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26.09. bis 12.10.2014 Schloss Schwetzingen

Mozartgesellschaft Schwetzingen

In Zusammenarbeit mit der Stadt Schwetzingen 1

39. Schwetzinger Mozartfest® 2014

Programmübersicht

Freitag, 26. September 2014, 20.00 Uhr, Rokokotheater Seite 10 Stipendiaten der Jürgen Ponto-Stiftung Philharmonisches Orchester der Stadt Heidelberg

Samstag, 27. September 2014, 20.00 Uhr, Jagdsaal Seite 18 Boulanger Trio

Sonntag, 28. September 2014, 11.00 Uhr, Jagdsaal Seite 22 Konstanze Eickhorst Klavier-Recital

Samstag, 4. Oktober 2014, 20.00 Uhr, Jagdsaal Seite 28 Quatuor Voce und Nikolaus Friedrich, Klarinette

Sonntag, 5. Oktober 2014, 11.00 Uhr, Schlosskapelle Seite 34 Gunar Letzbor, Violine und Erich Traxler, Cembalo 100 Jahre Salzburger Hofmusik von Biber bis Mozart

Freitag, 10. Oktober 2014, 20.00 Uhr, Rokokotheater Seite 38 Gábor Boldoczki, Trompete Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim

Samstag, 11.Oktober 2014, 19.30 Uhr, Rokokotheater Seite 44 W. A. Mozart: Idomeneo, Rè di Creta Stadttheater Gießen

Sonntag, 12. Oktober 2014, 11.00 Uhr, Jagdsaal Seite 56 Minetti Quartett

3 Die Mozartgesellschaft Schwetzingen bedankt sich herzlich bei Ihren Freunden, privaten Spendern, Förderern und Sponsoren für ihre Treue und ihr großzügiges Engagement.

4 Grußwort des Oberbürgermeisters

„Für mich ist jedes Jahr ein Mozart-Jahr und jede Woche eine Mozart-Woche!“ hat der österreichische Pianist und Komponist Friedrich Gulda gesagt.

Für Schwetzingen ist dieser Satz mehr als zutref- fend. In Erinnerung der Besuche Mozarts in un- serer Stadt findet in diesem Jahr bereits zum 39. Mal das Schwetzinger Mozartfest statt. Mozarts Musik und sein musikalisches Genie stehen wieder im Zentrum besonderer musikalischer Wochen. durch Quatuor Voce & Nikolaus Friedrich die Welt­ uraufführung eines Stücks der zeitgenössischen Das Schwetzinger Mozartfest ist die Veranstal- Komponistin Adriana Hölszky geben. Wieder ein- tung in der Metropolregion Rhein-Neckar, bei der mal erwartet uns damit ein abwechslungsreiches man Mozart wie sonst nirgendwo kompetent, und spannendes Programm. intensiv und begeisternd erleben kann. Über Jahr- zehnte bringt die Mozartgesellschaft Schwet- Mein besonderer Dank gilt einmal mehr Nikolaus zingen ihre gesamte Kompetenz in diese Veran- Friedrich, dem künstlerischen Leiter, und den Ver- staltung ein, weshalb das Publikum gerne und antwortlichen der Mozartgesellschaft Schwet- vielfach aus Nah und Fern zu den Konzerten nach zingen – allen voran Angela Bräunig – für ihren Schwetzingen kommt. Dies wird angesichts des großen ehrenamtlichen Einsatz. wieder abwechslungsreichen und anspruchsvollen Programms auch dieses Jahr nicht anders sein. Ich begrüße alle Konzertbesucher/innen sehr herz- lich in Schwetzingen, und wünsche uns allen in Zum ersten Mal überhaupt beim Mozartfest den kommenden Wochen viele unvergessliche kommt Mozarts Oper Idomeneo zur Aufführung und besondere musikalische Augenblicke im und wird in einem sicherlich voll besetzten Ro- Schwetzinger Schloss und in der kurfürstlichen kokotheater zu begeistern wissen. Es wird an- Sommerresidenz Schwetzingen. spruchsvolle und faszinierende Kammermusik in den Sälen des Schlosses zu erleben sein, der hoch- Ihr begabte musikalische Nachwuchs wird zu Gast beim 22. Konzert der Stipendiaten der Jürgen- Ponto-Stiftung sein, wir können ein Klavierrecital Dr. René Pöltl mit Mozart und Schubert erleben, und es wird Oberbürgermeister der Stadt Schwetzingen

5 Mozartgesellschaft Schwetzingen Musik braucht viele gute Freunde!

Die Veranstaltungen der Mozartgesellschaft Schwetzingen, die alljährlich im Rahmen des Mozart- festes und der Schwetzinger Schlosskonzerte stattfinden, gehören zu den kulturellen Höhepunkten der Region. Damit leistet die Mozartgesellschaft Schwetzingen einen wesentlichen Beitrag zum Kulturleben in der Kurpfalz. Um unsere Konzertreihen über Jahre erfolgreich und auf gleichbleibendem Niveau zu veranstalten, benötigen wir viele engagierte Partner. Und deshalb brauchen wir auch Ihre Unterstützung. Fördern Sie unsere Arbeit, helfen Sie mit, unsere Konzerte als Forum für attraktive Programme und prominente Künstler zu erhalten. Werden Sie Mitglied der Mozartgesellschaft Schwetzingen oder des Förderkreises der Mozartgesellschaft Schwetzingen.

Sagen Sie „Ja“ zur Kultur!

Interessiert? Dann sprechen Sie uns an – wir freuen uns darauf!

Mehr über die Brücke zwischen Ihnen und uns:

Mozartgesellschaft Schwetzingen e.V. Uhlandstraße 4, D-68723 Schwetzingen Telefon: 0 62 02 – 5 66 06, Telefax: 0 62 02 – 12 79 77

Die Vereins- und Fördermitglieder bilden durch ihren ideellen und finanziellen Beitrag eine wichtige Basis für die Arbeit des gemeinnützigen Vereins Mozartgesellschaft Schwetzingen.

Der Jahresbeitrag beträgt: 50 Euro für Einzelmitgliedschaft 80 Euro für Ehepaare 25 Euro Juniormitgliedschaft (bis abgeschlossenes 27. Lebensjahr) ab 250 Euro Fördermitglieder

Wir freuen uns über alle großen und kleinen Spenden. Über Mitglieds- und Förderbeiträge wie auch über Spen- den erhalten Sie auf Wunsch eine Spendenbescheinigung, die steuerlich geltend gemacht werden kann.

Unsere Konten: Volksbank Bezirk Schwetzingen (BLZ 547 900 00), Kto 5070007 Sparkasse Heidelberg (BLZ 672 500 20), Kto 25019890 6 Grußwort der Mozartgesellschaft Schwetzingen

„Aber freilich, eine Erscheinung wie Mozart bleibt immer ein Wunder, das nicht zu erklären ist.“ (Eckermann, Gespräche mit Goethe am 14. Februar 1831)

Liebe Musikfreunde, liebe Freunde und Mitglieder der Mozartgesellschaft Schwetzingen, zum 39. Schwetzinger Mozartfest 2014 darf ich Ein weiterer Höhepunkt in dem breit gefächerten Sie ganz herzlich willkommen heißen und Sie in Programm des Schwetzinger Mozartfestes wird die die großartigen historischen Räumlichkeiten des Aufführung von Mozarts „Idomeneo, Rè di Creta“ Schwetzinger Schlosses einladen. sein. Diese große heroische Oper, die Mozart im „reifen“ Alter von 25 Jahren als Auftragswerk für Das Wunder Mozart steht auch in diesem Jahr den von Schwetzingen nach München überge- wieder eindeutig im Mittelpunkt und zieht sich siedelten Kurfürsten Carl Theodor komponierte, wie ein roter Faden durch das gesamte Mozart- wird in einem glanzvollen Opernabend vom Stadt- fest. Wie stets auch in den vergangenen Jahren theater Gießen unter der musikalischen Leitung wird Mozart aber auch wieder ganz bewusst in von Michael Hofstetter auf die Bretter des Rokoko- den Bezug zu Werken anderer Komponisten seiner theaters gebracht werden. Zeit, aber auch zur Gegenwart gesetzt werden. In andere Zusammenhänge gestellt wird so das Unser Dank gilt allen, die zum Zustandekommen Wunder Mozart neu erfahrbar. In diesem Sinne des Schwetzinger Mozartfestes beigetragen ha- hat unser künstlerischer Leiter Nikolaus Friedrich ben. Mein besonderer Dank gilt der Stadt Schwet- wieder ein vielseitiges und interessantes Pro- zingen für die großzügige Unterstützung sowie gramm zusammengestellt, das Ihnen viel Freude der Schlossverwaltung Schwetzingen für die stets bereiten wird. vertrauensvolle Zusammenarbeit. Ein herzliches Dankeschön richtet sich an unsere Mitglieder und Nunmehr bereits zum dritten Mal in Folge wird alle Konzertbesucher, Sponsoren, Förderer und das Schwetzinger Mozartfest mit dem 22. Konzert Helfer. der Stipendiaten der Jürgen Ponto-Stiftung er- öffnet. Es freut uns sehr, dass wir den jungen hoff- Unserem Publikum wünsche ich nunmehr inspi- nungsvollen Nachwuchsmusikern im Alter zwi- rierende Konzerte und außergewöhnliche musika- schen 14 und 17 Jahren eine so glanzvolle Bühne lische Begegnungen in der Mozartstadt Schwet- zur Darbietung ihrer bereits weit fortgeschrittenen zingen. musikalischen Fähigkeiten zur Verfügung stellen können. Ihr

Hans Moser Vorsitzender der Mozartgesellschaft Schwetzingen

7 Vorstand inger M Hans Moser Vorsitzender tz o Dr. Manfred Bräunig 2. Vorsitzender e z Nikolaus Friedrich Künstlerische Leitung w h a Angela Bräunig Geschäftsführung, Organisation, Veranstaltungen, Archiv r c Wolfgang Wenk Schatzmeister t

Traude Leinberger Schriftführerin S f

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Jakob Händel Beisitzer .

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Impressum

Für den Inhalt Mozartgesellschaft Schwetzingen e.V. verantwortlich: Uhlandstraße 4, 68723 Schwetzingen Tel. 06202 - 56 606 www.mozartgesellschaft-schwetzingen.de Für das Programm Nikolaus Friedrich, Künstlerische Leitung verantwortlich: Texte: Bei allen Texten handelt es sich um Originalbeiträge der Autoren. Die Autorenrechte verbleiben bei den jeweiligen Autoren. Redaktion: Angela Bräunig, Nikolaus Friedrich Gestaltung: die botschafter werbeagentur gmbh, Schwetzingen

Bitte beachten!

Während unserer Veranstaltungen sind Ton-, Foto-, Film- und Videoaufnahmen auch für den privaten Gebrauch untersagt. Bei Zuwiderhandlung kann das Bild- und Tonmaterial eingezogen werden oder auf einer Löschung bestanden werden. Der Konzertbesucher erklärt sich mit eventuell entstehenden Bildaufnahmen seiner Person einver­ standen.

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Programm

Mozartgesellschaft Schwetzingen 9 22. Konzert mit Stipendiaten der Jürgen Ponto-Stiftung

Sueye Park (Violine) Silas Zschocke (Viola) Svenja Schmidt-Rüdt (Violoncello) Annabel Hauk (Violoncello)

Freitag, 26.09.2014 Philharmonisches Orchester Heidelberg Dirigent: Dietger Holm 20.00 Uhr Rokokotheater Schloss Schwetzingen Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Ouvertüre zu der opera buffa “La finta semplice” KV 51

Luigi Boccherini (1743-1805) Concerto für Violoncello und Streichorchester Nr. 3 G-Dur G 480 (Annabel Hauk) – Allegro moderato – Adagio – Allegro. Rondo quasi menuetto

10 Jürgen Ponto- Stiftung 22. Konzert mit Stipendiaten der Jürgen Ponto-Stiftung

Anton Stamitz (1754-1809) Concerto für Viola und Orchester Nr. 1 B-Dur (Silas Zschocke) – Allegro – Romanze – Rondo

- Pause -

Wilhelm Cramer (1746-1799) Concerto für Violine und Orchester C-Dur (Sueye Park) – Allegro – Adagio – Rondeau. Allegro moderato

Carl Stamitz (1745-1801) Concerto für Violoncello und Orchester Nr. 2 A-Dur (Svenja Schmidt-Rüdt) – Allegro con spirito – Romance andantino – Rondo allegretto Mit freundlicher Unterstützung

Jürgen Ponto- Stiftung 11 Als Wolfang Amadeus Mozart seine Oper La Echowirkung. Der punktierten Anfangsmelodie im finta semplice (KV 51) im Jahre 1768 vollendete, Unisono antworten nachsatzartig die Violinen mit war er gerade erst zwölf Jahre alt. Bis diese endlich einer Triolenfigur. Beide Abschnitte können ge- uraufgeführt werden konnte, musste sich das meinsam als das Hauptthema bezeichnet werden, Wunderkind jedoch noch ein weiteres Jahr ge- welches in der Durchführung auf der Dominante dulden, da die Tatsache, dass ein Zwölfjähriger erneut aufgegriffen wird. Drei D-Dur-Akkorde eine Oper komponierte, eine Welle von Intrigen beenden die Ouvertüre so, wie sie auch begonnen auslöste und die Premiere letztendlich verhin- hat. derte. Die Behauptung, der Vater sei in Wirklich- keit der Autor dieser Oper, empfand Leopold Das Konzert für Violoncello und Streichorches­ Mozart als Skandal. Verleumdungen sollen auch ter Nr. 3 G-Dur G480 von Luigi Boccherini von Seiten des Komponisten Christoph Willibald entstand während seines Aufenthalts in Spanien Gluck stattgefunden haben, wie einem Brief von 1770. Zu dieser Zeit genoss der Komponist nicht Leopold Mozart an seinen Hausherrn zu entneh- nur für seine Werke eine große Popularität, viel- men ist: „Ich kann kurz nichts anderes sagen, als mehr galt er als ein Instrumentalvirtuose auf dem daß die ganze Musikhölle sich empört hat, um zu Violoncello, weshalb man davon ausgeht, dass verhindern, daß man die Geschicklichkeit eines Boccherini dieses und weitere Konzerte selbst Kindes nicht sehen soll. Unter dieser Zeit haben aufführte. Das Allegro zeichnet sich durch eine alle Kompositores, darunter Gluck eine Haupt- elegante und fließende Solomelodie aus, die person ist, alles untergraben, um den Fortgang weitgehend in hoher Lage vom Solocello gespielt dieser Oper zu hindern“. Trotz seiner Beschwerde- wird. Es ist anzumerken, dass Boccherini sich briefe, die sogar den Kaiser persönlich erreichten, gerne als Violinist ausgab, indem er in hohen Lagen konnte die Oper – deren Ouvertüre das heutige auf dem Violoncello spielte, um seine Virtuosität Konzert der Jürgen Ponto-Stiftung eröffnet – erst zu demonstrieren. Der zweite Satz Adagio in g- 1769 in Salzburg uraufgeführt werden. Mozart Moll basiert auf einer lieblichen, äußerst expres- bezieht sich hierbei auf seine 7. Sinfonie in D-Dur siven Melodie. Bekannt wurde dieser Satz durch KV 45 und änderte sie geringfügig ab. Pauken den Cellisten Friedrich Grützmacher, der Bocche- und Trompeten wurden durch Flöten und Fagotte rinis Violoncello-Konzert in B-Dur G482 im 19. ersetzt, das Menuett kurzer Hand gestrichen. Jahrhundert veränderte. Er gestaltete die Solo- Das Molto allegro eröffnet mit einem dreifachen stimme neu und fügte das Adagio vom G-Dur- D-Dur Akkord im Forte, worauf die Streicher zu- Konzert ein. Dadurch wird das Adagio noch heute nächst eine durchgehende Achtelbewegung spie- fälschlicherweise einem anderen Werk zuge- len, bis sie schließlich kleinere ‚thematische Er- schrieben. Am Ende steht mit all seiner Leichtig- findungen’ aneinanderreihen. Das kurz gehaltene keit und Heiterkeit das Allegro, dessen Mittelteil in Andante in G-Dur bildet den zweiten Satz. Es g-Moll mit Sechzehntelläufen und aufgebrachten enthält ein zweitaktiges Motiv, dessen Anfang Triolen einen Kontrast darstellt. Die Kadenz greift mit einem aufwärtsgerichteten Intervallsprung das Thema vom Beginn erneut auf, worauf der von über zwei Oktaven immer wieder zu erken- Satz in einer kurzen Passage mündet. nen ist. Zum Schluss steht das Molto Allegro mit einer durch dynamischen Wechsel erzeugten

12 Anton Stamitz zählt als Komponist und Solist zu zehntelketten plötzlich unterbrochen werden. Das den wichtigen Persönlichkeiten in der Geschichte Ende bildet eine fünftaktige Coda, die das Mate- der Viola. Als sein berühmter Vater Johann Stamitz rial aus dem Allegro aufgreift und somit das starb, war er gerade erst sieben Jahre alt, weshalb Konzert einheitlich schließt. er nicht so intensiv wie sein älterer Bruder von ihm ausgebildet werden konnte. Vor allem während der Auch Wilhelm Cramer, dessen Concerto für gemeinsamen Zeit in Paris stand er oft im Schat- Violine und Orchester C-Dur am heutigen ten seines Bruders Carl, wie es auch aus einem Abend eine Erstaufführung feiert, war vermutlich Brief von Mozart an seinen Vater zu entnehmen ein Schüler von Johann Stamitz. Bereits im Alter ist: „Von den 2 Stamitzen ist nur der Jüngere hier, von zehn Jahren wurde Cramer 1756 in die Mann- der Aeltere (der wahre Hafender-Componist) ist in heimer Hofkapelle aufgenommen und fünf Jahre London.“ Trotz dieser Hürden gelang es ihm aber später schließlich zum „Hof Violinis“ ernannt. durch seine Kompositionen und Auftritte einen Das Konzert beginnt mit einer orchestralen Ein- Ruf zu erlangen, den er auch seinem berühmten leitung, die durch drei C-Dur-Akkorde im Tutti Schüler Rodolphe Kreuzer, dem Beethoven später eröffnet wird und die beiden kontrastierenden die bekannte Kreuzersonate widmete, zu verdan- Themen vorstellt. Ersteres wird von den Strei- ken hat. Das Konzert für Viola und Orchester chern und Oboen vorgetragen und strahlt durch Nr. 1 B-Dur ist das erste von insgesamt vier Punktierungen und verzierende Triller eine große Konzerten für Viola und entstand zwischen 1778 Lebendigkeit aus. Beim zweiten Thema reduziert und 1779 in Paris. Eröffnet wird das Werk durch Cramer die Besetzung auf einen Streichersatz im das Allegro mit einer orchestralen Einleitung, die Piano. Das Thema verläuft in einer schrittweise durch ihre immer wieder aufsteigende Melodie im abwärtssteigenden Melodie, die sich nach dem Crescendo ein Beispiel für die spätere Bezeich- Erreichen des tiefsten Tons mit großen Intervall- nung ‚Mannheimer Rakete’ wurde. Höhepunkt sprüngen wieder auf eine höhere Ebene hebt. dieses Satzes bildet die zweite Solopassage auf Nach dem Einsatz der Solovioline mit dem ersten der Dominante, in der die Viola mit Triolen- und Thema lebt der weitere Verlauf des Allegro vom Sechzehntelketten durch verschiedene Tonarten ständigen Wechselspiel zwischen Solo und Tutti. wandert, ehe sie zur Tonika zurückkehrt. Der zwei- Im Adagio reduziert Cramer die Besetzung des te Satz ist eine Romanze im langsamen Tempo, Orchesters auf einen reinen Streichersatz, der das der die Form eines Rondos zugrunde liegt. Eine harmonische Gerüst bildet und mit repetierenden einfache, achttaktige Melodie bildet den, mit Achteln eine Klangfläche erzeugt, über die sich zwei Soloabschnitten kontrastierenden, Refrain. die Melodie in voller Breite entfalten kann. Zum Vor allem der Mittelteil wird durch seine Harmo- Beginn des Rondeau im Allegro moderato trägt die nien in Moll hervorgehoben. Das finaleRondo Solovioline das Hauptmotiv in C-Dur vor, ein hei- beginnt mit einer Solomelodie der Viola, die vom terer und lebensfroher Klangeindruck wird durch Orchester aufgegriffen und fortgeführt wird. Wie die markante Begleitung vermittelt. Bis zum kon- im vorherigen Satz bildet auch hier der zweite trastierenden c-Mollabschnitt treten weitläufige Soloabschnitt den dominierenden Teil des Rondos. Solopassagen auf, die eine hohe Virtuosität vom Ein dramatischer Effekt wird erzeugt, indem die Interpreten fordern und deren Begleitung, wie lyrischen Phrasen durch aufwärtssteigende Sech- schon zu Beginn, sehr zurückhaltend ist.

13 Annabel Hauk (Violoncello) Silas Zschocke (Viola)

Im Auftrag von König Friedrich Wilhelm II von Annabel Hauk (Violoncello), geb. 1999 in Frank- Preußen, für den bekanntlich auch Haydn, Mozart furt am Main, erhielt bereits mit fünf Jahren Cello­ und Beethoven eine Reihe von Werken geschrie- unterricht. Zu ihren Lehrern zählen u. a. Professor ben haben, komponierte Carl Stamitz, der ältere Gerhard Mantel von der Musikhochschule Frank- Bruder von Anton Stamitz, das Konzert für Vio- furt, Vladimir Perin, Erik Richter vom Feuer- loncello und Orchester Nr. 2 A-Dur. Auffällig mann-Konservatorium und Istvan Vardaivon der an diesem Konzert ist die sparsame Verwendung Kronberg-Academy. Seit 2007 gewann sie zahl- von dynamischen Bezeichnungen, womit sich der reiche erste Preise bei „Jugend musiziert“ und Komponist deutlich von der Eigenart der Mann- erhielt 2013 den ersten Preis beim Mendelssohn- heimer Schule absetzte. Die Bläser treten nur an Wettbewerb der Kulturregion Frankfurt Rhein- bestimmten Stellen hinzu, da sie im Wesentlichen Main. Annabel Hauk erhält seit September 2013 als Tuttiverstärkung anzusehen sind. Die Einlei- ein Stipendium der Jürgen Ponto-Stiftung. tung des Allegro con spirito beinhaltet bereits das thematische Material, das sich im weiteren Ver- Silas Zschocke (Viola) wurde 1997 in Karlsruhe lauf des Satzes entwickelt und vom Cello in ho- geboren und bekam mit sechs Jahren Violinunter- her Lage aufgegriffen wird. Im Vordergrund der richt und mit neun Jahren Schlagzeugunterricht. Romance andantino steht eine lyrische und ruhige Im Jahr 2008 wechselte er zur Viola und erhielt von Melodie, die immer wieder in Solostimme und Dietmar Mantel Unterricht. Im Folgejahr wurde er Orchester zu hören ist und sich im Mittelteil in bereits Jungstudent an der Hochschule für Musik Moll zu einem zarten und zerbrechlichen Wesen in Karlsruhe in der Klasse von Professor Johannes entwickelt. Das anschließende Rondo allegretto Lüthy. Seit dem Wintersemester 2012/2013 ist er bildet einen weitaus lebhafteren Schlusssatz mit Student bei der Professorin Ina Kertscher an der kontrastierenden Episoden und motivischen Ver- Hochschule für Musik, Theater und Medien in arbeitungen. Hannover. Der junge Bratscher wurde mehrfach zum ersten Preisträger beim Bundeswettbewerb

14 Sueye Park (Violine) Svenja Schmidt-Rüdt (Violoncello)

„Jugend musiziert“ gekürt und erhielt für seine nimmt sie zusätzlich seit 2010 Kammermusik- Interpretation von Krzysztof Pendereckis „Ca- Unterricht als Trio bei Professor Peter Buck an der denza“ von der Deutschen Stiftung Musikleben Musikhochschule Stuttgart. Im Jahr 2009 erhielt den Hans Sikorski-Gedächtnispreis. Seit 2013 ist sie den ersten Preis beim Tonkünstlerwettbewerb er Stipendiat der Jürgen Ponto-Stiftung. Baden-Württemberg, ist ebenfalls mehrfache Preisträgerin beim Bundeswettbewerb „Jugend Sueye Park (Violine) wurde im Januar 2000 in musiziert“ und erhielt zusätzlich einen Sonder- Korea geboren und erhielt mit vier Jahren ihren preis der Deutschen Stiftung Musikleben. Seit ersten Violinunterricht. Seit 2009 wird sie von 2013 ist sie Stipendiatin der Jürgen Ponto-Stif- Professor Ulf Wallin an der Hochschule für Musik tung. Hanns Eisler in Berlin unterrichtet. Neben meh- reren ersten Preisen bei „Jugend musiziert“ er- Dirigent des heutigen Abends ist Dietger Holm. hielt sie u. a. 2007 den ersten Preis beim „Little Er studierte Dirigieren bei Klauspeter Seibel an Mozart“ Wettbewerb Seoul und beim Duss- der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. mann-Wettbewerb in Berlin 2011. Zudem nahm Sein erstes Festengagement führte ihn als Kapell- sie an zahlreichen Meisterkursen teil und erhält meister ans Staatstheater Schwerin, wo er sich ein seit September 2013 ein Stipendium der Jürgen breites Opern- und Konzertrepertoire erarbeitete. Ponto-Stiftung. Seit 2007/08 ist Dietger Holm erster Kapellmeister und stellvertretender Generalmusikdirektor am Svenja Schmidt-Rüdt (Violoncello), geboren 1998 Theater und Orchester Heidelberg. Die Arbeit mit in Ziegenhain, erhielt ihren ersten Cellounter- den Stipendiaten der Jürgen Ponto-Stiftung liegt richt im Alter von sechs Jahren bei Christian Keller dem Dirigenten sehr am Herzen; mit großer Empa- an der Musikschule Marburg, seit 2009 ist sie thie leitet er seit 2007, mit einer Unterbrechung Schülerin bei Giga Khelai an der Freien Musik- im Jahr 2011, dieses besondere Konzert. schule Engelberg. Neben diversen Meisterkursen

15 Das Philharmonische Orchester Heidelberg prägt seit 1889 als städtisches Orchester mit zahl- reichen Opernvorstellungen und Konzerten das Musikleben der Stadt Heidelberg. Für die Spiel- zeiten 1994/95 und 2006/07 wurde das Orchester vom Deutschen Musikverleger-Verband mit dem Preis für das „Beste Konzertprogramm“ ausge- zeichnet. Die Konzerte werden regelmäßig vom Deutschlandfunk und vom SWR mitgeschnitten. Ein ganz besonderer Schwerpunkt liegt in der Musikvermittlung: So veranstaltet das Orchester Familien-, Kinder- und Jugendkonzerte und be- sucht regelmäßig Kindergärten und Schulen, um Workshops zu veranstalten.

Manuel Becker

Dirigent: Dietger Holm

Philharmonisches Orchester Heidelberg

16 Wir können mehr als klassisch*

*Ein klassisches Beispiel halten Sie in Ihrer Hand. Für das 39. Schwetzinger Mozartfest entwickelten wir das Erscheinungsbild und gestalteten Flyer, Plakate, Citylight, Anzeigen für Magazine und Tagespresse, Fahnen, Banner, Programmheft und Internet. die botschafter werbeagentur gmbh, Carl-Benz-Straße 5, 68723 Schwetzingen Tel.: 06202-97836-0, Fax: 06202-97836-26, www.die-botschafter.com 17 Boulanger Trio

Karla Haltenwanger (Klavier) Birgit Erz (Violine) Ilona Kindt (Violoncello)

Ludwig van Beethoven (1770–1827) Samstag, Trio G-Dur op. 121a Variationen über 27.09.2014 Wenzel Müllers Lied „Ich bin der Schneider Kakadu“ 20.00 Uhr Jagdsaal Schloss Schwetzingen Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) Klaviertrio E-Dur KV 542 – Allegro – Andante grazioso – Allegro

– Pause –

Ludwig van Beethoven (1770–1827) Klaviertrio Nr. 5 D-Dur op. 70 Nr. 1 „Geistertrio“ – Allegro vivace e con brio – Largo assai edespressivo – Presto

18 Boulanger Trio

Als Vorlage für das Trio G-Dur op. 121a diente halb das Publikum Crispins Auftritt als eine Paro- Ludwig van Beethoven ein Gassenhauer, der seit die verstanden haben muss. Beethoven hatte sich seiner Uraufführung in Wenzel Müllers Singspiel bereits mit der musikalischen Idee aus Papagenos Die Schwestern von Prag (1749) große Beliebt- Arie auseinandergesetzt und in seinen bekannten heit genoss. Es handelt sich hierbei um das Auf- 12 Variationen für Cello op. 66 verarbeitet. Es ist trittslied Ich bin der Schneider Wetz und Wetz des davon auszugehen, dass auch er die Parodie in Schneidergesellen Crispin, der von einer Wander- Crispins Lied erkannte und sein Trio somit eine schaft nach Wien zurückkehrt und dabei von sei- ‚Parodie der Parodie’ darstellt. Obwohl im Titel ner Reise und seinem Handwerk berichtet. Grund der Schneider Wetz in einen Kakadu abgeändert für die entstandene Popularität des Liedes ist das, wurde, ist der Ursprung des Materials dem Publi- auf Papagenos Arie Ein Mädchen oder Weibchen kum, und somit auch den Rezensenten, bekannt aus Mozarts Zauberflöte zurückzuführende, musi- gewesen. Beethoven äußerte sich hierzu neutral: kalische Material. Müller übernahm die Melodie es sei ein „bekanntes müllersches Thema“. Zu Be- und Rhythmik ohne große Veränderungen, wes- ginn der Komposition steht eine langsame Ein-

19 leitung, die der Gattungskonvention der Variation sich durch ihren chromatischen Abwärtsgang widerspricht und eigentlich der Sinfonie und dem kennzeichnet. Durch den Einsatz der Streicher Streichquartett vorbehalten ist. Ebenfalls über- ändert sich der Gestus zu einem lebhaften Dia- raschend ist der eröffnende g-Moll-Akkord, ge- log zwischen den einzelnen Stimmen, bis eine folgt von einer zweitaktigen Melodie im Unisono, plötzliche Generalpause das Seitenthema in der die durch ihre zweifache Abwärtsbewegung eine Violine ankündigt. Die Schlussgruppe greift die Seufzerfigur darstellt. Beethoven spielt hier mit Chromatik vom Beginn wieder auf, wonach ein den Erwartungen der Zuhörer, da diese das be- kontrapunktisches Spiel beider Themen folgt, bis kannte Thema aus Müllers Singspiel erwarten. eine erneute Generalpause schließlich die Reprise Stattdessen entwickelt sich das Thema aus der einleitet. Der Mittelsatz, Andante grazioso in A- Einleitung heraus, bis es schließlich nach einigen Dur, erinnert durch seinen schreitenden Rhythmus verminderten Septakkorden in seiner ursprüng­ und melodischen Verlauf an das Andante aus der lichen Form zu hören ist. Als Höhepunkt kann die Es-Dur Sinfonie KV 543. Mozart verwendete in zehnte Variation angesehen werden, da Beethoven diesem Satz die Rondoform, dessen Melodie sich hier den musikalischen Rahmen erweitert und mit naiven Zügen im Hauptteil auszeichnet und motivisch so prägnant wird, dass das Thema bei- von den Instrumenten immer wieder in leichten nahe in Vergessenheit gerät. Sein Bruder Karl Variationen vorgesungen wird. Den Kontrast bil- bezeichnete diesen Abschnitt als „großes letztes den Moll-Episoden, die eine düstere Klangwir- Stück“, der einige der vorgestellten Satzweisen kung erzeugen und das Solo der Violine beson- zusammenfasst, bevor die thematisch gebundene ders hervorheben. Der Schlusssatz des Trios ist in Coda das Thema zum letzten Mal erklingen lässt. seiner ursprünglichen Form von Mozart nicht zu Ende komponiert worden. Bereits nach 65 Takten In einem Brief an seinen Logenbruder und Mäzen brach er das hoch virtuose Allegro im Sechsachtel- Michael Puchberg schrieb Wolfgang Amadeus takt ab und entschied sich stattdessen für ein Mozart: „Wann werden wir denn wieder bey Ihnen weiteres Rondo, dessen Gestus ihm womöglich eine kleine Musique machen? Ich habe ein neues passender erschien, da er die aufgebaute Stim- Trio geschrieben!“ Gemeint ist hiermit sein Kla- mung des zarten Mittelteils mit einem explosiven viertrio E-Dur KV 542, welches 1788 veröffent- Finale nicht zerstören oder zu sehr dramatisieren licht wurde und das er wohl selbst bei seinem wollte. Die neue Komposition steht im Alla-breve- Freund Puchberg, der ebenfalls Kontakt zu Joseph Takt und besitzt eine Melodie, die in ihrer Naivi- Haydn pflegte, uraufführte. Mozart schien selbst tät und Kindlichkeit dem Andante nahe kommt. von seinem Trio sehr angetan gewesen zu sein, Das Schlussrondo besitzt einen konzertanten Stil weshalb er seine Schwester Nannerl in einem mit Steigerungen zwischen Violine und Klavier, Brief darum bat, Michael Haydn zu ihr nach Hause weshalb man annehmen könnte, dass dieser Satz einzuladen, um ihm dieses und andere Werke ein Doppelkonzert sei, mit dem Mozart die Wahr- vorzuspielen. Die vorgeschriebene Tonart E-Dur nehmungsperspektive nochmals erweitert. stellt in dieser Komposition eine Besonderheit dar, da Mozart äußerst selten auf diese zurück- Das Klaviertrio Nr. 5 D-Dur op. 70 Nr. 1, welches greift. Der erste Satz ist mit Allegro überschrieben weitläufig auch unter der Bezeichnung „Geister- und entspricht der Sonatenform. Zu Beginn trägt trio“ bekannt ist, wurde von Beethoven gemein- das Klavier solistisch die zarte Melodie vor, die sam mit seinem Es-Dur-Trio im Jahr 1808 kom-

20 poniert, und schließlich im folgenden Jahr im sich durch überraschende harmonische Wen- Hause der Gräfin Marie von Erdödy, seiner Gön- dungen und das ebenfalls fehlende Seitenthema nerin und auch Widmungsträgerin des Werkes, innerhalb der Exposition aus. Lediglich eine An- uraufgeführt. Trios genossen eine große Beliebt- deutung ist zu hören, die sich aber nicht ver- heit und wurden von den Kritikern – zu denen selbstständigt und in einer unerwarteten Tonart unter anderem der berühmte Musikkritiker E. T. erklingt. Begründet wird das Fehlen des Seiten- A. Hoffmann zählte – mit Begeisterung aufge- themas auch hier durch die Kontrastverhältnisse nommen. Das „Geistertrio“ beginnt mit einem im Hauptthema. Neben dem „Erzherzog-Trio“ stürmischen Unisono im Allegro vivace e con brio zählt das „Geistertrio“ bis heute zu Beethovens im Fortissimo, das in fünffacher Wiederholung, bekanntesten Klaviertrios. auf immer höheren Stufen beginnend, einen ab- wärts gerichteten Quartgang beinhaltet. Es folgt eine kantable Melodie, die als Umkehrung auf den Das 2006 von Karla Haltenwanger (Klavier), Birgit Anfangsgedanken bezogen ist und von den Instru- Erz (Violine) und Ilona Kindt (Violoncello) in Ham- menten abwechselnd vorgetragen wird. Obwohl burg gegründete Boulanger Trio benannte sich dem Satz eine Sonatenform zugrunde liegt, sucht nach den berühmten Schwestern und Musike- man vergebens nach einem Seitenthema. Trotz rinnen Nadia und Lili Boulanger. Bereits 2007 dieses Verzichts erzeugt Beethoven, durch die gewannen die drei Musikerinnen die 4. Trondheim Gegenüberstellung der musikalischen Gedanken, International Chamber Music Competition in aber dennoch eine ähnliche kontrastierende Norwegen und erhielten den Rauhe Preis für Neue Wirkung. Auch Hoffmann vertrat diese Meinung Kammermusik im darauf folgenden Jahr. Seit- in seiner berühmten Rezension über dieses Trio. dem hat sich das Trio, zu dessen Mentoren Hatto Den Mittelsatz bildet das Largo assai ed espres- Beyerle, Menahem Pressler und Alfred Brendel sivo, auf das auch die Bezeichnung „Geistertrio“ zählen, einen ausgezeichneten Ruf in der Kammer- zurückzuführen ist und laut dem Musikkritiker musikszene erspielt. Davon zeugen unter anderem Paul Bekker den „seelischen Kern des Werkes bil- regelmäßige Auftritte bei Festivals wie dem Hei- det“. Carl Czerny, ein Schüler Beethovens, schrieb delberger Frühling, dem Schleswig-Holstein Musik hierzu: „Der Charakter dieses, sehr langsam vor- Festival, den Sommerlichen Musiktagen Hitzacker, zutragenden Largo ist geisterhaft schauerlich, bei den Dialogen im Mozarteum Salzburg und bei gleich einer Erscheinung aus der Unterwelt.“ Ein Ultraschall in Berlin. Neben einem klassischen weiterer möglicher Grund für diese Bezeichnung und romantischen Repertoire beschäftigen sich ist auf einem Skizzenblatt des Komponisten zu die Musikerinnen ebenfalls mit Neuer Musik. finden, das neben Eintragungen zum Largo auch Unter anderem arbeiten sie mit Komponisten wie Notizen zu einer geplanten Macbeth Oper nach Wolfgang Rihm, Johannes Maria Staud, Friedrich Shakespeares Drama beinhaltet. Schon zu Beginn Cerha, Toshio Hosokawa und Matthias Pintscher ist die mysteriöse Grundstimmung, erzeugt durch zusammen. Im Jahr 2011 startete das Ensemble den stetigen Wechsel zwischen Streichern und in Hamburg und Berlin seine eigene Konzertreihe Klavier, wahrzunehmen. Ein zusätzlicher Klang- namens Boulangerie. Inzwischen ist das Ensemble effekt ist das Klaviertremolo, welches immer in Berlin ansässig. wieder für längere Passagen im Satz auftaucht. Das Trio endet mit einem Presto. Dieses zeichnet Manuel Becker

21 Konstanze Eickhorst

Klavierrecital

Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) Klaviersonate Nr. 14 c-Moll KV 457 – Molto Allegro – Adagio Sonntag, – Allegro assai

28.09.2014 (1797–1828) 4 Impromptus op. 90 11.00 Uhr – Nr.1: c-Moll – Allegro molto moderato Jagdsaal – Nr.2: Es-Dur – Allegro Schloss Schwetzingen – Nr.3: Ges-Dur – Andante – Nr.4: As-Dur – Allegretto

– Pause –

Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) Neun Variationen für Klavier über ein Menuett von Duport D-Dur KV 573

Franz Schubert (1797–1828) Fantasie C-Dur „Wanderer“ op. 15 D 760 – Allegro con fuoco ma non troppo – Adagio – Presto – Allegro

22 Konstanze Eickhorst

Die Klaviersonate Nr. 14 c-Moll KV 457 und was beispielsweise schon im Kopfthema des Molto die Sonate in a-Moll KV 310 sind als einzige der allegro erkennbar ist, indem die entschlossen 18 Klaviersonaten Wolfgang Amadeus Mozarts wirkenden Eröffnungsakkorde im Forte mit der in Moll gehalten. Doch nicht nur die Tonart, son- sanglichen Piano-Wendung in hoher Lage kont- dern auch ihre Gemeinsamkeiten mit der Fantasie rastieren. Im ersten Satz der Sonate ist zudem in c-Moll KV 475 hebt die c-Moll-Sonate vom Mozarts eher freier Umgang mit der Sonaten- sonstigen Sonatenschaffen des Komponisten ab. form bemerkenswert, da einerseits Durchfüh- Neben ihrer musikalischen Verwandtschaft unter- rung und Reprise wiederholt werden, anderer- streichen auch die äußeren Umstände, da sie im seits in der Reprise das Seitenthema durch neues selben Autograph abgefasst sind und 1785 ge- musikalisches Material ersetzt wird. meinsam publiziert wurden, ihre Zusammenge- hörigkeit. Fantasieartige Anklänge erzeugt Mozart Beim zweiten Satz handelt es sich um ein Rondo, im Laufe der ganzen Sonate durch plötzliche, welches zugleich Merkmale eines Variationssatzes unerwartete Wechsel des musikalischen Gestus, trägt, da der Refrain in variierter Weise wieder-

23 kehrt. Jedoch auch die Couplets spielen mit Ma- und den nach h-Moll eintrübenden schroffen terial aus dem Refrain, indem sie dessen Bass­ Mittelteil aus, indem die bisher spielerisch wir- figuren und melodische Wendungen wiederauf- kenden Triolen eine neue Bedeutung erlangen. greifen. Die variierende und improvisatorische Das dritte Impromptu in Ges-Dur kann aufgrund Wirkung wird zudem durch freiere, einer Solo- seiner sanglichen Weise im Mendelssohnschen Kadenz ähnlichen Elemente unterstrichen. Sinne als ‚Lied ohne Worte’ bezeichnet werden und weist wie das vierte einen kontrastierenden Auch dem Allegro assai liegt eine abgewandelte Mittelteil auf. Das letzte Stück ist anfangs vom Rondo-Form zugrunde, die nun Züge einer So- Wechselspiel zwischen brillanten Sechzehntel- natenform trägt. Der insgesamt dreimal wieder- Kaskaden und verhaltenen Melodiefragmenten kehrende Refrain-Teil besteht aus drei Abschnit- geprägt. ten unterschiedlichsten Charakters. Auch der Zwischenteil bzw. das einzige Couplet erweckt Die ersten sechs der Neun Variationen für Klavier durch seine abrupten Wechsel einen sprunghaf- über ein Menuett von Duport in D-Dur KV 573 ten, zerrissenen Eindruck. Er steht zunächst in komponierte Wolfgang Amadeus Mozart wäh- der Tonikaparallele Es-Dur und kehrt nach dem rend einer Reise im April 1789 in Potsdam. Dort Refrain ein zweites Mal in der Tonika wieder, wie traf Mozart auf Jean-Pierre Duport, den musika- es für das Seitenthema eines Sonatensatzes üblich lischen Berater des preußischen Königs Friedrich ist. Dabei wird ihm ein Abschnitt vorangestellt, Wilhelm II, bei dem der österreichische Kompo- welcher in der Coda erneut erklingt. Erwähnens- nist ursprünglich um eine Audienz gebeten hatte. wert ist, dass neben dem fantasieartigen Habitus Insofern scheint es geradezu eine diplomatische auch konkret die Wendung C-Es-Fis-G-As auf die Geste Mozarts gewesen zu sein, dass er ein Me- Anfangs- und Schlusstöne der Fantasie KV 475 nuett aus der Cellosonate op. 4 Nr. 6 Duports als verweist. Thema wählte. Der Duportsche Tanz-Satz zeichnet sich durch seine melodische und harmonische Die vier Impromptus op. 90 Nr. 1–4 (D 899) Einfachheit aus – ein typisches Merkmal für die komponierte Franz Schubert 1827. Im kleinen als Grundlage von Variationssätzen dienenden Format der Klavierstücke, welches dem Liedkom- Themen. Eine gängige Praxis, in der Mozart wohl ponisten Schubert eher entgegenkommt, zeichnet ein Meister gewesen sein muss, war das Improvi- sich seine Suche nach Alternativen zur Sonaten- sieren. Auf Zuruf nannte das Publikum bekannte form ab. Während es hier noch sein Verleger Melodien der Zeit (Volkslieder oder Opernarien) Tobias Haslinger war, der die vier kürzeren Werke über die der Pianist phantasierte. Bei der Zuhö- mit „Impromptus“ betitelte, ist es Schubert selbst, rerschaft stieß diese ‚Konzertform’ auf Begeiste- welcher die später unter op. 142(D 935) zusam- rung, so dass es nicht unüblich war, sich darin mengefassten Klavierstücke so bezeichnet. Das mit Kollegen im Wettstreit zu messen. erste heute zu hörende Impromptu schöpft sein gesamtes musikalisches Material aus der trauer- Virtuoses Spielwerk in gängiger Dreiklangs- und marschähnlichen Melodielinie. Dabei durchzieht Tonleitermanier prägen die ersten vier Variationen. die anfängliche Ambivalenz von Moll und Dur das In der fünften und sechsten (Minore) Variation gesamte Werk. Das Impromptu in Es-Dur zeich- findet man chromatische Wendungen und eine net sich durch sein brillantes triolisches Perlen komplexer werdende Harmonik (Septakkorde, Vor-

24 halte, neapolitanischer Sextakkord). Die letzten hat, entzog sich vermutlich Schumanns Kenntnis. drei Variationen, welche Mozart nach seiner Rück- Auch den Beinamen „Wanderer“, erhielt die Fan- kehr nach Wien schrieb, kehren zum heiteren tasie nicht vom Komponisten selbst, sondern er Gestus des Anfangs zurück. Durch Sforzati und wurde ihr im Nachhinein verliehen, als man um Fortschreitungen von Septakkorden entsteht in ihren Bezug zum Lied wusste. Das Wissen um der abschließenden Coda eine geradezu opern- diese Korrespondenz verbreitete vor allem Franz hafte Dramatik, welche in einer Art Solo-Kadenz Liszt, der aus der Fantasie ein Konzertstück für mündet, die Mozart als Übergang dient, um ab- Klavier und Orchester machte. schließend das anfängliche Thema erklingen zu lassen, allerdings nicht originalgetreu, sondern in Fraglich bleibt, ob Schubert diesen Bezug aus variierter Weise durch Umspielungen und Chro- eigenem künstlerischem Antrieb herstellte oder matik angereichert. Neben den Gluck-Variationen ob ihn, wie beim „Forellenquintett“ (D 667), der KV 455 gilt dieses Opus als eines der gelungensten Widmungsträger Emanuel Edler von Liebenberg und abwechslungsreichsten aus dem Mozart- um eine instrumentale Liedvariation bat. Oben schen Variationsschaffen. erwähntes Motiv ist der Klavierbegleitung zu den Worten „Die Sonne dünkt mich hier so kalt,/ Schumann notierte am 13. August 1828 über Die Blüte welk, das Leben alt,/Und was sie reden Franz Schuberts Fantasie C-Dur „Wanderer“ leerer Schall,/Ich bin ein Fremdling überall.“ ent- op.15 (D 760) in sein Tagebuch: „Fantasie aus nommen, mit der Schubert den zweiten Satz der C-Dur; Schubert wollte hier ein ganzes Orchester viersätzigen Fantasie eröffnet. Gleichzeitig treten in zwei Händen vereinen u. der begeisterte An- die charakteristischen daktylischen Tonrepetitio- fang ist eine Seraphhymne zum Lobe der Gott- nen, wie erwähnt, bereits im ersten Satz auf und heit; man sieht die Engel beten; das Adagio ist bilden gewissermaßen die ‚Keimzelle’ der ge- eine milde Reflexion über das Leben u. nimmt die samten Fantasie. Besonders im ersten Satz ist Hülle von ihm herab; dann donnern Fugen ein Lied der an Schreiten erinnernde Rhythmus nahezu von der Unendlichkeit des Menschen u. der Töne.“ omnipräsent, so erscheint er unmittelbar im zwei- Die bis heute zu den großen pianistischen Her- ten thematischen Bereich in E-Dur, der ebenfalls ausforderungen zählende Fantasie komponierte vollstimmig ausgesetzt ist wie der Anfang im Schubert kurz nach der Arbeit an seiner Sinfonie in fortissimo, jedoch dynamisch mit ihm kontras- h-Moll, der „Unvollendeten“. Wie bereits Schu- tiert. Der dritte thematische Bereich in Es-Dur mann bemerkt, gilt die Fantasie bis heute als erinnert rhythmisch an die Keimzelle, bleibt aber eines der ersten Werke, in dem sich eine neue für den Hörer vor allem durch den ähnlichen orchestrale Schreibweise in der Klaviermusik ab- Gestus mit dem zweiten thematischen Bereich zeichnet, die vor allem auch in Schuberts zahl- verbunden, steht dadurch also in indirektem Be- reichen zeitgleich entstandenen vierhändigen zug zu ihr – wodurch sich Schuberts Umgang mit Kompositionen Ausdruck findet. Dass Schubert dem Prinzip einer musikalischen Keimzelle deutlich mit dem Anfang jedoch weniger eine engelhafte von demjenigen Beethovens abhebt, der diese wie „Seraphhymne“ schreiben wollte, sondern dass in seiner fünften Sinfonie unverändert beibehält er das hier vorgestellte daktylische Motiv seinem oder zur Generierung eines neuen Themas nutzt, Kunstlied „Der Wanderer“ op.4,1 D 493 (Text von wie in seiner neunten. Georg Philipp Schmidt von Lübeck) entnommen

25 Ihre pianistische Ausbildung erhielt Konstanze Eickhorst bei Karl-Heinz Kämmerling und Vlado Perlemuter. Joachim Kaiser hob sowohl die „makel- lose Beherrschung des technischen Handwerks“ als auch die „Intensität des Ausdrucks” der Pia- nistin hervor. Wie Konstanze Eickhorst selbst sagt, basiere ihr musikalisches Leben auf drei Säulen: ihrem Konzertieren als Solistin und als Kammermusikpartnerin und ihrer Lehrtätigkeit als Professorin. Als Solistin war sie Preisträgerin bei renommierten Wettbewerben wie dem Clara- Haskil-Wettbewerb und dem Concours Reine Elisabeth (Belgien) und gastierte bei Orchestern wie dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks oder dem Tonhalle Orchester Zürich. Als Kammermusikpartnerin ist sie Mitglied des Konstanze Eickhorst LINOS-Ensembles, das sich dem Vorhaben ver- schrieben hat, aus der interpretatorischen Rou- tine auszubrechen. Ebenso abwechslungsreich Das Adagio weist deutliche Züge eines Variations- wie die besetzungstechnischen Formationen des satzes auf und nicht nur die bereits erwähnte Ensembles vom Duo bis zum Oktett ist sein von Begleitung der vier Verse, welche als Thema dient, Bach bis zu zeitgenössischen Komponisten rei- ist dem Kunstlied entnommen. Schubert zitiert chendes Repertoire. Als Solistin, wie auch als überdies auch anderes musikalisches Material Kammermusikpartnerin kann Konstanze Eickhorst aus dem Lied, das mit der düsteren Sentenz „Dort auf eine umfangreiche Diskographie zurückblicken, wo du nicht bist, dort ist das Glück“ endet. Im von der eine CD-Einspielung auch aus ihrer Zu- dritten Satz, einem Presto, erinnert die volkslied- sammenarbeit mit verschiedenen Schauspielern hafte Melodie in Oktaven mit ihren Punktierungen im Rahmen von Wort-Musik-Programmen her- an die hoffnungsfrohe Vertonung der mittleren vorging. 1989, mit nur 28 Jahren, wurde sie als Liedstrophe, in der der Wanderer ein utopisches Professorin an die Hochschule für Theater und Land besingt, in dem „meine Träume wandeln Musik Hannover berufen, ehe sie 1998 an die gehen und meine Toten auferstehen“. Da Schubert Musikhochschule Lübeck wechselte. Neben ihrer jedoch diese Melodie der Fantasie den letzten Tätigkeit als Dozentin bei Meisterkursen ist Kon- Schlusstakten des Praterlieds von Wenzel Müller stanze Eickhorst Mitglied in der Jury nationaler entnommen hat, wird dieser utopischen Vorstel- und internationaler Wettbewerbe. lung des Liedes in der Fantasie musikalisch ein Konkretum zuordenbar. Der vierte Satz beginnt als Hanna Knötzele Fuge – ein dem Kunstlied ganz und gar fremdes kompositorisches Prinzip. Jedoch belässt Schubert es dabei und kehrt zum fantasiehaften Gestus zurück.

26 27 Quatuor Voce & Nikolaus Friedrich, Klarinette

Sarah Dayan (Violine) Cécile Roubin (Violine) Guillaume Becker (Viola) Lydia Shelley (Violoncello)

Samstag, 04.10.2014 Ludwig van Beethoven (1770-1827) Streichquartett Nr. 11 f-Moll op. 95 20.00 Uhr – Allegro con brio Jagdsaal – Allegretto, ma non troppo Schloss Schwetzingen – Allegro assai vivace ma serioso – Larghetto espressivo – Allegretto agitato

Adriana Hölszky (*1953) Innere Welten III für Bassettklarinette und Streichquartett. Uraufführung – I. – II. – III.

– Pause –

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Streichquartett Nr. 14 G-Dur KV 387 – Allegro vivace assai – Menuetto: Allegro – Andante cantabile – Molto Allegro

28 Quatuor Voce

Sein Streichquartett f-Moll op. 95 überschrieb „never to be performed in public“ und die Druck- Ludwig van Beethoven selbst mit dem Titel Quar- legung erfolgte erst im Herbst 1816. Der Kompo- tetto serioso. Die Entstehungszeit in den Jahren nist widmete das Quartett seinem engen Freund 1810-11 war von einer starken persönlichen Krise Zmeskall von Domanovecz. geprägt. Zum einen beschäftigten Beethoven noch die schrecklichen Kriegsereignisse aus dem Vorjahr Energiegeladen, fast aggressiv beginnt das Allegro und die Besetzung Wiens durch Napoleon. Zum con brio in allen vier Stimmen unisono im forte, anderen hatte er auch im Privatleben eine herbe gefolgt von scharfen Punktierungen und Oktav- Niederlage hinzunehmen: Seine Auserwählte, sprüngen. Lyrische Abschnitte mit lamentieren- Therese Malfatti, lehnte seinen Heiratsantrag ab. der Melodik werden immer wieder von unruhigen, Dieses düstere, ernste Werk fällt in mehrerlei Hin- kreisenden Sechzehntelmotiven und forte-Ein- sicht aus der Reihe seiner 16 Streichquartette, sätzen jäh unterbrochen. Unerbittlich schreitet deren mittlere von drei Phasen es beendet. Es ist der erste Satz dem Ende entgegen, um schließlich das kürzeste, schroffste und zugleich experimen- abgekämpft im pianissimo zu versinken. Diese tellste seiner Quartette. So wollte Beethoven zu- vorherrschende bedrückende Stimmung bildet nächst auch keine öffentliche Aufführung, er die Grundlage für das ganze Quartett. erklärte es in einem Brief an Sir Georg Smart als

29 Fast verloren wirkt das Cello am Anfang des zweiten Satzes, einem Allegretto ma non troppo, mit seiner abgehackten Abwärtslinie. Verträumt setzen die anderen Streicher ein, doch der stän- dige Wechsel zwischen Dur und Moll gibt dem Thema eine melancholische Färbung. Schließlich leitet die Viola mit einem bedrückenden, von Chromatik geprägten Thema ein Fugato ein. Nach einer Unterbrechung, in der das Anfangsmotiv des Cellos von schwermütigen Seufzern in den Geigen überlagert wird, kehrt das Fugato verarbeitet in Engführung und Umkehrung zurück. Die Beglei- tung in staccato-Sechzehnteln verbreitet Ruhe- losigkeit, bevor nochmals das innige Thema der Violine erklingt.

An einen schwebenden Akkord schließt sich di- rekt das Allegro assai vivace ma serioso an. Ein schroffer, scharfer Rhythmus erzeugt eine ge- hetzte Atmosphäre. In den kontrastierenden Ab- schnitten des fünfteiligen Satzes singen zweite Adriana Hölszky Violine, Viola und Cello zusammen ein andächtig getragenes Terzett. Die erste Geige setzt eine un- spielt. Sie studierte Klavier und Komposition an ruhige Achtelbewegung dagegen. Das aufgewühlte den Musikhochschulen Bukarest und Stuttgart. Ende mit seiner Steigerung zum più allegro löst Als Pianistin spielte sie im mehrfach ausgezeich- ein Gefühl von verzweifelter Ausweglosigkeit neten Lipatti-Trio. Als Komponistin erreichte sie aus. An das einleitende Larghetto espressivo des durch den 1. Preis im Kompositionswettbewerb vierten Satzes reiht sich ein Allegretto agitato von „Valentino Bucci“ in Rom 1979 große Bekanntheit. wehmütigem Charakter, in dem die getriebene Ihr internationaler Durchbruch gelang ihr 1988 Grundstimmung des dritten Satzes erhalten bleibt. mit ihrer ersten Oper Bremer Freiheit. Zahlreiche Die Dynamik steigert sich ins Extreme, immer weitere Preise und Auszeichnungen belegen den wieder wechseln stürmische Ausbrüche im for- Erfolg ihres Schaffens. Von 1997 bis 2000 hatte tissimo mit plötzlich in sich gekehrten Phrasen. Adriana Hölszky eine Professur für Komposition Die Schlusscoda (Allegro) zeigt sich unerwartet an der Hochschule für Musik und Theater Rostock freudig und schwungvoll und gibt dem Stück ein inne, seit 2000 ist sie Professorin für Komposition heiteres Ende. am Mozarteum in Salzburg. 2002 wurde sie Mit- glied der Akademie der Künste Berlin, ein Jahr Die in Rumänien geborene Komponistin mit unga- später Mitglied der Bayerischen Akademie der risch-deutschen Wurzeln Adriana Hölszky gehört Schönen Künste. zweifelsohne zu den renommiertesten Kompo- nistinnen der Gegenwart. Ihre Werke werden auf Ihr Werk Innere Welten III für Bassettklarinette Festivals von Paris über New York bis Tokyo ge- und Streichquartett setzt sich aus drei Sätzen

30 zusammen, die miteinander durch Soli der Bas- hin als „Haydn-Quartette“ bezeichnet werden. settklarinette verbunden sind und wie in einem Angeregt dazu wurde Wolfgang Amadeus Mo- Atem ausgeführt werden. Die drei Sätze sind eine zart durch die sechs Streichquartette op. 33 von Reise durch verschiedene Landschaften, dabei und so widmete er sie auch bei der zeigen sich unterschiedliche Zustände und Span- Veröffentlichung im Jahr 1785 „seinem lieben nungen. Die Bassettklarinette ist solistisch ein- Freund“. Als sich Mozart 1782 nach fast zehn- gesetzt und bildet eine eigene Ebene. Mal ist sie jähriger Pause wieder an die Gattung Streich- mit dem Quartett verflochten, dann tritt sie wieder quartett wagte, fiel ihm der Kompositionsprozess in den Vordergrund. Das Quartett bietet einen in- ungewöhnlich schwer. So bezeichnete er sein neren Raum für die Klarinette, die in ihren Soli Ergebnis als „Frucht einer langen und mühevollen zwischen den Sätzen wie in einem anderen inne- Anstrengung“. Es gelang ihm dabei seinen eigenen ren Raum erscheint. Vergleichbar mit einer Figur Stil weiterzuentwickeln und Werke zu schaffen, auf der Bühne zeigt sich die Klarinette teils al- die den Widmungsträger Haydn überaus beein- lein teils umgeben von den anderen. Der Klang druckten. der Streicher kommt und verschwindet und bil- det sozusagen eine Atmung in Makroform nach. Das Hauptthema des Allegro vivace assai zeichnet Der Typus des Werks kann als Mikrokonzert für sich durch einen Wechsel zwischen piano und Bassettklarinette bezeichnet werden, da die Kla- forte, zwischen Zurückhaltung und Entschlossen- rinette nicht wie in einem Klarinettenquintett heit aus. Spritzig zeigt sich dagegen der einpräg- voll integriert ist, sondern relativ selbstständig same Seitensatz. Stockend beginnt die Durchfüh- agiert, als ob sie fliegt. Adriana Hölszky war es da- rung, in der die einzelnen Instrumente zunächst bei wichtig, die große Bandbreite, die verschiede- solistisch hervortreten, um mit pochendem Rhyth- nen Facetten des, wie sie selbst sagt, „wunder- mus und Synkopen die Dramatik zu steigern. baren Instruments“ darzustellen, für das es wenig Trillerfiguren und eine singende, absteigende Ton- Literatur gibt. Sie bezieht extreme Lagen und ver- leiter führen zur Reprise, die fröhlich beschwingt schiedene Spieltechniken mit ein und arbeitet zu Ende geführt wird. Zu Beginn des Menuetts mit Klangmodellierungen von samtweich bis hebt eine chromatische Linie mit Zweierbeto- kräftig und schneidend. Die Klarinette spielt mit nung das Empfinden für den ¾-Takt auf, so dass Mehrklängen, Glissandi und verschiedenen Arten sich der eigentliche Menuettcharakter erst später von Vibrato und variiert in ihrem Charakter von entfalten kann. Das düstere Trio in Moll schwankt virtuos bis langsam fließend. Auch im Quartett zwischen erschütterndem Aufbäumen und Trost- treten verschiedene Bogentechniken und sehr losigkeit und nimmt dem Menuett damit end- schnelle Wechsel der Spielanweisungen auf. Da- gültig seinen tänzerischen Charakter. Die dyna- durch entstehen unterschiedliche Farben, ein flat- mischen Wechsel sind wie schon im ersten Satz ternder Klang, der zwischen reiner Tonhöhe und auffallend. Im Andante cantabile erhebt sich in Geräuschhaftigkeit schwankt. Alles hat eine große der ersten Geige ein wunderschönes, lyrisches innere Beweglichkeit und so ist das Werk immer Thema über die anderen Stimmen. Die zweite im Fluss gleichsam ein Gleiten durch verschiedene Geige steigt im Terzabstand ein. Während das Cello Welten. anschließend ein eigenes Triolenthema entwickelt, führen die drei anderen Streicher den ruhigen Das Streichquartett G-Dur KV 387 gehört zu Gesang fort. Immer wieder breitet die erste Vio- dem Quartettzyklus, dessen sechs Werke gemein- line ihre weich fließenden Soli aus. Nach und

31 Nikolaus Friedrich Quatuor Voce

nach wandern die Triolen in die übrigen Stimmen internationalen Wettbewerben gewonnen: Genf, und trüben die Stimmung ein, bis schließlich der Cremona, Wien, Bordeaux, Graz und London. ganze expressive erste Teil zurückkehrt und dabei Schnell hat es in der weltweiten Kammermusik- noch ausladender gestaltet ist. Den Schlusssatz, szene seine Spuren hinterlassen und sowohl mit ein Molto Allegro, lässt Mozart mit einer Fugen- arrivierten Künstlern wie Miguel da Silva, Yuri exposition beginnen, die von einer virtuosen, fröh- Bashmet und Michel Portal aber auch jungen lichen Melodie abgelöst wird. Ein neues Fugen­ Nachwuchs-Musikern wie Shani Diluka, Bertrand thema wandert durch alle Stimmen und verbin- Chamayou oder David Kadouch konzertiert. Sei- det sich mit dem ersten zu einem Doppelfugato. ne Debüt-CD mit Quartetten von Franz Schubert Erneut setzt ein schwungvolles Thema mit Final- wurde vom Strad Magazine und auch von Télé­ charakter ein. Nach der Rückkehr zum Anfangs­ rama, dem führenden französischen Kulturmaga- thema wechseln lebhafte, homophone Abschnit- zin, hoch gelobt und empfohlen. Ende 2013 folgte te, bevor das erste Fugenthema mit einem ab- bei dem französischen Label naïve eine Einspie- schließenden Triller dem Satz überraschend ein lung von Beethoven-Quartetten aus drei verschie- besinnliches Ende gibt. denen Phasen seines kompositorischen Schaffens. Auf Empfehlung der ‚Cité de la Musique‘ trat das In den wenigen Jahren seit seiner Gründung 2004 Quatuor Voce in der Spielzeit 2013-14 in der Reihe hat das Quatuor Voce unter der Anleitung des ‚Rising Stars‘ der großen Konzerthäuser Europas renommierten QuatuorYsaÿe zahlreiche Preise bei auf.

32 Hoch- und Tiefbau Am Ochsenhorn 2 Neu- und Umbauarbeiten 68723 PLANKSTADT Pflasterarbeiten Gewerbegebiet Feuchtigkeits-Isolierungen Telefon 06202/9340-0 Reparatur-Service Telefon 06202/934040 Abwasserrohr-Verlegungen E-Mail [email protected] Betoninstandsetzung www.cv-wolf.de

Es ist ein besonderes Anliegen des Quatuor Voce, es beim Primarius des Alban Berg Quartetts sei- die Klassische Musik aus ihrer traditionellen Um- ne Studien vervollkommnete. gebung, der Konzerthalle, zu lösen. Dabei experi- mentieren die Musiker mit verschiedenen Formen Gemeinsam mit Quatuor Voce musiziert Nikolaus des musikalischen Ausdrucks. Außerdem besuchen Friedrich, der Künstlerische Leiter des Schwet- sie Schulen, um ihre Liebe zur Musik an die jün- zinger Mozartfestes. Nikolaus Friedrich ist Solo- gere Generation weiterzugeben. Und sie führen Klarinettist im Orchester des Nationaltheaters eigene künstlerische Projekte durch, wie etwa zwei Mannheim und widmet sich außerdem intensiv Festivals in der südlichen Ardèche: ‚Le Printemps dem Ensemblespiel. Seine Partner sind u. a. das des Saisons‘ und ‚Coeur en Musiques‘. Nomos-Quartett, das Henschel Quartett und das Mandelring-Quartett. Seine Liebe zu Mozart teilt Seit seiner Gründung wird das Quatuor Voce von Nikolaus Friedrich mit seiner Aufgeschlossenheit verschiedenen Institutionen gefördert. 2006 wurde für die zeitgenössische Musik. Es ist eine schöne das Ensemble in das Pro-Quartet-CEMC Programm Tradition, dass er gemeinsam mit einem ausge- aufgenommen und wurde dort 2008 ‚Quartet in wählten Ensemble die Uraufführung der Auf- residence‘. 2009 erhielt es auf Betreiben von tragskomposition der Mozartgesellschaft Schwet- Günter Pichler ein Stipendium des Instituto In- zingen zur Aufführung bringt. ternacional de Música de Cámara (Madrid), wo Katharina Schlosser

33 100 Jahre Salzburger Hofmusik von Biber bis Mozart

Gunar Letzbor (Barockvioline) Erich Traxler (Cembalo)

Heinr. Ignaz Franz Biber von Bibern (1644-1704) Sonntag, Violinsonate Nr. 3 05.10.2014 Johann Ernst Eberlin und Leopold Mozart (1719-1787) 12 Musikstücke für das Clavier, deren eines täglich 11.00 Uhr in der Festung Hohensalzburg auf dem sog. Hornwerke Schlosskapelle morgens und abends gespielt wird. 1759 Hrs. von Schloss Schwetzingen Leopold Mozart

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Sonate für Cembalo Nr. 2 D-Dur KV 7 – Allegro molto – Adagio – Menuetto I – Menuetto II

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Violinsonate G-Dur KV 301 (KV 293a) – Allegro con spirito – Allegro

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Violinsonate F-Dur KV 377 (KV 374e) – Allegro – Tempa – Tempo di Menuetto

ca. 60 Minuten ohne Pause 34 Erich Traxler (Cembalo) Gunar Letzbor (Barockvioline)

Das Erzbistum Salzburg blickt auf eine lange Ge- Das Programm schließt mit einem in Paris kom- schichte der Musikkultur zurück. Der Wille zur ponierten Jugendwerk Mozarts, das dieser der gehobenen Kirchenmusik und das Repräsenta­ Tochter König Ludwigs XV. widmete, und den der tionsbedürfnis der Erzbischöfe ließ eine musika- Kurfürstin Elisabeth Augusta, der Gemahlin Carl lische Szene entstehen, die mit Wolfgang Ama- Theodors, zugeeigneten Violinsonaten. deus Mozart ihre Krönung feierte. Nicht weniger bekannt war zu seiner Zeit H.I.F. Biber. Er galt als Mit H.I.F. Biber beginnt in Salzburg eine lange der hervorragendste Geiger Europas und beein- Geigentradition, die bis heute in der musikalischen flusste die Entwicklung der Geigentechnik nach- Welt einen besonderen Platz einnimmt. Heinrich haltig. Neben Kirchenkompositionen in großer Ignaz Franz von Biber (1644-1704), Truchseß Besetzung hinterließ er auch zwei Sonatensamm- und Kapellmeister des Erzbischofs von Salzburg, lungen. Seine Kompositionen für Violine solo sind wirkte ab 1668 in Olmütz bzw. Kremsier als Geiger für den eigenen Auftritt geschrieben und sprengen und Gambist des dortigen Bischofs Karl Lichten- alle formellen und ästhetischen Regeln seiner stein- Kastelkorn. 1671 beginnt er seinen Dienst Zeit. Auch Leopold Mozart war ein bravouröser als Hofviolinist, Vizekapellmeister und schließlich Geiger und Verfasser der bedeutendsten Violin- 1684 als Hofkapellmeister in Salzburg. 1690 wird schule des 18. Jahrhunderts, ebenso war er als Heinrich Ignaz Franz Biber von Kaiser Leopold I. in Komponist erfolgreich. In seinen 12 Musikstücken den Adelsstand erhoben. Er stirbt 1704 in Salzburg. für das Clavier brachte er altes Salzburger Melo- diengut zu Papier, vereint mit Variationen über ein Seine „Sonatae violino solo“ widmete Biber 1681 Menuett seines Hofkapellmeisters Ernst Eberlin. dem Salzburger Bischof Max Gandolph. Ein Ex-

35 emplar der Sonatensammlung überreichte er aus die hochlöbliche Landschaft zur angenehmen Zuneigung dem Stift Kremsmünster. Eine Kopie Abwechslung noch 11. andere Stücke beyfügen dieses wunderschönen Druckes dient den Inter- und das ziemlich abgenützte Hornwerk durch preten der heutigen Matinee als Notenvorlage. Herrn Johann Rochus Egedacher hochfürstlichen Hoforgelmacher gänzlich wieder erneuern las- Biber benutzte besondere Spieleffekte, Floskeln sen. Da nun viele Liebhaber dieser Stücke für das und Figuren, die Möglichkeiten des Doppelgriff­ Clavier zu haben gewünschet; so habe ich mich spiels und das große Repertoire der neuen Strich­ entschlossen selbe dem Druck zu übergeben und arten, um sein Instrument in beeindruckender anstatt einer Vorrede gegenwärtigen Versuch ei- Weise zum Sprechen zu bringen. Er fasste den ner kleinen Geschichte einzurücken. Ich will aber gesamten Entwicklungsstand der Geigenkomposi­ deswegen hier keinen Geschichtschreiber vor- tion zusammen, bereicherte ihn mit neuen Ideen stellen: und wenn tadelsüchtige, neidische und und führte die Violinmusik mit seinen Sonaten unruhige Gemüther auch bey dieser Kleinigkeit, zur ersten Hochblüte. In der 3. Sonate F- Dur gleichwie es bey der Herausgabe meiner Violin- sprengt er alle Konventionen der zeitgenössi- schule geschehen ist, ihre niederträchtige und schen Stilistik und entwickelt Klanggebilde, die recht einfältige Denkungsart nicht verbergen auch noch Hörer des 21. Jahrhunderts in ihrer können; so lache ich dazu!“ (Salzburg den 24. Modernität überraschen. Hornung 1759 Mozart). So beschreibt Leopold Mozart die Herausgabe der 12 Kleinodien. „...Es würde gar zu lange werden, wenn ich die vielen Seltenheiten, die man sonderheitlich von Weiter heißt es im Originaldruck: alten Kriegsinstrumenten und andern sehr merk- Die Stücke für den Jenner, April, Augustmonat, würdigen Alterthümern hier siehet, beschreiben Wintermonat und Christmonat sind von der wollte. Ich will demnach nur von dem Hornwerke Composition des vortrefflichen Hochfürstl. Salz- reden, welches in der Höhe des Schlosses gegen burgischen Herrn Capellmeisters Johann Ernst der Stadt hervorraget, und sich täglich Morgens Eberlin. Man hat mit Vergnügen die Gelegenheit und Abends hören läßt; und das man dem Erz­ ergriffen diese, ob zwar kleine doch artige, Stücke bischof Leonhard von Keutschach zu verdanken dem Druck zu übergeben: und es ist nur Schade, hat. Es ist ein Walzenwerk, und macht, bevor es daß noch nichts anders, als die Toccaten von ein Stück spielet, ein so genanntes Geschrey, so in diesem grossen Tonkünstler bisher im Drucke er- dem Perfectgriffe oder harmonischen Dreyklang schienen sind. (F.A.C.) bestehet, eine pure Mixtur ist, und von dem Subbaß, Principal, Oktav, Quint bis Superok- Die Stücke für den Hornung, May, Brachmonat, tav in 150. Pfeifen bestehet, deren die Gößte 12. Heumonat, Herbstmonat und Weinmonat, samt Schuh ohne Fuß hat. Das Werk, so die Stücke den Veränderungen, die über das Stücke für den spielet, hat 200. Pfeiffen, die vom tiefesten bis Merz eingerücket sind, hat Herr Mozart gesetzet: zum höchsten Tone sich immer vermehren, und diese Veränderungen sind aber nicht auf dem also vom Principal an gerechnet von 2. bis 10. Hornwerke, sondern erst itzt von demselben, bey steigen. Die Größe dieser Pfeiffen hat 6. Schuh dieser Herausgabe dazu verfertiget worden. Und ohne Fuß; und alle Pfeiffen des ganzen Hornwer- eben das Stück für den März ist das alte Stück, kes sind von Zinn. Von undenklicher Zeit her hat dessen Meister die Länge der Zeit uns entrissen es nur ein einziges Stück gespielet. Diesem hat hat. Leopold Mozart hat also für das alte Stück,

36 das als einziges seit jeher am Hornwerk gespielt und Spielpraxis alter Musik auseinander. Als wurde, Variationen komponiert und so dessen Konzertmeister setzt er seine künstlerische Arbeit unbekannten Autor geehrt. in den Ensembles Clemencic Consort, La Folia Salzburg, Armonico Tributo Basel und der Wie- 1764 schreibt Leopold Mozart stolz:“ Nun sind 4 ner Akademie mit großem Erfolg fort. Bei zahl- Sonaten von Mr. Wolfgang Mozart beym stechen. reichen Konzertreisen in der ganzen Welt tritt er Stellen sie sich den Lermen für, den diese Sonaten regelmäßig in Recitals oder als Solist u. a. mit ....machen werden , wann am Titlblat stehet daß dem von ihm gegründeten Ensemble Ars Antiqua es ein Werk eines Kindes von 7 Jahren ist.“ Austria auf, das die österreichische Barockmusik in den Mittelpunkt seines Schaffens stellt. Zahl- Im März desselben Jahres erschienen die Sonaten reiche preisgekrönte CD-Einspielungen, u. a. mit KV 6 und 7 im Druck; sie waren Prinzessin Vic- den Violinsonaten von Biber, dokumentieren seine toire gewidmet, einer Tochter König Ludwig XV, exzellente Aufführungspraxis. Gunar Letzbor ist die sich anlässlich des Auftretens von Wolfgang in ein begehrter Lehrer für Barockvioline und unter- Versailles sehr für dessen Darbietungen interes- richtet u. a. an den Musikhochschulen Lübeck und sierte. Wien.

Mit der Komposition von KV 301 begann W. A. Der Organist und Cembalist Erich Traxler be- Mozart bereits im Frühjahr 1778 in Mannheim; schäftigt sich vor allem mit der Musik zwischen erst nach vielen Schwierigkeiten erschienen die 1600 und 1800. Sein Hauptaugenmerk bei der der Kurfürstin Elisabeth Augusta von der Pfalz Interpretation liegt dabei auf der Ergründung gewidmeten Sonaten KV 301-306 in Paris. Leider des „Musikalischen Handwerks“ als Basis für das blieb in Paris der erwünschte Erfolg dieses Zyklus Musikschaffen im Barockzeitalter sowie der un- aus. Deutlich erkennbar aber ist Mozarts Um- mittelbaren Sprachlichkeit in der Musik bis ins gang mit dem klassischen Rollenverständnis in 19. Jahrhundert. Seine weltweite Konzerttätigkeit der violinbegleiteten Claviersonate. Der Reiz sei- lässt ihn als Solist auf Cembalo und Orgel oder ner Mannheimer Sonaten liegt darin, durch eine als Kammermusiker in verschiedenen Formationen, veränderte Gewichtung der Instrumente größere u. a. mit den Ensembles L‘Orfeo Barock­orchester, Möglichkeiten der Themenpräsentation zu er- Ars Antiqua Austria, Bach Consort Wien, Venice langen: Violine und Cembalo wechseln sich ab Baroque Orchester auftreten. Zahlreiche CD- und sind gleichberechtigt. Die Sonate KV 296 und Rundfunkaufnahmen dokumentieren seine war auch in Mannheim entstanden, sie wurde Tätigkeit. Erich Traxler erhielt seine musikalische allerdings nicht in die Sammlung aufgenommen. Ausbildung in Linz und Wien. Ein postgraduales Sie erschien erst 1781 in Wien zusammen mit Studium führte ihn nach Basel an die Schola der in Wien entstandenen Sonate KV 377 und Cantorum Basiliensis, wo er wichtige Impulse weiteren Werken aus dieser Schaffensperiode. erhielt. Seit 2013 ist Erich Traxler Professor für Cembalo an der Konservatorium Wien Privatuni- Die Musiker Gunar Letzbor und Erich Traxler ver- versität. Zudem unterrichtet er Generalbass an bindet die Liebe zur alten Musik. Der Violinist der Universität für Musik und Darstellende Kunst Gunar Letzbor setzte sich nach seinen Studien Wien. in Komposition, Dirigieren und Violine in Linz, Salzburg und Köln intensiv mit der Interpretation Gunar Letzbor

37 Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim

Solist: Gábor Boldoczki, Trompete Dirigent: Timo Handschuh

Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) Sinfonie Nr. 21 A-Dur KV 134 – Allegro Freitag, – Andante 10.10.2014 – Menuetto – Allegro

20.00 Uhr Joseph Haydn (1732–1809) Rokokotheater Konzert für Trompete und Orchester Es-Dur Hob.VIIe:1 Schloss Schwetzingen – Allegro – Andante Mit freundlicher – Finale. Allegro Unterstützung der

– Pause –

Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) Sinfonie Nr. 35 D-Dur KV 385 „Haffner“ – Allegro conspirito – Andante – Menuetto – Finale. Presto

Johann Nepomuk Hummel (1778–1837) Konzert für Trompete und Orchester E-Dur – Allegro conspirito – Andante – Rondo. Allegro

38 Südwestdeutsches Kammerorchester Pforzheim

Die Sinfonie Nr. 21 in A-Dur (KV 134) von Colloredo zu reüssieren, als ersten Schritt eine Wolfgang Amadeus Mozart markiert den Schluss- Umwidmung der dem Vorgänger dedizierten Se- punkt der sechs Salzburger Sinfonien und wurde renata Il sogno di Scipione. Es liegt der Schluss in der frühen symphonischen Schaffensphase des nahe, dass die Motivation zur Komposition der gerade Sechzehnjährigen im Jahr 1772 kompo- Sinfonie wohl demselben Grund entsprang. niert. Die sechs nacheinander entstandenen Werke erwecken stark den Eindruck einer implizierten Die Aufmerksamkeit des Hörers kreist im ersten Opusbildung, steht zum einen jede Sinfonie in Satz um zwei Themen und deren Variationen, die einer anderen Tonart, korrespondieren zum an- jeweils von der ersten Violine eingeführt wer- deren Satzanzahl und Besetzungsverhältnisse mit- den. Während das erstere durch sprunghaft einander. Die damalige Konvention, sechs Werke fröhliche Akkordbrechungen gekennzeichnet ist, zu einem Opus zu verbinden, mag Mozart auch setzt sich das zweite, ein nicht minder Freude zur Komposition der 21. Sinfonie bewegt haben. versprühendes, durch kleinere, sangliche Inter- Viel gewichtiger im Entstehungskontext erscheint valle zusammen. Besitzen die zügigen Figuratio- aber die Wahl Hieronymus Graf Colloredos am nen zu Beginn des zweiten Satzes vorerst die 14. März 1771 zum neuen Salzburgischen Fürst­ Funktion, das zart-melodiöse erste Thema in der erzbischof. Mozart vollzog in der Hoffnung, bei Violine zu begleiten, stellen sie sich im weiteren

39 Verlauf als Keimzelle eines weiteren Themas he- dreiteiligen Reprisenform angelegte zweite Satz raus. Im Kontrast zu dieser träumerischen Sanft- pflegt den Tonfall einer lyrisch-sanglichen Ro- heit steht der dritte Satz. Zwar enthält auch manze, wobei die Solomelodie stets von einem dieser deutliche Melodien, ist aber in seiner Ge- reichhaltigen Orchesterklang zart untermalt wird samtheit auch von stehenden Klangteppichen, und ein alle klanglichen Aspekte kombinierendes die unweigerlich statische Harmonik evozieren, Finale das Konzert sinfonisch-furios beendet. charakterisiert. Da das Formprinzip der Sonaten- hauptsatzform erst Ende des 18. Jahrhunderts Dass auch die Fähigkeiten bedeutendster Musiker standardisiert wurde, lässt sich der Terminus nicht und Komponisten begrenzt sind, zeigt die Ent- ohne Vorbehalt auf den vierten Satz der Sinfonie stehung der Sinfonie Nr. 35 in D-Dur mit dem anwenden. Fakt ist dennoch, dass er exemplarisch Beinamen „Haffner“. Wolfgang Amadeus Mozart, alle formtypischen Elemente enthält: Exposition, der sich zu der Zeit in Wien aufhielt, erhielt über Durchführung, Reprise und Coda. seinen Vater im Jahr 1782 den Auftrag, für den Salzburger Freund Siegmund Haffner zu seiner Die Wiener Zeitung titelte am 22. März 1800 zur Nobilitierung eine Festmusik zu schreiben. Er Ankündigung eines Konzerts: „Seine eigentliche versprach dem Vater, regelmäßig Teile der sechs- Absicht hierbey ist, die von ihm erfundene […] sätzigen Serenade nach Salzburg zu schicken, organisirte Trompete in einem von Hrn. Joseph sah sich aber mit viel Arbeit konfrontiert. So Haydn […] eigends auf dieses Instrument ge- klagt er in einem Brief an den Vater: „Sie sehen setzten Konzert […] zur öffentlichen Beurthei- daß der Wille gut ist; allein wenn mann nicht lung das erstemal ans Licht tretten zu lassen.“ kann, so kann man nicht! – Ich mag nichts hin- Gemeint ist Joseph Haydns einziges Konzert schmiren. – ich kann ihnen also erst künftigen für Trompete und Orchester in Es-Dur, das er Postag die ganze Sinphonie schicken.“ Ob die 1796 für seinen Freund Anton Weidinger und des- Musik pünktlich zur Feier am 29. Juli eintraf, ist sen neu erfundene Klappentrompete komponierte. nicht überliefert. Grosso modo war es also eine Besonders in der Modifizierung des verfügbaren Gelegenheitskomposition, die so zügig wie mög- Tonspektrums sollte diese Innovation Bahnbre- lich fertiggestellt werden musste. Mozart aber chendes leisten: Dem Spieler war es durch die vermied alle Hinweise auf flüchtiges Komponie- Klappen möglich, bei annähernd gleicher Klang­ ren, ist doch die Gesamtanlage durchweg gewis- qualität auch Töne außerhalb der Naturtonreihe senhaft und die Kontrapunktik fein ausgearbei- anzuspielen. Eine Erklärung für die vier Jahre tet. Weiterhin wird klar, dass die Gattungsmerk- verspätete Uraufführung könnte die technisch male und die mit ihnen verbundenen Termini mangelhaft ausgereifte Erfindung zum Zeitpunkt wenig standardisiert waren; so benutzt Mozart der Fertigstellung des Konzerts sein. Deutlich zu für ein serenadentypisches Werk mit sechs Sätzen hören ist dieses Klangnovum im Kopfsatz des das Wort „Sinphonie“. Die Komposition in ihrer Konzerts, der mithilfe eines langen Hauptthemas viersätzigen, heute bekannten Anlage, entstand die Spezifika der neuen Trompetenart durch zu- erst im Jahr 1783 für eine offizielle Wiener Aka- vor nie da gewesene melodiöse Kantilenen zwar demie. Mozart strich zwei Sätze aus dem ur- ins Rampenlicht rückt, dem Hörer aber mit inst- sprünglichen Werk und fügte dem Besetzungs- rumententypischen Dreiklangbrechungen und fan­ apparat Flöten und Klarinetten hinzu. Das Allegro farenspezifischen Tonrepetitionen auch gewohnte ist zwar monothematisch gehalten, erzielt aber Hörgepflogenheiten bietet. Besonders der in einer durch den Wechsel von dynamischen Gegensät-

40 Grundstein für seinen musikalischen Werdegang wurde früh im Musikunterricht bei Mozart und Haydn gelegt, durch diverse Konzerte erarbeitete er sich nach und nach den Ruf eines außerordent- lich begabten Interpreten. Auf Haydns Empfeh- lung hin erhielt er im Jahr 1802 am Hof von Niko- laus Fürst von Esterházy seine erste feste Stelle als Kapellmeister.

Hier wurde sein Konzert für Trompete und Orchester E-Dur vom Trompetenvirtuosen Anton Weidinger mit seiner erfundenen Klappentrom- pete ein Jahr später uraufgeführt. Hauptcharak- teristika sind konzerttypische Dialoge zwischen Orchester und Solist, konventionell-marschähn- liche Motivik, aber gerade auch abrupte Ton­ artenwechsel und durchgehende Melodiepassa- gen, welche die neuen klanglichen Möglichkei- ten des Instruments par excellence vorführen. Die Ecksätze sind durchaus in virtuoser Manier geschrieben, im Mittelsatz wird ein ergreifendes, Gábor Boldoczki gefühlvolles Legatospiel betont. Die prägenden Molleintrübungen erwiesen sich aber als proble- matisch für die exakte Intonation und die Qualität zen ein Verhältnis von Spannung und Lösung. eines Tones, und so überarbeitete Hummel den Einfache harmonische Fortschreitungen kenn- Satz in den folgenden Jahren mehrmals. zeichnen das Andante, klangliche Vielfalt wird auch hier in erster Linie durch dynamische An- Der ungarische Trompeter Gábor Boldoczki er- gaben erzielt. Ein musikalisches Feuerwerk, das langte durch die ersten Preise des Internationalen der Musik keinen Ruhepunkt gönnt und sie un- Musikwettbewerbs der ARD und des 3. Interna- aufhörlich vorantreibt, versprüht im abschlie- tionalen Maurice André Wettbewerbs hohes Re- ßenden Presto höchste Vitalität und Lebensfreude. nommee in der Musikbranche. Der zweimalige Echo Klassik Preisträger gastiert seitdem regel- Johann Nepomuk Hummel ist heute gemeinhin mäßig zusammen mit namhaften Orchestern wie als reisender Klaviervirtuose, Komponist und ein- dem Russischen Nationalorchester oder den Wie- flussreicher Musikpädagoge bekannt. Sein Leben ner Symphonikern in prominenten Musikzentren war geprägt von wechselnden Anstellungen und Europas. Er ist nicht nur gefragter Solist für Musik Konzertreisen durch ganz Europa. Letztendlich des 18. und 19. Jahrhunderts, sondern wirkte auch bekleidete er ein Amt in Wien, wo er auch das als „Preisträger in Residence“ an zahlreichen zeit- didaktische Lehrwerk Ausführliche theoretisch- genössischen Uraufführungen mit. Im Januar 2010 practische Anweisung zum Piano-Forte-Spiel mit wurde er mit dem Titel „Doctor Liberalium Artium“ insgesamt über 2200 Übungen verfasste. Der sowie drei Jahre später mit dem „Franz Liszt Ehren-

41 preis“ des ungarischen Kulturministeriums aus- gezeichnet. Es folgte der Ruf an die Franz-Liszt- Musikakademie, an der er seitdem als Professor im Fach Trompete lehrt. Sein vielfältiges Reper- toire reicht von Bach über Hindemith bis hin zu Ligeti und Arvo Pärt.

Gábor Boldoczki steht regelmäßig im Blickpunkt der internationalen Presse. Sein Spiel besticht durch virtuose Eleganz, klare Artikulation, durch- dacht gestaltete, gefühlvolle Kantilenen und meisterhaft strahlende Verzierungen. Die Salz- burger Nachrichten titeln zusammenfassend: „Ein Solist von solchem Rang veredelt jedes Musik- werk.“ Die Frankfurter Neue Presse spricht vom „reinsten Belcanto, mit blitzblank polierten Spit- zentönen.“

Das aus 14 Musikern bestehende Südwestdeut- sche Kammerorchester Pforzheim wurde im Jahr 1950 vom Hindemith-Schüler Friedrich Tile- gant gegründet und fand durch die Zusammen- Timo Handschuh arbeit mit namhaften Künstlern wie Maurice André oder Dietrich Fischer-Dieskau und durch Auftritte bei großen Festspielen (unter anderem in Salz- „Vom Musizieren kann man nie genug haben.“ So burg) rasch Anerkennung. Auch in jüngerer Zeit spricht der Organist und Dirigent Timo Handschuh kann das Orchester Gastkonzerte in renommierten über sein derzeitiges „Doppelglück“ als General- Konzertsälen Deutschlands, der USA und Japans musikdirektor am Theater Ulm und Dirigent des vorweisen. Der Status als ‚Fulltime-Orchester’ Südwestdeutschen Kammerorchesters Pforzheim. garantiert ein homogenes und differenziertes Zu seiner Arbeit mit Oper und Konzert sagt er Klangbild, im Repertoire des multinational be- selbst: „Die Arbeit in beiden Bereichen erweitert setzten Ensembles offenbart sich ein Streifzug den Horizont ungemein: Oper und Konzert, Sän- durch die gesamte Musikgeschichte. Die Projekt- ger und Instrumentalsolisten – beides gibt im- kooperation mit Künstlern wie Nigel Kennedy, mer wieder neue Impulse und befruchtet sich Giora Feidman und vielen mehr erweiterte den gegenseitig.“ Der 1975 geborene Schwarzwälder musikalischen Horizont nicht nur in den Bereichen studierte Orgel- und Kirchenmusik sowie Diri- Jazz und Weltmusik. Um der musikalischen Wei- gieren in Freiburg und Stuttgart. Ab 2007 war er terentwicklung neue Impulse zu geben und sie Assistent des Generalmusikdirektors der Staats- weiterhin auf diesem hohen Niveau zu fördern, oper Stuttgart und leitete fortan mehr als 100 übernahm Timo Handschuh in der Konzertsaison Vorstellungen. Seit der Konzertsaison 2013/2014 2013/2014 die künstlerische Leitung des Or- ist er Chefdirigent des Südwestdeutschen Kam- chesters. merorchesters Pforzheim und kann auf zahlreiche

42 Gastdirigate bei namhaften Orchestern zurück- blicken.

Besonders wichtig ist ihm die Ausbildung eines fundierten und differenzierten orchestralen Klang- bildes und die Förderung und Pflege des Kon- takts zum Publikum. Deshalb hält er gerne Werk­ einführungen, gibt Interviews und führt Konzert- gespräche. Von Aufführungskonservatismus ist wohl kaum zu sprechen: Seine neue Konzertlinie für die Saison 2014/2015 in Pforzheim ist über- titelt mit „Unbekannte Werke berühmter Kom- ponisten“. Er möchte „immer auch das Besondere suchen, Neugierde beim Publikum wecken.“

Christian Bartle

43 Idomeneo, Rè di Creta

Samstag, 11.10.2014 Ossia Ilia ed Idamante, KV 366

19.30 Uhr, Dramma per musica in 3 Akten von Rokokotheater Wolfgang Amadeus Mozart Schloss Schwetzingen Libretto: Abbate Giambattista Varesco

Urfassung München 1781

Idomeneo, König von Kreta Bernhard Berchtold Idamante, sein Sohn Kangmin Justin Kim Ilia, trojanische Prinzessin Naroa Intxausti Elettra Kirsten Blaise Arbace, Vertrauter des Königs Andreas Karasiak Gran Sacerdote Christian Richter La voce Calin Valentin Cozma

Aufführungsdauer ca. 3 Stunden, 1 Pause Aufführung in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln

44 Chor und Extrachor des Stadttheater Gießen Philharmonisches Orchester Gießen

Musikalische Leitung: Michael Hofstetter Inszenierung und Bühne: Nigel Lowery Kostüme: Bettina Munzer Chorleitung: Jan Hoffmann Licht: Manfred Wende Dramaturgie: Christian Schröder Regieassistenz und Abendspielleitung: Christian Goudschmidt Ausstattungsassistenz: Selina Tholl Inspizienz: Julia Edelmann Regiehospitanz: Sebastian Schlootz

Aufführungsmaterial: Neue Mozart-Ausgabe, Bärenreiter-Verlag Kassel

45 Auf den Spuren von Mozarts Idomeneo

„Vergessen sie meinen wunsch nicht opern zu schreiben. Ich bin einen jeden neidig der eine schreibt. ich könnte ordentlich vor verdruß weinen, wenn ich eine aria höre oder sehe. aber italienisch nicht teutsch, serios nicht buffa.“

Dieses Bekenntnis schickte Wolfgang Amadeus also ein glückliches Ende vor: Idamante darf in der Mozart am 4. Februar 1778 an seinen Vater. Oper überleben, Idomeneo gleicht mit seinen Spätestens mit seinem 21. Geburtstag im Jahr „aufklärerischen Zügen“ dem Kurfürsten höchst- zuvor waren seine Tage als herum gereichtes persönlich, der sich damit huldigen lässt. Zum Wunderkind endgültig gezählt und der Erfolg als Librettisten wurde der Salzburger Hofdichter Komponist ließ zunächst auf sich warten. In sei- Giambattista Varesco ernannt. Mozart ließ es ner Mannheimer Zeit 1777 hatte sich Mozart an sich nicht nehmen, auch höchstpersönlich in die den dortigen Kurfürsten Carl Theodor gewandt, Gestaltung des Librettos einzugreifen, zumin- mit dem Wunsch eine opera seria zu komponie- dest in dem ihm gestatteten Maße. ren oder gar eine Festanstellung am Hof zu er- halten. Seine Bemühungen wurden allerdings Kreta, nach dem Ende des Trojanischen Kriegs. von keinem Erfolg gekrönt. 1778 wurde Carl Der König Idomeneo (einer der Krieger, die sich im Theodor von Mannheim nach München berufen trojanischen Pferd versteckten) wird mit seiner und nahm einen großen Teil der Musiker der be- Flotte zurückerwartet. Auf Kreta befinden sich rühmten Mannheimer Hofkapelle (damals das zwei fremde Prinzessinen: Elettra und Ilia. Elettra wohl beste Orchester überhaupt) mit nach Bay- (Elektra) ist auf der Flucht, nachdem sich ihre Fa- ern. Unterstützt von den mit ihm befreundeten milie fast vollständig ausgelöscht hat: Erst tötete Musikern wagte Mozart einen zweiten Vorstoß ihre Mutter den Vater, dann ihr Bruder die Mutter. beim Kurfürsten – diesmal erfolgreich. Nach ver- Ilia, Tochter des trojanischen Königs Priamus, ist schiedenen Anlaufschwierigkeiten erhielt er 1780 eine Kriegsgefangene. Beide Frauen lieben Prinz aus München den Auftrag, eine Karnevalsoper Idamante, den Sohn Idomeneos. Ilia ist hin und für 1781 zu verfassen. (Während des Karnevals hergerissen: Sie hasst die Griechen und ist gleich- wurde im Münchener Cuvilliés-Theater jedes zeitig in einen von ihnen, Idamante, verliebt. Aller- Jahr eine große italienische Oper gegeben – bei dings ist er bereits Elettra versprochen. Idamante freiem Eintritt für jedermann.) Vorlage hierfür lässt als Zeichen des Friedens (und aus heimlicher sollte auf Wunsch des frankophilen Carl Theodor Liebe zu Ilia) die trojanischen Gefangenen frei, die 1712 entstandene tragédie lyrique Idoménée trotz des heftigen Widerspruchs Elettras. Als über- von Antoine Danchet sein. Mozart wurde aufs raschend die Nachricht vom Tod Idomeneos über- Genaueste diktiert, wie dieses Werk umzuarbei- bracht wird, stürzt der Prinz verzweifelt zum ten sei: Carl Theodor schrieb u. a. ein „lieto fine“, Strand. Idomeneo hat die turbulente Seereise

46 jedoch überlebt, erschöpft erreicht er den Strand Idamante sich lieben und dass durch seinen von Kreta. Seine Rettung ist aber an einen Schwur Schwur auch Ilia ins Unglück gestürzt werden gebunden: Das erste Lebewesen, das ihm an Land wird. Die einzig Glückliche über Idomeneos Ent- begegnet, muss er dem Meeresgott Poseidon op- schluss ist Elettra, die hofft, in Idamante Liebe fern. Zu seinem Entsetzen trifft er auf Idamante. erwecken zu können. Bevor Idamante abreisen Das Volk eilt herbei und veranstaltet ein Freuden- kann, entsteht ein Sturm und ein Seeungeheuer fest zu Ehren Poseidons – nicht ahnend, welches entsteigt dem Meer. Das Volk flieht entsetzt und Unheil von dem Gott ausgeht. Idomeneo bietet sich selbst als Opfer an, um Neptun zu besänftigen. Idomeneo berät mit seinem Vertrauten Arbace, wie man Idamante retten kann. Sie beschließen, Ilia bekennt den Lüften ihre Liebe zu Idamante. dass der Prinz mit Elettra schleunigst nach Argos Dieser eröffnet ihr, dass er sich dem Seeunge- reisen soll. Idomeneo tröstet die an ihrem Schick- heuer im Kampf stellen will. Ilia hält ihn zurück sal verzweifelnde Ilia. Er erkennt, dass sie und und die beiden gestehen einander ihre Liebe.

47 Dabei werden sie von Idomeneo und Elettra in Vater als König ablösen. Rasend vor Wut und dem flagranti erwischt. Elettra schwört Rache. Ido- Wahnsinn nahe, verlässt Elettra Kreta. Idamante meneo verzweifelt vollkommen. Der Oberpriester wird als neuer König bejubelt. berichtet, dass das Seeungeheuer die Stadt in große Angst versetzt und fordert von Idomeneo, In Idomeneo vermischen sich Einflüsse der fran- Neptun endlich das gewünschte Opfer zu bringen. zösischen Oper und der opera seria. Mozart hatte Nun verkündet Idomeneo dem Volk, dass das in Paris 1778 Werke von Rameau und Grétry sehen Opfer sein eigener Sohn wäre und bittet um und studieren können und war bestens vertraut Mitleid. Dieses wird ihm aber nur kurz gewährt. mit der französischen Operntradition. Charakte- Idamante hat inzwischen das Seeungeheuer ge- ristisch sind hier beispielsweise die Tanz- und tötet. Gefasst macht er sich bereit zu sterben. Chorszenen, die hier zu in die Handlung integ- Als Ilia sich verzweifelt als Ersatzopfer anbietet, rierte Pantomimen umfunktioniert werden. Aus ertönt eine Stimme: Idomeneo sei seines Schwures der italienischen opera seria stammen hingegen entbunden; Idamante soll Ilia heiraten und seinen die Bravouarien der Elettra und des Idomeneo.

48

Premiere war am 29. Januar 1781. Am Pult stand der Menschenopfer eine Realität darstellen. Ido- der Dirigent Christian Cannabich. Der Kurfürst­ meneo weiß, dass ihn in der höchsten Not eines liche Ballettmeister Claudius Le Grand zeichnete furchtbaren Seesturms nur ein Menschenopfer für die Choreographie verantwortlich, Hofthea­ retten kann und begeht damit gleichzeitig den terarchitekt Lorenzo Quaglio gestaltete das Büh- Fehler, der eine furchtbare Tragödie heraufbe- nenbild. Am 13. März 1786 erklang die Oper zum schwört. Lowery, der auch für das Bühnenbild ersten Mal in Wien. Mozart hatte hier bereits verantwortlich zeichnet, arbeitet mit der Motivik diverse Änderungen vorgenommen, Arien nach- von klassischen Stillleben der spanischen oder nie- komponiert und die Rolle des Idamante für Tenor derländischen Malerei: betörend schöne Bilder bearbeitet. Das Werk wurde in der Folge als sperrig von Natur, die aber eingefroren, ja tot ist. Auf und schwierig wahrgenommen und für Auffüh- der anderen Seite stehen Ilia und Idamante, die rungen krude zusammengestrichen oder gar mit nicht den Gesetzen, sondern nur ihrer eigenen neuen Texten versehen. Noch im 20. Jahrhundert Gefühlswelt trauen. Mit der finalen Erhöhung der erstellten Komponisten wie Richard Strauss und beiden zum neuen Königspaar von Kreta besteht Ermanno Wolf-Ferrari eigene Fassungen. Erst ab berechtigte Hoffnung auf eine neue Gesellschaft: 1972, mit dem Erscheinen der Neuen Mozart-Aus- Eine von Verständnis und Herzensbildung ge- gabe, nährt man sich Mozarts authentischen Fas- prägte, aufgeklärte Welt. sungen an. Besonders verdient machte sich hierbei Nikolaus Harnoncourt mit seinen Aufführungen Christian Schröder in Zürich (1980) und Graz (2008). Michael Hof­ stetter vertraut bei seiner Idomeneo-Produktion (Premiere am 18. Januar 2014 am Stadt­theater Gießen) der Partitur von Christian Cannabich, die Michael Hofstetter (Musikalische Leitung) gilt bei der Uraufführung auf dem Pult lag. Bei der als einer der meistgefragten und vielseitigsten Orakelszene erklingt deshalb die selten gespielte Dirigenten seiner Generation und genießt einen Klarinettenfassung – Mozart selbst wollte an internationalen Ruf als Experte für authentische dieser Stelle Posaunen haben, diese Idee musste Aufführungspraxis des 18. und 19. Jahrhunderts. er sich aber vor der Uraufführung aus Kosten- Er war von 2005 bis 2012 Chefdirigent der Lud- gründen aus dem Kopf schlagen – und die große wigsburger Schlossfestspiele, von 2006 bis 2012 Ballettmusik lässt den Opernabend ausklingen. Chefdirigent des Stuttgarter Kammerorchesters und ist seit der Spielzeit 2012/13 Chefdirigent Für den Regisseur Nigel Lowery ist Idomeneo ei- von recreation – Großes Orchester Graz. In Graz ne Geschichte des Übergangs von einer Gesell- leitete er zuletzt das Aufsehen erregende Projekt schaftsform in eine neue, vielleicht bessere. Das 3 x Così fan Tutte. Zudem war er Professor für Königreich Idomeneos ist für Lowery ein starres Orchesterleitung und Alte Musik an der Johannes Konstrukt, das auf unbarmherzigen und unabän- Gutenberg-Universität Mainz. Zur Saison 2012/ derlichen Regeln basiert. Das einmal erschaffene 2013 kehrte Michael Hofstetter als Generalmusik- Gesetz muss auch wider besseres Wissen ange- direktor an das Stadttheater Gießen zurück. In wandt werden – jegliche Dynamik und Flexibilität der letzten Spielzeit dirigierte er neben verschie- geht der Gesellschaft ab. Auch und gerade die denen Konzertprogrammen Bohuslav Martinus Religion spielt hier eine entscheidende Rolle: Mirandolina und die szenische Aufführungen von Mozart und Varesco erzählen von einer Welt, in Mozarts Requiem.

50 Nigel Lowery (Regie und Bühne) wurde in London nierte er u. a. Hänsel und Gretel und Lohengrin geboren und studierte dort Theater-Design an der sowie an der Bayerischen Staatsoper Orphee et Central St. Martin’s School of Art. Seine Ausstat- Euridice. Seine Produktion von Händels Rinaldo tung zu Richard Jones Inszenierung des Ring des (in Koproduktion der Innsbrucker Festwochen für Nibelungen am Royal Opera House Covent Garden Alte Musik mit der Berliner Staatsoper) wurde erhielt in der Spielzeit 1994/95 den begehrten 2003 von der Zeitschrift „Opernwelt“ zur „Insze- „Outstanding Artistic Achievement Award“ des nierung des Jahres“ gewählt. In den letzten Jah- „Evening Standard“. Seit 1996 führt Nigel Lowery ren entstanden Candide in Antwerpen, Le Nozze in eigenen Szenenentwürfen selbst Regie, bereits di Figaro in Stuttgart und Il Trionfo di Clelia für 1997 folgte Il Barbiere di Siviglia am Royal Opera London, Bologna und Athen. In Gießen insze- House Covent Garden. Am Theater Basel insze- nierte er 2012 bereits Der Freischütz.

51 Jan Hoffmann (Chor) studierte in Mainz Musik seuren wie Brigitte Fassbaender, Thomas Oliver und schloss sein Studium sowohl mit einem Ge- Niehaus und Jean Renshaw zusammen. sangsdiplom als auch mit einem Diplom in Or- chester und Chorleitung ab. Bei in Bernhard Berchtold (Idomeneo) studierte am Mainz beendete er 1998 seine Ausbildung zum Mozarteum in Salzburg bei Horiana Branisteanu Gesangslehrer. Als Chordirektor und Kapellmeister und Hartmut Höll. Von 2003 bis 2011 war er am ist Jan Hoffmann seit der Spielzeit 1998/99 am Badischen Staatstheater Karlsruhe engagiert, Stadttheater Gießen verpflichtet, wo er zudem mit von wo aus er u. a. an der Mailänder Scala, an dem Ensemble Die Schmachtigallen regelmäßig der Bayerischen Staatsoper München und am auch auf der Bühne zu erleben ist. Die Sommer- Theater an der Wien – zuletzt in Josef Haydns monate verbringt Jan Hoffmann überdies als Orlando Paladino unter der Leitung von Nikolaus Chordirektor bei den Ludwigsburger Schlossfest- Harnoncourt – gastierte. Vor allem die Opernpar- spielen, wo er auch eigene Konzerte dirigiert. Zu- tien Mozarts, Oratorien und das Lied prägen das dem zeichnete er bei den Salzburger Festspielen künstlerische Schaffen von Bernhard Berchtold. für Choreinstudierungen verantwortlich und über- Nach seinen Rollendebüts in Karlsruhe als Don nahm u. a. die musikalische Leitung von Nabucco Ottavio (Don Giovanni) und der Titelpartie in sowie 2013 von Der Freischütz bei den Schloss- Idomeneo sang er den Aceste (Ascanio in Alba) festspielen Zwingenberg. In der letzten Spielzeit am Teatro Comunale Bologna, den Belmonte (Die dirigierte er in Gießen u. a. die deutsche Erstauf- Entführung aus dem Serail) am Teatro Verdi Triest, führung von Die Eroberung von Granada und ist den Tamino (Die Zauberflöte) am Teatro Carlo weiterhin mit den Schmachtigallen in Reise ins Felice Genua und die Tenorpartien der Die Schul- Glück zu erleben. Außerdem leitete er im Rahmen digkeit des ersten Gebots, Bastien und Bastienne einer hessischen Drei-Städte-Kooperation mit und Der Schauspieldirektor beim Mozart-Zyklus großem Erfolg Aufführungen von Giuseppe Verdis der Salzburger Festspiele 2006 und 2007. Requiem. Kangmin Justin Kim (Idamante) ist ein korea- Bettina Munzer (Kostüme) in Bayern geboren, nisch-amerikanischer Countertenor aus Ilionois, studierte Bühnen- und Kostümbild an der Hoch- USA. Er ist Absolvent der Northwestern University schule der Künste in Berlin. Sie assistierte u. a. in Evanstrom und der Royal Academy of Music in bei Ursel und Karl-Ernst Herrmann sowie David London. Während seines Studiums nahm er u. a. an Fielding. Von 1999 bis 2007 war Bettina Munzer Meisterklassen von Dame Kiri Te Kanawa, Thomas Ausstattungsleiterin am Tiroler Landestheater Quasthoff, June Anderson, Malcolm Martineau Innsbruck. Zudem wirkte sie viele Jahre als Do- und Alfred Brendel teil. Justin Kim wurde bei zentin an der Universität der Künste, Berlin, und zahlreichen Wettbewerben ausgezeichnet, u. a. an der Central School of Speech and Drama in Les Azuriales in Nizza und 2013 mit dem People London. Als freischaffende Bühnen- und Kostüm- Choice Award der Wisconsin District of the Metro- bildnerin arbeitete sie u. a. am Burgtheater/Aka- politan Opera National Council Auditions. Erst demietheater Wien, dem Schauspielhaus Zürich, kürzlich feierte er sein Debüt als Menelao in Elena am Theater Basel, beim Almeida Festival London von Cavalli in der Opera national de Montpellier und dem Aalto Theater Essen. Eine rege Zusam- und gab diese Rolle ebenfalls in Lille und Lissa- menarbeit verbindet sie mit Barbara Frey. Bettina bon als Teil des Festival d’Aix-en-Provence-Tour. Munzer arbeitet zudem regelmäßig mit Regis-

52 Naroa Intxausti (Ilia) studierte an der Musik- Kirsten Blaise (Elettra) studierte Gesang an der hochschule Bilbao Klavier und Gesang und schloss Indiana University School of Music. In den letzten ihr Gesangstudium mit Auszeichnung ab. 2003 Jahren hat sie bei vielen wichtigen Händelpro- gab sie als Bastienne in Bastien und Bastienne ihr duktionen wie Radamisto bei den Händelfest- Debüt. Zu ihrem Repertoire zählen Partien wie spielen Karlsruhe oder Admeto bei den Händel- Pamina (Die Zauberflöte), Marzelline (Fidelio), festspielen Göttingen mitgewirkt. Zunehmend Adina (L’elisir d’amore) und Norina (Don Pasquale). bestimmen Produktionen mit Mozart, Gluck und Engagements führten sie u. a. an die Oper nach Weber ihren Kalender. Regelmäßig singt sie die Bilbao und an das Gran Teatro del Liceu nach großen Werke Bachs, Haydns und Mozarts, aber Barcelona und zur Kammeroper Schloss Rheins- auch Brahms, Schubert und Mendelssohn. Als berg. Sie ist festes Ensemblemitglied am Stadtthe- gefragte Solistin hat sie bereits u. a. an der De ater Gießen, wo sie u. a. als Musetta (La Bohème), Nederlandse Opera, der Staatsoper Stuttgart und Ännchen (Der Freischütz), Lia San (Victoria und ihr dem Badischen Staatstheater Karlsruhe gesungen. Husar), als Poppea (Agrippina) als Yvette (Tanz Besondere Höhepunkte waren 2009 das Debüt bei auf dem Pulverfass) und als Zulema in der deut- den Händelfestspielen in Göttingen in Händels schen Erstaufführung von La Conquista di Granata Admeto unter Nicolas McGegan in einer Insze- zu erleben war. nierung von Doris Dörrie und die Mitwirkung in

53 Mahlers 2. Sinfonie unter Christoph Eschenbach beim Maggio Musicale in Florenz und bei den beim Pacific Music Festival in Sapporo. Salzburger Festspielen. Seit 2007 ist er Professor für Gesang an der Hochschule für Musik in Mainz. Andreas Karasiak (Arbace) studierte zunächst Klavier, dann Gesang bei Claudia Eder an der Christian Richter (Gran Sacerdote) schloss im Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Parallel Mai 2010 das Studium der Humanmedizin an dazu erfolgte das Studium der Barockmusik an der der Justus-Liebig-Universität Gießen ab. Zum Schola Cantorum Basiliensis bei René Jacobs. Sommersemester 2010 begann er zeitgleich sein Von 1998 bis 2001 war er Ensemblemitglied des Gesangstudium bei Claudia Eder an der Hoch- Natinaltheater Mannheim. Dort sang er die wich- schule für Musik an der Johannes Gutenberg- tigsten Partien im lyrischen Mozartfach. Gastver- Universität Mainz. Seit der Spielzeit 2006/2007 träge für Oper und Konzert führten ihn u. a. nach ist er Mitglied im Extrachor des Stadttheaters Basel, Stuttgart und Weimar, in die Philharmonie Gießen und wirkte hier in zahlreichen Produk­ Berlin, den Musikverein Wien, ins Concertgebouw tionen mit. Sein Debüt als Solist gab er als Ben Amsterdam, in die USA nach Mexico und nach in dem Musical Der geheime Garten. Weiterhin Australien. Zudem gastierte Andreas Karasiak war er als Mischka in Werner Egks Der Revisor im

54 Stadttheater Gießen und in der Spielzeit 2010/ mit dem Musiktheater von Galati auf Deutsch- 2011 als Monostatos in Die Zauberflöte am Lan- landtournee. Erste Engagements in Deutschland destheater Rudolstadt zu erleben. Seit der Spielzeit führten ihn an das Badische Staatstheater Karls- 2008/2009 ist er unter Michael Hofstetter regel- ruhe und an das Staatstheater Darmstadt. Seit mäßig bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen der Spielzeit 2012/13 ist er Ensemble-Mitglied zu Gast. Seit 2013 ist er Mitglied des Operncho- des Stadttheater Gießen und interpretierte hier res und war wiederum solistisch als Evangelist in bisher u. a. sowohl Kuno (Der Freischütz), Alex- Kommilitonen! zu erleben. ander/Großinquisitor (Kommilitonen!), Donald (Der fliegende Holländer), Moulinette (Tanz auf Der Bass-Bariton Calin-Valentin Cozma (La voce) dem Pulverfass) und die Bass-Partie in Verdis absolvierte sein Musikstudium sowohl an der Requiem. Akademie in Cluj-Napoca als auch an der Uni- versität von Bukarest. Schon während seines Studiums gab er den Don Basilio in Gioacchino Rossinis Barbier von Sevilla und den Masetto in Mozarts Don Giovanni. 2008 und 2009 ging er

55 Minetti Quartett

Maria Ehmer (Violine) Anna Knopp (Violine) Milan Milojicic (Viola) Leonhard Roczek (Violoncello)

Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Sonntag, Adagio und Fuge c-Moll KV 546 12.10.2014 – Adagio – Fuga. Allegro 11.00 Uhr Jagdsaal Schloss Schwetzingen Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) Streichquartett Nr. 22 B-Dur „2. Preußisches Quartett“ KV 589 – Allegro – Larghetto – Menuetto: Moderato – Trio – Allegro assai

– Pause –

Franz Schubert (1797-1828) Streichquartett Nr. 14 d-Moll „Der Tod und das Mädchen“ D 810 – Allegro – Andante con moto – Scherzo: Allegro molto – Presto

56 Minetti Quartett

In den 1780er Jahren war die Begegnung mit dass der Komponist eine Reihe Bachscher Fugen dem Baron Gottfried van Swieten (1733–1803), aus dem Wohltemperierten Klavier für Streicher- einem führenden Wiener Kunstmäzen, von großer besetzung arrangierte und sich auch selbst dieser Bedeutung für Wolfgang Amadeus Mozarts Gattung annahm; die meisten dieser Stücke blie- schöpferische Entwicklung. Nach Beendigung ben allerdings nur fragmentarisch erhalten. seiner Arbeit als österreichischer Gesandter am Hof des Preußenkönigs Friedrich II. brachte van So kam es dazu, dass Mozart 1783 eine Fuge in Swieten im Jahre 1777, inspiriert von Carl Philipp c-Moll für zwei Klaviere komponierte, die er Jahre Emanuel Bach und den beiden Bach-Schülern später wieder hervorholte, um sie nochmals für Johann Philipp Kirnberger und Johann Friedrich Streichquartett zu bearbeiten. Für diese Beset- Agricola, frische Eindrücke barocker Musik nach zung schrieb er allerdings noch ein gewichtiges, Wien mit. In seinem Haus veranstaltete er regel- expressives Adagio, das er seiner Fuge voran- mäßig sonntägliche ‚Akademien’, die dem Studium stellte, denn die Kopplung dieser beiden Teile der Musik von Johann Sebastian Bach und Georg war zu dieser Zeit weit verbreitet. Adagio und Friedrich Händel dienten und an denen ab 1782 Fuge c-Moll KV 546 für Streicher entstand im auch Mozart mit Begeisterung teilnahm, was aus Sommer des Jahres 1788, laut Mozarts Eintra- Briefen an seine Schwester und seinen Vater in gung im eigenen Werkverzeichnis am 26. Juni: Salzburg hervorgeht. Auch seine Frau Konstanze, „Ein kurzes Adagio à 2 Violini, Viola, e Baßo, zu die wohl eine besondere Vorliebe für den ‚strengen einer Fuge, welche ich schon lange für 2 Klaviere Stil’ der Fuge gehabt hat, trug einen Teil dazu bei, geschrieben habe“. Im Gegensatz zu seiner sonst

57 oft heiteren Musik, beweist Mozart schon in seine Geldsorgen ausblenden konnte, sobald er dem kurzen, pathetischen Adagio seine Fähig- zur Feder griff. Die ersten beiden Sätze Allegro keiten, ein ernstes Stück im barocken Stil zu und Larghetto komponierte Mozart noch wäh- komponieren. Mit schweren Punktierungen und rend seiner Reise im Jahr 1789. Hier kann man starker Ausdrucksintensität geht das Adagio klar die solistische Behandlung des Violoncellos schließlich in das markante Thema der Fuge erkennen, die ganz nach dem Geschmack des über, die voll von kunstvoller, verwobener Satz- Königs war, welcher immer wieder nach neuen technik und Dissonanzen, wie sie in keinem musikalischen Herausforderungen suchte. Trotz zweiten Stück von Mozart zu finden sind, ganz der Hervorhebung des Cellos ist die Tendenz zur in der Manier der alten Meister steht. Polyphonie, eine Verzahnung der vier selbstständig geführten Instrumentalstimmen, hier noch stärker Die drei „Preußischen Quartette“ KV 575, 589 als in Mozarts früheren „Haydn-Quartetten“ zu und 590 verdanken ihre Entstehung einer Reise spüren. Dem edlen, kantablen Eröffnungssatz und nach Berlin und Potsdam, die Wolfgang Amadeus dem lyrischen Larghetto, das fast einer Cello- Mozart Anfang 1789 mit seinem ehemaligen Arie gleicht, schließen sich ein Menuetto und ein Schüler Fürst Lichnowsky unternahm. Dort traf Allegro assai an, die erst nach Mozarts Rückkehr er auf den musikliebenden und selbst Violoncello nach Wien im Mai 1790 fertiggestellt wurden: spielenden preußischen König Friedrich Wilhelm II., Der dritte Satz weist eine gewisse tänzerische Un- der dem Komponisten angeblich eine Reihe von bekümmertheit auf, bevor das fulminante Finale sechs Streichquartetten in Auftrag gab. Mozart, – mal turbulent, mal gesanglich, mal kontra- der zu dieser Zeit starke Geldnöte hatte, begann punktisch – das Quartett schließlich königlich auf der Rückreise sofort mit der Arbeit, in der zu Ende bringt. Hoffnung, eine nicht unbeträchtliche Summe des Auftraggebers zu kassieren. Allerdings ist nicht „An Liedern habe ich wenig Neues gemacht, da- endgültig geklärt, ob dieser Auftrag wirklich exis­ gegen versuchte ich mich in mehreren Instru- tierte oder ob Mozart nur versuchte, mit einer mental-Sachen, denn ich componirte 2 Quar- Widmung an den König schneller an Geld zu tetten für Violinen, Viola und Violoncelle u. ein kommen. Octett, u. will noch ein Quartetto schreiben, überhaupt will ich mir auf diese Art den Weg zur Die Arbeit an dieser Serie geriet aber bereits grossen Sinfonie bahnen”. Diese Worte schrieb während des zweiten Quartetts ins Stocken und Franz Schubert im März 1824 an seinen Freund Mozart stellte nach einigen Unterbrechungen Leopold Kupelwieser, nachdem er eine Gruppe nur drei der sechs Quartette fertig. Im Sommer von Kammermusikwerken in Angriff genommen 1790 musste er schließlich seine Manuskripte an hatte. Heute sind sie als seine “Spätwerke” be- den Wiener Verleger Artaria verkaufen: „Nun bin kannt, obwohl der Komponist damals gerade ich gezwungen“, schrieb er im Juni 1789 an sei- erst 27 Jahre alt war. Von seinen Freunden kaum nen Freund und Logenbruder Johann M. Puch- Beachtung findend, gleichsam im Stillen, hatte berg, „meine Quartetten (diese mühsame Arbeit) Schubert damals drei seiner umfangreichsten und um ein Spottgeld herzugeben, nur um in meinen großartigsten Kammermusikwerke komponiert: Umständen Geld in die Hände zu bekommen.“ das Oktett D 803 und die beiden Streichquartette in a-Moll und d-Moll, D 804 und 810 (1824). In Das „2. Preußische Quartett“ in B-Dur KV 589 den beiden Quartetten findet sich im langsamen zeigt allerdings deutlich, dass der Komponist zweiten Satz außerdem jeweils das Element des

58 Selbstzitats, denn der Komponist baut in D 804 das „Das Minetti Quartett ist eine musikalische Thema der Zwischenaktmusik aus „Rosamunde“ Sensation aus Österreich“ titulierte Der Tages- D 797 ein, während man in D 810 Anklänge an spiegel nach dem Debüt des Minetti Quartetts in die Melodie des Liedes „Der Tod und das Mädchen“ der Berliner Philharmonie. D 531 entdecken kann. Dieses Lied entstand 1817 als Vertonung des gleichnamigen Gedichts von Seit der Gründung des Quartetts im Jahr 2003 Matthias Claudius, welches die Angst eines Mäd- haben die vier Musiker das Publikum mit zahl- chens vor dem personifizierten Tod darstellt, der reichen Konzerten bei renommierten Kammer- hier allerdings eher mit tröstendem Charakter musikfestivals wie der Schubertiade Schwarzen- auftritt. berg, Aldeburgh, Aix-en-Provence, Mecklenburg- Vorpommern und Kuhmo begeistert. Seit der In Schuberts Streichquartett Nr. 14 in d-Moll Saison 2008/09 präsentiert sich das inzwischen D 810, dessen vier Sätze alle in Moll stehen, be- weltweit auftretende Minetti Quartett auf den kommt der Zuhörer die düstere, bedrohliche Stim- Bühnen der bedeutendsten europäischen Kon- mung des Gedichts durchaus zu spüren: Obwohl zerthäuser wie der Wigmore Hall London, dem im ersten Satz Allegro das Lied noch nicht konkret Concertgebouw Amsterdam, Palau de la Música aufgegriffen wird, kann man hier eine gestische Barcelona, Konserthuset Stockholm, Palais des Umsetzung des plötzlich zupackenden Todes durch Beaux Arts Brüssel, Kölner Philharmonie, Fest- das in allen Stimmen brutal gegenwärtige Trio- spielhaus Baden-Baden, Mozarteum Salzburg, lenmotiv des Anfangs feststellen, das auch das Wiener Konzerthaus und im Wiener Musikverein. träumerische Seitenthema in Dur immer wieder überschattet. Das Andante greift nun das Lied­ Zudem ist das Minetti Quartett Gewinner zahl- zitat auf, allerdings nimmt Schubert hier nur die reicher Wettbewerbspreise wie dem 1. Preis beim tröstliche Antwort des Todes mit hinein und Internationalen Rimbotti Wettbewerb für Streich- lässt die flehenden Rufe des Mädchens außer quartett in Florenz, dem Haydn-Preis beim Inter- Acht. Diesem Anfang schließen sich fünf unter- nationalen Joseph Haydn Wettbewerb in Wien, schiedliche Variationen an, in denen das ganze dem Gewinn des Internationalen Schubert Wett- Spektrum an Dynamik, musikalischer Ästhetik bewerbs in Graz sowie des Großen Gradus ad und Symbolik ausgeschöpft wird. Das an dritter Parnassum Preises. Vor fünf Jahren erschien die Stelle stehende, aufgrund seiner Synkopen sehr Debüt-CD des Minetti Quartetts beim deutschen unruhig wirkende Scherzo erscheint zunächst als Label Hänssler Classic mit Werken von Joseph Übersteigerung eines Tanzsatzes, ist aber bei ge- Haydn, die in zahlreichen Fachzeitschriften nauerem Hinschauen motivisch ebenfalls mit dem begeistert rezensiert wurde. Weitere Einspie- Lied verknüpft; und auch das Trio greift in Dur lungen dokumentieren das Können des Quar- auf den beinahe sanft erscheinenden Ausdruck des tetts. Wesentliche künstlerische Impulse erhielt Todes zurück. Der Höhepunkt des Stückes liegt in das Streichquartett von Mentoren wie Johannes­ dem gespenstisch-skurrilen Finale im Presto, das Meissl, Hatto Beyerle, den Musikern des Alban mit seinem Tarantella-artigen Rhythmus oft als Berg Quartetts und des Artemis Quartetts, so­ „Totentanz“ bezeichnet wird. Mit einer geradezu wie als Mitglied der European Chamber Music gehetzt klingenden Steigerung im Prestissimo Academy (ECMA) vom Amadeus Quartett, dem gegen Ende wischt der Schluss dieses orchestralen Quatuor Mosaïques und dem Hagen Quartett. Werkes dann jedoch auch den letzten tröstlichen Gedanken hinweg. Theresa Awiszus

59 Schwetzinger Schlosskonzerte 2014/15

Mein Name ist Wolferl Samstag, und ich bin ein Musikus!

29.11.2014 Eine musikalische Reise mit Musik 16.00 Uhr, von Wolfgang Amadeus Mozart Rokokotheater für Menschen von 5 bis über 100

Mit freundlicher concierto münchen Unterstützung der Ltg: Carlos Domínguez-Nieto

Euro 23.00 / 20.80 / 17.50 / 12.00 10% Ermäßigung für Kinder unter 10 Jahre

Festliches Neujahrskonzert Donnerstag, Beschwingter Jahresauftakt 01.01.2015 20.00 Uhr, Baden-Badener Philharmonie Rokokotheater Dirigent: Pavel Baleff

Euro 46.10 / 41.70 / 36.20 / 17.50

60 Schwetzinger Schlosskonzerte 2014/15

Benefizkonzert des Freitag, Lions Club Schwetzingen 19.06.2015 in Kooperation mit der Mozartgesellschaft Schwetzingen 20.00 Uhr, Rokokotheater Das genaue Programm und der Benefizzweck werden im Januar 2015 bekannt gegeben.

Euro 41.10 / 37.80 / 29.00 / 18.00

40. Schwetzinger Mozartfest® 25. September bis 11. Oktober 2015 Schloss Schwetzingen

Information und Kartenvorverkauf: Information zum Programm: Mozartgesellschaft Schwetzingen e.V. Schwetzinger Zeitung: Kartenservice 0 62 02 – 205 205 Telefon: +49 (0)62 02 - 5 66 06 Tickethotline und Versand: Telefax: +49 (0)62 02 - 12 79 77 01805 / 700 733 (14 ct/min aus dem Dt. Festnetz) Versand Euro 5.90 / Bestellung [email protected] www.mozartgesellschaft-schwetzingen.de Sowie alle regionalen Vorverkaufsstellen Internet: www.reservix.de

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