kanonikus Uppers aus Münster landschaftlich verwan­ den sie anfertigen lassen mußte, da der alte mitverbrannt delt, wobei insbesondere der Gartendirektor Peter Josef war, mit der Unterschrift „ post urbem exustam". Mit dürf• Lenne, ein Ure nkel des 1665 aus Belgien nach Bonn ge­ tigen Mitteln erfolgte an den alten Straßenlinien der Wie­ kommenen kurfürstlichen Hofgärtners Augustin Le Nain, deraufbau der Stadt. Es war ein Glück für Bonn, daß bei tätig war. Lenne sollte später, in preußischen Diensten, den Friedensverhandlungen in Utrecht und Rastatt 1713 noch eine bedeutende Rolle spielen. die Schleifun g der Festung durchgesetzt wurde. Man spürt in Godesberg den letzten Glanz absolutistischer In den 90 Jahren des Friedens, die nun folgten, wurde Aufkäru ng, eine heitere und gepflegte Kulturlandschaft. Bonn unter den Wittelsbachern Joseph Giemens und Gie­ Die ve rheißungsvolle Godesberger Entwicklung sollte als­ mens August zur glanzvollen Residenzstadt ausgebaut. bald jäh unterbrochen werden. Und das gleiche galt für die Und dem letzten der Kölner Kurfürsten, dem Habsburger Stadt Bonn. Am 3. Oktober 1794 verließ Max Franz end­ Max Franz, gilt nicht nur das Verdienst, gegenüber der gültig seine Residenzstadt Bonn auf der Flucht vor den Ausgabenwut der beiden genannten Vorgänger sparsam anrückenden französischen Revolutionstruppen.

492 5. Die französische Periode heil, die der Jüngling genießen würde in der herrlichsten Gegend, sowohl landwärts als rheinwärts und überrhei• Die französische Periode dauerte etwa zwei Jahrzehnte, nisch". Auch die neuen Verkehrsgelegenheiten, das unter nämlich bis April 1815. Durch Gesetz von 1802 wurden alle Napoleon begonnene. unter der preußischen Regierung Klöster und geistlichen Stifte aufgehoben, die Gebäude fortentwickelte Netz von Chausseen, die 1826 einsetzende anderen Zwecken überwiesen oder auf Abbruch verkauft. Dampfsch iffahrt auf dem Rhein, dann die Eisenbahn Köln­ Das kurfürstliche Schloß d iente in Tei len als Militärlazarett, Bonn 1844. weiter rheinaufwärts bis Rolandseck 1856, bis als Lyzeum und als Zuckerfabrik. Der Zustand der Wohn­ Koblenz 1858, rechtsrhein isch erst 1870, brachten Impulse. gebäude ließ mehr und mehr zu wünschen übrig. Über Denn sie erschlossen die Stadt dem Fremdenverkehr, der wenig gepflegtem Straßenpflaster auf Märkten und Plätzen infolge der romantischen Begeisterung für den Rhein gro­ gedieh üppiger Graswuchs. Der Stadtumfang des Jahres ßen Umfang annahm. Das milde Klima, landschaftliche 1815 entsprach noch etwa der Stadt des 14. Jahrhunderts. Reize Qualität der heimischen Lebensmittel, treffliche Mittelalterliche Ringmauer und die Wallanlagen sind noch Wein~ machten das Leben in Bonn zu einer Zeit, wo der weitgehend erhalten. nun mit Kleingärten besetzt, das Winteraufenthalt im Süden noch nicht so üblich war, für ganze im Zustand des Verfalles, „ eine verrostete Festung", Wohlhabende besonders verlockend. schreibt Philippson wie ein Reisender des Jahres 1807 Bonn nannte. In Abb. 3 (3). Weitere Anziehungspunkte waren die alte rheinische erkennen wir vor dem Ostchor des Münsters noch den ro­ Kultur und ihre Denkmäler. Viele Rentner, darunter auch manischen Zentralbau der Martinskirche, ein in der Kunst­ sehr vermögende Leute, ließen sich in Bonn nieder, und geschichte uns heute besonders wichtiges Baudenkmal. manche bauten sich prächtige, von Parks umgebene Villen. Es wurde 1812 abgebrochen, obwohl der damalige franzö• Auch rheinaufwärls bis Godesberg, Rolandseck und Kö• siscl1e Präfekt Lezay-Marnesia das zu verhindern suchte nigswinter ist diese Entwicklung zu verzeichnen (3). und finanzielle Unterstützung anbot. Der Sturm der öffent• lichen Meinung gegen die Denkmäler der früheren Zeiten war entfesselt und forderte in Bonn d ieses Opfer, wie manches andere nachher auch. Man braucht nur an die mittelalterlichen Stadttore zu denken, wovon dann schließ• lich nur die umstrittene Sterntor-Attrappe übriggeblieben "' A"'bb'.) ist. Auch in G o d e s b e r g macht sich Vernachlässigung gel­ tend. Von den Grünanlagen der kurfürstlichen Zeit ging manches zugrunde, z. T„ weil die Unterhaltung unterblieb. z. T, weil mutwillig zerstört wurde wie die Allee von über 3 500 Lindenbäumen. die an der Landstraße nach Bonn und weiter nach Köln angepflanzt worden waren. Die Bäume wurden teils von den Franzosen, teils „ von den Bauern umgehauen, welche den Schatten, den die Bäume ein paar Stunden des Tages auf ihre daneben liegenden Acker warfen, nicht leiden wollten, obgleich ih nen der Kurfürst den Acker, soweit er beschattet wurde, für bares Geld abgekauft und dann wieder geschenkt hatte, damit sie nur d ie Bäume stehen lassen sollten, die diesen Weg verschönerten und den Reisenden und selbst den Bauern sehr willkommn seyn mußten, d ie diesen Weg kamen ". Klebe erzählt, in seiner „ Reise auf dem Rhein im Sommer und Herbst 1800" diese Tatsache (24).

Man könnte daraus immerhin schließen, wohin es führt. ' wenn es keinerlei staatliche und kommunale Fürsorge für das Grün in Stadt und Land und keine Naturschutz­ gesetze gibt. In diesem Falle wird man freilich auch an die Verwilderung der Sitten zu denken haben, wenn Kriegsnöte das Land überziehen und wirtschaftlicher Nie­ dergang im Volk andere Sorgen weckt als die Schönheit der Natur und der Ortsbilder.

6. Die städtebauliche Entwicklung im 19. Jahrhundert bis zum Ersten Weltkrieg

Die p r e u ß i s c h e He r r s c h a f t begann in Bonn am 5. April 1815. Von da an ging es in der Stadt, wenn auch zu nächst nur langsam, wieder aufwärts. Sie war nicht mehr Grenzstadt, sondern gehörte einer durch Industrie und Handel mächtig emporblühenden Provinz eines großen Staates an. Von großer Bedeutung wurde für sie die am 18. Oktober 1818 durch König Friedrich Wilhelm III. gegründete Rheinische Universität. Schon Goethe hatte bei einer Reise an den Rhein geäußert, daß es den Einwohnern von Bonn nicht zu verargen sei, wenn sie empfehlend auf ihre Stadt als Sitz einer Un iversität hinwiesen. Sie rühm• ten die Ruhe des Ortes, und „Sie beteuern die Achtung, welche dem Studierenden hier zuteil würde, als notwendi­ 'I gem und nützlichem Mitbewohner; sie schilderten die Frei- \ '

493 Die alten Festungswerke empfand man als drückende Fes­ legenden Stadtteile. Angefertigt im Jahre 1856 durch den sel. Man begann mit ihrer Niederlegung zur Schaffung Stadtbaumeister Thomanri". Andere Pläne sind verloren­ neuer Bauplätze, zuerst zwischen Kölntor und Sterntor. Die gegangen, wie ja überhaupt alle Bebauungsplan- und mittelalterliche Ringmauer fiel. Im nachhinein erscheint Umlegungsakten der Vermessungsverwaltung für die Zeit es doch sehr bedauerlich, ja als ein grundsätzlicher städte­ bis 1945 durch den Zweiten Weltkrieg vernichtet worden baulicher Fehler, daß die Wallanlagen nicht als „Grüner sind. Daher läßt sich auch nicht mehr feststellen, ob es Ring" um den Altstadtkern erhalten geblieben sind und sich bei dem erwähnten Alignementsplan von 1856 um genutzt werden konnten, wie das in Bremen musterhaft den endgültigen, vom Rat beschlossenen und der Regie­ geschah, auf Anregung einer hanseatischen Bürgerschaft. ru ng zur Genehmigung vorgelegten Entwurf handelt oder Auch in der Kaufmanns- und Bankenstadt Frankfurt a. M. um eine Vorstufe hierzu. Es ist nämlich zu bemerken, daß ließ sich eine Freihaltung der Wallanlagen ermöglichen (Wall­ der Inhalt des gezeigten Planes nicht ganz übereinstimmt servitut), wo die Anregung auf Karl Theodor von Dalberg, mit der Beschreibung, die der Baudezernent Schultze noch den letzten Kurfürst von Mainz und nachmaligen Fürstpri­ im Jahre 1919 gegeben hat (2). Thomann erfaßte das ganze mas des Rheinbundes, Großherzog von Frankfurt, zurück­ Gemeindegebiet südlich der Poppelsdorfer Allee bis zum ging. Reuterweg und Bonner Talweg, dachte auch an Anschlüsse an die Nach bargemeinden. Sein Plan hatte den Vorzug Die erste Ba u o r d n u n g der Stadt Bonn wurde mit eines einheitlichen Gedankens, sah angemessene, dem Genehmigung der Bezirksreg ierung vom Oberbürgermei• Charakter des sich bildenden Stadtteiles entsprechende steramt im Jahre 1846 erlassen, womit einheitliche Beur­ Straßenbreiten und die Anlage von vier öffentlichen Plätzen teilungsgrundlagen für Art und Maß der bau lichen Nutzung vor. Bemerkenswert erscheint, daß er die hinter der geschaffen waren. freilich war man damals in Abstands­ Poppelsdorfer Allee gelegene Sternwarte durch eine Platz­ vorschriften sehr großzügig, Bestimmungen über Hofgrößen bildung zur Geltung bringen wollte. Schultze berichtet z. B. fehlten noch vollständig. Daß neben technischen, noch von unterschiedlichen Breiten der Straßen und von !euer- und verkehrspolizeilichen Bestimmungen sowie ei­ wechselnder Reihenfolge in der Anlage von Vorgärten, nem Mindestmaß an sanitärer Ausstattung auch im wei­ „ die ein so schöner und beliebter Schmuck neuer Städte• teren Sinne gesundheitliche und soziale Gesichtspunkte anlagen seien". Die gerade Richtung der Straßen sei bei beachtet werden müssen, hat sich erst allmählich und langen Strecken weder erwünscht noch gesucht worden, schrittweise mit den späteren Bauordnungen durchgesetzt. daher enthalte der Plan auch krumme Straßen. Bei der Von 1839 an wu rde die Bürgerschaft meh rere Jahre lang vom Po ppelsdorfer Schloß nach Süden führenden breiten durch die Eisen b a h n p 1 a n u n g erregt. Es gab näm• Alleee habe man der Stadt die schöne Fernsich t auf das lich eine einflußreiche Gruppe, die die Ansicht verfocht, Gebirge erhalten wollen. Schließlich wurde schon angeregt, daß die Bahn Köln-Bonn im Norden des Stadtrandes, zwischen dem Rh ein und dem Kölntor enden müsse, gewisse Eingemeindungen vorzusehen, damit der Plan auf die Nachbargebiete ausgedehnt und so besser realisiert damit eine Weiterführung nach Süden, die den Ruin der werden könne. Stadt bedeuten würde, für alle Zeiten unmöglich sei. Der Verwaltungsrat der preußischen Staatsbahn und der zu­ Der Thomann-Plan wurde durch königliche Verfügung be­ ständige Minister in Berlin entschieden jedoch entgegen reits im Mai 1859 genehmigt; Eingemeindungen lehnte die dem mehrheitlichen Votum des Bonner Stadtrates. Der Regierung als nicht erforderlich ab. Jedoch hat die Stadt Bahnhof wurde an die Westseite der damals noch beste­ den genehmigten Plan nicht in Kraft gesetzt. henden Festungswerke. also tangential an die Altstadt ge­ legt, der Bahnbetrieb mit Köln 1844 eröffnet. Die We iter­ Da dieser Bauleitplan auf vorhandene Wegeführungen kaum, führung bis Ro landseck folgte 1856, bis Koblenz 1858, auf die vorhandene Parzellierung gar keine Rücksicht nahm, 1870 ist dann die - inzwischen wieder aufgegebene und ergaben sich für eine Realisierung erhebliche rechtliche verschwundene Trajektbahn für einen Rheinübergang an­ Schwierigkeiten mit den Grundeigentümern. Die Stadtver­ gelegt worden. waltung sah große finanzielle A nforderungen au f sich zu­ kommen. Die Gründe im einzelnen zu erörtern, würde zu Nachdem um 1855 die Einwohnerzahl auf etwa 20 000 an­ weit führen, jedenfalls spielten auch Rechtsauslegun­ gewachsen war, machte sich im Rat nun doch das Be­ gen in Entschädigungsverfahren durch das Kölner Appel­ dürfn is geltend, den we iteren Ausbau der Stad t für größere lationsgeri cht eine Rolle. Ein Baulandumlegungsrecht gab Außengebiete durch Bebauungspläne festzulegen, zumal es nicht, man war auf private Bodenordnung unter den die Bezirksregierung seit 1853, in Fortsetzung ihrer Be­ Grundeigentümern angewiesen. Die Stadt setzte daher strebungen der 30er Jahre, wieder drängte. Im Jahre 1855 alle Hebel in Bewegung, damit der genehmigte Bebau­ schloß die Stadt mit dem in Berlin ausgebildeten, bei Ei­ ungsplan wieder aufgehoben werde. Das gelang trotz Wi­ senbahnverwaltungen und im freien Beruf tätigen Feld­ derstandes der Aufsichtsbehörde auch zum großen Teil. messer und Baumeister Paul Thomann einen Sechsjahres­ 1864 wurde der Plan südlich der Weberstraße annulliert, vertrag ab über seine Tätigkeit als hauptamtlicher Stadt­ dann der vorgesehene Platz vor der Sternwarte. Weitere baumeister. Er war Stadtplaner, Zeichner und Kalkulator Änderungen wurden 1867 vorgenommen. Schließlich, 1873, in einer Person. Seit 1867 hat zwar der Geometer Hennes entfiel auch der letzte Platz im Erweiterungsgebiet. an den Stadtplänen mitgearbeitet. Auf seine hauptamt­ liche Beschäftigung glaubte man aber noch verzichten Obwohl mit dem preußischen Fluchtliniengesetz vom 2. zu können, zu mal die Aufstellung des neuen Alignement­ Juli 1875 das Problem der Straßenlandbeschaffung und planes vom staatlichen Katasterbüro besorgt wurde. Die auch das Anliegerbeitragswesen in einer für die Gemein­ rechtliche Planverfassung lag damals also gar nicht in den wesentlich günstigeren Weise gelöst wurde und man der Hand der Gemeinde. Die bessere Ausstattung der über das sog. kommunale Bauverbot einen verstärkten Stadtbauverwaltung mit Fachkräften und mit handlungs­ Druck auf freiwillige Umlegung unter den Grundeigentü• fähiger Dezernatsvertretung ist erst Ende des Jahrhunderts mern ausüben konnte - das preußische Baulandumle­ unter Oberbürgermeister Spiritus, einem bedeutenden Ver­ gungsgesetz kam ja erst nach der Jahrhundertwende zu­ waltungsfachman n und Kommun alpolitiker, erreicht worden. stande -, hatte man in Bonn zusammenhängende Bebau­ Thomann legte 1857 seinen Bebauungsplan, der nach der ungspläne bis in die neunziger Jahre nicht mehr entwor­ damals gültigen Regelung ein Straßen- und Fluchtlinien­ fen und der Stadterweiterung zugrunde gelegt. Man lebte plan war, vor. Im Archiv des Kataster- und Vermessungs­ vielmehr von der Hand in den Mund und setzte für die amtes der Stadt Bonn existiert ein Plan, der übersch ri eben Bauten von Fall zu Fall oder für einzelne St raßen ab­ ist als „ Entwurf zu einem südlich von Bonn neu anzu- schnitte nach den Wünschen der Grundeigentümer Flucht-

494 linien fest, ohne daß umfassendere Konzeptionen eine dichter. Die Citybildung breitet sich aus. Der Historismus Rolle spielten. Nur die jeweils geltende Bauordnung, die brachte vielfältige Stilformen, ohne daß überall Respekt sich mit Art und Maß der baulichen Ausnutzung des hinter gegenüber Traditionen und Normen gewahrt wu.rde. Po­ den Straßen- bzw. Baufluchtlinien liegenden Landes be­ sitiv hat sich der Durchbruch der Poststraße zum Bahnhof faßte, regelte die Baudichte und die Bauhöhen. 1883/84 ausgewirkt, ebenso der Durchbruch vom Münster zum Bahnhof durch die Gangolfstraße und Gerhard-von-Are­ Dennoch ist es ein Verdienst des Thomann-Planes, so Straße mit jeweils charakteristischer Randbebauung. Auch unvollständig und verändert er auch verwirklicht wurde, die Zonenbauordnung von 1894 ist ein Fortschritt, wie auch daß der südliche Stadtteil zwischen Argelanderstraße und seit den 90er Jahren städtebauliche Maßnahmen wieder be­ Rhein sich zu einem freundlichen Wohnviertel entwickelte, bauungsplanmäßig vorbereitet und hinsichtlich der Boden­ das für den Charakter der Stadt Bonn bis 1914 in weitem ordnung sachverständiger betreut wurden. Im Jahre 1909 Umfange mitbestimmend geworden ist (2). konnte endlich eine Ortssatzung zum Schutz gegen Ver­ Weniger günstig ist der Beginn der baulichen Entwick­ unstaltung erlassen werden , nachdem das preußische Ge­ lung im Bonner Nordviertel. Hier hat die Enthaltsamkeit setz gegen die Verunstaltung von Ortschaften und land­ der Stadt in vorsorgender Planung, die angesichts der in schaftlich hervorragenden Gegenden vom 15. 7. 1907 dazu diesem Stadtteil Wohnung suchenden, wirtschaftlich weni­ die rechtliche Grundlage bot. Es erscheint heute beachtlich, ger begünstigten Bevölkerungskreise besonders notwendig daß der Stadtrat unter Oberbürgermeister Spiritus bereits gewesen wäre, zu falschen Standortentscheidungen und zwei Jahre nach der Gesetzgebung im preußischen Landtag zu !ieblosen Alignements geführt. eine solche Satzu ng verabschiedete, auch ein Zeichen, wie sehr sich die Auffassungen über Städtebau gewandelt Ein weiteres wichtiges Problem städtischer Wohlfahrt und hatten. baulicher Weiterentwicklung, das in der Folge noch lange Verwaltung und Rat beschäftigten sollte, war die Schaf­ über die städtische Grünpolitik ist nach dem Versäumnis fung einer ordnungsgemäßen Kanalisation und damit auch mit den Wallanlagen nur Positives zu berichten. Rhein­ eine Verbesserung der sanitären Verhältnisse auf den ufer, Mitte des 19. Jahrh underts in desolatem Zustand und Baugrundstücken. Der Bonner Medizinprofessor Karl Wil­ häufig im Hochwasser, wurde schon unter Oberbürgermei• helm Wutzer, seit 1831 an der Universität tätig, legte 1858 ster Kaufmann schrittweise verbessert, eine Maßnahme, eine Schrift „Über die Salubritätsverhältnisse der Stadt die man unter seinen Nachfolgern fortsetzte. Die letzte Bonn" vor. Hierin griff er die bestehenden Verhältnisse, große Sanierung geschah im Zusammenhang mit der Alt­ insbesondere das Senken- und Kloakenunwesen, heftig an. stadtumlegung, die 1969 abgeschlossen war. Die zum Rhein hin gelegene Wohngegend und das Gebiet an der Sürst bezeichnete er geradezu als Brutstätten für Herausgehoben zu werden verdient auch die Grünpolitik Typhus und andere Krankheiten. Insbesondere das sog. an den Hängen des Venusberges. Man kam nämlich 1891 Schwarzwasser, ein älteres Stück des Festungsgrabens auf die vernünftige Idee, anstelle eines fälligen gloriosen bzw. der Gumme, in das sich die Abwässer des westlichen Kaiser-Wilhelm-Denkmals einen „ Kaiser-Wilhelm-Park" für Stadtgebietes ergossen und das keinen Abzug zum Rhein die Bevölkerung anzulegen und ihn dadurch zu ermög• mehr hatte, war eine häßliche und gefährliche Kalamität. lichen, daß man das Gelände rechtzeitig aufkaufte und so Wutzer wies ferner hin auf Elendsquartiere im Norden der der Sepkulation entzog. Das geschah dann auch, die Mittel Stadt, die in der Folge dann auch bereinigt worden s ind, wurden über beachtliche private Spenden und städtische sprach sich für eine Verbesserung der Straßen- und Wege­ Zuschüsse beschafft. Später, als wiederum eine Eh ru ng befestigung aus, machte auch schon erste Vorschläge für des Herrscherhauses ins Land stand, hat man den be­ einen sozialen Wohnungsbau, forderte dringend eine ge­ stehenden Park in gleicher Weise durch den „ Hohen­ ordnete Kanalisation zum Rhein sowie ein Verbot des zollernwald " erweitert. Hausschlachtens. Oberbürgermeister Kaufmann, auf dessen Anregung hin Wutzer die Schrift verfaßte, bemühte sich, In der Verkehrsplanung wurden bis zum Ersten Weltkrieg den Forderungen nachzukommen, und so begannen schritt­ im Grunde die zweckmäßigsten Maßnahmen zur rechten weise Verbesserungen. Zeit getroffen. 1898 wurde die Rheinbrücke eröffnet, ein dringendes Bedürfnis. Die Stadt Bonn hatte allerdings mit Für die Beseitigung von Abwässern gab es schon einen der Finanzierung allein gestanden, nicht einmal Beuel Kanal aus der Kurfürstenzeit, der vom ehemaligen Marstall­ hatte sich beteiligt, obwohl die Brücke dort erst recht ei­ gelände durch den Graben der Stadtbefestigung nördlich gentlich die bauliche Entwicklung in Gang setzte und um die A ltstadt zum Rheinstrom geführt wurde, während selbstverständlich fü r die Grundeigentümer dann auch die man sich im übrigen mit einigen kurzen Stichkanälen zum Bodenpreise in Bewegung brachte! Auch die Straßenbahn• Rhein begnügte. Die topographischen Verhältnisse mit der und Nahverkehrspolitik war erfolgreich, sie wurde ab 1890 tiefliegenden Gumme, ferner Straßenaufschüttungen ohne energisch betrieben. Nur mit der schon lange erstrebten Abstim mung mit Entwässerungserfordernissen brachten Tieferlegung der Eisenbahn kam man nicht weiter, schon aber immer noch Teilgebieten Schwierigkeiten und den nicht vor dem Ersten Weltkrieg und auch nicht vor dem schon erwähnten Übelstand am Schwarzwasser. 1867 be­ Zweiten Weltkrieg, obwohl immer wieder Anläufe zur Be­ seitigte man diesen endlich durch einen Abflußkanal, der seitigung dieses die Stadt durchschneidenden Hindernis­ den Höhenrücken zwischen Gumme und Rhein quer unter ses unternommen wurden. dem Hofgarten durchstach und im Tunnelbau ausgeführt wurde. Einen Gesamtkanalisationsplan arbeitete man aber Die Geschichte der Versuche, die Eisenbahnstrecke Köln­ nicht aus, behalf sich vielmehr in der Folge von Fall zu Koblenz zwischen Bonn-Nord und Bad Godesberg in die Fall. Tieflage zu bringen, ist schon alt und entbehrt nicht dra­ matischer Akzente. Der Senat der Un iversität erinnerte Besser war es in Bad Godesberg, wo nach Berufung von 1854 daran, daß die städtebaulich wichtige Achse der Bürgermeister Dengler ab 1888 die Ortserweiterung durch Poppelsdorfer Allee zwischen Universitätshauptgebäude Bebauungspläne und abgestimmte Kanalisationspläne sy­ und Poppelsdorfer Schloß nich t durch einen Bahndamm stematisch und planmäßig vorangetrieben werden konnte zerschnitten werden dürfe. Der Preußische König sicherte und auch später jeweiligen Erfordernissen Rechnung ge­ dies zu, die Bahnanlage verläuft etwa in Geländehöhe und tragen wurde. wurde nach Plänen von P. J. Lenne so in die Umgebung Die Gründerjahre nach 1871 haben die Bonner Innenstadt eingebettet, daß sie diesen wichtigen Grünzug praktisch entscheidend gewandelt. Die Bebauung wird höher und nicht stört. Seit 1880 beginnt die Eisenbahnverwaltung die

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497 zahlreichen schienengleichen Bahnübergänge, die infolge ganzer Siedlungsabschn itte" hatte es also auch in Bonn der Ausdehnung der städtischen Bebauung westlich der gegeben (30). Bahnlinie notwendig wurden, zu beanstanden. 1904 wurde Es ist das Verdienst des Beigeordneten Francken, das die Absicht, die Bahn auf einen Damm zu legen, bekannt. Prinzip der Rückhaltebecken in die Praxis der Abwasser­ Gegen diesen Plan revoltierten verschiedene Bürgerver• technik eingeführt und auf diese Weise seit 1920 den eine, vor allem mit städtebaulichen Argumenten. 1906 planmäßigen Ausbau der Bonner Kanalisation in wirt­ äußerte Kaiser Wilhelm II„ als preußischer König zugleich schaftlicher Weise gefördert zu haben (31 ). Die Bonner Landesherr, in Bonn, daß er eine Hochlegung als ein Planung, durch Rückhaltebecken die Sammlerabmessungen Attentat auf das schöne Landschaftsbild in keiner Weise relativ klein zu halten, neue Baugebiete unter Verwen­ gutheißen könne. Die Bahn solle nur ruhig tiefgelegt dung älterer Leitungsstrecken noch abschließbar zu ma­ werden, das entspreche, wie er höre, ja auch den Wün­ chen, fand damals weite Beachtung und Nachahmung. schen des größten Teils der Bonner Bevölkerung. Die Ver­ Das Francken-Projekt von 1920 wurde 1936 mit Beginn handlungen, gutachtliche Äußerungen für und wider Hoch­ der Erschließung des Venusberges fortgeschrieben und lage gingen hin und her, bis dann 1910 das einstimmige nach dem Zweiten Weltkrieg mit der großen Stadterwei­ Votum des Bonner Stadtparlaments das Hochlageprojekt terungswelle der 50er Jahre durch einen neuen General­ endgültig zu Fall brachte. Der Bahndamm konnte also kanalisationsplan des Tiefbauamtes von 1956 ersetzt. immerhin ve.rhindert werden. Bezüglich der Verbesserung und Erweiterung des Verkehrs­ Erfolgreicher war die Verbesserung der Verkehrsstraßen• straßennetzes, wo Maßnahmen wegen der zunehmenden verhältnisse im Stadtbereich. Die im Plan von 1903 si ch Motorisierung immer dringlicher wurden, läßt der Straßen• bereits abzeichnende, vom Rheinufer zum Eisenbahnge­ plan von 1930 erkennen, daß eine Fortsetzung über der lände verlaufende, nördliche Ringstraße Kaiser-Karl-Ring/ „Ringverbindung" über Bonner Talweg und Reuterstraße Hochsladenring wird durch die 1904 eröffnete Viktoria­ naheliegen mußte. 1932 wurde die Autobahn Köln-Bonn er­ brücke mit Wittelsbacherring und Baumschulallee er­ öffnet, sie endete am Verteilerkreis, und das Problem der weitert, womit eine erste schienenfreie Straßenüberfüh­ Nord-Süd-Verbindung Bonn-Bad Godesberg verschwand rung geschaffen werden konnte (2). seitdem nicht mehr aus der Diskussion. Unter Stadtbaurat Will man die frühere städtebauliche Entwicklung für den Engelbert wurde 1935-1937 die Reuterbrücke errichtet und Raum Bonn würdigen, so darf eine Betrachtung von Bad damit der dringend erwünschte schienenfreie Übergang Godesberg nicht fehlen. Als dort 1888 Bürgermeister An­ auch im südlichen Stadtgebiet erreicht, zugleich der „Nord­ ton Dengler die Kommunalverwaltung in die Hand nahm, Süd-Fahrt" eine bessere Verbindung gegeben. Schon vor­ war an baulicher Substanz nur wenig vorhanden. Im Jahre her, 1934/35, waren die beiden Straßenunterführungen fü r 1913 war die Bebauung bis zum Rhein unter Einbeziehung Poppelsdorfer Allee und Meckenheimer Allee am Haupt­ von Plittersdorf und Rüngsdorf fortgeschritten. Es wurde bahnhof angelegt worden, alles Maßnahmen, die für die schon erwähnt, daß weitsichtige Bebauungs- und Kanali­ 30er Jahre doch sehr bedeutsame städtebauliche Unter­ sationspläne aufgestellt und durchgeführt wurden. Übri­ nehmungen darstellten. gens hatte Godesberg vor dem Ersten Weltkrieg den Die beiden Unterführungen am Hauptbahnhof lösten vor­ damals sehr bekannten Städtebauer Stübben für die Pla­ läufig das Problem der Eisenbahntiefe rlegung. Seit 1926 nung herangezogen und zwecks Anpassung der Entwick­ wurde nämlich seitens der Reichsbahnverwaltung gegen­ lungsvorstellungen an die geänderten Verhältnisse in den über immer wieder aus der Öffentlichkeit vorgetragenen 20er Jahren sich des gutachterlichen Rates des Dr.-lng. Forderungen nach einer Verlegung der Bahn in den We­ Robert Schmidt bedient, der als der eigentliche Begründer sten der Stadt der Gedanke der Tieflegung geprüft und und als der erste Verbandsdirektor des Siedlungsverban­ die technische Durchführbarkeit festgestellt. Wegen der des Ruhrkohlenbezirk in die Städtebaugeschichte einge­ Rauchabgase müsse man allerdings die Elektrifizierung gangen ist. Der Denglersche Verwaltungs- und Rechen­ der Rheinlinie abwarten. Auf diese Weise war die Ange­ schaftsbericht von 1913 ist höchst bemerkenswert in sei­ legenheit vertagt. Der Zweite Weltkrieg mit seinen Zer­ nen Ausführungen über Städtebaupolitik, Grünpolitik, Be­ störungen ließ zunächst andere Aufgaben in den Vorder­ bauungsplanrealisierung und Bodenpolitik (27, 28). Der grund treten. gartenstadtähnliche Charakter der neueren Baugebiete, von Dengler bewußt und konsequent betrieben und von seinem Nachfolger in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg 8. Entwicklungen nach 1945 bis Ende der sechziger Jahre nach Maßgabe der bescheidenen Möglichkeiten fortgesetzt, hat die Beliebtheit von Godesberg, seit 1926 Bad Godes­ Die städtebaulichen Entwicklungen im Raume Bonn nah­ berg, seit 1935 der Stadt Bad Godesberg begründet, die men mit der Etablierung der Bundesregierung im Jahre nunmehr als Stadtbezirk im größeren Bonn ihre Aufgaben 1949 einen ungeahnten Aufschwung. Davor liegt jedoch wahrnimmt. noch eine erhebliche städtebauliche Leistung, deren Be­ deutung im Vergleich zu r Ausgangssituation man nicht hoch genug bewerten kann, gemeint ist die Umlegung und 7. Bonn zwischen beiden Weltkriegen der Wiederaufbau des durch Bomben zerstörten Altstadt­ bereiches Bonn (34 bis 38). Das Neuordnungskonzept, in überblickt man die städtebaulichen Ereignisse der zwan­ vielem an vorhandenen Gegebenheiten wie die Vorland­ ziger und dreißiger Jahre, so sind sie durch Notstände köpfe der Rheinbrücke gebunden, war sehr früh erarbeitet. vielerlei Art gekennzeichnet. Es beginnt die Zeit des öffent­ Ende 1945 wurde ein Ideenwettbewerb ausgeschrieben. lich geförderten sozialen Wohnungsbaus. Auch warteten Er ruft den Plan in die Erinnerung zurück, den eine Ar­ dringende lnfrastrukturmaßnahmen wie Verbesserung der beitsgemeinschaft örtlicher Architekten {„ Arbeitsgemein­ Verkehrsverhältnisse und das unerledigte große Kanalpro­ schaft Stadtplanung Bonn") aus den Wettbewerbsergeb­ jekt auf Verwirklichung, obwohl das Stadtgebiet nun lang­ nissen herauskristall isierte. Diese Konzeption war dann samer wuchs. Grundlage für den vom Stadtplanungsamt entwickelten Als gut gelungen aber kann der soziale Wohnungsbau in Neuordnungsplan {vom Juli 1948). der im Zuge der Um­ der Siedlung am Lievelingsweg bezeichnet werden. Der legung noch manche Änderung erfuhr. Da das preußische Einfluß der Kölner Stadtplanungskonzeption unter Fritz Umlegungsgesetz {Lex Adickes von 1902) für diese Wie­ Schumacher ist nicht zu verkennen. „Großzügige Behand­ deraufbauaufgabe zu schwerfällig war, das nordrhein-west­ lung des Siedlungsproblems durch einheitliche Erfassung fälische Aufbaugesetz (1950) und das Bundesbaugesetz

498 Abb. 6 : Rheinufer nördlich der Brücke im Jahre 1945 Abb. 7 : D ie gleiche Situation etwa 20 Jahre später

499 (1960) noch nicht zur Verfügung standen, wurde die Boden­ Jahre innerhalb des durch die kommunale Neugliederung ordnung aufgrund der Verordnung über Neuordnungs­ des Jahres 1969 vergrößerten Stadtgebietes Bonn (10. maßnahmen zur Beseitigung von Kriegsfolgen von 1940 38, 39) . Die erste größere Wohnungsbaumaßnahme war die mit Hilfe einer befristeten Bausperre (zur Sicherung der Bebauung des Geländes an der Reuterstraße nach der Wiederaufbauplanung) und des Reichsumlegungsrechtes Planung von Max Taut (1949-1952). Man erkennt die räum• von 1937 durchgeführt. Die Zielsetzung wird deutlich, wenn lichen Anordnungen der Gebäude in freierer Gruppieru ng man die alte Parzellierung mit der Parzellierung nach der mit einem differenzierten Erschließungsnetz, das nicht nur Neuordnung vergleicht. Man sieht auch die Standorte für Fahrstraßen, sondern auch fahrverkehrsfreie Wohnwege das neue Stadttheater und die neue Beethovenhalle, gewiß enthält. An Wohnformen sind Einfamilienreihenhäuser und besondere kommunale Leistungen, wenn sie auch mit mehrgeschossige Mietwohnungsblocks erstellt, um unter­ überkommunalen Hilfen zustande kamen. schiedlichen Bedürfnissen Rechnung zu tragen und nach Möglichkeit auch eine vielseitiger zusammengesetzte Be­ Nun endlich konnten die seit der Bastionenbefestigung ab­ völkerung unterzubriegen. In Abb. 8 ist die Bebauungsplan­ geschnittenen Nord-Süd-Verbindungen durchgelührt, die konzeption für den Ortsteil Bad Godesberg-Heiderhof dar­ Strangulierung des Nordgebietes beseitigt werden. Das gestellt. Auch hier zeigt sich eine differenzierte Bebauung Klinikgelände am Rhein wurde auf den Venusberg ver­ und Erschließung, mit der Besonderheit, daß eine konse­ leg t, wo in den 50er Jahren auch ein lebhafter Wohnungs­ quente Trennung zwischen Fahrverkehrs- und Fußgänger­ bau beginnt. Schon eine Gegenüberstellung der öffent• bereichen durchgeführt wurde und nun auch ausreichend lichen Straßen- und Platzflächen vor und nach der Umle­ Vorsorge lür Stellplätze und Garagen getroffen worden ist. gung läßt erkennen. welches Engagement Verwaltung und Die Siedlung ist als Demonstrativbaumaßnahme in den Betroffene aufgebracht haben, um d ieses Wiederaufbau­ Jahren 1964 bis 1967 realisiert worden (40, 41). werk im Ausgleich der privaten und öffentlichen Interessen zustande zu bringen. Die neubebaute Uferzone ist erhöht und hochwasserfrei geworden, großzügigere Rheinanlagen 9. Abschließende Bemerkungen sind geschaffen. Die Stadt Bonn und der Raum Bonn sind so, wie sie sich Zwei Beispiele fü r neue Wohngebiete seien noch vorge­ heute darstellen. Ergebnisse eines geschichtlichen Prozes­ stellt, die wohl typisch sind für die zahlreichen Ortserwei­ ses, wobei sich in den beteiligten Gemeinden und in den terungen und Neusiedlungen der fünfziger und sechziger bis 1969 selbständig gewesenen Stadtteilen unterschied­ liche Aktivitäten quantitativer und qualitativer Art entfaltet haben. Ein durch Natur, wirtschaftliche, soziale und kul­ turelle Kräfte reich und vielfältig geformtes Erbe, aber auch problematische Tendenzen sind übernommen, und in diesem Geflecht von Siedlungsstrukturen drängen mäch­ tige Entwicklungsimpulse zu tiefgreifenden und folgen­ schweren Veränderungen. Sie sind Chance und Gefahr zu gleich. Unsere Betrachtung über die bisherige städtebauliche Ent­ wicklung mußte freilich notwendigerweise fragmentarisch bleiben. Manches. was noch wichtig gewesen wäre. ist übergangen worden. So wurde über die Bemühungen der Amtsverwaltung Duisdorf, den enormen Siedlungsdruck in diesem Bereich und auf dem in geordnete Bahnen zu lenken und eine Regelung der Bebauung zu erreichen, nicht berichtet. Auch im Raume Beuel wäre über unterlassenes und Gelungenes einiges auszuführen, nach­ dem seit dem Brückenanschluß in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Bauentwicklung lebhafter ein­ setzte. Zu den gelungenen Taten zählt jedenfalls die nach 1960 allmählich in Gang gekommene Verbesserung und Aufwertung der Rheinuferzone. Ein historischer Rückblick über den Städtebau in Bonn . \ _, ~ .()" """" endet zu dem Zeitpunkt. wo durch den kommunalen ,;;~ '(;~ fy, _ Zusammenschluß und die Entscheidung, daß Bonn als - ~ „... - "-E'!El5:l'ir11 ... Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr · - ~ als Prov isorium zu behandeln sei, eine neue Phase der Entwicklung begonnen hat. Als Wendepunkt für den städte• baulichen Zielfindungsprozeß und neuen Anfang für inte­ grierte Konzeptionen darf man die Empfehlungen des Expertengremiums zur Integration der Bundesbauten in die Stadt Bonn vom September 1970 ansehen (43). Wer sich mit d iesen Empfehlungen, mit ihrer kritischen Analyse / b:sheriger Planungs- und Baupolitik und den anskizzierten

ße.bauun9 ,,,,.. Lösungsalternativen befaßt (44). erkennt, daß von da an ..- vorg~hen .,,. sich Gesamtlösungskonzepte herauskristallisieren, über de­ / / Q sieh ~ Bil d K1) ren Inhalt die folgenden Beiträge dieses Heftes handeln. / / (>siehe Bild k1!> A / Kommunalverwaltung und Kommunalparlament haben eine schwere Verantwortung zu tragen, denn es gill, die tra­

/ Ct:J Elntamilienhil.'Mt genden Gedanken über das aufreibende Tagesgeschäft / / - 4' . 7..gffeh, Met\;ttwnlUenhiuw und über oft kleinliche und vordergründige Interessen Abb. 8 / - 8 · 9-gac:h. Mehriamllienhlusu hinwegzuretten. „ Mitverantwortung tragen aber auch orga­ - HochhiuHtr (höMr • ls 9-geu.h.I nisierte bürgerschaftliche Gru ppen, deren Motivationen die

500 Informationsbasis für planendes Handeln verbreitern und terien werc1an in Zukunft an Gewicht gewinnen", steht in sehr hilfreich sein können, wenn man bereit ist, sachlich den Empfei1lungen des Expertengremiums vom September zu d iskutieren und die Sachzusammenhänge nicht außer 1970. „Sol-:::he Kriterien sind bisher meist vernachlässigt acht zu lassen, nämlich den Spielraum zu erkennen. der worden, weil sie schwer zu quantifizieren sind. Die kumu­ jeweils für Entscheidungen noch bleibt. Und von der Ver­ lierte Nichtbeachtung hat in den letzten Jahren zu deut­ antwortung für die Qualität der werdenden Regionalstadt lichen Reaktionen geführt. Inzwischen haben Parlament und sind auch die maßgebenden Beamten in den Landes- und Regierung modernen Städtebau und verstärkten Umwelt­ Bundesministerien nicht entbunden, die wichtige Entschei­ schutz zur Primärzielen erklärt. Sollen solche Erklärungen dungen auf diesen Ebenen vorbereiten, motivieren und überzeugen, so müßten auch und vor allem in der Haupt­ abseits von der kommunalpolitischen Front ihr Fachurteil stadt hierfür Maßstäbe gesetzt werden. Darf man hoffen, vertreten.- „ Vor allem Umweltqualitäten einbeziehende Kri- daß alles zu einem guten Ende gerät?" (44).

8. Literatur

(1) Schultze, Rudolf: Die baugeschichtliche Planentwicklung der (24) Wiedemann, Alfred: Geschichte Godesbergs. 2. Aufl. 1930. Stadt Bonn. „ Der Städtebau" 1904, Heft 8. Verlag des Amtes Godesberg. (2) Schullze. Rudolf: Die Baugeschichte der Stadt Bonn von (25) Haentjes, Walter: Bad Godesberg. Kurze Stadtgeschichte. 1815-1915. Bonn 1919. Maschinenschrift, Stadtarchiv Bonn. Kleine Godesberger Schriftenreihe, Heft 8. Herausgeg. vom Ver­ (3) Philippson, Alfred: Die Stadt Bonn, ihre Lage und räumliche kehrsamt der Stadt Godesberg. 1965. Entwicklung. Heft 2 der „Bonner Geographischen Abhandlun­ (26) Haentjes, Walter: Die Redoute. Kleine Godesberger Schrif­ '1en ". herausgeg. von Carl Troll. Bonn 1947, 2. Aufl. 1951 . tenreihe, Heft 1.1962. Ludwig Röhrscheid Verlag. (27) Dengler, Anton: Bericht über 25jährige Verwaltung der Bür• (4) von Petrikovits, Harald: Das römische Rheinland. Archäolo• germeisterei Bad Godesberg 1888- 1913. gische Forschun'° ~n ~ei l 1945 . . 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Herausgeg. vom Rheinischen Lan­ (36) Stadtverwaltung Bonn, Kataster- und Vermessungsamt: Die desmuseum Bonn. Düsseldorf 1969, Rheinland-Verlag. Umlegung der Altstadt Bonn. Bonn 1969. (11) Höroldt, Dietrich: Die baugeschichtliche Entwicklung der (37) Bonn 1956-1964. Verwaltungsbericht. Herausgeg. vom Ober­ Stadt Bonn 1815-1945. Quelle (10). stadtdirektor der Stadt Bonn. Bonn 1964. (12) Lützeler, Heinrich: Die Bonner Universität, Bauten und Bild­ (38) Schubert. Günter: Die bauliche Entwicklung der Stadt Bonn werke. Bonn 1968. Verlage H. Bouvier und L. Röhrscheid. von 1949 bis 1969. In „Bauen im Bonner Raum 49-69". Quelle (13) Riemer, llse: Bildchronik der Bonner Universität. Ein Rück• (10). Dazu auch: Wiederaufbau der Bonner Altstadt und Rhein­ blick ins 19. Jahrhundert. Bonn 1968. Wilhelm Stollfuß Verlag. ufergestaltung. In „ Fundamente", Zeitschrift des Architekten­ (14) Riemer. lsle: Altbonner Bilderbuch. Das Antlitz der Stadt und Ingenieur-Verbandes 1951. Heft 10/11 . im Wandel der Zeit. 2. Aufl. Bonn 1968. Wilhelm Stollfuß Verlag. (39) Ursel und Jürgen Zänker: Wohnungsbau. In „Bauen im (15) Lützeler, Heinrich: Bonn - so wie es war. Wilhelm Stollfuß Bonner Raum 49-69". Quelle (10). Verlag . Ein Bildband. Düsseldorf 1972. Droste Verlag. (40) Institut für Bauforschung, Hannover (W. Triebei und Mit­ (16) Ennen, Edith (Herausgeber): Rheinnischer Städteatlas, Heft 6: arbeiter): Demonstrativbauvorhaben Bad Godesberg-Heiderhof, Bonn, Bearb. von Klaus Fink i. Vbd. mit Martin Mülller. Bonn städtebauliche Planung, Gebäudeplanung, Baudurchführung. „ In­ 1972. Verlag Ludwig Röhrscheid. formationen" Nr. 019, in der Schriftenreihe „Versuchs- und Ver­ (17) Vollmar, Paul : Das Plan- und Kartenwerk der Stadt Bonn. gleichsbauten und Demonstrativmaßnahmen" des Bundesmini­ Herausgeg. von der Bauverwaltung der Stadt Bonn, 1954. sters für Städtebau und Wohnungswesen, Bonn-Bad Godesberg (18) Anders. Gebhard: Die Entwicklung der Bonner Stadtver­ 1969. waltung 1814-1914. Quelle (5). (41) Thünker, Heinrich: Koordinierung der Erschließung. Dar­ (19) Höroldt, Dietrich: Die Sozialstruktur der Stadt Bonn vom gestellt am Demonstrativbauvorhaben Heiderhof in Bad Godes­ ausgehenden 18. bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Quelle berg. Dr.-lng. Diss. Universität Bonn. 1969. Auszug in „Infor­ (5) . mationen" des Bundesministers für Städtebau und Wohnungs­ (20) Landeskonservator Rheinland (Herausgeber): Arbeitsheft 6: wesen, Bad Godesberg, Nr. 018. 1969. Die Bonner Südstadt. Bearb. von Eberhard Grunsky und Volker (42) Bonn 1969-1975, fünf Jahre neue Stadt Bonn. Bericht der Osteneck. Bonn 1973. Stadtverwaltung. Herausgeg. vom Oberstadtdirektor. Bonn 1975. (21) Kabel, Erich: Baufreiheit und Raumordnung. Ravensburg (43) Planungen Bundeshauptstadt Bonn. Zeitschrift „Die Bau­ 1949. verwaltung" 1971, Heft 1. Darin: Planungsinformationen Bundes­ (22) Hartog, Rudolf: Stadterweiterungen im 19. Jahrhundert. hauptstadt Bonn, bearb. vom „Arbeitskreis Bundesbauten Bonn" Stuttgart 1962. und Büro Prof. Guther, Dipl.-Ing. Stracke, August 1970, und (23) Gassner, Edmund: Erschließung im Wandel des Städtebaues. Empfehlungen des Expertengremiums zur Integration der Bun­ Beitrag in „Seminarbericht Erschließung", herausgeg. von G. desbauten in die Stadt Bonn vom September 1970. Lammers, Institut für Städtebau und Landesplanung der Uni­ (44) Gassner, Edmund: Gedanken zur Regionalstadt Bonn. In versität Karlsruhe. Karlsruhe 1974. „Die Regionalstadt und ihre strukturgerechte Verkehrsbedin­ (23 a) Strinz, Carl: Die Wertermittlung der Baugrundstücke und gung". Band 71 der Forschungs- und Sitzungsberichte der die Umlegung so lcher Grundstücke auf Grund ihres Wertver­ Akademie für Raumforschung und Landesplanung. Hannover hältnisses. „Zeitschrift für Vermessungswesen" 1905, Heft 10. 1972. Gebr. Jänecke Verlag.

501 Paul Epping

Bundeshauptstadt Bonn *)

Hauptstädte baut man nicht alle Tage, und die Vorstel­ stad! gegeben. Diese Aussagen wurden von der Stadt mit lung, den Bundespräsidenten zum Schirmherrn des Bun­ Freude, von manchen Planern mit Überschwang aufgenom­ deshauptstadtausbaus zu machen, lag nahe, stößt jedoch men. Was sich seit 1949 (Bestimmung Bonns zur vorläufi• leider auf Verfassungsschwierigkeiten. Aber auch ohne gen Bundeshauptstadt) bis in die späten Sechzigerjahre Schirmherrschaft hat es in jüngster Zeit von den höchsten nur zufällig ohne Planung und provisorisch entwickeln Repräsentanten unseres Staates eindeutige Aussagen zum durfte, seit Anfang der Siebzigerjahre dann von Experten funktionsgerechten und was wichtiger ist Technokraten, freischaffenden Architekten und beamteten r e p r ä s e n t a t i v e n Ausbau Bonns zur Bundeshaupt- Planern gedacht, geschrieben, geplant und an Gutem und Bösem gebaut wurde, findet nun (endlich!) an höchster po­ litischer Stelle und hier und da auch über die Grenzen von Bonn hinaus Interesse. Dabei wird Gebautes vorwie­ gend bedauert und Geplantes gerne für nicht ausreichend empfunden, obwohl die Suche nach dem richtigen Weg, nach den übergeordneten Zielen, den t ragfähigen Leitlini­ en bereits zu einer nicht mehr überschaubaren Zahl von Empfehlungen geführt und allen Beteiligten klar gemacht hat, wie schwer es ist, Bundeshauptstädte zu bauen.

Interessanterweise hat die Unsicherheit in dem Maße zu­ genommen, in dem deutlich wurde, daß nicht die optimale Erfüllung von Funktionen, sondern unsere Ansprüche an Stadtgestaltung eines Tages über Gelingen oder Nichtge­ lingen entscheiden werden.

Kontinuität als Entwicklungsziel

längst hat der Stadtrat in Bonn erkannt, daß nicht der schnellere Ve rkehrsknoten, sondern der dem Fußgänger wiedergegebene Marktplatz dem Staatsgast wie dem Bür• ger der Hauptstadt mehr gefällt. l ängst hat auch der Rat erkannt und in Grundsatzbeschlüssen festgestellt, daß Bonns Chance als Stadt und Hauptstadt darin liegt, zu pflegen und herauszuarbeiten, was Rhein und Berge und eine fast 2000jährige Stadtgeschichte an Kapital mit sich bringen.

Damit ist das erste Entwicklungsziel der Stadt genannt. Nicht das um jeden Preis Neue, nicht der Perfektionismus der Experten, auch nicht die Denkmäler von Architekten, sondern K o n t i n u i t ä t ist gefragt, Kontinuität in der baulichen Entwicklung, Kontinuität im Bezug Stadtraum/ . Landschaft (Rhein und Berge), Kontinuität, die die Eigen­ ständigkeit der vielen kleinen Orte, aus denen Bonn heute besteht, wahrt.

Die Frage, ob das auf Kontinuität gerichtete Entwicklungs.­ ziel auch langfristig tragfähig ist, führt unmittelbar zur Fra­ ge nach der Belastungsfähigkeit der Stadt und nach den Grenzen ihrer Entwicklungsmöglichkeiten überhaupt. Dabei werden die Grenzen der Belastbarkeit des Stadtraumes deutlicher (und leider immer noch nicht von allen) erst in

1nds1 1ktu, den letzten Jahren diskutiert. Dennoch hat defensive „, Lar. 1$Chaft Stadtplanung nach dem Kriege in Bonn als Ganzes gese­ hen Kontinuität gewahrt und die Stadt in den wilden Jah­ ren des Städtebaus vor irreparablen Schäden gerettet. Neubauorgien wurden zwar punktuell gefeiert, der große Umbau ganzer Stadtteile fand kaum statt. Nachdem es wieder modern ist, in der Stadtplanung konservativ zu •) Referat in der Sitzung des Deutschen Rates für Landespflege sein, gewinnen die auf Erhalten geri chteten Kräfte weiter am 10. Oktober 1977 auf Schloß Mainau. an Boden.

502 Nicht große, sondern liebenswerte Hauptstadt Prognose kann nicht als abgesichert gelten, wenn man an die schrumpfenden Einwohnerzahlen anderer Großstädte 2 Von 140 km Stadtgebietsfläche ist noch heute weniger als denkt. Allerdings macht das Bundesraumordnungspro­ ein Viertel bebaut. Der überwiegende Teil von Bonn be­ gramm für den Köln-Bonner-Raum folgende Aussagen: steht aus Wald, landwirtschaftlich genutzten Flächen, Parks, Grünanlagen und Wasser. Annähernd 30 km Rhein­ Bei insgesamt negativer Bevölkerungsentwicklung in promenade beiderseits des Flusses sind autofrei. 280 000 der Bundesrepublik Deutschland (sogenannte „Status• Einwohner schätzen den Freizeitwert der Stadt im Grünen Quo-Prognose") wird jedoch die Region Köln-Bonn und ihre mehr als 20 Dörfer. Bonn als Behördenstadt zeigt nach wie vor einen großen Teil der mobilen deutschen sich im Angebot der Arbeitsplätze: von den gut 150 000 Bevölkerung an sich ziehen und damit erhebliche städ• Arbeitsplätzen fallen 80 % auf den Dienstleistungssektor. tebauliche Probleme aufwerfen. Mit 30 000 Beamten und Angestellten bestimmt der Bund Ein schwerwiegendes Handikap für die Bundeshauptstadt als größter Arbeitgeber der Stadt die Arbeitsplatzstruktur liegt in der zunehmenden Konzentration von A rbeitsplätzen (mit 30 000 Studenten die Universität das Bild der Innen­ im Stadtgebiet bei stagnierender Einwohnerzahl. Bei allem stadt). tatsächlichen oder gewünschten Trend zurück zur Stadt baut der Bonner Bürger sein Häuschen mit Vorliebe im Einwohner Rhein-Sieg-Kreis, der nach der kommunalen Neugliede­ uwend rung (1969) die Hauptstadt wie eine Halskrause umgibt. 440 Dies ist an sich noch nichts Böses, wäre nicht die Zer­ , __ , " 430 siedlung des Stadtumlandes, besonders im Osten von ...... Bonn, und wären nicht die morgens und abends sich im­ 420 ,· I mer weiter vermehrenden Blechlawinen als Folge der zu­ 410 I nehmenden Trennung zwischen Arbeits- und Wohnplatz. I I Die Stadt legt keinen Wert auf das große Wachstum; nicht 400 I jede nachgeordnete Bundesbehörde muß ihren Platz in 390 / Bonn haben. Wohnungen sind der Stadt lieber als Arbeits­ I plätze, da erstere fehlen und letztere schon heute über• 380 reichlich vorhanden sind. Wald und Wiesen, Plätze und 370 Freiräume sind der Stadt mindestens so wichtig wie Ge­ ;-'~ bautes. Der Oberbürgermeister von Bonn drückt das etwa ~ so aus: „ Die Bescheidenheit und freundliche Überschau­ ,> 285 ~ barkeit dieser Stadt ist eine eigensinnig gewordene Quali­ tät, die zu erhalten sich lohnt. Bonn wird nie die große 280 ...... - ,/ -- Metropole sein können und will dies auch nicht. Bonns 275 / Chance ist nicht die große, sondern die 1 i eben s - w e r t e Hauptstadt."

1970 71 72 73 74 75 76 Das Parlaments- und Reg ierungsviertel -- Bonn --- Rhein·Sies·Kreis Der Schwerpunkt der baulichen Entwicklung des Bundes - das Parlaments- und Regierungsviertel - liegt am Rhein zwischen den ehemals selbständigen Städten vo n Arbeitsplätze Bonn und Bad Godesberg. 18 von Bund, Land Nordrhein­ u..-d Westfalen und Stadt gerufene Weisen (interdisziplinäres 160 Gutachtergremium) haben 1970 empfohlen, mit Ausnahme

ISO des Verteidigungsministeriums auf der Bonner Hardthöhe alle Regierungsbauten im Bereich zwischen Bonn und Bad StadtBoM/ 140 -- Godesberg mit einer Ergänzung auf der rechten Rheinseite zu konzentrieren. Diese Empfehlung führte folgerichtig zu 130 / ,/ einem großen städtebaulichen Ideenwettbewerb „Bauten 120 des Bundes und ihre Integration in die Stadt Bonn", des­ sen 1. Preis, der eine ausgeprägte bauliche Verdichtung zu 110 beiden Seiten des Rheins vorsah, schon kurze Zeit später Rh

1961 70 75 Fehlen eines ersten Preises und durch einen bisher nicht abgeschlossenen Planungsprozeß, in dem zwei aus dem Wettbewerb übrig gebliebene Architekturbüros gemeinsam Der Flächennutzungsplan der Hauptstadt geht von einer mit Obergutachtern noch nach der Lösung suchen, die der Aufnahmefähigkeit von max. 340 000 Einwohnern aus und Wettbewerb nicht gebracht hat. Das Bewußtsein, daß es liegt damit bereits weit unter den Entwicklungszahlen, die sich bei diesem Bauwerk um die wichtigste Bauaufgabe noch in den Sechzigerjahren für Bonn genannt wurden. der Bundesrepublik Deutschland handeln könnte, wächst. Die Reduzierung richtet sich bewußt gegen eine zu starke Was jedoch inzwischen gefunden wurde, ist eine Ver­ bauliche Verdichtung und entspricht dem Ziel, die Freiflä­ kehrslösung, bei der die Gesichtspunkte Städtebau, Um­ chengliederung im Stadtgebiet zu erhalten und zu verbes­ welt- und Landschaftsschutz in weit größerem Maße be­ sern. Die jüngsten Prognosen über die vorausschaubare rücksichtigt werden, als die Stadt dies noch vor Jahren zu Einwohnerentwicklung liegen mit 30 000 Einwohnern noch hoffen wagte. Die Konrad-Adenauer-Brücke mitten im Re­ unter der errechneten Aufnahmefähigkeit. Und selbst diese gierungsviertel ist nicht mehr Teilstück einer überregiona-

503 BEUEL

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504 RAHMENPLA l>ö ~ l>,\A l~MENTS- UND REGllRUNCSVlERTEL

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505 Platz des Parlaments und der Regierungsallee

Landschaft und Straßenraum als Die Stadt hat die vielfältigen Ideen und Planungsgutachten städtebauliche Leitidee beim Ausbau zum Ausbau des Parlaments- und Reg ierungsviertels in ei­ des Regierungsviertels nem Rahmenplan zusammengefaßt. Die herausragenden Elemente (Leitlinien) des Rahmenplanes sind eine starke Betonung der Landschafts- und Freiflächengestaltung und der Ausbau einer Regierungsallee als dem stadtgestalteri­ ~(_ BEUE L schen Rückgrad des Regierungsviertels. Die Regierungsal­ lee verbindet gleichzeitig die historischen Ortszentren von Bonn und Bad Godesberg. Dabei kommt der Stelle unmit­ telbar südlich des Bundeskanzleramtes die hervorragende 3tädtebauliche Bedeutung zu. An diesem Punkte, an dem Adenauerallee, Reuterstraße und Regierungsallee sich tref­ fen, ist der „Platz des Parlamentes" geplant, an dem die Neubauten des Deutschen Bundestages und Bundesrates errichtet werden sollen. Hier soll auch nach dem Willen von Bund und Stadt als Ergänzung zu den Neubauten des Parlaments ein geistig­ kulturelles Zentrum gebaut werden, das, von der Doku­ mentation deutscher Geschichte bis zur internationalen Ju­ gendbegegnungsstätte, vom Kunstmuseum Bonn bis zu Ausstellungsmöglichkeiten für die Bundesländer, Einrich­ tungen enthalten soll, die der Bedeutung des Platzes ange­ messen sind und die Bundeshauptstadt repräsentieren. Die Vorstellung, den Ausbau von Plätzen und Straßen zu eine der wichtigen Leitlinien bei der Gestaltung des Parla­ ments- und Regierungsviertels zu machen, findet ihre Be­ gründung in meh r als 3000 Jahre Stadtgeschichte. Daß diese Idee zunächst nicht überall verstanden und auch heute hier und da noch mißdeutet wird, liegt wohl daran, daß wir Straßen als Verkehrsbänder und nicht mehr als Stadträume begreifen und daß - zugegebenermaßen - die vorgeschlagene Regierungsallee in Bonn in wichtigen Teilen leider noch in den letzten Jahren zu einer Ansamm­ lung von Architektur-Unglücken geworden ist. Während die Idee von der Einbeziehung der Landschaft in len Autobahn, wie ursprünglich geplant. Die Anbindung das Parlaments- und Regierungsviertel durch den Bau des der Brücke an das nord-süd-gerichtete Tangentennetz der 160 ha großen Rheinauenparks beidseits des Flusses be­ Stadt geschieht durch große Tunnellösungen, die Venus­ reits Gestalt annimmt, stellt sich die Verwirklichung der berg und Ennert unterfahren. In den dicht bebauten Berei­ Idee einer Regierungsallee als dem zweiten herausragen­ chen der Bonner Südstadt {Reuterstraße) und in der In­ den Gestaltungselement als ein General ionenproblem dar. nenstadt von Bad Godesberg werden ebenfalls durch Au­ (Wenn man an notwendigerweise Abzubrechendes denkt, totunnels die hier vorhandenen städtebaulichen Probleme was vorgestern erst Richtfest gefeiert hat, langt eine Gene­ gelöst. ration nicht aus.) Oie Stadt, die oft wegen dieser Fehl lei­ stungen kritisiert wird, erhielt jedoch erst mit der Erklä• Anfang 1975 wurde das 670 ha große Regierungsviertel rung des Parlaments- und Regierungsviertels zum Entwick­ zum Entwicklungsgebiet nach dem Städtebauförderungsge• lungsgebiet die ausreichenden rechtlichen Möglichkeiten setz erklärt. Fast 300 ha von dieser Fläche sind bereits und finanziel len Voraussetzungen, eine Gesamtplanung heute, wenngleich auch überwiegend locker, bebaut. einzuleiten und abzusichern. Inzwischen hat der für den Durch die Erklärung zum Entwicklungsgebiet wurden end­ Ausbau Bonns aus Vertretern des Bundes, des Landes lich die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen für Nordrhein-Westfalen und der Stadt eigens gebildete Aus­ eine planmäßige Entwicklung geschaffen. Inzwischen sind schuß unter dem Vorsitz von Minister Ravens sich aus­ die Überlegungen zur baulichen Flächennutzung weitge­ drücklich für den repräsentativen Ausbau der Regierungs­ hend abgeschlossen (Parlamentsstandort, kulturelles Zen­ allee ausgesprochen. Es besteht daher Hoffnung, daß, trum, Ministerien, Wohnen, komplementäre Einrichtungen). wenngleich erst zu einem späteren Zeitpunkt, der Haupt­ Gerade erst begonnen hat die Diskussion um die städte• stadtbesucher eines Tages von dieser Straße aus das Par­ bauliche und räumliche Gestaltung des Parlaments- und laments- und Regierungsviertel als gestaltete Einheit er­ Regierungsviertels. Das in Zukunft im Regierungsviertel lebt. Das Wissen darum, daß die Römer die gleiche Straße Gebaute wird gemessen werden an den inzwischen formu­ auf ihrem Weg von Rom zur „castra bonnensis" benutzten, lierten Ansprüchen. Die Demokratie als Bauherr ist bisher sollte die allzu Ungeduldigen trösten und der Stadtent­ im Vergleich mit Kurfürst Giemens-August (u. a. Erbauer wicklung einen starken und langen Atem und das Bewußt­ von Schloß und Hofgarten in Bonn) unterlegen. sein von Kontinuität sichern.

506 Günter S c h u b e r t

Ziele der städtebaulichen Entwicklung im Raume Bonn einschließlich der geplanten Regierungsbauten *)

Ausgangslage Zum Gebietsentwicklungsplan

Die Aufgabe, für die neue Stadt Bonn eine langfristige Das Plangebiet umfaßt die Stadt Bonn und den Rhein­ Stadtentwicklungsplanung zu erarbeiten, in die kurz- und Sieg-Kreis. In diesem Plan werden in räumlichen Teilab­ mittelfristige Planungsziele sinnvoll eingefügt werden kön­ schnitten die Größenordnung nen, ist vielfach begründet: der zukünftigen Bevölkerung, 1. Du rch d ie kommunale Neugliederung 1969 wird die der Aufnahmefähigkeit, Möglichkeit geschaffen, die Einzelplanungen der frühe­ ren Gemeinden durch eine Gesamtplanung zu erset­ der Siedlungsbereiche sowie zen. Bereiche von Versorgungsachsen überörtlicher Bedeu­ 2. Nachdem der Bund und die Öffentlichkeit Bonn als Sitz tung und der obersten Bundesorgane und -behörden und nicht Freizonen dargestellt. mehr als Provisorium ansehen, können die Funktionen der Stadt als Bundeshauptstadt neu sondiert werden. Dabei werden die Planungsgrundsätze und Leitlinien des Landesentwicklungsprogrammes und der Landesentwick­ 3. Das künftige Stadtbahnnetz eröffnet neue Chancen für lungspläne berücksichtigt. die Entwicklung des Raumes, der heute noch teilweise durch Strukturen gekennzeichnet ist, die für eine Groß• Nach den Bestimmungen des „ B o n n - Gesetzes" wird stadt atypisch sind. der Entwurf im Sonderplanungsausschuß, in dem neben den Gebietskörperschaften auch Bund und Land vertreten Angesichts der weittragenden Bedeutung der bundes­ sind, beraten. Dabei wu rden u. a. folgende Probleme sicht­ hauptstädtischen Probleme wurde von Bund, Stadt und bar: Land ein Sachverständigengremium berufen, das Empfeh­ lungen für die weitere Entwicklung der Bundeshauptstadt Der Landesplaner als Planbearbeiter soll einen Aus­ formulieren sollte. gleich der oft unterschiedlichen Interessen der einzel­ nen Gemeinden herbeiführen. Das ist oft unmöglich. Dieses Expertengremium faßte die Ergebnisse seiner Bera­ Das Ergebnis ist daher kaum mit den Zielen der Lan­ tungen in Thesen zusammen. Hiermit wurde die Vor­ 46 desplanung zu vereinbaren ; z. B. Ausweisung neuer aussetzung für den inzwischen durchgeführten Städtebau­ Siedlungsbereiche außerhalb der Entwicklungsachse ei­ wettbewerb geschaffen. ner Schiene des Nahverkehrs. Der Entwurf des 1. Preisträgers L eg g e sieht eine Kon­ Das Ausmaß der Zersiedlung kommt in dem Plan nicht zentration der Legislative in der Gronau unmittelbar am zum Ausdruck, weil Siedlungsbereiche mit weniger als Rhein vor. Darüber hinaus soll ein zweiter Schwerpunkt 2000 EW vernachlässigt werden. am anderen Rheinufer vorgesehen werden, der dann durch eine neue Brücke über den Rhein unmittelbar mit In wichtigen planungsrelevanten Aussagen wie z. B. der Gronau verbunden wird. der Ergänzungsstrecke der Deutschen Bundesbahn ge­ hen die Auffassungen der einzelnen Gemeinden zum Sofort nach Abschluß dieses Wettbewerbs wurde ein zwei­ Teil weit auseinander. Gerade in einem solchen Fall ter Wettbewerb für Bundestag - Bundesrat durchgeführt. wäre eine klare Aussage der Landesplanung er­ Das Ergebnis dieses Wettbewerbs liegt erst zum Teil vor: wünscht. das Preisgericht stufte die Arbeiten in mehrere Ränge ein. Schließlich ist Kritik anzumelden gegen die im Entwurf Die Arbeiten im ersten Rang sollen in Kürze noch weiter nur nachrichtlich vermerkten überörtlichen Straßenpla­ überarbeitet werden. über das Ergebnis wird später noch nungen von Bund und Land. Auch hier wird deutlich, zu berichten sein. Es zeichnet sich aber heute schon ab, daß die Landesplanung auf die Festlegung solcher daß einige illusionäre Annahmen des vorhergehenden Trassen viel zu geringen Einfluß hat. Wettbewerbes aufgegeben werden (Rheinübergang und S­ Bahn-Anschluß am Bundestag). Von seilen der Stadt wurde inzwischen als Vorstufe fü r Zum Flächennutzungsplan den neu aufzustellenden Flächennutzungsplan der Stadt­ entwicklungsplan erarbeitet. Hierbei wurde u. a. der im Auch hier zeigen sich im kleinen Maßstab die gleichen Entwurf vorliegende Gebietsentwicklungsplan berücksich­ Probleme wie im Großraum: Die Schwierigkeit, En twick­ tigt. Damit sind bereits die beiden wichtigsten vom Gesetz lungsschwerpunkte zu bilden. Ein Blick auf die Karte zeigt, vorgesehenen Planungsinstrumente genannt: daß in den Randgebieten im Westen, Norden und Osten - der Gebietsentwicklungsplan für den Großraum und Reserveflächen liegen. In ze ntraler Lage finden sich ledig­ lich in Beuel-Süd gegenüber der Gronau noch Flächen - die Flächennutzungspläne der einzelnen Gemeinden. dieser Größenordnung (Legge). Hierzu wird angeregt, einmal zu prüfen, wieweit diese In­ strumente geeignet sind, wirklich schöpferisch-planerische f Bei der Ausweisung von Flächen für Schwerpunktmaßnah­ Aussagen zu treffen bzw. diese auch durchzusetzen. men muß von den vorhandenen bzw. fest geplanten schie­ nengebundenen öffentlichen Verkehrsmitteln ausgegangen ·i Referat in der Sitzu ng des Deutschen Rates für Landespflege werden. Hier gilt es, eine Rangfolge, w ie auch von den am 15. Januar 1974 in Bonn. Experten vorgeschlagen, festzulegen.

507 Die vorgeschlagenen Entwicklungsgebiete verfügen mit Zur Ver- und Entsorgung Ausnahme des Hardtberg schon heute über Straßen- bzw. Stadtbahnanschluß. Da aber die Entwicklungsmaßnahme Das Bonner Abwassernetz ist insgesamt nach dem Misch­ Hardtberg eine vom Land geförderte Schwerpunktmaßnah• system ausgebaut. In eng bebau ten Stadtgebieten ist dies me ist und hierfür seit Jahren erhebliche Investitionen ge­ sicherlich richtig und auch wirtschaftlich. Dennoch sollte leistet wurden. ist es unverständlich, wie die verantwortli­ die Frage, welches Entwässerungssystem auf Dauer gese­ chen Stellen beim Land den Bau der Stadtbahn zum hen wirtschaftlicher und damit sinnvoller ist. bei der Er­ Hardtberg immer wieder vor sich herschieben. Es ist nur schließung größerer Neubaugebiete immer neu geprüft zu hoffen. daß auch dort bald die bessere Einsicht sich werden. Als Alternative bietet sich das Trennsystem an. durchsetzt, da andernfalls das Verkehrs-Chaos in Bonn wo die Oberflächenwasser in einem getrennten Leitungs­ noch zu weiteren Fehlinvestitionen im Straßenbau führen netz auch oberirdisch abgeleitet werden. Der große Vorteil müßte. dieses Systems liegt darin, • daß das Schmutzwassernetz nicht überdimensioniert Für den Flächennutzungsplan ist hier von entscheidender werden muß, Bedeutung, daß auch nach Aussage der Experten Bonn • daß der genau zu ermittelnde Schmutzwasserstrom ein multizentrischer Stadtraum bleibt. Es sollen also neben gleichmäßig fließt und som it die Klärung maßgerecht dem Zentrum Alt-Bonn, die Zentren Godesberg, Beuel, Duis­ ausgestattet werden kann und dorl und das neue Zentrum berücksichtigt werden. Die Regierungsbauten sollen sich ebenfalls auf • daß die unter Umständen sprunghaft anfallenden Ober­ wenige ausbaufähige Standorte beschränken. Dabei wird flächenwasser über natürliche Wasserläufe, offene das eindeutige Schwergewicht im Raum Gronau an der Rückhaltebecken möglichst lange aufgehalten werden Achse Bonn-Godesberg liegen. Die Grünachse über die und damit ein Teil dem Grundwasser zugeführt wird. zu­ Brücke bietet zugleich Erweiterungsmöglichkeiten für die gleich behalten die natürlichen Bäche auf diese Weise Regierungsbauten im rechtsrheinischen Raum. auch in Zukunft noch hinreichenden Wasserzustrom. • Vorhandener Pflanzenwuchs (Wa ld) kann damit erhal­ Die Frage der Industrie- und Gewerbegebiete kann im ten werden (Eichen auf dem Heiderhof sind wegen der Rahmen d ieser Betrachtung nicht angesprochen werden. Absenkung des Grundwassers nicht zu halten); Die Industrie spielt in Bonn, einer typischen Beamten- und Pensionärsstadt des 19. Jahrhunderts. keine ausschlagge­ • als Folge davon können unter Umständen klimatische bende Rolle. Veränderungen eintreten. Taubildung entfällt. weil der ausgetrocknete versteinte Boden bei intensiver Sonnen­ strahlung überhitzt wird. Zum Verkehr Der entscheidende Nachteil des Trennsystems liegt in den Die Verkehrsprobleme von Bonn beschäftigen die politi­ hohen Anfangs investitionskosten, da zwei getrennte schen Körperschaften wie auch die Öffentlichkeit seit Jah­ Leitungsnetze und entsprechend doppelte Hausanschlüs­ ren. se erforderlich sind. Für kein sonstiges Problem bestehen soviel vorgefaßte Es wird daher angeregt, dieser Frage nachzugehen und an Meinungen, die einer sachlich unvoreingenommenen Klä• geeigneten Planungsobjekten, in denen größere und zu­ rung so sehr entbehren. Vielleicht trägt die gegenwärtige sammenhängende Siedlungsbereiche anstehen, verglei­ Energiekrise. die ja nur ein erster kleiner Anfang einer viel chende Berechnungen anzustellen, wobei auch volkswirt­ umfassenderen Rohstoffkrise ist, dazu bei, Vorurteile leich­ schaftliche und ökologische Gesichtspunkte mit zu berück• ter abzubauen. sichtigen sind. Das heute zur Verfügung stehende Straßennetz wird zu­ Die Fernwärmeversorgung beschränkt sich im wesentli­ nächst durch die neue B 42 ergänzt. Damit wird rechts­ chen auf Teile von Alt-Bonn sowie zwei kleine Gebiete im rheinisch eine Nord-Süd-Verbindung geschaffen, die z. Z. Süden. Ein großzügiger Ausbau des Netzes scheiterte an vom Süden kommend in Königswinter und von Norden der fehlenden Rechtsgrundlage (Anschlußzwang). Außer• kommend an der alten Siegburger Straße endet. Bonn dem dürfen die Wärmeverluste bei den verhältnismäßig wird dann über d ie Adenauer-Brücke mit dem Reg ierungs­ großen Entfernungen nicht übersehen werden. In Wohnge­ viertel einen unmittelbaren Autobahnanschluß erhalten. bieten hat daher zunehmend die gasbefeuerte Heizung an Bedeutung gewonnen. Dennoch dürfte die Fernwärmever• Die Darstellung der Zielvorstellungen aus der Sicht der sorgung, wie diese in Bonn heute betrieben wird, für Straßenbauer kann eigentlich schon heute nicht mehr stad t k e r n bereiche das gegebene sein. In diesem Ge­ überzeugen. Neben der B 42 rechtsrheinisch ist auch biet ist erfahrungsgemäß das Stadtklima durch die starke noch ein gleicher autobahnmäßiger Ausbau der B 9 links­ Oberbauung und das Fehlen der allnächtlichen Luftabküh­ rheinisch vorgesehen. Die Experten hatten sich zu dieser lung durch Verdunstung stark belastet. Es sollte daher Frage schon etwas vorsichtig ausgedrückt, indem sie eine hier jede vermeidbare Belastung vermieden werden. Hierzu solche Nord-Süd-Straße für unumgänglich halten. Inzwi­ w ird angeregt, daß der Gesetzgeber die Möglichkeit schen sind zwei wesentliche Änd erungen zu vermerken: schafft, in bestimmten Stadtgebieten (Kerngebiete) für Der weitere Ausbau der B 9 nach Süden bis zur kommunale Fernwärmelieferung einen Anschlußzwang soll nicht mehr erfolgen; dafür wird die großräumige durchzusetzen. Umgehung über das Ahrtai mit Vorrang verwirklicht. Als letztes und wichtigstes schließlich die Planung der Die bahnparallele Führung wurde inzwischen fallenge­ Flächen, die der Planer noch übrig gelassen hat, die Frei­ lassen. Über einen Tunnel soll eine Verbindung mit der flächen. Hierzu wird Herr Grebe. der die Freiflächenpla• Westtangente hergestellt werden. nung für Bonn bearbeitet. noch näher berichten. Die Südtangente soll, wie im Gebietsentwicklungsplan dar­ Zum Abschluß möchte ich darauf hinweisen. daß Dank ei­ gestellt, nach den Vorstellungen des Bundes Teil einer ner engen Zusammenarbeit der Planung mit Herrn Grebe, durchlaufenden Ost-West-Fernstraßenverbindung werden. als auch mit dem Kreisbeauftragten für Natur- und Land­ Diese Absicht läuft den gesamten stadtplanerischen Über­ schaftspflege, Herrn Dr. Offner, die Bedeutung der Grün• legungen gerade im Raum der Regierungsbauten zuwider. planung heute bei den verantwortlichen politischen Kör• Hier wird der Rat noch auf eine Korrektur übergeord• perschaften wie auch in der Öffentlichkeit nicht mehr neten Straßenplanungen drängen müssen. übersehen wird. Deshalb darf ich zusammenfassend die

508 Forderungen zum Umweltschutz von unserem Kreisbeauf­ Zusammenfassend aus der Sicht des tragten Dr. Offner kurz verlesen. Diese lauten: Stadt p' a n e r s, der einen Teil Mitverantwortung für die Landschaft in der Stadt und der Umgebung trägt: Wie aus C.en vorstehenden Ausführungen durchklang, voll­ 1. Keine weiteren Eingriffe In die einzigen Erholungsge­ zieht sich auf dem Gebiet des Verkehrs ein Wandel, der biete Kottenforst-Ville, Siebengebirge und Siegmün• bis heute noch nicht ausreichend in den entsprechenden dung. Fachplanungen seinen Niederschlag gefunden hat. Es er­ scheint de.her geraten. die bisherigen Planungen auf dem Diese Gebiete sind entsprechend ihrem Charakter als be­ Gebiet des Verkehrs ganz allgemein neu zu durchdenken. waldete Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete zu Bereits im Nordrhein-Westfalen-Programm ist die allgemei­ pflegen und zu gestalten und als Erholungsgebiete wie ne Zielrichtung, die auf eine Förderung des öffentlichen als Biotope zu erhalten. Nahverkehrs hinausläuft, vom Standpunkt der Landespfle­ ge und der Landschaftspflege zu bejahen. Es muß jedoch festgestellt werden, daß die notwendigen Folgerungen 2. Anpassung des Verkehrsnetzes an die Umweltverhält• hieraus auf anderen Gebieten der Infrastruktur nicht gezo­ nisse. gen werden. So muß festgestellt werden, daß insbesonde­ re im Straßenbauprogramm keinerlei Abstriche zugunsten Einbindung der EB 42 N in die Landschaft des ältesten der öffentlichen Verkehrsmittel erkennbar sind. Eine er­ deutschen Naturschutzgebietes, Naturpar k Siebengebirge. neute Überprüfung der Straßenbauprogramme von Bund, Die geplante Schnellstrecke der Bundesbahn Köln-Groß Ländern und Gemeinden unter dem Gesichtswinkel der Er­ haltung und der Förderung der Lebensqualität von Men­ Gerau darf die Siegniederung und das Siebengebi rge nicht beeinträchtigen. schen und Tierwelt sollten daher so bald wie möglich in die Wege geleitet werden. Hierzu gehört auch eine Über­ Die Querverbindung Ost-West von der Adenauer-Brücke prüfung des Generalverkehrsplanes Nordrhein-Westfalen. zur B 56 bzw. von der A 11 zur A 15 - sogenannte Süd• Nach dem Nordrhein-Westfalen-Programm wird die rheini­ tangente - darf nur im Tunnel durch den Kottenforst ge­ sche Stadtlandschaft mit überaus leistungsfähigen öffentli• führt werden. Dafür spricht eindeutig die Kosten-Nutzen­ chen Verkehrsnetzen erschlossen: einem S-Bahn-System Analyse eines im Auftrag der Stadt Bonn gefertigten Gut­ zwischen Hamm und Bonn und mehreren Stadtbahnsyste­ achtens. Möglicherweise kan n diese Querverbind ung auch men. die ineinander übergreifen. Für den Bonner Raum ist über den geplanten Tunnel Reuterstraße hergestellt wer­ mit der bereits im Bau befindlichen Nord-Süd-Stadtbahn den, wodurch mehr als 200 Millionen DM gespart werden und der vorgesehenen Ost-West-Stadtbahn zum Hardtberg können. ein auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtetes Ver­ kehrsnetz vorgesehen. Die Überlegungen für den Flächen­ Priorität des öffentlichen Nahverkehrs vor dem Individual­ nutzungsplan wie auch die Überlegungen im Rahmen des verkehr und dementsprechende Straßenplanung. Weitge­ hende Vermeidung von Lärm und Abgasen. Sonderplanungsausschusses für den Gebietsentwicklungs­ plan sollten diese Tatsache auch wiederspiegeln. Es ist bekannt, daß dies im einzelnen immer wieder auf Schwie­ rigkeiten stößt, die nicht nur in der noch recht unvollkom­ 3. Wahrung der Belange des Naturschutzes menen Leistung dieser Verkehrsmittel liegen, als vielmehr in einer gewissen Trägheit der Entwicklung, die das Auto­ des vom Grabe-Institut erstellten Landschaftsplanes und mobil als Verkehrsträger einer g roßstädtischen Entwick­ der klimatologischen Gutachten bei d e r lung berücksichtigen will. Auf s tel lung des Flächenn utzungsplanes s o w i e v o n B e b a u u n g s p 1 ä n e n , wobei Natur­ An diesem Punkt gilt es. die Zielkonflikte schutz als Umweltschutz zu verstehen ist. Förderung des Kfz-Verkehrs und Pflege und Gestaltung öffentlicher Grünanlagen am Rhein Förderung des öffentlichen Nahverkehrs und im erweiterten Landschaftsschutzgebiet. wie z. B. auf in eine r Konzeption aufzuzeigen und den für die Pla­ Gemarkung Lannesdorf. nung verantwortlichen Gremien die erforderliche Unterstüt• Keine Eingriffe bauli«her Art entlang des Rheines, keiner­ zung in ihren Bemühungen zu vermitteln, die Ziele des lei Ausnahmen von den Bestimmungen der Rheinufer­ Nordrhein-Westfalen-Programms auch wirklich zu verfol­ schutzverordnung. Gestaltung des Rheinauenparks nach gen: vegetationskundlichen Grundsätzen. e i ne e i ndeutige Priorität für den Erhaltung und Pflege historischer. zu Wald gewordener öffentlichen Nahverkehr gegenüber Parkanlagen wie z. B. Leser-, Rigalscher- und Drachen­ d e m 1 n d i v i d u a 1 v e r k e h r. steinpark in Bad Godesberg und ihre Öffnung für die All­ Diese weittragenden Bestrebungen sind durch flankierende gemeinheit. Maßnahmnn zu unterstützen. Hierzu gehören : Offenhaltung der zum Rhein ziehenden Bäche einschließ• • Anderung des § 64 LBO-NW (Regelung von Stellplätzen lich ihrer Täler (Frischluftzufuhr) und Errichtung bachbe­ für Kfz) gleitender Fußwege. Ausbau eines Fuß- und Radwegenet­ • Förderung des Ausbaues und der Finanzierung von zes. Vermeidung jeglicher Riegelbildung in der Hauptwind­ richtung durch Hochbauten. Das gilt auch für die geplan­ Rad- •md Fußwegenel?.en ten Regierungs- und Parlamentsbauten, wobei die Erhal­ • Förderung von Straßenumbauprogrammen zur Rückge• tung charakteristischer Wohngebiete zu beachten ist. winnung des Straßenraumes als Begegnungsraum für den Menschen. vor allem für Kinder (Spielflächen) und alte Leute (Sitzgelegenheiten) Grundsatz • Überprüfung des Wassernetzes im Hinblick auf d ie Ver­ änderungen, d ie durch die starke Siedlungstätigkeit im Alle Maßnahmen öffentlicher Dienststellen sollen hinsicht­ Grundwasserhaushalt sowie klimatisch bereits eingetre­ lich der Erfordernisse des Umweltschutzes in Planung und ten und in Zukunft in noch gesteigertem Maße zu er­ Ausführung vorbildlich sein. Wi'lrten sind.

509 Reinhard G r e b e

Gefährdung der Freiräume durch die bauliche Entwicklung der Bundeshauptstadt Bonn Ergebnisse der Landschaftsplanung im Rahmen der integrierten Stadtentwicklungsplanung'*)

1. Städtebauliche Entwicklung und Landschaftsverbrauch terlaufen mit ihren attraktiven finanziellen Angeboten im Raume Bonn die langfristigen Ziele der Stadtentwicklung.

Mit der Erklärung zur provisorischen Bundeshauptstadt Die aufgesplitterte Planungshoheit des Raumes Bonn ließ 1949, der Konzentration der obersten Bundesbehörden so­ eine städtebaulich geordnete Gesamtentwicklung nicht zu. wie einer Vielzahl von Spitzen- und Berufsverbänden in 1970 brachte das „ LEX BONN " im Landtag von Nord rhein­ Bonn und seinem Umland mit ihren Zehntausenden von Westfalen die kommunale Neugliederung und damit die Mitarbeitern hat im Raume Bonn eine Expansion im Be­ Eingemeindung d er ehemals selbständigen Städte Bonn, reich des Städte- und Wohnungsbaus und des Verkehrs­ Bad Godesberg und Beuel mit Oberkassel und Teilen des straßenbaus eingesetzt, wie sie in den stürmischen Au f­ Amtes Duisdorf zu einem gemeinsamen Verwaltungsbe­ baujahren nur wenige Räume der Bundesrepublik erlebt reich und Planungsraum. haben: Zielvorstellungen zur Sicherung des Landschaftsraumes, • Ko n z e n t r a t i o n t e r t i ä r e r E i n r i c h t u n g e n wie sie in den Entwürfen des Gebietsentwicklungsplanes im Raume Bonn-Bad Godesberg mit Einbruch in die von Nordrtrein-Westlalen, in den Rahmenplänen der bei­ feingliedrigen Strukturen der alten kleinen Stadtkerne den Naturparks Kottenforst und Siebengebirge und im und einer neuen Schwerpunktbildung im Bereich der Gutachten zur Durchführung einer Bundesgartenschau Bundesbauten in der bislang noch unbebauten Fläche 1979 in Bonn, Bad Godesberg und Beuel (GREBE 1968) zwischen Bonn und Bad Godesberg. vorliegen, können nun endlich durchgesetzt werden, wenn die zuständigen Entscheidungsgremien es beschließen. • W e i t g e s t r e u t e S i e d 1 u n g s s t r u k t u r e n in der vielgestaltigen Landschaft zwischen den Höhen der Leider ist auch die Verantwortung des Bundes für diesen , dem Siebengebirge und dem Westerwald mit Raum erst spät sichtbar geworden. Mit dem Hinweis auf starken Zersiedlungserscheinungen. den provisorischen Zustand unterblieben in den ersten Entwicklungsjahren die notwendigen Ordnungsmaßnah­ • Umfan g reich e Straßen- und Au tobah n­ men. Seit einigen Jahren jedocti trägt der Bund einen gro­ m a ß n a h m e n , um die Arbeitskräfte des weit­ ßen Teil der notwendigen lnfrastrukturmaßnahmen, ver­ gestreuten Siedlungsraumes zu den Arbeitsstätten der stärkt nach d·er Zusammenfassung aller städtebaulichen Zentren zu bringen mit täglichen großen Verkehrs­ und planerischen Zuständigkeiten in einem Ministerium stauungen auf allen Straßen. (Raumordnung, Städt~bau und Bauwesen). • K o n z e n t r i e r t e r A u s b a u neuer großer E n t - Diese Priorität der Bundeshauptstadt ist auch im Bonner 1 a s tu n g s s t ä d t e bis zu 30 000 Einwohnern durch Stadtparlament noch nicht immer spürbar, etwa wenn mit die einzelnen früher selbständigen Gemeinden ohne dem Hinweis auf die fü r eine Stadtentwicklung notwendi­ erkennbare Prioritäten in der Finanzierung durch gen Steuereinnahmen neue Industriegebiete in dem ohne­ Landes- und Bundesbehörden: hin schon belasteten Raum ausgewiesen werden. Bon n-Tan n enbusch Der Hinweis auf notwendige Rahmenuntersuchungen und Am Rande der fruchtbaren Kölner Sucht, bevorzugt we­ Langzeitprogramme, der auch von der politischen Seite gen seiner Lage am Nahverkehr, doch im Gegensatz zu immer wieder gemacht wird, darf jedoch nicht dazu füh­ den vorliegenden Zielvorstellungen des Landesentwic k­ ren, heute bereits notwendige Entscheidungen auf einen lungsplanes, die eine Freihaltung dieses großen Frei­ späteren Zeitraum zu verschieben. raumes fordern. Der Bund sollte am Beispiel Bonn darstellen, wie eine Hardtberg / Bonn durch ihn ausgelöste Struktur- und Umweltveränderung ei­ Früher Amt Duisdorf, auf den südlichen Randhöhen vor nes Raumes nicht zu dessen Zerstörung, sondern zu einer dem Kottenforst in günstiger lokalklimatischer Lage, je­ geordneten _Entwicklung führt. doch bis heute trotz der Konzentration von drei Bun­ Wenn die hohe landschaftliche Qualität des Raumes Bonn desministerien (Verteidigung, Wirtschaft, Landwirt­ nach den bisher schon sehr starken Eingriffen noch gesi­ schaft) ohne ein leistungsfähiges Nahverkehrsmittel. chert werden soll, so müssen unverzüglich die notwendi­ Meck enheim-Mer l gen Beschlüsse vollzogen werden. Landkreis Bonn, 20 km westlich der Stadt, konzipiert 2. Landschaftsstruktur Raum Bonn auf eine $-Bahnstrecke, die heute noch immer fehlt. Bonn liegt am Südrand der Kölner Bucht, am Austritt des Mit der endgültigen Erklärung zur Bundeshauptstadt 1971 Rheines aus dem Engtal des Siebengebirges. setzt in Bonn eine neue Bauwelle ein: So ist der Raum geprägt durch die drei Hauptelemente: die Bundesministerien suchen nach den Jahren der Provisorien ihre endgültigen Dienstsitze, 1. den Rh e i n mit seinen verschiedenen Terrassen und der wechselnd breiten Aue, die nach Norden in Rich­ die nach der Zahl ihrer Mitarbeiter ebenso umfangrei­ tung Köln intensiv landwirtschaftlich und gartenbaulich chen Spitzenverbände und Lobbyisten, wirtschaftlich oft sehr stark, konzentrieren sich auch aus Städten wie genutzt wird . Frankfurt und Düsseldorf in den Bonner Raum und un- 2. Die bestimmende, überwiegend bewaldete Ho ch - t er ras s e , die im Westen noch nahezu geschlossen •) Referat in der Sitzung des Deutschen Rates für Landespflege ausgebildet ist (Naturpark Kottenforst) und nach Nor­ am 15. Januar 1974 in Bonn. den abgeflacht in das fruchtbare Vorgebirge übergeht.

510 GRENZE BONN

Abb. 1 .· oas Stadtgebiet von Bo nn und d"ie Nachbarstädte im Umland mit ihren Zentren.

511 3. Die rechtsrheinischen V u 1 k a n k u p p e n des Sie­ von Fußgängerzonen werden auch von der Stadtplanung bengebirges mit Ennert, Kuckstein, Petersberg, Dra­ stark unterntützt und sollen im Verlauf weiterer Planungen chenfels und westlich des Rheins dem ausgeprägten realisiert werden. Rodderberg. Die Hauptfläche des bebauten Stadtgebietes der alten Kerne 3. Der Landschaftsplan im Prozeß der Stadtentwicklung von Bonn und Beuel liegt auf der Nieder t er ras s e. Nach der kommunalen Neugliederung von Bonn begannen Sie fällt an einigen Stellen, so im Bereich Villich-Geislar 1970 die Vorbereitungen zur Stadtentwicklungsplanung. Im und dem Bereich Bad Godesberg-Mehlem, deutlich gegen Stadtplanungsamt wurde ein eigener Planungsstab einge­ die 1 n s e 1 t er ras s e als letzte Aufschüttung des Rheins setzt. Unter seiner Federführung und im Auftrag von Bund, ab. Land Nordrhein-Westfalen und Stadt Bonn wurden Teilun­ Die Terrassen zu beiden Seiten des Rheines werden von tersuchungen und Schwerpunktbearbeitungen von außen­ einer Reihe von Bächen zerfurcht : stehenden Instituten durchgeführt : , Katzenlochbach, Engelbach, Klufterbach, Bevölkerungsentwicklung Godesberger und Mehlemer Bach mit ih ren Nebenbä• Dienstleistungen chen. Zentren, Einzelhandel Vilicher Bach und Anker Bach im Osten vor dem Über• Verkehrsplanung gang in die weite wasserreiche Siegaue. Landschaftsplan Die beiden Rheinseiten sind durch einen unterschiedlichen Bundeseinrichtungen Wasserhaushalt gekennzeichnet: Universitätsentwicklung 1 in k s r h e i n i s c h fällt die Hauptterrasse nach Westen PROGNOS AG, Basel zur Swist ab. Die Wasserführung der Bäche, die die Ter­ INTERTRAFFIC, Düsseldorf rasse in Richtung Bonn zerteilt, ist daher verhältnismäßig Prof. TIETZ, Saarbrücken, Prof. GUTHER, Da rmstadt gering. Im Bereich der Niederterrasse versickern sie zum Fa. DORSCH, München Teil im Rheinschotter, die Wassermengen reichen nicht Planungsbüro GREBE. Nürnberg aus, den Grundwasserspiegel hier unabhängig vom Rhein­ Prof. GUTHER, Darmstadt pegel konstant zu halten; Prof. SPENGELIN, Hannover r e c h t s r h e i n i s c h dagegen ist der Wasseranfall der Arbeitsgruppen zwischen der Stadt, den Bundes- und Län• Bäche aus dem Siebengebirgsvorland in Verbindung mit derbehörden wurden zur Lösung weiterer Schwerpunktauf­ dem Grundwasserstrom aus dem Siegtal so mächtig, daß gaben eingesetzt: hier der Grundwasserspiegel verhältnismäßig hoch und Entwicklung eines öffentlichen Nahverkehrssystems. vom Rhein unabhängig ist. Zentrumsplanung, Im Bereich der Mittel- und Hauptterrasse bilden die links­ Arbeitskreis Bundesbauten. rheinischen, zum Teil tief eingeschnittenen Bachtäler die Dieser Arbeitskreis Bundesbauten hat im September 1970 Zugbahnen für Kaltluftströme vom Kottenforster Plateau in zwei mehrtägigen Terminen ein achtzehnköpfiges Bera­ her und tragen dazu bei, die sommerliche Schwüle des tergremium zur Integration der Bundesbauten in die Stadt Bonner Stadtklimas zu vermindern. Diese Talräume dürfen Bonn einberufen. nicht durch luftstauende Bebauung abgeriegelt werden, Diesem sog. „Expertenkolloquium" gehörte neben Stadtso­ die Bäche sind soweit wie möglich im natürlichen Mäan• ziologen, Stadt- und Verkehrsplanern, Architekten, Kunsthi­ derverlauf zu erhalten. storikern. Volkswirtschaftlern, Organisationsfachleuten und Die Forderung nach dem Freihalten der Bachläufe wird Juristen des öffentlichen Rechts Reinhard Grebe als Land­ auch von der Wasserwirtschaft in Bonn stark unterstützt. schaftsarchitekt an. um ihre Reinigungskraft zu erhöhen. Ein starkes sommerli­ Die Empfehlungen des Expertenkolloquiums haben ent­ ches Hochwasser des Godesberger Baches im Stadtgebiet scheidende Impulse in der Stadtentwicklung von Bonn verstärkte eindringlich die Forderung der Landschaftspla­ ausgelöst, von denen neben den später zitierten Forderun­ nung nach Freihaltung dieser Tal räume. gen zur Landschaftsplanung herausgehoben werden: Die durch die Eintiefung des Rheins ausgetrockneten alten • Verzicht auf die Parallelführung einer Schnellstraße zu R h e i n a r m e sind an einigen Stellen der Stadt noch der ohnehin schon stark trennenden Bahnlinie durch deutlich erkennbar: im Westen der bis 500 m breite und die Städte Bonn und Bad Godesberg hindurch (Pro­ 5 m tiefe alte Rheinarm der Gumme am Fuß des Venusber­ blem Gleichlage und Tieflage). ges, im Norden der Talraum des Rheindorfer. Baches. • Konzentration der Bundesbauten im Raume Bad Go­ Auch im Beueler Stadtgebiet sind diese Rheinarme noch desberg-Nord mit ihrer Integration in die Freizeitland­ an einigen Stellen zu erkennen, sie wurden jedoch leider schaft der Rheinaue, bisher ungenügend in der Stadtplanung berücksichtigt. Bei­ spiele sind die geplante Verbauung der Gu mme an der • Konzentration der Siedlungen an einem beschleunigt Reuterstraße und Teilbebauungen des Rheinlaufes im auszubauenden Nahverkehrsnetz. Beueler Stadtgebiet. Die Entscheidung der Stadt Bonn, die Rheinaue zu einem zentralen Erholungspark in Verbindung mit der Bundesgar­ Siedlungs- und Landschaftsstruktur tenschau 1979 auszubauen, wurden von dem Beratergre­ Die alten Siedlungsstrukturen des Bonner Raumes sind au f mium ausdrücklich unterstützt. diese großen Landschaftszusammenhänge abgestellt: Die erste Stufe des Landschaftsplanes wurde nach Abstim­ Im Osten und Westen die Ketten der Ortslagen am Fuße mung mit den verschiedenen Planungspartnern und der Haupt- und Mittelterrasse, wobei die einlaufenden Tal­ Dienststellen 1971 ausgearbeitet (Planungsbüro GREBE, räume zunächst freigehalten und erst von einer späteren Nürnberg, Mitarbeiter W. TOMASEK, veröffentlicht Band Bebauung abgeriegelt wurden. Nur die alten Fährdörfer „Stadtentwicklung Bonn"). Plittersdorf und Grau-Rheindorf liegen auf einer Inselter­ De r Landschaftsplan enthält ein Grobkonzept zur Land­ rasse direkt am Fluß. schaftsentwicklung für den Gesamtraum, Vorschläge zur Die Differenzierung der alten Ortskerne. die in dem Sied­ städtebaulichen Ordnung der Teilräume, für Schwerpunkte lungsraum noch deutlich ablesbar ist, wurde von der von Sport und Erholung, Kleingärten, Friedhöfe; er nimmt Landschaftsplanung stark herausgearbeitet, ihre Vorschlä• Stellung zu den Ausweisungen der Baugebiete und Ver­ ge zur Ausbildung von Nebenzentren und Einrichtungen kehrsflächen.

512 Umfassende ökologische Untersuchungen konnten in der 6. Erhaltung der ausgeprägten Landschaftsstruktur im kurzen Bearbeitungszeit nicht erstellt werden, so mußte Engtal des Rheines mit den bewaldeten Steilhängen auf vorliegende Untersuchungen und Ergebnisse aus an­ beiderseits des Stromes. Nur in Ausnahmefällen soll­ deren Räumen zurückgegriffen werden. ten sorgfältig eingefügte, terrassierte Hangbebauungen Stadtklima zugelassen werden. Untersuchungen von EMONDS über die besondere Wir­ 7. Zulassung von verhältnismäßig dichter und hoher Be­ kung von Freiflächen auf das Stadtklima. bauung der auf dem Hochufer des Rheins liegenden Freiflächen in Beuel-Süd. Die Empfehlung der Landschaftsplanung, umfassende Un­ 8. In der Alt-Bonner Innenstadt Ve rmeidung größerer tersuchungen anzustellen, ist inzwischen aufgegriffen. Der deutsche Wetterdienst erstellt eine umfangreiche stadtkli­ Aufbrüche, vor allem in der Form breiter Straßen• schluchten und starker Höhenentwicklungen einzelner matische Analyse, d ie die bisher vorliegenden Arbeiten weitgehend bestätigt. Bauten; das geschlossene Gefüge darf nicht beein­ trächtigt werden. Bad Godesberg, das aus landschaft­ Vegatationsuntersuchungen lichen und baulich-funktionalen Bedingungen heraus der Bundesanstalt für Vegetationskunde, Naturschutz und eine besonders typische und vielfältige Gestalt entwik­ Landschaftspflege wurden ausgewertet, die Ergebnisse der kelt hat. sollte nur in den dem Regierungsviertel ge­ Landschaftsplanung mit den zuständigen Bearbeitern ab­ widmeten und unmittelbar benachbarten Bereichen ei­ gestimmt. ner größeren städtebaulichen Maßstabsveränderung Lärmschutz unterworfen werden. Die derzeit betriebene Kernsanie­ rung wird kritisch beurteilt. Da die Ergebnisse eines vom Land Nordrhein-Westfalen und der Stadt gemeinsam in Auftrag gegebenen Lärm­ 9. Verhinderung einer weiteren Zersiedlung der Land­ schutzgutachtens noch nicht vorlagen, wurden in Verbin­ schaft in der Region durch ein gutes Angebot attrakti­ dung mit dem Institut für Stadthygiene, Köln, (Prof. GUT­ ver und preiswerter Wohnanlagen mit Anbindung an HOF) typische Querschnitte von Straßen mit unterschiedli­ den öffentlichen Nahverkehr. Entwicklung eines regio­ chem Lärmpegel durchgerechnet und hieraus Ziele für die nalen Siedlungskonzepts unter Einschluß des Landes Ausweisung von Wohngebieten und Verkehrswegen ent­ Rheinland-Pfalz. das d ie Probleme der Landschafts­ wickelt. entwicklung, der Sicherung und des Ausbaues von Er­ holungsgebieten und der Agrarstruktur mit ein­ Nach der Vorlage dieser ersten Stufe des Stadtentwick­ schließt. lungsplanes wurden in den Jahren 1972 und 1973 die Vor­ schläge der Landschaftsplanung in verschiedenen Stufen Aus der weiteren Bearbeitung des Landschaftsplanes wer­ mit den Planungsstellen der Stadt diskutiert und in den den stichwortartig weitere Empfehlungen zur Stadtent­ Ende 1973 vorgelegten Entwurf des Flächennutzungspla­ wicklung genannt: nes voll eingebaut. Seit November 1973 liegt der Land­ 10. Mitarbeit der Landschaftsplanung auf allen Ebenen schaftsplan zum Entwurf des Flächennutzungsplanes als der Bauleitplanung und Realisierung der im Land­ eigenes Planwerk vor. Es wird z. Z. geprüft, wieweit er im schaftsplan enthaltenen Ziele in der Flächennutzungs­ Zusammenhang mit dem Flächennutzungsplan veröffent• planung sowie in den nachfolgenden Bebauungsplä• licht und in das Verfahren gegeben werden kann. nen. Im Bereich des Entwicklungsgebietes Hardtberg ist diese lückenlose Integration des Landschaftsplanes 4. Zielvorstellung der Landschaftsplanung für den Raum Bonn in d ie Bauleitplanung ideal erreicht: Landschaftsplan zum Entwicklungsplan M 1 : 5 000 Als Ziel der Landschaftsplanung für Raum und Stadt Bonn Landschaftspläne zu den einzelnen Baugebieten, wurden von dem Expertenkolloquium, an dem der Verfas­ M 1 : 1 000 ser mitarbeitet, folgende Punkte herausgestellt: Stellungnahme zu Teilproblemen wie Verkehrsfüh­ 1. Einbeziehung des Rheines als wesentliches Land­ rung, Ausweisung von Erholungsräumen, Rad- und schaftselement in die Stadtentwicklung, d. h. städte• Fußwegesystemen, großen Bauvorhaben. bauliche Aufwertung der rechtsrheinischen Bereiche. 11 . Gleichrangige Behandlung städtebaulicher, land- Wechsel von gebauten Uferstrecken in den Stadtzen­ schattsplanerischer und architektonischer Kriterien bei tren und Naturbereichen : Rheinaue Plittersdorf, Sieg­ der Stadtentwicklung. mündung. Die Gliederung des Rheintales in Hochufer (Prallhänge) und Flachufer (Gleithänge) ist bei der Be­ Bei allen nachfolgenden Wettbewerben des Bundes bauung zu berücksichtigen. Die parallel zum Rhein (Bundeshauptstadt, Bundestag, Präsidialbereich, Bun­ verlaufende wichtige Sichtbeziehung aus der Innen­ desministerium der Verteidigung) sowie bei den gro­ stadt Bonn auf das Siebengebirge muß freigehalten ßen Wettbewerben der Stadt (Tannenbusch) sind werden. Landschaftsarchitekten als Fachpreisrichter oder Fachberater in das Preisgericht berufen worden. 2. Ottenhaltung der Talzone des Rheines und der klei­ Die Bewertung landschaftlicher Kriterien spielte bei nen, zum Kottenforst (linksrheinisch), Ennert- und Sie­ diesen Wettbewerben eine große Rolle. bengebirge (rechtsrheinisch) auslaufenden Talräume zur Durchlüftung des Stadtgebietes. 12. Reduzierung des Autobahnausbauprogrammes, Pla­ nung der unbedingt notwendigen Verkehrsstraßen bei 3. Nutzung dieser querlaufenden Grünzone zur Stadtglie­ weitgehender Erhaltung der Landschaftsstruktur ohne derung (Beispiel Achse Poppelsdorfer Schloß) und als Störung der Wohngebiete. Aktivzonen mit Erholungs- und Freizeitfunktionen. Die große internationale Verkehrsbedeutung des 4. Keine weitere Ausdehnung der Stadt nach Norden in Rheintales, verstärkt durch die zentrale Bedeutung die Kölner Sucht mit den weiten Entfernungen zu den Bonns, führt zu einer für den Raum und seine Wohn­ Naherholungsgebieten. Statt dessen verdichtete Wohn­ qualitäten kaum mehr tragbaren Konzentration von gebiete entlang des Vorgebirges, auf den Randhöhen, Verkehrswegen: unter Umständen im Rheintal südlich von Bonn. B 42 am Fuße des Siebengebirges mit starken Eingrif­ 5. Erhaltung der gartenbaulich-landwirtschaftlich genutz­ fen in den Hangfuß sowie Zerstörung der alten Bau­ ten lntensivzone mit den hohen Bodenwerten als Glie­ strukturen der Kommende, derungs- und Kontrastzone zwischen der Agglomera­ sechsspuriger Ausbau der Bundesautobahn Bonn­ tion Bonn und den Industriegebieten um Wesseling. Köln.

513 westlicher Autobahnring mit großen Beanspruchungen Raumes die sozio-ökonomischen Probleme eine entschei­ in diesem wertvollen landwirtschaftlichen Anbauge­ dende Rolle spielen. In Verdichtungsgebieten mit ihrem biet. starken Druck auf die Landschaft dürfen diese Ziele je­ Verschiedene Vorschläge der Landschaftsplanung doch nicht einseitigen Vorrang haben. So werden am führten nach ihrer Überprüfung durch die Verkehrspla­ Schluß einige bisher unerfüllte Forderungen der Land­ nung zum Verzicht auf den Ausbau von bereits ge­ schaftsplanung an die Entwicklung des Bonner Raumes planten Straßen: genannt: Autobahnquerspange entlang des Dransdorfer Baches, 1. Bewußte Einschränkung des Individualverkehrs mit sei­ Überquerung des Katzenlochbach-Tales. nen hohen Ansprüchen an Fahr- und Parkplätze, insbe­ Die Forderungen nach einem Verzicht auf einen Stra­ sondere bei der starken Konzentration der Bundesbe­ ßenausbau entlang des Vilicher Baches, nach einer hörden mit ihren hohen Beschäftigungszahlen. Führung der Autobahnquerspange im Tunnel durch Der Vorschlag des Expertenkolloquiums an den Bund, den Kottenforst sind noch nicht ausdiskutiert. seinen Mitarbeitern eine stärkere Benützung öffentli· 13. Konzentration der Bauentwicklung an den Haltepunk­ eher Verkehrsmittel zu empfehlen und die von der ten der Schnellbahnen, keine weitere Zersiedlung der Bauordnung verlangten Abstellplätze erst gar nicht zu wertvollen stadtnahen Landschaftsräume. Der weite bauen, wurden vom Bund 1971 mit dem Hinweis auf Freiraum, der zwischen Bonn und Köln mit seiner be­ die Freizügigkeit bei der Wahl der Verkehrsmittel noch sonderen Bedeutung für das Klima dieses Raumes nicht erfüllt. liegt, bietet bei seiner vorzüglichen Erschließung Mit der erkennbaren Energieverknappung scheint sich durch drei Schnellbahnsysteme so günstige Voraus­ hier aber der Maßstab verschoben zu haben; auch das setzungen, daß die landschaftsplanerischen Zielvor­ zunehmende Umweltbewußtsein hat erkennbare Erfolge stellungen zur Freihaltung dieses Raumes nur schwer­ erzielt. So wurde im Dez. 73 bei dem Wettbewerb des durchgesetzt werden können, obwohl sie auch von Verteidigungsministeriums ausdrücklich auf die Bevor­ der Regionalplanung gefordert werden. zugung der Nahverkehrsmittel hingewiesen. Über 70 % 14. Keine weitere Ansiedlung emittierender Industrien im der nahezu 8 000 Bediensteten des Hauses haben auf Raume Bonn mit ihren negativen Auswirkungen auf Befragen geantwortet, daß sie öffentliche Verkehrsmit­ das Stadtklima, volle Durchgängigkeit am Rheinufer, tel annehmen würden, falls sie in ausreichender Quali­ auch im Bereich der hier angesiedelten Industrien. tät bereitgestellt werden. 15. Erhaltung und Ergänzung der stadtbildprägenden Al- 2. Stärkere Beteiligung des Bundes an der Erstellung der infrastrukturellen Einrichtungen auch für die Freiflä• leesysteme: Bonn chen im Rahmen seiner Daseinsfürsorge für die Mitar­ Godesberg beiter. Röttgen 3. Verstärkte Lärmschutzmaßnahmen an den Schnellstra­ ßen im Stadtgebiet, Verzicht auf Bebauung in unmittel­ Stadtring Poppelsdorfer Allee barer Straßennähe. 4. Freihalten der Talräume und Hangkanten von jeder Radialalleen zum Rhein baulichen Entwicklung, insbesondere im Raum Godes­ Rasterpflanzungen in den Zwischenbereichen Achsensystem am Jagdschloß berg und Mehlem. 5. Verlagerung des Zementwerkes Oberkassel mit seinen 16. Entwicklung eines weitgehend verkehrsfreien Fußgän­ starken Emissionen aus dem klimatisch kritischen gersystems aus den Siedlungsbereichen in die freie Raum Bonn. Landschaft entlang natürlicher Leitlinien: 6. Sicherung des Naturdenkmales Rodderberg vor weite­ Talräume, Hangkanten, Bachläufe, Rheinufer. rem Kiesabbau, insbesondere auch im benachbarten 17. Einbeziehen halböffentlicher und privater Freiräume in Land Rheinland-Pfalz. das Grünflächenkonzept der Stadt und ihre zumindest 7. Erhaltung der landwirtschaftlichen und gartenbaulichen teilweise Öffnung fü r die Bürger. Die zahlreichen Ver­ lntensivnutzung in den Talräumen, insbesondere Kat­ waltungsgebäude, oft in großen, manchmal repräsen• zenlochbach-Tal und Angerberger-Tal (Angerberger tativen grünen Freiräumen .bieten gerade in Bonn hier­ Hof), modellhafte Entwicklung von geeigneten Betriebs­ zu vorzügliche Ansätze. formen. Diese Empfehlung wurde auch an den Deut­ 18. Aktivierung periodisch ungenutzter Stadtflächen (Ab­ schen Bauernverband gegeben, der im Raume Lengs­ bruchgebiete, geplante Erweiterungszonen für Gewer­ dorf die Errichtung eines landwirtschaftlichen Zen­ be und Industrie) für das Spiel der Kinder, insbeson­ trums plant und hier in unmittelbarer Stadtnähe den dere in den durch Grün unversorgten Stadtbereichen. Beitrag der Landwirtschaft zur Stadtentwicklung de­ 19. Aktivierung geschlossener Naherholungsgebiete in monstrieren sollte. den Talräumen, insbesondere des Katzenlochbach-Ta­ les, des Hardtbaches und der Siegaue, bei voller Er­ 5. Zusammenfassung haltung ihrer landschaftlich wertvollen Substanz. Der Landschaftsplan im Rahmen der Stadtentwicklung von 20. Mitarbeit der gerade im Bonner Raum stark interes­ Bonn stellt ein Grundkonzept dar, das bei der weiteren sierten Bürgerschaft in die Aufgaben der Stadt- und Entwicklung des Gesamtraumes und seiner Teilbereiche Landschaftsentwicklung. Von den Bürgerinitiativen, fortgeschrieben werden muß. von denen besonders die Aktionen Tieflage und Der Bund, der mit der Wahl Bonns zur Bundeshauptstadt Schnellstraße Bad Godesberg zu nennen sind, sind eine starke Entwicklung in diesem Raum ausgelöst hat, mit bemerkenswertem Engagement und einer großen hat auch die Verpflichtung, diese Entwicklung unter stär• Sachkenntnis wertvolle Vorschläge zur Stadtentwick­ kerem Engagement in geordnete Bahnen zu lenken, um lung eingebracht. Bund und Stadt haben nach anfäng• die von ihm entwickelten Zielvorstellungen zur Umweltsi­ lichem Zögern diese Initiativen zumindest teilweise in cherung und Lebensqualität auch und gerade in seinem die Entscheidungsphasen eingebaut. Wünschenswert unmittelbaren Einflußbereich verstärkt durchzusetzen. ist eine noch stärkere Diskussion auch in den einzel­ Neben einer Re ihe weiterführender Untersuchungen zu nen Stadtbereichen während der Aufstellung der Flä• den Umweltbelastungen müssen auch die Planungsinstru­ chennutzungsplanung. mente der Stadt sowohl auf dem Gebiet der Stadtentwick­ Jede Stadtentwicklung ist ein permanenter Prozeß, bei dem lung als auch der Landschafts- und Freiflächenplanung neben den physikalischen und ökologischen Vorgaben des stärker ausgebaut werden.

514 Herbert S t r a c k

Städtebauseminar „Bonn - Stadt und Hauptstadt"

Im Wintersemester 1976/77 veranstaltete das 1nstitut für Freihaltung der Rheinaue und der Seitentäler sowie die Städtebau, Bodenordnung u. Kulturtechnik der Universität Erhaltung des Waldbestandes hervorzuheben seien. Aus Bonn zusammen mit dem Architekten- und Ingenieurverein diesen Vorgaben ergäben sich naturgemäß erhebliche Bonn, den örtlichen Gliederungen des Bundes Deutscher Konsequenzen für die Bauleitplanung und insbesondere Architekten, des Bundes Deutscher Baumeister, der Verei­ auch für die Verkehrsplanung. Man müsse auch über den nigung beratender Ingenieure des Vereins Deutscher Inge­ Maßstab des Flächennutzungsplanes bzw. des Land­ nieure der Vereinigung Freischaffender Architekten und schaftsplanes hinausgehen und für Teilbereiche die Ziele der Vereinigung von Straßenbau- und Verkehrsingenieuren des Landschaftsplanes in größerem Maßstab konkretisie­ ein Städtebauseminar. Dieses Seminar stand unter dem ren. Diese Vorschläge sollten dann auch mit den betroffe­ Oberthema „ Bonn - Stadt und Hauptstadt". nen Bürgern diskutiert werden. Im Wintersemester 1975/76 war bereits ein Seminar mit ei­ Das folgende Referat von HERBERT STRACK (14. 12. 1976) ner allgemeinen Themenstellung „Alte Städte - neue Hei­ befaßte sich mit den „Verkehrsplanerischen Problemen mat" durchgeführt worden. Dabei hatte es ich gezeigt, daß Bonns". Diese werden vor allen Dingen durch die geogra­ ein erhebliches Interesse bestand, planerische Probleme phische Lage sowie durch die besonders ungünstigen kli­ des Bonner Raumes zu behandeln. Dementsprechend wur­ matischen Voraussetzungen geprägt. Nach Ansicht des de das Prog ramm des Seminars 76177 zusammengestellt. Referenten wird diese Tatsache in den bekannten vorlie­ Es sollte Beiträge liefern zur Versachlichung der Diskus­ genden Planungen nicht entsprechend berücksichtigt. Es sion über die schwerwiegenden Planungsprobleme in wurden daher eine Reihe von Forderungen aufgestellt, die Bonn und im Umland der Stadt. Außerdem sollten die Se­ abweichend vom Flächennutzungsplan bzw. von der Pla­ minare den interdisziplinären Gedankenaustausch anregen nung der Bundesfernstraßen folgende Zielsetzungen hat­ und zusätzliche Informationen vermitteln, um die Transpa­ ten: renz der Planungsgrundsätze zu erhöhen und die Verbin­ keine durchgehende Ost-West-Autobahn (A 56); dung zwischen Theorie und Praxis zu verbessern. städtische Verkehrsstraßen, die an die Stelle der A 56 treten sollen, müssen durch den Venusberg und den Das Sem inar bestand aus sechs Einzelvorträgen, an die Ennert als Tunnel geführt werden; sich eine Podiumsdiskussion anschloß. die geplante Nord-West-Tangente in Bonn sollte nicht Der erste Vortrag (2. 11 . 1976) von EDMUND GASSNER be­ autobahnmäßig ausgebaut werden; handelte die „Städtebaugeschichtliche Entwicklung Bonns". Ausbau der B 9 als Stadtstraße mit Tunnelstrecken im In diesem Eröffnungsvortrag wurde die Entwicklung der Bereich Reuterstraße und in Bad Godesberg; Stadt Bonn bis zum Jahre 1949 dargestellt. Eine ausführli­ ke in vierspuriger Ausbau der B 9 in Richtung Süden; che Abhandlung des Referenten findet sich an anderer Stelle dieses Heftes. auf die Bedürfnisse der Stadt Bonn ausgerichteter Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrssystems Im zweiten Vortrag sprach PAUL EPPING (16. 11. 1976) mit einer Stadtbahn als Grundgerüst und Buslinien als zum Thema „Planerische Leitlinien Bonns". Der Ltd. Baudi­ Zubringer. rektor des Bonner Planungsamtes, der an anderer Stelle dieses Heftes über die neuere Entwicklung berichtet, refe­ Anhand von Beispielen wurden zusätzlich gute, aber auch rierte über die sich wandelnden Zielvorstellungen in der schlechte Lösungen für lokale verkehrsplanerische Proble­ städtebaulichen Planung für Bonn. Aufsehen erregte er vor me dargestellt. allem dadurch, daß er den Stadthausneubau eine „städte­ In der anschließenden Diskussion zeigte es sich, daß die bauliche Todsünde" nannte, eine Äußerung, die offensicht­ meist fachkundigen Zuhörer die bekannten Planungen der lich manchen Kommunalpolitiker doch stark verunsichert Stadt bzw. sonstiger Planungsträger ebenfalls sehr kritisch hat, wie aus der Zeitungsberichterstattung hervorging. sehen und sie zu einem erheblichen Teil ablehnen. In der anschließenden Diskussion ging es in erster Linie „ Fragen der Stadtgestalt und Stadtentwicklung Bonns als um planerische Einzelfragen im Raume Bonn, so vor allem Bundeshauptstadt" behandelte FRIEDRICH SPENG ELIN, um die Überbauung des Bahnhofsvorplatzes und um die Hannover. (11 . 1. 1977). Nach einigen allgemeinen Ausfüh• Führung des City-Ringes in diesem Bereich. rungen zur Situation im Städtebau ging der Referent zu­ nächst auf die planerische Entwicklung im Reg ierungsvier­ Das dritte Refe rat (30. 11. 1976) von REINHARD GREBE. tel ein. Er zeigte die verschiedenen Stationen, die schließ• Nürnberg, befaßte sich mit den „Naturräu mlichen Gege­ lich zu dem jetzt vorliegenden Konzept geführt haben. benheiten Bonns als planerische Rahmenbedingungen". Hier wurde klargemacht, daß Planung nicht zwangsläufig Weg en der überaus heftigen Kritik an den von Spengelin die Zerstörung einer Landschaft zur Folge haben muß. Der verfaßten Plänen zur Überbauung des Bahnhof-Vorplatzes Referent erläuterte die Hauptelemente des Bonner Land­ ging der Referent auch auf dieses Thema ein. Nach seiner schaftsraumes, nämlich den Rhein, die Hochterrasse und Meinung wurde hier der richtige Weg zwischen Tradition die Vulkankuppen in der Umgebung. Dieser Landschaf1s­ und Innovation gewählt, weil die aus dem Mittelalter stam­ raum besitze eine hohe Vielfalt, die Grenz- und Über• mende Raumfolge der Bonner Plätze mit neuzeitlichen Mit­ gangselemente seien außerordentlich reich. Ausgehend teln verl ängert werde. Der Straßenverkehr vor dem Bahn­ von den naturräumlichen Gegebenheiten seien nun die hof müsse verschwinden, freilich wurden dazu keine Über• Planungsziele zu entwickeln, von denen insbesondere die legungen mitgeteilt.

515 In der anschließenden Diskussion, die sich in erster Linie Dortmund. Die außerordentlich gut besuchte Veranstaltung mit der Gestaltung des Bahnhof-Vorplatzes befaßte, fand brachte eine Übereinstimmung aller Diskussionsteilnehmer, der Referent heftigste Kritik. Sowohl aus gestalterischen daß Bonn zwar nicht Metropole, aber doch politische wie auch aus funktionalen Gründen lehnten die Diskussi­ Hauptstadt der Bundesrepublik werden soll. Sicher könne onsredner das „ Spengelingäßchen" strikt ab; eine Überein• man sich nicht damit zufrieden geben. daß Bonn zur Pro­ stimmung zwischen Referent und Planer einerseits und vinz gezählt werden müsse. Zuhörerschaft andererseits war nicht zu erzielen. Es kam Nach dieser Einigung über Grundsätze ließ der Ge­ sogar zu B u h - Rufe n , als der Vortragende anhand sprächsleiter Dipl.-Ing. ERNST JANN, Bonn, dann Einzel­ von Fotomontagen nachweisen wollte, daß die Bahnhofs­ bereiche behandeln. überbauung sich in das Stadtbild einpasse. Im Vordergrund stand dabei die Gestaltung des Regie­ Das Thema „Neugestaltung des Bundesbezirks" konnte in rungsviertels. angesprochen wurden aber auch d ie Frage der Diskussion nur kurz behandelt werden. Immerhin wur­ der Tieferlegung der Bundesbahn, der Denkmalschutz und de deutlich, daß die Zuhörerschaft es nicht versteht, daß die Verantwortung der Planer und Architekten. zwischen Stadt und Bund keine Einigung zu erzielen sei. Die Diskussion mit den Zuhörern brachte dann Themen, Als letzter referierte ERNST RÖDEL (25. 1. 1977), Bezirks­ die beim Podium nicht im Vordergrund gestanden hatten. planer des Regierungs-Bezirks Köln, zum Thema „Bonn und Kritik an Bauten und Planungen der Stadt und des Bun­ sein Umland aus regionalplanerischer Sicht". In diesem des, teilweise sehr scharf formuliert, überwog. Vortrag standen die regionalplanerischen Aussagen für Die gesamte Seminarveranstaltung stieß auf lebhaftes In­ den Raum Bonn im Vordergrund. Der Referent befaßte teresse der Bürgerschaft. Im Durchschnitt kamen immerhin sich außerdem mit den gesetzlichen Möglichkeiten, die über 150 Personen zu den Einzelvorträgen; d ie Sehfußver• städtebauliche Entwicklung Bonns zu lenken und zu leiten. anstaltung im größten Hörsaal der Universität fand Interes­ Er führte u. a. aus, daß man heute nicht mehr eine so gro­ se bei über 6CO Bürgern. Das Echo, das die einzelnen Vor­ ße Massierung von Entwicklungsgebieten im Bonner Raum träge und die Sehfußveranstaltung in der Lokalpresse fan­ akzeptieren würde. den, war bedeutend; über die Podiumsdiskussion wurde Bei der anschließenden Diskussion wurden insbesondere sogar in überregionalen Zeitungen berichtet. die Fragen über „ Einkaufsmärkte auf der grünen Wiese" Über die Auswirkungen des Seminars in der städtebauli• diskutiert. chen Praxis kann man naturgemäß nur Vermutungen an­ Den Abschluß der Vortragsreihe bildete eine PODIUMS­ stellen. Immerhin dürfte es die Verantwortlichen in den DISKUSSION zur Frage „ B u n des h au p t stad t B o n n Bundesministerien und die Kommunalpolitiker nachdenk­ - M e t r o p o 1 e o d e r P r o v i n z ? ". Die Durchfüh• lich stimmen, daß viele Maßnahmen in den Fachkreisen rung dieser Veranstaltung war lange Zeit fraglich, weil und von der interessierten Bürgerschaft kritisiert, ja sogar sich wegen der zwischen Bund und Stadt umstrittenen heftig abgelehnt werden. Ein Musterbeispiel hierfür ist die Fragen des Standortes neuer Ministerien, der Gestaltung Diskussion um die Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes, der des Bundesdistriktes und der Finanzierung ein gespanntes in der geplanten Form von allen, außer vom Planer und Verhältnis ergeben hatte. Vor allem wehrte sich der Bund dem zuständigen Amtsleiter, abgelehnt wurde. gegen den Vorwurf, er habe kein Konzept für den Ausbau Kurz nach Abschluß des Sem inars hat der Rat der Stadt seiner Einrichtungen; gleichzeitig wurde jedoch argumen­ Bonn beschlossen, die Bahnhofsvorplatzbebauung in der tiert, die Vorbereitungszeit bis zum Beginn der Diskussion einmal begonnenen Art und Weise weiterzuführen. Alle Be­ sei für den Bund zu kurz. Aus diesem Grunde lehnte es denken wu rden beiseite geschoben, weil man befürchtete, der Bund zunächst ab, einen Vertreter für die Diskussion daß hohe Rechnungen über Planungsschäden die Stadt fi­ zu benennen ; daraufhin zog der Oberbürgermeister von nanziell belasten könnten. Bonn seine Zusage ebenfalls zurück. Die Veranstalter sa­ hen sich nun in die peinliche Lage versetzt, die übrigen Die im Rahmen des Städtebau-Seminars gegen dieses Teilnehmer an der Podiumsdiskussion wieder auszuladen. Projekt vorgetragene, überwiegend sachlich fundierte Kri­ Dabei handelte es sich um Bundestagsabgeordnete, Archi­ tik hat also keine Früchte getragen; wie die Entwicklung in tekturkritiker und Journalisten. anderen, ebenfalls umstrittenen Bereichen weitergehen wird, steht dahin. Ist das Anlaß zu Resignation oder ist es Schließlich - nachdem die Presse diese Vorgänge ent­ ein Grund mehr, ähnliche Veranstaltungen durchzuführen? sprechend hochgespielt hatte - kam dann das Gespräch Kann es gelingen, ein Forum zu schaffen, das Kommunal­ doch noch zustande. politikern und Vertretern von Bürgerinitiativen d ie Möglich­ keit gibt, sachlich miteinander zu diskutieren? Werden ge­ Teilnehmer waren Staatssekretär Dr. HUBERT ABRESS rade die Stadt- und Bezirksverordneten die Möglichkeit vom Bundesbauministerium, Oberbürgermeister Dr. HANS nutzen, sich weiterzubilden? DANIELS, Dr. JOSEF RULAND, Geschäftsführer des Rhei­ nischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Es ist nicht möglich, diese Fragen eindeutig zu beantwor­ EBERHARD SCHULZ von der Frankfurter Allgemeine Zei­ ten. Man kann nur hoffen, daß das Städtebauseminar aber tung, Dr. OSKAR SCHNEIDER, Mitglied des Deutschen doch dazu beiträgt, künftig gründlicher über städtebauli• Bundestages und Vorsitzender des entsprechenden Fach­ che Planungen und ihre Auswirkungen nachzudenken und ausschusses sowie Prof. PETER ZLONICKY, Universität Fehler zu vermeiden.

516 Hubert E m o n d s

Klimatisch-lufthygienische Sachverhalte und Folgerungen zur Stadtplanung in Bonn

Schon lange bevor Bonn Bundeshauptstadt wurde, hatten war damit im Jahre 1949 die „ windstillste" unter allen 80 alteingesessene Bonner und besonders auch Besucher der damaligen Beobachtungsstationen des nordwestdeutschen Stadt über eigenartige, die menschliche Gesundheit bela­ Raumes. Allerdings muß dazu gesagt werden, daß von die­ stende Seiten des Bonner Klimas geklagt. In mehreren Un­ sen 80 Stationen sehr viele als Freilandstationen bezeich­ tersuchungen, nachzulesen zuletzt bei SPERBER (1976), net werden müssen, während Bonn-Endenicher Straße wurde der Sache nachgegangen. Tatsächlich stellten sich eine ausgesprochene Stadtrand-Station darstellte. Im fol­ immer wieder einige schwerwiegende klimatisch-lufthygie­ genden Jahr, also auch noch vor dem großen Bau-Boom nische Besonderheiten heraus, die bei der städtebaulichen in Bonn, hatten nur 9 von den damaligen 193 Beobach­ Planung im Bonner Raum unbedingt Beachtung finden tungsstationen im nordwestdeutschen und süddeutschen sollten. Raum mehr Windstillen als Bonn-Endenicher Straße, hier waren es 35 %. Mehr Windstillen gab es in Ulm, Aschaffen­ Hier sollen fünf von diesen Sachverhalten herausgegriffen burg und Passau. und dargestellt werden. Weiter sollen daraus Folgerungen für d ie Planung gezogen werden. Bei diesen Besonderhei­ Wäh rend man aus den Beobachtungsreihen der Jahre ten handelt es sich in verkürzter Bezeichnung 1949 bis 1950 errechnet, daß Bonn-Endenicher Straße 18, um die eigenartige Reliefsituation, beziehungsweise 29mal mehr Windstillen hatte als zum die überaus große Häufigkeit von Windstillen, Beispiel Leverkusen. ergibt sich für spätere Jahre, nämlich für 1959 bis 1968 (bzw. 1961 bis 1970) sogar ein Verhältnis die abnorm niedrige Abkühlungsgröße, von 105: 1, (Amtl. Gutachten des Deutschen Wetterdien­ die große Häufigkeit und Intensität von „ Schwüle"-termi­ stes, 1972, Tab. 13 und 14) . Bonn-Endenicher Straße hatte nen und also 105mal mehr Windstillen-Termine als Leverkusen. um das anscheinend unnormal große Verhältnis von Immissionen zu Emissionen im engeren Bonner Stadt­ Aber nicht nur im Maß der Windstillen-Häufigkeit, sondern raum. auch bei der m i t t 1e r e n W i n d g e s c h w i n d i g k e i t zeigt sich die extrem windschwache Lage Bonns. So hatte Die Besonderheit der R e 1 i e f s i t u a t i o n ist vermutlich Porz-Wahn in einer verglichenen Periode von 6 Monaten die Hauptursache für die anderen genannten Eigenarten. der Jahre 1952/53 eine um 45 O/o größere Windgeschwindig­ Sie läßt sich kurz so beschreiben und aus den Abbildun­ keit als Bonn-Endenicher Straße. Aachen-Observatorium gen 1 und 4 entnehmen: hatte in einer anderen verglichenen Periode 1952/64 36 Ofo Bonn liegt dort, wo das Mittelrhein-Engtal sich nach Nor­ mehr an Windgeschwindigkeit. Schon für das nur 12 km in den trichterförmig ausweitet zur Kölner Bucht. Der Rhein südwestlicher Richtung entfernte konnte aus ist hier etwa 400 m breit. Der Talboden liegt bei rund 60 m einer Meßreihe von zwölf Monaten der Jahre 1971/72 eine über dem Meeresspiegel (NN) und ist an der engsten Stel­ um 52 Ofo größere mittlere Windgeschwindigkeit als in le im Bonner Stadtgebiet etwa 2,4 km breit. Kreuzberg und Bonn-Friesdorf errechnet werden. Venusberg im Westen und der Ennert im Osten bilden die Diese ausführliche Darlegung der Windschwäche der Bon­ beiden Eckpunkte der Randhöhen, die von Süden he r das ner Situation hat den Sinn, zu erreichen, daß durch plane­ Rheintal begleiten. Der Kreuzberg ist 156 m (ü. NN) hoch, rische Maßnahmen Verbesserungen der Ventilation, minde­ der Venusberg 170 m und der Ennert 151 m. stens aber keine weiteren Verschlechterungen verursacht Gleich östlich anschließend an den Fuß des langgestreck­ werden. Die hier vorliegende Ventilationsschwäche ist un­ ten Venusberg-Hanges findet sich die Gumme, eine heute ter anderem deshalb so verhängnisvoll, weil zum Beispiel trockene Altwasser-Rinne des Rheines (s. Abb. 1 ). Sie er­ die Konzentration von Kohlenmonoxid in Stadtstraßen mit streckt sich bis zu 5 m tief, maximal 300 m breit, mehrere verringerter Windgeschwindigkeit ganz entscheidend zu- Kilometer lang, wenn auch heute oft schwer erkennbar durch sehr dicht bebaute Gebiete der Stadt. Zwischen Gumme und Rhein liegt die flache Sandbank, auf der die Römer ihr Lager, den Ursprung der Stadt Bonn gründeten. Abb. 1 Relief der Bonner Bucht. Hier war ein Engpaß gegeben, der allen rheinparallelen Landverkehr zwang, zwischen der damals sumpfigen Gum­ me und dem offenen Wasser des Rheines über die schma­ le Sandbank zu ziehen. Die fünf klimatisch wirksamsten, vom Relief herrührenden Momente des engeren Altbonner Raumes sind: Trichter­ bucht, Gummegraben, Steilhänge von Venusberg und Kreuzberg, Melbtal zwischen den beiden (s. Abb. 1) und schließlich natürlich die Rheinnähe. Es ist großenteils wohl als Folge dieser besonderen Re­ liefsituation aufzufassen, daß alle Untersuchungen von Aufzeichnungen der Häufigkeit von W i n d s t i 11e n für Bonner Stationen überaus große Werte ergaben. Schon 1949 beobachtete man an der damaligen Wetter­ warte Bonn an der Landwirtschaftskammer, Endenicher Straße, an 36 Ofo aller Beobachtungstermine Windstille. Die entsprechenden Zahlen dieses Jahres lauteten für Lever­ kusen 2 %, Aachen 1 % , Essen 9 %, Hamburg 11 %. Bonn

517 nimmt. In Abbildung 2 ist der Zusammenhang dargestellt, Ion-Aufstiege, über die in dem Amtlichen Gutachten des wie er aus 3 000 Halbstundenwerten, gemessen in 63 Köl­ Deutschen Wetterdientes (1972) berichtet wird. ner Straßen, gefolgert wurde. Bei halbierter Windgeschwin­ Als eine Begründung dafür, daß dieses Durchgreifen der digkeit ist also in Straßen mit 50 bis 80 O/o größerer CO­ Höhenströmung in Bonn seltener und schwächer als an­ Konzentration zu rechnen (DEIMEL 1974). derswo geschieht, kann man weiter noch anführen, daß die Höhen im Westen und Südwesten von Bonn nichts an­ ppm CO deres sind, als die östlichsten Teile einer mehr als 6 km breiten alten Hauptterrasse des Rheines. Sie bilden daher eine fast tischebene Platte mit leichter Neigung nach Nor­ 20 den. Bei Bonn liegt ihre Höhe bei 160 bis 170 m über NN. Aller Wind aus Richtung West-Nordwest bis Süd, und das sind schätzungsweise zunächst 55 bis 60 O/o, kommt also 15 über eine breite, fast ebene Fläche zur Hangkante von Ve­ nusberg und Kreuzberg und setzt aus Trägheitsgründen über das Luftpaket weg, das stagnierend über der Stadt 10 Bonn liegt. Man könnte hier von „makro-laminarem" über­ strömen sprechen. Gäbe es hingegen in westlicher Rich­ tung Bonn vorgelagert Landschaften, die ungleichmäßiger 5 von Bergen und Tälern geprägt wären, dann würde die Luftströmung wohl mit mehr „Mak ro-Turbulenz" häufiger und intensiver bis in das Straßenniveau der Stadtteile auf dem Talboden durchschlagen. 2 3 4 5 m I sec Wei tg e~end als Folge der geringen Ventilation muß die Tatsache angesehen werden, daß Bonn im Maß der Abb. 2 Die CO-Konzentration in Abhängigkeit von der Wind­ geschwindigkeit (Meßzeit 1967 bis 1969) (DEIMEL, M. Fe u c h t e n A b k ü h 1 u n g s g r ö ß e (nach ROBITZSCH 1974). 1930) im Mittel der Zeit von September 1949 bis Dezember 1952 zu 30 % schlechter erwärmt wurde als Essen, wie Ab­ bildung 3 es zeigt. Als Begründung für die Windschwäche Bonns muß man wohl vor allem die Tatsache anführen, daß die Lage der In dem oben schon zitierten Amtlichen Gutachten (1972) Stadt Bonn in der Trichterbucht bewirkt, daß das Stadtge­ heißt es auf Seite 7: „Die thermische Begünstigung, von biet, soweit es Tallage hat, für alle Luftbewegungen aus der vor allem die Land- und Forstwirtschaft profitie rt, hat den Richtungen von West über Südwest, Süd, Südost, Ost aber auch negative Auswirkungen. So ist z. B. die Wärme• bis Nordost im Windschatten von 100 m bis 300 m hohen, belastung für den Menschen im Bonner Raum, insbeson­ nahe benachbarten Bergen liegt. Aus den genannten dere im Rheintal, wesentlich größer als im nordwestdeut­ Richtungen kommen aber im 30jährigen Mittel etwa 80 O/o schen Flachland oder in der Münsterländer Bucht. Mittags aller Winde, wenn man eine Wind rose aus einer Lage, die und nachmittags befinden sich die Nieder- und Mittelter­ kleinräumig nicht windgeschützt ist, also etwa aus dem rasse im langjährigen Durchschnitt an 30 bis 31 Tagen im benachbarten oder Düren zugrunde legt. Bereich des Überhitzungsklimas und weisen damit die größte Häufigkeit dieses biometeorologischen Klimaberei­ Anscheinend gleitet die schnellere Höhenströmung über ches von ganz Nordrhein-Westfalen auf (Tab. 8 a, b, c)." Bonn ausgeprägter als über andere Städte hinweg. Selte­ ner als anderswo greift die schneller bewegte und weniger In Bad Salzuflen, das in dem Amtlichen Gutachten (1972) verunreinigte Luft aus Höhen von 200 bis 400 m hinunter zum Vergleich herangezogen wird, sind mittags - ve rgli­ bis in das Straßenniveau. Für einen solchen Sachverhalt chen mit Bonn-Friesdorf - nur 55 % der Tage mit Überhit­ sprechen auch die reichhaltigen Ergebnisse der Fesselbal- zungsklima gemessen worden.

Skizze 1 mgcol, (m'se 120 • ,, 110 '1 ( 1 110 I \ ("....,. /\ '\ 1 1 ,....-, " 1 I ,,' ' t'. ' \ A \ 1 1 1\ 1 Essen ' 100 / I t\ I I " \ / 1 I \ I 90 _ _(____ _ I \ ,/ 1 V \ 1/ 1 ( 1 ,' Johrcs1~~l!I _ 90 / I 1 Es.~n I / 80 / 7U / "'/\ \ / r/ / Bonn 70 60 60 , \P~lJtive :o 11-~\t> Bonn 50 ' '.D1fferc11z. 40 in <:'> ·- :.:::: 40 ·. .· ... ••• „ •••• 30 . . .··· ... ··· ·.. .. .„ ...... 30 ...... ··. ·.. ..···. ... ·:::··· . 20 ·. / ,,L ;olute Üiff. _ 20 ".: Differenz fs5en-Bo·1;1; .... ·· .... ··· ···.„: ~ w 0 0 IX X XI XU 1 II III h' V VI VII VIII IX X XI 111 1 II III 1." V \1 VU VIII IX X XI XII 1 11 111 h V VI VII VIII II X XI XII 1 II III IV V V1 VI VIII IX X II XII 1949 1950 1951 1952

Abb. 3 Monatsmittel der Feuchten Abkühlungsgröße Ar (nach ROBITZSCH, 1930) in Bonn und Essen (Skizze 1). Jahresgang von Ar 1949- 1952 (Skizze 2).

51 8 Als vierter Komplex extremer stadtklimatischer Verhältnis• mittleren Breiten, aber auch in anderen Reg ionen vielfach se in Bonn ist die große Häufigkeit von „S c h w ü l e " - bestätigte, erstaunliche Konstanz des Wertes von 14,1 Torr S i t u a t i o n e n zu nennen. Nach einer ganzen Reihe hängt zusammen mit der Konstanz der Körperkern-Tempe• von Autoren (zitiert in HAVLIK 1976), kann man einen ratur des Menschen bei 37„ C. Dampfdruck von : , 14,1 als Schwüle-Grenzwert bezeich­ In der Häufigkeit der „Schwületage" nach dieser Definition nen. Wenn der in der Umgebung herrschende Dampfdruck lag Bonn-Friesdorf im Mittel der Jahre 1947 bis 1951 mit größer als 14,1 Torr ist, kann der Mensch seine lebensnot­ Abstand an der Spitze unter 58 verglichenen Stationen aus wendige Entwärmung nicht mehr großflächig durch Haut­ Süd- und Westdeutschland. Bonn-Friesdorf hatte schon Transpiration bewerkstelligen, wie dies sonst zu großen damals 35,6 Schwületage je Jahr, Forchheim und Karlsru­ Teilen geschieht. Dieser Zustand der Umgebung und des he an zweiter und dritter Stelle hatten 30,2 d/a und Körpers wird als Schwüle empfunden. Die vor allem in 25,0 d/ a. Die vielleicht interessierenden Vergleichszahlen

Dampfdruck (Schwüle) am 12.V/11.1952 gegen 2158NU,Jlf.f1eßfahrr mir 330 linear korr. Werren,Angaben in mmttg. 14.,tmmlfg ist SchwüJe• grenze (s.Text) .sehr schwüle 6ebiere sind schraffiert.

Abb. 4 Räumliche (Dampfdruck-)Schwüleverteilung in Bonn (1952). 519 für Frankfurt 'M, Berlin-Dahlem . München-Bogenhausen 2. Eine wei t er e Ver d ich tu n g von Baumassen und Bad Wildungen lauten 21.8. 20,8. 11.4. 8.8 Schwületa· m u ß v e r m i e d e n w e r d e n. Durch Sanierungsmaß• ge je Jahr. Seit diesen Jahren haben sich die Ursachen nahmen sollte dagegen auf eine Auflockerung hin geplant für die außerordentliche Sehwachwind- und Schwülesitua• werden. tion Bonns sicher nicht verbessert. wahrscheinlich hinge­ 3. Q u e r r i e g e 1 aus Bauten und aus dichtem Baumbe­ gen eher verschärft. stand sowohl im Verlauf des Rheintales wie auch quer zu Wie Abbildung 4 zeigt. kann man mit Hilfe dieses Schwü• den Seitentälchen sollten aufgebrochen werden, neue legrenzwertes Gebiete im Stadtraum Bonn unterscheiden, Querriegel auf keinen Fall zugelassen werden. die bei dieser typischen Schwülelage nicht schwül, gerade 4. Bebauung und Bepflanzung an den lüftungsverbessern­ schon schwül oder sehr schwül waren. Es fällt auf, daß den Hänge n am Talrand sollten sorgfältig saniert und die Baugebiete im Verlauf der oben erwähnten Gumme be­ keinesfalls verdichtet werden. sonders hohe Dampfdruckwerte zeigten. Ebenfalls sehr schwül waren drei Kerngebiete in Alt-Bonn, aber auch die 5. Vor allem sollte entschlossen eine Red u z i er u n g verbauten Ortskerne von Poppelsdorf, Graurheindorf, und E n t g i f tun g der Emission von Industrie, Beuel und Limperich und schließlich auch Baugebiete süd­ Gewerbe. Hausbrand und Verkehr angestrebt werden . Das lich des Bundeshauses. Nicht schwül hingegen waren die ist schrittweise durch eine Vielzahl von Maßnahmen, die Hauptterrassenhöhen von Kreuzberg und Venusberg, dort zum Teil auch vom Stadtplaner mitgetragen werden müs• vor allem wichtig auch für die Kliniken im nicht schwülen sen, möglich. Bereich. Interessant ist, daß sich vom Melbtal im Südwesten Insgesamt muß gefordert werden, daß in Bonn jede weite­ des Kartenausschnittes her eine Zunge nicht schwüler Luft re Verschlechterung der Belüftungssituation unbedingt ver­ längs der breiten Poppelsdorfer Allee bis zum Hofgarten in mieden wird. Dies ist hier weit energischer nötig als in der Nähe des Rheinufers erstreckte. Meines Wissens sind fast allen anderen westdeutschen Städten. solche Meßfahrten seither nicht wieder durchgeführt wor­ Jede Veränderung der baulichen Struktur und der Vegeta­ den. so daß ich gezwungen war, die alte Darstellung als tionsstruktur, insbesondere im Talniveau und an den Hän• Beispiel heranzuziehen. gen, müßte sorgfältig, am besten im Windkanalversuch, auf In dem mehrfach erwähnten Amtlichen Gutachten (1972) ihre ventilations-verändernden Wirkungen hin geprüft wer­ heißt es zum Problem der Schwüle auf Seite 8: „Es kommt den. (in Bonn) dabei durchschnittlich an 21 bis 23 Tagen, fü r Folgender „ G rund s a t z " müßte unumstößlich fest­ empfindliche Menschen sogar an 45 bis 53 Tagen zu aus­ stehen, und zwar für jedermann und für jede Behörde: geprägter Schwüle ... " Gleichzeitig mit jeder vielleicht unumgänglichen Ver­ Im fünften Komplex der ungünstigen Besonderheiten der schlechterung der Ventilation an einer Stelle im Stadtge­ klimatisch-lufthygienischen Situation Bonns soll kurz be­ biet muß eine mindestens gleichgroße Verbesserung der richtet werden über einen Vergleich von Daten aus zwei Durchlüftbarkeit, und zwar an einer ähnlich wirksamen Staubmeßreihen, die von September 1970 bis November Stelle durchgeführt werden. Und dies muß schon im Sta­ 1971 in Bonn und Aachen liefen. In Bonn waren von HEL· dium der ersten Planungsschritte hinreichend kalkuliert SING (1973) 15 BERGERHOFF-Geräte eingesetzt und in und rechtlich gesichert werden. Aachen 16 Geräte vom g leichen Typ (EMONDS 1976). Literatur Wenn man solche Punkte der beiden Meßreihen miteinan­ der vergleicht, die weitgehend ähnlich bezüglich Relief, DEIMEL, M. (1974) : Kohlenmonoxid-, Blei-, Stickoxid- und Bebauung und Bewuchs sowie bezüglich der geschätzten Benzo(a)pyren-Belastung in Kölner Straßen. Schriftenr. d. Emission waren, so stellt man fest, daß die Immissions­ Ver. f. Wasser-, Boden- u. Lufthygiene, Nr. 42. Stuttgart. werte in Bonn jeweils etwa 30 bis 60 % größer waren als EMONDS, H. (1954): Das Bonner Stadtklima. Arbeiten zur die entsprechenden Werte in Aachen. Nach der Tabelle Rheinischen Landeskunde, Nr. 7. Bonn. 3.1/4 im LUFTREINHALTEPLAN Rheinschiene Süd (1976) EMONDS. H. (1957): Stadtklimauntersuchungen am Bei­ stammt die Staubemission in diesem Gebiet, dem Groß· spiel Bonn. In: Medizin und Städtebau, Hrsg. VOGLER, P. raum Köln. zu 82,3 °.'a von der Quellgruppe Industrie, zu und KÜHN, E. Verlag Urban u. Schwarzenberg, München, 16,2 °.'a von Hausbrand und Kleingewerbe und nur zu 1.5 °.'a Berlin. Wien. vom Kfz-Verkehr. Da Aachen sicher mehr stauberzeugende EMONOS. H. (1976): Klimatologische Beurteilungsgrundla­ Industrie hat als Bonn und da der Staubanfall aus Haus­ gen zur Berücksichtigung der Luftreinhaltung bei der städ• brand und Kleingewerbe bei wahrscheinlich moderneren tebaulichen Planung in Tallagen (Beispiel Aachen). Ab· Heizungssystemen in Bonn dort sicher nicht größer sein schlußbericht zu einem Entwicklungsauftrag des Minist. f. dürfte. da weiter der sicherlich stärkere Kfz-Verkehr in Arb„ Ges. u. Soz. NRW. Düsseldorf. Bonn laut der genannten Tabelle relativ unbedeutend zur HAVLIK, 0 . (1976) : Untersuchungen zur Schwüle im konti­ Staubemission beiträgt. da die Dinge so liegen, müßte die nentalen Tiefland der Vereinigten Staaten von Amerika. Gesamtstaubemission in Bonn entscheidend geringer sein als in Aachen. Wenn trotzdem die gemessenen Immissi­ Freiburger Geographische Hefte, H. 15. onswerte in Bonn deutlich höher liegen als in Aachen, HELBING. C. D. (1973) : Staubimmissionen im Bonner kann das wohl nur an den ungünstigeren Ausbreitungs­ Stadtgebiet und deren artspezifische Ablagerungen auf und Ventilationsbedingungen in Bonn liegen. In Bonn wer­ Blättern ausgewählter Gehölze. Dissertation, Universität den die Luftbeimengungen, sei es Wasserdampf oder Bonn. Staub oder Schadgas, wahrscheinlich langsamer nach LUFTREINHALTE PLAN RHE INSCHIENE SÜD (1976) : Hersg. oben weggemischt als in Aachen. Minis!. f. Arbeit, Gesundheit und Soziales, NRW, Düssel· Zum Teil gleichlautend mit Folgerungen, die in den oben dort. schon zitierten Untersuchungen über Bonn gezogen worden SPERBER, H. (1976): Die Bedeutung des Stadtrandberei­ sind, lassen sich folgende Anregungen für die Stadtplanung c hes für das nächtliche Stadtklima. Das Gartenamt. 2176. im Talbereich der Stadl Bonn geben : ROBITZSCH. M. (1930): Abkühlungsgröße, Katathermome­ 1. Vorrangig muß für d ie Erhaltung und Verbesserung der ter und Äquivalenttemperatur. Gerlanda Beitr. z. Geophy· vorhandenen Vent i 1 a t i o n s b a h n e n gesorgt werden. sik, 1930, S. 194 ff. Möglichkeiten zur Schaffung weiterer Ventilationsbahnen Die Abbildungen 1. 3 und 4 stammen aus: EMONDS (1957, sollten gesucht und genutzt werden. die Abbildung 2 aus DEIMEL (1974).

520 Schmidt wünscht Bonn den großen Stadtplaner*

„ Auch in der Demokratie kommt der überragende Entwurf immer nur von einzelnen" - Erinnerungen an Adenauer

Herr Bundeskanzler, in Ihrer Regierungserklärung vom Die Planung, die vor fast zwei Jahrhunderten zugrund­ 16. Dezember 1976 haben Sie gesagt: „Wir sind verpflichtet, gelegt wurde. als mit dem Bau der Hauptstadt von Amerika das Gesicht der Bundeshauptstadt im Hinblick auf ihre Zu­ begonnen wurde, erweist sich noch heute als tragfähig - kunft mitzuprägen!" Dieser Satz ist damals in der Öffent• eine geniale Leistung. lichkeit dankbar als ein Signal aufgefaßt worden. Aber ins­ Bonn ist in Jahrhunderten gewachsen, hat Stadtgeschich­ gesamt gesehen herrscht immer noch große Unklarheit te ... über Grundzüge der Bundeshauptstadtentwicklung. Es fehlt immer noch die verbindliche Hauptstadtkonzeption; statt Natürlich ist es für eine Stadt wie Bonn, d ie sich im l aufe dessen ist das Bild, das sich der Öffentlichkeit im bundes­ von fast zwei Jahrtausenden entwickelt hat, eine schwierige hauptstädtischen Planungs- und Entwicklungsbereich bietet, Angelegenheit. nachträgl ich eine Hauptstadt zu werden. ein Bild voller Fragezeichen, überdeckt von großen Unge­ Schwierig w..ire die<: selbst dann gewesen, wenn die Haupt­ wißheiten, in vieler Beziehung völlig unklar. sta ~t von vornherein hätte funktionsgerecht 1:eplant werden können und nicht als Provisorium bloß ertr .... gen worden Das Bild muß ja so sein aufgrund der Bundeshauptstadt­ wi:ire. Denn ertragen worden ist diese Hauptstadtfunktion Vorgeschichte. Es kann ja nicht klar sein. Es ist ja auch Bonns so•:1chl von den Bonnern selbst als auch von denen, niemand da, der mit einer klaren überzeugenden Vorstel­ die hier hauptsächliche Funktionen im Bundestag und in lung von einer bundeshauptstädtischen Gesamtkonzeption der Bundesregierung auszuüben hatten. Niemand hatte sich hervorgetreten ist. eigentlich das ganze SOe r Jahrzehnt über so recht mit der Könnten Sie, Herr Bundeskanzler, Ihre Position im Hinblick Vorstellung einer dauerhaften Hauptstadtfunktion ausein­ auf das bundeshauptstädtische Planungs- und Entwi ck­ andersetzen wollen. Das wird nun Gott sei Dank anders. lungskonzept etwas näher beschreiben? Und wenn ich vorhin von den etwas zu kleinen Karos sprach. in denen die Kommunalpolitiker in und um Bonn Zunächst: Die politisch-psychologische Situation, in der gelegentlich die Hauptstadtfunktionsfragen bewegt haben - man über d ie weitere Ausgestaltung, das weitere Wachstum wenn ich daran denke, daß hier eine eindrucksvolle Süd­ der Stadt Bonn sprechen kann. hat sich im Lauf der letzten brücke errichtet wurde, für die weder auf dem einen noch Jahre geöffnet. Die im Bundestag vertretenen politischen auf dem anderen Rheinufer Verkehrsanbindungen geschaf­ Parteien haben zu erkennen gegeben, daß sie sich hier fen wurden-, so ergibt sich die gleiche Feststellung natü r~ auf Dauer einrichten. - Zweitens: Die Diskussion über die lieh auch an die Adresse der Instanzen des Landes und Bundeshauptstadtentwicklung ist aber jetzt auch leichter des Bundes. deshalb, weil die Zusammenschlüsse von Bonn. Godes­ berg, Beuel und anderen Gemeinden die Perspektiven auf Das Zusammenwachsen der einzelnen Stadtkerne von eine bundeshauptstädtische Gesamtentwicklung geöffnet Bonn, Godesberg, Beuel, des gesamten Bonner Stadtraums haben. Alles das war vorher wegen der ausgesprochenen wie er sich nach der kommunalen Neugliederung ergeben Betonung des Provisoriums schwierig. Schwierig aber auch hat, war und ist immer noch mit mancherlei Hypotheken wegen der noch lange Zeit wirksamen provinziellen Einzel­ belastet - so etwas geht weder personell noch im Hinblick interessen, die von Kommunalpolitikern der heute zu einer auf Entwicklung und Ausprägung einer al/gemeinverbind­ Stadt Bonn vereinigten Städte vertreten wurden; mit Ver­ lichen Bundeshauptstadtmentalität von heute auf morgen . . . laub gesagt - die Karos waren da zuweilen etwas zu klein. Natürlich, es gibt da große Schwierigkeiten, aber auch Nun. das hat sich alles in den vergangenen Jahren ge­ große Chancen. Und zwar in Bonn beiderseits des Rheins. ändert und gebessert. Und man kann heute sehr offen Ich denke dabei an etwas. was für die Stadt von großer darüber reden, daß für einen im Augenblick noch nicht ab­ Bedeutung ist und ins Bewußtsein gehoben werden sollte: sehbaren, aber doch ganz offensichtlich langen Zeitraum das große kulturelle und geschichtliche Erbe, das der Bonn die Hauptstadt der Bundesrepublik Oeutschl'lnd ist Boden dieser Stadt und ihre Landschaft ringsum birgt. Hier und sein soll. haben nicht nur Kelten gesiedelt, hier gibt es fast auf jedem Quadratkilometer röm i~ che Hinterl..issenschaften. Wie sollte nach Ihrer Meinung, Herr Bundeskanzler, unsere beim Buddeln im Bundeshausgelände fand man irdene Stadt als Bundeshauptstadt aussehen? Wie und wo sehen Töpfe aus der Zeit römischer Legionen. Und dann haben Sie Grundzüge der Hauptstadtplanung und -entwicklung? wir hier Denkmale des g;inzen deutschen Mittelalters. Ins­ Nun, keine Hauptstadt in Europa ist in einer einzigen Gene­ gesamt 2000 Jahre keltisch-germanisch-römischer und deut­ ration erbaut worden. Manche ist in Jahrtausenden or­ scher Kulturtradition sind im Raum dieser Stadt sichtbar. ganisch gewachsen - das gilt für Rom ; andere haben viele Und dies, ihre Geschichtsträchtigkeit, unterscheidet sie Jahrhunderte gebraucht - das gilt für London oder für allerdings völlig von künstlichen Hauptstädten wie Can­ Paris, sind später in langen Wachstumsprozessen zum Teil berra oder Washington oder Brasilia. Mag das allein natür• grundlegend umgestaltet worden, wie etwa Paris zur Zeit lich auch das Gesicht der Hauptstadt nicht prägen können, des Barons Hausmann. Wieder andere, wie etwa Washing­ so gehürt es aber doch nach meiner Meinung spezifisch ton oder Canberra in Australien, sind auf grüner Wiese von dazu. - Zweitens: Sie sprachen von der Stadtmentalität, weitvorausschauenden Persönlichkeiten geplant worden. der BundeshauptstadtmentalitJt. Nun, d iese Stadt muß auch geistig bereitwillig zugehen auf ihre Hauptstadtfunl

521 Kenntnis nehmen müssen, daß es sich hier um eine ge­ zig oder dreißig Jahren die Hauptstadtentwicklung geht! wachsene Stadt mit eigenem Charkater handelt, die nicht Müßte es nicht Aufgabe aller Beteiligten sein, eine solche nur gleichsam als Dienstmagd für die bürokratischen und Konzeption im Sinne eines einigermaßen verbindlichen organisatorischen Bedürfnisse des Bundes zur Verfügung Rahmenwerkes sobald wie möglich miteinander abzustim­ steht. Und auch das Land hat da starke Mitverantwortung. men? Bund, Stadt- und Landesregierung, gegenwärtig und künf• tig ihre Nachfolgerinnen - sie alle drei müssen zusammen­ Zur Frage der Organisation: Im Grund ist es schon richtig, wirken. In Anpassung an das geschichtlich Gewachsene daß Bund, Stadt und Land sich in einem gemeinsamen müssen sie vermeiden, in allzu großspurige Pläne zu ver­ Planungsgremium zusammengefunden haben. Nur, ein sol­ fallen. Also weg von den riesenhaften, einfühlungs- und ches Gremium, dieser „Gemeinsame Ausschuß Bundes­ phantasielosen Betonklötzen für Bundesbehörden; weg hauptstadt Bonn ", kann weder Landschaftspianer noch aber auch von der beschränkten Betrachtungsweise, die da Städteplane r noch Verkehrsplaner sein. Das kann man nicht glaubt. Bonn spiele sich lediglich ab zwischen Poppels­ erwarten, daß eine Personenmehrzah l geistige oder archi­ dorfer Schloß und Kennedybrücke. Ich g laube, daß dieses tektonische oder planerische Konzepte entwickelt. Msn geistige Aufeinanderzugehen und Sich-für-einander-Öffnen kann von einem solchen Gremium verlangen, daß es dar­ im Problembereich der Bundeshauptstadtentwicklung jetzt über beschließt, wenn ihm etwas vorgelegt wird. Oder hier auf relativ gutem Weg ist. oder dort korrigierend beschließt. Was wohl notwendig wäre. sind ein, vielleicht auch zwei oder drei herausragende, Wir haben auch in Bonn gigantische Beispiele einer befähigte Persönl ich keiten, die die Funktionen, die die schrecklichen architektonischen Betonbrutalität, Beispiele Stadt für ihre Bürger und als Hauptstadt der Bundesrepu­ für eine Architektur, die reinem Funktionalismus dient - blik Deutschland, auch gegenüber dem Ausland als Haupt­ steingewordene Zeichen des verwalteten Menschen. Auch stadt eines 60-Millionen-Staates hat, richtig zu erkennen das gehört zum Kapitel „ Bonn zerstört sich selbst". das vermögen, miteinander zum inneren Ausgleich, zum Kom­ gerade von denen, die diese Stadt, ihre Vergangenheit und promiß zu bringen vermögen und damit die Selbstdar­ Geschichte lieben und deshalb auch um ihre Zukunft be­ stellung dieses 60-Millionen-Staates Bundesrepublik sorgt sind, immer wieder so leidenschaftlich diskutiert wird. Deutschland in einer Weise zum Ausdruck bringen, die auch Vor allem öffentliche Bauten, Bauten also auch der Regie­ zwei Generationen später noch überzeugt. Es gibt da ein rung, sollten und müßten in einer Demokratie Ausdruck hervorragendes Beispiel, das mir in diesem Zusammen­ sein für die Überwindung krassen Autoritätsdenkens und hang immer vor Augen steht. Der frühere hamburgische reiner Verwaltungshybris. Könnten und s ollten in der Ent­ Oberbaudirektor Fritz Schumacher. der aus der Stadt Ham­ wicklungsplanung der Bundeshauptstadt und in der Ver­ burg - sie war 1842 im Stadtkern nahezu total abgebrannt wirklichung einer Architektur, die beispielhaft Maßstäbe und damals neu geplant worden - in der Zeit kurz vor setzt für ein demokratiebezogenes Bauen, nicht auch und nach dem Ersten Weltkrieg einen modernen Organis­ international anerkannte und renommierte Architekten mit­ mus gemacht, viele Hochhäuser selbst entworfen hat und wirken - dies vielleicht in Form eines Beirates, der Bund, der in Köln - er war drei Jahre lang an den damaligen Stadt und Land sachverständig zur Seite steht, und zwar Kölner Oberbürgermeister ausgeliehen worden - diesen schon bei der Entwicklung der städtebaulichen Konzeption großartigen Grüngürtel auf der Basis früherer Festungs­ für die Bundeshauptstadt? Was halten Sie, Herr Bundes­ anlagen geschaffen hat. Einen solchen wahrhaft un iversa­ kanzler, von einem Sonderbeauftragten im Kanzleramt für len Geist, der die politischen Notwendigkeiten sieht, der den Bereich des Bundeshauptstadtausbaus? die baulichen Möglichkeiten seiner Zeit und künftiger Ge­ nerationen geistig im Griff hat, der dies alles in einen Zunächst einmal: erschreckende Beispiele von architektoni­ organischen Zusammenhang zu bringen weiß - einen sol­ scher Betonbrutalität, wie wi r hier einige in Bonn ertragen chen Geist möchte ich dieser Bundeshauptstadt von Her­ müssen, gibt es natürlich in anderen Städten auch. Miß• zen wünschen. Niemand kann verlangen, daß die geistige griffe dieser Art findet man mancherorts und entsprechend Kraft, daß Umfang und Wirksamkeit einer solchen Kon­ auch Kritik. Das ist nichts Außergewöhnliches. Sicherlich zeption aus der traditionellen Bauverwaltung einer Stadt sollte auch eine Bundesinstanz keinen sonderlichen Ein­ erwachsen. Einen solchen Menschen muß man suchen. fluß nehmen können - etwa auf Planung oder Errichtung Vielleicht braucht man sogar zwei oder drei ihrer Art. Ich stadtbonner Verwaltungsbauten. Und was einen Sonder­ gebe aus unsere r Zeit, aus der gegenwärtigen Generation, beauftragten im Kanzleramt für den Bundeshauptstadtaus­ ein zweites Beispiel. Ich meine Hillebrecht in Hannover, der bau angeht -, nun, da habe ich meine erheblichen Zweifel. nach dem Zweiten Weltkrieg die Leistung vollbracht hat, Man kann und darf ja den Bürgern der Stadt kommunale einer durch mehrere Generationen hindurch gewachsenen Hoheit, die ihnen nach dem Grundgesetz zusteht, nicht Großstadt, die im Krieg schrecklich· ze rstört wurde, im Zuge nehmen. Vielmehr müssen hier alle drei aufeinander zu­ des Wiederaufbaues eine Gestalt zu geben, die weit über gehen, wie ich schon sagte: die Stadt, also Bürger der die Grenzen Deutschlands hinaus Zustimmung und Bewun­ Stadt und ihr Rat. der Bund und das Land. derung fand. Ich meine also, es ist eine der wichtigsten Aufgaben des gemeinsamen Gremiums von Stadt, Bund Es bedarf dazu einer möglichst wirksamen Organisation. und Land, nach Pe rsönlichkeiten zu suchen, die in solchem Geist die Aufgaben der Bundeshauptstadtplanung und Natürlich ! Es gibt ja hier nun schon seit längerer Zeit einen -entwicklung zu bewältigen vermögen und ihnen dabei auch gemeinsamen Ausschuß. Mir scheint das ein ganz ver­ eine gewisse Freiheit einzuräumen. Stadt, Land und Bund nünftiger, allerdings nur erster Ansatz zu sein. Denn ich oder der gemeinsame Ausschuß können hinterher ja immer habe noch nie in meinem Leben gesehen. daß aus einem noch Plan, En twurf und Konzept überprüfen, Änderungs­ heterogen zusammengesetzten Ausschuß große geistige oder gar Ablehnungskritik vorbringen. Aber zunächst ein­ oder künstlerische Konzepte erwachsen wären . . . Das mal braucht die Stadt einen Entwurf. Und meine große kann man wohl auch nicht erwarten. Hoffnung wäre, eine Persönlichkeit zu finden wie eben Fritz Schumacher; vielleicht mit einem Landschaftsplaner, Wie aber sollen denn gemeinsame Zielsetzungen, gemein­ vielleicht noch mit einem Architekten außerdem zur Seite, same Konzepte, wie also könnte insgesamt eine städte• einen begabten, mit einem großen kulturellen Horizont aus­ baulich umsetzbare Gesamtkonzeption erbracht werden? gestatteten Stadtplaner, der Erfahrung und Überzeugungs­ Ein Konzept mit Langzeitperspektiven, das der Öffentlich• kraft hat. Eine der ganz großen Leistungen Schumachers keit klarmachen könnte, wohin in den nächsten zehn, zwan- war es, die Hamburger in der Generation von mir, die nun

522 Das Luftbild zeigt das Parlaments- und Regierungsviertel in Bonn mit dem anschließenden Rheinaupark, in dem 1979 die Bundes­ gartenschau stattfindet. Gegenüber liegt die Talaue von Beuel. Der die Parlamentsgebäude weit überragende „Lange Eugen" wirft seinen Schatten in den Rhein. Auf gleicher Höhe links das neue Bundeskanzleramt und das darüberliegende Palais Schaumburg. (Luftbildaufnahme. freigegeben durch Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen unter Nr. 28/77 vom 19. 10. 77.)

523 weiß Gott zugeknöpfte, kühle, nüchtern rechnende, nicht das auch mit der zukünftigen Gestaltung der Bundeshaupt­ gerade der Kunst und ästhetischen Dingen besonders be­ stadt. geistert zugewandte Menschen waren, von der Notwendig­ keit seiner Entwürfe überzeugt zu haben. Das ist eine ge­ Aber eine Bundeshauptstadt-Gesamtkonzeption, eine Rah­ wiß schwere Arbeit gewesen. aber er hat sie auch öffent• menkonzeption für das Regierungs-Viertel mit gewissen lich geleistet und nicht hinter den geschlossenen Türen Zielvorstellungen des Bundes, auch hinsichtlich größerer irgendeines kleinen Zirkels. Das müßte auch hier gesche­ Komplementäreinrichtungen, steht immer noch aus. Es hen - nicht nur gegenüber den Regierenden in Stadt und müßte doc.1 eine Gesamtkonzeption möglich sein, in die Bund, sondern auch gegenüber der öffentlichen Meinung. sich heute oder später alles das, was baulich zur Bundes­ hauptstadt gehören muß und sie voll funktionsfähig macht, Sie, Herr Bundeskanzler, denken, was die bundes/1aupt- einfügen läßt, ein allgemeiner Rahmen - sozusagen ein 1,tädtische Plaf}ung angeht, an große, schöpferische Persön• Raster - in dem heute oder künftig Ministeriumsbauten, lichkeiten ... diplomatische Vertretungen und komplementäre Einrich­ tungen - wie etw:; eine Kunsthalle, eine Kongreßh,i lie, ein Ja. wenn ich mir vorstelle, daß wir heute einen Balthasar internationales Jugend-Begegnungs-Zentrum - unterzu­ Neumann, einen Gottfried Schadow oder Schinkel hätten. bringen sind. Statt dessen fordert nun schon seit Jahren Manner. die zu ihren Planungen und Planverwirklichungen mangelnde Kontinuität in der Hauptstadtplanung und im von einem Ort politischer Willensbildung beauftragt wurden: Hcuptstadtausbau immer wieder scharfe Kritik heraus. das Konzept eines solchen Mannes würde die Notwendig­ keiten der Stadt und ihrer Bürger ebenso einbeziehen wie Ich glaube. daß die Bundesbehörden. auch der Bundestag das Umland, die Landschaftsgestaltung. Es würde hier die für seinen Bereich, schon auf mehrfache Weise Raumpro­ gesamte Reg ionalplanung u·mfassen, die auf der einen gramme für ihren künftigen Bedarf aufgestellt haben. Ich Seite bis hinter SiPgburg, auf der anderen SE.te bis hinter bin allerdings g Jr nicht so unglücklich darüb" r· daß dies Meckenheir.1 , bis hdran an Wesseling reichen müßte. Mög• noch nicht zu einem kohärenten. zusammenhängenden lich "· äre es auch C:u i'Chaus, für das künftige Wachstum Kc.nzc pt eines r.e3icrungs-Viertels verdichtet worden ist, der Regierung::;funktionen auch da::i rechte Rheinufer ein­ weil ich der Vorr:tellung eines Rcgierung:> -Viertel5 einst­ zubeziehen, zum .11 schon jetzt drei Brücken die Ufer mit­ \'dilrn ein wenig mißtraue. Tatsächlich sind ja - und dar einander verbinden. Diese Möglichkeit wird mein .s Er­ wird auch in Zukunft so bleiben - Teile der Regierungs­ achtens bisher kaum gesehen. Andererseits ist es durchaus ~un ktion über die Stadt ver~ treut. Man braucht nur an das klar. d Jß Behörden des Bundes oder Landes oder der Innenministerium und das Finanzministerium und die Hardt­ St<.. dt mit großem Kompetenzehrgeiz es nicht gerade be­ höhe zu denken. Das Verteidigungsmini ~, terium wird sicher­ grüßen würden, wenn sie vielleicht geistige Leitfunktionen lich immer da bleiben. wo es ist. Ich bin auch skeptisch abgeben sollt.; n an eine einzelne überragende Persön• gegenüber der n.anchm31 in Bonn geäußerten Idee. eine lichkeit oder vielleicht auch an zwei oder drei. Das fällt Regierungsallee herzustellen, die links und rechts alles immer schwer. Deswegen muß man ihnen das Recht be­ aufreiht, was künftig „Bundeshauptstadt" heißt. Ich glaube wahren, ja oder nein zu ::; agen, Änderungswünsche anbrin· vielmehr, daß di'l Regi.,rungsfunktionen nicht notwendiger­ gen zu können. Man sollte das aber nicht auf einen Beirat weise an einem Ort konzentriert sein müssen, sondern daß verschieben. die Hauptstadtfunktionen eingebettet sein müssen in eine Wenn nun eine solche schöpferische, geistig kraftvolle Gesamtvorstellung der Großstadt Bonn. Auch werden Persönlichkeit gefunden wäre, die ihren Vorstellungen, nachfolgende Generationen noch zu bauen haben. Mancher Herr Bundeskanzler, im Hinblick auf die Bonner Stadt­ Baubedarf wird erst später entstehen. Ein Konzept, das planung und ihre Entwicklung entspricht, dann bleibt doch heute entwickelt wird, muß deshalb bis weit in das nächste die Frage, wie werden ihre Funktionen wirksam in den Jahrhundert hineinreichen, vielleicht noch weiter, ohn ... daß Gremien, die hier und jetzt tatsächlich zu bestimmen ha­ wir wissen, ob im laufe des nächsten Jahrhunderts wirk­ ben? Liegt da nicht die Gefahr nahe, daß die bestimmen­ li ch Bonn noch Hauptstadt eines deutschen Teilstaates den Gremien sagen: Na ja, das ist eben oin Künstler; aber sein wird. Dies liegt ja für die Zukunft durchaus im Schoße wir sehen es anders - Jassen wir ihn auf dem Reißbrett des Unberechenbaren. Jedenfalls muß man Raum lassen produzieren, wir nehmen weiter keine Kenntnis davon? für zukünftige Entwicklungen und für die Entscheidungen küntt;ger Generationen. Und ich denke, daß man das Dazu müßten sie sich schon verpflichten. Sie müßten diese bißchen Zeitverlust. der entst: ht, bis nun ein bundes­ Persönlichkeit oder vielleicht ja auch mehrere - auch ge­ hauptstädtisches Gesamtkonzept von einigen w• nigen er­ meinsam anstellen. ihnen einen Langzeitauftrag von min­ arbeitet worden ist -. daß man dies nun. 28 Jahre nach destens sechs oder acht Jahren geben. Eine solche Per­ Gründung der Bundesrepublik, auch noch in Kauf nehmen sönlichkeit sollte nicht eben mal einen Entwurf abliefern kann. und dann wieder an die heimatlich Technische Hochschule zurückkehren oder dahin, wo sie im Hauptberuf tätig ist - Allerdings, Fehler, die hier und heute gemacht werden, nein, sie müßte schon einen sehr wesentlichen Teil ihres können sich später schwerwiegend auswirken. So :: i.1d eigenen gestalterischen Lebens dieser Aufgabe Bundes­ zum Beispiel die Verkehrsabläufe in der Stadt und um die hauptstadt Bonn zur Verfügung stellen. Die Stadt wie auch, Stadt herum gegenw;Jrtig wenig befriedigend. Wenn ich an die Bundesbehörden sollten sich diesem Gedanken öffnen. diesen offenbar schon generationslang geführten Disput Die Demokratie als Bauherr hat es natürlich immer viel über die berühmte Tieflage der Eisenbahn d c: nke oder an :.,chwerer a ~ s ein Fürstbischof oder ein Kurfürst. Das ist d ie bisher nicht erfolgte verkehrliche Anbindung der neuen kl< r. Aber die Demokratie w ::.re falsch beraten, wenn sie Südbrücke. wenn ich daran denke, daß erst in den aller­ glaubte, da3 <: lle wichtigen Entwürfe in gro3r n Komite!:'s letzten Jahren die Vorstellungen von der zukünftigen Füh• oder in Plenarsitzungen des Bundestages zustande kom­ rung von schnellen AutoverkE>hrsverbindungtl n Konturen men könnten. In aller Regel beschließt der Bundestag auch gewinnen - d~s alles wird in jedem Falle. auch wenn eines wichtigste Gesetze nach den Entwürfen. die einzelne aus­ T.:iges Bonn nicht mehr Bundeshauptstadt wäre, große Be­ gearbeitet haben. Die Entstehung der Bundesrepublik deutung haben. Auch für die gesamte Verkehrsplanung Deutschland ohne die Figur Adenauers ist nicht denkbar. gilt: Die Weichen für später müssen schon jetzt richtig ge­ Es gehören einzelne dazu, die Entwürfe machen. So ist stellt werden.

524 Anschriften der Autoren

Dr. Hubert E m o n d s Lehrstuhl für Landschaftsökolo'.)ie und Landschaftsgestaltung der RWTH Aachen Templerg raben 55 5100 Aachen

Paul Epping Ltd. Baudirektor Stadthaus 5300 Bonn 1

Josef Er t 1 Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 5300 Bonn 1

Prof. Dr.-lng. Edmund Gas s n er em. o. Prof. an der Universität Bonn Saalestr. 18 5300 Bonn 1

Reinhard G r e b e, Dipl.-Ing. Landschaftsarchitekt BOLA Lange Zeile 8 8500 Nürnberg

Günter S c h u b e r t Ltd. Baudirektor a. D. Espenweg 8 5300 Bonn 1

Prof. Dr.-lng. Herbert Strack Institut für Städtebau . Siedlungswesen und Kulturtechnik Nußallee 1 5300 Bonn 1

Edmund E 1 s Chefredakteur Schloßstraße 1 5300 Bonn 1

Nachweis der Abbildungen :

M. Deimel Abb. Seite 518 {oben) E. Els Abb. Seite 523 (Luftbildaufnahme LVA N-W) H. Emonds Abb. Seite 517, 518 (unten), 519 P. Epping Abb. Seite 503, 506 E. Gassner Abb. Se ite 504, 505 Stadt Bonn, Planungsamt R. Grebe Abb. Seite 562

525 Schriftenreihe des Deutschen Rates für Landespflege

Gesamtverzeichnis

Heft Nr. 1 Straßenplanung und Rheinuferlandschaft im Rheingau September 1964 Gutachten von Prof. Dr.-lng. Gassner

Heft Nr. 2 Landespflege und Braunkohlentagebau Oktober 1964 Rheinisches Braunkohlengebiet

Heft Nr. 3 Bodenseelandschaft und Hochrheinschiffahrt März 1965 mit einer Denkschrift von Prof. Erich Kühn

Heft Nr. 4 Landespflege und Hoher Meißner Juli 1965

Heft Nr. 5 Landespflege und Gewässer Dezember 1965 mit der „Grünen Charta von der Mainau"

Heft Nr. 6 Naturschutzgebiet Nord-Sylt Juni 1966 mit einem Gutachten der Bundesanstalt für Vegetationskunde, Naturschutz und Landschaftspflege, Bad Godesberg

Heft Nr. 7 Landschaft und Moselausbau Dezember 1966

Heft Nr. 8 Rechtsfragen der Landespflege Juni 1967 mit „ Leitsätzen für gesetzliche Maßnahmen auf dem Gebiet der Landespflege"

Heft Nr. 9 Landschaftspflege an Verkehrsstraßen März 1968 mit Empfehlungen über „Bäume an Verkehrsstraßen"

Heft Nr. 10 Landespflege am Oberrhein Oktober 1968

Heft Nr. 11 Landschaft und Erholung März 1969

Heft Nr. 12 Landespflege an der Ostseeküste September 1969

Heft Nr. 13 Probleme der Abfallbehandlung Juli 1970

Heft Nr. 14 Landespflege an der Nordseeküste Oktober 1970

Heft Nr. 15 Organisation der Landespflege Mai 1971 mit einer Denkschrift von Dr. Mrass

526 Heft Nr. 16 Landespflege im Alpenvorland September 1971

Heft Nr. 17 Recht der Landespflege Dezember 1971 mit einer Erläuterung von Prof. Dr. Stein und einer Synopse über Rechtsvorschriften von Dr. Zwanzig

Heft Nr. 18 Landespflege am Bodensee Juli 1972 mit dem „Bodensee-Man ifest"

Heft Nr. 19 Landespflege im Ruhrgebiet Oktober 1972

Heft Nr. 20 Landespflege im Raum Hamburg April 1973

Heft Nr. 21 Gesteinsabbau im Mittelrheinischen Becken November 1973

Heft Nr. 22 Landschaft und Verkehr Mai 1974

Heft Nr. 23 Landespflege im Mittleren Neckarraum Oktober 1974

Heft Nr. 24 Natur- und Umweltschutz in Schweden März 1975

Heft Nr. 25 Landespflege an der Unterelbe April 1976

Heft Nr. 26 Landespflege in Eng land August 1976

Heft Nr. 27 Wald und Wild

Heft Nr. 28 Entwicklung Großraum Bonn

Auslieferung: city-druck Leopold bonn, Verlagsdruckereigesellschaft mbH, Postfach 1947, 5300 Bonn 1

527 DEUTSCHER RAT FÜR LANDESPFLEGE

Schirmherr: Bundespräsident Walter SCHEEL

Mitglieder: Graf Lennart BERNADOTTE, Insel Mainau - Sprecher des Rates

Professor Dr. Konrad BUCHWALD, Hannover Direktor des Instituts für Landespflege und Naturschutz der Technischen Universität Hannover

Dr. Helmut KLAUSCH, Essen Beigeordneter des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk, Essen Dr.-lng. E. h. Hans-Werner KOENIG, Essen Eh . Geschäftsführender Direktor des Ruhrverbandes und Ruhrtalsperrenvereins

Professor Erich KÜHN, Aachen Ern . Direktor des Instituts für Städtebau und Landesplanung der Technischen Hochschule Aachen

Professor Dr. Paul LEYHAUSEN, Wuppertal Leiter der Arbeitsgruppe des Max-Planck-Instituts für Verhaltens­ physiologie Professor für Ethologie der Universität Düsseldorf

Professor Dr. h. c. Kurt LOTZ, Heidelberg

Professor Dr. Gerhard OLSCHOWY, Bonn Geschäftsführer des Rates leitender Direktor der Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie, Bonn-Bad Godesberg Lehrbeauftragter für Landschaftspflege an der Universität Bonn

Professor Wolfram PFLUG, Aachen Inhaber des Lehrstuhls für Landschaftsökologie und Landschafts­ gestaltung der Technischen Hochschule Aachen

Dr. Peter von SIEMENS, München Vorsitzender des Aufsichtsrates der Siemens Aktiengesellschaft

Professor Dr. Erwin Kurt SCHEUCH, Köln Ordinarius für Soziologie und Direktor des Instituts für Angewandte Sozialforschung der Universität Köln

Professor Dr. Hans-Werner SCHLIPKÖTER, Düsseldorf Ordinarius für Hygiene der Universität Düsseldorf Direktor des Medizinischen Instituts für Lufthygiene und Sil ikoseforschung Düsseldorf

Dr. Dr. h. c. Theodor SONNEMANN, Bonn - Stellvertr. des Sprechers Staatssekretär i. R. Ehrenpräsident des Deutschen Raiffeisenverbandes e. V„ Bonn

Professor Dr. Dr. h. c. Julius SPEER, Fischhausen (Schliersee) Ern. Direktor des Instituts für Forstpolitik und forstliche Betriebswirtschaftslehre der forstlichen Forschungsanstalt der Universität München Eh. Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Professor Dr. Erwin STEIN, Annerod b. Gießen Kultusminister a. D. Bundesverfassungsrichter a. D.

Dr. h. c. Alfred TOEPFER, Hamburg Kaufmann und Reeder

Dr. Benno WEIMANN, Gelsenkirchen Vorstandsvorsitzender der Gelsenwasser AG

Geschäftsstelle: Konstantinstraße 110, 5300 Bonn 2 Tel. : 02221 / 331097

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