Das wächst – verkehr(t)?

MAS-Programm in Raumplanung 2017/19 Studienprojekt 2: Metroraum Zürich 2050

Schlussbericht

Autor/innen: Katharina Frischknecht, Gerontologin Alexander Gnos, Geograf Sarah Grossenbacher, Soziologin Samuel Kissling, Jurist Leila Siegenthaler, Geomatikingenieurin Sibèlle Urben, Architektin David Zumstein, Architekt

Betreuer: Frank Argast, Co-Leiter Raumentwicklung + Planung, Amt für Städtebau Zürich Juni 2019

Netzwerk Stadt und Landschaft NSL

ii Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis ______iv Tabellenverzeichnis ______iv

1 Einleitung ______1

2 Ausgangslage ______1 2.1 Bedeutung des Metropolitanraums Zürich ______1 2.2 Statistische Beobachtungen ______2 2.3 Entwicklungsszenario 2045 ______4

3 Verteilungs- und Verkehrsproblem ______5

4 Am konkreten Fall: Seetal ______7 4.1 Charakterisierung des Raums ______9 4.2 Analyse des Raums ______10

5 Drei mögliche Szenarien für das Seetal ______12 5.1 Szenario 1: Wachstum gemäss kantonalen Vorgaben ______12 5.2 Szenario 2: Wachstum gemäss Bauzonenreserven ______14 5.3 Szenario 3: Selektives Wachstum ______15

6 Fazit ______16

7 Handlungsempfehlungen ______17 7.1 Einzelne Massnahmen ______17 7.2 Modellvorhaben ______19

8 Antrag ______20

Literatur ______21

Glossar ______23

Anhang ______24 Anhang A: Gemeindeübersicht Seetal – Bauzonen ______25 Anhang B: Gemeindeübersicht Seetal – Einwohnerentwicklung______26 Anhang C: Gemeindeübersicht Seetal – Überkapazitäten ______27 Anhang D: Exkurs: S-Bahn-Ausbau ______28

iii Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Karte Metro-ROK. Quelle: Kanton Zürich 2015...... 2 Abbildung 2: Reisezeit ÖV und Reisezeit MIV ausgehend von der Stadt Zürich. Quelle: ARE 2011, eigene Darstellung...... 3 Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung 1995–2045 in den acht Kantonen des Metropolitanraums Zürich. Quelle: BFS 2016 und 2018c, eigene Darstellung...... 4 Abbildung 4: Unüberbaute Bauzonen. Quelle: ARE 2017, eigene Darstellung...... 5 Abbildung 5: Wohnort der Beschäftigten mit Arbeitsort im Seetal (binnen: gleiche Gemeinde, nah: Bezirk , Kulm und Hochdorf, mittel: Bezirke Aarau, Brugg, Baden, Bremgarten, Muri, Luzern- Landschaft, Luzern Sursee, Zofingen). Quelle: eigene Darstellungen, Daten Pendlermatrix 2014 des BfS 2018 ...... 6 Abbildung 6: Arbeitsort der Bevölkerung im Seetal und deren Wohnort (binnen: gleiche Gemeinde, nah: Bezirk Lenzburg, Kulm und Hochdorf, mittel: Bezirke Aarau, Brugg, Baden, Bremgarten, Muri, Luzern-Landschaft, Luzern Sursee, Zofingen). Quelle: eigene Darstellungen, Daten Pendlermatrix 2014 des BfS 2018 ...... 6 Abbildung 7: Karte Metro-ROK mit Fokusgebiet, eigene Darstellung. Quelle: Kanton Zürich 2015...... 8 Abbildung 8: Analyseperimeter Seetal (Quelle Swisstopo 2018, eigene Darstellung)...... 8 Abbildung 9: Drei exemplarische Bilder. Quelle: eigene Bilder...... 9 Abbildung 10: Kombination der beiden Raumkonzepte Luzern und ...... 10 Abbildung 11: Szenario 1: Schematische Darstellung des möglichen Wachstums (rot) gemäss Vorgaben Richtplan in der Gemeinde (Referenz: Swisstopo 2017, Zonenplan der Gemeinde Birrwil; eigene Darstellung)...... 13 Abbildung 12: Szenario 2: Schematische Darstellung des möglichen Wachstums (rot) gemäss rechtskräftiger Bauzone in der Gemeinde Birrwil (Referenz: Swisstopo 2017, Zonenplan der Gemeinde Birrwil; eigene Darstellung)...... 14 Abbildung 13: Szenario 3: Schematische Darstellung des zukünftigen Wachstums (rot) gemäss Szenario 3; Da Birrwil nur im Bestand wächst, dehnt sich das Siedlungsgebiet nicht weiter aus (Referenz: Swisstopo 2017, Zonenplan der Gemeinde Birrwil; eigene Darstellung)...... 15 Abbildung 14: Passagierfrequenz Bahnhöfe Seetalbahn. Quelle: SBB 2016, eigene Darstellung...... 28 Abbildung 15: Reisezeiten per Bahn zwischen Lenzburg und Luzern. Quelle: Google Maps...... 29

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Bauzonenanalyse Seetal ...... 11 Tabelle 2: Detaillierte Bauzonenübersicht ...... 25 Tabelle 3: Details zur Einwohnerentwicklung bis 2035 ...... 26 Tabelle 4: Details zur Überkapazität an Bauzonen ...... 27

iv

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit fokussiert auf die Frage, welchen Entwicklungszielen der ländliche Raum nachleben muss, damit eine nachhaltige und RPG-konforme Entwicklung im Metropolitanraum Zürich erreicht wird. Zur Beantwortung der Frage wenden wir uns dem sogenannten Seetal zu, als einem ty- pischen Vertreter der Kulturlandschaft (gemäss Raumordnungskonzept für den Metropolitanraum Zürich, Metro-ROK). Wie entwickelt sich dieses Seetal? Findet ein Wachstum statt? Falls Ja, wie sieht dieses Wachstum aus? Was bedeutet Wachstum oder Schrumpfung für das Seetal? Wächst das Seetal gar verkehrt?

2 Ausgangslage 2.1 Bedeutung des Metropolitanraums Zürich

Der Metropolitanraum Zürich als räumlicher Denk- und Handlungsrahmen hat sich mit dem Raum- konzept Schweiz aus dem Jahr 2012 gefestigt. Darin haben sich Vertreter und Vertreterinnen von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden auf grundsätzliche Ziele und Strategien geeinigt. Weil heute viele Schweizer und Schweizerinnen täglich zwischen Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Einkaufen die Gemeinde-, Kantons- oder gar Landesgrenzen überqueren, schlägt das Raumkonzept Schweiz ein Planen und Handeln in überregionalen Handlungsräumen vor.

Dem vorausgegangen ist ein weltweiter Diskurs, welcher sich mit der Globalisierung und Digitalisie- rung sowie der Bedeutung der Städte befasste. Die Soziologin Saskia Sassen prägte 1991 den Begriff der «Global City». Dabei lautet Sassens These, dass Städte auch im Zeitalter der Globalisierung und Digitalisierung den zentralen Knotenpunkt für die Wirtschaft darstellen und als Dreh- und Angelpunkt der internationalen Finanz- und Dienstleistungstransaktionen fungieren. Städte wie Zürich sind Wirt- schaftsmotoren für grössere Räume – die sogenannten Metropolitanräume.

Das Raumkonzept Schweiz sowie das in der ersten Etappe revidierte Raumplanungsgesetz (RPG 1) fordern die Kantone zur Zusammenarbeit mit den Nachbarkantonen in funktionalen Räumen auf. Dies veranlasste die Kantone, welche dem Metropolitanraum Zürich zugeordnet sind, 2015 das Raumord- nungskonzept für den Metropolitanraum Zürich (Metro-ROK) mit gemeinsamen Grundsätzen zu Sied- lung, Verkehr und Landschaft zu erarbeiten.

Der Metropolitanraum Zürich umfasst die Kantone Aargau, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, St. Gallen, Thurgau, Zug und Zürich. Im Raumordnungskonzept Metro-ROK wird der Raum in vier Handlungs- räume unterteilt: Stadtlandschaft mit ihren Zentren (bspw. Zürich, Winterthur, Luzern plus Agglome- ration), Zwischenlandschaft mit regionalen Zentren (bspw. Affoltern a. A., Bülach, Reinach-Menziken), Kulturlandschaft mit regionalen Zentren (bspw. Hochdorf, Muri AG) und Naturlandschaft (bspw. Berg- gebiete, Moorgebiete). Das Metro-ROK ist nicht behördenverbindlich; es dient als Orientierungsrah- men und wurde von den acht zuständigen Regierungsmitgliedern der betreffenden Kantone zur Kenntnis genommen. Die Erfahrungen zeigen, dass die Stärke des Metro-ROK darin liegt, dass es in- formell erarbeitet wurde und von den Kantonen als wichtige Grundlage in deren Richtplanung mitbe- rücksichtigt wird. Über den ganzen Metropolitanraum wurden erstmals vier gemeinsame Raumtypen definiert. Die vorliegende Arbeit wird sich vor allem mit dem Typ der Kulturlandschaft beschäftigen.

1 Abbildung 1: Karte Metro-ROK. Quelle: Kanton Zürich 2015.

2.2 Statistische Beobachtungen

Siedlung – dynamische Entwicklung ohne Zunahme der Bevölkerungsdichte Die acht Metropolitankantone vereinen aktuell 3,7 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner und 2 Millionen Beschäftigte (BFS 2018a) auf einer Fläche von rund 9'000 Quadratkilometern.1 Dies ent- spricht beinahe der Hälfte der Schweizer Bevölkerung und zwei Fünfteln der gesamtschweizerischen Arbeitsplätze. 37 Prozent des schweizerischen Bruttoinlandprodukts werden in diesem Raum gene- riert. Das nicht bereinigte Beschäftigten-/Einwohnerverhältnis liegt bei 0,61 und präsentiert sich da- mit ausgeglichen.

Die Entwicklung im Metropolitanraum war in den vergangenen Jahren sehr dynamisch. In den letzten sieben Jahren nahmen die Einwohnerinnen und Einwohner um 310'000 Personen und die Beschäftig- ten um 320'000 Personen zu. Das Bevölkerungswachstum fand zu 80 Prozent in der Stadt- und Zwi- schenlandschaft und das Beschäftigtenwachstum zu 56 Prozent in der Stadtlandschaft statt (vgl. Metro-ROK).

Im Vergleich zu den 1960er Jahren hat sich die Bevölkerungsdichte in den Städten nicht signifikant erhöht. Hingegen nahm die Bevölkerungsdichte in den Agglomerationen, den Zwischenlandschaften und in den mittleren und kleinen Städten stark zu. Zwischen 1979 und 2009 erhöhte sich die bean- spruchte Siedlungsfläche um 23,3 Prozent auf 1'200 Quadratkilometer. Dabei stieg der Anteil der Siedlungsfläche an der Gesamtfläche der Schweiz seit Anfang der 1990er Jahre von 6 Prozent auf 7,5 Prozent. Dieses Wachstum ging auf Kosten der Landwirtschaftsfläche. Das Wachstum von Industrie- und Gewerbearealen ging in diesem Zeitraum zurück (BFS 2013).

1 Der Vergleich mit London zeigt: Es geht noch grösser. Die Metropolregion London hat rund 14 Millionen EinwohnerInnen auf einer Fläche von zirka 8'400 km2.

2 Mobilität – Bedeutsamer Verkehrsraum mit hoher Pendlerquote Der Metropolitanraum Zürich ist ein bedeutender Verkehrsraum für die Schweiz. Er liegt sowohl auf der Ost-West- wie auch auf der Nord-Süd-Achse der Schweiz. Diese Position wurde in den letzten Jahren mit grossen Investitionen in Bahn und Strasse zusätzlich akzentuiert. Zudem befindet sich der wichtigste Flughafen der Schweiz in diesem Raum.

Die Strasse ist nach wie vor der wichtigste Verkehrsträger im Metropolitanraum. Auf den verschiede- nen Achsen überlagern sich nationale, metropolitane und regionale Verkehrsströme. Rund um Zürich sind die derzeit verfügbaren Kapazitäten auf den Nationalstrassen mehrheitlich ausgeschöpft. Mit etwa 140‘000 Fahrzeugen pro Tag ist die A1 bei Dübendorf der am stärksten befahrene Abschnitt im Nationalstrassennetz der Schweiz.

Von den 2 Millionen Beschäftigten der acht Metropolitankantone pendeln rund 1,8 Millionen in andere Gemeinden; dies sind rund 90 Prozent der Erwerbstätigen. Mit Abstand die meisten PendlerInnen rei- sen dabei in die Stadt Zürich. Die entsprechenden Pendlerquoten in den verschiedenen Kantonen un- terscheiden sich nicht gross, sie liegen zwischen 88,7 und 90,5 Prozent (SIGNER 2018: 2). Deutlich un- terscheidet sich der Anteil ErwerbspendlerInnen jedoch in den einzelnen Raumtypen resp. Hand- lungsräumen gemäss Metro-ROK. Während in der Zwischenlandschaft der Pendleranteil überdurch- schnittlich hoch ist, liegt deren Anteil in der Kulturlandschaft deutlich unter dem Durchschnitt (vgl. Metro-ROK). Der Anteil Verkehrsflächen an der Siedlungsfläche beläuft sich auf rund 33 Prozent, das Wachstum hat sich über die Zeit hingegen von 9,5 auf 5,5 Prozent verringert.

Wird die Reisezeit betrachtet (vgl. Abbildung 2), so zeigt sich, dass sich der Einzugsbereich der Stadt Zürich mit dem ÖV innerhalb von 60 Minuten auf einen relativ kleinen Perimeter bezieht, dafür aber die grossen Zentren vergleichsweise schnell untereinander erreichbar sind. Mit dem MIV wird inner- halb von 60 Minuten ein grösserer Perimeter erreicht, die Verbindungen sind radial und somit flä- chendeckender.

Abbildung 2: Reisezeit ÖV und Reisezeit MIV ausgehend von der Stadt Zürich. Quelle: ARE 2011, eigene Darstellung.

3 2.3 Entwicklungsszenario 2045

Die Prognosen des Bundesamtes für Statistik sagen in allen Szenarien ein künftiges Bevölkerungs- wachstum für den Metropolitanraum voraus. Mit einer Schrumpfung ist im Metropolitanraum nicht zu rechnen. Je nach Szenario des Bundes beträgt das Wachstum der acht Metropolitankantone bis ins Jahr 2045 zwischen einer halben und 1,2 Millionen EinwohnerInnen (vgl. Abb. 3).

Abbildung 3: Bevölkerungsentwicklung 1995–2045 in den acht Kantonen des Metropolitanraums Zürich. Quelle: BFS 2016 und 2018c, eigene Darstellung.

Wird die demografische Entwicklung im Metropolitanraum genauer betrachtet, so zeigt sich, dass nicht nur die Bevölkerung insgesamt wächst, sondern dass v.a. auch die Bevölkerungsgruppe der 65- jährigen und Älteren sowohl absolut als auch relativ deutlich zunehmen wird. Dieser Trend ist in der ganzen Schweiz zu beobachten. So wird beispielsweise der Altersquotient (Anzahl über 65-Jährige pro hundert 20-64-Jährige) im Jahr 2045 in den Kantonen Uri, Obwalden, Tessin, Nidwalden und Graubün- den bei über 60 liegen (BFS 2016).

Im Metro-ROK ist festgehalten, dass das zukünftige Wachstum der Bevölkerung wie folgt verteilt wer- den soll: 80 Prozent in der Stadtlandschaft, 20 Prozent in der Zwischenlandschaft und in der Kultur- landschaft. Die regionalen Zentren der Zwischen- und Kulturlandschaft haben ebenfalls 80 Prozent des Wachstums aufzufangen. Kein Wachstum soll in der Naturlandschaft stattfinden. Die Verteilung des Wachstums soll über den gesamten Metropolitanraum ohne Berücksichtigung von Kantonsgren- zen betrachtet werden. Neue Infrastrukturangebote, die nicht mit der gewünschten Siedlungsentwick- lung abgestimmt sind, sind zu vermeiden. Künftige Kapazitätsausbauten der Verkehrsinfrastruktur sollen entweder im ÖV oder MIV erfolgen, nicht aber auf beiden Verkehrsträgern gleichzeitig. Das Metro-ROK stellt sich weiter auf den Grundsatz, dass mindestens 50 Prozent des Mehrverkehrs auf den ÖV entfallen sollen.

4 3 Verteilungs- und Verkehrsproblem

Trifft die Bevölkerungs- und Beschäftigtenentwicklung bis 2045 wie prognostiziert2 ein, steht der Met- ropolitanraum Zürich vor grossen Herausforderungen. Dabei schälen sich vordergründig zwei spezifi- sche Probleme heraus, welche wiederum zahlreiche Stolpersteine beinhalten:

Verteilungsproblem: Angebot und Nachfrage decken sich nicht Wie untenstehende Abbildung 4 zeigt, liegen die grössten Bauzonenreserven in kleineren und mittle- ren Gemeinden. Diese sind mehrheitlich ländlich geprägt und durch den ÖV schlecht erschlossen. Da- mit liegen die Reserven nicht dort, wo die grösste Nachfrage besteht und die Verkehrsinfrastruktur gut ausgebaut ist. Die Nachfrage nach Wohnraum ist nämlich in den Stadtlandschaften deutlich grös- ser als das Angebot. Umgekehrt sind die Bauzonenreserven in den kleineren und mittleren Gemein- den fast überall grösser als die Nachfrage. Die aktuellen Leerwohnungsziffern zeigen, dass es in den kleineren und mittleren Gemeinden einen hohen Leerstand gibt (BFS 2018d).

Folgende Herausforderungen stellen sich aufgrund dieses Verteilungsproblems: - Die Nachfrage nach Wohnraum in den Stadtlandschaften treibt die Preise in die Höhe. Dies wiede- rum führt zu Segregation: Personengruppen, die sich das Leben in der Stadt nicht mehr leisten können, müssen in die ländlichen, zumeist schlecht(er) erschlossenen Gebiete umziehen. - Aufgrund der fehlenden Nachfrage müssen überdimensionierte Bauzonen in kleineren Gemein- den ausgezont werden. Die Gemeinden tun sich damit aber schwer – dies nicht zuletzt auch aus Angst vor hohen Entschädigungsforderungen. - Werden Parzellen bebaut, für die es kaum Nachfrage gibt, führt dies zu Leerstand und verur- sacht hohe Infrastrukturkosten. Avenir Suisse (2012) kommt zu folgendem eindrücklichen Schluss: «Würde man die Bauzonenreserven in den nächsten Jahrzehnten einfach dort volllaufen lassen, wo sie durch eine schlecht koordinierte Raumplanung zu liegen kamen, wäre dies wahr- scheinlich bedeutend teurer als die Rückzonungen.»

Lenzburg

Hochdorf

Abbildung 4: Unüberbaute Bauzonen. Quelle: ARE 2017, eigene Darstellung.

2 Da jedes Szenario des BFS von einem Wachstum ausgeht, spielt es keine Rolle, welches Szenario genau eintreffen wird. Je nachdem akzentuiert sich das skizzierte Problem etwas stärker oder schwächer.

5 Verkehrsproblem: Zunahme der Pendlerströme und neue Infrastrukturausbauten Die Pendlerströme nehmen zu, da sich die Wohnorte nicht dort befinden, wo die Arbeitsplätze liegen (vgl. Abb. 5 und 6). Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur kurbelt wiederum die Nachfrage in diesen Gebieten an. Damit haben wir es mit einem klassischen Huhn-Ei-Phänomen zu tun. Mit anderen Wor- ten - wie Avenir Suisse (2018) festgehalten hat: «Auf jede zusätzliche Kapazitätserweiterung – sei sie baulich wie Engpassbeseitigung oder technisch-physikalisch wie die Nutzung von Pannenstreifen oder die Feinregelung der Geschwindigkeiten – folgt mehr Verkehr.».

Folgende Herausforderungen stellen sich aufgrund dieses Verkehrsproblems: - Die ländlichen Gebiete verfügen zwar noch über genügend Bauzonenreserven, die Arbeitsplätze fehlen jedoch oder liegen nicht dort, wo der Wohnraum liegt. Die ländlichen Gebiete können des- halb keine kurzen Wege zwischen Wohnen und Arbeiten anbieten. - Zudem fehlt in den ländlichen Gemeinden oft die Infrastruktur für den täglichen Gebrauch in Nahdistanz, so dass jede Besorgung mit dem Auto erledigt werden muss. - Der Verkehr nimmt ergo in den ländlichen Gebieten kontinuierlich zu.

Abbildung 5: Wohnort der Beschäftigten mit Arbeitsort im See- Abbildung 6: Arbeitsort der Bevölkerung im Seetal und de- tal (binnen: gleiche Gemeinde, nah: Bezirk Lenzburg, Kulm ren Wohnort (binnen: gleiche Gemeinde, nah: Bezirk Lenz- und Hochdorf, mittel: Bezirke Aarau, Brugg, Baden, Bremgar- burg, Kulm und Hochdorf, mittel: Bezirke Aarau, Brugg, Ba- ten, Muri, Luzern-Landschaft, Luzern Sursee, Zofingen). den, Bremgarten, Muri, Luzern-Landschaft, Luzern Sursee, Quelle: eigene Darstellungen, Daten Pendlermatrix 2014 des Zofingen). Quelle: eigene Darstellungen, Daten Pendler- BfS 2018 matrix 2014 des BfS 2018

Fazit Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es im Metropolitanraum Zürich genügend Bauzo- nenreserven gibt, um das prognostizierte Bevölkerungswachstum aufzufangen. Jedoch decken sich das Angebot und die Nachfrage nach Bauzonen nicht: Die Bauzonenreserven sind da am grössten, wo die kleinste Nachfrage besteht. Die Raumnachfrage in den Kernstädten und städtischen Zentren bleibt sehr hoch und verschärft angesichts der beschränkten Bauzonenreserven den Angebotsnot- stand in der Stadtlandschaft («alle wollen in die Zentren»). Daraus folgt: Die prognostizierte Bauzo- nennachfrage bringt kein Angebots-, sondern ein Verteilungsproblem mit sich («es hat für alle genug, nur am falschen Ort»).

Die Nachfrage, die in den Städten besteht, aber nicht befriedigt werden kann, muss durch die ländli- chen Gebiete aufgefangen werden («Überlauf»). Neubauten mit vergleichsweise hohem Flächenver- brauch werden im ländlichen Raum und an der Peripherie erstellt, was wiederum die Zersiedelung vorantreibt. Auch Leerstände werden zunehmen. Da der Wohnraum sich nicht dort befindet, wo die Arbeitsplätze sind, nehmen die Pendlerbeziehungen zu. Dies führt zu Kapazitätsengpässen zu Spit- zenzeiten, was zum Ausbau der Verkehrsinfrastruktur führt und wiederum als Argument für eine zu- sätzliche Bautätigkeit beigezogen wird, damit diese neue Verkehrsinfrastruktur überhaupt genügend genutzt wird. Diese Verkehrsausbauten sind sehr teuer und werden über die Treibstoffabgabe querfi- nanziert. Daraus folgt: Wir haben es mit einer subventionierten Zersiedelung zu tun.

Die Folge davon ist eine nicht nachhaltige Entwicklung des Metropolitanraums Zürich, die zudem äus- serst kostenintensiv ist. Eine solche Entwicklung ist nur möglich, weil genügend finanzielle Mittel vor- handen sind. Sie steht dem Ziel eines haushälterischen Umgangs mit dem Boden jedoch diametral

6 entgegen. Damit muss festgestellt werden: Der Metropolitanraum Zürich wächst verkehrt. Es be- darf griffiger(er) Massnahmen, um dieser Entwicklung zu begegnen.

4 Am konkreten Fall: Seetal

Wie in der vorangegangenen Lagebeurteilung gezeigt, ist die aktuelle Entwicklung im Metropolitan- raum nicht nachhaltig und führt zu einer Zersiedelung, welche wiederum Verkehrsausbauten legiti- miert und eine hohe Pendlerquote zur Folge hat. Wie kann diesem Missstand begegnet werden? Wel- che Folgen hat dieser Missstand insbesondere für die ländlichen Gebiete? Welche strategischen Ent- wicklungsziele sind für den ländlichen Raum sinnvoll, damit das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung im Metropolitanraum Zürich erreicht werden kann?

Diese Fragestellung prüfen wir an einem konkreten Raum. Wir fokussieren uns auf das Seetal, wel- ches sich zwischen Lenzburg und Hochdorf und an der Schnittstelle von zwei Kantonen (Aargau und Luzern) befindet (vgl. Abb. 8). Das Tal steht exemplarisch für einen Raum, der rund um den Hallwiler- see und Baldeggersee vorwiegend durch Kulturlandschaft geprägt ist. Im Seetal finden sich aber auch die anderen Raumkategorien des Metro-ROK: Luzern und Lenzburg als Stadtlandschaften, die Ge- meinden rund um Lenzburg als Zwischenlandschaft, Hochdorf als regionales Zentrum in der Kultur- landschaft sowie der Lindenberg als Naturlandschaft. Das Seetal steht damit prototypisch für einen peripher gelegenen Raum, der sich sowohl mit Wachstums- wie auch Schrumpfungsfragen auseinan- dersetzen muss.

Das Seetal steht damit natürlich nicht alleine da. So weisen beispielsweise das Wynental, das Freiamt oder das Tösstal viele Parallelen auf. Nebst den topographischen Gegebenheiten ist diesen Räumen zum Beispiel auch gemeinsam, dass sie über eine mangelhafte ÖV-Erschliessung verfügen. Schlechte Taktfrequenzen und lange Reisezeiten bieten keine attraktive Alternative zum MIV. Dies trifft auch auf die sogenannte Seetalbahn zu, die zwischen Luzern und Lenzburg verkehrt. Sie hält zwar in jeder Ort- schaft, verfügt jedoch nur über einen Halbstundentakt. Es herrscht zudem eine Mobilitätskultur vor, die sich auf das Auto ausrichtet. Nichtsdestotrotz wird im Seetal viel gebaut, die Bevölkerungszahlen steigen und damit nimmt auch das Verkehrsaufkommen zu.

7 Abbildung 7: Karte Metro-ROK mit Fokusgebiet, eigene Darstellung. Quelle: Kanton Zürich 2015.

Der Perimeter des Seetals umfasst das Gebiet zwischen Lenzburg und Hochdorf (Abb. 8).

Abbildung 8: Analyseperimeter Seetal (Quelle Swisstopo 2018, eigene Darstellung).

8 4.1 Charakterisierung des Raums

Das Seetal ist ein ländlicher Raum mit zwei dominierenden Gewässern, an dessen Hauptverkehrs- achse Lenzburg-Luzern zahlreiche kleinere und mittelgrosse Gemeinden liegen. Parallel zur Kan- tonsstrasse verläuft die Seetalbahn. Touristisch wird das Seetal auch als «Tal der Seen und Schlös- ser» bezeichnet. Bei der Erkundung des Raums fällt Folgendes auf: - Die Landschaft ist schön und reizvoll. - Die Seen sind touristische Magnete. Auf dem Hallwilersee verkehrt ein Kursschiff, das an schö- nen Tagen auch rege genutzt wird. - Die beiden Seen und deren Ufer sind im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) aufgeführt. Dadurch konnten die Ufergebiete grösstenteils freigehalten werden. Dies ist ein Alleinstellungsmerkmal. - Gleichzeitig sind die Ufer der beiden Seen für die Allgemeinheit frei zugänglich, sie haben hohen Naherholungswert. Das bringt jedoch viel Freizeitverkehr mit sich. Im Sommer sind die Ufer häu- fig überfüllt. - Die Kantonsstrasse führt teilweise mitten durch die Ortszentren und zerschneidet diese, so bei- spielsweise in Hochdorf oder Beinwil a. S. In diesen Gemeinden ist wenig oder gar kein Platz vor- handen für den Langsamverkehr. Der Strassenraum ist überwiegend auf MIV und ÖV ausgerichtet und nicht fussgänger- oder velofreundlich. - Die Seetalbahn hat Tramcharakter, sie hält in jeder Gemeinde. Dies verlangsamt die Verbindung zwischen Lenzburg und Luzern (1 h 20 min Reisezeit gegenüber der schnellsten Verbindung von 52 min via Rotkreuz, vgl. Abb. 14 im Anhang D). - Das Einfamilienhaus herrscht vor. Viele Wohngebäude liegen am Hang. Sie sind vorwiegend über Strassen erschlossen, die Durchlässigkeit für den Fuss- und Veloverkehr ist gering. - Isolierte und ausserhalb des Ortskerns liegende Wohngebäude sind zahlreich vorhanden – mit entsprechenden Auswirkungen auf das Landschaftsbild. - In vielen Gemeinden entstehen neue Wohnbauten. Dies obwohl die Leerstände augenfällig sind. Der alte Gebäudebestand wirkt oft vernachlässigt, Restaurants im Ortskern kämpfen mit schwin- dender Kundschaft oder sind bereits geschlossen. - In kleinen Dörfern wie z.B. , oder Birrwil gibt es kaum eine Nahversorgung, dennoch ist auch dort eine rege Bautätigkeit erkennbar. - Auffallend ist die Zahl ausgedehnter Arbeitszonen zwischen Seon und Lenzburg, und Ermensee sowie in Hochdorf.

Attraktive Landschaft Verkehrssituation in Hochdorf Wohngebäude ausserhalb Bauzone Abbildung 9: Drei exemplarische Bilder. Quelle: eigene Bilder.

9 4.2 Analyse des Raums

Die beiden Kantone Aargau und Luzern sehen in der Achse Lenzburg–Hochdorf keine prioritäre Stoss- richtung ihrer Siedlungsentwicklung. Der Kanton Luzern betrachtet das Gebiet als «Nebenachse», der Kanton Aargau als «ländliche Entwicklungsachse» (vgl. die kantonalen Raumkonzepte in Abb. 10). Auf diesen Nebenachsen soll sich die Siedlungsentwicklung vorwiegend auf wenige Zentren – als Kon- zentrationspunkte – fokussieren. Beide Kantone gehen aber auch davon aus, dass das Wachstum im Seetal fortschreiten wird, und halten es auch dementsprechend in ihren kantonalen Richtplänen fest (vgl. Tabelle 3 im Anhang B).

Abbildung 10: Kombination der beiden Raumkonzepte Luzern und Aargau.

Die Gemeinden des Seetals haben wir in Bezug auf ihre zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten ana- lysiert. Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt auf der Frage der Verteilung des prognostizierten Be- völkerungswachstums liegt vor dem Hintergrund einer nachhaltigen Raumentwicklung. Deshalb wur- den im Folgenden die Bauzonenreserven der Gemeinden des Seetals den vorgegebenen Wachstums- werten gemäss kantonalen Richtplänen gegenübergestellt. Untenstehend werden die wichtigsten Zahlen in einer Tabelle zusammengefasst dargestellt.3

3 Eine ausführliche Darstellung kann den Tabellen 2-4 im Anhang A, B und C entnommen werden.

10 Tabelle 1: Bauzonenanalyse Seetal

Gemeinden Einwohnende, Einwohner- Zusatz- Überkapazität Überkapazität Überkapazität 2018 / 20171 prognosen 2035 kapazität (Einwohnende)3 (Bauzonen, in (in Prozent)5 (Richtplan) Bauzonen Hektaren)4 (Einw.)2 Kanton Aargau 3’254 3’670 2’628 2’212 31.6 60 Birrwil 1'170 1’200 899 869 14.5 72 1’424 1’740 1’199 883 12.6 51 Dürrenäsch 1’252 1’370 733 615 10.3 45 1’452 1’520 372 304 5.1 20 2’133 2’240 159 52 0.9 2 Hallwil 875 940 1’151 1’086 15.5 116 Lenzburg 10’572 11’580 134 -874 -9.7 -8 765 850 337 252 4.2 30 2’967 3’090 301 178 3,0 6 3’994 4’150 320 164 2.7 4 Seon 5’279 6’190 1’637 726 9.7 12 Staufen 3’337 3’730 1’816 1’423 15.8 38 Total Kt. Aargau 38’474 42’270 11’686 7’890 116.26 19 Kanton Luzern Aesch 1’207 1’297 280 190 4.6 15 439 472 93 60 1.4 13 2’787 2’995 134 -74 -1.7 -2 Ermensee 984 1’057 217 144 3.2 14 Eschenbach 3’587 3’854 115 -152 -3.4 -4 Hitzkirch 5’203 5’591 1’992 1’604 33.7 29 Hochdorf 9’826 11’546 1’170 -550 -9.1 -5 2’480 2’665 111 -74 -1.8 -3 Römerswil 1’767 1’899 65 -67 -1.6 -4 Schongau 1’039 1’116 61 -16 -0.4 -1 Total Kt. Luzern 29’319 32’492 4’238 1’065 25.07 3 Total beide Kantone 67’793 74’762 15’924 8’955 141.2 12 1 Gemeinden Kanton Aargau: Stand 31.12.2018; Gemeinden Kanton Luzern: Stand 31.12.2017 2 Zusatzkapazität bei Ausschöpfung der Bauzonen gemäss Zonenplänen 3 Differenz zwischen Einwohnerkapazitäten bei Ausschöpfung der Bauzonen gemäss Zonenplänen und Einwohnerprognosen gemäss Richtplänen (negative Werte = Unterkapazität) 4 Umrechnung Über- bzw. Unterkapazitäten Einwohnende, mit den angestrebten Dichtewerten gemäss Zonenplänen 5 im Vergleich zu den Einwohnerprognosen gemäss Richtplänen 6 Unterkapazität in Lenzburg: 9.7 ha; Total der Überkapazitäten in den anderen Gemeinden: 125.9 ha 7 Total der Unterkapazitäten: 17.9 ha; Total der Überkapazitäten: 42.9 ha

Aus der vorstehenden Bauzonenanalyse können folgende Schlüsse gezogen werden: - Im Kanton Aargau ist in allen Gemeinden des Seetals ausser in Lenzburg eine Überkapazität an Bauzonenreserven vorhanden. In den meisten Gemeinden ist diese sehr hoch. Spitzenreiter ist die Gemeinde Hallwil, deren Bauzonenreserven mehr als doppelt so gross sind, wie sie gemäss Prognosen benötigen würde. - Im Luzerner Seetal besitzt etwa die Hälfte der Gemeinden eine deutliche Überkapazität an Bauzonenreserven. Die restlichen Gemeinden weisen gerade etwa so viele Bauzonenreserven auf, wie sie benötigen würden (theoretische Unterdeckung von max. 5 %).

11 5 Drei mögliche Szenarien für das Seetal

Wie gezeigt, zeichnen sich für den Metropolitanraum Zürich Verteilungs- und Verkehrsprobleme ab. Es stellt sich die Frage, welche Folgen dies für das Seetal als typische Kulturlandschaft im Metropoli- tanraum hat. Im Folgenden werden mögliche Szenarien für die weitere Entwicklung des Seetals ba- sierend auf den Wachstumswerten gemäss Kapitel 4.2 skizziert. Die drei Szenarien werden kurz vor- gestellt und mit Blick auf das Verteilungs- und Verkehrsproblem im Sinne von Vor- und Nachteilen beurteilt.

5.1 Szenario 1: Wachstum gemäss kantonalen Vorgaben

Wie im vorangegangenen Kapitel aufgezeigt und wie im Detail dem Anhang A und B entnommen wer- den kann, sind sowohl im Kanton Luzern wie auch im Kanton Aargau Wachstums- und Dichtewerte für die einzelnen Gemeinden vorgesehen. Das Szenario 1 geht von einer konsequenten Umsetzung der kantonalen Vorgaben aus. Werden die Wachstums- und Dichtevorgaben gemäss den kantonalen Richtplänen angewendet, bedeutet dies, dass in den Gemeinden eine massive Überkapazität an Bauzonen vorhanden ist. So müssten in den einzelnen Gemeinden etwa 170 ha Bauzonen zurückge- zont werden, während in anderen Gemeinden knapp 30 ha zusätzlicher Bedarf an Bauzonen vorhan- den wäre (davon total 19 ha in den beiden Zentrumsgemeinden Lenzburg und Hochdorf). Hinzu kom- men die in beiden kantonalen Richtplänen vorgesehenen Verkehrsinfrastrukturausbauten: - Kanton Luzern: Umfahrung Hochdorf und Hitzkirch, Verbesserung der Verkehrssicherheit bei allen Ortsdurchfahrten, Ausbau Anbindung Hitzkirch-Beromünster sowie diverse Ausbauten für Velowege. Alleine für die Jahre 2019–2020 sind für Tiefbauprojekte in diesem Raum Fr. 72 Mio. im kantonalen Bauprogramm eingestellt. Kantonsübergreifend ist zudem die Sanierung der Seetalbahn im Rahmen von Fr. 200 Mio. geplant. - Kanton Aargau: Sanierung der Seetalbahn (siehe oben). Der Kanton spricht Fr. 70 Mio. für: Bahnübergänge Boniswil, Linienverlegung Hallwil, Kreisel Kistenfabrik, Einführung in Bahn- hof Lenzburg, Sanierung Niveauübergänge in Seon. In Seon und Schafisheim sind Umfahrun- gen geplant. Die Kosten liegen gemäss «Schlussbericht Netzstrategie Unteres Seetal – An- bindung an die A1» vom Januar 2014 bei Fr. 114 Mio. (KANTON AARGAU 2014).

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Vorteile . Eine konsequente Umsetzung der durch den Bund genehmigten kantonalen Richtplanungen: Die gemessen am prognostizierten Bevölkerungswachstum überdimensionierten Bauzonen werden zurückgezont und es kommt nicht zu weiteren Fehlallokationen («Leerstände»). . Der Druck auf das bestehende Baugebiet wächst. Erst wenn der Druck genü- gend gross ist, sind die Gemeinden gezwungen, sich Gedanken zur Innenent- wicklung und damit zur Qualität ihrer Ortszentren machen. . Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur gemäss kantonalen Richtplänen ent- spricht der Mobilitätskultur des Seetals. . Die Planungen sind abgestimmt und teilweise genehmigt – keine wesentlichen Zeitverzögerung zu erwarten. Nachteile . Rückzonungen sind aufwändig und ressourcenintensiv. Finanzielle Entschädigun- gen sind wahrscheinlich. Der Rückhalt der Bevölkerung für solche Massnahmen fehlt häufig. Die Kantone sind gefordert, da die Gemeinden die Rückzonungen al- leine nicht bewerkstelligen können (sowohl finanziell wie auch politisch). . Es sind teure Verkehrsinfrastrukturausbauten mit Fokus MIV notwendig. Der ÖV wird nur marginal ausgebaut, sodass sich der Modal Split nicht verändern wird. . Dieser Ausbau der Verkehrsinfrastruktur wird weitere Landschaftsabschnitte zer- stören (v.a. Umfahrungsstrassen). . Die Auslastung der S-Bahn wird weiterhin tief bleiben und nur ab Hochdorf Rich- tung Luzern eine sinnvolle Alternative zum Auto darstellen. . Das Flächenwachstum wird nicht gestoppt. Die Pendlerströme werden weiter zu- nehmen, da die Arbeitsplätze in der Tendenz weiter zentralisiert werden.

Dieses Szenario würde in etwa wie folgt aussehen:

Abbildung 11: Szenario 1: Schematische Darstellung des möglichen Wachstums (rot) gemäss Vorgaben Richtplan in der Ge- meinde Birrwil (Referenz: Swisstopo 2017, Zonenplan der Gemeinde Birrwil; eigene Darstellung).

13 5.2 Szenario 2: Wachstum gemäss Bauzonenreserven

Wie ebenfalls im vorhergehenden Kapitel 4 ersichtlich, ermöglichen die heutigen Bauzonen mit den zugehörigen Bau- und Zonenvorschriften ein theoretisches Bevölkerungswachstum von 15'924 Ein- wohnerInnen im Seetal (dies entspricht einem Plus von 23 Prozent). Im zweiten Szenario wird davon ausgegangen, dass es zu keinen wesentlichen Anpassungen der heute rechtskräftigen Bau- und Zo- nenordnung kommt. Bestehende Bauzonen werden nicht zurückgezont – sie laufen voll. Das Wachs- tum wird höher ausfallen als es in den kantonalen Richtplänen vorgesehen ist oder es werden Leer- stände produziert. Die Verkehrsinfrastruktur wird gemäss den kantonalen Richtplänen ausgebaut (vgl. Kapitel 5.1).

Vorteile . Die Gemeinden des Seetals können weiterwachsen. . Es müssen keine Rückzonungen in Angriff genommen werden, welche sehr aufwändig und kostenintensiv sind. . Es kann den Bedürfnissen der Bevölkerung des Seetals entsprochen werden (laissez-faire). Je nach politischem Mehrheitsverhältnis der Gemeinden kann die Wachstumsstrategie angepasst werden (Hochdorf geringeres Wachstum, Ermensee höheres Wachstum). Nachteile . Die Zersiedelung und «Verhäuselung» geht weiter. Die Landschaft, welche diesen Raum auszeichnet, wird weiter zerstört. . Die Verkehrsprobleme werden weiter zunehmen. Dies trotz Ausbau der Verkehrsin- frastruktur gemäss kantonalen Richtplänen, da damit nur punktuelle Ausbauten er- folgen und das Nadelöhr lediglich verschoben wird. . Die Planung ist nicht robust, da bei einem Wirtschaftsrückgang Leerstände drohen. . Rechtliche Probleme drohen: Diverse Gemeinden verfügen über überdimensio- nierte Bauzonen. Planungen, aber auch einzelne Bauprojekte, können mit Aussicht auf Erfolg angefochten werden. Es besteht keine Rechtssicherheit mehr.

Dieses Szenario würde in etwa wie folgt aussehen:

Abbildung 12: Szenario 2: Schematische Darstellung des möglichen Wachstums (rot) gemäss rechtskräftiger Bauzone in der Gemeinde Birrwil (Referenz: Swisstopo 2017, Zonenplan der Gemeinde Birrwil; eigene Darstellung).

14 5.3 Szenario 3: Selektives Wachstum

Das dritte Szenario stützt sich auf das in den kantonalen Richtplänen vorgesehene Bevölkerungs- wachstum von 6’969 EinwohnerInnen für das Seetal und lenkt dieses Wachstum in gut erschlossene Gemeinden. Solche mit dem ÖV gut erschlossene Gebiete sind auf Aargauer Seite im Seetal die Ge- meinden Seon bis Lenzburg (Stadt- und Zwischenlandschaft). Sie sind mit der S-Bahn und dem Bus gut erreichbar. Auf Luzerner Seite sind es die Gemeinden zwischen Hochdorf und Luzern (regionales Zentrum sowie Stadt- und Zwischenlandschaft). Hier verfügt die Seetalbahn gar über einen Viertel- stundentakt. Um das Wachstum zu lenken, erfordert dieses Szenario ein Bauzonenflächenmanage- ment zwischen den Gemeinden. Rückzonungen in den einzelnen Gemeinden sind nach wie vor vorge- sehen. Um die wachstumsschwachen Gemeinden, welche zugunsten anderer Gemeinden Bauzonen- flächen abgeben müssen, nicht schlechter zu stellen, ist eine finanzielle Entschädigung vorgesehen. Mit dieser Entschädigung können in den Gemeinden zwischen Hochdorf und Seon Aufwertungsmass- nahmen zur Stärkung der Dorfzentren und des Landschaftsraums finanziert werden. Dieses Szenario zielt also vorab auf die stringente Umsetzung von RPG 1. Gleichzeitig werden die landschaftlichen Qualitäten des Seetals geschützt, die durch die Zersiedelung verloren zu gehen drohen. Zudem kann nur mit einem solchen Szenario dem steigenden Verkehrsaufkommen begegnet werden. Infrastruk- turausbauten für den MIV wären nicht überall nötig. Mittelfristig könnte dagegen zwischen Lenzburg und Seon die S-Bahn zu einem Viertelstundentakt ausgebaut werden.

Vorteile . Das Wachstum wird in die gut erschlossenen Gemeinden transferiert. . Der Modal Split des Pendlerverkehrs kann zu Gunsten des ÖV verändert wer- den. . Die Verkehrsinfrastrukturausbauten gemäss kantonalen Richtplänen wären nicht mehr überall notwendig. Das dafür vorgesehene Geld kann in den Ausbau des ÖV der zu verdichtenden Gemeinden gelenkt werden. . Der Landschaftsraum Seetal kann aufgewertet und damit dessen Schönheit bewahrt werden. . Das Wohnraumangebot wird dorthin transferiert, wo die Nachfrage grösser ist. . Wachstumsschwache Gemeinden erhalten finanzielle Zuwendungen, die sie in die Reparatur bzw. Aufwertung ihrer Ortszentren stecken können. . Die regionalen Zentren und Agglomerationsräume können gestärkt werden. Nachteile . Dieser Ansatz ist neu und damit aufwändig. Es braucht viel Überzeugungsarbeit der Gemeinden. . Rückzonungen sind aufwändig und ressourcenintensiv (vgl. Kapitel 5.1). . Die kantonale Richtpläne müssen angepasst werden. . Es bräuchte gesetzliche Anpassungen (z.B. für den finanziellen Ausgleich).

Dieses Szenario würde in etwa wie folgt aussehen: Abbildung 13: Szenario 3: Schematische Darstellung des zukünftigen Wachstums (rot) gemäss Szenario 3; Da Birrwil nur im Bestand wächst, dehnt sich das Siedlungsgebiet nicht weiter aus (Referenz: Swisstopo 2017, Zonenplan der Gemeinde Birrwil; eigene Darstellung).

15 6 Fazit

Die Analyse des Seetals hat gezeigt, dass in ländlichen Gebieten – wofür das Seetal prototypisch steht – noch viel Handlungsbedarf besteht. Verteilungs- und Verkehrsprobleme akzentuieren sich hier be- sonders stark. Die Kantone sind sichtlich bemüht, Gegensteuer zu geben und die Ziele von RPG 1 um- zusetzen. Sie lenken mit Wachstumsvorgaben oder strengeren Vorgaben für Neueinzonungen die Siedlungsentwicklung stärker nach innen. Ob diese Massnahmen ausreichen, wird die Zukunft zeigen. Für das Seetal wurden drei verschiedene Szenarien für die weitere Entwicklung skizziert (mit Fokus auf das Verteilungs- und Verkehrsproblem). Keines der Szenarien ist vor Nachteilen gefeit. Zusam- menfassend kann Folgendes festgehalten werden:

Mit den aktuellen Vorgaben in den Richtplänen wird den Gemeinden des Seetals nach wie vor Wachs- tum zugestanden, teilweise auch in die Fläche. Werden die zu gross bemessenen Bauzonen nicht kon- sequent zurückgezont, so werden diese Bauzonen «volllaufen» (Szenario 2). Diese Entwicklung ist nicht nachhaltig. In den ländlichen Gemeinden ist der Flächenverbrauch pro Kopf – sowohl in Bezug auf den Wohnraum, wie auch auf die benötigte Verkehrsfläche – bereits heute deutlich höher als in anderen Gebieten. Wird zusätzliches Flächenwachstum zugestanden, befeuert dies weiter die Zersie- delung und das Verkehrsaufkommen wird weiter zunehmen. Zudem führt das Bauen auf der grünen Wiese am Siedlungsrand dazu, dass ältere Wohnbauten im Zentrum, die nicht mehr den aktuellen Ausbaustandards entsprechen, vermehrt leer stehen oder stark unternutzt sind. Diese Stossrichtung widerspricht dem revidierten Raumplanungsgesetz. Das hat zur Folge, dass in diesen Gemeinden – vor allem für die GrundeigentümerInnen - keine Rechtssicherheit mehr besteht. Baubewilligungen können mit Hinweis auf die zu gross bemessenen Bauzonen angefochten werden.

Beide Kantone nehmen jedoch die Rückzonungen an die Hand und die Gemeinden damit in die Pflicht (Szenario 1). Der Kanton Luzern erarbeitet eine Strategie «für eine Rückzonung oder Umlagerung von überdimensionierten oder raumplanerisch ungünstig gelegenen Bauzonen und Reservezonen inner- halb des Kantons». Er bezeichnet darin unter anderem die sogenannten Auszonungsgemeinden. Im Kanton Aargau werden grössere Rückzonungsgebiete bereits im Richtplan festgelegt. Kleinere An- passungen werden bei den einzelnen Ortsplanungsrevisionen vorgenommen. Ein Stopp des Flächen- wachstums in den Rückzonungsgemeinden löst aber das Verkehrsproblem nicht. In beiden Kantonen sind diverse Ausbauten der Verkehrsinfrastruktur vorgesehen; dies auch deshalb, weil allen Gemein- den in den Richtplänen nach wie vor Wachstum zugestanden wird und die Infrastruktur mit diesem möglichen Wachstum Schritt halten soll. Diese Ausbauten dienen in erster Linie dem MIV und sind mit hohen Kosten verbunden. Ein Ausbau des ÖV beziehungsweise der Seetalbahn ist, wie im Anhang D ersichtlich, mit erheblichen Schwierigkeiten und hohen Kosten verbunden. Die Rückzonungen gemäss RPG stellen die Kantone und die Gemeinden vor grosse Herausforderungen. Der Aufwand für diese Rückzonungen ist enorm. Wenn schon Rückzonungen vorgenommen werden müssen, stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoll wäre, dies auf nachhaltige Art und Weise zu tun, indem auch das Verkehrs- problem gleichzeitig angegangen wird.

Realistischerweise kann das Verkehrsproblem nur angegangen werden, indem das Wachstum nicht überall gleichermassen fortschreitet. Die Planung kann ihren Teil dazu beitragen. Das Wachstum kann in zentral gelegene und besser erschlossene Gemeinden gelenkt werden (Szenario 3). Dies würde zumindest einzelne Infrastrukturausbauten obsolet machen. Zudem könnten mit einer Umla- gerung der Bauzonen die Kosten, die für den Ausbau und den Unterhalt der Verkehrsinfrastruktur im Seetal benötigt würden, in Aufwertungsmassnahmen in den ländlichen Gemeinden investiert werden. Das verringerte Wachstum für diese ländlichen Gemeinden des Seetals bedeutet nicht, dass sie sich nicht weiter entwickeln können. Im bestehenden Baugebiet gibt es Entwicklungsmöglichkeiten: Sa- nierungen können ältere Liegenschaften wieder attraktiver machen und einzelne Grundstücke können dichter ausgenützt werden. Das Leben konzentriert sich wieder auf den Ortskern und die Nahversor- gung könnte wieder eine wichtigere Rolle einnehmen. Verkehrsberuhigungsmassnahmen können überdies helfen, diese Ortszentren wieder attraktiver zu machen.

Wir schlagen deshalb ein selektives Wachstum gemäss Szenario 3 vor. Wachstum beziehungsweise die entsprechenden Bauzonenreserven sollen in die Gebiete Seon/Lenzburg und südlich von Hochdorf transferiert werden. Damit diese Umlagerung gelingen kann, braucht es eine übergeordnete Strategie

16 der Kantone, welche – optimalerweise über kantonale Grenzen hinweg – den Raum umfassend be- trachtet. Dies entspricht auch dem Gedanken des Metro-ROK, welches «die Verteilung des Wachs- tums über den gesamten Metropolitanraum ohne Berücksichtigung von Kantonsgrenzen» vorsieht. Die «benachteiligten» Gemeinden müssen finanziell bei der Innenentwicklung unterstützt werden. Nur so kann dieses Vorhaben gelingen.

Das dritte Szenario hat grosse Hürden zu überwinden. Der Ansatz ist neu und braucht viel Überzeu- gungsarbeit – in der Politik und bei der Bevölkerung. Pläne und Gesetze müssten angepasst werden. Es ist jedoch der einzige Ansatz, welcher das Verteilungs- und Verkehrsproblem umfassend angeht und langfristig eine Lösung darstellen kann.

Um das Ziel eines haushälterischen Umgangs mit dem Boden und einer nachhaltigen Entwicklung im Metropolitanraum Zürich zu erreichen, müssen auch radikale Massnahmen geprüft werden. Erfolgt dies nicht, so wächst der Metropolitanraum verkehrt und das Verkehrs- und Verteilungsproblem wird weiter akzentuiert.

7 Handlungsempfehlungen

Ausgehend vom Fazit leiten wir Handlungsempfehlungen ab. Übergeordnete Prämisse ist eine nach- haltige und den Zielen und Grundsätzen des RPG entsprechende Entwicklung des Seetals als exemp- larisches Gebiet für eine Kulturlandschaft. Als mögliche Lösung sehen wir wie erwähnt ein selektives Wachstum im Seetal und damit eine Verlagerung der Wachstumszahlen in Richtung Hochdorf/Luzern und in die Agglomeration Lenzburg (Szenario 3).

Im Kapitel 7.1. werden für dieses Szenario einzelne Massnahmen vorgeschlagen, die von den zustän- digen Planungsträgern angegangen werden müssen. Die Massnahmen werfen zahlreiche Fragen auf. Um diesen nachzugehen, schlagen wir als übergeordnete Massnahme einen Feldversuch im Rahmen eines Modellvorhabens vor (Kapitel 7.2).

7.1 Einzelne Massnahmen

Anpassung der kantonalen Grundlagen

Die Kantone müssen ihre Wachstumsvorgaben überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Das Wachs- tum soll in gut erschlossene Gemeinden gelenkt werden. Das bedarf einer stärkeren Steuerung durch die Kantone. Die kantonalen Planungsträger müssen die Grundlagen für diese stärkere Lenkung erar- beiten und diese Vorgaben behördenverbindlich festhalten. Dies bedarf einer Anpassung der aktuellen kantonalen Richtpläne sowie in einzelnen Gemeinden die Vornahme erforderlicher Rückzonungen. Diese Rückzonungen müssten eng durch den Kanton begleitet werden.

Die regionalen Zentren im Seetal spielen eine tragende Rolle und müssen in dieser Rolle gestärkt werden. So sollte beispielsweise Hochdorf in den Betrachtungsperimeter der Agglomeration Luzern aufgenommen und damit funktional besser eingebunden werden.4 Damit es nicht zu negativen Ent- wicklungen in den Gemeinden kommt, die nicht mehr in die Fläche wachsen dürfen und die nicht zu den «privilegierten» Gemeinden gehören, braucht es eine finanzielle Unterstützung durch die Kantone (siehe unten Kapitel 7.2).

Ergänzend sollen Infrastrukturvorhaben wie beispielsweise Umfahrungsstrassen auf ihre Notwendig- keit überprüft und dem dritten Szenario entsprechend angepasst werden. Ausbauten sollen primär für den öffentlichen Verkehr erfolgen.

4 Die Gemeinde Hochdorf steht vor der Herausforderung, eine Initiative zur Begrenzung des Bevölkerungswachstums umzusetzen. Diese steht den Vorgaben des Richtplans diametral entgegen und widerspricht damit übergeordneten Planungsgrundlagen. Diesem Umstand ist bei der Umsetzung Rechnung zu tragen.

17 Stärkung der Regionalplanungen

Regionalplanungen sind im Seetal bereits vorhanden, diese enden jedoch an der Kantonsgrenze. Die beiden regionalen Entwicklungsträger «IdeeSeetal» auf Luzerner Seite und der «Lebensraum Lenz- burg Seetal» auf Aargauer Seite müssen verstärkt regionalplanerische Aufgaben übernehmen. Beide Regionen sollten mit den notwendigen Kompetenzen ausgestattet werden, um als Schnittstelle zwi- schen den Gemeinden und dem Kanton sowie zwischen den beiden Kantonen funktionieren zu können.

Kantonsübergreifende Zusammenarbeit

Es gibt bereits Bemühungen im Seetal zu einer überkantonalen Zusammenarbeit. Mit dem kantons- übergreifenden Entwicklungskonzept Seetal (KEK) wurden kleinere Verbesserungen in der Zusam- menarbeit erreicht (bspw. Schneeräumung über die Kantonsgrenzen), jedoch keine substantiellen Er- gebnisse in Bezug auf die Raumplanung erzielt. Das Potenzial des KEK muss für den neuen Ansatz genutzt und durch die beiden Kantone aktiv unterstützt werden. Es braucht deshalb einen neuen An- lauf der beiden Kantone, das KEK als strategisches Instrument im Seetal zu etablieren. Die Kantons- grenzen sollen bei der Verteilung des Wachstums eine untergeordnete Rolle spielen.

Harmonisierung der Datengrundlagen und deren Erfassung

Bei der Analyse der Seetal-Gemeinden der beiden Kantone fällt unter anderem die unterschiedliche Systematik in Bezug auf die Entwicklungsziele und -prognosen auf. Die unterschiedliche Grundla- genermittlung wie auch die nicht eindeutige Methodik erschweren nicht nur die Berechnung der Wachstumswerte, sondern ebenso die Vergleichbarkeit über die Kantonsgrenzen hinaus. Es zeigt sich zudem, dass die Wachstumswerte je nach Zielen der Kantone unterschiedlich ausgelegt werden kön- nen.

Dies zeigt auch die Grenzen der Zusammenarbeit innerhalb des Metropolitanraums Zürich deutlich auf: Damit die gewünschte Zusammenarbeit funktioniert, braucht es bei den Kantonen eine Harmoni- sierung der Datengrundlage und eine einheitliche Methodik zu deren Erfassung. Für die Nachvollzieh- barkeit der einzelnen Massnahmen muss zudem das Öffentlichkeitsprinzip zu den Bauzonenreserven eingeführt werden. Findet das nicht statt, so liest sich die Idee eines gemeinsamen Metropolitan- raums Zürich auf dem Papier zwar ganz schön, aber lässt sich nicht umsetzen, da es keine gemein- same Datenbasis gibt.

Die Kantone sollen die Harmonisierung der Daten und eine einheitliche Methodik zur Erfassung der Daten vorantreiben. Erst durch klarere Vorgaben durch entweder einen Verbund oder durch den Bund, kann geprüft werden, ob die Kantone ihren Aufgaben zur Steuerung der Siedlungsentwicklung im Sinne der Abstimmung von Siedlung und Verkehr auch nachkommen.

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7.2 Modellvorhaben

Um den neuen Ansatz eines selektiven Wachstums mit kantonsübergreifendem Bauzonentransfer zu verfolgen, empfehlen wir den Kantonen Aargau und Luzern gemeinsam ein Modellvorhaben «Selek- tives Wachstum für die Kulturlandschaft am Beispiel des Seetals» zu lancieren. Das Modellvorha- ben soll beim Bund eingereicht werden. Dieser subventioniert mit den «Modellvorhaben Nachhaltige Entwicklung» Projekte, mit denen neue Herangehensweisen, Ansätze und Verfahren erprobt werden. Mittlerweile läuft die Ausschreibung für die vierte Generation (2020–2024). Modellvorhaben sollen es Gemeinden und Regionen ermöglichen, für konkrete Problemstellungen innovative Lösungsansätze zu entwickeln und deren Praxistauglichkeit eins zu eins zu erproben. Falls sie erfolgreich verlaufen, können sie als Muster – oder eben als Modell – für weitere Projekte dienen.

Für die vierte Generation können Projekte in folgenden fünf Themenschwerpunkten eingereicht wer- den: Digitalisierung für die Grundversorgung nutzen; Integrale Entwicklungsstrategien fördern; Land- schaft ist mehr wert; Siedlungen, die kurze Wege, Bewegung und Begegnung fördern; Demographi- scher Wandel: Wohn- und Lebensraum für morgen gestalten. Kantone, Städte, Gemeinden sowie regi- onale Organisationen, die zur Bewältigung von Herausforderungen in diesen fünf Themenbereichen innovative und sektorenübergreifende Ansätze erarbeiten möchten, können bis zum 2. September 2019 ein entsprechendes Projekt einreichen.

Das Modellvorhaben «Selektives Wachstum für die Kulturlandschaft am Beispiel des Seetals» ent- spricht genau den Zielen zum Themenbereich «Integrale Entwicklungsstrategien fördern». Gleichzei- tig kann diese Entwicklungsstrategie aber auch einen wesentlichen Beitrag zu «kurzen Wegen» und für die «Landschaft» leisten. Es bietet einen innovativen Ansatz für eine nachhaltige Raumentwick- lung, umfasst staatsebenenübergreifende Herausforderungen und kann prototypisch für weitere Kul- turlandschaften als Beispiel dienen.

Mit den im Kapitel 7.1 gezeigten Handlungsempfehlungen gehen zahlreiche Fragen einher. Diesen nachzugehen, ist Aufgabe des Modellvorhabens. Das Projekt müsste deshalb Antworten auf folgende Fragen finden: . Wie können Bauzonenreserven aus den ländlichen Gemeinden in die Agglomeration Lenzburg und das Gebiet Hochdorf- Luzern transferiert werden? Reichen die vorhandenen gesetzlichen Grund- lagen aus bzw. welche zusätzlichen Bestimmungen sind notwendig? Wie sieht ein solcher Trans- fer in der Praxis aus? Wäre ein Transfer auch über Kantonsgrenzen möglich? Zu Landumlegungen gibt es bereits einige gelungene Beispiele in der Schweiz. Diese können her- angezogen werden. Ob und inwiefern das Ganze im Seetal beziehungsweise kantonsübergreifend funktioniert, müsste im Einzelfall erprobt werden. . Welche Anpassungen müssten in den kantonalen Richtplänen vorgenommen werden? Und wie können die Regionen gestärkt werden? . Wie kann die kantonsübergreifende Zusammenarbeit auf Ebene der Raumplanung langfristig ge- stärkt werden? Welche Instrumente braucht es dafür? Reicht das bestehende kantonsübergrei- fenden Entwicklungskonzept Seetal (KEK) aus? . Wie kann ein sinnvoller Finanzausgleich zwischen den Gemeinden, die zurückzonen müssen und denjenigen die zusätzliches Potenzial erhalten, aussehen? Die Metropolitankonferenz ist der Frage der «Wechselwirkung zwischen Finanzausgleich und Raumplanung» bereits in einem separaten Projekt nachgegangen. Erwähnenswert ist die Rege- lung des Kantons Thurgau, welcher einen sogenannten Verzichtsausgleich für Gemeinden vor- sieht, die in ihren Zonen- und kommunalen Richtplänen nachhaltig auf Siedlungsgebiet verzichten (§ 2 Abs. 1 Gesetz über den Finanzausgleich der politischen Gemeinden) Eine solche Regelung wäre auch in den Kantonen Luzern und Aargau denkbar. Leider liegen bislang noch keine Erfah- rungswerte zur Umsetzung dieses Thurgauer Verzichtsausgleichs vor. Eine weitere Möglichkeit wäre der Erlass eines «Reglements betreffend Fördermassnahmen und die Ausgleichsregelung in Sachen Raumplanung», wie dies aktuell im Kanton Wallis geprüft wird. . Welche Gemeinden müssten konkret ihre Bauzonen redimensionieren und wie werden diese Rückzonungen in der Praxis durchgeführt? Rückzonungen sind in der Praxis nicht einfach und vielfach von langwierigen Rechtsverfahren be- gleitet. Die Gemeinden brauchen in diesen Angelegenheiten Unterstützung. Dabei würde sich

19 auch der Blick auf andere Gebiete lohnen. So hat beispielsweise die Stadt Brig-Gils im Rahmen eines Modellvorhabens des ARE untersucht, wie die erforderlichen Rückzonungen durchgeführt werden können (Modellvorhaben «Win-Win-Raumentwicklung in Brig-Glis»). . Nicht nur die Rückzonungen müssen sorgfältig geprüft und begleitet werden, die Kantone und Re- gionen müssen sich auch Gedanken dazu machen, wo es in der Agglomeration Lenzburg und zwi- schen Hochdorf und Luzern noch Potenzial für die Innenentwicklung gäbe.

Alternativ wäre die Eingabe eines Modellvorhabens bei der Metropolitankonferenz Zürich denkbar. Zwar steht für die aktuelle Ausschreibung von Projekten bei der Metropolitankonferenz das Thema «Industrie / Dienstleistung 4.0» im Vordergrund.5 Das Projekt müsste aber trotzdem für die Metropoli- tankonferenz von Interesse sein. Sie muss sich mit den skizzierten Fragestellungen auseinanderset- zen. Die Konferenz selber hält nämlich in ihrem aktuellen Schwerpunkteprogramm fest, dass sie «wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Projekte fördert, die einen Beitrag leisten zur Be- wältigung aktueller Herausforderungen. In Schwerpunkteprogramm liegt der Fokus auf den Berei- chen Fachkräftemangel, Industrie 4.0 und Dienstleistung 4.0, der Erbringung und Finanzierung öffent- licher Leistungen sowie den Auswirkungen des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums.»

8 Antrag

Wie bereits unter Kapitel 7.2 ausgeführt, empfehlen wir zur Prüfung der Umsetzung des Szenarios 3, ein Modellvorhaben. Dieses Modellvorhaben soll exemplarisch am Seetal aufzeigen, wie ein selektives Wachstum eines von der Kulturlandschaft geprägten Raums konkret aussehen könnte und Antworten auf die obengenannten Fragen finden.

Wir empfehlen, den Antrag beim Bund gemeinsam durch die beiden Kantone Aargau und Luzern bis am 2. September 2019 einzureichen. Als Grundlage zum Ausfüllen des dafür notwendigen Formulars kann der vorliegende Bericht dienen. Wir empfehlen Fr. 200'000.- für dieses Projekt zu beantragen, wobei je 50'000.– durch die beiden Kantone zu tragen sind (Eigenfinanzierung) und 100'000.– durch den Bund. Da die Zeit bis zur Einreichung des Antrags drängt und die Budgetierung für das Jahr 2020 bereits erfolgt ist, empfehlen wir, die Umsetzung des Modellvorhabens auf 2021–2022 zu terminieren. Das Jahr 2020 soll dazu dienen, den Projektauftrag im Detail auszuarbeiten, Grundlagenarbeiten in Angriff zu nehmen und die benötigten Gelder zu budgetieren. Ab 2023 folgt die Umsetzung der einzel- nen Massnahmen gemäss Kapitel 7.1.

Antrag Wir beantragen den Kantonen Aargau und Luzern, gemeinsam ein Modellvorhaben «Selektives Wachstum für die Kulturlandschaft am Beispiel des Seetals» beim Bund bis zum 2. September 2019 einzureichen.

5 Dabei geht es hauptsächlich um die Digitalisierung und Automatisierung von Arbeitsprozessen. Die initiierten Projekte sollen Unter- nehmen, Arbeitnehmende und Bildungsinstitutionen in Transformationsprozessen unterstützen und die Wettbewerbsfähigkeit des Met- ropolitanraums Zürich stärken.

20 Literatur

ARE 2011 Bundesamt für Raumentwicklung (2011): Verkehrserschliessung in der Schweiz: Reisezeiten zu Zentren mit ÖV und MIV. Link ÖV: Zugriff 04.11.2018 Link MIV: Zugriff 04.11.2018 ARE 2017 Bundesamt für Raumentwicklung (2017): Bauzonenstatistik Schweiz. Zugriff 04.04.2019 AVENIR SUISSE 2012 avenir suisse (2012): Vom ökonomischen Nutzen der Rückzonungen. Zugriff 04.11.2018 AVENIR SUISSE 2018 avenir suisse (2018): Staus verschwinden nicht mit Augenwischerei. Zugriff 08.11.2018 BAV 2018: Bundesamt für Verkehr BAV (2016): Ausführungsbestimmungen zur Eisenbahnverordnung. < https://www.bav.admin.ch/dam/bav/de/dokumente/ab-ebv/eisenbahn/a2016/ab-ebv- a2016.pdf.download.pdf/AB-EBV.pdf> Zugriff 2.04.2019 BFS 2013 Bundesamt für Statistik BFS (2013): Mehr Siedlungs- und weniger Landwirtschaftsflächen. Zugriff 05.11.2018 BFS 2016 Bundesamt für Statistik BFS (2016): Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Kantone der Schweiz 2015-2045. Zugriff 04.11.2018 BFS 2018a Bundesamt für Statistik BFS (2018): Statistik der Unternehmensstruktur (STATENT). Zugriff 04.11.2018 BFS 2018b Bundesamt für Statistik BFS (2018): Statistik der Bevölkerung und der Haushalte (STATPOP). Zugriff 04.11.2018

21 BFS 2018c Bundesamt für Statistik BFS (2018): Bilanz der ständigen Wohnbevölkerung nach Kanton 1991-2017. Zugriff 04.11.2018 BFS 2018d Bundesamt für Statistik BFS (2018): Leerwohnungsziffer 2018. Zugriff 04.11.2018 ETH ZÜRICH 2018 ETH Zürich, NSL – Netzwerk Stadt und Landschaft (2018): Metroraum Zürich 2050: Strategien für eine integrierte Entwicklung jenseits institutioneller Grenzen. Studienprojekt 2 MAS Pro- gramm in Raumplanung 2017/19. KANTON AARGAU 2014 Departement Bau, Verkehr und Umwelt (2014): Mobilität. Schlussbericht Netzstrategie Unte- res Seetal – Anbindung an die A1. Aarau. KANTON AARGAU 2017 Departement Bau, Verkehr und Umwelt (2017): Richtplan Kanton Aargau 2011, Stand August 2017. Aarau KANTON LUZERN 2015 Bau-, Umwelt- und Wirtschaftsdepartement (2015): Kantonaler Richtplan 2009, teilrevidiert 2015. Luzern. KANTON ZÜRICH 2015 Baudirektion des Kantons Zürich (2015): Metro-ROK, ein Orientierungsrahmen für acht Kan- tone. Medienmitteilung vom 24.08.2015 mit Metro-ROK Karte. Zugriff 04.11.2018 METRO-ROK 2015 Raumordnungskonzept für die Kantone im Metropolitanraum Zürich: Metro-ROK. Kantonspla- nerInnen der Kantone Aargau, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, St. Gallen, Thurgau, Zug und Zürich (Hrsg.). SBB 2016 Schweizerische Bundesbahnen SBB (2016): Daten zur Passagierfrequenz. Zugriff 04.04.2019 SIGNER 2018 Signer Rolf (2018): Dossier Arbeit. In: Materialien zum Studienprojekt 2 MAS in Raumplanung 2017/19. Zürich

22 Glossar

Bauzonenreserven Flächen, die überbaut werden dürfen, aber noch nicht baureif sind oder aus anderen Gründen noch nicht überbaut wurden. Sie liegen häufig am Siedlungsrand. (Def. gem. UVEK) BFS Bundesamt für Statistik BLN Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler LV Langsamverkehr Metro-ROK Raumordnungskonzept für die Kantone im Metropolitanraum Zürich MIV Motorisierter Individualverkehr ÖV Öffentlicher Verkehr RPG 1 Revision des Raumplanungsgesetzes, 1. Etappe UVEK Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

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Anhang

24 Anhang A: Gemeindeübersicht Seetal – Bauzonen

Tabelle 2: Detaillierte Bauzonenübersicht

Gemeinde Einwohnende Bauzonen Bauzonenflächenbedarf pro Einwohner 2018 / 20171 alle alle unüber- unüberbaute Ist Zielwert Zielwert Bauzonen bauten Arbeitszonen überbaute unüberbaute Bauzonen Bauzonen2 Bauzonen2 [ha] [ha] [ha] [m²] [m²] [m²] Kanton Aargau

Beinwil am See 3’254 137 21.5 1.8 286 200 143 Birrwil 1’170 47 8.0 0.0 280 200 167 Boniswil 1’424 60 4.8 0.0 326 200 143 Dürrenäsch 1’252 69 10.8 3.3 316 250 167 Egliswil 1’452 65 15.2 6.2 256 250 167 Fahrwangen 2’133 71 7.9 0.4 223 250 167 Hallwil 875 52 14.3 1.0 289 200 143 Lenzburg 10’572 313 22.3 10.7 138 143 111 Leutwil 765 30 5.5 0.0 264 250 167 Meisterschwanden 2’967 101 10.3 0.6 233 250 167 Seengen 3’994 129 18.1 0.0 210 250 167 Seon 5’279 190 14.9 5.5 217 182 133 Staufen 3’337 89 6.7 0.0 202 143 111 Total Kt. Aargau 38’474 1’354 160.4 29.3 Kanton Luzern Aesch 1’207 45 4.5 0.7 268 240 240 Altwis 439 20 1.6 0.3 282 240 240 Ballwil 2’787 64 6.1 2.4 170 225 225 Ermensee 984 46 4.7 2.5 261 225 225 Eschenbach 3’587 146 5.7 3.2 146 225 225 Hitzkirch 5’203 181 21.5 3.2 247 210 210 Hochdorf 9’826 255 23.3 15.1 145 165 165 Hohenrain 2’480 66 3.0 0.3 235 240 240 Römerswil 1’767 52 6.9 5.1 191 240 240 Schongau 1’039 40 2.3 1.4 282 240 240 Total Kt. Luzern 29’319 915 79.6 34.2 Total AG und LU 67’793 2’269 240.0 63.5 1 Gemeinden Kanton Aargau: Stand 31.12.2018; Gemeinden Kanton Luzern: Stand 31.12.2017 2 Zielwerte gemäss Richtplänen

25 Anhang B: Gemeindeübersicht Seetal – Einwohnerentwicklung

Tabelle 3: Details zur Einwohnerentwicklung bis 2035

Gemeinde Einwohnerprognosen 2035 (Richtplan) Ausschöpfung Bauzonen gemäss Zonenplänen

Einwohnende Wachstum Wachstum Einwohner- Zusatz- Zusatz- kapazität kapazität kapazität (heutige Ew. + [Einwohner] [%] Zusatzkapazität) [Einwohner] [%] Kanton Aargau

Beinwil am See 3’670 416 12.8% 5’882 2’628 80.8% Birrwil 1’200 30 2.6% 2’069 899 76.9% Boniswil 1’740 316 22.2% 2’623 1’199 84.2% Dürrenäsch 1’370 118 9.4% 1’985 733 58.6% Egliswil 1’520 68 4.7% 1’824 372 25.6% Fahrwangen 2’240 107 5.0% 2’292 159 7.4% Hallwil 940 65 7.4% 2’026 1’151 131.6% Lenzburg 11’580 1’008 9.5% 10’706 134 1.3% Leutwil 850 85 11.1% 1’102 337 44.0% Meisterschwanden 3’090 123 4.1% 3’268 301 10.2% Seengen 4’150 156 3.9% 4’314 320 8.0% Seon 6’190 911 17.3% 6’916 1’637 31.0% Staufen 3’730 393 11.8% 5’153 1’816 54.4% Total Kt. Aargau 42’270 3’796 9.9% 50’160 11’686 30.4% Kanton Luzern Aesch 1’297 90 7.5% 1’487 280 23.2% Altwis 472 33 7.5% 532 93 21.2% Ballwil 2’995 208 7.5% 2’921 134 4.8% Ermensee 1’057 73 7.4% 1’201 217 22.1% Eschenbach 3’854 267 7.4% 3’702 115 3.2% Hitzkirch 5’591 388 7.5% 7’195 1’992 38.3% Hochdorf 11’546 1’720 17.5% 10’996 1’170 11.9% Hohenrain 2’665 185 7.5% 2’591 111 4.5% Römerswil 1’899 132 7.5% 1’832 65 3.7% Schongau 1’116 77 7.4% 1’100 61 5.9% Total Kt. Luzern 32’492 3’173 10.8% 33’557 4’238 14.5% Total AG und LU 74’762 6’969 10.3% 83’717 15’924 23.5%

26 Anhang C: Gemeindeübersicht Seetal – Überkapazitäten

Tabelle 4: Details zur Überkapazität an Bauzonen

Gemeinde Delta Einwohnende1 Delta Bauzonen2 Überkapazität3

Überkapa- Unterkapa- Total Überkapa- Unterkapa- Total zität zität zität zität [ha] [ha] [ha] [%] Kanton Aargau

Beinwil am See 2’212 2’212 31.6 31.6 60% Birrwil 869 869 14.5 14.5 72% Boniswil 883 883 12.6 12.6 51% Dürrenäsch 615 615 10.3 10.3 45% Egliswil 304 304 5.1 5.1 20% Fahrwangen 52 52 0.9 0.9 2% Hallwil 1’086 1’086 15.5 15.5 116% Lenzburg -874 -874 -9.7 -9.7 -8% Leutwil 252 252 4.2 4.2 30% Meisterschwanden 178 178 3.0 3.0 6% Seengen 164 164 2.7 2.7 4% Seon 726 726 9.7 9.7 12% Staufen 1’423 1’423 15.8 15.8 38% Total Kt. Aargau 8’764 -874 7’890 125.9 -9.7 116.2 19% Kanton Luzern Aesch 190 190 4.6 4.6 15% Altwis 60 60 1.4 1.4 13% Ballwil -74 -74 -1.7 -1.7 -2% Ermensee 144 144 3.2 3.2 14% Eschenbach -152 -152 -3.4 -3.4 -4% Hitzkirch 1’604 1’604 33.7 33.7 29% Hochdorf -550 -550 -9.1 -9.1 -5% Hohenrain -74 -74 -1.8 -1.8 -3% Römerswil -67 -67 -1.6 -1.6 -4% Schongau -16 -16 -0.4 -0.4 -1% Total Kt. Luzern 1’998 -933 1’065 42.9 -17.9 25.0 3% Total AG und LU 10’762 -1’807 8’955 168.8 -27.6 141.2 12% 1 Differenz zwischen Einwohnerkapazitäten bei Ausschöpfung der Bauzonen gemäss Zonenplänen und Einwohnerprognosen gemäss Richtplänen 2 Umrechnung Über- bzw. Unterkapazitäten Einwohnende, mit den angestrebten Dichtewerten gemäss Zonenplänen 3 Delta Einwohnende im Verhältnis zu den Einwohnerprognosen gemäss Richtplänen

27 Anhang D: Exkurs: S-Bahn-Ausbau

Neben den drei Szenarien haben wir auch geprüft, ob ein Ausbau der S-Bahn (15 Minuten-Takt) mög- lich ist. Ein Ausbau der S-Bahn macht aber nur Sinn, wenn eine weitere Verdichtung erfolgt. Die S- Bahn müsste zumindest auf Teilstrecken auf zwei Spuren ausgebaut werden, damit der Takt verdich- tet und die Reisezeit verkürzt werden kann. Dieses zweite Trassee bedeutet jedoch einen grossen Ein- griff in die bestehenden Strukturen und erfordert die Enteignung von privatem Land. Ein etwa 8 Meter breiter Streifen müsste freigespielt werden. Dafür könnte rund um die S-Bahn-Stationen verdichtet werden. Dies ist jedoch aufgrund des Engpasses in Luzern (Gütschtunnel) erst frühestens nach 2038 möglich, bis dahin kann keine Taktverdichtung erfolgen. Die Strecke Hochdorf-Luzern ist heute zu Spitzenzeiten bereits ausgelastet. Der erwartete Mehrverkehr müsste bis 2038 mit MIV aufgefangen werden.

Platzbedarf: Die erforderliche Doppelspur ist genormt. Den heutigen rund 5 Metern stünden die künf- tig erforderlichen ca. 8.6 Meter entgegen (BAV 2016).

Kosten: En totaler Neubau wäre erforderlich, eine neue Kantonsstrasse und neue Dorfkerne inbegrif- fen. Dazu kommen über 40 km Gleis. Das dritte Gleis Genf-Coppet (14km, 1994-2004) hat 264 Mio. Fr. gekostet. Geht man von dieser Zahl aus, ergäbe dies für das Seetal Kosten von rund 1.2 Mrd. Fr.. In der Realität lohnt sich dieser Ausbau bei den vorhandenen Kapazitäten und dem finanziellen De- ckungsgrad (32% 2012) wohl nicht (vgl. hierzu das Mehrjahresprogramm ÖV des Kantons Aargau 2013). Im Seetal fahren schlicht zu wenig Personen Bahn. Zusätzliche Angebote erfordern höhere Dichten (vgl. auch Antwort des Regierungsrates AG auf eine entsprechende Interpellation).

Abbildung 14: Passagierfrequenz Bahnhöfe Seetalbahn. Quelle: SBB 2016, eigene Darstellung

Zeitgewinn: Eine grobe Fahrzeitabschätzung für den S-Bahn Ausbau ergibt eine Reisezeit von circa 45 Minuten (Lenzburg - Emmenbrücke 40 km mit ca. 100 km/h; heutige Reisezeit Regioexpress Emmen- brücke- Luzern 9 Min; 2 Minuten pro Haltestelle mit Halt in Seon, Beinwil, Hitzkirch, Hochdorf) Um einen guten Anschluss am Knoten Luzern zu erreichen würde entweder eine Reduktion der Reisezeit

28 auf eine 1 Stunde oder direkt auf 30 Minuten erreicht werden (Taktfahrplan, nicht zwingend besser als Strasse werden).

Abbildung 15: Reisezeiten per Bahn zwischen Lenzburg und Luzern. Quelle: Google Maps.

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Kontakt

ETH Zürich Netzwerk Stadt und Landschaft NSL (HIL H 37.4) MAS-Programm in Raumplanung 2017/19 Stefano-Franscini-Platz 5 CH- 8093 Zürich www.masraumplanung.ethz.ch

Herausgeber: Netzwerk Stadt und Landschaft NSL Redaktion und Gestaltung: Katharina Frischknecht, Alexander Gnos, Sarah Grossenbacher, Samuel Kissling, Leila Siegenthaler, Sibèlle Urben, David Zumstein. Titelbild: Eigene Darstellung Druck: NSL

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