Landsberger Geschichtsblätter

Illustrierte Monatsschrift

und Organ des

H istorischen Vereins für Stadt und Bezirk a. L.

Beilage der

Landsberger Nachrichten

Begründet von Studienrat und Stadtarchivar J. J. Schober -j- Landsberg a. L.

Verantwortlicher Schriftleiter Paul Winkelmayer in Landsberg a. L.

41. Jahrgang

1-9-5-1

Landsberg a. Lech 1951

Landsberger Verlagsanstalt Martin Neumeyer Landsberg a. Lech INHALT

(Die Zahlen bedeuten die Spalten)

D r e x 1 Walter: Die Todesstrafe im Strafgesetz­ Schöppner: St. Leonhard in Kaufering 62 buch vor 200 Jahren 85 Schweizer Dr. B.: Bodenfunde in Dießen 8 Feil Dr. W.: Aus dem Leben des kurfürstlichen Fischkäufls in Dießen 88, 95 Welz Heinrich: Aus alten Zehentbeschreibun­ gen der P farrei W alleshausen 47, 55 Feil Dr. W.-: Ueber die Ammerseefischerei 94 Winkelmayer Paul: Die Pfarrmatrikel in Fried Pankraz: Das Kirchlein von Wabern 62 Stadt und Landkreis Fried Pankraz: Gotisches Fresko in Walles­ Winkelmayer Paul: Ein Meisterwerk der hausen 88 Goldschmiedkunst wieder in der Stadt­ pfarrkirche Maria Himmelfahrt 65 Haider Dr. A.: Kolonie oder Gogglhausen 93 Winkelmayer Paul: Landsberger Flurnamen 32 H o f mann Dr. Sigfr.: Unbekannter Schüler Dominikus Zimmermanns 24 Winkelmayer Paul: Landsberg errichtet einen Schafmarkt 38 Mayr Eduard A.: Vom Landsberger Jesuiten­ novizen zum Schauspieler 29 Winkelmayer Paul: Vor 100 Jah ren 16, 24, 40, 96 Mayr Eduard A.: Landsberger Gelehrter ent­ Wußten sie schon: 48, 86, 96 deckt altes Fronleichnamsspiel - 39 Buchbesprechungen: 8, 48, 55, 72, 96 Müller-Hahl Bernhard: Hausnamen in Prittriching 78 Abbildungen: Müller-Hahl Bernhard: Aus der Hof mark Landsberger Tagblatt 1911 11 87 Landsberger Zeitung 1937 26 P r o e g e r Dr. Hans: Die älteste oberbayerische Landsberger Zeitung 1945 28 Heimatzeitung 1, 9, 17, 25 Rechtsbuch der Stadt 35/36 S c h e r p f Dr. Alfred: Das Rechtsbuch der Stadt Landsberg 33, 41, 49, 57, 68, 73, 81 M adonna von 1649 65/66

ORTSVERZEICHNIS

Vorbemerkung: Die Orte sind in der jetzt üblichen Lachen 85, Lagerlechfeld 93, Landsberg 1, 2 ff, 5, 6, 7, Schreibweise eingereiht. Die St.-Orte stehen unter S. 8, 15, 16, 17, 18, 21 ff, 23 ff, 24, 25 ff, 27, 28 ff, 29 ff, 31 ff, 33 ff, 34, 35 f, 36 f, 38 f, 39, 40 f, 42, 44, 48, 49, Aibling 27, Aichach 27, A ltenstadt 8, A lling 39, Am­ 50, 53, 54, 56 ff, 57, 58, 59, 63, 65 ff, 67 ff, 68, 69, 70, berg Obpf. 7, Andechs 8 f, 95, Assissi 5, Asch 85, 71, 73, 77, 81, 85 f, 87 ff, 89, 90 ff, 91 ff, 92 ff, 93 ff, Augsburg 29 ff, 31, 39, 64, 66 ff, 67, 68, 86, 93. Landshut 39, Lauingen 86, Lechmühlen 85, Leeder 85, Leipzig 39 ff, Lengenfeld 85 f, Lengenfeld Schw. B a d Wörishofen 1, 2, Berchtesgaden 27, Bergza­ 96 ff, Leutstetten 47, Lichtenberg 8, Lindau 5, Lo- bern 94, Beuern 85, Biberach 14, Bierdorf 85 ff, Bi- retto 5. schofsried 85, B reitbrunn 94, 95, Buch 95, Buchloe 98, Bürgau 48, 96, B urghausen 27. Machlberg 85, Mailand 5, Markt Schwaben 27, Matt- sies 80, M emmingen 29, 96, Miesbach 27, M indelheim Dachau 27, D arm stadt 31, 85, D ettenho­ 23, 38, M itterw indach 85, Moosburg 11, 14, 27, Moos- fen 85, Dettenschwang 85, Dießen 5, 8 ff, 15, 55, 56, ach 69, M othm en 94, M undraching 85 f, M urnau 27, 85 f, 87 ff, 94 f, 95 ff, D onauw örth 48, Dorfen 27. M ühldorf 27, M ühlfeld 95, München 3 f, 4, 5, 6, 7, 13, 18 ff, 22, 27, 29, 31 ff, 32, 33, 35, 36, 39 ff, 43, 46, 49, Ebersberg 27, Eching 85, Egling 56, 63, 79, 85 ff, 51, 52, 55 ff, 57, 58, 59, 60, 61, 69, 70, 71, 72 f, 84, 85, Eichstätt 29, Ellw angen 7, Elsaß 93, Em m ing 85, E nt­ 87 ff, 91, 92, 95, 96. raching 85, Epfenhausen 85, Erpfting 85, Erding 27, 63, 85 f, Erlangen 33, E ttal 63. Neckarsulm, Neuburg/Do. 7, 29, Neuhaus 94, Neu­ hausen 69, N eustift 29, N ürnberg 23, 29. Fischen 94, Florenz 5, Foligno 5, Freilassing 27, Frei­ sing 27, 29, Fürstenfeldbruck 27 ff. Oberammergau 63, Oberbergen 85, Oberdießen 85, Oberfinning 85, O berm eitingen 85, 93, O berm ühlhau­ Garmisch-Partenkirchen 27, G eitendorf 80, sen 85, Oberschondorf 85, Oberstdorf 39, Oettingen G enua 5, G eretshausen 85 f, Gießen 27, Gogglhau­ 27, Ofen 90, Ostasien 4, O ttobeuren 96. sen 93 ff, G reifenberg 95, G ünzburg 12, 48, 96. Padua 5, Passau 2, 6, 29, Peißenberg 27, 47, 55, Peking Hagenheim 85, Hechenwang 85 f, Heinrichshofen 85 f, 1, Pitzling 8, 85, Penzberg 27, Penzing 85, Pestenak- Herrsching 94, 95, H ofstetten 85, Holzhausen b. B. 85, ker 47, 55 ff, 56 ff, 63, 85, Petzenhausen 63 f, 85, Holzkirchen 27, Hübschenried 85, 85, 87 f, Pflaundorf 85, Pfaffenhofen 27, Pfalz 93, 94, Pflug­ 93 ff, 94 ff. dorf 85 f, Pleisw eiler 94 f, Polling 47, 55 ff, 56 ff, 62, 63, 64 ff, P reußen 4, Prien 27, Prittriching 78 f, 79 f, Jcdelstetten 85, Igling 87 ff, Ingolstadt 27, 39, Inns­ 80 ff, 85, P ürgen 85. bruck 5, 30, Issing 85, Italien 80. Ramsach 85 f, Regensburg 29, Reichenhall 27, 91. Kaltenberg 47, 48 ff, 55 ff, K arlsruhe 39, K aufbeu­ 85, Reisch 85 f, 93, Reisensburg 39, Rieden ren 38, K aufering 56, 62, 67, 85, 87, 94, K em pten 29, 85 f, Riederau 85 f, Rollemühle 87, Rom 5, Romen­ Kirchberg 55, Klagenfurt 24 ff, Klosterlechfeld 93, thal 85, Rosenheim 27, Rothenburg/T 29, Rottach- Kolberm oor 27, Köln 23. Egern 15, Rott 85. S a n k t A 1 b a n 85, St. Georgen 85, St. Ottilien 85, See­ U lm 48, 86, Um m endorf 80, 85, U nterdießen 85, U nter­ feld 95, Simbach 80, Spandau 1, Spotting 85. finning 85, Unterigling 85, 87, Untermühlhausen 85. 94, Unterschondorf 56, Unterw indach 85 f, U tting 85. S c h e u r i n g 67, 80, 85, Schmiechen 55 ff, Schongau 24, 94, 95, Uzwil 21. 27, 33 ff, 94, 95, Schöffelding 85, Schro benhausen 27, 85, Schwabmünchen 38, 85 f. Vilgcrtshofen 85 ff, Vilshofen 6, 17. • Stadl 85 f, S tarnberg 15, 27, Stegen 94, 95, Stoffen 85 f, Waal 96, W aalhaupten 24, 40, 96, W asserburg 27, W a­ Stuttgart 7, 39. bern 56 ff, 62 ff, 63 ff, 64 ff, W alleshausen 47, 48 ff. 55 ff, 56 ff, 62, 63 ff, 85 f, 87 ff, Walkerthofen 80. Tegernsee 27, 80, 85, 96, Tivoli 5, Tölz 27. Weil 85, Weißenhorn 55, Wengen 85, Wessobrunn 8. Traunstein 27, 39, 67, Trostberg 27. 24, 56, 62, 64, Wies 48, W ilten 5, W olfratshausen 27, Würzburg 29. Z ü r i c h 5.

HISTORISCHER VEREIN

Der Historische Verein hielt einen Vortragsabend mit dem Thema „Die Welfen am Lechrain“ von Oberlehrer Wolf. Der Abend war sehr gut besucht und fand allge­ mein Anklang. Am Himmelfahrtstag unternahm der Verein unter überaus großer Beteiligung einen Ausflug zur Schloß­ kapelle Pöring und nach Pitzling. In der Kirche konnte der Vorstand nach der Maiandacht einen Vortrag über Pöring und seine Schloßkapelle, die Dominikus Zimmer­ mann erbaute, halten. Sein Dank galt allen, die mithal­ fen, die Kapelle, wieder instandzusetzen und somit zu erhalten. In Pitzling sprach der Vorstand über die Ent Stellung des Dorfes und die Geschichte von Pitzling. Für das Museum konnte ein Meßkännchen, silberge­ trieben, von dem Landsberger Goldschmied Mayer um 1680 gefertigt, erworben werden. Verschiedene Boden­ funde wurden dem Verein geschenkweise überlassen, so­ weit eine Konservierung notwendig war, besorgte diese das Landesamt für Denkmalspflege kostenlos. Aus dem Nachlaß von Schmiedmeister Ludwig Fischer wurde dem Museum eine Goldwaage und ein Konversationslexikon geschenkt. Wesentlich, auch mit finanziellen Zuschüssen, betei­ ligte sich der Verein im abgelaufenen Jahr an der Er­ haltung und Instandsetzung der St. Nikolauskapelle in Jedelstetten, sowie an den Erneuerungsarbeiten am Spöt- tinger Kirchlein. In Bearbeitung befindet sich gegenwär­ tig die dringend notwendige Instandsezung der einzig­ artigen St. Wolfgangskapelle in Weil. Von den zuständigen Behörden der Stadt und des Landkreises wurde der Vereinsvorstand bei allen ein­ schlägigen Fragen gehört. Im abgelaufenen Jahr starb unser Altmitglied Ludwig Fischer, Schmiedemeister. Wir werden ihm ein ehrendes Gedenken bewahren. Der Mitgliederstand erhöhte sich trotz des Austritts von 3 Personen durch Neueintritte auf 120 Personen. Illustrierte Monatsschrift und Organ des „Historischen Vereins lür Stadt und Bezirk Landsberg a. L.“ Begründet von Studienral und Stadtarchivar J. .J. Schober f handsberg

Verantwortlicher Schriftleiter; Dp j, onp ripp I 9 11 ItCllPP 11 PP riaPhPIPhtPn” Nachdruck, auch auszugsweise, ohne Paul W inkel m a y e rin Landsher^* a. L. D u 11 fl y u Uul „LdllU uU ul yCI II0 u III I u II IG II Genehmigung der Schriftltg. verboten

Nr. 1 11. Jahrgang 1951

bei Kraus — Schilderungen aus dem eigenen Beruf. Ob Die älteste oberbayerische es sich um die 1800 Redakteure handelte, die seit Beste­ hen der Pekinger „Amtszeitung“ geköpft worden sein Heimatzeitung sollen (112'1895), um die „Mißhandlung eines Schriftlei­ Vom „Landsberger Wochenblatt“ zur „Landsberger ters“, die geradezu phantastische „Wirksamkeit eines Zei- Zeitung“ (1796—1936) tungsinsferates“ (143H895) oder um die „Aufzeichnungen Von Dr. Hans Proeger eines Lokalschriftleiters“ (23/1895) —. alles wurde weit ausgesponnen und mit dem Nimbus des Fremden, Aben­ (Fortsetzung) teuerlichen umgeben. .Besonders getreu gab Steinweg „alle notwendig zu Im Unterhaltungsteil wurden „unter dem Strich“ wissenden Vorträge“ des Pfarrers und Heilkünstlers Se­ bastian Kneipp wieder, die dieser gegen Ende seines stets Romane abgedruckt, die ebenfalls mehr dem Ge­ Lebens in den Jahren 1895'96 in der alten Wandelbahn fühl als dem Verstand der Leser und -innen entsprochen von Bad Wörishofen hielt. Da diese Vorträge mit gerade­ haben. zu verblüffender Regelmäßigkeit im „Generalanzeiger“ Der Verleger des „Anzeigeblattes“, Franz Xaver wiederkehren, kann man nicht umhin, die Vermutung zu Kraus, konnte eigentlich recht zufrieden sein, daß der hegen, Steinweg habe damals schon, bevor er an einen „Generalanzeiger“ sich doch noch nicht zu der tödlichen Verkauf seiner Zeitung dachte, Beziehungen mit Bad Konkurrenzfähigkeit entwickelt hatte, wie er zuerst ge­ Wörishofen gepflogen und den Schriftsatz dieser oft vier glaubt haben mochte. Wenn auch die Inseratenpreise des bis fünf Spalten langen Vorträge des alten Herrn Pfarrer „Generalanzeigers“ sehr niedrig waren — eine ganze Kneipp zu vorteilhaften Bedingungen geliefert erhalten Seite kostete 10 RM — so war die Auflage doch nie­ In politischer Hinsicht vertrat Steinweg, dem Typ mals höher als die des „Krausblättchens“. Ja, zuletzt war seiner Zeitung entsprechend, keine bestimmte Parteimei­ Steinweg auf 400 Stück heruntergekommen, während nung, wenn er auch recht scharf die „preußischen Witz­ Kraus doch bei 500 Exemplaren bleiben konnte. Der blätter“ angriff, die Prinz Ludwig verhöhnten oder sich Elektromotorbetrieb, den Steinweg schon am 19. Mai 1896 mit sichtlicher Freude über den „preußischen Militaris­ eingeführt hatte, brachte dem „Anzeigeblatt“, das noch mus“ hermachte, wie zum Beispiel in der Nummer 18 Radtreiber beschäftigte, auch keinen materiellen Scha­ von 1896: den. Im ganzen gesehen, war Steinweg durch seine Lands­ „Nur die Preußen können's! — Es ist schon nicht mehr berger Exkursion nicht gerade reich geworden, und da­ schön! Alles, was im lieben Deutschen Reich geschieht, rum mochte es ihm dort auch nicht länger behagt haben können einzig und allein nur unsere norddeutschen Brü­ Er hat mit seiner Zeitungsgründung aber die Vor­ der. Diese scheinen die Weisheit mit Löffel ge-fahrlos gegessen zu haben. Beweis dafür ist, daß die Bayeri­ aussetzung zu dem publizistischen Meinungskampf ge­ schen Regimentskommandeure der Infanterie im Oktober legt, wie er zwischen den beiden Blättern entbrannt ist, auf 14 Tage zu einem Informations-Kurs nach der da Steinwegs Nachfolger den „Generalanzeiger“ zu Schießschule in Spandau gehen müssen, um die gefecht­ einem gesunden Unternehmen ausgebaut hat. Dadurch weise Verwendung des Gewehres zu erlernen! Auf wes­ hatten die damals in Bayern am meisten verbreiteten sen Befehl das geschieht, weiß man nicht. Natürlich kann politischen Ansichten, die der Liberalen ~nd die des man so etwas nur in Preußen lernen!“ Zentrums, in den Jahren ihrer Blüte auch in Landsberg Steinweg brachte getreulich die politischen Nach­ am Lech ihre „Organe“ erhalten. Steinweg hatte sich des richten, die ihm von dem Wolffschen Büro übermittelt Parteikampfes nicht nur aus geschäftlichen Rücksichten wurden, ohne zu Tagesfragen selbst Stellung zu neh­ enthalten: Landsberg war noch zu friedlich gesinnt. So­ men. Im Vordergrund stand — wie schon bei der Be­ mit war die Benennung seiner Zeitung als „Generalan­ trachtung des „Anzeigeblattes“ zu zeigen versucht wur­ zeiger“ voll berechtigt. Später, als die Zeitung sich zu de — auch bei Steinweg das „Kleine Feuilleton“, um einem Parteirichtungsblatt — nämlich des Zentrums — einen heute gültigen Begriff anzuwenden. Begebenheiten entwickelt hatte, konnte dieser Name das Wesen der aus aller Welt, besonders aus dem „Land der unbegrenz­ Zeitung nicht mehr treffend kennzeichnen, und es wäre ten Möglichkeiten“, aufregende Erlebnisse wagemutiger jeder andere Titel zeitungswissenschaftlich — begründe­ Männer, Gerichtsberichte und nicht zuletzt — genau wie ter gewesen als der eines „Generalanzeigers“, stellt man — 3 — — 4 — sich so doch ein auf „objektiv-unparteiische Haltung“ Zusammenstoß, da Kraus noch immer an seiner Taktik bedachtes Blatt vor, und diesen „Vorzug“ konnte man des Totschweigens“ festhielt und im übrigen viel zu un­ dem leidenschaftlich für seine Belange eintretenden Blat­ entschlossen war, eine politische Meinung zu publizieren te bestimmt nicht zuerkennen. Von einer Titeländerung — seine Parteifreunde, die Liberalen, hielten sich auch aber war nie die Rede! zurück —, obwohl ihm der „Generalanzeiger“ dadurch M. St. Steinweg verkaufte am 1. Mai 1897 seine schon manchen Abonnenten abspenstig gemacht hatte. Buchdruckerei und den „Generalanzeiger“ mit seiner Kraus behielt den farblosen Charakter seiner Zeitung Kopfausgabe an Anton Sichler. Er selbst erwarb sich die bei — zum Nutzen Sichlers, dem die Ruhe am Ort zum Buchdruckerei in Bad Wörishofen, mit der er — wie besseren Eingewöhnen sehr gelegen kam. Natürlich sah bereits angedeutet wurde — schon länger in Verbindung Sichler unter solchen Umständen auch keinen Grund, gestanden hatte. Nur 28 Monate fand sein rastloses Tem­ Komplikationen heraufzubeschwören. Im Gegenteil — perament in Landsberg Befriedigung, dann trieb es ihn in manchem waren sich beide Verleger sogar einig, wieder fort, zumal er während dieser Zeit nur einen sc in der vorsichtigen Beurteilung und Bewertung Bruchteil seines hochgesteckten Zieles hatte erreichen „preußischer Bemühungen“. Sichler sagte nicht mehr können. als die meisten dachten, wenn er das altbayerische Wort abdruckte: „Lieber bayerisch sterben als preußisch ver­ D) Der seit 1895 bestehende „Oberbayerische General­ derben!“ (101/1898). Anläßlich des Todes des „Eisernen anzeiger“ übernimmt die Führung im publizistischen Kanzlers“ schrieb er im August 1898 in einem Kom­ Meinungskampf in Landsberg mentar. „ . . Bismarck war Preuße durch und durch; Anton Sichler (1897—1907) und was Preußen heute ist. verdankt es nur Bismarck. Der neue Verleger des „Oberbayerischen Generalan­ Sein Werk ist es, daß es ein Deutschland mit preußischer zeigers“, Anton Sichler, der am 18 November 1862 in Spitze gibt, daß Oesterreich aus dem deutschen Bunde Passau als Sohn eines Kondukteurs geboren wurde und verdrängt wurde und daß an die Stelle des Hauses Habs­ in München das Handwerk eines Schriftsetzers erlernt burg das Haus Hohenzollern trat Wahrlich — Preußen hatte, war von ganz anderem Wesen als Steinweg. Beide kann mit seinem Bismarck zufrieden sein!“ (116/1898). waren zwar Geschäftsmänner, doch zog Sichler im Ge­ Eine solche klare Stellungnahme durfte von den gensatz zu Steinweg die sichere Rentabilität eines ge­ politischen Gegnern nicht unwidersprochen hingenommen diegenen Unternehmens der ungewissen Konjunktur werden, und so versuchten vor allem die Bauernbündler eines künstlich hochgetriebenen vor Steinweg war froh, den „Generalanzeiger“ bei den Landwirten zu boykot­ daß er nach dem Verkauf seiner Druckerei aus Lands­ tieren Sichler äußerte sich zu diesem Vorhaben: berg fortziehen konnte, und Sichler hatte die Aussicht, „ Wir würden von diesem Aufruf (im „Bayerischen die Druckerei mit Hilfe der neu aufgestellten Setzma­ Volksblatt“) keine Notiz genommen haben, wenn nicht schine „Typograph“ — Johann Probst war der erste am Schlüsse der „Oberbayerische Generalanzeiger“ als Maschinensetzer — und die vierseitige Zeitung selbst gehässiges, fanatisches Zentrumsblatt hingestellt würde, bei geeigneter Führung durch Anschluß an eine Partei­ das von den Kreisen des Bayerischen Bauernbundes ferngehalten werden muß .. . Um diesem Aufrufe mehr richtung finanziell und ideell ertragreicher zu gestalten. Erfolg zu sichern, wird das Wieland'sche Rezept ange­ Ursprünglich war der „Generalanzeiger“ — wie ge­ wendet Man verlangt, daß nur mehr jene Gasthäuser zeigt wurde — tatsächlich ein Generalanzeiger, und als berücksichtigt werden sollen, in denen das „Bayerische Sichler daranging, ein Parteiblatt daraus zu machen, Volksblatt“ aufliegt und beschränkt auf diese Weise die blieb ihm nichts anderes übrig, als sich,'da die Liberalen Gastwirte in ihrer freien Handlung. Wir sind der festen Ueberzeugung, daß unsere Bauern und Land­ das „Anzeigeblatt“ des politisch toleranten Kraus als wirtschaftstreibenden soviel Selbständigkeit und eigene ihre Zeitung betrachteten, der anderen. Richtung, dem freie Urteilskraft besitzen, daß sie nicht erst fragen Zentrum, zur Verfügung zu stellen „Wir werden unser müssen, ob sie den „Oberbayerischen Generalanzeiger“ Blatt“, so bekannte er, „in politischer Beziehung auf lesen dürfen oder nicht.“ (128/1898). dem Boden der Zentrumspartei stehend, wie bisher re­ Dieser Boykott-Versuch — mehr als ein Versuch digieren und uns bemühen, dasselbe durch reichhaltigen konnte dieser .Vorgang ja nicht sein — zeitigte nicht nur gediegenen Inhalt, besonders rasche Berichterstattung nicht den gewünschten Erfolg, sondern brachte dem „Ge­ über alle lokalen und auswärtigen Tagesneuigkeiten, so­ neralanzeiger“ überdies noch neue Leser. wie belletristischen Unterhaltungsstoff zu dem gern ge- lesensten Blatte in jeder Familie machen.“ (89/1898). Die­ Dem am 17. Juli 1900 in München gegründeten se Devise „Auf dem Boden der Zentumspartei stehend“ „Katholischen Preßverein für Bayern“ stellte Sichler be­ vertrat Sichler nun auch mit anerkennenswerter Beharr­ reitwilligst die Spalten seiner Zeitung zur Verfügung, lichkeit: „.. Besonders bei der bevorstehenden Land­ denn- „leider hat die kirchenf endliche Presse die Ober­ tagswahl werden wir mit allen Kräften agitieren, daß hand auch in unserem größtenteils katholischen Bayern­ unser Wahlkreis entsprechend seiner überwiegenden lande. Die Zeitungen und Zeitschriften, welche auf ka­ Mehrheit an Anhängern der Zentrumspartei auch im tholischem Boden stehen, haben vielfach nicht die Ver­ nächsten Landtage von Mitgliedern derselben vertreten breitung gefunden, welche ihnen im Verhältnisse zur sein wird .. .“ (91/1899). Ein anderes Mal schrieb er: Zahl der Katholiken gebührt. Mit blutendem Herzen „... Freunde des Zentrums sollten auch nach Mög­ müssen wir Katholiken wahrnehmen, wie diese gegneri­ lichkeit Blätter ihrer Gesinnung lesen. Der heillose sche Presse, welche unsere hl. katholische Kirche ent­ Schaden und die Vergiftung des einfachen Mannes ehrt und der öffentlichen Verachtung tagtäglich preis­ müssen unfehlbar durch ein schlechtes oder farb­ gibt, in immer weitere Kreise vordringt... Darum Ka­ loses Blatt erfolgen. Zum Hassen oder Lieben sieht tholiken Bayerns, schart Euch in Massen um die Fahne jeder sich getrieben — der Teufel allein ist neu­ des Katholischen Preßvereins!“ (180/1901). tral . . . “ Natürlich konnte Sichler nicht nur solche polemischen Sichler wendete sich in seinen Aufsätzen gegen all“ Artikel seinen Lesern vorsetzen; der Hauptanteil am Zei­ diejenigen Erscheinungen und Meinungen, die auf Um­ tungsinhalt mußte, genau wie beim „Anzeigeblatt“ den wälzung des Bestehenden durch rohe Gewalt hinzielten. belletristischen Beiträgen züfallen. Daneben aber durfte In seinen zwanglos erschienenen Artikeln „Die Politik des Berichtenden in .Politik und Lokalem nicht verges­ beim Dorfwirt“ setzte er sich mit den Ideologien der sen werden: „Deutsches Reich“, „Landtagsbrief“, „Aus­ Sozialdemokraten und der Bauernbündler auseinander land“, „Vermischtes“ waren ständige Spaltenüber­ und griff, wo es nur anging, unliebsame Vorfälle in de­ schriften. ren Reihen auf. Sogar die Parteileitung des Zentrums Der russisch-japanische Krieg lieferte genügend Ma­ in den benachbarten Wahlkreisen erließen im „General­ terial. Er rief sogar (76/1904) die erste Karikatur im anzeiger“, der sich inzwischen den Untertitel „Publika­ „Generalanzeiger“ hervor. Aber auch Karten vom Kriegs­ tionsorgan für den Stadtmagistrat “ schauplatz in Ostasien wurden gerne verwendet. Ueber- beigelegt hatte, ihre Aufrufe. Mit dem „Weilheimer haüpt setzte kurz nach der Jahrhundertwende eine rei­ Volksblatt“ und der „Neuen Freien Volkszeitung“ in chere Illustrierung des Textteils ein: Porträts bekann­ München wurden die ersten Polemiken ausgefochten. ter Persönlichkeiten oder Zeichnungen von Eisenbahn- Mit dem „Landsberger Anzeigeblatt“ kam es zu keinem Unglücksfällen oder ähnlicher „aufregender“ Ereignisse — 5 — — 6 — erwiesen sich immer als willkommene Bereicherung des diese zur Sitte gewordene Gewohnheit an; und jedes dazu gehörigen Artikels. Jahr wiederholte sich der gleiche Kampf. Bis heute ist Als Briefe aufgemachte Berichterstattungen über die Erntezeit ein Sorgenkind der Kleinstadt-Zeitung ge­ Kunstausstellungen — zumeist in München —, lange blieben, und nur Kriegsjahre vermochten und vermögen Manöverschilderungen und „Wallfahrtsbriefe“ bildeten dem Verleger diese Belastung zu nehmen. Zu solchen beliebte Artikelserien. , Die Reisebriefe eines solchen Erscheinungen gesellte sich die Notwendigkeit ständiger „Wallfahrers“, der nach Wilten bei Innsbruck, Trient, Abonnentenwerbung beim „Quartalwechsel“, der Wo- Padua, Loretto, Rom, Tivoli, Foligno, Assisi, Florenz, chen-Bezug kostete zehn Pfennig. Seit der Jahrhundert­ Genua, Mailand, Zürich, Lindau gekommen war, schlos­ wende wurde im „Generalanzeiger“ mit größter Gewis­ sen mit den Worten; senhaftigkeit darauf geachtet, daß ein Roman ja nicht „Und nun bleibt mir zum Schlüsse nur die Bitte übrig, zum Ultimo sein Ende fand, denn immer blieben bei an die von mir abgeschickten Nachrichten keinen stren­ Wahrung aller ideellen Belange die Geschäftsrücksich­ gen Maßstab anlegen zu wollen. Denn auf der Reise ten maßgebend für den Zeitungsherausgeber, den Fried­ kommt man häufig nur sehr schwer zu schriftlichen rich Naumann einmal mit einem Handwerker verglichen Mitteilungen. Und, wenn man einige Nachrichten ab­ hat, der „Papier und Nachrichten kauft, wie andere Holz senden will, so fehlt dazu die nötige Ruhe. Tag und und Firpis, und selbst alles weitere hinzugibt.“ *) Nacht hat man den Kopf voll. Man hört und sieht nur fremdartige Dinge Täglich in anderen Häusern, an­ Anton Sichler, der am 13. November 1898 die Toch­ deren Dörfern, anderen Städten und Gesellschaft zu ver­ ter des Hausbesitzers seiner Druckerei am Hinteren An­ kehren: das macht an sich schon vielerlei Unruhe ger 340, Aloisia Geisenhof, geheiratet hatte, war es in Zudem fehlt in der Regel alles zum Schreiben Nötige. den zehn Jahren seines Hierseins, da er sich „um alles, Und so habe ich regelmäßig nur eine Postkarte, wo was sich in der Heimat abspielte“, kümmerte **), gelun­ immer gerade sich Gelegenheit bot, zur stenographischen gen, eine gediegene Grundlage für seine Zeitung zu Aufnahme meiner Reiseeindrücke verwendet. Mit Ab­ schaffen, besser, als sie das „Anzeigeblatt“ in diesen sicht suchte ich allerlei aus dem Volksleben da und dort in die Nachrichten über die zahlreichen von mir be­ Jahren besessen hat. Ein Nervenleiden zwang ihn, sich suchten Wallfahrtsorte einzuflechten, um allerlei den der Unrast des Tages zu entziehen Damit aber war verschiedenen Wünschen entsprechend zu bieten. Natür­ für ihn die Berufsausübung hinfällig, denn von nieman­ lich ist ein solcher Bericht immer etwas einseitig. Wenn dem wird so sehr ein stetes geistiges und körperliches zehn die gleiche Reise machen, bekommt ein jeder eine Bereitsein gefordert, wie gerade von einem „Zeitunger“. in etwa diverse Ansicht über Land und Leute. Daß ich Als er deshalb Verkaufsabsichten äußerte, waren die selten oder nie über Dinge berichtet habe, die mir gar Kreise des Landsberger Zentrums natürlich besorgt, den nicht gefielen und die man schon gar nicht gutheißen „Oberbayerischen Generalanzeiger“ wieder in den Besitz kann, das hat seine Ursache darin, daß ich mir dachte, Unangenehmes und Unliebes hat ohnehin genug. Das eines Parteifreundes gelangen zu lassen. Der damalige will man nicht auch noch von fremden Ländern er­ Stadtpfarrer Martin Kolmsperger wendet sich in einem fahren. Es wird sich Gelegenheit bieten, früher oder persönlichen Schreiben an den Zentrums-Abgeordneten später einmal auf diesem oder einem anderen Gebiete Dr. Heim in München mit der Anfrage, ob er vielleicht mit den Lasern dieser Briefe in eine ähnliche Korre­ einen zuverlässigen Nachfolger Vorschlägen könne. Kurz spondenz zu treten. Auf W iedersehen!“ (8/1899). zuvor aber war dem gleichen Dr. Heim ein Brief des Zu den Bestandteilen Sichlers „Generalanzeiger“ ge­ Sekretärs des „Verbandes Süddeutscher Katholischer Ar­ hörten ferner der Roman, der, wie schon bei Steinweg, beitervereine“, Martin. Neumeyer, zugegangen, in dem von der ersten Seite auf die zweite als Feuilleton „un­ dieser die Absicht aussprach, sich durch einen Zeitungs­ ter dem Strich“ weiterlief, Besprechungen von Zeitschrif­ kauf in seinem ursprünglichen Beruf selbständig machen ten, sehr selten von Büchern, dann Kurzgeschichten, zu wollen. Ob Dr. Heim ein geeignetes Objekt wüßte? Anekdoten, Gedichte und Witze. Großes Aufsehen er­ Das einzige, was Dr. Heim jetzt nur zu tun brauchte, regte das Reuleaux‘sche Rätselturnier, das Sichler im war, den Verkäufer und den Bewerber zusammenzu­ Auszug vorführt (13/1902), dann: „Der edelste Sport ist bringen: das weitere mußten Anton Sichler und Martin der Denksport!“ Die Wettervorhersagen, die schon frü­ Neumeyer selbst miteinander vereinbaren. Sie wurden her vereinzelt gebracht wurden, hatten nun einen festen verhältnismäßig rasch einig: Martin Neumeyer erwarb Platz erhalten. Im Sportteil kam auch Sichler nicht über am 15. April 1907 die Buchdruckerei und damit den gelegentliche Ringkam pfberichte (z.'B. 183/1899, 64/1900) „Oberbayerischen Generalanzeiger“ mit der Kopfaus­ hinaus. gabe „Fuchstaler Bote“ und dem Lohndruck eines wei­ Die „Illustrierten Unterhaltungsbeilagen“, „Zeitbil­ teren Kopfblattes: „Dießener Nachrichten“. der“, die Steinwög eingeführt hatte, wurden beibehalten. Damit war Sichler von diesem Unternehmen, das Neu hinzugekommen ist unter Sichler „Des Landmanns für ihn gewiß nicht unrentabel gewesen war, erlöst und Sonntagsblatt“, eine „Allgemeine Zeitung für Landwirt­ konnte an Heilung seiner Krankheit denken. Noch ein­ schaft, Gartenbau und Hauswirtschaft“, die den Bezie­ mal aber trat er in Landsberg auf, jedoch für nur ganz hern eine Zeitlang jeden Montag kostenlos mit ins Haus kurze Zeit, im Jahre 1912 nämlich, als die Landsberger geliefert wurde. Gedruckt wurde diese „Gratisbeilage“ Verlagsgesellschaft G.m.b.H. gegründet wurde. Dann von J. Neumann in Neudamm. Der „Landsberger Haus­ aber zog er sich endgültig von hier zurück und kaufte und Familienkalender“ kam seit 1897 ebenfalls gratis sich in der Nähe seines Geburtsortes Passau, in Vils- zur Verteilung. (137/1897). hofen, eine Buchdruckerei; doch auch die mußte er we­ Seit dem Jahre 1902 hatte Sichler eine zusätzliche gen seines Leidens zeitweise verpachten. Am 13. April Aufgabe angenommen: Der Verleger der seit 1901 täg­ 1935 ist er seiner Frau, die bereits am 15. März 1927 lich erscheinenden „Dießener Nachrichten“, Josef C. Hu­ gestorben war, in den Tod gefolgt. ber, hatte mit ihm vereinbart, seine Zeitung, die nur D) Der seit 1895 bestehende „Oberbayerische General­ eine bescheidene Auflage erreicht hatte, als Kopfblatt anzeiger“ übernimmt die Führung im publizistischen des „Generalanzeigers“ mitzudrucken. Sichler war damit Meinungskampf in Landsberg natürlich gerne einverstanden, denn Dießen, wie über­ Martin Neumeyer (1907—1912) haupt das ganze Ammerseegebiet waren von jeher ein umstrittenes Absatzgebiet Landsberger und Weilheimer Im Jahre 1907, in dem auch in der Leitung des „An­ Zeitungen. Im Jah re 1907, als M artin N eum eyer das Ge­ zeigeblattes“ wegen des Todes von Franz Xaver Kraus schäft von Anton Sichler übernommen hatte, löste Josef sen. ein Wechsel eintrat, erfolgte die Uebernahme des C. Huber für den 1. Januar des nächsten Jahres wegen „Generalanzeigers“ durch Martin Neumeyer. Während politischer Meinungsverschiedenheiten diese Abmachung Kraus jun. ein in seiner weltanschaulichen Haltung un­ und druckte seine Zeitung von da an in einer Auflage klares Blatt übernommen .hatte, war Martin Neumeyer von 200 Exemplaren wieder-selber. 1910 übergab er sie an eine politisch festgelegte Zeitung gekommen. Zudem an die G utenberg-G esellschaft. (284/1910). war er als neu Hinzugezogener noch „homo novus“ in Landsberg, der seine Zeitung noch enger an das Zen­ Trotz der größeren Bedeutung des „Oberbayerischen Generalanzeigers“ und der weiteren Verbreitung hatte auch Sichler unter den zahlreichen Sommerabbestellun­ *) Erxleben, Münchener Zeitungsverleger, S. 66. gen zu leiden. Den ganzen Sommer über ging er gegen **) d'Ester, Handbuch für Zeitungswissenschaft, Bayern, Sp.358. — 7 — — 8 — trum anschloß, als dies Sichler getan hatte. Am 15. April Bodenfunde in Dießen 1907 bereits war der Protest der „Liberalen Vereinigung Bei Kanalisationsarbeiten wurden in der Herrenstraße Landsberg und Umgebung“ gegen die neue Redaktion bei Hs. 87 (Schweizer Zinngießerei) interessante Feststellun­ des „Generalanzeigers“ fällig, die in die „bisher fried­ gen zur hiesigen Siedlungsgeschichte gemacht. liche Stadt politische Hetzereien hineinzutragen beginnt.“ Ich hatte schon früher auf Grund von Planstudien als (55/1907). Dieser Protest war in Form eines Inserates wahrscheinlich ausgesprochen, daß der schnurgerade Ver­ im „Anzeigeblatt“ veröffentlicht worden, sodaß Kraus lauf der Herrenstraße vom „Oberbräu“ bis Installateur Doll hier nur als Geschäftsmann und nicht als Parteigänger in alter Zeit eine Fortsetzung hatte, die über den heutigen gehandelt hat, denn er enthielt sich jeder Polemik mit Marktplatz hinweg bis zum Färbergäßchen führte, dessen politischen Weltanschauungen im allgemeinen und der Eckhaus (heute im Besitz von Architekt Steidle), ein altes Marktrichterhaus, später Färberei, wieder in der alten Linie des „Generalanzeigers“ im besonderen. Für seine Zeitung stünde. wäre daher die Bezeichnung „Generalanzeiger“ eher an­ Für diese Theorie hatte ich bisher nur Wahrscheinlich­ gebracht gewesen. keitsbeweise . aus den alten Hauszählsystemen und den Der neue Verleger und zugleich Landsberger Ver­ Grundherrschaftsverhältnissen. treter der Annoncen-Expedition Haasenstein und Vogler, Nun aber liegt ein handgreiflicher Beweis vor. München, der am 12. April 1863 in Amberg in der Ober­ Es wurde nämlich hinter dem heutigen Haus Nr. 87 ein pfalz als Sohn eines Braumeisters das Licht der Welt alter Hausgrundriß aufgedeckt, der-genau im Zuge der üb­ rigen Herrenstraße liegt und außerdem abweichend vom jet­ erblickt hatte, war gelernter Schriftsetzer. In Neuburg zigen Haus im gleichen Winkel wie die weiter oben gelege­ an der Donau, in Ellwangen und in Stuttgart war er bei nen Häuser gebaut ist. Zeitungen, zuletzt als Korrektor beschäftigt. Seit 1902 Es wurde zuerst in etwa 30 cm Tiefe eine etwa 2 m im hatte er die Stelle eines Sekretärs des „Verbandes Süd­ Quadrat messende rot verwitterte Lehmschicht aufgedeckt, deutscher Katholischer Arbeitervereine in München“ inne die als Fundament eines alten Küchenherdes identifiziert und von dort nun war er am 15. April 1907 auf die be­ werden konnte. In unserer Gegend war nämlich früher im­ reits geschilderte Weise nach Landsberg zum „General­ mer der Backofen unter dem Küchenherd angelegt und die anzeiger“ gekommen. Glut des Backofens hat im Laufe der Jahre die Lehm­ unterlage rotgebrannt. In der richtigen Entfernung fanden Am 18. April verkündete er das Ziel, das er mit sich bald darauf Backsteinfundamente des sog. „Kuchel- seiner Zeitung verfolgen werde: gwölbs“, der alten Speisekammer in den sonst aus Holz „Wir wollen, gestützt auf unsere Fachkenntnisse und errichteten Bürgerhäusern. Doch konnte deutlich die Spur jahrelange praktische Tätigkeit im Pressewesen, unseren der sog. „Grundschwelle“ des Stubenstbckes im Erdreich Lesern nach bestem Wissen und Gewissen das bieten, festgestellt werden. Dort Vorgefundene Kohlenteile lassen was heute jeder vorwärtsstrebende Mann, sei er Beam­ den Schluß zu, daß das Gebäude durch Brand zerstört wor­ ter, sei er Bürger, sei er Handwerker, Bauer oder Ar­ den ist. beiter, was heute jede denkende Frau und liebende Mut­ Von einer großen, mit gewaltigen Tuffquadern eingefaß­ ter von dem Getriebe der Welt wissen muß, um in wirt­ ten Mistgrube konnten weiter westlich die deutlichen Spu­ schaftlicher, politischer und religiöser Beziehung keinen ren festgestellt werden. Sie war nach der alten Vorschrift Schaden zu leiden. Die Zeiten, wo der Bürgers- oder dick mit Kalk ausgeschlagen und mit wohlerhaltenen Boh­ Bauersmann lediglich den Kalender als Lesestoff be­ len beschlächtet. Wahrscheinlich sind aber ihre Umfassungs­ nutzte, sind heute vorüber. Die fortgeschrittene Verfei­ quadern nur die Grundmauern eines zweiten anschließen­ nerung der Sitten und in ihr die Ausbreitung der Pres­ den Hauses, das sich ebenfalls den übrigen Häusern der se," diese große Kulturträgern auf der Rednertribüne Herrenstraße besser einfügt als das heutige Haus. des Welttheaters, haben das geschriebene Wort durch Am Gattinger-Keller bei Dießen wurde ein tiefer Gra­ die Zeitung bis in die letzte Einöde getragen. Heute steht ben zum Legen des zweiten Wasserrohrstranges angelegt. alles im Banne der Presse. Dieser Bann ist umso be­ Der Leiter der Arbeiten ist ein Mann, der Natur und Hei­ grüßenswerter, je ehrlicher es die Zeitung, die man mat mit offenen Augen beobachtet. Er brachte dem Bürger­ liest, mit dem Leser selbst, mit seinem wirtschaftlichen meister von Dießen verschiedene wohlerhaltene Versteine­ Wohle, mit seiner Familie und seinem Glauben meint. rungen aus den angeschnittenen Tufflagern und machte ihn Wir wollen deshalb aus unserem Blatte eine Zeitung darauf aufmerksam, daß man an einzelnen Stellen deutliche machen, die auf religiösem Gebiete unerschrocken die Spuren von Bearbeitung fand. So wurde etwa 5 m westlich Hochhaltung unserer heiligen, katholischen Ideale pre­ der Kellerwestwand ein 1,20 m tiefer gewölbter Verbin­ digt, die auf wirtschaftlichem Gebiete den Standpunkt dungskanal angeschnitten,' der früher zur Speisung der gro­ der ausgleichenden Gerechtigkeit gegen alle Stände ver­ ßen Weiherkette diente, die von der Kirche St. Georgen bis teidigt und die auf politischem Gebiete mutvoll zu der Lachen („bei den Lachen“ = Weihern) zog. Nach der Angabe Partei hält, welche nach dem wirtschaftlichen Grund­ der Alten wurde zu Klosterszeiten der Dießener Bach nachts satz des gerechten Ausgleiches das Wohl aller Stände, durch die Weiher geleitet, bei Tage speiste er die Mühlen das Wohl des ganzen Volkes vertritt. Bei aller nach­ und Hammerschmieden des Marktes. drücklichen Hochhaltung unserer katholischen Ueberzeu- In den neu erscheinenden Volkssagen aus dem Ammer­ gung aber sei es ferne von uns, den politischen Geg­ seegebiet wird übrigens von einer vor etwa 80 Jahren hier ner in persönlichem Streite anzugreifen. Wir wollen noch vorhandenen Tuffsteinhöhle mit Steinbänken und ehrenvoll mit ihm die Klinge der Geisteswaffen kreu­ Feuerherd berichtet, die „Teufelskuchel“ genannt war und zen, verlangen aber ebenso auch die gleiche Respektie­ allmählich dem Abbau des Gesteins zum Opfer fiel. rung unserer christlichen Ueberzeugung. Dies ist unser Noch vor 50 Jahren befanden sich am Gattinger-Keller ideelles Programm. Wir wollen aber auch nach der tech­ große Tuffsteinbrüche. Dr. B. Schweizer, Dießen. nischen Seite hin unsere Leser vollauf befriedigen durch eine gute Berichterstattung, durch Nachrichten aus der Umgebung, durch Mitteilungen aus der Hauptstadt, aus Büdierecke Bayern und aus dem Reiche in Briefen und Telegram­ VOLKSSAGEN AUS DEM AMMERSEEGEBIET von Dr. Bru­ men. Eine gut geschriebene Wochenschau wird unsere no Schweizer, Dießen, Selbstverlag. Von der wertvollen Heft­ Leser jeden Sonntag über die wichtigsten politischen folge sind nun auch bereits die Nr. 2 und 3 erschienen. Sie ent­ Vorkommnisse in In- und Ausland gut unterrichten, halten u. a. die Sagen der Teufelskuchel bei Lichtenberg und der Teufelskuchen bei Pitzling, Sagen um Dießen und Andechs. während ein reichhaltiges und sorgfältig ausgewähltes Sehr interessant sind die Beiträge in Heft 3 über berühmte Feuilleton durch spannende, sittlich reine Erzählungen und wundertätige Christusbilder unserer Heimat, so über den unseren Leserinnen aus der Frauenwelt viele Freude be­ „Großen Gott“ von Altenstadt, das blutschwitzende Kreuz von reiten werden. Das ist unser ganzes Programm! ... Wenn Andechs, den Christus von Wessobrunn, den Dießener Christus, jeder unserer Freunde, der heute unser Programm ge­ den Herrgott auf der Wies, dann Madonnenbilder unserer lesen, uns auch nur einen einzigen neuen Abonnenten Heimat. Da die Hefte illustriert sind, bilden sie ein wertvolles gewinnt, dann weiß der „neue Mann“, daß Ihr mit die­ Material für jeden Heimatfreund und für den heimatkund­ lichen Unterricht in den Schulen. Der Preis pro Heft beträgt sem Programm einverstanden seid; dann kann der 50 Pfg. „Oberbayerische Generlanzeiger“ das leisten und das werden, was er werden muß und will: ein Sprachrohr für den ganzen Bezirk!“ Titel und Inhaltsverzeichnis des 40. Jahrgangs erschienen" Und in der Tat arbeitete Martin Neumeyer, der sich Der Titel mit Inhaltsverzeichnis und der Umschlag für den 40. Jahrgang der „Landsberger Geschichtsblätter“ sind auch als Redner hervortat, mit viel Unternehmungsgeist erschienen und können zum Preise von 50 Pfg. von auswärts an der Verwirklichung des gesteckten Zieles, den „Ge­ gegen Voreinsendung von 54 Pfg. von der Landsberger Ver­ neralanzeiger“ zum „Sprachrohr für den ganzen Bezirk“ lagsanstalt Martin Neumeyer, Landsberg a. Lech, Museum- zu machen. (Fortsetzung folgt) Straße 14 oder Ludwigstraße 166, bezogen werden. Illustrierte Monatsschrift und Organ des „Historischen Vereins liir Stadt und Bezirk Landsberg a. L.“ Begründet von Studienrat und Stadtarchivar .). | Schober f Landsberg Verantwortlicher Schriftleiter: Nachdruck, auch auszugsweise, ohne Paul Winkelmayerin Landsberg a. L. Beilage der ..Landsherger nacnrictiten Genehmigung der Schriftltg. verboten

Nr. 2 11. Jahrgang 1951

„Generalanzeigers“ keine geschäftlichen Hinderungs­ Die älteste oberbayerische gründe entgegen. Heimatzeitung Inhaltlich machte das Blatt gute Fortschritte. Seine Nachrichten bezog es vom Süddeutschen Korrespondenz- Vom „Landsberger Wochenblatt“ zur „Landsberger Büro (scb); doch verwendete es mitunter auch Material des Zeitung“ (1796—1936) Wolffschen Telegramm-Büros, das in seinem eigenen In­ Von Dr Hans P r o e g e r teresse den Zeitungen oft für einige Wochen seinen Dienst zur freien Verwertung anbot. (Fortsetzung) Täglich brachte die Zeitung auf der ersten Seite die Dazu mußte diese Zeitung, deren Auflage von aktuellen politischen Ereignisse in ausführlicher Dar­ 2600 im Jah re 1907 auf 3500 im Jah re 1911 ange­ stellung; dazu immer eine Bildreportage. Eingereiht war stiegen war, aber täglich erscheinen. Kraus jun. war mit der gesamte politische Inhalt in die Rubriken „Tages­ seinem Blatte diesem Bedürfnis bereits ab 1. Dezember übersicht“, „Deutsches Reich“ und „Ausland“. Auf der 1907 nachgekommen, während Martin Neumeyör erst ersten Seite begann ebenfalls jeweils das „Feuilleton“, vom 1. Januar 1908 an zum werktäglichen Erscheinen das sich auch auf der zweiten Seite „unter dem Strich“ überging. Der Bezugspreis betrug eine Mark für ein fortsetzte und den Lesern die Romanfortsetzung und Vierteljahr und vierzig Pfennig für den Monat, war meist noch ein „Allerlei“ darbot. Besondere Er­ also sehr niedrig gehalten. wähnung verdienen in diesem Zusammenhang die „Ge­ Bereits am 20. Dezember 1910 teilte der Verleger schichten aus Altlandsperg“ von Maximilian A. Beck- den Lesern seiner Zeitung mit, daß er von Neujahr 1911 Ernst. Die „Magistratischen Bekanntmachungen“ waren an sein Blatt ohne Abonnement-Preiserhöhung vergrös- an den Schluß des Textteiles gerückt — ein Symbol sern werde: der Umwertung des Zeitungsinhaltes. Voi, der Sportbe­ „Wir lassen uns jederzeit von dem Gedanken leiten, richterstattung wurden nun auch ein „Boxweltkampf“, unseren Abonnenten etwas zu bieten, und sind bestrebt, „Wettläufe“ und „Fußball-Veranstaltungen“ gebracht. zum Ausbau der heimischen Provinzpresse das unsrige Die Sparte „Landwirtschaft, Kandel und Verkehr“ galt nach besten Kräften beizutragen . . Als Heimatblatt vor allem den Bauern. tritt der „Oberbayerische Generalanzeiger“ jederzeit un­ erschrocken für die Interessen der Stadt und des Be­ Den Hauptanteil und somit die Stärke des Blattes zirkes Landsberg ein. In sozialen und wirtschaftspoliti­ bildeten die Schilderungen örtlicher Begebenheiten: der schen Fragen halten wir stets den Grundsatz der aus­ Sorgen und Freuden der Landsberger, der politischen gleichenden Gerechtigkeit hoch. Was wir vertreten, ver­ Zänkereien ihrer Wortführer, der Vereinszusammen­ treten wir mannhaft, ohne Menschenfurcht und ohne künfte, der Stadttheater- und Kino-Aufführungen usw. jegliche Rücksicht nach oben oder nach unten. Wir wol­ Es ist ein bleibendes Verdienst Martin Neumeyers, daß len nur dienen dem großen Ganzen mit der Parole „Für er es war, der in Landsberg die eigentliche Lokalbericht­ (Jott, König und Vaterland!“ Der gut eingerichtete Nach­ richtendienst wird auch für die Zukunft die Leser mit erstattung eingeführt hat. Bis nach Dießen, Waal, St. allem Wissenswerten täglich auf dem Laufenden halten. Georgen, Buchloe und anderen Orten hatte er seinen Mit­ Der Handelsteil und die Produktenberichte werden im­ arbeiterkreis gezogen. Er selbst schrieb viele Berichte, mer mehr erweitert, alles, was eine gute Tageszeitung die meist mit ,,-y-“ oder ,,-r-“ gezeichnet sind. Auch von enthalten soll, werden unsere Leser finden.“ (288/1910). München,sind zahlreiche Artikel datiert. Alles, was Mar­ Ueberdies erhielten sie noch mehrere Gratisbeilagen tin- Neumeyer bis vormittags 9 Uhr erfahren hatte, konn­ — „Wirtschaftliche B lä tte r“, „Die Feierstunde“, die te er noch am gleichen Tage verwerten, und wenn nicht „Landsberger Narrenzeitung“ zu Fasching — geliefert gerade wegen „Bachauskehr“ die elektrischen Motoren und für 1908 schon den ersten Abreißkalender. Einmal erst nachmittags betrieben werden konnten, so hatten w urde auch ein Gutschein beigegeben, der den Inhaber die Leser mittags um 12 Uhr spätestens ihre Zeitung. berechtigte, in einer „Kleinen Anzeige“ drei Zeilen ko­ In den ersten Jahren von Martin Neumeyers Tätig­ stenlos zu inserieren. (94/1907). Und da auch der An­ keit als Verleger und Redakteur kam es bis auf wenige zeigenpreis nicht zu hoch war — 10 Pfennig für eine Ausnahmen zu keinen öffentlichen Polemiken des „Ge­ Petitzeile — so standen einer weiten Verbreitung des neralanzeigers“ mit anderen ’ Zeitungen. Das Jahr 1910 11 12 brachte die erste scharfe Auseinandersetzung mit dem werden könne, „da noch das Eintreffen der neuen Ein­ „Anzeigeblatt“, als darin am 14. April 1910 gleich drei richtung abgewartet werden muß“. Am Dienstag, 7. März Artikel standen, die sich gegen den „Generalanzeiger“ 1911 erschien dann die Zeitung gleich mit zwei bedeu­ wendeten. Zwei dieser Artikel wurden mit dem zweifel­ tenden Aenderungen: Das Format ward vergrößert und haften „Eingesandt“ getarnt, der andere war mit einem der Titel in „Landsberger Tagblatt“ — eine Bestätigung n. gezeichnet. Der Grund dieses Zwischenfalls kann hier der Feststellung Fritz Dalichows, nach der die Bezeich­ nicht interessieren, beachtenswert ist nur der Schluß­ nung „Tagblatt“ südlich des Mains der mit Tageblatt“ satz der Entgegnung des „Generalanzeigers“, in der der vorgezogen werde — umgeändert worden. Dazu hatte Redaktion des „Anzeigeblattes“ der „freundschaftliche Pichlmayr noch eine Zweibuchstaben-Setzmaschine, den Rat“ erteilt wurde, „das nächste Mal derartige Konglo­ „Duplex-Typographen“ in seiner Druckerei aufgestellt, merate von Haß und Bosheit lieber gleich im Inseraten­ „in dem Bestreben, das Blatt immer besser auszugestal­ teil zu plazieren, wenn sie nicht den Mut hat, dieselben ten und den geschätzten Abonnenten eine modern ge­ in eigene Regie zu übernehmen, denn das vorsintflutliche leitete Zeitung zu bieten“. (63/1911). Mit großem Geld­ Wörtchen „Eingesandt“ bei solchen „Hetzarbeiten“ mu­ aufwand hatte er den technischen Vorsprung des „Ge­ tet jeden politisch reifen und vorurteilsfreien Leser son­ neralanzeigers“ einzuholen getrachtet: jetzt mußte es derbar an und gibt ihm einen Begriff von der Redak­ ihm nur noch glücken, neue Abonnenten für seine Zei­ tionsarbeit, die hier geleistet w ird,“ (85/1910) tung zu gewinnen. Dazu bediente er sich auch des Mit­ Als aber das „Anzeigeblatt“ abermals den Besitzer tels. die Leser zur Mitarbeit anzuregen und sie zu be­ wechselte und nun von einem Verleger-Redakteur gelei­ wegen, ihm gegen Erstattung der Unkosten alles Wis­ tet wurde, der offensichtlich bestrebt war, sich mit dem senswerte zukommen zu lassen. Die Politik behandelte „Generalanzeiger“ auseinanderzusetzen, verschärfte sich er sehr stiefmütterlich. Dafür forcierte er sein Unter­ die gegenseitige Spannung so sehr, daß die beiden Ver­ fangen durch den Abdruck spannender Artikel aus an­ leger zu guter Letzt einander sogar mit Strafanträgen deren Zeitungen drohten. Die Vorkommnisse aber, die diese Feindschaft Wenn Pichlmayr am 17. Juni 1911 bereits mitteilen künstlich hochzüchteten und ihr dann ein unerwartetes konnte, daß er einen Zuwachs von „mehreren hundert und plötzliches Ende bereiteten, sollen auf den folgenden neufn Abonnenten“ zu verzeichnen habe, „obwohl wegen Seiten näher untersucht werden. der vollständigen Umwandlung der Druckerei und Auf­ Josef Pichlmayr versucht, das „Landsberger Anzeige­ stellung der neuen Maschinen die Zeit zp eifriger Pro­ blatt“ den neuen Verhältnissen anzupassen und zu einem paganda behufs Vergrößerung des Leserkreises fast ganz politischen „Tagblatt“ umzugestalten (1911—1912) mangelte“, so ist dieser Umstand — wenn er auch etwas Es war von Anfang an für alle Beteiligten klar, daß übertrieben sein mag — zweifellos ein erster Erfolg sei­ der junge Kraus und seine Schwester das „Anzeigeblatt“ nes Bemühens. auf die Dauer nicht zu leiten beabsichtigten. Darum Leider aber begannen mit Pichlmayrs Eintritt in überraschte die offizielle Mitteilung vom Verkauf der das „Landsberger Tagblatt zugleich Ammerseezeitung“ väterlichen Buchdruckerei am 1. Februar 1911 an Josef — wie es jetzt hieß — jene unerfreulichen und unnützen Pichlmayr aus Moosburg wohl kaum jemanden — am Streitereien mit dem „Generalanzeiger“, die trotz poli­ wenigsten aber den Herausgeber des „Oberbayerischen tischer Meinungsverschiedenheiten beider Verleger hät­ Generalanzeigers“. Der neue Verleger, hinter dem als ten vermieden werden können. Und da Pichlmayr als treibende Kraft sein Onkel Senftl stand, kündete in sei­ Geschäftsmann den Wettstreit außerdem noch als Kon­ nem Begrüßungswort an, daß erst in etwa zwei bis drei kurrenzkampf durchfocht, weitete sich die Kontroverse Wochen die äußere Gestalt der Zeitung umgewandelt förmlich zu einer Existenzfrage aus Daß Josef Pichlmayr also auf eine passende Ge­ legenheit wartete, in den politisch-publizistischen Mei­ nungskampf in Landsberg einzugreifen, lag auf der Hand. fnniJölieracr trieft Gegen das Zentrum im allgemeinen hatte er sich schon ta. tm ■ öfter geäußert, als er für die Belange der Landsberger StaftdO« «i Hs t **»«««}! #. k* *8« ****** t Liberalen und Bauernbündler eintrat. Doch den Stein * t i to s m m t f M M f to t I m #m tm im matos, * ...* * « * brachte erst eine Feststellung des Zentrums-Abgeord- neten Dr. Heim ins Rollen Dieser Artikel, der mit den Landsberger Parteien in keinem ursächlichen Zusammen­

m hang stand und sich auch nicht auf dortige Vorkomm­ nisse bezog, war dem „Tagblatt“ ein willkommener An­ laß, einzuhaken und die Groß-Offensive auf den „Gene­ ral-Anstreicher“ zu beginnen: >m - xm *& tomv >m mm*m* m m mmtmmmm „Aus dem Günzburger Wahlkreise", so begann jener mm<• mm» mm »> mtm»» to tom * * * * * t o s » * m m> m m m&**mm* m**>y m>4 A rtikel von Dr. Heim im „G eneralanzeiger“ (163/1911), m m m m v m m « tosm. *m «m <■*■ *9«* m * m sto » m m * &« m m * to n * mm 9*9 mm <** mmarn m bringt die .Augsburger Abendzeitung“ in Nr. 192 einen m t « K g »** 4 tem* 9« *»»■*» ■»' -*>m* **m *v**mm mm tot * mm* totst» mm m *mmm m totsto *mm m b >»* tosms* t o t o t 'to - ' ,« » £»>4<#&ggg Bericht, in dem es heißt: Auch Dr Fischer... sah sich t ä m m m m « tstotossttm» ***» mm « m Sfcfc, Um m t>m*m *m srnrntorm *- $£§*« m m m »m* m vtom s tm * <•*■«, om.-m» mm 9 m m -' m**,* > a;n< <■.%■.*« m s *>■■ Schöpfungen dieser Partei, ihre Dienstbotenorganisation, m m m ****** m m * * * w to m m s* die schon zu den gefährlichsten Erntestreiks geführt m&m m *** ^ .y y Mmmmm *mm<>*m « x * » x* m m « m *m ’*• hatte . . scharf zu kritisieren Als Vorstand dieser Or­ xxm* S«Sxn «tm a*9 *y> ■» KÄS’ burger Abendzeitung“ gebeten, einer Zuschrift von mir xmms* m tot**m ist tottSS&toyt rn * ' S9to Raum zu geben, in der ich diese Behauptung als im vol­ ».'Nj s toS »mtsrnm F tomm S S i S ms* im* itfütm ms mttesm», <*mm*tms* m s» m stoss «s m «ssstoto*. Smtotm len Umfang unwahr darstelle. Ich fordere hiermit Herrn im Sr mm m em ? t» «am tom***» m m to s m ( w 9 m m m t to *s* m ***** 4*t9m *« t* mfssmf'i *** «ss» 9*».-, 9***; Dr. Fischer öffentlich auf, den Beweis für seine Be­ tosmfm m mm m# ms m, im* st*m‘m k* tm **. * ■»> *m *x* mmmtomm m » mmm* mmm* tote»** *»*. i s t fss to >»» m ,9 * t* ' x » * istto-. **■ xiA« <• ,< / * ■■■■:.*, **>:m m m hauptung anzutreten. Wann und wo war die christliche *■< X- 4m m 4mm to*< <*m «m mm* ,« tv-mm-ixt * :*m* $«kk bayerische Dienstbotenorganisation, um die es sich hier to**sttos #* ...... - - ■' «*»* m *m »m m Vto** jm>>y. x m s m n sstm&sa . iSSwk« ysm■ 4ti>Sm«*m9*>s*Sm«*s*t **■■■<-*. .-** *x9*x9itosto* >m**i handelt, an den .gefährlichen Erntestreiks“ beteiligt? . ..“ *» mm tossta mm * &*** ** i r n a t *s* ■*><■ «9 t o t o m ySfff.tosis tomtotot 9 s**mx*ms*m**s Diese Aufforderung Dr. Heims beantwortete das - ~ E r m m . to-. m m 9* m „Tagblatt“ mit einem scharfen, und wie sich später durch 4 s.x to*f m g ■ ■ ■*,. -v> v « 4«** to «* *SK to io -s to »Sv » « ausstellte, unbegründeten Angriff gegen Dr.' Heim (164/ mmxK m : i '■,***■: • •• X« «•» v'. .’ 1911), dem der „Generalanzeiger“ seinerseits einen län­ ,»k« m m * 4 ******* *** w < ? < jw mm* tmf* < > fit *■ ** * * $*te m to f * . m x im .v - .--.vv , geren Aufsatz „Politische Brunnenvergiftung“ entgegen­ ' t’l4'* i • m s .' mm*mi tm p-« > * - ■ tm>k::*ötoy.944 i'>mms *«*»•*■•> stellte (168/1911) in dem er die Frage aufwarf: ■■■■ ■:■'* S- ■ ** •• « I t e Ä S „Wählt wieder Bauernbund, laßt euch nicht wiederum (; , m m mit schönen Worten und Versprechungen, so schreibt 4(m* i«-v das „Tagblatt“, narren! Wir haben es also hier mit einem 13 14 Großlockorgan zu tun, das Liberale und Bauernbündler, „Generalanzeigers“ zu diesem Thema. Der „Generalan­ vielleicht auch die Sozialdemokraten vertritt. Wer steckt zeiger“ läßt diese beleidigenden Worte unbeantwortet. dahinter? Vielleicht auch der Hansabund mit seinen Doch gab das „Tagblatt“ deshalb keine Ruhe. Am 19. Goldquellen?“ September (213) beschäftigt es sich wiederum mit der In der gleichen Nummer erfolgte übrigens auch die K onkurrenz, und diese ergriff am 21. Septem ber (215) Richtigstellung Dr. Fischers, in der gesagt wird, daß er, das Wort zu einer Verteidigung. Dieser Verteidigung des Dr. Fischer, die ihm zugeschriebenen Vorwürfe gegen .„Generalanzeigers“ folgte eine „Erklärung“ der Redak­ die Heim'sche Dienstbotenorganisation nicht erhoben hat. tion des „Tagblattes“, in der außer den bei derartigen Das war natürlich ein Schlag ins Gesicht des „Tag­ Anlässen nun schon üblichen persönlichen Angriffen zu blattes“, und man war wohl baß erstaunt, daß sich schon lesen war, daß das „Tagblatt“ nun seinerseits „gerichtliche in der nächsten Nummer dieser Zeitung (169/1911) ein Klage angestrengt habe“. Zu einem Prozeß kam es zwar erneuter Angriff gegen den „Generalanzeiger“ richtete, nie, dafür aber trat eine kurze Zeit verhältnismäßiger der die ganze Kontroverse ins Persönliche und das Ni­ Ruhe ein. veau des Schreibstiles tief hinabzog: Ein Aufsatz „Religion und Presse“ (243/1911), der „... Wenn es dem .Anstreicher* (gemeint ist der „Gene­ sich mit dem Einfluß der Religion auf das öffentliche ralanzeiger“) nochmal nach einem Tänzchen gelüstet, Leben beschäftigte, erregte beim „Tagblatt“ großes Aer- gut, dann nur los, wir spielen ihm einen .Steyrischen“ auf, daß ihm die Geigensaiten samt dem Fidelbogen gernis: In dem „Letzten Wort“ an den „Anstreicher“ an den Kopf fliegen, darauf kann er sich verlassen. Die (246), drei Tage später, w urde der „G eneralanzeiger“ schöne goldene Zeit ist vorüber, da alles tanzen mußte, als „geistesschwacher Wisch“ bezeichnet, der nicht im­ wie man am, Hinteranger pfiff, weil niemand da war. stande sei, seinen Lesern interessante Artikel zu bieten der entgegen zu sprechen wagte. Wir sagen: Nur ‘raus Und sich darum durch „täglich giftgeschwollene Expek­ mit dem Federwisch! Tue recht und scheue niemand, torationen wichtig“ mache und „Witze“ verbreche, „daß heißt unsere Parole Mahlzeit! — Fortsetzung folgt, sogar die nicht von der Seuche befallenen Kühe Bauch­ wenn nötig.“ weh kriegen.“ Es wurde noch hinzugesetzt, daß in Zu­ Schon am nächsten Tag, Freitag, den 28. Juli 1911 kunft „kein Gramm Druckerschwärze wegen dieses ein­ (170) aber greift Josef Pichlmayr, der seinen Artikel mit fältigen Wisches vergeudet werden würde.“ Der „Gene­ -m- zeichnete, die ganze Angelegenheit, obwohl nichts ralanzeiger“ m einte am 28. O ktober (247) dazu, daß „dem Neues mehr zu sagen war, noch einmal auf Er schloß Artikelschreiber, der Souterrain 2 Stock abwärts“ woh­ mit der Bemerkung, daß „der Erzbischof von München, der ne, keine Entgegnung gebühre, denn „d i e Stickluft, die sich für die Wahrheitsliebe der ultramontanen Blätter dort herrscht, vertragen w i r nicht.“ verbürgte, auch an der schwäbischen Grenze hübsch viel Die Zänkereien gingen ununterbrochen weitdr, doch zu tun hätte.“ wurde vom „Tagblatt“ jetzt die Taktik verfolgt, die An­ Am gleichen Tage brachte der „Generalanzeiger“ griffe gegen den „Generalanzeiger“ als „Eingesandts“ einen „vom Lande eingesandten Artikel“, in dem die zu bringen und das Attribut „Ohne Verantwortung der „marktschreierischen Reklameartikel“ des „Tagblattes“ ^Redaktion“ hinzuzufügen. Die Unversöhnlichkeit beider verurteilt wurden. Darauf entgegnete Pichlmayr äm Verleger stieg immer weiter an, sodaß ein auf die Dauer Samstag, den 29. Juli (171) u. a.. unhaltbarer Zustand entstand. Seit Pichlmayrs Anwesen­ „... Aus diesem winselnden Geschreibsel geht deutlich heit war das „Tagblatt“ zwar lauter, aber nicht besser hervor, daß bei dem „Anstreicher“ graue Sorge täglich geworden, wenn es auch seinen Lokalteil nach dem Vor­ ■ zu Gaste ist, weil er eben sehr wohl merkt, was für ihn bilde und unter dem Drucke der Konkurrenz auszubauen auf dem Spiele steht, seit das unschuldige kleine .Kraus- sich abmühte. Den Zank mit dem „Generalanzeiger“ Blättchen“. das kein Wässerlein trübte, in Hände über­ hielt es für seine Stärke, und darum konnte es das „Tag­ gegangen ist, die es zeitgemäß umgewandelt haben und die nicht bloß mit dem Kleisterpinsel und der langen blatt“ nicht unterlassen, den „Generalanzeiger“ „unter­ Schere eine Zeitung zusammenfabrizieren, wie es bei zutauchen, und wenn es ihm nicht genügte, ihn noch­ so manchen Zentrumsblättern der Fall ist.“ mal unterzutauchen“. Da aber dabei das Sachliche immer mehr dem Persönlichen wich, artete die Differenz zu Wiederum brachte der „Oberbayerische Generalan­ bloßen Beschimpfungen aus und verwirkte damit die zeiger“ einen „Vom Lande“ datierten Artikel, in dem an Berechtigung, öffentlich in Zeitungen ausgetragen zu Hand von eindeutigem Material eine Behauptung des werden. Zu dieser Erkenntnis kamen einsichtige Lands­ „Tagblattes“ widerlegt werden konnte. Daraufhin berger Kreise, die die Bestrebungen, die auf eine Ver­ „staubt“ das „Tagblatt“ dem „krakelsüchtigen Anstrei­ einigung beider Zeitungen hinzielten, nach besten Kräf­ cher vom Hinteranger (171/1911) das Gesims kräftig ab ten unterstützten. und klopft ihm den Brustkorb ordentlich aus“ Von einer sachlichen Erwiderung war nicht mehr die Rede; aus den Josef Pichlmayr hatte versucht, durch sachliche und Worten des „Tagblattes“ sprach nur mehr übelwollen­ persönliche Polemiken mit dem „Oberbayerischen Ge­ der Haß, sodaß sich die Redaktion des „Generalanzeigers“ neralanzeiger“ den von den Geschwistern Kraus gekauf­ genötigt sah, ihren Lesern am 2. August 1911 kurz mit­ ten Betrieb anzukurbeln und den neuen politischen, tech­ zuteilen, „daß wegen der verschiedenen persönlichen be­ nischen und wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen. leidigenden Angriffe die Angelegenheit dem Rechtsan­ Durch seine Methoden aber blieb die Zeitung in einem walt behufs Stellung von Strafantrag“ übergeben wor­ Stadium haften, das ihr nicht zugute kommen sollte. den sei. (174/1911) Es genüge hier die Feststellung, daß der zentrumsfeind­ liche Pichlmayr in Moosburg, wo er sich nach seiner Nun beschuldigt das „Tagblatt“ am 3. August 1911 Landsberger Unternehmung niederließ, gleichwohl Ver­ (175) in einem allerdings viel sanfter gehaltenen Artikel leger einer Zentrums-Zeitung wurde. den „Generalanzeiger“, den „Streit mutwillig vom Zaune gebrochen zu haben“ und kündet an, daß auch das „Tag­ Das „Landsberger Tagblatt“ verliert 1912 seine Selb­ blatt“ seine Maßnahmen treffen werde, um seine Rechte ständigkeit und wird vom „Oberbayerischen General­ zu wahren und kann die Verhandlung interessant anzeiger“ übernommen werden.“ Landsberger Verlagsgesellschaft m.b.H. (1912—1913) Trotzdem und trotz der Androhung des „General­ In Oberbayern machte in diesen Jahren ein „Zei­ anzeigers“, gegen das „Tagblatt“ Strafantrag zu stellen, tungsaufkauf-Unternehmen“ viel von sich reden, das sich gehen die Streitereien — nun aus geschäftlichen Grün­ „Gutenberg-Gesellschaft m.b.H.“ nannte und von dem den — weiter. Das „Tagblatt“ wirft dem „Generalanzei­ Direktor eines Biberacher Zeitungsunternehmens, Kaplan ger“ vor, er arbeite gegen die Interessen der Landsber­ Vogt, geführt wurde. Diese Gesellschaft, die sich aus ger Geschäftsleute, indem er Münchener Firmen zum In­ Klerikern und interessierten Zentrumsleuten zusammen­ serieren in seinem B latte aufforderte. (205/1911). Dadurch setzte, verfolgte das Ziel, den Zeitungen in Oberbayern, wird der „Generalanzeiger zu einer Erklärung gezwun­ die sich zum Zentrum bekannten, das ungewisse Schick­ gen, die die Vorwürfe des „Tagblattes“ entkräften soll. sal zu ersparen, das ihnen und der Partei aus einem Ein „Offener Brief an den .Oberbayerischen General­ privaten Besitzwechsel des Verlags eventuell erwachsen anzeiger*“ von Pichlmayr im „Tagblatt“ vom 12. Sep­ könnte. Denn so war es doch oft eine Frage des Zufalls tember (207) bezweifelt die Richtigkeit der Angaben des gewesen, ob der Nachfolger eines Zeitungsherausgebers, 15 16 der ja zugleich auch seine Geschäftsinteressen wahrneh­ den. Im Betriebe des Druckerei-Geschäftes soll es un­ men mußte, in die politischen Fußstapfen seines Vorgän­ sere angelegentliche Sorge sein, alle Aufträge in tech­ gers zu treten bereit war. Eine „Block“-Bildung kann nischer Vollendung und in entgegenkommender Bedie­ nung auszuführen. Die verehrlichen königlichen und natürlich nur bedingt die Entfaltung der Heimatpresse städtischen, sowie die Gemeindebehörden, die Titl. In­ begünstigen — notwendig ist sie jedenfalls dort, wo serenten und die geehrte Kundschaft unserer Akzidenz­ wirtschaftliche Notwendigkeit einen Verleger vor die Al­ druckerei bitten wir, das dem .Tagblatt' bisher erwiesene ternative stellt: Entweder Geschäftsaufgabe oder Einrei­ Wohlwollen in vollem Maße auch in Zukunft unserem hen in einen „Zeitungsblock“. Unternehmen gefälligst entgegenbringen zu wollen.“ Jene Gutenberg-Gesellschaft m.b.H. hatte nun schon In der gleichen Nummer würde auf der letzten Seite einige Heimatzeitungen, so das „Weilheimer Tagblatt“, eine große Anzeige aufgenommen, in der Josef Pichl­ den Starnberger „Land- und Seeboten“, den „Alpen- mayr zur Kenntnis brachte, daß das „Tagblatt“ „im Boten“ in Rottach-Egern und die Ammersee-Post“ in Kaufwege“ an die Verlagsgesellschaft übergegangen sei. Dießen aus politischen Erwägungen erworben .und schick­ (145/1912). te sich jetzt an, das Gleiche in Landsberg zu wiederholen Der „Generalanzeiger“ teilte seinen Lesern die Er­ Hier spielten noch andere Motive mit herein. Vor allem richtung der Verlagsgesellschaft folgendermaßen mit: wegen Pichlmayrs Haltung entstand der Gedanke, die „Den geehrten Lesern des .Oberbayerischen General­ beiden Zeitungen, das „Landsberger Tagblatt zugleich anzeigers' und allen Geschäftsfreunden bringen wir zur Ammersee-Zeitung“ und den „Oberbayerischen General­ gefälligen Kenntnis, daß der Verlag dieses Blattes und anzeiger“ in der Hand des katholischen Verlegers Mar­ das Druckereigeschäft in neuen Besitz übergegangen und tin Neumeyer zu vereinigen. Nach langen Verhandlungen zum Betrieb dieses Geschäftes eine Gesellschaft mit be­ wurde dieses Ziel auch erreicht Am 4. Juni 1912 ent­ schränkter Haftung, „Landsberger Verlagsgesellschaft“, gegründet worden ist. Beide Betriebszweige werden wir stand mit einem Stammkapital von 125 000 Mark die in unveränderter Weise weiterzuführen bestrebt sein. „Landsberger Verlags-Gesellschaft mit beschränkter Haf­ In diesem Bestreben werden wir unterstützt durch die tung“, deren Vorsitz Martin Neumeyer und Anton Sich­ Tatsache, daß sämtliche Mitarbeiter der bisherigen Fir­ ler, „letzterer vertreten durch ersteren“, einnahmen. An­ ma in technischem, kaufmännischem und redaktionel­ ton Sichler hatte sich — wie bereits erwähnt wurde — lem Betrieb unter der Geschäftsführung des bisheri­ nach seinem Ausscheiden aus dem '„Generalanzeiger“ gen Besitzers, Herrn Martin Neumeyer, sich auch für in Landsberg als Privatier niedergelassen und trat nun uns weiterverpflichtet haben Wir wissen uns eins mit als Geschäftspartner in die neugegründete Verlagsge­ den politischen Anschauungen der Mehrheit unseres Be­ zirkes und dürfen hoffen, daß die bisherigen Leser des sellschaft ein. .Qberbayerischen Generalanzeigers' diesem nicht nur „Gegenstand des Unternehmens sind“, so heißt es treubleiben, sondern der Leserkreis sich noch erweitern im § 3 des Gesellschaftsvertrages, „Herausgabe von Zei­ und die Zahl unserer Freunde wachsen möge. Wie bis­ tungen, sowie Verlags- und Druckergeschäfte, vor allem her werden wir die Interessen unserer Leser in Stadt die Erwerbung und der Betrieb des „Oberbayerischen und Bezirk nach Kräften zu fördern suchen. Wir bitten Generalanzeigers“ und des „Landsberger Tagblattes“ die geehrten kgl. und gemeindlichen Behörden in Stadt und Bezirk, die titl. Inserenten, und die ganze Kund­ samt Einrichtungen, und insbesondere der Erwerb des schaft des Akzidenzgeschäftes um freundliches Wohl­ Grundstückes. Haus Nr. 166 in der Ludwigstraße in wollen. Wir unsererseits geben die Versicherung, daß Landsberg.“ In dem Haus 166 in der Ludwigstraße war prompte und entgegenkommende Bedienung eine unserer schon von Johann Friedrich Ott 1796 das „Landsberger vornehmsten Aufgaben sein wird.“ Wochenblatt für Bürger und Landleute“ gedruckt wor­ Fortsetzung folgt. den, und auch die Verlegerfamilie Kraus war ihm in drei Generationen treugeblieben. Zuletzt wurde dort das Vor 100 Jahren „Tagblatt“ von Josef Pichlmayr hergestellt. Und nun ging es in den Besitz der Landsberger Verlagsgesell­ Der Magistrat beschloß den in der Vorstadt (Sandauer schaft über. Vorstadt) gelegenen Hopfengarten neu zu verpachten und zwar an einen Bräuer auf neun Jahre um jährlich Der § 4 gestimmte, daß die beiden Zeitungen „in acht Gulden Pacht. religiöser Beziehung in römisch-katholischem Geiste und * in politischer Beziehung' im Anschluß an die Zentrums­ . Der M agistrat stellte fest, daß im E tatjah r 1850/51 partei unter Achtung berechtigter Gefühle Andersden­ folgende städtische Bauten ausgeführt wurden: Das Dach kender zu leiten sind.“ Damit war die Tendenz der bei­ des Schrannengebäudes einzudecken und einen Vorschuß den Blätter festgelegt. Durch den letzten Paragraphen anzubringen. — Im Gymnasium zwei neue Fensterstöcke (§ 16) endlich wurde Martin Neumeyer „bis zur weiteren hergerichtet. — Die Mühlkanalmauer bei der Falle bis Bestimmung“ zum Geschäftsführer bestellt. zu den quer über dem Bach liegenden Wasserdeichein Am Dienstag, den 2. Juli 1912 brachten beide Zei­ mit Quadern fortzusetzen. — Der Hinteranger und die tungen auf der ersten Seite die Mitteilung von dem er­ Judengasse gepflastert (Judengasse jetzt Ludwigstraße). folgten Besitzwechsel. Das „Tagblatt“ schrieb: * „Den verehrten Abonnenten des ,Tagblattes', den werten Der Handwerksgeselle Simon Sauter wurde erneut mit Geschäftsfreunden der bisherigen Pichlmayrischen Buch- 24 Arreststunden bestraft, weil er die ganze Nacht nicht und Akzidenzdruckerei beehren wir uns, zur Kenntnis­ nahme zu bringen, daß sowohl der Verlag des ,Tagblattes' heimgekommen ist. Eine Frauensperson erhielt die glei­ als auch das Druckereigeschäft auf 1. Juli in den Besitz che Strafe, weil sie die ganze Nacht einen Soldaten bei sich gehabt habe. einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der Lands­ * berger Verlagsgesellschaft, übergegangen ist. Das ,Tag­ blatt' soll, wie ein vorzügliches Nachrichtenblatt, so be­ Der Stadtmagistrat erließ einen öffentlichen Aufruf um sonders auch ein Heimatblatt sein. Jeder Art von Hei­ Spenden zur Einrichtung des in das Bruderhaus verlegten matinteressen in unserem schonen Landsberg und im Krankenhauses, da die Krankenhausstiftung nur 600 fl. Jah­ ganzen Bezirk soll unsere erste Rücksicht gelten, auf resrente an Einnahmen, dagegen aber 1200 fl. an Ausgaben daß die Leser unser .Tagblatt' als wahres Heimatblatt habe. immer mehr lieben und schätzen lernen. Wenn wir nun „Da hier ganz vorzüglich die Liebe zur leidenden Mensch­ auch von diesem ernstesten Bestreben erfüllt sind, so heit bethätiget werden kann, so glaubt man einer ergiebigen können wir zu dessen Durchführung die allgemeine Un­ Spende mit Zuversicht entgegen sehen zu dürfen“, schloß terstützung nicht entbehren, und wir richten deshalb an der Magistrat seinen Aufruf. alle Titl. Abonnenten und an alle Freunde des Blattes die höfliche Bitte um ihre geschätzte Mithilfe. In der Bücheredre täglichen Berichterstattung, wie in Leitartikeln wird die politische Gesamtlage — unter Achtung jeder ehrlichen Titel und Inhaltsverzeichnis des 40. Jahrgangs erschienen Meinung — eine eingehende' Würdigung erfahren. Un­ Der Titel mit Inhaltsverzeichnis und der Umschlag für sere Parlamentsberichte sollen, soweit es der Rahmen den 40. Jahrgang der „Landsberger Geschichtsblätter“ sind eines Lokalblattes gestattet, in sachlicher Darlegung er­ erschienen und können zum Preise von 50 Pfg. von auswärts schöpfend und übersichtlich sein. Um dem wachsenden gegen Voreinsendung von 54 Pfg. von der Landsberger Ver­ Lesebedürfnis entgegenzukommen, soll auch dem belle­ lagsanstalt Martin Neumeyer, Landsberg a. Lech, Museum­ tristischen Stoff gebührende Rücksicht zugewendet wer­ straße 14 oder Ludwigstraße 166, bezogen werden. Illustrierte Monatsschrift und Organ des „Historischen Vereins für Stadt und Bezirk Landsberg a. L.„ Begründet von Studienrat und Stadtarchivar |. | Schober f Landsberg

Verantwortlicher Schriftleiter: Nachdruck, auch auszugsweise, ohne Paul Winhelmayerin Landsberg a. L. Beilage der „Landsoerger Nachrichten’ Genehmigung der Schriftltg. verboten

Nr. 3 11. Jahrgang 1931

neralanzeigers“ wurde, der die vormittags von München Die älteste oberbayerische durchtelefonierten „Letzten Meldungen“ noch bringen konnte. Heimatzeitung Mit Karl Neumeyers offizieller Bestallung zum Re­ Vom „Landsberger Wochenblatt“ zur „Landsberger dakteur des „Tagblattes“ hatte seine bisherige stille Lei­ Zeitung“ (1796—1936) stung ihre Anerkennung gefunden, die in bedeutendem Maße dazu beigetragen hatte, dem väterlichen Geschäft Von Dr Hans Proeger das Ansehen zu verschaffen, das es in der tatsächlich ver­ (Fortsetzung) hältnismäßig kurzen Zeit von fünf Jahren erworben hatte Im Juli 1907 war der damals 17jährige Karl nach Die beiden Zeitungen erschienen nun in friedlicher Erlangung des sogenannten „Einjährigen“ von München Eintracht nebeneinander. Während sich das „Landsber­ ger Tagblatt“, für dessen Redaktion bis zum 31. März nach Landsberg gekommen Und in die von seinem V a­ ter am 15. April erworbene Druckerei eingetreten. Er 1913 Anton Sichler verantwortlich zeichnete, nur sehr selten an die Politik heranmachte und sich meist mit der wurde in der Verwaltung, im Anzeigenteil und bei der Berichterstattung über lokale Ereignisse beschäftigt. Im Wiedergabe von Berichten und Nachrichten über Vor­ Jahre 1912 übernahm er die Redaktion der „Unterländer gänge in Bayern und speziell in München begnügte, be­ Volkszeitung“ in Neckarsulm, kehrte aber im gleichen wahrte der „Oberbayerische Generalanzeiger“ mit der Jahre wegen der Vorbereitung zur Gründung der Lands­ Kopfausgabe „Fuchstaler Bote“, den Martin Neumeyer neben seiner Geschäftsführer-Funktion — wie bisher — berger Verlagsgesellschaft m.b.H. für einige Monate wie­ der zurück. Bis zur Inbetriebnahme des neuen Verlags­ leitete, den inneren Aufbau seiner Inhaltsgesaltung. gebäudes in der Museumstraße am 1. April 1913 blieb Ab 1. April 1913 wurde es nun so eingerichtet, daß er dann in Neckarsulm. Jetzt stand er also dem „Tag­ das „Landsberger Tagblatt“ schon vormittags um 10 Uhr blatt“ als Redakteur vor, war dadurch so mit dem gan­ und der „Oberbayerische Generalanzeiger“ um 12 Uhr zen Betrieb verwachsen, daß er seinem alten Herrn mittags erschienen. Das konnte deshalb so geregelt wer­ schon mancherlei Entlastung bringen konnte. den, weil mit diesem Tage beide Zeitungen in einem Und wenn es nun durch die erzielte Vereinigung einzigen Gebäude gedruckt wurden. Die Landsberger der beiden Blätter durch die Verlagsgesellschaft schei­ Verlagsgesellschaft m.b.H. hatte in der Museumstraße ein nen mochte, als ob ein Idealzustand erreicht worden Haus bauen lassen, in dem neben den notwendigen Ge­ wäre, so bröckelten schon gleich nach Entfernung des schäfts- und Druckereiräumen auch die Wohnung des Ge­ Gerüstes manche Steine aus dem neuen Bau — weniger schäftsführers untergebracht war. Ende März 1913 wurde durch Verschulden der Maurer als durch eine Fehl-Spe­ mit den Maschinen und sonstigen Einrichtungen der kulation der Firma, der schon bei der Planung und Aus­ Druckereien vom Hinteren Anger und von der Ludwig­ führung folgenschwere Irrtümer unterlaufen sind, indem straße in die Museumstraße um, .ogen; am 1. April das Urteil von Leuten beachtet wurde, die nicht so sehr konnte im neuen Gebäude mit dem Arbeiten begonnen dem Objekt als sich selbst wohl wollten. Und als gar die werden. Der Mietvertrag mit dem Hausbesitzer des Hin­ Gegenfirma — die Liberale Vereinigung — sich auf Be­ teren Anger 340 wurde gelöst; in der Ludwigstraße 166 treiben des Kaufmanns Ignaz Appel in den „Landsber­ aber wurde eine „Stadtexpedition“ eingerichtet, da das ger Nachrichten“ eine eigene Zeitung schuf, war aller so neue Gebäude etwas außerhalb, in der sogenannten Ka­ hoch gepriesene Idealismus verraucht, und was übrig tharinenvorstadt, liegt. blieb, war nur noch Angst — Angst um das bißchen Anton Sichler, den die alte Krankheit, seitdem er Geld, das man als Gesellschafter eingesetzt hatte, Es wieder im Berufsleben stand, erneut befallen hatte, zog währte darum nicht viel länger al» ein Jahr, bis alles sich nun endgültig von der Zeitung und von Landsberg das zerbrach, was mit soviel Aufwand aufgebaut wor­ zurück und siedelte nach Vilshofen über (vgl. III. Ab­ den war. Die Uneinigkeit, die schon vor der Gründung schnitt, D). Ab 1. April 1913 übernahm Karl Neumeyer, der Gesellschaft dadurch zum Ausdruck kam, daß man, der Sohn Martin Neumeyers, die Redaktion des „Tag­ obwohl zwei und noch mehr Druckereien am Ort waren, blattes“, das von da an jedoch im wesentlichen nur eine den Gesellschaftsvertrag auswärts drucken ließ, rächte Vorausgabe des zwei Stunden später erscheinenden „Ge­ sich. Eines schönen Tages rückte man dem Geschäftsfüh­ — 19 — 20 — rer Martin Neumeyer zu Leibe und zwang ihn, den gan­ Auch im Anzeigenteil wirkte sich das Geschehen zen Komplex auf eigene Rechnung zu übernahmen, wo­ aus. Die erste Gefallenenanzeige wurde am 10. Septem­ bei der Forderung nicht vergessen wurde, alle Gesell­ ber (208) aufgenommen; das eigentümliche war, daß in schafter haben von ihm ihre Nennbeträge zurückzuer­ ihr — obschon mit dem Eisernen Kreuz geschmückt — halten und Neumeyer allein müsse für die Passiva auf- nicht der militärische Rang des Gefallenen angegeben kommen. Buchstäblich der Not gehorchend und nicht dem war, sondern nur der Zivilberuf: Kaufmann. eigenen Triebe) willigte er ein und behielt so den Ver­ Seit dem 14. August 1914 brachte Martin Neumeyer lag, den er am 20. November 1913 in „Landsberger Ver­ auch Sonntags eine Ausgabe heraus, „um die Leser über lagsanstalt Martin Neumeyer“ umtaufte. die Kriegswirren stets auf dem laufenden zu erhalten“. So klang mit einem kräftigen dur-Akkord eine kläg­ (186/1914). Jedoch am 14. Februar 1915 bereits stellte liche Episode im Landsberger Zeitungswesen aus. Sie er das Erscheinen dieser Sonntagsausgaben mit der Be­ bestätigte bloß unsere schon früher getroffene Feststel­ gründung wieder ein, daß er lung, daß die Vergesellschaftlichung einer Zeitung nicht 1 mit Petroleum als Heizmittel für die Setzmaschinen unbedingt erfolgbringend sein müsse, wenn die Zeitung äußerst sparen müsse, selbst noch lebensfähig ist, die das Objekt solcher Spe­ 2. auf die Sonntagsruhe der Arbeitskräfte Rücksicht kulationen sein soll. Und das Gute, das die Landsberger nehmen müsse, da er keine Tag- und Nachtschichten Verlagsgesellschaft gebracht hatte, die Beseitigung des einführen könne, daß liberalen „Tagblattes“ nämlich, konnte es auch nicht ver­ 3. die Postabonnenten diese Sonntagsausgaben doch hindern, daß im gleichen Jahre — 1912 — noch dieses nicht vor der Montagnummer erhielten, und weil „Tagblatt“ einen allerdings weniger aggressiven Nach­ fahren in den liberalen„Landsberger Nachrichten“fand — 4. der gegenwärtige Winterfeldzug weniger Ueberra- nur zweimal mußte gegen einen Uebergriff protestiert schungen als die ersten Monate des Krieges bringe. w erden (126 und 174/1913) —, die, ebenfalls das Produkt (44/1915). einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, im Gast­ Der Vertrieb der Zeitung wurde auf Feldpost-Ver­ haus „Kristeiner“ gedruckt wurden. Doch hatte diese sand erweitert. Für 70 Pfennig im Monat übernahm die Zeitung nicht die Kraft, nach Auflösung der Gesellschaft Verlagsanstalt die Verschickung der Feldpoststücke. zu Beginn des ersten Weltkrieges allein fortbestehen zu Diese und andere zusätzliche Arbeit — die Auflage können, und so ging sie im August 1914 ein. war um über 600 gestiegen —, der ständige Personal­ Der „Oberbayerische Generalanzeiger“ und somit wechsel und der immer fühlbarer werdende Material­ auch das „Landsberger Tagblatt“ behaupteten sich und mangel brachten so manche Schwierigkeiten mit sich. wurden zu angesehenen Heimatblättern des ganzen Krei­ Am 22. Dezember 1916 sah sich der „G eneralanzeiger“ ses vom Ammersee bis zum Lech und noch darüber gezwungen, „in eigener Sache“ zu seinen Lesern zu reden: hinaus. „... Wir gestehen zu, daß eine Zeitlang der unregel­ mäßige Zeitungsbetrieb in unserer Druckerei zu suchen Das „Landsberger Tagblatt“ verliert 1912 seine Selb­ war, dadurch, daß wir drei Wochen lang gar keinen ständigkeit und wird vom „Oberbayerischen General- Drucker hatten und auch die übrigen Arbeitskräfte anzeiger“ übernommen durch fortwährende Einberufungen stark dezimiert wur­ Landsberger Verlagsanstalt Martin Neumeyer (seit 1913) den . . ." (309/1916) Die Landsberger Verlagsanstalt Martin Neumeyer „Der Nachrichtendienst“, so klagte er schon 1915 gab die beiden Zeitungen, das „Landsberger Tagblatt (257), „ist zehnm al teu rer als zu norm alen Zeiten; die und Ammerseezeitung“ und den „Oberbayerischen Gene­ notwendigen Produkte zur Herstellung kosten doppelt ralanzeiger“ mit seiner Kopfausgabe „Fuchstaler Bote“ und dreifach soviel wie vor dem Kriege. Kein Wunder, mit nur wenigen gegenseitigen Unterschiedlichkeiten her­ wenn bereits 2000 Zeitungen und Zeitschriften ihr Er­ aus. Karl Neumeyer zeichnete für das „Tagblatt“ ver­ scheinen eingestellt haben...“ So ernsthaft allerdings antwortlich, Martin Neumeyer, sein Vater, für den war die Krisis nie, daß der „Generalanzeiger“ an ein, „Oberbayerischen Generalanzeiger“. Es lag also auf der wenn auch nur vorübergehendes Einstellen des Erschei­ Hand, daß beide Zeitungen die gleiche Tendenz verfolg­ nens gedacht hat, wie das nach einer Entschließung des ten, und daß früher oder später ein vollständiges Aüf- Vereins Rheinischer Zeitungsverleger vom 27. Februar gehen des „Tagblattes“ im „Generalanzeiger“ zu erwar­ 1916 bei den Rheinischen Provinzzeitungen zum Beispiel ten war. Der Beginn des ersten Weltkrieges brachte denn der Fall war. (75/1916). Der „Generalanzeiger“ konnte auch diese einzig denkbare Lösung. Am Dienstag, den also „der Generallieferant geistiger Nahrung“, wie Karl 4. August 1914 teilte Karl Neumeyer, der Redakteur des Bücher die Zeitung, „so klein sie sein. mag“, genannt „Tagblattes“, mit, daß er mit dem heutigen Tage die hat, bleiben und „breiten Schichten der Gesellschaft ih­ Redaktion des Blattes niederlege, um dem Rufe des Va­ ren einzigen Zusammenhang mit dem geistigen Leben terlandes freudige Folge zu leisten. „Mit dem Wunsche, der Gesamtheit“ bewahren. daß es dem Blatte fernerhin vergönnt sein möge“, so Im Oktober 1917 mußte trotz aller Einschränkungen schloß er, „recht viele und frohe Nachrichten von und aller Sparmaßnahmen der Abonnementpreis erhöht Deutschlands stolzer Armee zu übermitteln, verbinde ich werden. Schon im Sommer (151/1917) wurden Klagen den herzlichsten Dank an alle geschätzten Mitarbeiter über die am 1. Juli in Kraft getretene Neuregelung der und Leser für die mir stets gewährte Unterstützung. Die Zuweisung des Druckpapiers an die Zeitungen laut, und Redaktion hat Herr Martin Neumeyer übernommen.“ nun mußte sogar trotz der Verringerung des Umfangs Vom 5. August 1914 an erschien denn das „Landsberger an eine Erhöhung der Bezugsgebühren gedacht werden: Tagblatt und Ammersee-Zeitung“ als Kopfblatt des „Ge­ Das Bleimetall für Hand- und Maschinensatz kostete neralanzeigers“. Damit war diese Zeitung nun auch äus- 300 Prozent mehr, Druckfarben über 400 Prozent, Ma­ serlich vom „Generalanzeiger“ übernommen worden. schinenöle und -Fette 4—500 Prozent, dazu waren die Die sich in den Augusttagen 1914 überstürzenden Arbeitslöhne um 30 Prozent gestiegen (214/1917). Das Kriegsnachrichten wandelten entschieden die Aufma­ alles bewog den Verleger des „Generalanzeigers“, gleich chung der deutschen Zeitungen und eroberten sich eine seinen Kollegen im benachbarten Schwaben, den monat­ dominierende Stellung. Auch in das Landsberger Zei­ lichen Preis um 10 Pfennig zu erhöhen. Dieser geringe tungswesen hielt diese neue Art der Umbruchgestaltung Aufschlag konnte natürlich nur einen Bruchteil der be­ ihren siegreichen Einzug. Nicht nur in der Politik, auch trächtlich angestiegenen Spesen decken, und darum ist im Feuilleton und in den wenigen Resten eines Lokal­ es nur zu selbstverständlich, wenn bald darauf der Be­ teils war der Krieg das vorherrschende Element: Flam­ zugspreis aufs neue stieg. Die Zeitung kostete jetzt mende Aufrufe, mitreißende Gedichte, Briefe gefallener 2.10 Mark vierteljährlich für Selbstabholer, 2.30 durch Soldaten, patriotische Romane, Versammlungsberichte die Post zugestellt. vaterländischer Vereine, Geld- und Sachspenden für das Martin Neumeyer, auf dessen Schultern während Heer, Landkarten von den „Völkerkriegsschauplätzen“, der Kriegsjahre die Last der Verlagsleitung und Redak­ Bilder ruhmreicher Heerführer — aus jedem Wort und tion ganz alleine lag, fand in seiner Frau und in der aus jedem Bild sprachen wahre Begeisterung und große Braut seines Sohnes Karl wertvolle Stützen. Von Zeit Vaterlandsliebe. zu Zeit kam auch der Sohn vom Felde nach Hause und — 21 — — 22 — löste seinen Vater ab: 1915 verbrachte er seinen T4tägi- heren Standpunkt zurückkehren und sich für die Inter­ gen Fronturlaub vom 10. bis 24. April hinter dem Re- essen der jungen „Bayerischen Volkspartei“ einsetzen. daktions- und Umbruchtisch, und im Winter 1917/1918 Da wuchs wie eine gewaltige Lawine, die brutal bekam er von der Truppe Arbeitsurlaub zur Ausübung alles mit sich reißt, was in ihren Bereich kommt, eine seines Berufes. Krise zu solcher Wucht an, daß für Jahre hinaus die Im Jahre 1915 wurde in der Landsberger Verlags­ gesamte Wirtschaft brach lag: Die Inflation Die Preise anstalt auch eine von französischen Kriegsgefangenen stiegen ins Unermeßliche, die Arbeiter forderten höhere mit viel Geschick und Geschmack selbst hergestellte Zei­ Löhne — streikten — erhielten sie — forderten mehr — tung „Le Flambeau“ gedruckt. erhielten auch das Geld hatte überhaupt keinen Wert Als im November 1918 die Revolution auch auf mehr. 25 frische Eier oder 15. Pfund Weizen waren dem Landsberg und seine Garnisi Übergriff und der zweite Verleger eine willkommenere Bezahlung als 100 Milliar­ Vorsitzende des Soldatenrates, der Kanonier Cronauer, den Papiermark für einen wöchentlichen Bezug! Ein in einer nach Tausenden zählenden Versammlung auf Notschrei jagte den anderen, jede Abonnementseinladung dem Hauptplatz vor dem Rathaus den „Generalanzeiger“ wurde dringender, jede Preiserhöhung stieg rapider an. wegen eines gegen die Revolution gerichteten Artikels Es war nicht auszudenken! Bald mußte das Ende kom­ (259/1918) angriff, stellte sich M artin N eum eyer m utig men! So sah das Anschwellen des Bezugspreises während auf die Rednertribüne und gab dem Kanonier Cronauer der Inflation aus: unter atemloser Spannung der Zuhörer die Antwort: Das Anschwellen des Bezugspreises während der In- flation . Aber ich hätte gewünscht, daß in der heutigen Ver­ sammlung die Richtpunkte angegeben worden wären, bis 30. 1 20 (Nr 24) vierteljährlich 2.10 RM nach denen in Zukunft regiert werden soll “ ab 30 1. 20 (Nr 24) v «* 3.60 RM 22 3. 20 (Nr 68) 7.50 RM Für ganz kurze Zeit erlebte jetzt das bauernbünd- 17 6. 20 (Nr. 138) 12.00 RM lerische „Landsberger Volksblatt“, eine Nebenausgabe nur 21 3 21 (Nr 66) 16.30 RM einer Weilheimer Zeitung, seine Blüte. Landsberger Ver­ ab 18. 6. 21 (Nr 138) 13.50 RM treter war Hans Bräu. 21 12. 21 (Nr. 293) 22.50 RM 28 3. 22 (Nr. 73) 36.00 RM Eine Auswirkung des Umsturzes in der Nacht vom 28 6 22 (Nr. 147) 72.00 RM 7 auf den 8. November in München war die Gründung 28 9. 22 (Nr. 224) "240.00 RM der „Bayerischen Volkspartei“ am 12. November in Re­ 8. 11 22 (Nr. 258) 300.00 RM gensburg. Martin Neumeyer stellte sich und seine Zei­ 22. 11. 22 (Nr, 270) »* 480.00 RM tungen in den Dienst dieser Partei und nannte sie vom 2. 1. 23 (Nr 1) monatlich 450.00 RM 13. Dezember an im Untertitel: „Organ der Bayerischen 25 1. 23 (Nr. 20) 650.00 RM 12 2. 23 (Nr 35) ,, 1 200.00 RM Volkspartei“ 23 2 23 (Nr 45) 1 500.00 RM Trotz des Thronverzichts König Ludwigs III. von 20 3. 23 (Nr 65) 3 000.00 RM Bayern am 13. November wurde das Attribut „kgl.“ im 14 6. 23 (Nr 135) 4 300.00 RM Zeitungskopf erst am 13. M ärz 1919, also vier M onate 30 6. 23 (Nr. 148) 9 800.00 RM nach Beseitigung der Monarchie, herausgestochen, als 31 7: 23 (Nr. 174) 19 000.00 RM die Zeitung zum „Nachrichtenblatt des Arbeiter-, Bauern- 4 8. 23 (Nr. 178) ,, 60 000.00 RM 21 8. 23 (Nr. 191) 375 000.00 RM und Soldatenrates Landsberg“ geworden war und unter 10 9. 23 (Nr. 208) 1 800 000.00 RM „Zensur des Arbeiterrates Dr. Eggert, Landsberg“ aus­ 27 9. 23 (Nr 223) 21 600 000.00 RM gegeben w urde, wie am 24. F ebruar 1919 m itgeteilt w ur­ 16. 10. 23 (Nr 239) 81 600 000.00 RM de. Diese Erklärung hatte folgenden Wortlaut: 31. 10. 23 (Nr 252) Einzelnummer 100 000 000.00 RM „Gemäß den von den gegenwärtigen Machthabern in 19. 11. 23 (Nr, 267) monatlich 2 000 000 000.00 RM München erlassenen Bestimmungen ist auch unser Blatt 2.20 Goldmark gleich allen nicht sozialistischen und nicht bauernbünd- 1 2. 24 (Nr. 27) 2.00 GM lerischen Organen unter Vorzensur gestellt . Verlag 19 2. 24 (Nr 42) ,, 1.90 GM und Redaktion haben fernerhin auf den Inhalt des po­ 25 3 24 (Nr. 71) „ 1.80 GM litischen Teils des Blattes keinerlei Einfluß mehr und Wie eine Erlösung klang daher die Mitteilung am sehen sich veranlaßt, zu erklären, daß sie für politische 19. November 1923, daß der bisherige Bezugspreis von Artikel, deren Inhalt sich mit der seitherigen Richtung 2 000 000 000 M ark nunm ehr 2.20 G oldm ark gleichzu­ des Blattes nicht deckt, keinerlei Verantwortung über­ nehmen. Man hat uns außerdem verboten, irgendwelche setzen sei Von diesem Tag an ging es langsam wieder Artikel im Sinne der Bayerischen Volkspartei oder auch aufwärts, und alle Parteifehden, -händel und -Zänkereien der Demokratischen Partei zu veröffentlichen “ 145/1919) zusammengenommen vermochten der Zeitung nicht so zu schaden, wie die Inflation vom 30 Januar 1920 bis Bis zum 15. März währte dieser Zustand — dann zum 19 November 1923. konnte der „Generalanzeiger“ seinen Lesern mitteilen, „Mit dem 15. Juli 1924 ist ein neuer Wendepunkt in der der Zentralrat habe bekanntgegeben, daß die Vorzensur Presseberichterstattung eingetreten“, so verkündete der der bürgerlichen Presse heute mittag um 12 Uhr auf­ „Generalanzeiger“ am 16. Juli 1924 (163), „insoferne, als höre. „Damit erscheint“, so fügte der Verleger volf^Be- zum Depeschenbrief, Telegraph und Telephon nunmehr friedigung hinzu, „auch unser Blatt mit vorliegender auch noch als neueste und schnellste Uebermittlungsge- Nummer zum ersten Male wieder ohne Zensur.“ legenheit von Pressemeldungen der Rundfunk getreten ist. Nach monatelangen Vorarbeiten und Versuchen konn­ Am 9. Dezember 1918 war Karl N eum eyer von der te der Radiodienst, an den auch unsere Zeitung ange­ Front zurückgekehrt und hatte von da an die Leitung schlossen ist, gestern von Seiten des Bayerischen Presse­ der Redaktion inne. Anfang 1919 trat der Expedient rundfunks aufgenommen werden Die weitere Aus­ Paul Winkelmayer, der von 1912 bis 1914 im Dienste dehnung unseres Radiodienstes auf den gesamten Zei­ der Firma war — in der Hauptsache im Lokalteil, aber tungsinhalt ist ebenfalls schon seit Monaten in Vorbe­ auch im Anzeigenwesen beschäftigt —, wieder in die reitung und wird alsbald einsetzen, wenn technische Schwierigkeiten, die sich bislang immer noch der deut­ Verlagsanstalt ein. Er blieb ihr bis zu seiner Einberu­ lichen Uebermittlung der Pressegespräche von Berlin fung am 8. Jan u ar 1944, also 25 Jah re, lang, u n u n ter­ nach Landsberg in den Weg stellen, behoben sind ..“ brochen treu und stellte seine in diesen Jahren erwor­ Der Parteikampf stand natürlich im Vordergrund benen Lokal-Kenntnisse in den Dienst der Zeitung. des Interesses der Zeitungsleser und da der „General­ Trotz der anwachsenden finanziellen und materiellen anzeiger“ treu an seiner Tendenz festhi,elt, hatte er so Schwierigkeiten stellte die Verlagsanstalt im Frühjahr manchen Schlag entgegenzunehmen Nicht umsonst er­ 1919 eine neue Duplex-Rotationsmaschine auf, die von schien in der „Schöneren Zukunft“ (1927/28, p. 521 ff.) der Firma Gebr. Bühler in Uzwil (Schweiz) geliefert ein Aufsatz über „Die quälende Tragik, die auf dem worden war. Der Seitenumfang der Zeitungen betrug katholischen Zeitungsmann lastet“. Montag mit Freitag vier, Samstags 6 Seiten. Verwendung fanden Nachrichten und Meldungen der In seinem Innern konnte der „Oberbayerische Ge­ Telegraphen-Union mit den Ausgaben Münchener Korre­ neralanzeiger“, nachdem die tosenden Wellen der Re­ spondenz (mc) und Isar-D epeschenbüro (is), des W olff‘- solution etwas verebbt waren, wieder auf seinen frü­ schen Telegrammbüros (WTB), der Bayerischen Volks- ' — 23 — — 24 — parteikorrespondenz (BVC) und des Süddeutschen Korre­ nicht gelitten. Wir haben die Schmutz- und Sensations­ spondenzbüros (scb). Fast täglich war dem Leitartikel­ presse beseitigt sowie alle sonstigen Zeitungen, die an­ dienst von Roman Mayr ein Aufsatz entnommen. Die deren Interessen als denen des deutschen Volkes ver­ Eigenarbeit beschränkte sich auf den lokalen Teil, der pflichtet waren. Die heute bestehenden etwa 2300 Zei­ tungen. die ihre Arbeit allein für das deutsche Volk allerdings eine schöne Pflege erfuhr. Seit dem Jahre leisten, sind uns mehr wert, als früher 3250 Zeitungen, 1932 erschien zu jedem Jahresende ein die Geschehnisse die zu einem so wesentlichen Teile anderen Altären in Landsberg zusammenfassender Rückblick „Rund um opferten als dem des Vaterlandes und daher dem Vater­ die Stadtmauer“. Publizistische Unterstützung erfuhren lande geopfert werden mußten!“ die Bestrebungen, die auf eine Errichtung des Instituts Diese Rede Amanns war das Fazit einer „Presse­ für Zeitungskunde an der Universität München hinziel­ bereinigung“ der nationalsozialistischen Regierung, die ten (58/1921). Freudig wurde Professor Karl d'Esters im September 1936 im wesentlichen als abgeschlossen Tätigkeit an der alma mater monacensis verfolgt (284/ gelten konnte. *) " 1931). Auf der PRESSA in Köln 1928 hatte der „Gene­ ralanzeiger“ einen eigens gebundenen Jahrgang (1927) (Schluß folgt) ausgestellt • Der „Generalanzeiger“ mit seinen beiden Kopfaus­ Unbekannter Schüler gaben hatte sich trotz der schweren Rückschläge der Kriegs- und Nachkriegszeit zu einer gut geleiteten und wirtschaftlich florierenden Heimatzeitung entwickelt, die des Dominikus Zimmermann ob ihrer Sauberkeit und politischen Haltung, die den Vor 200 Jahren hat der Stadtschreiber von Schongau in weitaus meisten Lesera des Verbreitungsgebietes ent­ den Briefprotokollen von 1749 auf Seite 24 einen „Lehrn- sprachen, allgemein beliebt und gern gehalten ward. brief“ aufgeschrieben, dessen Inhalt auch heute noch von Bedeutung ist. Hierin beurkunden Paulus Merz und Johann Sie blieb nicht im kleinlichen Hader stecken, sondern sah Mang. Zunft- und Kerzenmeister des Handwerks der Mau­ als oberstes Ziel an, als „Zusammenhang mit dem gei­ rer und Zimmerleute in Schongau, daß die Hauptlade in stigen Leben der Gesamtheit“ (Bücher) die Menschen des Klagenfurt unterm 20. Jänner 1749 ein „Notificationsschrei- westlichen Oberbayern publizistisch zu führen und in ben“ hiehergerichtet habe, demzufolge der ehrbare junge ihnen das politische Interesse wachzuhalten, dessen der Gesell Jacob Köpf, ein Maurer aus der Klosterhofmark Staat zur Durchführung seiner Aufgaben bedarf Wessobrunn in Baiern sich nicht nur in Klagenfurt nieder­ lassen, sondern auch durch Uebergab des Michael Rowalter, Die Neugestaltung des Landsberger Zeitungswesens Stadtmaurermeister in Klagenfurt, diese Stelle anzutreten .versichert. Er bittet um obrigkeitliches Creditiv. Es wird nach der nationalsozialistischen Revolution ihm testiert, daß Jacob Köpf „seiner khündtigen Maurer- Seit 1926 gab es in Landsberg abermals eine zweite Handtierung bey dem hochehrenvest: und wohlweisen Her­ Zeitung. Der Schriftsetzer Eugen Ebersberger, der in der ren Dominico Zimmermann des Inneren Raths Burgermai- Verlagsanstalt seine Lehre beendet hatte, und Christian ster, dan Pau: Stockhathor: und Maurermeister in der chur­ fürstlichen Granitz Statt Landtsberg, als Unserem Handt- Frank sen gaben die dem Bauernbund nahestehenden werckh Einverleibten Maistern ordentlich erlehrnet, zu dem „Landsberger Neuesten Nachrichten“ heraus’ Es zeigte Endte dan den 3. Monatstag Februarij ao. 1728 vorgeses­ sich jedoch schon sehr bald, daß Ebersberger und Frank senen Handtwerckh und offener Laad . . . aufgedingt nach den Forderungen eiper Tageszeitung nicht gewachsen vollstreckten Lehrjahren, aber den 27. Martij ao. 1731 wi- waren. Schon 1927 wurden die „Landsberger Neuesten derumb frey: und lediggesprochen worden.“ Nachrichten“ zu einem Kopfblatt der „Neuesten Nach­ Während der Lehrzeit hat sich Jacob Köpf „ganz getreu, richten für Mindelheim“ degradiert, die von dem Ver­ aufrichtig, niechter, from und fleißig verhalten.“ Gelobt leger Hans Högel herausgegeben und von seinem Schwie­ wird seine „honete Auffiehrung“ durch die Schongauer Zim­ gervater Jakob Niederhuber gedruckt wurden Christian mermeister Simon Mang und Georg Schmaunz sei. Frank, der seine Landsberger Buchdruckerei behielt, be­ Der säuberlich geschriebene Brief trägt das Datum vom schaffte die Lokalnachrichten und warb Anzeigenkunden. 3 F ebruar 1749. S.H. Nach der Machtübernahme durch den Nationalsozialismus nannte sich diese Zeitung „Heimatorgan der national­ sozialistischen Freiheitsbewegung“. Zugleich war sie Aus alten Ratsprotokollen Amtsblatt der Stadt und des Bezirkes Landsberg ge­ Vor 100 Jahren worden, da man dem „Oberbayerischen Generalanzeiger“ diese Eigenschaft abgesprochen hatte Der Apotheker Georg Eberl stiftete 125 fl. für die Der 10. M ärz 1933 w a r auch fü r L„ndsberg der Tag Armen und 150 fl. für das Krankenhaus sowie 50 fl. für die Schulen. der Wende. Eine Lokalnotiz vom gleichen Tage sagt aus: * „Flaggenhissung in Landsberg. — Heute vormittag sam­ melte sich in Landsberg zahlreiche mit Karabinern be­ Dem Seifensieder Xaver Schindler wurde wegen des waffnete SA, die unter Vorantritt einer Musikkapelle übelriechenden Unschlittschmelzens auf den Protest der durch die Straßen der Stadt zog. Es wurden schwarz­ Nachbarschaft die Ausübung der Seifensiederei in sei­ weiß-rote Flaggen und Hakenkreuzfahnen am Bezirks­ nem Wohnhaus an der Bergstraße nicht mehr gestattet. amt, dem städtischen Kanzleigebäude und am Rathaus * gehißt. Weiter wurden Flaggen aufgezogen am Finanz­ amt und auf dem Bayertor. Ein Vorbeimarsch auf dem Dem gering besoldeten Lehrer Stöckl der unteren Rathausplatz beendete den Aufmarsch, der sich sodann Klasse sey ein Klafter Fichtenholz durch das Städtische zur Museumktraße bewegte, wo die SA vor unserem Bauamt als Unterstützung zu verabreichen. Verlagsgebäude Aufstellung nahm Dort mußte der * Hauptschriftleiter unseres Blattes die gegen Hitler und Es sey darauf zu bestehen, daß die Straßen wöchent­ die SA gerichteten Artikel zurücknehmen und bedauern, worauf die SA wieder abzog.“ (58 1933) lich zweimal, jedesmal aber an einem Vorabend eines Sonn- oder Feiertages, gereinigt und im Sommer be­ Mit dem Ende des Jahres 1933 gingen auch die bis­ spritzt werden. herigen Kopfausgaben „Fuchstaler Böte“ und „Lands­ * berger Tagblatt“ ein und der „Oberbayerische General­ anzeiger“ erschien vom 1. Januar 1934 an mit dem Unter­ Das Verlangen der Forstrechtler von Waalhaupten, titel: vereinigt mit Landsberger Tagblatt und Ammersee­ sie mit 1)4 Tagwerk des Wiedenwaldes zu entschädigen, zeitung“. Damit war der „Generalanzeiger“ endgültig sey abzuweisen. Dagegen soll mit dem Fürsten von der der Nachfahre des 1796 gegründeten „Landsberger Wo­ Leyen in Verkaufsverhandlungen wegen des Wieden­ chenblattes für Bürger und Landleute“ geworden. waldes eingetreten werden. Auf dem Nürnberger „Reichsparteitag der Ehre“ (1936) konnte der Präsident der Reichspressekammer, *) Zu den weiteren Schilderungen muß bemerkt werden, Reichsleiter Max Amann, in seiner Kongreßrede fest­ daß diese Veröffentlichung noch v o r dem Zusammenbruch des Dritten Reiches geschrieben wurde. Es konnte deshalb der starke stellen: Zwang, der bis zur Drohung des Existenzverlustes des Verlegers „Wenn die Zahl der Zeitungstitel sank, dann hat die gesteigert wurde, in der Schilderung nicht zum Ausdruck kom­ Stärke und Wirkung der deutschen Presse darunter men. D. Schriftltg. d. L.G.B1. Illustrierte Monatsschrift und Organ des „Historischen Vereins lür Stadt und Bezirk Landsberg a. L.“ Begründet von Sludienrat und Stadtarchivar | | Schober t Landsberg Verantwortlicher Schriftleiter: Nachdruck, auch auszugsweise, ohne Paul Win kelmayerin Landsberg a. L Beilage der ..Landsderger Nachrichten” Genehmigung der Schriftltg. verboten

Nr. 4 11. Jahrgang x 1951

Für die Redaktion zeichnete nun nicht mehr der Die älteste oberbayerische Verleger, Karl Neumeyer, verantwortlich; es wurde ein eigener Schriftleiter, Dr. Gerhard Heile zuerst, bestellt, Heimatzeitung der, wie er schrieb, bereit sei, „die vom Nationalsozialis­ Vom „Landsberger Wochenblatt“ zur „Landsberger mus heute einer Zeitung gestellten Aufgaben zu erfül­ Zeitung“ (1796—1936) len“. (1/51-1936). Von Dr. Hans P r o e g e r (Schluß) In Landsberg ging man auf Veranlassung des Kreis­ leiters Joachim von Moltke ans Werk: Die parteiamtliche goittöfccgecStttiiitg Zeitung seines Kreises, so wünschte er, solle in Lands­ berg hergestellt werden und nicht wie bisher, im Nach­ ünJffen(llif)ungeHoH 6« Artbildung £onA#biig ^otsbldtt Atr fdmllliitn di^ArAin Alt. CtoAl ganAflbtig unA Am Öi j Ii I m fanAeAug a n £i4j bargau Schwaben. Die „Landsberger Neuesten Nachrich­ A«t unA it)C«r fdntlitfitn Min|lj1t(lin ten“ stellten am 28. Februar 1936 ihr Erscheinen ein und wurden mit dem „Generalanzeiger“ zur neuen Al. «6. 91»11aa. tti ii. Hin i<))7 t. /ui. ftahneig „Landsberger Zeitung“ zusammengelegt, die in der Ver­ lagsanstalt Martin Neumeyer auf einer 16seitigen Voll­ rotationsmaschine gedruckt wurde. Der vom Kreisleiter Eanösbecg bat im fflan Oie Jaljl oon10000 Einrooljnera eneidjt irjtWrn an. gutgeheißene Zusammenlegungsvertrag der beiden Zei­ Sechs Stunden 6eneta!fUeik in det fjauplflndl oon Jtantueld) (anOsbetget fiaustjolt. tungen bestimmte u. a., daß der Verleger der „Lands­ Uphrri ean Alt ..firoltli'fltDtautio ttd foromunlfmiiJ Det nousDaltapIdn Oet Stadt [aadsbetg mit 2M4IM.9I Nr TaHWr aamlllltea «rart. übgeglühtn. D«i Begloll dn Ulobl|at)rt)abgobr antde berger Zeitung“ — Karl Neumeyer — dem bisherigen I*ghin.rbanl« .«UV nin. »rlftibll. »n »tanlrr be|4)lt>|[ra. Ian0*b»ig dal die flnaiodnenadl p Lokalberichterstatter und Anzeigenwerber der „Lands­ 10000 eitemtl. berger Neuesten Nachrichten“, dem Buchdrucker Chri­ stian Frank sen., für dessen ständigen Verzicht auf eine Zeitungsherausgabe in Landsberg monatlich einen festen ibiait Betrag zu bezahlen habe. A lt Aenntrtioj In Sortt : nAiclr an Seit dem 1. März 1936 erscheint nun jeden Werktag die „Landsberger Zeitung“, In ihrer ersten Nummer 3n. brachte sie einen Aufruf des Kreisleiters: „An die Gesamtbevölkerung in Landsberg Stadt und *■ aota.in.i !■,!< ‘"--7 V." «7 Land! Volksgenossen! — Die nationalsozialistische Re­ dn volution fand eine in sich zersplitterte Presse vor. die r c überwiegend geschäftlichen Zwecken oder Parteien und Interessenhaufen diente Der nationalsozialistische Staat hat eine Neugestaltung des gesamten deutschen Presse­ wesens in Angriff genommen und durchgeführt, um dem deutschen Volk eine Presse zu schaffen, die ihm ver­ pflichtet und verantwortlich ist, und die das Leben und Erleben der deutschen Volksgemeinschaft widerspiegelt. Im Zuge der Umgestaltung der Zeitungsverhältnisse ist auch . im Kreise Landsberg die Presse vereinheitlicht worden: Mit dem heutigen Tage erscheint als Veröffent­ lichungsblatt des gesamten Kreises die „Landsberger Zeitung“. Unser Kreisgebiet erhält in dem neuen Blatt eine Mittlerin zwischen Partei und Volk. Die „Lands­ berger Zeitung“ soll ihre Aufgabe darin sehen, den gei­ stigen Interessen und Bedürfnissen aller Volksgenossen zu dienen. Volksgenossen! Bringt der neuen Zeitung Euer Vertrauen entgegen und zeigt durch ihren Bezug Eure Verbundenheit mit dem nationalsozialistischen Staat! Heil Hitler!“ — 27 — 28 — Den neuen Kopf der „Landsberger Zeitung“ haben mußten auf jeweilige Anordnung des Gaupresseamtes Mitglieder der Künstlergilde Landsberg-Ammersee ge­ in bestimmten Zeitabständen in Gegenwart von Zeugen staltet. Das Wappen, gezeichnet von Professor Knöpfler, verbrannt werden. Ueber die Vernichtung war ein Pro­ stellt im mittleren Wappenfelde einen von einem Kreuz tokoll aufzunehmen, das dem Gaupresseamt eingeschickt gekrönten Hügel dar, links davon sind die bayerischen werden mußte. So stand der Schriftleiter in politischer Farben, rechts der pfälzische Löwe. Hinsicht unter der Aufsicht des Gaupresseamtes und Mit der Eingliederung der „Landsberger Zeitung“ wurde in lokaler Hinsicht jedoch vom Kreispresseamt in die „im Nationalsozialismus geeinte Presse“ (Amann) überwacht. Auch der Anzeigenteil wurde vom Gau­ sollen unsere Betrachtungen abgeschlossen sein. Es möge presseamt besonders im Laufe der Kriegsjahre einer einer späteren Forschungsarbeit Vorbehalten bleiben, die starken Beschränkung unterworfen, wie auch der Um­ Entwicklung seit 1936 darzustellen — noch sind die ge­ fang der Zeitung, der zuletzt mehrmals wöchentlich nur wonnenen Eindrücke zu frisch, als daß sie schon der 2 Seiten betrug, vorgeschrieben wurde. Mit der letzten nüchternen Schau wissenschaftlicher Forschung darge­ Nummer der „Landsberger Zeitung“ am 26. April 1945 boten werden könnten. war das Ende der „Landsberger Zeitung“ gekommen. Die oberbayeristhe Presse nach dem Stand vom Dezember 1944 s = selbständige Zeitungen, mm = NS.-Zeitungsblock Mün­ chen-Oberbayern, Buchgewerbehaus M. Müller & Sohn, mw = die Gruppe der in Weilheim hergestellten Ausgaben von mm. Die eingerückten Zeitungen sind Kopfblätter. 1. 1796 Landsberger Zeitung (s) 2. 1804 Freisinger Tagblatt (mm) 3. 1832 Oettinger und Burghauser Anzeiger (zu: 37) 4: 1839 Wasserburger Anzeiger (mm) 5. 1840 Reichenhaller Tagblatt (s) 6. 1846 Fürstenfeldbrucker Tagblatt (s) 7. 1847 Schrobenhausener Anzeiger (zu: 13) 8. 1848 Münchener Neueste Nachrichten (s) 9. 1855 Rosenheimer Anzeiger (s) 10. 1855 Traunsteiner Zeitung (s) 11. 1857 Pfaffenhofener Zeitung (s) 12. 1863 Tölzer K urier (s) 13. 1864 Aichacher Zeitung (zu: 7) 14. 1865 Tegernseer Zeitung (mm) 15. 1866 Wolfratshauser Tagblatt (mm) 16. 1867 Trostberger Tagblatt (zu: 47) 17. 1868 W eilheimer Zeitung (mw zu: 32, 34, 38, 39) 18. 1870 Aiblinger Zeitung (mm) 19. 1873 Amper-Bote, Dachau (mm) 20. 1875 Miesbacher Anzeiger (mm) 21. 1875 Land- und Seebote, Starnberg (mm) 22. 1876 Schongauer Nachrichten (s) 23. 1877 Dorfener Zeitung (mm) 24. 1880 Moosburger Zeitung (mm) 25. 1880 Würmtal-Bote (mm) 26. 1881 Ebersberger Anzeiger (s) 27. 1881 Garmisch-Partenkirchener Tagblatt (s) 28. 1882 Berchtesgadener Anzeiger (s) 29. 1886 Der Oberbayer. Gebirgs-Bote, Holzkirchen (mm) 30. 1886 Chiemgau-Zeitung, Prien (mm) 31. 1887 Völkischer Beobachter (s) 32. 1889 Murnauer Tagblatt (zu: 17) 33. 1891 Glonntal-Bote (mm) Die letzte Nummer der „Landsberger Zeitung“ 34. 1892 Ammersee-Nachrichten (zu: 17) 35. 1894 Haager Bote (mm) Die dem Zusammenbruch folgenden Monate waren 36. 1895 Erdinger Anzeiger (mm) 37. 1898 Mühldorfer Zeitung (zu: 3) eine zeitungslose Zeit, in der die Bevölkerung nur durch 38. 1901 Penzberger Anzeiger (mw) Plakatanschläge unterrichtet werden konnte. 39. 1913 Peißenberger Zeitung (mw) Dies wurde anders, als im Januar 1946 das „Land s- 40. 1923 Grafinger Zeitung (mm) berger Amtsblatt“ vom Stadtrat Landsberg ge­ 41. 1924. Fürstenfeldbrucker Zeitung (mm) 42. 1926 Freilassinger Volkszeitung (s) gründet und mit Genehmigung der Militärregierung her­ 43. 1926 Volks-Bote. Markt Schwaben (mm) ausgegeben wurde Mit der Schriftleitung dieses Amts­ 44. 1927 Donau-Bote, Ingolstadt (s) blattes wurde vom Bürgermeister der Stadt Paul Win­ 45. 1928 Kolbermoorer Zeitung (mm) kelmayer beauftragt, mit dem Druck und Vertrieb die 46. 1933 München-Augsburger Abendzeitung (s) Landsberger Verlagsanstalt Martin Neumeyer. Das 47. 1943 Salzach-Zeitung (zu: 16) „Landsberger Amtsblatt“ erschien wöchentlich einmal und zwar im Umfang von 2 bis 8 Seiten. Die Schrift­ Ergänzung der Schriftleitung leitung war dadurch sehr erschwert, weil das Amtsblatt Da die vorstehende Dissertation mit dem Jahre 1936 lange Zeit der Zensur der Militärregierung unterlag und abschließt, sei noch kurz die weitere Entwicklung des anfänglich alle darin erschienenen Bekanntmachungen Zeitungswesens in Landsberg bis auf den heutigen Tag und Beiträge zuerst in englischer Uebersetzung der Mili­ geschildert. tärregierung zur Genehmigung vorgelegt werden muß­ •Schriftleiter Dr. Heile schied im April 1937 aus, sei­ ten. Am 30 Juli 1950 stellte das „Landsberger Amts­ ne Stelle wurde vom Gaupresseamt dem Schriftleiter blatt“, in seinem 5 Jahrgang stehend, sein Erscheinen Dr. Hubert Ulsamer übertragen, der vom 12. April 1937 ein, da es durch die „Landsberger Nachrichten“ einer­ bis 1. Oktober 1940 tätig war. Von diesem Zeitpunkt seits und durch den Wegfall der Bekanntmachungen der an bis zum Zusammenbruch führte die Schriftleitung Kriegsämter (Ernährungsamt, Wirtschaftsamt usw.) an Hermann Rasp. Die Schriftleiter waren Befehlsempfän­ Bedeutung verloren hatte ger, erhielten täglich die sog. „Vertraulichen Mitteilun­ Während der zeitungslosen Zeit erschien neben dem gen“, in denen die Schlagzeilen und die Aufmachung der „Landsberger Amtsblatt“ im Verlag der Landsberger Zeitung sowie die zu schreibenden Kommentare genau V erlagsanstalt M artin N eum eyer vom 2. Ja n u ar 1948 festgelegt waren. Diese „Vertraulichen Mitteilungen“ bis 2. O ktober 1948 das „Landsberger Anzeige- — ?9 — — 30 — ,b 1 a 11 für Stadt und Landkreis Landsberg“, einmal wö­ versunken war, standen wir auch schon vor dem Gast­ chentlich. Von diesem Anzeigenblatt erschienen insge­ hof, der von jeher den ankommenden Kandidaten an­ samt 40 Nummern im Quartformat, meist zwei- oder gewiesen ist. „Hier, Schwager, hat er sein Trinkgeld, leb vierseitig, nur mit Geschäfts-, Familien- und Gelegen­ er wohl.“ „Ich bedank mich, und wünsch viel Glück, heitsanzeigen. junger Herr, leben S‘ wohl.“ Die Wirtsleute wiesen mir das Zimmer an, und als ich eintrat, waren schon meh­ Am 1. Oktober 1948 brachte die „Schwäbische Lan­ deszeitung“ Augsburg (Chefredakteur, Herausgeber und rere da, auch mein Schulkamerad Schlegel, ein Wein­ wirtssohn aus Innsbruck. Wir umarmten und begrüßten Verleger Curt Frenzei, Augsburg) als Lizenzträgerin die „Landsberger Nachrichten“ mit wöchentlich uns untereinander, setzten uns an den Tisch und einer drei Ausgaben heraus. Ab November 1950 wurde zum munterte den anderen auf. Der Wirt sandte sogleich ins Kollegium die Nachricht, daß bereits alle Kandidaten viermaligen Erscheinen übergegangen. Der politische angekommen seien. Der Bote brachte den Auftrag, wir und der Sportteil werden in der „Schwäbischen Landes­ sollten frühmorgens um 8 Uhr hinäufkommen. Um 6 Uhr zeitung“ in Augsburg bearbeitet und kommen von dort standen wir auf, verrichteten unser Morgengebet, früh­ als Matern nach Landsberg. Der lokale sowie der An­ zeigenteil werden in Landsberg technisch hergestellt. stückten und gingen sodann all in die Kirche, um die Messe zu hören. Nach vollendetem Gottesdienste bega­ Die Redaktion wurde Paul Winkelmayer, die Verlags­ ben wir uns zur Klosterpforte und baten, uns zu mel­ und Anzeigenverwaltung Hermann Rasp übertragen. Der den. Der Pförtner erhielt Befehl, uns sogleich zum P. Druck der Zeitung erfolgt in der Landsberger Verlags­ Rektor zu führen. Dieser hielt nun in seinem Zimmer anstalt Martin Neumeyer, deren Inhaber, Karl Neu­ meyer, am 12. November 1950 überraschend schnell aus an uns eine kurze Ansprache und übergab uns dem Nu- vizenmeister. den er vorher zu sich hatte rufen lassen. diesem Leben geschieden ist. Sein Name bleibt mit der Zeitungsgeschichte Landsbergs stets verknüpft. Die Zei­ Sodann küßte ihm jeder von uns die Hand und der P. tung erscheint in einem Umfang von dreimal 8 Seiten Novizenmeister geleitete uns in das Noviziathaus, das wöchentlich und einmal 12 bezw. 16 Seiten wöchentlich. abgesondert steht und nur durch einen Gang mit Kirche und Kloster zusammenhängt, dort in das Rekreations- Ende zimmer und hinunter in den Speisesaal, wo wir so lange blieben, bis das Essen aufgetragen wurde. Nach der Mahlzeit führte uns der P. Novizenmeister spazieren VomLandsbergerJesuitennovizen über die Lechbrücke, zur sogenannten Altöttinger Ka­ pelle. Dahin wallten wir in Zukunft oft, beteten dort zum Schauspieler die Litanei und etliche Ave Maria und gingen wieder nach Hause. Nun kam der Tag der Einkleidung. Am Aus dem Leben des Wanderschauspielers Jakob Neu- Abend vorher mußten wir beichten, am Morgen kom­ käufler, der das Landsberger Jesuitenkolleg bis zur Auf­ munizieren. Nachher wurde denen, die einen hatten, der lösung besuchte Zopf abgeschnitten. Wir mußten am Hochaltäre nieder­ von Eduard A. Mayr, Reisenburg knien. Der Priester nahm vom Zeremoniar die Habite und übergab sie uns. Nun gingen wir in die Sakristei Vor uns liegt ein selten gewordenes Büchlein, be­ und legten die weltlichen Kleider ab Man warf uns den titelt „Aus dem Leben eines Wanderschauspielers“. Es Habit über den Körper, legte uns einen ledernen Gür­ handelt sich um die Selbstbiographie des Schauspielers tel um und hängte den Rosenkranz daran. So ausgerüstet Jakob N eukäufler (1753—1835). Als Sohn eines armen, wurden wir als angehende Jünger des hl. Ignatius wie­ aber sehr kinderreichen Schuhmachers in Neustift' bei der zum Hochaltäre geführt, wo schon der Novizenmei­ Freising geboren, trat Neukäufler nach abgeschlossenem ster stand, in dessen H ände w ir sechs Neuf>,,f

Nr. 5 11. Jahrgang 1951

Rechtsbuches Ludwigs des Bayern 2) zu erhalten. Kauf­ Das Rechtsbuch ringer benützte seine zwölf Jahre vorher gefertigte Ar­ beit als Grundlage, schrieb jedoch nicht einfach ab, son­ der Stadt Landsberg am Lech dern bearbeitet den Stoff in einer für seine Zeit höchst Dissertation von Dr. Alfred Scherpf bemerkenswerten Weise* Während bis dahin das Stadt- recht jeglicher systematischen Einteilung entbehrte, ent­ Gerichtsreferendar Alfred Scherpf hat für die Inau- hält die Schongauer Handschrift nämlich den ersten uns gural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde bei überlieferten Versuch einer Ordnung der Artikel nach der Juristischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Uni- ihrem Inhalt2 3). Leider sind nähere Angaben über Peter versität Erlangen das Thema „Das Rechtsbuch der Stadt Kaufringer nicht zu ermitteln; doch läßt seine Arbeit Landsberg am Lech“ bearbeitet und für seine Arbeit das den Schluß zu, daß die Stadt Landsberg in ihm einen Prädikat „magna cum laude“ erhalten. Stadtschreiber besaß, der neben einer guten juristischen Im ersten Teil der Arbeit behandelt der Verfasser Ausbildung auch ein reges Interesse an Recht und Ge­ die Entstehung der Stadt, die er auf die Zeit zwischen setzen seiner Zeit hatte. 1252—1268 zurückführt (andere Forscher legten die Stadterhebung auf das Jahr 1270 fest). Wir bringen aus Beschreibung . der Dissertation die das Rechtsbuch betreffenden Aus­ Das Rechtsbuch enthält 148 Pergamentblätter im For­ führungen und 'beschränken uns in der Veröffentlichung mat 374/272 mm. Die Größe des Schriftspiegels beträgt auf die Abschnitte, die allgemein interessieren. durchschnittlich 275/195 mm. An den seitlichen Schrift­ rändern befinden sich je zwei, an den oberen und unte­ Die Entstehung des Reditsbudies ren Rändern des Schriftspiegels je eine Umrandungs­ Eine Notiz des Schreibers des weitaus größten Teiles linie, sehr dünn und mit schwarzer Tinte gezogen. Es des Rechtsbuches auf fol. 116 gibt Aufschluß über des­ handelt sich bis auf wenige Eintragungen aus späterer sen Person: „Anno dom. millio CCCCXXIIII scriptu(m) Zeit um Buchschrift. Der Text ist regelmäßig schwarz, est hoc opus p(er) man(us) Petri Kaufringer notarius die Ueberschriften sind teils rot, teils schwarz geschrie­ civit(atis) Landsp(er)gens(is).“ Aus dieser kurzen Be­ ben. Die Anfangsbuchstaben von irgendwie hervorzu­ merkung geht zwar auch hervor, daß im Jahre 1424 die hebenden Worten, z. B. nach Interpunktionen, sind durch Niederschrift der Sammlung von Rechtssätzen, Rechten einen roten Strich als Fütterung hervorgehoben, wie das und Freiheiten beendet wurde, doch bildet sie auch den in mittelalterlichen Handschriften vielfach gebräuchlich einzigen Anhalt für alle Fragen über die Entstehung war 4). In schwarz, rot und gold ausgeführte cfrnamen- des Buches. Wahrscheinlich hat der Rat der Stadt, an­ tierte Initialen finden sich hauptsächlich in der Abschrift geregt durch die Verleihung Münchner Rechts mit der des Landrechts. Der Einband ist erst in neuerer Zeit Urkunde Ludwigs des Bayern von 1315 und durch die gefertigt. Er besteht aus Holzdeckeln mit braunem Le­ wiederholten Bestätigungen in den folgenden Jahrzehn­ derüberzug, eisernen Zierbeschlägen mit Kugelnägeln ten, seinem Stadtschreiber den Auftrag erteilt, eine auf Vorder- und Rückseite und einem eisernen Spangen­ Sammlung des geltenden Rechts anzulegen. Peter Kauf­ verschluß. Der Schnitt der Blätter ist regelmäßig, nur ringer hat sich dieser Aufgabe mit großer Gründlich­ wenige Blätter sind wegen der dort gemachten Randbe­ keit unterzogen. merkungen etwas breiter geschnitten. In einem einzigen Der Name des Stadtschreibers Peter Kaufringer Fall, auf fol. 39 (Art. 99 des Stadtrechts) ist eine Text­ taucht noch einmal auf in einem Codex der Stadt Schon­ einschiebung beim Schnitt teilweise abgetrennt worden. gau (Cod. bav. 1527). Auch dort findet sich der Hinweis, Die Erhaltung des Buches ist sehr gut; sie läßt zwar, wie daß das Werk im Jahre 1436 geschrieben worden ist „per auch die verschiedenen Notizen und Randbemerkungen, manus petri de Kaufringer tune temporis notarius civi­ seine häufige Benützung erkennen, doch sind keine Be­ tatis Landspergensis“ 1). Die Stadt Schongau dürfte sich schädigungen eingetreten. an das benachbarte Landsberg gewandt haben, um eine Abschrift des ihr soeben von Herzog Ernst bestätigten 2) Lori S. 143, Nr. CXLV. 3) von d er P fordten S. 43'44. 1) von der Pfordten S. 41. 4) .W aüenbach S. 245 — 35 — — 36 — ■flT * V. Der Inhalt stammt bis fol. 126 von der Hand Peter Kaufringers mit Ausnahme weniger Einschie­ bungen von späterer Hand. Von da ab treten — hauptsächlich auf den letzten Blättern des Buches — noch etwa zwei Dutzend verschie­ dene Handschriften auf. Die ur­ sprüngliche Blattnumerierung setzt auf dem siebenten Blatt ein, auf welchem der Landrechtstext be­ ginnt. Sie ist bis fol. 125 in rö­ mischen, von da an in arabischen Ziffern ausgeführt. Zwischen Blatt 102 und 103 sind zwei Blätter her­ ausgeschnitten, wie die Numerie­ rung erkennen läßt; die Spuren sind noch vorhanden. Eine in neuer Zeit ausgeführte Numerie­ rung geht durchlaufend vom er­ sten B latt bis B latt 148. Inhalt Die ursprünglich unnumeriert gebliebenen -Blätter des Buches, also die ersten sechs, enthalten ein Kalendarium und ein Register zu dem folgenden Bayerischen Land­ recht vom Jahre-1346. Der weitere Inhalt des Buches ten weitergeführt. Die letzte Urkunde trägt ein Datum läßt sich in vier Gruppen darstellen: Das Landrecht, das des Jahres 1515. Stadtrecht, die Rechtsbriefe und schließlich eine Gruppe d) Eine vierte Gruppe von Bestimmungen umfaßt von Vorschriften verfassungsrechtlicher Art. solche über die Wahl des Landsberger Stadt­ a) D er Stadtrechtsteil des Landsberger Rechts­ rates, die Pflichten der verschiedenen städtischen buches enthält weder ausschließlich eigenes, in der Stadt Organe, Beurkundungen von Ratswahlen, Auf­ Landsberg entstandenes Stadtrecht, noch auch ein ledig­ zeichnungen über die Vereidigung von Richtern aus den lich von einer andern Stadt übernommenes Recht. Das Jah ren 1528 bis 1644 und endlich zwei kurfürstliche V er­ in Abschnitt E besprochene „Stadtrecht“ besteht zwar ordnungen aus den Jahren 1682 und 1684. zu einem großen Teil aus Bestimmungen, die dem Stadt­ Die Stadtverfassung recht entnommen sind, das Kaiser Ludwig 1340 der Stadt München bestätigte, sowie den diesem Stadtrecht wie sie aus dem Rechtsbuch hervorgeht bis 1367 angefügten Artikeln; doch findet sich verstreut 1. Bis Ende des 14. Jahrhunderts im Text eine ganze Reihe von Landsberger Ratschlüssen Zeugnisse über die Verfassung der Stadt Landsberg und auch Bestimmungen, die zwar nicht nachweisbar in finden sich verstreut im ganzen Rechtsbuch. Landsberg entstanden sind, jedoch in keiner anderen Ueber die Entwicklung, die Rat und Stadtoberhaupt Handschrift auftauchen (mit Ausnahme des Schongauer bis zur W ende des 14./15. Jahrhunderts durchlaufen h a­ Codex, dem aber das Landsberger Buch als Vorbild ge­ ben, lassen sich aus dem Rechtsbuch keine Angaben ma­ dient hat), so daß der Schluß berechtigt ist, daß es sich chen. Schon in den ältesten darin aufgezeichneten Be­ dabei um Vorschriften handelt, die in Landsberg zum stimmungen ist die Rede von einem Aeußeren Rat und ersten Mal niedergeschrieben worden sind. von Bürgermeistern, Die Tatsache der fürstlichen Grün­ b) Vor den Stadtrechtssammlungen hat der Schreiber dung der Stadt berechtigt aber zu der Annahme, daß die des Buches das Landrecht Ludwigs des Bayern vom Herzoge bald nach dieser Gründung den Rat, das Haupt­ Jahre 1346 aufgezeichnet. Der Grund dafür ist wohl institut der städtischen Verfassung, nach, dem Vorbild nicht nur in dem allgemeinen Bestreben des Peter Kauf­ älterer Städte geschaffen haben. Der Zeitpunkt der Ein­ ringer zu suchen, eine möglichst umfassende Sammlung setzung läßt sich ja auch in anderen meist nicht bestim­ des geltenden Rechts anzulegen, sondern hauptsächlich men, da ein Rat gewöhnlich schon lange existierte, ehe darin, daß der Landsberger Stadtrichter zugleich Land­ seines Daseins urkundlich Erwähnung geschieht7 89). Ein richter für den Landgerichtsbezirk war; in dieser Eigen­ zweites Kollegium, der Aeußere Rat, wurde im Laufe schaft hatte er nach dem Landrecht zu verfahren. Ein des 14. und anfangs des 15. Jahrhunderts in allen Städten letzter Grund für die Aufnahme des Landrechts in das — mit Ausnahme der kleinsten — gebildet 8), so daß Buch mag schließlich der gewesen sein, daß auch der hier die Landsberger Entwicklung mit der allgemeinen Stadtrichter bei Versagen des Stadtrechtes hilfsweise entsprechend lief. Frühzeitig scheint in Landsberg das das Landrecht beizuziehen hatte5). Amt des Bürgermeisters eingerichtet worden zu sein, Da es sich beim Landsberger Landrechtstext nur um denn in allen Bestimmungen und Aufzeichnungen er­ einen von vielen gleichlautenden Texten handelt und scheint nur dieser als Stadtvorstand. Dennoch stand wohl dieser schon genügend dargestellt und bearbeitet wor­ auch in Landsberg ursprünglich — wenn auch nur kurze den ist, erübrigt sich hier ein näheres Eingehen darauf 6). Zeit — an der Spitze des städtischen Gemeinwesens der mit Verwaltungsbefugnissen ausgerüstete Stadtrichter. c) Der dritte Hauptabschnitt des Buches umfaßt Ab­ Dann folgte die Zurückdrängung des Richters aus dem schriften von Freiheitsbriefen und Privilegsur­ Stadtregiment und die Ausbildung eines Stadtvorstan­ kunden, die für die Stadt Landsberg Bedeutung hat­ des, der, aus dem Rate herausgewachsen, an dessen Spit­ ten. Sie beginnen mit drei Urkunden Ludwigs des Bay­ ze trat. In der Regel war dies zuerst der Kämmerer und ern aus den Jah ren 1315, 1320 und 1321, deren Originale . erst später der Bürgermeister 9). In Landsberg tr(itt der im Landsberger Archiv noch vorhanden sind. Die Tat­ sache, daß ältere Urkunden, die zweifellos existierten, 7) R osenthal S. 167. nicht verzeichnet sind, geschweige denn im Archiv noch 8) Rosenthal S. 168. aufliegen, ist schon oben erklärt. Die Nachfolger Peter- 9) Rosenthal S. 170; die Bemerkung Rosenthals, das Bürger­ Kaufringers haben die Sammlung der Urkundenabschrif- meisteramt sei in Bayern erst gegen Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts aufgetaucht, ist — mindestens in dieser allgemeinen Formulierung — unrichtig. Wie in Landsberg, 5) Riezler Bd. II, S. 541 u. Auer S. XXVII. ist auch im Münchener Stadtrecht in der 2. Hälfte des 14. 6) Der Landsberger Text stimmt inhaltlich mit dem bei Frey­ Jahrhunderts schon vom Bürgermeister die Rede — vgl. Art. berg Bd. 4, S. 385 f. abgedruckten überein. 242 der Kaiserbildhandschrift. — 37 — — 38 — Kämmerer in dieser Funktion nicht in Erscheinung; er als eine Art Sühneamt, denn er sollte versuchen, Haß wird zwar in Art. II 46 des Stadtrechts und in den Be­ und Feindschaft, die unter den Bürgern entstanden wa­ stimmungen über Ratswahl (fol. 137 des Rechtsbuches) ren, zu schlichten (Art. II 191). Bei solchen weitreichen­ erwähnt, jedoch nur als ,Geldverwalter‘ der Stadt, der den Kompetenzen ist es nicht verwunderlich, daß dem „nach haissen aines Burgermaisters oder Rates“ han­ Rat Zwangsmittel in Form von Geldstrafen zur Ver­ deln muß. fügung standen, mit denen er vorgeladene Bürger zwin­ 2. Um die Wende des 14./15. Jahrhunderts gen konnte, vor ihm zu erscheinen (Art II 186) Die bis zur Niederschrift des Stadtrechts, also bis 1424 Um zu verhindern, daß die Ratsmitglieder ihre Stel­ vorliegenden Bestimmungen über die Stadtverfassung lung und ihren Einfluß mißbrauchten, setzte Art. II 195 wurden verstreut unter die Anhangsartikel geschrieben. fest, daß jeder Ratsherr, der sich für einen rechtskräftig Wenn es sich dabei auch nur um unzusammenhängende Verurteilten einsetzte, eine Buße von 6 Pfund Pfennig Einzelvorschriften handelt, so läßt sich aus ihnen doch zu zahlen hatte, Mitglieder des Inneren Rates sogar das ein Bild der Lage zu Anfang des 15. Jahrhunderts zusam­ Doppelte. menfügen. (Fortsetzung folgt) Einen Ueberblick über die Struktur der Gemeinde­ vertretung gibt Art. II131. Bs handelt sich dabei um einen Ratschluß vom 10. M ärz 1391: Die Zwölf vom In­ Landsberg errichtete einen neren Rat sollen am Tag ihrer Wahl bezw. Bestätigung noch einen Aeußeren Rat wählen. Am nächsten Tag wäh­ Schafmarkt len dann der Innere und der Aeußere Rat den Großen Rat, der aus 60 Mitgliedern besteht. Dieser Große Rat Am 13. März 1862 stellte der Magistrat an das kgl. ersetzte, wie auch in anderen Städten, die „Gemein“ bei Landgericht Landsberg den Antrag, der Stadt die Ab­ Geschäften, die deren Teilnahme erforderte, besonders haltung von zwei Schafmärkten im Jahr zu genehmigen. Wahlen zu städtischen Ae'mtern. Die Mitwirkung bei In der Begründurig wird u. a. gesagt, daß seit dem Be­ dem genannten Ratschluß, den Art. II131 wiedergibt stehen der Eisenbahn das Verkehrsleben eine andere („sind die gesworn von dem Innern und von dem äußern Richtung genommen habe und die ehemals so gewerb- Rat und von dem großen Rat überein körnen"), zeigt, same Stadt Landsberg fast öde und leer ist. Damit nicht daß der Große Rat schon vor 1391 bestanden hat. eine allmähliche Verarmung der Gewerbetreibenden ein­ Die Landsberger haben dafür gesorgt, daß die Rats­ trete, müßten Mittel und Wege geschaffen werden, die­ mitglieder ihr Amt mit Ernst und Eifer versahen. Der sen Uebelstand zu beseitigen. In dem Schreiben wurde zweite des Art. II 131 bestimmt, daß derjenige, der nach darauf hingewiesen, daß alle Bemühungen der Stadt, Mitteilung über seine Wahl nicht auf das Rathaus kam, ein kgl. Bezirksgericht zu erhalten, eine Garnison zu der Stadt eine Buße zu zahlen hatte, und zwar ein in bekommen, bisher vergeblich waren (Die Garnison kam den Aeußeren Rat Gewählter 1 Gulden, ein in den gro­ 1863.) ßen Rat Gewählter A Gulden. In Art. II130 sind die Mit dem Hinweis auf den großen Schafbestand, der Bußen für weitere Versäumnis niedergelegt. Der Lands­ im Landgericht Landsberg allein 30 000 Stück betrage, berger Ratschluß, den dieser Artikel enthält, ist datiert die umliegenden Landgerichte ebenfalls sehr große „Actu(m) fe(r)ia sexta ante Reminisc(er)e Anno Nona- Schafbestände haben und aus Württemberg laufend 12 gesi(m)o p(ri)mo“ und lautet: „Es sind mein heren von bis 15 000 Schafe in unserem Bezirk geweidet werden, innern und von äwssern rat einer puss uberain körnen wurde beantragt, anbetrachts der günstigen Lage der durch der Stat nutz und frumen und darumb das sy Stadt für einen solchen Markt jährlich zwei Schafmärkte alle dester geleicher und emsigklicher ze rat geen wenn zu genehmigen, zumal solche Märkte den Gewerbetrei­ man an den ratt sagt und auch darzu gelewt hat. Wer benden große Vorteile brächten. dann nicht kumpt vor der ersten frag oder in der frag der geit drey münicher 10), beleibt er aber gar daniden So eilig wie die Stadt hatte es indessen weder das und mag wol ze kirchen und ze strass geen und auch hie Landgericht noch das Ministerium. Erst am 8. November haim ist, so geyt er Sechs münicher, wil er der nicht 1862 wurde vom kgl. b. Staatsministerium des Handels geben als offt er die puss schuldig wirt und darnach der Antrag der Stadt genehmigt und im „Landsberger schierst van er an den rat kumt so sol in der Burger- Wochenblatt“ v. 6. Dez. 1862 veröffentlicht. maister haissen für die für geen und sol fragen was Am 14. Juli 1863 wurde der erste Markt abgehal­ pesserung er der Stat und dem rat darzu schuldig sey.“ H) ten. Um den Auftrieb schmackhafter zu machen, stiftete Für die Uebergangszeit bei Neuwahlen in den Stadt­ der Magistrat zwei Preise mit je einer Fahne und zwei rat bestim m t ein Ratschluß vom 25. 2. 1390 (Art. I I 129), Vereinsthalern und zwar „für den, der die meisten „das ein yeglicher alter ratt sol haben als es von alter Schafe hat und für den, der am weitesten hierher hat“. her körnen ist ganzen gewalt und macht als er vor her Um möglichst weite Kreise zu erfassen, eifc.gte die gehabt hat als lang huntz der New ratt von der her­ Ausschreibung des Marktes nicht nur im „Landsberger schafft bestät Wirt“. Wochenblatt“, sondern auch in den „Münchener Neue­ Zuständigkeit und Befugnisse des Stadtrates lassen sten Nachrichten“, in der „Münchener-Augsburger sich aus den verschiedenartigsten Artikeln des Stadt­ Abendzeitung“ und in den Wochenblättern von MJndel- rechts zusammenstellen. Der Rat ist ausschließlich zu­ heim, Schwabmünchen und Kaufbeuren. ständig für Streitigkeiten über Urkunden, die mit dem Während die ersten Märkte nur einen Zutrieb von Stadtsiegel unterfertigt sind (Art. II 37); er entscheidet, Q bis 3000 Schafen verzeichneten, steigerte sich späterhin „wenn der richter ze schrieg wirt mit iement umb der der Zutrieb und erreichte 1886 eine Zahl von 11945 stat sätz“ (Art. II94 und II190); er erteilt Friede und Schafen. Um diese Höhe herum blieb der Zutrieb fast Geleit an Fremde zum Eintritt in der Stadt (Art. II 26), bis zur Jahrhundertwende, um dann, als die Baumwoll- ja, ohne seinen Willen darf der Richter niemandem die­ zufuhr einsetzte, mehr und mehr abzusinken. Seit 1910 ses Geleit zusichern (Art. 1 24, I I 25, I I 97). Entstehen erfolgte überhaupt keine Zufuhr mehr und durch den zwischen einer Witwe und deren Kindern, die in unge­ Weltkrieg fand dann der Schafmarkt sein Ende. teiltem Erbe leben, Zwistigkeiten, so soll der Rat die Teilung durchführen oder Pfleger einsetzen (Art. 126); Die Schafhaltung wurde in den Jahren 1936 bis 1948 der Rat setzt die Gebühr fest, die an den Pfänder zu wieder mehr betrieben, denn Schafwolle war ein be­ entrichten ist, wenn die gepfändete Sache über 5 Pfund gehrter Artikel und das Schaffleisch gab es meist auf Pfennig wert ist (Art. 202). Schließlich fungierte der Rat 1011 halbe Fleischmarken Nach der Währungsänderung 1948 sank die Schafhaltung stark ab, so wurden z. B. im 10) Münchner Pfennige. Jahre 1950 im Städt. Schlachthaus Landsberg nur mehr 11) Eine ähnliche Bestimmung trifft schon Art. 8 des Münchner 65 Schafe geschlachtet. Während im Jahre 1949 im Stadt­ Satzungsbuches A (Dirr S. 182); ein unmittelbarer Zusam­ kreis Landsberg noch 33 Schafe gezählt wurden, waren menhang der Landsberger Vorschrift mit diesem Artikel besteht jedoch nicht; beiden lag nur der gleiche Gedanke es im Jahre 1950 nur noch 20 Und im Landkreis Lands­ zugrunde. berg fiel die Zahl der Schafe von 3162 Stück im Jahre — 39 — — 40 —

1949 auf 1924 Stück im Jah re 1950. Dabei sind diese Bei den weiteren „Figuren“ stellten die Fischer die Er­ Zahlen aus dem Landkreis keine echten Zahlen, da sie schaffung des Himmels und der Erde dar. Die Schäffler verkörperten „Adam und Eva im paratheuß“. Die „Floß­ durch die Wanderherden, die besonders immer noch aus leuth“ stellten Kain und Abel. Die Schreiner und Zimmer­ Württemberg kommen, beeinflußt sind. leute verlebendigten die Arche Noah, die Maurer den Prie­ Wäre nicht doch die deutsche Schafhaltung, die eigent­ ster Melchisedech, die Drechsler den Abraham mit den drei lich in unserer Gegend eine alte Tradition hat, vorteil­ Engeln usw. So geht es nach der Reihe weiter, wobei Daniel haft für die Landwirtschaft? Winkelmayer Holzman, der übrigens Kürschner von Beruf war, in den Frosa-Erklärungen die Darstellenden mit Vor- und Zuna­ men anführt. Es unterläuft ihm dabei nur der eine, aber sehr interessante kulturhistorische Wink, daß die „Figur“ Landsberger Gelehrter entdeckt mit der Ausführung Christi zur Kreuzigung von den Leine­ webern angerichtet ist und zwar mit 86 Personen. Die Leine­ altes Fronleichnamsspiel weber galten nämlich durch das ganze Mittelalter hindurch als —• unehrlich und mußten deshalb überall Schergen- und Karl von Prantl fand in der Münchener Universitäts­ Bütteldienste leisten oder zumindesten die Leiter beim Hoch­ bibliothek ein wichtiges bayerisches Kulturdenkmal gerichte halten. Dieses aber hing ihnen an seit unvordenk­ Von Eduard A. Mayr' Reisensburg lichen Zeiten, so daß man mit Sicherheit schließen möchte, es sei ehedem, in antiker ^eit, die peinliche Vollstreckung Im Jahre 1574 schrieb zu München der Augsburger Mei­ der priesterlicben Justiz ihren Händen anvertraut gewesen. stersinger Daniel Holzman, welcher um diese Zeit in die Dienste des Bayernherzogs Albrecht V. getreten war, ein Die Maler indes brachten „Christi Urständ“ zur Dar­ „Fronleichnamsspiel“, welches zum Teil in Reim, zum Teil stellung mit zwanzig Personen. Dabei ist auch eine N. Osten­ aber auch in der Alltagssprache gehalten ist. Daniel Holz­ dorferin aufgeführt. Der berühmteste Träger dieses Namens, man ist auch bekannt durch eine zu Regensburg 1577 ge­ Michael Ostendorfer, starb 1556 zu Regensburg ganz ver­ druckte Tragödie „Felicitas“ und durch eine gereimte Be­ armt und verlassen nach langem Elend — ohne zu ahnen, arbeitung der moralischen Fabeln (Augsburg 1571 und 1574), daß nach einigen Jahrhunderten seine Holzschnitte gleich­ welche sich einer gewissen Verbreitung und noch 1783 zu sam mit Gold überlegt würden, wie man denn ein kleines Karlsruhe eines Auszuges erfreuten, die Karl Goedecke Blatt von seiner Hand mit 700 Mark bezahlte. (Das war (1814—1887) mit löblicher Genauigkeit in seinem „Grundriß freilich vor einem halben Jahrhundert.) zur Geschichte der deutschen Dichtung“ aufgezeichnet hat, Die „Allerhöchsten“ und hohen Personen, welche diesem Das „Fronleichnamsspiel“ wurde indes nicht gedruckt, son­ Münchener Umgang folgten, werden in Prosa aufgezählt. dern mit herzoglicher „Vergunst“ handschriftlich an beson­ Der „Durchleuchtig und Hochgeboren Fürst und Herr Fer- dere Liebhaber versandt. Einer dieser Bevorzugten war auch dinandus, Pfalzgraff bei Rhein, Herzog von Baiern, item der Ingolstädter Mediziner und Rektor Cyriacus Luz, wo­ der Markgraff Philipp zu Baden und Graf von Sponheim“. durch das Büchlein in die Universitätsbibliothek gelangte, Darauf schildert der Augsburger Meistersinger wieder in wo es im Jahre 1875 der Münchener Universitätsprofessor Reimen den Weg durch dfe Straßen der bayerischen Landes­ und Geschichtsschreiber der Logik, Karl von Prantl, glück­ hauptstadt, die mit Gras bestreut, mit grünen Bäumen an licherweise in die Hände bekam und herausgab. den Häusern geziert waren, kostbare Teppiche hingen aus Dieser Gelehrte, am 28. Januar 1820 in Landsberg am den Fenstern. Man ging vom Markt, also vom Marienplatz, Lech geboren, wurde in München 1847 außerordentlicher, durch die noch so benannte „dinersgassen“ nach dem erst 1859 ordentlicher Professor, zuerst der Philologie, dann der im vorigen Jahrhundert abgebrochenen „unseres herrn thor“ Philosophie, Mitglied der Akademien zu Berlin und Mün­ (zwischen Hofgarten und der Theatinerkirche) in den Zwin­ chen. Außer zahlreichen Abhandlungen (zur Geschichte der gern um die Stadt herum und durch dasselbe Tor wieder Philosophie, über Rechtsphilosophie, Logik) veröffentlichte hinein nach dem „Alten Hof“, wo in seiner Burg Herzog er: „Aristoteles und die Farben“ (München 1849), „Die gegen­ Albrecht vom Fenster „herabzusehen geruhte“. Zum Schluß wärtige Aufgabe der Philosophie“ (München 1852), „Ueber- bemerkt der Poet, daß er die „ding mit müh zu wegen sicht der griechisch-römischen Philosophie“ Stuttgart 1854), bracht“, wofür er wohl eine gute Verehrung erwartet, was er „Aristoteles1 acht Bücher der Physik“ und „Vier Bücher zwar gerade nicht erwähnt, aber sicherlich gedacht hat, über das Himmelsgebäude“ (Leipzig 1854 und 1857). Als sein weshalb er mit gebührender Ehrfurchtserweisung (und sei­ Hauptwerk gilt die vierbändige „Geschichte der Logik im nen Namen in den Schlußreim verflechtend) endet. Der Be­ Abendland“ (Leipzig 1855—70). Interessant ist vor allem schluß aber klingt so aus: seine „Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität in „... der fürstlichen leblichen stadt Ingolstadt, Landshut, München“ (München 1872, zwei Bände). well gott beschützen durch sein crafft, Bei der Quellensuche zu diesem Werk fand er u. a. auch das sampt gantzem land und Burgerschafft, „Fronleichnamsspiel“. Karl von Prantl starb am 14. Sep­ auf daß mit hertzlicher andacht tember 1888 in Oberstdorf im Allgäu. durch die noch mehr jahr werd verbracht," Das von Prantl entdeckte „Fronleichnamsspiel“ ist eigent­ die dißmal wurd von in gesehen, lich kein dramatisches „Spiel“, sondern nur eine Beschrei­ und gott zu ehren ist beschehen, bung der Fronleichnamsprozfession, wie dieselbe am 10. Juni dan ihn gebürtt die ehr voran. 1574 in München abgehalten wurde. Nach damaliger Sitte kein mensch ihn in gnugsam preisen kan, stellten die einzelnen 55 Zünfte lebende Bilder oder soge­ also spricht Daniell Holzman.“ nannte „Figuren“, welche Szenen aus dem Alten und Neuen Es ist also kein Fronleichnams-„Spiel“, wie der Titel Testament vorstellten und bei dem „Umgang“ mitgingen. besagt, sondern ein mit Prosa untermengter Spruch und Man sammelte sich am Morgen des 10. Juni auf dem Markte, eine Beschreibung, wie wir dergleichen aus späteren Jahren dem heutigen Marienplatz zu München. Die Zünfte wurden 1587, 1593. 1603, 1612, 1762 und 1773 haben, wobei der Pomp verlesen, wie sie der Ordnung nach gehen sollten. Jede und das Schaugepränge mit Reitern und Triumphwagen, Zunft hatte ihren „Fendrich“, Zunftführer und „Stangen­ worauf die lebenden Bilder gefahren wurden, immer mehr träger“. Diese aber trugen die „Wanderkerzen“. Dazu ver­ Zunahmen. Die von Holzman beliebte Bezeichnung der „Fi­ wendete man die jüngsten Meister. guren“ erinnert an die bei der früheren Karfreitags-Pro­ In den Siebzigerjahren eröffneten noch die Tuchmacher zession durch die Straßen getragenen Holzbildwerke. Auf jeden derartigen Zug. Dieses Privilegium genossen sie für* jeden Fall dürfen wir dem aus Landsberg stammenden Ge­ ihre in der Allinger Schlacht 1422 bewiesene Tapferkeit. schichtsschreiber, Karl von Prantl, dankbar sein, daß er Damals aber und in den folgenden Zeiten wußte man von ein aufschlußreiches Werk aus der bayerischen Kultur­ dieser Aufzeichnung noch nichts, weil der herzogliche Fut­ geschichte der Vergessenheit entzieheif konnte. termeister Kaspar Egloff „als ein Verordneter von wegen der gantzen Ritterschaft“ vorausschritt, Ihm folgte dann die Sankt-Georgen-Bruderschaft mit brennenden Kerzen. Vor 100 Jahren Schließlich folgte ein ungeheurer, gemachter Lindwurm, in Der Magistrat hatte ein Bild von König Max II. bestellt welchem „zwen unsichtbare Mann“ gegangen. Diesen Lind­ Im Mai 1851 beschloß der Magistrat der Stadt Landsberg: wurm jedoch führte die „tugentsam und züchtig Jungfraw Nachdem die Abbildung des Königs Max II. sehr ge­ Anna Eva Damillerin“, das Töchterlein „deß ehrenvesten lungen ist und der Maler Valenti hierbey mit besonderen hochgelahrten Herrn Hansen Damillers doctor medicinae Schvyierigkeiten zu kämpfen hatte, sey an denselben anstelle und fürstlicher Gnaden Leibdoctor, welche Jungfraw auf der accordierten 8 Karolin der Betrag von 10 Karolin aus­ das kostbarlichst und zierlichst in Sonderheit darzu angetha,n zubezahlen. (Das Oelgemälde ist heute noch im Besitz der und gekleidt worden ist“. Den Sankt Georg stellte „der edel S tadt) und vest Georg Sigmundt von Armensperg in einem ada- Den Abbrändlern von Traunstein seyen 25 fl. aus der mantischen Kranz und vollen Khuriss sampt bedecktem Stadtkasse und 25 fl. aus der Spitalkasse zu gewähren. Roß“ vor. Sein Leibjung und Spießträger war gleichfalls Der dem Spital gehörende Zehentstadel in Waalhaupten, beritten. Ebenso wie die „sechs raisig Knecht“. In zwölf der auf 1360 fl. geschätzt wurde, sey zum Verkauf aus­ gereimten Zeilen deutet dann der Dichter diesen Aufzug. zubieten. Illustrierte Monatsschrift und Organ des „Historischen Vereins lür Stadt und Bezirk Landsberg a. L.“ Begründet von Studienral und Stadtarchivar J. |. Schober f Landsberg Verantwortlicher Schriftleiter: Nachdruck, auch auszugsweise, ohne Paul Wi nkelmayerin Landsberg a. L. Beilage der ..Landsoerger fiactirictiien" Genehmigung der Schriftltg. verboten

Nr, 6 11. Jahrgang 1951

vindet, die sol er aufheben und in die Schergenstuben Das Rechtsbuch füren das sy gepessert werden nach des Rats ratt“. der Stadt Landsberg am Lech 3. Anfang des 16. Jahrhunderts Dissertation von Dr. Alfred Scherpf Auf fol. 137 des Rechtsbuches wurden später die Be­ stimmungen über die Ratswahl, die Pflichten des Rates (Fortsetzung) und der Gemeindebeamten und der Bürgereid neu zu­ sammengefaßt. Die Niederschrift erfolgte in den Jahren Der Eid, den die Ratsmitglieder nach ihrer Wahl zu 1515—1518; dies ergibt sich daraus, daß die letzte Ein­ leisten hatten, ist in Art. II42 festgelegt. Die Bestim­ tragung bei den „Briefen der Stadt Landsberg“ auf fol. mungen über den Schwur der verschiedenen städtischen 136 aus dem Jahre 1515 stammt, auf fol. 138 aber die Beamten geben Einblick in deren Aufgabehkreis. Neben Beurkundungen der Wahlen im Jahre 1518 einsetzen. dem Stadtschreiber, der sich zu getreuer Geschäftsfüh­ Der Wahlmodus war der in dieser Zeit in den ober- rung und Verschwiegenheit verpflichten mußte und dazu, bayrischen Städten übliche !5), nämlich indirektes Wahl­ daß er „der Stat frumen werb und iren schaden behwt system durch Wahlmänner. Die Wahl erfolgte alljähr­ und wend wo er m ag“ (Art. II 47), w ar eigens ein Sieg­ lich „in solcher masse, das von erst ain gantze gemain ler bestellt, der „der Stat Sigel trewlich zu versorgen“ ainen aus ir selber erwölen, darnach sollen im Außer hatte und nicht siegeln durfte, „dann nach haissen eins Rat ainen auss dem Innern Rat, nachmals soll der inner Rats“ (Art. II51), eine Aufgabe, die gewöhnlich der Rat ainen aus dem Äußern Rat erwölen, dieselben drey Stadtschreiber mit innehatte 12 13). Der Gemeinderedner ist sollen nicht gefreuent, und so dieselben erwölt sein, so Ratgeber der Herrschaft und der Stadt, hat — wi. in sollen Sy sweren ande zu got unnd den Hailigen, einen anderen Städten12) — in den Ratssitzungen die Be­ gantzen Rat mit namen acht Ratgeben zu erwelen auss schwerden der Gemeinde vorzutragen und ist bei Auf­ Rat unnd gantzer gemain vier Burgermaister, unnd forderung (also nicht allgemein) verpflichtet, zu den Rats­ sampt vier Ratgeben, die Sy vermainen, so der Herr­ sitzungen zu erscheinen und dann üaws dem rat nit schafft unnd der Stat, armen und reichen, nutz unnd sagen davon schad körn“ (Art. II 43). Er hat Pfändungen gut sayen“. Später wurde die Zahl der Wahlmänner von Auswärtigen an Bürgern zu bewilligen und zu lei­ verdoppelt, wie sich aus Korrekturen im nächsten Ab­ ten (Art. 204), kann wie der Richter einen B ürger an- satz ergibt, der ursprünglich von der Pflicht der „drey klagen, der das Verbot, sich als Vorsprecher bezahlen erwölten“ spricht, in dem die Zahlangaben aber von zu lassen, Übertritt (Art. II102) und hat endlich beim späterer Hand durchstrichen und mit „sechs“ überschrie­ Ausbruch einer Feuersbrunst — ebenfalls wie der Rich­ ben worden sind. ter — außerordentliche Befugnisse (Art. II 133 und Starb während der Amtszeit einer der vier Bürger­ II135). Die Kämmerer waren die Verwalter der städti­ meister, so traten die drei Wahlmänner noch einmal in schen Finanzen (Art. 1146), ihnen w aren die Zöllner Tätigkeit: „Unnd wär sach das im iar ein Burgermaister unterstellt (Art. II48). Schließlich gab es noch Steuer­ unndter den vieren mit tod abgieng, so sollen die obge­ einnehmer, deren Tätigkeit aus Art. II34 hervorgeht, nannten drey ainen andern Burgermaister aus den vier und Kornmesser (Art. II48) als städtische Beamte. Ratgeben wölen unnd aus dem Äußern Rat ainen an­ Dem Bürgermeister erlegt ein Ratschluß vom 11. 2. dern Ratgeben, unnd dann soll der inner Rat aus der 1390 (Art. II 128) eine besondere Pflicht zur Aufrecht­ gantzen gemain ainen in den Äußern Rat wölen bei erhaltung der öffentlichen Ordnung auf: Jeder Bürger­ iren aiden.“ Damit erschöpft sich die Pflicht der Wahl­ meister soll in vier Wochen zweimal nachts in die Wirts­ männer, doch besteht die Bestimmung, daß „auch die­ häuser gehen und „wo er pwben, Ruffian14), Spiler selben drey dassels iar in den Äußern Rat geen“. Die Aufgaben des Stadtredners, der zwei Kämmerer, der Steurer und der Ratsherren waren die gleichen wie 12) Schröder - Künßberg S. 698. hundert Jahre vorher. 13) Rosenthal S. 171. 14) Kuppler, aus ital. ruffiano (Lexer Bd. II S. 534). 15) R osenthal S. 171/172. — 43 — — 44 — Die Gerichtsverfassung Zeit anzutreffende Bestimmung, daß für Klagen um lie­ gendes Gut ausschließlich das Gericht der belegenen Ebensowenig wie die Verfassung der Städte war< de­ Sache zuständig ist (Art. 53, I 12, II 1). ren Gerichtsorganisation durch eine einheitliche Gesetz­ gebung geregelt. Für diese war vielmehr der Inhalt der Schiedsgerichte wurden eingesetzt bei Wasserstreitig­ verliehenen landesherrlichen Privilegien maßgebend, de­ keiten der Müller (Art. 188), bei Baustreitigkeiten (Art. ren Grundsätze aber, trotz vieler Verschiedenheiten im 153) und bei Kulturbeschädigungen (Art. 68). Schergen einzelnen, im wesentlichen übereinstimmten 16). und Vorsprechen durften dabei nicht als Schiedsleute eingesetzt w erden (Art. I 22, II 93). A rt. II 63 gibt eine Für die Stadt Landsberg war die Urkunde Ludwigs Verfahrensregel zur raschen Durchführung des Schieds­ des Bayern vom 16. 11. 1315 maßgebend, in der der verfahrens: „Was hinder Schidlewt kumt das sol man Kaiser Landsberg alle Rechte verlieh, welche München darnach in den nächsten vierzehn tagen, verschaidn und besaß. weders tails Schidlewt nicht anhaim sind an der selbn Demnach stand der Stadt die Niedergerichtsbarkeit stat sol man ander schidlewt nemen.“ zu, welche die ganze Gerichtsgewalt mit Ausnahme der Eine aufschlußreiche Stelle über die Besetzung des höheren Kriminalgerichtsbarkeit umfaßte. Diese Hoch­ Stadtgerichtes sei hier wörtlich angeführt. Auf fol. 85 gerichtsbarkeit, die Aburteilung todeswürdiger Verbre­ ist von späterer Hand, nach der Ausführung der Schrift chen, war dem Herzog Vorbehalten 17). In München hörte zu schließen aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, ver­ die Blutgerichtsbarkeit erst 1561 auf, Reservatrecht des merkt: „Es ist ze wissen als von alter mit guter gewon- Herzogs zu sein, in anderen Städten noch später18). hait herkömen ist, daz ein yeder undterrichter und Ge- Aeußerlich kam die Trennung in Hoch- und Nieder­ richtzschreiber daz recht besessen und urtail gesprochen gerichtsbarkeit jedoch bald nicht mehr zum Ausdruck. hät und sonder so wann der Oberrichter nit anhaym Der Stadtrichter, der sein Amt vom Fürsten nach Wahl gewesen ist darmit burger und Gest gefürdet wurden und Vorschlag der Bürger empfing, der Aufsicht und umb Spruch und all ander sach on umb erb und aigen Verordnungsgewalt des Rates unterstand und an die von daz grund und podem berürt. Und nach dem sich aber der Stadt erlassenen Satzungen und Rechtsweisungen diser zeyt ettlich unser burger understanden und nye- gebunden war (Art. nach Art. II 110; ein Satz in Art. mant rechtens ze sein vermainen es sitze dann der ober- II 178 stellt ausdrücklich die Befugnis des Rates fest, richter und hab den Schreiber bey dem buch laut des Stadtgesetze abzuändern oder aufzuheben), erhielt bald Artickels im landbuch begriffen dardurch sy sich ver­ vom Herzog auch den Blutbann übertragen 19). Er hatte mainen ze fristen und den lewten daz ir zu verziehen deshalb eine Doppelstellung als richterliches Organ der und wellen darbei nit betrachten den artickel auch im Stadtgemeinde und als Organ des Herzogs, von dem er landbuch, der da sagt: Wir wellen daz all Stet und mit dem Blutbann belehnt war zur Ausübung der re­ märgkt beieiben sollen bey irn alten gewonhaiten und servierten Blutgerichtsbarkeit. Diese Doppelstellung wird rechten etc. Und seydmals daz also lang herkömen und im Landsberger Buch deutlich aus zwei Noten, die auf gehalten worden ist daz der undterrichter daz recht ge­ dem 6. Blatt hinter das Register zum Landrecht geschrie­ sprochen hät wie vor begriffen stet, so sein wir vom ben sind; sie stammen nicht von der Hand Peter Kauf­ Rat und geschriben gemain ze rat worden und haben ringers, sondern aus der zweiten Hälfte des 15. Jahr­ gesetzt von gemains nutz wegen richer und armer, bur­ hunderts. Die erste enthält den Schwur des Richters an ger und gest, daz es fürbas allweg darby beieiben und den Herzog, die zweite den an den Stadtrat: also der massen gehalten und von nyemant uberfaren „Der Richter soll unsern genedigen Herren sweren werden sol. Ob sich aber yemant undterstünde darwider so er den Ban empfahn wil ze richten über das plut dem ze sein, den wolt man darüber mit sträff fürnemen nach armen als dem Reichen, dem Gast als dem landtman erkantnuss rät und geschribener gemain.“ als recht ist und darum nicht ansehen lieb laid vorcht Wegen der Erwähnung des Landrechts könnte man miet oder gab noch kainerlay sache, dann allein got und hier zunächst- der Auffassung sein, es handle sich bei daz hailig recht vor äugen haben, und als er das an dem dem Unterrichter um einen Richter, den der Pfleger des Jüngsten tag gen got dem allmechtigen verantwurten Landgerichtsbezirks eingesetzt hat20), zumal ja Lands­ welle alles trewlich und ungevarlich des bitt im got zu berg auch Sitz eines Landgerichtes war. Doch besagt die helffen und all gotes heiligen. Der Richter gibt ..d e m Zitierung von Artikeln des Landrechts nichts, denn audi Hertzog ein news swert.“ der Stadtrichter wendete hilfsweise Landrecht an und „Wann und als offt unser landssfürsten einen Rich­ das Landrecht selbst bezeichnet seinen Geltungsbereich ter her setzen, so sol er vor einem Rat sweren einen „Städte und Märkte“. Mit dem Unterrichter ist vielmehr aide der Stat und allen bürgern zu ihren freyhaiten der Stellvertreter des Stadtrichters gemeint, wie er seit und rechten auch iren gewonhaiten, sy all und yeglich Anfang des 15. Jahrhunderts auftritt 21). Aus der Stelle darbey beieiben zu lassen getrewlich und ungevarlich.“ im Landsberger Buch geht hervor, daß dieses Amt dort Innerhalb des Burgfriedens waren der Stadtgerichts­ schon verhältnismäßig früh bekannt war. Weiter deutet barkeit mit den üblichen Ausnahmen (Geistliche, Hof­ die Zitierung zusammen mit dem Gerichtsschreiber dar­ beamte und -Bedienstete) alle Bürger unterworfen, auch auf hin, daß die Ansicht, das Unterrichteramt sei aus die Juden, wepn auch für diese spezielle Vorschriften dem Amt des Gerichtsschreibers hervorgegangen22), ins Stadtrecht aufgenommen waren (Art. 172—175, I 10, richtig ist. II 167, II 171). Die in der Stadt sich aufhaltenden Frem­ Vollstreckungsorgane des Stadtrichters waren Fron­ den waren der Jurisdiktion des Stadtgerichts unterstellt, boten, Schergen, Pfänder und Nachrichter. Der Aufga­ hatten jedoch hauptsächlich in verfahrensrechtlicher Hin­ benbereich der Erstgenannten umfaßte hauptsächlich La­ sicht eine andere Stellung. In den Beweisvorschriften dungen (Art. 5, 63, 90,^91, 171, 176 u. a.) und V ollstrek- und in einer Beschleunigung des Verfahrens gegen Gäste kungshandlungen (Art. 15, 31), ferner Mitwirkung bei im Interesse eines ungehinderten Fremdenverkehrs kam gerichtlicher Auflassung (Art. I 31, II 3). Schließlich fun­ dies am deutlichsten zum Ausdruck. gierten die Fronboten als Aufseher über die städtischen Der Zuständigkeitsbereich des Inneren Rates in An­ Befestigungsanlagen (Art. II 156). Für Ladungen und gelegenheiten der Gerichtsbarkeit ist in dem Abschnitt Vollstreckungshandlungen erhielten sie bestimmte, in über die Stadtverfassung schon dargestellt.. Art. 170 festgesetzte Gebühren.. Als städtische Vollstrek- War die Befreiung der Bürger vom auswärtigen Ge­ kungsorgane waren die Pfänder für Pfändungen aus­ richtszwang ein Grundpfeiler städtischer Freiheitsrechte, w ärtiger Schuldner zu stän d ig 23) (Art. 202, 204). Der so bedeutete das Verbot für den Bürger, sich bei einem Nachrichter oder Freimann hatte die Leibesstrafen und fremden Gericht sich einzulassen (Art. II 106), nur eine die Schuldhaft zu vollziehen (Art. 30, 77—80). folgerichtige Fortführung des Gedankens. Eine Ausnah­ me begründete die in fast allen Stadtrechten aus jener 20) Rosenthal S. 54/55. Der Pfleger fungierte zwar als Vorstand des Landgerichtes, leitete aber selten die Verhandlungen selbst, sondern beschränkte sich gewöhnlich auf die Verwal­ 16) Rosenthal S. 154. tungsgeschäfte seines Amtes. 17) vgl. die Urkunde bei Dirr S. 171. 21) Rosenthal S. 162/163. 18) Rosenthal S. 158. 22) Rosenthal S. 162 Anm. 8. 19) Dirr S. 51*. 23) Wie im Münchener Stadtrecht, siehe Rosenthal S. 165/166. — 45 — — 46 — Der Stadtrechtsteil des Reditsbudies Stadtarchives 26) festgestellt. Diese Uebereinstimmung besteht sowohl hinsichtlich der Reihenfolge der Artikel I. Allgemeines als auch in Einzelheiten. So tritt nicht nur die oben er­ Wie schon erwähnt, handelt es sich bei dem „Stadt­ wähnte Umstellung der Art. 176 und 177 auf, sondern recht“ des Landsberger Rechtsbuches um eine Mischung auch die Ueberschriften der im Versiegelten Buch nicht Landsberger Originalbestimmungen mit Artikeln, die überschriebenen Art. 60 (58 II des VB) und 124 (123a des aus verschiedenen Handschriften des Münchener Stadt­ VB) stimmen wörtlich mit denen der Landsberger Hand­ rechts entnommen sind und deren Herkunft im einzel­ schrift überein; auch fehlt im Cod. urbis Mon. 4 die Fest­ nen nachfolgend untersucht wird. Auf den Inhalt der setzung der Buße in Art. 34. rund 400 Artikel in allen Einzelheiten einzugehen, wür­ Der Grundtext des Stadtrechts schließt im Landsber­ de den Rahmen dieser Arbeit weit überschreiten und. ger Buch auf fol. 47/Rückseite mit dem rotgeschriebenen soweit es sich lediglich um Abschriften Münchener Be­ Satz: „Explicit liber de iuribus civit(atis) landsp(er)gen- stimmungen handelt, eine Wiederholung schon angestell- (sis)“. ter Untersuchungen bedeuten. Indessen läßt sich eine Betrachtung auch dieser Teile des Stadtrechts im Rah­ 2. Die erste Sammlung von Anhangsartikeln men der Untersuchung der Landsberg eigentümlichen wird im Landsberger Buch unter dem Namen „Rechte Vorschriften natürlich nicht völlig umgehen der Stadt München“ geführt Sie enthält 62 Artikel, von Der Stadtrechtsteil umfaßt die über 200 Artikel des denen der erste lediglich eine Wiederholung des letzten Grundtextes und 2 Sammlungen von Anhangsartikeln. Artikels des vorher eingetragenen Grundtextes (Art. 205) ist. 1. Der Grundtext des Stadtrechts Auf fol. 48 steht das Register in der gleichen Aus­ Er beginnt auf fol. 29 mit einem Register, das die führung wie beim Grundtext, eingeleitet mit dem Satz: Artikelüberschriften und Blattnummern enthält. Das „Daz ist ein Register der nach geschriben Rechten“. Der Register reicht bis fol. 31/Rückseite. ist mit schwarzer rot geschriebene Vorsatz zum Text auf fol. 49 lautet: Tinte geschrieben bis auf die Blattnummern und den „Die nachgeschriben recht haben wir aus pücher abge- Vorsatz: „Daz nachgeschriben Register gehört über das schriben, da man daz Münichen auch nach richtet und versigelt puch der Stat recht die hernach geschriben die sy gar vast halten! und do wir uns auch nach richten.“ sind zu“. Diese sind rot angeführt, wie auch der Vor­ Ein Vergleich der 62 Landsberger Artikel mit ande­ satz auf fol. 32: „Hie habent an der Stat recht und ist ren Sammlungen und mit den Quellen zur Klärung der das versigelt puch“, welchem Prooem ium und 205 A rti­ Frage nach der Vorlage für diesen Teil des Landsberger kel folgen. Der Text ist in schwarzer Schrift gehalten Rechtsbuches ergibt folgendes Bild. mit Ausnahme der roten Ueberschriften und Initialbuch­ Es stimmen überein mit Artikeln des Münchener staben eines jeden Artikels, die in der üblichen Weise Ratsbuches 1127) aus dem Jahre 1312 (C. u. M. 7) 18 Ar­ vergrößert und teilweise schwarz-rot verziert sind tikel, mit Artikeln des Münchener Ratsbuches IV 28) aus Das Prooemium stimmt mit Ausnahme unwesent- den Jah ren 1370—1437 (C. u. M. 9) 11 A rtikel, m it A rti­ lichter Abweichungen in der Schreibweise überein mit keln der Kaiserbildhandschrift 29) aus den Jahren 1370 dem des Versiegelten Buches, des Münchener Stadt­ bis 1372 (C. u. M. 5) 56 A rtikel. rech ts-Originals 24). Im Text sind alle Artikel des Ver­ In keiner dieser Sammlungen erscheinen die Artikel siegelten Buches enthalten. Der Unterschied in der An­ I 53, I 57 und I 62. zahl der A rtikel (205 im Landsberger Buch gegenüber 202 im Münchener Versiegelten Buch) erklärt sich fol­ Der Schluß, die Landsberger Sammlung mit der Kai­ gendermaßen: Die Numerierung im Landsberger Buch serbildhandschrift in Verbindung zu bringen, liegt nahe. ist offensichtlich von späterer Hand erfolgt. Dabei ist Die Annahme, es handle sich bei der Landsberger Samm­ der dritte Absatz des Prooemiums, im Versiegelten Buch lung um einen Auszug aus der KBH, ist gerechtfertigt, unter der Ueberschrift „Wie man daz recht behalten denn die Reihenfolge der Landsberger Artikel stimmt — sull“ als Art. 1 bezeichnet. Weiter tragen im Landsber­ streicht man die nicht ausgezogenen Artikel der KBH ger Buch der Absatz II des Art. 58 des VB und der Art. weg — mit der Münchener Handschrift weitgehend über­ 123a des VB eine laufende Nummer, im letzteren Fall ein, wie der Vergleich zeigt, der im Anhang beige­ derart, daß sich entsprechen: L 124 — VB 123a, L 125 — fügt ist. VB 123. Schließlich blieb im Landsberger Buch ein Ar­ Eine ganz ähnliche Anordnung und Auswahl der Ar­ tikel nach Art. 115 ohne Nummer, doch ist nach Art. 200 tikel enthält übrigens der aus der Zeit Anfang des 15. der Art. 71 wiederholt und trägt hier die laufende Num­ Jahrhunderts stammende Cod. germ. 548 der Münchener mer 201. Zur Stellung der Artikel ist noch zu bemerken, Staatsbibliothek 30). Auch den in der Landsberger Hand­ daß im Lartdsberger Text die Art. 176 und 177, denen schrift zwischen Art. I 4 und Art. I 5 in roter Schrift also im VB 174 und 175 entsprechen, umgestellt sind. eingefügten Satz „Das sind gar altew recht der Stat zu Die .im Versiegelten Buch als Nachtragsartikel ge­ Münichen und auch die pussen die dem Richter an ge- kennzeichneten Art. 194—202 schließen sich in der Lands­ hörent der selben Stat“ weist auf den Cod. germ. 548 berger Handschrift den Grundartikeln ohne irgendwelche an der gleichen Stelle auf. Schließlich erscheint er auch Unterbrechung an. Bei Art. 205 des Landsberger Buches in dem Cod. germ. 551 als Artikel 80 31). Da jedoch alle fehlt die im VB angefügte Datumsangabe. Auf Unter­ diese drei Handschriften ungefähr aus derselben Zeit, schiede in der Schreib- und Ausdrucksweise, die den dem ersten Viertel des 15. Jahrhunderts stammen, las­ Sinn nicht ändern, einzugehen, würde hier zu weit füh­ sen sich aus diesem gleichzeitigen Auftauchen kaum ren; so ist beispielsweise die Wendung „judici 72 dn“, Schlüsse ziehen, es sei denn der ganz allgemeine Schluß, mit der das VB häufig die Bußen für den Richter fest­ daß Zusammenhänge zwischen diesen Handschriften be­ setzt, im Landsberger Buch immer verdeutscht „geit dem stehen, wahrscheinlich in Form einer gemeinsamen Richter 72 pfenig“. Bemerkenswert ist lediglich beim Grundlage in einer nicht mehr vorhandenen Handschrift. Landsberger Artikel 34 der Wegfall der im entsprechen­ Im Landsberger Buch sind die Artikel mit Ueber­ den Münchener Artikel festgesetzten Buße von 3 lb 60 dn. schriften versehen, während die KBH solche nicht auf­ Eine Abweichung in Art. 52, wo eine Buße statt auf weist. Die anderen Münchener Handschriften, in denen „16 dn“ auf „sachtzig pfenig“ festgelegt ist, dürfte auf die entsprechenden Artikel Vorkommen, tragen zwar einem Schreibfehler beruhen. teilweise Ueberschriften, doch lauten diese fast durch­ Die Frage, welche Handschrift als Vorlage für diesen wegs anders als die des Landsberger Buches. Auf Un­ Teil des Landsberger Rechtsbuchs gedient hat, kann mit terschiede im Text gegenüber der KBH, die über bloße ziemlicher Sicherheit beantwortet werden. Schon v. d. Unterschiede in der Schreib- und Ausdrucksweise hin­ Pfordten 25) hat die Uebereinstimmung mit der aus der ausgehen, ist in dem Vergleich im A nhang hingewiesen. 262728293031 zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammenden Per­ 26) Abgedruckt bei Bergmann S. 103 f. gamenthandschrift Cod. urbis Mon. 4 des Münchener 27) abgedruckt bei Dirr S. 238 ff. 28) abgedruckt bei Dirr S. 507 ff. 29) abgedruckt bei Dirr S. 524 ff. 24) Dirr S. 305—372. 30) v. d. Pfordten S. 37. 25) S. 26. 31) v. d. Pfordten S. 36/37. — 47 — — 48 — 3. Die zweite Sammlung von Anhangsartikeln oder gar , crepietet“. — Obstzehent ist wenig, da nit vil Obstbäum. Wer den Blut- oder Obstzehent bringt, wird umfaßt 196 Artikel auf fol. 56,/'Rückseite bis fol. 70, wo beschenkt (sonst bringt man nichts in den Pfarrhof). Auch sich ohne Unterbrechung, Ueberschrift oder besondere wird gegeben für Altarkorn 6 kr. für Obst 3 kr., Rosen­ äußere Kennzeichnung 151 Handwerkersätze anschließen. kranz, Skapuliere.“ Diese reichen bis fol. 85 und sind nicht numeriert. Für Soweit die Kaltenberger Satzung. jedes Handwerk ist aber deutlich ein eigenes Kapitel Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei hier eingeschal­ abgesondert. Auf fol. 85 stehen auch noch einige Nach­ tet, daß ein Pfarrer von diesen Einnahmen leben mußte träge von verschiedener Hand. und daß ein Kloster für erhaltenen Zehent auch erhebliche Das Register auf fol. 53/Rückseite bis fol. 56 ist rot Geld- und Sachspenden beim Bau von Kirchen und Pfarr- überschrieben „Ditz nachgeschribn Register gehört über höfen verabreichte. Auch Steuern und Bürden wurden den Pfarrherren und den Zehentbesitzern auferlegt. Die Kriegs­ der Stat Sätze“ und in der schon beschriebenen Weise umlage (Türkensteuer) an den Pfarrer zu Walleshausen be­ ausgeführt. Der Text ist rot überschrieben: „Das sind trug im Jahre 1684: 16 fl. 25 kr. 7 hl. Anno 1689 wurde der der Stat Sätze“. Bei der Numerierung sind die Zahlen 10. Teil der Einkünfte erhoben, diese waren auf 450 fl. 176 und 177 ausgelassen, dafür ist jedoch nach den Ar­ taxiert, also 45 fl. Das jährlich zu entrichtende churfürstliche tikeln II 110 und II 138 je ein Artikel nicht numeriert. Jägergeld betrug 1 fl. 6 kr. 6 hl., das churfürstliche Stra­ (Fortsetzung folgt) ßengeld machte 24 kr. jährlich aus. „Anno 1703 sollte gar der 3. Teil aller Einkünfte und etliche Scheffl Roggen und Haber gegeben werden, wurde Aus alten Zehentbeschreibungen aber nachgelassen, da die Husaren schon alles mitgenom­ men hatten.“ Im Jahre 1741 wird eine Kriegsanleihe von 150 fl. erhoben. Desgleichen anno 1743 muß eine bessere der Pfarrei Walleshausen Pfarrei 12, eine mittlere 8, eine schlechte oder ein Bene- Der jüngeren heutigen Generation wird das Wort Zehept fizium 4 fl. monatlich zur Fortsetzung des Krieges beitragen. wohl fremd Vorkommen. Doch der betagte Großvater weiß 1746 wird der 20. Teil der Einkünfte mit 22 fl. 30 kr. er­ darüber noch Bescheid. Er hat dies Wort, das allemal mit hoben. — Also ein Krieg kostete immer schon schwer Geld. einem kleinen Seufzer verbunden, oft genug aus dem Munde Der Hofmarksbesitzer von Kaltenberg hatte auch das seines Vaters gehört. -Er berichtet uns: Recht, Zehent einzuheben. Als dieser aber anno 1611 die Der Zehent war eine Naturalabgabe in früherer Zeit. Hof mark an das Jesuitenkollegium in Landsberg verkaufte, Es mußte der zehnte Teil aller Erträgnisse in Stall und fiel dies Zehentrecht wieder an das Kloster Polling zurück. Feld an die Grundherrschaft gegeben werden. Der Bauern­ Doch im selben Jahre noch ersuchte Rektor Hugo Rott den stand war bei uns früher größtenteils unfrei, d. h der Propst von Polling, dem Jesuitenkollegium auch das Zehent­ Bauer war sozusagen nur der Pächter auf dem Hof, wie recht zu überlassen. Dies geschah auch auf vorerst 10 Jahre es z. B. in Italien heute noch vielfach der Fall ist. Unsere gegen die Entschädigung von jährlich 3 fl. und 2 Klafter bäuerlichen Vorfahren mußten neben Fronarbeiten und Ge­ Holz, welche zum Pfarrhof Walleshausen geführt werden spanndiensten auch den Zehent an die Grundherrschaft ab­ mußten. DiS folgenden Jahrzehnte wurde die Zehentpacht liefern. Erst vor 100 Jahren, 1848, sind die letzten Lasten erneuert; der Pachtpreis ist aber dauernd gestiegen. Im und Beschränkungen jener Zeit erlassen und abgeschafft Jahre 1633 betrug die Pacht jährlich 10 Gulden, 1657 16 worden. und 1 Gulden 45 kr. Leikauf. 1693 machte die Jahrespacht (Ob unsere Vorfahren diese Abgaben auch so drückend bereits 53 Gulden aus. und schwer empfanden als wie wir die Geldabwertung von Die folgenden Jahre verminderte sich der Preis wieder, 10 zu 1- im Zeitalter der Soforthilfe, des Lastenausgleichs „da das Getreid sehr wohlfeil war, z. B. 1 Scheffl Korn 6 fl..“ und der vielen anderen Steuern?) 1705 machte die Pacht aus: 43 fl. und ein Eimer Bier. 1706 Wie mußte nun der Zehent gereicht werden? wurde der Zehent der Gemeinde Kaltenberg überlassen für Hierüber gibt uns Aufschluß eine alte Niederschrift: ein 37 A fl. und der kleine Zehent dreingegeben. 1709 ist dieser Befehl des Herzogs Wilhelm von Leutstetten vom 22. Juli Zehent wieder beim Pfarrhof Walleshausen; 1712 galt die 1581, der infolge einer Beschwerde des Propstes Jakob zu Pacht 60 fl. Auch 1717 ist der Pfarrer von Walleshausen Polling gegen die Bauern zu Pestenacker und Peißenberg Zehentbesitzer von Kaltenberg. (Schluß folgt) erging (mit dem Abliefern haperte es schon damals!) und dieser Befehl lautete: „Die Bauern haben ihren schuldigen Zehent derart zu Bücher für den Heimatfreund reichen, daß sie stets 9 Garben auf einen Haufen; die 10. ALTBAIERISCHE WANDERSCHAFT von August S ieg­ aber, die nicht kleiner sein darf als die anderen, ist daneben hart, Verlag Cassianeum Donauwörth. Gzl, m färb. Schutz­ hinzulegen. Sodann kann sie vom Zehntbesitzer vor oder umschlag, illustr. 8.70 DM. nach dem Bauern aufgehoben werden.“ Geschichts-, Kultur- und Landschaftsbilder zaubert der mit Dieses Neuner-Garbenantragen wurde in unserer Gegend bayerischer Kultur und Landschaft innig vertraute Verfasser noch bis zum 1. Weltkrieg gepflegt. Heute noch hält man auf 410 Textseiten vor den Leser. Was auf diesen Blättern zu sich beim Kornmandlaufstellen an die Zahl neun finden ist, begeistert den Heimatfreund, denn er wird hier Die Zehentbesitzer hatten für sich und ihre Nachfolger nicht einseitig in ein bestimmtes Format gepreßt, sondern be­ genaue Aufschreibungen (Zehentbeschriebe) gemacht. Wie wegt sich frei und ungezwungen in der bayerischen Landschaft. Sieghart findet überall das heraus, an dem man sonst achtlos die Zünfte ihre Zunftregel hatten, nach der angeordnet, be­ vorübergeht und weist den Heimatfreund auf versteckte und fohlen und gefordert wurde, so auch hier. Gab es doch drei oft schon vergessene Schönheit in der Landschaft hin. Unter Zehentarten: den kleinen und den großen Zehent, ja sogar der Ueberschrift „Landsberg, die Weifenstadt am Lech“ be­ einen Blutzehent. handelt Sieghart die Frage, ob Landsberg altbayerisch oder Wie erfreulich, daß uns durch diese alten Veranlagungs­ schwäbisch ist, läßt -aber die Antwort offen, denn einerseits pläne so manches Stück Heimatgeschichte, so manche Notiz zeigt Landsberg viel schwäbische Merkmale, andererseits aber vom damaligen Stand der landwirtschaftlichen Produktion kann ihr der Charakter der „trewsten Gränitzstadt“ Ober­ bayerns nicht abgesprochen werden. Im weiteren verbreitet überliefert wurde. sich der Verfasser über das Alter unserer Stadt, über das Rat­ Der Zehentbeschrieb aus dem 17. Jahrhundert von Kaltenberg: haus „voll Sehenswürdigkeiten“, über den „einmaligen Stadt­ platz“, über die Landsberger Kirchen und Kapellen und über „Der kleine Zehent von Kaltenberg gehört dem Pfarr­ die ehemalige Burg. Für den Landsberger Leser sind diese vikar und besteht av^ Flax-, Hanf-, Rüben-, Krautz- wie Kapitel von besonderer heimatlicher Koloratur, er wird sich auch aus Käs- und Schmalzzehend. — Letzterer wird in aber begeistert über die zahlreichen anderen Kapitel stürzen, Geld bezahlt beim Sammeln der Beichtkreuzer und zwar wird sich in die Beschreibung der „Wies“ vertiefen und in all“ von 1 nutzb. Kuh 3 kr., 1 Geiß VA kr. — Der Blutzehent das, was über oberbayerische Sitten, Bräuche und Sehenswürdig­ von Spanferkeln, Gänsen, Hühnern, Enten und welschen keiten geboten wird. Für den Heimatkundler. für den heimat^ Stück wird entweder hierüber gezählt oder mit Geld deci- kundlichen Unterricht an unseren Schulen ist das sehr zu emp­ fehlende Buch eine Quelle, eine unerschöpfliche Fundgrube, miert und zwar 1 Ferkel 20 kr., 1 Gans 15 kr., Huhn 5 kr. voll Anregungen und Hinweisen auf echt bayerische Kunst, angeschlagen. Hat z. B. ein Pflichtiger nur 6 Ferkel, war Volkstum und Landschaft. also kein ganzes schuldig, so gibt er von jedem 2 kr.=12 kr. Weil aber dermal ein Ferkel 40—50 kr., ein Gans 30 kr. kost, so muß der Preis erhöht werden. Die Zehentgäns muß Wußten Sie schon . . . man zu Michaeli in den Pfarrhof liefern und nicht gerupft. ... daß die Werke des schwäbischen Mystikers Heinrich Suso Ein schlauer Bauer macht sich seinen Vorteil, daß er z. B. (1295 bis 1366), der in Ulm begraben liegt, zuerst in Augsburg wohl das schuldige, aber nur das schlechteste Ferkel liefert. 1482 und 1512 erschienen sind? Er bekommt z. B. im Frühjahr 10 Ferkel, zieht sie auf, schickt sie auf die Weid, verkauft sie; in späterer Herbst­ . . . daß der jüngere Sohn der schönen Philippine Welser, Mark­ zeit bekommt er wieder 10, ist also 2 schuldig. Die gibt er graf Karl von Burgau (t 1618), in der Günzburger Stadtpfarr­ auch, aber beide vom letzten Wurf, welche gern „verpuffet kirche begraben liegt? Illustrierte Monatsschrift und Organ des „Historischen Vereins iür Stadt und Bezirk Landsberg a. L.“ Begründet von Studienrat und Stadtarehivar .). Schober f Landsberg Verantwortlicher Schriftleiter: Nachdruck, auch auszugsweise, ohne Paul Winkelmayer in Landsberg a. L. Beilage der ..Landsberger nacnricmen” Genehmigung der Scbriftltg. verboten

Nr. 7 11. Jahrgang 1951

Das Rechtsbuch Bürgerrecht Der Unterschied: Bürger der Stadt — Nichtbürger der Stadt Landsberg am Lech (gast, ausman) zieht sich durch das ganze Stadtrecht. Dissertation von Dr. Alfred Scherpf Fast jede Verfahrensvorschrift enthält getrennte Be­ stimmungen oder erwähnt zumindest ausdrücklich „es (Fortsetzung) sei gast oder Purger“. Während der Unterschied im In dieser zweiten Serie der Anhangsartikel stimmt Strafrecht zurücktritt, ist er im Privatrecht von großer die Landsberger Handschrift mit keiner der älteren Bedeutung. Handschriften überein. Von der Pfordten 32) nimmt an, Unter diesen Umständen ist es zunächst auffallend, daß sie auf einer nicht erhaltenen sehr alten Sammlung wie wenig das Stadtrecht über den Erwerb und den beruht, welche schon gefertigt war, ehe die Zusatzartikel Verlust des Bürgerrechts sagt. Die Erklärung ist darin (194—202) dem Grundtext des Münchener Stadtrechts­ zu suchen, daß das Rechtsbuch doch hauptsächlich für buches beigefügt worden sind. Er schließt dies aus der den Gerichtsgebrauch bestimmt, bei dem es wohl we­ Stellung der Artikel 199—20 2 33) des VB, die in diesem sentlich war, ob eine Partei als Bürger oder Gast auf­ Teil der Landsberger Handschrift erscheinen als: trat, es sich jedoch selten darum handelte, daß jemand 199, 1. Teil — II 81, 200 — 11 83 und das Bürgerrecht erlangen oder verlieren sollte. Außer­ 199, 2. Teil — II 82, 201 — 11 84. dem dürften die einschlägigen Bestimmungen wohl un­ Da die Zusatzartikel bis zum Jahre 1347 reich en 34), kompliziert und bei ihrer Wichtigkeit allgemein bekannt müßte die Sammlung, aus der die zweite Serie der gewesen sein. Landsberger Anhangsartikel stammt, vor 1347 entstan­ Aus den gleichlautenden Art. I 43 und II 33 geht den sein. Diese Vermutung ist ebensowenig zu wider­ hervor, daß der neu Eingebürgerte Sicherheit dafür zu legen, wie sie zu bew eisen ist. leisten hatte, daß er eine bestimmte Zeit in der Stadt Wie die im Anhang gegebene Uebersicht zeigt, er­ bleibe; über die Dauer der Zeit, „die darüber gesetzt scheinen unter der Bezeichnung „Sätze der Stadt“ im ist“, sagt das Buch nichts, es dürfte sich jedoch um die Landsberger Rechtsbuch neben Artikeln aus den ver­ fünfjährige Frist handeln, die sowohl das Münchener schiedensten Münchener Handschriften solche, d?e in kei­ Stadtrecht, der die genannte Bestimmung entnommen ner der vor dem Landsberger Rechtsbuch geschriebenen ist, als auch die meisten anderen oberbayerischen und Sammlungen auftauchen oder die überhaupt nur im schwäbischen Stadtrechte vorschreiben. Falls der Neu- Landsberger Buch zu finden sind. Ob die.^ letztgenann­ aufgenommene „vor der gesatzten zeit ausvert, sol man ten Artikel allerdings originäres I,.andsberger Recht sind, im das nicht lassen und sol es von im und von seinen läßt sich nicht in allen Fällen mit Bestimmtheit feststel­ porgen nemen gar und gäntzlich“. len, da die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, daß sie Zahlreiche Gebote und Verbote regeln die Rechte auf eine alte unbekannte Quelle zurückgehen. Ein Be­ und Pflichten des Bürgers. Die Grundpflichten gehen aus weis der Herkunft ist bei den Artikeln gegeben, die als einer Wendung hervor, die in Art. I 50 und II 11 ge­ Landsberger Ratschlüsse gekennzeichnet und datiert sind. braucht ist „die hie Purger sind, die wachtent und Der folgenden Darstellung des Stadtrechts liegen .'le stewrent mit andern purgern“. Jeder ‘Steuerpflichtige drei im Landsberger Rechtsbuch enthaltenen Sammlun­ hatte einen Eid dahin zu leisten, daß er seiner Steuer­ gen zugrunde, wenn auch die dem Münchener Stadtrecht pflicht vorschriftsmäßig Genüge getan habe (Art. II44). entnommenen Bestimmungen nur soweit erörtert wer­ Mit Ausnahme einer Begünstigung des Spitals 35) sollte den, als nötig ist, um Zusammenhang und Uebersicht zu es keine Steuerbefreiungen geben (Art. II 30). Ausdrück­ wahren. 323334 lich wird festgestellt, daß weder Ratsmitglieder noch Kämmerer von den städtischen Abgaben und Steuern 32) s. 40. befreit sein sollten (Art. II 41). 33) Hier ist v. d. Pfordten ein kleines Versehen unterlaufen: Art. 202 erscheint in der 2. Landsberger Anhangsammlung überhaupt nicht. 35) Gründung des Landsberger Spitals im Jahre 1349: vgl. 34) Dirr S. 91*. Absch. F. — 51 — — 52 —

Eingehend geregelt sind die Pflichten der Bürger Hochgerichtsbarkeit Vorbehalten war. Verweisung aus beim Ausbrechen von Feuersbrünsten (Art. II 137). Für der Stadt traf den Totschläger auf mindestens 10 Jahre den Fall der Nichtachtung dieser Vorschriften drohte dem (Art. II 23); den, der den ihm angesonnenen Frieden Bürger Stadtverbot auf ein Jahr. Bekannt aus dem verweigerte, wenn er die darauf gesetzte Buße nicht be­ Münchener Stadtrecht 36) ist das Verbot, sich als Bürger zahlen konnte (Art. I 30 und II 24); weiter diejenigen, um den Posten des Richters oder des Vitztums zu be­ die bei Feuersbrünsten verpflichtet waren, sich am Lö­ werben (Art. II 111); ein Verstoß dagegen war mit der schen zu beteiligen, wenn sie ohne „ehaft not“ fernblie­ höchsten Geldbuße bedroht, die das Stadtrecht kennt, ben, auf ein Jahr (Art. II 137); dann jeden, der ohne 100 Pfund Pfennig. Dagegen hatte jeder Bürger die Wissen des Stadtrates einen Mitbürger vor einem frem­ Pflicht, das ^.mt anzunehmen, wenn er zum Kämmerer, den Gericht zur Rede stellte (Art. II 106) und schließ­ Steurer oder Bürgermeister gewählt wurde. Im Weige­ lich den, der eine besehnte Armbrust zu feindlichem rungsfall drohten hohe Geldstrafen: 31 Pfund Pfennig Gebrauch trug, wenn er die Buße von insgesamt 30 bei Ausschlagung des Kämmerer- oder Steueramtes, 100 Pfund Pfennig nicht bezahlen konnte, solange, bis er Pfund Pfennig bei Weigerung, die Bürgermeisterstel­ sie zahlen konnte oder „hintz er des herzogen und der lung anzunehmen. Stat und des richters huld gewynet“ (Art. II 192). Auffallend sind die Vorrechte der Bürger auf den 2. Allgemeine Bestimmungen Gebieten des Handels und des Gewerbes. Art. I 50 be­ Das Absorptionsprinzip, das im heutigen Strafrecht stimmt: „Swer mit den bürgern nicht wacht noch stewrt nur bei Idealkonkurrenz (StGB § 73) gilt, herrschte nach und doch in der Stat wesen hat, der sol nicht cheuffel Art. I 26 des Landsberger Buches bei allen Geldbußen, sein newr als ein gast. Ist er über das cheuffel, er geit aber auch nur bei solchen. Da ja die Unterscheidung dem richter ein halb pfunt, der Stat ein pfunt.“ In der Strafrecht — Zivilrecht noch nicht gebräuchlich war, ähnlichen Vorschrift des Art. 375 des Münchener VB 37) blieb es dabei gleichgültig, ob die Buße auf Grund einer war die Buße noch niedriger. Die mit der Zeit stärker Straftat verwirkt oder ein streitig gewordenes zivilrecht­ werdende Tendenz, das einheimische Gewerbe zu schüt­ liches Verhältnis der Anlaß ihrer Entstehung war. zen, tritt schon hier hervor. Deutlich ist sie in Art. II 88, wonach unter Androhung einer Buße geboten ist, Aus­ Außer dieser Bestimmung über die Geldbußen, die fuhrgüter nur einheimischen Fuhrleuten zu übergeben. heute in den allgemeinen Teil eines Strafgesetzbuches Eine Ausnahme war nur zulässig, wenn diese sich weiger­ einzugliedern wäre, gehören dorthin die Vorschriften ten oder nicht anzutreffen waren (Art. II 89). der Art. 127 und II 163 „Von der notwer“; Art. II 163 entspricht dabei, in, die damalige Sprache übertragen,, Verkaufs- und Ankaufsbeschränkungen hemmten den dem § 53 unseres Strafgesetzbuches mit der Einschrän­ auswärtigen Händler, so für Wein (Art. II 174, II 175), kung, daß im Stadtrecht nur ein Angriff auf die eigene Kleiderstoffe, Häute und Felle (Art. I I 174} I I 175, II 180), Person die Notwehrhandlung als solche rechtfertigt: „Wer Wolle, Flachs und Garn (Art. II 180). Der Bürger, der den andern anlauft und sich jener weren muß und ob bei einem solchen verbotenen Kauf oder Verkauf an­ er die notwer war macht, als recht ist, waz er im not­ wesend war, zahlte die gleiche Buße wie der Gast (Art. wer tut seins leibes, do ist er dem richter dhainer puss II 181). schuldig umb, noch jenem, der den schaden empfangen hat“. Das „war machen als recht ist“ bezieht sich auf Strafrechtliche Bestimmunsen den Art. 127, der die Beweisregeln, also die Verfahrens­ Eine strenge Trennung von Zivil- und Strafrecht, vorschrift für den Fall enthält, daß der Täter Notwehr wie sie uns heute selbstverständlich erscheint, kannte als Unrechtsausschließungsgrund geltend macht. die mittelalterliche Rechtsordnung nicht 38). Das wird in 3. Die einzelnen Straftatbestände Art. 2 des Stadtrechts deutlich, wonach kein Richter „niemant twingen noch nöten sol ze dhainer schlag er Während das heutige Strafrecht die einzelnen Tat­ well dann gern schlagen und bit gerichtes, umb welher- bestände umreißt, aber für die Aburteilung aller ein lay sach und ansprach das wer, on umb todsleg, not- gleiches Verfahrensrecht, das Strafprozeßrecht, heraus­ nunft, offenbar behaimsuchen, die mit gewaffenter hant gebildet hat, gibt das Stadtrecht für jede Verfehlung geschieht und offenbar diebstal, die ainer auf den dieb ein besonderes Verfahren an, dessen analoge Anwen­ wol erzeugen mag“. Sonach sind also lediglich die dung auf andere Straftaten nicht möglich war. Diese einzelnen prozessualen Vorschriften sind hier — soweit schwersten Verbrechen von amtswegen, also ohne Klage von Interesse — bei den betreffenden Tatbeständen er­ eines Betroffenen zu verfolgen Auch hinsichtlich der wähnt. Strafen verschwimmen die Grenzen, da die Auferlegung von Bußen zugunsten des Richters, der Stadt usw. auch a) Totschlag in zivilrechtlichen Streitigkeiten durchaus die Regel war. gehörte zu den Verbrechen, die nicht an die Klage eines Wenn hier dennoch die Trennung durchgeführt wird, Geschädigten gebunden waren, um zur Aburteilung zu so nur, um den ganzen Stoff in eine uns heute verständ­ gelangen (Art. 2). Der Täter war mit Leib und Gut der liche Systematik zu bringen, nicht aber, weil schon die Gewalt des Landesherrn verfallen, wie Art. 128 sagt: damalige Rechtsordnung Veranlassung dazu gibt. „Siecht ainer einen ze tot, leib und ,at in des heren gewalt und dem Gericht sechtzig und fünf pfund pfenig, 1. Strafen in den genaden, als der Stat hantfest sait.“ Mit „der Neben der regelmäßigen Pflicht des Uebeltäters, den stat hantfest“ ist die Privilegsurkunde vom 5. Oktober angerichteten Schaden wieder gutzumachen, ist der häu­ 1319 gem eint 40), die König Ludwig der Stadt München figste Fall der der Entrichtung einer Geldbuße an den verliehen hat 41). Die Stelle, auf die verwiesen ist, lau­ Richter, die Stadt oder den Herzog, daneben oft auch tet: „.. . und geben in die recht, swelher irer bu

Nr. 8 *1. Jahrgang 1951

wunden oder so zu verletzen, daß sie gelähmt wurden, Das Rechtsbuch „das süllen sy dem richter pussen, als recht ist“. Strafschärfend wirkte, wenn die Körperverletzung der Stadt Landsberg am Lech an einem Fronboten im Amt begangen wurde. Der Tä­ Dissertation von Dr. Alfred Scherpf ter zahlte dann die doppelte Buße (Art. II 95). (Fortsetzung) Zwei Verfahrensvorschriften beziehen sich noch auf die Körperverletzung Ein Vergleich zwischen dem Täter e) Körperverletzung und dem Verletzten ohne Wissen des Richters befreite Bei den Bestimmungen über die Körperverletzung den ersteren nicht von seiner Verpflichtung, die Buße zeigt sich deutlich, daß der Stadtrechtsteil des Lands­ an den Richter zu zahlen (Art. 131). Beging ein Bürger, berger Rechtsbuches kein einheitliches Gesetzgebungs­ der oder dessen Kinder in der Stadt Haus und Hof hat­ werk darstellt. Der Schreiber hatte wohl auszugsweise ten, eine Körperverletzung, so sollte er nicht verhaftet und unvollständige Abschriften des Münchener Stadt- werden, solange der Verletzte noch am Leben war (Art. rechtes von 1347 mit einer Anzahl Nachtragsartikel vor II 62). sich und fügte diesen übernommenen Bestimmungen f) Friedegebot Landsberger Rechtssätze und Ratschlüsse ein, doch konn­ te auf diese Weise kein — auch für die damaligen Eine aus den mittelalterlichen Verhältnissen heraus Begriffe — vollständiges Werk entstehen,- so umfang­ gewachsene, uns heute fremde Einrichtung war das Frie­ reich das Buch auch ist. degebot. Aus der allgemeinen Geschichte her bekannt sind die Reichs- und Landfrieden. War hiernach für eine So ist es zu erklären, daß im Stadtrechtsteil des bestimmte Zeit jede Fehde im Lande verboten, so diente Landsberger Rechtsbuches die damals durchwegs übliche das Friedegebot im Stadtrecht ganz ähnlichen Zwecken. Differenzierung des Tatbestandes der Körperverletzung 46) Es sollte verhindern, daß nach einem Rechtsbruch der nach Gesichtspunkten des Erfolges und der Gefährlich­ Geschädigte sogleich ohne Zuhilfenahme des Gerichts keit nicht erscheint. Nicht ein Wandel in der Beurteilung Rache nahm, also eine Gesetzesübertretung die andere des Vergehens oder die Absicht der Vereinfachung der auslöste und der Schutz des Rechtsfriedens der Hand Bestimmungen führte zum Verschwinden der Untc ■ der Gemeinschaft, des Richters, entglitt. Scheidung in fließende Wunden und Pogwunden oder Der Stadtrechtsteil des Landsberger Rechtsbuches auch anderer Aufteilungen des Delikts nach Art der Ver­ sagt nichts darüber, nach welchen Delikten das Friede­ letzung, sondern lediglich der Zufall, daß die vorliegen­ gebot erging. (Im Münchener Stadtrecht konnte, , swer den Münchener Abschriften solche Vorschriften nicht angesprochen wirt umb ein grozz dinck, daz auf den tot enthielten und der Schreiber auch von sich aus keine zewcht, eines frides piten auf ein recht, daz er sich un- einfügte. Die einzige Bestimmung, die einen Tatbestand schuldick wil erzaigen“; darauf hatte der Richter einen der Körperverletzung beschreibt, ist der Art. 129: Wer Frieden für 14 Tage zu gebieten47). Der Landsberger den anderen verletzt, ist dem Kläger und dem Gericht Artikel II 24 (ähnlich Art. I 30) drohte demjenigen, der eine Buße von je 10 Schilling schuldig, wenn die Ver­ einen ihm gebotenen Frieden verweigerte, eine hohe letzung nicht durch eine scharfe Waffe geschehen ist. Strafe an: „Wer dem Richter oder den Bürgermaistern Die an sich zu erwartende Vorschrift über Strafe oder oder dem Rat oder ainem oder zwayn von dem Rat frid Buße bei Verletzung mit scharfen Waffen sucht man ze vier Wochen versait oder verzeicht, der geit an die vergeblich. Stat 30 pfund pfenig und dem richter ain pfunt. Hat er Daß die Unterscheidung gemacht wurde, geht auch ir nicht, er vert aus der Stat. Tut er des nicht, man be­ aus Art. II 162 hervor, wonach der Dienstherr nicht be­ halt in für einen schedlichen man.“ Auffallend ist hier straft werden sollte, wenn er Dienstboten maßregelte, zunächst die Erwähnung von Bürgermeister (die im die ihn durch ihr Verhalten ihm oder seinen Angehöri­ Münchener Recht fehlt) und Rat. Sie erklärt sich aus gen gegenüber erzürnt hatten. Verboten wird den Dienst­ einer anderen Bestimmung (Art. II 26), wonach Bürger­ herrn aber, die Dienstboten mit scharfen Waffen zu ver­ meister und Stadtrat befugt sind, einem Auswärtigen, der um Friede und Geleit zum Eintritt in die Stadt bit- 46) z. B. KBH Art. 107—109 (Dirr S. 524/525) und allgemein His S. 130/131. 47) VB Art. 247, Dirr S. 386. — 59 — — 60 — tet, diesen zu gewähren; „den selben frid“, lautet der net das Münchener Stadtrechtsbuch in Art. 277 Strafen Art. II 26, weiter, „sol man den selbscholen (hier in der für „verpotnew w ort“ 51 5253).) Das „übel handeln mit Worten Bedeutung „Gläubiger“) kunt tun, den der schad gesche­ oder mit werken“ ist aber in einem speziellen Tatbe­ hen ist, die süllen in dann stät halten für sich und für stand erwähnt. Erfolgte es nämlich einen Fronboten ge­ alle ir helffer und freund“. Diesen Frieden zum Ein­ genüber „darub das er sein Ambt tut“, so hatte der An­ tritt in die Stadt zu gewähren, fiel also in den Zuständig­ geklagte die doppelte Strafe zu entrichten „als ob er keitsbereich der städtischen Verwaltung. Der Richter es einem andern mane tät“ (Art. II 95). Eine andere, zu­ konnte ihn zwar erteilen, jedoch nicht ohne die Zustim­ nächst etwas willkürlich scheinende Verschärfung der mung des Stadtrates oder der betreffenden Gläubiger Strafe hatte der Gebrauch bestimmter Scheltworte zur (Art. I 24, II 25 und II 97). Folge, Art. I 11 besagt: „Wer ainen haisset liegen oder Auch das Verfahren nach Ablauf der vier Wochen, einen Aeffer 52) vor dem Gericht, der geit zwir als vil für die der Friede geboten war, regelt Art. .II 24: Es als umb verpotenew wort vor dem rechten.“ Der Ver­ wurde ein weiterer Friede für die Dauer eines Monats doppelung der Strafe mag hier der Gedanke zugrunde geboten. Während dieser Zeit sollten zwei Ratsmitglieder liegen, daß es sich um eine besonders schwere Beleidi­ eine Schlichtung versuchen. Gelang dies nicht, erging gung, nämlich um eine Verdächtigung des anderen, er nochmals ein Friedegebot. Diesmal sollten Richter und habe eine falsche Aussage gemacht, handelt. Rat sich der Sache annehmen „und versuchent mit all. i Eine besonders hohe Strafe erwartete den, der einen fleiss recht freuntschaft und suon“48). „Wederthalben anderen des Meineides zieh. Er war sowohl dem Gericht sy des nicht volg vindent, der geyt an die Stat 30 pfunt als auch dem Beleidigten 5 Pfund und 60 Pfennig schul­ pfing oder er vert aus der Stat mit weib und mit kinden. dig (Art. 27). Wer den Ratsmitgliedern „an ir ayd spricht, Und wer den hauset oder hofft, der geyt die selben puss.“ wann sy habent dem hertzogen gesworen“, der bezahlt Ein weiterer Absatz dehnt für den oben genannten Fall, eine Strafe von 3 Pfund und 60' Pfennig (Art. II 189, daß dem Gläubiger eines auswärtigen Schuldners Friede eine Bestimmung, die der ältesten Münchener Ratssat­ geboten war, das Friedegebot und die Strafdrohung auf zung entnommen ist 53). alle Verwandte des Gläubigers aus: i) Sachbeschädigung Das Verfahren gegen den Friedbrecher ist in Art. 132 und 135 geregelt. Der Richter kann zwar, wie bei Unter den Begriff der Sachbeschädigung, der in un­ den schweren Verbrechen, die in Art. 2 genannt sind, serem Strafgesetzbuch 3 Paragraphen beansprucht, läßt selbst eine Anklage erheben, darf aber — und deshalb sich eine ganze Anzahl von Vorschriften des Landsber­ dürfte diese Erweiterung des Art. 2 wohl nur theoreti­ ger Stadtrechts einordnen. sche Bedeutung haben — den Angeklagten, der seine Eine Strafe von 60 Pfennig an den Richter und Unschuld beschwört, nicht ohne einen Kläger durch Zeu­ ¥s Pfund Pfennig an die Stadt hatte der zu erwarten, gen überführen (Art. 135). Die Beweisführung des Klä­ der von der Stadtmauer Steine wegtrug oder von Aek- gers legt der erste Teil des Art. 132 mit der üblichen kern, Gärten und Anger Holz oder Steine wegholte (Art. Genauigkeit fest. Die Strafe ist eine „spiegelnde“: der I 41 und II 157). Für den erstgenannten Fall der Be­ Friedbrecher „ist dem gericht vervallen mit der hant, schädigung der Stadtbefestigung verschärft Art. II 156 do er den frid mit gegeben-hat“. Außerdem sollen der die Strafe: Wer die Geldbuße nicht leisten konnte, dem Geschädigte oder gegebenenfalls dessen Erben aus der wurde eine Hand abgeschlagen. Aus demselben Artikel Habe des Friedbrechers zuerst entschädigt werden, die geht auch hervor, daß die Fronboten als Pfleger für die übrige fahrende Habe fällt dann dem Richter zu, Eigen Befestigungsanlagen eingesetzt waren und zwar jeder in und Lehen den Erben. Als Nebenfolge wird dem Fried­ seinem Viertel. Ihnen oblagen im Fall von Beschädigun­ brecher die Befugnis aberkannt, vor Gericht für einen gen auch die Nachforschungen, deren Ergebnis sie dem anderen aufzutreten (Art. 133). Das Recht, in eigener Hauptmann des Stadtviertels zu melden hatten Sache aufzutreten, verliert er jedoch nicht (Art. 134). Art. 164 gibt in seinem ersten Satz ein Beispiel ka­ g) Betrugstatbestände suistischer Gesetzgebung: „Wär auch yemand, der dem Betrug in der heutigen abstrakten Formulierung andern sein vich slug oder wurff oder an zeun oder an kennt das mittelalterliche Recht nicht. Es beschränkt stekhen oder an ein mos jaget, da es schaden von näm, sich auf eine mehr oder minder umfangreiche kasuisti­ das söl er im gelten nach zwayer mann rat.“ Obwohl sche Aufzählung. der Tatbestand nach heutigen Begriffen der einer straf­ Nach dem Landsberger Artikel II 71 wird jeder, der baren Handlung ist, wäre er nach der Regelung des falsche Maße oder Gewichte besitzt, mit 20 Pfennig be­ Stadtrechts lediglich als unerlaubte Handlung aufzufas­ straft, von denen je die Hälfte dem Richter und der sen, wollte man die begriffliche Unterscheidung des Stadt zu entrichten sind. Hat jemand Maße und Ge­ strafrechtlichen Delikts vom privaten Unrecht überhaupt wichte nur geliehen und kann beweisen, daß er sie we­ auf das Stadtrecht anwenden. Diese Differenzierung ist der selbst verfälscht hat noch von der Fälschung Kennt­ aber nicht gerechtfertigt, denn das Stadtrecht des 14. nis hatte, so bleibt er straffrei, jedoch muß der Verlei­ Jahrhunderts kannte nur den einheitlichen Unrechtsbe­ her die Strafe zahlen (Art. II 60). griff, die Loslösung des privaten Unrechts hatte sich noch nicht vollzogen54). Ein anderer Satz (Art. II 69) besagt, daß alle Maße und Gewichte nach „frongelött und fronmass“ (Muster­ Der zweite Teil des Art. 164 bestimmt, daß der Täter maß) geeicht sein müssen; sie sollen „alle chotemper 49)“ das Vieh bei sich behalten konnte, bis es geheilt war; überprüft werden und an wessen Maß oder Gewicht das er mußte dem Geschädigten dann nur den weiter ent­ Fronzeichenxfehlt, der zahlt Strafe, wie wenn er falsches standenen Schaden („die saumsalung, des er des vichs Maß benützt hätte. Art. II 70 setzt eine erhöhte Strafe genomen hat“) ersetzen. Verendete das Vieh, so hatte er fest für Fütterer und Wirte, die falsche Maße und solche angemessenen Ersatz zu leisten, darüber hinaus traf ihn ohne Eichzeichen besitzen. jedoch keine Verpflichtung, Buße oder Strafe zu zahlen. Zu den Betrugsfällen ist auch Art. 92 zu rechnen: Andere hierher zu zählende Vorschriften sind feld­ Wer falsche Zeugen lohnt, ist der gleichen Strafe ver­ polizeilicher Art. fallen, wie der falsche Zeuge selbst. Art und Maß dieser Art. II 143 verbietet, das Vieh durch Kornfelder zu Strafe sind jedoch schriftlich nicht festgelegt. treiben, „ee das velt geöffent w irt“. Den durch die Ueber- tretung entstandenen Schaden hatte der Täter dem Ge­ h) Beleidigung und falsche Anschuldigung schädigten doppelt zu ersetzen; außerdem hatte er dem Eine Vorschrift, die allgemein die Ahndung der Be­ Richter für jedes Stück Großvieh, das durch das Feld leidigung festlegt, enthält der Landsberger Stadtrechts­ getrieben wurde, 12 Pfennig, für jedes Stück Kleinvieh teil nicht (Das Münchener Stadtrecht verbietet schon in 4 Pfennig zu entrichten. der Rudolfinischen Handfeste von 1294 50) das Schelten mit „Scheltworten diu verboten sint“; weiter verzeich- 51) Dirr S. 396. 52) Aeffern = eine Sache in gehässiger Weise wiederholen, Lexer 48) Versöhnung, Lexer Bd. II S. 1322. Bd. I S. 106. e 49) Vierteljahr, kirchenlat. quatuor tempora, Lexer Bd. II S. 315. 53) Satzungsbuch A, Art. 4, Dirr S. 181. 50) Art. 16, Dirr S. 45. 54) Schwerin S. 180. — 61 — . — 62 — Wer dem andern sein Korn auf dem Feld bei Nacht gemauert und mit Ziegeln gedeckt werden mußten, an­ „abetzte“55) oder sonst daran Schaden tat, der hatte ders gebaute sollten abgebrochen werden. Schließlich den Schaden zu ersetzen und war dem Richter noch mußte jeder Neubau auf einem Grundstück, dessen Ge­ 3 Pfund und 60 Pfennig schuldig (Art. II 144). Nach Art. bäude niedergebrannt waren, mit Ziegeln gedeckt wer­ 71 hatte jeder, der durch „Nachtetzen“ auf seinen Grund­ den, widrigenfalls dem Richter eine Buße von 24 Pfen­ stücken geschädigt worden war, Anspruch auf Ersatz des nig, der Stadt eine solche in Höhe von 2 Pfund Pfennig doppelten Wertes, dem Richter war der Täter die Hälfte bezahlt werden mußte. dieses Betrages schuldig. Das Verhältnis der in Art. 71 Durch diese Gesetze wurden sofort die gefährlichsten und II 144 gegebenen Tatbestände zu einander zu erör­ baulichen Verhältnisse beseitigt, es wurde aber auch da­ tern, wäre abwegig. Sie können beide denselben Fall für gesorgt, daß mit der Zeit in der Stadt ganz allge­ decken. Daß dafür zwei Vorschriften mit verschiedenen mein eine solidere Bauweise Eingang fand. Bußsätzen ins Stadtrechtsbuch aufgenommen worden Ein nicht numerierter Artikel zwischen Art. II 138 sind, erklärt sich .aus dessen Charakter als Sammlung und 139 ordnet an: „Es sol yederman sein hew, stro von Rechtssätzen verschiedensten Ursprungs, bei der sicher legen von dem fewer, es wellent die burger die solche Widersprüche nicht immer auszuschließen waren. fewrstet beschawn und wellent yederman straffen, der Für beide Beteiligte bestand nach Art. 68 die Mög­ unsicher fewrstet hat.“ lichkeit, sich gütlich zu einigen, entweder durch Ueber- In Art. II137 ist eingehend geregelt, mit welcher Aus­ einkunft unter sich oder durch Schiedsspruch der Nach­ rüstung die Angehörigen der verschiedenen Berufe bei barn. Der Richter konnte in diesem Fall weder Buße Feuersbrünsten Rettungsdienste tun sollten. Was sie bei verlangen noch den Täter von sich aus belangen. den Löscharbeiten einbüßten, sollten sie vom Stadtkäm­ merer ersetzt bekommen. Wer sich seinen Pflichten ent­ k) Oeffentlichc Ordnung und Sicherheit zog, wurde für ein Jahr aus der Stadt verwiesen. Frauen In diesem Abschnitt sind nicht nur strafrechtliche, war es verboten, zu den Brandstätten zu laufen. Art. sondern auch solche Bestimmungen zusammengefaßt, die II 133 räumte dem Richter und dem Stadtredner beson­ wir heute als bau-, gesundheits- oder allgemein-polizei­ dere Befugnisse ein: sie hatten an der Brandstätte das liche bezeichnen würden, die aber zur Aufrechterhaltung Recht, ein oder mehrere Gebäude abreißen zu lassen, von Ordnung und Sicherheit im Gemeinwesen dienen. wenn sie es für richtig und dem Wohle der Gemein­ Die der Sicherheit der Stadt als Ganzes schaft dienlich erachteten Wer solchen Anordnungen dienenden Vorschriften sind zum Teil schon im vorigen Widerstand leistete, machte sich schuldig und war einer Abschnitt (3 i) erwähnt, so das Verbot, die Befestigungs­ Buße von 5 Pfund Pfennig an die Stadt und 1 Pfund anlagen zu beschädigen (Art. I 41, II 156 und II 157). Pfennig an den Richter verfallen. (Fortsetzung folgt) Hierher gehört auch das Verbot, an den Befestigungs­ anlagen Bauwerke zu errichten, „das die eyseneinen Sf. Leonhard in Kaufering stang, die darzu gehört, gerüren müg“; verbotswidrige Gegen Ende des 17. Jahrhunderts soll ein hölzernes Bild Bauten, die schon bestanden, sollten abgerissen werden; des hl. Leonhard den Lech herunter geschwommen und un­ wer Müll an der Stadtmauer ablagerte, hatte eine Straf: weit oberhalb des Dorfes Kaufering an Land getrieben wor­ von 12 Pfennig an den Richter und 1 Pfund Pfennig an den sein. Der Finder befestigte es in der Höhlung einer alten die Stadt zu gew ärtigen (Art. I 40 und II 155) Eiche neben einer Quelle. Bald darauf verschwand das Bild an dieser Stelle und wurde etwas oberhalb der Quelle auf Welcher Bürger Waffen der Stadt an Fremde aus­ einer Wiese wiedergefunden. Da sich dieser Vorgang wieder­ lieh oder auch nur anbot, war einer Strafe von 10 Pfund holte. baute schließlich die Gemeinde eine Kirche an der Pfennig verfallen, außerdem mußte er sie, gingen sie durch die Versetzung des Bildes bezeichneten Stelle. Das alte verloren, doppelt ersetzen (Art. II 141). Das Verbot von Bild befindet sich über dem Eingang, ein neueres, schöner Vereinigungen zu unerlaubten Zwecken sowie jeder gearbeitetes aber auf dem Choraltar. „Einung“ unter den Handwerkern in Art. I 42 und II 103 Dieses Kirchlein erwarb sich großen Reichtum und der ist wörtlich dem Münchener Stadtrecht entnommen. Besuch war sehr groß. Zuweilen nachts will man auch die ganze Kirche erleuch­ Der Sicherheit des Einzelnen in der Stadt tet gesehen haben und einmal hat man auch zur Nachtzeit dienten die Verbote, bei Nacht Waffen (Art. II 160) oder Musik darin vernommen. (Schöppner 890) überhaupt in böser Absicht eine besehnte Armbrust zu tragen (Art. II 192). Ausgenommen war in der ersten Bestimmung des Richters Knecht. Wer trotzdem in Waf­ Das Kirchlein in Wabern fen angetroffen wurde, dem sollten diese abgenommen In frischem Glanz strahlt das Waberner Kirchlein jedem werden und er hatte, falls er angeklagt wurde, die Buße Wanderer, den der Weg durch das kleine Dörflein an der oberen Paar führt, von der Anhöhe herab entgegen: Das zu zahlen, die dafür festgesetzt wurde. Für eine Zu­ Aeußere der Kirche wurde durch die opferfreudige Einwoh­ widerhandlung im zweiten Fall war eine Strafe von nerschaft im vergangenen Herbst einer Erneuerung unter­ 30 Pfund Pfennig vorgesehen, davon 15 an den Herzog, zogen. Ebenso wurde eine Teilrestauration des Innern durch­ 5 an den Richter und 10 an die Stadt. Wer nicht bezah­ geführt, die in einem der kommenden Jahre fortgesetzt wer­ len konnte, wurde aus der Stadt verwiesen „als lang den soll. Mit Stolz blickt nun der Waberner wieder zu seinem hintz er die puss mag gehaben oder hintz er des herzo- Kirchlein hinauf, dessen frisches Weiß auf die Häuser Wa- gen und der Stat und des richters huld gewynet“. berns herableuchtet. . Fragt man ihn aber nach der Ge­ Bei der bis etwa zum 14. Jahrhundert auch in den schichte und den künstlerischen Werten seiner Kirche, so wird er ein wenig verlegen und die Antwort fällt meistens Städten übliche Holzbauweise und Dachabdeckung mit sehr spärlich aus. Diese Lücke sollen die folgenden kleinen Stroh oder Schindeln56) ist es nicht verwunderlich, daß Ausführungen über das Kirchlein in Wabern schließen. die Gesetzgeber der Verhütung und Eindäm­ In den Pfarrbüchern von Walleshausen findet sich auf mung von Feuersbrünsten ein besonderes Seite 231 folgende Aufzeichnung: „Das Kirchlein, dessen Augenmerk schenkten. Eine allgemeine Bauvorschrift Patron St. Pankratius ist, hat R. D. Franz Kiferlin vicarius ist in A rt. I ' 36 und II 140 enthalten: „. . . Und m an sol wiederum neu erbaut anno 1707“. Daraus geht hervor, daß fürbas chain haus in der innern stat mit schaitten dekhen bereits vor diesem Zeitpunkt in Wabern ein Kirchlein stand, das entweder durch Brand zerstört worden oder so bau­ noch pessern, das yetzund mit schaitten gedeket ist; aber fällig geworden war, daß es neu errichtet werden mußte. mit Schinteln mag yederman wol dekhen, wer wil. Und Letztere Annahme bestätigt eine Aufzeichnung 1) über den in der aussern stat sol man fürbas weder hewser noch Streit des Klosters Polling mit dem Kloster Wessobrunn, das städel mit schäben57) dekhen; doch mit slierdache58) Wabern 1627 an sich gebracht hatte, über den sog. „Pankrazi- dekht man wol in der awssern stat.“ Uebertretungen acker“. 1698 fand ein Vergleich in der Streitsache statt, Wes­ wurden mit Bußen von 34 Pfund Pfennig an den Rich­ sobrunn aber „verkaufte, um das Geld zur Herstellung der ter und 1 Pfund an die Stadt geahndet. Darüber hinaus .ruinösen Kirche“ zu Wabern zu erhalten, den Acker an Kas­ legte Art. II 136 fest, daß alle Schmieden in der Stadt par Knoller“. Wenn heute der fromme Kirchenbesucher in das ganz in Rokoko gehaltene Innere der jetzigen Kirche ge­ 55) = abweiden, das Vieh zum Abweiden ins Kornfeld treiben, langen will, so führen ihn seine Schritte durch einen — go­ vgl. Lexer Bd. I S. 103. tischen Torbogen! Er ist das einzige bauliche Denkmal in 56) Vgl. Schmoller S. 58. der heutigen Kirche, das noch an jene „ruinöse Kirche“ 57) = Strohbüschel, Auer, Glossar. Waberns am Ende des 17. Jahrhunderts erinnert. Man darf 58) — mit Lehm und untermengtem Stroh gedecktes Dach, Lexer Bd. II S. 975. 1) B. S. 234. — 63 — — 6 4 — wohl annehmen, daß der Neubau anno 1707 auf den Grund- bzw. dreipaarigen Wandpfeilem. Die Innenausstattung ist und Seitenmauem der alten Kirche fußt und uns damit die ganz im Stile des Rokoko durchgeführt. An die Apsis wurde in diesen eingeschlossene Torwölbung erhielt. 1765 noch eine kleine Sakristei angefügt. Ueber das Baujahr und den Erbauer dieser alten Waberner Der Hochaltar besteht aus marmoriertem, geschliffenem Kapelle ist in Urkunden und Aufzeichnungen (soweit sie mir Gips, was ihn sicher vor manch anderem Altar in größeren zugänglich waren) nichts berichtet. Doch geht man nicht fehl, Dorfkirchen auszeichnet Er wurde um das Jahr 1800 be­ die Entstehungszeit dieser Kapelle im 13. Jahrhundert zu schafft und kostete damals 200 fl. Das Altarbild, ein Oel- suchen und sie mit dem Ministerialengeschlecht der Wa- gemälde, stellt den hl. Pankratius dar und dürfte aus dem berer, das in diesem Jahrhundert erstmals in Urkunden ge­ 18. Jahrhundert stammen. (Eine Signatur des Malers ist lei­ nannt wird, in Verbindung zu bringen 2). der nicht zu entdecken.) Darüber befindet sich ein zweites Urkundlich zum ersten Male wird eine Waberner Kirche, Bild, welches das Martyrium des hl. Sebastian darstellt. Die wenn auch nur indirekt, im Jahre 1354 erwähnt. Am 22. April beiden Seitenaltäre sind aus Holz gefertigt, aber gleich den dieses Jahres „verkaufften Oswalt, Dytreich, und Ott, Kirch- darauf befindlichen Altarbildern künstlerisch weniger wert­ herr von Pözzenhausen, alle drei Söhne des verstorbenen voll. Jedoch stehen auf dem linken Seitenaltar zwei sehr Dytreichs von Eresingen, samt Otylig, ihrer Mutter und Anri schöne, holzgeschnitzte, etwa 50 cm große gotische Figuren- und Kathreyn, ihren Schwestern, verschiedene Besitzungen, Eine stehende Madonna mit dem Jesuskind auf den Armen darunter auch den Kirchensatz (jus patronatus) von Wales­ und ein hl. Josef, der in der rechten Hand mit einem Buch hausen, Pezzenncker und Wabern an das Kloster Polling 3) zwei Täubchen trägt und mit der linken einen Stab hält. Wahrscheinlich gehörten .diese, die Lichtmeßszene darstellen­ Im „Salbuch unser lieben frawen Gotshaus zue Wales­ den Figuren zum früheren gotischen Hochaltar, dessen Pa­ hausen 1456“ wird in dem darin befindlichen Verzeichnis der gestifteten Jahrtage einer Kapelle zu Wabern in folgender trozinium ja die Darstellung der hl. Maria im Tempel war. Weise Erwähnung getan 4): Item ein Jahrtag gestift Erhard Als besondere Anziehungspunkte galten seit jeher die Wahrer auf vier briester aut den negsten montag nach der zwölf Apostelfigürchen auf den Chorstühlen 10). Kopf, Hände rechten Chirchweich der Capell zue Wabern ..“ und Füße sind aus Elfenbein, die Gewänder aus dunkelbraun Eine weitere interessante Aufzeichnung über das dama­ gefärbtem Holze geschnitzt. Sie stammen aus der Zeit etwa lige Waberner Kirchlein hat uns Vikar Hartmann Prugg- um 1760—1770. lacher, der 1652 bis 1667 Pfarrer zu Walleshausen war, in Auch der alte Waberner Kreuzweg, der um die Jahrhun­ seinem Direktorium hinterlassen 5): „In altari summo sum- dertwende einem mehr oder weniger kitschigerem in Form mum patrocinium in fcsto praesentationis B. M. V., et S. von Gipsreliefen weichen mußte, darf als Kunstwerk ange­ Pancrati et S. Sebastiani. In altari a sinistris Patrocinia S. sprochen werden. Er hängt heute frisch renoviert in der Wolfgangi et Martini, in altari a dextris Patrocinium summum Pfarrkirche zu Walleshausen, nachdem ihn der jetzige Pfar­ S. Nerei (Uebersefzt. Der Hauptaltar hat das Patrozinium rer nach fünfzigjährigem Vergessensein wiederentdeckte. am Feste der Darstellung der seligen Jungfrau Maria, und 1807 wurde die Kirche zum ersten Male renoviert. Eine am Feste des hl. Pankraz und Sebastian. Das Patrozinium Inschrift über dem großen Chorbogen erzählt uns, daß sie des linken Seitenaltares ist am Feste des hl. Wolfgang und unter „Johannes Nepomucenus (Daisenberger), praepositus des hl. Martinus, das des rechten am Feste des hl. Nereus ) Canoicorum Regulatum Polling...... “ stattfand. Darüber sind Die zwei Seitenaltäre sind sehr alt, wird aber nie darauf die Wappen der Klöster Polling und Wessobrunn angebracht. celebriert, quia de consecratione eorum non constat. (= weil 1877 sollte die Kirche wieder renoviert werden. Dazu mel­ über ihre Weihe nichts feststeht.) Bei der schmerzhaften det eine Urkunde im Ordinariatsarchiv: „Gemäß Verordnung Muttergottes ist ein Portatile angebracht, worauf bisweilen vom 10. Januar 1812 zählte die Kirche zu Wabern zu den auf Verlangen einer frommen Hausmutter eine hl. Messe Unentbehrlichen. Eine vom Bez.-Amt eingeleitete Untersu­ gelesen wird 6).“ chung reihte sie aber dazu nicht ein. Ein. Gottsacker ist nicht Mehr sagen uns die Aufzeichnungen über das alte Kirch­ hier, aber Trauungen für die Ortsbewohner werden vorge­ lein nicht. Es wird eine kleine gotische Kapelle gewesen sein, nommen. Zur Kirche gehören 3,35 Tgw., die der Mesner nützt. deren Spitzbögen gleich denen in den großen mittelalterli­ Vermögen: 1050 M. Die Gemeinde sagt, sie habe die Kirche chen Domen Ausdruck der Religiosität der damaligen Men­ nicht übernommen, komme also auch nicht für die Repara­ schen waren. turkosten auf.“ Erst 1905 wurde sie dann renoviert und be­ Die Wirren des dreißigjährigen Krieges nahmen wohl kam damals ihr heutiges Aussehen. Die Gemälde in den zum großen Teil den Pfarrern von Walleshausen und den Wölbungsnischen der Decke, die vordem unbemalt waren, Waberner Hofmarkhsrren die Möglichkeit, für die Instand­ gehen auf diese Renovation zurück. haltung der Kirche aufzukommen. Da die Sänfftl, die im Ueber die in Wabern stattfindenden Gottesdienste in ver­ 16. Jahrhundert Hofmarkherren von Wabern waren, in Augs­ gangener Zeit gibt uns eine Notiz in den Pfarrbüchem Auf­ burg wohnten und „der evangelischen Religion beygethan schluß: „In Wabern neben der Wochenmesse am Fest St. gewesen waren“ 7), dürfte ihre Sorge fürs Waberner Kirch­ Pankraz als Patrozinium, Kirchweih am zweiten Sonntag lein nicht alizu groß gewesen sein. Es kann uns daher nicht nach St. Michel, auf Weihnachten die zweite Messe vom mehr sehr wundernehmen, wenn am Ende des 17. Jahhun- Vikar. Reliqua vero supra scripta divina celebrat Coope- derts mehr einer Ruine als einer Kirche glich. rator.“ (— die übrigen oben beschriebenen Gottesdienste In diesem traurigen Zustand hätte sich das verfallene feiert der Kooperator.) Heute sind es bedeutend weniger, Kirchlein sicher noch manches Jahr gedulden müssen, hätte nachdem die Wochenmesse seit dem Jahre 1823 nicht mehr Walleshausen damals nicht einen solch baulustigen Pfarr- gelesen wird. Im Jahre 1827 lief daraufhin eine im Namen herrn wie Franz Kiferlin gehabt. (1693—1717 Pfarrer in Wal­ der Waberner Bürger von Michael Knobler verfaßte Klage­ leshausen.) Das Frauenhaus, den zweiten Stock, die Garten­ schrift im Ordinariat zu Augsburg ein, in der ersucht wird, mauern und das jetzige Portal verdankt der Walleshausener den Pfarrer von Walleshausen anzuweisen, die Wochenmesse Pfarrhof diesem Pfarrherrn 8), wieder zu halten. Sie stützten ihre „unterthänigst gehorsame Pfarrer Kiferlin machte sich also, wie schon eingangs er­ Bitte“ auf die folgenden, auch für die Waberner von heute wähnt, ums Jahr 1707 an den Neubau der alten Kapelle. noch sehr begreiflichen „Motife“: „1. Unser Filialort, welcher Wie aus den Pfayrbüchem 9) ersichtlich ist, bestritt er die in 12 Familien besteht, ist eine halbe Stunde von der Pfarr­ Bauausgaben aus dem Vermögen des Kirchleins von 500 fl. kirche entfernt und bey auftreffender böser Witterung, be­ und steuerte noch vom Pfarrhofgeld 200 fl. leihweise bei sonders zur Winterszeit, ist es also unmöglich, daß bejahrte Das Kloster Ettal, zu ,dem das benachbarte Egling gehörte, und preßthafte Personen die Pfarrkirche besuchen können; — stiftete 25 fl., der Rentmeister nomine elektoris (im Namen ja es werden die übrigen Personen wegen Zeitverlust von' des Kurfürsten) ebensoviel. — dem Besuch der hl. Messe abgehalten, welches wenn die heilige Messe nur wöchentlich einmal gelesen wurde, in kei­ Architektonisch gesehen, besteht das heutige Kirchenge­ nem Fall geschehen könnte, wenn nicht Krankheitsfälle das bäude aus einem rechteckigen Kirchenschiff, an dessen öst­ Vorhaben beseitigen wollen. 2. Müssen also für gegenwärtig liche Giebelwand eine fünfeckige Apsis angebaut ist. Die die alten und presthaften Personen das ganze Jahr durch­ Decke ist mit Ziegelsteinen gewölbt und stützt sich auf vier- setzten. und sogar diese Hoffnung im Falle für die Zukunft vermissen ...“ 11) Leider konnten diese Motive das Ordina­ 2) Ulricus Wabir. Meichelbeck a. a. O., S. 28. riat nicht völlig überzeugen, zumal der damalige Pfarrer 3) R. A. Landsberg, Ger. Urk. Wallesh. Fase. 1. Schöffmann auf Rückfrage vom Ordinariat hin die Klage als 4) Salbuch S. 85. „unwahr, kränkend und ungerecht“ bezeichnete. „Durch die 5) B. S. 232. Säkularisation hätten sich manche wichtige Aenderungen er­ 6) Diese schmerzhafte Muttergottes wurde in der Waberner geben und einen anderen Rechtszustand erhalten. Eine Stif­ Sakristei bis zum Jahre 1942 aufbewahrt, wo sie dann zur tungsurkunde der Wochenmesse sei nicht vorhanden“, so er­ Renovierung nach Oberammergau geschickt wurde. Das wei­ klärt Schöffmann in der Erwiderung. Am 12. 9.1827 wurde die tere Schicksal dieser Figur ist mir unbekannt. Kopf, Hände und Füße waren holzgeschnitzt, die übrigen Teile mit Stoff Beschwerde endgültig abgewiesen. bekleidet. Pankraz Fried, Wabern. 7) Aus „Wening“ S. 143. 8) Poll. Lit. S. 103. 10) Auch in den „Kunstdenkmalen Bayerns“ S. 557 erwähnt. 9) Pf. B. S. 231. 11) Original des Briefes im Ordinariatsarchiv. Illustrierte Monatsschrift und Organ des „Historischen Vereins lür Stadt und Bezirk Landsberg a. L.“ Begründet von Studienrat und Stadiarchivai J. J. Schober t Landsber# Verantwortlicher Schriftleiter: Nachdruck, auch auszugsweise, ohne Paul Wi n hei m ay er in Landsberg a. L Beilage der ..LandsDerger flacnricnien' Genehmigung der Schriftltg. verboten

Nr. 9 tl. Jahrgang 1951 Ein Meisterwerk der Goldschmiedekunst wieder in der Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt

Es war am Patroziniumsfest Maria Himmelfahrt 1951 ungebrochen und mit fester Hand und großem Mut ging ein Ereignis besonderer Art, daß auf dem Kreuzaltar der man an den Wiederaufbau der Stadt und besonders des Stadtpfarrkirche eine silbergetriebene Patrona Bavariae so schadhaft gewordenen „Lechwuhrs“. Obwohl 1637 ein aufgestellt war, die im Jahre 1649 von den Bürgern der Hochwasser die Neubauten wegriß, konnte das Wehr. Stadt gestiftet wurde und seit langer Zeit außerhalb der 1638 fertiggestellt und der Lech wieder als Wasserstraße Kirche, verborgen im Schutz nach Augsburg benützt und eines Privathaushaltes, über die Mühlen in Gang ge­ die vielen Fährnisse vergan­ bracht werden. gener Zeiten herübergeret­ Das große Reliquiar des tet werden konnte. hl. Sebastian, das seit „un­ Wir glauben nicht fehl­ vordenklichen“ Zeiten bei zugehen, wenn wir anneh­ der Sebastianiprozession men, daß bei der Barocki- durch die Straßen der Stadt sierung der Pfarrkirche um getragen wurde, war den 1680 mit der Multscherschen Plünderern in die Hände ge­ Madonna auch diese Patrona fallen. Die Einwohnerschaft Bavariae aus der Kirche ließ nun ein neues, aller­ entfernt, von einem und dings bedeutend kleineres demselben Bürger übernom­ und nicht so kostbares Re­ men, vielleicht sogar ge­ liquiar in Augsburg anfer­ kauft wurde, denn die Mult- tigen, das 1636 bereits in schersche Madonna stammt der Sebastianiprozession mit­ aus einem Hause, das e h e -». getragen w urde Und 1638 dem den Vorfahren der Fa­ wollten die Landsberger milie gehörte, die nun die wieder eine Monstranz ha­ silbergetriebene Patrona Ba­ ben. die bei der Fronleich­ variae in hochherziger Wei­ namsprozession durch die se wieder der Pfarrkirche Stadt getragen werde Sie geschenkt hat. (Siehe Bericht schafften auch hierfür die in den „Landsberger Nach­ Mittel und ließen beim glei­ richten“ v. 17. August 1951.) chen Meister in Augsburg Der Dreißigjährige Krieg eine Monstranz verfertigen, brachte auch über Lands­ die heute noch als wertvol­ berg viel Leid und Not, dar­ ler Besitz der Stadtpfarrkir­ über wurde in den „Lands­ che vorhanden ist. berger Geschichtsblätter“ Auf der Rückseite der Jahrg 1913 in dem Aufsatz 91,5 cm hohen M onstranz ist „Die Leidenstage der Stadt eine Silberplatte mit ein­ Landsberg 1632/33“ ausführ­ gravierter Widmung ange­ lich berichtet. Landsberg bracht, die in lateinischer war verwüstet, die Bevöl­ Sprache von dem Opfersinn kerung dezimiert, aber trotz­ der Bürger kündet. Zu dem war der Lebenswillen Phot. Hirschbeck deutsch lautet die Inschrift: — 67 — — 68 —

Diese M onstranz ließ die Bürgerschaft Landsbergs ver­ keit und Andacht gehalten und verrichtet worden von fertigen durch milde Beiträge nach überstandenen schwe­ Herrn Dechant M. Johann Firnhamer. Dabei ist an Op­ dischen Einfällen, ausgestandener Pest und Hungersnot fergeld gefallen 137 Gulden 42 Kreuzer. Dazu gab das und stattgehabten Lechüberschwem mungen im Jahre 1638. Hl. Geistspital noch extra 20 Gulden. Und als im Jahre Und 1638 w urde diese M onstranz bei der Fronleich­ 1649 eine grassierende Krankheit und noch mehrere namsprozession erstmals mitgetragen. Das Meisterzei­ hitzige Krankheiten auftauchten, beschloß man eine Sammlung „in gantzer Statt und Gemainer Bürger­ chen neben dem Beschauzeichen zeigt drei Aehren, ge­ schaft“, um zu Ehren des hl. Sebastian zur Abwendung nau so wie das Religuiar des hl. Sebastian und genau der Krankheit eine 30 Pfund schwere Wachskerze m a­ so wie die silbergetriebene Madonna. Es ist das Meister­ chen zu lassen, die jeden Samstag unter dem Seba- zeichen des Augsburger Goldschmiedmeisters Hans Chri­ stianiamt brennen sollte. Aus dieser Sammlung ver­ stoph Fesenmayr, der die Würde eines Bürgermeisters blieben nach der Abrechnung des Dechanten und des bekleidete und noch manch andere kostbare Stücke für Kirchenschreibers 7 Gulden 50 Kreuzer, welche für die die Stadtpfarrkirche zu Landsberg lieferte, so auch ein Bildnisstiftung appliziert wurde. Ciborium. Damit waren 165 Gulden 32 Kreuzer vorhanden. Hier­ Warum wurde nun von den Bürgern ein Liebfrauen­ über hat m an sich entschlossen: bildnis gestiftet? Die Chronik sagt uns dazu folgendes: Ein silbernes Vesper-Lieber Frauen Bilt mit Irem Khindlein JESU machen zu lassen. Undt ist selbiges Erst 1646 wurde unsere Gegend wieder in die Kriegs­ bei Herrn Hanss Christoph Fesenmayr, Bürgermeister geschehnisse einbezogen. Anfangs September 1646 wurde und Goltarbeiter in Augspurg dies 1649. Jahr ange- die Lage für die Stadt bedrohlich. Viele Bürger packten frim bt und bestätigt wordten, welches 8 M arkh, 9 Lot, ihre Habseligkeiten zusammen und flohen ins Gebirge, 3 Quint Silber gewogen. Für Khistlerarbeit wurden in die Wildnis und in die Wälder. Die Stadt verpackte 40 Kreuzer, für Fassung und anderes mehr 13 Gulden ihre wichtigsten Urkunden und verbrachte sie nach 49 Kreuzer, zusammen 200 Gulden an Herrn Fesen­ Traunstein, versteckte für den größten Notfall den Rest mayr bezahlt. Dann sonderbar den Herrn Handels- leuthen umb Sambt und Tafel (gemeint ist die W id­ des Geldes der Stadtkasse mit 105 Gulden unter dem mungstafel) 4 Gulden 50 Kreuzer. Gesamtausgab 204 Rathausdach. Am 23. September 1646 wurde Landsberg Gulden 50 Kreuzer. Da aber nur 165 Gulden 32 Kreu­ durch die Schweden besetzt. Am 30. September wurde zer vorhanden, verbleibt der Pfarrkirchen noch 39 eine größere schwedische Abteilung in die Stadt gelegt Gulden 18 Kreuzer darauf zu tun. und diese mußte für Speis und Trank und Kleidung auf- Wir wissen nicht, welchen Platz dieses schöne Bild­ kommen. Als am 12, Oktober 1646 das kaiserlich-bayeri­ nis in der Kirche hatte, aber wir wissen nun, nachdem sche Heer anrückte, mußten die Schweden ihre Position es von den bisherigen Besitzern, den Eheleuten Peter bei Augsburg und damit auch Landsberg räumen. Lands­ und Anna P ö 11, in hochherziger Weise der Kirche zu­ berg wurde Stapelplatz der kaiserlich-bayerischen Ar­ rückerstattet wurde, daß es sich um ein Kunstwerk be­ mee, aber bereits im November 1646 konnten die Schwe­ sonderer Art handelt, um ein Madonnenbildnis, das ge­ den Landsberg wieder einnehm,en und 900 Mann hier ins Quartier legen. Und wieder wurde geraubt und ge­ rade Frau Anna Pölt in rührender Weise betreute, das plündert. Nachdem General Wrangel die vorhandenen sie bei jedem Luftalarm mit in den Luftschutaraum nahm und das sie beim Zusammenbruch im Jahre 1945 Salzvorräte verbrennen lassen wollte, bot die Stadt hier­ für, vertrauend auf die Hilfe des Kurfürsten, 14 000 dem Zugriff der Plünderer entziehen konnte. Reichstaler. Nachdem die Schweden am 27. November Die silbergetriebene Madonna ist 60 cm hoch und 1646 abgezogen waren, trat für die Stadt eine Ruhepause 20 cm breit. Sie steht vor einem goldenen Strahlenkranz, ein. Mit dem Ende der Ulmer Stillstandsverhandlungen der 31 Strahlen aufweist. Die Madonna steht auf der (15. März 1647) begannen die Durchzüge wieder. Der Mondsichel, hält das Kind auf dem rechten Arm und in Kurfürst sicherte seine Westgrenze. Er legte größere der linken Hand ein Zepter mit goldener Krone. Das Truppenmassen und bei 600 Schanzarbeiter in die Mau­ Bild ist auf einem Kasten aufgemacht, der mit rotem ern von Landsberg. Es kam zu wiederholten Gefechten, Samt ausgeschlagen ist. Auf dem Rande des Kastens fin­ wobei Herzog Ulrich von Württemberg dem General det sich ein silbernes Widmungsschild. Der lateinische Wrangel, der weit überlegen war, stärksten Widerstand Text der Widmung lautet zu deutsch: entgegensetzte. Wrangel mußte abziehen, kehrte aber D. O. M. am 9. Oktober 1648 wieder in die Gegend von Kaufering Denkmal geweiht der Gottesgebärerin, Beschützerin, zurück, wohin ihm die Bayern und Kaiserlichen auf dem der Patronin, Bekennerin und Befreierin von dem An­ Fuß nachfolgten. Bei Landsberg konnte Wrangel unmög­ sturm der Feinde vom 6. Oktober 1648 zum Danke uv' lich durchbrechen. Er war in der schwierigsten Lage. zum immerwährenden Andenken der Wohltat und zum Da stellte er seine Armee am 9. Oktober 1648 in Schlacht­ Beispiel für die Nachkommen, von den Bürgern gestif­ ordnung auf. Leider fand es der bayerische Feldmar­ tet und am 3. Juni Anno Domini 1649 geheiligt, auf ge­ schall Enkenvoirt nicht für gut, dieser Einladung zu fol­ stellt, geweiht. gen, sondern verblieb in seinem verschanzten Lager zwei Möge nun dieses über 300 Jahre alte Marienbild wie­ Meilen von Landsberg, stehen. Nun suchte Wrangel eine der in der Kirche zu Ehren kommen und als Dank für andere Passage über den Lech und fand diese bei Scheu­ die Verschonung unserer Stadt im 2. Weltkrieg seine ring. Als die Schweden in Schwaben die Winterquartiere Verehrung finden. Es soll, wie Stadtpfarrer Niklas be­ beziehen wollten, kam die Kunde vom Friedensschluß. absichtigt, einen Ehrenplatz in der Nähe des Hochaltares Da Landsberg so kurz vor Friedensschluß nicht noch­ erhalten Was edler und dankbarer Bürgersinn vor 300 mals erobert und geplündert wurde, fand sich die Ein­ Jahren gestiftet, was edle Bürger treu bewahrt, sollen wohnerschaft zu einem besonderen Beweis des Dankes nun die Bürger und Einwohner unserer Stadt ebenso bereit treu verwalten, verwahren und verehren. In der Kirchenrechnung „Unserer Lieben Frauen Winkelmayer Gottshaus und Pfarrkhirchen allhie zu Landtsperg von Anno 1649“ lesen wir: Dermal geschah im 1648. Jahr, daß der Feind vor all­ Das Rechtsbuch hiesiger Stadt gelegen und sich zur Belagerung „auch allem ybl ansechen“ lassen. Daß daher den 8. Octobris der Stadt Landsberg am Lech 1648ten Jahr vor geistlicher und weltlicher Obrigkeit ins­ gesamt das Gelöbnis und Versprechen ergangen, Gott Dissertation von Dr Alfred Scherpf dem Allmächtigen und seiner werthen und lieben M utter M ARIAE als besonderer Fürsprecherin zu Lob und Ehr (Fortsetzung) ein Am t singen zu lassen und ichtwas zu einem ewigen Der folgende Art. II 134 59) bestimmte: „Swenn auch Angedenken in Unserer Lieben Frauen Pfarrkirchen fewr in eins Haus oder Stadel auffget und das es über machen zu lassen, hierdurch flehentlich zu erbitten, daß der Allmächtige Gott obangedeutete schwere Feindsge­ daz tach auffschlecht es sey in ainem Brinnich oder fahr möglichst abwenden möchte, welches Gott und seine sunst daz es wissentlich wirt durch gelewt oder geschray, liebe Mutter M ARIAE zu ihrer höchsten Dankbarkeit der ist ze puss vervallen dem Rat zway pfund und dem 59 geschehen ist. Hierfür im versprochenen Lobamt zu hul­ digen am 3. Novem ber 1648. Jahres m it großer Fröm m ig­ 59) Später von der Hand Kaufringers nachgetragen. — 69 — — 70 — Richter ain pfund pfennig“. Nach Art. II 135 sollten die sen Ablauf nur mit des Rats Genehmigung in die Stadt Nachbarn demjenigen beim Wiederaufbau helfen, dessen zurück 63). Haus während eines Brandes abgebrochen worden, vor­ Auch bei erlaubten Spielen durfte der Spieler oder ausgesetzt, daß ihnen die Maßnahme zugute gekommen derjenige, der für ihn bezahlte oder bürgte, nicht mehr war. Hatte sich aber das Feuer trotzdem verbreitet, so verpfänden, als „man getreiben und getragen mag“ 63 64) sollten sie nicht zur Hilfeleistung verpflichtet sein. Ein (Art. 145). Wer Glücksspielern etwas lieh, verfiel einer Nachsatz gebot, daß „yederman sol lauffen zu seinem Buße von 60 Pfennig an den Richter und A Pfund Pfen­ hawtman wenn es print“ 60). nig an die Stadt (Art. I 58 und II 152). Eine Gruppe von Vorschriften trägt Straßen - und Zur Wahrung der Feiertagsruhe bestimmte Art. II verkehrspolizeilichen Charakter. So ist es nach 114, daß während der Karwoche niemand lediglich des Art. II 158 verboten, die Straße vor dem eigenen oder Trinkens wegen in ein Wirtshaus gehen durfte. Für den der Nachbarn Haus zu verstellen, „das die wägen an Ostertag bestand überhaupt Ausschankverbot. einander nicht geweichen mügen“. Mit Einwilligung des Eine eigenartige Bestimmung traf ein Landsberger Nachbarn durfte aber zum Beladen eines Fahrzeuges Ratschluß vom 11. 2. 1390, der gebot, „das nu furbas ein dieses vor dessen Tür stehen. Die ähnliche Bestimmung yeglich Burgermaister in den vier Wochen und er bur- des Art. II 193 besagte, „das in der Innern Stat nyemant germaister ist zu zwayn maln des nachtes gen sol in die chain plockich schrenkch stekhen noch Stain vor seiner leythewser und wo er pwben, Ruffian, Spiler findet, die Tür nicht ligen sol lassen oder hakchen, er welle es dann sol er aufheben und in die Schergenstuben füren, das sy widerhand verpawen“ und drohte dem Zuwiderhandeln­ gepessert werden nach des Raths ratt“ (Art. II 128). den eine Strafe von 36 Pfennig an den Richter und ^ Pfund Pfennig an die Stadt an. Allgemeine Bedeutung hatten schließlich die Verbote, nachts nach dem Läuten der Bierglocke ohne Licht auf Art. 137 schrieb vor, Gruben und Brunnen zu ver­ der Straße zu gehen (Art. II 150), innerhalb der Stadt wahren, damit anderen Leuten kein Schaden daraus ent­ Flachs zu dörren oder zu schlagen (Art. II 138), „den, die stehe. Art. II 194 verbot, „das in der innern Stat nye­ des nachts die züber aus den prifeten ein den pach tra- mant kainen mist vor seiner Tür oder hinder seinem gent65), dhein layd tun mit slahen oder mit werffen“ Haws in chainer gassen lenger lass ligen dan hintz an (Art. II 147). Strafen von 60 Pfennig, VA und 2 Pfund den dritten tag“ bei Strafe von 12 Pfennig an den Rich­ Pfennig bedrohten diejenigen, die dem zuwiderhandelten. ter und 36 an die Stadt. Während es sich bei Art. II 194 offenbar um einen Landsberger Ratschluß handelt, ist 1) Sonstige strafbare Handlungen die Vorschrift des Art. II 149, die ein sinngleiches Ver­ Schon die Gefährdung von Mitmenschen und deren bot ausspricht, einer Münchener Stadtrechtssammlung Güter stellten zwei Bestimmungen unter Strafe. Wer entnommen (sie erscheint als Art. 15 im Ratsbuch IV und Messer oder andere scharfe Waffen, die geeignet sind, als Art. 290 in der Kaiserbildhandschrift61). das Leben anderer zu gefährden, nach Menschen warf, sei es ohne bestimmtes Ziel in eine Menge oder nach Eine Bestimmung, die die Sauberkeit der einem Einzelnen, wurde mit der verhältnismäßig hohen Straßen sicherstellen und damit die Gesundheit Strafe von 10 Pfund Pfennig an die Stadt und 1 Pfund der Bürger schützen sollte, gibt Art. II 148: Bei Mei- an den Richter belegt. War diese nicht einbringbar, so dung einer Strafe von 24 Pfennig an den Richter, 8 Pfen­ schlug man dem Täter eine Hand ab (Art. II 86). Der Art. nig an den Schergen und 1 Pfund Pfennig an die Stadt II 154 sagt kurz und bündig: „Wer auf ein Ziegeldach war Unflat in den Bach zu tragen und nicht auf die würfft, der geit dem Richter zwelff pfennig, der Stat Straße zu werfen. Mit Art. II 146 ist wörtlich der Art. vier und dreißig pfennig.“ 234 des Liber Rufus 62) ins Landsberger Buch überge­ gangen, wonach Vieh, das an einer Seuche verendet war, Schlüssel durften nicht nach Teig- oder Wachsabdrük- aus der Stadt geschafft werden mußte (hier hat der ken hergestellt werden, den Sporern (Sporenmachern) Landsberger Schreiber sogar die Ortsbezeichnung „zwi­ war deren Anfertigung überhaupt verboten (Art. I 44). schen den Straßen nach N euhausen und nach Mosach“ Ein nur aus den mittelalterlichen Verhältnissen heraus mit abgeschrieben). zu verstehendes Verbot war das des „ersaigen und er­ suchen“ von Münzen (Art. II 115). Damit war das Aus­ Der Erhaltung von Ordnung und Sitte suchen und aus dem Verkehr ziehen von gut geprägten, dienten.die Vorschriften, welche Spiel und Wirtshäuser vollwichtigen Münzen gemeint, das eine dauernde Ver­ betreffen. Art. II 132 verbot alle Würfelspiele. Im Ueber- schlechterung der Masse der umlaufenden Münzen zur tretungsfalle hatten Spieler und Wirt die Buße zu zah­ Folge gehabt hätte 66). len, 60 Pfennig an den Richter und 'A Pfund Pfennig an Einer Strafe von 1 Pfund Pfennig an die Stadt und die Stadt. Bei Zahlungsunfähigkeit trat eine Leibesstrafe Pfund an den Richter war verfallen, wer einem, „von ein. Alle Spieler, Zuhälter und ähnliche Leute, denen dem man ungesungen ist“ (Gebannter), in der Stadt zu andere Städte verboten waren, wurden der Stadt Lands­ essen oder zu trinken gab oder ihm Unterkunft ge­ berg auf ein Jahr verwiesen. Sie durften auch nach des- währte (Art. II 107). Auf einen Münchener Ratschluß von 13 1 8 67) gründet 60) Hinsichtlich der drei letztgenannten Artikel hat schon v. d. sich der Art. II 104, der in die Kaiserbildhandschrift Pfordten (S. 334) festgestellt, daß Art. II 133 und II 135 dem (Art. 269) übernommen worden und wahrscheinlich von ersten und zweiten Absatz des Art. 360 des Münchener Liber Rufus und Art. 1 des Ratsbuches IV entsprechen. Sei­ ne weitere Bemerkung, daß die Strafbestimmung des Lands­ 63) Der Landsberger Art. II 132 ist inhaltlich ähnlich den Art. berger Art. II 134 also wohl „später“ weggelassen worden 343, 344 und 382b des Liber Rufus. Die Formulierung läßt sei, ist allerdings unrichtig. Das Ratsbuch IV ist in der Zeit die Bestimmung aber als Landsberger Ratschluß erkennen. von 1370—1434, die darin enthaltene in sich geschlossene Der Artikel erscheint in dieser Form nur noch in dem Codex Sammlung von Rechtsregeln, aus 56 Artikeln bestehend, um von Schongau (Cod. bav. 1527). Die genannten Bestimmungen 1372 in einem Zuge niedergeschrieben worden (Dirr S. 97*). des Liber Rufus fehlen im Landsberger Rechtsbuch, was den Zu diesem Zeitpunkt fehlte also die erwähnte Strafbestim­ Schreiber veranlaßt haben mag, den Ratschluß ins Stadt- mung. Das Liber Rufus entstammt der Zeit von 1339—1365, recht aufzunehmen (Abdruck bei v. d. Pfordten S. 334). die darin enthaltenen Nachtragsartikel, zu denen Art. 360 64) Auer (im Glossar) deutet diesen Ausdruck mit: nicht mehr, zählt, sind aus der Zeit zwischen 1347 und 1365 (Dirr S. 91* als er bei sich trägt. Doch dürfte es sich hier um eine Um­ und 93*). Auch um die Mitte des 14. Jahrhunderts existierte schreibung für „Fahrnis“ handeln. demnach die Strafbestimmung nicht Von den übrigen Ab­ schriften und Sammlungen des Münchener Stadtrechts ent­ 65) — Äbtrittreiniger, vgl. Lexer Bd, II S. 299 hält noch die Kaiserbildhandschrift (1370—1372) in Art. 176 66) Das Münzrecht und die Münzverwaltung lag in der Zeit des die den Landsberger Artikeln II 133 und II 135 entsprechende 14.—16. Jahrhunderts in der Hand der Territorien und gro­ Vorschrift; der Satz des Art. II 134 fehlt auch dort. Er ßen Städte. Wenn auch damals die absichtlichen Münzver­ taucht vielmehr zum erstenmal im Landsberger Rechts­ schlechterungen, wie sie im 13. Jahrhundert üblich waren buch auf, ist also frühestens im Jahre 1424 niedergeschrie­ und zu Rebellionen der Bürger geführt hatten — München ben worden und findet sich auch in späteren Sammlungen 1294 — nicht mehr häufig waren, so konnten wegen der nicht mehr. Es dürfte wohl kein Zweifel darüber bestehen, technischen Verhältnisse Gewichtsabweichungen bei den Mün­ daß die Strafbestimmung ursprünglich fehlte und erst im zen doch nicht vermieden werden. Dies war ja auch der Landsberger Rechtsbuch eingefügt worden ist. Grund, weshalb bei größeren Zahlungen die Pfennige nicht gezählt, sondern nach „Pfund Pfennigen“ gewogen wurden. Gl) Dirr S. 511 und 537. — Eheberg S. 85 f., S. 178; Schröder-Künßberg S. 573. 62) Dirr S. 383. 67) Dirr S. 91. — 71 — 72 — dort ins Landsberger Buch gelangt ist: wer Gefangene ger als die Hälfte des wahren Wertes definiert ist. Hier der Stadt um Geld oder Gut löst, „der geit dy puss die bestand zwar keine Strafdrohung, doch war der Kauf darub gesetzt ist und pessert in an leib und an gut als in jedem Falle nichtig. der stat hantuest sait“. Die Handfeste ist der Brief Her­ Eine Reihe von Vorschriften über bestimmte Ver­ zog Rudolfs von 1301 68 69), in welchem die Festsetzung der kaufsgüter trägt gewerbepolizeilichen Charakter und hat Buße dem Rat übertragen wird; mit dem Ratschluß von schuldrechtlich keine Bedeutung. 1318 ist dies generell geschehen: die Buße war' so hoch wie die Summe, mit der der Gefangene gelöst worden Die bisher zitierten Artikel beziehen sich nur auf den war und zwar mußte sowohl der Gefangene als auch der Fahrniskauf. Für Immobilien galten spezielle Vorschrif­ Lösende diese Summe bezahlen. ten. Nach diesen war die notwendige Form bei freiwilli­ ger Grundstücksveräußerung die gerichtliche Auflas­ Eine vielfache Abstufung der zu entrichtenden Bu­ sung. Art. 32 bestimmte: „Wer aigens sich verzeihen wil ßen geben die Art, 31 und 52 bei Pfandwehrung. Sollte der sol das tun mit gerichts hant in den vier wenden“; wegen einer Klage um einen Geldbetrag unter 36 Pfen­ Art. I 31 (ähnlich Art. II 3) erläutert die Mitwirkung des nig vollstreckt werden, so war, wer sich der Pfändung Gerichts näher: „Es ist auch der stat recht das er es auf­ des Fronboten widersetzte, dem Richter 12 Pfennig, im geben sol vor offen gericht mit gerichts hant. Und'sol ez Wiederholungsfälle 24 Pfennig schuldig. Wer den Fron­ der richter aus seiner hand antwürten dem, der es hat boten sonst an der Pfändung in Haus und Hof hinderte, gekauffet. . Der Verkäufer ließ also dem Richter die zahlte 60 Pfennig 69). Die zweite Pfändung versuchte der Liegenschaft auf und ließ sie durch diesen dem Erwerber Nachrichter, die dritte der Richter selbst. Wer sie hin­ übereignen73). Für die Vornahme der Auflassung er­ derte, wurde mit 72 Pfennig bezw. 3 Pfund 60 Pfennig hielt der Richter von beiden Parteien nach dem Lands­ bestraft. berger Stadtrecht je 36 Pfennig an Gerichtsgebühren. Zivilrechtliche Bestimmungen Während Art. I 31 Gebühren an den Schergen noch nicht nennt, setzt Art. II 3 solche in Höhe von 31 Pfennig fest. Die Betrachtung der zivilrechtlichen Bestimmungen Die Erklärung dafür ist darin zu suchen, daß zur Zeit gibt besonders Veranlassung zu dem Hinweis, daß das der Entstehung des Art. I 31 ein Aufgebotsverfahren, Landsberger Rechtsbuch, wie alle geschriebenen Gesetze wie es unten noch beschrieben wird, nicht üblich war. seiner Zeit, die privatrechtlichen Verhältnisse nicht er­ Art. II 3 setzt eine Tätigkeit des Schergen voraus, die schöpfend regelte. Es fixierte vielmehr nur einen Teil eben in diesem Aufgebot liegt. Der Artikel ist demnach des längst geltenden Gewohnheitsrechtes und änderte später entstanden als Art. I 31. nichts am Weiterbestand der im Buch nicht niederge­ schriebenen gewohnheitsrechtlichen Sätze. Für Rechts­ Ein zweites Erfordernis des Grundstücksveräuße­ verhältnisse, die in dem Buch eine Regelung gefunden rungsgeschäftes war die Eintragung der Auflassung im haben, aber vor dessen Entstehung begründet worden Gerichtsbuch. Ob sie wesentlicher Bestandteil des Ver­ waren, stellten Art. 26 und 41 ausdrücklich fest, daß für äußerungsgeschäftes war, ist bei der wenig exakten Ter­ sie nicht die Artikel des Buches, sondern das alte Ge­ minologie des Rechtsbuches nicht eindeutig festzustellen. wohnheitsrecht maßgebend sein'sollte: „so sol das puch In seiner Untersuchung der betreffenden Artikel des und die gesetzt unschedlich sein“ und „man sol darumb Münchner Stadtrechtsbuches, von denen die Landsberger chlagen nach den alten rechten und nach der alten ge- Bestimmungen nur wenig abweichen, ist Reinecke 74) zu w onheit“ dem Ergebnis gekommen, daß zwar ein Eintragungs­ zwang bestand, die Eintragung jedoch zum Eigentums­ 1. Sachen- 'und Obligationsrecht übergang nicht notwendig war. Dies dürfte auch für den Die Bestimmungen im mittelalterlichen Münchener Rechtszustand in Landsberg zutreffen. In Art. 32 ist be­ Recht, welche die sachenrechtlichen Grundbegriffe — stimmt- „Wenn man ein aigen in das puch schreiben sol, Gewere und Eigentum — betreffen, sind in der Arbeit so sol man in dem puch suchen, ob das aygen yemant von Reinecke70) ausführlich dargestellt Es kann hier vorste“; entsprechend Art. II 5 (und der ähnliche Art. darauf verwiesen werden, da das Landsberger Rechts­ I 33); „Wenn aber ainer sein aigen wil aufgeben vor dem buch keine wesentlichen Abweichungen aufweist. rechten, so sol man des richters Schreiber vor darumb Im Folgenden sollen, die einzelnen Schuldverhältnisse zusprechen, das er das puch les, ob das selb aygen ye- und Haftungen, wie sie im Stadtrechtsteil des Landsber­ mantz pfant sey vor maln“. Der Eintragungszwang ist ger Buches geregelt sind, besprochen werden. Dabei wird im Landsberger Stadjrechtsbuch im Gegensatz zu dem auch die Form der freiwilligen Uebertragung von Eigen­ der Stadt München schon schriftlich festgelegt. tum an Liegenschaften dargestellt. (Fortsetzung folgt) Kauf, Miete, Pacht. Leihe Als Zeichen des abgeschlossenen K au fvertrages galt die Hingabe des Kaufgeldes. Nahm Ser Käufer die so Bücherecke „vergleichaufft“ Sache nicht ab, so hatte der Verkäufer NEUER GESCHICHTS- UND KULTURATLAS von der das Recht, diese anderweit zu verkaufen, nachdem er die Urzeit bis zur Gegenwart. Herausgeber Dr. Hans Z e i s s i g. Angelegenheit „für recht“ gebracht hatte: der Käufer Atlantik-Verlag Paul List, München, Goethestraße 43 138 hatte ibm außerdem den Schaden, den er dadurch erlitt, farbige Karten mit erläuternden Texten. Halbl. 8.90 DM. zu ersetzen 71) (Art. 40). Eine Beweisregel für den ^rozeß Nicht einstige Territorialgeschichte oder Kriegsgeschichte wegen eines Kaufvertrages gibt Art. 21. zeigt der Atlas, sondern wirklich Geschichte der Völker. Beim Kauf von Pferden ist eine Mängelhaftung er­ Beginnend mit der ältesten Steinzeit, führt uns das Karten­ material über die mittlere und jüngere Steinzeit, zur Bronce- wähnt: Erhob der Käufer Klage, die dem Wesen nach und Hallstattzeit, zur Römerzeit, zeigt uns die Entwicklung der heutigen Wandelungsklage entspricht, so konnte sich der Völker auf anderen Kontinenten, um uns dann im Mit­ der Verkäufer nur durch den Beweis befreien, daß die telalter die Merowinger und Karolinger näher zu bringen Fehler ihm selbst nicht bekannt gewesen waren oder und zur Neuzeit überleitend, um mit dem Stand während daß er das Pferd ausdrücklich so verkauft habe, wie es und nach dem 2 Weltkrieg abzuschließen Das Interessante der Käufer besichtigt hatte (Art.165). an diesen Karten sind die eingezeichneten Wanderwege und -Züge der Menschen jener Zeiten, die zur Besiedelung neuer Der Fürkauf72) war bei Meidung einer Strafe von Gebiete und zur Gründung neuer Reiche führten ßie Texte 1’4 Pfund Pfennig verboten (Art. I 15, 1172); ebenso der geben kurz und klar Aufschluß, wie auch die Baustile, die Unkauf, der in Art. I 55 (und II 109) als Kauf um weni- durch die einzelnen Völker entstanden sind, erwähnt werden. So ist dieser Atlas ein wirkliches Buch der Geschichte, das bei keinem Heimatfreund, noch weniger aber in den Schulen 68) D irr S. 58, fehlen dürfte Gerade die Schulen werden mit diesem Atlas 69) W egen A rt. 52 siehe S. 30 oben. ein Anschauungsmaterial haben, wie es bisher noch nicht 70) Reinecke, Beiträge zur Privatrechtsentwicklung des Münch­ gegeben war Bei der Fülle des sorgsam verarbeiteten Ma­ ner Stadtrechts im Mittelalter, 1936 terials ist der Preis von 8,90 DM niedrig zu nennen. 71) Ein im mittelalterlichen deutschen Recht seltener Fall des Selbsthilfeverkaufs, Heuer S. 63 und 79. 72) Vorwegkauf zum Zwecke wucherhaften Wiederverkaufes, 73) Wie im Münchner Stadtrecht, Reinecke S. 23. Lexer Bd. III S. 603. 74) S. 28/29. Illustrierte Monatsschrift und Organ des „Historischen Vereins lür Stadt und Bezirk Landsberg a. L.“ Begründet von Studienrat und Stadtarchivai J . .J Schober t Landsberg

Verantwortlicher Schriftleiter: R p ||9np tlPP I anilChPPnPP Naf>HPIPfllPn' Nachdruck’ auch auszugsweise, ohne Paul Wi n k e I may er in Landsberg a. 1. DullOIJu llul „Lu llllullul ü 01 II01» III lulllull Genehmigung der Schriftltg. verboten

Nr. 10 *1. Ja h rg an g 1951

wirt angesprochen, der sol sich an seinen gewern haben“. Das Rechtsbuch Gegebenenfalls kommt hier natürlich die zehnjährige Frist in Frage, denn es liegt lediglich an der ungenauen der Stadt Landsberg am Lech Ausdrucksweise der Stadtrechte, wenn nur die „iarsfrist“ Dissertation von Dr Alfred Scherpf erwähnt ist. (Fortsetzung) Art. II 116 verbietet den Kauf von Immobilien und ihnen gleichgestellten Realrechten (Gilten), die in der Art. I 31, der dem A rt. 267 des M ünchener Rechts­ Stadt oder im Stadtgerichtsbezirk liegen, an Nichtbürger. buches 75 77)76 entspricht, ersetzt die im Münchener Buch ge­ Verbotswidrige Verkäufe sind nichtig, der Verkäufer brauchte Wendung, daß nach dem „öffentlichen beruffen“ wird bestraft. durch den Fronboten (dem Aufgebotsverfahren, siehe unten), falls niemand widerspricht, „sol geschehen, als Die folgenden Vorschriften des Rechtsbuches über der stat recht ist“ durch: „sol es geschriben werden in Miete und Pacht beziehen sich nur auf Gebäude das puch als der Stat recht ist“. und Grundstücke. Wie der Kaufvertrag galt auch der Miet- oder Pachtvertrag mit der Hingabe eines Auf­ Das Erfordernis eines Aufgebotsverfahrens vor der geldes — „swer leykauf daran geit“ — als abgeschlossen. Veräußerung liegenden Gutes ist historisch die jüngste Der Mieter oder Pächter sollte Besitz und Nutznießung Einrichtung beim Immobilienverkauf78). Art. II 3 (und des Grundstückes für die verabredete Zeit haben, nor­ ähnlich auch I 31) schreibt für den Verkauf von liegen­ malerweise ein Jahr, es sei denn, er würde nach einem dem Gut vor: „Und süllen ez fronpoten offenlichen be­ gerichtlichen Urteil durch Fronboten von dort verwie­ ruffen dreystund 77), ob es yemant versprechen welle“. sen: „. . . den das recht und fronbot daraus treibt, der Entstehung und Wirkung dieser aus dem Münchenei sol des nicht entgelten, und den verdienten Zins sol er Stadtrecht übernommenen Institution sind bei Reinecke geben“ (Art 154). Mit diesem letztgenannten Fall hängt genügend besprochen 78). die Bestimmung des Art. 82 zusammen: Wollte der Ver­ Dagegen ist der vierte Bestandteil des Veräußerungs­ mieter das Mietverhältnis während der Mietzeit aufhe- geschäftes von Liegenschaften, die Gewährschaftspflicht ben, „umb sogetan schuld, die er nicht gern offent“, so des Verkäufers, eine ältere Erscheinung des mittelalter­ mußte er beweisen, wahrscheinlich durch seinen Eid. lichen deutschen Rechts 79). Der V eräußerer eines G rund­ daß weder Haß noch Neid seine Beweggründe waren. stückes hatte dem Erwerber Gewährschaft dahin zu lei­ Der Mieter mußte dann räumen und die bis dahin fällige sten, daß dieses wirklich sein eigen und mit keinem Mietsumme bezahlen. Rechtsmangel behaftet sei. Dies geschah entweder durch Art I 14 (II 64) gab dem Vermieter das Recht, den Pfandsetzung anderer Immobilien oder durch Stellung Mieter wegen rückständigen Mietzinses in seinem Haus von Bürgen, in Ermangelung beider ausnahmsweise auch ohne Zuziehung von Fronboten zu pfänden. Seine Miet­ nur durch den Eid des Veräußerers (Art. 32, II 4). Die zinsforderung ging allen Forderungen vor, derentwegen Gewährschaft wurde Erben und Gläubigern geleistet 8f>) und dauerte, falls diese inner Landes waren, Jahr und Tag, falls sie außer Landes waren, zehn Jahre und einen 79) Zur Terminologie der Quellen vgl. Reinecke S. 23 unten/24. Tag (Art. 32, II 4). Ein eigenartiges Verfahren, durch 80) Vgl. Reinecke S. 25/26 81) Reinecke (S. 24, 27) unterscheidet Sicherheitsleistung des welches der Käufer den Verkäufer zur Fertigung zwin­ Veräußerers in persönlicher Rechtsbeziehung dem Käufer gen konnte, ist mit dem Art 160 aus dem Münchener gegenüber („stätigen, vergewissen“) und öffentliche Bestä­ Sladtrechtsbuch übernommen worden81). tigung der Sicherheitsleistung vor Gericht („fertigen“). Die­ sen letzeren Akt konnte der Käufer nach Art. 160 erzwin­ Die Wirkung der Gewährschaftsleistung drückt Art. gen: auf seinen Antrag wurden ihm durch den Richter Lie­ 35 kurz und bündig aus: „Wer inner iarsfrist umb aigen genschaften des Veräußerers im gleichen Wert wie die ver­ kaufte weggenommen und dem Käufer zu Nutz und Gewer übergeben, solange, bis sich dieser zur Fertigung bereit fand. 75) Din- S. 393. Besaß er keine Liegenschaften, so wurde ihm auf dieselbe 76) Schwerin S. 115. Weise seine gesamte Fahrhabe genommen und er wurde 77) — dreimal. vom Richter an Leib und Gut zur Vornahme der Fertigung 78) S. 29/30. gezw ungen. — 75 — — 76 — Gegenstände des Mieters innerhalb des Hauses gepfän­ durch Pfandgestellung zu sichern hatte, wenn der An­ det worden waren (Art. 180; Vermieterpfandrecht also spruch durch gerichtliches Urteil festgestellt worden war.; stärker als das heute im BGB §§ 559—563 festgelegte). Mußte der Dienstbote ein zweites Mal deswegen klagen, Eine Trennung nach Miete beweglicher Sachen, also so hatte die Herrschaft dem Gericht eine Buße von 72 entgeltlicher Gebrauchsüberlassung, und Leihe, also Pfennig zu entrichten, die jedoch erst nach Zahlung des unentgeltlicher Gebrauchsüberlassung, kommt im Stadt­ Lohnes (als „gearntz Ion“ bezeichnet; das Rechtsbuch recht nicht zum Ausdruck. Dem alten Satz „Hand wahre gibt in Art 142 selbst eine Definition) fällig wurde. Hand“82) entsprechend, bestimmt Art. 179, daß eine Als Gründe für die Zulässigkeit einer vorzeitigen Sache, die „in trewes hand ze behalten“ gegeben worden Entlassung von Dienstboten nennt das Rechtsbuch neben war, nur vom Empfänger, nicht aber von einem Dritten, dem Hausdiebstahl des Bediensteten (Art. 66) noch zwei der die Sachen inzwischen erhalten hatte, herausverlangt Fälle: der Dienstherr hatte wie der Vermieter die Mög­ werden konnte. Die gleiche Bestimmung trifft Art. 193 lichkeit, das Vertragsverhältnis ohne Darlegung des für den Fall, daß jemand Gut „hinleicht umb Ion oder Grundes aufzulösen, wenn er beeidete, daß dieser Grund umb zins oder durch trew“ und der andere das Gut in einem Verschulden des Dienstboten bestand, das er „versetzt oder verkümert“. Hinsichtlich der Haftung be­ aber nicht gerne bekannt gab (Art. 144); schließlich konn­ stimmt Art. 94, daß derjenige, dem Gut auf Treue emp­ te beim Tode des Dienstherrn dessen Witwe die von ihm fohlen war, für Verlust oder Untergang dann nicht ein­ geschlossenen Gesindeverträge vor der Zeit lösen (Art. zustehen hatte, wenn er beeidete, er habe es verwahrt 143). wie sein eigenes Gut Aehnlich ist die Bestimmung des Der Dienstbote konnte seinen Dienst vorzeitig ver­ Art. 95, wonach grundsätzlich „was man ainem man lassen, wenn er schlecht behandelt oder verpflegt wurde leicht oder setzet“ im gleichen Zustand zurückzugeben (Art 140) In einem daraus entstehenden Prozeß hatte war. Für den besonderen Fall, daß es sich um Vieh han­ der unterliegende Teil dem Richter 72 Pfennig Buße zu delte, das an einer Seuche erkrankt oder eingegangen zahlen. Obsiegte der Dienstherr, so könne er seinen war, konnte der Verwahrer aber wieder den Beweis sei­ Schaden vom Dienstboten ersetzt verlangen und war ner Schuldlosigkeit führen. Die Erwähnung des Einzel- diesem außerdem keinen Lohn schuldig. Obsiegte der i'alles darf hier nicht als Ausnahme von der Regel ge­ Dienstbote, so hatte er Anspruch auf seinen ganzen Lohn. wertet werden, sondern ist lediglich als Beispiel auf­ Die entsprechende Regelung traf Art. 141 für Lehr­ zufassen linge, die vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Lehr­ Die Rechtsform d^er Leihe umfaßte im Stadtrecht zeit ihre Stelle verließen noch das Darlehen, bei dem der Empfänger nicht die­ Allgemeine Vorschriften über den Werkvertrag selbe Sache, sondern nur gleiche Art und Menge zu­ fehlen im Stadtrechtsteil des Landsberger Buches. Das rückzugeben hatte83). Art. II 173 verbot das zinsbare im mittelalterlichen Recht nicht seltene Verbot, vor Voll­ Darlehen. Diesem Zinsverbot waren jedoch Juden nicht endung einer handwerklichen Arbeit eine andere zu unterworfen, wie aus Art. 174 und 175 hervorgeht: übernehmen, galt nach Art II 57 für alle Bauhandwer­ Wurde einem Juden Diebesgut zu Pfand gesetzt, so konn­ ker, also Maurer, Zimmerleute und Dachdecker. Nicht­ te der, dem es abhanden gekommen war, das Gut von achtung war mit einer Buße von 1 Pfund Pfennig an dem Juden gegen Erstattung der Pfandsumme heraus­ die Stadt und 60 Pfennig an den Richter bedroht. verlangen, ohne den Zins zu bezahlen (Art. 174); verlor ein Jude ein Pfand, „das im umb gesuch 84 85) gesetzt w er“, Für verschiedene Einzelfälle von Arbeitsverträgen war so hatte er den Wert zu ersetzen, wovon er die geliehene die Haftung besonders geregelt: In Art 49 die Haftung Summe abziehen durfte, nicht aber die angefallene Zins­ des Hirten bei Verwahrlosung der Tiere, in Art 42 die summe (Art. 175). In diesem Zusammenhang mag die Haftung des Kommissionärs für Waren, die in seinem Vorschrift des Art IT 171 erwähnt werden Sie stammt Besitz untergegangen waren; in Art 166 die Haftung aus dem Münchener Ratsbuch IV. Art. 37 88) und enthält des Frachtführers, wenn ihm übergebene Salzschejben einen Ratschluß, nach welchem verschiedene in Augsburg beschädigt wurden: in Art. II 124 die Haftung des Salz­ bezüglich der Juden geltende Rechtssätze übernommen auflegers 88) für Verlust eines Teils des Salzes; in Art. wurden. Dort sind u a die Zinsen festgelegt, die Juden II 169 die Haftung der „Gewandhüterinnen“ in den Ba­ fordern durften und zwar pro Woche von einem Bürger destuben für Gegenstände, die dort verloren gingen. Die 2 Pfennig, von einem Auswärtigen 3 Pfennig 86). Badewärterinnen konnten nicht einmal den Beweis füh­ ren, daß sie die gebührende Sorgfalt verwandt hatten, Arbeitsverträge wie es z. B. den Hirten und den Frachtführern gestattet Der Dienstvertrag erscheint im Stadtrecht in war. seiner Form als Gesindevertrag in verhältnismäßig ein­ Kommissionsweise erhaltenes Gut in Benützung zu gehender Regelung. Daneben findet auch der Lehrver­ nehmen, war verboten, bei Zuwiderhandlungen hatte trag Erwähnung. der Kommissionär für eventuelle Verschlechterungen des Dienstboten gingen mit der Annahme eines Drauf­ Gutes Ersatz zu leisten und war einer Buße von 72 Pfen­ geldes von der Dienstherrschaft die Verpflichtung ein, nig an den Richter verfallen (Art. 43) dieser für die vereinbarte Zeit die vereinbarten Dienste Als besonders verpflichtete städtische Beamte erschei­ zu. leisten. Entzogen sie sich dieser Verpflichtung, so soll­ nen in Art. II 181 die „Underkäufel“. Sie wurden mit ten sie — auch wenn sie das Draufgeld zurückgeben einer vom Rat festzusetzenden Buße und Verlust ihres wollten — vor Gericht geladen und im Versäumnisfalle Amtes bestraft, wenn sie bei einem verbotenen Kauf so lange in die Schergenstube eingesperrt werden, bis mitwirkten oder einen solchen dem Stadtrat verschwie­ sie den Dienst antreten wollten. Der Dienstherrschaft gen. Sie hatten also zunächst die Aufgabe, den legalen mußten sie außerdem den Schaden ersetzen, der dieser Handel zu schützen89), waren aber daneben auch ge­ aus der Verzögerung entstanden war (Art II 126). Art. werblich tätig als Vermittler bei Abschlüssen von Ver­ II 162 gab der Dienstherrschaft ein Züchtigungsrecht ge­ trägen. Art. II 183 setzt die Taxen fest, die ein Under­ genüber den Dienstboten, das seine Grenze erst da fand, käufel als Makler für erfolgreiche Vermittlert.ätig- wo Hausherr oder Hausfrau die Dienstboten „verwun- keit jeweils von beiden Parteien verlangen konnte. dent mit scharffen Waffen oder erlement 87)“ (Art I 6). Sozialen Charakter trägt die Vorschrift des Art 139, Fund wonach die Dienstherrschaft einem Dienstboten seinen Auf fol. 85 des Rechtsbuches ist von späterer Hand Lohn noch am selben Tag zu bezahlen oder mindestens ein Nachtrag unter der Ueberschrift „Von fundens gut weg“ eingetragen, Jede Fundsache mußte dem Richter ausgeantwortet werden. Meldete sich auf die öffentliche 82) Vgl. Schw erin S. 100. 83) Schwerin S. 209. Bekanntmachung hin der Verlierer und konnte er sein 84) = Zins, Lexer Bd I S 938. Recht auf die Sache beweisen, so erhielt er sie zurück 85) D irr S. 515. ohne Verpflichtung zur Zahlung eines Finderlohnes oder £6) Nach dem im 14. und 15. Jahrhundert in Süddeutschland gebräuchlichen Münzfuß wurden 240 Ffennig auf das Pfund gerechnet (Schröder-Künßberg S. 573), also betrug der Zins­ 88) Dem Salzaufleger oblag das Auf- und Abladen des Salzes; fuß 43 'A bezw. 65%. Auer, Glossar. 87) T= erlahmen, lahmschlagen. 89) Vgl. Schwerin S. 215. — 77 — — 78 — zum Ersatz der Unkosten. Meldete sich niemand, so ging schehen seyn, die sullen awsbracht werden mit briefen das Eigentum nach Jahr und Tag auf den Richter über. und urkunden.“ Bestätigt diese Urkunde aus dem Jahre 1392 das Landsberger Stadtherkommen über die Geltung Bürgschaft des Güterstandes der allgemeinen Gütergemeinschaft, Ueber die Begründung einer Bürgschaft sagen die so bringen die Artikel des Stadtrechtsteiles des Rechts­ Artikel des Stadtrechtsbuches, nichts aus. Art. 177 gibt buches die näheren Bestimmungen darüber. die Möglichkeiten der Beendigung: der Bürge wurde Bei unbeerbter Ehe, d. h. wenn der Bestand der Ehe nur frei, wenn der Gläubiger befriedigt wurde oder von keinem lebenden Kind überdauert w urde93 949596), trat wenn dieser ihn selbst von der Haftung als Bürge be­ Anwachsung des Anteils des verstorbenen Ehegatten am freite Art. 101 enthält die Verfahrens- und Beweisre­ Gesamtgut an den überlebenden Ehegatten ein: Art. I 28 geln für den Fall, daß sich der Gläubiger an einen Bür­ besagt, daß die Frau nach dem Tode des Mannes alles gen hielt. Art. II 66 verpflichtet den Schuldner, seinen erhalten sollte, „swaz die selb fraw guts hat, das ir von Bürgen aus der Haftung zu befreien oder dessen Schaden irem wirt ist worden oder das sy selb gewunen hat“. wieder gutzumachen Auf Frau und Kinder ging eine Umgekehrt sollte Entsprechendes für den Ueberlebenden Bürgschaft erbschaftsweise nicht über, es sei denn, die Mann gelten. betreffenden Erben waren die Bürgschaft miteingegan- Bei beerbter Ehe wurde die unter den Ehegatten be­ gen oder gingen sie jetzt ein (Art. II 67). U nter die der stehende Vermögensgemeinschaft durch den überleben­ Verfügungsmacht der Ehefrau entzogenen Rechtsgeschäfte den Ehegatten und die Kinder fortgeführt 94). A rt. 126 fiel auch die Eingehung einer Bürgschaft; ausgenommen bezeichnet die fortgesetzte Gütergemeinschaft als die Re­ waren Frauen, „die ze margt sten“ (Art. II 68). gel und ordnet nur in besonderen Fällen Auseinander­ Pfandrecht setzung an Die grundsätzlichen Vorschriften über das Pfandrecht Bezüglich der Schuldenhaftung bestimmt der zweite sind dem Münchener Recht entnommen Wie dort lassen Satz des Art. 194: „Und ob ein man umb gelt geuangen sich auch im Landsberger Stadtrecht unterscheiden: frei­ wirt oder sust benött, was sein hawssfraw dann guts willig bestelltes Pfand, auf Grund richterlichen Urteils hat über ir morgengab, damit sol sy mit irem wirt gelten.“ genommenes Pfand und auf Grund Pfändungsrechts ge­ Widerlegung und Morgengabe 95) bezwecken eijjie Si­ nommenes Pfand. Das Pfändungsrecht, das Recht der cherung der Frau gegen mißbräuchliche Ausübung des eigenmächtigen Pfandabnahme ohne Zuziehung eines Pf än- Verfügungsrechtes des Mannes und eine Sicherung ihrer ders, beschränkt sich auf die fünf bei Reinecke genann­ Witwenversorgung. Form und Behandlung der ersteren ten Fälle. Da das ganze Gebiet in der Arbeit Reinecke's 9°) regeln die Art. 124 und 125. Die Morgengabe sollte auf eingehend erörtert ist, genügt hier der Hinweis darauf. unbeweglichem Gute bestellt werden, durfte aber höch­ Bemerkenswert im Landsberger Rechtsbuch ist eine stens den zehnten Teil des ganzen Vermögens des Man­ Vorschrift, die dem Pfändungsrecht doch etwas von sei­ nes betragen (Art. 192, 194). Sollte sie auf einen Lehen nem Charakter als Selbsthilferecht nimmt Sie ist von bestellt werden, so mußte die Genehmigung des Lehns­ späterer Hand (wie ein Vergleich mit den Schriften bei herrn eingeholt werden (Art 189). den datierten Wahlbeurkundungen und Verpflichtungen Der Umfang der Verfügungsmacht der Frau geht aus auf den letzten Blättern des Rechtsbuches ergibt, stammt den Art. 46. 119, II 68 hervor: Ohne den Willen des Ehe­ der Eintrag etwa aus der Mitte des 15. Jahrhunderts) mannes konnte eine Frau weder kaufen noch verkaufen, auf fol. 85 nachgetragen und lautet: „Es hat ein Rat ge­ bürgen oder Pfand setzen. Eine Ausnahme, heute in setzt von pfendens wegen also welcher nu füro pfenden ähnlicher Form in der Schlüsselgewalt der Ehefrau wil, der sol vor dem Bürgermaister ainen zettel pringen (§ 1357 BGB) zum Ausdruck gebracht, bestand für „zer- und antwurten. daran geschriben stee sein aigner nam, lichs traitz in irem haws“ 96), Eine weitere Ausnahme des namen den er pfenden wil, was und wieviel der galt für die Frau, „die ze marght stet“. Sie hatte die schuld sey, auff weihen tag er pfenden well und dann Rechte des Mannes bis auf das Recht, Liegenschaften zu darauff den Bürgermaister pitten, im der Pfändung zu verkaufen (vgl. wieder den gleichen Grundgedanken in vergönnen und welher anders die pfandung tät der § 1405 BGB). Die Aktivlegitimation der Ehefrau regelt so! darub in ains Ratz Straff sten.“ ■' Art. 120: Grundsätzlich durfte die Frau ohne Willen des Mannes nicht um Geld klagen. Sie konnte dies nur mit 2. Familienrexht einer „urkunde von irem wirt“ tun oder wenn sie da­ Bestimmungen über Verlöbnis und Eheschließung für Sicherheit leistete, daß ihr Mann ihre Handlung enthält der Stadtrechtsteil des Landsberger Rechtsbuches wirklich genehmige nicht. 91) (Fortsetzung folgt) Ehegüterrecht Die Bestimmung des für die Stadt Landsberg gelten­ Hausnamen in Prittriching den Güterstandes allein aus den Sätzen des Stadtrechts­ Wer Namenkunde betreibt, wozu vor allem Siedlungs-, teiles ist nur schwer möglich. Die Vorschriften beziehen Flur- und Hausbezeichnungen zählen, soll die natürliche Be­ sich hauptsächlich auf die Verfügungsmacht der Frau schaffenheit des Ortes wie auch seine Vergangenheit mög­ und die Haftung einzelner Vermögensteile Doch gibt lichst genau kennen. Deutungen nach'den sprachlichen Laut­ hier eine Urkunde von Herzog Stephan, datiert „sand gesetzen allein sind nicht ausreichend. vallenteins tag Anno dm millio occo monagesi(m)o se- Gleich dem Familiennamen sind auch die Hausnamen oft cu(n)do“, „Bestätigung des Landsberger Stadtrechts we­ mehrdeutig. Die zutreffende Erklärung läßt sich meist aus der Reihenfolge der Anwesensinhaber herstellen. Für das an­ gen Gemeinschaft der Güter bei den Eheleuten“ 92) Auf­ sehnliche Dorf Prittriching am mittleren bayerischen Lech­ schluß. Zur Wahrung des inhaltlichen Zusammenhanges rain, das von etwa 1550 bis weit über das Jahr 1800 hinaus sei ihrer hier schon Erwähnung getan. Die Hauptstelle unverändert etwa 130 Anwesen zählte, lassen sich durch 250 lautet: „Das recht sey, als pald die wirtlewt die Dekch Jahre, also bis zum Beginn der Pfarrmatrikeln, die Bewohner begreiffet, und ze samen geuallen ist, so sol Ir baider der einzelnen Häuser festlegen. Aus diesen Besitzerlisten gut das sy zu samen pracht habent, ain gut haissen und konnten fast 90 Prozent aller Hausnamen zuverlässig gedeu­ sein, es sey ligendew oder varendew hab, nichts awßge- tet werden, nomen, und sol ye ains auf das ander erben, und welhes Hierbei werden zweckmäßig zwei Gruppen ausgeschieden, der wirtlewt zu lest von tods wegen abget, des selben die sich früher weit schärfer abzeichneten als heute, das sind die 16 Bauernhöfe und etwa 115 Söldengüter. Die Bauern­ erben sullen dan die hab besitzen, und der sol nichts höfe umfaßten ehedem mindestens 30—40 Tagwerk. Nicht widerhaim gan an den Stam, von dannan und die hab selten erreichten die Bauern schon damals 80, 100 und mehr her körnen ist. Es sey dann ob besunder täding da be­ Tagwerk, obwohl ein Teil der Allmende noch mit zur Verfü-

90) S. 51 ff. 93) Schw erin S. 268. 91) Vgl. aber Abschnitt F (Urkundenabschriften): Verbot heim­ 94) Vgl. Schw erin S. 273. licher Heiraten. 95) Vgl. Schw erin S. 274/275. 92) Abgedruckt bei Lori S. 89, Nr. XCV (obige Ueberschrift ist 96) =■ zum Verzehr im Haus bestimmte Lebensmittel, Lexer, bei Lori gebraucht). Bd. II S. 1502 und Bd. III S. 1074. — 79 — — 80 — gung stand. Den Sölden hingegen fehlte bis zur Aufteilung Von einem weiblichen Taufnamen ist nur der der Gemeindegründe Acker- und Wiesland fast vollständig Salema-Salome Berkmann v. 1713—68 abgeleitet. oder sie waren nur gepachtet. Aus Familiennamen sind wenige Söldenbezeichnun­ Nahezu die Hälfte der Bauernhöfe Prittrichings überliefert gen hervorgegangen: in ihrer volkstümlichen Bezeichnung den Taufnamen Schwalb-Mathias Schwalb v. Geitendorf, eingeheiratet 1703, eines früheren Besitzers: Gattinger-Michaei G aus Ummendorf um 1850 zugezogen, Der Zenzbauer-Vinzenz Volk um 1665, der Katasterschrei­ Kugelmann-Anton K. 1739 aus Walkertshofen eingeheiratet. ber hat 1814 mißverständlich einen Zinsbauer daraus gemacht. Wasserburger-Sebastian W. von Simbach 1774, Der Gaberbauer-Gabriel Müller 1676—85, Negele-Josef N. von 1779, der Hauserbauer den Balthasar Ditsch 1700—40, Schnitzer-Josef Sch. von Matsis 1768, der Marxbauer den Markus Schmidbauer 1709—47, Kardinal-Simon K von Thaining 1705, der Janisbauer den Johannes Siebenhütter von Egling. Steber-Johann St, 1670. 1741 eingeheiratet, Es handelt sich meist um Familien von auswärts, wobei Bläslbauer oder Klementbauer, Blasius Schmelcher 1680 dieser gewisse Abstand und die Unterscheidung wohl auch bis 1700 oder dessen Sohn Klemens. im übrigen Zusammenleben bezeichnend, aber auch zum Un­ terschied der mit dem Vornamen bekannten Eingesessenen Peterbauer, nach einem ? Peter vor 1700, nicht nach Peter verständlich ist Walk 1744—92. Wohl im überwiegenden Teil der Söldennamen steckt die Drei Höfen ist der Familienname früherer Inhaber Berufsbezeichnung, die im kleineren Dorf meist nur geblieben: einmal vorkam und damit automatisch zum Hausnamen wur­ Sießmairhof v. Christoph Sießmair 1637 übernommen, de. Die Bezeichnung „Alter Schmied“ bringt dazu noch das nachdem er im dreißigjährigen Krieg von den Schweden nie­ Wandern eines Handwerkers auf ein anderes Anwesen her­ dergebrannt war, wieder aufgebaut und den Nachkommen vor. Da im großen Ort Prittriching verschiedene Berufe vererbt bis heute. häufiger vertreten waren, kamen zur näheren Bestimmung die Lagebezeichnungen hinzu, z. B. Oberer Wirt, Oberer Bäck. Gogglbauer erinnert an Michael und Nikodemus Goggl. Oberer Kistler, Hinterer Wanger. Bergmaurer, Jakaschnei­ 17. Jahrhundert. der bei der abgebrochenen St. Jakobskapelle, Gogglschuster Sommerbauer von Sebastian Sommerer 1683—1709. gegenüber dem Gogglbauer, dagegen Goggltoni wohl ein Ge­ flügelhändler, Taubenhies als Taubenzüchter, Markweber am Nach der Lage sind benannt der Kirchenbauer neben der Markgässele, der Grenze zwischen Ober- und Unterdorf. unteren Kirche, Am häufigsten wurde die Berufsbezeichnung mit dem der Greppbauer nach dem vorbeiziehenden, hohlwegähn­ Taufnamen eines Besitzers verbunden wie Salekaspar = lichen Aufgang zur Oberen Kirche (Greppe-Hohlweg). Sattler Kaspar ?, Schäfflerpexer, Schneiderhansmichl, Zieg- Neubauer ist sprachlich klar, er reicht aber nachweisbar lerhans, Schusterheiß, Kisterjörg, Saumang, Schmidhans, ins Mittelalter zurück, weshalb der Name an eine bauliche Metzgerjakob, Hütertoni. Wenn in seltenen Fällen Familien­ Erneuerung anknüpfen wird oder an einen besonderen Be­ namen damit verbunden sind, so wieder nur bei Zugezoge­ sitzerwechsel. nen. z. B. Hefenkögl-Bemhard Kögl von Oberfinning 1774. Der Widenbauernhof ist das zur Pfarrkirche als Widdum In der großen Mehrzahl ist die Erwerbstätigkeit schon gehörige Anwesen, hier kommt als seltener Fall die Grund­ seit Menschengedenken vom Hause verschwunden, der Haus­ herrschaft im Namen zum Ausdruck. name aber blieb unverändert. Die Lage hat bei den Sölden Vom Vierhöferbauer kann nur vermutet werden, daß die wenige Bezeichnungen hervorgebracht: Besitzer Miller nach dem 30jährigen Krieg als Verwandte Kapellema, Jakama-Mann bei St. Jakob, Bacher, nur zur oder Erben vier Höfe besaßen. Dazu paßt, daß um 1690 auch näheren Bestimmung beigetragen bei Berufs- und Taufna­ das örtlich getrennte und einer anderen Grundherrschaft ge­ men, wie Mühlsimmer, Bachverl, Bergletoni. Die drei beiein­ hörige Vierhöfer-Josl-Gütl einem Miller gehört. anderliegenden Anwesen Leiralis, Leirsattler und Leirjachim Der Rester- oder Röstenbauer, der sich heute nach Zer­ können hier eingereiht werden, ebenso die Wirtschaft zum trümmerung und Uebergang auf eine Familie Schneider in Welschen — auf dem nördlichen Nachbarhaus saß 1723—35 Restenschneider verwandelte, konnte noch nicht geklärt wer­ der Krämer Johann Baptist Romani aus Italien. den. Auf die Herkunft eines Besitzers vom anderen Anwesen Zusammenfassend muß festgestellt werden, daß die Na­ deuten Namen wie Vierhöferjosl, Aufemesschäffler, Zenzen­ men der Bauernhöfe in unserer vom 30jährigen Krieg stark mathias. Alter Müller. heimgesuchten Gegend auf 2—300 Jahre in der Regel unver­ ändert zurückreichen. Der Schwabhans erinnert an den Zuzug vom anderen Lechufer, an die ehemalige Bestimmung des Hauses wie Von den Sölden-Namen besteht wiederum ein gutes Stockhaus und Bauemtanz. Viertel aus Vornamen früherer Inhaber. Viele davon sind zu nicht immer leicht erkennbaren Kurzformen zusammenge­ Der Anteil der Scherz- oder Spitznamen ist geringfügiger zogen, 7. B. als oft vermutet wird. Hierzu dürfte die Gasthausbezeich­ nung Aufemes zählen = Aufeineus = auf ein Neues und der Xander-Alexander Ruile. t 1138, Nant-Ferdinand Benten- auch anderwärts vorkommende „Zoz“ = Witzbold. rieder 1700, Christoph-Chr. Mayer um 1725, Stoffele-Chri- stoph Liechtenstern um 1700, Stöffele-Stephan Ditsch t 1785, Etwa bei einem Dutzend Namen läßt sich der Ausgangs­ Dees-Thaddäus Seeholzer t 1749, Enderle-Andreas Hanf- punkt vorläufig nicht nachweisen, sicherlich ist auch hier ein stingl t 1760, Innozenz-J. Heiß seit 1764, Sebi-Eusebius Finkl Teil noch aus nicht überlieferten Namen von Besitzern. Viel­ t 1770, Nisi-Dionys Hartmann t 1700. Muntes-Sigismund leicht läßt sich noch einiges nach völliger Sichtung der Archiv­ Miller 1700, Stasi-Anastasius Zörhoch t 1748, Kasi-Nikasius bestände in der Gemeindekanzlei feststellen, worauf im letzten Berkmann t 1733, Wolfele-Wolfgang Frigl f 1815, Käsperle- Jahrhundert leider sehr wenig Wert gelegt wurde. Viele Söl­ Kaspar Scherer 1720. dennamen haben sich auch erst in später Zeit entwickelt oder haben völlig gewechselt. So sind z. B. viele Hausnamen, die Diese Hausnamen stammen somit meist aus dem 18. Jahr­ im Kataster von 1814 oder im Familienbeschrieb von Pfarrer hundert. Neubildungen sind noch bis in die Gegenwart ent­ Waxenberger 1836 erschienen, heute völlig vergessen oder standen. Auf diese Weise leben vor allem seltene Taufnamen der Hausname ist mit dem Besitzer auf eine andere Haus­ weiter. nummer verzogen Ab 1800 begegnen uns häufig aus zwei Vornamen ge­ Pfarrer Dorn hat während seiner Tätigkeit in Prittriching bildete Hausnamen, wie Vallejosef Deesjörgl = Thaddäus vor dem Kriege schon die wertvolle Forschungsarbeit aufge­ und Georg, Jachimverl .=■ Joachim und Xaver, Fränzlmartl, nommen, die Gemeinde besitzt aber leider keinerlei Unter­ Meist handelt es sich um Vater und Sohn, wie im letzten lagen über die von ihm erstellte Ortsgeschichte. Es ist auch Beispiel Fränzlmartl — Franz Liechtenstern 1732 und sein in anderen Gemeinden festzustellen, daß wertvolle Arbeiten Sohn Martin, sondern es liegen zwischen den namengeben­ von Heimatfreunden begonnen oder erstellt wurden, diese den Personen große Zeitspannen; sie können sogar verschie­ aber von der Gemeinde nicht erworben, nicht veröffentlicht denen Familien angehören, wie beim Vallejosef = Valentin und der Allgemeinheit nicht zugänglich gemacht wurden, Hefele t 1720 und Joseph Ditsch 1794. Bei solchen Zusam­ teilweise nun durch die Kriegsereignisse verloren gingen. mensetzungen ist der erste Teil der eigentliche Hausname, der zweite Teil hat sich vielfach geändert oder ist schon in Da in Prittriching nun die Flurbereinigung eingesetzt hat, Vergessenheit geraten z. B. Kussel-Kusseltoni, Kusseljachim, wird als nächste wichtige Aufgabe die Sammlung der Flur­ heute wieder Kussel. namen ins Auge gefaßt. Müller-Hahl. Illustrierte Monatsschrift und Organ des „Historischen Vereins lür Stadt und Bezirk Landsberg a. L.“ Begründet von Studienrat und Stadtarchivar J |. Schobei t Landsberg

Verantwortlicher Schriftleiter: Hp||anPllPP I 3 IHl«H PPfl PP N 9 Php 1P hl pn” Nachdruok- auch auszugsweise, ohne Paul Win keim ay er in Landsberg a. L Dulldlju llul „Lfl llllull ul ÜCI IIU li III lulllull Genehmigung der Schriftltg. verboten

Nr. 11 41. Jahrgang 1951

3. Erbrecht Das Rechtsbuch Erbfolge Den Bestimmungen des Rechtsbuches fehlt eine klare der Stadt Landsberg am Lech Scheidung zwischen güterrechtlichen und erbrechtlichen Dissertation von Dr Alfred Scherpf Erscheinungen. So beziehen sich der schon bei der Be­ handlung des Ehegüterrechts erwähnte Art. I 28 und die (Fortsetzung) Urkunde von 1392 lediglich auf das Gesamtgut. Wenn es Blieb der Beklagte im Prozeß Sieger oder zahlte er auf heißt, von den Ehegatten soll „ains auf das ander erben“, die Verurteilung hin, so befreite ihn dies auch von der so handelt es sich dabei eben um die Inbesitznahme des Schuld dem Manne gegenüber. Eine besondere Vorschrift dem Ehegatten angewachsenen güterrechtlichen An­ war für den Fall gegeben, daß ein auswärtiger Schuld­ teils 98). ner, der von einem Bürger gepfändet worden war, sei­ Die gesetzliche Erbfolge ist nur in wenigen Artikeln nen Gläubiger nun zur Entscheidung über die Pfändung geregelt. Starb ein Mann und hinterließ Frau und Kin­ vor Gericht laden wollte. Die Ehefrau konnte dann zu­ der, so ging sein bewegliches Vermögen auf die Kinder sammen mit einem Beistand für den Ehemann vor Ge­ über. Die Witwe konnte nur das beanspruchen, worauf richt auftreten, falls dieser abwesend war (Art. I 2, II 85). sie besondere Rechte hatte, was zu ihrer Heimsteuer, Die elterliche Gewalt Morgengabe oder Widerlegung gehörte, ferner ihre ist in Art. II 12 erwähnt. Nach dieser Vorschrift konnten Schmuckstücke (Art. II 17). Denselben Gedanken bringt Art. I 62 zum Ausdruck: Bei Wiederverheiratung der Kinder, die noch unter elterlicher Gewalt standen, ihr Witwe „volgt und beleibt ir ir haimstewr die sy zu irm Erbteil weder veräußern noch versetzen. Ueber Dauer und Inhalt der elterlichen Gewalt finden sich keine all­ eern man bracht het und auch ir morgengab, ir gewandt, gemeinen Bestimmungen. Art. 126 setzt fest, daß eine ir gepent und frawn claynat das sy zu im pracht und Witwe, deren Mann ohne Hinterlassung einer letztwil­ sich bei im gepessert hätt und ir prewt vederwat und auch was ir von vater und muter und andern irn ligen Verfügung verstorben war, die elterliche Gewalt frewndten mit erbschafft worden und zugestanden ist“. innehaben sollte. Entstanden ernstliche Streitigkeiten Alles andere, was der Vater hinterlassen hatte, blieb sei­ zwischen der Witwe und ihren K indern, so sollte der nen Kindern. Rat schlichtend eingreifen und entweder eine Teilung, also eine Auseinandersetzung anordnen oder einen Pfle­ Lebte die wiederverheiratete Mutter mit den Kindern ger einsetzen. in geteiltem Erbe, so beerbten sich die Geschwister ge­ genseitig hinsichtlich der väterlichen Erbschaft. Waren Vormundschaft alle verstorben, so fiel das Erbe der Stadt zu (Art. 123). Die Möglichkeit der Anordnung einer Vormundschaft Eine Ausgleichungsbestimmung trifft Art. II 18: Wa­ laßt Art. 87 erkennen, wo davon die Rede ist, daß „so- ren beide Eltern verstorben, so erhielten die noch nicht getan lewt, die es mit ir tumphait darzu pracht habent, ausgesteuerten Kinder zunächst vom ganzen Erbe die das ir frewnt, die ir pfleger warn . . “, nicht als Zeugen Aussteuer, wie sie die anderen erhalten hatten. Erst auftreten konnten dann wurde das restliche Erbe gleichmäßig aufgeteilt. Im Zusammenhang mit der Vormundschaft ist ein vom 24. Juni 1327 datierter Ratschluß zu erwähnen, der Besondere Bestimmungen bezüglich der Erbmasse wohl aus einer nicht mehr vorhandenen Münchener Bettzeug (vederwat) des verstorbenen Ehegatten soll­ Handschrift stammt. Er erscheint in ähnlicher Form, oh­ te zwar der Ueberlebende bis zu seinem Tode behalten, ne Datumsangabe, schon als Art. 159 in der Kaiserbild­ aber nach dessen Tod fiel das Bettzeug an die nächsten handschrift 97). Man sollte aller Waisen Gut in der Stadt­ Verwandten des ersteren, denn „nach der alten gewon- kammer hinterlegen, es sollte steuerfrei sein und die heit diser stat get vederwat und erbt wider an dem Waisen sollten jährlich 10% zurückerhalten, bis „sy zu stam“ (Art. 195). iren tagen körnet, so sol man in ir gut aber widergeben, Spielschulden wurden nicht vererbt (Art. 145); auch sy haben brieff oder nicht“ (Art. I 29). eine übernommene Bürgschaft ging nicht auf Frauen

97) Dirr S. 526. 98) Vgl. Schwerin S. 308. — 83 — — 84 — und Kinder über, es sei denn, daß sie diese selbst mit einer Beweispflicht des Bedachten. „Todgeschäfft, die an übernommen hatten oder beim Erbfall übernahmen dem Todpett geschehent“, mußten zwei Zeugen mit dem (Art. II 67). Bedachten beschwören. Dabei durften auch Frauen, die Verhältnis von Miterben in der Regel nicht Zeugen sein konnten, und Geistliche schwören. War der Bedachte bei der letztwilligen Ver­ Der Gläubiger eines Miterben konnte nach einem er- fügung nicht anwesend, so war er von der eigenen Eides­ Jolgreich durchgeführten Prozeß gegen diesen in den leistung entbunden (Art. 87, II 16). Erbteil vollstrecken (Art. 56), ob die Teilung durchge­ führt war oder nicht. Wollte ein Miterbe sein Erbteil Besondere Vorschriften bestanden hinsichtlich des Rücklasses der Pfründner (er fiel dem Spital 100) zu, Art. verkaufen, so war er verpflichtet, es zuerst den anderen IT 23) und der Hingerichteten (deren bewegliche Habe Miterben anzubieten. Versäumte er dies, so war der Kauf nichtig und er zahlte überdies noch eine Buße. Erst wenn fiel dem Richter zu, aus den Immobilien sollten sich die die Miterben nicht soviel boten wie der andere Käufer oder Gläubiger befriedigen, der Rest fiel an die Erben, Art. 85). wenn sie sich innerhalb von acht Tagen nicht äußerten, durfte der anderweitige Verkauf getätigt werden. Be­ Vorschriften für Handwerk und Gewerbe tont wird, daß nicht alle Verwandte, sondern nur Mit­ Anschließend an die zweite Sammlung von Anhangs­ erben dieses Näherrecht hatten (Art. I 32, II 6 und 7). artikeln zum Stadtrecht sind im Landsberger Rechtsbuch Das Verfahren bei der Teilung einer Erbschaft ist 151 Artikel aufgezeichnet, welche durchwegs Gebote und in den Art. 48 und II 11 festgelegt: Falls sich die Betei­ Verbote für Handwerker und Gewerbetreibende enthal­ ligten nicht einigen konnten, so sollten vier freie Bürger ten. Eine ähnliche abgeschlossene und in sich selbst noch der Stadt die Einigung versuchen. Gelang sie auch die­ nach den einzelnen Berufsarten aufgegliederte Teilsamm­ sen nicht, so sollte als fünfter ein Ratsherr mitberaten. lung weist auch die Münchener Stadtrechtshandschrift Der Entschluß dieser fünf war dann bindend. C. u. M. 3 (Liber Rufus) auf. Ein näheres Eingehen auf Der Ausdruck „Erbe“ wurde auch gebraucht für das die Landsberger Bestimmungen kann hier unterbleiben, Vermögen einer noch lebenden Person in dem Sinne, daß da ihr rechtlicher Gehalt gering ist. eine Anwartschaft der gesetzlichen Erben darauf be­ Eine Anzahl von Bestimmungen gewerbepolizeilichen stand („die des erbs wartent sind“) d. h. zu einer zu­ Charakters ist auch in den Sammlungen von Anhangs­ künftigen Erbschaft berechtigt). Art. I 60 (und II 9) artikeln im Landsberger Rechtsbuch aufgenommen. Die rechnet zu dem „erb“ diesem Sinne nur Immobilien. Der Art. II 174, II 175 und II 180 setzen Handelsbeschrän­ Erblasser sollte zu seinen Lebzeiten keinen Erben be­ kungen für auswärtige Kaufleute fest. Art. II 145 verbie­ günstigen, außer die anderen Anwärter auf die Erbschaft tet den Schäfflern, ihr Handwerk in der inneren Stadt stimmten in einer Urkunde zu"). Dies bezog sich, wie auszuüben. Art. II 73 — II 77 enthalten besondere Vor­ gesagt, nur auf unbewegliches Gut, mit beweglichem schriften für die Bauhandwerker. Art. I 51 bedroht den Vermögen konnte jeder Erblasser auch zu Lebzeiten An- und Verkauf von Heu vor den Toren der Stadt mit verfahren wie er wollte. Die Beschränkung bezog sich einer Strafe von 60 Pfennig an den Richter und 14 Pfund ferner nur auf eine Begünstigung eines Miterben, nicht Pfennig an die Stadt. Art. II 139 dehnt dieses Verbot schon auf jeden Verkauf überhaupt, durch den sich einer, auch auf die äußere Stadt und auf Stroh und Getreide der „des erbs wart“, eventuell benachteiligt fühlte. Das aus. Durch diese Bestimmungen sollte der Handel auf stellt Art. II 8 ausdrücklich fest. Schließlich ist hier die die vorgesehenen Marktplätze konzentriert und die Bestimmung des Art. II 13 zu erwähnen, wonach nie­ Ueberwachung erleichtert werden. mand einen Erbteil, der noch nicht angefallen war, ver­ Verschiedene besondere Vorschriften über bestimmte setzen oder verkaufen durfte. Verkaufsgüter sind aus der erwähnten Sammlung von Handwerkerartikeln des Liber Rufus ins Landsberger Letztwillige Verfügungen Buch übernommen worden und dort in die erste Samm­ Allgemeine Bestimmungen über Zulässigkeit und lung von Anhangsartikeln geraten. Diese Bestimmungen, Form letztwilliger Verfügungen enthält das Rechtsbuch A rt. I 47 — I 49, I 51, I 52 und I 54, weichen hauptsäch­ nicht. Auch die Regeln über die Testierfähigkeit lassen lich in der Höhe der dort festgesetzten Geldbußen von sich nur aus Einzelbestimmungen herauslesen. der Münchener Handschrift ab, entsprechen aber inhalt­ Die Unterscheidung bewegliches Vermögen — un­ lich denen des Liber Rufus. bewegliches Vermögen, die schon aus den allgemeinen erbrechtlichen Bestimmungen ersichtlich wird, tritt bei F. Urkundenabschriften den letztwilligen Verfügungen noch stärker hervor. Während der Erblasser hinsichtlich seiner fahrenden Ha­ 1. Die erste Sammlung be in seiner Verfügungsmacht keinen Einschränkungen von Urkundenabschriften im Landsberger Rechtsbuch unterlag, hemmte ihn bezüglich der unbeweglichen Gü­ beginnt auf fol. 86 mit einem Register, dem 25 Abschrif­ ter zunächst das erwähnte Verbot der Begünstigung ein­ ten von Urkunden folgen. Der größte Teil trägt ein Da­ zelner „Anwärter“ auf die Erbschaft. Weiter bestimmte tum aus der Zeit anfangs des 14. Jahrhunderts. Die äl­ der aus dem Landrecht stammende Art. 200, daß der teste Urkunde ist datiert „des nächsten Samstages vor Erblasser denjenigen, dem er ein liegendes Gut verma­ sand Johanns tag ze Sunw enden“ des Jahres 1294, die chen wollte, noch zu seinen Lebzeiten in Nutz und Ge- jüngste stammt aus dem Jahre 1388. were setzen sollte, so daß dieser schon in den Genuß der Die Registerüberschrift „Ditz Register gehört über die Zinsen kam, solange der Erblasser lebte, oder aber die­ nächst geschriben brieff, die der Stat und den Bürgern ser sollte ihm einen Brief über die Zuwendung für den zu Münichen zugehörent“, weist schon darauf hin, daß Todesfall geben. es sich bei dieser Sammlung nur um Privilegien handelt, Eine verheiratete Frau durfte ohne Einwilligung ih­ die der Stadt München erteilt worden sind. Zur Aufnah­ res Mannes lediglich über Morgengabe, Brautschmuck me in das Landsberger Buch hat den Schreiber wohl die und Kleidungsstücke, die sie von ihren Verwandten er­ Verleihung Münchener Rechts an die Stadt Landsberg halten hatte, letztwillig verfügen (Art. II 15). Eine Witwe veranlaßt und die Auffassung, daß damit nicht nur die dagegen unterlag keinen Beschränkungen in ihrer Te­ Rechtssätze der Stadt München, sondern auch die dieser stierbefugnis (Art. I 28, II 14). Stadt erteilten besonderen Privilegien für Landsberg Bei der Errichtung des Testaments sind nach dem Geltung haben sollten. Das trifft aber nicht zu. Die Be- heutigen Recht gewisse Formvorschriften zu beachten. widmung einer Stadt mit dem Recht einer anderen be­ Ihre Nichtachtung hat in der Regel die Nichtigkeit zur deutete nicht auch die Uebertragung der besonderen Folge. Auch das mittelalterliche Stadtrecht konnte nicht Freiheiten der Mutterstadt 101). Auf ein Eingehen auf auf jede Form verzichten, doch waren es natürlich nicht den Inhalt der in dieser ersten Sammlung enthaltenen Schriftform, eigenhändige Errichtung oder öffentliche Urkunden kann aus diesem Grund verzichtet werden. Beglaubigung, die einen Schutz gegen Fälschung und (Schluß folgt) Betrug bilden sollten. Die Sicherung lag vielmehr in 100101 100) Im Jahre 1349 gegründet. Vgl. Abschnitt F. 99) Vgl. Schwerin S. 127. 101) Schröder-Künßberg S. 740. — 85 — — 86 — man den Räuber durch das Rad, und zwar wann der Ausge­ Die Pfarrmatrikel der Stadt raubte an der mörderischen Tortur gestorben, von unten auf ohne Gnaden-Stoß hinrichten.“ Daß jeder Mord oder Tot­ und des Landkreises schlag mit dem Tod bestraft wurde, ist ja schon fast selbst­ verständlich, da die Todesstrafe bei viel geringeren Vergehen Das Pfarrbücherverzeichnis der Diözese Augsburg, angewandt wurde. So sagt zum Beispiel der § 19 im „Vierten von den Staatsarchivräten Hipper und Weißthanner be­ Capitul“: „Dieweil auch die Kupplerey gemeinglich der An­ arbeitet *), das erst vor kurzem erschienen ist, umfaßt fang aller Leichtfertigkeit zu seyn pflegt; so ist dieselbe mit 8100 Matrikelbücher des Bistums und ist für Familien­ aller Schärfe mit dem Schwerdt zu bestraften.“ Oder das forscher ein unentbehrlicher Ratgeber, da er hier bei „Zehende Capitul“, das von den Wildschützen handelt: „§ 1 jeder Pfarrei finden kann, von welchem Jahre ab die Verruffene Wild-Schuetzen sollen auf offener Straß, wo sie Tauf-, Heirats- und Sterbematrikel an geführt wurden. am meisten grassieret, und das Wild geschossen haben, auf- gehenckt werden. § 2. Jene, welche des Wild-Schiessens zwar Uns interessieren die Matrikelbücher des Landkrei­ nicht verruffen oder habituieret, jedoch denen Jaegem, oder ses Landsberg vorweg. Nachfolgend bringen wir in al­ Forst-Bedienten auf Leib und Leben bedrohlich seynd, sollen phabetischer Ordnung die Pfarreien und das Jahr, das mit dem Schwerdt am Leben bestrafft werden.“ Sehr schlecht als erster Eintrag vorhanden ist: wegkommen würden nach diesen Gesetzen heute auch die Falschmünzer, denn § 1 im „neunten Capitul“ sagt: „Wer oh­ Asch 1700, Beuerbach 1698, Beuern 1637, B ierdorf sie­ ne Befugniß und habender Münz-Freyheit, in- oder auslaen- he Dießen, D enklingen 1773, D ettenschwang 1636 (Det­ dische Münz nachschlaeget, der ist mit dem Schwerdt hinzu­ tenhofen 1637, O berm ühlhausen 1637, G esam tpfarrei richten. Wer dergleichen nicht nur schlaeget, sondern auch 1717), Dießen mit Bierdorf, Bischofsried, Hübschenried, ausgiebet, oder durch andere ausgeben laeßt, und hierdurch Lachen, Rieden, Riederau, Romenthal, St. Alban, St. Geor­ großen Schaden und Verwirrung in den gemeinen Wesen an­ gen und W engen 1585, Eching 1638, Egling (Heinrichs­ richtet, ist nach vorgaenglicher Decapitierung mit dem Feuer hofen) 1717, Entraching 1608, Epfenhausen 1648, Eresing am Leben zu straffen , . .“ Nicht besser ging es den Dieben’ (Pflaundorf, Emming, bis 1886 auch Unter- und Mitter­ „§ 3: Stihlt einer auf ein- oder zweymahl 20 fl. oder mehr in Geld oder Werth, so heißt es ein großer Diebstahl und , Hechenwang und Machelberg) 1617, Erpfting wird mit dem Strang bestrafft. § 5: Gefaehrliche Diebstähle, 1580, Geretshausen (Ramsach) 1647, Hagenheim 1613, wo man durch Strick, Leitern oder sonst auf andere Weis Hechenwang (s. Eresing), Heinrichshofen s. Egling, Hof­ einsteigt, oder mit Gewalt einbricht, werden mit dem Strang stetten 1707, Holzhausen b. B. 1568, Hurlach 1694, Jedel- bestrafft. § 6: Dreyfacher Diebstahl an verschiedenen Orthen sletten s. Walleshausen, Issing 1657 (bis 1803 auch Vil- oder an einem Orth zu verschidenen dreyenmahlen veruebt, gertshofen), K aufering 1650. Landsberg: Spitalpfarrei wird ebenfalls mit dem Strang bestrafft. § 16: Menschendieb­ 1641, Maria Himmelfahrt 1631, St. Ulrich und Katharina stahl: Wer gefaehrlicher Weis entfuehret, verborgen oder - Spotting 1647, Leeder 1597, Lengenfeld s. Stoffen, verhandlet wird, ist. ein malefizischer Fall und wird an Leib und Leben bestrafft.“ . ... Die Diebe haben es heute Ludenhausen 1628, M undraching s. Stadl-Pflugdorf, Ober­ leichter. — bergen 1692, O berdießen 1649, Oberfinning 1641, Ober- Man ist heutzutags oft und gerne geneigt, zwar mit einer igling 1609, O berm eitingen 1656, Oberschondorf 1660, gewissen Achtung, aber doch mit einer leichten Ueberlegen- Penzing 1700, Pestenacker 1638, Petzenhausen 1840, heit auf die vergangenen Jahrhunderte zurückzublicken, nicht Pflaundorf s. Eresing, Pflugdorf s. Stadl, Pitzling 1644, mit Geringschätzung, das wäre angesichts der überlieferten Prittriching 1675, P ürgen 1662, Ramsach s. G eretshausen, Werke, nehmen wir nur die Kunstwerke an, ein Zeichen Reichling 1580, Reisch s. Schwifting, Rieden, Riederau mangelnder Intelligenz, aber so doch im Sinne des Famulus Wagner, den Goethe in seinem Faust sagen läßt: „Verzeiht, s. Dießen, Rom enthal s. Dießen, Rott 1631, St. A lban s. es ist ein groß Ergetzen, sich in den Geist der Zeiten zu ver­ Dießen, St. Georgen s. Dießen, St. O ttilien s. Eresing, setzen, zu schauen, wie vor uns ein weiser Mann gedacht und Scheuring 1647, Schöffelding 1609, Schwabhausen 1638, wie wir's dann zuletzt so herrlich weit gebracht!“ Worauf Schwifting m. Reisch 1609 bezw. 1648, Stadl-Pflugdorf Faust mit einer trefflichen Ironie erwidert: „O ja, bis an die m. Lechmühlen, Mundraching, 1652, Stof­ Sterne weit!“ Und wie trefflich passen diese Worte auch noch fen m. Lengenfeld und U m m endorf 1647 bezw. 1686, in unsere heutige Zeit. Die Entwicklung um uns herum hat Thaining 1617, U nterdießen von 1636 bis 1645 s. Erpfting, einen gewaltigen Aufschwung genommen, hat unser Leben dann ab 1649, U nterfinning 1638, U nterigling 1638, Un­ im Vergleich zu der Zeit vor 200 Jahren gänzlich umgestellt, der menschliche Genius hat im letzten Jahrhundert Wunder­ termühlhausen 1639, U nterw indach 1783, U tting 1613, werke — weniger der Kunst, dafür aber in der Technik — Walleshausen 1637, Weil 1637, W engen s. Dießen, W inkl geschaffen. So betrachtet, haben wir es auch seit dem Jahre 1660. Winkelmayer 1751 wirklich weit gebracht. Bis an die Sterne weit! Darum befällt uns auch, wie schon einmal erwähnt, bei der Erinner­ ung an die oben angeführten Strafen eine leichte Gänsehaut, Die Todesstrafe - im Strafgesetz­ über soviel Grausamkeit. Es stimmt, es hat sich auch auf diesem Gebiet viel verändert und verbessert. Wir haben‘s buch vor 200 Jahren auch hier weitergebracht. Es gibt keine sog. „peinlichen Exa­ mina oder Torturen“ mehr in den Strafgesetzbüchern, es gibt Es mag vielleicht interessant erscheinen, gerade zur ge­ auch keine so grausamen Strafen mehr. Man ist humaner ge­ genwärtigen Zeit, da soviel über das Für und Wider der To­ worden und spricht und schreibt deswegen auch viel über desstrafe diskutiert wird, wie dieses Kapitel noch vor einigen die Menschlichkeit und hat schließlich als eines ihrer äußeren Jahrhunderten gehandhabt wurde. Die Köpfe saßen damals Zeichen die Todesstrafe abgeschafft. Es hat sich daraus ein bekanntlich ziemlich locker; man bekommt heute noch eine vielumstrittenes und ergiebiges Diskussionsthema ergeben, Gänsehaut, wenn man an die Hexenprozesse etc. von damals mit dem schon so manche Spalte gefüllt wurde und noch ge­ denkt, aber auch zu dieser Zeit waren die Strafmaße genau füllt werden wird. Diese Zeilen sollen nun keineswegs be­ festgelegt, wie aus einem alten Strafgesetzbuch hervorgeht. reits die erste Bereicherung dieses Themas sein, sondern eher Im Jahre 1751, also vor nun genau, 200 Jahren, wurde unter in einer anderen Art zu denken veranlassen. Churfürst Maximilian Joseph in Bayern dieses Gesetzbuch Gewiß, es steht wohl unbestreitbar und unzweifelhaft neu herausgegeben, der sog. „Codex Juris Bavarici Crimina- fest, daß wir es in vielen Beziehungen weitergebracht und lis“ de anno M. DCC. LI. enorme Fortschritte erzielt haben, unsere Umgebung und un­ Beim Durchblättern dieses Bandes stellt man fest, daß die sere Gepflogenheiten haben sich geändert, vieles ist besser Todesstrafe damals noch auf „vilerley Weiss, theils mit dem geworden seit dem Jahre 1751 — aber hat auch der Mensch Schwerdt, Strang oder Rad, mit oder ohne Gnaden-Stoß, als solcher mit all dem Fortschritt und der Weiterentwick­ theils durch Feuer und Viertheilung“ durchgeführt wurde und lung seinerseits, in seinem Innersten, Schritt halten können? daß es schon eine bedeutende Strafmilderung bedeutete, Sind die Menschen — einmal ganz menschlich gesehen — wenn man statt mit dem Strang durch das Schwert hinge­ auch besser geworden und damit heute besser als zur dama­ richtet wurde. Die A ushängung der „Viertheil auf offener ligen Zeit? ------Die Antwort auf diese Frage gibt uns das Straßen“ wurde ab dem Jahre 1751 „zu Vermeydung ohnnoe- tägliche Weltgeschehen wohl selbst am besten. — tiger Koesten hinfuehro unterlassen“. Walter Drexl. Das „2 Capitul“ handelt von „besonderen malefizischen Verbrechen und Straffen, zufoerderist von Diebstaelen und Raubereyen.“ So wird gemäß § 19 die „gewaltsame Abnehm- Wußten Sie sdion ...... daß die Werke des schwäbischen Mystikers Heinrich Suso und Abnoethigung, oder auch bedrohliche Abschroeckung (1295 bis 1366), der in Ulm begraben liegt, zuerst in Augsburg fremden beweglichen Guts mit dem Strang bestrafft. Im Fall 1482 und 1512 erschienen sind? auch die Rauberey mit Grausamkeit veruebt worden, soll . . . daß die Statue des Albertus Magnus für Lauingen von dem Bildhauer und Erzgießer Ferdinand von Miller (1842 bis ') Verlag Bayer. Heimatforschung München. 1910) stam m t? — 87 —- — 88 — Von dem Ueberschuß der Iglinger Rechnung mit 723 fl. Aus der Hofmarkt Igling mußte die Mehrausgabe der Kauferinger Rechnung, die ge­ In einem Speicherverlies des Schlosses Igling schlummern sondert geführt wurde, mit 126 Gulden abgedeckt werden. in einem staubigen Holzregal noch die Hofmarch-Abrech- Müller-Hahl nungen aus vergangenen Jahrhunderten. In den teilweise schon vom Wurm heimgesuchten Pergamentbänden sind die jährlichen Rechnungen niedergeschrieben und davon der Aus dem Leben kurfürstl. Fisch- 19. Band vom Jahre 1630 zu einer kurzen Betrachtung her­ ausgegriffen worden, soweit diese Einnahmen und Ausgaben geschichtswürdigen Aufschluß geben. Zur Hofmarch gehör­ käufl in Dießen a. Ammersee ten neben den beiden Igling noch Erpfting und Kaufering. (Aus alten Akten) Thomas Mair, des Herrn von Donnersperg Richter, hatte Wenn heutzutage an lachenden Sommertagen Tausende seine Rechnungen schier malerisch ausgestattet. von Erholungssuchenden die Gestade des Ammersees bevöl­ Von den Einzahlern des jährlichen Grasgeldes, Stift- und kern und sich dabei nicht zuletzt dem Genuß eines lecke­ Vogteygeldes mit 76 fl. = Gulden, 53 x = Kreuzer und ren Ammerseefisches hingeben, denkt dabei sicher niemand 5 h = Heller werden einige Namen genannt: Ulrich Schelckh- daran, wie nicht gerade einfach noch heute die Fischerei ist, lin von der Rollemühle, Michael Ziegler, Osterrieder von noch aber wie früher, vor 200—300 Jahren, sich die Fischerei Oberigling, Trieb Mich., Hans Höfler und Schreiber von vollzog. Geradezu armselig war das Leben eines Fischers Unterigling. Das Tafferngeld mit 46 fl. entrichteten die oder gar eines Fischkäufls *), beschwerlich und schlecht be­ Wirte Jellmüller und Süßmair; das Fischwasser an der Sin- zahlt war in der „guten alten Zeit“ die Arbeit eines solchen. kel brachte 50 fl., die Hofstattzinsen mit 17 Sölden in Ober­ Dies ersehen wir, wenn wir in den Akten des ehern. Klosters und 17 in Unterigling sowie 6 in Hurlach ergaben insgesamt Dießen blättern. Da finden wir u. a. im Jahre 1666 das Bitt­ 70 fl. 47 x, das Faßnachthennen (Schutzgeld) 41 x, für Kir­ gesuch eines Fischkäufls Kaspar Lacher an den Kurfürsten, chendienst 36 fl., Schweinegeld 17 fl., Zinsen für ausgelie­ daß er schon 20 Jahre Edelfische (besonders Hechte) vom henes Geld 99 fl. (Bauernverschuldung!). Einen wesentlichen Ammersee ans Hofküchenamt liefere, dafür aber keinen Betrag ergab das Leibgeding Gelt mit 774 fl., Auf- und Ab­ Lohn erhält, außer was ihm die Fischer geben. Er bittet zugsgeld (fällig bei Hofübergabe, Erbschaft) 100 fl. 30 x, aus deshalb um eine jährliche Besoldung, da er große Mühe mit dem Verkauf von Sölden 85 fl. Dem Verwalter zur Verfü­ diesen Lieferungen zu allen Jahreszeiten aufwenden muß. gung gestellt waren einschließlich dem Vorjahresüberschuß In einer Stellungnahme zu diesem Gesuch befürwortet der 607 fl. Die 'Landwirtschaft des Schlosses selbst brachte aus Markt- und Seerichter in Dießen die Eingabe mit der Be­ dem Roßverkauf 173 fl. für vier Pferde, aus verkauftem stätigung, daß mit den Fuhren bei Tag und Nacht, Sommers Kuhvieh 74 fl., aus Schmalz, Mülly und Kheß 7 fl., für Schafe und Winters es große Beschwernis hat, überdies noch die und Lember 366 fl., Schafwolle 161 fl., Schweineverkauf 38 Verantwortung für Zurückbringung der Gelder und der Ver­ fl., Holzverkauf 193 fl., allerlei Getreide 389 fl., Roggen lust für verdorbene Fische im Sommer zu tragen ist, wobei 697 fl., Gersten 704, Hafer 520 fl. (bezeichnend der hohe der Käufl von den Fischern nur pro Lieferung 48 Kreuzer Roggen- und Gerstenumsatz, Weizen damals nebensächlich). erhält, sich damit also nur schwer durchbringen kann. Der Sonstige Stiftgefälle gingen noch von Erpfting ein, 4 fl. Zapf­ Seerichter empfiehlt daher eine Besoldung von jährlich 15 geld vom Wirt Dopfer, für Scharwerk von Michael Burkhard, Gulden, welche wohl verdient wären. 1667 erfolgt die Ge­ Hofstattzins von Schmid Georg, Pronner, Simon Müller, nehmigung dieses Solds gnädigst, aber nur unter Wegfall Hans Mayr, Zech Hans vom Müller für Mühlenschlag 45 fl. des Gelds der Fischer. 1682 finden wir eine Eingabe des Wenn berücksichtigt wird, daß ein Gulden mindestens Obigen um Aufbesserung seiner Besoldung, da er zur Zu­ die Kaufkraft von 10—15 DM besaß, so ist daraus zu er­ friedenheit schon 35 Jahre Fische nicht nur an den kurfürstl. sehen, daß die Steuern und Zahlungen der dämaligen Söld­ Hof nach München, sondern auch an Orte, wo der Kurfürst ner und Landwirte den heutigen Belastungen nicht viel zur Jagd sich befindet, liefert und oft bei Nacht, tiefem nachstanden. Schnee fahren muß und sich bei seinem nun hohen Alter Die Straf- und Gerichtswändl erbrachten 72 fl., davon einen Knecht halten muß, der ihm neben Kost jährlich 16 gebührte dem Richter ein Drittel; dieser hatte den Sach­ Gulden Lohnkosten verursacht. Er bittet um jährlich 30 fl. verhalt in seiner Rechnung jeweils festgelegt, wovon einige Lohn und Zuweisung von 2 Schäffl Korn Im zuständigen Ausschnitte wiedergegeben werden: Schelcklin Hans und Bericht des Hofküchenamts wird seine Treue und sein Fleiß Widenbauer zu Oberigling hat beim Heimgehen von Holz­ lobend erwähnt und daß er in Armut lebt. Er muß auch die hausen mit seinem Bruder Michael einen Schmach- und Ru- Fischer beaufsichtigen, daß diese keine Edelfische ander­ morhandel angefangen, ihn (als Müller) des Kornstehlens - wärts verkaufen Auf diesen Bericht hin wird eine Auf­ bezichtigt und einen Streich versetzt, dafür 5 'A fl. bezahlte. besserung des Lohns um 10 fl. (auf 25 fl.) und 1 Schäffl Korn Dergleiche für Streit im Wirtshaus mit Joachim Schneider jährlich gewährt, aber nur auf drei Jahre. 1684 wird das 34 Kreuzer. Dem Tornas Schneider, noch ledigen Standes zu Gesuch um weitere Gewährung der Aufbesserung glatt ab­ Oberigling, für ungebührliches Verhalten als Totengräber gelehnt. 1685 erneut darum gebeten. Nun erfolgt eine Ge­ und Beleidigung des Dorfführers mit 5 fl. 47 x gerichtlich währung, aber wieder nur auf zwei Jahre. 1687 ersucht der geahndet. Die Agathe, Georgen Zieglers Eheweib, hat ihr nun 70jährige, da er dem anstrengenden Dienst nicht mehr Töchterlein so traktiert, daß es blutig gewest, 17 x Strafe. vorstehen kann, daß eine seiner Töchter auf seinen Dienst Der Bot von Landsberg, weil er mit seinem Scheibenwagen heiraten darf Dies wird erst nach seinem Tode (Ende 1687) die ordentliche Straße verlassen und über Feld gefahren gewährt Bei seinem Schwiegersohn Melchior Hainzander war, zu 34 x. Der Zimmermann Hans Schneider mit 17 x gingen die Kämpfe um den wohlverdienten Lohn weiter. bestraft, weil er im Gemeindeholz einen Baum geschlagen Dieser beschwert sich 1691, daß er nicht nur die Fuhren zum hatte. Hans Schindele hat sein Weib Sabina vor der ehelichen Hofküchenamt nach München wie sein Schwiegervater Einsegnung geschwängert, verurteilt zu 7 fl. (und drei wei­ durchführt, sondern auch Fische an die Hoffischerei liefern tere ähnliche Fälle). Zwei haben im Erpftinger Wirtshaus muß, daher nun mehr Lieferungen hat als jener; dafür be­ bezechter Weise mit Fäusten aufeinander eingeschlagen und kommt er aber nicht dessen Sold, sondern nur 16 fl. Er dafür 34 x bezahlt. Zwei Erpftinger Bauern haben sich ent­ bittet um selben Lohn wie sein Schwiegervater. Erst 1693 er­ zweit, weil sie ihre Grenzen übermähten, jeder zahlte 1 fl. hält er die Genehmigung, aber nur auf 3 Jahre. (Schluß folgt) Ein Bürger von Landsberg wurde beim unbefugten Verset­ zen von Grenzsteinen ertappt und dabei mehrere Bauern schädigte, zu 15 fl. verurteilt. Gotisches Fresko in Walleshausen Für Schuldbriefe, Verträge usw. wurde Siglgelt mit ins­ Während der Renovierungsarbeiten an der Kirche in Wal­ gesamt 506 fl vereinnahmt. Den Gesamteinnahmen mit leshausen stieß man auf der rechten Seitenwand des Haupt­ 4708 fl. stehen 3985 fl. Ausgaben gegenüber. Neben den Be­ schiffes auf ein gotisches Wandgemälde, nachdem zuvor schon dürfnissen für die Herrschaft aus der Wirtschaftskasse wur­ an verschiedenen Stellen die alte gotische Wandbemalung den herausgenommen: 350 fl. an Bauern auf Schuldschein zutage getreten war. Es konnten die Umrisse eines gotischen vorgestreckt, 600 fl. für den Ankauf neuer Güter, 37 fl. für Freskos, einen halbnackten Mann mit Königskrone und Wan­ Zimmerleut, 82 fl. für Maurer, wobei für 1 Tagelohn 16 derstab darstellend, mit der darunter befindlichen Schrift: Kreuzer bezahlt wurden. 8 fl. dem Ziegler in Landsberg und „ .. Anopfrius 1478“ freigelegt werden. Der hl. Anophrius, Kaufering, 7 fl. dem Sägmüller, 23 dem Schlosser, 83 fl. für ein ägyptischer Königssohn, der sein ganzes Leben in der Schäffler, Wagner und Schmied, 5 fl. 42 x dem Khimickehrer Wüste als Büßer verbrachte, war eine bekannte Heiligen­ =Kaminkehrer in Landsberg. Die Besoldung des Richters gestalt des Mittelalters, dessen Verehrung durch die Kreuz­ betrug jährlich 50 fl., den Dienstboten an Lichtmeß (Aus­ züge vom Orient nach Deutschland gebracht worden war. zahlung des Jahreslohnes) je 3—8 fl., insgesamt 66 fl., für So ist er auch Patron des Münchener' Viktualienmarktes, die armen Leutt 12 fl., für Hirtenlohn 31 fl., für gekauftes ebenso ist er am Münchener Rathaus abgebildet. Da nach Heu und Stroh 39 fl., auf Gartenunterhaltung 3 fl., für die Ansicht von Prof. Dr. Blattner vom Bayer. Landesamt für Schnitter 36 fl., für die Drescher, Recher und Aufleger 12 fl. Denkmalspflege eine Konservierung nicht für gerechtfertigt (für die gesamte Ernte!), an die Holzscharwerker 15 fl., Pa­ erschien, wurde nur die Schrift erhalten. Fried. pier und sonstige Notwendigkeiten für die Schreiberei noch 7 fl. = Gulden und für den Küchendienst 30 fl. *) Fischkäufl = Aufkäufer der Fische. Illustrierte Monatsschrift und Organ des „Historischen Vereins tür Stadt und Bezirk Landsberg a. L.“ Begründet von Studienrai und Stadtarchivai J. J. Schober t Landsberp

Verantwortlicher Schriltleiter : Nachdruck, auch auszugsweise, ohne Paul Winkelmayerin Landsberg a. L Beilage der ..Landsberger nacnricnten Genehmigung der Schriftltg. verboten

Nr. 12 41. Jahrgang 1951

geltende Landrecht Ludwigs des Bayern I02). Allgemeine Das Rechtsbuch Bestätigungen der Rechte und Freiheiten der Stadt ent­ der Stadt Landsberg am Lech halten die Urkunden von Ludwig dem Brandenburger, dem Sohn Ludwigs des Bayern, von 1353, von Herzog Dissertation von Dr Alfred Scherpf Meinhart aus dem Jahre 1361, von Herzog Stephan dem (Schluß) Aelteren aus dem Jahre 1363, ferner die Urkunden der Herzoge Stephan und Johann vom 23. 6. 1376 und von 2. Die zweite Sammlung „Herzog Ott, des römischen Reiches Erzkammerer und enthält die Abschriften von 52 Urkunden, die sich teils Pfalzgraf bei Rhein“ vom 6. 12. 1376. Im 15 Jahrhun­ auf die Stadt Landsberg beziehen, teils auch dem Land dert hat Kaiser Siegmund auf Ansuchen der Stadt in Oberbayern ausgestellt waren, für die Stadt Landsberg einer Urkunde, ausgestellt „an sand Gregorientag in also nur indirekt Bedeutung hatten. Die Originalurkun­ Ofen in Hungern“, den Landsbergern ,.ir gnade, rechte, den der ersten Gruppe liegen zu einem großen Teil noch freyheit. privilegia, brieffe“ bestätigt. Aehnliche Urkun­ im städtischen Archiv in Landsberg den liegen vor von Herzog Albrecht (dem Frommen) Das Register beginnt auf fol. 99, die Sammlung selbst aus dem Jahre 1440, von König Friedrich (dem späteren auf fol. 100/Rückseite. Sie wird eingeleitet. „Hie vahent Kaiser) aus dem Jahr seiner Krönung zum König, 1442, sich an die brieff der Stat ze Landsperg und auch etlich und von den Herzogen Johann und Siegmund vom 17. brieff des obern lannds ze Bayern, die geben und be­ 10 1460 Spätere Bestätigungen sind nicht mehr ab- stattet sind von den fürstn des lannds ze Bayern etc., schriftswei.se in das Rechtsbuch aufgenommen worden, Kavser Ludwigs sein erben und nachkomen etc., darinn jedoch aus den noch vorhandenen Originalurkunden er­ begriffen sind die genad, gab, freyung, recht.“ Jede Ur­ sichtlich, so von Herzog Wolfgang vom 11. 1. 1507, von kundenabschrift hat der Schreiber mit einer kurzen rot Herzog Albrecht vom 18. 3. 1551 und von Kaiser Fer­ geschriebenen Ueberschrift versehen. dinand I. aus dem Jah re 1969. Ein großer Teil der Urkunden enthält Bestäti­ .Sind die genannten U rkunden der Stadt Landsberg gungen von Rechten und Freiheiten. Ir, der ausgestellt., so bestätigen zwei andere, ins Rechtsbuch schon mehrfach erwähnten Urkunde vor. 1315 hatte Lud­ der Stadt Landsberg eingetragene Urkunden die Rechte, wig der Bayer der Stadt Landsberg Münchener Recht Freiheiten und Gewohnheiten im Land. Sie wurden an­ verliehen: „Wir tun in auch die besunder genade und läßlich zweier Landesteilungen am 19. 11. 1392 von den verlihen in ewichlichen aller die recht die unser Stat Herzogen Stephan, Friedrich und Johann und am 4. 12. von München und die Purger untz her von unsern vor- 1402 von den Herzogen Stephan, Ernst und Wilhelm varn saeligen, von uns und von unserm bruder Hcrtzogn ausgestellt Rudolf gehabt habent . . .“. In den darauffolgenden Jahr­ Ebenfalls schon mit der Urkunde Ludwigs des Bayern zehnten bezogen sich manche Bestätigungen ausdrück­ von 1315 setzten die der Stadt Landsberg erteilten Pri­ lich auf das verliehene Münchener Recht, so die von vilegien ein, die sich auf Steuern, Abga­ Ludwig kurz vor seinem Tode 1347 ausgestellte Urkun­ ben und Z ö 1 1 e b e z i e h e n. In dieser Urkunde ver­ de, in der er seine eigenen Gnadenerweise der Stadt lieh Ludwig der Stadt „ewiglichen daz ungelt in der Landsberg gegenüber bekräftigt, und eine Urkunde von Stat zu L,andesperch und den wagen pfenning den man Herzog Stephan dem Aelteren aus dem Jahre 1364 Um nirnt an dem Laechtor do man zu Landesperch über den die Wende des 14. auf das 15. Jahrhundert erwähnen Laech auz fert“. In der schon genannten Urkunde von die Bestätigungen ausdrücklich ein Rechtsbuch. Es wird 1347 hat der Kaiser diese Vergünstigungen bestätigt. schon 1396 in einem Bcstätigungsbrief von Herzog Ernst Eine andere Vermehrung der Einnahmen der Stadt genannt. 1399 von Herzog Stephan und in einem ande­ brachte die Bewilligung eines „Salzpfennigs“ mit der Ur­ ren Brief aus demselben Jahr von den Herzogen Ernst kunde vom 1. 11. 1320: Von je 3 Scheiben oder Galneyen und Wilhelm. Die letztgenannte Urkunde ist in der Salz, die von Bayern her durch das Obere Tor in Lands­ Stadt: Landsberg ausgestellt worden. Mit dem „Rechts­ berg geführt wurden, sollte die Stadt einen Pfennig Zoll puch“ ist allerdings nicht das hier bearbeitete Buch der erhalten. Die dritte Vergünstigung, die Ludwig der Stadt Stadt Landsberg gemeint, das ja zu dieser Zeit noch nicht geschrieben war, sondern das für ganz Oberbayern 102) Vgl. die Untersuchungen Riedners S. 291 ff. — 91 — — 92 — gew ährte, brachte die U rkunde vom 10. 3. 1321: Die ge­ cherung zu übernehmen. Mit Urkunde des Jahres 1386 wöhnliche Steuer, die die Stadt bis dahin in Höhe von erwies Herzog Stephan den „Gewandschneidern, Lodern, 50 Pfund Augsburger Pfennigen jährlich zu entrichten Cramern und Talliern zu Landsberg“ die Gnade, daß wie hatte, wurde „ewichlichen“ um 10 Pfund Pfennig ge­ auch zu München kein Gast oder Ausländer Tuch schnei­ senkt. Daß das Privileg von den Nachfolgern Ludwigs den oder verkaufen solle; einzelne Ausnahmen waren tatsächlich geachtet wurde, zeigt eine Urkunde von Her­ dabei festgelegt. Im Jahre 1390 hat Herzog Stephan der zog Ernst aus dem Jahre 1437, in der die Landsberger Stadt „den Fleck und Grieß, Grund und Boden, gelegen Stadtsteuer ausdrücklich mit 40 Pfund Pfennigen be­ zwischen Lech und Milzach vor der Stadt zu Landsberg, ziffert ist. gefreit, gegeben und auch auf ein Ewigkeit geeignet zu Ludwig der Brandenburger befreite die Stadt Lands­ einer Bleiche oder zu anderem Nutz und Frommen“. berg im Jahre 1353 auf die Dauer von 3 Jahren ganz 1394 hat Herzog Johann diese Bleiche am Grieß bestä­ von der gewöhnlichen Steuer und von „Nachsteuer, May- tigt und sie für die Dauer von zehn Jahren von allen steuer, Bett 103)“ oder anderen Forderungen. Weiter soll­ ungewöhnlichen Steuern befreit. ten die Landsberger für diese Zeit das Ungelt in der Ein Privileg für das gerichtliche Ver­ Stadt erhalten und es sollten „alle ir pfahlburger 104) fahren enthält die Urkunde der Herzoge Stephan und die in unserm Lande gesessen seind, mit allen Sachen Johann vom 23. 6. 1376, wonach „kein ausm an von in den genannten drey jaren dienen, als si uns selber Schwaben niemand unsern burger daselben keinen be­ getan haben“. Die „Ungelt, die si innhaben“, hat Herzog zeugen noch geweisen mag noch sol, denn mit bürgern, Stephan der Aeltere den Landsbergern in der Urkunde die heislich wohnen und sitzen in derselben unserer Stat vom 15. 6. 1364 auf ewig bestätigt. zu Lantsperg und sonst mit keinem andern Zeugnis“. Für die Unkosten, die der Stadt Landsberg beim Wie für andere Städte, erließen die Herzoge das Gebot Wührenbau entstanden waren, gewährten ihr Herzog an die Amtsleute, Vitztume, Pfleger und Richter, „ob die Ernst und Herzogin Elisabeth im Jahre 1419 einen außer­ von. landsperg dhainen erwischen, wer der sey, das man ordentlichen Floßzoll in Höhe von 3 Pfennig pro Floß in dahin richte, der uns oder lannd und lewtten und in zu dem gewöhnlichen Zoll. Herzog Wilhelm hat im fol­ schedlich sey“. Die Habe des schädlichen Mannes sollte genden Jahr dfeses Zollprivileg erneuert. Als Belohnung der Stadt gehören, „das sy desterbas Khundschaft haben für den Ausbau der Stadt und ihre „erbarlich und wer- möge“. Die Urkunden darüber stammen von Ludwig dem lich“ Haltung erteilten die Herzoge Ernst, Wilhelm und Brandenburger aus dem Jahre 1358 und Herzog Ernst die Herzogin Elisabeth den Landsbergern die Erlaubnis, aus dem Jahre 1402, ein Weinungelt in Höhe von 2 Maß pro Eimer zu er­ Im Jahre 1437 gab Herzog Ernst der Stadt einen heben. Im Jahre 1425 schließlich befreiten die beiden ge­ Stiftbrief, wonach die Landsberger Stadtsteuer von nannten Herzoge die Stadt von der Land- und Stadt- jährlich 40 Pfund Pfennig dazu verwendet werden sollte, steuer für das Jahr 1426, während in derselben Urkunde jährlich je zwei arme Jungfrauen aus Landsberg und die Herzogin Elisabeth der Stadt aus ihren Gilten und München mit 10 Pfund Pfennig auszusteuern, „wan wir Steuern 40 Pfund Pfennig überließ. Beide Einnahmen vernomen haben, das oft eins fromen armen mans toch- sollte die Stadt zum Bau neuer Mauern und Gräben ter in unlauterkeit falle und ir jungfräuliche cron ver- verwenden. liesse darumb, das Vatter und Mutter so arm sind und Eine Anzahl von Privilegien betreffen kein Heiratsgut ze geben haben“. Falls einer der Nach­ Handel und Gewerbe. Der bedeutendste Zweig kommen des Herzogs die Stiftung ablösen wollte, so soll­ war der Salzhandel, wie schon aus der häufigen Erwäh­ te er dies um 1000 Pfund Pfennig tun, die der R at von nung in den Urkunden zu ersehen ist. Ludwig der Bran­ München und Landsberg in Gilten anlegen sollte, um die denburger gab den Landsbergern 1353 die Erlaubnis, Aussteuerungen weiterführen zu können. Eine Urkunde einen Salzstadel zu bauen und gründete dort eine Salz­ der Stadt Landsberg an den Rat von München über die niederlage. Sein Sohn, Herzog Meinhart, hob die Nie­ Schuld von jährlich 20 Pfund Pfennig ist ebenfalls ins derlage auf, doch schon dessen Nachfolger. Herzog Ste­ Rechtsbuch eingetragen phan der Aeltere, begründete sie neu, „also, daß kein Nach einer anderen Stiftung von Herzog Ernst aus Gast von Schwaben durchfahren soll, er solle das Salz dem Jahre 1434 sollten seine Hoffischer dem Landsberger zu Landsberg heben“ (Urkunde vom 15. 6. 1364). Die Rat jährlich zu Weihnachten 3 Goldferchen aus dem Herzoge Stephan und Johann verliehen den Landsber­ Würmsee geben. gern in den Urkunden von 1376 und 1381, da „ihnen un- Von den Urkunden, die das Privatrecht berüh­ giitlich und ungnädig daran gechieht, wenn sie Salz in ren, ist die aus dem Jahre 1392 über das eheliche Güter­ München holen sollen wie andere Gäste, die Gnade, daß recht schon erwähnt !06). Ein Landsberger Ratschluß aus sie wie andere Städte in Oberbayern selbst nach Rei­ dem Jahre 1361 ist unter die Urkundenabschriften ge­ chenhall fahren dürfen“. Daß die Salzniederlage noch raten, wonach „nymant in unser vorgenant Stat ze lands­ einmal vorübergehend verlegt worden war, geht aus der perg fürbas ewigklich sich haimlich beheiraten sol“. Zu­ Urkunde Herzog Stephans hervor, die. 1383 „an sand widerhandelnde — auch die anwesenden Zeugen — soll­ Matheus tag in Lantzperg“ ausgestellt, besagt, daß auf ten mit einer Strafe von 10 Pfund Augsburger Pfennigen die Bitte des Rates der Herzog der Stadt die Salznieder­ belegt werden. Im Falle der Uneinbringlichkeit drohte lage gegeben hat, wie diese sie vormals gehabt und wie das Abschlagen einer Hand oder eines Fußes und. falls er sie der Stadt genommen hatte. Begründet wird die der zu Bestrafende entwischte, Stadtverbot auf 100 Jahre. Vergünstigung mit den Schwierigkeiten, die Landsberg als Grenzstadt mit „wachten, chuntschaft und vil andern Eine Verordnung über die Ablösung von Ewiggeld, Sachen“ gehabt hat Noch im selben Jahr, drei Wochen erlassen von Herzog Stephan im Einvernehmen mit dem später, gab Herzog Friedrich der Stadt eine gleiche Ur­ Magistrat am 12. 2. 1392, ordnete die Lösung aller Ewig­ kunde. In beiden Urkunden ist auch die Rede von an­ gilten innerhalb eines Jahres an. Bei Streitigkeiten sollte deren Handelsgütern, die man in Landsberg „niederlegen“ der Stadtrat entscheiden. sollte. Eine Urkunde aus dem Jahre 1380 enthält ein Ueber- Mit Urkunde vom 15. 6. 1364 verlieh Herzog Stephan einkommen zwischen Stadtrat, Pfarrer, dem Abt von der Stadt einen „Mülslakch i°5), wo solcher umb die Stat Wessobrunn, dem die Landsberger Kirche zu Lehen ge­ fügsam ist“. Im Jahre 1373 genehmigte Herzog Stephan hörte, Vitztum, Pfleger und Richter: Zur Eintragung der der Jüngere der Stadt eine freie Dult und einen zoll­ Seelgeräte sollten zwei Kalenderbücher angelegt werden, freien Jahrmarkt am St. Veitstag. Für diesen Jahrmarkt wovon eines der Rat, das andere der Pfarrer führen soll­ sagte er Friede und Geleit zu vom Vorabend bis zum te. Was in beiden Büchern gleichlautend eingetragen war, St. Veitstag „über und über“ und gebot seinen Amtleu­ sollte Kraft haben, wie wenn Brief und Handfeste dar­ ten, Vitztumen, Pflegern und Richtern, Schirm und Si­ über ausgestellt wäre. Das Verfahren bei Streitigkeiten um Seelgeräte ist in derselben Urkunde eingehend ge­ 103) — Bede. regelt. 104) Auswärtige, denen das Bürgerrecht erteilt worden war, Durch Ratschluß vom Jahre 1428 wurde das Gant- „Falschbürger“, später durch die Volksetymologie als „Pfahlbürger“ bezeichnet, Schröder — Künßberg S. 696. 105) — Mühlschlag. 106) Siehe S. 76/77. — 93 — — 94 — verfahren (öffentliche Versteigerung) festgelegt, im Jahre Adam und Eva Mock aus Pleisweiler in der Pfalz er­ 1499 hat Herzog Albrecht IV. diese Bestimmung bestätigt. bauten im Jah re 1850 das A nwesen Nr. 66 (heute But- Die Urkunden, die das Landsberger Spital betreffen, scher), das ja lange Zeit und teilweise auch heute noch sind nicht ins Rechtsbuch eingetragen worden, aber im der „Mockenhof“ heißt. Original noch vorhanden. Im Jahre 1349 gab Ludwig der Der historischen Wahrheit willen muß ich nun schon Brandenburger seine Zustimmung, daß die Stadt ihr erwähnen, daß Adam Mock mit seinen Eltern hierher­ Seelhaus zu einem Spital machen durfte. Im Jahre 1353 kam: Diese waren Gottlieb Mock und Barbara Bernhard übertrug er den Hof in Reisch an das Spital zu Lehen, aus Pleisweiler in der Pfalz. Mit Adam Mock, dem dasselbe verfügte Herzog Stephan der Jüngere im Jahre „Stammvater“ der Kolonie und Eva Mock, seiner Schwe­ 1374 über Thaining. ster, kamen auch noch die anderen Geschwister Johann, — Ende — geb. 1813, Elisabeth, geb. 1816, Peter, geb. 1824 und K a- rolina, geboren 1830. Von diesen heiratete als erster Peter Mock, geboren Kolonie oder Gogglhausen am 27. Juni 1824 zu Pleisw eiler, Canton- und Commis- Eine 100 Jahre alte Siedlung sariats Bergzabern in Hurlach am 12. Mai 1851 und hol­ von Dr. A. Haider te seine Frau aus Mothmen in Elsaß, namens Magdalena Schwarz, die in Untermühlhausen im Dienst war. Er hat­ Wenn ich an meine Jugendzeit zurückdenke, dann te, wie schon erwähnt, in Hurlach auf Gemeindegrund, kann ich mich bei meiner Radtour vor 30 Jahren in das oder besser gesagt an der Straße, der heutigen Kuster- schöne Lechstädtchen Landsberg an die kleinen Häus­ gasse sich ein Anwesen erbaut, das damals schon als chen entlang der Straße Augsburg—Landsberg erinnern „beim Ueberrheiner“ bezeichnet ist (Hnr. 59). und wir zuhause in den Stauden sprachen nur von „Gogglhausen“. Meine älteren Geschwister durften öf­ Adam Mock, geboren am 7. Juni 1826 zu Pleisweiler ters mit nach Klosterlechfeld auf den damals noch üb­ erwählte sich eine „Einheimische“, Cäcilia Schiller von Hurlach Nr. 50 und ihm wird als „Kolonistensohn“ am lichen Wallfahrtsgängen zu Fuß und übernachteten mit der Mutter bei einem Bekannten in Gogglhausen, der Neuhaus bei Kaufering (Taufmatrikel Hurlach Nr. II, Seite 9), der sich „derzeitig bei seinem Vater im Neu­ in der heutigen Kolonie wohnte. hause (ebenda) aufhält, eine Tochter Magdalena geboren, So kannte ich also nur ein Gogglhausen, denn diesen die aber am 28 April 1851 bereits wieder stirbt. Das Namen gaben früher nicht nur die weit entlegenen mag vielleicht auch der Grund gewesen sein, warum er Stäudler diesen vielen kleinen Häusern an der Land­ sich am 27. Juni 1852 in seiner Heimat in Pleisweiler straße, sondern auch die „Ureinwohner“ des Lechrains, trauen läßt, nachdem schon am 16. 4. 1852 bereits wie­ in Lagerlechfeld stand in älterer Zeit noch ein Weg­ der ein Kolonistenkind, Bernhard, das Licht der Welt weiser nach Gogglhausen! Und erst 100 Jahre b^teht erblickt hatte, das wiederum bereits am 29. Mai 1853 diese Siedlung, die um das Jahr 1850 entstand. Und diese „wüste“ Gegend verließ. wenn die Erde anfangs noch' nach der Erschaffung „wüst Erst das 1. eheliche Kind, geboren am 24. Juli 1854 in und leer“ war und Adam und Eva die ersten Menschen Neuhaus Nr. 1, verblieb den Eltern und erhielt wieder­ waren, so mag auch diese Gegend entlang der Land­ um den schönen Namen seines Vaters Adam. (Forts, folgt) straße, die ja erst im 17. Jahrhundert angelegt wurde, nicht viel besser gewesen sein, als die Hurlacher Bauern • • nach A ufhebung der G rundherrschaft im Jah re 1848 ihre weitentlegenen und wenig fruchtbaren Weidewiesen dort Uber die Ammerseefischerei abstießen und „Zuwanderern“ zur Siedlung überließen. So lange Menschen die Ufer des Ammersees bewoh­ Und diese ersten Siedler hießen auch Adam und Eva, nen, so lange haben sie sich schon seines Reichtums an nur mit dem einen Unterschied gegenüber unseren Fischen zu bedienen gewußt. Die Fischerei dort sieht auf Stammeltern, daß sie einen Zunamen hatten und in kein ein sehr hohes Alter zurück, wurde doch schon 1489 eine Paradies einziehen konnten. Woher kamen diese Sied­ Seeordnung erlassen, welche die Schonung des Fischbe­ ler? Sie kamen aus der Pfalz, aus dem Elsaß über dem standes und Verhinderung von Uebergriffen Unberech­ Rhein drüben, so daß man sie auch „Ueberrheiner“ heißt, tigter zum Zwecke hatte. Alle Fischer rund um den See, wie dieser Hausname lange an dem im Jahre 1851 er­ sei es nun in Utting, Schondorf oder Stegen, in Breit­ bauten Anwesen in Hurlach Hnr. 59 (heute beim Moch- brunn, Herrsching, Fischen oder Dießen, mußten der Fi­ Schäffler) haftete. Ihm gegenüber liegt das Anwesen scherzunft angehören. Diese mit dem Sitz in Dießen, Hurlach Nr. 91, wo ein Nachkomme von denen haust, wo auch der Seerichter amtierte, welcher die Vorschrif­ die einst das 1. Haus in der „Kolonie Hurlach“ bauten — ten und Einhaltung der Seeordnung überwachen mußte, heißen wir die Siedlung nun nach ihrem heutigen Na­ regelte die Prüfung der Meister, die Anfertigung des men, denn „Gogglhausen“ hören die Kolonisten nicht Meisterstücks, die Freisprechung der Gesellen, sie sorgte gerne. Warum, das weiß ich selber nicht und habe ich für die strenge Handhabung der Handwerksregeln und noch nicht herausbringen können! Mir als Historiker wä­ dies alles zur größeren Ehre des Fischerhandwerks vor re natürlich der alte Name Gogglhausen lieber, denn er offener Fischerlade klingt ganz anders als das nüchterne „Kolonie“, das ist Zur Ueberprüfung der Vorschriften und deren Ein­ der eine Grund und der andere, daß der Name „Goggl“ haltung fanden von Zeit zu Zeit obrigkeitliche Kontrol­ an sich hierzulande und in Landsberg einen guten, schö­ len statt und die kurfürstlichen Beamten verschafften nen Klang hat. Vermutlich — soweit reichen bei der ge­ sich jeweils Einblick in die bestehenden Verhältnisse der ringen Möglichkeit eines vielbeanspruchten Seelsorgers Fischer, den Stand der Fischerei usw. In dem uns heute in unseren Tagen — sich mehr mit der Geschichte sei­ vorliegenden Akt über eine solche Kontrolle unter dem nes Pfarrdorfes zu befassen — meine Forschungen noch Titel „Fischereinigung“ aus dem Jahre 1754 können wir nicht, hat in der „Kolonie“ ein Haus vom uralten Goggl- die von allen Fischern zu beantwortenden Fragen stu­ hof gestanden, sodaß man eben früher deswegen Goggl- dieren und auch deren Aeußerungen darüber. Haus sagte, auch dieses Haus „Gogglshaus“ nannte. Zu­ Sehen wir uns nun zuerst die Fragen an, — es sind dem aber hat die Gemeinde und der Landrat eine ange­ deren 14 —, so dreht sich die erste Frage um den Na­ regte Aenderung des Namens zur Jahrhundertfeier abge­ men des Fischers, deren Grund- und Gerichtszugehörig­ lehnt. Und so wird die Kolonie auch in Zukunft so hei­ keit, um die Höhe der Abgaben an die Grundherrschaft, ßen und nicht mehr Gogglhausen genannt werden, viel­ dann darum, woher sein Fischerrecht stammt, was für leicht in der stolzen Erinnerung an unsere früheren Kct_ Fanggeräte er benützt, weiters ob er das ganze Jahr lonien, wie vor Jahren ein Fremder ganz erstaunt mein­ fischt oder nur zu bestimmter Zeit, welche Fischgattun­ te: „ja was, ihr habt eine Kolonie!“ gen er fängt und welche Fischbehälter er besitzt. Also Nun wissen wir aber noch nicht, wie die ersten Sied­ eine ganze Reihe verschiedener Punkte sind schon in der ler in der Kolonie oder in Gogglhausen hießen! Und nun 1. Frage behandelt. Aber gehen wir weiter. In der 2. und taucht noch ein 3. Name auf, denn die ersten beiden 3. Frage wird sich erkundigt, ob und wie oft des Jahres Häuser, welche diese Ueberrheiner errichteten, trugen der Seerichter kontrolliert und was ihm dafür bezahlt anfangs die Namen Neuhaus Nr. 1 und Neuhaus Nr. 2. wird, ob dieser Fischgeschenke bekommt und was er für — 95 — — 96 — abgenommene Fische bezahlt. In Frage 4 will man wis­ Die Genehmigung der Aufbesserung wird auch weiterhin sen, wie viele Fischer am See vorhanden, ob diese ge­ nur immer auf 3 Jahre erteilt, zuzüglich 1 Schäffl Korn, und gen früher mehr oder weniger geworden und ob alle 1725 muß er sich sogar beschweren, daß der Schäffl Korn der Fischerzunft angehören. In den weiteren Fragen schon 4 Jahre im Rückstand ist. Auch hier muß sich der Fischkäufl um seinen verdienten Lohn bis zu seinem Able­ wird erforscht, ob niemand unbefugt auf dem See fischt, ben (1748) mit der Hofkammer herumschlagen welchen Preis die Fischaufkäufer zahlen, ob nicht zu In diesem kleinen Ausschnitt zeigt sich also, daß das Le­ enge Netze verwendet und damit zu kleine Fische ge­ ben eines Fischkäufls, welcher den anstrengenden und ver­ fangen werden zum Schaden der Fischerei. Es wird sich antwortungsvollen Beruf der Fischlieferungen ins Münch­ auch darum gekümmert, wie viele Fische (besonders ner Hofküchenamt bei jeder Jahreszeit, jedem Wetter und Hechten und Forellen) jeder Fischer in seinen Behältern bei Tag und Nacht auf sich hatte, dazu die Fischer beauf­ aufbewahren kann und was an Nährfischen für jene not­ sichtigen und die Fische einkaufen mußte und überdies durch verderbende Fische im Sommer oft schweren Schaden erlitt, wendig ist, ob nicht entgegen der Seeordnung an Sonn- nicht gerade zu den angenehmen zählte. Ein solcher mußte und Feiertagen gefischt wird und ob nicht Enten an den sich noch mit Bitten und Eingaben seinen nicht gerade üp­ See kommen und den Fischen und deren Brut Schaden pigen Lohn mühsam erkämpfen und erhalten. Jedenfalls zufügen. Schließlich wird noch gefragt, was jeder Fischer war ein solcher gezwungen, noch als kleiner Fischer und zu Nutzen oder Schaden des Ammersees vorzubringen Landwirt im Nebenerwerb für sein Fortkommen zu sorgen. hätte. Also wir sehen hier: Ein Fragebogen mit vielen Mögen diese Zeilen als kleiner Beitrag zur Heimatgeschichte Fragen ist nicht nur die Errungenschaft einer modernen des Ammerseegebietes gelten, die uns einen Einblick geben Zeit! In den Antworten der einzelnen Fischer spiegeln in das Leben eines Fischkäufls in einem feudalen Zeitalter. Hier könnte im Zusammenhang noch manch Interessantes sich deren persönliche Verhältnisse und wir wollen nun aus den Akten der Archive, besonders über die Ammersee­ einige von diesen hören. Der Fischer Hilarius Rauch in fischerei, erzählt werden, doch für heute möge es genug sein. St. Alban (heute noch dort der Hausname „beim Lari“!) Dr. W. Feil, München. zeigt an, daß sein Besitz mit Grund und Boden zum Kloster Dießen gehörig ist, daß er z. Zt. 200 Forellen und 100 Hechten in seinen Fischbehältern hat und daß Aus alten Ratsprotokollen vor 100 Jahren er zu deren Fütterung wöchentlich 40 Pfund Weißfische Das Hl. Geistspital unterstützt Thaining benötigt. Der Fischer Jakob Rauch in Dießen, dessen Nachdem die Spitalstiftung als Dezimator von Thaining schon im Jahre 1760 — 1000 fl. und im Jahre 1805 wiederum Haus und Grund zur Marktkammer Dießen grundbar 131 fl. zum Kirchen- und Thurmbau in Thaining beigesteu­ ist, wohin er jährlich 1 fl. 35 kr. zahlt, erbte seine Fi­ ert hat, nachdem dieselbe ferner in den letzten 12 Jahren scherei von seinem Vater und er teilt mit, daß z. Zt. für ungerechnet des verwendeten bedeutenden Materialwertes, Bachfische 3, für Hechten 11 und für Forellen 48 kr. be­ mehr als 500 fl. auf den dortigen Pfarrhof verwendete, so­ zahlt werden und daß er 300 Hechten in seinem Fisch­ hin bisher bei weitem mehr als sie schuldig war, ohne Bau­ weiher unterbringen kann. Aus diesen Antworten erse­ pflicht satisfizierte, der Hohe Reggs. Beschl. vom 19. July hen wir auch nebenbei die Gerichtszugehörigkeit in den 1849 ^pber, wornach die Spitalstiftung zum gegenwärtigen einzelnen Orten: In Dießen dominiert der dortige Markt Friedhofmauerbau 446 fl. concurieren soll, welche nach der irrigen faktischen Voraussetzung beruht, daß die Spitalstif­ als Grundherr, in Mühlfeld, Herrsching, Utting und Ste­ tung seit 100 Jahren zu dortigen Kultusgebäuden nichts bei­ gen ist. das Kloster Andechs als Grundherr vertreten, trug, so sey zur Abwendung dieser neuerlichen, nichtschuldi­ in Breitbrunn und Buch die Hof mark Seefeld, in gen Concurrenz an dieselbe Regierungsstelle zu berichten. Schondorf die Hofmark , in St. Alban Schwab. Lengenfeld wollte den Hl. Geistspitalfond in An­ das Kloster Dießen. Interessanterweise erkennen wir spruch nehmen. überdies noch in diesem Schriftstück das ofte Vorkom­ Vor 100 Jahren forderte das kgl. Landgericht Buchloe die men bestimmter Familiennamen unter den Fischern, Spitalstiftung zu Landsberg auf, für die Kirche in Lengen­ welche Namen in anderen Quellen schon weit früher, — feld einer Baupflicht nachzukommen. Der Magistrat wies Ende des 16. Jahrhunderts —, zu finden sind. Da sich in ausführlichem Beschluß nach, daß für die Pfarrkirche zu Lengenfeld keine Baupflicht seitens der Stiftung bestehe, zu­ diese Namen in überwiegender Zahl noch heute als Fi­ mal der Wiedenwald nicht in der Gemeindeflur Lengenfeld scher am Ammersee vorfinden und nachweisbar aus den sei. Ebenso lehnte der Magistrat eine geforderte Baupflicht dortmaligen Familien herstammen, kann man mit Recht für Kulturgebäude in Waal ab, anerkannte aber seine Baupflichi von alteingesessenen Fischer-Dynastien sprechen, welche für den Pfarrhof in Waalhaupten, z. T. auch für Kirche und dem ererbten Handwerk und dem See die Treue hiel­ Mesnerhaus, lehnte aber eine weiter geforderte Deponierung ten, mitunter sich auch als Fischer an andere Seen ver­ von 3200 fl. für Bauzwecke ab. Nach dem Gencralbaumandat pflanzten. Hier wären unter andern besonders zu nennen v. 3. Oktober 1770 habe die Stiftung nur alle 50 Jahre das die Ernst, Gastl, Marx, Rauch, Scherde und Schwarz. volle Jahreszehenterträgnis zu Kultusbauten aufzuwenden. Dieses Erträgnis sei mit 900 fl. angesetzt, ergäbe also ein Diese alle saßen, bezw. sitzen noch heute am See, ob­ Jahressoll von 18 fl., wozu ein Kapital von 450 fl, ausreiche. wohl die Anzahl der Fischer im Laufe der Jahrhunderte Wiedererrichtung der Lateinischen Schule (300 nach dem 30jährigen Krieg!) bis heute (ca. 30) sehr Nachdem verschiedene Widerstände überwunden waren, abgenommen hat beschloß der Stadtmagistrat die Lateinische Schule wieder Von einer dieser alten Fischersippen, den „Rauch aus aufzumachen, nachdem sich ein als Lehrer geeigneter Prie­ Dießen“, soll noch ausführlich später einmal berichtet ster gefunden habe. Die Jahresbesoldung mit 400 fl. gehe zu werden. Dr. W. Feil, München Lasten des Lateinischen Schulfonds. Burgfriedenssäulen Da die sog. Burgfriedenssäulen fast durchaus nicht an der Aus dem Leben kurfürstl. Fisch- Flurgrenze stehen, sondern nur die alte städtische Jurisdik­ tions-Grenze bezeichnen und in dieser Richtung auch wert­ los sind, so seyen sie zu entfernen und auf die Flurgrenze zu käufl in Dießen a. Ammersee setzen. (Schluß) 1696 muß er erneut um die Bewilligung kämpfen, zumal Wußten Sie sthon . . . ihm im Sommer durch Zurücknahme verdorbener Fische auf . . . daß der jüngere Sohn der schönen Philippine Welser, seine Kosten oft schwerer Schaden erwächst und er kaum Markgraf Karl von Burgau (+1618), in der Giinzburger Stadt­ fürs tägliche Brot verdient, geschweige für Arbeit und Klei- pfarrkirche begraben liegt? derabnützung Nur auf 3 Jahre wieder gelingt eine Bewil­ ligung. Schon 1699 muß er erneut darum bitten und er er­ Biicheretke sucht um lebenslängliche Zuweisung, da die Aufbesserung HYMNEN AUF OTTOBEUREN, von Arthur Maximilian Miller. um 10 fl. jährlich kein Almosen, sondern wohl verdienter Maximilian Dietrich Verlag, Memmingen. Großformat, Bütten­ Arbeitslohn wäre. Aber wir finden weiterhin alle 3 Jahre karton, 4.80 DM. die Eingabe und endliche Genehmigung seines sauer verdien­ Es ist ein selten schönes Stück, diese Broschüre in ihrer ten Lohnes bis zu seinem Tode 1705, trotz zugegebenem feinen bibliophilen Aufmachung und ihren» hervorragenden Fleiß und treuer Dienste. Wie sein Vorgänger, so hat auch Zeichnungen, die Kunstmaler Hugo Lange, Tübingen, beisteuer­ sein Nachfolger im Dienst, Mathias Peer, mit denselben Wi­ te. Bilder und Text ergänzen sich in wunderbarer Weise und jeder Heimatfreund, der Ottobeuren aus eigenem Erleben kennt, derwärtigkeiten, zu kämpfen, da auch dieser wieder auf 16 fl wird mit größtem Genuß diese Hymnen lesen, die ihn die jährl. Lohn herabgesetzt wird und er weist in seiner Ein­ Pracht des süddeutschen Barockwunders immer neu erleben las­ gabe auf die Fischkäufl am Würmsee hin, welche jährlich sen. Auf den Weihnachtstisch des Heimatfreundes gehört auch 10 11. Aufbesserung beziehen. dieses Bändchen.