Splügen Bis San Bernardino Pass)
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Die Wiederherstellung des Arvengürtels als Bannwald im Rheinwald (Splügen bis San Bernardino Pass) Autor(en): Gerber, Theodor Objekttyp: Article Zeitschrift: Berichte der St. Gallischen Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Band (Jahr): 91 (2008) PDF erstellt am: 10.10.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-832610 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. Die systematische Speicherung von Teilen des elektronischen Angebots auf anderen Servern bedarf ebenfalls des schriftlichen Einverständnisses der Rechteinhaber. Haftungsausschluss Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr für Vollständigkeit oder Richtigkeit. Es wird keine Haftung übernommen für Schäden durch die Verwendung von Informationen aus diesem Online-Angebot oder durch das Fehlen von Informationen. Dies gilt auch für Inhalte Dritter, die über dieses Angebot zugänglich sind. Ein Dienst der ETH-Bibliothek ETH Zürich, Rämistrasse 101, 8092 Zürich, Schweiz, www.library.ethz.ch http://www.e-periodica.ch BERICHTE DER ST.GALLISCHEN NATURWISSENSCHAFTLICHEN GESELLSCHAFT 243 91. Band Seiten 243-254 7 Abbildungen 0 Tabellen St.Gallen 2008 Die Wiederherstellung des Arvengürtels als Bannwald im Rheinwald (Splügen bis San Bernardino Pass) Theodor Gerber Inhaltsverzeichnis 4.6 Die kleinen Projekte (wenige bis 100 Arven) 251 Zusammenfassung 243 4.7 Die Einstellung der Talbewohner zum Projekt 253 1. Einleitung 244 5. Bilanz der gut 2. Besiedelungsgeschichte des 30-jährigen Bemühungen 253 Rheinwalds und Folgen für die Arvenwälder 244 6. Zukunftsperspektiven 254 3. Die alpine Arve Literaturverzeichnis 254 (Pinns cembra alpina L.) 245 3.1 Die verschiedenen Zusammenfassung Namen der Arve 245 3.2 Steckbrief der Arve und ihr Die steigende Bedeutung eines intakten natürliches Umfeld 246 Arvengürtels als Bannwald insbesondere zur 3.3 Die Bedeutung des Tannenhähers Regulierung des gestörten Wasserhaushalts für die Verbreitung der Arve 247 wegen Gletscherrückgangs rechtfertigt die 3.4 Feinde und Nützlinge der Arve... 248 vorliegende Arbeit. Die notwendigen Grundlagen 3.5 Krankheiten der Arve 248 zur Wiederherstellung des Arvengürtels 4. Die Arbeiten mit Ziel Wiederherstellung im Rheinwald werden besprochen. Von des Arvengürtels im Rheinwald 249 1974 bis 2006 sind total 453215 Bäume im 4.1 Die Anfänge 249 Rheinwald ausgepflanzt worden, darunter 4.2 Die lockere Arbeitsgemeinschaft 65935 Arven (Forststatistik HUGENTOB- Arven fürs Rheinwald 249 LER 2006). Hinzu kommen weitere 14000 4.3 Zahlen .249 Arven aus privater Baumschule Nufenen 4.4 Die grossen Projekte (1000-10000 oder privatem Zukauf (GERBER). Das und mehr Bäume) 249 zunehmende Arvennüsschenangebot verlockt 4.5 Die mittleren Projekte den Tannenhäher dazu, seine Vorräte wieder (100-1000 Arven) 251 vermehrt im Rheinwald statt im Schams anzulegen und ganzjährig im Tal zu bleiben. Dr. med. Theodor Gerber, Strebelstrasse 6, CH-9010 St.Gallen 244 THEODOR GERBER Der dem Menschen überlegene < Arvenpflanzer) der Arbeitsgemeinschaft Arven fürs Rheinwald findet bis zum folgenden Mastjahr nicht und an die Sponsoren. mehr alle Depots, aus welchen im günstigen Fall Arven in Büscheln spriessen. 2. Besiedelungsgeschichte des Rheinvvalds und Folgen für die Arvenwälder 1. Einleitung In vorwalserischer Zeit war das Tal oberhalb Die gut 30-jährige Arbeit entwickelte sich der Roflaschlucht, das Rheinwald, nur spärlich auf unkomplizierte Weise. Durch meine Mutter besiedelt. Flurnamen wie <Casana, Ca- als Walserin aus Nufenen und Hinterrhein sanna, akkadisch: qassu geweiht, den Göttern mit dem Rheinwald verbunden und schon als geweiht> (BRUNNER 1987), weisen auf Knabe ins Baumpflanzen vernarrt, lockten ein vorrömisches, semitisches Volk aus der mich Lehrerberichte über Pflanzmisserfolge, Gegend nördlich Babylons hin. Im frühen es erneut zu versuchen. Die entscheidende Mittelalter besass das Kloster Roveredo eine Hilfe leistete mir Dr. Walter Trepp seh, kleine Aussenstation in Hinterrhein. Die ehemaliger Forstadjunkt des Kantons Graubünden, Hausbezeichnung <Chlöschterli> erinnert noch mit seiner grossen Erfahrung betreffend heute daran. Im Jahr 1274 verpflichteten die Arvenaufzucht und der Schenkung des damaligen Landesherren von Sax Misox 13 richtigen Werkzeugs. Er brachte persönlich die Walserfamilien vorwiegend aus dem Pomatt, ersten 5000 dreijährigen Sämlinge zur dem heutigen Val Formazza, Italien, nach Beschulung in Hausgärten nach Nufenen. Wille Hinterrhein zur Offenhaltung des Transits und körperlicher Einsatz allein genügten über den San Bernardino Pass im Winter. Sie aber nicht. Die Zusammenarbeit mit und gewährten den Waisern Sonderrechte wie nicht gegen die Naturgewalten ist wichtig. persönliche Freiheit, niedrige Gerichtsbarkeit, Die Natur zeigte sich als strenge aber Rodefreiheit zur Kultur- und Weidelandgewinnung. gerechte Lehrmeisterin. Grosser Dank geht an Reste des Hochofens (Abbildung die Förster Oskar Hugentobler, Andeer, und 1) unter dem Wänglispitz auf 2350 m ü.M. Walter Calonder, Splügen, an die Luftwaffe bezeugen, dass dort oben Eisen abgebaut für Helikoptereinsätze, an alle Beteiligten und geschmolzen wurde. Der verstorbene Abbildung 1: Reste der Trockenmauer des Hochofens unterm Wänglispitz auf 2350 m ü.M.. Hier wurde Eisen aus dem Erz des Wänglispitzes verhüttet. Foto: Theo Gerber. DIE WIEDERHERSTELLUNG DES ARVENGÜRTELS ALS BANNWALD 245 Nikiaus Hosig aus Nufenen wusste, dass es Schember im romanischen Sprachraum geht früher in seinem Dorf vier Hammerschmieden über ein postuliertes rätisches <gimberu> auf gegeben hatte. Eine davon gehörte, das hebräische <gofar> zurück, was Kiefer, abgeändert als Schlachthaus, seiner Familie. Es Zypresse bedeutet (BRUNNER 1987). Die bestand offenbar ein grosser Bedarf an Einwanderer übertrugen die Namen ihrer Hufeisen für die Saum- und Zugtiere bis zur Bäume auf ähnliche im neuen Lebensraum. Eröffnung der Gotthardbahn. Entscheidend Weitere Namen sind Arbe, Arba (St. zum Verschwinden der Arvenbestände trugen Gallen), Araf (Graubünden), Orfe (Wallis), aber die grossen Ziegenherden bei, die Zirbe, Zirbelkiefer, Zirbel, Zirm, Zirmnuss- bei freiem Auslauf im Frühjahr und Herbst baum (Ostalpen), abgeleitet vom mit ihrem feinen Geruchsinn und den althochdeutschen <zerben>, sich drehen; ein Hinweis scharfen Augen alle Jungarven fanden und auf die schraubenförmige Anordnung der als Leckerbissen frassen. Der Tannenhäher, Schuppen des Arvenzapfens. Im der sich vorwiegend von Arvennüsschen französischen Sprachraum hört man auvier, pin ernährt, verlor nach und nach die Nahrungsbasis. cembro, arole, eoeve, teinier, arze ceimbrot. Er zog sich ins Schams zurück, wo die Italienische Namen sind pino cembro, cem- Arvenwälder durch die weniger aggressiven bra, cimbro, cimber. Die Tessiner sprechen Rätoromanen verschont blieben. von zimber, pigneu, gembro. 3. Die alpine Arve (Piitus cembra alpina L.) Die Arve findet sich in zwei biologischen Unterarten, unserer alpinen und der sibirischen oder nordischen. Unsere Arve weist im Gegensatz zur Fichte (Rottanne) eine grosse biologische Konstanz auf. Als einzige Mutante ist die <Weissarve> als Albinoform bekannt (RIKLI 1909). Unsere Arve reicht vom Mt. Blanc-Gebiet bis zum österreichischen Fluss Mur, ist aber auch in der Hohen Tatra und in den Karpaten heimisch. Die sibirische Unterart (Pinns cembra Sibirien Hort.), die sich in der' Mitochondrien DNA nicht von der alpinen unterscheidet (GUGERLI/SENN et al. 2001), weist durch Anpassung ans sibirische Klima aber andere Eigenschaften auf. Sie bedeckt das riesige Gebiet bis zur Lena. Östlich von Lena, Baikalsee und Altai wächst eine Zwergform der Arve, Legarve genannt (Pinns cembra pu- mila). 3.1 Die verschiedenen Namen der Arve Das Wort Arve leitet sich vom arabischen <hirawa, harawa> ab und bedeutet Holz, Baum (BRUNNER 1987). Dschember, Abbildung 2: Wetterarve im Val Niemet. Äste fehlen bergwärts infolge Schädigung durch Schneemassen. Foto: Theo Gerber. 246 THEODOR GERBER 3.2 Steckbrief der Arve und ihr Die Rinde bleibt bis zum Alter von 40 Jahren natürliches Umfeld auch im unteren Stammbereich saftigglatt. Die Äste lassen sich demzufolge um Die Arve aus der Familie Pinaceae ist ein ganz 180° biegen. Nasser, schwerer Schnee vermag besonderer Baum (Abbildung 2). Der französische sie im Gegensatz zu Föhren auch kaum zu Romantiker Jules Michelet (1798-1874) brechen. Der eindrückliche Verkehrszusammenbruch vergleicht sie in <La Montagne> mit einem in Zürich vom Sonntag dem stoischen Philosophen, einem Weisen, dessen 5. März 2006 ging teilweise auf geknickte und Leben von keiner Leidenschaft bewegt ist. auf die Stromleitungen gestürzte Föhren Daniel Baud Bovy schreibt 1899 in zurück. Dieser Vorteil der Arve wird nun aber Wanderungen in den Alpen>: zum Hauptproblem bei der Wiederaufforstung Die Arve verdient unsere Achtung, ja Bewunderung. in ökologisch gestörtem Umfeld: In den In ihr ist alles aber nichts grob. Die gross, 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts Wälder, die sie bildet, sind Gedichte, in denen wanderte