5. Tätigkeitsbericht (2009-2010)

Herausgegeben von der Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen

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Inhalt

Vorab 7 Geleitwort von Klaus Wowereit 7 Geleitwort von Bernd Neumann 8 Vorwort von 9

Besucherbetreuung 11 Besucherdienst 12 Prominente Besucher 13 Buchhandlung 15 Besucherreaktionen 15 Besucherforschung 16

Ausstellungen 20 Musealer Rundgang 20 Sonderführungen 22 Zentrale Dauerausstellung 23 Ständige Ausstellungen 24 Wechselausstellungen 25

Veranstaltungen 30 Ausstellungseröffnungen 30 Sonderveranstaltungen 32 Vorträge und Buchvorstellungen 35 Literatur, Film und Theater 37 Opfergedenken 38

Gedenkstättenpädagogik 40 Seminare und Projekttage 40 Mobiles Learning Center 41 Lehrerfortbildung 41 Kooperationspartner 42 Zeitzeugenbörse 42

Forschung 44 6

Sammlungen 48 Objektsammlung 48 Fotoarchiv 50 Zeitzeugenarchiv 50 Dokumentenarchiv 52 Bibliothek 53 Mediathek 53

Öffentlichkeitsarbeit 55 Medienbetreuung 56 Publikationen 58 Werbung 59

Bautätigkeit 60 Investive Maßnahmen 60 Unterhaltsmaßnahmen 61

Haushalt 63

Personal 65

Stiftungsorgane 66

Förderverein 67

Anhang 69 Chronik 2009/10 69 Stiftungsgesetz 71 Gremienmitglieder 73 Mitarbeiter 74 Besucherreferenten 74 Besucherstimmen 76 7

Vorab

Geleitwort von Klaus Wowereit stattung, dank der künftig noch mehr Besucher angemessen betreut werden können. Im breiten Angebot Berlins an historischen Die Gedenkstätte Berlin Hohenschön- Erinnerungsorten beider Diktaturen findet die hausen befasst sich wie kaum ein anderer Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen trotz Gedenkort mit der politischen Justiz und der ihrer dezentralen Lage weiterhin wachsendes Verfolgung politisch Andersdenkender in der Interesse beim Publikum. Das Jahr 2010 war DDR. Die alltäglichen, immer ausgefeilteren mit 332 000 Besucherinnen und Besuchern Techniken psychischer Folter der Gefangenen das erfolgreichste in der Geschichte dieser Ge- stehen dabei ebenso im Vordergrund wie die denkstätte. Besonders positiv ist die steigende Schicksale der Opfer, deren Vergehen vor al- Zahl von Schülerinnen und Schülern, die hier lem darin bestand, auf ihre Freiheitsrechte zu einen besonders intensiven und lebensnahen Klaus Wowereit (SPD) pochen. Im Stasi-Gefängnis Hohenschönhau- Zugang zur DDR-Geschichte bekommen. Regierender Bürgermeister von Berlin sen wurden Menschen eingesperrt, um sie zu So hält ein Besuch der Gedenkstätte Ber- brechen. Daran zu erinnern, ist eine zentrale lin-Hohenschönhausen die Erinnerung an die Aufgabe der Gedenkstätte, der sie auch im Opfer der SED-Diktatur wach und mahnt, allen Berichtszeitraum dieses 5. Tätigkeitsberichts gegen Freiheit und Demokratie gerichteten erfolgreich nachgekommen ist. Bestrebungen entgegenzutreten sowie un- Zwei Jahrestage fanden im Programm der sere freiheitlichen Werte zu schätzen und zu Stiftung ihren besonderen Niederschlag: der verteidigen. Nicht zufällig stößt die Arbeit der 10. Jahrestag ihrer Gründung sowie der 20. Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen und Jahrestag der Schließung des Stasi-Gefäng- anderer Berliner Einrichtungen, die sich mit nisses. Beide Anlässe hat die Stiftung mit be- der Aufarbeitung deutscher Diktaturgeschich- sonderen Veranstaltungen gewürdigt und da- te befassen, in jenen arabischen Ländern auf bei Bilanz gezogen. Wurde der Stiftungszweck großes Interesse, die sich gerade aus den Fes- erreicht? Gelang es, diesen außergewöhnli- seln jahrzehntelanger Diktatur befreit haben. chen Tat-Ort des DDR-Unrechtsregimes im öf- Bei der Aufarbeitung der eigenen Geschichte fentlichen Bewusstsein weiter zu verankern? sind Berliner Gedenkeinrichtungen in den Län- Die Antwort ist positiv: Mehr als zwei Millio- dern des arabischen Frühlings als Ratgeber nen Menschen haben mittlerweile diesen Ort und praktische Unterstützer sehr gefragt. Nach und seine dunkle Geschichte besucht. Dabei Phasen einer innerdeutschen Auseinanderset- setzt das Team um Direktor Hubertus Knabe zung mit der SED-Diktatur und einem europä- auf Aufklärung und Empathie. Einblicke in das ischen Abgleich kommunistischer Diktaturer- System der politischen Justiz der DDR werden fahrungen erfährt dieser Diskurs – so scheint mit konkreten Opfergeschichten verwoben. es – nun eine globalere Dimension. So tritt die Gedenkstätte allen Versuchen der Auch für diese Debatten rüstet sich die Ge- Schönfärberei entschieden entgegen. Wie er- denkstätte Berlin-Hohenschönhausen, indem griffen die Besucherinnen und Besucher nach der Bund und das Land Berlin diese Bildungs- einem Besuch sind, machen die eindrucks- einrichtung weiter ausbauen. vollen Bekundungen im Besucherbuch immer Mein Dank gilt Dr. Hubertus Knabe und sei- wieder deutlich. nen engagierten Mitstreitern, die sich für die Der 5. Tätigkeitsbericht für die Jahre 2009 lebendige Auseinandersetzung mit der SED- und 2010 zeigt eindrucksvoll, dass es gelungen Diktatur sowie für das Gedenken der Opfer ist, die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhau- von Diktatur und Unterdrückung einsetzen. sen im Kontext der Berliner, der nationalen wie auch der internationalen Erinnerungskultur zu etablieren und zu profilieren. Besonders her- vorzuheben ist das gemeinsam mit dem Bund vorangetriebene, umfangreiche Ausbaupro- Klaus Wowereit gramm, mit dem sich die Gedenkstätte für die Regierender Bürgermeister von Berlin Zukunft rüstet. Im Zentrum steht eine Dauer- ausstellung und eine bessere räumliche Aus- 8 Vorab

Geleitwort von Bernd Neumann melt. Zeitzeugen sind es, die unmittelbar Er- lebtes weitergeben, den Austausch zwischen den Generationen fördern und so Geschichte Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhau- direkt erfahrbar machen. Dabei wirken gerade sen zeigt das Unrecht des SED-Staates am die Schicksalsberichte ehemaliger Häftlinge authentischen Ort auf besonders eindringliche besonders eindringlich. Art und Weise. Der historische Ort vermittelt Unter Beteiligung der Bundesstiftung zur dem Besucher noch heute einen erschüttern- Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Stif- den Eindruck davon, welche Qualen und Nöte tung Berliner Mauer wird das koordinierende die hier eingesperrten Menschen erlitten ha- Zeitzeugenbüro Kontakte zu ehemaligen Op- ben. Die Führungen durch ehemalige Häftlin- positionellen und politisch Verfolgten aus der ge machen den Schrecken der Haft erlebbar DDR knüpfen, ihr Schicksal durch Interviews Bernd Neumann (CDU) Staatsminister bei der Bundeskanzlerin und regen zur Auseinandersetzung mit dem und Unterlagen dokumentieren sowie geeig- und Beauftragter der Bundesregierung Schicksal der Inhaftierten an. Die von Jahr zu nete Zeitzeugen auswählen, die zu Veranstal- für Kultur und Medien Jahr steigenden Besucherzahlen sind Beleg tungen, insbesondere in Schulen, vermittelt für eine eindrucksvolle und erfolgreiche Arbeit werden können. der Gedenkstätte in den vergangenen Jahren. Ich bin überzeugt: Wir müssen noch mehr Sie war im Berichtszeitraum 2009/2010 einge- Aufklärung leisten, damit vor allem Jugend- bettet in das Gedenken an 20 Jahre Mauerfall liche lernen, dass extremistische Ideologien und 20 Jahre Deutsche Einheit. Bund und Län- von Links wie von Rechts – wenn sie sich ver- der sowie eine Vielzahl von Aufarbeitungsein- breiten – nur zu Unfreiheit und Unterdrückung richtungen haben in verschiedenen Veranstal- führen. Tendenzen zur Verharmlosung der Dik- tungen an die Überwindung der SED-Diktatur tatur in der DDR und der oft erschreckende erinnert. Vor 50 Jahren, am 13. August 1961, Mangel an Wissen über deren Geschichte und dokumentierte das Regime mit dem Bau der die dort herrschenden Verhältnisse machen die Berliner Mauer, der sich gegen die eigene Be- konsequente und differenzierte Aufarbeitung völkerung richtete, endgültig, dass das DDR- zu einer dauerhaften Gemeinschaftsaufgabe Regime nur mit Gewaltmaßnahmen seine im vereinten Deutschland. Einen wichtigen Herrschaft stabilisieren konnte. Nach der fried- Beitrag hierzu wird die neue Dauerausstellung lichen Revolution von 1989 brach es wie ein in Hohenschönhausen leisten. Die von Bund Kartenhaus zusammen. und Land Berlin finanzierten Umbau- und Re- Die wissenschaftliche Erforschung der novierungsmaßnahmen haben bereits begon- SED-Diktatur, das Erinnern an die Opfer und nen und bieten die Gewähr dafür, dass die Ge- die Würdigung der Rolle der Opposition sind denkstätte den wachsenden Besucherzahlen auch eine nationale Aufgabe. Die Regierungs- weiterhin gerecht werden kann. parteien haben darum im Koalitionsvertrag Ich danke Herrn Dr. Hubertus Knabe und vereinbart, die Maßnahmen zur geschichtli- seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern so- chen Aufarbeitung der SED-Diktatur weiter wie vor allem auch den vielen ehrenamtlich zu verstärken. Dazu gehört unter anderem Engagierten in der Gedenkstätte für ihr tatkräf- die Einrichtung eines koordinierenden Zeit- tiges Wirken. zeugenbüros. Ich habe mit der Federführung die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen beauftragt. Sie ist nicht nur eine der bedeu- tendsten Einrichtungen bei der Aufarbeitung der Diktatur und des Unrechts in der SBZ und in der DDR. Sie hat darüber hinaus bereits in Bernd Neumann der Vergangenheit umfangreiche Erfahrungen Beauftragter der Bundesregierung für bei der Vermittlung von Zeitzeugen gesam- Kultur und Medien Vorab 9

Vorwort von Hubertus Knabe November 2010 die zweimillionste Besucherin seit der Gründung 1994 begrüßen. Diese erfreuliche Entwicklung lässt sich Die Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohen- vor allem auf zwei Ursachen zurückführen: schönhausen legt hiermit ihren fünften Tätig- Je länger die DDR Vergangenheit ist, desto keitsbericht vor. Entsprechend ihrem gesetzli- beeindruckender ist für viele ein Besuch der chen Auftrag legt sie darin Rechenschaft über Gedenkstätte. Das bedrückende Gefängnisin- ihre Arbeit in den vergangenen zwei Jahren nere wirkt, als hätte man die SED-Diktatur an ab. Fast ein wenig erschrocken haben ihre Mit- dieser Stelle eingefroren. Zudem werden die arbeiter dabei festgestellt, dass die Stiftung Besucher meist von ehemaligen Gefangenen inzwischen selbst schon eine Geschichte hat: durch die Haftanstalt geführt. Sie referieren Vor über zehn Jahren, am 1. Juli 2000, wurde dabei nicht nur abstrakte Geschichte, sondern Dr. Hubertus Knabe können auch aus eigener Anschauung berich- Direktor der Gedenkstätte Berlin- sie durch ein Gesetz des Berliner Abgeordne- Hohenschönhausen tenhauses gegründet. Im Juni 2010 wurde ihr ten, wie sie von Wärtern und Vernehmern des zehnjähriges Bestehen und ihre erfolgreiche Staatssicherheitsdienstes behandelt wurden. Arbeit bei einem Festakt im Maxim-Gorki-The- Der zweite Grund ist die intensive Bericht- ater vom Regierenden Bürgermeister Berlins erstattung der Medien, wobei der 20. Jahres- Klaus Wowereit gewürdigt. tag von Friedlicher Revolution und Wiederver- Noch ein zweites Jubiläum war 2010 zu fei- einigung im Berichtszeitraum für besondere ern: Am 3. Oktober 1990, als Deutschland nach Aufmerksamkeit gesorgt haben. Zwischen Ja- jahrzehntelanger Teilung wieder eins wurde, nuar 2009 und Dezember 2010 erschienen wurde das Untersuchungsgefängnis in Berlin- mehr als 2 000 Berichte, in denen die Haftan- Hohenschönhausen für immer geschlossen. stalt, die Gedenkstätte oder ihre Mitarbeiter Für viele SED-Opfer und ihre Angehörigen Erwähnung fanden. Im Durchschnitt war die war der 20. Jahrestag der Wiedervereinigung Stiftung damit fast dreimal täglich in irgendei- deshalb ein doppelter Grund zur Freude. Die nem Medium präsent. Hohenschönhausen ist Gedenkstätte lud aus diesem Anlass 100 frü- zu einem der bekanntesten Symbole für das here Häftlinge – stellvertretend für alle politi- SED-Unrecht geworden, von dem sich viele schen Gefangenen der DDR – im September auch einen persönlichen Eindruck verschaffen 2010 zu einem Festakt ein. Am nächsten Tag wollen. führte jeder von ihnen einen einzelnen Schüler Aufgabe der Gedenkstätte ist es, „die Ge- durch das Gefängnis des DDR-Ministeriums schichte der Haftanstalt Hohenschönhausen in für Staatssicherheit (MfS). Für alle, die dabei den Jahren 1945 bis 1989 zu erforschen, über waren, war dies eine sehr bewegende und Ausstellungen, Veranstaltungen und Publikati- persönliche Form der Weitergabe von Dikta- onen zu informieren und zur Auseinanderset- turerfahrungen an die nachwachsenden Ge- zung mit den Formen und Folgen politischer nerationen. In den letzten Jahren ist sie ange- Verfolgung und Unterdrückung in der kommu- sichts immer weiter steigender Schülerzahlen nistischen Diktatur anzuregen. Am Beispiel unter den Besuchern zu einer Art Markenzei- dieses Gefängnisses ist zugleich über das Sys- chen der Gedenkstätte geworden. tem der politischen Justiz in der Deutschen Ein bedeutender Höhepunkt in der Arbeit Demokratischen Republik zu informieren” (§ 2 der Stiftung war auch der Besuch von Bundes- Stiftungserrichtungsgesetz). kanzlerin Angela Merkel in der Gedenkstätte Die Gedenkstätte hat viel getan, um die- im Mai 2009. Nach einem Rundgang durch das sem Auftrag gerecht zu werden. Die qualifizier- ehemalige Stasi-Gefängnis diskutierte sie mit te Betreuung der Besucher gehörte ebenso Schülern und Zeitzeugen über die SED-Dikta- dazu wie die Organisation von Ausstellungen tur. Es war das erste Mal, dass ein deutscher und Veranstaltungen. Historische Forschung, Regierungschef die Gedenkstätte besuchte. die Befragung von Zeitzeugen, der Ausbau der Neben diesen Ereignissen bestimmte ein Sammlungen und Archive und eine effektive stetig wachsender Besucherstrom die Arbeit. Öffentlichkeitsarbeit bildeten weitere Arbeits- Mit 332 000 Besuchern wurde im Jahr 2010 bereiche, über die in diesem Bericht informiert ein neuer Jahresrekord erreicht – ein Zuwachs wird. Im Anhang findet sich eine Zusammen- von 83 000 Personen gegenüber den Besu- stellung von Besucherreaktionen, wie sehr der cherzahlen am Ende des letzten Berichtszeit- Besuch des ehemaligen Haftortes die Men- raumes (2008: 249 000 Besucher). Insgesamt schen zum Nachdenken angeregt hat. kamen 2009 und 2010 mehr als 645 000 In- Ab 2013 erhält die Gedenkstätte auch eine teressierte. Und im Beisein des Regierenden umfangreiche Dauerausstellung. Teile der ehe- Bürgermeisters konnte die Gedenkstätte im maligen Haftanstalt müssen dazu aufwändig 10 Vorab

umgebaut werden. Die Planung des Umbaus der Bundeszentrale für politische Bildung, dem und der Ausstellung haben die Gedenkstätte Bundesinnenministerium, der EU-Kommission im Berichtszeitraum sehr in Anspruch genom- und abermals dem BKM, die die Gedenkstätte men. Archivrecherchen, die Entwicklung des mit zusätzlichen Drittmitteln ausgestattet ha- Ausstellungsdrehbuches, die Exponatbeschaf- ben. Ein besonderer Dank für die engagierte fung, Diskussion der baulichen und gestalte- Unterstützung gilt schließlich dem Förderver- rischen Entwürfe waren nur einige der damit ein der Gedenkstätte unter seinem Vorsitzen- zusammenhängenden Aufgaben. Im Juni 2010 den Dr. Jörg Kürschner – und den zahlreichen verabschiedete der Stiftungsrat schließlich den Besuchern, die die Arbeit der Gedenkstätte Vorentwurf der Planung, der von dem renom- mit einer Spende, Zuspruch oder begeisterten mierten Architekturbüro hg merz stammt. Berichten gegenüber Freunden und Verwand- Die Gedenkstätte wurde in den vergan- ten gefördert haben. genen beiden Jahren aber auch vor manche Maßgebliche Unterstützung erhielt die Herausforderungen gestellt. Die starke Zunah- Stiftung auch von zahlreichen Kooperations- me der Besucherzahlen bei unverändertem partnern: die Landesvertretungen Thüringens, Stellenplan hat die Mitarbeiter – und die finan- Hessens und des Saarlandes, die Konrad-Ade- ziellen Ressourcen der Stiftung – sehr bean- nauer-Stiftung, das Berliner Theater Strahl und sprucht. Auch die Flut der Anfragen von Medi- das Potsdamer Hans-Otto-Theater, der Eich- envertretern, Politikern, Verfolgten, Besuchern born, der List und der Jaron Verlag, die Bun- und anderen Interessierten war manchmal desbeauftragte für die Stasi-Unterlagen und kaum noch zu bewältigen. Dass es dennoch ihre Außenstellen, die Gedenkstätte Deutsche zu keinen größeren Pannen kam, ist vor allem Teilung in Marienborn, die Robert-Havemann- dem persönlichen Engagement der Mitarbei- Gesellschaft, der Berliner Landesbeauftragte ter zu verdanken, denen an dieser Stelle für für die Unterlagen des Staatssicherheitsdiens- ihre Arbeit sehr herzlich gedankt wird. tes und weitere Einrichtungen und Personen, Ein großer Dank geht auch an das Land die die Gedenkstätte mit Rat und Tat unter- Berlin und die Bundesregierung, die die Arbeit stützt haben. Ihnen sowie dem Beirat der Ge- der Stiftung jährlich mit zusammen gut einer denkstätte, der die Arbeit stets engagiert mit Million Euro gefördert haben. Der zuständige seinem fachlichen Rat begleitet hat, ebenfalls Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz ein herzliches Dankeschön. Der Erfolg der Ge- und der Beauftragte der Bundesregierung für denkstätte in den zurückliegenden beiden Jah- Kultur und Medien (BKM), Kulturstaatsminister ren ist auch und vor allem ihr Erfolg! Bernd Neumann, haben sich auch persönlich sehr für die Gedenkstätte eingesetzt. Dassel- be gilt für eine Reihe von Bundestagsabgeord- neten, insbesondere die FDP-Abgeordneten Hans-Joachim Otto, Patrick Kurth und Reiner Dr. Hubertus Knabe Deutschmann. Zu danken ist zudem der Bun- Direktor der Gedenkstätte Berlin- desstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Hohenschönhausen 11

Besucherbetreuung Gruppe junger Besucher aus Südkorea Die Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohen- den, wurde die Anzahl der Rundgänge über die schönhausen hat den gesetzlichen Auftrag, letzten Jahre stark erhöht. Während 2006 noch am Beispiel der ehemaligen zentralen Un- 8 300 Führungen stattfanden, stieg ihre Zahl tersuchungshaftanstalt des Ministeriums für 2009 auf 14 760 und 2010 auf 16 123. Die An- Staatssicherheit (MfS) über das System der zahl der geführten Rundgänge hat sich in den politischen Justiz in der DDR zu informieren. letzten vier Jahren also nahezu verdoppelt. Die Dies geschieht in erster Linie mit Hilfe von Betreuung dieses Besucherstroms stellte die Führungen durch das ehemalige Stasi-Gefäng- Gedenkstätte oft vor große logistische Heraus- nis, die überwiegend durch frühere Inhaftierte forderungen. Ein besonderes Verdienst ist es übernommen werden. Sie und weitere quali- daher, dass sie diesen mit derselben Zahl an fizierte Referenten führen interessierte Gäs- fest angestellten Mitarbeitern ohne gravieren- te das ganze Jahr über durch das ehemalige de Qualitätseinschränkungen bewältigt hat. Stasi-Gefängnis und informieren sie über das Die meisten Gäste – 74 Prozent – besuch- DDR-Justizsystem und die Haftbedingungen. ten die Gedenkstätte im Rahmen einer an- Die Gedenkstätte ist für sie – bis auf ganz we- gemeldeten Gruppenführung. Der Anteil der nige Ausnahmen wie Weihnachten oder Neu- Einzelbesucher lag bei rund 22 Prozent (sie- jahr – an sieben Tagen pro Woche von 9 bis 18 he Besucherforschung). Dass der Anteil der Uhr geöffnet, bei Abendveranstaltungen auch Einzelbesucher seit Jahren steigt – ihre Zahl noch länger. erhöhte sich allein von 2008 bis 2010 um 47 Das Interesse am ehemaligen Stasi-Ge- Prozent (2008: 48 500; 2009: 71 001; 2010: fängnis ist in den letzten Jahren kontinuierlich 71 257) –, zeigt das wachsende öffentliche In- gewachsen. Seit Öffnung der Gedenkstätte hat teresse am ehemaligen Stasi-Gefängnis. sich die Zahl der Besucher mehr als verhun- Um der großen Nachfrage von Einzelbesu- dertfacht. Während 1994 rund 3 100 Besucher chern nachzukommen, bot die Gedenkstätte gezählt wurden, waren es 2010 fast 332 000 an Wochenenden von 10 bis 16 Uhr stündlich Gäste. Im Berichtszeitraum 2009/2010 kamen öffentliche Führungen an. An Werktagen wur- insgesamt rund 645 000 Interessierte. Damit den drei Rundgänge für Einzelbesucher an- wurden alle früheren Rekorde gebrochen. Im geboten (11 Uhr, 13 Uhr und 15 Uhr). In den November 2010 konnte die Stiftung ihre zwei- besucherstarken Monaten März bis Oktober millionste Besucherin begrüßen. erhöhte die Stiftung die Zahl der Rundgänge, Die Besucher nehmen in der Regel an ei- sodass nun stündlich Führungen zwischen 11 nem intensiven zweistündigen Programm teil, und 15 Uhr stattfanden. Zusätzlich zur bisher das aus einem Einführungsfilm (30 Minuten) bestehenden englischsprachigen öffentlichen und einem geführten Rundgang (90 Minu- Führung jeden Samstag um 14.30 Uhr wur- ten) besteht. Aus Sicherheitsgründen ist die de eine weitere öffentliche englische Führung Besichtigung des Gefängnisgeländes nur im jeden Mittwoch um 14.30 Uhr angeboten. In Rahmen einer Führung möglich. Wie in den touristisch stark frequentierten Wochen wurde vergangenen Jahren nahm der Großteil der die englische Führung sogar täglich um 14.30 Besucher, insgesamt mehr als 97 Prozent, an Uhr angeboten. der erwähnten Standardführung teil. Etwas Führungen für Gruppen wurden an sieben weniger als zwei Prozent meldeten sich für Tagen in der Woche zwischen 9 und 16 Uhr im Seminare oder Projekttage an. Um dem wach- Stunden- oder im 30-Minuten-Takt durchge- senden Besucheraufkommen gerecht zu wer- führt. Im besucherstarken Zeitraum März bis 12 Besucherbetreuung

Besucher in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Oktober wurden die Führungs- stellungen besichtigt werden (siehe Ausstel- zeiten (nicht Öffnungszeiten!) für lungen). Informationstafeln in der Umgebung Gruppen sogar bis 19 Uhr verlän- der Gedenkstätte erläutern die Funktion wich- gert und viertelstündlich Führun- tiger Gebäude im früheren MfS-Sperrgebiet. gen angeboten, um die Nachfrage Die Buchhandlung mit angeschlossenem Café befriedigen zu können. Die Stärke komplettiert das Besucherangebot. der Gruppen lag im Schnitt bei 21 Eine besondere Betreuung erfuhren jene Personen, größere Gruppen ab 26 Besucher, die selbst in Haft waren. Immer Personen wurden aufgeteilt. wieder kam es vor, dass ehemalige politische Zusätzlich zu den Standard- Gefangene die Gedenkstätte aufsuchten. führungen fanden auch zahlrei- Manche kehrten erstmals wieder an den Ort che Kurzführungen (60 Minuten), ihrer Verfolgung zurück, andere wollten diesen thematische Sonderführungen, ihren Angehörigen zeigen. Insofern es möglich Seminare und Projekttage statt. war, wurde jeder ehemalige Häftling individu- So konnten Einzelbesucher je- ell durch die frühere Haftanstalt geführt, denn den Donnerstag im Anschluss oft wollten sie verständlicherweise vor allem an die 13-Uhr-Führung den soge- ihre einstige Zelle wiedersehen. Normalerwei- nannten Grotewohl-Express, also se vermittelte der Besucherdienst auch den den letzten existierenden DDR- Kontakt zum Zeitzeugenbüro, das sich in an- Gefangenenwaggon, besichtigen. gemessener Weise direkt um die Betroffenen Außerdem gab es Führungen kümmerte. durch das frühere Sperrgebiet. Der Besucherzuwachs hatte leider auch Bis Oktober 2009 wurden zudem seine Schattenseiten: Vor allem führte er zu einmal pro Woche Führungen einer enormen Steigerung der Ausgaben für durch das ehemalige MfS-Haft- die Honorare der Gedenkstättenreferenten krankenhaus angeboten. Wegen (siehe Haushalt), da diese für eine 90-minütige Instandsetzungsarbeiten musste Führung 39 Euro erhalten. Die dadurch entste- das Haftkrankenhaus allerdings im henden Ausgaben erhöhten sich im Berichts- November 2009 vorübergehend zeitraum 2009/2010 auf 1 273 781 Euro, was geschlossen werden. Bei beson- die Gedenkstätte zeitweise an den Rand der deren Anlässen wie der Langen Zahlungsunfähigkeit brachte. Der Stiftungsrat Nacht der Museen oder dem Tag beschloss deshalb 2010, das Führungsentgelt des offenen Denkmals öffnete die für Erwachsene von vier auf fünf Euro (ermä- Gedenkstätte für Besucher auch ßigt 2,50 Euro) zu erhöhen und eine Kostenbe- Bereiche, die normalerweise nicht teiligung von einem Euro für Schüler einzufüh- öffentlich zugänglich sind – zum ren. Nur so konnten die enormen Belastungen Beispiel die Sauna für das MfS- des Haushalts, vor allem durch die bis dahin Personal, die Gefängnisküchen kostenfreien Schülerführungen, einigermaßen oder die Unterkünfte für die Straf- aufgefangen werden. gefangenen. Neben den Führungen hatten Besucherdienst die Besucher verschiedene Mög- lichkeiten, sich noch intensiver mit der ehemaligen Haftanstalt zu Für die Betreuung der Besucher ist der Be- beschäftigen. So ist seit 2007 eine sucherdienst verantwortlich. Er empfängt die provisorische Dauerausstellung Gäste am Eingang, nimmt telefonische oder zur Geschichte der Haftanstalt, schriftliche Anmeldungen entgegen, teilt die das sogenannte Infocenter, geöff- Referenten für die Führungen ein und koordi- net. Ergänzend dazu konnten im niert die Termin- und Raumplanung. Außerdem Berichtszeitraum drei Daueraus- bestätigt er Besuchstermine und übernimmt stellungen und zwölf Wechselaus- bei Gruppenbesuchen die Rechnungslegung. Besucherbetreuung 13

Der Besucherdienst ist überwiegend im Kenntnisse über die Geschichte der Haftanstalt Eingangsbereich der Gedenkstätte, der ehe- an, da sie über alle Perioden Bescheid wissen maligen Gefängnispforte, untergebracht. Als müssen. Die Gedenkstätte hat dazu ein spezi- direkter Ansprechpartner steht er den Besu- elles Curriculum entwickelt. Die neuen Kräfte chern bei Fragen, Wünschen und Problemen hospitieren zunächst bei erfahrenen Referen- zur Verfügung. Er informiert beispielsweise ten und machen mehrere Probeführungen. unangemeldete Besucher über den Zeitpunkt Erst nach einer förmlichen Abnahme werden der nächsten öffentlichen Führung oder lei- sie eingesetzt. Um die Qualität der Führungen tet Gäste nachträglich zum Einführungsfilm. zu gewährleisten, finden regelmäßig stichpro- Zusammen mit der Haustechnik hält er das benartige Hospitationen statt. Gelände der Gedenkstätte zudem in einem or- Die Gedenkstätte bot zudem regelmäßig dentlichen Zustand. Fortbildungsveranstaltungen für die Besucher- Der Besucherdienst besteht aus zwei fest- referenten an. Bei einem Besuch im Landes- angestellten und elf externen Mitarbeitern, bei kriminalamt wurden die Referenten zum Bei- denen es sich vorwiegend um studentische spiel aus erster Hand darüber informiert, wie Hilfskräfte handelt. Sämtliche Besucheran- Vernehmungen unter rechtsstaatlichen Be- fragen, Termine und Referenteneinsätze wer- dingungen durchgeführt werden. Eine andere den über eine zentrale Datenbank verwaltet, Veranstaltung vermittelte neueste Erkenntnis- mit deren Hilfe auch statistische Analysen se über das Haftkrankenhaus des MfS. Um durchgeführt werden. Der Besucherdienst die Referenten inhaltlich auf dem Laufenden bemüht sich, ausgehend von den Interessen zu halten, stellte ihnen die Gedenkstätte auch und Bedürfnissen einer Gruppe, die jeweils regelmäßig aktuelle Artikel und Buchhinwei- passenden Referenten auszuwählen. Einer se zur Verfügung. Einmal pro Quartal fand Besuchergruppe der Partei Die Grünen würde schließlich ein Treffen der Besucherreferenten beispielsweise ein Vertreter der DDR-Umwelt- statt, um sie über aktuelle Entwicklungen zu bewegung zugeteilt, während für eine christli- informieren, Erfahrungen auszutauschen und che Gruppe ein ehemaliger Kirchenmitarbeiter Probleme zu diskutieren. ausgewählt würde. Schülergruppen werden Für die meisten Referenten ist die Tätigkeit generell möglichst von jüngeren Referenten in der Gedenkstätte mehr als ein Broterwerb. geführt. Viele sind auch darüber hinaus für die Aufar- Um dem wachsenden Besucherstrom ge- beitung des SED-Unrechts aktiv. Sie halten recht zu werden, wurden 2010 zahlreiche neue Vorträge an Schulen und anderen öffentlichen Besucherreferenten eingestellt. Insgesamt 71 Einrichtungen oder arbeiten ehrenamtlich in Referenten führten die Besucher durch das der Opferberatung. Außerdem engagieren sich ehemalige Stasi-Gefängnis und das frühere nicht wenige auf Veranstaltungen, in der Politik Sperrgebiet. Mehr als die Hälfte der Referen- und in Verbänden für die Opfer kommunisti- ten, insgesamt 45, verfügt über persönliche scher Verfolgung. Hafterfahrungen und konnte aus eigener An- Junge Besucher in der Gedenkstätte schauung über die politische Verfolgung in der Prominente Besucher DDR und das SED-Justizsystem berichten. Da die Referenten zu unterschiedlichen Zei- ten und aus verschiedenen Gründen in Haft Im Berichtszeitraum haben auch zahlreiche gekommen sind, decken sie ein breites Spek- Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens die trum an Lebens-, Haft- und Widerstandserfah- Gedenkstätte besucht, darunter viele Politiker. rungen in der DDR ab. Mit ihrem Besuch wollten sie sich in der Regel Neben den Zeitzeugen übernahmen auch nicht nur ein Bild vom System politischer Ver- zahlreiche Historiker und Politikwissenschaft- folgung in der DDR verschaffen, sondern auch ler Führungen. Sie werden insbesondere die Bedeutung der Gedenkstätte und ihrer Auf- zur Befriedigung der großen Nachfrage nach klärungsarbeit unterstreichen. fremdsprachigen Rundgängen benötigt. Mitt- Ranghöchste Besucherin war am 5. Mai lerweile kann die Gedenkstätte Führungen auf 2009 Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Norwegisch, Dänisch, Niederländisch und Por- tugiesisch anbieten. Während die Zeitzeugen 2010 insgesamt 12 250 Führungen durchführ- ten, übernahmen die überwiegend jüngeren Wissenschaftler 3 795 Rundgänge. Alle neuen Besucherreferenten durchlau- fen vor ihrem ersten Einsatz eine intensive Schulung. Sie eignen sich dabei fundierte 14 Besucherbetreuung

(CDU), die nach einem Rundgang durch das zu seiner Wahl 2008 staatlichen Repressionen ehemalige Gefängnis auch einen Kranz am ausgesetzt. Mehr als anderthalb Stunden be- Gedenkstein für die Opfer kommunistischer sichtigte der Staatschef die ehemaligen Zellen Gewaltherrschaft niederlegte. Dort traf sie und Vernehmerräume in Berlin-Hohenschön- auf drei der letzten politischen Häftlinge aus hausen. Berlin-Hohenschönhausen, die dank der Fried- Am 7. Mai 2010 besichtigte auch der da- Von links nach rechts: Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU), der damalige lichen Revolution im Herbst 1989 ihre Freiheit malige Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im CSU-Landesgruppenchef im Bundestag wiedererlangten. Anschließend stellte sie sich Deutschen Bundestag und heutige Bundesin- und heutige Bundesinnenminister Dr. den neugierigen Fragen einer Gymnasialklasse nenminister Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU) die Hans-Peter Friedrich (CSU), der öster- aus dem rheinland-pfälzischen Neuwied. Ins ehemalige Haftanstalt. Der bayerische Minis- reichische Botschafter S.E. Dr. Ralph Gästebuch schrieb sie abschließend: „Es ist terpräsident und CSU-Vorsitzende Horst See- Scheide und Brandenburgs Ministerprä- wichtig, dass möglichst viele Menschen – ge- hofer, der eigentlich ebenfalls kommen wollte, sident Matthias Platzeck (SPD) rade auch junge – diese Zeit in der Geschichte musste wegen einer Abstimmung im Bundes- unseres Landes kennenlernen. Den Mitarbei- rat zur Griechenland-Hilfe kurzfristig absagen. terinnen und Mitarbeitern ein herzliches Dan- Am 11. Mai besuchte dann die Grünen-Fraktion keschön für Ihre Arbeit.“ des niedersächsischen Landtags die Gedenk- 2009 besuchten noch weitere prominen- stätte. Am 18. August kamen Abgeordnete te Politiker die Gedenkstätte. Am 25. Februar des hessischen Landtags und am 29. Okto- besichtigten 25 Vertreter der SPD-Fraktion im ber konnte der Präsident des Schleswig-Hol- Berliner Abgeordnetenhaus die Gedenkstätte. steinischen Landtags Torsten Geerdts (CDU) Am 18. März ließ sich die damalige Kulturmi- begrüßt werden. Hermann Otto Solms (FDP), nisterin Dänemarks Carina Christensen das Vizepräsident des Deutschen Bundestags und frühere Untersuchungsgefängnis zeigen. Am Gründungsmitglied des Fördervereins der Ge- 2. September kam der brandenburgische Mi- denkstätte, besuchte am 10. November das nisterpräsident Matthias Platzeck (SPD) und ehemalige Stasi-Gefängnis. diskutierte nach einem Rundgang mit Zehnt- Darüber hinaus kamen 2010 zahlreiche klässlern aus dem brandenburgischen Anger- ausländische Gäste, da die Gedenkstätte auch münde. Anschließend bedankte er sich für die international immer bekannter geworden ist. „engagierte Erinnerungs- und Aufklärungs- So besichtigte am 4. März der österreichische arbeit“ der Gedenkstätte. Am 13. November Botschafter Dr. Ralph Scheide die ehemalige besichtigten 75 Mitglieder der Fraktion der Eu- Haftanstalt. Am 23. April kam die Geschäfts- ropäischen Volkspartei (EVP) im Europäischen leitung des Jingmei-Museums – eines ehema- Parlament die Gedenkstätte und legten einen ligen Gefängnisses in Taipeh, in dem bis 1987 Kranz im Rosenhof nieder. Oppositionelle und andere Kritiker der taiwa- 2010 erhielt die Gedenkstätte zum ersten nesischen Militärdiktatur eingesperrt waren –, Mal Besuch von einem ausländischen Präsi- um sich über das Vermittlungskonzept der Ge- denten – wenn auch aus einem eher kleinen denkstätte zu informieren. Am 16. Juli besich- Land. Am 8. März besichtigte der Staatspräsi- tigte dann der österreichische Bundesratsprä- dent der Malediven, Mohamed Nasheed, die sident a. D. Prof. Dr. Herbert Schambeck das Von links nach rechts: S.E. Mohamed Nasheed, Staatspräsident der Male- einstige Haftanstalt. Der frühere Journalist frühere Stasi-Gefängnis und am 1. Dezember diven, die dänische Kulturministerin befand sich unter seinem Vorgänger selbst informierten sich die Leiter des irakischen Na- Carina Christensen und Abgeordnete mehrere Monate in politischer Haft und war tionalarchivs sowie des Instituts für Genozid- der EVP im Europäischen Parlament als Mitbegründer einer Oppositionspartei bis Studien, Saad Bashir Eskander und Chnar Saad Besucherbetreuung 15

Abdullah, über die Diktaturaufarbeitung in nismuskritiker Arthur Koest- Deutschland. Am Folgetag besichtigten Mitar- ler –, das den Besuchern beiter der koreanischen Menschenrechtskom- die Möglichkeit bietet, noch mission die Gedenkstätte und am 6. Dezem- etwas in der Gedenkstät- ber kamen sechs kubanische Dissidenten nach te zu verweilen. Nach den Hohenschönhausen, die nach jahrelanger poli- Rundgängen durch die frü- tischer Haft vom Castro-Regime abgeschoben here Haftanstalt entstehen worden waren. Die Liste der ausländischen hier oft noch angeregte Ge- Wissenschaftler und Journalisten, die vielfach spräche. Außerdem können auf Initiative des Goethe-Instituts, des Auswär- Gäste und Besucherreferen- tigen Amtes, der Robert Bosch Stiftung oder ten eventuelle Wartezeiten der Berlin Tourismus Marketing GmbH kamen, überbrücken. Der Buchladen ist damit noch nicht zu Ende. Oft suchten sie übernimmt für die Gedenk- dabei nach Anregungen zur Diktaturbewälti- stätte auch den Verkauf der gung in ihren eigenen Ländern. Eintrittskarten an Einzelbesucher, was den Buchladen auf dem Besucherdienst erheblich entlastet. Bei Veran- Gelände der Gedenkstätte Buchhandlung staltungen stellt die Buchhandlung zudem oft themenbezogene Büchertische zusammen.

Für die Besucher der Gedenkstätte steht Besucherreaktionen auf dem Gelände der ehemaligen Haftanstalt seit mehreren Jahren die „Buchhandlung ´89“ zur Verfügung. Das wirtschaftlich unabhängige Für die meisten Besucher ist die Besich- Unternehmen erinnert nicht nur mit seinem tigung der ehemaligen Haftanstalt ein ganz Namen an die Friedliche Revolution von 1989, besonderes Erlebnis. Insbesondere die per- sondern bietet den Besuchern eine umfangrei- sönliche Begegnung mit einem ehemaligen che Auswahl an Veröffentlichungen zur DDR- Gefangenen ist für viele sehr beeindruckend. Geschichte und verwandten Themen. Das Fast nach jeder Führung klatschen sie – durch- Angebot reicht von biografischer Literatur über aus ungewöhnlich an einem Ort wie diesem populärwissenschaftliche Darstellungen zum – demonstrativ Beifall oder bedanken sich per- Staatssicherheitsdienst und zur SED bis hin sönlich bei „ihrem“ Referenten. Nicht selten zu Fachbüchern mit speziellen Fragestellun- kommt es auch vor, dass sie ihn später zu ei- gen. Die Besucher können hier auch die Pub- nem Vortrag in ihre Heimat einladen. likationen der Stiftung erwerben, wodurch die Viele Besucher schrieben ihre Eindrücke Gedenkstätte nicht selbst mit dem personalin- ins Gästebuch am Gedenkstättenausgang tensiven Verkauf belastet ist. Vor allem Einzel- oder schickten nach ihrem Besuch noch Briefe besucher nutzen die Gelegenheit, im umfang- oder E-Mails. Insgesamt gingen im Berichts- reichen Angebot zu stöbern und durch Bücher zeitraum mehr als 850 derartige Besucherre- das Gehörte zu Hause weiter zu vertiefen. aktionen ein, von denen die allermeisten posi- In den besucherstarken Zeiten verkaufte tiv waren. Negative Rückmeldungen bezogen der Buchladen pro Monat über 500 Bücher. sich in der Regel auf technische Probleme Etwa zwei Drittel des Umsatzes wurden durch oder auf abweichende politische Meinungen Veröffentlichungen von und über Zeitzeu- zur DDR. Alle Besucherreaktionen werden in Berlins Regierender Bürgermeister gen erzielt, zum Beispiel das Buch „Mit dem einer Datenbank erfasst und ausgewertet, den Klaus Wowereit und Hubertus Knabe Moskau-Paris-Express in die Freiheit“ von Karl- Beschwerden ging die Stiftung jeweils gewis- bei der Begrüßung der zweimillionsten Heinz Richter. Er war in den 1960er Jahren als senhaft nach. Besucherin Jugendlicher nach einem gescheiterten Flucht- versuch verhaftet worden und führt heute Be- suchergruppen durch die Gedenkstätte. Auch das „Buch zum Ort“ von Peter Erler und Hu- bertus Knabe („Der verbotene Stadtteil. Stasi- Sperrbezirk Berlin-Hohenschönhausen“) wur- de stark nachgefragt. Von ihm konnten jährlich etwa 2 800 Exemplare verkauft werden. Etwa 600 Exemplare pro Jahr wurden von dem Ta- schenbuch „Gefangen in Hohenschönhausen. Stasi-Häftlinge berichten“ verkauft, das von Hubertus Knabe herausgegeben wurde. Dem Buchladen ist ein Café angegliedert – benannt nach dem Faschismus- und Kommu- 16 Besucherbetreuung

Die meisten Gäste schrieben der Gedenk- Insbesondere der Direktor der Gedenkstätte stätte, weil sie sich bei ihrem Referenten noch ist vielen bekannt und wird regelmäßig um einmal für die Führung Unterstützung in zahllosen Angelegenheiten „Sehr beeindruckend, da werde ich bedanken wollten. Sie gebeten. Durch ihr Engagement für die Opfer zeigten sich oft tief des SED-Regimes hat die Stiftung für viele ei- noch lange drüber nachdenken!“ berührt von den Schil- nen hohen symbolischen Wert in einer sonst Julius, 13 Jahre derungen, die – so ihrem Schicksal eher gleichgültig gegenüber- eine immer wieder- stehenden Umgebung. Eine psychosoziale kehrende Formulierung – „besser als jedes Betreuung oder eine Beratung in Rehabilitie- Geschichtsbuch“ das SED-Unrecht vermittelt rungs- und Entschädigungsfragen kann die hätten. Viele hoben auch hervor, dass sie den Gedenkstätte mangels entsprechenden Per- Wert von Demokratie und sonals jedoch ebenso wenig leisten wie eine „Bewegend! Besser als jeder Menschenrechte nach ihrem Aufklärung der Machenschaften des Staatssi- Geschichtsunterricht!“ Besuch besser zu schätzen cherheitsdienstes in jedem Einzelfall. wüssten. Besucher aus West- Beisenkamp-Gymnasium, Hamm deutschland betonten oft, Besucherforschung wie erleichtert sie seien, dass sie in einer Demokratie aufwachsen durften. Ostdeutsche Besucher meinten häufig, dass Um mehr über ihre Besucher zu erfahren, ihnen die in der Gedenkstätte geschilderten bemüht sich die Gedenkstätte seit Jahren um Sachverhalte nur unzureichend oder gar nicht eine intensive Besucherforschung. Dafür wird bekannt gewesen seien. Einig waren sich die vor allem die Datenbank des Besucherdiens- meisten Besucher darin, dass derartiges Un- tes systematisch ausgewertet. Dabei geht es recht „nie wieder“ – so eine weitere Standard- nicht nur um die Erfassung der absoluten Be- formulierung – geschehen dürfe und die Ge- sucherzahlen, sondern auch um Alter, Wohn- denkstätte als wichtiges Mahnmal für Freiheit ort und Gruppenzugehörigkeit der Gäste. Die und Demokratie erhalten bleiben solle (siehe Individualbesucher können allerdings nur zah- Anhang: Besucherstimmen). lenmäßig erfasst werden, da sie nicht einzeln Die positive Resonanz der Besucher drück- befragt werden. Durch ihre Untersuchungen te sich auch in einer hohen Spendenbereit- kommt die Gedenkstätte oft zu Erkenntnissen, schaft aus. 2009 erreichte das Spendenauf- die für ihre strategische Ausrichtung und Zu- kommen die Rekordsumme von 181 000 Euro. kunftsfähigkeit von großer Bedeutung sind. Dass es 2010 auf rund 40 000 Euro sank, lag Wie in den vorangegangenen Jahren ist die daran, dass Schüler ab Herbst 2009 ein Füh- Zahl der Besucher im Berichtszeitraum erneut rungsentgelt von einem Euro zu entrichten hat- stark gestiegen. Gemessen am Jahr 2008 ten, was vorher oftmals freiwillig gezahlt und wuchs sie bis 2010 um fast 83 000 Personen folgerichtig als Spende verbucht wurde. (siehe Abbildung 1). Mit 26,3 Prozent war die Zu den Besucherreaktionen im weiteren Zuwachsrate 2009 besonders hoch, doch auch Sinne gehört auch, dass die Gedenkstätte im- dieses Niveau wurde 2010 noch einmal um mer wieder von früher politisch Verfolgten an- 5,5 Prozent übertroffen. Im Berichtszeitraum gerufen, angeschrieben oder aufgesucht wird. haben damit mehr als 645 000 Interessierte das ehemalige Stasi-Gefängnis besucht. Die Abflachung des Wachstums deutet daraufhin, dass die Kapazitäten der Gedenkstätte allmäh- lich erschöpft sind, was sich auch in der prakti- schen Arbeit des Besucherdienstes wiederholt gezeigt hat: In bestimmten Monaten passen einfach nicht mehr Menschen in das Gebäude. Um der Nachfrage der Besucher gerecht zu werden, musste die Zahl der Führungen im Berichtszeitraum massiv erhöht werden. Wäh- rend 2008 noch 8 200 Führungen durchge- führt wurden, stieg ihre Zahl 2009 auf 14 800 und 2010 auf mehr als 16 000 Führungen. Die Anzahl der Rundgänge hat sich damit in zwei Jahren nahezu verdoppelt. Dieser überpropor- tionale Anstieg der Führungen hatte vermutlich damit zu tun, dass strikter darauf geachtet wurde, dass die Gruppen nicht zu groß wur- Abb. 1: Jährliche Besucherzahlen (1994-2010) den. Ab einer Größe von 26 Personen werden Besucherbetreuung 17

die Gruppen geteilt, damit auch alle der Füh- rung tatsächlich folgen können. Im Schnitt um- fassten sie 20 bis 21 Personen. Der größte Teil der Führungen – rund 78 Prozent – wurde von Zeitzeugen wahrgenom- men: 11 500 im Jahr 2009 und 12 250 im Jahr 2010. Historiker hingegen übernahmen 2009 rund 3 200 und 2010 etwa 3 800 Führungen; ihr Anteil stieg damit leicht von 21,6 (2009) auf 23,4 Prozent (2010). Die übrigen Führungen wurden von festangestellten Stiftungsmitar- beitern übernommen. Das Besucheraufkommen wies erneut starke saisonale Schwankungen auf. Während in den Vorjahren in der Regel in den Monaten Mai und Oktober Rekordwerte verzeichnet wurden, kam es 2010 mit rund 31 000 Besu- chern bereits im März zu einem Spitzenwert. Abb. 2: Besucherzahlen im Jahresverlauf (2008-2010) Mit 38 500 Gästen im September und mehr als 40 000 Besuchern im Oktober wurden dann alle früheren Monatsrekorde gebrochen. Selbst in den traditionell besucherschwachen Monaten Januar und Februar kamen mehr Be- sucher als je zuvor (siehe Abbildung 2). Auch im Wochenverlauf schwankten die Besucherzahlen. Das größte Besucheraufkom- men verzeichnete die Gedenkstätte zur Wo- chenmitte, das geringste am Sonntag. Schaut man jedoch genauer hin, stellt man fest, dass angemeldete Gruppen den Dienstag, Mitt- woch und Donnerstag bevorzugten, während Einzelbesucher vor allem am Samstag und Sonntag in die Gedenkstätte kamen (siehe Ab- bildung 3). Um der großen Nachfrage gerecht zu werden, wurden deswegen, wie erwähnt, am Wochenende stündlich Rundgänge für Ein- zelbesucher angeboten, für ausländische Be- sucher zum Teil auch mehrmals in der Woche englische Führungen. Von März bis November Abb. 3: Verteilung der Besucher auf die Wochentage (2010) finden diese täglich statt. Die Zahl der Einzelbesucher hat im Be- richtszeitraum erneut zugenommen. Sie stieg von 48 500 im Jahr 2008 auf 71 257 im Jahr 2010 – ein Zuwachs von 47 Prozent! Dies ist ein deutlicher Indikator für das weiter gewach- sene Interesse an der Gedenkstätte, da Einzel- besucher im Gegensatz zu Gruppenbesuchern in der Regel selbständig über ihr Programm entscheiden. Gleichwohl lag der Anteil der Ein- zelbesucher mit rund 21 Prozent immer noch weit hinter dem der angemeldeten Gruppen- besucher. Den größten Anteil bei den Gruppenbesu- chern hatten – wie in den Vorjahren – junge Menschen. Mehr als die Hälfte der angemel- deten Besuchergruppen bestand aus Schülern und Studenten (siehe Abbildung 4). Ihr Anteil am gesamten Besucheraufkommen lag 2008 bei 54 Prozent, sank 2009 vorübergehend auf Abb. 4: Zusammensetzung der Gruppen nach gesellschaftlichen 50 Prozent, um 2010 wieder auf 56 Prozent zu Bereichen (2010) 18 Besucherbetreuung

steigen. Auch die Auswertung der Altersstruk- Politik und Medien hervor. Ihr Anteil lag im Be- tur belegt, dass die Gedenkstätte ein sehr jun- richtszeitraum bei 11,2 Prozent und blieb da- ges Publikum hat. Im Berichtszeitraum waren mit in etwa auf dem Niveau von 2008 (siehe 372 000 Besucher bis 25 Jahre alt, 253 000 Abbildung 4). Hauptsächlich handelt es sich zwischen 26 und 60 Jahre und 5 000 über 60 dabei um Gruppen, die von ihrem örtlichen Jahre alt (siehe Abbildung 5). Diese Einstu- Bundestagsabgeordneten nach Berlin eingela- fung, die der Besucherdienst beim Eintreffen den wurden und dabei meistens auch die Ge- der Gruppen vornimmt, liefert allerdings nur denkstätte besuchen. Nicht zuletzt wegen des eine relativ grobe Orientierung. Die lebhaften positiven Feedbacks aus den Besuchergrup- Schulklassen, die das Gefängnisareal bevöl- pen ist es für die meisten Abgeordneten – bis kern und den ehemaligen Häftlingen lauschen, auf die der Linken – geradezu selbstverständ- sind aus dem Alltag der Gedenkstätte jedoch lich, diese nach Berlin-Hohenschönhausen zu nicht mehr wegzudenken. schicken. Im Berichtszeitraum besuchten über Unter den erwachsenen Gruppenbesu- 1 300 derartige Bundestagsgruppen das ehe- chern stechen vor allem die aus dem Bereich malige Stasi-Gefängnis. Während Politiker der CDU/CSU-Fraktion, gemessen an ihrer Stärke im Bundestag, mit 58,2 Prozent überproporti- onal viele Gruppen schickten, lag die SPD mit 22,3 Prozent leicht darunter. Die FDP traf mit 12,4 Prozent fast genau ihr Wahlergebnis, wo- hingegen die Grünen mit 6,6 Prozent ebenfalls deutlich unter ihrer Fraktionsstärke blieben. Die Linke fiel mit lediglich 0,5 Prozent nahezu gar nicht ins Gewicht. Der Anteil der Besuchergruppen aus den Bereichen Militär, Polizei, Justiz und Feuer- wehr war im Berichtszeitraum leicht rückläufig: Er sank von 4,3 Prozent (2008) auf 3 Prozent (2009) und schließlich auf 2,6 Prozent (2010). Während die absolute Zahl dieser Besucher anfangs noch leicht anstieg, und zwar von 9 600 (2008) auf 9 800 (2009), gingen sie 2010 auf 6 700 Personen zurück. Warum dies so ist, konnte bisher nicht festgestellt werden. Der Anteil der Reise- und Privatgruppen blieb da- Abb. 5: Altersverteilung der Besucher (2010) gegen mit rund 3 Prozent konstant auf dem Niveau von 2008 (siehe Abbildung 4). Des Weiteren hat die Gedenkstätte die regionale Herkunft der Besucher untersucht. Dabei zeigte sich vor allem bei den Schülern eine merkwürdige Scherenbewegung: Wäh- rend aus den westdeutschen Bundesländern immer mehr kamen, blieb die Zahl der Schüler aus Berlin und den neuen Ländern in den ver- gangenen acht Jahren mehr oder weniger kon- stant (siehe Abbildung 6). Allein im Berichts- zeitraum stieg die Zahl der westdeutschen Schüler um mehr als 35 000 – von 96 000 (2008) auf 131 100; die Zahl der ostdeutschen Schüler stagnierte hingegen bei durchschnitt- lich 9 000. Absoluter Spitzenreiter bei den jugendli- chen Besuchern war 2010 Bayern mit knapp 29 000 Schülern, dicht gefolgt von Nordrhein- Westfalen mit rund 28 000 und Baden-Würt- temberg mit etwa 27 000. Berlin war dagegen nur mit rund 10 200 Schülern vertreten. Noch viel weniger Schüler kamen aus den ostdeut- schen Ländern, die Zahlen lagen hier zwischen Abb. 6: Schülerbesuche im Ost-West-Vergleich (2003-2010) 1 000 und 3 000 Jugendlichen pro Bundes- Besucherbetreuung 19

land. Das Schlusslicht bildete Mecklenburg- führen, der fließend Dänisch und Norwegisch Vorpommern mit knapp 1 050 Schülern. spricht und bei skandinavischen Besuchern Diese Ost-West-Differenz zeigt sich nicht geradezu Kultstatus genießt. Wegen der über- nur bei den Schülergruppen: 2010 kamen 84 großen Nachfrage müssen aber zahlreiche Prozent aller Gruppenbesucher aus den alten skandinavische Gruppen auch auf Englisch ge- Bundesländern. Ihr Anteil ist damit seit 2008 führt werden. Auf dem nächsten Platz liegen noch weiter gestiegen (2008: 80,4 Prozent, die Niederlande, gefolgt von Großbritannien, 2009: 81,1 Prozent). Lediglich sechs Prozent Frankreich, der Schweiz, Belgien, den USA, Ita- stammte 2010 dagegen aus den neuen Län- lien und Schweden (siehe Abbildung 8). Diese dern. Der rückläufige Trend der Vorjahre setzte Länder sind es auch, die hauptsächlich für den sich damit weiter fort (2008: 8,9 Prozent; 2009: Anstieg der ausländischen Besucher gesorgt 7,7 Prozent). Der Anteil der Berliner Gruppen- haben. Das deutet darauf hin, dass Mund-zu- besucher zeigte keine klare Richtung: Er stieg Mund-Propaganda immer noch die wirksams- zunächst von 10,7 Prozent (2008) auf 11,2 Pro- te Werbung ist. zent (2009), um dann auf 9 Prozent (2010) zu fallen. In absoluten Zahlen zeigte sich die Ost- West-Differenz noch viel stärker: So stieg die Zahl der westdeutschen Besucher von 134 000 (2008) auf 241 000 (2010) – ein Zuwachs von 107 000. Im Vergleich dazu erhöhten sich die Besucherzahlen aus Ostdeutschland eher ge- ringfügig von 15 000 (2008) auf 20 000 (2010). Die Anzahl der Berliner wuchs in ähnlicher Wei- se von 18 000 (2008) auf 24 000 (2010). Der enorme Besucherzuwachs der letzten Jahre ist demnach vor allem auf westdeutsche Gruppen zurückzuführen. Diese Zahlen relativieren sich etwas, wenn man sie in Relation zur Bevölkerungsgröße der Bundesländer stellt. Mit sieben Besuchern pro 1 000 Einwohner stand dann nämlich 2010 Berlin an der Spitze, gefolgt von Niedersach- sen (4,6), Baden-Württemberg (4,3) und Bay- ern (4,1). Die Schlusslichter bildeten erneut die ostdeutschen Länder Thüringen und Mecklen- Abb. 7: Anzahl der Besucher nach Bundesländern in Relation zur burg-Vorpommern (je 1,5), Sachsen (1,2) und Bevölkerungszahl (2010) Sachsen-Anhalt (1,1) (siehe Abbildung 7). Auch hier ist also immer noch eine deutliche Ost- West-Differenz zu erkennen. Abgesehen vom nahe gelegenen Land Brandenburg kamen nur wenige Besuchergruppen aus den neuen Bun- desländern. Auch ausländische Besucher interessieren sich in zunehmendem Maße für die Gedenk- stätte. Ihre Zahl stieg von 28 900 (2008) und 38 000 (2009) auf schließlich 45 900 Personen (2010) – ein Anstieg um 17 000 oder 59 Pro- zent. In diesen Zahlen sind dabei nur die Grup- penbesucher erfasst, da Einzelbesucher nicht nach ihrer Nationalität befragt werden. Wegen der zahlreichen Touristen werden jedoch im Sommer meist mehrsprachige Referenten ein- gesetzt, damit auch ausländische Einzelbesu- cher optimal betreut werden können. An der Spitze der ausländischen Gruppen- besucher lag 2010 erneut Dänemark mit knapp 12 000 Besuchern, dicht gefolgt von Norwe- gen mit rund 11 500 Besuchern. Dies ist un- ter anderem auf den Besucherreferenten und Abb. 8: Hauptherkunftsländer ausländischer Gruppen (2010) ehemaligen Häftling Mike Fröhnel zurückzu- 20

Wechselausstellung Ausstellungen „2 000 Zeichnungen – inhaftiert“ Die Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohen- Zusammenarbeit mit den Besucherreferenten schönhausen hat den gesetzlichen Auftrag, entstand das Modell einer Standardführung, auch mit Ausstellungen zur kritischen Ausei- die in 90 Minuten alle wichtigen Stationen und nandersetzung mit den Formen und Folgen Sachverhalte berücksichtigt. In den vom Beirat politischer Verfolgung in der kommunistischen der Gedenkstätte bestätigten Leitlinien über Diktatur anzuregen. Das größte und wichtigste Form und Inhalt geführter Rundgänge ist dar- Ausstellungsobjekt bildet dabei die ehemali- gestellt, welche Inhalte an welcher Stelle ver- ge Untersuchungshaftanstalt, die im Rahmen mittelt werden sollen. eines ausgedehnten musealen Rundgangs Der museale Rundgang folgt dabei einer besichtigt werden kann. Darüber hinaus wur- doppelten Dramaturgie. Zum einen beschreibt den regelmäßig Sonderführungen durch das er die verschiedenen Entwicklungsetappen frühere Haftkrankenhaus des MfS und durch des Haftortes Berlin-Hohenschönhausen, die einen originalen DDR-Gefangenenwaggon für die Besucher auch baulich sichtbar werden: angeboten. Zudem zeigte die Gedenkstätte vom sowjetischen Speziallager Nr. 3 1945/46 im Berichtszeitraum drei ständige und zwölf über die zentrale Untersuchungshaftanstalt Wechselausstellungen zu unterschiedlichen des sowjetischen Ministeriums für Staatssi- Aspekten der SED-Diktatur. Vor allem aber war cherheit (MGB) und deren Übernahme und die Stiftung damit beschäftigt, die Vorbereitung Erweiterung durch den DDR-Staatssicher- der zentralen Dauerausstellung voranzutrei- heitsdienst bis zur Schließung der Haftanstalt ben. im Oktober 1990. Zum anderen vermittelt er den Besuchern die typischen Stationen eines Musealer Rundgang Gefangenen nach seiner Festnahme: von der Einlieferung in einem fensterlosen Gefangen- entransporter über das strenge Haftregime Die Besucher der Gedenkstätte Berlin- in der Zelle und die Aussageerzwingung im Hohenschönhausen interessieren sich in der Vernehmertrakt bis zum Abtransport nach der Regel am meisten für das ehemalige Gefäng- Verurteilung. nis des Staatssicherheitsdienstes. Da das Ge- Im Regelfall umfasste der Rundgang im bäude nicht den baurechtlichen Vorschriften für Berichtszeitraum folgende Stationen, wobei ein Museum entspricht, kann es nur im Rah- einige Bereiche wegen Sanierungsarbeiten men von Führungen besichtigt werden. Wie zeitweise nicht zugänglich waren (siehe Bau- dargestellt, bietet die Gedenkstätte in großer tätigkeit): Zahl sowohl deutsche als auch fremdsprachige Führungen an, von denen die überwiegende Eingangstor Mehrheit von Zeitzeugen durchgeführt wird. Beim Durchschreiten des Eingangstores Die Führungen durch das ehemalige Unter- erlebt der Besucher zum ersten Mal bewusst, suchungsgefängnis folgen einem unter histori- dass er sich in ein Gefängnis begibt. Das schen und didaktischen Kriterien konzipierten schwere Eisentor, die Gitterstäbe und der ein- Curriculum. Ein wissenschaftlicher Arbeits- schüchternde funktionale Baukörper vermitteln ausschuss hat die Grundzüge davon bereits einen ersten Eindruck von der Situation der 1995 festgelegt. In der Folgezeit wurde es von Gefangenschaft. Der Besucherdienst nimmt der Gedenkstätte unter Berücksichtigung der die Besucher an dieser Stelle in Empfang und praktischen Erfahrungen weiterentwickelt. In leitet sie zur nächsten Station weiter. Ausstellungen 21

Einführung schwarzen Gummiummantelung aus. Die Be- Das Vorwissen der Besucher über das Sys- sucher erfahren, wie das MfS die sogenannten tem der politischen Justiz in der DDR ist ge- Beruhigungsverwahrräume nutzte, um Gefan- wöhnlich sehr gering. Jugendlichen sind häufig gene ruhigzustellen oder zu disziplinieren. selbst Grundbegriffe wie SED, Stasi oder DDR nicht bekannt. Deshalb ist es erforderlich, vor Wachzentrale dem Rundgang wichtige historische Grundin- Im Erdgeschoss führt der Rundgang an der formationen über die DDR, den Staatssicher- ehemaligen Wachzentrale des Gefängnisses heitsdienst und den Haftort Hohenschönhau- vorbei. Durch ein Fenster können die Besucher sen zu geben. Dies geschieht im Regelfall einen Blick auf die dort aufgestellten Kontroll- durch einen Einführungsfilm, in Ausnahmefäl- monitore werfen, mit denen die Haftanstalt Kellergefängnis („U-Boot“) len auch durch einen Vortrag. Die Einführung überwacht wurde. Auf dem Flur ist die primi- findet teilweise in ehemaligen Versammlungs- tive Alarmanlage aus Klingeldraht zu sehen. räumen des Gefängnispersonals statt. Die Besucher nehmen nun denselben Weg, den auch die Untersuchungsgefangenen bei Speziallager ihrer Einlieferung früher durchliefen: Entklei- Der anschließende Rundgang führt nor- dung, Durchsuchung, erkennungsdienstliche malerweise an dem roten Backsteingebäude Behandlung und schließlich das erstmalige Be- vorbei, in dem sich 1945/46 das sowjetische treten der Zelle. Speziallager Nr. 3 befand. Die Überreste des Lagers, in dem zeitweise über 4 200 Men- Entkleidungsraum schen eingepfercht waren, sind nur von außen Unmittelbar vor dem Zellentrakt befindet zu sehen. Der Innenbereich wurde vom Staats- sich ein vergitterter Entkleidungsraum mit Schleuse (Neubau) sicherheitsdienst später komplett umgebaut. angeschlossener Kleiderausgabe, wo sich die Gefangenen vollständig ausziehen, einer Kör- Kellergefängnis („U-Boot“) perdurchsuchung unterziehen und alle persön- Im Keller des Gebäudes kann der Besucher lichen Gegenstände abgeben mussten. Hier die Reste des sowjetischen Kellergefängnis- wird demonstriert, wie aus der Zivilperson ein ses besichtigen, das das MfS 1951 übernahm Untersuchungshäftling wurde. und als zentrale Untersuchungshaftanstalt weiterführte. Insbesondere der Blick in den Zellentrakt ersten Zellengang mit der langen Reihe ver- Im Zellentrakt können die Besucher in ori- schlossener Eisentüren macht die Situation der ginale Zellen hineinschauen oder -gehen. Die hier gefangenen Menschen sinnlich erfahrbar. Zellen sind zum Teil mit Hocker, Tisch, Wand- Verschiedene Zellen werden gezeigt, teilweise schrank, Pritschen, Decken und Bettzeug ausgestattet mit Pritschen, Kübeln und rekon- ausgestattet. Auf dem Flur sieht man die Am- Zellentrakt (Neubau) struierten Anlagen zur Geständniserzwingung. pelanlage und die Balkenmarkierung am Fuß- boden, mit denen verhindert wurde, dass sich Schleuse (Neubau) Häftlinge auf dem Weg zum Verhör begegnen Aus dem Kellergefängnis im Altbau wer- konnten. den die Besucher in den Neubau geführt, den Häftlinge des benachbarten Arbeitslagers seit Fotoraum Ende der 1950er Jahre errichten mussten. Bis In diesem Raum wird das Prozedere der 1990 diente das Gebäude dem Staatssicher- erkennungsdienstlichen Behandlung gezeigt: heitsdienst als zentrales Untersuchungsge- Abnahme von Fingerabdrücken, Anfertigen ei- fängnis. Im sogenannten Rosenhof können die nes „Verbrecherfotos“, Erfassung von Tätowie- Besucher die Dimensionen dieser Haftanlage rungen. erfassen. Zugleich sehen sie in der Mitte den Fotoraum Gedenkstein für die Opfer der kommunisti- Haftrichterraum schen Gewaltherrschaft. Anschließend betre- In dem original eingerichteten Raum sank- ten sie die frühere Schleuse des Gefängnis- tionierte ein Richter die Verhaftungen des ses, in der die Inhaftierten ausgeladen wurden Staatssicherheitsdienstes. und in der ein Original-DDR-Gefangenentrans- porter zu sehen ist. Vernehmertrakt In diesem Trakt sind zunächst die Schreib- Gummizellen zimmer zu sehen, in denen die Zelleninfor- Über einen Treppenabgang können auch manten ihre Spitzelberichte schrieben. An- die ehemaligen Gummizellen im Keller besich- schließend stößt der Besucher auf die lange tigt werden. Eine im Original erhaltene Zelle Flucht der Vernehmerräume. Die etwa 40 Tü- strömt bis heute den dumpfen Geruch der ren versinnbildlichen die frühere Funktion der Vernehmertrakt 22 Ausstellungen

Haftanstalt als Ort „industriemäßiger Geständ- Gefangenenwaggon nisproduktion“. Die Vernehmerräume sind mit Einzelbesucher konnten jeden Donnerstag historischem Mobiliar ausgestattet: unter im Anschluss an die öffentliche Führung um anderem Schreibtisch, Vernehmersessel, Bei- 13 Uhr den sogenannten Grotewohl-Express, stelltisch, Büroschrank, Aktenpanzerschrank den letzten existierenden Gefangenensam- und Telefon. meltransportwaggon (GSTW) der DDR besich- tigen. Derartige Fahrzeuge kamen in der Regel Hofgangzellen bei Gefangenenverlegungen zum Einsatz. Der Am Ende des Rundgangs werden die Waggon zeigt, dass die Untersuchungshaft- Freiganghöfe besichtigt, im Häftlingsjargon anstalt für die Inhaftierten keine „Endstation“ „Tigerkäfige“. Selbst der Himmel ist hier mit war, sondern dass sie nach ihrer Verurteilung Maschendraht vergittert. Das bewaffnete von Hohenschönhausen in das ausgedehnte Wachpersonal auf der Beobachtungsbrücke System des DDR-Strafvollzugs verbracht wur- demonstrierte die Allmacht des Staates. Die den. Eine Erläuterungstafel mit Dokumenten, unwirtliche Situation zwischen den grauen Fotos und Ansichten aus dem Wageninneren Mauern bildet den Schlusspunkt des Rund- erschließt das Ausstellungsobjekt auch außer- gangs durch die frühere Haftanstalt. halb der Führungen. Der hier beschriebene Rundgang wird um eine zweite Informationsebene ergänzt. Auf Haftkrankenhaus zweisprachigen Tafeln (Deutsch und Englisch) Bis Oktober 2009 wurden auch einmal werden an den wichtigsten Stationen die we- pro Woche Führungen durch das ehemalige sentlichen Fakten noch einmal schriftlich zu- MfS-Haftkrankenhaus angeboten. In dem Bau sammengefasst. Biografie-Stelen machen auf waren Gefangene aus allen 17 Untersuchungs- bedeutende Häftlingsschicksale aufmerksam. haftanstalten des MfS inhaftiert: angeschos- Die Stelen korrespondieren mit Textfahnen an sene Flüchtlinge, schwer erkrankte Häftlinge, den Außenfassaden, die den Besuchern Aus- Inhaftierte, die in den Hungerstreik getreten kunft über die frühere Nutzung der Gebäude waren oder unter einer Haftpsychose litten. geben. Auch in der Umgebung, dem ehema- Das Personal bestand aus MfS-Mitarbeitern, ligen Sperrgebiet Berlin-Hohenschönhausen, die eng mit der Vernehmerabteilung zusam- hat die Gedenkstätte entsprechende Erläute- menarbeiteten. Das Gebäude steht ebenfalls rungstafeln aufgestellt. unter Denkmalschutz, konnte aber erst nach aufwändigen Sanierungsarbeiten wieder zu- Sonderführungen gänglich gemacht werden. Für die Führungen, die an Krankenzellen, einem Operationssaal sowie den Behand- Neben dem so beschriebenen Rundgang lungsräumen vorbeiführen, wurde ein eigenes hat die Gedenkstätte Sonderführungen durch Curriculum entwickelt, das ebenfalls vom Bei- weitere Bereiche der ehemaligen Untersu- rat der Stiftung beraten und bestätigt wurde. chungshaftanstalt angeboten. Insbesondere Das Gebäude wurde zusätzlich mit einem We- das frühere Haftkrankenhaus des MfS und geleitsystem versehen, das aus einer Orientie- ein Original-DDR-Gefangenenwaggon wurden rungstafel im Eingangsbereich, Bildtafeln mit auf diese Weise zugänglich gemacht. Bei be- Fotografien des früheren Zustands, Standort- Aufnahmen vom Haftkrankenhaus Berlin-Hohenschönhausen: OP-Saal, sonderen Anlässen waren auch die Gefängnis- informationen und erklärenden Raumabsper- Freiganghof, Krankenzelle, Gynäkologie küchen und die Sauna der MfS-Mitarbeiter zu rungen besteht. Wegen weiterer Instandset- und Außenansicht besichtigen. zungsarbeiten musste das Haftkrankenhaus Ausstellungen 23

im November 2009 erneut für Besucher ge- schlossen werden (siehe Bautätigkeit).

Küchentrakt und Sauna Bei besonderen Anlässen wie der Langen Nacht der Museen oder dem Tag des offenen Denkmals öffnete die Gedenkstätte für Besu- cher auch Bereiche, die normalerweise nicht öffentlich zugänglich sind, wie zum Beispiel die Sauna für das MfS-Personal, die Gefängniskü- chen oder die Strafgefangenenunterkünfte. Die Räume verfügen jedoch über keine Flucht- wege und können deshalb nur im Rahmen von Sonderführungen gezeigt werden.

Zentrale Dauerausstellung

Die Vorbereitung der künftigen zentralen Dauerausstellung der Gedenkstätte war ein zentrales Projekt im Berichtszeitraum. Bund und Land stellen dafür insgesamt 3,1 Millio- nen Euro zur Verfügung. Die Projektgruppe Aktenvernichter der Hauptabteilung IX unter Leitung des Direktors bestand aus zwei sen werden. Der Stiftungsrat bestätigte im wissenschaftlichen Mitarbeitern, einer Museo- Juni 2010 den Vorentwurf, sodass das Büro hg login, weiteren Hilfskräften und seit Februar merz an die Ausarbeitung des endgültigen Ent- 2010 einer Volontärin. Beraten wurde sie von wurfs gehen konnte. Prof. Hermann Schäfer, dem ehemaligen Prä- Parallel zur Planung des Umbaus und der sidenten der Stiftung Haus der Geschichte in Ausstellungsarchitektur befasste sich die Pro- Bonn. Das Team befasste sich vor allem mit jektgruppe mit zahlreichen Recherchen zur der Weiterentwicklung des Drehbuches, mit Geschichte der Haftanstalt und zu einzelnen speziellen Recherchen zu einzelnen Themen Exponaten. So führten zwei Bauarchäologen, und mit der Beschaffung von aussagekräftigen finanziert von der Senatsverwaltung für Stadt- Exponaten. Das Drehbuch wurde auch im Bei- entwicklung, erstmals genaue bauhistorische rat wiederholt diskutiert und vom Stiftungsrat Untersuchungen im ehemaligen Kellergefäng- bestätigt. nis durch und konnten die Spuren von zwei In enger Zusammenarbeit mit der Projekt- Stehzellen aus der Frühzeit der Haftanstalt gruppe entwickelte das renommierte Architek- nachweisen. Für das Erdgeschoss waren die- turbüro hg merz auf der Grundlage des Dreh- se Untersuchungen bis Ende 2010 noch nicht buchs ab Herbst 2009 einen Vorentwurf für die abgeschlossen. Über Werkverträge wurden Gestaltung der Ausstellung. Zugleich fertigte darüber hinaus genauere Erkenntnisse über es Pläne für den dazu erforderlichen Umbau die in der Haftanstalt eingesetzten Strafge- der Gedenkstätte an (siehe Bautätigkeit). In ei- fangenenarbeitskommandos und über die ner ehemaligen Materiallagerhalle in der Mitte Nutzung des Haftkrankenhauses erarbeitet. des Altbaus soll eine etwa 500 Quadratmeter Weitere Arbeiten befassten sich mit den vor große Ausstellungsfläche entstehen, die sich Ort tätigen Angehörigen des sowjetischen in fünf Themeninseln der Erfahrungswelt der Geheimdienstes sowie mit den Angehörigen Häftlinge und in einem umlaufenden Vitrinen- der in Hohenschönhausen ansässigen MfS- band der Geschichte des Ortes widmet. Über Abteilungen und ihrem persönlichem Umfeld. einen sogenannten Steg können die Besucher Intensive Recherchen fanden auch in den Be- Polizeihelm (Tschako) des Polizisten von hier aus in zwei historische Bereiche der ständen der Stasi-Unterlagen-Behörde statt, Paul Anlauf, der 1931 von Erich Mielke Haftanstalt gelangen – in den ehemaligen Bü- bei der sich sämtliche MfS-Dokumente aus der erschossen wurde rotrakt der Gefängnisleitung im Erdgeschoss Zeit der Haftanstalt befinden. Dabei stieß die und in einen vom Besucherrundgang abge- Projektgruppe unter anderem auf mehrere Fo- trennten Teil des Kellergefängnisses (U-Boot) toserien aus dem Dienstzimmer des Gefäng- im Untergeschoss. Darüber hinaus gibt es im nischefs, mittels derer die historische Einrich- Erdgeschoss einen Nebenbereich der Ausstel- tung und die Herkunft einiger in der Haftanstalt lung, der über die Beschäftigten der Haftanstalt gefundener Gegenstände rekonstruiert wer- informiert. Die einzelnen Ausstellungsbereiche den konnte. Weitere Exponate wurden durch sollen auch über einen Audioguide erschlos- Recherchen in Museen, Sammlungen oder bei 24 Ausstellungen

dell einer Gefängnisschließanlage. Die Daten- bank mit allen für die Dauerausstellung vorge- sehenen Fotos, Dokumenten und Exponaten umfasst mittlerweile rund 5 000 Datensätze.

Ständige Ausstellungen

Entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag hat die Gedenkstätte im Berichtszeitraum auch drei kleinere ständige Ausstellungen gezeigt. Stark frequentiert, vor allem von Einzelbesu- chern, war insbesondere das Info-Center, das im März 2007 eröffnet wurde. Die dort ge- zeigte Ausstellung „Inhaftiert in Hohenschön- hausen. Zeugnisse politischer Verfolgung 1945-1989“ dient als Zwischenlösung bis zur Fertigstellung der zentralen Dauerausstellung. In verschiedenen Räumen wurden zudem Ein- zelvitrinen mit Objekten zum Haftalltag (Raum C), zur Satirezeitschrift „Die Tarantel“ (Raum D) und zum Thema „Hygiene im Strafvollzug“ Exponate der Ausstellung „Inhaftiert in Hohenschönhausen“ im Info-Center (Raum 37/38) gezeigt. Im Berichtszeitraum hat die Stiftung folgende ständige Ausstellungen gezeigt:

Inhaftiert in Hohenschönhausen – Zeugnisse politischer Verfolgung 1945-1989 Ausstellung der Gedenkstätte Berlin-Hohen- schönhausen Seit März 2007

Die Ausstellung im Info-Center der Ge- denkstätte gliedert sich in fünf Themenberei- che, die der Abfolge des Rundgangs durch die frühere Haftanstalt entsprechen. Nach einer Einführung in die Geschichte des Haftortes wird der Weg beschrieben, den die Häftlinge von ihrer Verhaftung und Einlieferung bis zur Verurteilung nahmen. Ausgewählte Häftlings- biografien ergänzen die Schau. Ein dreidimen- sionales Modell im Maßstab 1:200 zeigt die Gefängnisanlage zum Zeitpunkt der Friedli- chen Revolution im Herbst 1989. Über 120 Exponate, Fotos und Dokumente Ausstellungvitrine in der Ausstellung „Inhaftiert in Hohenschönhausen“ veranschaulichen den Alltag der Häftlinge. Ne- ben Objekten zum Haftregime – Handtücher, Privatpersonen beschafft (siehe Sammlung). Waschlappen, Plastikgeschirr, Überwachungs- Dabei ist es beispielsweise gelungen, den apparate oder Instrumente aus der erken- Original-Helm (Tschako) des Polizisten Paul An- nungsdienstlichen Behandlung – werden auch lauf zu erwerben, der vom späteren Minister einige seltene persönliche Gegenstände von für Staatssicherheit Erich Mielke 1931 auf dem Verfolgten gezeigt. Dazu gehören zum Beispiel Berliner Bülowplatz erschossen wurde und in ein selbstgefertigtes Besteck des ehemaligen dem immer noch das entsprechende Durch- thüringischen LDPD-Fraktionschefs Hermann schussloch zu sehen ist. Zu den weiteren Becker aus seiner Haft im sowjetischen Ar- Exponaten, die in der Dauerausstellung zu se- beitslager Workuta, kleine Schmuckgegen- hen sein werden, zählt ein Gemälde von Bär- stände aus dem sowjetischen Haftarbeitslager bel Bohley von 1978, ein Aktenvernichter der in Hohenschönhausen oder ein umgebauter Hauptabteilung IX sowie ein von Mitarbeitern Rasierer zum Transport von Kassibern, den ein des Staatssicherheitsdienstes gefertigtes Mo- Häftling in der Strafvollzugseinrichtung Wald- Ausstellungen 25

heim heimlich anfertigte. Auch Bücher aus und sahen ihre Mütter meist erst Jahre später der einstigen Gefängnisbibliothek von Hohen- wieder. Die Ausstellung informiert über diese schönhausen werden gezeigt. Sie tragen kaum Praxis der Kindesenteignungen, die für die sichtbare Fingernagelmarkierungen, mit denen Betroffenen oft nachhaltige seelische Folgen Häftlinge Nachrichten an ihre Mitgefangenen hatte. zu übermitteln versuchten. In einem Nachbar- raum haben die Besucher die Möglichkeit, sich Wechselausstellungen anschließend an Medienterminals vertiefend über die Haftanstalt und die Gedenkstätte zu informieren. Neben dem musealen Rundgang und den ständigen Ausstellungen hat die Gedenkstät- Zeit meines Lebens te auch verschiedene Wechselausstellungen Ausstellung der Gedenkstätte Berlin-Hohen- gezeigt, die unterschiedliche Aspekte des schönhausen kommunistischen Systems beleuchteten. Seit November 2000 Die Ausstellungen waren täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet, der Besuch war kostenfrei. Auf- Die Ausstellung im ersten Stock des grund der begrenzten finanziellen und perso- Hauptgebäudes zeigt fotografische Porträts nellen Ressourcen der Gedenkstätte wurden ehemaliger Häftlinge aus dem Gefängnis Ber- sie nicht selbst erstellt, sondern bei anderen lin-Hohenschönhausen, die in der Gedenkstät- Einrichtungen ausgeliehen. Kooperationspart- Plakat zur Ausstellung über die Jugend- te Besuchergruppen führen. Der Berliner Foto- ner waren unter anderem die Bundesstiftung organisation Die Falken graf André Kaiser, der selbst als 18-Jähriger in zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die Zent- dem Gefängnis inhaftiert war, hat die Serie im ral- und Außenstellen der Bundesbeauftragten Herbst 2000 angefertigt. Die Porträts wurden für die Stasi-Unterlagen, Gedenkstätten sowie in der Gedenkstätte jeweils an Orten aufge- verschiedene Vereine und Initiativen. Da die nommen, die die ehemaligen Häftlinge sich Stiftung bislang über keine größere Fläche für selbst ausgesucht hatten, und mit einer eben- Wechselausstellungen verfügt, konnten sie falls selbst gewählten Aussage unterstrichen. nur in den ehemaligen Fluren und Versamm- Auf diese Weise sind ausdrucksstarke Aufnah- lungsräumen sowie in einer umgebauten Ga- men entstanden, die weit mehr erzählen als rage gezeigt werden. Im Berichtszeitraum hat eine Galerie mit Fotografien von Gedenkstät- die Gedenkstätte folgende Wechselausstellun- tenmitarbeitern. Für die Besucher, die in der gen gezeigt: Regel einen der hier Gezeigten in der Führung auch persönlich erlebt haben, bieten sie die Selbstbehauptung, Widerstand und Verfol- Möglichkeit zur individuellen Begegnung mit gung. Die Sozialistische Jugend Deutsch- unterschiedlichen Haftschicksalen und Persön- lands – Die Falken in Berlin 1945 bis 1961 lichkeiten. Ausstellung des Berliner Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen Die Kinder von Hoheneck 10. November 2008 bis 20. Februar 2009 Ausstellung des Frauenkreises der ehemali- gen Hoheneckerinnen Die Ausstellung des Berliner Landesbe- Seit März 2003 auftragten für die Unterlagen des Staatssi- cherheitsdienstes beschäftigte sich mit der Die kleine, im Eingangsbereich der Ge- Vereinigung „Sozialistische Jugend Deutsch- Foto aus der Ausstellung denkstätte gezeigte Ausstellung ist einem land (SJD) – Die Falken“, die bis zum Bau der „Gewendet – vor und nach dem der traurigsten Kapitel politischer Verfolgung Mauer 1961 in beiden Teilen Berlins aktiv war. Mauerfall“ in der kommunistischen Diktatur gewidmet. Die SPD-nahe Orga- Anhand von vier Einzelschicksalen erinnert sie nisation kämpfte ge- an die Geschichte der Kinder und Mütter aus gen den Weg in eine dem ehemaligen Frauenzuchthaus Hoheneck. neue Diktatur und Nach Auflösung der sowjetischen Spezialla- hatte Kontakt zu Ju- ger in Deutschland wurde ein Teil der dort in- gendlichen in Dres- haftierten Frauen 1950 an die DDR-Behörden den, Ilmenau, Leipzig übergeben. Zum Zwecke der weiteren Straf- und Frankfurt (Oder). verbüßung mussten sie in die Strafvollzugsan- Viele ihrer Mitglieder stalt Hoheneck. Einige Frauen brachten in den wurden vom DDR- Lagern oder im Zuchthaus Hoheneck Kinder Staatssicherheits- zur Welt, die ihnen nach kurzer Zeit wegge- dienst verhaftet und nommen wurden. Als namenlose „Kinder der zu langen Haftstrafen Landesregierung” kamen sie in Kinderheime verurteilt. 26 Ausstellungen

Gewendet – vor und nach dem Mauerfall Eine Wende auf Wänden – Unabhängige Fotoausstellung von Harald Hauswald Generation 17. März bis 31. August 2009 Deutsch-Ukrainische Ausstellung zu Wende- familien In der Ausstellung zeigte der ostdeutsche 24. April bis 27. Mai 2009 Fotograf Harald Hauswald Bilder aus der DDR der 1980er Jahre jenseits von Propaganda und Die Ausstellung „Eine Wende auf Wänden offiziellen Losungen: bröckelnde Altbaufassa- – Unabhängige Generation“ war das Ergebnis den, den beschwerlichen Alltag der Menschen eines Studentenprojektes, das durch das Theo- und die allgegenwärtige Mauer. Nach dem dor-Heuss-Kolleg der Robert Bosch Stiftung Ende der SED-Diktatur suchte der Künstler die- und den Verein MitOst e.V. gefördert wurde. selben Orte wieder auf, um sie erneut zu foto- Im Vorfeld des 20. Jahrestags der Friedlichen grafieren. Mit Anteilnahme und Distanz näher- Revolution wurden Interviews und Fotos von te er sich in seinen Schwarz-Weiß-Motiven der Kindern und Eltern aus Deutschland und der neuen bunten Warenwelt. Mit seinen Fotogra- Ukraine gezeigt, deren Leben sich durch das fien versuchte der Künstler den Fragen nachzu- Ende des Kommunismus stark veränderte. gehen, was sich in zwei Jahrzehnten verändert Während in Ostdeutschland durch den Beitritt hat. Wie viel Ost-Berlin steckt noch in Berlin der DDR zur Bundesrepublik sehr rasch west- und wie viel DDR ist im Osten Deutschlands liche marktwirtschaftliche Strukturen Einzug noch präsent? hielten, war für die Ukraine vor allem die neu gewonnene politische Unabhängig von Russ- Unüberwindbar? Die innerdeutsche Grenze land von Bedeutung. Die Ausstellung ermög- und ihre Wahrnehmung 1945-1990 lichte es, unterschiedliche und ähnliche Ent- Ausstellung der Gedenkstätte Deutsche wicklungen in Deutschland und der Ukraine Ausstellung „Unüberwindbar?“über die Teilung Marienborn miteinander zu vergleichen. innerdeutsche Grenze 1945-90 9. April bis 21. Juni 2009 Diktat und Erfolg – Das Sportforum Hohen- Die Wanderausstellung der Gedenkstätte schönhausen 1954 bis 1990 Deutsche Teilung Marienborn erinnerte an die Ausstellung von Hans-Michael Schulze Opfer des Grenzregimes der DDR und ver- 20. August 2009 bis 15. Februar 2010 mittelte die Bedeutung der innerdeutschen Grenze für die Geschichte Deutschlands und Die Ausstellung des freiberuflichen Ku- Europas. Sperrgebiete, Mauern, Streckmetall rators Hans-Michael Schulze zeigte anhand und Stacheldraht, Schießbefehl für die Grenz- zahlreicher Bilder und Tonaufnahmen die über soldaten und moderne Technik, Minen und 35-jährige Geschichte der wichtigsten Trai- Selbstschussanla- nings- und Wett- gen dienten dazu, kampfstätte der die Bevölkerung an DDR im Berliner einer Flucht aus der Bezirk Lichtenberg. DDR zu hindern. Träger des soge- Hunderte Men- nannten Sportfo- schen fielen dem rums Hohenschön- Grenzregime der hausen war die DDR zum Opfer, Sportorganisation noch mehr wurden „Dynamo“, in der verletzt. Zehntau- Mitarbeiter der sende wurden bei Staatssicherheit, der Flucht festge- der Polizei und des nommen und inhaftiert, Hundert- Zolls trainierten. Mit allen Mitteln tausende mussten erniedrigende versuchte die DDR, über die sport- Kontrollen an den Grenzübergän- lichen Erfolge ihrer Athleten, die gen über sich ergehen lassen. als „Diplomaten im Trainingsan- Mehr als 11 000 Menschen wur- zug“ den SED-Staat repräsentie- den aus ihren Heimatorten an der ren sollten, die angebliche Über- Grenze in das Innere der DDR legenheit des Sozialismus unter zwangsumgesiedelt. Mit der Beweis zu stellen. Insbesondere Friedlichen Revolution von 1989 Exponate aus der Aus- bei der Nachwuchsförderung setz- und der Einheit Deutschlands ein stellung zum Sportforum ten Trainer und Sportmediziner Jahr später wurde diese Grenze Hohenschönhausen: Glück- dazu systematisch leistungsstei- wunschkarte und Aufnäher Geschichte. gernde Dopingmittel ein, worunter des Dynamo-Sportclubs Ausstellungen 27

die Betroffenen zum Teil noch die von der SED verordnete Foto aus der Ausstellung „Chronik der heute leiden. Das Sportforum Jugendpolitik durchzusetzen. Gewalt – Litauen 1939-1941“ Hohenschönhausen steht da- Beispiele wie die Werbung mit auch für den skrupellosen der Inoffiziellen Mitarbeiter Missbrauch Schutzbefohle- „Anne“ und „Maximilian“ il- ner. lustrierten die Strategie des MfS, Lehrer und Schüler dabei Chronik der Gewalt – Litau- als Zuträger zu benutzen und en 1939-1941 / Der balti- zur Bindung der Jugendlichen sche Weg an den Führungsoffizier auch Ausstellung des litauischen jugendpsychologische Er- Zentrums zur Erforschung kenntnisse einzusetzen. Die von Genozid und Widerstand Ausstellung dokumentierte 22. Oktober 2009 bis aber auch die Folgen für die 15. Januar 2010 Betroffenen, wenn diese die Zusammenarbeit verweiger- 70 Jahre nach dem ten. Hitler-Stalin-Pakt, in dem Deutschland und die Sowjet- „Das war’s“ – Die Unter- union einen Nichtangriffspakt suchungshaftanstalt der schlossen und den Osten Bezirksverwaltung für Europas unter sich aufteilten, Staatssicherheit Suhl schilderten die beiden Aus- Ausstellung der Bundesbeauf- stellungen des litauischen tragten für die Stasi-Unterla- Zentrums zur Erforschung gen, Außenstelle Suhl von Genozid und Widerstand 16. Juni bis 30. August 2010 und des litauischen Außen- ministeriums das tragische Die Ausstellung der Bun- Schicksal der drei baltischen desbeauftragten für die Sta- Staaten und ihre späte Be- si-Unterlagen, Außenstelle freiung. Nach dem Einmarsch Suhl, wurde anlässlich des deutscher und sowjetischer 20. Jahrestags der Schließung Truppen im September 1939 der Stasi-Haftanstalt in Suhl in Polen ließ Stalin 1940 auch in Zusammenarbeit mit dem Estland, Lettland und Litauen Thüringischen Staatsarchiv besetzen. Tausende Balten wurden in sibiri- Meinigen erstellt. Sie erzählte die Geschichte sche Arbeitslager verschleppt, ihre Staaten des Gebäudes, das 1860 als Königlich-Preußi- der Sowjetunion einverleibt. Fünfzig Jahre spä- sches Kreisgerichtsgefängnis erbaut worden ter, am 23. August 1989, bildeten über eine war. Im Mittelpunkt stand dabei die Nutzung Million Esten, Letten und Litauer die längste als Untersuchungsgefängnis der Staatssicher- Menschenkette aller Zeiten, um für ein Ende heit von 1952 bis 1989. Anhand von Einzel- der Fremdherrschaft zu demonstrieren. Wenig schicksalen bot die Ausstellung einen Einblick später erklärten die baltischen Staaten ihre Un- in den Haftalltag, der geprägt war von unsäg- abhängigkeit. lichen Haftbedingungen, Repressalien und Isolation. Als die Haftanstalt am 13. Dezember Foto aus der Ausstellung über das MfS und Schule – Jugendliche im Fokus 1989 geschlossen wurde, beendete der letzte Untersuchungsgefängnis der Staatssi- der Stasi Wachhabende die Aufzeichnungen in seinem cherheit in Suhl Ausstellung der Bundesbeauftragten für die Dienstbuch mit der viel sagenden Notiz: „Das Stasi-Unterlagen, Außenstelle Erfurt war‘s“. 14. Februar bis 31. Mai 2010 Gewalt hinter Gittern – Gefangenenmiss- Im Mittelpunkt der Ausstellung der Bun- handlungen in der DDR desbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Ausstellung der Gedenkstätten Bautzen und Außenstelle Erfurt, stand das Schul- und Er- Berlin-Hohenschönhausen ziehungssystem der DDR, insbesondere die 16. Juni bis 27. August 2010 Erziehung der Kinder und Jugendlichen „zu sozialistischen Persönlichkeiten“. Anhand von Prügel, Schlafentzug, Isolationshaft – phy- authentischen Schriftstücken und Überwa- sische und psychische Misshandlungen gehör- chungsfotos von Jugendveranstaltungen zeig- ten in den Gefängnissen der DDR zum Alltag. te sie, wie der Staatssicherheitsdienst half, Ob Untersuchungshaft oder Strafvollzug, der 28 Ausstellungen

Ausstellung „Gewalt hinter Gittern“ Allmacht des Gefängnispersonals waren kaum waren diese Dinge unerreichbar, denn es gab Grenzen gesetzt. Nach dem Ende der DDR eine Mauer, die sie von all dem trennte. Hinter wurden zwar Tausende Ermittlungsverfahren dieser Mauer waren Hippie-Träume verdächtig eingeleitet, doch nur zwei Gefängniswärter und der Mut, anders zu sein, gefährlich. Der Er- mussten ins Gefängnis. Die aufwändig herge- furter Freundeskreis lebte in einer Diktatur, die stellte Wanderausstellung der Gedenkstätten die Jugendlichen zu „sozialistischen Persön- Berlin-Hohenschönhausen und Bautzen doku- lichkeiten“ erziehen wollte. Aber die offiziellen mentierte erstmals die brutale Gewalt in DDR- Helden konnten sie ebenso wenig begeistern Gefängnissen. Anhand zahlreicher Fallbeispie- wie die vom Staat vorgegebene Lebensweise. le und aussagekräftiger Fotos, Dokumente Die Ausstellung berichtete von ihrem Leben in und Exponate gab sie Tätern und Opfern ein der DDR, das rasch zu Einschränkungen und Gesicht und zeigte auch das Versagen des Repressionen führte. Rechtsstaates bei der Aufarbeitung. Die Erar- beitung der Ausstellung, die anschließend in Die heile Welt der Diktatur? Herrschaft und der Gedenkstätte Bautzen und weiteren Orten Alltag in der DDR zu sehen war, wurde von der Bundesstiftung Eine Ausstellung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung finanziell unterstützt. Aufarbeitung der SED-Diktatur und des stern mit Fotos von Harald Schmitt und Texten von Von Liebe und Zorn – Jungsein in der Stefan Wolle Diktatur 1. September bis 30. Oktober 2010 Ausstellung des Freiheit e. V. / Förderverein Foto aus der Ausstellung Gedenkstätte Andreasstraße Was war die DDR? 1989 schien die Antwort „Die heile Welt der Diktatur?“ 6. Juli bis 26. August 2010 auf diese Frage eindeutig: Hunderttausende gingen damals auf die Straße, um gegen die Foto mit DDR-Jugendlichen in der Aus- Die Ausstellung des Fördervereins für eine Diktatur der SED, für Reisefreiheit und besse- stellung „Von Liebe und Zorn“ Gedenkstätte in der ehemaligen MfS-Untersu- re Lebensverhältnisse zu demonstrieren. Heu- chungsanstalt in Erfurt, te wird der Alltag in der DDR häufig verklärt. Freiheit e.V., dokumen- Gab es tatsächlich so etwas wie eine „heile tierte die Geschichte(n) Welt“ inmitten der Diktatur? Oder waren SED- eines Erfurter Freun- Herrschaft und Alltag letztlich untrennbar mit- deskreises. „Barry“, einander verbunden? Die Ausstellung der Bun- „Fetzer“ und ihre Er- desstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur furter Freundinnen und und des Magazins stern wollte Antworten auf Freunde wünschten diese Fragen geben und zur Diskussion einla- sich eine bessere Welt den. Die Bilder des Hamburger Fotografen Ha- in Liebe und Toleranz. rald Schmitt, langjähriger stern-Korrespondent Sie träumten von San in der DDR, und die Texte des in Halle (Saale) Francisco und Paris und geborenen Historikers Stefan Wolle luden zu von Pink-Floyd-Konzer- einer Zeitreise in eine immer fremder anmu- ten. Doch in der DDR tende Lebenswirklichkeit ein. Ausstellungen 29

Kunstprojekt zu 20 Jahren Wiederverei- nigung: „2 000 Zeichnungen – inhaf- tiert“ 2 000 Zeichnungen – inhaftiert All you need is beat Kunstprojekt von Gvoon alias Arthur Schmidt Eine Ausstellung des Archivs der Bürgerbe- in Kooperation mit Epicentro Art wegung Leipzig e.V. 13. September bis 3. Oktober 2010 1. November 2010 bis 31. Januar 2011

Das ambitionierte Ausstellungsprojekt Die Ausstellung widmete sich dem wech- wurde von dem Hamburger Künstler Gvoon selvollen Verhältnis von Jugend, Musik und alias Arthur Schmidt initiiert, der zu DDR-Zei- Politik in der DDR. Das Archiv der Bürgerbe- ten wegen einer geplanten Flucht im Gefäng- wegung Leipzig e.V. schilderte darin, wie sich nis war. Am 10. September 2010 präsentierte die ostdeutsche Jugendkultur um Rock‘n‘Roll er in der renommierten Berliner Galerie Epi- und Beat unter den Bedingungen des „real centro art 2 000 seiner Zeichnungen „in Frei- existierenden Sozialismus“ der Ulbricht-Ära heit“, bevor er sie in einer Performance symbo- zwischen partieller Förderung, Zensur und lisch verhaften und in die ehemalige zentrale Repression entwickelte. Am Beispiel der Leip- Stasi-Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohen- ziger Beatband „The Butlers“ stellte sie die schönhausen abtransportieren ließ. In einer frühen sechziger Jahre zwischen Mauerbau, aufwändigen „Totalinstallation“ wurden die kulturpolitischem Aufbruch und kulturellem Zeichnungen dort in sechs Räumen des ehe- „Kahlschlag“ nach dem berüchtigten 11. Ple- maligen Vernehmertraktes ausgestellt. Jeder num des SED-Zentralkomitees dar. Im Mittel- Besucher konnte gegen die Hinterlegung sei- punkt stand vor allem die inoffizielle „Beatde- nes Namens eine Zeichnung mitnehmen und monstration“ von 500 bis 800 „Beatniks“ in diese damit „befreien“. Am 3. Oktober, dem Leipzig im Jahr 1965, der die SED fast doppelt 20. Jahrestag der Schließung der Haftanstalt so viele Polizei- und zivile Sicherheitskräfte ent- Berlin-Hohenschönhausen, wurde die inzwi- gegenstellte. schen geleerte Ausstellung geschlossen und symbolisierte damit auch das Ende des hier begangenen Unrechts. 30

Szene aus dem Theaterstück Veranstaltungen „Staatssicherheiten“ Entsprechend ihrem gesetzlichen Auftrag Für die Veranstaltungen wurden größ- hat die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhau- tenteils speziell gestaltete Einladungen ge- sen regelmäßig Veranstaltungen durchgeführt, druckt, für deren Gestaltung die Pressestelle um zur Auseinandersetzung mit den Formen verantwortlich zeichnete. Je nach Bedeutung und Folgen politischer Unterdrückung in der und Zielgruppe wurden zwischen 600 und kommunistischen Diktatur anzuregen. Insge- 1 500 Exemplare gedruckt. Zusätzlich wurde samt fanden in den beiden letzten Jahren 36 in elektronischer Form eingeladen. Da die Ko- Veranstaltungen statt, im Schnitt also mehr als operationspartner auch ihre eigenen Verteiler eine pro Monat. Das Angebot umfasste Aus- bedienten, erreichten die Einladungen meist stellungseröffnungen, Buchvorstellungen und mehrere tausend Personen. Der Adressver- wissenschaftliche Vorträge bis hin zu kulturell teiler der Gedenkstätte wuchs im Berichtszeit- orientierten Theater-, Film- oder Literaturveran- raum um knapp 30 Prozent auf mehr als 9 800 staltungen. Große Bedeutung hatte auch das Adressen. Im Vorfeld aller Veranstaltungen Opfergedenken, namentlich an historischen versandte die Gedenkstätte außerdem Presse­ Jahrestagen wie dem 17. Juni 1953 (Volksauf- informationen und bestückte ihre Homepage stand in der DDR), dem 13. August 1961 (Bau mit Vor- und Nachberichten. Entsprechende der Berliner Mauer) oder dem 9. November Kurzinformationen sind dort seit dem Jahr 1989 (Mauerfall). Am 24. Oktober fand wie in 2003 nachzulesen. den Vorjahren eine Gedenkfeier für die Toten Insgesamt nahmen 2009/2010 etwa 6 500 des sowjetischen Speziallagers Nr. 3 in Hohen- Menschen an den Veranstaltungen teil, zwei schönhausen statt. Darüber hinaus nahmen Drittel mehr als in den Vorjahren. Je nach An- Mitarbeiter der Stiftung, auch außerdienstlich, lass bewegten sich die Teilnehmerzahlen zwi- als Referenten häufig an Veranstaltungen an- schen 40 und 1 000 Besuchern. Auch die Me- derer Institutionen teil. dien haben vielfach vor der Veranstaltung oder Wegen der ungünstigen Lage der Gedenk- im Anschluss daran berichtet. stätte im Nordosten Berlins wurde ein Teil der Veranstaltungen nicht in Hohenschönhausen, Ausstellungseröffnungen sondern im Stadtzentrum durchgeführt. Insbe- sondere die Landesvertretungen Thüringens und Hessens sowie das Literaturhaus Berlin Im Berichtszeitraum fanden insgesamt vier kooperierten mit der Gedenkstätte und stell- Ausstellungseröffnungen statt. Dabei waren ten zumeist kostenlos ihre Räumlichkeiten und neben prominenten Gästen und hochrangigen Logistik zur Verfügung. Auch bei Veranstaltun- Politikern meist auch Betroffene politischer gen auf dem Gelände der Gedenkstätte wurde Verfolgung anwesend. Aus finanziellen und meist mit anderen Partnern kooperiert. Da- organisatorischen Gründen war es leider nicht durch konnten nicht nur Finanzmittel gespart möglich, jede Wechselausstellung mit einer und die Lasten der Vorbereitungsarbeit geteilt, gesonderten Veranstaltung zu eröffnen. sondern zugleich neue Zielgruppen angespro- Am 17. März 2009 wurde in der Gedenk- chen werden. Zu nennen sind hier insbesonde- stätte die Ausstellung des Fotografen Harald re die Konrad-Adenauer-Stiftung, die Gedenk- Hauswald „Gewendet – vor und nach dem stätte Bautzen, die Internationale Gesellschaft Mauerfall“ eröffnet. Mehr als 100 Besucher für Menschenrechte, das Theater Strahl sowie begutachteten bei der Vernissage die Schwarz- die Galerie Epicentro Art. Weiß-Aufnahmen, die den Alltag der DDR in Veranstaltungen 31

den 1980er Jahren dokumentierten. Der Lie- dermacher Stephan Krawczyk begleitete den Abend musikalisch. Nach der Eröffnung wur- de der Film „Radfahrer“ von Marc Thümmler gezeigt, ein dokumentarischer Fotofilm über Harald Hauswald mit Fotografien aus dem Ost-Berlin der 1980er Jahre, unterlegt mit von der Staatssicherheit verfassten Texten. Die aus dem Off gesprochenen Passagen belegen, wie das „Subjekt Hauswald“ der Stasi aus de- ren Kontrolle geriet. Am 22. Oktober 2009 wurden zwei Aus- stellungen des litauischen Zentrums zur Er- forschung von Genozid und Widerstand im Beisein des Botschafters der Republik Litau- en, Mindaugas Butkus, sowie der litauischen Harald Hauswald (rechts) mit dem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister Michael Kulturattachée, Rasa Balcikonyte, eröffnet. Die Glos (CSU); links der Liedermacher Stephan Krawczyk beiden Ausstellungen „Chronik der Gewalt – Litauen 1939-1941“ und „Der baltische Weg – Das Baltikum 1989“ schilderten den Beginn der sowjetischen Okkupation 1939 und den mutigen Versuch, diese 1989 zu überwinden. Höhepunkt des Abends war die Vorführung des Dokumentarfilms „The Soviet Story“ aus dem Jahr 2008 über den sowjetischen Kom- munismus und die deutsch-sowjetischen Be- ziehungen zwischen Hitler und Stalin bis 1941. Mehr als 80 Menschen kamen zu der Abend- veranstaltung. Am 15. Juni 2010 wurde die Ausstellung „Gewalt hinter Gittern – Gefangenenmiss- handlungen in der DDR“ eröffnet, die in Ko- operation mit der Gedenkstätte Bautzen ent- standen ist. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger führte in die Exposition ein, die sich erstmals systematisch mit der Gewalt in DDR-Gefängnissen beschäf- tigte. Bei einem anschließenden Gespräch Litauens Botschafter Mindaugas Butkus (links) bei der Eröffnung der Ausstellungen berichteten die beiden ehemaligen politischen „Chronik der Gewalt / Der baltische Weg“ Gefangenen Tatjana Sterneberg und Siegmar Faust über ihre Gewalterfahrungen in Stasi- Gefängnissen und im Strafvollzug der DDR. Zur Eröffnung der Ausstellung erschienen mehr als 150 Personen. Eine ungewöhnliche Ausstellung wurde am 10. September 2010 in der Galerie Epicen- tro art eröffnet und nach einer spektakulären Performance in die Gedenkstätte Berlin-Ho- henschönhausen überführt: Der Künstler Ar- thur Schmidt alias Gvoon hängte im ehemali- gen Vernehmertrakt des Gefängnisses 2 000 Zeichnungen auf, die von den Besuchern der Gedenkstätte gegen Hinterlegung einer Nach- richt, eines Fotos oder einer anderen persönli- chen Botschaft wieder „befreit“ werden konn- ten. Bei der „Inhaftierung“ der Bilder in der Kunstgalerie an der Berliner Karl-Marx-Allee waren etwa 60 Kunstinteressierte zugegen, die oftmals zum ersten Mal mit der Stasi-Pro­ Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) mit Gedenkstättendirektor blematik in Berührung kamen. Hubertus Knabe bei der Eröffnung der Ausstellung „Gewalt hinter Gittern“ 32 Veranstaltungen

Einladungskarten der Gedenkstätte Sonderveranstaltungen Die Gedenkstätte beteiligte sich auch am jährlich in ganz Deutschland durchgeführten Tag des offenen Denkmals. Am Wochenende Wie in den vergangenen Jahren hat sich des 12. und 13. September 2009 kamen dazu die Gedenkstätte auch 2009/2010 an einer Rei- Hunderte Besucher in die Gedenkstätte, um he größerer Veranstaltungen beteiligt. Von Be- sich bei Sonderführungen das Haftkranken- deutung war dabei insbesondere die zweimal haus, den ehemaligen Gefangenenwaggon im Jahr stattfindende Lange Nacht der Mu- und die unterirdischen Küchenanlagen anzu- seen. Die Stiftung verzichtete 2010 allerdings schauen. Im Gefängnisneubau wurden aus auf eine Teilnahme, da die Gedenkstätte nicht diesem Anlass Songs des DDR-Liedermachers direkt von dem eingesetzten Shuttle-Bus vom Gerulf Pannach abgespielt, der selber in Ho- Alexanderplatz angefahren wurde und Kosten henschönhausen inhaftiert war. relativ hoch gewesen wären. 2010 stand der Tag des offenen Denk- Bei der 25. Langen Nacht der Museen am mals unter dem Motto „Kultur in Bewegung 29. August 2009 strömten bis weit nach Mit- – Reisen, Handel und Verkehr“. In diesem Zu- ternacht mehr als 1 000 Besucher in die Ge- sammenhang konnten Besucher zum ersten denkstätte, um sich im Rahmen von Sonder- Mal bei einer Führung durch das ehemalige führungen auch Räumlichkeiten anzusehen, Sperrgebiet des MfS das frühere Bahngelän- die normalerweise nicht zugänglich sind. Den de der Industriebahn Tegel-Friedrichsfelde be- Besuchern wurde beispielsweise ein großer sichtigen. Der Historiker Peter Erler erläuterte Küchenkomplex im Keller des Hauptgebäudes dabei, wie bis in die frühen 1950er Jahre von gezeigt, in dem Strafgefangene für die Gefäng- diesem Ort Verurteilte in die sowjetischen La- nismitarbeiter das Essen zubereiteten. Eine ger des GULAG abtransportiert worden waren. weitere Station war die noch erhaltene Mitar- Später stellte der DDR-Staatssicherheitsdienst beitersauna, die sich Wand an Wand mit den über den Gleisanschluss die Belieferung des ehemaligen Zellen im Kellergefängnis befand. Sperrgebiets mit Baumaterialien und anderen Außerdem wurde der Dokumentarfilm „Ge- Gütern sicher. Auch Sonderführungen durch sicht zur Wand“ im Beisein des Regisseurs den authentisch erhaltenen Gefangenentrans- Stefan Weinert gezeigt. Fünf ehemalige politi- portwaggon der Deutschen Reichsbahn, den sche Häftlinge berichten in dem 90-minütigen sogenannten Grotewohl-Express, waren Teil Film über ihre Hafterfahrungen im früheren des Programms. Insgesamt nahmen mehr als Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen. 800 Menschen an den Führungen teil. Veranstaltungen 33

Zusammen mit der Konrad-Adenauer-Stif- Das 3. Hohenschönhausen-Forum am 8. Rechts: Sachsen-Anhalts Ministerprä- tung hat die Gedenkstätte seit 2008 eine neue November 2010 trug den Titel „Unvergleich- sident Wolfgang Böhmer (CDU) beim Veranstaltungsreihe etabliert: das jährlich statt- bar? Nationalsozialismus und Kommunismus 2. Hohenschönhausen-Forum; links: findende Hohenschönhausen-Forum. Hochka- im 20. Jahrhundert“. Den ganzen Tag disku- Podiumsdiskussion rätige Referenten aus dem In- und Ausland tierten Wissenschaftler und Journalisten über referierten dabei über aktuelle Themen der Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Ideo- Aufarbeitung. logie und Praxis beider Spielarten totalitärer Der Titel des 2. Hohenschönhausen-Fo- Herrschaft in Deutschland und Europa. Das rums am 26. November 2009 lautete „Aufer- erste Panel widmete sich dem Thema „Die standen aus Ruinen – Droht eine Renaissance Ideologie – Kommunistische und nationalso- des Kommunismus?“. Politologen, Historiker zialistische Politikvorstellungen im Vergleich“. und Journalisten diskutierten über den Zu- Das zweite Panel, das vom Deutschlandfunk stand der Demokratie in den postkommunis- aufgezeichnet und am 10. November 2010 in tischen Staaten, die Strategien früherer Dikta- der Sendung „Zur Diskussion“ ausgestrahlt turparteien, ihr Überleben zu sichern, und die wurde, beschäftigte sich mit der Fragestel- immer noch vorhandene Verführungskraft der lung „Die Praxis – Kommunistische und na- marxistischen Utopie. Den Auftakt der Kon- tionalsozialistische Herrschaftsmethoden im ferenz bildete ein Vortrag des französischen Vergleich“. Im dritten Panel wurde schließlich Historikers Prof. Dr. Stéphane Courtois zu den unter der Überschrift „Das Erbe – Der Umgang Ursachen der Diktaturverklärung in Europa, mit Nationalsozialismus und Kommunismus in gefolgt von einer Diskussion zum Thema „De- der Gegenwart“ über die Schlussfolgerungen mokratie ohne Demokraten? Die Verankerung für die heutige politische Kultur diskutiert. Die der demokratischen Kultur nach dem Ende des Hohenschönhauser Rede hielt diesmal Vaira Kommunismus“. Die Themen der weiteren Pa- Vīķe-Freiberga, von 1999 bis 2007 Präsidentin nels waren „Zurück an die Macht? Ziele und der Republik Lettland. Weiterhin referierten Strategien postkommunistischer Parteien in unter anderem der Erfurter Theologe Dr. Ehr- Europa“ sowie „Verführungskraft einer Utopie. hart Neubert, die Politikwissenschaftler Prof. Die Renaissance der kommunistischen Ideo- Dr. Eckhard Jesse, Prof. Dr. Klaus Schroeder Andreas Nachama, geschäftsführender logie in Europa“. Höhepunkt des Forums war und Prof. Dr. Barbara Zehnpfennig, die Histo- Direktor der Stiftung Topographie des die Hohenschönhauser Rede des Ministerprä- riker Prof. Dr. Jörg Baberowski, Prof. Dr. And- Terrors, beim 3. Hohenschönhausen- sidenten von Sachsen-Anhalt, Prof. Dr. Wolf- reas Nachama und Prof. Dr. Horst Möller, der Forum gang Böhmer, der betonte, wie irreführend der polnische Philosoph Prof. Dr. Karol Traum von sozialer Gleichheit sei. Die eigent- Sauerland sowie der lettische His- liche Frage sei nicht die Herstellung sozialer toriker Prof. Dr. Valters Nollendorfs. Gleichheit, sondern wie die Gesellschaft mit Insgesamt kamen 200 Menschen zu der Unterschiedlichkeit der Menschen umge- der Konferenz. he. Weitere Referenten waren unter anderem Eine Veranstaltung zu einem der französische Politologe Prof. Dr. Patrick ähnlichen Thema fand bereits An- Moreau, der tschechische Politikwissenschaft- fang des Jahres statt. Aus Anlass ler Dr. Vlastimil Havlík, der Bürgermeister von der Berufung des stellvertretenden Werder, Werner Große, die Publizistin Sonja Direktors Siegfried Reiprich zum Margolina, der Kultursoziologe Dr. Gert Pickel, Geschäftsführer der Stiftung Sächsi- der Journalist Dr. Richard Herzinger sowie der sche Gedenkstätten zur Erinnerung Schriftsteller Richard Wagner. An der ganztägi- an die Opfer politischer Gewalt- gen Konferenz nahmen etwa 160 Menschen herrschaft wurden Experten, Weg- teil. gefährten und Freunde gebeten, 34 Veranstaltungen

sowie der langjährige Weggefährte und heuti- ge Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Roland Jahn. Das Thema der Veranstaltung „Feindliche Brüder? Die Aufarbeitung von Nationalsozialismus und Kommunismus als Gegenwartsaufgabe“ lockte 160 Interessierte nach Hohenschönhausen. Wie eingangs erwähnt, wurde am 23. Juni 2010 mit einem Festakt im Maxim-Gorki-Thea- ter die Gründung der Stiftung am 1. Juli 2000 gefeiert. Eröffnet wurde die Veranstaltung von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit. Nach ihm sprachen der Vorstands- vorsitzende der Bundesstiftung zur Aufarbei- tung der SED-Diktatur, Rainer Eppelmann, der Vorsitzende des Fördervereins Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Dr. Jörg Kürsch- ner, sowie Gedenkstättendirektor Dr. Huber- tus Knabe. Im Anschluss fand eine von der Bundesstiftung Aufarbeitung mitfinanzierte Sonderaufführung des preisgekrönten Theater- stücks „Staats-Sicherheiten“ statt. 15 ehemali- ge Häftlinge – die meisten saßen im Gefängnis Hohenschönhausen ein – berichten darin von ihren Hafterfahrungen. Mit Unterstützung der Gedenkstätte hatten die Journalistin Lea Rosh und die Psychologin Renate Kreibich-Fischer das Stück im Jahr 2008 initiiert und konzipiert, Regie führte der Theaterregisseur Clemens Bechtel. Im Vorfeld der Festveranstaltung fand Abschiedsveranstaltung für den stell- gemeinsam über den Umgang mit Deutsch- eine Pressekonferenz mit Klaus Wowereit und vertretenden Gedenkstättendirektor lands doppelter Vergangenheit nachzudenken. Dr. Hubertus Knabe zum zehnjährigen Beste- Siegfried Reiprich (oben links) mit Ulrike Neben dem Münchener Historiker Prof. Dr. hen der Stiftung statt. Poppe (oben rechts), Lea Rosh und Wenig später, am 27. und 28. September Michael Wolffsohn sprachen der Schriftsteller Lutz Rathenow, der Publizist Dr. Ehrhart Neu- 2010, wurde der Schließung des Gefängnisses bert, die Beauftragte des Landes Brandenburg vor 20 Jahren gedacht. Mit dem Beitritt der zur Aufarbeitung der Folgen der kommunisti- DDR zur Bundesrepublik am 3. Oktober 1990 schen Diktatur Ulrike Poppe, der Vizepräsident wurde das zentrale Untersuchungsgefängnis des Berliner Abgeordnetenhauses Dr. Uwe des Staatssicherheitsdienstes für immer ge- Lehmann-Brauns, die Journalistin Lea Rosh schlossen. Mit finanzieller Unterstützung des Bundesinnenministeriums lud die Gedenkstät- Klaus Wowereit (SPD) beim Festakt te aus diesem Anlass 100 frühere Häftlinge zum 10-jährigen Bestehen der Stiftung zu einem Festakt nach Hohenschönhausen Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen ein – stellvertretend für alle politischen Ge- fangenen der DDR. Bei der Abendveranstal- tung sprachen Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert, der Münchener Historiker Prof. Dr. Michael Wolffsohn und Horst Schü- ler, Ehrenvorsitzender der Union der Opfer- verbände kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG). Um den Bogen zur jungen Generation zu spannen, kamen am Folgetag 100 Berliner Schüler in die Gedenkstätte, die jeweils von einem Häftling persönlich durch das einstige Stasi-Gefängnis geführt wurden. Insgesamt nahmen mehr als 350 Menschen an der zwei- tägigen Veranstaltung teil. Zusammen mit dem Literaturhaus Ber- lin und der Robert Bosch Stiftung organisier- te die Gedenkstätte vom 27. bis 29. Oktober Veranstaltungen 35

2010 eine internationale Konferenz zum Thema der Schauspieler Udo Schenk Ausschnitte des Internationale Konferenz im Literatur- „Verbrechen der Diktaturen in Osteuropa“. Ort Textes vor, bevor Literaturnobelpreisträgerin haus Berlin über die „Verbrechen der der Veranstaltung, die von der Literaturnobel- Herta Müller Jürgen Fuchs literarisch würdig- Diktaturen in Europa“ preisträgerin Herta Müller eröffnet wurde, war te. Dessen Witwe, Lilo Fuchs, diskutierte im das Käthe-Kollwitz-Museum in direkter Nach- Anschluss mit Dr. Hubertus Knabe, der sich im barschaft zum Literaturhaus. Im Rahmen der Nachwort erstmals den tatsächlichen Konferenz referierten Archivare und Historiker, Vernehmungsprotokollen der Stasi Museologen, Rechtswissenschaftler, Medien- widmete. Mit 230 Menschen war die leute und Filmschaffende aus verschiedenen Veranstaltung komplett ausgebucht. ex-kommunistischen Ländern über den Stand Eine weitere Publikation der der Aufarbeitung in ihrer Heimat und suchten Gedenkstätte „Die vergessenen nach effektiveren Handlungsmöglichkeiten. Opfer der Mauer – Inhaftierte DDR- Das Spektrum der behandelten Themen reich- Flüchtlinge berichten“ wurde am 29. te von der schwierigen Arbeit der Archive über Juli 2009 in der Hessischen Landes- die Lage der ehemals Verfolgten bis zur Rolle vertretung vorgestellt. In dem von der Medien bei der Aufklärung über die Vergan- Hubertus Knabe herausgegebenen genheit. Rund 150 Menschen nahmen an der Buch kommen frühere DDR-Bürger mehrtägigen Veranstaltung teil. zu Wort, die wegen eines Fluchtver- suches verhaftet wurden. Die Schil- Buchvorstellungen und Vorträge derungen ihrer gescheiterten Flucht- versuche und ihrer Hafterfahrungen illustrieren auf eindringliche Weise Im Rahmen ihres Veranstaltungspro- die Ohnmacht des Bürgers in einem totalitä- Der Schauspieler Udo Schenk liest aus gramms führte die Gedenkstätte auch ver- ren Staat. Das Buch wurde im Vorfeld des 20. den „Vernehmungsprotokollen“ von schiedene Vorträge und Buchvorstellungen Jahrestages des Mauerfalls herausgegeben. Jürgen Fuchs durch. Meist fanden die Veranstaltungen in Ko- Bei der Vorstellung lasen mehrere Inhaftierte operation mit anderen Institutionen statt. Vor aus ihren Berichten. Der damalige allem für Verlage und Autoren ist die Stiftung hessische Innenminister und heuti- eine attraktive Adresse, um Neuerscheinun- ge Ministerpräsident Volker Bouffier gen vorzustellen. Allerdings übertraf die Zahl und Dr. Hubertus Knabe führten in entsprechender Anfragen bei weitem die orga- die Veranstaltung ein. Auch diese Ver- nisatorischen Möglichkeiten. anstaltung war mit 240 Teilnehmern Anlässlich des zehnten Todestags des restlos ausgebucht. Schriftstellers und Psychologen Jürgen Fuchs, Am 1. Dezember 2009 stellte der 1976/77 in der Untersuchungshaftanstalt der Historiker Mike Schmeitzner in Berlin-Hohenschönhausen inhaftiert war und der Gedenkstätte seine Biografie später von West-Berlin aus die DDR-Oppositi- „Doppelt verfolgt – Das widerstän- on unterstützte, gab die Gedenkstätte dessen dige Leben des Arno Wend“ vor. Buch „Vernehmungsprotokolle“ neu heraus. Das Schicksal des 1906 geborenen Vorgestellt wurde das im Jaron Verlag publizier- Sozialdemokraten steht beispielhaft te Werk am 29. April 2009 in der Landesver- für die Unterdrückung der SPD im tretung des Freistaats Thüringen beim Bund. DDR-Sozialismus. Von den Natio- Der Autor beschreibt darin in beklemmender nalsozialisten verfolgt, kam Wend Weise seine neunmonatige Haftzeit und analy- nach dem Krieg zurück in seine Heimatstadt Buchvorstellung „Die vergessenen siert das Funktionieren des DDR-Verfolgungs- Dresden, wo er einer der führenden Köpfe der Opfer der Mauer“ mit dem ehemaligen Häftling Karl-Heinz Richter apparates. Bei der Abendveranstaltung trug sächsischen SPD wurde. 1948 verhaftete ihn 36 Veranstaltungen

die sowjetische Geheimpolizei und brachte ihn ter. Selbst im wiedervereinigten Deutschland in ihre zentrale Untersuchungshaftanstalt nach sollte es zunächst als Haftanstalt weiterbe- Berlin-Hohenschönhausen. Ein Jahr saß er un- trieben und für den offenen Vollzug umgebaut ter unsäglichen Bedingungen in dem dunklen werden – bis die Forderungen nach Einrichtung Kellergefängnis. 1950 wurde er zu 25 Jahren einer Gedenkstätte immer lauter wurden. Arbeitslager verurteilt. Als man ihn fünf Jahre Zum Internationalen Tag der Menschen- später begnadigte, siedelte er in die Bundesre- rechte veranstaltete die Gedenkstätte am 7. publik über, wo er 1980 verstarb. Die Veranstal- Dezember 2010 zusammen mit der Interna- tung wurde vom damaligen Berliner Staatsse- tionalen Gesellschaft für Menschenrechte kretär für Justiz, Hasso Lieber, eröffnet. (IGFM) im Abgeordnetenhaus von Berlin eine Das auf dem Gelände der Gedenkstätte lie- Podiumsdiskussion über die Lage in dem sozi- gende Haftkrankenhaus war am 2. Juni 2010 alistischen Inselstaat Kuba. Wie einst die DDR Thema eines Vortrags von Tobias Voigt. Unter steht auch Kuba vor dem wirtschaftlichen Kol- dem Titel „Medizin hinter Stacheldraht – Das laps und muss, um seine Bevölkerung ernäh- Haftkrankenhaus des Ministeriums für Staats- ren zu können, 80 Prozent seiner Grundnah- sicherheit“ beschrieb der Berliner Politikwis- rungsmittel einführen. Die Auslandsschulden senschaftler erstmals Gründung, Struktur und betragen mindestens 20 Milliarden US-Dollar, Arbeitsweise des Haftkrankenhauses. Dafür das Sechsfache seiner jährlichen Exporterlöse. hatte er systematisch Dienstanweisungen, Politische Opposition gegen die kommunisti- Kaderakten und Einlieferungsbücher ausge- sche Diktatur wird massiv verfolgt und zahlrei- wertet und ehemalige Mitarbeiter befragt. che Kritiker sitzen im Gefängnis. 39 von ihnen In der geheimen Einrichtung waren zu DDR- wurden im Sommer 2010 zwangsweise nach Zeiten mehr als 3 000 Menschen aus allen 17 Spanien abgeschoben. Auf der Veranstaltung, MfS-Untersuchungshaftanstalten eingesperrt, die den Titel trug „Was kommt nach Castro? Arno Wend, Sozialdemokrat und Häft- unter ihnen, wie erwähnt, angeschossene Menschenrechte und Demokratiebewegung in ling in Hohenschönhausen, Flüchtlinge, schwerkranke Häftlinge oder Ge- Kuba“, berichtete ein kurz zuvor freigelassener fangene, die an einer Haftpsychose litten. Häftling über die Lage auf Kuba und die der Podiumsdiskussion zur Situation der Einen weiteren Vortrag hielt Tobias Voigt dortigen Gefangenen. Auf dem Podium disku- Menschenrechte in Kuba mit dem Men- gemeinsam mit Peter Erler am 25. November tierte er mit dem Beauftragten der Bundesre- schenrechtsbeauftragten der Bundesre- 2010 zum Thema „Bastille ohne Sturm – Das gierung für Menschenrechte und Humanitäre gierung Markus Löning (rechts) letzte Jahr des MfS- Hilfe, Markus Löning, dem Brandenburger Untersuchungsge- Landtagsabgeordneten Dieter Dombrowski, fängnisses Berlin-Ho- und dem spanischen Botschafter in Deutsch- henschönhausen“. In land, S. E. Rafael Dezcallar de Mazarredo, wie der Veranstaltung aus der Demokratie auch in Kuba zum Durchbruch Anlass von 20 Jahren verholfen werden kann. Für viele Teilnehmer Wiedervereinigung schockierend war das massive Auftreten von ging es um die Frage, Mitgliedern der Arbeitsgruppe „Cuba sí“ der was beim Zusam- Partei Die Linke, die in der anschließenden menbruch des SED- Diskussion unter anderem das Wahlsystem in Systems mit dem Kuba rühmten. zentralen Untersu- Eine weitere Podiumsdiskussion aus An- chungsgefängnis der lass des Tags der Menschenrechte fand zwei Stasi genau geschah. Tage später, am 9. Dezember 2010, in der Der Ort wurde, so die Gedenkstätte statt. Unter dem Titel „Was will beiden Referenten, die chinesische Opposition? Der Friedensno- von den Ereignissen belpreisträger Liu Xiaobo und die Demokratie- der Friedlichen Revo- bewegung in China“ machte die Gedenkstätte lution 1989/90 kaum auf die geplante Verleihung des Friedensnobel- berührt und war nie- preises an den chinesischen Dissidenten Liu mals Gegenstand Xiaobo am nachfolgenden Tag aufmerksam. zentraler Debatten Sein Biograf Bei Ling und der 13 Jahre in psy- in Politik und Medi- chiatrischer Haft eingesperrte Wang Wanxing en. Das Gefängnis diskutierten mit der Grünen-Bundestagsabge- arbeitete vielmehr ordneten Viola von Cramon und dem tschechi- nach dem Mauerfall schen Dissidenten Jiří Vančura. Liu Xiaobo gilt und nach den ersten als Hauptverfasser der Charta 08, in der über freien Wahlen in der 300 Intellektuelle in Anlehnung an die tsche- DDR im März 1990 choslowakische Charta 77 eine Demokratisie- kaum verändert wei- rung Chinas forderten. Wegen „Untergrabung Veranstaltungen 37

der Staatsgewalt“ wurde er deshalb zu elf verlassen. Im wiederver- Jahren Haft verurteilt. Mit massivem Druck einigten Deutschland trifft versuchte China zudem, seine Auszeichnung er 1999 seinen früheren zu torpedieren und ließ ihn nicht zur Preisver- Vernehmer wieder. Das leihung ausreisen. Stück basiert auf den Er- lebnissen des ehemaligen Literatur, Film und Theater DDR-Häftlings Mario Röl- lig. Seine Geschichte wird vom Autor, Regisseur und Eine wichtige Ergänzung zu den eher fak- Schauspieler Mirko Bött- tenorientierten Vortrags- und Diskussionsver- cher in eindringlichen Bil- anstaltungen bildeten kulturelle Angebote. dern und Dialogen unter Ziel war es, die für Nicht-Betroffene manchmal Verwendung von Original- kaum nachvollziehbare Erfahrung politischer Requisiten erzählt. Im Anschluss an die Auf- Der Schriftsteller Klaus Kordon bei der Verfolgung besser zu veranschaulichen und zu- führungen stand Mario Röllig für ein Gespräch Vorstellung seines Buches „Auf der gleich neue Zielgruppen anzusprechen. Zu die- zur Verfügung. Mit knapp 1 100 Besuchern bei Sonnenseite“ sem Zweck fanden verschiedene Lesungen, insgesamt 13 Aufführungen war das Stück ge- Filmvorführungen und Theateraufführungen radezu ein Publikumsmagnet. statt. Am 16. September 2009 las der Autor und Am 8. Februar 2009 wurde in der Volks- frühere Hohenschönhausen-Häftling Klaus bühne am Rosa-Luxemburg-Platz zur Premie- Kordon in der Gedenkstätte aus seinem neuen re des Dokumentarfilms Roman „Auf der Sonnen- „Gesicht zur Wand“ von seite“. In dem Buch fängt Stefan Weinert eingela- Manfred Lenz, Kordons den. Der teilweise in der Alter Ego, nach seiner Gedenkstätte gedrehte Entlassung aus der Sta- Film erzählt die Schick- si-Haft im Westen ein sale von fünf Menschen, neues Leben an. 20 Jah- die jeweils nach einem re nach dem Mauerfall missglückten Fluchtver- und 35 Jahre nach sei- such nach Berlin-Hohen- ner missglückten Repu­ schönhausen eingeliefert blikflucht, seiner Haft in wurden. Eindringlich be- Hohenschönhausen und richten die ehemaligen Cottbus und schließlich Inhaftierten über ihre seinem Freikauf durch die Hafterfahrungen und die Bundesrepublik Deutsch- bis heute andauernden land blickt Kordon in dem seelischen Folgen. Einer Buch als einer zurück, der Buchcover des neuen Romans von der Protagonisten, Mario beide deutschen Staa- Klaus Kordon Röllig, führt heute Besu- ten kennt. Mit feinem chergruppen durch die Gespür für historische Gedenkstätte. Momente, soziale und In Kooperation mit politische (Miss-)Verhält- dem Berliner Theater nisse in Ost und West Strahl wurde in den Jah- setzt er seine mit „Kro- ren 2009/2010, wie be- kodil im Nacken“ begon- Szene aus dem Theaterstück „Akte R“ über das nene deutsch-deutsche reits im Jahr zuvor, mehr- Schicksal eines ehemaligen DDR-Häftlings mals das preisgekrönte Lebensgeschichte mit Theaterstück „Akte R – ein deutsch-deutscher einem sehr persönlichen Krimi“ aufgeführt. Es erzählt die Geschichte Buch fort. Das anschließende Gespräch vor des 17-jährigen Marko aus der DDR, der sich 130 Gästen moderierte die Rundfunkjournalis- 1985 in Budapest in einen West-Berliner Politi- tin Shelly Kupferberg. ker verliebt. Als ihn der Staatssicherheitsdienst In Kooperation mit der Robert-Havemann- zwingen will, seinen Freund zu bespitzeln, be- Gesellschaft und der Kulturprojekte GmbH schließt er zu fliehen, wird aber an der Gren- fand am 4. Juli 2010 auf dem Berliner Alexan- ze zu Jugoslawien gefasst. Er kommt in das derplatz ein sogenannter Lesemarathon statt. Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschön- Den ganzen Tag über lasen Schriftsteller und hausen, wo er wochenlang verhört wird. Nach Historiker, darunter Gedenkstättendirektor Hu- seiner Freilassung stellt er einen Ausreisean- bertus Knabe, aus ihren Büchern. Im Fokus trag und darf die DDR einige Monate später standen Werke, die seit der Friedlichen Revo- 38 Veranstaltungen

Bundeskanzlerin Angela Merkel am Gedenkstein für die Opfer der kommu- nistischen Gewaltherrschaft lution und der Deutschen Einheit erschienen Bundesrepublik verfolgt wurden. Im Anschluss sind. Zu den Autoren zählten Anne Voorhoeve, an den Film gab es ein Podiumsgespräch mit Dr. Bettina Greiner, Lutz Rathenow, Marko den Protagonisten, das von rund 300 Personen Martin, Richard Wagner, Helmuth Frauendor- besucht wurde. fer und Moritz von Rappard. Zwischen den Lesungen wurden Sonderführungen durch die Opfergedenken Open-Air-Ausstellung „Friedliche Revolution DVD-Cover und Protagonisten des Films „An den Rand geschrieben“: die 1989/1990“ angeboten. Schriftsteller Herta Müller, Johann Lip- Am 5. Oktober 2010 lud die Gedenkstätte Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschön- pet, William Totok und Richard Wagner im Berliner Hackesche Höfe Kino zur Premiere hausen ist nicht nur ein Ort der Information, des Films „An den Rand geschrieben – Ru- sondern auch des Gedenkens und der Trauer. mäniendeutsche Schriftsteller im Fadenkreuz Wiederholt fanden deshalb Gedenkveranstal- der Securitate“ ein. Die Dokumentation des tungen statt. Im früheren Gefängnishof wurde Fernsehjournalisten und stellvertretenden nach der Schließung des Gefängnisses ein Ge- Gedenkstättendirektors Helmuth Frauendor- denkstein für die Opfer der kommunistischen fer erzählt die Geschichte und Verfolgung Gewaltherrschaft errichtet, an dem regelmäßig der rumäniendeutschen Schriftstellergruppe hochrangige Politiker, darunter 2009 auch Bun- um Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, deskanzlerin Angela Merkel, Kränze niederge- der er selbst angehörte. Am Beispiel seiner legt haben. Auf einem nahe gelegenen Fried- Schriftstellerkollegen Herta Müller, Gerhardt hof an der Berliner Gärtnerstraße befindet sich Csejka, Johann Lippet, Horst Samson, William seit 1998 zudem ein sogenannter DenkOrt, der Totok und Richard Wagner beschreibt er, wie an die Toten des sowjetischen Speziallagers die jungen Autoren in den 1970er und 1980er Nr. 3 in Berlin-Hohenschönhausen erinnert. Jahren selbstbewusst nach neuen literari- Am 24. Oktober 2009 – dem Jahrestag schen Wegen suchten und dadurch ins Visier der Umbettung der ersten aufgefundenen Ge- des rumänischen Geheimdienstes unter dem beine – wurde auf dem Friedhof wie in den Diktator Nicolae Ceauşescu kamen. Erst nach Vorjahren mit einer Veranstaltung der min- Öffnung der Geheimdienstakten erfuhren die destens 700 Menschen gedacht, die in dem Autoren, wie hartnäckig sie nicht nur in Rumä- Lager 1945/46 ums Leben gekommen waren. nien, sondern auch nach ihrer Ausreise in die Ihre Leichen waren seinerzeit von den sowje- tischen Verantwortlichen in Massengräbern in der Umgebung verscharrt worden. Erst 1995 und 1999 konnten die sterblichen Überreste von 259 Inhaftierten geborgen und auf dem Friedhof Gärtnerstraße bestattet werden. An der vom Stadtbezirk Lichtenberg in Zusam- menarbeit mit der Gedenkstätte organisierten Gedenkveranstaltung nahmen Angehörige, Vertreter des Bezirksamtes und der Bezirks- Veranstaltungen 39

verordnetenversammlung sowie Opferverbän- de teil. Zu den Rednern gehörte der Zeitzeu- ge Heinz-Joachim Schmidtchen, der 1946 als 18-Jähriger in dem Lager in Haft saß, weil er gegen die Zwangsvereinigung von SPD und KPD protestiert hatte. Auch im darauf folgen- den Jahr, am 24. Oktober 2010, wurde der Opfer des Lagers gedacht. Diesmal sprachen die damalige Bezirksbürgermeisterin von Ber- lin-Lichtenberg, Christina Emmrich (Die Linke), sowie Reinhard Fuhrmann, früherer Insasse des Stasi-Untersuchungsgefängnisses und heutiger Besucherreferent der Gedenkstätte. Vertreter einschlägiger Institutionen – von der Bundesstiftung Aufarbeitung bis zum Berliner Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen – legten am Gedenkstein Kränze nieder. Am 16. Juni 2010 übergab die Gedenk- stätte dem Vivantes Klinikum im Friedrichs- Der Zeitzeuge Herbert Buley (links) bei der Enthüllung einer Ge- hain eine Gedenktafel, die an den Beginn des denktafel zum 17. Juni 1953 Volksaufstands vom 17. Juni 1953 erinnert. Die Enthüllung fand am Vortag des 57. Jahresta- ges der Erhebung statt. Von der Baustelle am Friedrichshainer Klinikum hatte 1953 der Auf- stand in der DDR seinen Ausgang genommen. Bauarbeiter, die gerade ein neues Bettenhaus errichteten, forderten damals in einem Pro- testbrief an den DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl die Rücknahme einer Erhö- hung ihrer Arbeitsnormen. Gemeinsam mit Kollegen aus der nahegelegenen Stalinallee, der heutigen Frankfurter Allee, zogen sie am Morgen des 16. Juni 1953 zum Sitz der DDR- Regierung, um den Brief dort abzugeben. Un- terwegs schlossen sich ihnen tausende Berli- ner an und forderten freie Wahlen in der DDR. Für den nächsten Morgen riefen sie schließlich zum Generalstreik auf. In 560 Orten kam es daraufhin zu Protesten, 600 Betriebe traten in den Streik. Nach der Niederschlagung des Aufstands durch sowjetische Truppen wurde der Unterzeichner des Briefes Max Fettling, Gewerkschaftschef der Baustelle, verhaftet. Gedenkveranstaltung für die Toten des sowjetischen Speziallagers Nr. 3 mit Er wurde in das Stasi-Gefängnis Berlin-Ho- Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich (Die Linke) henschönhausen gebracht und später zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Bei der Übergabe der Gedenktafel sprachen der Regionaldirektor Mitte/Ost des Klinikums Vivantes Dr. Detlev Corsepius, Gedenkstättendirektor Hubertus Knabe und der Zeitzeuge Herbert Buley, der in seinem Betrieb in Berlin-Köpenick 1953 zum Streik aufgerufen hatte. 40

Zeitzeugengespräch mit Schülern Gedenkstättenpädagogik

Die Gedenkstätte hat in den letzten Jah- durchschnittlich alle ein bis zwei Tage ein Inten- ren ihr pädagogisches Angebot kontinuierlich sivprogramm für Schüler stattfand. Ein Drittel ausgebaut. Schüler und Auszubildende sollen der insgesamt 335 Seminare und Projekttage nicht nur mittels Führungen durch die Haftan- im Berichtszeitraum wurde für Schulklassen stalt über das SED-Unrecht informiert werden, aus Berlin durchgeführt (108). sondern sich nachhaltiger damit beschäftigen Die Seminare und Projekttage bestanden können. Zu diesem Zweck wurde 2004 eine normalerweise aus einer Führung durch die Pädagogische Arbeitsstelle (PAS) eingerichtet. Haftanstalt und einem ausführlichen Zeitzeu- Der Berliner Bildungssenator hat an sie zwei gengespräch sowie aus der Erarbeitung des – seit dem Schuljahr 2009/2010 drei – Lehrer historischen Kontextes anhand schriftlicher mit 50 Prozent ihrer Arbeitskraft abgeordnet, Quellen. Eine Reihe von Seminaren wurde spe- die von mehreren studentischen Hilfskräften ziell auf einzelne Zeitzeugen und deren Vita zu- unterstützt werden. geschnitten („Gelebte Geschichte“). Auf diese 2009 wurde die Pädagogische Arbeit der Weise war es möglich, die Schüler einerseits Gedenkstätte vom damaligen Bundespräsi- an das für sie eher fern liegende Thema heran- denten Horst Köhler im Rahmen der Initiative zuführen und andererseits ihre unmittelbaren „Land der Ideen“ als „Ausgewählter Ort“ aus- Eindrücke in der Gedenkstätte zu untermau- gezeichnet. Damit wurde gewürdigt, dass sie ern und zu festigen. Die positive Resonanz bei in ganz besonderer Weise dazu beiträgt, junge Schülern und Lehrern hat gezeigt, dass diese Menschen über den menschenunwürdigen Mischung sehr gut angenommen wird. Charakter der SED-Diktatur aufzuklären. 2010 organisierte die Gedenkstätte zwei besondere Projekttage: Anlässlich der Schlie- Seminare und Projekttage ßung des Stasi-Gefängnisses 20 Jahre zuvor kamen im September, wie erwähnt, über 100 Schüler aus verschiedenen Berliner Schulen Das Interesse junger Leute – und ihrer Leh- mit einer ebenso großen Anzahl von Zeit- rer – an der Gedenkstätte ist enorm. Nicht nur zeugen zu einer mehrstündigen Begegnung absolut ist die Anzahl der Schüler im Berichts- zusammen. Außerdem fand im Dezember zeitraum rasant gestiegen, auch relativ hat ihr anlässlich des Tages der Menschenrechte ein Anteil am Besucheraufkommen beständig zu- Projekttag zu Kuba statt, bei dem das häufig ro- genommen (siehe Abbildung 9). 2010 lag die mantisierte Bild der „Kubanischen Revolution“ Zahl der Schüler erstmals über der der erwach- in Deutschland kritisch hinterfragt wurde. Be- senen Besucher. sonders beeindruckend für die Schüler waren Die Masse der Schüler absolvierte ein die Schilderungen von Jorge García Vázquez, Auszeichnung der Gedenkstätte als der zu DDR-Zeiten als Dolmetscher für die „Ausgewählter Ort im Land der zweistündiges Programm aus Einführungsfilm Ideen 2009“ (30 Minuten) und Führung durch die ehemalige kubanische Botschaft in Ost-Berlin arbeitete, Haftanstalt (90 Minuten). Eine wachsende Zahl vom Staatssicherheitsdienst festgenommen, nahm aber auch an längeren gedenkstätten- in Hohenschönhausen inhaftiert und anschlie- pädagogischen Formaten teil. Die Anzahl der ßend an die kubanische Geheimpolizei ausge- Seminare und Projekttage stieg im Berichts- liefert wurde. zeitraum von 76 (2008) auf 120 (2009) und Auch bei Haus- oder Prüfungsarbeiten hat schließlich auf 215 (2010) massiv an, sodass, die Gedenkstätte beraten und geholfen. So un- abzüglich der Ferienzeiten, in der Gedenkstätte terstützte sie eine Reihe von Schülern bei der Gedenkstättenpädagogik 41

Anfertigung der am Ende der 10. Klasse und im Abitur geforderten Präsentationsprüfung Jahr Schüler Besucheranteil (%) Seminare / Projekttage und bot ihnen dazu Arbeitsmöglichkeiten in der Gedenkstätte. Besonders interessant war 2003 40 743 33,2 – auch für sie, die Geschichte der SED-Diktatur anhand von Lebensläufen ehemaliger Häftlin- 2004 50 702 39,5 15 ge aufzuarbeiten. Wie in den Vorjahren wur- den im Berichtszeitraum außerdem zwei Se- 2005 59 469 42,2 45 minarkurse zur DDR-Geschichte mit Schülern aus drei Berliner Schulen durchgeführt. Diese 2006 70 341 40,7 54 Kurse ergaben sich aus dem neuen Prüfungs- konzept für das Abitur und bezogen noch wei- 2007 82 883 39,7 57 tere Gedenkstätten der Stadt ein. Die daraus hervorgegangenen Seminararbeiten und Kollo- 2008 98 328 39,5 76 quien sind bereits in die Abiturprüfungen der letzten beiden Jahre eingegangen. 2009 137 340 43,7 120

Mobiles Learning Center 2010 188 926 56,9 215

Abb. 9: Entwicklung der Schülerzahlen sowie der Seminare und Projekttage Mit finanzieller Unterstützung des Beauf- pro Jahr tragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) hat die Gedenkstätte Ende 2010 zum Einsatz eines Zeitzeugen erarbeitet wur- ein neues Projekt entwickelt, um Schülern de. Im Dezember 2010 wurde es bei einem DDR-Geschichte nahezubringen. Angesichts Projekttag mit vier Berliner Schulen, die sich zu der Tatsache, dass ostdeutsche Schüler ver- einem Reformbündnis zusammengeschlossen gleichsweise selten nach Berlin-Hohenschön- haben, erprobt. hausen kommen, wurde nach Möglichkeiten Zur Unterstützung der Lehrer entwickelte gesucht, sie im wahrsten Sinne des Wortes die Gedenkstätte zudem eine Reihe neuer Ma- dort abzuholen, wo sie sich befinden – in ihrer terialien für den Schulunterricht. Für die neue eigenen Schule. Zu diesem Zweck wurde ein Berliner Schulform – die gemeinsame Sekun- ehemaliger Gefangenentransporter des MfS darschule – wurden spezielle Unterrichtsreihen zu einem mobilen Learning Center umgebaut, erarbeitet, die dem Aspekt der Binnendifferen- mit dem die Schulen der Region gezielt ange- zierung besondere Rechnung tragen. Dazu Veranstaltung zum 20. Jahrestag der fahren werden können. Das Fahrzeug wurde gehören zum Beispiel Materialien, die auf ei- Schließung des Gefängnisses mit 100 mit Hörstationen, einem Monitor, einer mobi- nem Comic zur DDR-Geschichte aufbauen. Zeitzeugen und 100 Schülern len Ausstellung und weiteren Materialien für die Durchführung von Projekttagen ausgestat- tet. Um das Thema möglichst jugendgerecht zu vermitteln, liegt der Schwerpunkt auf der Situation junger Menschen in der DDR.

Lehrerfortbildung

Die Gedenkstätte hat sich auch um die Fortbildung von Lehrern und Referendaren bemüht. So fanden im Berichtszeitraum 25 Fachseminare für Studienreferendare, Fach- konferenzen Berliner Schulen und Informati- onsveranstaltungen über die Arbeit der Päd- agogischen Arbeitsstelle statt. Neun weitere Fortbildungsveranstaltungen führte die Ge- denkstätte für Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes und für Studenten verschiedener deut- scher Universitäten durch. Die Pädagogische Arbeitsstelle entwickelte unter anderem ein speziell auf die Einbeziehung von Zeitzeugen ausgerichtetes Fortbildungsangebot für Leh- rer, bei dem eine begleitende Unterrichtsreihe 42 Gedenkstättenpädagogik

Um Schülern das Thema „Haftbedingungen im gebote in Anspruch nehmen und erhalten die ehemaligen Untersuchungsgefängnis“ besser Fahrt nach Berlin bezuschusst. Ein vergleichba- zu vermitteln, wurden auch Methoden des res Förderprogramm zur DDR-Geschichte gibt szenischen Spiels erprobt, um daraus eben- es in keinem anderen Bundesland. falls entsprechende Materialien zu erarbeiten. Ein weiterer Kooperationspartner war das Das in den Räumen der Gedenkstätte aufge- Landesinstitut für Schule und Medien Berlin- führte Theaterstück „Akte R“ wurde mehrfach Brandenburg (LISUM). Allein die von beiden in pädagogische Projekte integriert. Auf ihre Institutionen erstellte Broschüre mit Unter- vielfältigen Angebote – darunter auch die seit richtsmaterialien wurde im Berichtszeitraum 2010 verstärkte Zeitzeugenvermittlung (siehe über fünfhundertmal von der Website der Zeitzeugenbörse) – machte die Gedenkstätte Gedenkstätte heruntergeladen und weitere unter anderem in den sogenannten Handrei- dreihundertmal als CD an interessierte Leh- chungen für Berliner Lehrer, auf ihrer Website rer weitergegeben. Im März 2009 wirkte die und in einem Pädagogikflyer aufmerksam (sie- Pädagogische Arbeitsstelle auch an einer Ta- he Öffentlichkeitsarbeit). gung des LISUM zur SED-Diktatur mit. Des Kooperationspartner der Gedenkstätte Weiteren beteiligte sie sich im Juni 2009 mit Kooperationspartner einem Workshop am jährlichen Forum zur Zeit- geschichtlichen Bildung im Haus der Wannsee- konferenz. Schließlich nahm die Pädagogische Bei ihrer Arbeit konnte sich die Pädagogi- Arbeitsstelle 2010 erstmals am Jahrestreffen sche Arbeitsstelle auf viele Kooperationspart- von „Schule ohne Rassismus“ teil und orga- ner stützen. Bei der Durchführung der Semina- nisierte dort eine gut besuchte Arbeitsgruppe re arbeitete sie unter anderem mit dem Verein „SED-Diktatur und Menschenrechte“. Spurensuche e. V. zusammen, der von ehema- Weil die Gedenkstätte die Auseinanderset- ligen politischen Häftlingen zur Verbesserung zung mit der DDR-Vergangenheit als einen Bei- der historischen Bildungsarbeit an Schulen trag zur politischen Bildung betrachtet („Ge- gegründet wurde. Zwei internationale Schüler- schichte ist Gegenwartskunde“), wurde auch seminare – eines zur Friedlichen Revolution in die Kooperation mit den Menschenrechtsor- Europa (2009) und eines zu Fragen von Identi- ganisationen Amnesty International und Hu- tät und Kultur (2010) – wurden in Kooperation man Rights Watch vertieft. Für die Arbeit mit mit den deutschen UNESCO-Projektschulen Schülern stehen eine kleine Menschenrechts- durchgeführt. Zeitzeugen der Gedenkstätte bibliothek und ein von beiden Organisationen bestückter Ausstellungsraum zur Verfügung. Unterzeichnung des Kooperationsver- wirkten auch in der Arbeitsgruppe „Menschen- trages mit dem Berliner Oberstufenzen- rechte“ bei den jährlichen Fachtagungen der Artikel über Menschenrechtsverletzungen in trum TIEM UNESCO-Projektschulen mit. kommunistischen und postkommunistischen 2010 schloss die Gedenkstätte Berlin-Ho- Ländern sowie über Oppositionsbewegungen henschönhausen erstmals Kooperationsverträ- können für die Seminar- und Projektarbeit ge- ge mit zwei Berliner Schulen – dem Carl-von- nutzt werden. Auch Erinnerungstage wie der Ossietzky-Gymnasium in Pankow und dem 20. Jahrestag der Friedlichen Revolution, ak- Oberstufenzentrum TIEM in Spandau (Techni- tuelle Ereignisse wie die Olympischen Spiele Projekttag mit italienischen sche Informatik, Industrie, Elektronik, Energie, in Peking, die Verleihung des Friedensnobel- Gymnasiasten Management). Die Kooperation umfasst re- preises 2010 an den chinesischen Dissidenten gelmäßige Veranstaltungen in verschiedenen Liu Xiaobo, die Proteste der Demokratiebewe- Klassenstufen, feste Seminare und Projekttage gung im Iran oder die Verleihung des Literatur- in der Gedenkstätte sowie Fortbildungsange- nobelpreises 2009 an die Schriftstellerin Herta bote für die Lehrer beider Schulen. Die Schu- Müller wurden in die pädagogische Arbeit ein- len setzten damit im gesellschaftspolitischen bezogen. Bereich ausdrücklich einen Schwerpunkt auf die Aufarbeitung der SED-Diktatur und veran- Zeitzeugenbörse kerten dies in ihrem Schulprofil. Eine enge Zusammenarbeit vereinbarte die Gedenkstätte 2010 auch mit der Landeszentra- Zur Verbesserung der Bildungsarbeit mit le für politische Bildung in Hessen. Per Vertrag Schülern gibt es seit 2010 die Möglichkeit, Zeit- wurde die Durchführung – und Finanzierung – zeugen nicht nur in Hohenschönhausen zu tref- von bis zu 75 Schülerseminaren pro Jahr sowie fen, sondern auch in den Schulunterricht ein- eine Beratung des Schwerpunktprojekts „Poli- zuladen. Während dies vorher in der Regel nur tisch-Historische Aufarbeitung der SED-Dikta- dann möglich war, wenn eine andere Instituti- tur“ bei der Landeszentrale festgelegt. Hes- on die Kosten übernahm, wurde im Frühjahr sische Schüler- und Jugendgruppen können 2010 mit dem Aufbau einer Zeitzeugenbörse seitdem aufwändig vorbereitete Bildungsan- begonnen, die kostenlos ehemalige politische Gedenkstättenpädagogik 43

Häftlinge aus ganz Deutschland an interessier- ergänzt werden müssen. Das Portal informiert te Schulen in ihrer Umgebung vermittelt. Ins- auch über die Organisation und die finanzielle besondere Jugendliche, die bisher noch keine Abwicklung des Zeitzeugengesprächs. Gelegenheit hatten, die Gedenkstätte zu besu- Über ein Online-Formular, per Brief oder chen, sollen auf diese Weise besser über das per Telefon kann jeder Interessierte eine An- SED-Unrecht informiert werden. frage nach einem Zeitzeugen stellen. Die Ge- Aus den zahlreichen Kontakten der Ge- denkstätte leitet den Wunsch weiter und koor- denkstätte wurden deshalb für Unterrichtsge- diniert die weitere Abwicklung des Einsatzes. spräche mit Schülern geeignete Zeitzeugen Zeitzeugen und einladende Schulen werden ausgewählt. Zu den Auswahlkriterien zählten eingehend vorbereitet, danach findet eine Aus- insbesondere Alter, Gesundheit, Mobilität, his- wertung und Nachbereitung statt. Im Novem- torisches Wissen, didaktische Fähigkeiten und ber 2010 wurde zusätzlich eine studentische ein sicheres Auftreten. Mit den Teilnehmern Hilfskraft eingestellt, die sich vorrangig um die wurde eine Rahmenvereinbarung geschlos- Akquise neuer Zeitzeugen kümmerte. sen, in der die Bedingungen ihrer Einsätze Zu Beginn des Schuljahres 2010/2011 wur- fixiert wurden. Ihre Kontaktdaten, Angaben de die Zeitzeugenbörse erstmals der Öffent- zu ihrer Biografie, ihre thematischen Schwer- lichkeit vorgestellt. Zu diesem Zweck fand ein Medienresonanz zu von der Gedenk- stätte organisierten Zeitzeugeneinsät- punkte und ihre zeitlichen und geografischen Pressegespräch statt und eine Pressemittei- zen in ganz Deutschland Einsatzmöglichkeiten wurden in einer eigenen lung wurde versandt. Außerdem wurden ca. Datenbank erfasst. Am 27. September und am 4 500 Schulen und Lehrer direkt per E-Mail 3. Oktober 2010 wurden sie zu einer Schu- informiert. Darüber hinaus wandte sich die lungsveranstaltung und einem Erfahrungs- Gedenkstätte an die Schulaufsichtsbehörden austausch nach Berlin eingeladen. Pro Zeit- aller 16 Bundesländer, von denen Bayern, zeugengespräch erhalten die Zeitzeugen eine Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sach- symbolische Aufwandsentschädigung von 50 sen ihre Schulen noch einmal selbst auf die Euro, bei Einsätzen, die länger als 90 Minuten Zeitzeugenbörse aufmerksam machten. dauern, auch 100 Euro. Ihre Reisekosten wer- Das Angebot stieß auf eine geradezu über- den ebenfalls erstattet. wältigende Resonanz. Vom 27. August bis zum Im August 2010 stellte die Gedenkstätte 31. Dezember 2010 wurden insgesamt 96 das Angebot auf ihrer Website online. Zu die- Einsätze gebucht. Abzüglich der Wochenen- sem Zeitpunkt waren 83 ehemalige politische den und Feiertage fand damit durchschnittlich Häftlinge verfügbar, deren Zahl bis zum 31. De- jeden Tag eine Zeitzeugenveranstaltung statt. zember 2010 auf 99 stieg. Ziel ist es, so viele Möglich war dies nur durch außerordentliche Zeitzeugen zu gewinnen, dass in jeder Region Projektmittel des Beauftragten der Bundes- mindestens eine Person zur Verfügung steht. regierung für Kultur und Medien (BKM). Das Unter der Adresse www.ddr-zeitzeugenboer- größte Interesse zeigten Schulen aus Berlin se.de können Schulen und andere Bildungs- (24 Buchungen), Niedersachsen (20 Buchun- einrichtungen seitdem selbständig Zeitzeugen gen) und Bayern (16 Buchungen). Nach dem für Gespräche und Veranstaltungen aussuchen Einsatz äußerten sich zahlreiche Lehrer und und einladen. Die Zeitzeugen sind dort nach Schüler in E-Mails und Briefen geradezu be- Bundesländern geordnet und werden mit ei- geistert von der Begegnung mit „ihrem“ Zeit- ner Kurzbiografie und einem Foto vorgestellt. zeugen. Die Lokalpresse berichtete ebenfalls Interessierte können sich zusätzlich vorberei- oft über die Veranstaltungen, was das Angebot tendes Unterrichtsmaterial zur DDR und zum – und die Gedenkstätte – auch in entlegenen Staatssicherheitsdienst herunterladen. Zudem Regionen bekannt machte. Ausschließlich po- stehen Muster für eine Pressemitteilung und sitiv äußerten sich auch die Zeitzeugen, weil ein Veranstaltungsplakat zum Download be- ihre schmerzlichen Erinnerungen durch das reit, die nur noch um den Namen des Zeitzeu- Gespräch mit jungen Menschen plötzlich einen gen und die jeweiligen Veranstaltungsdaten positiven Sinn bekamen. 44

Dokumentation von Wandeinritzungen Forschung im Gefängnisneubau: Mit Strichen gezählte Hafttage Die Gedenkstätte hat den gesetzlichen tersuchungshaftanstalt des MfS inhaftiert, 68 Auftrag, die Geschichte der Haftanstalt Ho- waren im sowjetischen Speziallager, 45 in der henschönhausen zu erforschen. Da es ihr da- zentralen sowjetischen Untersuchungshaftan- für an ausreichendem qualifizierten Personal stalt, weitere 60 im Haftkrankenhaus des MfS fehlt, hat sich die Forschungsarbeit weiterhin gefangen. Die Namen und Unterlagen aller vor allem darauf konzentriert, zentrale Quellen ehemaligen Häftlinge werden in einer spezi- ausfindig zu machen, zu sichern und zu er- ellen Personendatenbank der Stiftung erfasst schließen, um die Voraussetzungen für künfti- (siehe Sammlungen: Zeitzeugenarchiv). ge Forschungen zu verbessern. Lediglich durch Das Zeitzeugenbüro bittet alle ihm be- die Sondermittel für die Erstellung der zentra- kannt gewordenen Inhaftierten, einen Frage- len Dauerausstellung (siehe Haushalt) konnte bogen mit den wichtigsten Angaben zu ihrer sie erstmals eine Reihe von grundlegenden Haft auszufüllen. Später werden mit ihnen Fragen systematischer untersuchen. Einige nach Möglichkeit mehrstündige leitfadenge- kleinere Forschungsprojekte konnten auch mit stützte Videointerviews geführt. Dazu verfügt Hilfe anderer Mittelgeber realisiert werden. das Zeitzeugenbüro über eine entsprechende Eine zentrale Rolle bei der Erschließung technische Ausrüstung (Kamera, Beleuchtung, historischer Quellen zum Haftort Hohenschön- Mikrofon). Die Interviews werden transkribiert hausen spielt die Sicherung der Häftlings- und im Zeitzeugenarchiv archiviert, wo sie als erinnerungen. Dafür ist das Zeitzeugenbüro Quelle für Forschungen sowie als Material für der Gedenkstätte zuständig. Für ehemalige Ausstellungen und Publikationen zur Verfü- Häftlinge oder deren Angehörige, die sich mit gung stehen. Die Zeitzeugeninterviews sind Fragen, Hinweisen oder Wünschen an die oft die einzige Möglichkeit, die Erinnerungen Gedenkstätte wenden, fungiert das Büro als der Häftlinge dauerhaft aufzubewahren. Die wichtige Anlaufstelle. Jedes Jahr melden sich teilweise hochbetagten Interviewten bedür- in der Gedenkstätte über 100 ehemalige Häft- fen dabei vielfach auch professioneller Hilfe linge zum Teil vor Ort, über Briefe oder über die in Form von Beratungen zu gesundheitlichen Website der Gedenkstätte. Das Büro nimmt Haftfolgeschäden, zur Geltendmachung von darüber hinaus von sich aus Kontakt zu ehe- Leistungsansprüchen sowie zu speziellen the- mals Inhaftierten auf. Entsprechenden Hinwei- rapeutischen Hilfen. Viele ehemalige Häftlinge sen in Veröffentlichungen, bei Veranstaltungen, sehen dafür in der Gedenkstätte eine erste von Besuchern oder bei Vorträgen des Ge- Anlaufstelle. denkstättendirektors wird jeweils genau nach- Die Interviews werden nach Maßgabe gegangen. Da der Gedenkstätte mittlerweile der finanziellen Möglichkeiten durch externe die Namen aller in Hohenschönhausen inhaf- Schreibbüros transkribiert und von wissen- tierten MfS-Untersuchungshäftlinge bekannt schaftlichen Hilfskräften der Gedenkstätte sind, ergeben sich zusätzliche Recherchemög- verschlagwortet. Mit Hilfe des EU-Programms lichkeiten, die allerdings sehr aufwändig und „Aktive Europäische Erinnerung“ wurde seit kompliziert sind. Herbst 2008 erstmals eine größere Zahl von Insgesamt konnte die Gedenkstätte bis- Interviews in dieser Weise aufbereitet und lang 1 263 Zeitzeugen ausfindig machen, von analysiert. Im Rahmen des Projektes „Das denen 948 direkt dem Haftort Berlin-Hohen- zentrale Untersuchungsgefängnis des kom- schönhausen zuzuordnen sind. Der größte munistischen Staatssicherheitsdienstes in Teil von ihnen (695) war in der zentralen Un- Deutschland im Spiegel von Opferberichten“ Forschung 45

wurde zu diesem Zweck eine Suchmaske Ruth Bubner und deren Mitangeklagte (39 entwickelt, die es ermöglicht, zu einzelnen Akten). Die angeforderten Kopien hat die Sta- Aspekten (z. B. Ernährung, Sexualität oder Hy- si-Unterlagen-Behörde jedoch im Berichtszeit- giene) alle relevanten Häftlingsaussagen per raum nicht bereitgestellt. Auf der Grundlage Knopfdruck ausfindig zu machen. Das Projekt persönlicher Einwilligungen von ehemaligen konnte im September 2009 mit einem online Häftlingen wurden 2009 45 neue Anträge auf gestellten Bericht, der das Haftregime in den Akteneinsicht gestellt. Die Stasi-Akten-Behör- verschiedenen Phasen genau beschreibt, be- de bearbeitete davon 18 und lieferte 2 403 endet werden. Blatt Kopien. 2010 wurden weitere 34 Anträ- Im Berichtszeitraum führte das Zeitzeu- ge gestellt, von denen bisher zehn bearbeitet genbüro insgesamt 115 Zeitzeugeninterviews wurden mit insgesamt 1 200 Blatt Kopien. Ein durch – ein deutlicher Anstieg zum Berichtszeit- anderer Rechercheschwerpunkt bezog sich auf raum 2007/2008 mit insgesamt 90 geführten den Volksaufstand am 17. Juni 1953. Im Zuge Interviews. 2009 wurden 75 Videointerviews, der damaligen Massenverhaftungen brachte 2010 weitere 40 Videointerviews gemacht. Die das MfS auch zahlreiche Demonstranten und durchschnittliche Länge eines Zeitzeugeninter- Streikende in das Kellergefängnis in Berlin- views lag bei 90 Minuten. Die Gesamtzahl der Hohenschönhausen. Um mehr Informationen Zeitzeugeninterviews, einschließlich der Au- über diese Häftlingsgruppe zu erhalten, wurde diointerviews aus den 1990er Jahren, ist damit bei der BStU ein Forschungsantrag gestellt, auf 446 angewachsen. Die Zahl der Transkripti- der 2009 von der BStU abgeschlossen wurde. onen ging im Berichtszeitraum hingegen leicht Seit 2002 gingen dazu insgesamt 47 103 Blatt Abschlussbericht des EU-geförderten zurück. Wurden 2007/2008 noch von 196 Inter- Kopien ein. Forschungsprojektes zur Auswertung views Abschriften angefertigt, so wurden im Das Zeitzeugenbüro ist nicht nur Anlauf- von Zeitzeugeninterviews Jahr 2009 84 und im Jahr 2010 70 Interviews stelle für frühere Häftlinge und verantwortlich transkribiert, zusammen 154. Die Ursachen für die Archivierung ihrer Unterlagen, sondern dafür sind finanzieller Natur, da die Kosten für ist mit seiner Arbeit auch für andere Arbeits- die Anfertigung der Abschriften erheblich sind. bereiche der Gedenkstätte von Bedeutung. Ohne außerordentliche Projektmittel des Be- So unterstützte es etwa 2010 die Recherchen auftragten der Bundesregierung für Kultur und nach ehemaligen Häftlingen, die für den Ein- Medien (BKM) wäre die Zahl noch niedriger satz in Schulen geeignet sind (siehe Zeitzeu- gewesen. genbörse). Die Projektgruppe, die die Dauer- Die Gedenkstätte bemühte sich weiterhin ausstellung erarbeitet, konnte ebenfalls auf die darum, von den ehemaligen Häftlingen amtli- Kontakte zu den ehemaligen Häftlingen, die che Unterlagen, persönliche Berichte, Veröf- vorliegenden Dokumente und die von ihnen fentlichungen, Fotos und Gegenstände, die zum Teil übergebenen Gegenstände zurück- mit ihrer Haftgeschichte im Zusammenhang greifen. Für die Ausstellung wurden zudem stehen, zusammenzutragen. Nach Maßgabe Unterlagen im MfS-Bestand „Verwaltung Rück- der Kräfte wertete die Gedenkstätte auch Bü- wärtige Dienste“ in der Stasi-Akten-Behörde cher, Artikel und andere Publikationen aus. Da gesichtet und insgesamt 2 054 Blatt Duplikate sich die MfS-Akten im Archiv der Stasi-Unterla- aus 96 Akten in Empfang genommen. Bei An- gen-Behörde befinden, ist die Gedenkstätte in fragen von Wissenschaftlern und Journalisten der Regel auf deren Unterstützung angewie- hilft das Zeitzeugenbüro ebenfalls weiter. sen. Wegen der komplizierten Schwärzungs- Um mehr über den Haftort Hohenschön- vorschriften und der extrem langen Wartezei- hausen herauszufinden, fanden auch umfang- ten wurde mit der Behörde vereinbart, aus reiche Recherchen in anderen Archiven statt. den beantragten Untersuchungsvorgängen So wurde im Bauarchiv Berlin-Mitte zu den zunächst nur die wichtigsten Dokumente in Haftorten „Kleine Alexanderstraße“, „Mari- Kopie herauszugeben. Bis Februar 2009 lie- enstraße“, „Luisenstraße“, „Elsässer Straße“ Studio der Gedenkstätte für ferte die Behörde zu 255 ehemaligen Unter- und „Albrechtstraße“ recherchiert, bei denen Zeitzeugeninterviews suchungshäftlingen ca. 39 000 Kopien sowie es sich um Vorgän- zu 83 ehemaligen Mitarbeitern der beiden auf gereinrichtungen des dem Gelände ansässigen MfS-Diensteinhei- Untersuchungsge- ten (Hauptabteilung IX und Abteilung XIV) ca. fängnisses in Berlin- 8 400 Kopien. Hohenschönhausen Parallel dazu fanden aber noch andere Ar- handelt. Im Archiv chivrecherchen bei der Behörde statt. Durch- der Akademie der gesehen wurden 2009 zum Beispiel die Unter- Künste wurde der lagen des Untersuchungsvorgangs zu Jürgen Bestand „Heinrich Fuchs (21 Akten) und zu Georg und Maria George“ untersucht. Dertinger, Heinz Brandt, Eberhard Plewe, Ilse- Zusammen mit des- 46 Forschung

sen Sohn Jan George wurden im November auch 139 Häftlinge, darunter über 20 führen- 2009 die vorhandenen Kopien und die Über- de Partei- und Staatsfunktionäre der DDR, die setzung der sowjetischen Haftakte seines nach der Friedlichen Revolution in die Untersu- Vaters durchgesehen. Im Landesarchiv Berlin chungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen wurde der Bestand „Hohen- kamen, nachdem diese am 15. Januar 1990 schönhausen“ und „Rummels- dem Innenministerium der DDR unterstellt burg“ geprüft, der ebenfalls worden war. Durch all diese Untersuchungen Sach- und Häftlingsakten um- kam die Gedenkstätte ihrem selbstgesteckten fasst, die für die Gedenkstätte Ziel, die Namen aller in Hohenschönhausen In- relevant sind. Zur Recherche haftierten festzustellen, ein erhebliches Stück nach ehemaligen Häftlingen näher. wurde zudem das historische Erstmals begann die Gedenkstätte Archiv der Vereinigung der Op- auch damit, die Ein- und Abgangslisten des fer des Stalinismus (VOS) e. V. „Schwester-Gefängnisses“ in der Magdale- in der Gedenkstätte Bautzener nenstraße in Berlin-Lichtenberg auszuwerten. Straße in Dresden aufgesucht. Diese als UHA II bezeichnete zweite zentrale Um weitere Erkenntnisse über Hafteinrichtung des MfS durchlief schätzungs- das Sperrgebiet in Berlin-Ho- weise jeder zweite Gefangene aus der UHA I henschönhausen zu gewinnen, in Berlin-Hohenschönhausen. Beginnend mit wurde das Archiv der Nieder- dem Zeitraum 1953 bis 1960 konnten die Da- barnimer Eisenbahn-Aktienge- ten von 5 400 Durchgängen erfasst werden. sellschaft in Berlin-Mitte ge- Langfristig steht darüber hinaus die Aufgabe, prüft. Im Landesarchiv Berlin die Namen der Häftlinge in weiteren MfS- und im Bundesarchiv fanden Haftanstalten festzustellen. Über die Inhaf- schließlich Recherchen zu dem tierten der Haftanstalt der Berliner Bezirksver- Landwirt Hermann Wegener waltung in Pankow liegen zum Beispiel kaum sowie zum Maschinenfabrikan- Erkenntnisse vor. Ehe alle der rund 250 000 ten Richard Heike statt, denen politischen Gefangenen der DDR namentlich das Gelände der Haftanstalt bekannt sind, bedarf es noch zahlreicher müh- und des Sperrgebiets Berlin- seliger Recherchen. Hohenschönhausen ursprüng- Die Gedenkstätte hat sich auch bemüht, Original-Ordnungs- und Verhal- lich gehörte. Die Gedenkstätte hat auch nach die Untersuchungen zu den in Hohenschön- tensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungs­haftanstalten des MfS Richtern und Staatsanwälten recherchiert, die hausen Verstorbenen weiterzuführen. Im Zu- an politischen Strafverfahren beteiligt waren sammenhang mit dem Projekt „Tote am MfS- (siehe Sammlungen: Zeitzeugenarchiv). Haftort Berlin-Hohenschönhausen 1951-1989“ Einen Schwerpunkt bei den Nachforschun- wurden Unterlagen im Krematorium Berlin- gen bildete die namentliche Erfassung der Baumschulenweg (Einäscherungsregister) und ehemaligen Gefangenen aus Berlin-Hohen- im Institut für Rechtsmedizin der Berliner Hum- schönhausen. Nach der Identifizierung sämtli- boldt-Universität (Bestand „Obduktionen“) cher Untersuchungshäftlinge des MfS – rund recherchiert und Kopien davon angefertigt. 11 000 in der Zeit von 1950 bis 1989 – konn- Im Berichtszeitraum wurden zudem alle 166 ten nunmehr auch die Namen der Häftlinge Personen erfasst, die in den Haftstätten Wald- des Haftkrankenhauses vollständig erfasst heim, Frankfurt (Oder), Dresden und Leipzig werden. In dem Krankengefängnis wurden für hingerichtet wurden; 60 von ihnen durchliefen den Zeitraum 1959 bis 1989 insgesamt 3 187 zuvor den Haftort Berlin-Hohenschönhausen. Durchgänge auf den Ein- und Abgangslisten Im Berichtszeitraum führte die Gedenk- festgestellt, wobei einige Untersuchungsge- stätte auch die aufwändige Anfertigung eines fangene auch mehrfach eingeliefert wurden. Totenbuches fort. Ziel des Vorhabens ist es, Die Gesamtzahl der dort Inhaftierten betrug die Namen und Daten aller in Hohenschön- 3 174 Personen. Von den geschätzten 8 000 hausen verstorbenen Lagerinsassen zu re- Insassen des Lagers X konnten bisher 1 002 cherchieren und zu veröffentlichen. Aufgrund Gefangene und von den ca. 16 000 bis 17 000 personeller Veränderungen beim Suchdienst Insassen des sowjetischen Speziallagers Nr. 3 des DRK in München, wo wichtige Unterla- insgesamt 1 275 Gefangene namentlich ermit- gen lagern, konnte das von der Bundesstiftung telt werden. Bei Recherchen zur Vorgängerein- Aufarbeitung geförderte Vorhaben erst 2008 richtung des zentralen MfS-Untersuchungsge- breiter anlaufen. Bisher konnten Angaben fängnisses in der Berliner Albrechtstraße sowie von 690 Personen ermittelt werden, deren zu den Strafgefangenenarbeitskommandos in Tod im Speziallager Nr. 3 und in einigen Fällen Berlin-Hohenschönhausen wurden etwa 300 auch im kleinen Haftarbeitslager des Berliner weitere Häftlinge identifiziert. Erfasst wurden NKWD/MGB-Opersektors durch russisch- Forschung 47

sprachige Karteikarten des Ministeriums für NSDAP und NSDAP-Mitgliedsnummer, ver- Staatssicherheit der UdSSR (MGB) und durch haftende Diensteinheit, Anlass der Verhaftung Beurkundungen des DRK-Suchdienstes in nach russischen Unterlagen, Sterbedatum) in München belegt sind. Der eine Datenbank übertra- Schwerpunkt der Recher- gen, die Grundlage der im chen lag bei der Ermittlung Oktober 2011 erfolgten Ver- von weiteren Toten, der öffentlichung ist. eindeutigen Identifizierung Im Zusammenhang mit der Verstorbenen sowie bei der Vorbereitung der Dau- der Verifizierung ihrer bio- erausstellung wurden meh- grafischen Grunddaten wie rere Werkverträge für klei- Geburtsdatum, Geburts- nere Forschungsvorhaben ort, letzter Wohnort, Beruf, vergeben, die größtenteils gegebenenfalls NSDAP- bereits abgeschlossen wur- Russische Karteikarte zu einem im Mitgliedschaft und Einsatz sowjetischen Speziallager Nr. 3 den. Neben den vorstehend der Betroffenen während Verstorbenen (Friedrich Bechler) erwähnten Recherchen zu des Zweiten Weltkrieges. den in Hohenschönhausen In diesem Kontext wurden komplizierte und Verstorbenen und den erwähnten bauarchäo- zeitaufwändige Recherchen in der historischen logischen Untersuchungen wurden unter an- Berliner Einwohnermeldekartei im Landes- derem zu den Transportfahrzeugen des MfS, archiv Berlin, im ehema- den Strafgefangenenar- ligen Bestand Document beitskommandos, dem Center des Bundesarchivs Haftkrankenhaus sowie Berlin, in den Materialien den Mitarbeitern der Haft- der Wehrmachtsauskunfts- anstalt Analysen angefer- stelle (WASt), bei der tigt. Mit eigenen Kräften Stasi-Unterlagen-Behörde, wurde auch nach der Her- in den Sammlungen der kunft eines im Besitz der Dokumentationsstelle Wi- Gedenkstätte befindlichen derstands- und Repressi- Wartburgs und nach der onsgeschichte in der NS- Nutzung der Sauna für das Zeit und der SBZ/DDR bei MfS-Personal recherchiert. der Stiftung Sächsische Um externe Wissen- Gedenkstätten in Dresden schaftler zu motivieren, und im siebenbändigen sich mit der Geschichte Berliner Adressbuch von des Haftortes zu befassen, 1943 durchgeführt. Um- hat die Gedenkstätte auf fangreiche Unterlagen stell- ihrer Website einen Aufruf ten auch das Standesamt I veröffentlicht, in dem sie beim Landesamt für Bür- einschlägigen Forschungs- ger- und Ordnungsange- vorhaben ihre Unterstüt- legenheiten in Berlin, das zung zusichert. Aus diesem Standesamt Berlin-Lich- Grunde hat sich im Be- tenberg sowie die Lager- richtszeitraum erneut eine Transportliste des sowjetischen gemeinschaft Ketschendorf Speziallagers Nr. 3 Reihe junger Wissenschaftler und die Gedenkstätte Bu- an die Stiftung gewandt. Die chenwald zur Verfügung. Zahlreiche Anfragen Gedenkstätte unterstützte in diesem Zusam- gingen weiterhin an Standesämter, Melde- menhang ein Dissertationsvorhaben über die stellen, Heimatarchive und Regionalarchive in Inhaftierten und ein zweites über das Personal der Bundesrepublik. Wenig kooperativ verhielt der Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohen- sich dagegen die Leitung der Gedenkstätte schönhausen. Eine Diplomarbeit zur Geschich- Sachsenhausen. Mit Verweis auf den Perso- te der Strafvollzugsanstalt Rummelsburg, für nen- und Datenschutz – welcher eigentlich nur die unter Vermittlung der Gedenkstätte der in wenigen Ausnahmefällen relevant ist – ver- unbearbeitete Bestand im Berliner Landesar- weigerte sie die Arbeit mit Kopien aus dem chiv erstmals ausgewertet wurde, wurde im Moskauer Staatsarchiv und den Unterlagen ih- Berichtszeitraum abgeschlossen. Eine andere res Zeitzeugenarchivs. Seit Oktober 2009 wur- zum Thema „Menschenrechtsverletzungen in den ausgewählte biografische Daten (Name, Berlin-Hohenschönhausen“ konnte aus priva- Vorname, Geburtsdatum, Geburtsort, letzter ten Gründen bisher noch nicht fertiggestellt Wohnort, gegebenenfalls Eintrittsdatum in die werden. 48

Monitore und Scheinwerfer aus der Sammlungen Sammlung der Gedenkstätte Die Gedenkstätte unterhält eine Reihe von zeigt werden. Dieser Bestand aus Uniformen, Sammlungen und Archiven mit Materialien zur Gegenständen aus dem Gefängnisbetrieb, Geschichte des Haftortes Berlin-Hohenschön- Dokumenten von Opposition und Widerstand hausen und zum System der politischen Jus- oder Erinnerungsstücken früherer Häftlinge ist tiz in der DDR. In der Objektsammlung wer- in den letzten Jahren sukzessive angewach- den dreidimensionale Gegenstände aus der sen. Ein Teil der Neuzugänge stammt aus den ehemaligen Untersuchungshaftanstalt und Recherchen für die zentrale Dauerausstellung. angrenzenden Themenbereichen aufbewahrt. Noch viel größer ist ein Bestand, der im Jahr Daneben verfügt die Gedenkstätte über ein 2001 wegen bevorstehender Bauarbeiten Fotoarchiv, ein Zeitzeugenarchiv und ein Do- ausgelagert wurde und erst im Jahr 2009 kumentenarchiv. Außerdem gehören eine Bi- zurückgeführt werden konnte. Insgesamt elf bliothek und eine Mediathek zur Ausstattung. LKW-Ladungen mit Gegenständen kamen in Sämtliche Sammlungen sind über Datenban- zum Teil sehr schlechten Zustand zurück in ken erschlossen. die Gedenkstätte. Ein ähnlich umfangreiches Konvolut kam im Februar 2010 in Form der Objektsammlung Gefängnisbibliotheken der Haftanstalten Ho- henschönhausen, Pankow, Rummelsburg und Köpenick, die der Verein Help e. V. der Gedenk- Das größte Objekt der Gedenkstätte stätte überließ. Die Stiftung verfügt damit über Berlin-Hohenschönhausen ist das denkmal- die größte Sammlung an Objekten aus DDR- geschützte Gebäudeensemble mit seinen Haftanstalten. authentischen Räumen. Dazu gehören nicht Angesichts der Dimensionen der Neuzu- nur die typischen PVC-Fußbodenbeläge, der gänge konnten diese zunächst nur provisorisch schlichte Anstrich der Zellen und Zellenflure, eingelagert werden. Wegen des vermuteten die gemusterten Tapeten in den Vernehmerbü- Schädlingsbefalls war eine Quarantänelage- ros und den Fluren, sondern auch das gesamte rung aber ohnehin unumgänglich. Erwartungs- Mobiliar aus der Haftanstalt. gemäß waren Schädlingsbekämpfungsmaß- Der Erhalt dieses Großobjektes ist mit nahmen an den Textilien notwendig. Da es sich erheblichem Aufwand verbunden. Die histo- bei den zurückgeführten Gegenständen zum rischen Oberflächen weisen durch Alterung, Teil um demontierte Möbel aus der Haftanstalt Witterungseinflüsse und den Besucherbetrieb handelte, mussten die Schrankteile anhand zum Teil starke Schäden auf. Auch die Möbel von Fotos herausgesucht und aufwändig zu- unterliegen, vor allem durch unsachgemäße sammengebaut werden. Diese Arbeiten konn- Berührungen der Besucher, einer massiven ten im 1. Quartal 2010 abgeschlossen werden. Abnutzung. Mitarbeiter der Gedenkstätte ins- Umfangreiche Umräumarbeiten wurden auch pizieren täglich den musealen Rundgang und durch den geplanten Umbau der Gedenkstätte sorgen dafür, dass kleinere Mängel und Schä- erforderlich. Für die Bauarbeiten in den Gara- den von der Haustechnik repariert werden. gen musste für die dort gelagerten Großobjek- Größere Schäden werden der Senatsbauver- te ein neuer Standort gefunden werden. Als waltung gemeldet, damit sie durch externe Außendepot für Großobjekte soll künftig die Handwerker behoben werden. ehemalige Tischlerei im Werkstatthof dienen. Darüber hinaus verfügt die Gedenkstätte Langfristig sollen die rückgeführten Ob- über zahlreiche weitere Objekte, die nicht ge- jekte, wie alle Exponate, im Zentraldepot der Sammlungen 49

Gedenkstätte untergebracht werden. Nach Abschluss der Baumaßnahme „Depot“ ste- hen der Stiftung dort insgesamt 32 Räume für die Objektsammlung zur Verfügung, davon vier Räume mit Schränken für Textilien, ein Raum mit Grafikschränken für Flachware, vier Arbeitsräume, sowie 21 Räume mit Regalein- heiten. In den Fluren befinden sich zusätzlich 15 Gitter zur Installation von Bildmaterial. Eine Langzeitklimamessung im Zentraldepot soll die Lagerungsbedingungen der Objekte lang- fristig dokumentieren. Über Klimalogger wer- den regelmäßig Daten erhoben, ausgelesen und dokumentiert. Die Ergebnisse der Klima- messungen ergaben, dass für die Be- oder Entfeuchtung einzelner Depots spezielle Kli- mageräte angeschafft werden mussten. Sammlungsgegenstände: Bildnisse des Vorsitzenden des Ministerrats, Im Zentraldepot werden die Objekte nach Willi Stoph, (links) und des Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht Sach- und Materialgruppen fachgerecht gela- gert, zum Beispiel in säurefreien Kartons für Papieraufbewahrung, Pergaminhüllen für Fo- tos und in der Größe nach angepassten Auf- bewahrungsmöglichkeiten für Orden, Münzen und Schulterklappen. Die Notdepots der Ge- denkstätte wurden sukzessive aufgelöst und die Objekte nach einer Quarantänephase in das Zentraldepot umgelagert. Ohne die Unterstüt- zung zweier befristet eingestellter Museolo- gen wäre diese umfangreiche Arbeit, die noch lange nicht abgeschlossen ist, nicht zu leisten gewesen. Dennoch bietet die Objektsamm- lung bereits heute eine wesentliche Grundlage für die Erarbeitung der Dauerausstellung und für die Ausstattung des Rundgangs. Die eingelagerten Objekte werden alle inventarisiert. In einer speziellen Objektda- tenbank werden nicht nur Maße, Farbe und Material erfasst, sondern auch ein Foto und Unterschiedliche Tapeten im Vernehmertrakt des Gefängnisses und im Haftkrankenhaus alle Angaben zur Herkunft und Bedeutung des Exponats. Die Datenbank umfasst mittlerweile 7 584 Datensätze mit schätzungsweise 10 000 bis 15 000 Objekten. Allein im Jahr 2010 wur- Heimlich von einem Häftling angefertigtes Kartenspiel, gefunden bei Bauarbeiten in Zelle 313 den 625 neue Datensätze angelegt. Darunter befanden sich Objekte wie Kalender, Postkar- ten, Broschüren und Zeitschriften, aber auch Observationsgeräte, Büromöbel, Büsten und Baustellenfunde. Die Datenbank wird regel- mäßig für Objektrecherchen herangezogen. Die Inventarisierung der erwähnten umfang- reichen Neuzugänge wird sicherlich noch ei- nige Jahre in Anspruch nehmen und ist ohne zusätzliche personelle Unterstützung kaum zu schaffen. Über die Datenbank wird auch der Leih- verkehr der Gedenkstätte abgewickelt. Leih- nehmer waren unter anderem die Frankfurter Außenstelle der Stasi-Unterlagen-Behörde, das inzwischen neu eröffnete Militärhistori- sche Museum der Bundeswehr in Dresden und das Goethe-Institut in Kiew. Eine Buch- 50 Sammlungen

exemplare erhält und diese kostenlos für Bil- dungszwecke nutzen darf. Im Berichtszeitraum wurden 33 solcher Genehmigungen erteilt. Der Bestand des physischen Archivs ver- größerte sich in den letzten beiden Jahren um 50 Prozent – von 1 400 auf 2 100 Fotografien; hinzu kamen etwa 300 Diapositive. Zu den Fotoabzügen gehören seltene historische In- nen- und Außenaufnahmen des Haftortes mit diversen Ansichten und Details. Die meisten dieser Fotografien stammen allerdings aus der Zeit unmittelbar nach Schließung der Haftan- stalt, während aus dem eigentlichen Gefäng- nisbetrieb so gut wie keine Bilder vorliegen. Das elektronische Archiv vergrößerte sich im Berichtszeitraum von 9 100 auf 16 600 Bildme- dien – ein Zuwachs von 82 Prozent. Bei den Neuzugängen handelte es sich vor allem um Fotografien von Veranstaltungen, Ausstellun- gen und prominenten Besuchern. Auch das Bildmaterial, das im Zeitzeugenarchiv bei den Unterlagen ehemaliger Häftlinge gelagert ist, wurde digital erfasst. Technische Probleme und fehlende personelle Kapazitäten führten dazu, dass die geplante Erschließung mit einer Historisches MfS-Foto der Einfahrt ins vorstellung mit Preisverleihung zum Thema Ju- Fotoarchivierungssoftware noch immer nicht Sperrgebiet Hohenschönhausen in der gendwerkhof Torgau und eine Ausstellung im Freienwalder Straße (1988) abgeschlossen werden konnte. ehemaligen MfS-Gefängnis in Cottbus wurden Das Fotoarchiv steht nicht nur den Mitar- ebenfalls mit Leihgaben unterstützt. Objekte beitern, sondern auch Außenstehenden zur wurden zudem für verschiedene Filmprodukti- Verfügung. Insbesondere bei Recherchen für onen verliehen. So stellte die Gedenkstätte für Presseveröffentlichungen, Bildvorträge, Publi- die Ausstattung eines Films zum Strafvollzug kationen und Forschungsvorhaben leistete es in Cottbus Schlüssel, Handschellen, Geschirr hilfreiche Dienste. Bilddateien wurden in den und Besteck sowie Toilettenkübel bereit. Die gängigen Formaten häufig auch elektronisch Stiftung profitiert zwar nicht direkt von diesen versandt. Leihgaben, doch die Herkunftshinweise der verschiedenen Nutzer stellen eine gute Wer- Zeitzeugenarchiv bung dar.

Fotoarchiv Im Zeitzeugenarchiv werden die personen- bezogenen Unterlagen zu allen ehemaligen Häftlingen gesammelt, die der Gedenkstätte Im Fotoarchiv, das aus einem physischen bisher bekannt geworden sind. Zu jedem Zeit- und einem elektronischen Archiv besteht, wer- zeugen wird eine Akte geführt, in der neben den Fotografien unterschiedlicher Herkunft historischen Unterlagen auch der Kontakt zur gesammelt. Es enthält vor allem historische Gedenkstätte sowie eventuelle Veröffentli- Aufnahmen sowie Bilder, die die Tätigkeit chungen dokumentiert werden. Sofern vorlie- der Gedenkstätte dokumentieren. Ein großer gend, werden insbesondere der ausgefüllte Bestand an Fotografien existiert zudem über Fragebogen mit den Grunddaten zur Haft, das Objekte, die von der Gedenkstätte gesammelt Zeitzeugeninterview, vorhandene amtliche Ak- und inventarisiert wurden (siehe Objektsamm- ten (insbesondere des MfS), Rehabilitierungs- lung). unterlagen, Erinnerungsberichte, Briefe, Fotos Das Fotoarchiv wurde im Berichtszeitraum und andere relevante Dokumente archiviert. weiter ausgebaut. Allein durch die regelmä- Bei den MfS-Akten handelt es sich meist um ßige Bilddokumentation bei Veranstaltungen, Kopien, bei den übrigen Unterlagen teilweise VIP-Besuchen und Ausstellungen sind Hunder- um Originale. te digitale Fotografien hinzugekommen. Bei Das physische Zeitzeugenarchiv umfasst der Erteilung von Fotografiergenehmigungen derzeit etwa 85 laufende Regalmeter. Zu ca. hat es die Gedenkstätte außerdem zur Auflage 2 000 ehemaligen Häftlingen sind dort Akten gemacht, dass sie von den Aufnahmen Beleg- angelegt. Die Materialien dienen als Grundlage Sammlungen 51

für Recherchen, Publikationen und Ausstellun- jedem Gefangenen erfasst werden. Die berei- gen. Besonders im Zuge der Vorarbeiten zur nigte Datenbank enthält gegenwärtig 19 321 neuen Dauerausstellung der Gedenkstätte ist Einträge zu unterschiedlichen Personen. Da- dieser Aktenbestand von Bedeutung. Unter von beziehen sich etwa 10 800 Datensätze Berücksichtigung des Datenschutzes wurden auf Frauen und Männer, die in den komplett sie aber auch externen Wissenschaftlern, Jour- überlieferten Ein- und Abgangsbüchern des nalisten oder anderen Interessierten zur Ver- ehemaligen MfS-Untersuchungsgefängnisses Eindrücke aus dem Zeitzeugenarchiv fügung gestellt. Ein mit der Fachhochschule Berlin-Hohenschönhausen und deren Vorgän- der Gedenkstätte Potsdam durchgeführtes Projekt „Überarbei- gereinrichtung in der Al- tung/Neuordnung des Zeitzeugenarchivs“, das brechtstraße in Berlin- im Juni 2008 begann, lief im Berichtszeitraum Mitte aufgelistet sind. aus. Neben der einheitlichen Verzeichnung al- Darüber hinaus lassen ler schriftlichen Unterlagen wurden auch die sich über die Perso­ dazugehörigen Datensätze vereinheitlicht bzw. nendatenbank Informa- nach Sichtung des physischen Archivs korri- tionen zu 1 046 MfS- giert und ergänzt. Mitarbeitern abrufen, Daran angelehnt erfolgt der Aufbau einer die zum überwiegen- physischen Ablage für die verschiedenen Haft- den Teil im Sperrgebiet anstalten bzw. Haftorte in der SBZ/DDR. Hohenschönhausen Außer im physischen Archiv werden die beschäftigt waren. Häftlinge auch in einer Datenbank („Perso­ Die Forschungs- nendatenbank“) erfasst. So können die Mit- datenbanken der Ge- arbeiter der Gedenkstätte von jedem Intra- denkstätte wurden im net-Arbeitsplatz selbständig und schnell nach Berichtszeitraum noch einzelnen Gefangenen recherchieren – zum in anderer Hinsicht Beispiel zur Beantwortung von Anfragen durch überarbeitet. So war es Medien, Versorgungsämter, Betroffene oder notwendig, alle Daten- deren Angehörige. Wenn vorhanden, sind dort sätze, die im Zusam- auch die Haftzeiten und -orte, der Tatvorwurf, menhang mit der Spezi- weitere Angaben aus dem Fragebogen, das allagerthematik stehen, transkribierte Zeitzeugeninterview sowie Hin- aus der Personendaten- weise auf andere Materialien und Quellen ge- bank herauszunehmen speichert. und in eine gesonderte Die Personendatenbank verzeichnet ge- Speziallager-Datenbank genwärtig mehr als 1 400 der Gedenkstätte zu überführen. Wegen persönlich bekannte ehemalige Häftlinge. der russischen Quel- Darin enthalten sind auch inzwischen verstor- len sind die Personen bene Häftlinge sowie solche, die in anderen oftmals nicht eindeu- MfS-Haftanstalten, vorwiegend in der Berliner tig zu identifizieren, Magdalenenstraße, in Berlin-Pankow oder in außerdem kann es zu anderen Bezirksgefängnissen des MfS inhaf- Mehrfachnennungen tiert waren. Die Angaben in der Datenbank von Namen kommen, wurden mit den physischen Unterlagen regel- so dass mögliche sta- mäßig abgeglichen und gegebenenfalls berich- tistische Auswertun- tigt, ergänzt oder aktualisiert. In der Datenbank gen verfälscht würden. werden auch andere relevante Personen, ins- Erst wenn eine Person besondere Mitarbeiter des Gefängnisses, er- aus der Speziallager- fasst. Quellendatenbank mit Die Struktur der Personendatenbank wur- Hilfe deutschsprachiger de 2009 dahingehend verändert, dass unter ei- Unterlagen eindeutig nem Namen auch Mehrfachverhaftungen und identifiziert wurde, wird die zeitliche Abfolge verschiedener Haftaufent- für sie ein Datensatz in halte dokumentiert werden können. Zudem der Personendaten- wurde eine Verknüpfung zwischen der Einga- bank angelegt bzw. ein bemaske für Gefangene und für MfS-Mitar- vorhandener ergänzt. beiter installiert, sodass bei entsprechender Die neue Speziallager- Ausfüllung der Datenfelder angezeigt werden Datenbank enthält gegenwärtig 40 307 Da- kann, welche Untersuchungsgefangenen von tensätze mit transkribierten Häftlingsnamen. welchem Vernehmer verhört wurden. Auch Darunter befinden sich Angaben über alle im die Zellennummer kann, soweit bekannt, zu Lager Ketschendorf Verstorbenen (4 621 Per- 52 Sammlungen

sonen) und 6 284 Informationseinheiten über Internierte aus den Transporten nach Weesow/ Landsberg. In einer weiteren Datenbank werden Richter und Staatsanwälte, die an politischen Strafverfahren beteiligt waren, registriert („Prozessdatenbank“). Sie enthält Angaben zu insgesamt 3 370 politischen Prozessen zwi- schen Oktober 1949 und Oktober 1989. In der Datenbank kann nach Gerichtsterminen, Ge- richtsstandorten, Gerichtsarten, Angeklagten, Richtern, Anklägern und Verteidigern recher- chiert werden. Auch Anklagepunkte, Verurtei- lungsparagraphen und Strafhöhen werden an- gegeben. Registriert sind ferner Hinweise auf den Haftort, Einflussnahmen oberster SED- Gremien sowie Veröffentlichungen. Die Daten- bank ist mit der Personendatenbank verknüpft, sodass die Bestände des Zeitzeugenarchivs Plan der sowjetischen Untersuchungshaftanstalt und des Lagers, 1950 mit abgefragt werden können. Nach heutigem Kenntnisstand sind in der Datenbank sämtliche Prozesse mit prominen- ten Angeklagten, nahezu alle erstinstanzlichen Verfahren vor dem Obersten Gericht sowie jeder Prozess, der mit einem Todesurteil ende- te, verzeichnet. Weitere Schwerpunkte bilden Prozesse gegen Teilnehmer des Volksaufstan- des 1953, Mitglieder der CDU, Studenten, Zeugen Jehovas, vermeintliche und tatsächli- che Spione, Bürgerrechtler, Fluchtwillige, kri- minalisierte Ausreisewillige sowie Mitarbeiter des Ostbüros der SPD, der Kampfgruppe ge- gen Unmenschlichkeit (KgU) und des Unter- suchungsausschusses freiheitlicher Juristen (UfJ). Auch Prozesse gegen NS-Täter, die ab etwa 1965 nur noch in Hohenschönhausen einsaßen, sind in der Datenbank verzeichnet.

Dokumentenarchiv

Plan der Untersuchungshaftanstalt und des Lagers X, April 1959 Neben dem Zeitzeugenarchiv führt die Gedenkstätte ein Dokumentenarchiv, in dem Sachakten über den Haftort Hohenschönhau- sen gesammelt und erschlossen werden. Das Spektrum der hier archivierten Dokumente reicht von der sogenannten Haftraumordnung mit genauen Verhaltensregeln für Inhaftierte über Schulungsmaterial für Gefängnisbediens- tete bis hin zu Unterlagen über Baumaßnah- men in der Haftanstalt. Der Bestand setzt sich überwiegend aus Kopien von Akten des Minis- teriums für Staatssicherheit (MfS) zusammen, die die Stasi-Unterlagen-Behörde zur Verfü- gung gestellt hat. In geringerem Umfang sind auch Kopien aus anderen Archiven abgelegt, etwa aus dem Bundesarchiv, dem Berliner Landesarchiv, dem Archiv für soziale Demo- kratie und dem Bauarchiv des Bezirks Lich- tenberg. Im Berichtszeitraum konnte dieses

Plan des Sperrgebiets Hohenschönhausen, Ende der 80er Jahre Sammlungen 53

Archiv um mehrere hundert Blatt Kopien aus Akten des Staatssicherheitsdienstes erwei- tert werden. Neu hinzu kamen insbesondere Kader- und Gerichtsakten ehemals in Hohen- schönhausen beschäftigter MfS-Mitarbeiter sowie Dienstanweisungen und Schulungsma- terial für Mitarbeiter der Hauptabteilung XIV. Der Aktenbestand ist dadurch auf etwa 16 lau- fende Regalmeter angewachsen. Das Dokumentenarchiv ist über eine Da- tenbank („MfS-Datenbank“) erschlossen. Die Unterlagen werden darin von Hilfskräften er- fasst und nach Personen, Sachverhalten und Institutionen verschlagwortet. Aufgrund per- soneller und räumlicher Engpässe konnten je- doch im Berichtszeitraum nur wenige Einträge vorgenommen werden. Ihre Zahl stieg von 1 330 (2008) auf 1 365 (2010). Die Dokumen- tendatenbank ist von jedem Arbeitsplatz abruf- bar und kann auch von externen Wissenschaft- lern für Recherchen genutzt werden. Mangels entsprechenden Personals arbei- Bibliothek der Gedenkstätte Berlin- tet die Bibliothek nicht als Leih-, sondern als Hohenschönhausen Bibliothek Präsenzbibliothek. Sie dient vor allem der Ar- beit und der Qualifizierung der festen und frei- en Mitarbeiter, kann aber auch von Schülern, Im Hauptgebäude verfügt die Gedenkstätte Studenten, Doktoranden, Journalisten und an- über eine eigene Fachbibliothek. Schwerpunk- deren Interessierten sowie bei Seminaren und te bilden Darstellungen zum Haftort Hohen- Projekttagen genutzt werden. Die Bibliothek schönhausen, zur Geschichte der politischen steht den Nutzern von Montag bis Freitag zwi- Justiz in der DDR, zu Opposition und Wider- schen 9 und 17 Uhr zur Verfügung. Neuerschei- stand sowie zum Ministerium für Staatssicher- nungen und aktuelle Zeitschriften werden an heit. Ein besonderer Stellenwert kommt dabei exponierter Stelle präsentiert. Ein Computerar- biografischen oder autobiografischen Schriften beitsplatz und ein Besprechungstisch erlauben über ehemalige Häftlinge zu. Darüber hinaus weitergehende Nutzungen, zum Beispiel für zählen Darstellungen zur DDR-Geschichte, zur die Arbeit in Kleingruppen. Interessierte kön- Nachkriegsentwicklung in Deutschland sowie nen dort nicht nur in der Bibliotheks- und Me- zu den Ost-West-Beziehungen zum Bestand. diatheksdatenbank der Gedenkstätte suchen, Schließlich sammelt die Bibliothek grundlegen- sondern auch im Internet recherchieren oder de Werke über das Phänomen politischer Ver- Film- und Tondokumente abspielen. folgung in anderen Diktaturen, insbesondere Der gesamte Buchbestand ist in einer elek- in der Sowjetunion, in Osteuropa und im Nati- tronischen Datenbank erfasst („Bibliotheksda- onalsozialismus. Fachliteratur zur Gedenkstät- tenbank“). Die Bücher werden dort nicht nur tenarbeit, allgemeine Nachschlagewerke und mit Autor und Titel verzeichnet, sondern auch Bibliografien zu den oben genannten Themen verschlagwortet; zudem wird hier die Auslei- vervollständigen den Bestand. he für die Gedenkstättenmitarbeiter vermerkt. Nach Maßgabe ihrer finanziellen Möglich- Mittels einer Eingabemaske können die Nutzer keiten hat die Stiftung den Bestand der Bib- den Buchbestand durchsuchen. Die Datenbank liothek kontinuierlich erweitert. Im Berichts- ist von allen vernetzten Arbeitsplätzen in der zeitraum wurden für mehr als 56 331 Euro Gedenkstätte aus nutzbar, was bei Recherchen Bücher und Zeitschriften angeschafft. Dabei eine erhebliche Zeitersparnis bedeutet. Im Be- wurden nicht nur Neuerscheinungen, sondern richtszeitraum stieg die Zahl der Datensätze auch ältere, nur noch antiquarisch verfügbare von 6 079 auf 7 301, was einem Zuwachs von Bücher erworben. Zudem konnten kostenlose 20 Prozent entspricht. Dubletten aus anderen Bibliotheken übernom- men werden. Weitere Schenkungen erfolgten Mediathek durch Privatpersonen, meist durch ehemalige politische Häftlinge. Insgesamt wurden in den Jahren 2009/2010 mehr als 1 200 Titel neu ver- Entsprechend ihrer Satzung unterhält die zeichnet, was einem Zuwachs von 20 Prozent Gedenkstätte auch eine eigene Mediathek. entspricht. Zum Bestand gehören unter anderem TV- 54 Sammlungen

Dokumentationen über wichtige historische folgte über ihre Hafterfahrungen in Hohen- Ereignisse, Zeitzeugenporträts, themenbezo- schönhausen. Zugleich dokumentieren sie den gene Spielfilme und Diskussionsrunden sowie Prozess der öffentlichen Aufarbeitung nach Fernsehberichte über das MfS und die SED- dem Ende der SED-Diktatur. Sie stehen aber Diktatur. Im Berichtszeitraum wurden mehr als auch für Seminare, Veranstaltungen und Re- 200 Medieneinheiten neu aufgenommen, was cherchen nach Bild- und Tonmaterial, beispiels- einer Steigerung von 20 Prozent entspricht. weise für Ausstellungszwecke, zur Verfügung. Der Gesamtbestand umfasste Ende 2010 etwa Die Ton- und Bildträger bestehen aus den 1 200 Ton- und Bildträger zum Themenkreis gängigen Formaten DVD, CD-ROM, VHS und DDR-Geschichte und politische Verfolgung in Audio-Kassetten. Um die Aufnahmen vor dem der kommunistischen Diktatur. Verfall zu schützen, wurden im Berichtszeit- Ein erheblicher Teil der Neuzugänge ba- raum zahlreiche VHS-Videos auf DVD kopiert. sierte auf der Ablieferungspflicht von Fernseh- Sämtliche Medien sind in einer elektronischen sendern und Produktionsfirmen, die in der Ge- Datenbank („Mediatheksdatenbank“) erfasst, Cover des Einführungsfilms der denkstätte Dreharbeiten durchgeführt hatten. so dass Recherchen leicht von allen Intranet- Gedenkstätte Zudem wurden durch eigene Medienbeobach- Arbeitsplätzen der Gedenkstätte aus möglich tung einschlägige Filme im Fernsehen aufge- sind. In der Mediathek steht auch die erforder- zeichnet. Darüber hinaus hat die Gedenkstät- liche Technik zur Verfügung, damit Mitarbeiter te Mitschnitte ihrer Veranstaltungen auf DVD und Außenstehende die Beiträge auswerten gebrannt. Die in der Mediathek aufbewahrten oder Veranstaltungen und Seminare vorbe- Fernseh-, Film- und Hörfunkproduktionen bele- reiten können. Interessierte können die Me- gen nicht nur die vielfältige Arbeit der Stiftung, diathek nach vorheriger Terminabsprache von sondern stellen auch für die Zukunft wichtige Montag bis Freitag zwischen 10 und 16 Uhr Zeitzeugnisse dar. Häufig berichten darin Ver- nutzen.

Blick in die Mediathek der Gedenkstätte 55

Öffentlichkeitsarbeit Pressestatement beim Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Mai 2009 Eine wichtige Rolle in der Arbeit der Ge- runter eine Reihe von Besucherreferenten. denkstätte spielt die Öffentlichkeitsarbeit. Ein Große Aufmerksamkeit fanden zum Beispiel Beitrag in einem populären Fernsehprogramm der Besuch der Bundeskanzlerin, das zehn- oder ein Artikel in einer führenden Tageszei- jährige Bestehen der Stiftung Gedenkstätte tung erreicht oft mehr Menschen, als es in Berlin-Hohenschönhausen, die Kunstaktion einem Jahr als Besucher im ehemaligen Stasi- „Stasi-Live-Haft“, die zweimillionste Besuche- Gefängnis gibt. Die Stiftung war im Berichts- rin sowie die Ausstellung „Gewalt hinter Git- zeitraum Gegenstand eines außerordentlich tern“. Einen regelrechten Medienansturm er- großen Medieninteresses, was unter anderem lebte die Gedenkstätte zum 20. Jahrestag des mit dem 20. Jahrestag von Mauerfall und Wie- Mauerfalls am 9. November 2009: 15 verschie- dervereinigung zusammenhing. Durch intensi- dene Fernseh- und vier Hörfunkteams, unter ve Öffentlichkeitsarbeit hat die Gedenkstätte anderem aus Frankreich, Spanien, Großbritan- aber auch selbst immer wieder Journalisten nien, Portugal und Polen, waren vor Ort, um zur Berichterstattung angeregt. ihre Beiträge aufzuzeichnen. CNN berichtete Zwischen Januar 2009 und Dezember 2010 am 5. November live aus dem früheren Stasi- erschienen mehr als 2 000 Medienberichte, in Gefängnis. Bei öffentlichen Debatten zur DDR- denen die ehemalige Untersuchungshaftan- Vergangenheit – etwa über die sogenannte stalt, die Gedenkstätte oder ihre Mitarbeiter Kurras-Affäre, über Stasi-belastete Abgeord- Erwähnung fanden. Gegenüber den Jahren nete in Brandenburg oder über das Videospiel 2007/2008 (gut 1 700 Berichte) bedeutet dies 1 378 (km) – war häufig auch die Meinung des einen Zuwachs von rund 18 Prozent. Im Durch- Gedenkstättendirektors gefragt. schnitt wurde die Stiftung damit fast dreimal Für viele Journalisten ist die Gedenkstätte täglich in den Medien erwähnt. Neben 97 ein bedeutender Ansprechpartner, wenn es Fernseh- und Radiobeiträgen waren es vor al- um die Geschichte der DDR oder den Staatssi- lem zahlreiche Artikel in Print- und Onlineme- cherheitsdienst geht. Neben den großen Berli- dien, die die Gedenkstätte durch eigene Medi- ner Medien (unter anderem rbb, TV-Berlin, Ber- enbeobachtung (Pressespiegel) erfasst hat. Im liner Morgenpost, Der Tagesspiegel, Berliner Internet war sie auf etwa 80 Websites mit In- Zeitung, B.Z.) wandten sich auch viele überre- formationen und Programmkalender vertreten. gionale Fernsehsender (unter anderem ARD, In diesen Zahlen sind die Veranstaltungs- und ZDF, MDR, WDR, Sat.1, N-TV, N24, DW-TV), Programmhinweise in den Berliner Tages- und Printmedien (unter anderem Spiegel, Focus, Wochenzeitungen, den Wochenendbeilagen Die Zeit, Die Welt, FAZ, FAS, Bild) und große oder den Stadtillustrierten Tip und Zitty ebenso Online-Portale (unter anderem Spiegel-Online, wenig enthalten wie die in der Gedenkstätte Focus-Online, Welt-Online, www.tagesschau. entstandenen Dokumentarfilme oder Fotose- de, www.heute.de) immer wieder an die Stif- rien. tung. Das Spektrum der Berichterstattung reich- Auch international stieß die Gedenkstät- te von Artikeln über Veranstaltungen oder te auf ein erstaunliches Medieninteresse. Im Ausstellungseröffnungen über Reportagen Schnitt kamen einmal pro Woche ausländische bis hin zu aktuellen Interviews und Stellung- Journalisten in die Gedenkstätte (beispielswei- nahmen von Mitarbeitern der Gedenkstätte. se aus Großbritannien, Frankreich, Finnland, Immer wieder wurden auch einzelne in Ho- Serbien, Japan, Schweden, Russland und den henschönhausen Inhaftierte porträtiert, da- USA) und veröffentlichten vielfach Reportagen 56 Öffentlichkeitsarbeit

über die ehemalige Untersuchungshaftanstalt oder führten Interviews mit ehemaligen Inhaf- tierten.

Medienbetreuung

Zu einer professionellen Öffentlichkeitsar- beit gehört es, Anfragen von Journalisten zeit- nah und qualifiziert zu beantworten. Vor allem bei tagesaktueller Berichterstattung werden Informationen oftmals binnen kurzer Zeit benö- tigt. Schnelle Hilfe bei der Recherche, die Ver- mittlung kompetenter Gesprächspartner und sachkundige Einschätzungen zu historischen Sachverhalten waren ein wesentliches Ele- Pressekonferenz zur Internet-Kunstaktion „Stasi-Live-Haft“, 29. Oktober 2009 ment der Medienbetreuung durch die Gedenk- stätte. Ihre starke Präsenz in der Öffentlichkeit resultierte auch daraus, dass viele Journalis- ten wissen, dass sie in Hohenschönhausen zuverlässige und informierte Ansprechpartner finden. Ein wichtiger Anlaufpunkt ist die Gedenk- stätte besonders, wenn es um die Vermittlung von Zeitzeugen geht. Schon auf der Website der Stiftung können Journalisten unter den Besucherreferenten nach interessanten Ge- sprächspartnern suchen. Nach Rücksprache mit den Betroffenen wird der Kontakt vermit- telt. Die Stiftung erhielt zudem zahlreiche An- fragen, bei denen der historische Ort im Mit- telpunkt stand. Im Berichtszeitraum wurden mehr als 200 Film-, Hörfunk- und Fotoanfragen gezählt. In vielen Fällen baten Journalisten auch um eine Bewertung aktueller Vorgänge, Presserundgang zum Umbau der Gedenkstätte, 12. August 2010 bei denen es um die Folgen des SED-Unrechts ging. Neben einer fachlichen Einschätzung bestimmter Sachverhalte – zum Beispiel von Schlagzeilen von Zeitungsberichten zur Gedenkstätte Stasi-Verstrickungen einzelner Personen oder Defiziten im Geschichtsunterricht – ging es ih- nen dabei oftmals auch um ein Urteil aus der Perspektive der einst Verfolgten. Einen wichtigen Bereich der Medienbe- treuung bildete auch die Bearbeitung von Dreh- oder Fotoanfragen. Die über 100 im Berichtszeitraum eingegangenen Anträge mussten jeweils genau geprüft werden, um einen Missbrauch der ehemaligen Untersu- chungshaftanstalt als Kulisse, etwa für Krimis Öffentlichkeitsarbeit 57

oder Musikvideos, auszuschließen. Anfragen, als 160 Beiträge, in denen ehemalige Häftlinge die keinen Bezug zur politischen Verfolgung in interviewt oder porträtiert wurden. Auch bei der DDR erkennen ließen oder die die Gefühle Besuchen prominenter Gäste sorgte die Ge- ehemaliger Häftlinge verletzen könnten, wur- denkstätte für eine professionelle Medienbe- den abgelehnt. Die Kriterien, nach denen eine treuung (siehe Besucherbetreuung). Drehgenehmigung erteilt wird, können auf Die Stiftung regte die Medien auch selbst der Website der Gedenkstätte in Deutsch und zur Berichterstattung an. So machte sie durch Englisch nachgelesen werden. Presseeinladungen und -informationen regel- Im Berichtszeitraum wurden mehr als 90 mäßig auf Ereignisse, Veranstaltungen oder Drehgenehmigungen erteilt. Während der prominente Besucher aufmerksam. Hervorzu- Dreharbeiten begleitete in der Regel ein Mit- heben sind besonders die Besuche von Bun- arbeiter die Filmteams. In den meisten Fällen deskanzlerin Angela Merkel, des brandenburgi- vereinbarte sie mit den Produzenten zudem schen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck, die Zahlung einer Drehgebühr sowie die Er- Vernissagen von Ausstellungen wie „Gewalt stattung der Personalkosten. Auf diese Wei- hinter Gittern“, „Gewendet – vor und nach dem se konnte die Gedenkstätte in den Jahren Mauerfall“, „2 000 Zeichnungen – inhaftiert“ 2009/2010 rund 12 000 Euro zusätzlich ein- oder die Meldung von Besucherrekorden, der nehmen. Die Stiftung erhielt auch Kopien der zweimillionsten Besucherin sowie der Aus- Filme für ihre Mediathek. zeichnung der Gedenkstätte als „Ausgewähl- Bei den Filmvorhaben handelte es sich ter Ort“ im Rahmen der Kampagne „Land der teilweise um sehr aufwendige Projekte. So Ideen“. Die Presseinformationen wurden in der DVD-Cover der ARD-Serie „Weis- produzierte die ARD unter anderem für die Regel von allen großen Nachrichtenagenturen sensee“ Magazine „W wie Wissen“ und „Panorama“ (dpa, dapd, epd, Reuters) weiterverbreitet und Beiträge in der Gedenkstätte. Die Stasi-Unter- stießen auf eine gute bis sehr gute Resonanz. lagen-Behörde fertigte 2009 die Dokumentati- 2009 wurden die Presseverteiler der Ge- on „Ein Volk unter Verdacht: Die Staatssicher- denkstätte komplett neu strukturiert. Je nach heit der DDR“ teilweise im früheren zentralen Thema können Presseinformationen den Stasi-Untersuchungsgefängnis. Der Film soll Redaktionen Lokales, Politik oder Feuilleton vor allem an Schulen zum Einsatz kommen. zugeordnet werden. Berlin- und Auslands- Einen ebenfalls für die Schule bestimmten korrespondenten sind gesondert aufgeführt. Film drehte im November 2009 die britische Spezialverteiler (zum Beispiel Medizin, Sport, BBC. Unter dem Titel „Democracy in Action“ Justiz) können im Bedarfsfall ebenfalls einge- thematisierte die Doku den Umgang mit Dikta- setzt werden. Insgesamt sind in den E-Mail- turerfahrungen heute und die Frage, wie man Verteilern mehr als 600 ausgewählte Medien- Schülern das Unrecht der kommunistischen adressaten enthalten. Regime näher bringen kann. Selten werden Bei Möglichkeiten zu Bildaufnahmen, zum Drehgenehmigungen für fiktionale Produktio- Beispiel beim Besuch von Angela Merkel im nen erteilt, in denen das Gefängnis in erster Mai 2009, wurden die Medien auch gezielt in Linie als historische Kulisse dienen soll. Eine die Gedenkstätte eingeladen. Annähernd 60 ak- Ausnahme stellte der Fernseh-Mehrteiler kreditierte Journalisten verfolgten den Besuch „Weissensee” dar. Die ARD-Produktion, die der Bundeskanzlerin. Zum Start der Kunstakti- im Herbst 2010 sehr erfolgreich im öffentlich- on „Stasi-Live-Haft“ im Oktober 2009 waren rechtlichen Fernsehen lief, wurde teilweise 50 Journalisten, ein Großteil davon TV-Teams, im Gefängnisneubau mit hochkarätigen Dar- anwesend. Auch bei Ausstellungseröffnungen stellern wie Katrin Sass, Hannah Herzsprung, und Veranstaltungen kam es teilweise schon Anna Loos und Uwe Kockisch gedreht. Im Juli im Vorfeld zu Anfragen oder Vorberichten. Im 2010 produzierte das Deutschlandradio ein Ra- Rahmen einer Pressekonferenz stellten der dio-Porträt über die Gedenkstätte, in dem vor Stiftungsratsvorsitzende André Schmitz, der allem das Haftkrankenhaus und die Sanierun- Architekt hg merz und der Direktor der Ge- gen im Gefängnisneubau Thema waren. denkstätte Hubertus Knabe im August 2010 die DVD-Cover des Dokumentarfilms Zur Medienbetreuung gehörte auch, dass Pläne zum Umbau der Gedenkstätte und der „Gesicht zur Wand“ die Vertreter von Presse, Hörfunk oder Fern- Einrichtung einer Dauerausstellung vor. Eine sehen in der Regel eine Pressemappe mit weitere Pressekonferenz fand im September thematisch abgestimmtem Informationsma- 2010 mit dem Regierenden Bürgermeister von terial erhielten. Bei Bedarf vermittelte ihnen Berlin, Klaus Wowereit, aus Anlass des zehn- die Stiftung auch Interviewpartner­ oder stellte jährigen Bestehens der Stiftung statt. Auch Dokumente und Fotos bereit. Auf diese Weise vom Pressetermin bei der Enthüllung einer wurde immer wieder auf das Schicksal früher Gedenktafel zum Aufstand am 17. Juni 1953 in Hohenschönhausen Inhaftierter hingewie- im Berliner Klinikum Friedrichshain berichteten sen. So erschienen im Berichtszeitraum mehr verschiedene Medien. 58 Öffentlichkeitsarbeit

Publikationen ten 2009 Sonderauflagen in einer Höhe von weiteren 10 000 Exemplaren. Stark nachge- fragt war auch das von Hubertus Knabe und Der Bereich der Eigenpublikationen wurde Peter Erler 2005 im Jaron Verlag veröffent- im Berichtszeitraum weiter ausgebaut. Im Ap- lichte Buch „Der verbotene Stadtteil. Stasi- ril 2009 erschien die Neuauflage des Buches Sperrgebiet Berlin-Hohenschönhausen“. Allein „Vernehmungsprotokolle“ von Jürgen Fuchs. im Berichtszeitraum wurden davon über 5 000 Der 1999 verstorbene Psychologe und Schrift- Exemplare verkauft, von der im Jahr 2008 er- steller war 1976/77 neun Monate im zentralen schienenen englischen Ausgabe des Buches Stasi-Gefängnis in Berlin-Hohenschönhausen („The prohibited district“) bis Ende 2010 über den Verhörspezialisten des DDR-Staatssicher- 3 000 Stück. heitsdienstes ausgeliefert. Nach seiner Frei- Im Eigenverlag veröffentlichte die Gedenk- lassung schrieb er einen beklemmenden Text stätte im Juni 2010 ihren 4. Tätigkeitsbericht. Er über den DDR-Verfolgungsapparat. Fast 20 erschien in einer Auflage von 1 900 Exempla- Jahre lang war das einzigartige literarische Do- ren und wurde an etwa 800 Institutionen und kument, das 1978 erstmals als Buch veröffent- Einzelpersonen verschickt. Aus Kostengründen licht wurde, nicht mehr erhältlich. Aus Anlass wurde er von der Gedenkstätte selbst gestal- des zehnten Todestages von Jürgen Fuchs hat tet. Dies galt auch für sämtliche Einladungskar- Neuausgabe des Buches „Verneh- es die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhau- ten, die die Stiftung zu ihren Veranstaltungen mungsprotokolle“ von Jürgen Fuchs sen im Jaron Verlag neu herausgegeben. Der drucken ließ. Text wurde ergänzt durch Aufnahmen des Fo- Für die Besucher stellte die Gedenkstätte tografen Tim Deussen und durch ein Nachwort zudem einen kostenlosen Flyer mit Grundinfor- von Hubertus Knabe, der erstmals einen Blick mationen zur Geschichte des Haftortes zur Ver- in die tatsächlichen Vernehmungsprotokolle fügung. In den Jahren 2009 und 2010 wurden des Staatssicherheitsdienstes warf. Bis Ende davon knapp 380 000 Exemplare abgegeben. 2010 wurden mehr als 2 000 Exemplare des Um der wachsenden Zahl ausländischer Gäste Buches verkauft. Rechnung zu tragen, wurde er auch auf Eng- Ende Juli 2009 stellte die Gedenkstätte lisch, Französisch, Spanisch, Italienisch, Dä- kurz vor dem Jahrestag des Mauerbaus das nisch sowie erstmals auch auf Niederländisch Buch „Die vergessenen Opfer der Mauer. In- gedruckt. Auf der Internetseite der Gedenk- haftierte DDR-Flüchtlinge berichten“ vor. 15 stätte wurden darüber hinaus eine bulgarische, ehemalige DDR-Flüchtlinge berichten in dem estnische, lettische, litauische, polnische, rus- im List Verlag erschienenen Buch über ihre ge- sische, slowenische, tschechische und türki- scheiterte Flucht und ihre anschließende Haft- sche Ausgabe im PDF-Format eingestellt. Au- zeit. Inhaftierte DDR-Flüchtlinge stellten die ßerdem druckte die Gedenkstätte ein Faltblatt weitaus größte Gruppe der Maueropfer. Meh- mit den Angeboten zur politischen Bildung. Zur rere Tausend waren auch im ehemaligen Stasi- Feststellung der Medienresonanz erstellte die Gefängnis Berlin-Hohenschönhausen inhaf- Stiftung jeden Monat einen eigenen internen tiert. 20 Jahre nach dem Mauerfall wollte die Pressespiegel. Gedenkstätte mit dem Buch deutlich machen, Ein wichtiges – und verhältnismäßig kos- wie einschneidend sich die innerdeutsche tengünstiges – Medium stellt der zweisprachi- Grenze auf das Leben zahlreicher DDR-Bürger ge Internet-Auftritt der Gedenkstätte (Deutsch auswirkte. Seit seinem Erscheinen wurden und Englisch) dar. Die Website www.stiftung- 8 000 Exemplare des Buches verkauft. Im No- hsh.de enthält alle wesentlichen Informationen zum historischen Ort, zum Aufbau der Stiftung Cover des Buches zum vember 2009 konnte zudem durch eine groß- 20. Jahrestag des Mauerfalls zügige Spende ein Sonderdruck von 10 000 und zur Arbeit der Gedenkstätte. Ein Content- Exemplaren finanziert werden. Diese wurden Management-System ermöglicht die schnel- kostenlos an Schulen in ganz Deutschland ver- le Eingabe von Texten und Bildern durch die teilt. Die Aktion wurde mit einer Zeitzeugen- Mitarbeiter. An hervorgehobener Stelle wird lesung am Carl-von-Ossietzky-Gymnasium in auf laufende Ausstellungen, aktuelle Veranstal- Berlin-Pankow eingeleitet. tungen und prominente Gäste aufmerksam Als besonders erfolgreich erwies sich ein gemacht. Außerdem findet man Pressemittei- Sammelband mit Haftberichten aus der Zeit lungen, Veranstaltungsberichte, Fotos aus der von 1945 bis 1988, den Hubertus Knabe im Gedenkstättenarbeit und alle praktischen In- Sommer 2007 im List Verlag herausgegeben formationen für einen Besuch des ehemaligen hatte („Gefangen in Hohenschönhausen. Sta- Haftortes. Für Lehrer und Journalisten hat die si-Häftlinge berichten“). Von dem Taschenbuch Stiftung jeweils eigene Nutzerbereiche einge- wurden bis Ende 2010 rund 32 000 Exempla- richtet, die sich an den spezifischen Interessen re verkauft. Die Bundeszentrale und mehrere dieser Zielgruppen orientieren. Die Website Landeszentralen für politische Bildung druck- wurde im Berichtszeitraum laufend mit aktu- Öffentlichkeitsarbeit 59

ellen Informationen, neuen Häftlingsbiografien steigenden Besucherzahlen und des stark und anderen Texten bestückt. gewachsenen Bekanntheitsgrades der Ge- Zahlreiche Besucher, Journalisten, Schüler denkstätte erschien diese Zurückhaltung ver- und andere Interessierte nutzten die Website, nünftig. Zudem ist die ehemalige Haftanstalt um sich zu informieren oder mit der Gedenk- inzwischen in vielen deutschen und englisch- stätte in Kontakt zu treten. 2009 registrierte sprachigen Reiseführern kostenfrei vermerkt. die Stiftung rund 1,88 Millionen Seitenaufrufe Vor allem aber ist die Weiterempfehlung durch von 298 000 Besuchern. 2010 steigerte sich zufriedene Besucher die effektivste Werbung die Zahl auf 2,6 Millionen Seitenaufrufe und für die Gedenkstätte. 335 000 Besucher. Auch die Höhe des Da- Die Stiftung hat vorrangig kostenlose Mög- tenverkehrs stieg an: So betrug das Transfer- lichkeiten genutzt, um auf die Arbeit der Ge- volumen 2009 insgesamt 229 Gigabyte, was denkstätte hinzuweisen. Neben der einer Steigerung von 54 Prozent gegenüber thematischen Öffentlichkeitsarbeit hat 2008 (148 Gigabyte) entspricht. 2010 betrug sie Terminzeitschriften und tagesaktuel- das Transfervolumen 266 Gigabyte, eine wei- le Medien frühzeitig über Veranstaltun- tere Steigerung um 16 Prozent. Besonders fre- gen, Ausstellungen und Son- quentiert waren praktische Besucherinformati- derführungen informiert. Bei onen, die News-Seite sowie die Darstellungen themenverwandten Instituti- zur Geschichte des Haftortes. onen wurden Flyer, Plakate Die virtuellen Besucher kamen nicht nur und Veranstaltungshinweise aus Deutschland, sondern auch aus Ländern ausgelegt oder angebracht. wie den USA, Großbritannien, den Niederlan- Zudem wurden bei ausge- den, Dänemark, der Schweiz und Italien. Auf- wählten Veranstaltungen fällig ist ein rasanter Anstieg der Zugriffszahlen Informationsblätter verteilt, aus China ab November 2010. Während bis Ok- in den (besucherschwachen) tober 2010 die Besucherzahlen aus China kon- Sommermonaten auch pro- tinuierlich bei 2 500 pro Monat lagen, verzeich- beweise Berliner Hotels nete die Gedenkstätte im November plötzlich damit bestückt. An den Au- 75 500 Besucher, das Dreißigfache der Vormo- ßenmauern wiesen zwei nate. Im Dezember lag die Zahl der Seitenauf- wetterbeständige Banner auf aktuelle Ausstel- Fremdsprachige Flyer der Gedenkstätte rufe sogar bei 93 000. Vermutlich hing dieser lungen und die Öffnungszeiten hin. Weitere starke Anstieg mit der Veranstaltung „Was will Werbemittel waren transportable Aufsteller die chinesische Opposition?“ am 9. Dezember (Kunden-Stopper) mit Kurzinformationen, die zusammen. bei Veranstaltungen oder zur Besucherbetreu- Die Gedenkstätte hat sich ebenfalls darum ung zum Einsatz kamen. Ein dreiteiliger Roll- bemüht, einzelne Forschungsergebnisse einer up-Ständer zeigte bei allen Veranstaltungen breiten Öffentlichkeit oder einem Fachpubli- das Logo der Gedenkstätte. kum zur Verfügung zu stellen. Der Historiker Die Gedenkstätte nutzte auch externe Ver- Peter Erler veröffentlichte zahlreiche Artikel anstaltungen, um auf ihre Arbeit aufmerksam und Rezensionen zu verschiedenen Aspekten zu machen. Auf dem Bürgerfest der Bundesre- der sowjetischen Repressionspolitik in der gierung am 23. Mai 2009 war die Gedenkstätte SBZ/DDR. Dazu gehörten beispielsweise Pub- mit einem historischen Häftlingstransportwa- likationen in der Zeitschrift des Forschungsver- gen vertreten. 750 000 Menschen feierten auf bundes SED-Staat, im Deutschland Archiv, in der Straße des 17. Juni im Zentrum Berlins den der Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, auf 60. Geburtstag der Bundesrepublik Deutsch- Spiegel-Online und in sehepunkte sowie im land. Zeitzeugen beantworteten viele Fragen Rezensionsjournal für die Geschichtswissen- zu ihren Erfahrungen als politische Häftlinge. Informationsstand beim Bürgerfest schaften und im „Stacheldraht“. Gedenkstät- Auf dem jährlich stattfindenden Tag der offenen auf der Straße des 17. Juni zum 60. tendirektor Hubertus Knabe veröffentlichte, Tür der Bundesregierung im Presse- und Infor- Geburtstag der Bundesrepublik zum Teil außerdienstlich, eine umfangreiche mationsamt nimmt Monographie über die Linkspartei („Honeckers die Gedenkstätte seit Erben. Die Wahrheit über die Linke“) sowie 2008 ebenfalls regel- zahlreiche Zeitschriften- und Zeitungsaufsätze. mäßig teil. Viele Be- sucher nutzen diese Werbung Gelegenheit, um mit Mitarbeitern ins Ge- spräch zu kommen Aus Kostengründen hat die Stiftung auf oder einen Blick in die den Einsatz kommerzieller Werbemittel weit- neuesten Publikatio- gehend verzichtet. Angesichts der ständig nen zu werfen. 60

Baustellenschild der Gedenkstätte Bautätigkeit

Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben hat das Investive Maßnahmen Land Berlin der Stiftung Gedenkstätte Berlin- Hohenschönhausen die Grundstücke und Ge- bäude der ehemaligen Untersuchungshaftan- Für die geplante Dauerausstellung der Ge- stalt in der Genslerstraße 66 bis Ende 2011 denkstätte sind umfangreiche Baumaßnahmen unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Für die erforderlich. Ergebnis eines Architektenwett- Gedenkstätte ergibt sich daraus die Verpflich- bewerbs war es, dass die zusätzlichen Räum- tung, die denkmalgeschützte Gefängnisanlage lichkeiten nicht neu errichtet, sondern behut- in ihrer Gänze zu erhalten und behutsam an die sam in das alte Gebäude integriert werden. Im Erfordernisse eines Museums anzupassen. Erdgeschoss des Altbaus werden eine etwa Verantwortlich für die Planung, Durchführung 500 Quadratmeter große Ausstellungsfläche und Finanzierung aller dafür erforderlichen sowie eine kleinere Wechselausstellungsflä- Baumaßnahmen war die Berliner Senatsver- che geschaffen. Im 1. Obergeschoss ist ein waltung für Stadtentwicklung. Da die Stiftung Lern- und Infozentrum geplant. Besucheremp- über keinen eigenen Bauetat verfügt, fungierte fang, Seminar- und Veranstaltungsräume, ein sie gegenüber den Baufirmen nicht als Auftrag- Kinoraum, Buchladen, Café, Garderoben und geber, sondern nur als Nutzer. WCs werden in den Garagen untergebracht. Aufgrund des langen Leerstands der 1990 Aus statischen Gründen wird die Bibliothek in geschlossenen Haftanstalt befanden sich die das Erdgeschoss des Hauptgebäudes verlegt, Gebäude bei ihrer Übernahme durch die Ge- und das Zeitzeugenbüro sowie ein vorhan- denkstätte vielfach in einem maroden Zustand. dener Seminarraum statisch ertüchtigt. Die Wasser- und Abwasserleitungen waren meist Dauerausstellung und die Funktionsbereiche nicht mehr funktionsfähig, Heizkörper zerbors- werden barrierefrei hergerichtet. Die Gesamt- ten, Dächer und Fenster dringend reparaturbe- kosten belaufen sich auf 13,1 Millionen Euro, dürftig. Hinzu kamen gravierende Mängel bei die vom Bund und vom Land Berlin hälftig fi- der Bauausführung. Es gab weder Fluchtwege nanziert werden. für den Gefahrenfall, noch existierten ausrei- Die Baumaßnahmen betreut das renom- chende Vorkehrungen für den Brandschutz. mierte Architekturbüro hg merz, das 2008 den Auch die gesamte Elektrik des Gefängnisses Wettbewerb zum Umbau der Gedenkstätte musste außer Betrieb genommen werden, gewann. Bauherr ist die Senatsverwaltung für weil sie nicht den bundesdeutschen Vorschrif- Stadtentwicklung (SenBau). Alle Baumaßnah- ten entsprach. Aus der neuen Funktion als men müssen zuvor mit der Denkmalschutz- Gedenkstätte resultierte schließlich ein völlig behörde abgestimmt werden. Vor Beginn der anderer Raumbedarf. Statt Zellen und Verneh- Bauarbeiten wurde zudem ein sogenanntes merräume waren nun Besuchertoiletten, Se- Raumbuch erstellt, in dem sämtliche Zimmer minar- und Filmräume oder Räumlichkeiten für des Altbaus fotografisch dokumentiert werden. Buchhandlung und Cafeteria erforderlich. Auch Im Berichtszeitraum ging es vor allem darum, Veranstaltungsräume waren jetzt nötig gewor- die Bauplanungsunterlage (BPU) aufzustellen, den. Bei einem Teil der Bauarbeiten handelte die Voraussetzung für die Baugenehmigung es sich um sogenannte Unterhaltsmaßnah- war. Zudem musste der Auszug aller Gedenk- men, größere Eingriffe wurden als investive stättenmitarbeiter vorbereitet werden, damit Maßnahmen betrachtet. während der Bauphase Baufreiheit herrscht. Zu diesem Zweck wurde der Raumbedarf für Bautätigkeit 61

alle Arbeitsbereiche genau aufgelistet und nicht einsehbaren Stelle eingerichtet. Die Ver- Blick in die zukünftigen Servicebereiche auch für die Unterbringung der Großobjekte kabelung und die Brandabschottung wurden der Gedenkstätte (Computeranimation) wie die Gefangentransportwagen W 50 und über das Dach gezogen, so dass die Eingriffe B 1000 gesorgt. Ausgewählt als Interimsquar- in die historische Substanz minimiert wurden. tier wurde das gegenüberliegende Gebäude in Während der Baumaßnahmen wurden die der Genslerstraße 13/13a. Zu beiden Vorgän- historischen Schalter, Relais und Lampenkör- gen fanden im Berichtszeitraum vielfältige Be- per ausgebaut, beschriftet und aufgearbeitet. sprechungen und Begehungen statt, um zahl- Etliche Detaillösungen, zum Beispiel für den lose Details zu klären und mit allen Beteiligten „Schwesternruf“, die Alarmanlagen (Reißlei- abzustimmen. Die Koordination übernahm ein nen) oder Lichtfarbe und Typ der Leuchtmittel, von der Senatsverwaltung für Stadtentwick- wurden auf wöchentlich stattfindenden Bau- lung beauftragter Projektsteuerer. besprechungen mit der Vertreterin der Denk- malpflege genau erörtert und abgestimmt. Für Unterhaltsmaßnahmen den Anstrich von Wänden und Decken wur- den Farb- oder Putzproben angelegt, die vom Denkmalschutz und der Gedenkstätte geprüft Im Berichtszeitraum 2009/2010 wurde wurden. Der Leimfarbenanstrich im Haftkran- auch eine Reihe von Baumaßnahmen zum Er- kenhaus wurde von Restauratoren angeleitet, halt der historischen Gebäude durchgeführt. um die alten Farbtöne wieder anzumischen Dazu gehörte insbesondere die Sanierung der und zu verarbeiten. Weitere Bemusterungen Elektrik im Haftkrankenhaus, für die das Archi- gab es für Elektrobauteile, zum Beispiel für Ka- tekturbüro Schornberg verantwortlich zeichne- belkanäle, aber auch für Heizungsventile und te. Bauherr ist auch hier die Senatsverwaltung andere technisch notwendige Bauteile. Die für Stadtentwicklung (SenBau). Den Bauarbei- Milchglaskugeln für die Alarmanlage wurden, ten gingen ausführliche Abstimmungen zum analog zu noch vorhandenen DDR-Leuchten, Schutz der historischen Bausubstanz zwischen mit roter Farbe ausgeschwenkt, um die histo- Bauherr, Nutzer und Auftragnehmer voraus. rischen „Ampeln“ in dem Krankengefängnis Außerdem wurde ebenfalls ein denkmalpfle- wieder herzustellen. Zu DDR-Zeiten dienten gerisches Raumbuch erstellt. Der eigentliche sie dazu, dass kein Häftling auf dem Weg zur Bau startete im Juni 2010. Behandlung einem anderen begegnete. Um die historische Anmutung zu erhalten, Für den Gefängnisneubau wurden ähn- sieht das Sanierungskonzept vor, dass die lich aufwändige Sanierungsarbeiten geplant. stillgelegten elektrischen Anlagen wieder in Da die Heizung in kalten Wintern nicht mehr Betrieb genommen werden sollen – allerdings funktionstüchtig war, ist ein neues Heizsystem unter völlig neuen Bedingungen. Da die histo- erforderlich gewesen. Das ursprüngliche Kon- rischen Bauteile nicht mehr zugelassen waren, zept einer konventionellen Heizungssanierung mussten sie mit einer neuen genehmigungsfä- sah Schlitze in jedem zweiten Raum vor, um higen Elektroanlage verknüpft werden. Zu die- die alten Heizungsleitungen zu demontieren sem Zweck arbeitet im Hintergrund ein hoch- und die neuen Bauteile einzubringen. Die Ge- modernes System, das über Niedrigspannung denkstätte hatte gegenüber diesem Konzept die alten Anlagen ansteuert und mit einer zeit- große Bedenken, da ein nicht zu kompensie- gemäßen und VDE-konformen Elektroinstalla- render Verlust von historischen Oberflächen tion verbindet. Für jedes Stockwerk wurden wie Tapeten, Einbauten und Anstrichen zu Standorte für die modernen Elektroverteilun- befürchten war. Mit Unterstützung des Lan- gen definiert und an einer für die Rundgänge desamtes für Denkmalpflege und der unteren 62 Bautätigkeit

Heizungs- und Elektrosanierung im Neubau der ehemaligen Haftanstalt; rechts: Verlegung brandgesicherter Kabeltrassen Denkmalschutzbehörde wurde das konventio- Um die historischen Oberflächen möglichst nelle Sanierungskonzept verworfen und eine wenig zu verletzen, werden die neuen Elektro­ Sanierung mittels einer Bauteilaktivierung ge- kabel in den Nischen der nicht mehr benötig- plant. Bei diesem Verfahren werden Heizungs- ten Steigleitungen für die Toilettenspülung leitungen im oder auf dem Sockelbereich der verlegt. Zu diesem Zweck wurden die Nischen Wände geführt, die für eine gleichbleibende geöffnet und die alten Steigleitungen entfernt. Temperierung des Baukörpers sorgen. Die- Dabei wurden auch historische Zeitungen aus ses Heizsystem ist verzahnt mit Maßnahmen der Bauzeit gefunden, die für die Objektsamm- zur Wärmedämmung an den Dächern, Fens- lung der Gedenkstätte geborgen wurden. tern, Türen und an der KfZ-Schleuse. So wird Auf wöchentlichen Baubesprechungen in der KfZ-Schleuse eine Glasfaltwand hinter wurden alle baulichen Schritte mit den Vertre- dem Schleusentor installiert, die im Winter als tern der Gewerke wie Heizungsbau, Maurer, Windfang fungiert. Darüber hinaus muss die Elektrik oder Tischler abgestimmt und mit dem gesamte Elektrik erneuert werden. Denkmalschutz und der Gedenkstätte rück- Um die Schließung des Rundgangs auf ein gekoppelt. Im 2. Obergeschoss des Neubaus Minimum zu begrenzen, hat die Gedenkstätte wurde dazu ein Baubüro eingerichtet, in dem darauf gedrängt, beide Sanierungsvorhaben auch die jeweils aktuellen Pläne aushängen. (Elektrik und Heizung) parallel durchzuführen. Zum Erhalt der ehemaligen Haftanstalt ha- Auch dieser Maßnahme war eine Raumbuch- ben das Land Berlin und die Bundesregierung dokumentation nach denkmalrechtlichen Krite- seit 1995 insgesamt mehr als 15 Millionen rien vorgeschaltet. Der Bau wurde in drei Ab- Euro ausgegeben. Damit wurden vor allem schnitte aufgeteilt, damit die Rundgänge auch Baumaßnahmen zur Sanierung der Außenhülle während der Bauarbeiten stattfinden können. des Altbaus und des Neubaus finanziert. Zu- Die erste Phase, die im September 2010, be- dem wurden bereits Ende der 1990er Jahre gann, betraf alle Etagen des Nordflügels. Für Büros für den Gedenkstättenbetrieb geschaf- den Besucherbetrieb während der Bauzeit fen. Ein Ende der Sanierungsmaßnahmen ist wurde ein Übersichtsblatt entwickelt, das bisher nicht in Sicht. Ohne diese wären die an alle Besucherreferenten und Mitarbeiter bedrückenden Räumlichkeiten des Stasi-Ge- verteilt und ausgehängt wurde. Als Trennung fängnisses aber schon längst nicht mehr zu zwischen Baustelle und Rundgang wurden betreten und vermutlich weitgehend verfallen. Staubwände aufgestellt, die den Baustaub zu- rückhalten sollen. 63

Haushalt

Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhau- Unkostenbeitrag für die Führungen anzuhe- sen ist eine Stiftung öffentlichen Rechts des ben. Ab September stieg er für Erwachsene Landes Berlin und damit eine selbstständige von vier auf fünf Euro (ermäßigt 2,50 Euro), juristische Person. Als institutioneller Zuwen- während Schüler erstmals einen Euro zah- dungsempfänger unterliegt sie aber den maß- len mussten. Nur so und durch eine schnelle geblichen Bestimmungen der Landesverwal- Sonderzahlung von je 35 000 Euro von Bund tung Berlin sowie des Bundes. Der Haushalt und Land Berlin gelang es, am Ende des Jah- der Stiftung richtet sich nach kameralistischen res das Defizit auf ein Finanzierungssaldo von Grundsätzen und muss gemäß Stiftungsge- 8 000 Euro zu verringern. setz jährlich von einem Wirtschaftsprüfer ge- Insgesamt wurden im Haushaltsjahr 2009 prüft werden. Einnahmen von mehr als 2,3 Millionen Euro Die Stiftung erhält einen jährlichen Zu- erzielt. 1 385 000 Euro davon waren Zuwen- schuss des Landes Berlin und des Bundes dungen des Bundes (605 000 Euro) und Zu- nach Maßgabe des jeweiligen Bundes- und schüsse des Landes Berlin (783 000 Euro), Landeshaushalts. Diese institutionelle Förde- 720 000 Euro wurden durch Besucherentgel- rung betrug 2009 1 160 000 Euro und 2010 te, Spenden, Mieteinnahmen, Erlöse aus Ver- 1 250 000 Euro; sie wird durch Eigenmittel, öffentlichungen sowie Drehgenehmigungsge- Projektmittel, Drittmittel und Spenden ergänzt. bühren erzielt. Das bedeutet, dass ein Drittel Für die Einrichtung einer Dauerausstellung der Haushaltseinnahmen der Stiftung durch erhielt die Gedenkstätte im Jahr 2009 ca. die Gedenkstätte selbst erwirtschaftet wur- 227 700 Euro, im Jahr 2010 standen ihr dafür de. Nicht berücksichtigt in dieser Rechnung insgesamt 426 529 EUR zur Verfügung. sind die erwähnten abgeordneten Lehrer, die Die Ausgaben der Stiftung gliedern sich kostenlosen MAE-Kräfte sowie die zahlreichen in Personalausgaben, sächliche Verwaltungs- unentgeltlich arbeitenden Praktikanten. ausgaben sowie Zweckausgaben und sons- Den Einnahmen standen Ausgaben von tige Bewirtschaftungskosten für Grundstück 2,3 Millionen Euro gegenüber. Der größte Pos- und Gebäude. Den größten Teil der Ausgaben ten waren mit gut 1,6 Millionen Euro die Per- machten dabei die Personalkosten aus. Sie sonalausgaben. An zweiter Stelle standen mit setzten sich aus den Gehältern der fest ange- rund 280 000 Euro die Bewirtschaftungskos- stellten Mitarbeiter, den Löhnen der Honorar- ten für Grundstück und Gebäude. Die materi- kräfte, Zeitarbeitskräfte und Aushilfen sowie ellen Verwaltungsausgaben betrugen 175 000 den Honoraren für die Besucherreferenten Euro, die Zweckausgaben mehr als 40 000 zusammen. Euro. Weitere 40 000 Euro wurden im Zusam- Im Berichtszeitraum 2009 ist die Gedenk- menhang mit Spenden und zweckgebundenen stätte vorübergehend in wirtschaftliche Prob- Zuschüssen verausgabt. Insgesamt ergab sich leme geraten. Durch den starken Anstieg der somit zum Jahresende ein Habensaldo von Besucherzahlen zeichnete sich Mitte 2009 ein 169 000 Euro. Dieser Überschuss resultierte Finanzdefizit von ca. 70 000 Euro ab. Allein aus zweckgebundenen, nicht ausgegebenen die Ausgaben für die Führungshonorare der Mitteln aus Spenden und aus Projektmitteln, Besucherreferenten erhöhten sich von knapp vor allem für die Dauerausstellung, die in das 478 000 Euro im Jahr 2008 auf fast 580 000 Folgejahr übertragen wurden. Euro im Jahr 2009. Die Stiftung war deshalb Im Haushaltsjahr 2010 stiegen die Gesamt- in der zweiten Jahreshälfte gezwungen, den einnahmen der Stiftung auf fast 2,9 Millionen 64 Haushalt

Euro. Hauptfaktoren waren eine um 100 000 Euro erhöhte Bundesunterstützung, die Zu- wendungen für die Dauerausstellung, die gestiegenen Einnahmen aus den Eintrittsgel- dern, die von 484 000 auf 741 000 Euro zunah- men (siehe Abbildung 10), sowie Drittmittel in Höhe von über 240 000 Euro, die vor allem aus dem Haushalt des Beauftragten der Bun- desregierung für Kultur und Medien (BKM), dem Bundesinnenministerium (BMI) und der Bundesstiftung Aufarbeitung kamen. Weil die Schüler seit Einführung des Führungsentgelts für Jugendliche nicht mehr zu einem freiwil- ligen Unkostenbeitrag aufgefordert wurden, sank allerdings auch die Höhe der Spenden in diesem Jahr erheblich. Dennoch konnte die Gedenkstätte den selbst erwirtschafteten An- Abb. 10: Anstieg der Einnahmen aus dem Führungsentgelt 2008-2010 teil ihrer Haushaltsmittel weiter von 33 auf 38 Prozent erhöhen. Die Ausgaben stiegen im Jahr 2010 von 2,3 Millionen auf mehr als 2,9 Millionen Euro. Dies 2009 (Euro) 2010 (Euro) ist vor allem auf die Erhöhung der Personalkos- ten von 1,6 Millionen Euro (2009) auf 1,9 Mil- Einnahmen lionen Euro (2010) zurückzuführen. Dafür wie- derum waren vor allem die höheren Ausgaben Zuschuss Bund 605 000,00 700 000,00 für die Führungshonorare sowie der erhöhte Personalbedarf im Besucherdienst und die Per- Zuschuss Land 782 700,00 976 529,82 sonalkosten für die drittmittelfinanzierten Pro- jekte verantwortlich. Allein die Ausgaben für Besuchergruppenerlöse 483 712,02 741 582,21 die Honorare der Besucherreferenten stiegen um über 120 000 Euro von 577 000 Euro auf Spenden 184 991,82 39 728,66 fast 697 000 Euro, was einem Anstieg von 20 Prozent entspricht. Auch die sächlichen Verwal- Sonstige Einnahmen 244 480,39 438 428,35 tungsausgaben und die Zweckausgaben stie- gen erheblich an. Die Bewirtschaftungskosten Verbrauch Rücklage 7 093,10 blieben demgegenüber nach der Umstellung der Heizung auf Gas annähernd konstant (sie- Summe 2 307 977,33 2 896 269,04 he Abbildung 11). In den Haushalt der Stiftung flossen auch Ausgaben die von Bund und Land zur Verfügung gestell- ten Projektmittel für die Dauerausstellung Personalausgaben 1 593 520,15 1 908 942,39 ein. Nach Anweisung einer dritten Rate über 426 000 Euro erhöhte sich dadurch die Zuwen- dung des Landes Berlin für das Projekt Dauer- (davon Honorare für Führungen) 577 148,17 696 633,09 ausstellung bis 2010 auf fast 855 000 Euro. Da die Mittel wegen verschiedener Verzögerun- (davon Planstellen) 464 190,46 513 725,75 gen nicht voll verausgabt wurden, aber später benötigt werden, wurden sie auf das Folgejahr Sächliche Verwaltungsausgaben 175 636,19 289 214,70 übertragen.

Zweckausgaben 42 023,72 107 542,70

Sonstige Ausgaben 328 249,15 292 023,32

Summe 2 139 429,21 2 597 723,11

Übertragbarer Haushaltsrest 168 548,12 298 545,93

Abb. 11: Haushaltszahlen der Jahre 2009 und 2010 im Vergleich 65

Personal

Die Personalsituation der Gedenkstätte ist che Honorarkräfte, studentische Aushilfskräfte seit mehreren Jahren sehr angespannt. Der und zwei sogenannte MAE-Kräfte für Hilfsar- seit Gründung der Stiftung im Jahre 2000 be- beiten in Anspruch genommen. Im Bereich der stehende Stellenplan von zwölf festen Mitar- Haustechnik kamen mehrere geringfügig Be- beitern blieb trotz stetig zunehmender Besu- schäftigte und zwei Zivildienstleistende zum cherzahlen und ansteigender Nachfrage nach Einsatz. Zudem wurden mehrere Praktikanten Seminaren und Projekten auch in den Jahren – darunter auch Schülerpraktikanten – in der 2009 und 2010 unverändert (siehe Abbildung Gedenkstätte beschäftigt. Ohne diese vielen 12). Die starke Mehrbelastung des Personals Hilfskräfte wäre die Arbeit der Stiftung nicht wird durch die seit Jahren anhaltende Stagna- zu bewältigen gewesen. Durch die häufige tion der Bruttogehälter noch verschlimmert. Fluktuation und den erheblichen Verwaltungs- Lediglich für 2010 beschloss der Stiftungsrat aufwand, auch wenn sie nur zeitweise einge- – wie schon 2008 – eine einmalige Sonder- setzt werden, ziehen sie aber selbst wieder zahlung für die Mitarbeiter. Die Erledigung der zusätzliche Arbeit nach sich. Auch die mehr Aufgaben muss weiterhin im Wesentlichen als 60 Besucherreferenten, deren Honorarsatz vom Stammpersonal erfüllt werden. von 26 Euro pro Stunde ebenfalls seit Jahren Dieses Stammpersonal wird von verschie- nicht mehr erhöht wurde, verlangen eine um- denen anderen Mitarbeitern und Hilfskräften fangreiche inhaltliche und verwaltungstechni- flankiert. Zur Unterstützung der Pädagogischen sche Betreuung. Hinzu kamen über acht stu- Arbeitsstelle ordnete der Berliner Bildungsse- dentische Hilfskräfte im Besucherdienst und nator zwei, ab dem Schuljahr 2009/2010 drei die Beschäftigung einer Fremdfirma, ohne die Lehrer mit 50 Prozent ihrer Arbeitskraft an die eine angemessene Besucherbetreuung nicht Gedenkstätte ab. Der Bund finanzierte eine möglich gewesen wäre. Zum Schutz der unter weitere halbe Stelle, die mit einem Historiker Denkmalschutz stehenden Anlage vor Beschä- besetzt ist. Im Dauerausstellungsprojekt arbei- digungen wurde zudem ein externer Wach- ten zwei wissenschaftliche Mitarbeiter, eine mann eingesetzt, die nächtliche Bewachung Museologin, mehrere Hilfskräfte sowie seit der Anlage wurde ebenfalls von einer externen 2010 auch eine Volontärin. Sicherheitsfirma übernommen. Alles in allem Um die angespannte Personalsituation der sind in der Gedenkstätte weit über 100 Perso- Gedenkstätte zu verbessern, wurden zahlrei- nen tätig.

Funktion Stellenanzahl

Wissenschaftlicher Direktor 1

Referent für politische Bildungsarbeit 1

Verwaltungsleiterin 1

Wissenschaftliche Mitarbeiterin 1

Fremdsprachensekretärin 1

Personal- und Haushaltssachbearbeiterin 1

Wissenschaftliche Assistentin 1

Mitarbeiter für Bibliothek/Archiv/Öffentlichkeitsarbeit 1

Hausmeister/Handwerker 1

Mitarbeiter im Besucherdienst 3

Gesamt 12 Abb. 12: Stellenplan der Gedenkstätte 66

Die Mitglieder des Stiftungsrats: Stiftungsorgane Staatssekretär Dr. h.c. André Schmitz, Ministerialdirektorin Dr. Ingeborg Gesetzliche Organe der Stiftung sind der des Stiftungsrats gebunden. Seit Dezember Berggreen-Merkel, Staatssekretär Hasso Lieber (2010) Stiftungsrat, der Vorstand und der Beirat. Der 2000 ist dies der Historiker Dr. Hubertus Kna- Stiftungsrat beschließt alle Angelegenheiten be. von grundsätzlicher oder besonderer Bedeu- Der Beirat berät den Stiftungsrat sowie tung und den Haushaltsplan. Vorsitzender ist den Vorstand in allen inhaltlichen und gestal- laut Gesetz das für kulturelle Angelegenheit terischen Fragen. Ihm gehören Vertreter von zuständige Mitglied des Berliner Senats. Zu- Gedenkstätten, Einrichtungen, Gruppen und dem gehören ihm ein Vertreter der Senatsver- Initiativen, Wissenschaftler sowie sonstige waltung für Justiz, ein Vertreter des für Angele- qualifizierte Persönlichkeiten an, die mit dem genheiten der Kultur zuständigen Mitglieds der Stiftungszweck befasst sind. Die Mitglieder Bundesregierung sowie der Vorsitzende und werden vom Vorsitzenden des Stiftungsrates ein weiteres Mitglied des Beirats der Stiftung im Einvernehmen mit dem für Angelegenhei- an (siehe Anhang: Gremienmitglieder). ten der Kultur zuständigen Mitglied der Bun- Der Vorstand ist der Direktor der Gedenk- desregierung für die Dauer von drei Jahren stätte und wird vom Stiftungsrat bestellt. Er berufen. Im Jahr 2010 konstituierte sich der führt die laufenden Geschäfte der Stiftung und Beirat zum nunmehr vierten Mal neu (siehe Die Mitglieder des Beirats ist dabei an die Beschlüsse und Weisungen Anhang: Gremienmitglieder).

Rainer Wagner Ulrike Poppe Heidi Bohley Prof. Dr. Rainer Eckert

Dr. Regine Falkenberg Dr. Jens Gieseke Dr. Anna Kaminsky Dr. Jörg Kürschner Dr. Peter März

Siegfried Reiprich Edda Schönherz Prof. Dr. Hermann Wentker Prof. Dr. Manfred Wilke Hans-Eberhard Zahn 67

Verleihung des 2. Hohenschönhausen- Preises an Karl Wilhelm Fricke (links) durch den Fördervereinsvorsitzenden Jörg Kürschner Förderverein

Zur Unterstützung der Stiftung gründeten tung der SED-Diktatur beigetragen. Als freier Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens 2003 Journalist wurde er 1955 durch den DDR- den „Förderverein Gedenkstätte Berlin-Ho- Staatssicherheitsdienst von West- nach Ost- henschönhausen“. Zu den 19 Gründungsmit- Berlin entführt. 15 Monate wurde er im Unter- gliedern zählten unter anderem Bundeskanz- suchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen ler a. D. Dr. Helmut Kohl (CDU), der frühere verhört und schließlich in einem Geheimpro- Bundeswirtschaftminister Michael Glos (CSU), zess wegen „Kriegs- und Boykotthetze“ zu der langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete vier Jahren Zuchthaus verurteilt. Nach seiner Stephan Hilsberg, Bundestagsvizepräsident Entlassung 1959 arbeitete Fricke als Publizist, Hermann Otto Solms (FDP) sowie die Bundes- freier Autor und Leitender Redakteur beim tagsabgeordneten Wolfgang Wieland (Bündnis Deutschlandfunk. Seine zahlreichen Bücher zur 90/Die Grünen) und Holger Krestel (FDP). Vor- politischen Verfolgung und zum Widerstand in sitzender des als gemeinnützig anerkannten der DDR – in der Zeit der Entspannungspolitik Vereins ist der MDR-Parlamentskorrespondent politisch oft unerwünscht – gelten Dr. Jörg Kürschner, der selbst in Hohenschön- heute als Standardwerke. In den Spendenkonto hausen inhaftiert war. 1990er Jahren war er Sachverstän- Kt.-Nr.: 622 622 900 Der Verein hat im Berichtszeitraum ver- diger zweier Enquetekommissio- schiedene Projekte der Stiftung finanziell un- nen des Bundestages und bekam BLZ: 120 400 00 terstützt. Dazu gehörte die Förderung von für seine Aufklärungsarbeit über Commerzbank Berlin mehreren Schülerwettbewerben und Schü- die SED-Diktatur von der Freien lerseminaren, die von der Pädagogischen Universität Berlin die Ehrendoktor- Arbeitsstelle der Gedenkstätte durchgeführt würde verliehen. Die Preisverleihung fand in wurden. Er unterstützte auch die Inszenierung Anwesenheit zahlreicher Politiker in der Ber- eines Theaterstücks, das den Lebensweg ei- liner Landesvertretung des Saarlands statt, nes früheren Hohenschönhausen-Häftlings Festredner war Bundesminister a. D. Wolfgang nachzeichnet und sich besonders an Jugend- Tiefensee. liche wendet. Gefördert wurde auch das „Pä- Der ehrenamtlich tätige För- dagogische Konzept für geführte Rundgänge derverein engagiert sich auch mit blinden und sehbehinderten Besuchern dafür, die Arbeit der Gedenk- durch die Gedenkstätte“. Der Förderverein trug stätte weiter bekannt zu ma- zudem zur Finanzierung der Wiederveröffent- chen. Zu diesem Zweck betreibt lichung des Buches „Vernehmungsprotokolle“ er eine eigene Website (www. des Schriftstellers und Hohenschönhausen- foerderverein-hsh.de). Mehr- Häftlings Jürgen Fuchs bei. Des Weiteren be- fach beteiligte er sich auch mit teiligte sich der Förderverein im Berichtszeit- Informationsständen an Ver- raum an der Finanzierung des Kunstprojekts anstaltungen wie der Langen „Stasi-Live-Haft“. Nacht der Museen oder dem Höhepunkt seiner Aktivitäten war 2010 die Tag der offenen Tür der Bun- Verleihung des „Hohenschönhausen-Preises“ desregierung. Darüber hinaus an den Publizisten und Autor Karl Wilhelm Fri- präsentierte er sich und die Gedenkstätte in cke, der lange Jahre dem Beirat der Gedenk- Wahlkreisen von Bundestagsabgeordneten, stätte vorstand. Nach Ansicht der Jury hat der die dem Verein angehören. Vereinsmitglieder Preisträger in vorbildlicher Weise zur Aufarbei- nahmen auch an der jährlichen Gedenkfeier für 68 Förderverein

die Toten des sowjetischen Speziallagers Nr. 3 der gibt der Förderverein seit Ende 2005 ein in Hohenschönhausen teil. vierteljährliches „Nachrichteninfo“ heraus. Es In besonderer Weise trug der gut vernetzte informiert Mitglieder und Freunde des Vereins Verein dazu bei, Persönlichkeiten des öffentli- über die Arbeit der Gedenkstätte und des Vor- chen Lebens auf die Arbeit der Gedenkstätte stands. Das Heft mit einem Umfang von bis aufmerksam zu machen. Vor allem durch das zu 36 Seiten erscheint in einer Druckauflage Engagement seines Vorsitzenden wurden von 700 Exemplaren; elektronisch wird es an zahlreiche führende Politiker motiviert, das 1 000 Einzelpersonen und Institutionen ver- ehemalige MfS-Gefängnis persönlich zu be- schickt. Das „Nachrichteninfo“ liegt auch in suchen. Bei Besuchen von Bundesministern der Buchhandlung der Gedenkstätte aus und und Abgeordneten des Deutschen Bundesta- ist dort gegen eine Spende zu erhalten. Zur ges und verschiedener Landtage beteiligte er Herstellung der Hefte arbeitet der Vorstand mit sich oft auch selbst an der Führung. Viele Ent- einer Grafikerin und einer Grafikdesignerin zu- scheidungsträger traten daraufhin dem Verein sammen, die auch den Webauftritt des Vereins bei oder unterstützten seine Arbeit durch eine betreuen. Einmal im Jahr lädt der Vorstand die Spende. Inzwischen gehören dem Verein 160 Mitglieder und Freunde des Vereins zu einem Mitglieder an. informellen Treffen ein, um in ungezwungener Aufgrund seiner gewachsenen Bedeutung Atmosphäre aktuelle Themen der Arbeit zu be- und der stetig steigenden Zahl seiner Mitglie- sprechen.

Von links nach rechts: Der Laudator des 2. Hohenschönhausen-Preises, Bundesminister a. D. Wolfgang Tiefensee (SPD), Gedenkstättendirektor Hubertus Knabe, der Leiter der saarländischen Landesvertetung, Henry Bren d‘Amour, und der Fördervereinsvorsitzende Jörg Kürschner 69

Anhang

Chronik 2009/10 12. und 13. September 2009 Tag des offenen Denkmals Sonderführungen in der Gedenkstätte Berlin- 16. Januar 2009 Hohenschönhausen Verleihung der Auszeichnung „Ausgewählter Ort im Land der Ideen 16. September 2009 2009“ Klaus Kordon – Auf der Sonnenseite Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Buchvorstellung und Gespräch mit dem Autor in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschön­ 8. Februar 2009 hausen Gesicht zur Wand Premiere des Dokumentarfilms von Stefan 22. Oktober 2009 Weinert in der Volksbühne Berlin Chronik der Gewalt / Der baltische Weg Eröffnung der litauischen Doppelausstellung 17. März 2009 in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschön­ Gewendet – vor und nach dem Mauerfall hausen Ausstellungseröffnung in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen 24. Oktober 2009 Gedenkfeier für die Toten des sowjetischen 29. April 2009 Speziallagers Nr. 3 Jürgen Fuchs – Vernehmungsprotokolle DenkOrt auf dem Städtischen Friedhof Gärt- Buchvorstellung und Diskussion in der Vertre- nerstraße, Berlin-Lichtenberg tung des Landes Thüringen beim Bund 29. Oktober 2009 5. Mai 2009 Stasi-Live-Haft – Internet-Kunstaktion Besuch der Bundeskanzlerin Pressekonferenz in der Gedenkstätte Berlin- Dr. Angela Merkel Hohenschönhausen Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen 5. November 2009 6. Mai 2009 Die vergessenen Opfer der Mauer Vorwärts und vergessen Lesung mit dem Zeitzeugen Karl-Heinz Buchvorstellung und Diskussion in der Vertre- Richter am Carl-von-Ossietzky-Gymnasium, tung des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund Berlin-Pankow

23. Mai 2009 26. November 2009 Bürgerfest der Bundesregierung 2. Hohenschönhausen-Forum: Straße des 17. Juni, Berlin-Mitte Auferstanden aus Ruinen – Droht eine Renaissance des Kommunismus? 29. Juni bis 3. Juli 2009 Tagung in Koop. mit der Konrad-Adenauer-Stif- Akte R – ein deutsch-deutscher Krimi tung, Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Theaterstück in Koop. mit dem Theater Strahl, Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen 1. Dezember 2009 Doppelt verfolgt – das widerständige Le- 29. Juli 2009 ben des Arno Wend Vergessene Opfer der Mauer Buchvorstellung und Diskussion mit Mike Buchvorstellung und Lesung in der Vertretung Schmeitzner in der Gedenkstätte Berlin-Ho- des Landes Hessen beim Bund henschönhausen

22. und 23. August 2009 16. Januar 2010 Tag der offenen Tür der Bundesregierung Bürgerfest im Archiv der BStU Infostand im Presse- und Informationsamt der Infostand Bundesregierung, Berlin-Mitte 19. Februar 2010 29. August 2009 Feindliche Brüder? Die Aufarbeitung von 25. Lange Nacht der Museen Nationalsozialismus und Kommunismus Sonderführungen und Filmvorführungen in als Gegenwartsaufgabe der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Vortrag und Diskussion zum Abschied des stellvertretenden Direktors Siegfried Reiprich 70 Anhang

14. bis 16. April 2010 Ausstellungseröffnung in der Gedenkstätte Akte R – ein deutsch-deutscher Krimi Berlin-Hohenschönhausen Theaterstück in Koop. mit dem Theater Strahl, Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen 27. und 28. September 2010 20 Jahre Schließung des Stasi-Gefängnis- 2. Juni 2010 ses Berlin-Hohenschönhausen Medizin hinter Stacheldraht – Das Festakt und Schüler-Zeitzeugen-Begegnung, Haftkrankenhaus des MfS Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Vortrag und Diskussion mit Tobias Voigt und Peter Erler, Gedenkstätte Berlin-Hohenschön- 5. Oktober 2010 hausen An den Rand geschrieben – Rumänien- deutsche Schriftsteller im Fadenkreuz der 15. Juni 2010 Securitate Gewalt hinter Gittern – Gefangenenmiss- Dokumentarfilmpremiere im Hackesche Höfe handlungen in der DDR Kino, Berlin-Mitte Ausstellungseröffnung mit der Bundesjustiz- ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenber- 24. Oktober 2010 ger, Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Gedenkfeier für die Toten des sowjetischen Speziallagers Nr. 3 16. Juni 2010 DenkOrt auf dem Städtischen Friedhof Gärt- Enthüllung einer Gedenktafel anlässlich nerstraße, Berlin-Lichtenberg des 17. Juni 1953 Vivantes-Klinikum, Berlin-Friedrichshain 27. bis 29. Oktober 2010 Verbrechen der Diktaturen in Osteuropa 23. Juni 2010 Internationale Konferenz des Literaturhauses 10 Jahre Stiftung Gedenkstätte Berlin- Berlin, der Robert Bosch Stiftung und der Hohenschönhausen Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Pressekonferenz und Festakt mit Berlins Re- Berlin-Charlottenburg gierendem Bürgermeister Klaus Wowereit, Maxim-Gorki-Theater, Berlin-Mitte 8. November 2010 3. Hohenschönhausen-Forum: 4. Juli 2010 Unvergleichbar? Nationalsozialismus und Open-Air-Lesemarathon auf dem Kommunismus im 20. Jahrhundert Alexanderplatz Tagung in Koop. mit der Konrad-Adenauer-Stif- Lesung u. a. mit Lutz Rathenow, Dr. Bettina tung, Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Greiner, Dr. Hubertus Knabe und Helmuth Frauendorfer 17. und 18. November 2010 Akte R – ein deutsch-deutscher Krimi 12. August 2010 Theaterstück in Koop. mit dem Theater Strahl, Umbaumaßnahmen und Dauerausstellung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen Pressekonferenz in der Gedenkstätte Berlin- Hohenschönhausen 25. November 2010 Das letzte Jahr der Untersuchungshaftan- 21. und 22. August 2010 stalt Berlin-Hohenschönhausen Tag der offenen Tür der Bundesregierung Vortrag von Tobias Voigt und Peter Erler, Ge- Infostand im Presse- und Informationsamt der denkstätte Berlin-Hohenschönhausen Bundesregierung, Berlin-Mitte 7. Dezember 2010 10. September 2010 Was kommt nach Castro? Menschenrechte 2000 Zeichnungen – inhaftiert und Demokratiebewegung in Kuba Ausstellungeröffnung und Performance in der Diskussionsveranstaltung in Koop. mit der Galerie Epicentro art Internationalen Gesellschaft für Menschen- rechte im Abgeordnetenhaus von Berlin 11. und 12. September 2010 Tag des offenen Denkmals 9. Dezember 2010 Sonderführungen in der Gedenkstätte Berlin- Was will die chinesische Opposition? Der Hohenschönhausen Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo und die Demokratiebewegung in China 13. September 2010 Diskussionsveranstaltung in der Gedenkstätte 2000 Zeichnungen – inhaftiert Berlin-Hohenschönhausen Anhang 71

Stiftungsgesetz tung ist selbstlos tätig; sie verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Es darf keine Person durch Ausgaben, die dem Gesetz über die Errichtung der Stiftung Zweck der Stiftung fremd sind, oder durch un- „Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen“ verhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt vom 21. Juni 2000 werden. (5) Die Stiftung ist berechtigt, Zuwendungen § 1 Errichtung von dritter Seite anzunehmen. Diese Leistun- Unter dem Namen „Gedenkstätte Berlin-Ho- gen sind unter Berücksichtigung etwaiger vom henschönhausen“ wird eine rechtsfähige Stif- Zuwendungsgeber getroffener Zweckbestim- tung des öffentlichen Rechts mit Sitz in Berlin mungen zur Erfüllung des Stiftungszwecks zu errichtet. Die Stiftung entsteht mit dem Inkraft- verwenden. treten dieses Gesetzes. (6) Bei ersatzloser Aufhebung oder bei Weg- fall des bisherigen Zwecks der durch dieses § 2 Aufgaben und Zweck der Stiftung Gesetz errichteten Stiftung fällt deren Vermö- (1) Zweck der Stiftung ist es, in der Gedenk- gen dem Land Berlin zu, das es unmittelbar stätte, die zugleich die Funktion eines Doku- und ausschließlich für gemeinnützige Zwecke mentations- und Begegnungszentrums hat, im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte die Geschichte der Haftanstalt Hohenschön- Zwecke“ der Abgabenordnung und in einer hausen in den Jahren 1945 bis 1989 zu erfor- dem Stiftungszweck möglichst nahe kommen- schen, über Ausstellungen, Veranstaltungen den Weise zu verwenden hat. und Publikationen zu informieren und zur Aus- einandersetzung mit den Formen und Folgen § 4 Organe der Stiftung politischer Verfolgung und Unterdrückung in (1) Die Organe der Stiftung sind der kommunistischen Diktatur anzuregen. Am 1. der Stiftungsrat, Beispiel dieses Gefängnisses ist zugleich über 2. der Vorstand und das System der politischen Justiz in der Deut- 3. der Beirat. schen Demokratischen Republik zu informie- (2) Die ehrenamtlich tätigen Mitglieder des ren. Die Stiftung soll das Land Berlin in allen Stiftungsrats und des Beirats haben einen An- einschlägigen Angelegenheiten beraten und spruch auf die Erstattung von Reisekosten und unterstützen. sonstigen Auslagen nach den für die Berliner (2) Die Stiftung verfolgt ausschließlich und un- Verwaltung geltenden Bestimmungen. mittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts „Steuerbegünstigte Zwecke“ der § 5 Stiftungsrat Abgabenordnung. (1) Der Stiftungsrat besteht aus fünf Mitglie- (3) Näheres regelt die Satzung. dern. Ihm gehören an: 1. das für kulturelle Angelegenheiten zuständi- § 3 Stiftungsvermögen ge Mitglied des Senats, (1) Die vom Land Berlin für die Stiftung „Ge- 2. eine Vertreterin oder ein Vertreter der Se- denkstätte Berlin-Hohenschönhausen“ erwor- natsverwaltung für Justiz, benen beweglichen und unbeweglichen Ver- 3. eine Vertreterin oder ein Vertreter des für mögensgegenstände werden auf die Stiftung Angelegenheiten der Kultur zuständigen Mit- übertragen. glieds der Bundesregierung, (2) Der Stiftung werden zur Wahrnehmung des 4. die oder der Vorsitzende des Beirats, in § 2 genannten Zwecks die Grundstücke und 5. ein weiteres Mitglied des Beirats. Gebäude in der ehemaligen Untersuchungs- (2) Für jedes Mitglied ist für den Fall der Ver- haftanstalt Hohenschönhausen, Genslerstraße hinderung ein stellvertretendes Mitglied zu 66 einschließlich ihres Inventars zur Nutzung benennen. Das für kulturelle Angelegenheiten überlassen, und zwar unentgeltlich bis zur Ein- zuständige Mitglied des Senats wird durch die führung einer generellen Vergütungsregelung Staatssekretärin oder den Staatssekretär ver- für die Nutzung landeseigener Flächen. Die treten. Stiftung ist verpflichtet, die Nutzung dieser Ge- (3) Die entsendungsberechtigten Stellen kön- bäude und Grundstücke aufzugeben, wenn sie nen jedes von ihnen entsandte Mitglied abbe- diese für ihre Aufgaben nicht mehr benötigt. rufen, sofern die Mitgliedschaft nicht an eine (3) Zur Erfüllung des Stiftungszwecks erhält die bestimmte Funktion gebunden ist. Scheidet Stiftung einen jährlichen Zuschuss des Bundes ein Mitglied oder ein stellvertretendes Mitglied und des Landes Berlin nach Maßgabe des je- aus, so ist ein neues Mitglied oder ein neues weiligen Bundes- und Landeshaushalts. stellvertretendes Mitglied zu entsenden. (4) Die Mittel der Stiftung sind nur im Sinne (4) Den Vorsitz führt das für kulturelle Ange- des Stiftungszwecks zu verwenden. Die Stif- legenheiten zuständige Mitglied des Senats. 72 Anhang

Jedes Mitglied hat eine Stimme im Stiftungs- gierung für die Dauer von drei Jahren berufen. rat. Im Falle der Verhinderung kann die Stim- Die Wiederberufung ist zulässig. mausübung einem anderen Mitglied des Stif- (4) Der Beirat wählt aus seiner Mitte eine Vor- tungsrats übertragen werden. Der Stiftungsrat sitzende oder einen Vorsitzenden sowie eine ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte stellvertretende Vorsitzende oder einen stell- seiner Mitglieder anwesend ist. Er fasst seine vertretenden Vorsitzenden. Er benennt das Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Die Stim- weitere Mitglied des Stiftungsrats (§ 5 Abs. 1 me der oder des Vorsitzenden gibt bei Stim- Satz 2 Nr. 5). mengleichheit den Ausschlag. (5) Näheres regelt die Satzung. (5) Der Stiftungsrat beschließt alle Angelegen- heiten von grundsätzlicher oder besonderer § 8 Personal Bedeutung sowie den Haushaltsplan. Für die Stiftung ist die Anwendung des Tarif- (6) Die oder der Vorsitzende des Stiftungsrats rechts des öffentlichen Dienstes ausgeschlos- hat das Recht, die Prozessführung in Rechts- sen. streitigkeiten an sich zu ziehen. Der Stiftungs- rat ist über anhängige Rechtsstreitigkeiten un- § 9 Satzung verzüglich zu unterrichten. (1) Die Stiftung gibt sich eine Satzung, die vom (7) Der Stiftungsrat ist Personalstelle und Per- Stiftungsrat mit der einfachen Mehrheit seiner sonalwirtschaftsstelle. Er kann diese Befugnis- Mitglieder beschlossen wird. Das Gleiche gilt se auf die Vorsitzende oder den Vorsitzenden für Änderungen der Satzung. des Stiftungsrats übertragen. Personalstelle (2) Die Satzung trifft nähere Bestimmungen für den Vorstand ist die oder der Vorsitzende über Organisation und Verwaltung der Stiftung. des Stiftungsrats. (8) Näheres regelt die Satzung. § 10 Berichterstattung Der Vorstand legt alle zwei Jahre einen öffent- § 6 Vorstand lich zugänglichen Bericht über die Tätigkeit der (1) Der Vorstand führt die laufenden Geschäfte Stiftung vor. der Stiftung. Er ist dabei an die Beschlüsse und Weisungen des Stiftungsrats gebunden. § 11 Aufsicht, Rechnungsprüfung (2) Der Vorstand vertritt die Stiftung gerichtlich (1) Die Staatsaufsicht über die Stiftung führt und außergerichtlich. die für kulturelle Angelegenheiten zuständige (3) Der Vorstand ist die Direktorin oder der Di- Senatsverwaltung. rektor der Gedenkstätte. Sie oder er wird vom (2) Für das Haushalts-, Kassen- und Rech- Stiftungsrat bestellt und kann nicht dessen nungswesen sowie für die Rechnungslegung Mitglied sein. Der Stiftungsrat bestimmt auch der Stiftung gelten die für die unmittelbare die Vertretung des Vorstands. Landesverwaltung maßgeblichen Bestimmun- (4) Näheres regelt die Satzung. gen. Der Vorstand veranlasst die Prüfung der Rechnungslegung durch eine Wirtschaftsprü- § 7 Beirat ferin oder einen Wirtschaftsprüfer, die oder der (1) Der Beirat berät den Stiftungsrat sowie den im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde Vorstand in allen inhaltlichen und gestalteri- und dem Rechnungshof von Berlin bestellt schen Fragen. wird. Das Prüfungsrecht des Rechnungshofs (2) Der Beirat besteht aus mindestens zehn von Berlin bleibt hiervon unberührt. und höchstens 15 sachverständigen Mitglie- (3) Näheres regelt die Satzung. dern; die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern soll dabei sichergestellt werden. § 12 Übergang von Rechten und Pflichten Ihm gehören an: (1) Sämtliche Rechte und Pflichten, die das 1. Vertreterinnen und Vertreter von Gedenkstät- Land Berlin für die „Gedenkstätte Berlin-Ho- ten, henschönhausen“ übernommen hat, werden 2. Vertreterinnen und Vertreter von Einrichtun- auf die Stiftung übergeleitet. gen, Gruppen und Initiativen, Wissenschaft- (2) Bis zur Bestellung des ersten Vorstands lerinnen und Wissenschaftler sowie sonstige wird die bisherige kommissarische Direktorin qualifizierte Persönlichkeiten, die mit dem Stif- der Gedenkstätte von der oder dem Vorsitzen- tungszweck befasst sind. den des Stiftungsrats mit der Wahrnehmung (3) Die Mitglieder des Beirats werden von der der in § 6 genannten Aufgaben beauftragt. oder dem Vorsitzenden des Stiftungsrats im Einvernehmen mit dem für Angelegenheiten § 13 Inkrafttreten der Kultur zuständigen Mitglied der Bundesre- Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 2000 in Kraft. Anhang 73

Gremienmitglieder

(Stand: 31.12.2010)

Stiftungsrat

Mitglieder Vertreter Dr. h. c. André Schmitz (Vorsitzender) Volker Heller Staatssekretär für kulturelle Angelegenhei- Abteilungsleiter in der Senatskanzlei Berlin, ten in der Senatskanzlei Berlin Kulturelle Angelegenheiten

Dr. Ingeborg Berggreen-Merkel Dr. Michael Roik Ministerialdirektorin beim Beauftragten der Gruppenleiter beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Bundesregierung für Kultur und Medien

Hasso Lieber Dr. Joachim Vetter Staatssekretär der Senatsverwaltung für Senatsdirigent der Senatsverwaltung für Justiz des Landes Berlin Justiz des Landes Berlin

Rainer Wagner Ulrike Poppe Beiratsvorsitzender Stellvertretende Beiratsvorsitzende

Siegfried Reiprich N.N. Beiratsmitglied

Beirat

Vorsitzender Stellvertretende Vorsitzende Rainer Wagner Ulrike Poppe Union der Opferverbände kommunistischer Beauftragte des Landes Brandenburg zur Gewaltherrschaft (UOKG) Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur

Mitglieder Marianne Birthler Dr. Peter März Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Direktor der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildung Heidi Bohley Verein Zeit-Geschichte(n) e. V. Siegfried Reiprich Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Prof. Dr. Rainer Eckert Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer Direktor des Zeitgeschichtlichen Forums in politischer Gewalt Leipzig Edda Schönherz Dr. Regine Falkenberg Stellv. Landesvorsitzende der Vereinigung Stiftung Deutsches Historisches Museum der Opfer des Stalinismus (VOS) Berlin- Brandenburg Dr. Jens Gieseke Zentrum für zeithistorische Forschung, Prof. Dr. Hermann Wentker Potsdam Leiter der Außenstelle Berlin des Instituts für Zeitgeschichte Dr. Anna Kaminsky Geschäftsführerin der Bundesstiftung zur Prof. Dr. Manfred Wilke Aufarbeitung der SED-Diktatur Politikwissenschaftler

Dr. Jörg Kürschner Hans-Eberhard Zahn Journalist und Vorsitzender des Psychologe Fördervereins Gedenkstätte Berlin- Hohenschönhausen 74 Anhang

Mitarbeiter Andrea Moll Wissenschaftliche Mitarbeiterin (Stand: 31.12.2010) Dauerausstellung

Dr. Hubertus Knabe Steffen Noack Direktor Lehrer Pädagogische Arbeitsstelle

Helmuth Frauendorfer Jessica Piwecki Stellvertretender Direktor Sachbearbeiterin Haushalt und Personal Referent für politische Bildung Christiane Rudolph Andreas Borsch Wissenschaftliche Assistentin Sammlung Rechercheur Dauerausstellung Alena Salsa Andreas Engwert Verwaltungsleiterin Wissenschaftlicher Mitarbeiter Dauerausstellung Hartwig Sprotte Mitarbeiter Hausorganisation Kathleen Erdmann Museologin Sammlung Jessica Steckel Projektmitarbeiterin Zeitzeugenbörse Peter Erler Pädagogische Fachkraft, Historiker Hardburg Stolle Mitarbeiterin Besucherdienst Katrin Grajetzki Wissenschaftliche Volontärin Besucherreferenten

Mechthild Günther (Stand: 31.12.2010) Wissenschaftliche Mitarbeiterin Zeitzeugenarchiv Wolfgang Arndt Karsten Harfst Reinhard Bernauer Lehrer Pädagogische Arbeitsstelle Michael Bradler Hans-Jürgen Breitbarth Wolfgang Hoffmann Mirna Campanella Mitarbeiter Hausorganisation Sandra Czech Enrico Jähn Kristal Davidson Mitarbeiter Besucherdienst Rainer Dellmuth Ute Kietzmann Hansjürg Deschner Lehrerin Pädagogische Arbeitsstelle Anette Detering Arno Drefke Jörn Kleinhardt Dieter Drewitz Museologe Sammlung Gerhard Ehlert André Kockisch Rainer Ehrlich Referent für Öffentlichkeitsarbeit/ Siegmar Faust Bibliothek/Archiv Robert Fissenewert Michaele Lampe Mike Fröhnel Chefsekretärin Reinhard Fuhrmann Direktionsassistenz Gilbert Furian Maria Luise Gäde Eva Langhals Wissenschaftliche Volontärin Jorge L. García Vázquez Juliana Gralak Daniela Martinowa Bettina Greiner Museologin Dauerausstellung Franziska Groszer Anhang 75

Anne Hesse Gerhard „Charly“ Rau († 23.09.2011) Lutz Hildebrandt Thomas Raufeisen Stephan Horn Friedhelm Reis Horst Jänichen Bärbel Richter Cliewe Juritza Hartmut Richter Eberhard Kaduk Karl-Heinz Richter Kristin Kallweit Mario Röllig Franziska Kelch Wolfgang Rüddenklau Daniel Krausz Peter Rüegg Norbert Krebs Hartmut Rührdanz Dr. Jörg Kürschner Harry Santos Eva Langhals Hans-Jochen Scheidler Lutz „Ret“ Langmeier Constance Schlösser Christina Lazai Edda Schönherz Andrew Smith Andreas Mehlstäubl Jessica Steckel Matthias Melster Mario Thom Philip Milek Edgar Voß Ehrhard Neubert Dieter Walter Sigrid Paul († 19.06.2011) Wolfgang Warnke Herbert Pfaff Dieter von Wichmann Sören Priebe Peter Wulkau Gisela Quasdorf Hans-Eberhard Zahn Elisabeth Quast 76 Anhang

Besucherstimmen Eine beeindruckende, unglaublich erschre- ckende Reise in die (noch nahe) Vergangen- heit Berlins. Schüler und Jugendliche Theresa Gästebucheintrag vom 22. Februar 2010 Danke für die wichtigen Informationen über die Stasi, sehr informativ und interessant. Die Führung am 3. März 2010 war sehr Ein Teil der deutschen Geschichte, man sollte eindrucksvoll, erschütternd, gut dass es nicht schweigen und darüber hinwegschauen! Menschen gibt, die aus dieser Zeit berichten Christina K. und Kai G. können! Hochachtung vor dem Zeitzeugen Gästebucheintrag vom 4. Januar 2009 Matthias Melster (super Führung). Altenpflegeschule Arnsberg Vielen Dank für diesen schockierenden Gästebucheintrag vom 3. März 2010 Besuch. Wir haben wirklich etwas fürs Leben mitgenommen. Lieber Herr Krebs, (…) Ich möchte Ihnen mit 11. Klasse der Freien Waldorfschule Heidel- diesem Brief nur kurz sagen, wie sehr Ihre berg Führung und Ihre eindringlichen Worte am Gästebucheintrag vom 13. März 2009 Ende des Besuches alle Schülerinnen und Schüler beeindruckt haben. Sie haben es Sehr beeindruckend, da werde ich noch lange geschafft, in den Köpfen der Schüler einen drüber nachdenken! Denkprozess anzustoßen, der mit Sicherheit Julius (13 J.) dazu führt, dass sie die heute manchmal allzu Gästebucheintrag vom 9. April 2009 selbstverständlich und gleichgültig zur Kennt- nis genommenen Rechte und persönlichen Eine sehr beeindruckende Führung, die die Freiheiten bewusster wahrnehmen und aktiv eigentlichen Vorstellungen über diese Zeit in ihrem Leben dafür eintreten werden. bei Weitem auf brutalste Art und Weise Hubert F., Lehrer, Gymnasium St. Konrad übertrifft… Mit Abstand die bis jetzt beeindru- Ravensburg ckendste Führung meines Lebens, sehr gut. E-Mail vom 7. März 2010 Vielen Dank! Abschlussklassen 2009 der Kooperative Ge- Für Frau Lengsfeld, samtschule Norderney vielen Dank für Ihre herzliche und informative Gästebucheintrag vom 17. Juni 2009 Führung! Danke, dass Sie Ihre persönlichen Erlebnisse so offen mit uns geteilt haben. Wir Unglaublich, unbegreiflich und sehr bewe- fanden es alle sehr, sehr interessant!!! gend. Robert-Blum-Gymnasium Berlin Gästebucheintrag vom 3. Juli 2009 Gästebucheintrag vom 29. März 2010

Ein bewegendes Denkmal gegen Unterdrü- Vielen Dank an die Gedenkstätte und vor ckung und Gewaltherrschaft. Gerade die Tatsa- allem an Herrn Warnke für die Möglichkeit che, dass Zeitzeugen als Besucherreferenten und die unglaublich interessante Führung. Ich fungieren, beeindruckt! Ein Mahnmal, dessen finde Ihre Einstellung gegenüber Ihrer Vergan- Erhaltung oberste Priorität haben muss. genheit bewundernswert. Jahrgang 11, Willigis-Gymnasium Mainz Ulrike V. Gästebucheintrag vom 8. Juli 2009 Gästebucheintrag vom 25. Juni 2010

Wir bedanken uns für die hervorragende Bewegend! Führung. Es war interessant für uns, diese Besser als jeder Geschichtsunterricht! Seite der „DDR“-Politik kennen zu lernen und Beisenkamp-Gymnasium Hamm gehen mit nachdenklichen Schritten. Wir kön- Gästebucheintrag vom 10. Juli 2010 nen unsere „Freiheit“ im Westen nun noch besser schätzen. Heute haben wir viel über die deutsche Gästebucheintrag vom 20. September 2009 Vergangenheit gelernt, dies hat manche von uns sehr geschockt und uns zum Nachden- Es war eine unglaubliche Führung, die uns ken gebracht, ich bin froh, heute mit meiner sehr gefallen hat. Vor allem deswegen, weil Abschlussklasse hier gewesen zu sein. wir einen Zeitzeugen als Führer hatten. Sehr Tim (16 J.), Würmtalschule Merklingen empfehlenswert! Gästebucheintrag vom 13. Juli 2010 Gymnasium Grimmen Gästebucheintrag vom 9. November 2009 Anhang 77

Wir haben in zwei Stunden hier mehr gelernt Herzlichen Dank an Initiatoren und Wirkende als in ein paar Wochen Schule. Vielen Dank! für die Aufklärung. Immanuel-Kant-Gymnasium Leinfelden-Ech- Reiner K. und Bettina B. terdingen Gästebucheintrag vom 4. Mai 2009 Gästebucheintrag vom 21. Juli 2010 Die Führung war sehr sperrig, anstrengend, Wir bewundern euch für eure Kraft. schwer einzuordnen. Aber eines hat sie Emmy-Noether-Gymnasium Erlangen bewirkt: Ich kann danach nicht gedankenlos Gästebucheintrag vom 22. Juli 2010 weitergehen. Respekt, Herr Deschner. Gästebucheintrag vom 19. Mai 2009 Ich danke für die sehr interessante Führung. Ich habe den tiefsten Respekt vor allen, die Die Führung durch Herrn Deschner hat mir hier gefangen waren und nun hier arbeiten. wertvolle Impulse für mein gesellschaftliches Meik und politisches Denken und Handeln gege- Gästebucheintrag vom 9. September 2010 ben. Klaus W. Erwachsene Gästebucheintrag vom 23. Mai 2009

Es war der eindrucksvollste und ergreifendste Sehr geehrter Herr Rüegg, Besuch eines DDR-(Relikts)Mahnmals, den als mein Mann und ich am 16. Oktober 2008 man sich vorstellen kann. an Ihrer Führung teilnahmen, konnten wir S., Wien nicht ahnen, dass uns das so beeindrucken Gästebucheintrag vom 2. Januar 2009 würde. Zwar war uns die Stasi natürlich bekannt, wussten wir, glaubten wir, was die Wir sind beeindruckt und aufs Tiefste be- DDR ihren Bürgern zumuten konnte, aber rührt – vielen Dank für die Eindrücke, die wir dass es so schlimm war, konnten wir im sammeln durften, wir nehmen viel mit! Traum nicht ahnen. Uns wurde ein histori- Gästebucheintrag vom 12. Februar 2009 scher Einblick vermittelt, und zwar auf eine Art und Weise, wie ihn das beste Lehrbuch Für uns war es eine Ehre, einen lebendigen nicht bieten kann. Widerstandskämpfer kennenlernen zu dürfen. Familie Z. Gästebucheintrag vom 10. März 2009 Brief vom 10. Juni 2009

Nach dem Vortrag fällt es uns schwer, einfach Es war für mich sehr interessant. Ich muss wieder in die Normalität überzugehen. Wir politisch umdenken lernen. sind tief betroffen. Peter L. ( 54 J.), Pforzheim Sylvia M. und Andreas G. Gästebucheintrag vom 4. Juli 2009 Gästebucheintrag vom 9. April 2009 Es ist ein großes Glück für uns alle, dass es Eine unvergessliche Reise zurück in die DDR! Menschen gibt, die gegen das Vergessen die- Unfassbar, schockierend und so authentisch. ser unglaublichen Verbrechen an Menschen Danke für diese Eindrücke! wirken. Danke dafür! Fachakademiker für Sozialpädagogik Zwiesel Familie H. Gästebucheintrag vom 14. April 2009 Gästebucheintrag vom 17. August 2009

Ja, schämen, da ist irgendwie schon was Ich möchte die Gelegenheit nutzen, Ihnen und dran. Allerdings: Dafür, dass ich mich jetzt Ihren Mitarbeitern für Ihre Arbeit zu danken. schäme, kann sich keiner von denen was Ich beobachte immer wieder, wie von interes- kaufen, die ich damals verhört habe. Es ist sierter Seite versucht wird, das DDR-Unrecht eine schlimme Situation, denn ich habe ja zu verharmlosen. Die von Ihnen geleitete echt schuld, weil ich Dinge mitgemacht habe, Gedenkstätte kann dazu beitragen, diesen die in die Persönlichkeit desjenigen so scharf dreisten Versuch der Geschichtsklitterung zu eingegriffen haben, dass sein persönliches vereiteln. Fortkommen völlig zu Bruch ging. Eigentlich Jörg E. spricht man nicht mehr gerne darüber. Man E-Mail vom 15. Oktober 2009 würde es doch lieber ganz vergessen. Eingeschweißtes Papier, gefunden in der Jedem, der heute noch versucht, der „Demo- Besuchertoilette am 29. April 2009 kratischen Republik“ Positives abzugewinnen, sollte man diese grauenvolle Haftanstalt vor Augen führen. 78 Anhang

Günter und Gertrud L. Sehr beeindruckend, fast so schlimm wie die E-Mail vom 15. Oktober 2009 NS-Verbrechen! Anerkennungswürdige, be- eindruckende, informative Arbeit! Man sollte Aufschlussreich und schockierend zugleich. das hier nicht verschweigen. Die Mitarbeiter der Gedenkstätte leisten Gästebucheintrag vom 24. Mai 2010 einen beeindruckenden und unverzichtbaren Beitrag zur Aufklärung und Vergangenheitsbe- Die Führung hat mich gelehrt, den Wert mei- wältigung. ner Menschenrechte wertzuschätzen. Dank Gästebucheintrag vom 16. Oktober 2009 der Führung empfinde ich Mitleid für die Fälle in Guantanamo. Vielen Dank. Obwohl unsere Besuchergruppe mit 80 Hatice S. D. Personen sehr groß war, ist es Ihnen gelun- Gästebucheintrag vom 25. Juni 2010 gen, drei leidenschaftliche „Führer“ für uns zu gewinnen, die die Teilnehmer haben erschau- Nach 21 Jahren bringe ich es endlich fertig, dern lassen, über die geschilderten Ereignis- meine Vergangenheit (d.h. einen Teil) aufzuar- se, die sich vor der Wende im Stasi-Gefängnis beiten. Und ich darf meine Hochachtung über abgespielt haben. Auch mir, der schon zum diese kompetente Führung ausdrücken. Ich dritten Mal die Gedenkstätte besuchte, blieb persönlich und auch meine Familie wünschen, wieder ein beklemmender Kloß im Hals ste- dass diese Stätte erhalten bleibt. cken. Ich bin mir sicher, dass die Geschichten Katrin G. mit Familie der Menschen, die das Stasi-Gefängnis selbst Gästebucheintrag vom 7. Juli 2010 erlebt haben, uns jeden Tag aufs Neue antrei- ben sollten, um unsere Demokratie noch ein Hier muss jeder Deutsche gewesen sein. Stück lebenswerter zu machen, getreu der D. und F. L. Verpflichtung: „Freiheit ist immer eine Frei- Gästebucheintrag vom 15. Juli 2010 heit in Verantwortung. Frieden, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit sind ohne persönliches Führung durch Mike: Engagement und persönlichen Einsatz nicht Wir werden die Begegnung mit Ihnen, Ihre zu haben.“ inspirierenden Worte und die große Mensch- Manfred S. lichkeit nie vergessen. Gästebucheintrag vom 16. November 2009 M. B. Gästebucheintrag vom 21. Juli 2010 Tief beeindruckt und erschüttert verlasse ich dieses Gebäude. Vielen Dank an alle, die hier Wir danken für die Information – es ist erfreu- Geschichte aufarbeiten. Unser Streben gilt lich, dass viele junge Menschen Interesse dem Fortbestand der Demokratie! haben. Klären Sie weiter auf. Es lohnt sich! A. R. Gästebucheintrag vom 18. August 2010 Gästebucheintrag vom 14. Januar 2010 Vielen Dank, Herr Walter, für Ihre informative Ich habe vergangenen Dienstag die Gedenk- und emotionale Führung. Manches hat man stätte besucht. Ihre Führung hat mich nachhal- auch als ehemaliger DDR-Bewohner gar tig beeindruckt. Es war bis jetzt mit Abstand nicht geahnt. Meine Hochachtung vor Ihrem die Beste, die ich durch eine Gedenkstätte Engagement. Ich wünsche Ihnen weiterhin gemacht habe. Kraft dafür. Mona G. R. D. und C. B. E-Mail vom 31. Januar 2010 Gästebucheintrag vom 15. September 2010

Gestern haben meine Frau und ich die Ge- Zeitzeugen und Angehörige denkstätte besichtigt und waren danach tief erschüttert. Auch wenn wir schon viel über 1983/84 hier gelitten! 18 Monate, dann Baut- die Verhältnisse dort und anderen Gefängnis- zen II! sen in der ehemaligen DDR gelesen haben – Jürgen G. eine Besichtigung sagt mehr als 1000 Worte! Gästebucheintrag vom 9. Mai 2009 Helmut v. D. Brief vom 10. Februar 2010 Ich war hier, Zelle 217, ein bewegender Moment als ich sie nach 21 Jahren als freier Tragt das Erzählte, Geschehene und Empfun- Mann betreten habe! Macht weiter so und dene raus aus diesen Mauern! erhaltet diese Gedenkstätte. M. B. Gästebucheintrag vom 8. Dezember 2009 Gästebucheintrag vom 13. Mai 2010 Anhang 79

Ehemaliger Häftling von 1962: Es hat sich viel Ausländische Besucher verändert in den Zellen, Fenster, Anordnung von Stühlen und Tischen. In den Gängen fehlt Danke für die interessante Geschichte, die der Teppich. Die Freizellen zu klein. Danke uns der ehemalige Häftling erzählt hat. Aber schön! es wäre besser, wenn die Führungen auch auf S. S. Russisch wären! Die jugendliche russische Gästebucheintrag vom 2. Juli 2009 Generation würde sich sehr für die andere Geschichte (Stalin-Zeit, Kommunismus, DDR) Genau an dem denkwürdigen 15.01.10 interessieren! unternahm ich eine Reise nach Berlin. Im Schülergruppe aus St. Petersburg Rahmen dieser Tour besichtigte ich auch den Gästebucheintrag vom 19. Januar 2009 Nobelknast der Stasi. Nobelknast, ja, weil andere UHAs viel schlechter ausgestattet Thank you for sharing this very important waren. In Dresden in der Bautzner Str. gab es history with us. keine Fenster (Glasbausteine) nur Neonlicht Robert, USA/Canada und mit einer Belegung der Zelle (Verwahr- Gästebucheintrag vom 22. März 2009 räume) zu zweit in etwa der gleichen Größe. Der Tisch war zum Klappen und die Hocker Pour nous Suisses, il est souvent difficile de festgeschraubt. Die Erinnerungen waren constater que de telles horreurs ont existées! sofort wieder da. Ein großes Lob, denn es Un grand merci à notre guide qui nous a fait wird in etwa genau erklärt, wie alles ablief, partager sa vie dans cette prison. bis zur Kriminalisierung und Verbüßen der Chantal, Charly, Thibaud, Geoffroy, Schweiz Haftstrafe dann in irgendeinem allg. Vollzug Gästebucheintrag vom 10. April 2009 der DDR. Eine Aufarbeitung der Geschichte, die nicht jedem passen wird, dafür aber umso Je fais hommage à mon père qui a toujours wichtiger für nachfolgende Generationen. Ich volu que je rende visite à cette prison et aux wünsche allen viel Erfolg bei dieser so wichti- autres monuments historiques de Berlin. Il a gen Aufgabe. fait ses études à Reutlingen en Allemagne. Jens Z. Il est décédé le 27.01.2009. Mon passage à E-Mail vom 21. Januar 2010 cette prison est un hommage à lui. Je rends aussi hommage à tous les prisonniers vivants Wir sind tief bewegt, sind wir doch selbst [...] de cette prison. betroffen gewesen. Gästebucheintrag vom 28. Juni 2009 Chr. und Rolf G. Gästebucheintrag vom 6. März 2010 Erschütternd! K. H. aus Brixen/Italien Mein Eindruck von den Führungen (ich habe Gästebucheintrag vom 3. Juli 2009 an mehreren teilgenommen) ist ausgespro- chen positiv. Die Aussagen treffen durchweg It was so good. I‘m lost for words! Thank you zu und sind ein unerlässlicher Beitrag zur for letting me see and hear about your history. politischen Bildung. Herzlichen Dank! K. S., Dänemark Edgar G., im „U-Boot“ inhaftiert gewesen Gästebucheintrag vom 4. Juli 2009 vom 14.12.57 bis etwa Mitte April 58. Verur- teilt zu 9 Jahren Zuchthaus wegen „Staats- Amazing eye-opening experience. Glad that verrats“ this part of history is being kept alive. Gästebucheintrag vom 15. April 2010 Well Done! Lyle, São Paulo/Brazil Wir bedanken uns für die informative Füh- Gästebucheintrag vom 4. Juli 2009 rung, da eine familiäre Geschichte hier gehan- delt hat. I was able to participate on a tour on Saturday Carina, Sandra und Salin aus Darmstadt by Jenny with Danish students. I appreciate Gästebucheintrag vom 14. Juli 2010 your letting me join the tour. Jenny was fan- tastic. This is one of the most interesting and Im Andenken an meinen Großvater, der trotz best done museums that I have ever seen. dieser Vergangenheit jeden Tag glücklich sein You are all to be congratulated. I have told kann! friends and family this is a „must see“ when Joachim S. they come to Berlin. Thanks again and please Gästebucheintrag vom 14. Juli 2010 keep up this important work. David W. Gästebucheintrag vom 26. September 2009 80 Anhang

Dear Hans-Eberhard Zahn, I was very moved by the tour. I come from the most memorable part of my 1st visit to Pakistan and this is as far removed from what Berlin was meeting you. Your generous and I have even known or experienced as possib- gracious tour of the Stasi prison and hospital le. The tour-guide was not only informative, he was so thoughtful. You gave so much of your- gave a personal well-informed view-point to self…. . What you said was so eloquent and what people had to go through here. so straight from the heart. „Every suppressed This place has left a lasting impression and I individual was an instrument to suppress eve- wish Germany best for the future. ryone else.“ And isn‘t that true today, too? Javaria, Princeton Louis P., USA Gästebucheintrag vom 10. Juli 2010 Brief vom 25. Oktober 2009 Vielen Dank, das war ein unvergesslicher Tag Very interesting and eye-opening. für mich. Ich werde immer an diese Erfahrung Gästebucheintrag vom 13. Februar 2010 erinnern. Stephan, Uganda Unheimlich bewegend und interessant; wir, Gästebucheintrag vom 19. Juli 2010 die Studenten von Sciences Po werden ver- suchen, die „Message“ von Herrn Scheidler Ich verstehe jetzt viel besser, dass es hier weiterzutragen und nicht zu vergessen. Vielen noch viele viele Leute gibt, die noch sehr viel herzlichen Dank! zu verarbeiten haben... Studenten der Sciences Po, Paris Joan, Niederlande Gästebucheintrag vom 12. März 2010 Gästebucheintrag vom 1. August 2010

This was a big and important experience. Big Ich bin während der Führung von der Grau- thanks to Hans-Jochen Scheidler for sharing samkeit der Menschen bzw. der Stasi his story. We are glad we came! schockiert worden. Diktatur war immer die Gästebucheintrag vom 18. März 2010 schlechteste Politik. Danke für die Führung! Lena, Russland (FU Sommerkurse) As Americans who have witnessed the dis- Gästebucheintrag vom 21. August 2010 courses and justifications about Guantanamo Bay, we feel that this site has contemporary Eine sehr interessante Führung in einer Stätte significance and enormous lessons to remind des Grauens! Mögen derartige „Auswüchse“ us of that remain unlearned. nie mehr stattfinden! Laura, Melissa und Brian T. Hilde und Rudolf, Wien Gästebucheintrag vom 6. Juli 2010 Gästebucheintrag vom 9. September 2010 Anhang 81

Prominente Die Gedenkstätte hat mir noch einmal vor Augen geführt, in welcher Art und Weise die Würde der Menschen mit Füßen getreten wurde. Es ist wichtig, dass möglichst viele Menschen – gerade auch junge – diese Zeit in der Geschichte unseres Landes ken- nenlernen. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein herzliches Dankeschön für ihre Arbeit. Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin 5. Mai 2009 Mit einem großen Dankeschön für die engagierte Erinnerungs- und Aufklärungsarbeit in Ihrem Hause mit guten Wünschen. Dr. Angela Merkel (CDU) Matthias Platzeck, Ministerpräsident des Landes Matthias Platzeck (SPD) Bundeskanzlerin Brandenburg Ministerpräsident des 2. September 2009 Landes Brandenburg Die Gedenkstätte ist ein wichtiges Beispiel für die Unmenschlichkeit von Diktaturen – es ist wichtig, vor allem jungen Menschen Gelegenheit zu geben, sich mit diesen traurigen Fakten der Geschichte vertraut zu machen. S. E. Ralph Scheide, Botschafter der Republik Öster- reich 4. März 2010 Pls. never again; not here or any other place. S. E. Mohamed Nasheed, Staatspräsident der Male- diven 8. März 2010 Herzlichen Dank für Ihre Arbeit. Sie ist unendlich wichtig, um die Erinnerung an das Unrecht, das ein S.E. Mohamed Nasheed unmenschliches Regime geschaffen hat, wach zu Dr. Hans-Peter Friedrich (CSU) Staatspräsident der Malediven erhalten. Für diesen Auftrag haben Sie die Unterstüt- Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im zung der gesamten Abgeordneten der CSU-Landes- Deutschen Bundestag gruppe im Deutschen Bundestag! Dr. Hans-Peter Friedrich, Vorsitzender der CSU-Lan- desgruppe im Deutschen Bundestag 7. Mai 2010 Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im nieder- sächsischen Landtag dankt sehr herzlich für diese außerordentlich beeindruckende Führung durch die Gedenkstätte, die an ein menschenverachtendes Regime erinnert! Stefan Wenzel, , , , Christian Meyer, , , , Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im niedersächsi- schen Landtag 11. Mai 2010

Die Ausstellung ist ein wichtiger weiterer Schritt, die Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) S.E. Ralph Scheide, Erinnerung an den Unrechtsstaat DDR aufrecht zu Botschafter der Republik Österreich Bundesministerin der Justiz erhalten. Widerstand, der brutal unterdrückt wurde, machte viele Menschen, die Freiheit wollten, zu Opfern. Das darf nicht vergessen werden. Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Bundesjus- tizministerin, über die Ausstellung „Gewalt hinter Gittern“ 15. Juni 2010 82

Bildnachweise

BKM: S. 66 — Heidi Bohley/Privat: S. 66 — BStU: 27, 66 — Bundesregierung/Presse- und Infor- mationsamt: S. 8, 81 — Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur: S. 28, 66 — Ludolf Dahmen: S. 66 — Tim Deussen: S. 38 — Rainer Eckert/Privat: S. 66 — Regina Falkenberg/ Privat: S. 66 — Freiheit e.V.: S. 28 — Förderverein Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen: S. 66-68 — Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen: S. 11, 14, 15, 26, 28, 29, 31-42, 49, 55, 56, 59, 60, 62, 66, 81 — Honorar Generalkonsulat der Malediven/Gottfried Mücke: S. 14 — Hans- Otto-Theater Potsdam: S. 30 — Harald Hauswald: S. 25 — IfZ: S. 66 — Landesarchiv Berlin: S. 50 — Litauisches Zentrum zur Erforschung von Genozid und Widerstand: S. 27 — LKA Berlin: S. 44 — Peter März/Privat: S. 66 — hg merz: S. 61 — Robert Mispelbaum: S. 23 — Ulrike Poppe/ Privat: S. 66 — Dirk Rotermundt: S. 21, 22 — Henning Schacht: S. 81 — Arthur Schmidt/Gvoon: S. 9, 12, 13, 20, 24, 45, 48, 49, 51, 53, 54 — Senatskanzlei Berlin: S. 7, 66 — Senatsverwaltung für Justiz Berlin: S. 66 — Staatskanzlei Brandenburg: S. 81 — Theater Strahl: S. 37 — Rainer Wagner/Privat: S. 66 — Manfred Wilke/Privat: S. 66 — ZZF: S. 66

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