Der Wermsdorfer Wald Das Waldgebiet des Jahres 2018 stellt sich vor

Inhaltsverzeichnis

Waldgebiet des Jahres 2

Der Wermsdorfer Wald 3

1 Historischer Überblick 4 1.1 Siedlungsgeschichte 4 1.2 Waldgeschichte 5 1.3 Jagdgeschichte 6

2 Naturräumliche Ausstattung 10 2.1 Geologie und Klima 10 2.2 Waldböden und forstliche Standorte 10

3 Forstliche Bewirtschaftung 12 3.1 Kennzahlen 12 3.2 Wald im Wandel 13 3.3 Forstliches Versuchswesen 15

4 Naturschutz 16 4.1 Schutzgebiete und Biotope 16 4.2 Artenschutz 17

5 Touristische Angebote 18 5.1 Schloss 18 5.2 Seen und Teiche 19 5.3 Geschichte im Wald erleben 20 5.4 Sport und Freizeit 21

6 Partner und Kontakte 23

| 1 Waldgebiet des Jahres

Anlässlich des Internationalen Jahres der Wäl- Nutzung in Einklang mit dem Naturschutz und der 2011 wurde die Idee entwickelt, jährlich ein der Erholungsnutzung zu bringen. Trotz seiner „Waldgebiet des Jahres“ zu küren und bekannt bedeutenden Funktion für die regionale Forst- zu machen. So kann das Thema Wald, unter Be- und Holzwirtschaft ist das Waldgebiet ein achtung seiner Bedeutung für unsere Gesell- wichtiger Rückzugsraum für bedrohte Tierarten schaft sowie des Wirkens und der Leistungen und ein geschätztes Naherholungsgebiet. Der der Forstleute, an einem praktischen Beispiel BDF dankt mit der Auszeichnung auch den vor anschaulich und emotional in der Öffentlichkeit Ort tätigen Forstleuten, die diesen Spagat täg- kommuniziert werden. lich meistern.

Der Bund Deutscher Forstleute (BDF) vertritt Für das „Waldgebiet des Jahres“ werden Koope- als Berufsverband die Interessen der Forstleute rationen mit den Landesforstverwaltungen, in allen Waldbesitzarten und auch die Interes- aber auch mit Tourismusverbänden der Region sen des Waldes im Allgemeinen. Er verleiht den geschlossen, um die Botschaften über Forst- Titel „Waldgebiet des Jahres“ jährlich an vor- kreise hinaus zu vermitteln. bildlich und in allen Bereichen nachhaltig be- wirtschaftete Ökosysteme. Weitere Informationen zum aktuellen Waldge- Im Jahr 2018 wurde der Wermsdorfer Wald als biet des Jahres und zu seinen Vorgängern fin- erster sächsischer Wald ausgewählt, weil es den Sie im Internet: hier in besonderer Weise gelingt, die forstliche www.waldgebiet-des-Jahres.de

Wermsdor fer Wald WALDGEBIET 2018

2 | Ein typisches Waldbild für den Wermsdorfer Wald (Foto: Uwe Lange)

Der Wermsdorfer Wald

Der insgesamt 5.100 Hektar umfassende Sachsenforst, Forstbezirk , bewahrt, be- Wermsdorfer Wald liegt im Nordwesten des wirtschaftet und erhalten. Rund 4.100 Hektar Freistaates Sachsen in der geografischen Mitte Staats wald anteil sind dabei auf die drei Landes- zwischen Dresden und Leipzig. Ein von den waldreviere Collm, Horstsee und Städten im Süden, im Os- aufgeteilt. ten und Wurzen im Nordwesten gebildetes Dreieck begrenzt das geschichtsträchtige Wald- Die Fläche des Privatwaldes im Wermsdorfer gebiet. Hufeisenförmig umschließt der fast Wald beläuft sich auf ca. 905 Hektar, wobei es durchgängige Waldgürtel die namensgebende sich hier vorrangig um kleinstrukturierten Gemeinde Wermsdorf, nur im Süden wird Waldbesitz in einer Größe zwischen einem und er durch das Wermsdorfer Teichgebiet unter- drei Hektar handelt. Die restliche Waldfläche brochen. steht im Eigentum von Kirchen und Körper- Durchschnittlich liegt das Gebiet zwischen 150 schaften. Zuständig für die Beratung und Be- bis 220 Meter über NN. Der landschaftsprä- treuung der Privatwaldbesitzer und der Kom- gende am Nordostrand erhebt sich munen im Gebiet des Wemsdorfer Waldes ist mit knapp 313 Metern deutlich über die Region. das Privat- und Körperschaftswaldrevier Huber- Das Waldgebiet wird durch den Staatsbetrieb tusburg.

| 3 Grundmauern eines Gebäudes des wüsten Dorfes Nennewitz als Teil des Kulturlandschaftsmuseums im Werms- dorfer Wald (Foto: Uwe Lange)

1 Historischer Überblick

1.1 Siedlungsgeschichte Vielfältige archäologische Funde belegen: Mitten in die Entwicklung sorbischer Besiede- Wermsdorf und seine Umgebung waren bereits lung und Wirtschaft fällt 929 die Eroberung des Siedlungsgebiet von Menschen in der Stein-, Gebietes bis zur Elbe durch den deutschen Kö- Bronze- und Eisenzeit. So gibt es beispielsweise nig Heinrich I. Deutsche und Sorben siedelten Fundstellen von Hügelgräbern aus der Jung- nun in der Region des Wermsdorfer Waldes steinzeit nahe des Forsthauses Seelitz und den nebeneinander, auch das Dorf Nennewitz ent- Nachweis eines bronzezeitlichen Gräberfeldes stand in dieser Zeit. der Lausitzer Kultur (zwischen 1350 und 700 v. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts Chr.) am Doktorteich. wurde Nennewitz wieder vom umgebenden Nach der altgermanischen Besiedelung in der Wald überwachsen. Die Gründe für das Verlas- Eisenzeit (ab 400 v. Chr.) war die Region um sen der Siedlung sind nicht bekannt. Mögliche Wermsdorf ab dem 5. Jahrhundert weitestge- Ursachen sind eine spätmittelalterliche Agrar- hend unbesiedelt. Ab Ende des 6. Jahrhunderts krise oder eine Pestepidemie. folgte die slawische Besiedelung, wie zahlreiche Erste schriftliche Überlieferungen der Entste- Fundstellen nördlich von Göttwitz beweisen. hung von Ortsteilen der Gemeinde Wermsdorf

4 | Historische Karte der Waldeinteilung und des Schneisensystems im Wermsdorfer Wald (Quelle: Verlagsanstalt List & v. Bressensdorf, Leipzig, Liz.-Nr. K128)

stammen aus der Zeit von 1185 (Collm) bis Schicksal lange Zeit an die sächsischen Kur- 1428 (Lampersdorf). Wermsdorf selbst wird im fürsten und später Könige geknüpft war. Als Jahre 1206 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. erstere Mitte des 16. Jahrhunderts den Besitz Zwischenzeitlich befand sich die Herrschaft über die Waldungen erlangten, befanden sich Mutzschen mit Wermsdorf und seinem Wald im diese aufgrund von intensiver Holznutzung, Besitz der Burggrafen von Leisnig, ehe sie in Waldweide und Streunutzung sowie durch stark den Besitz der Herren von Starschedel gelangte. überhöhte Wildbestände in einem schlechten Wie und wann dieser Besitzübergang stattfand, Zustand. ist nicht bekannt. Überliefert ist jedoch, dass Kurfürst Friedrich August I., bekannt als „Au- die Wettiner in Person von August I. den Besitz gust der Starke“, zeigte großes Interesse an den 1565 kauften und so den Grundstein für die Wäldern, die vor allem als „Kulisse“ für die Jagd spätere, glanzvolle Geschichte Wermsdorfs, dienen sollten. Er übergab das Wermsdorfer seines Waldes und seiner Schlösser legten. Jagdschloss im Jahr 1696 seinem Statthalter, Fürst Egon von Fürstenberg, als dessen Stamm- 1.2 Waldgeschichte sitz und beauftragte ihn, den Wermsdorfer Der Wermsdorfer Wald ist ein Waldgebiet mit Wald für die aus Frankreich übernommene Par- einer wechselvollen Vergangenheit, dessen forcejagd einzurichten.

| 5 1822 taxierte Heinrich Cotta, Begründer der zum Laubholz mit dem Wermsdorfer Wald als Forstakademie Tharandt, den verwüsteten, vor- einem Schwerpunktgebiet in Sachsen mit gro- ratsarmen, verlichteten und durch die Jagdnut- ßer Intensität fortgesetzt. Durch entsprechende zung geprägten Wermsdorfer Wald. Er legte Maßnahmen im Staatswald sowie über Bera- den Grundstein für die planmäßige forstliche tung und Betreuung der privaten und kommu- Bewirtschaftung, indem er den Wildbestand nalen Waldbesitzer wird in den nächsten zwei und die Viehhütung im Wald verringern ließ, Jahrzehnten eine weitere Verringerung des Na- regelmäßige Kahlschläge zur nachfolgenden delholzanteils bis auf 40 Prozent angestrebt. Verjüngung einführte und zugleich die planmä- ßige Umwandlung in Nadelwald vorantrieb. 1.3 Jagdgeschichte Diese Zeit wurde besonders durch das Wirken Von Historikern werden zwei Gründe für den des Forstmannes Carl Heinrich Willhelm Zinker- Kauf des 1565 noch „Mutzschener Heyde“ ge- nagel geprägt, der das sachsenweit angewandte nannten Gebietes durch Kurfürst August I. an- Standardverfahren zur Begründung von Fich- gegeben. Zum einen hat die maßvolle Nutzung tenkulturen entwickelte. Zinkernagel war es des Waldes die ökonomische Macht des Hauses aber auch, der über Heisterpflanzung an vielen Wettin gefestigt, zum anderen diente der Waldorten Eichen bewahrte, die heute einen Wermsdorfer Wald als repräsentatives Jagd- Teil des genetischen Reservoirs für den Wald- gebiet. umbau darstellen. Das alte Schloss in Wermsdorf, das den Aus- gangspunkt für die landesherrschaftlichen Jag- Dennoch lag seinerzeit das Hauptaugenmerk den in diesem Gebiet darstellte, wurde 1617 des forstlichen Handelns im Fichtenanbau und errichtet. Durch die Wirren des 30-jährigen so stieg Anfang des 20. Jahrhunderts der Anteil Krieges erreichte das Gebäude erst 1685 seine der Nadelbäume auf ca. 90 Prozent. Die zweite Zweckbestimmung als Jagdschloss. Fichtengeneration war u. a. aufgrund der Zunächst wurden in Wermsdorf überwiegend Standorte und der für die Baumart Fichte zu eingestellte Jagden, bei denen Jagdhelfer das geringen Niederschläge geprägt von schlechten Wild in eingezäunte Bereiche und dann direkt Zuwachsleistungen. Wiederholt traten biotische vor die Schützen trieben, sowie Sauhatzen und abiotische Schäden auf. Dies zog 1922 ei- (Hetzjagd mit Hunden auf Wildschweine) nen Beschluss zur Abkehr von der reinen Fich- durchgeführt. Bereits unter August dem Star- tenwirtschaft nach sich. ken reichten jedoch die Räumlichkeiten nicht mehr aus, um Parforcejagden mit bis zu 300 Trei- Ab den 1930er-Jahren wirkte Johannes Blanck- bern und 200 Hunden durchzuführen, sodass meister, Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft 1721 der Bau der heutigen Hubertusburg be- Naturgemäße Forstwirtschaft, als Forstmeister schlossen wurde. in Wermsdorf. Durch die konsequente Arbeit engagierter Förster war der Nadelholzanteil bis Glanzvolle Jagden mit adeligen Gästen aus ganz 1980, zum Teil unter Anwendung aufwendiger Europa nahmen nun im alten Jagdschloss ihren Waldbauverfahren (Wermsdorfer Verfahren), Anfang und luxuriöse Feste in der Hubertus- bereits auf 60 Prozent gesunken. Nach der po- burg krönten ihr Ende. 1740/41 ließ König Au- litischen Wende wurde der Waldumbau zurück gust III. neue Jagdalleen (Schneisen) im Werms-

6 | dorfer Wald anlegen, die bis heute das Wege- Mit der politischen Wende war das Jagdrecht netz bilden. Als Grundlinie für die Neuvermes- wieder an Grund und Boden gebunden. Deutlich sung der Wege diente damals die Fluchtlinie überhöhte Wildbestände mussten zur Vermei- vom Dachreiter des Schlosses Hubertusburg dung von Schäden in der Land- und Forstwirt- zum Turm des Domes von Wurzen – die heutige schaft reduziert werden. Straße nach Sachsendorf. Mit dem Ziel der Anpassung der Bestände von Rot- und Rehwild auf ein für die naturnahe Die Plünderung der Hubertusburg im Sieben- Waldbewirtschaftung verträgliches Niveau jährigen Krieg und die hohen Staatsschulden spielt die Jagd auch heute noch eine wichtige Kursachsens schränkten die Ausübung der Rolle. Aufgrund der konsequenten Umsetzung Parforcejagd im 19. Jahrhundert stark ein. Nach einer effektiven jagdlichen Strategie im Werms- der letzten Parforcejagd in Wermsdorf 1826 dorfer Wald lag der Verbiss der Hauptbaumar- wurde der Totalabschuss von Rot- und ten beim letzten Wildschadensmonitoring unter Schwarzwild festgelegt, Hauptwildart war nun 10 Prozent, neue Schälschäden traten nicht auf. das Rehwild. Eine glanzvolle Periode ging damit zu Ende, in der Wermsdorf mit seinen Schlös- Dadurch ist es möglich, dass sich aktuell durch- sern ein jagdliches, aber auch ein politisches schnittlich mehr als 70 Prozent (bei Eiche Zentrum in Mittel- und Osteuropa gewesen 60 Prozent) der gepflanzten jungen Bäume war. Der Wald blieb Hofjagdrevier der Wettiner ohne Zaunschutz etablieren lassen. Die Wald- und die sächsischen Könige weilten bis zur Aus- umbaufläche im Wermsdorfer Wald beträgt rufung des Freistaates 1918 gelegentlich zu jährlich rund 30 Hektar, auf der Hälfte dieser Jagdaufenthalten hier. Fläche wachsen zukünftig Eichen.

In der DDR gewann die Jagd im Wermsdorfer Wald wieder an Bedeutung. Die Jagdgesell- schaft Hubertusburg, der 42 Mitglieder ange- Ein historisches Zeugnis der Jagd im Werms- hörten, war für den Wermsdorfer Wald zustän- dorfer Wald stellt die jüngst bislang teuerste dig. Ihr wurden drei Jagdgebiete mit einer Flä- Neuerwerbung des Pariser Jagd- und Naturkun- che von insgesamt 6.674 Hektar zugeordnet. demuseums dar. Dieses erwarb 2017 das Ge- Ziel der Jagd war in dieser Zeit die Erhöhung mälde „Jagdpause im Wermsdorfer Wald“ von des Wildbretaufkommens und von jagdlichen Ferdinand von Rayski aus dem Jahr 1859, um es Ressourcen (Trophäen). Zu diesem Zweck bür- im Rahmen der Ausstellung „Jagdszenen in gerte man Ende der 1960er-Jahre im Werms- Deutschland“ präsentieren zu können. dorfer Wald zusätzlich Damwild ein.

Abb. Seite 8–9: Gemälde „Jagdpause im Wermsdorfer Wald“ von Ferdinand von Rayski, 1859 (Paris – Musée de la chasse et de la nature) Zu erkennen ist, dass der Wermsdorfer Wald auch zu dieser Zeit zumindest in Teilen noch durch vorrats- arme Laubbestände geprägt war.

| 7 8 | | 9 2 Naturräumliche Ausstattung

2.1 Geologie und Klima Die Landschaft des Wermsdorfer Waldes ist mangelerscheinungen kommen kann. Zudem durch flachwellige Oberflächenformen geprägt gehen die Sommerniederschläge zum Teil als und wird vor allem im Westen von Porphyrkup- starke Gewitterregen oder heftige Schauer nie- pen durchragt. Der für die Region typische der und ein großer Anteil fließt oberflächig ab. Wermsdorfer Porphyr wird auch heute noch im Für das Gebiet sind auch Spätfröste typisch. Die Steinbruch „Am Butterberg“ als besonders Hauptsturmrichtung ist Südwest. druck- und frostbeständiges Gestein abgebaut. Im Nordosten dominiert der knapp 313 Meter 2.2 Waldböden und forstliche Standorte hohe Collmberg, der aus Grauwacke besteht. Der Wermsdorfer Wald gehört zum Naturraum Die größte Fläche nehmen im Wermsdorfer des Nordsächsischen Platten- und Hügellandes Wald jedoch Lössablagerungen ein. Diese san- und nach der Forstlichen Wuchsgebietsgliede- dig-lehmigen Schichten sind oft nur weniger als rung zum Wuchsgebiet Sächsisch-Thüringisches einen Meter mächtig. Sie entstanden während Löss-Hügelland. Im Westen des Wermsdorfer der Eiszeit. Dabei wurde Gesteinsstaub durch Waldes mit seinen Hügeln und Kuppen sind ske- die kalten Fallwinde vom Gletscher ausgeblasen letthaltige (hoher Anteil von Schutt und Geröll) und verlagert. Die Gletscher der letzten Weich- Braunerden ausgeprägt, in ebenen Lagen über- sel-Vereisung erreichten das Gebiet nicht mehr wiegen Staugleye und Braunstaugleye (wech- und kamen vor 20.000 Jahren über 100 Kilome- selfeuchte Böden, die zur Verdichtung neigen). ter nördlich des Wermsdorfer Waldes zum Still- Einige Baumarten, vor allem die Fichte, haben stand. Die kalkarmen Lösslehme liegen heute es sehr schwer, die verdichtete Bodenschicht zu über den älteren Gesteinsbildungen (Grau- durchwurzeln. Sie bilden deshalb nur Flachwur- wacke, Porphyr, Grundmoränen älterer Eiszeiten zeln aus und sind anfällig gegenüber Stürmen. und Schmelzwasserablagerungen). Löss fehlt lediglich auf Kuppen und an steilen Hängen, Etwa die Hälfte der Waldfläche ist durch solche hier wurde er durch nachträgliche Erosion ab- wechselfeuchten Standorte geprägt. Hier wech- getragen. seln sich im Jahresverlauf Perioden mit Vernäs- sung und Austrocknung ab. Reichlich drei Pro- Der Wermsdorfer Wald liegt in der Klimastufe zent der Waldfläche wird durch mineralische des mäßig trockenen Hügellandes. Die Jahres- Nassstandorte bedeckt. In langsam entwäs- durchschnittstemperatur beträgt etwa 9 Grad sernden Mulden und abflusslosen Senken ent- Celsius und die Vegetationsperiode - angegeben wickelten sich auch sehr humusreiche Nass- als Summe der Tage mit einer Tagesmitteltem- standorte. Die terrestrischen (unvernässten) peratur von mindestens 10 Grad Celsius - dau- Standorte haben ihren Schwerpunkt im Westen ert ca. 170 Tage. Die mittleren Jahresnieder- des Wermsdorfer Waldes. schläge liegen bei 670 Millimetern, wobei 280 Millimeter in der Vegetationszeit fallen. Dennoch reichen diese Niederschläge oft nicht aus, sodass es bei der Vegetation zu Wasser-

10 | Grauwackefelsen am Collm - das älteste Grundgestein Sachsens (> 540 Mio. Jahre) steht hier an der Oberfläche an. (Foto: Christiane Wolfram)

Die Nährstoffversorgung der Böden im Werms- ren-Hainbuchen-Eichenwald (Stellario-Car- dorfer Wald ist überwiegend im mittleren Be- pinetum) vorkommen. Weiterhin flächenmäßig reich eingeordnet. Überdurchschnittlich nähr- bedeutsam sind bodensaure Eichenmischwälder stoffversorgte Standorte finden sich vor allem (Quercion roboripetreae) mit mehr Trauben- in den feuchten Senken und entlang von Ab- eiche und Buche, aber auch Birke, Aspe und flussrinnen. Eberesche auf terrestrischen Standorten im Westteil des Wermsdorfer Waldes. Nur am Süd- Als wichtigste Waldgesellschaften würden im hang des Collmberges sind artenreiche wärme- Wermsdorfer Wald von Natur aus Hainbuchen- liebende Eichentrockenwälder zu finden. Eichenwälder (Carpino betuli) wie der Sternmie-

| 11 3 Forstliche Bewirtschaftung

3.1. Kennzahlen Die aktuelle Baumartenverteilung im Werms- Die Jagd im Wermsdorfer Wald wird durch dorfer Wald unterscheidet sich mit Blick auf die Sachsenforst auf einer Verwaltungsjagdfläche Forsteinrichtungsdaten von 1931 deutlich. von 4.416 Hektar ausgeübt. Hauptwildarten Während sich damals der Nadelholzanteil auf sind Reh- und Schwarzwild. Rotwild kommt 92 Prozent belief, dominieren durch das Wirken ebenso vor und wird gemeinsam mit den umlie- mehrerer Förstergenerationen heute wieder genden Revieren in der Rotwildhegegemein- Laubbäume mit 51 Prozent. Eichen, Buchen und schaft „Wermsdorfer Wald“ bewirtschaftet. Kiefern bilden den Hauptanteil der Laubmisch- Im Durchschnitt der vergangenen Jahre wurden wälder. auf der Verwaltungsjagdfläche etwa 450 Stück Schalenwild jährlich erlegt, wobei etwa zwei Mit einem aktuellen Hiebssatz von 5,35 Kubik- Drittel auf Rehwild und fast ein Drittel auf meter je Jahr und Hektar werden etwa 60 Pro- Schwarzwild entfallen. Ergebnis einer effizien- zent des Holzzuwachses im Landeswald ge- ten Bejagungsstrategie ist es, dass rund 70 nutzt. Dies entspricht einer jährlichen Hiebs- Prozent der neu gepflanzten jungen Bäume menge von ca. 22.000 Kubikmeter Holz im Jahr, ohne Zaunschutz wachsen können. von denen 75 Prozent an regionale Holzabneh- mer verkauft werden.

Baumarten und Baumartengruppen Anteil in Prozent der Waldfläche 1822 1931 1980 2012 Kiefer 4 24 17 33 Fichte 2 67 37 8 Lärche und andere Nadelbaumarten 0 1 6 8 Nadelholz insgesamt 6 92 60 49 Eiche (als Hochwald) 2 5 18 26 Buche 8138 Birke 25 2 16 11 Sonstiges Laubholz 6 Mittel- und Niederwald 45 0 0 0 Laubholz insgesamt 90 8 37 51 Flächen ohne Wald 4 < 1 3 < 1

Tabelle: Baumartenzusammensetzung im Wermsdorfer Wald von 1822 bis 2012

12 | Uwe Lange, der Leiter des Revieres Horstsee, beim Ermitteln des Stammdurchmessers in einem für den Werms- dorfer Wald typischen Eichenbestand. (Foto: Axel Kaminski)

Die gesellschaftlichen Anforderungen an den 3.2 Wald im Wandel Wermsdorfer Wald sind sehr vielfältig. Durch- Abhängig davon, ob gerade die Jagd oder die schnittlich erfüllt hier eine Waldfläche drei Holznutzung prioritäre Ziele des jeweiligen Lan- verschiedene Waldfunktionen, lokal ist diese desherren waren, hat sich das Bild des Werms- Zahl noch wesentlich höher. Die wichtigsten dorfer Waldes in den vergangenen Jahrhunder- Waldfunktionen sind Schutz der Natur, Schutz ten mehrfach geändert. Und auch heute noch der Landschaft und Erholung. Die besondere befindet sich der Wald im Wandel. Im sächsi- Bedeutung für die Naherholung und den Natur- schen Staatswald wird auf jährlich rund haushalt wird deutlich, wenn man berücksich- 1.300 Hektar Waldumbau betrieben. Neben tigt, dass sich das Gebiet in einer ausgespro- den immissionsbelasteten Nadelwäldern im Erz- chen waldarmen Region befindet. gebirge bildet der Wermsdorfer Wald einen Der Wermsdorfer Wald liegt vollständig im Waldumbauschwerpunkt. Landschaftsschutzgebiet „Wermsdorfer Forst“ und nahezu vollständig im Europäischen Vogel- Typisch für das Gebiet sind wechselfeuchte Bö- schutzgebiet „Wermsdorfer Teich- und Waldge- den mit oberflächennahen Stauschichten. Auch biet“ (vgl. Kapitel 4). auf terrestrischen Standorten findet man diese

| 13 in etwas größerer Tiefe häufig. Dies führt dazu, worfen oder gebrochen worden. Das entspricht dass gerade Fichten, aber auch Laubbäume oft in etwa dem doppelten Jahreseinschlag. Beson- nur oberflächennahe Wurzelsysteme ausbilden ders betroffen waren vor allem Nadelwälder können. Eichen und Kiefern sind aufgrund ihrer und Flächen, auf denen bereits ein Teil der Fich- Pfahlwurzeln eingeschränkt in der Lage, die ten gefällt worden war, um darunter Buchen Stauschichten zu durchbrechen, wenngleich und Eichen zu pflanzen. dieser Effekt bei sehr hoher Verdichtung auch Die Beseitigung der massiven Sturmschäden ausbleibt. wird sich noch weit über das Jahr 2018 hinaus Zumindest die Stabilität der Eichen ist wesent- hinziehen. Mit Hilfe von Waldarbeitern des lich höher, sodass der bisher eingeschlagene Forstbezirkes und verschiedenen Forstunter- Weg, vor allem die Reste der labilen Fichten- nehmen wird hart gearbeitet, um Flächen zu wälder in standortgerechte, stabile und vor beräumen und für die Pflanzung oder Naturver- allem naturnahe Eichenmischwälder bezie- jüngung vorzubereiten. hungsweise auf den Kuppen in Buchenmisch- Die zukünftig angestrebte Bestockung ent- wälder umzuwandeln, konsequent weiterge- spricht in Teilen dem historisch für 1822 doku- führt wird. Die Kiefer wird gerade in trockene- mentierten Zustand, vor allem aber auch der ren Bereichen weiterhin eine Rolle spielen. potenziell natürlichen Waldvegetation für die- Die Sturmereignisse „Herwart“ im Oktober 2017 ses Gebiet. Der von Heinrich Cotta 1822 ta- und „Friederike“ im Januar 2018 zeigen deut- xierte Zustand war hauptsächlich durch die lich, dass dieses Ziel weiter verfolgt werden jahrhundertelange Nutzung als höfisches Jagd- muss. Rund 50.000 Kubikmeter Holz sind allein gebiet geprägt worden. Cottas Planung sah vor, durch „Friederike“ im Wermsdorfer Wald umge- die Produktion durch die Umwandlung in einen

Das Produk- tionsziel im Wermsdorfer Wald sind wertholzhal- tige Eichen- stämme. (Foto: Uwe Lange)

14 | Fichtenforst zu steigern und den Zustand des der Technischen Universität Dresden, vertreten Waldes zu verbessern. Bereits 1874 war die durch das Institut für Waldwachstum und Umwandlung so gut wie beendet. Forstliche Informatik, aber auch durch Sach- Ursprünglich hatte Cotta vorgesehen, dass dem senforst betreut. Nadelwald nach einer Generation wieder Laub- Es existieren Versuchsflächen zu ganz verschie- wald folgen sollte. Die hohe Nachfrage, verbun- denen Fragestellungen, beispielsweise wird un- den mit hohen Holzerträgen und Erlösen, führte tersucht, welchen Einfluss unterschiedliche jedoch dazu, dass eine zweite Generation Na- Durchforstungsstärken auf das Wachstum der delbäume begründet wurde. Diese wies ein Eichen haben. Die größte Fläche dieser Art liegt stark reduziertes Wuchsverhalten auf, viele im Revier Collm und umfasst 4,6 Hektar. Insge- Fichten erreichten nach 40 Jahren lediglich eine samt existieren rund 10 Hektar Eichendurch- Höhe von sechs Metern. Die Bestände gingen forstungs-Versuchsflächen. Eine dieser Flächen als „Wermsdorfer Fichtenkümmerflächen“ in die wurde bereits 1899 durch die Königlich Säch- forstliche Geschichte ein. sische Forstliche Versuchsanstalt in der Nähe des Horstsees angelegt und wird bis heute Als Folge dieser Problematik wurde 1922 nach beobachtet. einer landesweiten wissenschaftlichen Unter- suchung die „Abkehr von der Fichtenwirtschaft Im Revier Collm wurde 2013 die 19. Waldklima- im Nordwestsächsischen Niederland“ amtlich station im Rahmen des Umweltmonitorings des beschlossen. Diesen Prozess setzen die Forst- Staatsbetriebes Sachsenforst errichtet und in leute im Wermsdorfer Wald seit mittlerweile Betrieb genommen. Die Freilandstation erfasst 95 Jahren konsequent fort. Während der 1980er- Windgeschwindigkeit, Luftdruck, Luftfeuchte, Jahre wurde zu diesem Zweck das eigens ent- Sonnenscheindauer, Temperatur, Niederschlag, wickelte „Wermsdorfer Verfahren“ angewandt. Schadstoffeinträge, Bodentemperatur und Boden- Nach dem Kahlschlag der Fichten sprengte man feuchte. die verbliebenen Wurzelstöcke mit Karbid und Weiterhin gibt es im Revier Collm zwei Versuchs- räumte danach die Fläche mittels Planierrau- flächen zur Thematik Bodenmelioration und Bo- pen. Anschließend wurde ein Vollumbruch und denverdichtung. Hier werden Verfahren überprüft, mehrmaliges Scheibeneggen mit Kalkzugabe die der Bodenverdichtung entgegen wirken. durchgeführt. In Summe handelte es sich um Der Boden stand auch bei einer weiteren Ver- ein Verfahren, dass in dieser Intensität im forst- suchsreihe im Vordergrund. Der gesamte lichen Bereich eine absolute Besonderheit dar- Wermsdorfer Wald gilt aufgrund seiner feuch- stellte. ten und nassen Standorte als befahrungssen- Heute beschränkt sich die Flächenvorbereitung sibel. In den Jahren 2012 und 2013 wurden auf das Anlegen von Pflug- oder Frässtreifen, je deshalb verschiedene Bändersysteme für Forst- nach Bodenbeschaffenheit gegebenenfalls mit maschinen getestet, die den Druck der Räder Kalkzusatz bei ehemaligen Fichtenflächen. reduzieren und dadurch Bodenschäden vermei- den. Die Bänder werden mittlerweile bei ent- 3.3 Forstliches Versuchswesen sprechender Bodenfeuchte als Standardverfah- Forstliche Versuchsflächen spielen im Werms- ren im Wermsdorfer Wald und auch darüber dorfer Wald eine wichtige Rolle. Sie werden von hinaus angewendet.

| 15 4 Naturschutz

4.1 Schutzgebiete und Biotope Im Zusammenspiel der natürlichen Gegebenhei- wald wurden verstärkt Biotopbaumgruppen ten bietet der Wermsdorfer Wald durch vielfäl- ausgewiesen und dauerhaft markiert. tige Strukturen wertvolle Lebensräume und Wechselnde Waldbestände des flächendecken- Lebensstätten für verschiedene Arten der Flora den Landschaftsschutzgebietes „Wermsdorfer und Fauna. Dies spiegelt sich auch im groß- Forst“, die geologisch bedingten Porphyrkuppen flächigen Vogelschutzgebiet „Wermsdorfer mit naturnahen bodensauren Buchenwäldern Teich- und Waldgebiet“ und den Flora-Fauna- und Eichen-Hainbuchenwäldern, strukturreiche Habitat(FFH)-Gebieten wie „Wermsdorfer Teiche und Teichketten mit Verlandungsvegeta- Waldteichketten“, „Döllnitz und Mutzschener tion sowie Nass- und Feuchtwiesen, die teils Wasser“, „Waldgebiet an der Klosterwiese“ so- mit naturnahem und totholzreichem Eichen- wie „Collmberg und Oschatzer Kirchenwald“ mischwald feuchter Standorte verzahnt sind, wider. zeichnen das biotopreiche Waldgebiet mit ver- schiedenen Naturschutzgebieten und Flächen- Das Gebiet „Wermsdorfer Waldteichketten“ ist naturdenkmalen aus. Hinzu kommen in gerin- dabei mit einer Fläche von 240 Hektar das gem Umfang Sumpfwälder und Traubenkir- größte FFH-Gebiet innerhalb des Wermsdorfer schen-Erlen-Eschenwälder in den feuchten Waldes. Das „Waldgebiet an der Klosterwiese“ Bereichen entlang der Teichkette. Als linienför- (104 Hektar) liegt ebenfalls vollständig im mige Biotopelemente weist der Wermsdorfer Wermsdorfer Wald und ist gleichzeitig Natur- Wald zahlreiche naturnahe, sommerwarme schutz- und FFH-Gebiet. Auch eine Naturwald- Bachläufe auf. zelle wurde hier ausgewiesen, die neben weite- Die vielfältigen Waldbiotope werden durch wei- ren Dauerbeobachtungs- und Versuchsflächen tere Gewässer, Feldgehölze, Hecken, Gebüsche, durch Sachsenforst betreut wird. Gemäß dem Staudenfluren und Grünlandflächen sowie Naturschutzkonzept für den sächsischen Staats- durch offene Felsen und Steinbrüche ergänzt.

Totholz ist Lebensgrund- lage vieler Käfer- und Pilzarten. Als eine Beson- derheit des Wermsdorfer Waldes ist hier der Eremit zu nennen. Zukünftig soll Alt- und Totholz deshalb bei der Waldbewirtschaf- tung stärker gefördert werden. (Foto: Uwe Lange)

16 | 4.2 Artenschutz Der Wermsdorfer Wald beherbergt eine Vielzahl seltener Tier- und Pflanzenarten. Die Kombina- tion aus Wald und Wasserflächen schafft be- sonders für seltene Wasservögel und Amphibien ideale Lebensbedingungen. Das Arteninventar zeigt u. a. zahlreiche Brutvogelarten nach An- hang I der Europäischen Vogelschutzrichtlinie und weitere Arten der Kategorien 1 und 2 der „Roten Liste Wirbeltiere“ des Freistaates Sach- sen (Stand 1999). Zum Schutz dieser Arten sind zahlreiche FFH-Arthabitate ausgewiesen, be- sonders im Bereich zwischen Zeisig- und Doktorteich.

Beispiele: Eisvogel (Alcedo atthis), Fischadler (Pandion haliaetus), Grauspecht (Picus canus), Der Schwarzstorch brütet seit vielen Jahren erfolg- Neuntöter (Lanius collurio), Ortolan (Emberiza reich im Wermsdorfer Wald. (Foto: Steffen Spänig) hortulana), Rohrweihe (Circus aeruginosus), Schwarzmilan (Milvus migrans), Schwarzspecht wovon 17 Bruten mit insgesamt 33 Jungadlern (Dryocopus martius), Uhu (Bubo bubo), Wes- erfolgreich verliefen. Dies entspricht mit 1,94 penbussard (Pernis apivorus), Großes Mausohr einer der höchsten Reproduktionsraten bei (Myotis myotis), Mopsfledermaus (Barbastella sächsischen Seeadlerpaaren. Besonders hervor- barbastellus), Fischotter (Lutra lutra), Hirsch- zuheben ist die äußerst seltene Drillingsbrut käfer (Lucanus cervus), Eremit (Osmoderma im Jahr 2015, bei der auch alle drei Jungadler eremita), Rotbauchunke (Bombina bombina) flügge wurden. und Kammmolch (Triturus cristatus-Superspe- Ganze zwei Brutausfälle gehen auf das Konto zies) von menschlichen Störungen. Das unterstreicht die Effizienz von Horstschutzzonen und deren Charakteristisch für die Region sind weiterhin strenge Einhaltung. Die sehr gute Zusammen- Schwarzstorch (Ciconia nigra) und Seeadler arbeit von Forst, Jagd und Naturschutz ist da- (Haliaectus albicilla). Die Entwicklung beider für Voraussetzung. Arten im Wermsdorfer Wald wird durch Natur- schutzbeauftragte und Artbetreuer intensiv Der Erstnachweis einer Ansiedlung von Schwarz- dokumentiert. störchen gelang 1988. In den Jahren 1988 bis Eine Horstschutzzone für den Seeadler ist als 2017 kam es zu insgesamt 20 nachgewiesenen zoologisch besonders wertvoller Bereich aus- Bruten im gleichen Revier, aber auf drei ver- gewiesen. Im Jahr 1990 konnte erstmalig ein schiedenen Horstbäumen (zwei Eichen, eine Seeadlerpaar beim Nestbau beobachtet werden, Buche). Der Brutplatz wurde jeweils nach wobei vermutlich ein altes Schwarzstorchnest Absturz des Nestes gewechselt. Von diesen auf einer Buche als Unterbau genutzt wurde. 20 Bruten waren 16 erfolgreich, mit insgesamt Insgesamt kam es in 28 Jahren zu 21 Bruten, 44 Jungstörchen.

| 17 5 Touristische Angebote

5.1 Schloss Hubertusburg August der Starke gab am 3. November (Huber- schau fliehen. Das Schloss wurde 1761, bereits tustag) 1721 den Befehl zum Neubau einer wenige Jahre nach seiner Fertigstellung, restlos Schlossanlage für seinen Sohn, den damaligen geplündert. Schließlich kamen hier die Kriegs- Kurprinzen. Die weitläufige Anlage wurde in teilnehmer Preußen, Österreich und Sachsen zu zwei Bauphasen errichtet. Von 1721 bis 1724 Friedensverhandlungen zusammen. Durch den entstand zunächst eine dreiflügelige Schloss- „Frieden von Hubertusburg“, der 1763 den Sie- anlage, bedeutende Erweiterungen und Verän- benjährigen Krieg beendete, ging das Schloss in derungen erfolgten von 1743 bis 1752. die europäische Geschichte ein. Die Hubertusburg war nicht nur eine der bedeu- Die nach 1763 wieder instand gesetzten Ge- tendsten Residenzen des 18. Jahrhunderts in bäude der Hubertusburg beherbergten lange Deutschland, sondern ist auch heute noch eines Zeit ein Militärmagazin und eine Steingutma- der größten Jagdschlösser Europas und das nufaktur. Während des Befreiungskrieges 1813 größte Schloss in Sachsen. Als August III. 1733 war die Hubertusburg sächsisches und franzö- die Nachfolge seines Vaters August des Starken sisches Lazarett, später wurde sie als Landes- antrat, machte er Schloss Hubertusburg zur gefängnis und für soziale Einrichtungen ge- zweiten Residenz des sächsischen Hofes. nutzt. Im Zweiten Weltkrieg diente das Schloss wieder als Lazarett und als Unteroffiziersvor- Mit dem Ausbruch des Siebenjährigen Krieges schule. 1756 endete das höfische Leben auf Schloss Nach Kriegsende beherbergte es ein Kranken- Hubertusburg. Sachsen wurde zum Kriegs- haus mit psychiatrischer Abteilung. Heute bie- schauplatz und August III. musste vor der Be- tet der Freundeskreis Schloss Hubertusburg e. V. drohung durch den Preußenkönig nach War- Führungen an.

Schloss Hubertusburg (Foto: Andreas Schmidt)

18 | Blick über den Horstsee (Foto: Andreas Schmidt)

5.2 Seen und Teiche Die mittlerweile 28 Teiche sind zum Zweck der schaftung der Teiche verantwortlich. Eine um- Fischzucht künstlich angelegte Gewässer. Als fangreiche Bautätigkeit prägte die folgenden Auftraggeber gelten die einflussreichen Feudal- 40 Jahre. 14 neue Teiche entstanden in und um herren von Starschedel zu Mutzschen. In Bach- Wermsdorf. Die Wasserfläche verdoppelte sich niederungen ließen sie vor etwa 500 Jahren auf 314 Hektar. Dämme aufschütten, vor denen sich das Wasser 1959 wurde der 60 Hektar große Göttwitzsee staute. nach fast 100-jähriger Trockenlegung wieder Erstmalige Erwähnung fanden die Teiche 1502. geflutet. Von 1981 bis 1984 wurde der Döllnitz- Der sächsische Kurfürst August I. kaufte 1577, see gebaut, der mit 86 Hektar der größte und zwölf Jahre nach dem Erwerb des Ortes Werms- gleichzeitig wasserreichste Wermsdorfer Teich dorf und des Wermsdorfer Waldes, die damals ist. Der bekannteste Wermsdorfer Teich ist der noch Mutzschener Teiche genannten Gewässer. Horstsee, benannt nach der markanten Insel, Etwa 200 Jahre bewirtschafteten sie die säch- die im 16. Jahrhundert „die Horst“ genannt sischen Kurfürsten selbst. Seit Ende des wurde. In der Mitte des Teiches liegt die Was- 18. Jahrhunderts werden die Teiche, mit kurzen serscheide zwischen den Einzugsgebieten von Unterbrechungen, verpachtet. Einen tiefen Ein- Elbe und Mulde. schnitt in die Struktur der Teichwirtschaft be- Heute sind die Teiche Eigentum des Freistaates deutete Mitte des 19. Jahrhunderts die Trocken- Sachsen und seit 1992 an die private Teichwirt- legung mehrerer, auch großer Teiche. schaft Wermsdorf verpachtet. Hauptfisch ist Nach dem Zweiten Weltkrieg war zunächst die nach wie vor der Karpfen. Weil die Wermsdorfer Staatsteichwirtschaft Wermsdorf, ab 1953 der Teiche nicht nur Heimat der Nutzfische sind, VEB Binnenfischerei Wermsdorf für die Bewirt- wird auf eine schonende und nachhaltige Be-

| 19 wirtschaftung geachtet. Ein großer Anziehungs- Das Kulturlandschaftsmuseum im westlichen punkt für zehntausende Besucher aus nah und Wermsdorfer Wald lädt mit anspruchsvoll ge- fern ist das jährlich am zweiten Oktoberwo- stalteten Schautafeln zu einer 3.200 Jahre chenende stattfindende Horstseefischen. Hier währenden Zeitreise ein. Hier lässt sich die lässt sich der traditionelle Fischzug verfolgen. Siedlungsgeschichte der Region beginnend mit Zahlreiche Fischspezialitäten können verkostet der bronzezeitlichen Lausitzer Kultur bis zur und fangfrischer Fisch für die Verwendung in slawischen und später deutschen Besiedelung der heimischen Küche erworben werden. zwischen dem 7. und dem 14. Jahrhundert nachvollziehen. Zu sehen sind neben Flach- 5.3 Geschichte im Wald erleben und Hügelgräbern auch die Grundmauern Die wechselhafte Geschichte des Wermsdorfer des hochmittelalterlichen Dorfs Nennewitz Waldes ist auch heute noch an markanten (Foto Seite 4). Punkten erlebbar. Am besten lassen sich diese zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen. Dabei Ein weiterer Höhepunkt ist der knapp 313 Meter kann man ein Stück Jagdgeschichte unmittelbar über NN gelegene Collmberg. Auf dem Gipfel erleben, weil man sich zumeist auf den ehemals befindet sich neben einem Richtfunkturm und für die Parforcejagd angelegten Schneisen be- dem Observatorium auch der 18 Meter hohe wegt. Neben den Sehenswürdigkeiten in Orts- Albertturm als markantes Wahrzeichen der Re- lage wie die Hubertusburg oder das Alte Jagd- gion. 1854 errichtet, war er im Jahr 1865 eine schloss Wermsdorf sind viele der Zeitzeugen im wichtige Station der mitteleuropäischen Grad- Wald zu finden. messung. Das Geophysikalische Observatorium

Das Franzosengrab im „Lindigt“ wurde zu Ehren der Gefallenen der Völkerschlacht errichtet. (Foto: Uwe Lange)

20 | Die Reitwege werden auch bei der jährlichen Schleppjagd gern genutzt. (Foto: Andreas Schmidt)

der Universität Leipzig wurde 1931 eingeweiht des Wermsdorfer Waldes entscheidend prägte. und zeichnet seit 1935 Erdbeben auf. In der Der Arnimstein ist Zeugnis eines tragischen Ortschaft Collm steht eine über 1.000 Jahre Jagdunfalls bei einer Hofjagd im Jahr 1908, er alte Linde, unter der schon Martin Luther ge- wurde bereits 1909 gesetzt. Erwähnt sei außer- ruht haben soll. dem der Zeppelinstein, der, wie der Name schon vermuten lässt, an die Landung des Luftschiffes An der alten Poststraße von Wermsdorf nach „Sachsen“ im Jahre 1904 auf der Kuhteichwiese Sachsendorf findet man die Halbmeilensäule erinnert. aus sächsischem Elbsandstein, die letzte voll- ständig erhaltene kursächsische Postsäule. 5.4 Sport und Freizeit Weiterhin finden sich im Wermsdorfer Wald Das Wegenetz im Wermsdorfer Wald lädt Erho- zahlreiche Gedenksteine. Das Zinkernagel- lungssuchende und Freizeitsportler zum Wan- Denkmal ist dem Oberforstmeister Carl Zinker- dern und Fahrrad fahren ein. Ausgewiesene nagel (1802-1887) gewidmet, der als ehemali- Wanderrouten führen beispielsweise zum ger Schüler Heinrich Cottas lange Zeit in der Collmberg. Bei geführten Wanderungen mit den Region wirkte und das Bild und die Entwicklung Revierleitern des Forstbezirkes Leipzig besteht

| 21 Im Januar 2017 wurde im Rahmen der Winterwanderung mit dem Heimatverein Wermsdorf die Wanderschutz- hütte „Am Sauhausdickig“ eröffnet. Der Name beruht auf einer alten Revierortsbezeichnung. (Foto: Mandy Köppl)

die Möglichkeit, neben der körperlichen Betäti- Im Herbst jeden Jahres finden das Horst see- gung auch viel über das Waldgebiet, seine Ge- fischen und die große traditionelle Schleppjagd schichte und Bewirtschaftung zu erfahren. In statt, die vor allem Pferdefreunden einiges zu der 2017 eingeweihten Schutzhütte „Am Sau- bieten hat. Aber auch weitere Veranstaltungen hausdickig“ können Waldbesucher rasten und wie der Heiratsmarkt in Collm, das Malkwitzer finden Schutz bei schlechtem Wetter. Badewannenrennen oder die Ritterfestspiele in Entlang der Wermsdorfer Waldungen und Tei- Mahlis locken Jahr für Jahr zahlreiche Besucher che führt der Fernradwanderweg Mulde-Elbe. an und bereichern das gesellschaftliche und Zusätzlich gibt es seit einiger Zeit einen Rad- kulturelle Leben. lehrpfad des Heimatvereins Wermsdorf. Die In der Hubertusburg finden häufig Konzerte 18 informativen Stationen in und um Werms- statt und gerade die Aufführungen im Schloss- dorf lassen sich individuell miteinander verbin- hof unter freiem Himmel haben ihren besonde- den und decken die markantesten Punkte der ren Reiz. Ein weiteres Highlight ist die alljähr- Region ab. lich im Frühsommer stattfindende Schlösser- Auch Reiter kommen im Wermsdorfer Wald auf nacht, bei der es sich um ein Straßenfest zwi- ihre Kosten und können ein gepflegtes Netz an schen Hubertusburg und Altem Jagdschloss ausgewiesenen Reitwegen nutzen. handelt.

22 | 6 Partner und Kontakte

STAATSBETRIEB SACHSENFORST Geschäftsleitung Bonnewitzer Straße 34 01796 Pirna OT Graupa Telefon: 0350 542-0 Telefax: 0350 542-213 E-Mail: [email protected] Internet: www.sachsenforst.de

Forstbezirk Leipzig Heilemannstraße 1 04277 Leipzig Telefon: 0341 86080-0 Telefax: 0341 86080-99 E-Mail: [email protected] Internet: www.sachsenforst.de

Gemeindeverwaltung Wermsdorf Altes Jagdschloss 1 04779 Wermsdorf Telefon: 034364 811-0 Telefax: 034364 811-31 E-Mail: [email protected] Internet: www.wermsdorf.de

Heimat- und Verschönerungsverein Wermsdorf e. V. Hoher Weg 2d 04779 Wermsdorf Telefon: 034364 52070 E-Mail: [email protected] Internet: www.heimatverein-wermsdorf.de

Friedrich-Gustav-Klemm-Gesellschaft für Kulturgeschichte und Freilichtmuseen e. V. Merkwitzer Straße 18D 04758 Oschatz Telefon: 0177 7442170 E-Mail: [email protected] Internet: www.klemm-gesellschaft.de

| 23 Geopark Porphyrland. Steinreich in Sachsen e.V. Geschäftsstelle Leipziger Straße 17a 04668 Grimma Telefon: 03437 707361 E-Mail: [email protected] Internet: www.geopark-porphyrland.de

Freundeskreis Schloss Hubertusburg e.V. Kontakt über Gemeinde Wermsdorf Altes Jagdschloss 1 04779 Wermsdorf Telefon: 034364 811-0 E-Mail: [email protected] Internet: www.freundeskreis-hubertusburg.de

Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e. V. Landesgeschäftsstelle Sachsen Städtelner Straße 54 04416 Markkleeberg Telefon: 0341 3090-814 Fax: 0341 3090-888 E-Mail: [email protected] Internet: www.sdw-sachsen.de

Stiftung Wald für Sachsen Städtelner Straße 54 04416 Markkleeberg Telefon: 0341 3090-80 Fax: 0341 3090-888 E-Mail: [email protected] Internet: www.wald-fuer-sachsen.de

Bund Deutscher Forstleute Bundesgeschäftsstelle Friedrichstraße 169 10117 Berlin Telefon: 030 65700102 Telefax: 030 65700104 E-Mail: [email protected] Internet: www.bdf-online.de

24 | Ecke für Karte Herausgeber: Staatsbetrieb Sachsenforst Bonnewitzer Straße 34 01796 Pirna OT Graupa Telefon: 0350 542-0 Telefax: 0350 542-213 E-Mail: [email protected] Internet: www.sachsenforst.de Diese Veröffentlichung wird finanziert aus Steuermitteln auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes. Redaktion: Staatsbetrieb Sachsenforst Geschäftsleitung - Referat Umweltbildung, Waldpädagogik, Öffentlichkeitsarbeit Forstbezirk Leipzig Fotos: siehe Bildunterschriften Titelbild - Uwe Lange Gestaltung und Satz: Friebel Werbeagentur und Verlag Druck: Lössnitz-Druck GmbH Redaktionsschluss: 16. Februar 2018 Auflage: 3.000 Stück, 1. Auflage Bezug: Staatsbetrieb Sachsenforst www.publikationen.sachsen.de

Verteilerhinweis: Diese Informationsschrift wird von der Sächsischen Staatsregierung im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidaten oder Helfern im Zeitraum von sechs Monaten vor einer Wahl zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen.