Bayerischer Landtag 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 17.02.2000

35. Sitzung am Donnerstag, dem 17. Februar 2000, 9.00 Uhr, in München

Geschäftliches ...... 2277 eines Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Bauaufträge im Freistaat Bayern (Bayerisches Geburtstagswünsche für die Abg. Frau Rader- Bauaufträge-Vergabegesetz – BayBAVG) (Drs. macher, Straßer, Frau Naaß und Ritter . . . . 2277 14/2638)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Renate Schmidt, – Erste Lesung – Wahnschaffe, Werner u.a. u. Frakt. (SPD) Werner Schieder (SPD) . 2295, 2296, 2297, 2298 Zeitler (CSU) ...... 2296 Sicherung der Qualität von Pflege (Drs. Dr. Kaiser (SPD) ...... 2297 14/2649) Brosch (CSU) ...... 2297, 2298 Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . 2298 Bekanntgabe des Ergebnisses der namentlichen Staatsminister Dr. Beckstein ...... 2299 Abstimmung aus der 34. Plenarsitzung vom 02.02.2000 (s. a. Anlage 1) ...... 2277 Persönliche Bemerkung nach § 110 GeschO

Aktuelle Stunde gemäß § 75 GeschO auf Antrag Dr. Hahnzog (SPD) ...... 2299 der Fraktion der CSU Beschluss ...... 2300 Tendenz der weiteren Ausweitung der EU- Kompetenzen – Schlussfolgerungen für Bay- ern Gesetzentwurf der Staatsregierung hierzu: eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Dringlichkeitsantrag der Abg. Paulig, Elisabeth Ausführung des Betreuungsgesetzes (Drs. Köhler, Gote, Münzel u. Frakt. (BÜNDNIS 90/ 14/2811) DIE GRÜNEN) – Erste Lesung – Rechtspopulismus in Europa gemeinsam in die Schranken weisen (Drs. 14/2914) Staatsminister Dr. Weiß ...... 2300 Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/ Glück (CSU) ...... 2277 DIE GRÜNEN) ...... 2300 Frau Renate Schmidt (SPD) ...... 2279 Frau Dr. Fickler (CSU) ...... 2301 Frau Gote (BÜNDNIS 90/ Dr. Hahnzog (SPD) ...... 2301 DIE GRÜNEN) ...... 2281, 2282 Ministerpräsident Dr. Stoiber ...... 2283 Beschluss ...... 2301 Maget (SPD) ...... 2287, 2288 Zeller (CSU) ...... 2288 Dr. Heinz Köhler (SPD) ...... 2289 Gesetzentwurf der Abg. Kellner, Münzel, Dr. Dürr Dr. Bernhard (CSU) ...... 2290 u.a. u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ettengruber (CSU) ...... 2291 zur Verbesserung der Ausstattung der bayeri- Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 2292 schen Schulen mit zeitgemäßer Informations- Herrmann (CSU) ...... 2292 und Kommunikationstechnologie (Drs. 14/744) Güller (SPD) ...... 2293 Dr. Goppel (CSU) ...... 2294 – Zweite Lesung –

Beschluss ...... 2295 Antrag der Abg. Pfaffmann, Irlinger, Nentwig u.a. u. Frakt. (SPD) Gesetzentwurf der Abg. Renate Schmidt, Werner High-Tech-Offensive an bayerischen Schulen Schieder, Nentwig u.a. u. Frakt. (SPD) hier: Bestandsaufnahme der Ausstattung der 2274 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 bayerischen Schulen mit modernen Kommuni- Schule in der Informationsgesellschaft kationstechniken (Drs. 14/897) Bayern Online Kongress 2000 (Drs. 14/1791)

Antrag der Abg. Pfaffmann, Irlinger, Nentwig u.a. Antrag der Abg. Glück, Prof. Dr. Stockinger, u. Frakt. (SPD) Knauer u.a. (CSU) High-Tech-Offensive an bayerischen Schulen Schule in der Informationsgesellschaft hier: Vier-Jahresplan (Drs. 14/899) Weiterentwicklung der Unterrichtsinhalte und -methoden (Drs.14/1792) Antrag der Abg. Pfaffmann, Irlinger, Nentwig u.a. u. Frakt. (SPD) Antrag der Abg. Glück, Prof. Dr. Stockinger, High-Tech-Offensive an bayerischen Schulen Knauer u.a. (CSU) hier: Einrichtung einer ständigen Sachverstän- Schule in der Informationsgesellschaft digenkommission zur Begleitung einer High- Lehrerausbildung (Drs. 14/1793) Tech-Offensive an bayerischen Schulen (Drs. 14/902) Antrag der Abg. Paulig, Kellner, Münzel u.a. u. Antrag der Abg. Pfaffmann, Irlinger u.a. u. Frakt. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (SPD) Gleichbehandlung der Systembetreuerinnen High-Tech-Offensive an bayerischen Schulen und Systembetreuer aller Schularten (Drs. hier: Betreuungskonzept für die Informations- 14/2289) und Kommunikationstechniken an den Schu- len (Drs. 14/905) Beschlussempfehlungen des Haushalts- und des Bildungsausschusses (Drs. 14/2783; 14/2843, 14/2844, 14/2845, 14/2848, 14/2849, 14/2851, Antrag der Abg. Glück, Prof. Dr. Stockinger, 14/2852, 14/2853, 14/2863, 14/2860, 14/2855, Knauer u.a. (CSU) 14/2856, 14/2857,14/2880) Schule in der Informationsgesellschaft – För- Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 2302 derung der EDV-Ausstattung (Drs. 14/1785) Pfaffmann (SPD) ...... 2303 Sackmann (CSU) ...... 2305 Antrag der Abg. Glück, Prof. Dr. Stockinger, Knauer u.a. (CSU) Beschluss (zum Gesetzentwurf 14/744) . . . . . 2306 Schule in der Informationsgesellschaft – Spon- soring (Drs. 14/1786) Beschluss zum Antragspaket ...... 2306

Antrag der Abg. Glück, Prof. Dr. Stockinger, Mündliche Anfragen gemäß § 73 Abs. 1 GeschO Knauer u.a. u. Frakt. (CSU) Schule in der Informationsgesellschaft 1. Atomrechtliches Genehmigungsverfahren Fortbildung der Lehrer im Einsatz der Informa- zum Einsatz von Mischoxid-Brennelementen tions- und Kommunikationstechnik (Drs. im Kernkraftwerk Gundremmingen 14/1787) Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 2306, 2307 Antrag der Abg. Glück, Prof. Dr. Stockinger, Frau Staatssekretärin Stewens . . . . 2306, 2307 Knauer u.a. (CSU) Schule in der Informationsgesellschaft Überblick über geeignete Software (Drs. 2. Bau eines Speichersees zur Speisung von 14/1788) Schneekanonen im Bereich der Kandahar- Abfahrt im Landkreis Garmisch-Partenkirchen

Antrag der Abg. Glück, Prof. Dr. Stockinger, Frau Paulig (BÜNDNIS 90/ Knauer u.a. (CSU) DIE GRÜNEN) ...... 2307, 2308 Schule in der Informationsgesellschaft Frau Staatssekretärin Stewens . . . . 2307, 2308 Betreuung der Datenverarbeitungsanlagen (Drs. 14/1789) 3. Kürzung des Zuschusses für Busfahrten im Öffentlichen Personennahverkehr – ÖPNV – Antrag der Abg. Glück, Prof. Dr. Stockinger, Kobler (CSU) ...... 2309 Knauer u.a. (CSU) Staatsminister Dr. Wiesheu ...... 2309, 2310 Schule in der Informationsgesellschaft Frau Peters (SPD) ...... 2309, 2310 Beratung bei der EDV-Ausstattung (Drs. 14/1790) 4. Zuschuss für den Ausbau des Verkehrslande- platzes Ellermühle bei Landshut Antrag der Abg. Glück, Prof. Dr. Stockinger, Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 2310 Knauer u.a. (CSU) Staatsminister Dr. Wiesheu ...... 2310 Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2275

5. Rechtliche Bindung kommunaler Beteili- 17. Erwerb von Grundstücken für die Georg- gungsgesellschaften an die VOB unterhalb Simon-Ohm Fachhochschule in Nürnberg des jetzigen Schwellenwerts Dr. Scholz (SPD) ...... 2355 Dr. Jung (SPD) ...... 2310, 2311 Staatsminister Dr. Wiesheu ...... 2310, 2311 18. Entlassung von drei Regensburger Beschul- digten aus der Untersuchungshaft 6. Kulturzentrum der Marktgemeinde Blonhofen/ Ostallgäu Wahnschaffe (SPD) ...... 2355 Pschierer (CSU) ...... 2311 Staatsminister Dr. Beckstein ...... 2311 19. Entlassung von drei Regensburger Beschul- digten aus der Untersuchungshaft 7. Öffnung des Durchgangs Neues Schloss/Re- Schindler (SPD) ...... 2356 gierung von Oberfranken Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . 2312 20. Sozialdemokraten für Ehrenamtliche bei der Staatsminister Dr. Beckstein ...... 2312 Neuregelung der 630-DM-Jobs

8. „Europäische Akademie für Innere Sicher- Meyer (CSU) ...... 2356 heit“, eventueller Standort Passau 21. Überproportional hohe Sterblichkeitsrate der Frau Peters (SPD) ...... 2312, 2313 Bevölkerung in Niederbayern Staatsminister Dr. Beckstein ...... 2312, 2313 Dr. Waschler (CSU) ...... 2312 Egleder (SPD) ...... 2356

9. Unfälle aufgrund vereister Fahrbahnen in der 22. Pro Familia Regensburg Nacht von Sonntag, 13.02. auf Montag, 14.02.2000, in Mittelfranken Frau Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 2357 Frau Naaß (SPD) ...... 2313, 2314 Staatsminister Dr. Beckstein ...... 2313, 2314 23. Neuer Studiengang Nanostrukturtechnik an Mündliche Anfragen gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 der Universität Würzburg GeschO (Anlage 2) Dr. Kaiser (SPD) ...... 2357

10. Verlegung der Staatsstraße 2187 südlich des 24. Förderung der staatlichen und nichtstaatli- Marktes Ebensfeld sowie Anbindung an den chen Theater im Verhältnis eins zu eins und Frankenschnellweg (B 173 neu) „Runder Tisch" zur Finanzierung des Stadt- Frau Biedefeld (SPD) ...... 2353 theaters Würzburg Boutter (SPD) ...... 11. Aktivitäten des BEV (Bayerischer Elternver- band) Dringlichkeitsantrag der Abg. Renate Schmidt, Nöth (CSU) ...... 2353 Irlinger, Franzke u. Frakt. (SPD) Keine Verteilung von „Schule aktuell“, Aus- 12. Zeitschrift „Schulreport“ Nr. 1/2000 – Aspekte gabe Februar 2000 (Drs. 14/2907) der Schulentwicklung Franzke (SPD), z. GeschO ...... 2314 Odenbach (SPD) ...... 2353 Dr. Bernhard (CSU), z. GeschO . . . . 2315, 2324 Franzke (SPD) ...... 2315, 2318, 2326 13. Übertritt in die vier- und sechsstufige Real- Knauer (CSU) ...... 2317, 2318, 2320, schule 2326, 2333, 2334 Dr. Hahnzog (SPD) ...... 2318, 2338 Sprinkart (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 2354 Frau Münzel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 2319, 2320 14. Gefährdung von Teilhauptschulen bei flächen- Staatssekretär Freller . . 2320, 2322, 2323, 2336 deckender Einführung der R 6 Pfaffmann (SPD) . . . . . 2323, 2326, 2329, 2330 Franzke (SPD) ...... 2354 Odenbach (SPD) ...... 2324, 2325, 2326 Dr. Spaenle (CSU) ...... 2327 15. Äußerungen des Rektors der Realschule in Sprinkart (BÜNDNIS 90/ Feuchtwangen DIE GRÜNEN) ...... 2329, 2333 Zeller (CSU) ...... 2329 Dr. Ritzer (SPD) ...... 2355 Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . 2330 Frau Peters (SPD) ...... 2331 16. Äußerungen des Rektors der Realschule in Dr. Schuhmann (SPD) ...... 2332 Feuchtwangen Frau Radermacher (SPD) ...... 2333, 2336 Gartzke (SPD) ...... 2355 Frau Dr. Baumann (SPD) ...... 2334 2276 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Namentliche Abstimmung Dringlichkeitsantrag der Abg. Renate Schmidt, (s. a. Anlage 3) ...... 2338, 2346, 2359 Lochner-Fischer, Werner-Muggendorfer u. Frakt. (SPD)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Paulig, Dr. Dürr u. Konsequenzen aus dem Verwaltungsgerichts- Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) urteil zur Finanzierung der Schwangerenkon- Erhalt des Platterhofs auf dem fliktberatung (Drs. 14/2913) (Drs. 14/2908) Verweisung in die Ausschüsse ...... 2346 Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . . 2338 Starzmann (SPD) ...... 2341 Bestätigung eines neu vorgeschlagenen Mitglieds Grabner (CSU) ...... 2343 für den Landesgesundheitsrat Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser . . . . . 2344 Beschluss ...... 2346 Beschluss ...... 2346 Anträge, die gem. § 63 Abs. 6 GeschO nicht ein- Dringlichkeitsantrag der Abg. Glück, Kreuzer, zeln beraten werden (s. a. Anlage 4) Herrmann, Welnhofer u. Frakt. (CSU) Sicherung eines bürgernahen Gerichtssy- Beschluss ...... 2347, 2348, 2361 stems in Bayern (Drs. 14/2909)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Renate Schmidt, Hoderlein, Maget, Schläger u. Frakt. (SPD) Antrag der Abg. Renate Schmidt, Hufe, Dr. Bau- Verkehrspolitik für Bayern (Drs. 14/2910) mann u.a. (SPD) Beteiligung von Künstlerinnen und Künstlern Dringlichkeitsantrag der Abg. Paulig, Scharfen- bei der Auswahl von Förderprojekten durch berg u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) den Kulturfonds (Drs. 14/1858) Intelligente Verkehrspolitik für Bayern! (Drs. 14/2918) Beschlussempfehlung des Hochschulausschus- ses (Drs. 14/2579) Dringlichkeitsantrag der Abg. Paulig, Kellner, Schammann u. Frakt. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hufe (SPD) ...... 2348 NEN) Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Umsetzung des Landtagsbeschlusses zur (s. a. Anlage 5) ...... 2349, 2367 fachgerechten Meldung von Natura Dr. Spaenle (CSU) ...... 2349 2000-Gebieten, Schaffung von Rechtssicher- heit (Drs. 14/2911) Namentliche Abstimmung (s. a. Anlage 6) ...... 2350, 2369 Dringlichkeitsantrag der Abg. Glück, Dinglreiter, Kaul u.a. u. Frakt. (CSU) Mitteilung betr. Erledigung von Anträgen . . . . . 2350 Kein Ausstieg aus der Kernenergie (Drs. 14/2912) Schluss der Sitzung ...... 2350 Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2277

(Beginn: 9.02 Uhr) Die einzelnen Redner dürfen grundsätzlich nicht länger als fünf Minuten sprechen. Auf Wunsch einer Fraktion kann einer ihrer Redner zehn Minuten sprechen; dies Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Meine sehr geehrten wird auf die Gesamtredezeit der jeweiligen Fraktion Damen und Herren! Ich eröffne die 35. Vollsitzung des angerechnet. Wenn ein Mitglied der Staatsregierung Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen kraft seines Amtes das Wort nimmt, wird die Zeit seiner sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung Rede nicht mitgerechnet. Ergreift ein Mitglied der Staats- gebeten. Die Genehmigung wurde, Ihre Zustimmung regierung das Wort für mehr als zehn Minuten, erhält auf vorausgesetzt, erteilt. Antrag einer Fraktion eines ihrer Mitglieder Gelegenheit, fünf Minuten ohne Anrechnung auf die Zeit der Dauer Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bevor wir in die der Aussprache zu sprechen. Ich bitte Sie, jeweils auf Tagesordnung eintreten, möchte ich eine Reihe von mein Signal zu achten. – Erster Redner ist Herr Abge- Glückwünschen aussprechen. Ich sehe zwar die zu ordneter Glück. Beglückwünschenden alle nicht, aber einer guten Gepflogenheit folgend gratuliere ich zunächst Frau Kol- legin Karin Radermacher, die am 10. Februar einen halb- Glück (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Herren! runden Geburtstag gefeiert hat, Herrn Kollegen Johan- Zunächst möchte ich eine Vorbemerkung machen. Mir nes Straßer und Frau Kollegin Naaß, die am 12.02. fei- ist bei diesem Thema wieder sehr bewusst geworden, ern durften. Kollege Ludwig Ritter konnte einen runden dass wir in unserer Geschäftsordnung eigentlich kein Geburtstag feiern. Ich gratuliere den Genannten im geeignetes Instrument für solche Debatten haben. Die Namen des Hohen Hauses und persönlich sehr herzlich Aktuelle Stunde mit dem Zwang, zunächst zehn Minuten und wünsche ihnen für das neue Lebensjahr alles Gute, und dann nur fünf Minuten zu sprechen, fördert eine dif- vor allem Gesundheit und viel Erfolg bei der Erfüllung ferenzierte Auseinandersetzung nicht. Es gäbe nur die ihrer parlamentarischen Aufgaben. Hilfskonstruktion eines Dringlichkeitsantrags, was im Prinzip auch nicht der richtige Weg sein kann. Ich bitte (Beifall) unsere Geschäftsordnungsexperten, sich einmal damit auseinander zu setzen, ob wir hier flexibler werden kön- Ehe wir in die Tagesordnung eintreten, gebe ich das nen. Außerdem wäre es bei solchen Debatten hilfreich, Ergebnis der namentlichen Abstimmung aus der 34. Ple- wenn man hier eine Uhr hätte, um sich besser orientie- narsitzung am 2. Februar 2000 bekannt zum ren zu können.

(Beifall bei der CSU) Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Renate Schmidt, Wahnschaffe, Werner und Fraktion (SPD) Die Reaktionen auf die Regierungsbildung in Österreich Sicherung der Qualität von Pflege (Drucksache bedürfen einer politischen Aufarbeitung, und zwar 14/2649) sowohl hinsichtlich der europäischen Politik als auch der Innenpolitik. Warum? 54 Abgeordnete haben mit Ja gestimmt, 99 mit Nein. Ein Mitglied des Hohen Hauses hat sich der Stimme enthal- Erstens. Mit dieser Art der Reaktion wurde ein neues ten. Der Dringlichkeitsantrag ist damit abgelehnt worden. Kapitel der Europapolitik eröffnet, ein Kapitel der Einmi- schung in die innenpolitische Meinungsbildung. Diese (Abstimmungsliste siehe Anlage 1) Entwicklung halten wir für die weitere Entwicklung in Europa und für die Akzeptanz Europas für lebensgefähr- Ich rufe auf: lich.

Tagesordnungspunkt 1 (Beifall bei der CSU)

Aktuelle Stunde Zweitens. Diese Art der Reaktionen ist letztlich nichts anderes als ein Förderprogramm für Haider und Co., und dies nicht nur in Österreich. Tendenz der weiteren Ausweitung der EU-Kompe- tenzen – Schlussfolgerungen für Bayern (Beifall bei der CSU) Für die heutige Sitzung ist die Fraktion der CSU vor- schlagsberechtigt. Sie hat eine Aktuelle Stunde zum vor- Drittens. Man muss den Eindruck gewinnen, dass diese genannten Thema beantragt. In die Beratung beziehe Reaktionen und diese Kampagne in hohem Maße partei- ich im Einverständnis mit den Fraktionen ein: politisch motiviert sind.

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig, Eli- (Beifall bei der CSU) sabeth Köhler, Gote, Münzel und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Viertens. Deshalb ist eine ernsthafte und grundsätzliche Auseinandersetzung notwendig, Rechtspopulismus in Europa gemeinsam in die Schranken weisen (Drucksache 14/2914) (Maget (SPD): Bei Chirac!) 2278 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 einmal über die Innenarchitektur der Europäischen Es zeichnet sich gegenwärtig in Dänemark ab, dass auf- Union für morgen, gerade im Hinblick auf die Äußerun- grund der Reaktionen der Europäischen Union eine gen von Kommissionspräsident Prodi in Riga, aber auch rechtspopulistische Partei einen Aufstieg erlebt, die im Hinblick auf die generelle Auseinandersetzung über Regierung gelähmt ist und die anti-europäischen Stim- solche Themen. mungen wegen der europäischen Reaktionen gewaltig wachsen. Zur europäischen Dimension: Die Reaktionen der Euro- päischen Union, wobei die Kommission vorsichtiger und Meine Damen und Herren, wir haben auch allen Anlass, zurückhaltender war, ist letztlich ein Rechtsbruch. Es uns ernsthaft damit auseinander zu setzen, wie die Art gibt keine Grundlagen für Sanktionen dieser Art. Das ist der Diskussion in Deutschland ist. Es ist gefährlich für eine eklatante Missachtung des Selbstbestimmungs- die weitere Entwicklung in diesem Bereich, dass es rechts der Völker; das ist eine nicht hinnehmbare Einmi- keine ernsthafte Auseinandersetzung über die Ursachen schung in die politische Willensbildung nach Wahlent- dieses Wahlerfolgs gibt. Es müsste allen zu denken scheidungen. geben, dass die FPÖ heute den höchsten Anteil von Arbeitern in der Wählerschaft hat. Diejenigen, die früher (Beifall bei der CSU) SPÖ gewählt haben und jetzt zur FPÖ gewechselt sind, sind doch deswegen nicht Rechtsradikale. Wenn man Es ist eine Sache, vor Entwicklungen zu warnen, die aber diese Menschen diskriminiert, indem man ihre man für gefährlich hält, aber es hat eine völlig andere Wahlentscheidung diskriminiert, kann man nur errei- Qualität, schon im Prozess der innenpolitischen Mei- chen, dass sie sich erst recht solidarisieren. nungsbildung zu drohen, Sanktionen zu beschließen und sich damit massiv in die innenpolitische Willensbil- Wenn wir uns nicht mit den Ursachen befassen, gibt es dung in einem Land einzumischen. in dieser Auseinandersetzung keinen Erfolg. Ich halte es für ein besonderes Trauerspiel, was sich in diesem (Beifall bei der CSU) Zusammenhang in den deutschen Medien, insbeson- dere in den elektronischen Medien, abgespielt hat. Für Das ist ein unglaubliches Verhalten gegenüber einem mich ist das ein Trauerspiel in drei Akten. Erster Akt: Mitglied der Europäischen Union, das keinen Zweifel Transport der Empörung und Ausgrenzung. Zweiter Akt: daran lässt, dass es eine gefestigte Demokratie und ein Geschäft wahrnehmen und Einschaltquoten hinterherja- stabiler Rechtsstaat ist. gen, weil man vorher jemanden extrem interessant gemacht hat. Dritter Akt: große Ernüchterung über das, (Beifall bei der CSU) was man bewirkt hat. Der vierte Akte findet leider nicht statt, nämlich endlich eine ernsthafte Auseinanderset- Das ist auch ein unglaubliches Verhalten gegenüber der zung auch in der Publizistik über die Hintergründe dieser Österreichischen Volkspartei. Das ist die Partei in Öster- Entwicklung. Man geht stattdessen zur Tagesordnung reich, die das Land in die Europäische Union geführt hat. über und, um mit Konrad Adenauer zu sprechen, man Schüssel und seine Mitstreiter waren die Wegbereiter für treibt die nächste Sau durchs Dorf. Wir können aber den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union, nicht nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, wenn wir die SPÖ. Solche Reaktionen fördern letztlich antieuro- nicht riskieren wollen, dass wir viel Empörung produzie- päische Entwicklungen in den Völkern Europas, was ren und gleichzeitig diese Entwicklungen weiter um sich man in einigen Ländern schon studieren kann. greifen.

Welche weitere Entwicklung könnten solche Reaktionen Eine weitere Bemerkung. Man muss leider den Eindruck haben? Was wäre denn geschehen, wenn es in Öster- gewinnen, dass die Reaktionen sowohl innenpolitisch reich Neuwahlen gegeben hätte und Haiders Partei wie auch auf europäischer Ebene weitgehend parteipoli- womöglich die mit Abstand stärkste Partei geworden tisch motiviert sind. Das gilt, wie gesagt, auch auf euro- wäre? Wäre die nächste Stufe, dass das Ergebnis von päischer Ebene. Leider muss man hier Parteien einbe- Wahlen dann nicht mehr anerkannt wird, wenn es nicht ziehen, die zu unserem Spektrum gehören wie die von in die eigene Dimension passt? Herrn Aznar, der aus Wahlkampfgründen und deswe- gen, weil eine Rechtspartei für ihn gefährlich ist, in sei- (Beifall bei der CSU) nem Land einen Kurs der Abgrenzung demonstrieren will. Das gilt auch für andere. Es entwertet aber die euro- Was geschieht, wenn in Polen, wo die Regierung leider päische Idee und das europäische Objekt, wenn in sol- von Krise zu Krise stolpert, bei den nächsten Wahlen die chen Situationen Europapolitik nur aus innenpolitischem Neokommunisten wieder die Mehrheit haben? Ist dies Wahlkampfkalkül gemacht wird. dann ein Grund dafür, um die Beitrittsverhandlungen zu stoppen, oder gibt es eine unterschiedliche Betrachtung, (Beifall bei der CSU) je nachdem, ob es sich um eine linke oder eine rechte Partei handelt? Es werden unterschiedliche Maßstäbe angelegt, die wie- derum darauf hindeuten, dass letztlich nur parteipolitisch (Beifall bei der CSU) und strategisch gedacht wird. Ich empfehle einen Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Zu meiner zweiten Bemerkung, diese Reaktionen seien 15. Februar zu lesen, der im „Pressespiegel“ abgedruckt ein Förderprogramm für Haider und Co.: In Österreich ist. Der Titel lautet: „Haiders Thesen sind in Dänemark führt das zu einer Solidarisierung. Regierungspolitik“. In dem Artikel heißt es: Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2279

Mit Haider trifft es obendrein einen Politiker, der in Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächste Rednerin ist Wien predigt, was man in Kopenhagen längst macht Frau Kollegin Schmidt. Bitte, Frau Kollegin. – unter sozialdemokratischer Regie. Die Dänen soll- ten künftig keine Angst mehr vor „Überfremdung“ haben, sollten sich nicht „wie Fremde im eigenen Frau Renate Schmidt (SPD): Herr Präsident, liebe Kol- Land“ fühlen müssen und sollten sich keine Sorgen legen, liebe Kolleginnen! Lieber Herr Glück, zuerst machen: Eine multiethnische Gesellschaft werde es möchte ich sagen, worin ich Ihnen zustimme. Ich stimme in Dänemark nie geben – das waren die Worte Ras- Ihnen zu – wir haben gestern darüber am Telefon mussens in der Neujahrsansprache des Minister- gesprochen –, dass ein solche Debatte, egal, ob sie präsidenten. wirklich zur Frage der Kompetenzerweiterung der EU oder zu dem Thema, das Sie tatsächlich gewählt haben, stattfindet, nicht in 5- oder 10-Minuten-Beiträgen geführt Weiter heißt es: werden kann. Wir sollten uns im Hinblick auf die Geschäftsordnung überlegen, wie wir auf aktuelle Dinge Rasmussen musste sich deshalb unangenehme mit vernünftigen Debattenbeiträgen des Parlaments, Fragen gefallen lassen. Warum nahm Dänemark an nicht unbedingt der Regierung, reagieren können. den Sanktionen teil? Warum war in Österreich ver- werflich, was in Dänemark Regierungspolitik ist? Und überhaupt: Würde sich künftig auch Dänemark Zum Zweiten stimme ich Ihnen eindeutig zu, was Ihre auf diese Weise vorschreiben lassen müssen, was Beurteilung des Trauerspiels anbelangt, das ein Teil der es zu tun habe? Medien – ich betone: ein Teil der Medien – im Zusam- menhang mit der neuen Koalition in Österreich geboten hat. Es ist genauso, wie Sie es geschildert haben: Man Das ist die Wirkung unserer Politik, die Sie in unserem hat Herrn Haider auf diese Art und Weise die Massen Lande mit der Regierung Schröder vertreten. auch noch zugetrieben. Wie man sich derartig fahrlässig auf solche Debatten vorbereiten kann, spottet jeder (Beifall bei der CSU) Beschreibung. Ich füge hinzu: Wer die PDS hoffähig macht, ist für mich kein glaubwürdiger Kritiker in diesen Fragen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, lassen Sie mich aber nach der Sinnhaftigkeit der heutigen Debatte fragen. Gestern wurde in Berlin im Rahmen einer Aktuel- (Beifall bei der CSU) len Stunde, die zu einer normalen Debatte wurde, das- selbe Thema unter Beteiligung von Herrn Stoiber disku- Meine Damen und Herren, wo war denn von Empörung tiert, das heute in anderer Besetzung hier diskutiert wird. die Rede, als in Frankreich die Kommunisten und in Ita- Ich habe mir das Protokoll der Debatte gestern Nacht lien die Neokommunisten am Regierungstisch saßen? noch beschafft. Ich sage – das ist keine Kritik –, wenn Sie die 200 Seiten lesen, werden Sie merken, es können (Beifall bei der CSU) heute hier gar keine grundsätzlichen neuen Gedanken geäußert werden. Ich frage mich, was wir mit einer Kom- Wenn es um eine parteipolitische Auseinandersetzung petenzverlagerung von Europa in die Länder überhaupt darüber geht, wer sich wie zu den Parteien rechts außen noch wollen. Wenn wir so weitermachen und immer nur verhält, empfehle ich eindringlich, die Erinnerungen von „nachtarocken“, machen wir uns selbst überflüssig. Simon Wiesenthal zu lesen. (Beifall bei der SPD – Pfiffe bei der CSU) (Maget (SPD): „Ausweitung der EU-Kompetenzen“ war das Thema!) Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Kollege, das Pfei- – Es geht um die Art der Regierungspolitik in Europa. fen stellen Sie gefälligst ein. Herr Maget, ich empfehle Ihnen, in den Erinnerungen von Simon Wiesenthal nachzulesen, wer die Nazis in Frau Renate Schmidt (SPD): Eine wirklich seriöse Österreich hoffähig gemacht hat. Simon Wiesenthal Debatte zum Thema „Kompetenzerweiterung“ bzw. hatte eine erbitterte Auseinandersetzung mit Bruno Krei- „Rückverlagerung von Kompetenzen in die Länder“ wird sky, weil Bruno Kreisky um der Regierungsfähigkeit der wohl erst im Zusammenhang mit der Regierungserklä- SPÖ willen einen Herrn Peter, der zu den berüchtigten rung im September möglich sein. SS-Mordbrigaden des Zweiten Weltkriegs gezählt hat, gestützt hat und damit die Nazis hoffähig gemacht hat, nur um regieren zu können. Für heute führe ich von meiner Seite aus drei kurze Punkte auf: In Europa ist eine grundsätzliche Debatte notwendig, wie Europa künftig aussehen soll. Ich sage klar, wir wollen Erstens. Wir sind uns einig: Eine föderale Europäische nicht, daß sich Europa – wie Herr Prodi in Riga propa- Union, wie wir sie alle wollen, muss Kompetenzen an giert hat – künftig in die innenpolitische Willensbildung Bund und Länder abgeben. der Völker einmischt und das Selbstbestimmungsrecht nicht respektiert. Zweitens. Wir sind uns wahrscheinlich außerdem einig, dass das Programm der derzeit beginnenden Regie- (Lang anhaltender Beifall bei der CSU) rungskonferenz im Vorfeld der Osterweiterung der Euro- 2280 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 päischen Union nur ein erster Schritt sein kann. Auch mir Dies eindeutig klarzustellen, gebietet die Redlichkeit. ist dieser Schritt deutlich zu zaghaft. Denn niemand beabsichtigt juristische Schritte gegen die neue Koalition. In keinem Gremium der EU wird ihr Drittens. Wir sehen – allerdings im Gegensatz zu Ihnen – die Mitarbeit verweigert. Selbstverständlich, Herr Stoiber in der Einführung von Mehrheitsentscheidungen – wohl- – das ist eine Ihrer größten Sorgen –, wird sogar die gemerkt, nach einer Kompetenzbegrenzung der EU – österreichische ÖVP-Außenministerin von Herrn Außen- eine wesentliche Verbesserung der Integration der Euro- minister Fischer bei Verhandlungen mit Handschlag päischen Union und ihrer Aufnahmefähigkeit im Zuge begrüßt. Wenn das unsere Sorgen sind, dann weiß ich der Osterweiterung. nicht, welche Sie sonst noch haben.

Allerdings spielen Sie, Herr Stoiber, bei der Kompetenz- (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE begrenzung der Europäischen Union wie so oft ein dop- GRÜNEN) peltes Spiel. Noch viel wichtiger, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist dies: Niemand, keines der Mitgliedsländer, kein vernünf- (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE tiger Mensch in Bayern oder Deutschland, hält sämtliche GRÜNEN) Österreicher für rechtsradikal oder undemokratisch. Dies zeigen uns schon die Hunderttausenden, die seit der Immer wenn es Ihnen passt, prangern Sie die angebli- Regierungsbildung gegen diese neue Koalition in Wien che Allzuständigkeit der EU und die überbordende Büro- und anderswo in Österreich auf die Straße gegangen kratie an, die doch überwiegend von ihren Mitgliedsstaa- sind und an deren Seite wir sind. ten und auch vom Freistaat Bayern verursacht ist. Wenn es Ihnen aber in den Kram passt, von der Mutti Europa (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE den bösen Buben Bundesregierung verhauen zu lassen, GRÜNEN – Zuruf von der CSU: Und die aus dann schert Sie die Kompetenzbegrenzung der Europäi- Deutschland eingereist sind!) schen Union einen feuchten Staub. Ein demokratisch-freiheitlicher Warnschuss der Mit- (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE gliedsländer musste sein. Aber, das gebe ich hier zu, GRÜNEN) dieser Warnschuss hätte mit einer Schreckschusspi- stole, nicht mit einem Gewehr abgegeben werden müs- So jüngst geschehen, als Sie die EU zum Eingreifen sen. gegen den in Ihren Augen falschen Atomkurs der Bun- desregierung zwingen wollten, aber zur Kenntnis neh- Ich schließe mich Armin Thurnher, dem Chefredakteur men mussten, dass in Brüssel niemand im Traum daran der Wiener Stadtzeitung „Falter“, an, der geschrieben denkt, den Mitgliedstaaten die Form ihrer Energieversor- hat: gung vorzuschreiben. Ich sage nur: Gott sei Dank. Sie haben sich da eine blutige Nase geholt. Die öffentliche Aufregung Europas über die Regie- rungsbeteiligung der Haider-FPÖ und über deren (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE christlich-soziale GRÜNEN) – ich betone das –

Ich wünsche mir übrigens sehr, dass Sie Ihre populisti- Steigbügelhalter ist berechtigt. sche Verbalgegnerschaft zur EU endlich aufgeben, dass Sie endlich dazu beitragen, Europa bei den Bürgerinnen (Beifall bei der SPD) und Bürgern populär zu machen, natürlich nicht dadurch, dass Sie die Augen vor Fehlentscheidungen verschlie- Die politischen Maßnahmen der EU sind jedoch ßen – diese müssen korrigiert werden –, sondern durch überzogen Herausstellen der positiven Leistungen Europas gerade auch für Bayern. Ich wünsche mir, dass Sie auch nur ein Wir als Bayern-SPD haben deshalb den Besuch des einziges Mal in diesem Landtag eine Europadebatte österreichischen Präsidenten hier in Bayern ausdrück- unter positiven Vorzeichen führen. lich begrüßt. Denn er ist für uns ein wichtiger Garant der österreichischen Demokratie. Sie sehen – das hat Herr Glück hier geäußert – eine unerträgliche Kompetenzüberschreitung der Europäi- Er hat wohl auch eine etwas andere Sicht der Dinge als schen Union in den Sanktionen gegen Österreich. Hier Sie. Er sieht das Problem, wie er bei seinem Besuch in möchte ich eines ganz klarstellen.Es gibt keine Sanktio- Bayern gesagt hat, nicht vorrangig im europäischen Aus- nen der Europäischen Union, sondern es gibt solche der land, sondern im österreichischen Inland. Er hat nämlich einzelnen Mitgliedsstaaten. Es gibt keine Sanktionen nicht wie Sie die ÖVP-FPÖ-Koalition gefordert und per gegen Österreich, sondern es gibt sie gegen die rechts- Ratschlag gefördert. rechtspopulistische, in Teilen sogar rechtsradikale neue Regierungskoalition. (Beifall bei der SPD)

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE Die Europäische Union ist längst nicht mehr nur ein Bin- GRÜNEN) nenmarkt, nur eine Wirtschaftsgemeinschaft. Sie verkör- Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2281 pert viel mehr, nämlich gemeinsame kulturelle, demokra- (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE tische und ethische Werte. Aber die FPÖ steht eben GRÜNEN) nicht auf dem Boden dieser gemeinsamen Werte. Sie verwechseln hier Ursache und Wirkung. Sie sind Lesen Sie das Wahlprogramm nach. Da finden Sie nicht eine der Hebammen dieser Koalition und damit – was nur verquaste, als denklogisch bezeichnete Aussagen Gott und die österreichischen Wähler verhindern mögen über österreichische Volksgruppen, sondern auch solch – womöglich Geburtshelfer eines künftigen Kanzlers problematische Sätze wie den, dass Südtirol zum Spiel- Haider. ball inneritalienischer Kräfte werden könne, dass Südti- rol die Möglichkeit zum Beitritt zur Republik Österreich Sie haben unmittelbar nach den Wahlen vom 3. Oktober offen gehalten werden müsse, und es zur Verwirklichung ohne Not zur Koalition von ÖVP und FPÖ geraten. Sie des Selbstbestimmungsrechts Südtirols die historische wollen jetzt mit Haider angeblich nichts mehr zu tun Aufgabe Österreichs sei, den Bestand der deutschen haben. Dies verfängt nicht. Man muss sich schon die Volksgruppen mit allen Mitteln zu sichern. Berichterstattung vom 2. Mai 1991 im „Münchner Mer- kur“ auf der Zunge zergehen lassen, der über eine Ver- Im Regierungsprogramm findet sich das dann immerhin anstaltung der Münchener CSU mit Haider geschrieben in dem Satz wieder: „... die Anliegen, die Interessen der hat: altösterreichischen Minderheiten im Ausland zu fördern“. Angesichts so vieler Gemeinsamkeiten verpasste Liebe Kollegen, liebe Kolleginnen von der CSU, sind es Edmund Stoiber nicht, sich neben einer engen denn in Ihren Augen Veröffentlichungen Haiders im trau- Zusammenarbeit von CSU und FPÖ auch den baldi- ten Verein mit Frey und Schönhuber in dem vom deut- gen Eintritt Österreichs in die Europäische Gemein- schen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften schaft zu wünschen. Tübinger Hohenrain Verlag wirklich noch als rechtspopu- listisch zu bezeichnen? Ist es noch rechtspopulistisch, Ihre Wünsche sind in Erfüllung gegangen. Sie haben einen FPÖ-Mann als Minister vorzuschlagen, der von sich, wie es der Bundeskanzler richtig formuliert hat, in Präsident Klestil Gott sei Dank abgelehnt wurde, der sich eine problematische politische Nähe zur FPÖ begeben. im Wahlkampf mit Sprüchen über die kostenlose Abgabe Sie sind deshalb als Ratgeber für die Mitgliedstaaten der von Hormonpräparaten an Ausländer, um deren Frucht- Europäischen Union ungeeignet. barkeit zu steigern, hervorgetan hat? (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE Und kann Herr Haider noch als Demokrat bezeichnet GRÜNEN) werden, wenn er vor SS-Kameradschaften redet und der SS gute Charaktereigenschaften bescheinigt oder in Gerade weil Österreich als Scharnier zwischen der heu- Österreich eine neue, dritte Republik installieren will und tigen Europäischen Union und den künftigen osteuropäi- gleichzeitig die klassische Form der repräsentativen schen Mitgliedsstaaten unverzichtbar ist, gerade weil Demokratie für überlebt erklärt? Österreich für uns in Bayern ein so wichtiger Partner und Nachbar ist, gerade deshalb ist Ihr Weg der falsche. Meine Herren, meine Damen, dafür kann man sich nicht mehr entschuldigen. Das ist Rechtsradikalismus par (Anhaltender Beifall bei der SPD und beim BÜND- excellence. NIS 90/DIE GRÜNEN)

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Gote. Können wir hier in Deutschland das alles mit dem Hin- weis auf demokratische Wahlen abtun, wenn selbiger Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsi- Herr Haider Anfang dieses Jahres auf die Frage nach dent, sehr geehrte Damen und Herren! Die ewigen Euro- einem deutschen Ableger der FPÖ sehr wenig verklau- paskeptiker der CSU halten heute wieder einmal ihre suliert die Empfehlung gibt, dass derzeit ein günstiger Stunde für gekommen. Selbst ein Jörg Haider kommt Zeitpunkt für die Einigung der rechtsradikalen Parteien in Ihnen gerade recht, wenn er Ihnen Gelegenheit bietet, Deutschland sei? Dies ist als Interview im Januar dieses unter den Menschen eine europafeindliche Stimmung zu Jahres – nicht irgendwann – ebenfalls in einer rechtsra- schüren. dikalen Zeitschrift in Deutschland erschienen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Haider wird sich mit einem Beobachterposten und einer Strippenzieherposition aus Kärnten auf Dauer nicht Sie schaden Europa. Sie schaden der europäischen zufrieden geben. Er sieht Herrn Schüssel als Über- Integration, indem Sie in dieser Aktuellen Stunde die gangskanzler und sich selbst als nächsten Kanzler politische Entwicklung in unserem Nachbarland Öster- Österreichs. reich mit notwendigen Reformen und der notwendigen vertiefenden Entwicklung Europas verknüpfen. Sie wer- Sie, Herr Stoiber, haben ihn als erster mit ihren Freun- fen wieder einmal das Schreckgespenst einer Krake den in der CSU und als einziger nichtösterreichischer „Europäische Union“ an die Wand, die uns armen Bay- Politiker salonfähig gemacht. ernmenschen die Selbstbestimmung nehmen will. 2282 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Es ist Politik für die Bürgerinnen und Bürger Europas; denn ihre guten Rechte werden hier verteidigt. Späte- Sie haben sich dafür ausgesprochen, unseren Dringlich- stens seit der Menschenrechtskonferenz im Jahre 1993, keitsantrag heute nicht aufzurufen. Das war scheinheilig. die wohlgemerkt in Wien stattgefunden hat, ist es in der Bereits im dritten Satz seiner Rede hat Herr Glück die Staatengemeinschaft Konsens, dass sich ein Staat in Debatte in Richtung Österreich gedrängt. Trotzdem wei- Menschenrechtsfragen einer Einmischung nicht mehr gerten Sie sich, unseren Antrag mitzubehandeln. Das ist durch den Hinweis auf innere Angelegenheiten entzie- scheinheilig. hen kann.

(Glück (CSU): Der Antrag ist mit aufgerufen!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Frau Kollegin Gote, Um es ganz klar zu sagen: Europa hat Österreich nicht der Antrag ist bereits aufgerufen. Keine Aufregung. isoliert. Vielmehr hat sich die jetzige österreichische Regierung selbst isoliert. Sie ist dabei, dem Land in poli- Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir GRÜNEN tischer, wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht großen stehen für ein gemeinsames Haus Europa, in dem die Schaden zuzufügen. Grundsätze der Freiheit, der Demokratie und der Ach- tung der Menschenrechte das Fundament bilden. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) (Hofmann (CSU): Seit wann denn?) Die EU boykottiert nicht die österreichische Bevölke- rung, sondern die österreichische Regierung. Die ent- Wir sind für ein modernes, demokratisch offenes und schiedene Haltung Europas gegenüber der österreichi- tolerantes Europa. So steht es auch im Artikel 6 des Ver- schen Regierung dient auch dem Ziel, den Widerstand trages der Europäischen Union, der Ihnen bekannt sein der österreichischen Bevölkerung gegen diese Regie- sollte und zu dem Sie sich bekennen. Dies meinen wir, rung zu stärken. Jeden Tag gehen Tausende auf die wenn wir sagen, dass Europa eine Wertegemeinschaft Straße und protestieren gegen diese Regierung. Herr ist. Diese Werte müssen überall in Europa gelten; in Kollege Glück, Sie sagen, wir sollten erst einmal abwar- Bayern und Dänemark, aber auch in Österreich und in ten und Herrn Haider und der FPÖ eine Chance geben. allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ich sage Ihnen, warum Herr Haider so gefährlich ist: Er verbindet Demagogie mit der klaren Zielrichtung der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Renationalisierung. der SPD) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Deshalb darf Europa nicht wort- und tatenlos zusehen, der SPD) wenn eine fremdenfeindliche Partei in einem Mitglied- staat der EU mitregiert, eine antieuropäische Partei, die In allen seinen Ausführungen schwingt dieser nationali- die nationalsozialistische Vergangenheit relativiert und stische Grundgedanke mit. Ich nenne als Beispiel die dabei ist, ihren Einfluss über die Regierungsbeteiligung Diskussion um die Entschädigung der Zwangsarbeiter auszubauen. Herr Haider will nicht das Europa der Inte- des NS-Regimes. Herr Haider sagt dazu, er sei für die gration. Die EU darf nicht akzeptieren, dass Ausländer- Entschädigung. Dann kämen jedoch die österreichi- feindlichkeit und Rechtsradikalismus regierungsfähig schen Zwangsarbeiter. Ich nehme mit Schrecken zur werden. Kenntnis, dass es im Bayerischen Kabinett offenbar ähn- liche Überlegungen gibt. Herr Haider hat auch gesagt, er (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei sei für die Osterweiterung. Dann tritt er jedoch dafür ein, der SPD) vorher das Lohnniveau zu nivellieren und lange Über- gangsfristen zu schaffen. Ich möchte ein Zitat von Herrn Durch Ihre harsche Kritik an der entschiedenen Haltung Haider aus dem Jahre 1994 anführen: „Ich sage euch, des vereinten Europas setzen Sie sich dem Verdacht wenn Österreich der EU beitritt, wird dieses Land fremd- aus, nur deshalb so zu reagieren, um sich nicht von eige- bestimmt; denn Maastricht ist die Fortsetzung von Ver- nen Wählerschichten am äußersten rechten Rand sailles ohne Krieg.“ Sehr geehrte Damen und Herren von distanzieren zu müssen. Ich bin froh, dass Europa und der CSU, halten Sie Herrn Haider für glaubwürdig, wenn die Regierungen der 14 Mitgliedstaaten nicht geschwie- er sagt, dass er für die Osterweiterung sei? gen haben. Dies zeigt, dass Europa heute tatsächlich mehr als eine Wirtschaftsunion ist. Österreich ist zum Europa handelt im eigenen Interesse, wenn es deutliche ersten Testfall dieses neuen Selbstverständnisses der Worte gegen Antieuropäer in Regierungsverantwortung EU geworden. Wir erwarten, dass die hier gezeigte Hal- spricht. Darin die Tendenz einer unzulässigen Auswei- tung künftig der Massstab ist, wenn es um die Verteidi- tung der Kompetenzen zu erkennen, läuft völlig fehl. Die gung der gemeinsamen Werte der Freiheit, der Demo- Diskussion um die Kompetenzen der Europäischen kratie und des Rechtes geht. Das ist europäische Innen- Union sollten wir als Europäerinnen und Europäer, die politik. sich zur europäischen Integration bekennen, auf einem anderen Niveau führen. Natürlich gibt es zur Kompe- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei tenzverteilung Diskussionsbedarf. Deshalb haben wir in der SPD) Europa die Debatte um eine Grundrechtscharta und eine Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2283 europäische Verfassung begonnen, der sich die CSU bis Wir haben hier immer wieder und zum Großteil auch im heute verweigert. Dort muss diese Debatte geführt wer- parteiübergreifenden Konsens über Europa diskutiert. den, nicht in Österreich. Ich verstehe Sie nicht ganz, Frau Schmidt, dass Sie jetzt dem Bayerischen Landtag in irgendeiner Weise die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kompetenz oder vielleicht sogar die Legitimität abspre- chen, über diese Dinge zu diskutieren. Dass der Bun- destag in seiner Kompetenz über diese Fragen disku- Sehr geehrte Damen und Herren auf dieser schwarzen tiert, ist doch noch lange kein Grund, nicht im Landtag Regierungsbank, Ihnen geht es gar nicht um eine sachli- nicht über diese Dinge zu diskutieren. che Debatte bezüglich der Verteilung von Kompetenzen. Sie mauscheln in Brüssel und auf Ministerratskonferen- zen hinter verschlossenen Türen kräftig mit, am liebsten (Beifall bei der CSU) ohne jede parlamentarische Kontrolle, um sich im Nach- hinein in Bayern über die böse Europäische Union zu Das Thema ist auch nicht mit einer einzigen Debatte im empören und den schwarzen Peter abwechselnd nach Bundestag und auch nicht mit einer einzigen Debatte, in Brüssel und nach Berlin zu schieben. welchem Rahmen auch immer, im Bayerischen Landtag erledigt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Meines Erachtens besteht für uns gerade als unmittel- bare Nachbarn zu Österreich die noch viel größere Not- wendigkeit, auch über die Entscheidung der Mitglied- Ihre Europapolitik ist unehrlich. Wir GRÜNEN wollen staaten der Europäischen Union und der Regierungen eine klare Aufteilung von Kompetenzen, angefangen von der Europäischen Union zu diskutieren. Das erwarten der EU-Ebene über den Bund und die Länder bis hinein die Menschen in Bayern. Über 80% sind nämlich gegen in die Kommunen. Wir wollen aber gleichzeitig eine par- die Haltung der Bundesregierung. lamentarische Kontrolle und die Stärkung der Parla- mente. Sie haben sich jedoch im europäischen und bun- (Beifall bei der CSU) desrepublikanischen Exekutiv-Föderalismus bestens eingerichtet und zetteln von Zeit zu Zeit europafeindliche Erlauben Sie mir auch eine Anmerkung zu den Vorwür- Debatten an, um Ihre Macht zu erhalten. fen, die dieses Haus immer wieder und seit Jahren, jetzt vielleicht etwas schwächer, durchziehen: Die Bayerische Ihre heutige Empörung über die EU ist lediglich ein Staatsregierung, die CSU hätte eine besonders europa- Manöver, um von Ihren viel größeren Problemen abzu- kritische oder gar europafeindliche Haltung. Das ist mit lenken. Wir erleben gerade eine beängstigende Krise Verlaub eine völlige Fehleinschätzung. Ich glaube, dass der europäischen Christdemokratie. Ich sage das nicht sich keine Partei, das vermisse ich auch bei Ihnen, so ironisch. In Italien hat diese Krise begonnen. In Öster- ernsthaft mit der Entwicklung Europas, den Zuständig- reich erreicht sie mit der ÖVP-FPÖ-Koalition eine ganz keiten und den Strukturen auseinander setzt. Nicht alles, neue Dimension. Von der deutschen Christdemokratie was in Europa ein Problem ist, kann und soll durch will ich gar nicht reden. Hier ist kein Land in Sicht und Sie Europa geklärt werden. Die Zuständigkeiten müssen gehören dazu. abgegrenzt werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei (Frau Renate Schmidt (SPD): Da sind wir uns einig!) der SPD) Bislang haben wir kaum Unterstützung. Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Meine Damen und Herren, in der Diplomatenloge hat der Sozial- und (Beifall bei der CSU) Gesundheitsminister der Mongolei, Herr Minister Sodov Sonin, mit seiner Begleitung Platz genommen. Die Dele- Die Bundesregierung versagt bei der notwendigen gation hält sich zu einem fünftägigen Informationsbe- Abgrenzung der Zuständigkeiten völlig. Meine sehr ver- such in München auf. Im Namen des Hohen Hauses ehrten Damen und Herren, die Bundesregierung will in begrüße ich unsere Gäste sehr herzlich und wünsche der kommenden Regierungskonferenz in Nizza nur über ihnen einen interessanten und informativen Aufenthalt in die so genannten Left-overs, also über die Überbleibsel Bayern. sprechen. Wir haben einen guten Anteil daran, dass es heute die einheitliche Meinung aller Ministerpräsidenten (Allgemeiner Beifall) in Deutschland ist, wonach künftig die Kompetenzab- grenzung zwischen Mitgliedstaaten, Europäischer Union und den Regionen klarer gezogen werden muss. Dies ist Der nächste Redner ist Herr Ministerpräsident Dr. Stoi- aber auf unseren Einfluss zurückzuführen. Sie haben ber. unsere Forderungen nach Kompetenzabgrenzung lange als europafeindlich diskriminiert. Ministerpräsident Dr. Stoiber: Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Ich begrüße es (Beifall bei der CSU) sehr, dass sich der Bayerische Landtag mit der aktuellen Lage in Europa, konkret mit der Entscheidung auf dem Da haben Sie sich selbst einen Tort angetan; denn wir Treffen in Stockholm, auseinander setzt. brauchen Klarheit über die Zuständigkeiten. 2284 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

(Zuruf der Frau Abgeordneten Renate Schmidt Herrn Stolpe, Herrn Hoeppner und auch Herrn Müller (SPD)) aus dem Saarland bei Herrn Monti war. Letzten Endes wurde ihnen bedeutet, dass sie in der Frage der Landes- Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte banken und der Sparkassen überhaupt nichts zu sagen auf Folgendes aufmerksam machen, was auch interes- hätten. Dies hat Herrn Scherf dazu veranlasst, im Bun- sant ist. Solange der Bundeskanzler Ministerpräsident desrat eine für mich beachtenswerte Rede zu halten, in war, war er mit mir einer Meinung, dass wir schon im der er zum Ausdruck gebracht hat, dass er künftig der Interesse der Länder in Deutschland eine Kompetenzab- Osterweiterung nicht zustimmen werde, wenn jetzt nicht grenzung erreichen müssten. Heute als Bundeskanzler die Kompetenzabgrenzung erfolge. Meine sehr verehr- weigert er sich, diese Fragen neben den Left-overs auf ten Damen und Herren, das sind Entwicklungen, die in die Tagesordnung zu setzen mit dem Hinweis, das Deutschland gerade von diesem Hause aus eingeleitet könne letzten Endes nicht durchgesetzt werden, es gehe worden sind. Ich bedanke mich ganz besonders bei der jetzt um andere Fragen, wie zum Beispiel: Mehrheitsent- CSU-Fraktion. Wir als eine der wenigen haben diese scheidungen in der Kommission, wie sollen Mehrheits- Frage in den letzten Jahren in der öffentlichen Diskus- entscheidungen gerechnet werden, wie groß soll die sion sehr stark problematisiert. Kommission sein. (Beifall bei der CSU) Dies sind alles wichtige Fragen, aber diese Fragen sind nicht allein entscheidend für die Weiterentwicklung der Europa steht am Scheideweg. Wir haben einen beispiel- Europäischen Union. Es muss eine Kompetenzabgren- losen Vorgang in der Geschichte Europas zu bewerten. zung geben; man muss sich klar werden: Was ist die Unter maßgeblicher Mitwirkung der Bundesregierung Aufgabe auf der europäischen Ebene, was ist die Auf- haben 14 europäische Regierungen versucht, nach gabe der Mitgliedstaaten und was ist die Aufgabe der einer demokratischen Wahl auf die Regierungsbildung in Länder in Deutschland, der Regionen und der Kommu- einem Mitgliedsland der Europäischen Union massiv nen. Andernfalls schädigen Sie die Demokratie, meine einzuwirken. Und nicht genug damit: Sie drohen mit sehr verehrten Damen und Herren, da die Menschen Sanktionen; sie beginnen diese zu vollziehen, weil sich Entscheidungen akzeptieren müssen, die sie in keiner Österreich dem Druck nicht beugt. Weise in irgendeiner Form beeinflussen können.

Die gesamte Dramatik sehen Sie alleine an der Ent- Ich begrüße es, dass in der Zwischenzeit – Kollege scheidung des Europäischen Gerichtshofes. Dabei geht Glück hat einige Stimmen zitiert; das hatte man auch es um die Frage, ob eine Verfassungsbestimmung gestern in der Bundestagsdebatte gespürt – ein Stück Deutschlands, der Artikel 12 a des Grundgesetzes, im Nachdenklichkeit auch bei vielen eingezogen ist, die das Prinzip allein durch eine Richtlinie, die im Jahre 1990 Vorgehen der Europäischen Union ursprünglich kritiklos oder 1991 beschlossen worden ist und die die Gleichheit akzeptiert haben. Ich respektiere auch, dass sich in der von Mann und Frau im Bereich des Arbeitslebens zum Zwischenzeit der Vizepräsident des Europaparlaments, Inhalt hat, ausgehebelt werden kann, ohne eine Ände- Ihr Kollege Gerhard Schmid, von dieser Isolation Öster- rung durch die Parlamente vorzunehmen. Die Gleichheit reichs distanziert und sie in der SPD-Presseerklärung von Mann und Frau im Bereich des Arbeitslebens ist vom 1. Februar als absolut überzogen bezeichnet. Wir eine Selbstverständlichkeit. Die Verfassungsbestim- stimmen mit dieser Beurteilung völlig überein. mung, dass Frauen nicht generell Zugang zur Bundes- wehr haben sollen, ist nur aus der geschichtlichen Ent- Ich möchte das unterstreichen, was Kollege Glück wicklung zu verstehen. Dies ist eine zutiefst nationale, gerade gesagt hat: Bisher ging es nur um das Eingreifen aus unserer Geschichte zu beurteilende Frage, und in Regierungshandeln. Im Falle Österreichs hat der Mini- diese muss auch weiterhin in unserer Kompetenz liegen. sterrat zwar nicht formell, aber im Prinzip materiell gehandelt; denn alle 14 Länder außer Österreich haben (Beifall bei der CSU und der Frau Abgeordneten sich unter Federführung der Franzosen und im besonde- Renate Schmidt (SPD)) ren Maße der Deutschen abgestimmt, so vorzugehen. Dabei ging es nicht mehr um Regierungshandeln, dass Kein Mensch hat sich aber darüber aufgeregt. Meine also von Seiten der europäischen Ebene irgendein Han- Damen und Herren, es mag sein, dass Sie hier Beifall deln einer Regierung kritisiert wird, das nicht mit den klatschen. Ich habe aber keine einzige Stellungnahme europäischen Verträgen in Übereinstimmung zu bringen von Seiten der Bundesregierung, des Bundeskanzlers wäre. Das erste Mal – deswegen ist es so wichtig – ist gehört, dass dies ein Übergriff ist, der so nicht weiter hin- nicht auf ein Regierungshandeln, sondern auf den genommen werden kann, demokratischen Willensbildungsprozess in einem Land von Seiten der europäischen Regierungen mit Sanktio- (Beifall bei der CSU) nen massiv Einfluss genommen worden. Herr Prodi sagt auch: Dies sei ein Präzedenzfall; künftig würden im Prin- da sonst letzten Endes auch die europäische Integration zip viele andere Fälle genauso gehandhabt werden. Da Schaden leidet. muss man fragen: Kann man Europa eine solche Kom- petenz zumessen, in die Souveränität und damit in die Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind jetzt demokratische Willensbildung eines Landes einzugrei- mitten in der Diskussion. Herr Scherf ist gegenwärtig fen? Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz. Er hatte vor einigen Tagen sein Damaskus-Erlebnis, als er mit (Beifall bei der CSU) Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2285

Damit gefährdet man den demokratischen Prozess in Stimmen hat. Wenn man die Partei wirklich bekämpfen Europa. Darum geht es. will, muss man sich fragen, warum sie so viel Prozent erreicht hat. Diese Frage beantworten Sie aber nicht. (Beifall bei der CSU) (Frau Renate Schmidt (SPD): Dann müssen Sie Dem begegnet der Bundeskanzler – auch Sie haben das aber auch nicht zur Koalition raten!) heute getan – in seinem gestrigen Interview in der „Zeit“, das in der heutigen Ausgabe veröffentlicht wird, indem er Was würden Sie denn machen, wenn diese Partei bei versucht, die Kritik am Verhalten der Mitgliedstaaten der der nächsten Wahl nicht nur 27%, sondern 35% oder – Europäischen Union respektive der Regierungen, im Gott möge es verhüten – noch mehr bekommt? Es ist besonderen Maße die Kritik am Verhalten der Bundesre- Aufgabe aller, darüber nachzudenken, wie man diese gierung damit zu beantworten, dass er die Kritiker des Situation bereinigen kann. Wir können sie aber nicht Verhaltens der Bundesregierung mit Haider gleichsetzt. dadurch bereinigen, dass wir ein ganzes Land und damit auch 70% der Bürgerinnen und Bürger, die nichts mit der Es geht mir hier nicht um eine innerösterreichische Dis- FPÖ zu tun haben, in den Senkel stellen. kussion. Eine solche lasse ich nicht zu, jedenfalls nicht in dieser Debatte. (Beifall bei der CSU – Frau Renate Schmidt (SPD): Das macht doch niemand!) (Frau Renate Schmidt (SPD): Die wird aber stattfin- den!) Es ist geradezu lächerlich, wenn man den Leuten nicht mehr die Hand gibt oder wenn man zu spät kommt, – Sie können eine solche führen. Die innenpolitische damit es kein gemeinsames Bild mehr gibt. Diskussion in Österreich ist die eine Seite, die Bedeu- tung für Europa die andere. (Frau Renate Schmidt (SPD): Stimmt doch gar nicht!) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich lasse mir schon etwas eingehen, aber Sie zwingen mich auch, mit Meine Damen und Herren, was ist denn das für ein Herrn Holter zusammenzuarbeiten, einem ausgewiese- lächerliches Europa? nen SED-Funktionär, der nun leider einmal stellvertre- tender Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern (Lebhafter Beifall bei der CSU) ist; und deshalb haben Sie überhaupt kein Recht, mir irgendwelche Vorwürfe zu machen. Seien Sie mir nicht böse. Wenn sich die Bundesregie- rung – der Bundeskanzler und der Bundesaußenminister (Anhaltender Beifall bei der CSU) – als moralische Großmacht geriert und aufspielt, muss ich mich auch fragen, wo denn die Stellungnahme der Meine Damen und Herren, ich möchte hier Missver- Bundesregierung im Europarat gegen das Mitglied ständnisse vermeiden. Für mich und für die gesamte Russland im Zusammenhang mit den Menschenrechts- Bayerische Staatsregierung steht fest, dass sich Herr verletzungen in Tschetschenien bleibt. Keine Stellung- Haider mit völlig unakzeptablen Äußerungen – Sie nahme ist erfolgt, nichts wird gemacht. haben eben einige wenige zitiert – absolut disqualifiziert hat. Das wiederhole ich hier ausdrücklich; ich habe dies (Lebhafter Beifall bei der CSU) auch schon mehrfach gesagt, sowohl beim Empfang des Bundespräsidenten der Republik Österreich als auch in Meine Damen, meine Herren, mich ärgert diese enorme vielen anderen Stellungnahmen und auch gestern im Heuchelei. Deutschen Bundestag. Für Haiders Entgleisungen gibt es keine Entschuldigung. (Beifall bei der CSU)

Ich möchte auch hier noch einmal deutlich sagen, dass Ein Land, das die Deutschen besser als alle anderen ich in meine Kritik an den Mitgliedstaaten der Europäi- kennen, stellt man in ein diplomatisches Abseits. Die schen Union den Staat Israel ausdrücklich nicht einbe- Menschen in Kufstein, in Innsbruck, in Salzburg oder in ziehe. Ich habe großes Verständnis dafür, dass sich Wien verstehen dieses Verhalten nicht mehr, denn Opfer des Nationalsozialismus von den Äußerungen des Österreich ist ein Land inmitten Europas, und es hat eine Landeshauptmanns von Kärnten getroffen fühlen. Die lange demokratische Tradition. Die Leute in Kufstein und Sorgen und die Gefühle der Menschen, die ganz beson- in Salzburg verstehen nicht mehr, dass Herr Prodi einer- ders unter dem Nationalsozialismus gelitten haben und seits maßvolle Sanktionen gegen Österreich ergreift, die Sorgen und Gefühle der Menschen in Israel müssen andererseits aber Herrn Gaddafi einlädt und ihm die wir sehr ernst nehmen. Das ist eine Sondersituation, auf Hand geben möchte. Das verstehen die Menschen in die ich hier noch einmal hinweisen möchte. Österreich nicht mehr. Das passt doch auch nicht zusammen. Eine andere Frage ist es aber, ob sich die Mitgliedstaa- ten der Europäischen Union so verhalten dürfen. Wir (Lebhafter Beifall bei der CSU) haben in Österreich eine schwierige Situation. Es gibt dort eine rechtsradikale Partei, die nicht nur 3, 4 oder 5% Ich möchte hier zwei Zitate von Theo Sommer, dem Mit- – in Demokratien ist so etwas nun einmal leider hinzu- herausgeber der „Zeit“ erwähnen. Sommer stimmt wirk- nehmen –, sondern in der Zwischenzeit über 27% der lich nur in den seltensten Fällen mit den Positionen der 2286 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

CSU überein. Er ist bestimmt kein Parteigänger der Im Gegensatz zu Deutschland müssen in Österreich CSU. Ich will ihn überhaupt keiner Partei zuordnen, aber Entscheidungen im Zusammenhang mit Europa dem er ist nun einmal eine gewisse Autorität in Deutschland, Volk vorgelegt werden. egal ob man seine Meinung teilt oder nicht. Theo Som- mer schreibt in der „Zeit“ vom 10. Februar: „Da wird ein Wie Sie alle selber wissen, stand die Volksabstimmung Land gelyncht nach dem Prinzip: Vollstreckung auf Ver- in Österreich, obwohl die SPÖ und die ÖVP mehrheitlich dacht, Beweise werden sich schon finden.“ dafür waren, lange Zeit auf der Kippe. Herr Schüssel hat sich als damaliger Wirtschaftsminister und anschließen- (Wahnschaffe (SPD): „Gelyncht“ ist schon ein der Vorsitzender der ÖVP außerordentlich hinausge- schlimmes Wort!) lehnt. Sein demokratisches, europäisches Bewusstsein hat er als Außenminister dieses Landes nun wirklich Ich wiederhole noch einmal meine Vorwürfe: Dem Boy- unter Beweis gestellt. Ich sage Ihnen auch, Sie tun kott gegen Österreich fehlt jede rechtliche Grundlage. gerade diesen Kräften einen enormen Tort an, wenn Sie Das Verfahren erfüllt nicht einmal die Minimalforderun- ausgewiesen europabewusste Politiker wie Schüssel in gen rechtsstaatlicher Grundsätze, weil der Betroffene dieser Weise diskreditieren. Dort gibt es natürlich auch ohne jegliche Anhörung vorverurteilt worden ist. In ekla- einen Kern von massiven Antieuropäern. tanter Weise wird das Selbstbestimmungsrecht eines souveränen Mitgliedstaates der Europäischen Union (Zurufe von der SPD) verletzt. Theo Sommer hat dies mit einer außerordent- lich wuchtigen Formulierung auf den Punkt gebracht – er – Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist doch schreibt: Unsinn. Sie sind gar nicht mehr in der Lage, differenziert über dieses Thema zu denken. Das ist das Problem. Soll so ein europäisches Wertebwusstsein entste- hen? Eher wächst nun wohl die Furcht, dass in (Beifall bei der CSU) Europa künftig eine Art umgekehrter Breschnew- Doktrin gelten soll. Ich hätte dies nicht gebracht, aber Sie reizen mich dazu. Es ist doch geradezu absoluter Irrsinn. Der jetzt abgetre- Der Mitherausgeber der „Zeit“ formuliert damit in zuge- tene Vorsitzende der SPÖ und frühere Bundeskanzler spitzter Form die Befürchtungen insbesondere der jun- Klima hat doch bei Herrn Haider um eine entsprechende gen Demokratien im Osten. Den Polen, den Tschechen, Tolerierung gebuhlt. den Slowaken, den Rumänen und den Ungarn ist die Beschränkung der Souveränität in den Jahren und Jahr- (Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD) zehnten vor 1989 noch in sehr schmerzlicher Erinne- rung. Wenn ihnen heute in abgeänderter Form deutlich gemacht wird, dass sie bestimmte Entscheidungen nicht Es waren die Angebote bei einer entsprechender Tole- treffen dürften, kann ich nur sagen, dass das gemein- rierung. Fragen Sie doch einmal bei Präsident Klestil same Europa mit der Souveränität gerade der kleineren nach, der sich auch in diese Debatte eingeschaltet hat. Staaten sehr sensibel umgehen muss. (Zuruf der Frau Abgeordneten Renate Schmidt (Beifall bei Abgeordneten der CSU) (SPD))

Ganz anders wäre es gewesen, wenn das, was in Öster- Ich halte es für unverantwortlich, diese Frage und diesen reich passiert ist, in Frankreich, in Italien oder in Großbri- Tatbestand zu übergehen, dass die SPÖ bereit gewesen tannien passiert wäre, also in einem Land mit 60 Millio- ist, eine Minderheitenregierung unter der FPÖ und von nen oder noch mehr Einwohnern. Alois Glück hat bereits Herrn Haider zu tolerieren. Darüber sind Gespräche an 1994 erinnert, als Berlusconi mit den Neofaschisten geführt worden. Ich habe keinerlei Reaktion auf europäi- und vor allem mit Herrn Fini eine Koalition eingegangen scher Ebene gespürt. Niemand von Ihnen hat hier Kritik ist. Wo ist denn da, bei einem großen Land, der Protest geübt. geblieben? Die Neofaschisten haben in Italien eine lange Tradition, auch wenn sie in bestimmten Bereichen (Beifall bei der CSU) verbal mit dem Duce gebrochen haben. Der Kern dieser Partei ist aber erhalten geblieben. Mit den Neofaschisten Deswegen bleiben wir dabei: Dies ist eine verhängnis- ist eine Koalition eingegangen worden, und keine Reak- volle Entscheidung der europäischen Ebene und der Mit- tion der Europäischen Union gab es damals. Gegen ein gliedstaaten der Europäischen Union. Ich sage Ihnen kleines Land wird etwas unternommen. voraus, dass diese Haltung der europäischen Ebene nicht durchgehalten werden wird. Herr Kollege Glück hat (Schläger (SPD): Und wer war damals an der bereits darauf hingewiesen, dass in Dänemark diese Regierung?!) Position schon sehr brüchig ist und dass es im Europa- ausschuss des dänischen Parlaments große Auseinan- Meine Damen, meine Herren, eine letzte Bemerkung, dersetzungen gegeben hat. Ich sage Ihnen voraus, dass die ich in diesem Zusammenhang machen möchte. Sie genau diese Frage die Engländer von Europa weiter weg tun mit Ihren Vorwürfen Bundeskanzler Schüssel treibt, weil es die Engländer, die sowieso ein eigenes Unrecht, der wie kein anderer leidenschaftlich dafür ein- Bewusstsein haben, niemals akzeptieren, dass in ihre getreten ist, dass Österreich in die Europäische Union Willensbildung in Großbritannien von Seiten Frank- aufgenommen wurde. reichs, Deutschlands und Italiens eingegriffen wird. Wer Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2287 dies akzeptiert, vertreibt andere Länder aus diesem Haider bereits der heimliche Kanzler ist, und das mit Europa, und das können wir nicht wollen. Ihrem Zutun.

(Beifall bei der CSU) (Beifall bei der SPD)

Ich kann nur hoffen, dass diese eigenartige Isolation Sagen Sie doch nicht, die von den europäischen Mit- eines kleinen, aber für Europa bedeutenden Landes gliedstaaten beschlossenen Maßnahmen seien eine möglichst bald aufhört. Verschwörung der sozialistischen Internationale. Seit wann gehören die Herren Aznar und Chirac zu dieser Wien ist Kernbestand Europas. Wien ist auch Teil der Vereinigung? Es ist ein gemeinsames Vorgehen der europäischen Geschichte, Teil des Ringens um Demo- europäischen Staaten gegenüber einer Regierung – die kratie und um ein freiheitliches Europa. Wien hat es nicht unser höchstes Misstrauen verdient – nicht gegenüber verdient, dass Berlin in dieser Weise mit ihm umgeht. einem Land, wie Sie hier wieder betont haben, und Berlin sollte sich aufgrund seiner Geografie dreimal schon gar nicht gegenüber einem Volk, sondern gegen- überlegen, wie es mit Wien und mit den Österreichern über einer Regierung. umgeht. Wir in Bayern werden diese Position der jetzi- gen Bundesregierung niemals akzeptieren und im Rah- (Hofmann (CSU): Die Österreicher verstehen es men unserer Zuständigkeiten alles tun, die guten Bezie- aber so!) hungen zu den Ländern und zu Österreich als Nachbarn zu halten. Daran lassen wir uns von der Bundesregie- Ich hätte mir wenigstens ein einziges Wort des Misstrau- rung in keiner Weise hindern. Das ist das Selbstbe- ens oder der Einschätzung in der Problematik dieser wusstsein unseres Landes. neuen Koalitionsregierung in Österreich durch Sie, Herr Ministerpräsident, gewünscht. Was haben wir von einer (Anhaltender Beifall der CSU) Regierung zu halten, der der eigene konservative Staatspräsident Klestil eine Erklärung über Selbstver- Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Meine Damen und ständlichkeiten zu Menschenrechten abverlangen muss, Herren, Herr Ministerpräsident Dr. Stoiber hat 26 Minu- weil er ihr selber nicht traut. Der konservative österreichi- ten gesprochen. Dies bedeutet, dass jede Fraktion das sche Präsident traut der eigenen Regierung nicht über Recht hat, noch einen Redner zu benennen. Als näch- den Weg und verlangt ihr eine Unterschrift ab, dass sie stem Redner erteile ich Herrn Maget das Wort. die Menschenrechte einhalten und zu den EU-Verträgen stehen werden. Maget (SPD): Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kol- (Beifall bei der SPD) legen! Sie haben für diese Diskussion, die für unser Land und unsere Politik von Bedeutung ist, die Form der Aktuellen Stunde gewählt. Dieses bedeutet, dass man Was haben wir von einer solchen Regierung zu halten? auf eine differenzierte Argumentation von Ministerpräsi- Ich finde, es wäre die Aufgabe des bayerischen Minister- dent Dr. Stoiber die Chance bekommt, in fünf Minuten zu präsidenten gewesen, in der Zeit, in der es in Österreich antworten. Dies ist eine gewünschte Form der politi- eine schwierige Regierungsbildung gab, an seinen schen Auseinandersetzung. Ich weise darauf hin, dass Freund Schüssel ein deutliches Wort zu richten und zu wir diese Diskussion bereits am 1. Februar in diesem übermitteln, dass keine Regierungsbeteiligung der FPÖ Hause durch uns begonnen haben. Ich habe von dieser gewünscht wird. Stelle aus über Sanktionen und ihre Bedeutung, über ihren Sinn und Unsinn gesprochen. Leider haben Sie Das wäre Ihre Aufgabe gewesen, Herr Stoiber. Sie sich an dieser Diskussion, als Zeit gewesen wäre, sich haben aber das Gegenteil getan. Sie haben die Regie- mit dem Thema auseinander zu setzen, nicht beteiligt, rungsbeteiligung der FPÖ herbeigewünscht, Sie haben wie Sie dem Protokoll entnehmen können. Deswegen zugeraten und damit dieser für Europa verhängnisvollen konzentriere ich mich in den verbleibenden viereinhalb Koalition den Weg geebnet, statt Druck auf Schüssel Minuten auf die wichtigen Punkte. Zur Gemeinsamkeit auszuüben. Damit stehen Sie in der Tradition Ihrer Par- Europas gehört, dass man eine gemeinsame Wertevor- tei. stellung hat. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD) 1990/91 haben Sie Herrn Haider als Hoffnungsträger Man muss sich aber zu den gemeinsamen Grundwerten bezeichnet. Herr Streibl hat gesagt, Haider würde gut in nicht nur bekennen, sondern sie auch verteidigen. die CSU passen – oder war es Herr Gauweiler, der dies gesagt hat? Auf jeden Fall stand es im „Münchner Mer- (Zuruf von der CSU) kur“.

Dieses lehrt zum Beispiel die deutsche Geschichte. Ein Die Münchener CSU hat Ihren jüngsten Kurswechsel Vergleich Haiders mit Hitler ist unangebracht. Herr nicht rechtzeitig mitbekommen und vorgeschlagen, Schüssel ist auch nicht Herr Papen, aber ein Kanzler Herrn Haider nach München zu einer politischen Diskus- namens Haider in Österreich wäre eine Katastrophe für sion einzuladen. Herr Goppel verbreitet die These, dass Europa; darüber sind wir uns doch hoffentlich einig. Das der Vorschlag von Herrn Stoiber, eine Beteiligung der entscheidende Problem an dieser Diskussion ist, dass FPÖ an der Regierung in Österreich zu unterstützen, 2288 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 aufgrund eines Anrufs der ÖVP aus Österreich zu Ich möchte auch einmal feststellen, dass sich die PDS, Stande gekommen sei. die schon einmal erwähnt worden ist, noch nicht vom Saulus zum Paulus gewandelt hat. Zu erwähnen ist (Zuruf des Abgeordneten Dr. Goppel (CSU)) auch, dass Joschka Fischer noch vor wenigen Jahren Molotowcocktails lieber waren als heute die Partycock- Warum machen Sie sich denn zum Befehlsempfänger tails. oder Briefträger von Herrn Schüssel, der als Diplomat hätte wissen müssen, was er über sein – – Im Zusammenhang mit der Diskussion über die Kompe- tenzausweitung der Europäischen Union war es wichtig, über die Einmischung in die Eigenständigkeit der Länder (Dr. Goppel (CSU): Ein übler Verleumder sind Sie!) zu sprechen. Ich möchte aber noch einen anderen Punkt ansprechen. Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: – Herr Kollege, solche Worte gibt es hier im Landtag nicht. Ich rüge Sie dafür. In den letzten Jahren erleben wir zunehmend, dass sich die Europäische Union in viele politische Bereiche der (Beifall bei der SPD) nationalen Regierungen, der Regionen und der Länder einmischt. Dirigismus, Zentralisierung und Bürokratie haben nicht unerheblich zugenommen. Die Einmischung Maget (SPD): Wir in Bayern haben die Aufgabe, mit in die nationale Kompetenz zeigt sich an der Fernseh- unseren Freunden in Österreich darüber zu reden, dass richtlinie und an Aktionen zur Stadtentwicklung bis hin wir Österreich und die in Österreich lebenden Menschen zur Umweltpolitik. Nur durch die klare Gegenposition nicht isolieren. Wir müssen aber politisch mithelfen, dass Bayerns konnte eine Richtlinie zur Haltung von Tieren in die FPÖ aus dieser Koalitionsregierung wieder ver- Zoos verhindert werden. Was hat das alles mit der Ent- schwindet. Das ist unsere politische Aufgabe. wicklung Europas zu tun? Zu erwähnen ist noch, dass durch ein Weißbuch versucht wurde, die Kompetenz der (Beifall bei der SPD) Europäischen Union auf die Fremdenverkehrsförderung, Fremdenverkehrsinfrastruktur oder Ausbildung im Tou- Wir wollen keine Gemeinsamkeiten mit der FPÖ, son- rismus auszuweiten. Es wäre vollkommen fehl am Platz, dern wir wollen eine gemeinsame Lösung der sozialen die Kompetenzen für diese politischen Bereiche nach und politischen Probleme in unserem Land und in Öster- Brüssel zu verlagern. reich. Das können wir in eigener Kompetenz und Verant- wortung tun. (Beifall bei der CSU)

Wir hätten gern noch mehr zu Ihrer Erklärung gesagt. Ich Wenn die Kompetenzen zur Lehrausbildung auf Brüssel lade Sie herzlich ein, eine solche Diskussion in diesem übergehen, wird die Konsequenz sein, dass das Niveau Hause ernsthaft zu führen, dann aber auf der Basis einer der Ausbildung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner vernünftigen Redezeitverteilung, nicht aber in einem festgelegt wird. Das kann nicht unser Wunsch sein. Es 5-Minuten-Rhythmus, der eine differenzierte Diskussion, soll sogar mit einem Aktionsprogramm der Katastro- zu der Sie sich, Herr Kollege Neumeier, gerne noch zu phenschutz und die Katastrophenschutzausbildung auf Wort melden können, nicht zulässt. europäischer Ebene geregelt werden. Dazu kann ich nur sagen: Wenn für den Katastrophenschutz die Europäi- sche Union zuständig wäre, dann wären die Schäden, (Beifall bei der SPD) die das Pfingsthochwasser im letzten Jahr angerichtet hat, heute noch nicht beseitigt. Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Kollegen Zeller das Wort. (Zuruf des Abgeordneten Güller (SPD))

Lassen Sie mich noch einen Punkt ansprechen. Wir Zeller (CSU): Herr Präsident, meine Kolleginnen und müssen eine klare Gegenposition zur Allzuständigkeit Kollegen! Zunächst einmal möchte ich zu dieser Aktuel- der Europäischen Union beziehen. Das sage ich aus len Stunde feststellen, dass es zum Selbstverständnis einem ganz bestimmten Grund. Wir im Bayerischen des Bayerischen Landtags gehört, dieses Thema zu dis- Landtag wollen alle gemeinsam die Osterweiterung. Wir kutieren, auch wenn gestern eine solche Debatte im müssen uns vor Augen halten, dass gerade diese Län- Deutschen Bundestag in Berlin geführt worden ist. der erst seit 1989 ein Stück Souveränität und Selbststän- digkeit zurückerobert haben. Es wäre diesen Ländern Frau Schmidt und Herr Maget haben dem Herrn Mini- nicht zu vermitteln, bei einem Beitritt zur Europäischen sterpräsidenten die Schuld für die Salonfähigkeit von Union diesen Gewinn an Souveränität, der unter großen Herrn Haider gegeben. Dazu kann ich nur sagen, dass Opfern erreicht worden ist, wieder nach Brüssel abzuge- Herr Haider zunächst durch die Wählerinnen und Wähler ben. Diese Länder, die den Zentralismus von Moskau von Österreich und durch das Verhalten der Bundesre- erlebt haben, würden keinen Zentralismus von Brüssel gierung und vieler Verantwortlicher der Europäischen wollen. Sie würden sich angesichts der Allzuständigkeit Union in den letzten Tagen salonfähig gemacht worden Europas nicht mehr sicher fühlen. ist. Das Europa der Zukunft, wie wir es verstehen, ist ein (Beifall bei der CSU) demokratisches Europa, kein zentralistisches und büro- Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2289 kratisches Europa, und vor allem kein dirigistisches Liebe Kolleginnen und Kollegen, Europa ist seit den Ver- Europa. Wir brauchen ein Europa, das die Bürgerinnen trägen von Amsterdam eine Wertegemeinschaft. Seit und Bürger verstehen, ein Europa der Subsidiarität, weil Amsterdam hat sich etwas verändert. Der Amsterdamer damit gewährleistet ist, dass Europa tatsächlich von der Vertrag wurde vom Deutschen Bundestag und vom Bun- Mehrheit der Bevölkerung richtig eingestuft wird. desrat mit den Stimmen der Länder ratifiziert. Wenn es darum geht, dass man sich daran halten soll, will keiner Frau Gote, Sie haben von Renationalisierung gespro- mehr etwas davon wissen. Herr Ministerpräsident, Sie chen. Mir ist nicht bekannt, dass Europa heute schon ein haben auf Gaddafi verwiesen. Ich denke, wir müssen Bundesstaat wäre. einen großen Unterschied machen, wie wir uns nach außen verhalten und wie wir uns in der Wertegemein- (Beifall bei der CSU) schaft Europa verhalten. (Beifall bei der SPD) Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Das Wort hat Herr Kol- lege Dr. Köhler. Hier haben wir andere Anforderungen zu stellen als an internationale Beziehungen, denn wir leben auf dieser Dr. Heinz Köhler (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident, Erde nicht isoliert. liebe Kolleginnen und Kollegen!. Ich bin gestern von mei- ner Fraktion gebeten worden, im Rahmen der Aktuellen (Willi Müller (CSU): Die Österreicher gehören der Stunde zu dem Thema „Tendenzen der weiteren Aus- europäischen Wertegemeinschaft an!) weitungen der Kompetenzen der EU – Schlussfolgerun- gen für Bayern“ zu reden. Als ich Ihre Ausführungen Aus Zeitgründen kann ich das nur kurz andeuten. Man gehört habe, Herr Glück, habe ich mich gefragt, auf wel- kann über die Strategie streiten, ob man mit diesen Maß- cher Veranstaltung ich mich eigentlich befinde. Es ging nahmen und Diskussionen jemand in der Öffentlichkeit nämlich weniger um die Kompetenzen, als um das aufwertet. Das ist in jeder Beziehung ein Problem. Ich Thema Haider. gebe das ohne weiteres zu. So ist auch die Aussage des Europaabgeordneten Dr. Schmid zu verstehen. Ich per- sönlich meine, in der Wertegemeinschaft können wir zu Wir kommen leider um dieses Kompetenzthema nicht einer solchen Situation nicht schweigen. Deswegen herum. Es lag eine gewisse Logik darin, dieses jetzt zu halte ich die Regelungen und Ausführungen sowohl der behandeln. In dieser Woche startet die Regierungskon- Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten als auch der ferenz. EU-Kommission für richtig.

Letzte Woche hat sich der Konvent „Grundrechtscharta Ich wundere mich, dass Sie von Nichteinmischung spre- Europa“ konstituiert. Insofern wäre es wirklich wert, eine chen. Als die Österreicher das für uns sicherlich zu kriti- Debatte zu führen. Was aber tun wir? – Wir reden über sierende „Pickerl“ eingeführt haben, hat Herr Dr. Wies- ein Thema, das gestern fast mit den gleichen Worten im heu von „Wegelagerern“ usw. gesprochen. War das Deutschen Bundestag behandelt worden ist. Ich bin mir keine Einmischung in die österreichische Angelegen- dafür zu schade, im Landtag „Second-hand-Diskussio- heit? Herr Dr. Stoiber hat mit frühzeitigen Äußerungen nen“ zu führen. Wir sollten uns auf die Dinge konzentrie- zur Regierungsbildung in Österreich Herrn Haider und ren, die uns angehen. seine Partei hoffähig gemacht. Auch das war eine Einmi- schung, und zwar von jemandem, der nicht einmal einen (Beifall bei der SPD) verfassungsmäßigen Auftrag hat.

Der Ministerpräsident sagte, wir hätten ein besonderes Lassen Sie mich noch etwas zur Einmischung sagen. Verhältnis zu Österreich. Ich habe in seiner Rede nichts Herr Ministerpräsident, Sie haben sich stets wahnsinnig vom besonderen Verhältnis Bayerns zu Österreich darüber erregt, dass Sie mit Holter von der PDS zusam- gehört. Vielmehr ging es ausschließlich um die Dinge, men sitzen müssten. Ich sage Ihnen: Sie haben mit den die ich gestern im Fernsehen gehört und heute Früh in „Blockflöten“ der ehemaligen Ost-CDU zusammenge- der Zeitung gelesen habe. sessen, die nichts anderes als die „Gefolgsleute“ von der SED waren. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle- gen, zur Sache selbst möchte ich zwei, drei Bemerkun- (Beifall bei der SPD) gen machen. Ich stelle fest: Ich kann nicht erkennen, dass die Europäische Union ihre Kompetenzen über- Anfang der Neunzigerjahre gingen Landräte und son- schritten hätte. Zum einen hat die EU-Kommission stige Funktionäre Ihrer Partei Arm in Arm mit SED-Land- gesagt, sie werde darauf achten, dass insbesondere räten. Sie müssen also nicht mit dem Finger auf andere Artikel 6 des EU-Vertrags eingehalten wird. Die EU- zeigen. Kommission ist verpflichtet, die Verträge zu überwachen. Das ist ihre ureigene Aufgabe. Mehr haben Herr Prodi (Zuruf des Abgeordneten Schläger (SPD)) und die EU-Kommission insgesamt nicht gesagt. Die Regierungschefs haben gesagt, sie werden ihre bilatera- Lassen Sie mich noch etwas zum Thema Kompetenz- len Beziehungen zu Österreich prüfen. Das ist keine verlagerung sagen: Weitet die EU ihre Kompetenzen gemeinschaftliche europäische Linie, sondern das sind aus? – Ich kann nicht erkennen, dass die EU ihre Kom- bilaterale Regelungen zwischen den Staaten. petenzen ausweitet. Die Regierungskonferenz ist eher 2290 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 zu zaghaft, als dass sie etwas verändert. Außerdem wir überhaupt nicht. Wir sind der Meinung, dass wir kommen die Ausweitungen daher, dass die Regierungs- einen Staatenbund und keinen Bundesstaat haben und chefs etwas Besonderes wollen. Ein Redner unserer deshalb auch keine EU-Steuer brauchen können. Diese Fraktion hat vorhin bereits darauf hingewiesen. Sie wol- Steuer hätte, was die Haushaltsdisziplin und den Harmo- len die Ausweitung der Kompetenzen bei der Asyl-, der nisierungsdruck in Europa anbelangt, nur negative Fol- Flüchtlings-, der Sicherheits-, der Außen- und Verteidi- gen. gungspolitik. Nichts greift in die Verfassungswirklichkeit eines Staates mehr ein. Was Sie fordern, macht in letzter Wir haben deshalb eine ganz klare Position: Keine neue Konsequenz den Bundesstaat aus. Das sind neben der EU-Steuer in Europa, weil wir in Deutschland ohnehin Binnenmarktwährung die zentralen Souveränitätsrechte einen viel zu hohen Beitrag bezahlen. Daran hat auch eines Staates. der Berliner Gipfel leider nichts oder fast nichts geändert. Wir tragen 50% der Beitragslast. Wir sind nach wie vor Wir brauchen mehr Klarheit, mehr Transparenz, und wir die größten Nettozahler – mit steigender Tendenz –, weil brauchen einen Verfassungsvertrag, der klar und deut- die Osterweiterung bisher in keiner Weise vernünftig lich regelt, wer wofür zuständig ist. finanziert ist. Das völlige Versagen Ihres Bundeskanz- lers in Berlin ist auch die Ursache für die weitere Ent- (Beifall bei der SPD) wicklung.

Lassen Sie mich ein Wort zum Thema „Landesbank und Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als nächster Redner Sparkassen“ sagen, das auch von Ministerpräsident Dr. spricht Herr Kollege Dr. Bernhard. Stoiber angesprochen wurde. Wir sagen – und ich hoffe, wir sind uns im Hohen Haus einig – Hände weg von den Dr. Bernhard (CSU): Herr Präsident, meine Damen und Landesbanken und Sparkassen. Herren! Herr Kollege Köhler, es stimmt nicht, wenn Sie sagen, dass die EU nicht ständig versuchen würde, (Beifall) Kompetenzen über Generalklauseln auszuweiten und ihre Kompetenzen extensiv zu nutzen. Es geht um die Die harmlos und bürokratisch formulierte Leitlinie über klare Kompetenzzuordnung. Das beinhaltet, dass Kom- Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürg- petenzen durchaus an die EU abgegeben werden, wo schaften, meine Damen und Herren, ist in Wirklichkeit das sinnvoll und richtig ist und wo die EU Aufgaben ein Generalangriff auf die Landesbanken und damit – wahrnehmen soll. Das sind die von Ihnen genannten darüber darf man sich keine Illusionen machen – auch Felder. auf die Sparkassen. Wir sind der Auffassung, dass diese öffentlichen Kreditinstitute einen öffentlichen Auftrag Es gibt andere Felder, zu denen wir der dezidierten Mei- wahrnehmen. Ich rufe in Erinnerung, dass die großen nung sind, dass die Kompetenzausweitung nicht deutschen Banken des Mittelstandes und der Finanzie- geschehen solle, sondern dass Kompetenzen zurück- rung des Mittelstandes überdrüssig sind und Banken- verlagert werden sollten. Das ist die vernünftige Annähe- Dependancen gründen, wo sich die kleinen Mittelständ- rung. Nehmen Sie das Thema, das wir in den letzten ler wieder finden. Wir brauchen die öffentlich-rechtlichen Jahren bis hinein in die letzten Tage immer wieder inten- Kreditinstitute für die Entwicklung des ländlichen Raums siv diskutiert haben: Es ging um die regionale Struktur- und der Landwirtschaft. politik. Sie forderten im letzten Jahr – ich glaube, Sie haben den Antrag der SPD sogar unterschrieben – dass Wir sind auch der Auffassung, dass das keine Beihilfen vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt werden soll, sind, sondern dass dies ein Ausgleich für den öffentli- wenn die Gebietskulisse auf unter 23% „geschneidert“ chen Auftrag ist, den es auch in Zukunft geben muss. wird. Ich hoffe, Sie erinnern sich daran und unterstützen Deshalb brauchen wir auch keine Nachhilfe in Sachen das auch in Zukunft. Beihilfe. Wir unterstützen – ich hoffe, das tun alle Frak- tionen hier im Parlament – die kompromisslose Haltung Wir haben immer wieder die Konzentrierung der Förder- der Bayerischen Staatsregierung und aller Ministerpräsi- gebiete gefordert, sind aber der Meinung, dass für die denten gegenüber der EU bis hin zu der Drohung, die Länder mehr Freiraum entstehen muss, damit wir unser Reform der EU im Bundesrat zu boykottieren, wenn in eigenes Geld dort ausgeben können, wo wir das für rich- dieser Frage keine vernünftige Regelung gefunden wird. tig halten, damit wir in Bayern gleichwertige Strukturen schaffen können. Würden wir das nicht tun, wären Sie Lassen Sie mich auch eine Bemerkung zu dem Thema die Ersten, die uns mit einer Debatte zur Benachteiligung Beschäftigungspolitik machen, das in der letzten Zeit überzögen. etwas in den Hintergrund getreten ist, und zwar zurecht, weil sich diese Beschäftigungspolitik im Nachhinein als Als weiteres Thema will ich in aller Kürze die Wirtschafts- Luftnummer erwiesen hat. und Finanzpolitik ansprechen. Es handelt sich um das Thema „EU-Steuer“. Die EU-Kommissarin der GRÜ- (Frau Renate Schmidt (SPD): Ich bin froh über das NEN, Frau Schreyer, kam auf die Idee, eine EU-Steuer Programm zur Begrenzung der Jugendarbeitslosig- zu verlangen, weil – die Begründung ist interessant – die keit!) Bürger die Europäische Union gar nicht so recht wahr- nehmen, wenn ihnen nicht unmittelbar in die Tasche Leider bin ich schon am Ende meiner Redezeit. Es gibt gegriffen würde. Dies meint sie, obwohl wir genug Ärger zahlreiche Kompetenz-Konflikte – leider ist Herr Kollege mit der Europäischen Union haben. Diese Position teilen Dr. Köhler nicht mehr da –, deshalb brauchen wir auch in Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2291

Zukunft unsere Wachsamkeit und unseren Widerstand. Mitgliedstaaten die Befugnis, solche beruflichen Tätig- Das schließt nicht aus, dass wir die Felder, in denen wir keiten von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen, die EU brauchen, konstruktiv mitgestalten und nach für die das Geschlecht aufgrund ihrer Art oder der Bedin- vorne bringen. gung ihrer Ausübung eine unabdingbare Voraussetzung darstellt. Dieses Recht müsse aber eng ausgelegt wer- (Beifall bei der CSU) den. Weil der Ausschluss von Frauen vom Dienst mit der Waffe für nahezu alle militärischen Verwendungen gelte, sei dies, nach Auffassung des Europäischen Gerichts- Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als nächstem Redner hofs, keine zulässige Ausnahmemaßnahme. erteile ich Kollegen Ettengruber das Wort. Meine Damen und Herren, in diesem Fall ist nicht ent- Ettengruber (CSU): Herr Präsident, meine Damen und scheidend, ob das generelle Verbot des Dienstes von Herren! Ich wundere mich, dass hier immer wieder ange- Frauen an der Waffe nach bundesdeutschem Recht zweifelt wird, ob diese Diskussion sinnvoll ist und ob sie sinnvoll ist oder nicht. Diese Frage ist zu diskutieren und im Landtag geführt werden soll. wird selbstverständlich unterschiedlich beantwortet. Hier geht es allein darum, ob der Europäische Gerichtshof (Maget (SPD): Welche? – Frau Renate Schmidt befugt ist, diese gesellschaftspolitische Grundentschei- (SPD): Das ist nicht der Punkt! Sie wiederholen die dung anstelle des demokratisch legitimierten nationalen gestrige Diskussion!) Gesetzgebers zu treffen. Diese Frage muss man eindeu- tig verneinen. – Das ist wohl der Punkt, denn es ist die ureigenste Auf- gabe dieses Hauses, sich über alles zu unterhalten, was (Frau Renate Schmidt (SPD): Darin besteht Einver- Auswirkungen auf Bayern hat. Das können wir uns doch nehmen, das habe ich gesagt!) vom Bundestag nicht wegnehmen lassen. Das ist unsere Aufgabe. – Das ist schön, wenn Sie das sagen. Man muss aber deutlich ansprechen, dass solchen Tendenzen entge- (Frau Renate Schmidt (SPD): Das ist doch ein genzuwirken ist. Die Richtlinie, die hier als Rechtsgrund- Abklatsch der gestrigen Diskussion! lage genommen wird, gilt nämlich nur für den Beschäfti- gungsbereich. Bei dieser Entscheidung geht es aber Meine Damen und Herren, entscheidend für die Zukunft nicht um die Regelung des Berufszuganges, sondern es Europas ist zweifellos -- steht die Organisation der Streitkräfte im Vordergrund und die Frage, ob Frauen vom Dienst an der Waffe aus- (Unruhe bei CSU) geschlossen werden sollen oder nicht. Das ist eine gesellschaftspolitische Entscheidung, die allein den Par- Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Das Wort hat Kollege lamenten der Mitgliedsstaaten obliegt und nicht in den Ettengruber. Ich bitte darauf Rücksicht zu nehmen. Anwendungsbereich des Vertrages fällt.

Dieses Urteil ist ein weiteres Beispiel dafür, dass die EU- Ettengruber (CSU): Die europäischen Entscheidungen Organe dazu neigen, bestehende Einzelkompetenzen werden hier, in unserem Land, nur dann Akzeptanz fin- zu überdehnen und unter Berufung auf wirtschaftliche den, wenn eine breite Mehrheit der Bevölkerung die Ent- Auswirkungen versuchen, auch in alle Lebenssachver- scheidungen, die Strukturen und die Bedingungen Euro- halte hineinzuwirken, die ihren Schwerpunkt im nichtwirt- pas akzeptiert. Nur dann wird Europa eine Zukunft schaftlichen Bereich haben. Es gibt eine ganze Reihe haben. Dem wirkt aber entgegen, dass sich Europa von solchen Entscheidungen. So wird beispielsweise Kompetenzen anmaßt, die ihm nach den Rechtsgrundla- versucht, über die Freizügigkeit in den Sport hineinzure- gen nicht zustehen. Ich möchte hier noch einmal auf die gieren, und bei der Gestaltung von Fernsehprogrammen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hinwei- wird unter Bezug auf die Dienstleistungsfreiheit auch sen, wo diese Tendenzen ganz eindeutig zu erkennen diese Rechtsgrundlage überdehnt. Die Folgen sind sind. Ich möchte noch einmal die Diskussion über die Angriffe auf die Gebührenfinanzierung des öffentlich- spektakuläre Entscheidung vertiefen, die zum Thema rechtlichen Rundfunks und Werbeverbote für Tabaker- „Frauen in die Bundeswehr“ getroffen worden ist, denn zeugnisse. dazu hat auch eine intensive Diskussion in der Bevölke- rung stattgefunden. All das sind Beispiele dafür, wie der Europäische Gerichtshof dazu neigt, bestehende Rechtsgrundlagen Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil vom überzustrapazieren und auf diese Weise in Lebenssach- 11.01.2000 entschieden, dass das Verbot des Dienstes verhalte hineinzuregieren. Auch daraus ergibt sich, dass von Frauen an der Waffe gegen die sog. Gleichbehand- es notwendig ist, eine klare, präzise Abgrenzung der EU- lungsrichtlinie verstößt. Es sei zwar Sache der Mitglied- Kompetenzen zu schaffen. Ich hoffe sehr, dass die staaten, so stellt das Gericht fest, geeignete Maßnah- Regierungskonferenz dazu klare Aussagen trifft. men für die Gewährleistung ihrer inneren und äußeren Sicherheit zu treffen und über die Organisation ihrer (Beifall bei der CSU) Streitkräfte zu entscheiden, doch diese Entscheidungen seien nicht dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen entzo- Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als nächstes erteile ich gen. Sicherlich haben, nach Ansicht des Gerichts, die Frau Kollegin Kellner das Wort. 2292 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsi- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) dent, Kolleginnen und Kollegen! Es verwundert nicht, dass Ministerpräsident Stoiber und die CSU die Erklä- Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als nächstem Redner rung der 14 EU-Staaten zur Regierungsbeteiligung der erteile ich Herrn Abgeordneten Herrmann das Wort. FPÖ in Österreich dazu nützen, ihre antieuropäische Gesinnung nach vorne zu bringen. Herrmann (CSU): Herr Präsident, meine Damen und (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Herren! Ich gehe zunächst auf die Bemerkung ein, die der SPD – Lachen bei der CSU) Sie, Frau Kollegin Schmidt, an den Anfang Ihrer Ausfüh- rungen gestellt haben. Wie andere Redner nach Ihnen Herr Stoiber, Sie können sich heute von Haider distan- haben auch Sie darauf hingewiesen, dass über ähnliche zieren, wie Sie wollen, Tatsache ist: Sie haben der ÖVP Fragen gestern im Bundestag debattiert wurde. diese Koalition empfohlen. Haider hat heute keine ande- ren politischen Ziele als 1999, als Sie diese Koalition (Frau Renate Schmidt (SPD): Mit den selben For- empfohlen haben. mulierungen des Herrn Ministerpräsidenten!)

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Dass der Herr Ministerpräsident in seiner geradlinigen Art heute nicht das Gegenteil dessen sagt, was er Die FPÖ verfolgte damals wie heute eine menschenver- gestern im Bundestag ausgeführt hat, ist doch logisch. achtende, ausländerfeindliche Politik. Sie verharmlost den Nationalsozialismus und sie bedient sich der Spra- (Frau Renate Schmidt (SPD): Wir müssen hier und che des Nationalsozialismus. heute aber keinen Aufguss von gestern machen!)

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Nein, das nicht. Vor allem Ihnen ist aber nichts Neues eingefallen. Denn wenn Berlin gesprochen hat, fällt der Das ist hundertfach belegt. Wenn sich Herr Haider dann bayerischen SPD grundsätzlich nichts mehr Neues ein. entschuldigt, macht er im nächsten Halbsatz die selbe Aussage noch einmal, um sich dann, im dritten Satz, (Beifall bei Abgeordneten der CSU – Widerspruch wieder zu entschuldigen. bei Abgeordneten der SPD – Frau Renate Schmidt (SPD): Der Ministerpräsident hat doch die selben (Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Formulierungen verwandt!)

Kolleginnen und Kollegen, so einfach kann man es sich – Das ist kein Anlass, darüber im Bayerischen Landtag nicht machen. Aus meiner Sicht ist es geradezu die Auf- nicht mehr zu diskutieren. Wenn Sie schon sagen, Frau gabe der EU-Staaten, klar und deutlich Stellung zu Schmidt, Sie wollen nicht dauernd über Österreich und beziehen. Haider diskutieren,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Frau Renate Schmidt (SPD): Habe ich das gesagt?) Die starke Reaktion in Frankreich und Belgien kam nicht von ungefähr. Diese Staaten haben doch ihre Erfahrun- sollten Sie wenigstens andere Themen aufgreifen, zum gen mit dem Nationalsozialismus und mit der jüngeren Beispiel die Entscheidung des Europäischen Gerichts- deutschen Vergangenheit gemacht. Herr Ministerpräsi- hofs über Frauen in der Bundeswehr oder Sparkassen in dent, wenn Sie heute die Situation in Italien von 1994 Europa. Doch was tun Sie? Ihnen ist die Energieversor- ansprechen, dann zeigt das doch genau, wie wichtig die gung in Europa nur einen Nebensatz wert, Weiterentwicklung der EU war, und wie wichtig Artikel 6 im Vertrag der Europäischen Union ist, der in der Konfe- (Maget (SPD): Alles in fünf Minuten!) renz von Amsterdam 1997 besiegelt wurde. Dort steht, dass die Grundsätze der Freiheit, der Demokratie und obwohl die Frage, wie es mit der Kernenergie in der Achtung der Menschenrechte die Grundlage für ein Deutschland und Europa weitergeht, für Bayern von zen- modernes, demokratisches, offenes und tolerantes traler Bedeutung ist. Und worum kümmert sich die Euro- Europa sind. päische Kommission? Um die Liberalisierung des Strom- markts in Deutschland, auf den mit Macht französische (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Anbieter drängen, aber nicht um die Liberalisierung des Strommarkts in Frankreich. Das interessiert Brüssel Kolleginnen und Kollegen, das ist das Europa, für das nicht. die GRÜNEN stehen und für das es sich zu kämpfen lohnt. Detailprobleme wie Kompetenzen, Steuerhoheit (Ministerpräsident Dr. Stoiber: Sehr richtig!) oder Mischfinanzierungen, die ohne Zweifel geregelt werden müssen, können nicht in einer einzigen Aktuel- In Frankreich gelten weiter Sonderregelungen und ein len Stunde diskutiert werden, Herr Dr. Bernhard. Dafür Monopol. Es wäre Ihnen unbenommen, sich stunden- müssen wir uns sehr viel Zeit nehmen. Ich bitte Sie bei lang damit zu beschäftigen. allem parteipolitischen Streit über Kompetenzen, das politische Ziel eines Europas der Nationen und Regio- (Frau Renate Schmidt (SPD): Maximal zehn Minu- nen nicht aus den Augen zu verlieren. ten!) Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2293

Aber Sie tun es nicht. Bestreiten Sie doch die nächsten und seinen Ausschüssen behandelt worden wäre. Das Aktuellen Stunden damit. Bislang war bei Ihnen hier nur wäre ein interessanter Inhalt für eine Aktuelle Stunde Fehlanzeige. Wir werden auch in Zukunft Themen, die gewesen. unser Land betreffen und die Menschen bewegen, in den Debatten des Landtags aufgreifen. Denn die Men- Wie halten Sie es denn mit der Beteiligung des Bayeri- schen sollen spüren, dass wenigstens wir uns damit aus- schen Landtags in europäischen Fragen, wie mit der einander setzen. Beteiligung des Ausschusses für Bundes- und Euro- paangelegenheiten, bevor Stellungnahmen der Staats- (Beifall bei Abgeordneten der CSU) regierung hinausgehen? Eigentlich hat das, was die CSU beantragt hat, vermuten lassen, dass solche Fra- Dort, wo dies nicht geschieht, wird Leuten wie Haider gen beantwortet werden. Was heute gelaufen ist, war Vorschub geleistet. Warum hat er in Österreich so aber nur eine Themaverfehlung. Es genügt nicht zu bemerkenswerte Stimmergebnisse? Weil die Leute den sagen, dass etwas geändert werden müsse; man muss Eindruck hatten, dass von anderen Parteien nicht mehr schon die Kompetenzen benennen, die vom Bundestag richtig aufgenommen wird, was sie bewegt und worüber und von der Europäischen Union zurückgeholt werden sie sich ärgern. So weit lassen wir es nicht kommen. sollen, und sagen, wie das geht. Geradezu ein Armuts- zeugnis ist es aber, dass Sie, Herr Kollege Ettengruber, (Beifall bei Abgeordneten der CSU) Ihre Rede mit der Bemerkung geschlossen haben, es bleibe zu hoffen, dass die Regierungskonferenz klare Wir wollen eine Europäische Union, in der das Europäi- Aussagen treffe. sche Parlament die Kommission wirklich kontrollieren und Missstände abbauen kann, das heißt, in Brüssel und (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Straßburg muss mehr parlamentarische Demokratie statt immer mehr Bürokratie aufgebaut werden. Wir wol- Wir brauchen eine Änderung der Bayerischen Verfas- len eine Europäische Union, in der München und Mai- sung oder zumindest als ersten Schritt eine Änderung land, Marseille und Manchester die geachtete regionale der Geschäftsordnung des Landtags. Unmissverständ- und föderale Basis einer Gemeinschaft aus Überzeu- lich klar gestellt werden muss, dass Themen, die Europa gung bilden, in der die Regionen nicht mehr zu Zweignie- betreffen und die im Ministerrat auf Bundesebene disku- derlassungen einer Brüsseler Konzernzentrale degra- tiert werden, vorab im Parlament darzustellen sind und diert werden. Und wir wollen eine Europäische Union, in die Staatsregierung den Rat des Parlaments einzuholen der regionale und nationale demokratische Entschei- hat. Andere Länder wie Schleswig-Holstein, Bremen, dungsprozesse geachtet werden und mehr Gewicht Mecklenburg-Vorpommern oder Niedersachsen haben haben als die Parteiinteressen der Sozialistischen Inter- in ihre Verfassungen bereits die entsprechenden Infor- nationale. mationsrechte des Parlaments aufgenommen. Der CSU hätte es gut angestanden, in der heutigen Debatte eine (Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und ähnliche Rechtsänderung anzuregen. beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Diskutiert hätte heute auch über den Artikel 23 des Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als letztem Redner Grundgesetzes werden können, der den Ländern, ver- erteile ich Herrn Kollegen Güller das Wort. mittelt über den Bundesrat, durchaus ein Mitsprache- recht in einigen Angelegenheiten gibt, über die vom Güller (SPD): Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bund Entscheidungen gegenüber den europäischen Die letzten beiden Wortbeiträge von CSU-Rednern hat- Institutionen abgegeben werden. Allerdings sind im Arti- ten leider nur einen einzigen Inhalt: Warum es sinnvoll kel 23 des Grundgesetzes die Länderparlamente nicht ist, heute noch einmal das Gleiche zu sagen, was im expressis verbis genannt. Dass die Länder bei der Deutschen Bundestag bereits gestern gesagt wurde. Abstimmung im Bundesrat bisher nicht an die Entschei- dungen ihrer Parlamente gebunden sind, ja sie nicht ein- (Dr. Bernhard (CSU): Das tut euch weh!) mal beteiligen brauchen, wäre eine Diskussion wert gewesen. Die Fragestellung hätte eigentlich auf etwas anderes schließen lassen. Denn der letzte Teilsatz lautet: Herr Ministerpräsident, Sie haben die CSU gelobt und „Schlussfolgerungen für Bayern„. Welche Schlussfolge- gesagt: Ihr seid bei der Diskussion über die Rückholung rungen ziehen Sie aber aus den von Ihnen kritisierten von Gesetzgebungskompetenzen so weit vorn. Ich darf angeblichen Kompetenzüberschreitungen der europäi- daran erinnern: Die Partei, die dieses Thema auf die schen Institutionen? Welche daraus, dass tatsächlich Tagesordnung dieses Hauses gebracht hat, war nicht die immer mehr Kompetenzen von den Ländern auf den CSU, sondern das war die SPD, indem Sie die Enquete- Bund und von dort auf Europa übertragen werden? Kommission zum Thema Föderalismus beantragt und genau diese Fragen aufgeworfen hat. Derzeit sitzen eine Ein guter Einstieg in die Thematik wäre gewesen, dar- ganze Reihe von Leuten über der Arbeit, sich konkrete über zu diskutieren, Herr Ministerpräsident, wie man zu Antworten darauf zu überlegen und nicht ein Wischiwa- einer Stellungnahme gegenüber der Europäischen schi, wie gerade Sie es heute abgeliefert haben. Union unter Beteiligung des Parlaments kommen kann, anstatt dass sich nur der Ministerpräsident über Wochen (Beifall bei der SPD und der Frau Abgeordneten hinweg zum Thema äußert, ohne dass es im Parlament Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) 2294 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Das Thema der heutigen Aktuellen Debatte, das nicht Wir alle haben einen Anspruch auf fairen Umfang mitein- wir auf die Tagesordnung gesetzt haben, sondern das ander, den reklamiere ich zumindest für mich und Sie gewählt haben, ist nicht „Wie ist unsere Stellung- ebenso für den Herrn Ministerpräsidenten. nahme zur Regierungsbildung in Österreich?“, sondern „Was sind die Schlussfolgerungen aus den Kompetenz- (Dr. Kaiser (SPD): Schäuble!) erweiterungen der Europäischen Union?“ Dazu hätten wir keinen wortgewaltigen Ministerpräsident gebraucht, – Herr Kollege Kaiser, die Qualität Ihrer Zwischenrufe ist der noch einmal versucht, das Mäntelchen des Verges- nicht besser geworden in der Zeit Ihrer Anwesenheit im sens über seine Empfehlung zu decken, die FPÖ in eine Haus. Regierung mit der ÖVP hineinzuholen. Was wir gebraucht hätten, wäre ein Ministerpräsident, der end- (Dr. Hahnzog (SPD): Wollen Sie wieder gerügt wer- lich einmal das Parlament zur Kenntnis nimmt, der kon- den?) krete Vorschläge macht, wie das Parlament zu beteiligen ist, ein Ministerpräsident, der gesagt hätte: Ich bin bereit, Lassen Sie mich das in Ruhe festhalten. von meiner Staatsregierung aus dieses Parlament stär- ker, als ich es bisher getan habe, an den europäischen Ich habe im direkten Anschluss an die Wahlergebnisse Entscheidungsprozessen zu beteiligen, zu denen wir von Österreich im letzten Herbst unter anderem unter eine Stellungnahme abgeben. vier Augen mit einem Journalisten eines privaten Sen- ders in München ein Gespräch geführt. In dessen Ver- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Frau lauf habe ich diesem Herrn ausdrücklich erklärt, dass die Abgeordneten Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) ÖVP in diesen Tagen wie die SPÖ und alle anderen Par- teien auch ihre Möglichkeiten zur Regierungsbildung auszuloten und zu bereden hat und dass wir auch über Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Ich war etwas voreilig. Fragen der Möglichkeiten einer Regierungsbildung wie Auch die Regierungspartei profitiert von dem zusätzli- auch immer selbstverständlich mit der FPÖ im Gespräch chen Redner. Das Wort hat Herr Kollege Dr. Goppel. sind. Das war ein Gespräch unter Dreien, und das hat, wie Sie wissen, bestimmte Vorzeichen. Dr. Goppel (CSU): Herr Präsident, Hohes Haus, ange- sichts der Tatsache, dass Sie mir vorhin eine Rüge erteilt (Maget (SPD): Sie meinten eben die ÖVP!) haben, bitte ich sehr um Verständnis dafür, dass ich da- rauf bestehe, den Hintergrund auszuleuchten, weil ich – Die ÖVP – „wie die anderen auch“, habe ich gesagt. der Meinung bin, dass diese Rüge eine Folge von Nicht- wissen ist, das in diesem Hause zu einem gewissen Vor- (Dr. Hahnzog (SPD): FPÖ haben Sie gesagt!) gang verbreitet war. – Nein, nein, dass sie auch mit der FPÖ in diesem Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Kollege, das darf Zusammenhang zu reden hat. Unter diesem Gesichts- ich schon sagen: „Übler Verleumder“ ist eine Verbalinju- punkt, dass die ÖVP mit uns redet und dass die ÖVP – rie, die ich zu rügen habe. jetzt sage ich es noch einmal, wenn Sie zuhören könn- ten, wäre es vielleicht besser – – (Beifall bei Abgeordneten der SPD und beim BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Dr. Hahnzog (SPD): Ich habe genau zugehört!)

– Nein, das haben Sie nicht. Dr. Goppel (CSU): Herr Präsident, ich habe bisher noch gar nichts über die Qualität oder die Zulässigkeit der (Dr. Hahnzog (SPD): Ich habe genau gehört, dass Rüge gesagt, sondern Sie lediglich gebeten, auch in der Sie „FPÖ“ gesagt haben!) Öffentlichkeit zur Kenntnis zu nehmen, welches der Hin- tergrund meiner Anmerkung war. Sie haben doch schon kommentiert, während ich gere- det habe. Seit wann können Sie den Kommentar vor Ich habe nicht vor, Ihre Rüge zu rügen – das steht mir dem Zuhören sprechen? Es wäre ganz lieb, wenn Sie auch nicht zu. das bleiben lassen könnten.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): So weit Von der Vorgabe, die wir fest hier finden, ist also diese kommts noch!) kurze Äußerung gegenüber dem Journalisten erfasst, und als ich im Anschluss daran merkte, dass er sie wider Aber es steht mir ausdrücklich zu, Ihnen zu erklären, die Vereinbarung verbreitet hat, habe ich es ihm unter- weshalb Ihre Schlussfolgerung womöglich voreilig war. sagt. Das hat der Besagte seinerseits ausdrücklich unterstrichen und zugestanden. (Dr. Hahnzog (SPD): Ach Gott!) (Dr. Hahnzog (SPD): Es war aber doch die Wahr- Das bitte ich mir doch zuzugestehen, auch deshalb, weil heit!) es dann im Protokoll festgehalten ist. Das steht mir zu. Diese Bemerkung hat dann vier Monate lang keine Rolle (Dr. Kaiser (SPD): Habt Ihr keine anderen Pro- mehr gespielt, bis sie am letzten Donnerstag im bleme?) Anschluss an eine Diskussion zwischen Herrn Maget Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2295 und mir im Bayerischen Fernsehen von Herrn Maget Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Kollege, das instrumentalisiert wurde. Ich habe ihm dann gesagt, ändert nichts an dem Umstand, dass Verbalinjurien dass seine Information nicht der Wahrheit entspreche hier im Haus nicht durchgehen. Daran werden sich und auch die Art und Weise des Umgangs und was dazu alle zu halten haben, auch wenn die Gefühle hoch- gehört, den allgemeinen Vorschriften nicht entspreche – gehen. um es ganz vorsichtig auszudrücken und mir keine wei- tere Rüge einzuhandeln. Ich habe es dort ziemlich unflä- (Beifall bei der SPD und der Frau Abgeordneten Eli- tig kommentiert. sabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Kollege Maget hat gesagt, er nehme das zur Kennt- Das ist so und deswegen bleibt es dabei. nis. Er wolle mir auch nur sagen, dass der Journalist an dieser Stelle dann eben nicht fair spiele. Die Aktuelle Stunde ist damit jedenfalls beendet. Ich lasse jetzt noch über den mitberatenen Dringlichkeits- (Dr. Hahnzog (SPD): Er hat also vorher die Wahrheit antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- gesagt?) NEN, Drucksache, 14/2914, abstimmen. Wer dem Dringlichkeitsantrag zustimmen möchte, den bitte ich Ich war mir eigentlich mit ihm einig, dass das kein neues um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des Thema zu werden braucht. BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD. Gegen- stimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die Fraktion der Dass Sie das, obwohl Sie wussten, dass die Vorgehens- CSU. weise des Journalisten alles andere als in Ordnung und auch fachlich nicht gerechtfertigt war, obwohl Sie von mir (Frau Renate Schmidt (SPD): Wir haben die Mehr- wussten, dass die Äußerung nicht gefallen ist, heit! Der Antrag ist angenommen!)

(Maget (SPD): Das habe ich mir aber bestätigen las- – Ich habe Mühe. sen!) (Maget (SPD): Angenommen, eindeutig!) obwohl Sie von mir wissen, dass ich dagegen auch mas- siv vorzugehen bereit bin, im Plenum in meinem Ange- Wenn ich einmal unterstelle, dass alle Mitglieder der sicht und nach meinem Widerspruch ein zweites Mal Staatsregierung, die dem Hohen Haus angehören, unten wiederholt haben, das hat mich zu der Schlussfolgerung gesessen wären, dann brauche ich, glaube ich, nicht geführt, die der Herr Präsident gerügt hat. ganz so genau nachzuzählen. Dann ist der Antrag wohl abgelehnt. – Ich sehe, dem wird nicht widersprochen. Bitte noch einmal: Wer im Wissen um die Unrichtigkeit Dann ist das erledigt. seiner Bemerkung im Angesicht des Beteiligten, im Wis- sen um die Tatsache, dass der Journalist dagegen ver- Ich rufe auf: stoßen hat, Tagesordnungspunkt 2 a (Frau Renate Schmidt (SPD): Das sieht der Journa- list aber anders!) Gesetzentwurf der Abgeordneten Renate Schmidt, Werner Schieder, Nentwig und anderer und Fraktion in einer Diskussion mir persönlich gesagt hat, dass er (SPD) das zur Kenntnis nehme und Widerspruch für gerechtfer- tigt halte, und dann anschließend im Plenum die Gele- Gesetz über die Vergabe öffentlicher Bauaufträge genheit nutzt, das Gegenteil zu wiederholen und den im Freistaat Bayern (Bayerisches Bauaufträge-Ver- Ministerpräsidenten, mich und andere damit in Misskre- gabegesetz – BayBAVG) (Drucksache 14/2638) dit zu bringen, den bezeichne ich so, wie es der Herr Präsident gerügt hat. – Erste Lesung –

(Beifall bei Abgeordneten der CSU) Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. Das Wort hat Herr Kollege Schieder. Ich nehme die Rüge zur Kenntnis, bitte aber auch zur Kenntnis zu nehmen, dass meine Gefühle nicht jede Äußerung in diesem Parlament hinnehmen, Herr Präsi- Werner Schieder (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): dent, auch wenn es Ihnen nicht gefällt. Ich lasse das Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Bevor ich selbstverständlich gelten. Aber nehmen Sie mir bitte etwas zu einigen Details dieses Gesetzentwurfs sage, auch ab, dass ich weiß, wann die Grenze der persönli- möchte ich eine Vorbemerkung zum Thema Wettbewerb chen Beleidigungsfähigkeit überschritten ist. ganz allgemeiner Art machen, weil ich glaube, dass dies die zentrale Überschrift ist, unter der wir dieses Thema (Beifall bei der CSU – Renate Schmidt (SPD): Ich politisch und auch in der juristischen Auseinanderset- müsste Sie jetzt so nennen, wie Sie es vorher zung behandeln sollten. gesagt haben! Aber nachdem ich keine Rüge will, lasse ich es bleiben!) (Allgemeine Unruhe – Glocke des Präsidenten) 2296 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Entschuldigen Sie, Es geht nicht an, dass Unternehmer, die sich gesetzes- Herr Kollege Schieder. Darf ich ausnahmsweise auch widrig oder gegen Tarifverträge verhalten, einen Wettbe- die Anwesenden auf der Regierungsbank bitten, dem werbsvorteil haben. Ein solcher Wettbewerb ist nicht Redner Gelegenheit zu geben, sich verständlich zu gesund. machen. Ich will noch einige Bemerkungen zu den zentralen Vor- (Staatsminister Huber: Der sagt ja nichts!) schriften dieses Gesetzentwurfs machen. Wir schreiben in Artikel 2 vor, dass die mittelständischen Unternehmen – Herr Kollege Huber, das ist schon mehr als dreist. Herr durch die Vergabe in kleinen Losen besonders berück- Staatsminister Bocklet hat so laut mit dem Ministerpräsi- sichtigt werden müssen. Gerade die kleineren und mit- denten gesprochen, dass man den Redner nicht mehr telständischen Bauunternehmer leiden unter dem Druck verstehen konnte. Also nochmals: Ich bitte um Ruhe. des ruinösen Wettbewerbs und können ihm allmählich nicht mehr standhalten. Deswegen haben wir gerade da immer mehr Arbeitsplätze verloren. (Unruhe bei der CSU)

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, Werner Schieder (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir also einige Zeitler? – Anmerkungen zum Thema Wettbewerb. Ich glaube, dass der Wettbewerb auf Märkten ein taugliches und auch ein unersetzliches Instrument ist, wenn der Wettbe- Zeitler (CSU): Herr Kollege, haben Sie, als Sie den Mit- werb die Chance hat, seine positiven Seiten und Effekte telstand erwähnten, an die Firma Holzmann gedacht, zu entfalten. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn und ist Ihnen bewusst, dass mit 200 Millionen Steuergel- es über den Wettbewerb gelingt, in einen Wettbewerb dern, die in den Sand gesetzt wurden, der Wettbewerb um bessere Leistungen zu treten, einen Wettbewerb um zuungunsten der Mittelständler verzerrt worden ist? bessere Ideen, einen Wettbewerb um einen besseren Service. In diesem Zusammenhang kann der Wettbe- werb dann auch seine wohlstandsfördernden Effekte Werner Schieder (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): entfalten. Herr Kollege Zeitler, diesen Zusammenhang können Sie nicht herstellen, weil das mit dem Thema überhaupt nichts zu tun hat. Es gibt aber auch eine negative Seite des Wettbewerbs. Wettbewerb ist negativ, wenn er ruinös wird, wenn es nur noch darum geht, den Wettbewerb durch permanente (Zuruf des Abgeordneten Brosch (CSU)) Unterschreitung bei den Kosten und dann auch bei den Tarifen und Löhnen zu gewinnen. Wenn sich diese nega- Sie wollen vom Thema ablenken. Auch in Bayern gibt es tive Seite des Wettbewerbs in einem Bereich zuneh- zig Firmen, bei denen Sanierungsbemühungen mit Hilfe mend entfaltet, wird er ruinös und ist nicht mehr wohl- staatlicher Gelder gestartet worden sind; Banken, Arbeit- standsfördernd. Dieser Seite des Wettbewerbs muss nehmer und Kunden haben ihren Anteil eingebracht, um politisch entschieden mit allen Instrumenten entgegen- das Unternehmen zu erhalten. Was reden Sie hier getreten werden, die der Gesetzgeber dafür hat. eigentlich für einen Unsinn?

(Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD)

Das ist genau die Situation, die seit einigen Jahren im Wir schreiben in Artikel 2 vor, dass in besonderer Weise Bau herrscht; das muss man gar nicht breit erklären. Es mittelständische Interessen zu berücksichtigen sind. Wir gibt Niedriglöhnerkolonnen, das Unwesen mit den Sub- regeln in Artikel 3 – das ist die zentrale Vorschrift –, dass unternehmen; beständig werden Preise unterboten, so öffentliche Bauaufträge grundsätzlich nur an Unterneh- dass ein ordentlicher und zuverlässiger Unternehmer, men vergeben werden dürfen, die sich an Recht und der sich an die Gesetze und Tarifverträge hält, immer Gesetz halten, die ihrer Steuerzahlungspflicht und ihrer weniger Chancen im Wettbewerb hat. Diesem ruinösen Sozialversicherungspflicht nachkommen und die sich an Wettbewerb muss entschieden entgegengetreten wer- das Entsendegesetz und strikt an die für sie geltenden den. Tarifverträge halten. Das ist eine Kernvorschrift.

Ein Instrument dafür ist das Vergabegesetz, das wir ein- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, bringen; denn die öffentlichen Auftraggeber haben in gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen diesem Zusammenhang eine besondere Verantwortung. Dr. Kaiser? Kein Mensch hat dafür Verständnis, dass öffentliche Auf- träge aufgrund des von mir geschilderten Mechanismus Unternehmen zugute kommen, die sich nicht an Recht Werner Schieder (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): und Gesetz halten und Tarifverträge nicht einhalten. Ich habe zwar nur eine begrenzte Redezeit, aber bitte, Deswegen müssen wir hier eine große Hürde aufbauen. Herr Kollege Dr. Kaiser.

(Beifall bei der SPD) (Brosch (CSU): Der will helfen!) Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2297

Dr. Kaiser (SPD): Herr Kollege Schieder, sind Sie ist. Eine solche Bescheinigung kann logischerweise nur ebenso wie ich der Auffassung, dass die immer wieder von einer dritten Instanz erstellt werden. vorgebrachte Kritik an der Sanierung der Firma Holz- mann scheinheilig ist, zumal man weiß, dass die Bayeri- Ich darf Sie darauf hinweisen, dass es nach dem sche Staatsregierung für Holzmann-Süd eine Auffanglö- Betriebsverfassungsgesetz Aufgabe der Betriebsräte ist, sung mit Hilfe staatlicher Mittel bereits vorbereitet hatte? die Einhaltung von gesetzlichen und tariflichen Bestim- mungen zu überwachen und auf deren Einhaltung zu (Beifall bei der SPD) bestehen. Deshalb schlagen wir vor, der Betriebsrat solle bescheinigen, dass ein Unternehmer die Tarifver- träge einhält. Wenn ein Bewerber diese Bescheinigun- Werner Schieder (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): gen vorlegt, kann er in den Kreis der Bieter aufgenom- Herr Kollege Dr. Kaiser, dem stimme ich zu. Außerdem men werden; das wirtschaftlichste Angebot wird nach sind die nur neidisch, weil Bundeskanzler Schröder die dem Vergaberecht ausgewählt. Wer die Bescheinigun- Sanierung zu Stande gebracht hat. Kohl hat die Lösung gen nicht vorlegt, kann von vornherein vom Gebot aus- solcher Fälle während der 16 Jahre seiner Regierungs- geschlossen werden. zeit nicht geschafft. Darüber hinaus enthält der Gesetzentwurf einige Rege- Mit Artikel 3 stellen wir die Tariftreueerklärung auf eine lungen, damit seine Bestimmungen durchgesetzt wer- gesetzliche Grundlage. Das ist notwendig, weil, wie wir den können. Ein derartiges Gesetz darf nicht nur auf aus vielen Erklärungen des Innenministers wissen, sich dem Papier stehen, sondern muss in der Praxis ange- die Tariftreueerklärung, die es in Bayern auf Druck der wendet werden und braucht deshalb Biss. Wir wollen IG Bau und des DGB im Verwaltungswege gibt, nicht erreichen, dass auf dem Arbeitsmarkt, insbesondere im durchgesetzt hat. Sie ist keine ausreichende Grundlage Bausektor wieder Recht und Ordnung herrscht und der und hat keinen Biss. Die Tariftreueerklärung benötigt Tarif Gültigkeit hat. Wir brauchen einen geordneten eine gesetzliche Grundlage, auch angesichts verschie- Arbeitsmarkt im Interesse unserer kleineren einheimi- dener Urteile, die dazu inzwischen gefällt worden sind. schen Bauhandwerksbetriebe und insbesondere im Die gesetzliche Kompetenz ergibt sich im übrigen auch Interesse unserer Bauarbeiter hier in Bayern. aus dem Vergaberechtsänderungsgesetz, das seit dem 1. Januar 1999 gilt. Diese landesgesetzgeberische Kom- (Beifall bei der SPD) petenz schöpfen wir aus. Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmel- Mit Artikel 4 wollen wir erreichen, dass das Verfahren dung: Herr Brosch, bitte. möglichst unbürokratisch und einfach abgewickelt wird. Der Bieter, der sich um einen öffentlichen Auftrag bewirbt, muss demzufolge schon bei der Abgabe eines Brosch (CSU): Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Gebots Bescheinigungen vorlegen, aus denen der Damen und Herren! Die SPD legt einen Gesetzentwurf öffentliche Auftraggeber ohne weitere Nachforschungen vor, der nicht ganz unproblematisch ist. Herr Kollege ersehen kann, dass es sich um einen zuverlässigen Schieder, in diesem Gesetzentwurf sind Dinge enthalten, Unternehmer handelt. Das ist der Kern des Problems: die eventuell gegen das Verfassungsrecht verstoßen. dass öffentliche Aufträge nur an zuverlässige Unterneh- Sie hätten zumindest erklären müssen, dass der Bun- mer erteilt werden sollen. desgerichtshof einen Vorlagebeschluss gefasst hat.

(Abgeordneter Zeitler (CSU) meldet sich zu einer (Dr. Hahnzog (SPD): Das wissen wir doch; das set- Zwischenfrage) zen wir als selbstverständlich voraus!) – Wunderbar, Herr Kollege Dr. Hahnzog. Meiner Ansicht – Herr Kollege, ich lasse keine Zwischenfrage zu, weil nach sind Sie der Rechtsphilosoph der SPD und derje- meine Redezeit begrenzt ist. Ich bitte jetzt um Fairness. nige, der alles weiß. Aber wenn Herr Kollege Schieder in Gerade Sie sollten sich dieses Themas annehmen. diesem Hause zu einer Versachlichung der Problematik beitragen will, muss er ein paar Dinge erwähnen, auf die (Beifall bei der SPD) ich eingehen will.

Die Bescheinigungen sollen vom Gewerbezentralregi- (Dr. Hahnzog (SPD): Herr Schieder hat mich darauf ster stammen, weil man daraus auf einen Blick sehen hingewiesen!) kann, ob jemand das Entsendegesetz einhält, gegen die Vorschriften gegen illegale Beschäftigung und anderes Ein ähnliches Gesetz, wie es die SPD in Bayern einfüh- verstößt. Das ist eine ganz einfache Handhabung. Wir ren will, gibt es in Berlin. Im Rahmen des Streits über die wollen, dass eine Bescheinigung der Finanzbehörde und Anwendung dieses Gesetzes hat der Bundesgerichtshof der Sozialversicherungsträger vorgelegt wird, dass der einen Vorlagebeschluss gefasst. Das Gesetz wird dem Unternehmer zuverlässig ist, also Steuern und Sozialab- Bundesverfassungsgericht vorgelegt. gaben abgeführt hat. Wir wollen weiter eine Bescheini- gung über die Tariftreue des Unternehmers. Bisher (Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD)) bescheinigt sich der Unternehmer das im Verwaltungs- wege selbst. Es ist kein guter Weg, jemanden sich selbst – Wir machen doch kein Gesetz, damit es später einge- bescheinigen zu lassen, dass er gesetzes- und tariftreu stampft wird. So sind wir nicht, denn dann bescheinigt 2298 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 uns der Bürger bestimmt nicht, dass wir eine vernünftige gern zu. Im Freistaat Bayern haben wir das Problem parlamentarische Beratung durchführen. dadurch geregelt, dass wir nicht auf gesetzgeberischer Ebene tätig geworden sind, sondern eine Verwaltungs- Ich muss Ihnen sagen, warum der Bundesgerichtshof so vorschrift erlassen haben, die wir seit mehreren Jahren entschieden hat. Der Bundesgerichtshof sagt, das Berli- praktizieren. ner Gesetz verstößt gegen ein Bundesgesetz. Der Bund hat im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung im Leider haben sich die Gemeinden im Freistaat Bayern Bereich des Arbeitsrechts ein Tarifvertragsgesetz erlas- nicht so verhalten. Sie haben nicht solche Erklärungen sen. verlangt, wie sie beim Freistaat Bayern gang und gäbe sind. Nur einige größere Städte haben sich angeschlos- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege sen. Brosch, gestatten Sie eine Zwischenfrage? Die bayerische Verwaltungsvorschrift zur Tariftreue- und Nachunternehmererklärung läuft in diesem Sommer Brosch (CSU): Bitte. aus. Es bleibt abzuwarten, wie hier weiter verfahren wird. Deshalb bin ich der Meinung, wir müssen darüber Werner Schieder (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): reden. Wir können heute nicht sagen, wir verabschieden Herr Kollege Brosch, würden Sie die Güte haben, zur einfach ein Gesetz, das sich später als verfassungswid- Kenntnis zu nehmen, dass der Sachverhalt, den Sie rig herausstellt. Herr Kollege Schieder, wir werden das eben schildern, uns sehr wohl bekannt ist? Sie werden alles ausführlich beraten. doch wohl nicht erwarten, dass wir hier einen Gesetzent- wurf zu einem derart wichtigen Thema einbringen, ohne (Beifall bei der CSU) inhaltlich voll kompetent zu sein und zu wissen, was auf diesem Gebiet los ist. Wir werden im Laufe der Geset- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr zesberatungen natürlich klarmachen, warum es trotz der Kollege Dr. Runge. Bitte, Herr Kollege. von Ihnen angesprochenen BGH-Entscheidung Sinn macht, dass der bayerische Gesetzgeber tätig wird. Dr. Runge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsi- (Beifall bei der SPD) dentin, meine Damen und Herren! Vorab will ich eine Bemerkung im Zusammenhang mit der Frage von Herrn Kollegen Zeitler zu Philipp Holzmann machen. Ich Brosch (CSU): Herr Kollege Schieder, ich habe die meine, das war durchaus zu verstehen und durchaus Güte, das zur Kenntnis zu nehmen, was Sie gesagt richtig, wie im Übrigen auch die in der rhetorischen haben, aber ich darf vorlesen: Frage gegebene Antwort des Herrn Kollegen Dr. Kaiser Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hält das berechtigt war. Berliner Vergabegesetz jedoch für verfassungswid- rig. Zunächst fehle dem Landesgesetzgeber für das Wir begrüßen den Vorstoß der SPD-Fraktion. Das Anlie- Tarifrecht eine gesetzgeberische Zuständigkeit. Für gen ist wichtig und richtig. Die Zustände am Bau und am das Arbeitsrecht gebe es eine konkurrierende Arbeitsmarkt für Bauleute sind wenig erfreulich. Das poli- Zuständigkeit des Bundes und der Länder. Da der tische Instrumentarium zur Herbeiführung einer Verbes- Bund mit der Verabschiedung des Tarifvertragsge- serung ist zum einen nur begrenzt gegeben und zum setzes von seiner Kompetenz abschließend anderen nur begrenzt griffig. Ich erinnere an den Gebrauch gemacht habe, sei für ein Landesgesetz 13-Punkte-Katalog von Herrn Schäuble aus dem Jahr kein Raum. Aber auch wenn eine Zuständigkeit des 1996, oder das Arbeitnehmerentsendegesetz, das Landes bestehe, verstoße das Berliner Vergabege- Gezerre um den Mindestlohn. der lange Zeit nicht in setz gegen Bundesrecht, und zwar zum einen Kraft treten konnte. Es gab keine Allgemeinverbindlich- gegen die Bestimmung des Tarifvertraggesetzes keit, weil der BDA nicht zugestimmt hat, und zwar aus über die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen Gründen, die mit dem Bau nichts, aber auch gar nichts und zum anderen gegen das Gesetz gegen Wettbe- zu tun hatten. werbsbeschränkungen. Schließlich begegnet die Regelung insoweit durchgreifenden Bedenken, als Ein Instrument besteht darin, dass die öffentliche Hand der Zugang zum Markt für Straßenbauarbeiten vom durch Nachfrage steuert. In Bayern wurde im Zuge des Land Berlin als marktbeherrschendem Nachfrager Beschäftigungspakts die Tariftreue- und Nachunterneh- davon abhängig gemacht werde, dass sich der Bie- mererklärung eingeführt. In Nordrhein-Westfalen wird ter den Regelungen eines Tarifvertrags unterwirft. Ähnliches über Runderlasse praktiziert. Berlin hat ein Damit wird nach Ansicht des Kartellsenats in die im Gesetz, das allerdings vom BGH in Frage gestellt wor- Grundgesetz geschützte negative Koalitionsfreiheit den ist, nachdem vorher schon die Vergabe im Tief- und eingegriffen. Die Ungültigkeit eines Gesetzes kann Straßenbau nur an tariftreue Unternehmen vom Kam- nur vom Bundesverfassungsgericht festgestellt wer- mergericht moniert worden ist. Das heißt, es gibt Rege- den. lungen in unterschiedlichem Rechtsrang, in unterschied- licher Rechtsqualität. Die SPD will mit ihrem Entwurf Meine sehr verehrten Damen und Herren, dass Sie mehr Verbindlichkeit und einen größeren Geltungsbe- etwas regeln wollen, was für große Teile der bayerischen reich erreichen, was wir für ein wünschenswertes Anlie- Bauwirtschaft überlebenswichtig ist, gestehe ich Ihnen gen halten. Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2299

Nachdem das Berliner Gesetz vor das Bundesverfas- Gründe des Berliner Beschlusses des BGH, KVR 23/98 sungsgericht kommt, geht es darum zu klären, wer – die Begründung liegt seit 9. Februar vor –, verstoße. zuständig ist und inwieweit Bedingungen verankert wer- den dürfen. Wie der Anrufungsbeschluss des Bundesra- (Dr. Hahnzog (SPD): Sie sind doch sonst nicht so tes zum Vergaberechtsänderungsgesetz zeigt, sind die pingelig!) Länder daran interessiert, dass neben Zuverlässigkeit, Termintreue, Leistungsfähigkeit und Qualität noch wei- – Herr Kollege Hahnzog, dies zeigt, dass Sie keine tere Kriterien bei der Angebotsbewertung relevant sein Ahnung von der Schwierigkeit dieses Problems haben. dürfen und als Voraussetzung für die Vergabe anerkannt Schwierigkeit des Problems bedeutet: Wenn eine Ver- werden. gabe aufgrund rechtswidriger Kriterien erfolgt, kann das von einem anderen unterbunden werden, und es können Die SPD-Fraktion hat in der Begründung zu ihrem Schadensersatzforderungen erhoben werden. Das Gesetzentwurf dankenswerterweise Formulierungen bedeutet, dass unter Umständen das gesamte Vergabe- aus dem EU-Grünbuch und aus dem GWB zitiert, die auf system infrage gestellt wird und unabsehbare Scha- die Zulässigkeit oben genannter Forderungen hindeu- densersatzforderungen gegen den Auftraggeber geltend ten. Man wird sich in den Beratungen sicher mit Beden- gemacht werden. Aufgrund der Tariftreueerklärung und ken aus Teilen der Wirtschaft auseinander setzen müs- deren Anwendung sind bereits einzelne Schadenser- sen. Ich erinnere mich, es wurde gesagt, die Transpa- satzklagen anhängig. Das ist keine einfache Situation. renz würde leiden und Vergaben wären leichter manipu- Man kann deswegen nicht so schnell sagen: Machen wir lierbar. Diese Bedenken teilen wir nicht. Ich denke, es eben einmal ein rechtswidriges Gesetz. Ihre Äußerung wird ganz woanders manipuliert. Stichwort: Die Rubrik verrät eine bedauerliche Einstellung des Vorsitzenden „nützliche Aufwendungen“. Auch hier geht es um des Rechtsausschusses des Landtags. Diese Einstel- schwarze Kassen. lung kann ich nicht verstehen.

Wir sind der Meinung, dass die öffentliche Hand als Auf- Meines Erachtens muss es darum gehen – das prüfen traggeber durchaus die Tariftreue abfragen soll. Dabei ist die Fachleute des Innenministeriums mit den anderen die öffentliche Hand nicht nur als Auftraggeber für Bau- Ministerien –, wie wir eine rechtliche Regelung auf den leistungen zu sehen. Neben Vergaben nach VOB wäre Weg bringen können, die den Kriterien des BGH in dem auch an Vergaben nach VOL, VOF usw. zu denken. Für Beschluss vom 25. Januar und der Begründung vom uns wäre wünschenswert, wenn als Kriterium nicht nur 9. Februar entspricht. Die Daten zeigen, dass dies eine die Tariftreue, sondern beispielsweise auch die Ausbil- sehr kurz zurückliegende Entscheidung ist. dungsleistung einzelner Betriebe oder die Frauenförde- rung in einzelnen Betrieben einbezogen würde. Deswe- Es ist auch gesagt worden, dass mit Vertretern der gen werden wir uns an den Beratungen intensiv beteili- Gewerkschaften und der Arbeitgeberseite gesprochen gen. werden soll, um auf diese Weise die Zielsetzung des Gesetzentwurfs in einer rechtlich wirksamen Form ver- folgen zu können. Aber das wird noch eine gewisse Zeit (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) benötigen. Deswegen werde ich mich hier im Moment noch nicht ganz konkret dazu äußern können. Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Um das Wort hat Staatsminister Dr. Beckstein gebeten. Bitte, Herr Staats- Der Beschluss des BGH ist zu einem insoweit ganz ähn- minister. lichen Gesetz ergangen. Wir sind überzeugt, dass der SPD-Gesetzentwurf Regelungen enthält, die in Berlin zu dem Vorlagebeschluss geführt haben. Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ich bitte noch etwas um Geduld, bis die Staatsregierung Gesetzentwurf der SPD hat ein gutes, ehrenwertes Ziel. hier zu einer abschließenden Meinungsbildung kommen Die Staatsregierung hat in der Vergangenheit Tariftreue- wird. Die Zielsetzung ist richtig, aber der Weg ist nach erklärungen und Subunternehmererklärungen von ihren meiner Einschätzung so leider nicht zu beschreiten. Auftragnehmern verlangt. Als für die Oberste Baube- hörde Verantwortlicher habe ich das im Detail natürlich (Beifall bei der CSU) immer wieder verfolgt. Wir haben als der größte Auftrag- geber in diesem Bereich die Dinge umzusetzen gehabt und gesehen, welche Schwierigkeiten es dabei gibt. Es Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es weitere ist uns auch ein großes Anliegen, die Arbeitnehmer Wortmeldungen? – Herr Kollege Dr. Hahnzog, bitte. gerade in der schwierigen Baubranche vor Billigarbeits- kräften zu schützen. Dr. Hahnzog (SPD): Wenn Herrn Dr. Beckstein die Argumente ausgehen, wird er immer ein bisschen unflä- Die Frage, ob der Gesetzentwurf der SPD der Rechts- tig. So war es auch hier wieder. auffassung des BGH entspricht, ist meines Erachtens allerdings – ich sage: leider – eindeutig zu klären. Die Ich möchte Sie daran erinnern, Herr Beckstein, dass Sie Juristen des Innenministeriums – sowohl der Obersten die Kommunen, als diese etwas Derartiges gemacht hat- Baubehörde als auch der Verfassungsrechtsabteilung – ten, zunächst rechtsaufsichtlich beanstandet haben. Erst sagen mir, es könne keinen ernsthaften Zweifel geben, dann sind Sie bei den staatlichen Aufträgen den anderen dass der Gesetzentwurf der SPD gegen die tragenden Weg gegangen. Das ist sehr widersprüchlich. 2300 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Sie haben gesagt, allein die Entscheidung des BGH Allerdings gibt es bei der Umsetzung ein Problem. Die möge der Maßstab sein. Aber das ist einfach unehrlich. neu festgelegten Sätze gelten entsprechend den Fach- Dadurch zeigen Sie, dass Sie die ganze Vergangenheit kenntnissen der Betreuer, die durch Prüfung nachgewie- vergessen. sen sind. Je nachdem, ob der Betreffende eine einschlä- gige Lehre oder ein Hochschulstudium abgeschlossen Im Übrigen handelt es sich hier um einen Vorlagebe- hat, ist diese Entschädigung gestaffelt. schluss. Ein Vorlagebeschluss des BGH kann natürlich nicht ein Gesetz nichtig machen. Er drückt höchstens die Vor dem 1. Januar 1999 gab es andere Kriterien. Damals Überzeugung aus, dass ein Gesetz nichtig ist. Denn die hatte man sich ebenfalls an den Fachkenntnissen orien- alleinige Verwerfungskompetenz hat das Bundesverfas- tiert, allerdings ohne dass diese durch Prüfung nachge- sungsgericht. Es gab schon sehr viele Vorlagebe- wiesen sein mussten. Außerdem hatte man sich an der schlüsse, die jedoch nicht zu diesem Erfolg führten, wie Schwierigkeit des Falles orientiert. ihn das jetzt in Rede stehende Gericht eigentlich beab- sichtigt hat. Die Neuregelung kann nun bedeuten, dass jemand, der bisher 75 DM bekommen hat, jetzt herunterfällt, weil er Sie versuchen hier, sich Ihrer Verantwortung zu entzie- nicht die entsprechende Prüfung hat, beispielsweise auf hen. Aber vielleicht werden Sie im Laufe dieses Gesetz- 35 oder 45 DM. Wir laufen Gefahr, dass ein Großteil der gebungsverfahrens noch ein bisschen klüger. berufsmäßigen Betreuer dadurch abspringt. Wir haben, wie es etliche andere Länder auch getan Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege haben, den Gedanken aufgegriffen, derartigen Betreu- Hahnzog, sind Sie damit einverstanden, dass Ihr Bei- ern eine Nachqualifizierung zu ermöglichen, wenn sie trag, nachdem die Redezeit Ihrer Fraktion abgelaufen fünf Jahre in diesem Beruf tätig waren. Sie müssen also war, als persönliche Bemerkung nach § 110 der eine zusätzliche Ausbildung mitmachen und eine ergän- Geschäftsordnung gewertet wird? zende Prüfung ablegen, um dann wieder einigermaßen angemessen bezahlt werden zu können. (Dr. Hahnzog (SPD): Ja!) Ich glaube, diese Regelung ist im Sinne der Betreuer Die Aussprache ist geschlossen. und des Staates. Daher darf ich Sie bitten, diesen Gesetzentwurf hier in der Beratung zu einem positiven Abschluss zu bringen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wirtschaft, Ver- (Beifall bei der CSU) kehr und Technologie als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Es ist so beschlossen. Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Kollegin Stahl. Ich rufe auf: Frau Christine Stahl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Tagesordnungspunkt 2 b Frau Präsidentin, meine Herren und Damen! Das am 1. Januar 1992 novellierte Gesetz zur Reform des Rechts der Vormundschaft und Pflegschaft für Volljäh- Gesetzentwurf der Staatsregierung rige ist damals in Kraft getreten. Mit ihm wurde eine hun- dert Jahre alte Regelung abgelöst, die nicht immer im eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Aus- Sinne der Betreuten war und auch zu einigen vorschnel- führung des Betreuungsgesetzes (Drucksache len und pauschalen Entmündigungen geführt hatte. 14/2811) Die Rechtsstellung alter, behinderter und psychisch – Erste Lesung – kranker Menschen sollte verbessert werden. Das ist mit immer wieder neuen und wiederkehrenden Änderungen Der Gesetzentwurf wird vom Staatsminister der Justiz durchaus gelungen. kurz begründet. Herr Minister, bitte. In Bayern werden circa 92000 Menschen betreut. An dieser Zahl wird deutlich, dass entsprechende Regelun- Staatsminister Dr. Weiß (Justizministerium): Frau Prä- gen nötig sind. Daher begrüßen wir den Gesetzentwurf, sidentin, Hohes Haus! Der Gesetzentwurf bezieht sich der eine Nachqualifizierung der Betreuerinnen und auf die Vergütung der beruflichen Betreuer. Dafür hatten Betreuer ganz im Sinne der zu betreuenden Menschen wir bisher eine Regelung, wonach die Betreuer entspre- vorsieht. chend der Entschädigung von Zeugen je Stunde zwi- schen 25 und 75 DM bekommen haben. Uns ist die Situation der Behinderten insgesamt ein wichtiges Anliegen. Ich bin überzeugt davon, dass Sie Seit 1. Januar vergangenen Jahres haben wir eine Neu- hier im Haus einer Meinung sind, dass es allein bei die- regelung. Nach ihr gibt es eine Staffelung zwischen 35 sen Änderungen auf Landesebene und auch bei den und 60 DM je Stunde, womit man im Wesentlichen ein- angedachten Änderungen, die jetzt auf Bundesebene verstanden ist. Realität geworden sind, nicht bleiben kann. Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2301

Deswegen möchte ich einen kurzen Hinweis darauf Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist geben, dass Sie sich auch in die Diskussion über das geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat Antidiskriminierungsgesetz für Behinderte einbringen schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für sollten, das im Moment auf Bundesebene bearbeitet Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen als feder- wird. Es nimmt so wichtige Regelungen in Angriff wie die führendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Akteneinsicht für die Betreuten selbst. Einverständnis? – Es erhebt sich kein Widerspruch. Es ist so beschlossen. Ich bin gespannt, inwieweit Sie sich dieser Diskussion stellen werden. Ob die Beispiele in der Vorlage des Justizministers bezüglich der Zahl der Nachzuqualifizie- Ich rufe zur gemeinsamen Beratung die Tagesordnungs- renden tatsächlich stimmt, werden wir sehen. punkte 3 bis 16 auf:

Ein kleines Problem sehe ich in der relativ hohen Gesetzentwurf der Abgeordneten Kellner, Münzel, Summe von 10000 DM, mit der die Fortbildung bezahlt Dr. Dürr u.a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- werden soll. Auch Sie haben sicherlich bedacht, dass NEN) sich eine solche Fortbildung für ältere Personen gar nicht mehr lohnt, weil diese 10000 DM irgendwie vorfi- zur Verbesserung der Ausstattung der bayerischen nanziert werden müssen. Wir werden darüber im Aus- Schulen mit zeitgemäßer Informations- und Kommu- schuss diskutieren. Wir sollten überlegen, ob für diese nikationstechnologie (Drucksache 14/744) Fortbildung im Sinne der zu betreuenden Menschen eine – Zweite Lesung – zinslose Darlehensgewährung möglich wäre. Ich gehe davon aus, dass Sie sich in dieser Frage mit den Betreu- Antrag der Abgeordneten Pfaffmann, Irlinger, Nent- ungsvereinen kurzschließen werden, deren Bedeutung wig u.a. (SPD) von Ihnen leider nicht in ausreichendem Maße berück- High-Tech-Offensive an bayerischen Schulen sichtigt wird. Ich denke dabei an einen Antrag aus dem hier: Bestandsaufnahme der Ausstattung der bayeri- Jahre 1995. schen Schulen mit modernen Kommunikationstech- niken (Drucksache 14/897) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Antrag der Abgeordneten Pfaffmann, Irlinger, Nent- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau wig u.a. (SPD) Kollegin Dr. Fickler. High-Tech-Offensive an bayerischen Schulen hier: Vier-Jahresplan (Drucksache 14/899) Frau Dr. Fickler (CSU): Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der Gesetz- Antrag der Abgeordneten Pfaffmann, Irlinger, Nent- entwurf vom Herrn Justizminister bereits ausführlich vor- wig u.a. (SPD) gestellt wurde, und auch von Seiten der Fraktion BÜND- High-Tech-Offensive an bayerischen Schulen NIS 90/DIE GRÜNEN Zustimmung zu erwarten ist, hier: Einrichtung einer ständigen Sachverständigen- möchte ich mich hier kurz fassen. kommission zur Begleitung einer High-Tech-Offen- sive an bayerischen Schulen (Drucksache 14/902) Die vorgesehene Nachqualifizierung trägt nicht nur den Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes und der weite- Antrag der Abgeordneten Pfaffmann, Irlinger u.a. ren Existenzsicherung der Berufsbetreuer Rechnung. (SPD) Die rund einjährige berufsbegleitende Fortbildung trägt High-Tech-Offensive an bayerischen Schulen auch dazu bei, die Qualität beruflicher Betreuungsarbeit hier: Betreuungskonzept für die Informations- und in Bayern insgesamt über das erreichte Maß hinaus zu Kommunikationstechniken an den Schulen (Druck- fördern. Frau Kollegin Stahl, was den Betrag von sache 14/905) 10000 DM betrifft, denke ich, dass wir dieses Thema ausführlich in den Ausschüssen diskutieren werden. Ich Antrag der Abgeordneten Glück, Prof. Dr. Stockin- beantrage daher die Überweisung des Gesetzentwurfs ger, Knauer u.a. (CSU) in die Ausschüsse. Schule in der Informationsgesellschaft Förderung der EDV-Ausstattung (Drucksache Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Herr 14/1785) Kollege Dr. Hahnzog. Antrag der Abgeordneten Glück, Prof. Dr. Stockin- Dr. Hahnzog (SPD): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen ger, Knauer u.a. (CSU) und Kollegen! Auch die SPD steht bei diesem Thema mit Schule in der Informationsgesellschaft den Bundesverbänden in Verbindung. Offenbar gibt es Sponsoring (Drucksache 14/1786) auf der Bundesebene noch Handlungsbedarf. Der Bund verweist allerdings auf die noch ausstehenden Stellung- Antrag der Abgeordneten Glück, Prof. Dr. Stockin- nahmen der Länder. Wir werden diese Stellungnahmen ger, Knauer u.a. (CSU) bei der Beratung des Gesetzes im Ausschuss abfragen, Schule in der Informationsgesellschaft damit der Bund einen ausreichenden zeitlichen Rahmen Fortbildung der Lehrer im Einsatz der Informations- zur Verfügung stellt. und Kommunikationstechnik (Drucksache 14/1787) 2302 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Antrag der Abgeordneten Glück, Prof. Dr. Stockin- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ger, Knauer u.a. (CSU) Schule in der Informationsgesellschaft Deshalb haben wir einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit Überblick über geeignete Software (Drucksache dem zwei Ziele verfolgt werden: Investitionen in Compu- 14/1788) ter und in aktuelle Informations- und Telekommunikati- onstechnologien sowie die Systembetreuung sollen in die staatliche Förderung aufgenommen werden. Außer- Antrag der Abgeordneten Glück, Prof. Dr. Stockin- dem soll die schulische Nutzung des Internets mit den ger, Knauer u.a. (CSU) Lernmitteln gleichgestellt werden und zu den gleichen Schule in der Informationsgesellschaft Bedingungen wie der Sachaufwand für die Lernmittel- Betreuung der Datenverarbeitungsanlagen (Druck- freiheit vom Freistaat bezuschusst werden. Unser sache 14/1789) Gesetzentwurf bietet für die Gemeinden Verlässlichkeit, Rechtssicherheit und Finanzmittel. Er entlastet damit die Antrag der Abgeordneten Glück, Prof. Dr. Stockin- Kommunen in nicht unerheblichem Ausmaß. ger, Knauer u.a. (CSU) Schule in der Informationsgesellschaft Wir sind dafür kritisiert worden, dass in unserem Beratung bei der EDV-Ausstattung (Drucksache Gesetzentwurf für den Doppelhaushalt 1999/2000 ledig- 14/1790) lich 15 Millionen DM zur Verfügung gestellt werden. Die- ser Gesetzentwurf läuft schon seit April 1999. Die Antrag der Abgeordneten Glück, Prof. Dr. Stockin- Staatsregierung hat sich gebrüstet, sie hätte für drei ger, Knauer u.a. (CSU) Jahre 60 Millionen DM zur Verfügung gestellt. Wir GRÜ- Schule in der Informationsgesellschaft NEN nehmen diesen Vorschlag der Staatsregierung Bayern Online Kongress 2000 (Drucksache 14/1791) gerne auf und sind bereit, im nächsten Haushalt dafür 60 Millionen DM einzustellen. Wir haben damit kein Pro- blem. Wenn die Staatsregierung sagt, dass sie noch Antrag der Abgeordneten Glück, Prof. Dr. Stockin- mehr Geld übrig habe, sind die GRÜNEN gerne bereit, ger, Knauer u.a. (CSU) die genannten 15 Millionen DM auf 60 Millionen DM zu Schule in der Informationsgesellschaft erhöhen. Weiterentwicklung der Unterrichtsinhalte und -methoden (Drucksache 14/1792) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Antrag der Abgeordneten Glück, Prof. Dr. Stockin- Frau Staatsministerin Hohlmeier hat bezüglich der ger, Knauer u.a. (CSU) Finanzierung und der Haltung der Opposition dazu Schule in der Informationsgesellschaft interessanterweise festgestellt, die Verantwortung für Lehrerausbildung (Drucksache 14/1793) die Finanzierung trage die Regierung und nicht die Opposition. Als Oppositionspartei haben wir einen anderen Anspruch. Wenn wir eine Forderung erheben, wollen wir dafür auch einen Deckungsvorschlag Auf Wunsch der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE machen. Wir machen es uns nicht so leicht, wie es sich GRÜNEN beziehe ich auch die Listennummer 61 der Frau Hohlmeier machen würde, wenn sie in der Opposi- Anlage 4 zur Tagesordnung, in die Beratung ein: tion wäre.

Antrag der Abgeordneten Paulig, Kellner, Münzel (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Nadler und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (CSU): Woher wissen Sie denn das?) NEN) Gleichbehandlung der Systembetreuerinnen und Systembetreuer aller Schularten (Drucksache – Wenn man sich die Vorschläge zur Finanzpolitik 14/2289) ansieht, die Ministerpräsident Dr. Stoiber der Bundes- regierung vorgelegt hat, stellt man fest, dass diese Vorschläge weder Hand noch Fuß haben. Sie haben sich in der Rolle der Opposition überhaupt keine Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die erste Red- Gedanken über die Finanzierung Ihrer Vorschläge nerin ist Frau Kollegin Münzel. gemacht. Frau Hohlmeier hat sich sehr verräterisch ver- halten. Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsi- dentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Staatsregierung Unserer Ansicht nach ist die Initiative der Telekom und die CSU sind der Meinung, Investitionen in die Infor- begrüßenswert, mit der den Schulen ein kostenloser mations- und Kommunikationstechnologie der Schulen ISDN-Anschluss und ein T-Online-Zugang ermöglicht seien eine reine Angelegenheit der Sachaufwandsträ- wird. Der Bayerische Gemeindetag hat in seiner Presse- ger. Wir teilen diese Ansicht nicht. Angesichts der millio- mitteilung euphorisch geschrieben, die Deutsche Tele- nenschweren Investitionen, die auf die Sachaufwands- kom zeige echte Bildungs- und Sozialkompetenz. Diese träger zukommen, und der bekannten Finanznot der Aktion der Telekom sei eine erhebliche Entlastung der Gemeinden machen es sich die Staatsregierung und die Kommunen als Schulaufwandsträger und sei eine Inve- CSU zu leicht. stition in die Schulbildung von morgen. Dem können wir Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2303 uns nur anschließen. Wenn man diese Pressemitteilung Darüber hinaus muss ein Standard gesetzt werden, wie liest, merkt man, dass dem Bayerischen Gemeindetag viel an Computern und Technologie in den Schulen ste- ein Stein vom Herzen gefallen ist. hen soll. Wir gehen dabei von einem PC pro Klassenzim- mer als Mindestausstattung aus und wünschen uns eine Computereinheit für fünf bis zehn Schüler. Ich habe mir die Diskussion noch einmal Revue passie- ren lassen, in der Sie behauptet haben, die bayerischen Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang Gemeinden könnten diese millionenschweren Investitio- gibt es aber eine zweite große Herausforderung, die nen locker schultern. Ich stelle fest, der Bayerische neben der Finanzierung und der Ausstattung nicht ver- Gemeindetag vertritt hierzu eine ganz andere Haltung. gessen werden darf: Diese Herausforderung ist das Unsere Einschätzung der finanziellen Situation der pädagogisch-psychologische Konzept, das zugrunde Kommunen ist die richtige. Auch aus der Sicht der Tele- gelegt werden muss, wenn man mit Computern und kom war dies ein kluger Schachzug; denn wer an T-On- neuer Technologie sinnvoll umgehen will. Man muss line gewohnt ist, bleibt mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Arbeiten mit dem Computer dabei. noch nicht Lernen bedeutet, Kolleginnen und Kolle- gen. Abschließend möchte ich die Staatsregierung auffor- (Beifall bei der SPD) dern, Verhandlungen mit den Unternehmen mit dem Ziel zu führen, den Schulen kostenlos Hardware zur Verfü- Infos per Mausklick bedeuten noch lange kein Wissen. gung zu stellen. Surfen im Internet stellt noch keine soziale Lebenskom- petenz sicher. Hierin liegt eine große, auch politische Herausforderung. Deswegen darf sich die Debatte nicht Es ist sicherlich denkbar, dass angesichts der Vor- nur auf die Finanzierung der Ausstattung konzentrieren, reiterrolle, die die Telekom jetzt eingenommen hat, Fir- sondern muss auch die Frage einbeziehen, was mit den men, die Hardware herstellen, sagen: Das ist eine gute neuen Medien in den Schulen gemacht wird. Idee; wir können damit einen Wettbewerbsvorteil errei- chen. Es ist nichts dagegen zu sagen, wenn dies der Schule, den Schülerinnen und Schülern und der Bildung Eine weitere große Herausforderung ist, dass durch die dient. Nutzung moderner Kommunikationsmittel nicht nur in der Schule, sondern auch zu Hause in den Kinder- zimmern Werte, die bisher gegolten haben, möglicher- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei weise in den Hintergrund treten, Werte wie soziales der SPD) Engagement, sinnvolle Freizeitgestaltung, sportliche Betätigung, Bewusstseinsentwicklung für Gesundheit und Familie, Toleranz gegenüber anderen Menschen. Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmel- Alle diese Dinge müssen weiterhin, Computer hin, Com- dung: Herr Pfaffmann. Bitte schön. puter her, im Mittelpunkt einer Schul- und Bildungspolitik sowohl für die Schule als auch für die Eltern stehen. Das darf nicht vergessen werden. Auch wenn wir noch so Pfaffmann (SPD): Frau Präsidentin, meine Damen und viele Computer haben, ist dies ein Herzstück von Schul- Herren! Die Ausstattung der Schulen mit Computern ist und Bildungspolitik. Die Politik wäre verfehlt, meine sicherlich eine große Herausforderung, nicht nur für den Damen und Herren, wenn Spezialistentum in der Com- Freistaat, sondern auch für die Kommunen. Ich gehe puterei wichtiger wäre oder wichtiger werden würde als davon aus, dass über die Parteien hinweg keiner mehr soziales Engagement oder die Toleranz anderen gegen- bezweifelt, dass die neuen Techniken in Zukunft auch für über. die Schulen unverzichtbar sind, sowohl für die Schullauf- bahn als auch für die spätere berufliche Qualifikation. In Die nächste Herausforderung ist, dass Eltern und Lehrer Zukunft wird ohne Computer nichts mehr gehen. Diejeni- für den Umgang mit diesen neuen Technologien fit sein gen, die sich damit nicht auskennen, werden die Verlie- müssen. Es ist schon etwas witzig, wenn heute schon rer bei dieser Entwicklung sein. Schülerinnen und Schüler in den unteren Klassen mehr über Computer und Internet wissen als Lehrer und Eltern In diesem Zusammenhang haben wir einige Herausfor- zusammen. Hier ist ein großer, auch politischer Hand- derungen zu bestehen. Die erste Herausforderung ist lungsbedarf gegeben. Deswegen sage ich noch einmal: sicherlich die Ausstattung der Schulen. Unserer Mei- Nicht allein die Finanzierung darf zum politisch zentralen nung nach kann es nicht sein, dass es zwischen den Punkt gemacht werden, sondern auch eine flächendek- verschiedenen Schularten Unterschiede gibt – das kende Schulung der Lehrerinnen und Lehrer für die Nut- möchte ich an den Anfang stellen. Zwischen Gym- zung der Computer ist notwendig. nasium und Hauptschule, zwischen Realschule und Berufsschule müssen gleiche Bedingungen für die Das Gleiche gilt, wenn es um die Systembetreuung der Schülerinnen und Schüler herrschen, was die Ausstat- Schulen geht. Es kann nicht sein, dass den Lehrern die tung betrifft. Systembetreuung ohne Ausgleich aufgebürdet wird, wie es momentan der Fall ist. Nein, wir brauchen eine ver- nünftige Ausweitung der Stellen, um Computer in den (Beifall bei der CSU) Schulen auch richtig betreuen zu können. Man kann sie 2304 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 nicht einfach nur hinstellen und wieder gehen, man muss Ich attestiere Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von sie auch langfristig betreuen. der CSU und auch des Bildungsministeriums, Dies ist die größtmögliche bayerische bildungspolitische Innova- Meine Damen und Herren, all dies ist nichts Neues. tion, die nach dem Motto geht: 600 Millionen DM brau- Bereits im Juli 1996 hat die Landtagsfraktion der SPD chen wir, 60 Millionen DM geben wir; es ist uns völlig entsprechende Anträge gestellt, Wurscht, wer den Rest bezahlt. Ich sage Ihnen gleich, wer für diese Politik büßen muss. (Beifall bei der SPD) Die Zeche dieser großen bildungspolitischen Innovation um alle diese Probleme zu lösen. Das war damals schon zahlen nämlich die Kommunen, die diese Lücke zwi- nicht gerade früh, geschah aber immerhin vor fünf Jah- schen 60 Millionen und 600 Millionen DM ausfüllen müs- ren. Was ist nun in diesen fünf Jahren passiert? Die sen, und die Kinder, weil sie in der Entwicklung weit hin- damaligen Anträge wurden 1996 von der CSU abge- terher sein werden, was die Ausstattung in unseren lehnt. Folglich ist auch nichts passiert. Wir stehen auf Schulen betrifft. Meine Damen und Herren, 60 Millionen demselben Punkt wie 1996, haben also eine Entwick- DM und sonst nichts – daran können Sie ablesen, was lung, die in den Kinderzimmern, zu Hause oder in den Ihnen die Kinder wert sind. Das ist nicht die größtmögli- Betrieben stattgefunden hat, in bezug auf die Computer che Innovation für die bayerischen Schulen, meine in den Schulen schlichtweg verschlafen. Damen und Herren.

Aber: Jetzt geht es los. Ende 1999 hat die Bayerische (Beifall bei der SPD) Staatsregierung erkannt, dass bei der Ausstattung ein Riesendefizit vorhanden ist. Man hat versucht, einen Meine Damen und Herren, in Bezug auf die Ausstattung großen Befreiungsschlag zu machen. Damit komme ich mit modernen Kommunikationsmedien ist das die bru- zum beispielhaften Punkt für die größte Innovation der talst mögliche Vernachlässigung der Schulen, um in der Bayerischen Staatsregierung, wie ich meine, der Finan- Sprache Ihrer Freunde aus Hessen zu bleiben. Beispiele zierung der Ausstattung der Computer an unseren Schu- dafür, dass es anders geht, gibt es auch. Ich will sie len. Alle diese Dinge müssen finanziert werden; das ist Ihnen nicht vorenthalten. Die Bundesregierung und die überhaupt keine Frage. Wirtschaft machen es Ihnen vor, aber nicht nur diese, sondern auch die Kommunen. Die Campagne „Internet für alle“, die von der Bundesregierung zusammen mit der Das Kultusministerium selbst, nicht die SPD-Landtags- Computerindustrie durchgeführt wird und im November fraktion oder die Bundesregierung, nein das Kultusmini- 1999 gestartet wurde, legt fest, dass 20000 Computer- sterium selbst schätzt den Gesamtaufwand für eine ver- botschafter der Industrie die Schulen beraten werden. nünftige Ausstattung mit Computern an allen bayeri- Interessant wäre es, zu wissen, ob sich auch der Frei- schen Schulen auf 600 Millionen DM. Dies kann man in staat Bayern um die Teilnahme an diesem Projekt einem kultusministeriellen Schreiben an den Herrn Mini- beworben hat. Innerhalb von 18 Monaten werden 20000 sterpräsidenten nachlesen. Der Bedarf wird von der Schulen mit moderner Technik ausgestattet. Pro Schule Staatsregierung auf 600 Millionen DM eingeschätzt. Wir werden 50000 DM ausgegeben. Für ein modernes lernen aber wieder, dass die Bedarfsberechnungen des Computerset wird diese Initiative ausreichen. Auch dafür Kultusministeriums das Papier nicht wert sind, auf dem herzlichen Dank von unserer Seite aus! sie stehen. Tatsache ist, dass Sie bereit sind, 60 Millio- nen DM zu finanzieren. Meine Damen und Herren, das sind 10% des selbst errechneten Bedarfes, und, um Auch die Telekom macht es Ihnen vor, zugegeben nicht eine Vergleichszahl zu nennen, das sind 0,6% der Pri- ohne Eigeninteresse. Trotzdem ist es etwas wert, dass vatisierungserlöse des Freistaates Bayern. Daran kön- die Telekom 125 Millionen DM bereitstellt, um für alle nen Sie erkennen, was der Bayerischen Staatsregie- Schulen bundesweit kostenlos ISDN-Anschlüsse und rung eine vernünftige, zeitgemäße und bedarfsgerechte Internetzugänge zur Verfügung zu stellen. Ausstattung unserer Schulen mit modernen Medien und Kommunikationsmitteln wert ist, meine Damen und Her- Auch die Kommunen machen es der Bayerischen ren. Staatsregierung vor. Ich verweise auf die Landeshaupt- stadt München, die in einem einmaligen Programm (Beifall bei der SPD) 200 Millionen DM bereitstellt, um die Schulen mit moder- nen Kommunikationstechniken auszustatten. Es ist ja nicht so, dass alle meinen, dass diese 60 Millio- nen DM ausreichen würden. Ich habe mit Freude in (Hoderlein (SPD): Beispielhaft ist das!) einem Artikel in der „Mittelbayerischen Zeitung“ gelesen, dass selbst Mitglieder der CSU-Fraktion diese 60 Millio- nen DM für nicht ausreichend erachten. Herr Donhauser Das ist beispielhaft für ganz Bayern, es sollte auch bei- wird damit zitiert, dass mindestens 100 Millionen DM spielhaft für das bayerische Kultusministerium sein. allein für den Erhalt des technischen Standes notwendig Meine Damen und Herren, davon können Sie sich eine wären. Dies ist ein klares Wort. Ich befürchte aber, dass Scheibe abschneiden. es wieder eine Riesenkluft zwischen Herrn Donhausers Aussage und seiner Durchsetzungsfähigkeit gegenüber (Hufe (SPD): Ihr Münchner, da hört Ihr nicht zu, Staatsministerin Hohlmeier geben wird. wenn München gelobt wird!) Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2305

Ich möchte zu den Anträgen und zum Gesetzentwurf Teil mehr als 15 Computern befindet. 97% der Gymna- noch zwei Sätze sagen. Wir unterstützen den Gesetz- sien, 88% der Realschulen und 74% der Hauptschulen entwurf der GRÜNEN, der Computer als Lernmittel vor- haben bereits Internetzugang. sieht. Wir meinen allerdings, dass diese Lösung nur mit- telfristig durchgeführt werden kann. Dies hindert uns Bayern hat auf diesem Gebiet also eine hervorragende jedoch nicht daran, dass wir eine einmalige Investition Position, was aber noch nicht heißt, dass man diese tätigen müssen, um zunächst einmal die Schulen ver- nicht noch verbessern könnte. Meine Vorredner haben nünftig auszustatten. Im Übrigen möchte ich Sie im Inter- es bereits erwähnt, die Schulaufwandsträger, also die esse der Kinder dieses Landes darum bitten, den Anträ- Kommunen in Bayern, haben hierbei in den letzten gen hier zuzustimmen, damit die Ausstattung etwas Jahren Hervorragendes geleistet. Frau Kollegin Münzel, schneller geht und nicht noch weiter auf die lange Bank wir sind uns beide darin einig, dass Sachaufwand geschoben wird. und Personalaufwand zwei Paar Stiefel sind. Die Kom- munen und der Staat sind hier gefordert und der Staat (Beifall bei der SPD) kann sich nicht darauf berufen, dass für diese Aus- stattung alleine die Kommunen zuständig sind. Die Aus- stattung mit moderner Technik ist eine Gemeinschafts- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich bitte nun Herrn aufgabe, hier sind Staat und Kommunen zusammen Kollegen Sackmann um seinen Beitrag. gefordert.

Sackmann (CSU): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen Nachdem es sich bei dieser Aufgabe eben um eine und Kollegen! Erlauben Sie mir drei kurze Zitate aus Gemeinschaftsaufgabe handelt, haben wir uns dazu aktuellen Zeitungsberichten. „Die Welt“ hat gestern entschlossen, die Kommunen finanziell zu unterstützen. geschrieben – ich zitiere: In der Vergangenheit sind hierbei Pilotprojekte geför- dert worden. Ich erwähne nur einige Stichworte. Im Der Internetanschluss garantiert gar nichts. Er ·Rahmen „Bayern Online“ sind bereits 13 Millionen DM erspart auch den Lehrern nicht die gute alte, harte im Schulbereich ausgegeben worden. Das neue Förder- Bildungsarbeit. programm enthält eine Anschubfinanzierung, mit der in drei Jahresraten insgesamt 60 Millionen DM gewährt Weiter heißt es: werden sollen. Wir von der CSU können es nicht so machen wie mein Vorredner von der SPD, nämlich nur Erst wenn die Grundlagen der Bildung gelegt sind, mehr Geld fordern, ohne einen Deckungsvorschlag zu kann das Internet helfen. machen. Wir können nicht einfach mehr Geld fordern ohne zu sagen, woher das Geld kommen soll, und wir Die „Frankfurter Allgemeine“ hat in ihrem Leitkommentar Haushälter stehen für das Geld auch noch in der Verant- am vergangenen Montag geschrieben: wortung.

Computer in den Schulen führen nicht wie von Interessant ist, dass die Ausstattung der bayerischen selbst zu einer Verbesserung der Unterrichtsqualität Schulen mit den zur Verfügung stehenden 60 Millionen und der Lernleistung. DM fast verdoppelt werden kann. Wir werden damit erreichen, dass die Computer sogar unmittelbar in die Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Her- Klassenzimmer einziehen. Diesen Erfolg sollte man ren, ich glaube, wir sind uns alle darin einig, dass diese sehen, und man sollte nicht nur alles schlechtreden. Zitate zutreffen. Dennoch sind wir uns auch darin einig, dass der Umgang mit dem Computer im 21. Jahrhundert (Frau Radermacher (SPD): Tun wir auch nicht!) die Schlüsselqualifikation darstellt und die Unterrichtung am Computer daher auch notwendig ist. Darüber hinaus Mit der Beschaffung alleine ist es aber nicht getan. Des- haben die neuen Medien natürlich erheblichen Einfluss wegen bitte ich Sie auch darum, dem Antragspaket der auf die Lebensgestaltung und auf die Lebensorientie- CSU zuzustimmen. rung, und dieser Einfluss wird von Tag zu Tag größer. Durch die neuen Techniken haben wir gravierende (Frau Radermacher (SPD): So weit käme es noch!) gesellschaftliche Veränderungen, die natürlich auch Ver- änderungen in der Bildungspolitik hervorrufen und not- Mit diesem Antragspaket wollen wir die Aus- und Fortbil- wendig machen. Sie erfordern Reaktionen in der Bil- dung der Lehrer unterstützen und verbessern, Lernsoft- dungspolitik, um die jungen Menschen zu mehr Medien- ware entwickeln lassen und bereitstellen, wollen die kompetenz zu erziehen. Unterrichtseinheiten verbessern und weiter entwickeln und über geeignete Software Informationen anbieten. Die Grundlage dafür ist die Verbesserung der Ausstat- Darüber hinaus ist geplant, auch die Möglichkeit des tung der Schulen mit neuen Informations- und Kommuni- Sponsorings verstärkt zu nutzen, wobei natürlich nur kationstechniken. Dazu gehört eine angemessene EDV- interessante und geeignete Angebote in den Schulen Ausstattung. Auf diesem Gebiet hat der Freistaat Bayern übernommen werden dürfen. Hierbei sollte auf örtlicher in den letzten Jahren bereits Beachtliches geleistet. Ebene entsprechend flexibel reagiert werden können. Dazu einige Zahlen: Wir haben 5000 bayerische Schu- Ich glaube, dass die 60 Millionen DM, die in unserem len, in denen zur Zeit schon 95000 Computer vorhanden Antragspaket enthalten sind, gut für die zukünftige Ent- sind. Wir haben weiter 3000 weiterführende Schulen, in wicklung Bayerns angesetzt sind. Die notwendigen denen sich jeweils mindestens ein Fachraum mit zum Inhalte der Fortbildung und die Technik finden Berück- 2306 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 sichtigung. Ich bitte Sie deshalb noch einmal um Zustim- schuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt mung zu unseren Anträgen. ebenfalls die Annahme, allerdings mit der Maßgabe, dass der letzte Satz eine neue Fassung erhält. Insofern (Beifall bei der CSU) verweise ich auf die Drucksache 14/2860. – Wer dem Antrag mit der vom mitberatenden Ausschuss für Staats- haushalt und Finanzfragen vorgeschlagenen Änderung Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – ist geschlossen. Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dies ist das gesamte Hohe Haus. Gegenstimmen? – Wir kommen zur Abstimmung. Zunächst lasse ich über Keine. Stimmenthaltungen? – Keine. Dann ist der Antrag den Tagesordnungspunkt 3 abstimmen. so beschlossen. (Wortmeldung des Abgeordneten Willi Müller Die Voten der Ausschüsse zu den übrigen Anträgen lie- (CSU)) gen Ihnen vor. Wer seinem Abstimmungsverhalten beziehungsweise dem jeweiligen Abstimmungsverhal- – Wollen Sie einen Antrag zur Geschäftsordnung stel- ten seiner Fraktion im federführenden Ausschuss für Bil- len? Wir sind eigentlich schon in der namentlichen dung, Jugend und Sport und bei der Listennummer 61 Abstimmung. Wir müssten deshalb klären, ob ein Antrag dem entsprechenden Abstimmungsverhalten im mitbe- auf namentliche Abstimmung überhaupt noch möglich ratenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfra- ist. gen beitreten will, den bitte ich um das Handzeichen. – Dies ist ebenfalls das gesamte Hohe Haus. Gegenstim- (Zuruf der Frau Abgeordneten Narnhammer (SPD) men? – Keine. Stimmenthaltungen? – Keine. Somit – Unruhe) übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich möchte in der Abstimmung fortfahren. Der Abstim- Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle- mung liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache gen, ich rufe die Fragestunde – Tagesordnungspunkt 14/744 zugrunde. Der federführende Ausschuss für 22 – auf, welche nach den Festlegungen des Ältesten- Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt die Ableh- rats von 12.00 Uhr bis 12.45 Uhr stattfinden soll. Die nung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen zustimmen will, 45-minütige Fragestunde wird also von jetzt 12.03 Uhr den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – bis 12.48 Uhr aufgerufen. Ich bitte zunächst Frau Staats- Das ist die Fraktion der CSU. Der Abgeordnete Harten- sekretärin Stewens vom Staatsministerium für Landes- stein ist nicht da. Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt. entwicklung und Umweltfragen um die Beantwortung der ersten Fragen. Erste Fragestellerin ist Frau Kollegin Eli- Besteht damit Einverständnis, dass wir über das Antrag- sabeth Köhler. spaket, mit Ausnahme der Anträge auf den Drucksachen 14/1789 und 14/1790 – Tagesordnungspunkte 12 und 13 –, zu denen keine Voten der Fraktion des BÜNDNIS- Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): SES 90/DIE GRÜNEN zu den Beschlussempfehlungen Frau Staatssekretärin, aus welchen Gründen hat die des mitberatenden Ausschusses für Staatshaushalt und Bayerische Staatsregierung beim Antrag auf Einsatz der Finanzfragen vorliegen, im Rahmen einer Gesamtab- plutoniumhaltigen MOX-Brennelemente in Gundremmin- stimmung Beschluss fassen? – Es erhebt sich kein gen ein atomrechtliches Genehmigungsverfahren mit Widerspruch. Öffentlichkeitsbeteiligung – das heißt, mit Auslegung der Antragsunterlagen, Möglichkeit der Einwendung und Jetzt lasse ich über Tagesordnungspunkt 12 –, das ist Erörterungstermin – durchgeführt, obwohl sie dazu laut der Antrag der Abgeordneten Glück, Prof. Dr. Stockin- Atomgesetz nicht verpflichtet war? ger, Knauer und anderer betreffend Betreuung der Datenverarbeitungsanlagen auf Drucksache 14/1789 –, Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatssekre- abstimmen. Sowohl der federführende Ausschuss für tärin. Bildung, Jugend und Sport als auch der mitberatende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen emp- fehlen eine eigene Neufassung. Auf Wunsch der CSU- Frau Staatssekretärin Stewens (Umweltministerium): Fraktion soll über den Antrag in der ursprünglichen Fas- Frau Präsidentin, sehr geehrte Frau Kollegin Köhler! Im sung abgestimmt werden. Ich stelle deshalb den Antrag Genehmigungsverfahren zum Einsatz von Mischoxid- in unveränderter Form zur Abstimmung. Wer dem Brennelementen – MOX-BE – im Kernkraftwerk Gun- Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Hand- dremmingen II wurde eine Öffentlichkeitsbeteiligung zeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU und des gemäß §§ 4 ff durchgeführt, obwohl nach Abschluss der BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Sachprüfungen festgestellt werden konnte, dass die in Keine. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion der § 4 Absatz 2 der Atomrechtlichen Verfahrensverordnung SPD. Dann ist dies so beschlossen. – AtVfV – genannten Kriterien, zum Beispiel eine Erhö- hung der Reaktorleistung oder des Spaltproduktinven- Ich lasse über Tagesordnungspunkt 13 – Antrag der tars von weniger als 10%, für einen Verzicht auf eine sol- Abgeordneten Glück, Prof. Dr. Stockinger, Knauer und che Öffentlichkeitsbeteiligung vorgelegen hätten. anderer betreffend Beratung bei der EDV-Ausstattung, Drucksache 14/1790 – abstimmen. Der federführende Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Umweltministeri- Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport schlägt die ums zugunsten einer Öffentlichkeitsbeteiligung konnte unveränderte Annahme vor. Der mitberatende Aus- diese Feststellung noch nicht mit ausreichender Sicher- Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2307 heit getroffen werden. Weltweit erstmalig sollte seiner- müssen. Letztlich wurden keine neuen Argumente vor- zeit im großtechnischen Maßstab der Einsatz von MOX- gebracht. Das kostet den Freistaat Bayern Millionen und Brennelementen in einem Siedewasserreaktor geneh- verlängert die Verfahrensdauer um über zwei Jahre. migt werden. Ein Rückgriff auf Erfahrungen mit ver- Angesichts dieser Tatsache bin ich der Meinung, dass gleichbaren Vorhaben war damals nicht möglich. Auch wir uns auf die rechtlichen Grundlagen stützen und in die eigenen Sachprüfungen im Genehmigungsverfahren Bayern nach Recht und Gesetz vorgehen sollten. waren noch nicht so weit fortgeschritten, dass man dar- auf eine belastbare Entscheidung gegen eine Öffentlich- keitsbeteiligung hätte stützen können. Um aus damaliger Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Letzte Zusatz- Sicht einen möglichen Verfahrensfehler im Genehmi- frage: Bitte, Frau Kollegin Köhler. gungsverfahren zu vermeiden und auszuschließen, war deshalb die Durchführung einer Öffentlichkeitsbeteili- Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): gung geboten. Frau Staatssekretärin, sind 40000 Einwendungen denn kein Ausdruck dafür, dass in der Bevölkerung gegenüber Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Erste Zusatzfrage: dieser Technologie große Bedenken bestehen, und müs- Frau Kollegin. sen Sie dem nicht auch Rechnung tragen?

Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staatssekretärin Stewens (Umweltministerium): Frau Staatssekretärin, vor dem Hintergrund der Debat- Ich bin durchaus der Ansicht, dass wir auf die Ängste ten über die Castor-Transporte hat der Vorgänger von und Befürchtungen der Bevölkerung eingehen und die- Umweltminister Dr. Schnappauf dem Landtag immer sen Rechnung tragen müssen. Dies ist für mich keine wieder eine offensive Informationspolitik versprochen, Frage, aber das Handeln muss sinnvoll sein, Frau Kolle- und damit verbinde ich natürlich auch eine Öffentlich- gin Köhler. Eine Genehmigung kommt für uns nur in keitsbeteiligung bei entsprechenden Verfahren. Meine Betracht, wenn die erforderliche Sicherheit weiterhin in Frage ist, ob sich in Ihrem Hause die Politik hinsichtlich vollem Umfang gegeben ist und eine Risikoerhöhung der Transparenz und der Öffentlichkeitsbeteiligung bei ausgeschlossen werden kann. In diesem Fall tragen wir atomrechtlichen Genehmigungsverfahren geändert hat auch den von Ihnen vorgebrachten Bedenken Rech- und ob dies der Grund dafür ist, dass bei dem jetzt nung. anstehenden Antrag die Öffentlichkeit nicht beteiligt wird. Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die nächste Frage stellt Frau Kollegin Paulig. Frau Staatssekretärin Stewens (Umweltministerium): Frau Kollegin Köhler, lassen Sie mich versichern, dass Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Staats- sich unsere Politik im Umweltministerium hinsichtlich der sekretärin, bezüglich des geplanten Baus eines Spei- Transparenz grundsätzlich keineswegs geändert hat. chersees zur Speisung von Schneekanonen im Bereich Die Erfahrung beim Verfahren über den MOX-Einsatz der Kandahar-Abfahrt im Landkreis Garmisch-Partenkir- war besonders eindeutig: Aus den insgesamt etwa chen frage ich die Staatsregierung, wie und in welcher 40000 Einwendungen von Bürgern resultierten im Ver- Form die sicherheitsrelevanten Fragen angesichts von fahren keine neuen Erkenntnisse. Alle Argumente waren ca. 42000 m3ı Wasser über der Ortschaft Garmisch bereits zu Verfahrensbeginn bekannt und im öffentlich geprüft werden, welche Ausgleichsmaßnahmen vorge- ausgelegten Sicherheitsbericht niedergeschrieben. sehen sind und ob Zuschüsse aus öffentlicher Hand, sei Nicht einmal im folgenden Gerichtsverfahren konnten es vom Land, dem Bezirk oder der Kommune, gegeben die Einwender beziehungsweise die Kläger Argumente werden. mit Substanz vorbringen. Demgegenüber standen dann zwei Jahre zusätzliche Verfahrensdauer und mehrere Millionen DM Aufwand. Es gilt, dieses abzuwägen und Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatssekre- auch die rechtlichen Grundlagen zu sehen. Deswegen tärin, bitte. hat sich das Umweltministerium so entschieden. Frau Staatssekretärin Stewens (Umweltministerium): Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es weitere Frau Präsidentin, Frau Kollegin! Im wasserrechtlichen Zusatzfragen? – Frau Köhler, bitte. Verfahren zur Genehmigung des Speicherteichs – das betrifft § 31 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes – wurden unter anderem das Wasserwirtschaftsamt Weil- Frau Elisabeth Köhler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): heim und das Bayerische Geologische Landesamt betei- Frau Stewens, verstehe ich Sie richtig, dass Sie auf- ligt, die als Fachbehörden die geologischen, hydrologi- grund der Erfahrungen bei den MOX-Brennelementen schen und hydraulischen Bedingungen des Vorhabens Angst vor solchen Öffentlichkeitsbeteiligungen bekom- prüften. Die Prüfung ergab, dass die Ergebnisse des von men haben? der Bayerischen Zugspitzbahn AG vorgelegten geolo- gisch-geotechnischen Gutachtens nachvollziehbar sind Frau Staatssekretärin Stewens (Umweltministerium): und damit der Bau des Speicherteichs technisch möglich Sie verstehen mich falsch. Wir haben keineswegs Angst ist. Zur Gewährleistung der notwendigen Sicherheit der bekommen. Wir sind für eine kurze Verfahrensdauer. Es Anlage sind im Bescheidsentwurf folgende Auflagen ent- gab 40000 Einwendungen, die alle abgehandelt werden halten: 2308 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Erstens, die Durchführung von Laborversuchen zur Teile, beispielsweise Osterfelder, Hausberg oder Kreuz- Festlegung der bodenmechanischen Kennwerte des für eck, beschneit werden sollen. den Dammbau vorgesehen Erdmaterials, zweitens, der Nachweis der Standsicherheit des Damms unter beson- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Staatssekre- derer Prüfung der Partnachschichten, drittens, der Nach- tärin. weis der Standsicherheit des Dichtungssystems, vier- tens, die Prüfung der Notwendigkeit einer Sohldrainage, fünftens, die geotechnische Betreuung durch einen Gut- Frau Staatssekretärin Stewens (Umweltministerium): achter. Ich kann im Moment nicht sagen, ob Anträge vorliegen, ich werde dies aber überprüfen. Ich kann dazu nur Überdies hat nach Artikel 69 des Bayerischen Wasser- sagen, dass bei der Erschließung des Garmischer Ski- gesetzes nach Fertigstellung der Baumaßnahmen eine gebiets nicht unberücksichtigt bleiben darf, dass die Bauabnahme zu erfolgen, bei der die bescheidsgemäße Beschneiungsanlagen vor allem zur Sicherung der Aus- Errichtung überprüft wird. tragung von internationalen Wettkämpfen, zum Beispiel dem Ski-Weltcup, errichtet worden sind. Im Übrigen zeigt ein Blick auf die Nachbarstaaten, dass dort die Die Ausgleichsfläche beträgt zirka zwei Hektar. Der land- Genehmigungen wesentlich weniger restriktiv als in Bay- schaftspflegerische Begleitplan für das Vorhaben sieht ern gehandhabt werden. die Wiederherstellung und künftige Pflege von Magerra- senstandorten im Hausberggebiet vor. Darüber hinaus enthält der Bescheidsentwurf die Verpflichtung, den Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Letzte Zusatz- Speicherteich naturnah zu gestalten sowie die Teich- frage: Bitte, Frau Kollegin. wälle mit geeigneten Bäumen und Sträuchern zu bepflanzen. Bei dem zu rodenden Bergwald handelt es Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehen Sie sich um einen reinen Fichtenwald, und daher ist aus angesichts der minimalen Ausübung von Skisport durch naturschutzfachlicher Sicht ein Ausgleich nicht notwen- die Gäste, die länger in Garmisch bleiben – diese betrei- dig. Ich nehme an, dass Sie das wissen, Frau Kollegin ben eine andere Form des Tourismus –, und angesichts der Erwärmung des Klimas die Chance, den Skisport in Eine Gewährung von Zuschüssen ist nicht bekannt. Sie diesem Umfang aufrecht zu erhalten, und teilen Sie würde auch gegen den Beschluss des Bayerischen meine Einschätzung, dass angesichts der Fleckerltep- Landtags vom 03.03.1993 verstoßen. Herr Dr. Hirt von pichmethode – überall wurden Abfahrten erweitert und der Zugspitzbahn AG hat überdies glaubhaft versichert, neue Flächen mit Beschneiungsanlagen versehen – ins- dass keine staatliche oder kommunale Förderung für gesamt konsequenterweise ein Raumordnungsverfah- das Vorhaben beantragt worden ist. ren zur Gesamtplanung dieses Skigebiets notwendig gewesen wäre bzw. sein wird? Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Eine Zusatzfrage: Bitte, Frau Kollegin. Frau Staatssekretärin Stewens (Umweltministerium): Ich bin nicht der Ansicht, dass ein Raumordnungsverfah- ren notwendig ist. Der Bayerische Landtag hat sich Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie spre- intensiv mit der Problematik der Beschneiungsanlagen chen vom Bescheidsentwurf. Bis zu welchem Zeitpunkt und des Fleckerlteppichs beschäftigt. Wenn man einer- kann mit dem Bescheid gerechnet werden, und ist die seits die Genehmigungspraxis des Umweltministeriums Eigentümerfrage angesichts möglicher Haftungsfragen, betrachtet, andererseits aber sieht, wie benachbarte Ski- die auftreten könnten, geklärt? Wer ist der Grundbesit- gebiete in Österreich und der Schweiz aufrüsten, und die zer, wer ist der Besitzer dieses Speichersees, und wer dort herrschenden Verhältnisse mit Oberbayern oder haftet im Falle von Schäden? Schwaben vergleicht, dann kann man die Genehmi- gungspraxis Bayerns nicht kritisieren. Sie haben selbst Frau Staatssekretärin Stewens (Umweltministerium): angesprochen, dass der Anteil der Skiurlauber zurück- Ich habe vom Entwurf gesprochen. Ich kann Ihnen im geht. Moment nicht exakt sagen, wie lange das Verfahren dau- ert. Zu den Besitzverhältnissen, nach denen Sie gefragt (Zuruf der Frau Abgeordneten Paulig (BÜNDNIS haben, werde ich Ihnen schriftlich Bescheid geben. 90/DIE GRÜNEN))

Haben Sie sich schon einmal überlegt, warum der Tou- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Eine weitere rismus zurückgeht? Die Zahl von 10%, die Sie genannt Zusatzfrage. Bitte, Frau Paulig. haben, kann ich jetzt nicht nachprüfen. Fragen Sie ein- mal den Hotel- und Gaststättenverband nach dessen Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Angesichts Meinung dazu. Wir befinden uns in einer Konkurrenzsi- des zwischenzeitlich errichteten Pumphauses mit einer tuation. sehr hohen Pumpleistung frage ich Sie, ob es bei diesem Speichersee ausschließlich bei der Beschneiung von Wir handhaben diese Dinge in Bayern sehr restriktiv. Der Teilen dieser Kandahar-Abfahrt bleiben wird oder ob Schutz des Bergwaldes genießt bei uns hohe Priorität. geplant ist und die Staatsregierung dies geprüft hat, Ich möchte Ihnen, Frau Kollegin Paulig, sagen, dass wir auch angesichts der hohen Wassermenge, ob weitere trotzdem in bestimmten Bereichen, zum Beispiel bei Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2309

Weltcup-Abfahrten, mithalten und unsere Genehmigun- KPMG erklärte, dass die Aufnahme eines Unterneh- gen deshalb nach sorgfältigster Abwägung erteilen müs- mens, das als besonders sparsam gegolten habe, ein sen. Ausnahmefall sei. Deswegen wurde bei der Unterneh- mensgruppe 4 ein Unternehmen, das den geltenden Kostensatz wesentlich nach unten gedrückt hat, als nicht Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich bitte nun den repräsentativ herausgenommen. Dadurch ergibt sich für Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie, diese Gruppe ein Kostensatz von Herrn Dr. Wiesheu, die nächsten Fragen zu beantwor- ten. Der nächste Fragesteller ist Herr Kobler. 21,3 Pfennigen pro Personenkilometer. Alle Beteiligten Kobler (CSU): Herr Staatsminister, treffen die Ankündi- haben das Ergebnis akzeptiert und tragen es mit. Die gungen in den Medien zu, dass das Staatsministerium neuen Kostensätze werden nach einem Übergang – und für Wirtschaft, Verkehr und Technologie beabsichtigt, weil die Regelung hauptsächlich auf das Schuljahr bezo- den Zuschuss für Busfahrten im Öffentlichen Personen- gen ist –, am 01.07.2000 in Kraft treten. Damit haben die nahverkehr (ÖPNV) von derzeit 22,6 Pfennigen auf 19,5 Unternehmen ausreichend Zeit, sich für das neue Schul- Pfennige je Personenkilometer zu kürzen trotz der jahr darauf einzustellen. Das Ergebnis, mit dem alle zusätzlichen Mineralöl- und Ökosteuerbelastungen, und Beteiligten zwar nicht zufrieden, aber einverstanden welche Gründe gibt es hierfür? waren, ergibt sich zwangsläufig aus den Rechnungen. Wir haben keinen Ermessensspielraum, etwas zu ändern. Die Kosten stiegen in den letzten Jahren sehr Staatsminister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministerium): stark. Die bundesweiten Überprüfungen führten zwangs- Die Verkehrsunternehmen transportieren Schüler, Lehr- läufig zu Korrekturen. linge und Studenten zu einem bis zu 25% verbilligten Tarif. Sie erhalten vom Freistaat Bayern einen finanziel- len Ausgleich, der diese Lücke grundsätzlich zur Hälfte Im Übrigen ist die Ausgleichsregelung nicht dazu abdecken soll. Der Berechnung dieses Ausgleichs wer- gedacht, den ÖPNV in der Fläche zu subventionieren, den unter anderem Sollkosten zugrundegelegt, die sich sondern dient grundsätzlich dazu, die Nachteile teilweise an den durchschnittlichen Kosten repräsentativer, spar- auszugleichen, die den Verkehrsunternehmen durch die sam wirtschaftender Unternehmen orientieren. § 45 a Fahrpreisnachlässe im Ausbildungsverkehr entstehen. des Personenbeförderungsgesetzes regelt das. Die Soll- Sie ist daher auch kein beliebig handhabbares verkehrs- kosten werden von den einzelnen Ländern in Kosten- politisches Instrument. Mit den 126 Millionen DM, die wir satzverordnungen festgelegt und in bestimmten Zeitab- zur Förderung des ÖPNV in den Haushalt eingestellt ständen auf ihre Aktualität hin überprüft. haben, hat dies nichts zu tun.

In Bayern werden die Unternehmen in vier Kostensatz- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es Zusatzfra- gruppen eingeteilt: Gruppe 1: Verkehr in den Großstäd- gen? – Herr Kobler, bitte. ten mit über 100000 Einwohner; Gruppe 2: Verkehr in Mittelstädten zwischen 44000 und 100000 Einwohner; Gruppe 3: Verkehr in Kleinstädten bis zu 44000 Einwoh- Kobler (CSU):Herr Staatsminister, können Sie grob ner und Gruppe 4: der Überlandverkehr. beziffern, in welcher Höhe sich der jährliche Zuschuss für diese Maßnahme für ganz Bayern bewegt? Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG hat zur Überprüfung der Kostensätze im letzten Jahr im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums eine bundesweite Staatsminister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministerium): Untersuchung durchgeführt. Nach dem Ergebnis der Die Zahl habe ich nicht da. Sie beläuft sich auf ein paar Untersuchung bleiben die Kostensätze bei der Kosten- Hundert Millionen DM. Gekürzt wird um 11 Millionen DM. satzgruppe 1 mit 38,3 Pfennigen und bei der Kosten- Ich werde die Zahl gerne nachreichen. So weit ich mich gruppe 2 mit 33,5 Pfennigen pro Personenkilometer erinnere, sind das mehr als 200 Millionen DM. Der unverändert. Bei der Kostensatzgruppe 3 erfolgt eine Betrag hat mit den 126 Millionen DM, die wir für den Anhebung des Kostensatzes von 25 Pfennigen auf 31 ÖPNV in den Haushalt eingestellt haben, nichts zu tun. Pfennige pro Personenkilometer. Die Ergebnisse sind also ganz unterschiedlich. Bei der Unternehmensgruppe Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Zusatz- 4 wird der Kostensatz von 22,6 Pfennigen auf 21,3 Pfen- frage: Frau Kollegin Peters. nige pro Personenkilometer abgesenkt. Die KPMG hatte in Bayern für die Unternehmensgruppe 4 einen Kosten- satz je Personenkilometer von 19,5 Pfennigen errech- Frau Peters (SPD): Frau Präsidentin, Herr Staatsmini- net. Dieser Punkt war strittig. ster! Sie haben schon einiges nachgegeben. Wäre ein Landbonus möglich; denn das flache Land ist mehr Aufgrund der Einwendungen, die bei der Verbandanhö- betroffen als die Großstädte, und sehen Sie darüber hin- rung zur Anpassungsverordnung vorgebracht wurden, aus in der Kürzung des Zuschusses einen Zusammen- habe ich zwei Gespräche mit den kommunalen Spitzen- hang mit der sechsstufigen Realschule? Im Haushalt verbänden, den Verkehrsverbänden und dem Finanzmi- sind nur 500000 DM mehr vorgesehen. Im Landkreis nisterium am 25.01.2000 und 07.02.2000 geführt, das Passau kostet die zusätzliche Schülerbeförderung für zweite Gespräch auch unter Beteiligung der KPMG. Die die R 6 480000 DM mehr; das Geld würde also gerade geäußerte Kritik stellte sich als stichhaltig heraus. Die mal für zwei Landkreise reichen. 2310 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Staatsminister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministerium): die Anforderungen der JAR-OPS 1 – aus Landesmitteln Frau Kollegin Peters, Sie bringen bewusst vieles durch- mit einem Regelfördersatz von 40% bezuschusst wer- einander. Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie von die- den. Die Förderung erfolgt im Rahmen der verfügbaren sem Thema so wenig wissen, dass Sie die beiden Berei- Haushaltsmittel. che miteinander vergleichen. Es gibt vier Kostensatz- gruppen, gegliedert nach Großstädten mit über 100000 Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Einwohner, in Mittelstädte mit zwischen 44000 und Staatsminister, heißt das, wenn die Stadt Landshut im 100000 Einwohnern, Kleinstädte und ländliche Gebiete. ersten Halbjahr einen Zuschussantrag stellt, dass sie Die Gruppen werden unterschiedlich behandelt. Die typi- dann in diesem Jahr noch etwas erhält? sierenden Betriebe werden der Berechnung zugrunde gelegt. Es handelt sich um den Vollzug des § 45 a des Personenbeförderungsgesetzes des Bundes. Die Staatsminister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministerium): Berechnungen wurden bundesweit, bezogen auf das Wenn ausreichend Mittel zur Verfügung stehen und die jeweilige Land, angestellt. Die zugrunde liegenden Maßnahme so weit umgesetzt ist, dass Geld zugewie- Resultate wurden in die Anhörung gegeben. Die vorge- sen werden kann, dann ja. Das sind die Voraussetzun- brachte Kritik hat sich als berechtigt herausgestellt. Ich gen. Wir haben 2 Millionen DM im Haushalt, die man habe nicht nachgegeben, sondern es wurde geklärt, dafür verwenden kann. dass ein untypisches Unternehmen als Beispielsfall auf- genommen wurde. Das Ergebnis mussten ich und auch Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Zusatzfra- die Beteiligten akzeptieren. Ich bin verpflichtet, das gen? Frau Kellner, bitte. Ergebnis umzusetzen. Der Bayerische Oberste Rech- nungshof und der Landtag würden mich sicherlich rügen, wenn ich mir ein Ermessen anmaßen würde, das mir Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Herr Staats- nicht zusteht. Mit anderen Themen hat das gar nichts zu minister, bleibt es dabei, dass es für Grunderwerb keinen tun. Sie haben Zusammenhänge hergestellt, die nicht Zuschuss gibt? bestehen, und deswegen die Themen verwechselt. Staatsminister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministerium): Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es weitere Das kann ich momentan gar nicht beantworten, ich Zusatzfragen? Frau Peters, bitte. nehme es aber an. Ich weiß jetzt nicht auswendig, wie die Richtlinien aussehen. Frau Peters (SPD): Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass der Gemeindetag den Landbonus als Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Fragestel- machbar ansieht? ler sehe ich nicht. Dann rufe ich die nächste Frage auf. Herr Dr. Jung, bitte. Staatsminister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministerium): Ich bitte Sie, auf eine Änderung des Personenbeförde- Dr. Jung (SPD): Herr Staatsminister, wird das Bayeri- rungsgesetzes des Bundes hinzuwirken. Reden Sie mit sche Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und Ihren Freunden in Berlin, damit diese das ändern. Das ist Technologie seine mit Ministerschreiben vom die richtige Adresse. 12.01.1999 angekündigte Absicht, eine rechtliche Bin- dung kommunaler Beteiligungsgesellschaften an die VOB unterhalb des jetzigen Schwellenwerts auszuwei- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich rufe die näch- ten, nach wie vor aufrecht erhalten, wann ist gegebenen- ste Frage auf. Herr Kollege Hartenstein ist der Fragestel- falls die Einführung und zu welchem Zweck soll dies ler. – Ich kann ihn nicht sehen. Die mündliche Anfrage erfolgen? verfällt. Die Antwort wird dem Fragesteller schriftlich zugestellt. Nächste Fragestellerin: Frau Kollegin Kellner, bitte. Staatsminister Dr. Wiesheu (CSU): Das Staatsministe- rium für Wirtschaft, Verkehr und Technologie strebt wei- terhin an, die kommunalen Beteiligungsgesellschaften Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr bei der Vergabe auch unterhalb des Schwellenwerts zur Staatsminister, ich frage Sie: In welcher Höhe wurde der Anwendung der VOB zu verpflichten. Das innerhalb der Stadt Landshut ein Zuschuss für den Ausbau des Ver- Staatsregierung für die VOB federführende Staatsmini- kehrslandeplatzes Ellermühle zugesagt, bzw. gibt es sterium des Inneren vertritt allerdings, wie bekannt ist, feste Fördersätze für den Ausbau gemäß den Betriebs- eine andere Auffassung. vorschriften JAR-OPS 1? In diesem Zusammenhang will ich auf die gemeinsame Staatsminister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministerium): Anhörung der Ausschüsse für Wirtschaft, Verkehr und Der Stadt Landshut wurde bisher kein Zuschuss für den Technologie sowie für Kommunale Fragen und Innere Ausbau des Verkehrslandeplatzes Landshut-Ellermühle Sicherheit zum Thema „Kommunalwirtschaft und Mittel- zugesagt. Bisher liegt auch dazu kein Antrag vor. Der stand“ hinweisen, die für den 6. April 2000 geplant ist. Verkehrslandeplatz Landshut-Ellermühle ist im Gesamt- Sie soll auch die Frage des Anwendungsbereichs der verkehrsplan als Schwerpunktlandeplatz für die allge- VOB behandeln. Das Ergebnis der Sachverständigenan- meine Luftfahrt ausgewiesen. Dementsprechend kön- hörung bleibt für eine Entscheidung des Ministerrats nen Ausbaumaßnahmen – auch solche im Hinblick auf abzuwarten. Wir wollen sehen, was bei dieser Anhörung Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2311 herauskommt, aber unsere Position ist die, die ich dann, wenn es sich um so genannte Verwaltungsakte mit beschrieben habe. Drittwirkung handelt, die sowohl einen oder mehrere Bürger, z.B. den Bauherrn, begünstigen als auch einen anderen Bürger, z.B. den Nachbarn, belasten, so wie im Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es Zusatzfra- Ausgangsfall die dem Bauwerber vom Landratsamt gen? Herr Dr. Jung, bitte. Ostallgäu erteilte Baugenehmigung.

Dr. Jung (SPD): Herr Staatsminister, das Aufgabenge- Seit dem 01.01.1998 sieht das Baugesetzbuch in § 212 biet Ihres Ministeriums umfasst auch die Wirtschaft. a vor, dass Rechtsbehelfe eines Dritten – also etwa Sehen Sie auch das Problem, dass gerade bei kleinen eines Nachbarn – gegen die Baugenehmigung keine Handwerksbetrieben große Bedenken gegen eine sol- aufschiebende Wirkung haben. Damit wollte der Gesetz- che Ausweitung bestehen? Ich selbst weiß, dass VOB- geber die Möglichkeiten, Bauvorhaben durch Nachbar- Ausschreibungen sehr aufwändig sind und dass davon rechtsbehelfe zu verzögern, einschränken. Dem Nach- gerade kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe barn steht es dann aber offen, beim Verwaltungsgericht überfordert werden. Gerade sie würden unter einer sol- im einstweiligen Rechtsschutz die Anordnung der auf- chen neuen Regelung leiden. schiebenden Wirkung zu beantragen. Diese Möglichkeit hat der Nachbar in dem von Ihnen angeführten Bei- spielsfall aus der Marktgemeide Blonhofen erfolgreich Staatsminister Dr. Wiesheu (Wirtschaftsministerium): wahrgenommen. Erstens. Aus den Erfahrungen, die ich gemacht habe, kann ich sagen, dass VOB-Ausschreibungen, die auf- wändig gestaltet sind, auch einfach gemacht werden Ordnet das Verwaltungsgericht auf Antrag eines Nach- können. Zweitens. Die Handwerkskammern drängen barn an, dass von der Baugenehmigung zunächst nicht darauf, dass die VOB auch auf diesen Bereich ausge- Gebrauch gemacht werden darf, so sind die am Verfah- dehnt wird. Drittens. Die VOB gibt einen klaren Ord- ren Beteiligten einschließlich der Verwaltung an die nungsrahmen, in dem sich der Wettbewerb abspielt. gerichtliche Entscheidung gebunden. Die in Artikel 19 Viertens. Unter den Verfahren der letzten Jahre wegen Absatz 4 des Grundgesetzes enthaltene Rechtswegga- Schiebereien bei den Ausschreibungen befindet sich rantie führt zu einer für alle Beteiligten verbindlichen Ent- kein einziges, bei dem eine öffentliche Ausschreibung scheidung durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit. stattgefunden hat. Die Ausschreibungen waren alle beschränkt, oder die Aufträge wurden freihändig verge- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Erste Zusatzfrage, ben. Man sollte sich deshalb über die Transparenz und Herr Kollege Pschierer, bitte. die Sinnhaftigkeit dieser Verfahren Gedanken machen. Fünftens. Die Einhaltung der VOB auch durch privati- sierte, ehemals öffentliche Untenehmen wurde vom Pschierer (CSU): Wie beurteilt die Staatsregierung die Landtag bereits 1996 gefordert. Irgendwann müssen wir Tatsache, dass das zuständige Verwaltungsgericht im wissen, was wir wollen. vorliegenden Fall das Objekt nicht mit zusätzlichen Auf- lagen hinsichtlich der Nutzungsart oder der Nutzungs- dauer versehen hat, sondern den Bau bei einem Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Fragestel- Gebäude eingestellt hat, das im fast fertigen Rohbauzu- ler sehe ich nicht. Dann danke ich Ihnen, Herr Staatsmi- stand war? nister, und bitte nun den Staatsminister des Inneren, Herrn Dr. Beckstein, um die Beantwortung der nächsten Fragen. Bitte, Herr Pschierer. Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Minister, bitte.

Pschierer (CSU): Herr Staatsminister, trifft es nach Ansicht der Staatsregierung zu, dass im immissions- Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): Herr schutzrechtlichen Verfahren Nachbarn die rechtlichen Kollege Pschierer, Ihnen ist sicher geläufig, dass die Möglichkeiten haben, die Errichtung eines im Interesse Exekutive verwaltungsgerichtliche Entscheidungen zu der gemeinschaftlichen Kulturarbeit geplanten Kultur- beachten hat und dass deshalb eine außerordentliche zentrums über lange Zeit zu verhindern, obwohl Zurückhaltung in der Bewertung verwaltungsgerichtli- Gemeinde, Landratsamt und Regierung nach pflichtge- cher Entscheidungen geboten ist. Die Beteiligten haben mäßer Abwägung der verschiedenen Interessen zu dem aber die Möglichkeit, im Hauptsacheverfahren eine sorg- Schluss gekommen sind, dass das Kulturzentrum Vor- fältige Abklärung herbeizuführen, die über mehrere rang hat – konkretes Beispiel: Marktgemeinde Blonhofen Instanzen gehen kann. Die Frage wird nur durch ein im Ostallgäu? gerichtliches Verfahren eindeutig entschieden werden. Für die betroffene Gemeinde ist es bedauerlich, dass die Verzögerung eingetreten ist. Das Gericht hat aber die Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): Frau Rechte des Nachbarn für wichtig gehalten. Deshalb Präsidentin, lieber Herr Kollege Pschierer, dem einzel- müssen alle Beteiligten diese Entscheidung beachten. nen Bürger ist es in Artikel 19 Absatz 4 des Grundgeset- zes verfassungsrechtlich garantiert, gegen ihn bela- stende Entscheidungen der Verwaltung den Rechtsweg Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Einen neuen Fra- zu beschreiten. So sieht § 42 Absatz 1 VwGO vor, dass gesteller sehe ich nicht. Dann rufe ich die nächste Frage- gegen einen belastenden Verwaltungsakt Anfechtungs- stellerin auf: Frau Werner-Muggendorfer. Ich sehe sie klage erhoben werden kann. Dies gilt insbesondere auch nicht. Dann ist jetzt Frau Kollegin Gote dran. Bitte. 2312 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Frau Gote (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Staatsmi- Bezug – ich denke etwa an die Universität – besonders nister, ist der unter dem Punkt „Aktuelles, Terminplanung geeignet. der Ortsverbände für die OB-Wahl“ – Stand Anfang Februar 2000 – auf der Homepage „ www.thomas-ebers- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage, Frau berger.de“ des Bayreuther OB-Kandidaten Thomas Kollegin Peters. Ebersberger, CSU, zu findende Eintrag „03.03.2000, 12 Uhr, Öffnung des Durchgangs Neues Schloss/Regie- rung, Ludwigstraße, Staatssekretär Regensburger, Man- Frau Peters (SPD): Herr Staatsminister, trifft es zu, dass datsträger“ als Wahlkampfhilfe der Staatsregierung für das Europäische Parlament der Errichtung der Europäi- den CSU-Kommunalpolitiker zu deuten, werden die Bau- schen Akademie für innere Sicherheit bereits zuge- kosten für den entsprechenden Durchgang und die stimmt hat, wie viele Lehrpersonen könnten dort Kosten der Veranstaltung von Seiten der Staatsregie- beschäftigt werden, und wie viele Arbeitsplätze würden rung übernommen, und wie ist der Umstand zu erklären, dort entstehen? dass Mandatsträgerinnen und Mandatsträger anderer Parteien als der CSU bisher weder öffentlich über diesen Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsmini- Termin informiert noch dazu eingeladen wurden? ster.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Minister, Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): Das bitte. Europäische Parlament hat dem Antrag des CSU-Abge- ordneten Posselt zugestimmt und sich damit grundsätz- Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): Frau lich für eine Europäische Akademie für innere Sicherheit Präsidentin, Frau Kollegin Gote, es ist richtig, dass eine ausgesprochen. Auf europäischer Ebene scheint man Öffnung des Durchgangs Neues Schloss/Regierung von dabei von einer virtuellen Akademie mit Koordinierungs- Oberfranken erfolgen soll. Der feierliche Akt hierzu findet funktion auszugehen. Weiter gehendere Planungen sind jedoch nicht am 3. März 2000, sondern am 29. Februar der Staatsregierung nicht bekannt. Ich bezweifle auch, 2000 statt. Die Eröffnung soll durch Herrn Staatsminister dass sie in Brüssel bereits vorliegen. Prof. Dr. Faltlhauser und nicht durch Herrn Staatssekre- tär Regensburger durchgeführt werden. Ihre weiteren Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Zusatz- daran anknüpfenden Fragen dürften sich damit erledigt frage, Herr Kollege Dr. Waschler. haben. Dr. Waschler (CSU (vom Redner nicht autorisiert): Herr Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Gibt es Zusatzfra- Staatsminister, haben Sie Kenntnisse darüber, wer sich gen? Das sehe ich nicht. Dann ist die nächste Fragestel- für die Errichtung der „Europäischen Akademie für lerin Frau Peters. Bitte. Innere Sicherheit“ bisher eingesetzt hat, welche treiben- den Kräfte in Ostbayern tätig waren und welche Parteien sich bisher nicht für eine Vergabe nach Ostbayern einge- Frau Peters (SPD): Herr Staatsminister, ich frage Sie, setzt haben? ob es bereits konkrete Vorstellungen über Art, Finanzie- rung und Realisierung der von Ihnen beim CSU-Neu- jahrsempfang angekündigten „Europäischen Akademie Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsmini- für Innere Sicherheit“ gibt, für die Sie sich Passau in ster. einer „Favoritenrolle“ als Standort vorstellen können, und in welchem Zeitraum soll sich die Umsetzung dieser Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): Die Einrichtung abspielen? Errichtung einer Europäischen Akademie für innere Sicherheit ist auf einen Vorschlag des CSU-Abgeordne- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsmini- ten Posselt im Europäischen Parlament zurückzuführen. ster, bitte. Ich gebe zu, dass ich hinsichtlich der Erfolgsaussichten eines derartigen Antrags skeptisch war.

Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): Frau Aus der ostbayerischen CSU sind von Deggendorf bis Präsidentin, Frau Kollegin Peters, bei der „Europäischen Passau – fast möchte ich sagen: bis über die Grenze der Akademie für Innere Sicherheit“ handelt es sich um eine Lästigkeit hinaus – massive Pressionen gemacht wor- Planung der EU, die auf Vorschlag des Europaabgeord- den. Der Ihnen bestens bekannte Kollege Dr. Waschler neten Posselt vom Europäischen Parlament unterstützt hat wie andere Kollegen aus dem Passauer und Deg- wird. Die derzeitigen Überlegungen bei der EU bewegen gendorfer Raum mehrfach gefordert, dass die Akademie sich mehr in Richtung auf eine virtuelle Einrichtung, wie in jedem Fall in Ostbayern errichtet werden müsse. Im ich bereits in der von Ihnen angesprochenen Veranstal- Rahmen einer Veranstaltung in Passau habe ich darge- tung erklärt habe. legt, dass es noch keine konkrete Standortplanung für eine virtuelle Akademie, was immer man sich darunter Wenn ein konkreter Standort für eine derartige Einrich- vorstellen mag, gibt. Ohne das im Detail innerhalb der tung gesucht wird, setzt sich das Innenministerium nach- Staatsregierung abgestimmt zu haben, kommt Passau drücklich für eine Errichtung in Bayern ein. Passau ist für mich sowohl aus geografischen Gründen, d. h. durch seine geografische Lage und seinen europäischen wegen seiner Verbindungen nach Österreich und in die Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2313 tschechische Republik, als auch aus inhaltlichen Grün- kend ausgerückt, und gibt es eine Anweisung des Innen- den, d. h. wegen der europäischen Ausrichtung der Uni- ministeriums, nach der ab 20 Uhr in der Regel keine versität Passau, als Standort infrage. Streufahrzeuge mehr auszurücken haben?

Die Staatsregierung wird in den europäischen Gremien Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsmini- immer wieder darauf hinweisen, dass Bayern besonders ster. gute Voraussetzungen für die Errichtung einer Europäi- schen Akademie für innere Sicherheit hat; denn Bayern gehört unbestrittenermaßen zu den führenden Ländern Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): Frau Europas im Bereich innere Sicherheit. Darüber hinaus Präsidentin, Frau Kollegin Naaß, die Unfalldaten für trägt Bayern eine Vielzahl von Unterstützungsmaßnah- Unfälle mit Sachschäden einer gewissen Größenord- men für osteuropäische Länder, zum Beispiel für die nung und für Unfälle mit Personenschäden, so auch die tschechische und die ungarische Polizei. Planungen hin- in der Nacht von Sonntag, den 13.02.2000, auf Montag, sichtlich der Standortwahl und Angaben darüber, wie den 14.02.2000, werden von den örtlichen Polizeidienst- viele Mitarbeiter eingestellt werden, sofern es sich nicht stellen monatlich jeweils nach Monatsende dem Innen- um eine zusätzliche Tätigkeit handelt, die vorhandene ministerium gemeldet. Eine summarische und auch spe- Mitarbeiter nebenher übernehmen könnten, sind auf zifische Auswertung der Anzahl der Unfälle für Bayern europäischer Ebene derzeit noch nicht fixiert. bzw. für Mittelfranken ist demnach erst bis zum 20. des Folgemonats, in diesem Fall bis zum 20.03.2000, mög- lich. Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Letzte Zusatz- frage, Frau Kollegin Peters. In Mittelfranken war es wie in den meisten Teilen Bay- erns am Sonntag den ganzen Tag über bis in die Abend- Frau Peters (SPD): Herr Staatsminister, hat ihre Stand- stunden regnerisch. Die Temperaturen hielten sich bis in ortankündigung die gleiche Qualität wie seinerzeit bei die Abendstunden über dem Gefrierpunkt. Auch die mit- der Ankündigung der Multimedia-Akademie am Ascher- telfristigen Wettervorhersagen ließen eine Glättegefahr mittwoch vom Ministerpräsidenten, die bekanntlich dann nicht voraussehen. Bis zu den Hinweisen der Polizei auch nicht nach Passau gekommen ist? waren dort noch keine Anzeichen für überfrierende Nässe zu erkennen. Auf diese Hinweise haben die Stra- ßenmeistereien im Bereich des Straßenbauamtes Ans- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsmini- bach, aber auch des Straßenbauamtes Nürnberg jedoch ster. schnellstens reagiert und zunächst ihre Belegschaft zur Durchführung des Winterdienstes auf die Strecken beor- Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): Dass dert. Anschließend wurde von den Meistereien im Sie nicht auf dem CSU-Neujahrsempfang waren, Frau Bereich des Straßenbauamtes Ansbach sogar die Peters, war ein großer Fehler; denn dort habe ich darauf gesamte Belegschaft zur Durchführung von flächendek- hingewiesen, dass die Europäische Union mit den Pla- kenden Streueinsätzen gerufen. Dies stellt jedoch einen nungen noch nicht sehr weit ist. Gleichwohl unterstützt Ausnahmefall dar und geht weit über das so genannte die Staatsregierung das Ansinnen, eine Europäische Anforderungsniveau Winterdienst und die sonst zur Ver- Akademie für innere Sicherheit einzurichten. Wenn es fügung stehenden Möglichkeiten hinaus. Die Fahrbah- um die Standortfrage geht, wird sie sich lautstark bewer- nen waren im Bereich Ansbach flächendeckend bis circa ben. Es ist besser, sich frühzeitig zu melden, als später 1.00 Uhr abgestreut. feststellen zu müssen, dass der Zug abgefahren ist. Die Qualifizierung von Passau war auch deshalb wichtig, Das Anforderungsniveau Winterdienst wurde vom Bun- weil ein Ihnen bekannter Minister aus Mittelfranken im desministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Verdacht steht, alles für Nürnberg haben zu wollen. Im gemeinsam mit den Länderstraßenverwaltungen erstellt. vorliegenden Fall hält es dieser Minister aber aus sachli- Es zielt darauf ab, den Winterdienst vor allem mit wirt- chen Gründen für sinnvoll, Passau eine gewisse Präfe- schaftlich vertretbarem Aufwand zu erfüllen und gleich- renz zu geben. In anderen Fällen wird das sicher wieder zeitig dem gesetzlichen Auftrag gerecht zu werden. Die- zu korrigieren sein. ser verlangt Räumen und Streuen nach besten Kräften, legt aber keine allgemeine Räum- und Streupflicht fest. Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Uns stehen noch Dem Anforderungsniveau Winterdienst entsprechend drei Minuten zur Verfügung. Frau Naaß, reicht Ihnen die werden die Autobahnen rund um die Uhr betreut, d. h. es Zeit? besteht eine 24-stündige Einsatzbereitschaft durch die Organisation eines Schichtdienstes für das Personal. (Frau Naaß (SPD): Das hängt von der Antwort ab!) Das übrige Straßennetz – Bundes- und Staatsstraßen – wird in der Zeit von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr befahrbar Frau Naaß (SPD) (von der Rednerin nicht autorisiert): gehalten, d. h. Räum- und Streufahrzeuge rücken in den Herr Staatsminister, wie viele Unfälle haben sich in der frühen Morgenstunden aus, damit die Straßen rechtzei- Nacht von Sonntag, 13.02.2000, auf Montag, tig bei Einsetzen des Berufsverkehrs um 6.00 Uhr 14.02.2000, aufgrund vereister Fahrbahnen in Bayern befahrbar sind. Ein nächtlicher Streudienst kann wegen und vor allem in Mittelfranken ereignet, warum ist der des fehlenden Personals grundsätzlich nicht eingerichtet Winterdienst vor allem auf den Staats- und Bundesstra- werden. Wegen der notwendigen Ruhepausen steht das ßen trotz Hinweise der örtlichen Polizei nicht flächendek- bei außergewöhnlichen Umständen während der Nacht 2314 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 eingesetzte Personal am nächsten Tag nicht zur Verfü- Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): Wir gung. haben eine klare Regelung: Für die Bundesautobahnen besteht eine 24-Stunden-Bereitschaft der Straßenmei- stereien. Zwischen Bund und Ländern ist abgesprochen, Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Zusatzfrage, die dass eine solche Bereitschaft bezüglich der Bundesstra- Fragestellerin. ßen nur für die Zeit von 06.00 bis 20.00 Uhr besteht. Ich appelliere an alle Straßenverkehrsteilnehmer, bei winter- Frau Naaß (SPD) (von der Rednerin nicht autorisiert): lichen Verhältnissen so zu fahren, dass es zu keiner Herr Staatsminister, halten Sie es für ausreichend, dass Gefährdung kommt. Das bedeutet, man muss eben die Räum- und Streufahrzeuge erst zwischen 22.30 Uhr langsamer fahren. Man muss damit rechnen, dass plötz- und 23.00 Uhr ausgerückt sind, nachdem sich schon liche Schnee- und Eisglätte auftritt. erste Unfälle ereignet haben, Rundfunksender aber schon seit 21.00 Uhr gemeldet hatten, dass in ganz Es ist nicht machbar und wäre auch nicht sinnvoll, für die Nordbayern mit vereisten Fahrbahnen zu rechnen ist? Staatsstraßen eine sehr viel höhere Bereitschaft zu schaffen als für die Bundesstraßen. Für letztere ist die reduzierte Einsatzbereitschaft vereinbart, weil etwas Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsmini- anderes schlichtweg mit erheblichen Kosten verbunden ster. wäre.

Wenn bei dieser außerordentlichen Situation die Wetter- Staatsminister Dr. Beckstein (Innenministerium): vorhersage besser gewesen wäre, wenn man nachmit- Sobald die Meldungen eingegangen waren, wurde das tags bereits gewusst hätte, dass es zu einem Kälteein- Personal alarmiert. Dass an einem Sonntag die Bereit- bruch kommt, dann wären die Straßenmeistereien schon schaft nicht in so kurzer Zeit wie gewohnt aktiviert wer- am Nachmittag alarmiert worden. So war das erst später den kann, dürfte nachvollziehbar sein. Wegen Ihres der Fall, und deshalb sind auch viele Autofahrer von der Unfalls habe ich aber dafür Verständnis, dass Sie nach- Verkehrssituation überrascht worden. Ich nehme an, fragen. dass Sie für diese Bemerkung von mir Verständnis haben. (Frau Naaß (SPD): Es geht nicht um mich allein!) Frau Naaß (SPD) (von der Rednerin nicht autorisiert): Ich habe mir auch sagen lassen, dass Sie vorher mehr- Ob ich Verständnis habe, weiß ich nicht. Aber ich fach Bremsproben gemacht und nichts gemerkt haben. bedanke mich. Deshalb ist das eben relativ plötzlich aufgetreten.

Zweite Vizepräsidentin Riess: Damit ist die heutige Aus meiner Sicht ist die komplette Belegschaft einer Fragestunde beendet. Straßenbaumeisterei relativ schnell ausgerückt, so dass bis 01.00 Uhr die Fahrbahnen im Bereich Ansbach – und (Hofmann (CSU): Schade!) jeder weiß, dass das eine große Fläche ist, die relativ dünn besiedelt ist – flächendeckend abgestreut waren. Wir gehen in die Mittagspause. Die Plenarsitzung Das ist eben die schwierige Situation im Winter, wo wir beginnt wieder um 14.00 Uhr gerade in unserem Flächenstaat besondere Anforderun- gen haben. (Unterbrechung der Sitzung von 12.53 bis 14.01 Uhr) Ich habe also keine Veranlassung, nach den mir gegebe- nen Informationen die örtlichen Straßenmeistereien zu kritisieren. Sie haben flexibel auf die Anforderungen Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Meine sehr verehrten sofort reagiert, konnten aber natürlich nicht an allen Stel- Damen und Herren! Wir kommen jetzt zu den zum Ple- len gleichzeitig die Streuung durchführen. num eingereichten Dringlichkeitsanträgen. Ich rufe auf:

Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Zusatzfrage, Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Renate Frau Naaß. Schmidt, Irlinger, Franzke und Fraktion (SPD) Keine Verteilung von „Schule aktuell“, Ausgabe Februar 2000 (Drucksache 14/2907) Frau Naaß (SPD) (von der Rednerin nicht autorisiert): Herr Staatsminister, mir geht es auch nicht um Kritik an Ich eröffne die Aussprache. – Herr Kollege Franzke. den örtlichen Straßenmeistereien, sondern mir geht es darum – und das ist meine Frage –: Wie können wir für (Franzke (SPD): Zur Geschäftsordnung, Herr Präsi- die Zukunft Vorsorge treffen? Sie haben vorhin das feh- dent!) lende Personal angesprochen. Liegt es vielleicht daran, dass wir zu wenig Personal haben, um auf solche Situa- tionen flexibel zu reagieren ? Wie können wir künftig Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Prä- dafür Sorge tragen, dass die Straßenmeistereien nicht sident, meine Kolleginnen und Kollegen! Es wäre sinn- erst Stunden später, nachdem schon eine Reihe von voll, dass das zuständige Ministerium hier vertreten ist. Unfällen passiert ist, in der Lage sind auszurücken? Da weder Frau Kultusministerin noch Herr Staatssekre- Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2315 tär da sind, sollten wir sie bitten, hierher zu kommen. Der Anlass, warum die Angelegenheit im Parlament Herr Präsident, ich darf Sie bitten, das zu veranlassen. beraten wird, sind die Vorgänge in der Sitzung des Bil- dungsausschusses von letzter Woche. Jeder, der Lust dazu hatte, konnte das Protokoll lesen. Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Es wurde beantragt, die zuständige Staatsministerin für Unterricht und Kultus (Hofmann (CSU): Da wurde Stoiber mit Hitler vergli- zu zitieren. Dazu Herr Kollege Dr. Bernhard. chen! – Frau Radermacher (SPD): Wenn er sich entschuldigt hat, ist das erledigt!) Dr. Bernhard (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Wir brauchen sie nicht zu zitieren. – Jetzt ist ohnehin der – Herr Kollege Hofmann, das ist zwischenzeitlich erle- Vertreter des Kultusministeriums da. Der Sachverhalt ist digt. Wenn Sie dabei gewesen wären, hätte das wahr- bekannt, so dass wir den Dringlichkeitsantrag auch scheinlich nicht so gut geklappt. Obwohl das passiert ist, behandeln könnten, wenn jetzt kein Vertreter der Staats- wurde sogar noch ein einstimmiger Beschluss gefasst. regierung anwesend wäre. Ihr Geschäftsordnungsantrag Was da behandelt wurde, muss also sachlich hervorra- hat sich inzwischen ohnehin erledigt, weil der Staatsse- gend gewesen sein. kretär eingetroffen ist. (Beifall bei der SPD) Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Staatssekretär Behandelt wurde der Dringlichkeitsantrag der Abgeord- Freller ist da. Herr Franzke, ich nehme an, dass Ihr neten Glück, Knauer, Nöth und Fraktion CSU und der Geschäftsordnungsantrag damit erledigt ist. Wir kom- Abgeordneten Renate Schmidt, Pfaffmann und Fraktion men zur Aussprache. Dazu erhalten Sie das Wort. SPD und der Abgeordneten Paulig, Münzel und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Einflussnahme Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Prä- auf Eltern und Schüler im Zusammenhang mit dem sident, Kolleginnen und Kollegen! Da der Geschäftsord- Volksbegehren. Darin wird die Staatsregierung aufgefor- nungsantrag positiv erledigt ist, können wir zur Diskus- dert sicherzustellen, dass an Bayerns Schulen im sion über den Dringlichkeitsantrag kommen. Zusammenhang mit dem Volksbegehren keine einsei- tige Einflussnahme auf Eltern und Schüler ausgeübt und (Heiterkeit – Frau Renate Schmidt (SPD): „Positiv“ damit den Vorgaben des Erziehungs- und Unterrichtsge- würde ich das nicht nennen!) setzes zuwider gehandelt wird.

– Das Wort „positiv“ gilt für den Geschäftsordnungsan- Dem stimmten alle Fraktionen gemeinsam zu, die CSU, trag, nachdem das Ministerium jetzt vertreten ist. die SPD und das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ich halte das für einen vernünftigen Beschluss. Vielleicht war die (Große Unruhe) Äußerung, die Sie zitiert haben, Herr Kollege Hofmann, der Anlass dafür, dass man gesagt hat, wir müssen mit – Der Antrag meiner Fraktion sollte auch Ihre Aufmerk- der Thematik gemeinsam vernünftig umgehen. samkeit erhalten. – Die Staatsregierung wird mit dem Dringlichkeitsantrag dazu aufgefordert, die weitere Ver- (Zuruf von der CSU: Das hat Kollege Knauer teilung der kultusministeriellen Publikation „Schule aktu- gesagt!) ell“ zu unterlassen, weil sie unwahre Aussagen gegen das Volksbegehren „Die bessere Schulreform“ enthält – Herr Kollege Knauer, meines Erachtens hätten sogar Sie den Dringlichkeitsantrag stellen können, dass das (Lebhafter Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS Kultusministerium aufgefordert wird, diese Publikation 90/DIE GRÜNEN) nicht zu verteilen bzw. die Verteilung einzustellen. und dem von allen Landtagsfraktionen gemeinsam vor- (Beifall bei der SPD) gelegten und vom Bildungsausschuss am 10. Februar 2000 einstimmig beschlossenen Dringlichkeitsantrag Aus dem Protokoll weiß ich, dass Herr Freller bei der widerspricht. Das ist die Ausgangsposition. – Herr Kol- Diskussion anwesend war. Das Ministerium konnte also lege Knauer zieht jetzt seine Wortmeldung wieder nicht sagen, es hätte davon nichts gewusst. Unter zurück; das freut mich. Berücksichtigung aller Fakten war der Ausschuss über- einstimmend der Meinung, dies nicht zu tun. (Gabsteiger (CSU): Der will nicht weiter aufhalten!) Der Dringlichkeitsantrag war aber nicht einmal das Diese Publikation – ich hoffe, sie liegt zumindest den Bil- Papier wert, auf dem er gedruckt wurde. Noch während dungspolitikern vor – ist eine Sonderausgabe und es sozusagen trocknete, erfolgte die Auslegung der Zeit- befasst sich mit dem Volksbegehren „Die bessere Schul- schrift „Schule aktuell“, Sonderausgabe Februar 2000. reform“. Das ist zwar das gute Recht des Ministeriums, Man kann die Publikationen in dem gut aufgemachten, aber die Publikation enthält in wichtigen Passagen, ins- bestimmt auch nicht billigen Druckwerk aus der Sicht der besondere am Schluss, Aussagen, die eine Initiative dif- Staatsregierung akzeptieren. Auf der letzten Seite aber famieren, die Respekt verdient. ist zu lesen:

(Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE Die Befürworter des Volksbegehrens plädieren für GRÜNEN) die Einführung einer sogenannten Aufbaustufe in 2316 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

den Jahrgangsstufen 5 und 6, die man an der einer einzelnen Partei.“ Ich glaube, so muss es auch Hauptschule ansiedeln will. Das heißt: verlorene sein. Das muss auch in Ihrem Interesse sein. Im Kom- Zeit, zerstückelte Schullaufbahn, Schulwechsel in mentar von Maunz steht zu Artikel 96 der Bayerischen der Pubertät, gesamtschulartige Strukturen, Schlie- Verfassung: „Ihm obliegt es, eine stabile Verwaltung zu ßung einzelner Hauptschulen, unzulängliche Vorbe- sichern und einen Ausgleich gegenüber den politischen reitung, keine Mitwirkung der Eltern. Kräften zu bilden.“ So weit die Definition der politischen Treuepflicht der Beamten. Am Schluss folgt die Aufforderung, sich nicht in die Listen des Volksbegehrens einzutragen. Dies wider- Genau darum geht es in diesem Fall. Sie bedienen sich spricht dem Beschluss des Bildungsausschusses. eines Kreises von Personen, die voll Ihrem Einfluss unterliegen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an (Zuruf der Frau Abgeordneten Werner-Muggendor- die grundsätzliche Debatte, die wir manchmal miteinan- fer (SPD)) der führen und die sich damit befasst, ob Lehrer unbe- dingt im Beamtenverhältnis beschäftigt sein müssen. Das ist doch eine Frage des Selbstverständnisses der Ihre Antwort und auch die Antwort von Herrn Faltlhauser CSU. Was haben Sie sich denn überhaupt dabei und Herrn Huber war immer, wir müssen das Streikrecht gedacht, als Sie dem Antrag zugestimmt haben? ausschalten können, um die ordentliche Verwaltung auf- rechtzuerhalten. Ich sage Ihnen, gerade weil dieser Per- (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE sonenkreis Ihren Weisungen unbedingt nachkommen GRÜNEN) muss, bringen Sie diese Menschen in eine Konfliktsitua- tion, die nicht verantwortet werden kann. Es ist auch nicht uninteressant, wie das Schreiben her- ausgegangen ist. Das Bayerische Staatsministerium für (Beifall bei der SPD) Unterricht und Kultus, Redaktion „Schule aktuell“ schreibt: „Sehr geehrte Damen und Herren des Sekreta- Schade, dass niemand vom Ausschuss für Fragen des riats!“ Angesprochen werden also die Damen und Her- öffentlichen Dienstes anwesend ist. Das ist bedauerlich. ren des Sekretariats, in der Schulhierarchie gewiss nicht Es würde Herrn Dr. Eykmann nicht schaden, darüber zu die Stärksten. diskutieren. Wer lange genug im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes war, weiß, wie problematisch Mit dieser Sendung erhalten Sie eine Sonderaus- die Stellung von Beamten oft ist, wenn sie entgegen ihrer gabe der Elternzeitschrift „Schule aktuell“. Bitte hel- eigenen Meinung auf Anweisung handeln müssen. fen Sie mit, dass sie möglichst rasch die Eltern erreicht. Dazu einige Hinweise: Die Klassenleiter/ Herr Kollege Knauer, das Ganze hat System. Zum Bei- Klassenleiterinnen werden gebeten, die Hefte den spiel bedurfte es einer langjährigen Auseinandersetzung Schülern nach Hause mitzugeben. zwischen beiden Vorsitzenden des Petitionsausschus- ses und dem noch ungeteilten Kultusministerium unter Meine Damen und Herren, ich finde, dies ist mit dem, Staatsminister Zehetmair, das auf unseren Antrag das was der Bildungsausschuss vorgegeben hat, nicht ver- Verfahren in Gang gesetzt hat, bis klar war, dass Beamte einbar. Deswegen stelle ich die Frage: Brauchen Sie Petitionen stellen dürfen. Ich bitte Sie, sich zu überlegen, das? Warum war das notwendig? Wie steht es um Ihre was das für ein Staatsverständnis ist. Das Ministerium Sache? Wie schlecht müssen die Argumente sein, wenn hat seinen Bediensteten über Jahrzehnte hinweg das man zu solchen Mitteln greifen muss? Das ist die Frage. Petitionsrecht verweigert. Wenn ich mir das überlege, ist es für mich fast logisch, dass die Damen und Herren im (Beifall bei der SPD) Kultusministerium meinen, sie könnten anweisen, was sie wollen. Sie haben noch immer die alten Gedanken- Ich bin der Auffassung, dass wir dies auch unter dem gänge im Kopf. Gesichtspunkt betrachten sollten, mit welchem Perso- nenkreis wir es hier zu tun haben. Sie weisen die Damen (Beifall bei der SPD – Frau Renate Schmidt (SPD): und Herren des Sekretariats sowie die Klassenleiter und So ist es!) Klassenleiterinnen an, zu handeln. Das ist die Situation. Ich meine, Sie weisen die Betroffenen an, entgegen den Ich bin gar nicht der Auffassung, dass Herr Freller diese bestehenden rechtlichen Grundlagen und entgegen dem Anweisung gegeben hat. Ich weiß es nicht, er kann es Beschluss des Bildungsausschusses des bayerischen uns nachher erklären. Das, was mich stört, ist, dass es Parlaments zu handeln. Dazu muss das Bildungsmini- schon wieder einen vorauseilenden Gehorsam gibt. An sterium Stellung nehmen. den Schlüsselpositionen im Bildungsministerium müs- sen Menschen sitzen, die von sich aus meinen, das (Beifall bei der SPD) muss gemacht werden, und sich über den gemeinsamen Beschluss des Bildungsausschusses hinwegsetzen. Ausgerechnet der Dienstherr, das Ministerium, beginnt Herr Staatssekretär, ich frage Sie, ob Sie nicht dem Vor- mit den Verstößen gegen die rechtlichen Grundlagen gang nachgehen wollen, der im Grunde genommen eine und gegen den Beschluss des Bildungsausschusses. Dienstpflichtverletzung durch diejenigen darstellt, die Wir sollten uns darüber unterhalten, was damit in beam- das Ganze in Gang gebracht haben. Ich fordere Sie hier- tenrechtlicher Hinsicht gemeint ist. Ich weise auf Arti- mit auf, dem nachzugehen. kel 96 der Bayerischen Verfassung hin. Ich darf zitieren: „Die Beamten sind Diener des ganzen Volkes, nicht (Beifall bei der SPD) Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2317

Es gibt keine Einbahnstraße. Es gibt immer zwei Wege, (Beifall bei der SPD) und zwar insbesondere im beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis. Ich meine, wir haben es hier mit Muss man in ein demokratisches Instrument wie das einem Missbrauch des Über- und Unterordnungsverhält- Volksbegehren tatsächlich so viel an Steuergeldern stek- nisses, einem Missbrauch der Fürsorgepflicht des ken, um eine Sache zu verhindern? Können wir nicht, Dienstvorgesetzten und einem Missbrauch der Beschäf- wenn es schon in der Verfassung verankert ist, etwas tigten zu tun. Dem Missbrauch der Beschäftigten muss mehr Demokratieverständnis aufbringen und die Demo- ein Ende gesetzt werden. Deswegen fordern wir Sie auf, kratie leben? Wir sollten die Demokratie leben und nicht die Verteilung der Broschüre zu unterbinden. nur mit dem Knüppel auf diejenigen einschlagen, die sich weigern, einer Anweisung von oben nachzukom- Von Ihrer Seite wird eingewendet werden, das geht men. nicht, die Broschüren sind schon draußen, man kann das nicht mehr stoppen. Ich habe aber heute die Infor- (Beifall bei der SPD) mation erhalten – Herr Staatssekretär, Sie können dar- auf hinweisen –, dass sich Menschen vor Ort geweigert Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Kollege Knauer, haben, die Broschüre zu verteilen, weil sie das nicht mit bitte. ihrem Gewissen und ihren Pflichten im Rahmen des Dienstverhältnisses für vereinbar halten. Ich erinnere an den Vorfall in Regensburg. Herr Staatssekretär, Sie wer- Knauer (CSU): Herr Präsident, meine sehr verehrten den darüber Bescheid wissen. Sie werden auch den Damen und Herren! In dem Dringlichkeitsantrag, der Beschluss des Kreistages des Landkreises Oberallgäu gegenwärtig zur Beratung ansteht, heißt es, dass der kennen. Mit den Stimmen der CSU wurde die sechsstu- Bayerische Landtag beschließen wolle, die Staatsregie- fige Realschule abgelehnt. rung aufzufordern, die weitere Verteilung der kultusmini- steriellen Publikation „Schule aktuell“, Sonderausgabe (Zurufe von der CSU) Februar 2000, zu unterlassen, weil sie unwahre Aussa- gen gegen das Volksbegehren „Die bessere Schulre- – Es ist hochinteressant, dass so etwas passiert. form“ enthalte und damit gegen den von allen Landtags- fraktionen und von Ihnen zitierten Antrag des bildungs- Herr Staatssekretär, nach den Informationen, die ich politischen Ausschusses verstoße. heute Vormittag von einer Schule in Oberbayern erhal- ten habe, soll dieses Heft zusammen mit den Zwischen- Herr Kollege Franzke, ich habe versucht, Ihnen sehr zeugnissen verteilt werden. Bitte überlegen Sie, was das genau zuzuhören. Ihre Ausführungen treffen eigentlich heißt. Überlegen Sie, welche Gedankengänge hier ver- nicht genau den Punkt, der in dem Dringlichkeitsantrag mengt werden, wenn man zusammen mit dem Zwi- angesprochen wurde. schenzeugnis eine Propagandainformation verteilt. (Zuruf von Frau Werner-Muggendorfer (SPD) (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) – Ach, Frau Kollegin Werner-Muggendorfer, machen Sie ruhig Ihre Zwischenbemerkungen; die kommen aus Ihrer Herr Staatssekretär, das Schlimme an der Situation ist Fraktion immer gut an. doch, dass Sie, obwohl Sie im Bildungsausschuss anwe- send waren, die Schulleitung, die bei Ihnen nachgefragt Herr Kollege Franzke, Sie haben in Ihren Ausführungen hat, angewiesen haben, die Broschüre zu verteilen. nicht davon gesprochen, dass wir die Staatsregierung Insofern missachten Sie den Beschluss des Bildungs- auffordern sollten, die Verteilung einzustellen, weil ausschusses vom 10. Februar. unwahre Behauptungen in dieser Broschüre enthalten sind, sondern Sie haben auf etwas aufmerksam (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des gemacht, über das man in der Tat diskutieren kann, viel- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) leicht auch muss. Es geht nämlich darum, wie groß letzt- endlich der Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum Ich stelle mir die Frage, warum derartige Dinge ablaufen. der Staatsregierung ist, im Falle eines Volksbegehrens Warum werden Beschlüsse, die wir gemeinsam gefasst ihre Meinung darzustellen bzw. welche Möglichkeiten sie haben und die an sich erfreulich sind – ich fände es gut, dann hat, auf Folgen eines Volksbegehrens hinzuwei- wenn die Sache tatsächlich so gehandhabt würde –, ein- sen. seitig gebrochen, und zwar von denen, die am längeren Hebel sitzen und Anweisungen geben können? Hier Herr Kollege Franzke, nachdem diese Dinge hier offen- wehrt sich mein persönliches Demokratieverständnis sichtlich rechtlich geregelt werden, bin ich eigentlich und –empfinden. froh – ich gehe davon aus, dass die Informationen stim- men –, wonach der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnen- Ich stelle fest, es geht nur um die Zulassung eines Volks- verband eine einstweilige Verfügung erwirken will. entscheides, also ein Volksbegehren. Wenn Sie schon Angeblich hat er letzte Woche eine solche beantragt. jetzt in diese Auseinandersetzung Steuergelder in Millio- Wenn das stimmt, Herr Kollege Franzke, wundert es nenhöhe hineinpumpen, fürchte ich mich vor dem, was mich, dass noch keine gerichtliche Entscheidung getrof- finanziell aufgewendet wird für nichts und wieder nichts, fen ist. Ich habe heute von dritter Seite gehört, dass eine wenn es zu einem Volksentscheid kommen sollte. gerichtliche Entscheidung möglicherweise für heute Haben Sie denn so viel Angst? anvisiert ist. Ich kann dazu weiter nichts sagen. 2318 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Ich drücke die Hoffnung aus: Wenn eine solche Gerichts- Knauer (CSU): Herr Kollege Hahnzog, wenn das der entscheidung in den nächsten Stunden oder Tagen Kern des Gegenstandes ist, dann müssen Sie ihn auch kommt, dann sollten wir die Gelegenheit wahrnehmen, so formulieren und dürfen nicht etwas anderes hineinin- darüber zu diskutieren, inwieweit das Kultusministerium terpretieren. im rechtlichen Rahmen gehandelt hat. Herr Kollege Hahnzog, ich bin kein Jurist und bitte um Im Übrigen weise ich darauf hin, Herr Kollege Franzke, Nachsicht, wenn ich hier etwas danebenliegen kann. Ich dass es bereits ein Urteil des Bayerischen Verfassungs- kann die Dinge einfach nur mit meinem Menschenver- gerichtshofs gibt, das der Staatsregierung offensichtlich stand nachvollziehen. eine entsprechende Ermächtigung eingeräumt hat. Die- ses finden Sie im Entscheidungsband 47 auf Seite 1. Ich Wenn ich, Herr Kollege Hahnzog, Ihre Wortmeldung bin kein Jurist; ich kann auf die Dinge nur verweisen. richtig interpretiere, räumen Sie der Staatsregierung sogar ein, dass sie aufgrund der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs ihren Handlungs- Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Gestatten Sie eine spielraum offensichtlich lediglich ausgeschöpft hat. Zwischenfrage? Nachdem Sie nun zu den Unterstützern gehören, soll dieses Recht hier wohl nicht gelten. Sie möchten, dass wir diese Ansicht teilen und nunmehr die Staatsregie- Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Kol- rung einschränken. Das, meine Damen und Herren, lege Knauer, halten Sie es nicht für sinnvoll, dass wir machen wir nicht mit; gleiches Recht muss für alle gel- nicht wieder auf gerichtliche Entscheidungen warten? ten. Sollten wir als Parlament nicht versuchen, parlamenta- risch-politisch zu handeln? (Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD):

(Beifall bei der SPD) – Herr Kollege Dr. Hahnzog, ich verstehe die Aufregung nicht. Für mich ist das ein ganz ernstes Thema, das man völlig losgelöst von einem aktuellen Volksbegehren Weiter frage ich: Würde es Ihrerseits möglicherweise behandeln sollte. eine Zustimmung zu dem Antrag geben, wenn wir das Wort „unwahre“ durch „einseitige“ ersetzen? Wir müssen uns einmal vorstellen – und das erscheint mir durchaus realistisch –, dass ein Volksbegehren nicht Knauer (CSU): Herr Kollege Franzke, ich stimme mit nur von einem über alle Zweifel erhabenen demokrati- Ihnen überein, dass die Möglichkeiten der Regierung, schen Verband initiiert wird, dem die einen mehr und die auf ein Volksbegehren zu reagieren, durchaus einmal anderen weniger Sympathien entgegenbringen. Wir generell erörtert werden sollten. müssen uns auch einmal darauf einstellen – wir hatten heute Vormittag eine entsprechende Debatte –, dass ein Volksbegehren von einer Gruppe initiiert wird, die uns Zum anderen muss ich sagen: Ob wir den Satz mit allen gemeinsam nicht angenehm ist, weil sie beispiels- „unwahre Aussagen“ entfernen oder das Wort „unwahre“ weise vom Verfassungsschutz beobachtet wird, dem durch „einseitige“ ersetzen oder ob wir dieses meinetwe- Inhalt vom Innenministerium aber rechtlich nicht wider- gen ganz streichen, enthebt uns nicht davon, der Staats- sprochen werden kann. Da müssen wir uns auch fragen, regierung letztendlich das zuzugestehen, was das Baye- inwieweit der Staatsregierung Raum gegeben werden rische Verfassungsgericht bisher eingeräumt hat. Wenn soll, Stellung zu beziehen, um auf mögliche Folgen hin- ihr Handeln nicht rechtswidrig ist, Herr Kollege Franzke, zuweisen. Es geht dabei also um die Frage, welchen dann ist das auch nicht zu beanstanden. Rahmen wir der Staatsregierung dann zubilligen. Glei- ches Recht muss dann für alle gelten. Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen Hahnzog? Herr Kollege Hahnzog, wenn ich Ihnen richtig zugehört habe, zweifeln Sie aber offensichtlich ohnehin kaum daran, dass sich die Staatsregierung nicht im rechtlichen Knauer (CSU): Bitte, Herr Kollege. Rahmen bewegt hat.

Nun komme ich zu dem, was Kollege Franzke hier zu Dr. Hahnzog (vom Redner nicht autorisiert) (SPD): Herr den Beratungen im Ausschuss für Bildung, Jugend und Kollege Knauer, ich habe die Entscheidung bei mir, weil Sport geäußert hat. Lieber Kollege Irlinger, Sie werden ich wusste, dass sie heute hier eine Rolle spielen wird. mir mit Sicherheit bestätigen, dass ich hier nichts Aber damit sind nur die Grenzen des möglichen Verhal- Unrechtes sage. Es ging in erster Linie darum, dass wir tens der Staatsregierung angegeben. Dagegen kann die politische Werbung durch die Verbände – gleich, wel- natürlich das Parlament wünschen – die CSU hat es cher Art – ob BLLV oder Realschullehrerverband etc. –, gewünscht –, den Spielraum nicht vollständig auszunut- eindämmen wollten. zen. Sind Sie nicht der Meinung, dass das der Kern der heutigen Diskussion ist, dass es eine politische und Was Sie heute herausgestellt haben, war nicht Gegen- keine rechtliche Frage ist? stand der Ausschussberatungen.

(Beifall bei der SPD) (Zuruf des Abgeordneten Franzke (SPD)) Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2319

Herr Kollege Franzke, ich weiß, dass Sie über hellsehe- Bei der ganzen Diskussion um die Informationen an den rische Kräfte verfügen. Sie waren bei der Beratung über- Schulen, die das Volksbegehren betreffen, stelle ich fest, haupt nicht dabei. Offensichtlich wissen Sie es aber den- die Staatsregierung geht mit einer unglaublichen Kalt- noch besser. schnäuzigkeit über Recht und Gesetz hinweg, wenn es um die Durchsetzung ihrer eigenen Interessen geht. Der Im Bildungsausschuss herrschte die übereinstimmende Staatsregierung ist der Artikel 84 Absatz 2 Bayerisches Meinung, dass wir die Werbung nicht in Schulen zulas- Erziehungs- und Unterrichtsgesetz offenbar ganz egal. sen sollten. Ich sage Ihnen: Wenn wir die rechtlichen Herr Kollege Knauer, ich kann überhaupt nicht nachvoll- Möglichkeiten gehabt hätten, wäre dieser Beschluss ziehen, dass Sie das auch noch verteidigen, weil Sie im auch auf die Kindergärten ausgedehnt worden. Ausschuss den Eindruck erweckt haben, dass Sie keine einseitige Beeinflussung der Eltern und der Schüler wün- Meine Damen und Herren, was wäre geschehen, wenn schen. es sich die CSU erlaubt hätte, Informationsmaterial in den Kindergärten auszulegen? Herr Kollege Dr. Hahn- In Artikel 84 Absatz 2 steht ganz klar, politische Werbung zog und Herr Kollege Franzke, wir dürfen kein Rechts- im Rahmen von Schulveranstaltungen oder auf dem verständnis entwickeln, wonach alles in Ordnung ist, so Schulgelände sei nicht zulässig. Dort stehen nicht die lange es einem nützt und alles verfassungswidrig ist, Worte „außer von der Staatsregierung“. Dieser allge- was sich gegen uns richtet. meine Satz hat für alle Geltung. Die Staatsregierung kann darüber nicht hinweggehen, nur weil sie in Bayern (Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Genau so war die Mehrheit hat. es aber: So lange es der Staatsregierung nutzte, durfte es gemacht werden!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Franzke, da Sie der dritten Zeile Ihres Herr Kollege Franzke, Sie haben vermutet, das hätte Antrags kein Wort in Ihren Ausführungen gewidmet irgendein Ministerialer verbrochen. Diese Kampagne ist haben, möchte ich darauf jetzt auch nicht weiter einge- ganz klar von der obersten Stelle gesteuert worden. Frau hen. Offensichtlich wird der Wahrheitsgehalt dieser Zeile Staatsministerin Hohlmeier initiiert seit Wochen eine von Ihnen nicht gestützt. Sollte noch eine inhaltliche Dis- Kampagne, die sie selbst leitet. Deshalb ist dafür die kussion folgen, bitte ich um Nachsicht, wenn ich noch Ministerin verantwortlich und nicht irgendein Ministerial- einmal das Wort ergreife. beamter. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei (Beifall bei der CSU) der SPD)

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Die nächste Rednerin Ich frage mich, was der Antrag, den wir im Bildungsaus- ist Frau Kollegin Münzel. schuss gemeinsam formuliert und einstimmig beschlos- sen haben, soll. Ich möchte darauf noch einmal genauer eingehen. Der Antrag lautet: Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsi- dent, Kolleginnen und Kollegen! Es war interessant, den Die Staatsregierung wird aufgefordert, sicherzustel- Eiertanz des Kollegen Knauer zu beobachten. Er hat len, dass an Bayerns Schulen im Zusammenhang herumgerudert und zehn Minuten gebraucht, bis er Tritt mit dem Volksbegehren keine einseitige Einfluss- gefasst hat. Er hat ein Ablenkungsmanöver an das nahme auf Eltern und Schüler ausgeübt und damit andere gereiht und versucht, mit allen möglichen Tricks den Vorgaben des Erziehungs- und Unterrichtsge- von der eigentlichen Problematik abzulenken. setzes zuwider gehandelt wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) In diesem Antrag steht nicht, dass die Verbände sicher- stellen müssten, dass keine einseitige Einflussnahme Herr Kollege Knauer, Ihnen wäre Ihre Rede etwas leich- erfolgt. Es steht auch nicht in dem Antrag, dass die ter gefallen, wenn Sie das Heft gekannt hätten, von dem Staatsregierung ausgenommen sei. Herr Kollege wir gerade sprechen. Sie mussten sich dieses Heft Knauer, ich gehe davon aus, dass Sie diesen Antrag in jedoch kurz nach zwei Uhr von Herrn Staatssekretär Ihrer Fraktion abgesegnet haben, bevor er uns vorgelegt Freller ausleihen. wurde. Ich gehe ferner davon aus, dass Sie, als Sie Ihr Okay gaben, wussten, was Sie taten. In diesem Antrag (Beifall der Frau Abgeordneten Peters (SPD) steht eindeutig: „Keine einseitige Einflussnahme“.

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Frau Kollegin Münzel, Ich möchte noch einmal hinterfragen, was die Vorlage gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen dieses Antrags im bildungspolitischen Ausschuss sollte. Knauer? Kein Mensch hätte in dieser aufgeheizten Atmosphäre vermutet, dass wir noch etwas gemeinsam auf die Reihe kriegen. Uns allen war klar, dass die Schulen nicht Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nein, ich instrumentalisiert werden dürfen. Ihnen hätte klar sein gestatte im Moment keine Zwischenfrage. müssen, dass eine solche Einflussnahme auch von Sei- ten der Staatsregierung nicht erlaubt ist. Jetzt geht der (Knauer (CSU): Das war sehr unfair, Frau Kollegin!) Ärger an den Schulen weiter. Ich frage mich, ob Sie der 2320 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Opposition im Bildungsausschuss eine Beruhigungspille und somit eine einseitige Beeinflussung der Leserinnen verpassen wollten. Sie wollten offenbar die Luft aus der und Leser. Diskussion herausnehmen und dachten, jetzt sei Ruhe. Nächster Satz: „Sie werden auch von kompetenten Erziehungswissenschaftlern und erfahrenen Schulleuten Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Frau Kollegin Münzel, bestätigt.“ Das ist doch das Fieseste, das es gibt. Es wird gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen einfach geschrieben: „von kompetenten Erziehungswis- Knauer? senschaftlern und erfahrenen Schulleuten“. Nennen Sie doch Ross und Reiter, welche Erziehungswissenschaft- Knauer (CSU): Frau Kollegin Münzel, unter Hintanstel- ler, welche erfahrenen Schulleute, und schreiben Sie lung meiner ersten Zwischenfrage möchte ich Ihnen eine das nicht einfach so hin. Wenn damit allerdings Profes- zweite Frage stellen: Ihnen ist doch sicher nicht entgan- sor Heller gemeint ist, wissen wir, in welche Richtung gen, dass wir mit politischer Beeinflussung, über die wir das Ganze geht. diskutiert haben, nicht den gesetzlich möglichen Hand- lungsrahmen der Staatsregierung gemeint haben? (Zuruf von der CSU: Dann ist es wahr!)

(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und – Nein, dann ist es eine CSU-Meinung. bei der SPD) Der letzte Satz lautet: „Deshalb hat die Bayerische Staatsregierung der Einführung einer Aufbaustufe eine Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kol- klare Absage erteilt.“ Hier gibt die Staatsregierung eine lege Knauer, wenn Sie mich schon fragen, würde ich eindeutige Empfehlung in Form einer Absage; sie nimmt mich freuen, wenn Sie mir auch zuhörten, wenn ich eindeutig Stellung. Dies hat nichts mit objektiver Infor- Ihnen antworte. Herr Kollege Knauer, erinnern Sie sich mation zu tun, sondern das ist einseitige Propaganda, bitte noch einmal an diese Ausschusssitzung zurück. Ich wie man sie sich schlimmer nicht vorstellen kann. habe in meiner damaligen Rede explizit eine starke Kritik am Verhalten der Staatsregierung geübt. Sie sind nicht Herr Kollege Knauer, abschließend noch ein Gedanke, darauf eingegangen und haben auch nicht gesagt, die der auch Ihnen und der CSU zu denken geben sollte. Staatsregierung sei von der Antragsformulierung auszu- Hier wird versucht, das Volksbegehren mit aller Gewalt nehmen. Wir alle haben festgestellt, dass keine einsei- zu verhindern. Dabei wird zu Mitteln gegriffen, die nicht tige Einflussnahme erfolgen dürfe. Sie haben in dieser in Ordnung sind. Die Staatsregierung setzt alle Mittel ein, Ausschusssitzung nicht gesagt, dass diese Formulie- geht über Recht und Gesetz, über das Bayerische Erzie- rung nur für Verbände und nicht für die Staatsregierung hungs- und Unterrichtsgesetz hinweg, nur um zu ihrem gelte. Dies ist im Protokoll nachzulesen. Ziel zu kommen. Haben Sie sich einmal überlegt, was die Menschen an den Schulen, die Eltern darüber den- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ken, die sich damit jetzt beschäftigen; was es für deren Rechtsempfinden bedeutet, wenn sie spüren, dass sie Eine allseitige Information hätte vorgelegen, wenn in die- für jede Kleinigkeit, die nicht in Ordnung ist, in irgendei- sem Sonderheft beide Gesetzentwürfe kommentarlos ner Weise zur Rechenschaft gezogen, bestraft werden, abgedruckt worden wären. Diese Möglichkeit hätte während sich eine Staatsregierung um gar nichts küm- bestanden, wenn die Staatsregierung die Auffassung mert und schert. Ich befürchte, dass die CSU unserer vertreten hätte, es bestünde noch Informationsbedarf. Demokratie damit einen weiteren Schaden zufügt. Eine weitere Möglichkeit hätte darin bestanden, dass den Befürwortern des Volksbegehrens die Möglichkeit (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei eingeräumt wird, ihren Entwurf auf genauso vielen Sei- der SPD – Zuruf des Abgeordneten Sinner (CSU)) ten vorzustellen, wie die Staatsregierung ihren Entwurf. Damit wäre dem Informationsbedürfnis der Bürger Rech- nung getragen und eine Einseitigkeit vermieden worden. Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als nächstem Redner Einseitiger, wie es die Staatsregierung gemacht hat, erteile ich Herrn Staatssekretär Freller das Wort. Bitte geht es aber überhaupt nicht mehr. Ich zitiere nur einmal schön. das, was unten steht: Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Herr Präsi- Diese Mängel und Unzulänglichkeiten der Aufbau- dent, Hohes Haus! Um es unmissverständlich an den stufe sind bei nüchterner Betrachtung unüberseh- Anfang zu stellen: Die Informationsschrift „Schule aktu- bar. ell“, Ausgabe Februar 2000 – wir haben dies juristisch überprüfen lassen –, entspricht den Vorgaben des Dring- Ich finde die Formulierung „bei nüchterner Betrachtung“ lichkeitsantrages auf Drucksache 14/2858. Sie befasst witzig. Scheinbar betrachtet die Staatsregierung die sich mit verschiedenen aktuellen Fragen der Haupt- und Dinge sonst betrunken. Realschule; sie informiert die Eltern von Grund- und Hauptschülern über die derzeitigen Regelungen und die (Beifall und Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zu erwartenden schulpolitischen Entwicklungen. Davon NEN und bei der SPD) zu unterscheiden – das ist klar – ist politische Werbung. Diese ist an Schulen unzulässig; so sieht es Artikel 84 Die Staatsregierung spricht von Mängeln und Unzuläng- Absatz 2 Bayerisches EUG vor. Frau Kollegin Münzel, im lichkeiten. Das ist die Bewertung der Staatsregierung Kultusministerium gehen Anrufe selbst von SPD-Bürger- Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2321 meistern ein, die mitteilen, dass der BLLV aggressiv dar- geprüft, ist eine unmittelbare Abstimmungsempfehlung auf dränge, an Schulen Werbeplakate aufzuhängen. enthalten. Wenn Sie das behaupten, bitte ich Sie, das Dies wäre zum Beispiel ein Vorgang, der eindeutig wieder zurückzunehmen, nachdem Sie die Zeitschrift gegen dieses Verbot verstieße. Gleiches gilt für die angesehen haben. bekannt gewordene Planung des Verbandes, dass bei der Ausgabe der Zwischenzeugnisse Lehrkräfte die Kin- (Beifall bei der CSU) der auffordern sollten, Werbematerialien des BLLV mit nach Hause zu nehmen. Es kann nicht angehen, dass Ihre persönliche Meinung zum Gegenstand gemacht wird. Herr Kollege Knauer hat Meine sehr verehrten Damen und Herren, in seinen ganz Recht. Sollten Sie anderer juristischer Auffassung Aktionen versteigt sich der BLLV sogar zu der Falschbe- sein, können Sie gerne die Gerichte bemühen. Wenn hauptung, erst die Unterschrift zum Volksbegehren dann eine andere Entscheidung käme, müssten wir sie ermögliche eine demokratische Abstimmung über Schul- respektieren. Das ist die Lage. Für uns ist sie eindeutig politik. Dies widerspricht eindeutig der Verfassungslage. und klar. Ich kann jedem nur empfehlen, exakt nachzule- Artikel 74 Absatz 1 der Bayerischen Verfassung sen, was in dieser Zeitschrift steht. bestimmt: „Ein Volksentscheid ist herbeizuführen, wenn ein Zehntel der stimmberechtigten Staatsbürger das (Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD)) Begehren nach Schaffung eines Gesetzes stellt.“ Das bedeutet, dass sich nur derjenige in die Unterschriftenli- – Herr Hahnzog, ich an Ihrer Stelle würde etwas anderes sten für ein Volksbegehren einzutragen hat, der ein tun. Begehren nach Schaffung eines Gesetzes stellen will. Diejenigen, die das nicht wollen, tun ihren Willen (Dr. Hahnzog (SPD): Der Beschluss des Bildungs- dadurch kund, dass sie sich nicht eintragen. Das demo- ausschusses ist dann aus Ihrer Sicht verfassungs- kratische Element der Abstimmung liegt gerade in der widrig! Das ist doch die Konsequenz!) freien Entscheidung darüber, sich einzutragen oder nicht einzutragen. Die Argumentation des BLLV führt dagegen – Nein. Herr Hahnzog, ich an Ihrer Stelle würde sehr zu einer Verfälschung des Wählerwillens. Wenn sich ent- zurückhaltend sein. Gestern befand sich in der „Süd- gegen der Verfassungslage nicht nur diejenigen eintra- deutschen Zeitung“ ein Inserat der Stadt München. gen, die die Schaffung eines Gesetzes begehren, son- Meine Damen und Herren, das mag juristisch vielleicht dern alle die, die eine Entscheidung über die Schaffung hart am Wind segeln. Eine Stadt hat in einer für mich eines Gesetzes wünschen, kann dies dazu führen, dass sehr problematischen Weise auf das Volksbegehren Ein- beim Volksentscheid, der kein Quorum kennt, wenige fluss genommen. Herr Hahnzog, ich empfehle dringend, Stimmen für ein Gesetz im Sinne des BLLV ausreichen, zunächst einmal vor der eigenen Haustür in München zu obwohl die Mehrheit der Stimmberechtigten dies viel- kehren. leicht gar nicht wollte. (Dr. Bernhard (CSU): So ist es!) (Dr. Hahnzog (SPD): So ein Schmarrn!) Vielleicht mag das Inserat juristisch noch statthaft sein. – Nein. Ich führe dies alles sehr genau und präzise aus. Ich halte es auf jeden Fall für äußerst zweifelhaft, ob es Ich möchte auch, dass dies im Protokoll für alle nachles- Sinn und Aufgabe einer Stadtverwaltung sein kann, in bar ist. Dies ist eine klare juristische Darstellung der dieser Weise über das Volksbegehren zu informieren. Sachlage, die sicherlich hilfreich ist, in Auseinanderset- Heute Morgen wurde uns noch nachgesagt, es gäbe zu zungen sachlich zu bestehen. Ich bitte um Nachsicht, wenig Geld für die Kommunen, für die Computer an den dass ich dies in dieser Präzision tun werde Schulen, während die Stadt München zigtausend D-Mark ausgibt, um die Bevölkerung mit einem fragwür- (Beifall bei der CSU) digen Inserat zum Volksbegehren zu bringen. und mich nicht wie Sie an dieser Stelle dazu versteige, (Beifall bei der CSU) nur Meinungen oder Stimmungsbilder wieder zu geben. Zunächst brauchen wir einen klaren juristischen Unter- Ich habe etwas dagegen, dass man die Sache einseitig bau; dann werde ich sehr klar und deutlich meine Mei- bewertet, auf einem Auge offenkundig völlig blind ist und nung zu dem sagen, was meine Vorredner kundgetan dann zu einer unsachgemäßen Beurteilung kommt. haben. (Beifall bei der CSU) (Beifall bei der CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, politische Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Gestatten Sie eine Werbung, die unzulässig beeinflusst, indem sie unmittel- Zwischenfrage des Kollegen Schuhmann? – Nein. bare Abstimmungsempfehlungen gibt, wird vom Staats- ministerium konsequent unterbunden. Ich möchte auch Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Ich bitte um an dieser Stelle eindeutig und ausdrücklich darauf hin- Nachsicht. Ich komme später noch darauf zurück. weisen, dass die Zeitschrift „Schule aktuell“ in keiner Weise eine unmittelbare Abstimmungsempfehlung gibt. Sie haben das vorhin behauptet – bitte belegen Sie mir Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Gestatten Sie eine das. In keiner einzigen Zeile, und das ist von Juristen Zwischenfrage des Kollegen Spaenle? – Auch nicht. 2322 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Nein, im Meine Ministerin und ich erleben Abend für Abend bei Moment möchte ich meinen Gedankengang zu Ende den Versammlungen, dass wir in kaum mehr leistbarer führen. Weise gegen die Desinformationen ankämpfen müssen, die in den letzten Monaten durch den BLLV verbreitet (Irlinger (SPD): Das ist Demokratie! – Weitere wurden. Zurufe von der SPD) (Beifall bei der CSU – Frau Münzel (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Das stimmt doch nicht! Sie – Lieber Herr Kollege Irlinger, Sie wissen selbst, dass ich verbreiten doch Desinformationen!) mich jeder Auseinandersetzung stelle, auch mit Zwi- schenfragen. Mir ist aber wichtig, den Gedankengang – Frau Münzel, ich darf aus der „Allgäuer Zeitung“ zitie- konsequent zu Ende zu führen. Mir ist wichtig, dass ren. Sie steht nicht unbedingt im Verdacht, immer auf die rüberkommt, was die Hintergründe dieser Veröffentli- Regierung zu hören. chung sind und warum wir zurzeit die dringliche Notwen- digkeit sehen, gegen all den Unfug, der im Zusammen- (Widerspruch bei der SPD – Frau Renate Schmidt hang mit dem Volksbegehren in der Bevölkerung (SPD): Werden Sie von ihr nicht jeden Tag gelobt?) besteht, aufzuklären. Das ist die Zielsetzung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Der Chefredakteur der „Allgäuer Zeitung“ hat einen hochinteressanten Satz geschrieben – ich darf zitieren: (Beifall bei der CSU) Herr Dannhäuser vom Bayerischen Lehrerinnen- Die aktuelle schulpolitische Entwicklung und ihre Dar- und Lehrerverband – BLLV – zieht schon seit Jah- stellung sind indessen Gegenstand der Veröffentlichun- ren durch die Lande, mit Gruselgeschichten über gen des Staatsministeriums, da diese alle Beteiligten der die sechsstufige Realschule im Gepäck, wobei alle Schule unmittelbar betreffen und sie sich rechtzeitig dar- guten Geister auf seiner Strecke zu bleiben schei- auf einrichten können müssen. Die Politik der Staatsre- nen. Sein neuester Schocker: Kinder können seit gierung ist auch Schülern und ihren Eltern nicht obrig- der Einführung der R 6 nicht mehr ohne Angst zur keitlich zuzudiktieren, sondern verständlich zu machen. Schule gehen. Soll mit diesem Verschmieren pole- Das diesbezügliche Informationsbedürfnis der Eltern mischen Leims das Fehlen nachvollziehbarer Fak- wird insoweit zu Recht von diesen immer wieder in Erin- ten kaschiert werden? nerung gebracht. Das ist sein Kommentar. Heute haben die „Nürnberger Die Staatsregierung hat nicht zuletzt in der Regierungs- Nachrichten“ nachgelegt. Herr Irlinger, Sie werden sich erklärung vom 11. Februar 1999 ein klares schulpoliti- wundern, was heute Herr Abspacher in den „Nürnberger sches Konzept dargestellt. Die Intentionen des BLLV Nachrichten“ geschrieben hat. widersprechen diesem diametral. Die Staatsregierung hat die flächendeckende Einführung der R 6 angekün- (Irlinger (SPD): 20% Unterrichtsausfall!) digt. Das Volksbegehren des BLLV fordert die Nichtein- führung der R 6 und verhindert sie durch die Konstruk- Herrn Abspacher können Sie wirklich nicht verdächtigen, tion einer Aufbaustufe. Es ist nun Aufgabe der Staatsre- dass er uns einseitig bevorzugen würde. Er schreibt, gierung, auch ihr Festhalten am Konzept der R 6 zu dass der BLLV ein riesiges Schreckensbild vom Lei- erläutern. Gleichzeitig muss sie daher dem negierenden stungsdruck für Neun- und Zehnjährige aufbaut. Gegenkonzept widersprechen und darlegen, warum sie dies für unzulänglich hält. Dazu werden die entsprechen- (Frau Renate Schmidt (SPD): Den ersten Teil des den Fakten dargestellt. Artikels verschweigen Sie aber! Dort übt er Kritik an Ihnen!) Das Staatsministerium kann nach dem oben Gesagten – Klar, er schreibt von „zu viel Kriegsgeschrei“. Ich lese davon ausgehen, dass den Eltern die Planungen und Ihnen den Artikel aber gerne komplett vor. Absichten des BLLV auch in ihrer Pointiertheit der Dar- stellungen bekannt sind. (Frau Renate Schmidt (SPD) und Maget (SPD): Ja! Bitte!) Darin müssen mit der gleichen Deutlichkeit, mit der auch das Volksbegehren seine vermeintlichen Vorzüge dar- Meine Damen und Herren, was möchte ich damit zum stellt, die Vorteile der eigenen Regierungspolitik heraus- Ausdruck bringen. gestellt werden, um damit zugleich die Schwächen und Nachteile des Gegenkonzepts klar zu machen. Es ist (Weitere Zurufe von der SPD und vom BÜND- doch das Natürlichste auf der Welt, dass eine Staatsre- NIS 90/DIE GRÜNEN) gierung das, was sie im Schulbereich plant, auch der Bevölkerung kenntlich und damit gleichzeitig deutlich – Wenn Sie ein bisschen mehr die Kultur des Zuhörens macht, was dem dagegen liefe. Das ist doch unsere pflegen würden, wären Sie ein großes Vorbild für unsere Pflicht und Schuldigkeit. Jugend. Ich wäre Ihnen dankbar fürs Zuhören, weil ich noch einmal die Chance nutzen möchte, über die vielen (Frau Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber Missverständnisse, die zur Zeit im Raum stehen, aufzu- nicht das andere madig machen!) klären. Wo immer ich hinkomme, heißt es, der BLLV, die Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2323

SPD und die GRÜNEN meinten, dass nach der vierten Übertritt von der 4. Klasse Grundschule in die 5. Klasse Jahrgangsstufe kein Übertritt an die Realschule oder ans Gymnasium, von der 5. in die 6. oder von der 5. in die 5. Gymnasium mehr möglich sei. Ich halte dieses für eine Klasse des Gymnasiums möglich sei. Es gibt alle Mög- unverantwortliche Panikmache bei den Eltern; sie hat lichkeiten der Durchlässigkeit. Ich halte es für verwegen, nur zu einer Schulangst geführt, mit der wir im Moment dass diese Möglichkeiten nicht dargestellt werden. zu kämpfen haben. Es gibt fast keine Diskussion, bei der die Vertreter des Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Gestatten Sie eine Volksbegehrens nicht sagen: Wer bei uns unterschreibt, Zwischenfrage des Kollegen Pfaffmann? der schafft kleinere Klassen und mehr Lehrer. Keine ein- zige Zeile in dem Volksbegehren nimmt sich dieses The- mas an. Das ist alles Augenwischerei, darüber müssen Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Freilich. wir aufklären. Fragen Sie. Im Volksbegehren wird ein Elternwille vorgegeben, der Pfaffmann (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Sie überhaupt nicht vorhanden ist. Wo bleibt denn der haben eben Zeitungsartikel zitiert. Ich möchte Sie fra- Elternwille, wenn nach vier Jahren Grundschule nicht gen, ob Ihnen der Zeitungsartikel in der „Abendzeitung“ mehr die Wahlmöglichkeit besteht, auf die sechsstufige vom 15. Februar bekannt ist – ich zitiere: Realschule zu gehen? Wo bleibt denn der Elternwille, wenn die Eltern nicht mit darüber entscheiden können, Jeder will für seine Kinder nur das Beste. Auch Bay- wie die Lerngruppen eingeteilt werden? Nach vierein- erns Schulministerin Monika Hohlmeier. Sie schickt halb Jahren teilen die Lehrer in Lerngruppen ein und Tochter Michaela (13) und Sohn Markus (11) auf die bestimmen, welche Chancen ein Kind hat. private Waldorfschule. (Wahnschaffe (SPD): Am Thema vorbei!) (Ritter (CSU): Das ist doch nichts Neues, das ist doch schon uralt!) Nach viereinhalb Jahren entscheiden die Lehrer, ob das Ohne Leistungsdruck und Notenstress, ohne Verset- Kind noch die Chance hat, nach sechs Jahren aufs Gym- zungsangst werden die Strauß-Enkel aufs Leben vorbe- nasium zu wechseln. Wo bleibt denn der Elternwille, reitet. Sie müssen nicht bangen, ob sie den Übertritt aufs wenn die Kinder nach einem Probejahr wieder zurückge- Gymnasium oder die Realschule schaffen. schickt werden, worüber ausschließlich die Lehrerkonfe- renz entscheidet? Für das Volksbegehren gilt: „Eltern- wille steht drauf, Standespolitik ist drin!“ Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Das kann man nur noch mit äußerster Mühe als Frage betrachten. (Dr. Schuhmann (SPD): Davon steht doch nichts im Antrag! Halten Sie hier keine Bierzeltrede!) Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Das ist zu dumm, lassen wir das stehen. Es wäre schade für jede Wo bleiben denn die Antworten darauf? Die Leute wer- Minute, mit der ich darauf eingehen würde. den von den Initiatoren verunsichert. Am Anfang wird davon erzählt, dass die Aufbaustufe eine geschlossene (Gabsteiger (CSU): Abendzeitungsstil! – Hofmann Sache sei. (CSU): Lasst dich nicht darauf ein!) (Frau Naaß (SPD): Zur Sache!) – Mache ich auch nicht! Mir geht es darum, die Chance zu nutzen, hier aufzuklären. Es gibt eben so unsinnige Im Volksbegehren steht nichts mehr von einem Übertritt Zwischenfragen oder Behauptungen, die man einfach nach der 5. Klasse. Herr Präsident Dannhäuser – – stehen lassen sollte. Sie entlarven sich von selbst, und damit entlarvt sich auch der Redner. (Irlinger (SPD) und Dr. Schuhmann (SPD): Lesen Sie doch den Antrag!- Prof. Dr. Gantzer (SPD): Set- (Prof. Dr. Gantzer (SPD): Nein! Tatsachen sind das!) zen! Sechs!) Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich mahne dringend an, dass wir noch mehr aufklären und noch – Nein, lieber Herr Irlinger, das gehört dazu. mehr informieren, denn das verlangen die Eltern von uns und das wird draußen tagtäglich gefordert. Bisher haben (Zurufe) wir eher zu wenig als zu viel getan. Wir haben die Pflicht und Schuldigkeit, dass wir den Eltern, den Schulen und Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Meine Damen und den Schülern sagen, welchen Inhalt unser Konzept hat. Herren! Noch hat der Herr Staatssekretär das Wort. Wir müssen dann aufklären, wenn irrige Informationen in die Welt gesetzt werden. Wenn den Eltern gesagt wird, dass ihr Kind nach der 4. Klasse Grundschule nicht mehr Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Ich würde wechseln könnte, löst dies bei den Eltern große Ängste Ihnen heute lieber das Zeugnis über Ihr Betragen schrei- und Sorgen aus. Warum wird nicht endlich auch von den ben und es Ihnen morgen überreichen. Ich habe den Verfechtern des Volksbegehrens klar dargestellt, dass Eindruck, dass Sie schon wegen Betragens sitzen blei- nach dem Konzept der Bayerischen Staatsregierung ein ben würden. 2324 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

(Prof. Dr. Gantzer (SPD): Zeigen Sie uns doch mor- echte Vorstellung davon haben, wie eine echte Informa- gen das Zeugnis Ihrer Kinder!) tion auszusehen hätte.

– Herr Gantzer, das dürfen Sie gerne sehen. Dafür (Zurufe von der CSU: Ah!) möchte ich aber auch Ihre Zeugnisse sehen. Wenn Sie sagen, es würden keine Abstimmungsemp- Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir, die fehlungen gemacht, meine ich, in dem Heft „Schulreport“ Staatsregierung, müssen in bestmöglichem Maße auf- steht eindeutig: Hände weg von dieser Aufbaustufe – klären. Es ist unsere Pflicht und Schuldigkeit, dass im sieben Argumente gegen das Volksbegehren. Lande keine irrigen Meinungen verbreitet werden, die durch den BLLV und die Initiatoren des Volksbegehrens (Beifall bei der SPD) veranlasst werden. Wir müssen klipp und klar die Kon- zeption der Staatsregierung darstellen und erklären, wel- Wenn dies keine politisch einseitige Einflussnahme ist, che Bedenken wir gegen das Volksbegehren haben. Wir frage ich mich wirklich, was hier noch passieren muss. werden uns auf diesem Weg nicht beirren lassen. Die Information der Bevölkerung und die Meinungsbildung Sie haben gerade den Elternwillen eingefordert, aber müssen unser oberstes Gebot sein. Auch die Opposition verschwiegen, dass Sie ihn nicht für eine nach dem wird uns daran nicht hindern. Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz beste- hende Schulart einfordern, sondern für einen Schulver- (Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD – such, der in dem momentan betriebenen Umfang vom Wahnschaffe (SPD): Thema verfehlt!) Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz schon lange nicht mehr getragen wird, also ungesetzlich ist, und dies ist schamlos. Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Das Wort zur Geschäftsordnung hat Herr Kollege Dr. Bernhard. (Beifall bei der SPD)

Die vor kurzem durch die Presse gegeisterte Meldung Dr. Bernhard (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Weil darüber, dass der Standort Bayern in Gefahr sei, ließ die Angelegenheit so wichtig ist, beantrage ich namens aufhorchen. Hat etwa Vodafone Übernahmeabsichten der CSU-Fraktion namentliche Abstimmung. geäußert und der CSU ein günstiges Übernahmeange- bot gemacht? Zu welchem prozentualen Verhältnis soll- (Beifall bei Abgeordneten der CSU) ten dann die Aktien gegenseitig getauscht werden? Es war nichts von alldem. Der Urheber dieser Meldung war Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Wir fahren in der Red- kein Geringerer als der bayerisches Ministerpräsident nerliste fort. Das Wort hat Herr Kollege Odenbach. selbst; denn er hat die staunende Öffentlichkeit wissen lassen, dass durch das Volksbegehren „Die bessere Schulreform“ der Schulstandort Bayern in Gefahr Odenbach (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr gebracht werde. Einen derartigen Versuch der Volksver- Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kol- dummung hätte ich einem Mann von der hohen Intelli- lege Knauer, ich kann Ihnen gleich zu Beginn meiner genz Dr. Stoibers wahrlich nicht zugetraut. Rede versprechen, dass wir die von Ihnen erbetene Nachsicht üben werden, wenn Sie heute noch einmal (Zurufe von der CSU) den Drang verspüren sollten, ans Rednerpult zu gehen. Sie haben uns darum gebeten. Es wird Ihnen aber auch – Natürlich haben wir einen hoch intelligenten Minister- nicht weiterhelfen, wenn Sie weiterhin solche sophisti- präsidenten. schen Äußerungen und Interpretationen von sich geben, wie Sie es vorhin bei der Ausgestaltung des Handlungs- (Beifall bei der CSU) spielraums der Staatsregierung getan haben. Wenn dies nicht der Fall wäre, wäre er für uns noch Das, was hier der Herr Staatssekretär geboten hat, passt schwerer zu ertragen. genau in diese Wortglauberei, die er noch dazu als Gedankengang bezeichnet hat. Herr Staatssekretär, Sie (Zurufe von der CSU) haben bisher 570000 DM für Ihre Propaganda für 30 Praxisklassen in Bayern ausgegeben, die inzwischen – Er ist nicht nur intelligent, er weiß auch alles besser, zugegeben wurden. Für diese 30 Klassen haben Sie wie er uns heute Morgen wieder bewiesen hat. noch 100000 DM, also 3300 DM pro Klasse übrig, und damit erleben die schwächsten Schüler in der Haupt- (Beifall bei der CSU) schule die Segnungen der bayerischen Schulreform. Das ist Ihre Schulpolitik. Aber ein solch gescheiter Mensch dürfte eigentlich nicht auf so dumme Sprüche abfahren und diese auch noch Herr Staatssekretär, Sie werfen den Befürwortern des draußen im Lande vertreten. Er sollte sich vielleicht Volksbegehrens Desinformation vor und stilisieren sich überlegen, seinen Beraterkreis daraufhin kritisch zu hier selbst zum Aufklärer. Aber andere Argumente überprüfen. haben Sie hier nicht gebracht. Nachdem, was Sie hier geboten haben, frage ich mich ernsthaft, ob Sie eine (Zuruf von der CSU) Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2325

– Sie würden es sicher nicht schaffen – ich vielleicht (Dr. Bernhard (CSU): Der Inhalt wird kritisiert, das schon. hat doch mit dem Verfahren nichts zu tun!)

(Beifall bei der SPD) – Es geht nicht nur um den Inhalt, sondern auch um die Art und Weise, wie mit dem Volksbegehren umgegangen Mehr als 86000 Bürgerinnen und Bürger in unserem wird. Ich werde Ihnen hierzu noch einige Beispiele nen- Land haben in kürzerster Zeit mit ihrer Unterschrift ein nen. Zeichen gesetzt und deutlich gemacht, dass sie hinter dem Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens stehen. 86000 Unterschriften sind weit mehr als ein Mehrfaches Die Sorgen der Väter und Mütter um ihre Kinder, die sich von dem, was notwendig gewesen wäre. Die Bürgerin- in einer wachsenden Zustimmung zum Volksbegehren nen und Bürger haben damit gegen eine Partei ein Zei- ausdrückt, und zu den schulpolitischen Zielsetzungen chen gesetzt, der sich sonst die Mehrheit der Wähler- werden von Ihnen nicht nur nicht ernst genommen – stimmen zuneigt, sonst hätten wir hier nicht diese Mehr- nein, Sie haben alles getan, um aus dieser Sorge heraus heitsverhältnisse. Daher ist es umso erstaunlicher, dass bei den Menschen Ängste zu erzeugen. Dazu ist Ihnen sich Eltern in so kurzer Zeit massiv gegen die schulpoli- jedes Mittel recht und dazu werden die Schulen als Pro- tischen Vorstellungen der Staatsregierung äußern. Die pagandaeinrichtungen der Staatsregierung missbraucht. Ursache ist einfach die Sorge um das Schicksal ihrer Kinder in unseren Schulen, die trotz aller Bemühungen (Frau Renate Schmidt (SPD): So ist es!) der Lehrerinnen und Lehrer Sorge bereiten, weil sie mit unseren Kindern nicht mehr optimal arbeiten und unse- ren Kindern trotz der Bemühungen der Lehrkräfte nicht Die ständig festgestellten klaren Verstöße gegen das mehr gerecht werden können. Verbot der politischen Werbung an Schulen werden überall da mit Wohlwollen des Kultusministeriums tole- Über Verbesserungen gibt es politisch unterschiedliche riert und geduldet, wo sie ins Konzept passen. Und was Vorstellungen. So weit so gut, müsste man meinen. in ihr Konzept passt, ist natürlich keine politische Wer- Wenn aber eine dieser beiden schulpolitischen Vorstel- bung, sondern allenfalls vorauseilender Gehorsam, wie lungen mit allen Mitteln und mit aller Gewalt amtlicher- es Kollege Franzke heute bereits angesprochen hat. Es seits verbreitet wird und gleichzeitig durch die handelnde ist ein gegenüber dem Kultusministerium vorauseilender Staatsregierung die andere schulpolitische Vorstellung, Gehorsam, das auf einem Auge blind ist, während das nämlich die bessere Schulreform, permanent nicht nur zweite Auge die Befürworter des Volksbegehrens mit amtlich benachteiligt, sondern diffamiert und verleumdet den tausend Augen des Dr. Mabuse überwacht. wird, ist der faire Wettbewerb der Ideen, der unsere Demokratie wesentlich mitprägt und trägt, in Gefahr. (Beifall bei der SPD)

Herr Ministerpräsident Dr. Stoiber, nicht der Schulstand- Wie solche Aktionen zur Unterstützung des Kultusmini- ort Bayern ist in Gefahr, sondern durch das einseitige steriums aussehen, davon können Sie sich hier ein Bild Verhalten der Rechtsstaatsstandort Bayern. machen. (Beifall bei der SPD) Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Kollege, Demon- Deswegen ist es richtig, dass heute dieses Parlament strationsobjekte sind hier nicht zulässig. gerade in dieser Frage seine Kontrollrechte eindeutig ausübt und eindeutig sagt, was Sache ist; denn dies muss gesagt werden. Odenbach (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Präsident, ich habe ein Blatt meines Manuskripts hoch- Bereits im Heft 1 des „Schulreport“ hat das Kultusmini- gehoben; denn ich muss daraus ablesen können. sterium ohne Scham das Verbot der politischen Wer- bung an den Schulen gebrochen. (Lachen bei der CSU – Dr. Bernhard (CSU): Lassen Sie Ihr Manuskript woanders schreiben?) (Dr. Bernhard (CSU): Das ist Information!)

Dieses Verbot gilt für alle, auch für das Kultusministe- Da wird mit einem aufgezeichneten Rinderkopf und mit rium. Es hat mit einer Diffamierung des Volksbegehrens der Formulierung „Kein BSE an bayerischen Schulen“ unter dem Motto „Hände weg von dieser Aufbaustufe“ gegen das Volksbegehren agiert. Da wird das Volksbe- begonnen, und dies ist lächerlich. Was läuft da eigentlich gehren einer Seuche, die Menschen zerstört, gleichge- ab? Statt sich sachlich auseinander zu setzen und setzt. Dass da auch noch steht: „Nein zur Auflösung der anschließend unsere Bürger dazu zu führen, dass sie bayerischen Realschule“ zeigt, dass man keine Lüge selber entscheiden, hat die Staatsregierung das Ganze scheut. Dies ist eine schlimme Geschichte an einer zu einem „Schulkrieg“ erklärt, so der Begriff der Staats- Realschule, die mit staatlicher Unterstützung arbeitet regierung. Alles, was gegen das Volksbegehren, gegen und den sechsstufigen Zweig inzwischen eingeführt hat. die Wahrnehmung des demokratischen Rechts und die Wo bleibt da die Überwachung durch das Kultusministe- Volksgesetzgebung an Diffamierung läuft, ist ein übler rium? Eine solche Formulierung ist unglaublich. Schulkrieg geworden, den Sie und Ihre Helfershelfer alleine zu verantworten haben. (Beifall bei der SPD) 2326 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Kollege, gestat- ist von „harten Bandagen“ die Rede. Es heißt dort: ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen „Wenn erforderlich, werden wir Weisung erteilen.“ Wenn Franzke? Schulleiter aus Verantwortungsbewusstsein es ableh- nen, diese einseitigen Machwerke weiterzugeben, dann wird mit Zwangsmaßnahmen gedroht. Franzke (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Kol- lege Odenbach, habe ich richtig gehört, dass ein Ver- Ich möchte an einen Parallelfall erinnern. Als die Tele- gleich mit BSE hergestellt wurde? kom vor einem Jahr das Heft „T-Online“ gratis an den Schulen verteilen ließ, ein Heft, das Internet-Sex-Adres- Odenbach (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): „BSE sen mit eindeutigen Angeboten enthielt, hat mir die Frau an bayerischen Schulen“ lautete die Überschrift eines Kultusministerin erklärt, dass es trotz ihres Empfeh- Flugblattes, das an der Maria-Ward-Realschule der Eng- lungsschreibens die selbstverständliche Pflicht jedes lischen Fräulein in Burghausen verteilt wurde. Schulleiters sei, ein solches Heft genau zu überprüfen, bevor er es an seiner Schule verteile. Die Verantwortung liege vor Ort. Wo liegt denn die Verantwortung heute? Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Kollegen Knauer? (Beifall bei der SPD)

Knauer (CSU): Herr Kollege Odenbach, wären Sie so Deshalb müssen sich die Frau Staatsministerin, die freundlich, den Herausgeber des Flugblattes zu benen- heute nicht hier ist, und ihr Staatssekretär den Vorwurf nen und uns aufzuklären, ob dieses Blatt an den Schulen gefallen lassen: Sie messen in dieser Frage mit zweierlei durch die Lehrkräfte verteilt wurde? Maß.

(Beifall bei der SPD) Odenbach (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Das ist an der Schule verteilt worden. Auf dem zweiten Blatt Was steht in diesen Publikationen? Es wird den Eltern befindet sich sogar der Stempel der Schule. Ich kann es mit der Formulierung „verlorene Zeit“ Angst vor der Auf- Ihnen gerne geben, Herr Kollege Knauer. baustufe gemacht. Es findet sich das Geschwätz von „gesamtschulartigen Strukturen“. Es wird behauptet, die (Frau Renate Schmidt (SPD): Da schauen Sie, Herr Lernfortschritte der leistungsstärkeren wie auch der lei- Freller! – Dr. Bernhard (CSU): Wer ist im Sinne des stungsschwächeren Kinder blieben deutlich hinter denen Presserechts verantwortlich?) der gegliederten Schulen zurück.

– Es hat sich niemand im Sinne des Presserechts ver- (Glück (CSU): Es ist auch so!) antwortlich erklärt, sondern jemand hat den Schulstem- pel auf das Blatt gedrückt. Ich frage mich, wer mit dem Es werden mit dem Begriff „zerstückelte Schullaufbahn“ Schulstempel umgehen darf. Ängste erzeugt, ebenso mit der Behauptung einer unzu- länglichen Vorbereitung der Kinder auf den Übertritt Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Gestatten Sie eine nach der sechsten Klasse. Dabei ist gerade dieses Hin- Zwischenfrage von Herrn Kollegen Pfaffmann? führen an die Lernweisen und Anforderungsniveaus mit zwei Jahren mehr Zeit als nach der vierten Klasse ein Charakteristikum der Aufbaustufe. Statt dies endlich zur Odenbach (SPD): Ja. Kenntnis zu nehmen, missbraucht die Frau Kultusmini- sterin ihr Amt, ihr Informationsrecht und die Schulen mit Pfaffmann (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr diesen wissentlich einseitigen und verzerrenden Darstel- Kollege Odenbach, ist Ihnen bekannt, ob die bayerische lungen. Man scheut nicht einmal davor zurück, den Staatsregierung gegen diesen unglaublichen Vorgang Eltern einzureden, dass die Aufbaustufe sogar die an dieser Schule rechtlich vorgegangen ist? Schließung von einzügigen Hauptschulen nach sich ziehe. Sie wissen genau so gut wie ich, dass das Gegen- teil der Fall ist. Gerade die Aufbaustufe stabilisiert die Odenbach (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Die wohnortnahen Schulen auf dem Land. Staatsregierung hat das getan, was sie in den meisten Fällen unternommen hat, nämlich nichts. Sie hat das Ich kann Ihnen aber gern einen Ort nennen, wo es schon geduldet und dazu geschwiegen. zum Sterben einer einzügigen Hauptschule gekommen ist. Das ist in der so genannten Versuchslandschaft im An den Gymnasien werden im Unterricht ungestraft Raum Bamberg der Fall gewesen. Die Versuchsland- Elternbriefe gegen das Volksbegehren zusammen mit schaft wurde auf Wunsch der dortigen CSU-Vertreter einem Faltprospekt des Bündnisses gegen das Volksbe- eingerichtet. Dort gibt es die Teilhauptschule Kemmern gehren verteilt. Inzwischen hat sich das Kultusministe- nicht mehr. Vor einigen Jahren wurde die Schule mit rium selbst weit von einer sachlichen Information ent- drei Millionen DM saniert und erweitert. Nun ist durch die fernt. Eine sachliche Information über die eine oder sechsstufige Realschule inzwischen das Aus für diese andere Haltung wäre fair gewesen. Inzwischen werden Realschule in Kemmern gekommen. Ich habe als Schul- aber Schulleiter, die sich weigern, ein solch einseitiges rat selbst noch erlebt, mit welchem Stolz die Gemeinde Pamphlet wie „Schule aktuell“ vom Februar 2000 zu ver- ihre Schule erweitert, eingeweiht und bezogen hat. Jetzt teilen, mit Drohungen überzogen. Im Kultusministerium müssen die Kinder dieser Gemeinde zur fünften und Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2327 sechsten Klasse nach Breitengüßbach fahren. Das ist – Cabaret. die Wahrheit über die Schließung einzügiger Hauptschu- len. Sie haben das erste tausendäugige Krokodil erfunden. Sie weinen heute Krokodilstränen der christlichen (Beifall bei der SPD) Unschuld, gerieren sich als die schulpolitische Jungfrau, aber im Land draußen holzen die Kollegen der SPD und Diese Wahrheit passt aber nicht in Ihr Konzept, und des- vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass man meint, an halb wird versucht, bei den Eltern und Lehrkräften mit den bayerischen Schulen gäbe es einen neuen Wind- der Behauptung Ängste zu erzeugen, durch die Aufbau- bruch. stufe würde den Schülern die ihnen gemäße Schulart vorenthalten. Es gibt die Formulierung, die Aufbaustufe Der BLLV und die Kollegen aus der Landtagsfraktion zie- bevormunde Eltern. Es wird kritisiert, dass in der Aufbau- hen seit Monaten ungeniert landauf landab, besuchen stufe der Unterricht nach Leistung differenziert werde. Einrichtungen, egal ob es sich um Kindergärten, Schulen Das ist aber doch keine Bevormundung der Eltern. Es oder Altersheime handelt, und – ich formuliere vorsichtig wird kritisch gesagt, die Schule stelle die Leistung fest. – desinformieren ganz gezielt zu jeder Gelegenheit, bei Wer soll denn sonst die Leistung in der Schule feststel- jedem Kinder- oder Schulfest über die Nachteile der Bil- len? Ist das im Konzept der Staatsregierung etwa dungsreform. anders? Wird nach diesem Konzept die Leistung nicht mehr von der Schule festgestellt? (Prof. Dr. Gantzer (SPD): Sogar in Altersheimen!)

Wenn wir von Elternrecht sprechen dann meinen wir das Sich hinzustellen und die Chuzpe zu haben, – das ist Recht der Eltern, nach sorgfältiger Beratung durch die hebräisch, vorher habe ich ein englisches Wort benutzt – Schule, selbst über den weiteren Schulweg ihres Kindes der Staatsregierung zu unterstellen, sie würde Fehler, entscheiden zu dürfen. Hat die Staatsregierung etwa die die an allen Schulen auftreten können, nicht konsequent Vorstellung, dass die Eltern, denen sie jetzt schon viel zu verfolgen und ahnden – ich verweise auf die ausführli- viel zumutet, auch noch das Korrigieren und die Lei- chen Darlegungen im Bildungsauschuss in den vergan- stungsfeststellung übernehmen sollen? genen Wochen –, spricht dafür, dass Sie ein „gescheites Muffensausen“ haben. Ich komme nun zu einer Bewertung. Die beiden Hefte strotzen vor Unwahrheiten, Verdrehungen und Unterstel- Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Gestatten Sie eine lungen. Vor allem aber – und das ist mein größter Vor- Zwischenfrage des Herrn Kollegen Wahnschaffe? wurf – kommen diese Publikationen im Tarngewand des offiziell Amtlichen daher und erzeugen bei den Eltern Angst. Herausgeber ist in beiden Fällen das Kultusmini- Dr. Spaenle (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Nein, sterium. Mit Kultur haben diese beiden Pamphlete nichts ich will Ihnen meine Ausführungen zur Gänze zu Teil mehr zu tun, schon gar nicht mit einer Kultur des werden lassen. Umgangs, Herr Staatssekretär, die Sie vorhin ange- mahnt haben. Diese hätte ich mir gewünscht. Wenn man sieht, wie wieder einmal Reden und Handeln auseinanderklaffen, dann muss man dorthin schauen, wo Rot-Grün regiert. Das ist die Landeshauptstadt Mün- (Beifall bei der SPD) chen. Herr Staatssekretär Freller hat das Beispiel dan- kenswerter Weise schon genannt. Die Landeshauptstadt Mit diesen geistigen Ergüssen ist das bayerische Kultus- München ist der größte kommunale Schulträger in Bay- ministerium auf einem Tiefstand angekommen. Damit ern. Sie ist deshalb nicht nur Sachaufwandsträger, son- haben Sie nur eine Regung in mir herausgefordert, die dern für die größte Zahl der Münchner Realschulen und ich Ihnen nicht verheimlichen will: Ich habe Mitleid mit eine Reihe anderer Schulen verantwortlich. Der Schul- Ihnen. träger Landeshauptstadt München hat sich als einzige Kommune in Bayern dem Volksbegehren als Unterstüt- (Beifall bei der SPD – Unruhe) zer angeschlossen, was in allen Publikationen ausge- wiesen ist. Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Der nächste Redner ist Herr Kollege Dr. Spaenle. Ich möchte ein bisschen an Alleine das ist ein sehr eigenartiges Amtsverständnis, Ihre Disziplin appellieren, meine Damen und Herren, und wie es zwischen den Aufgaben eines Schulträgers und Sie bitten, etwas mehr Ruhe zu halten. Das gilt für das einer politischen Meinungsbildung in einer Kommunen gesamte Haus. differenziert werden sollte.

Bitte, Herr Kollege Spaenle. Interessant wird es aber erst, wenn man die Öffentlich- keitsarbeit der Landeshauptstadt München mit diesem Verhalten vergleicht. Die Landeshauptstadt München, Dr. Spaenle (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Herr die als Schulträger der städtischen Realschulen auf die Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich habe schon oft ordentliche Durchführung der schulpolitischen Entschei- Auftritte im cabaret-reifen Status erlebt. dungen setzen sollte,

(Irlinger (SPD): Kabarett! – Weitere Zurufe von der (Maget (SPD): Der Freistaat ist doch auch Schulträ- SPD) ger!) 2328 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 tut nichts anderes, als in ihren öffentlichen Publikationen Nun komme ich zur Aussage von Herrn Dr. Spaenle. eine einseitige – das ist untertrieben –, eine einförmige, nur auf die entsprechenden Ziele und Vorstellungen des (Wahnschaffe (SPD): Hat der etwas gesagt?) Schulvolksbegehrens ausgerichtete Information in allen offiziellen Informationsmöglichkeiten der Landeshaupt- Anlässlich früherer Volksbegehren – etwa beim „Besse- stadt zu verbreiten. ren Müllkonzept“ – gab es organisierte Aktionen von Gemeinden und Landkreisen. Der Landrat lud sämtliche (Frau Radermacher (SPD): Lassen die das über die Bürgermeister zu einer Dienstbesprechung in das Land- Kinder verteilen?) ratsamt. Dann wurden die Vor- und Nachteile des Volks- begehrens festgestellt und die Runde kam zu der Auffas- Würden Sie eine entsprechende Handlung der Staatsre- sung, man wolle nicht, dass sich das Volksbegehren gierung auch nur annähernd in einem Punkt aufweisen durchsetze. Der Zufall wollte es, dass aus der sonst können, internen Besprechung etwas für die Presse wurde. Der Verfassungsgerichtshof hat die Äußerung der Kommu- (Zuruf der Frau Abgeordneten Münzel (BÜND- nen, als einer betroffenen Ebene, als möglich angese- NIS 90/DIE GRÜNEN)) hen. Hier gilt es anders. Deshalb habe ich den Entschei- dungsband des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs würde ich Ihnen das Recht zusprechen, eine solche hier. Es gelte nicht wie bei Wahlen das Neutralitätsgebot, Trauerveranstaltung, wie Sie sie hier zu inszenieren ver- aber es gelte das Objektivitätsgebot. Das wird beim jetzi- sucht haben, durchzuführen. Angesichts dieses eindeu- gen Volksbegehren begrenzt. tigen Beispiels sind alle heutigen Ausführungen im Zusammenhang mit dem Volksbegehren eindeutig als Zeigen Sie mir doch, wo in der Publikation in München Schaumschlägerei zu qualifizieren. das Objektivitätsgebot verletzt worden sein soll. Die Dar- stellung ist fast langweilig. Die Stadt hat nicht sehr emo- (Beifall bei der CSU) tional argumentiert. Man könnte das unter publizisti- schen Gesichtspunkten sehr viel besser machen. Der Verfassungsgerichtshof sagt, es sei unzulässig, wenn Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als nächster Redner die Regierung gleichsam neben den beteiligten Gruppen hat Herr Kollege Dr. Hahnzog das Wort. wie einer von ihnen in den Abstimmungskampf eingreife. Hier liegt die Grenze. Herr Knauer, Sie haben begründet, Dr. Hahnzog (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr dass die Staatsregierung das dürfe, weil die Initiatoren Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! des Volksbegehrens dies auch machten. Sie haben die Grenzziehung verkannt. Die Staatsregierung kann infor- (Heckel (CSU): Bis jetzt passt alles!) mieren. Sie kann sich aber nicht wie ein Antragsgegner des Volksbegehrens gebärden. Herr Freller, im Schulsprachgebrauch kann nur gesagt werden: Thema verfehlt. (Beifall bei der SPD und beim BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und beim BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) In der Entscheidung wird sehr konkret ausgeführt, was geht und was nicht geht. Es geht eben nicht, dass sich Es geht nicht um die Frage, ob Sie „Schule aktuell“ pro- eine Aneinanderreihung von plakativen Äußerungen duzieren und vertreiben können. Das Entscheidende ist, ergibt. Es wurde schon etliches zitiert, was im „Schule ob die Publikation in den Schulen über das staatliche aktuell“ steht. Man muss sich nur die Überschriften – für Personal verteilt wird. einen Leser das Entscheidende – Revue passieren las- sen. Das sind nichts anderes als plakative Anordnungen. (Frau Radermacher (SPD): Und über die Kinder!) Ich gebe Ihnen zu, Herr Knauer, dass das Beurteilungs- sache ist. Deshalb haben wir nicht beim Verfassungsge- Ich wünsche Ihnen viel Spaß, wenn Sie sich mit den richtshof geklagt und haben ihn nicht mit einstweiligen Worten, mit denen Sie uns bedacht haben, in Ihrem Hei- Anordnungen belästigt. Ihre Ansicht ist aber von Grund matort Schwabach an die Straßenecke stellen und auf falsch, weil Sie meinen, Sie könnten genauso agie- „Schule aktuell“ verteilen. Das sei Ihnen unbenommen. ren wie die Betreiber des Volksbegehrens. Wenn die „Schule aktuell“ aber an die Schulen kommt und – wie wir heute lesen konnten – den Schulleitungen Da es sich um einen Grenzfall handelt, sollte sich das mit einer schriftlichen Weisung gedroht wird, sollten sie Parlament einig werden. Der Ausschuss für Bildung, diese nicht weiterverteilen, kommen wir an den Kern der Jugend und Sport hat das gemacht. Das war die Grenz- Geschichte. Das war die Geschäftslage für den Aus- ziehung. Es ist sonnenklar, dass die Einseitigkeit nicht schuss für Bildung, Jugend und Sport. Er sagte, dass gegeben ist. Sie sollten sich nicht der politischen Ausein- keine einseitigen Darstellungen stattfinden sollen. Die andersetzung und dem Parlamentswillen entziehen, tollste Interpretation hat Herr Knauer gebracht. Er indem Sie Verfassungsgerichtshofentscheidungen inter- meinte, dass bei dem Beschluss nur Verbände gemeint pretieren. Ich weiß, dass das für Sie als Nichtjuristen waren, nicht aber die Staatsregierung. Als ob die Staats- schwierig ist. Ich habe es etwas leichter, weil ich damals regierung – von Gottes Gnaden – keine einseitigen Prozessbeteiligter war. Äußerungen von sich geben könnte; habe man dies nicht beschlossen. So etwas darf nicht wahr sein. (Zuruf des Abgeordneten Dr. Eykmann (CSU)) Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2329

Wenn Sie bis zum Volksentscheid – zu dem wird es kom- Das trifft aber nicht zu. Es war eine Kollegin vom BÜND- men – so weiter argumentieren, werden die Leute bald NIS 90/DIE GRÜNEN, aber nicht Herr Sprinkart. sagen: Das Kultusministerium hat inhaltlich nichts zu bieten. Es versucht Nebelkerzen zu werfen. Damit wäre (Unruhe bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE die Niederlage für Sie vorgezeichnet. GRÜNEN)

(Beifall bei der SPD und beim BÜND- Zweitens. Der Antrag der Grünen ist auch nicht in der NIS 90/DIE GRÜNEN) Form abgestimmt worden, in der er gestellt worden ist. Sie haben den Antrag nämlich geteilt. Der Antrag lautet, Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Der nächste Redner ist erstens die flächendeckende sechsstufige Realschule Herr Kollege Sprinkart. abzulehnen und zweitens sich dem Volksbegehren anzugliedern bzw. einen Kreistagsbeschluss zu fassen.

Sprinkart (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Liebe Kollegin- (Prof. Dr. Gantzer (SPD): Herr Präsident, sind wir nen und Kollegen! Herr Präsident, Sie haben mich gebe- hier vielleicht im Kreistag?) ten, Deutsch zu sprechen, damit mich die Franken auch verstehen können. Herr Präsident, dazu muss ich sagen: Über den zweiten Punkt ist nicht abgestimmt worden. Wenn ich Deutsch schwätz’, verstande mi d’Franke it. Also muss ich Hochdeutsch schwätze. (Zurufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Staatssekretär Freller zitierte aus der „Allgäuer Zeitung“. Ich würde das auch gerne machen, kann es leider nicht Über den zweiten Punkt ist nicht abgestimmt worden, und muss deswegen auf die „Süddeutsche Zeitung“ weil er abgelehnt worden wäre. Deshalb haben Sie den zurückgreifen – was ich gerne tue. Dort steht, unter den Antrag geteilt. Ich will hier einmal ganz klar die Warheit derzeitigen Bedingungen lehne der Kreistag des Land- sagen, Herr Kollege Sprinkart. kreises Oberallgäu die flächendeckende Einführung der sechsstufigen Realschule ab. Als letzten Satz möchte ich nur noch erwähnen, dass alle Realschulen im Einzugsbereich des Landkreises Herr Staatssekretär, anscheinend hat die Aufklärungs- Oberallgäu bereits als sechsstufige Realschulen geführt kampagne bei der Mehrheit der Kreisräte – wohlgemerkt werden. Da sieht man doch die Bedeutung des Antrags, über alle Parteigrenzen hinweg – nicht gefruchtet, und deshalb ist es wahrscheinlich zu dieser lapidaren obwohl die Hanns-Seidel-Stiftung auch unseren Land- Abstimmung des Landkreises Oberallgäu gekommen. kreis mit Informationsveranstaltungen überzogen hat. Die Diskussion im Kreistag verlief im Übrigen sehr enga- giert aber sachlich – das will ich ausdrücklich betonen. (Beifall bei der CSU)

Das Problem ist nicht die Entscheidung. Ich hätte auch Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächste Wortmel- eine andere Entscheidung akzeptieren können. Das Pro- dung: Herr Kollege Pfaffmann. blem ist die Reaktion von Mitgliedern der CSU von unten bis hoch zur Regierungsebene über die Entscheidung, die heute in der „Süddeutschen Zeitung“ zu lesen war. Pfaffmann (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich Es wurde so getan, als hätten die Kreisräte im Landkreis möchte auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Oberallgäu etwas Unanständiges gemacht. Dabei haben Spaenle antworten. Stellen Sie sich doch einmal folgen- sie nichts anderes getan, als von ihrem Recht Gebrauch des vor: Da ist eine Stadt in Bayern, die es wagt, eine zu machen, sich zu einem Problem zu äußern, das den andere Meinung als die CSU in Bayern zu haben. Schon Landkreis sehr viel Geld kosten wird. Sie haben, um mit steht die CSU Kopf. Das ist passiert und nichts anderes. dem Kollegen Knauer zu sprechen, nichts anderes getan, als nach ihrem gesunden Menschenverstand zu (Herrmann (CSU): Wer steht hier Kopf!) entscheiden. Doch das können Sie anscheinend nicht akzeptieren. Herr Dr. Spaenle, ich sage Ihnen folgendes: Der Ober- bürgermeister und die Stadt München können sich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wenigstens auf eine demokratische Entscheidung bei ihrer Unterstützung des Volksbegehrens berufen, näm- lich auf einen Stadtratsbeschluss. Auf was beruft sich Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Das Wort hat Herr Kol- aber die Bayerische Staatsregierung, nachdem sie die lege Zeller. sechsstufige Realschule über Jahre unter dem Deck- mäntelchen eines Schulversuchs ausgebaut hat? Zeller (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Herr Präsi- dent, meine Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege (Dr. Bernhard (CSU): Auf einen Landtagsbe- Sprinkart, eine kleine Richtigstellung: Erstens einmal schluss!) steht in der „Süddeutschen Zeitung“, dass Sie der Antragsteller im Kreistag Oberallgäu gewesen seien. Das ist hier doch die entscheidende Frage. Die Real- schule wurde ohne Rechtsgrundlage über Jahre hinweg (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ) ausgebaut. 2330 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Gestatten Sie eine ßen Zulauf, dort legen CSU-Mitglieder ein Verhalten an Zwischenfrage des Kollegen Dr. Spaenle? den Tag, das jeder Beschreibung spottet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Pfaffmann (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Nein. der SPD) Wer hier Muffensausen hat, Herr Kollege Dr. Spaenle, das möchte ich doch einmal in Zweifel ziehen. Es ist Die Veranstaltungen sind von Aggressivität geprägt. Sie sicher nicht der Träger des Volksbegehrens. Sie sind es, versuchen, Elternbeiräte, die sich für das Wohl ihrer Kin- die Muffensausen haben, denn wenn das Volksbegeh- der einsetzen, aber auch die Lehrer, einzuschüchtern, ren gewinnt, stehen Sie vor dem Scherbenhaufen Ihrer dass es jeder Beschreibung spottet. Bildungspolitik in Bayern. Das ist doch der Punkt. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei (Beifall bei der SPD) der SPD)

Ich möchte noch zwei Beispiele dafür anführen, mit wel- Sie führen sich vor Ort auf – und das nicht nur bei dem chen Mitteln hier gekämpft wird. Der gemeinsame Volksbegehren, sondern weil das Ihre Mentalität ist –, als Elternbeirat der Landeshauptstadt München hat ein ob die CSU-Meinung gleich Gesetz sei. Das nämlich ist Extrablatt herausgeben wollen, in dem ein Artikel zum Ihr Verständnis. Volksbegehren abgedruckt gewesen wäre und gleichzei- tig ein Artikel von Herrn Erhard aus dem Bayerischen (Lebhafter Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kultusministerium. Es wäre eine Gegenüberstellung bei- und bei der SPD) der Positionen gewesen. Der Bayerischen Staatsregie- rung war der Artikel des BLLV bekannt. Sie hat ihn nicht Sie meinen, sie könnten aus Ihren Wahlergebnissen beanstandet. Sie hat gewartet, bis der Elternverband ableiten, dass Sie in diesem Lande Alleinherrscher sind. 50.000 Exemplare hatte drucken lassen. Dann hat sie verboten, dass dieses Extrablatt verteilt wird. Das ist (Zurufe von der CSU) typisch für das Verständnis, das Sie von objektiver Infor- mation haben, meine sehr verehrten Damen und Herren. So stellen Sie sich dar. Wissen Sie, Herr Freller, wenn Sie von Ihrem Bildungskonzept so überzeugt sind, dann Ich komme zu einem zweiten Punkt: In Holzkirchen hat müssen Sie die Leute doch bitten, dass sie zum Volksbe- die CSU einen Brief an alle Haushalte verteilt, der vom gehren gehen, damit der Volksentscheid dann anschlie- CSU-Vorsitzenden von Holzkirchen unterzeichnet war. ßend stattfinden kann und Sie die Chance erhalten, die Darin wurde den Bürgerinnen und Bürgern erklärt, wenn Mehrheit zu gewinnen. sie am Volksbegehren teilnähmen, sich also in die Unter- schriftenlisten eintragen würden, wäre die Chance für (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei eine weiterführende Schule am Standort Holzkirchen der SPD – Zurufe von der CSU) vorbei. Das hat die CSU in Holzkirchen den Bürgerinnen und Bürgern erzählt. Sie hat aber nicht erzählt, dass die Wissen Sie, wir haben doch die Erfahrung von vielen CSU hier, in diesem Hause, bereits Anfang Februar den Volksbegehren in Bayern. Sie laufen immer Amok, wenn Standort Holzkirchen für eine weiterführende Schule das Volks sagt: Wir wollen entscheiden. Sie fürchten die abgelehnt hat. So werden die Bürgerinnen und Bürger Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger wie der Teufel vor Ort für dumm verkauft. Jedes Mittel ist Ihnen recht, das Weihwasser. um Ihrer falschen Politik zum Erfolg zu verhelfen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE der SPD) GRÜNEN) Aber ich sage Ihnen: Gott sei Dank kann man den Bür- gerinnen und Bürgern in diesem Land vertrauen. Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Kellner das Wort: (Hofmann (CSU): Wir haben das bei jeder Wahl! – Weitere Zurufe von der CSU)

Frau Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsi- – Ja wo denn? Sie wollen keine Volksentscheide, weil dent, Kolleginnen und Kollegen! Da hat sich Herr Dr. Sie Angst haben, zu verlieren. Deshalb ist Ihnen jedes Spaenle doch gerade hingestellt und gesagt, die Unter- Mittel recht. stützer des Volksbegehrens würden im Lande „herum- holzen“. Herr Dr. Spaenle, ich nehme an, Sie sind über (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei die Grenzen Münchens nicht hinausgekommen. der SPD)

(Beifall und Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Gott sei Dank gibt es aber auch von Ihrer Partei stand- NEN und bei der SPD) hafte Leute, g’standene Bürgermeister, Gemeinderäte und Kreisräte. Die lassen sich nicht in eine Linie zwingen Was ich nämlich feststelle, das ist folgendes: In den klei- wider besseres Wissen. Die stehen auf. Gerade Bürger- nen Orten Niederbayerns, wo Veranstaltungen zum meister aus Ihrer Partei, aber auch Kolleginnen und Kol- Volksbegehren großen Zulauf haben, und zwar sehr gro- legen des Landtags aus Ihrer Fraktion – zwei sehe ich Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2331 gerade –, haben sich gegen die Einführung der sechs- Dass man aber das demokratische Verfahren Volksbe- stufigen Realschule ausgesprochen. Nehmen Sie das gehren zu unterlaufen versucht, ist der Gipfel. Daran doch einmal zur Kenntnis. werden wir uns nicht gewöhnen.

(Unruhe bei der CSU) (Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU)

Es gibt Leute, die entscheiden nach ihrem Menschen- Eine Bürgerin in meiner Heimatgemeinde wollte sich ein- verstand, und die entscheiden für das Wohl der Kinder. tragen. Sie werden sich trotz aller Einschüchterungsversuche Ihrerseits und trotz aller versuchten Manipulation eintra- (Dr. Eykmann (CSU): Eine einzige?) gen und sich dafür entscheiden, was sie für richtig hal- ten, und das wird die bessere Schulreform sein. – Ja, eine einzige. Sie werden es nicht glauben, Herr Kollege Dr. Eykmann, aber jede einzelne Person muss (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei zuerst von zu Hause wegfahren, wenn sie sich eintragen der SPD) will. So läuft das, nicht wahr. Die Frau ist jedenfalls zum Rathaus gefahren und von der Dame im Touristikbüro an Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Nächste Wortmeldung: den zuständigen Herrn weitergeleitet worden. Frau Kollegin Peters. (Hofmann (CSU): Wie hat er doch gleich gehei- (Zuruf von der CSU: Oh, oh! – Hofmann (CSU): ßen?) Erzählt die auch etwas aus Niederbayern?) Der zuständige Herr hat entgegen genommen, dass sich – Es sind nur noch vier Redner auf der Liste. Mehr als jemand eintragen möchte, und sich mit einem älteren eine Stunde kann es nicht mehr dauern. Herrn im Büro besprochen und mitgeteilt, dass dies zur- zeit nicht möglich sei. (Zurufe von der CSU – Beifall bei der CSU) (Hofmann (CSU): Na, so was!) Frau Peters (SPD) (von der Rednerin nicht autorisiert): Denn er habe keine Zeit, es bereitete ihm viel Arbeit, und Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Beifalls- zudem müsse er zunächst im Wählerverzeichnis nach- bekundungen von der CSU bin ich nicht gewöhnt. Herz- sehen, ob eine Stimmberechtigung vorliege. lichen Dank. (Heiterkeit der Frau Abgeordneten Kellner (BÜND- (Beifall bei Abgeordneten der CSU) NIS 90/DIE GRÜNEN) – Hofmann (CSU): Das ist korrekt, da steckt der Erwin Huber dahinter!) Das Neutralitätsgebot an den Schulen zu verletzen ist das eine, in der Presse falsche Informationen zu lancie- ren, wie Sie das getan haben, meine Damen und Herren – Ja, Sie regen sich zu Recht auf, ich mich auch. von der CSU, ist das andere. So hieß es zum Beispiel, trüge man sich für das Volksbegehren ein, würden die (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE M-Züge abgeschafft, GRÜNEN)

(Dr. Bernhard (CSU): Stimmt auch!) Auf die Nachfrage der Dame, wie lange es denn dauere, bis sie sich eintragen könne, hieß es von Seiten dieses man könnte nicht mehr nach der 5. Klasse Hauptschule Herrn, dass es mindestens noch eine halbe Stunde in auf das Gymnasium übertreten und Teilhauptschulen Anspruch nähme – und sie möge doch am Nachmittag müssten geschlossen werden. wieder kommen.

(Hofmann (CSU): Und dass man in die Hölle (Heiterkeit bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE kommt!) GRÜNEN – Frau Renate Schmidt (SPD): Unglaub- lich, das ist Demokratie in Bayern!) – Selbst wenn Sie dafür in die Hölle kommen, stellen Sie, Herr Hofmann, falsche Behauptungen auf, begründen – Ja, das ist Demokratie bei uns. Die Frau ist unverrich- nicht, sondern verunsichern und betreiben organisierte teter Dinge sechs Kilometer Desinformation. (Ach (CSU): Einfach?) (Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU) – ja, einfach, Herr Ach – nach Hause gefahren. Die Das kennen wir. Kosten dafür will ich Ihnen gar nicht vorrechnen. Es genügt zu sagen, dass die Frau berufstätig ist. Auch so (Reisinger (CSU): Woher?) kann man verhindern, dass sich die Bürgerinnen und Bürger für das Volksbegehren eintragen. Daran haben wir uns gewöhnt. (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE (Zurufe von der CSU: Oh, oh!) GRÜNEN) 2332 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

In diesem Land bleibt nur die Hoffnung, dass es sich (Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU) hierbei um einen Einzelfall handelt und das Beispiel nicht Schule macht. Fragt man sich, wie es zu diesem Verhal- Wer wie Kollege Spaenle den Versuch wagt, uns das ten der Verwaltung kommen konnte, liegt der Schluss Wort „Chuzpe“ auf Hebräisch zu erklären, ist offenbar ein nahe, dass schlechte Beispiele gute Sitten verderben. Meister auf diesem Gebiet.

(Zustimmung des Abgeordneten Dr. Wilhelm (CSU)) (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Wenn Politiker Gesetze machen – ich sage nur: Partei- Tatsache ist: Wenn wir Diskussionen zum Volksbegeh- enfinanzierungsgesetz – ren organisieren, sitzen selbstverständlich ein Vertreter der CSU und ein Rektor einer sechsstufige Realschule (Zurufe von der CSU: Oh, oh!) mit auf dem Podium. Die Unterstützer des Volksbegeh- rens halten sich also an die Regeln der Fairness, die im und sich selbst nicht daran halten, und die CSU Übrigen für alle gelten sollten. beschließt, dass das Neutralitätsgebot einzuhalten sei – eigentlich sollte für die Einhaltung eines Gesetzes keine (Dr. Eykmann (CSU): Das haben wir auch gemacht, Abstimmung erforderlich sein –, braucht man sich nicht verehrter Kollege Dr. Schuhmann!) mehr darüber zu wundern, was im Lande alles möglich ist. Denn was oben vorexerziert wird, ist auch unten in – Von Ihnen, Herr Kollege Dr. Eykmann, habe ich auch der Verwaltung möglich. Ich habe dem Herrn Innenmini- nichts anderes erwartet. Nun aber zum Vertreter der ster den Fall mitgeteilt und ihn gebeten, dafür zu sorgen, Staatsregierung, zu Herrn Freller, der heute wieder dass demokratische Verhältnisse im Lande herrschen einen „echten Freller“ gegeben hat, also eine Mischung und Volksbegehren eine faire Chance haben. Leider war aus Ablesen dessen, was ihm Juristen aufgeschrieben ich damit schon reichlich spät dran; denn wahrscheinlich haben, und Bierzeltrede. können Sie „fair“ nicht einmal buchstabieren. (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Oh, Oh! bei der BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) CSU) Lieber Herr Kollege Freller, wir beide waren lange genug Als hoffnungsfroher Mensch glaube ich immer noch gemeinsam im Fachausschuss, und ich habe Sie dort daran, dass die Mehrheit im Landtag für ordentliche Ver- erlebt, teilweise auch geschätzt. Was Sie aber heute hier hältnisse sorgen will, egal ob beim Neutralitätsgebot geboten haben, ist schlicht und einfach beschämend. oder in den Amtsstuben. Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren, lassen Sie die politische Kultur im Haus (Beifall bei Abgeordneten der SPD) nicht verlottern. So sagten Sie zum Beispiel, die in der Landeshauptstadt (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE München für Bildungspolitik Verantwortlichen hätten GRÜNEN) keine Kompetenz. Das mag Ihre Meinung sein. Sie kön- nen aber dessen versichert sein, dass auch wir Zweifel Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als nächstem Redner an der Kompetenz so mancher Leute bis hinauf in die erteile ich dem Abgeordneten Dr. Schuhmann das Wort. Spitze des Kultusministeriums haben.

(Zuruf von der CSU: Und wieder ein Ohren- (Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU: Ui, ui!) schmaus!) Wenn Sie sagen, ein Inserat in der Zeitung sei „unglaub- lich“, eine unmögliche Beeinflussung sozusagen, und als Dr. Schuhmann (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Lehrer, der Sie selbst einmal waren, nicht den qualitati- Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und ven Unterschied erkennen, der zwischen der Information Kollegen! Angesichts der drohenden namentlichen durch ein Zeitungsinserat und der Verteilung einer Son- Abstimmung ist das Plenum so gut gefüllt, dass man es derausgabe durch Lehrerinnen und Lehrer als Amtsper- sich nicht nehmen lassen darf, sonen via Kinder an die Eltern liegt, dann tun Sie mir schlicht und einfach Leid. (Allgemeine Heiterkeit) (Beifall bei der SPD) der gut bestückten rechten Seite des Hauses etwas Demokratieverständnis nahe zu bringen. Aus meinem Stimmkreis weiß ich, dass Schulleiter Elternrundbriefe herausgeben, mit denen die Eltern dazu (Beifall bei Abgeordneten der SPD) aufgefordert werden, sich nicht für das Volksbegehren einzutragen, im Gegenteil: Sie sollen mit Unterschrift Angesichts eines einstimmig beschlossenen Dringlich- dokumentieren, gegen das Volksbegehren zu sein, und keitsantrags ist die heutige Debatte eigentlich beschä- Kinder, die nach vier Tagen die unterschriebene Rück- mend. Denn sie ist nur nötig geworden, weil sich Mehr- meldung der Eltern nicht vorgelegt haben, werden von heitsfraktion und Staatsregierung nicht an diesen ein- Lehrern gefragt, wann denn die Erklärung der Eltern stimmigen Parlamentsbeschluss gehalten haben. gegen das Schulvolksbegehren endlich komme. Und Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2333 deshalb sage ich: Da ist irgendetwas faul im Staate Bay- – Herr Präsident. Ich sage Ihnen ganz offen, auch in ern, und zwar ganz gewaltig, Herr Kollege Freller. Anbetracht dessen, dass heute auf der Besuchertribüne eine große Zahl junger Menschen Platz genommen hat, (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE dass mich der Verlauf dieser Debatte schon etwas GRÜNEN) betroffen gemacht hat.

Wenn Sie, Herr Freller, es als Vertreter der Staatsregie- (Franzke (SPD): Hoffentlich) rung und Mitglied der Mehrheitspartei in diesem Lande nötig haben, anders als vom Parlament vorgegeben Betroffen gemacht deshalb, weil ich mich schon frage, Sonderausgaben gegen das Volksbegehren drucken zu welches Bild diese jungen Menschen nach ihrem Land- lassen, tagsbesuch und dieser Debatte von unserem Staat und diesem Parlament mitnehmen. dann, lieber Herr Freller und vor allen Dingen die Mini- sterin – sie ist nicht da –, ist das auch ein eklatanter Ver- (Prof. Dr. Gantzer (SPD): Von der CSU!) stoß gegen das Verständnis, das wir hoffentlich noch alle miteinander vom Parlamentarismus haben. Meine Damen und Herren, wenn ich mir den Beitrag der Kollegin Kellner im Nachhinein durch den Kopf gehen (Beifall bei der SPD und beim BÜNDNIS 90/DIE lasse, muss ich einfach feststellen: Liebe Frau Kollegin GRÜNEN) Kellner, Faktum ist, dass in keinem anderen Bundesland die Mitwirkungsmöglichkeiten der Bevölkerung von Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als nächster Redner Anfang an in so einem großen Ausmaß gegeben waren hat Herr Kollege Sprinkart das Wort. wie gerade in Bayern.

Sprinkart (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Kollege (Werner (SPD): Aber Sie haben eine Heidenangst Zeller, es muss Ihnen schon grausam „gestunken“ davor!) haben, was der Kreistag entschieden hat. Sie waren doch selber mit dabei. In vielen Ländern, meine Damen und Herren, wo Sie politische Verantwortung tragen, haben Sie bisher kei- Erstens habe ich nie behauptet, dass das ein Antrag von nen sichtbaren Beitrag dazu geleistet, den Bürgern auch mir war. Es war ein Antrag unserer Fraktion. nur annähernd die Möglichkeiten einzuräumen, die der bayerischen Bevölkerung zur Verfügung stehen. (Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Langsa- mer!) (Starzmann (SPD): Was hat das jetzt damit zu tun?)

Wenn es anders in der Zeitung stand, kann ich in diesem Ob es das Volksbegehren ist, Fall gut damit leben. (Werner (SPD): Ja, wer behindert denn das stän- (Frau Paulig (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Fang dig?) noch mal an! Man hat nichts verstanden!) ob es das Panaschieren, ob es das Kumulieren ist, ja Zum Zweiten ein bisschen schulpolitischer Heimatkun- selbst beim Bürgerbegehren sind wir den anderen Bun- deunterricht: Wir haben in unserer Kreisstadt Sonthofen desländern weit voraus, auch den rot-grün regierten. eine vierstufige Realschule, während Sie gesagt haben, es gebe im Einzugsbereich des Landkreises nur noch (Werner (SPD): Gegen Ihren Willen!) sechsstufige. Der Antwort des Kultusministeriums auf meine Anfrage können Sie außerdem entnehmen, dass auch die städtische Realschule und die Maria-Ward-Re- Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Gestatten Sie eine alschule in Kempten vierstufig ist. Das sind also zwei Zwischenfrage der Frau Kollegin Radermacher? Realschulen, in die sehr viele Kinder aus dem nördlichen Landkreis gehen, für die Schulwegekosten und Gast- schulbeiträge zahlen. Das zu diesem Thema. Knauer (CSU): Ja doch, Ihnen schon; bitte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ) Frau Radermacher (SPD) (von der Rednerin nicht auto- risiert): Herr Knauer, können Sie uns erklären, was das, was Sie jetzt in Bezug auf die anderen Bundesländer Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Als letzter Redner hat ausgeführt haben, mit den Fällen zu tun hat, in denen Herr Kollege Knauer das Wort. eindeutig eine Behinderung dieses Volksbegehrens in Bayern nachgewiesen haben? Knauer (CSU): Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abgeordneten Freiherr von Rotenhan (CSU): (Ach (CSU): „Herr Präsident“, wenn schon!) Unverschämtheit!) 2334 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Knauer (CSU): Frau Kollegin Radermacher, wenn Sie Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren. Die noch ein bisschen Geduld haben, komme ich gerne dar- Zusammensetzung des Parlaments mag Ihnen nicht auf zurück. gefallen,

(Zuruf Frau Radermacher (SPD): Da bin ich (Zuruf von der SPD: Das ist richtig!) gespannt!) aber das ist auch ein Ergebnis von Bürgerbeteiligung. Ein zweiter Punkt. Frau Kollegin Peters, es ist dieses Das Parlament hat vor wenigen Monaten die Staatsre- Hauses einfach unwürdig, wenn Sie einen Fall, den ich gierung dezidiert aufgefordert, den Schulversuch, auch für unmöglich halte gerade was die R 6 angeht und die Einführung der Mitt- leren-Reife-Züge, noch einmal zu erweitern und festzu- (Frau Radermacher (SPD): Was tun Sie denn dage- setzen. gen?) (Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Dann sollte sie und nicht gutheißen kann, in den Mittelpunkt Ihres Bei- keine Unwahrheiten verbreiten lassen!) trages stellen und letztendlich den Eindruck erwecken, als würde das überall in unserem Freistaat so praktiziert. Von daher steht dieser Beschluss, ob er Ihnen passt Meine Damen und Herren, das ist eine unzulässige Dar- oder nicht, auf einer rechtlichen Grundlage. stellung der Situation in unserem Land.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Franzke (Widerspruch von der SPD und Zuruf: Auf welcher?) (SPD): Und Sie bereiten das Feld vor! – Beifall bei Abgeordneten der SPD) Meine Damen und Herren, ich verstehe auch nicht, dass Sie hier den Eindruck erwecken, als sei das Volksbegeh- Frau Kollegin Peters, es ist überhaupt keine Frage, dass ren ein Instrument, das unsere Partei fürchtet. Wenn ich die Staatsregierung einem solchen Vorgang nachgehen es richtig in Erinnerung habe, war, als die Verfassung muss. Aber ich bitte Sie, sich an das übliche Verfahren und später die ersten Gesetze geschrieben wurden, die zu halten und Ross und Reiter zu nennen, damit ent- Mehrheit nicht auf der Seite der SPD, sondern auf der sprechend gehandelt werden kann. anderen Seite des Hauses. Wenn wir von daher also selbst diese Möglichkeiten eingeräumt haben, wenn die (Werner (SPD): Jetzt darf man schon nicht einmal Bevölkerung in Volksabstimmungen dieses Instrument mehr Tatsachen zum Besten geben!) auch in Anspruch genommen hat, dann ist es etwas, auf das wir stolz sind. Deshalb meine ich, es wäre sinnvoller gewesen, wir hätten uns heute auf den tatsächlichen Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Herr Kollege, gestat- Inhalt des Antrags konzentriert oder eine Sachdebatte ten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Egleder? – über das geführt, was in der Sonderausgabe besagter Nein. Publikation tatsächlich dargestellt worden ist.

Knauer (CSU): In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit (Zuruf der Frau Abgeordneten Münzel (BÜNDNIS jetzt nicht mehr. 90/DIE GRÜNEN))

(Oha-Rufe von der SPD) Erster Vizepräsident Dr. Ritzer: Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Baumann? – Na kommt, sonst mache ich doch immer alles, Knauer (CSU): Also bitte. (Dr. Hahnzog (SPD): Wirklich alles?)

– beantworte ich doch immer alle Fragen, die mir gestellt Frau Dr. Baumann (SPD) (von der Rednerin nicht auto- werden. risiert): Danke schön. Herr Kollege Knauer, ist Ihnen tat- sächlich unbekannt, dass der Entwurf der Bayerischen Meine Damen und Herren, die Situation wurde so darge- Verfassung vom Sozialdemokraten Wilhelm Hoegner stellt, als würde die Staatsregierung ohne Rechtsgrund- aus seinem Schweizer Exil mitgebracht wurde? lage handeln. Auch das ist etwas, was einfach nicht in Ordnung ist, wenn Sie diesen Eindruck gerade vor jun- (Glück (CSU): Aber er hat auch eine Mehrheit gen Menschen zu erwecken versuchen. Schulversuche, gebraucht! – Dr. Hahnzog (SPD): Vom Volk!) meine Damen und Herren, sind grundsätzlich Angele- genheiten, die in den Kompetenzbereich der Exekutive fallen. Schulversuche gibt es in Bayern, Schulversuche Knauer (CSU): Jawohl, ist bekannt. gibt es aber auch in Nordrhein-Westfalen, in Niedersach- sen und in anderen Bundesländern. Das Nächste. Herr Dr. Hahnzog, wenn ich Sie heute das erste Mal erleben und von hier oben reden hören würde, (Zurufe von der SPD: Schleichende Einführung! – Glocke des Präsidenten) (Werner (SPD): Mit Genuss!) Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2335 dann würde ich wirklich glauben: Das ist ein Mann, der Sie haben das Beispiel einer Teilhauptschule angeführt, hat überhaupt keine Hintergedanken. Das ist die Aufrich- die aufgelöst wurde. Ich nehme das einmal so als Tatsa- tigkeit in Person. che, wie Sie das dargestellt haben. Sie sagen, die Auflö- sung sei eine Folge der sechsstufigen Realschule gewe- (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Starzmann sen. Herr Kollege Odenbach, die Auflösung war wohl in (SPD): Das schätzen Sie richtig ein, Herr Knauer!) erster Linie auf die demografische Entwicklung in dieser Schule zurückzuführen. Möglicherweise haben einige Aber das war mir heute schon neu, dass Sie aufgrund Übertritte dazu geführt, dass die Mindestschülerzahl von Ihrer Großzügigkeit die Bürokratie oder die Gerichte 15 nicht mehr zusammenkam. Herr Kollege Odenbach, nicht bemühen wollen. Wenn Sie die Chance gesehen was wäre denn bei dem Modell geschehen, das Sie so hätten, rechtlich gegen die Staatsregierung vorzugehen, unterstützen? Da betreiben Sie Augenwischerei.

(Starzmann (SPD): Innerhalb von 14 Tagen!) Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen dann wären Sie der Letzte gewesen, lieber Herr Dr. Odenbach? Hahnzog, der dieses Instrument nicht in Anspruch genommen hätte. (Zurufe von der CSU: Nein! – Zuruf des Abgeordne- ten Odenbach (SPD)) (Zuruf Dr. Hahnzog (SPD): Ich war so blauäugig zu glauben, ein Berichtsbeschluss sei auch für die CSU eine Richtschnur!) Knauer (CSU): Vor Ihnen habe ich nie Angst, Herr Kol- lege Odenbach. Herr Dr. Hahnzog, ich empfehle Ihnen, sich den Beschluss des Ausschusses für Bildung, Jugend und (Zuruf des Abgeordneten Odenbach (SPD) – Fort- Sport noch einmal anzusehen. Ich glaube, es ist der gesetzte Unruhe) dritte Spiegelstrich, in dem sogar voll inhaltlich Bezug genommen worden ist auf ein KMS zu diesem Volksbe- Nach Ihrer Darstellung würde die Aufbaustufe die klei- gehren und in dem dieses KMS noch einmal bestätigt nen Schulen retten. Ich sage Ihnen: Die Aufbaustufe, wurde. Das will ich nur der Vollständigkeit halber sagen. kombiniert mit dem uneingeschränkten Elternwillen, wird viel stärker zur Gefährdung der Existenz kleiner Schulen führen als die Einführung der sechsstufigen Realschule. Kolleginnen und Kollegen von der SPD! Sie haben heute Die Erfahrungen in Rheinland-Pfalz und in Hessen spre- ein wirklich rührendes Bild zu zeichnen versucht, wie chen eine ganz deutliche Sprache. Herr Kollege Oden- ungerecht die Welt doch ist, welche Scharlatane auf bach, als 1990/1991 in Rheinland-Pfalz der Elternwille unserer Seite sitzen und wie hochanständig Sie auf der für den Wechsel in andere Schullaufbahnen freigegeben anderen Seite agieren. wurde, ging die Zahl der Kinder, die nach der Grund- schule auf die Hauptschule wechselten, von 40% auf (Zurufe von der SPD) 25,8% zurück. Wie wollen Sie bei solchen Schülerrück- gängen, die in Bayern nicht anders sein werden als in – Herr Kollege Schuhmann, ich halte Sie für einen wirk- Rheinland-Pfalz oder in Hessen, als Retter der heimat- lich fairen Kollegen. nahen Beschulung auftreten? Herr Kollege Odenbach, das ist nicht fair, und das kritisiere ich. (Beifall des Abgeordneten Werner (SPD)) (Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Ich glaube Ihnen, wenn Sie sagen, Sie hätten bei Ihren Odenbach (SPD)) Veranstaltungen wirklich Fairness walten lassen. Bei mir im Landkreis Aichach-Friedberg hat der BLLV eine Sie sprechen von verstärkten Mitbestimmungsmöglich- Reihe von Veranstaltungen initiiert, auch über Elternbei- keiten der Eltern. Wenn man den Eltern künftig die Mög- räte angeregt. Mit Ausnahme von zwei Veranstaltungen, lichkeit geben will, ihr Kind ungeachtet jeder Notengren- bei denen die CSU in letzter Minute auf die Elternbeiräte zen und ungeachtet jeden Rates der Lehrer auf das zugegangen ist, gab es keine einzige Einladung an die Gymnasium oder die Realschule zu schicken, dann andere Seite. Hier wurde ein Spielfeld lediglich für den haben Sie Recht. BLLV-Kreisvorsitzenden oder für Vertreter des BLLV eröffnet. Sie dürfen also nicht einäugig sein; Herr Kol- (Fortgesetzte Unruhe) lege Schuhmann, blind sind Sie ohnehin nicht. Interessant ist die Argumentation, dass man in der 4. (Heiterkeit – Unruhe) Jahrgangsstufe noch nicht wisse, ob ein Kind für eine spätere Laufbahn in der Realschule geeignet sei. Nach Herr Kollege Odenbach, ich war schon erstaunt, dass den Ferien aber sollen die Lehrkräfte in der Aufbaustufe Sie als Schulmann, als ehemaliger Lehrer hier so tun, als wissen, wer in den Genuss der zusätzlichen Fördermaß- wäre Ihre Meinung das Nonplusultra und es gäbe keine nahmen kommen kann und wer nicht. Hier sind die Gegenargumente. Eltern plötzlich überhaupt nicht mehr gefragt. Mit der Freigabe des Elternwillens hieven Sie Kinder auf eine (Hofmann (CSU): Das ist ein Lehrer, einmal Lehrer, Plattform, auf die sie von ihrer Leistung her nicht hinge- immer Lehrer!) hören. Sie verdonnern die Kinder dazu, ein Jahr dort zu 2336 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 bleiben und ein Jahr Stress zu erleben. Anschließend (Zurufe von der CSU: Oh!) haben die Eltern nichts mehr zu melden: Nach dem Gesetzentwurf des BLLV entscheidet das Kollegium, ob Meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU, Sie tra- das Kind wiederholt oder an eine andere Schule verwie- gen nichts dazu bei, das zu verhindern. Sie halten sich sen wird. noch nicht einmal an Ihre eigenen Beschlüsse, die Sie im Ausschuss gefasst haben. Das ist in unserer Demo- Meine Damen und Herren, all das rechtfertigt eine Auf- kratie ein trauriges Bild. klärung durch die Bayerische Staatsregierung, auch in der Hinsicht, dass falsch ist, was Sie in letzter Zeit geäu- ßert haben. Es ist zum Beispiel unzutreffend, dass es (Beifall bei der SPD) eine weitere Übertrittsmöglichkeit nach der 5. Jahr- gangsstufe geben soll. Sehen Sie sich einmal die Schau- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekre- bilder des BLLV an, die heute noch im Internet abrufbar tär Freller hat ums Wort gebeten. sind. Denen zufolge ist nach der 5. Jahrgangsstufe kein Übertritt vorgesehen. Die letzte Ausgabe des „Bayeri- schen Junglehrers“ enthält plötzlich ein neues Schaubild (Hoderlein (SPD): Wenn es denn der Wahrheitsfin- – weil der große Präsident Dannhäuser offensichtlich dung dient!) gemerkt hat, dass die vorgesehene Regelung Ärger bereitet –, in dem ein kleiner Pfeil nach der 5. Jahrgangs- Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Frau Präsi- stufe auf den weiteren Übertritt aufs Gymnasium hin- dentin, Hohes Haus! Die Beiträge, die teilweise von der weist. Herr Kollege Odenbach, der Gesetzestext sieht linken Seite kamen, waren des Themas nicht würdig. Ich einen solchen Übertritt nicht vor. sage das ganz bewusst. Es geht hier um Perspektiven von jungen Menschen, und ich habe den Eindruck, dass (Fortgesetzte Unruhe) das Thema von Ihrer Seite nicht mit der nötigen Ernst- haftigkeit angegangen wird. Ich sage das deutlich, weil Diese Punkte, über die wir auch hätten diskutieren kön- es mir sehr wichtig ist, dass wir die „Bildungsoffensive nen, verschweigen Sie draußen. Bayern“ verwirklichen können, weil sie die besseren Per- spektiven für junge Menschen schafft. Ich sehe es als Herr Kollege Hahnzog, Sie sind offensichtlich nicht vor Verpflichtung an, dass sich der Landtag ernst und inten- das Verfassungsgericht gegangen. Dafür werden Sie siv mit den inhaltlichen Fragen befasst und dass sicher- gute Gründe gehabt haben. gestellt wird, dass die Bildungsoffensive mit ihren Kon- sequenzen der Öffentlichkeit klar und verständlich dar- (Fortgesetzte Unruhe – Glocke des Präsidenten – gelegt wird. Zuruf des Abgeordneten Dr. Hahnzog (SPD)) Eltern und Schüler erwarten von uns völlig zu Recht, Der Schluss liegt nahe, dass die Staatsregierung ihren dass wir intensiv und ausführlich darüber aufklären, wie Spielraum nicht überschritten hat. Daher sehe ich keinen sich die bayerische Bildungspolitik in den nächsten Jah- Grund, Ihrem Antrag zuzustimmen, zumal ich keine ren gestaltet. Wir tun dies in einer sehr dialogbereiten unwahren Behauptungen in dieser Broschüre finden Form. Die Ministerin, ich, die Kollegen aus der Fraktion konnte. und insbesondere alle, die dienstlich mit der Schulreform befasst sind, bemühen sich, aufzuklären, zu informieren (Beifall bei der CSU) und die Eltern zu beraten. Jedes Kind, das durch die Bil- dungsoffensive einen Weg einschlägt, der den eigenen Begabungen, Neigungen und Fähigkeiten besser ent- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Frau Kollegin spricht, hat mehr Chancen für seine Zukunft. Je mehr Radermacher hat sich zu Wort gemeldet, bitte. Kinder und Eltern wir entsprechend beraten können, umso besser ist das letztlich für viele junge Menschen. Frau Radermacher (SPD) (von der Rednerin nicht auto- Diese Verpflichtung haben wir, und wir nehmen Sie risiert): Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur drei Anmer- ernst. kungen zum Abschluss dieser zweistündigen Debatte, die Folgendes gezeigt hat: Erstens. Die Staatsregierung Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin nicht denkt überhaupt nicht daran, sich an Gesetze zu halten. bereit, einige Vorwürfe hier im Raum stehen zu lassen. Deshalb habe ich mich zu Wort gemeldet. Wenn wir (Lebhafter Widerspruch bei der CSU – Zustimmung bemerken, dass politische Einflussnahme betrieben bei der SPD) wird, dann greifen wir ein. Das ist keine Frage. Es gibt auf beiden Seiten eine Reihe von Rügen. Wir haben Zweitens. Die Staatsregierung denkt überhaupt nicht auch eingegriffen, als schulfrei gegeben wurde, damit daran, sich an Beschlüsse des Landtags zu halten. die Betreffenden zu einer Veranstaltung des Aktions- bündnisses fahren konnten. Auch im umgekehrten Fall (Widerspruch bei der CSU – Zustimmung bei der greifen wir ein. Ich stelle da allerdings fest, man kann SPD) nicht immer so eingreifen, wie man es sich vorstellt, weil vieles subtil geschieht – möglicherweise auf beiden Sei- Drittens. Die Staatsregierung behindert das Volksbegeh- ten- und in solchen Fällen die Möglichkeiten der Schul- ren. aufsicht begrenzt sind. Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2337

Ich möchte auch sagen, es stört mich an der Debatte, mit Ganze an einer Privatschule abgespielt hat. Damit sind welcher Einseitigkeit sie gerade von der Opposition unsere Möglichkeiten, einzuschreiten, begrenzt. Ich geführt wird. Ich schließe nicht aus, dass es an Real- biete Ihnen gern an, dass wir der Angelegenheit nachge- schulen oder Gymnasien Flugblätter oder Veröffentli- hen, wenn Sie uns die Unterlagen aushändigen. chungen gibt, die nicht in Ordnung sind. Ich bitte aber, in gleicher Weise festzustellen, dass es mindestens die Ich möchte noch auf etwas anderes hinweisen, das mir gleichen Verstöße auch im Bereich der Volksschulen wichtig ist. Es besteht für die Staatsregierung bzw. für und des BLLV gibt. das Kultusministerium ein Sachlichkeitsgebot, kein Neu- tralitätsgebot. Die rechtliche Lage ist eindeutig und (Beifall bei der CSU) unzweifelhaft fest gehalten. Ich kann nur an die Ent- scheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Ich weise darauf hin, in welch subtiler Weise man sich an vom 19. Januar 1994 erinnern, in der das verbindlich die Eltern von Kindergartenkindern wendet. festgelegt ist.

(Frau Werner-Muggendorfer (SPD): Dürfen die nicht Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekre- entscheiden, weil sie kleine Kinder haben?) tär, der Herr Kollege – – Man hat Briefe an Omas und Opas verschickt und einen Schulbusfahrer munitioniert, damit er die Flugblätter des Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Nein, BLLV an die Kinder im Bus verteilt. Ich frage mich wirk- momentan nicht. lich, ob jeder Lehrer die Grenze zwischen seinem dienst- lichen Verhalten und seiner verbandlichen Freiheit Ich wehre mich dagegen, dass den Juristen unseres kennt. Hauses eine unsachliche und unsaubere Behandlung der Angelegenheit unterstellt wird. Wir arbeiten genau, (Beifall bei der CSU) denn wir möchten uns nichts vorwerfen lassen. Außer- dem befinden wir uns in einem Rechtsstaat. Wenn Sie Mit Kindern umzugehen, ist eine sehr verantwortliche die Sache prüfen lassen wollen, rufen Sie die Gerichte Tätigkeit. Vor allem bei der politischen Einflussnahme ist an, aber stellen Sie in der Öffentlichkeit keine Behaup- in höchstem Maß Verantwortung gefragt. Ich kann nur tungen auf, die Sie nicht beweisen können. fordern und wünschen, dass die Thematik in den näch- sten Tagen nicht eskaliert und wir möglicherweise noch Ansonsten möchte ich noch darauf hinweisen, dass die mehr Kummer und Ärger bekommen. Wenn die Sache in Befragungen der Bürgerinnen und Bürger durch die einen Volksentscheid münden sollte, würde es uns in der Medien in den letzten Tagen – ich verweise auf die „Süd- Tat wehtun, dass wir ein halbes Jahr lang große Pro- deutsche Zeitung“ von gestern – ergeben haben, dass bleme mit den entsprechenden Werbemaßnahmen hät- viele Leute hingegangen sind, ohne genau zu wissen, ten. welchen Inhalt das Volksbegehren hat.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Schuhmann (SPD)) Meine Damen und Herren, wenn in der Öffentlichkeit geworben wird in dem Stil, dass man den „Großkopfer- – Herr Dr. Schuhmann, Sie haben mich heute in einer ten“ und der CSU ans Zeug flicken muss, und damit die nicht fairen Art und Weise angegriffen. Sie waren Zukunft unserer Kinder beeinflusst wird, dann ist das unsachlich, was meinen Beitrag anbelangt. Herr nicht in Ordnung. Dr. Schuhmann, ich schätze Sie menschlich sehr, aber Ihr Beitrag meine Rede betreffend war nicht in Ordnung. (Beifall bei der CSU) Das haben viele Kollegen festgestellt, und Sie müssen ehrlich zugeben, Sie waren in diesem Punkt nicht Wenn jemand hingeht, sich einträgt und unterschreibt, anständig. dann erwarte ich, dass er weiß, für was er sich einträgt, denn die Folgen sind nicht reversibel. Ich betone, wir (Beifall bei der CSU – Unruhe bei der SPD) haben zum allerersten Mal den Fall, dass mit einem Ent- wurf, der allein von einem Lehrerverband stammt, fast das komplette Bayerische Schulgesetz ausgewechselt Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatssekre- werden soll. Das heißt, dass ein rein von Standesinter- tär, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kolle- essen dominierter Entwurf in Zukunft das Bayerische gen Dr. Schuhmann? Schulgesetz ersetzen soll.

Staatssekretär Freller (Kultusministerium): Ich will im (Unruhe) Augenblick keine Zwischenfragen beantworten. Ich möchte nur noch auf einige Vorwürfe, die mir gemacht Das heißt, die gesamte bayerische Schullandschaft – wurden, eingehen. Eltern, Schüler, Schulen, Kommunen usw. – muss in Zukunft nach der Pfeife eines einzigen Lehrerverbandes Ich habe nachfragen lassen, aber der Fall, der vorhin tanzen und der Landtag und die Staatsregierung haben genannt wurde und in dem es um BSE geht, ist der nicht die Chance, das zu korrigieren. zuständigen Stelle im Hause nicht bekannt. Ich würde darum bitten, dass uns die Unterlagen übergeben wer- (Frau Renate Schmidt (SPD): Damit beleidigen Sie den. Allerdings war vorhin zu hören, dass sich das 42 Organisationen! – Unruhe) 2338 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Verehrte Frau Schmidt, es mag die Meinung der Jusos Die Enthaltung-Urne befindet sich auf dem Stenografen- von München und anderer sein, dass ein solches Schul- tisch. gesetz richtig ist; andere Organisationen haben eine ganz andere Auffassung. Die künftigen Arbeitgeber der Mit der Stimmabgabe kann begonnen werden. Hierfür jungen Leute, nämlich das gesamte bayerische Hand- stehen fünf Minuten zur Verfügung. werk und alle bayerischen Industrie- und Handelskam- mern haben sich hinter unsere Bildungsoffensive gestellt (Namentliche Abstimmung von 16.21 bis 16.26 Uhr) und das Volksbegehren eindeutig abgelehnt. Ich bitte, das auch nach außen zu tragen, denn es ist mir für die Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstim- berufliche Zukunft der Kinder wichtig. mungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermit- telt. Ich gebe es später bekannt. (Beifall bei der CSU) Ich darf eine Bitte des Stenografischen Dienstes bekannt Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einmal darum bit- geben: Die Niederschriften des zweiten Teils der heuti- ten, dass sich alle darüber kundig machen, was in die- gen Sitzung sind nicht mehr bis zum Sitzungsende fertig sem Entwurf steht. Für unsere Jugend steht zu viel auf zu stellen, weshalb sie den Rednern im Plenarsaal auch dem Spiel. nicht mehr zugestellt werden können. Aus diesem Grunde bitte ich die Redner, von den am Rednerpult Damit auch die Mehrheit in diesem Hause einmal mitbe- ausliegenden gelben Formularen Gebrauch zu machen, kommt, wie die Meinungsbildung bei SPD und BLLV falls sie die Niederschriften an eine Adresse außerhalb vonstatten geht, will ich Ihnen jetzt noch schildern, was des Hauses zur Korrektur übermittelt haben wollen. sich in Schwabach bei einer gemeinsamen Veranstal- tung zugetragen hat. SPD und BLLV haben gemeinsam Liebe Kollegen und Kolleginnen, ich bitte Sie, die Plätze – zur Zeit gibt es sowieso nur noch „Doppelpack-Einla- wieder einzunehmen. dungen“ – Eltern, Schüler und Lehrer zu einer so genannten Informationsveranstaltung in Schwabach ein- Ich rufe auf: geladen. Diese ist folgendermaßen abgelaufen: Es spra- chen Herr Wenzel, Herr Neumann und Frau Helga Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig, Schmitt, die heute nicht hier ist. Dann wurde eine Viertel- Dr. Dürr und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) stunde lang ein Rap-Tanz aufgeführt. Anschließend war eine Viertelstunde lang Pause. Als dann die anwesen- Erhalt des Platterhofs auf dem Obersalzberg (Druck- den Eltern und Lehrkräfte öffentlich diskutieren wollten, sache 14/2908) hat es geheißen, eine Diskussion sei nur in den Saalek- ken mit den einzelnen Referenten möglich. Einem Real- Ich eröffne die Aussprache und bitte um Wortmeldun- schullehrer, der sich aufgeregt hat, dass man nicht ein- gen. – Herr Dr. Dürr, bitte. mal seine Meinung sagen könne, wurde bedeutet, man lade doch nicht zu einer eigenen Veranstaltung ein und schaffe dann Gegnern den Rahmen, ihre Meinung zu Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frau Präsiden- verbreiten. Wenn das Demokratie ist, dann hört es sich tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der Diskussion bei mir auf. um den Platterhof geht es nicht bloß um irgendein Gebäude irgendwo an der Grenze zu Österreich, son- (Unruhe) dern um eine offensive Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit. So laufen Ihre Veranstaltungen ab. Etliche Leserbriefe Der Platterhof auf dem Obersalzberg darf nicht abgeris- dokumentieren das. Meine Ministerin und ich sowie etli- sen werden, weil wir glauben, dass wenigstens ein grö- che andere hier im Saal stellen uns jeden Abend den ßeres Gebäude sichtbar daran erinnern muss, welche Bürgern. Wir versuchen, mit großer Ernsthaftigkeit und Rolle der Obersalzberg im Nationalsozialismus gespielt Sachlichkeit Rede und Antwort zu stehen. Etliche Perso- hat. Die nationalsozialistische Vergangenheit lässt sich nen können bestätigen, dass ich oft bis in die Nacht hin- nicht einfach ausradieren. Es nützt nichts, wenn man ein keiner Frage ausweiche. Ich sage noch einmal deut- Gebäude, die an diese Zeit erinnern, einfach dem Erdbo- lich, wir werden uns nicht beirren lassen, im Rahmen der den gleichmacht. Über diesen Teil unserer Geschichte Aufklärung an den Schulen deutlich zu sagen, was wir wächst kein Gras. Nur wer sich dieser Geschichte stellt mit der „Bildungsoffensive Bayern“ wollen und welche und sich mit ihr offensiv auseinander setzt, wird von ihr Gefahren bestünden, wenn das Volksbegehren zum nicht eingeholt. Zuge käme. Wie ich gehört habe, stehen vor dem Platterhof schon (Lang anhaltender Beifall bei der CSU) die Bagger. Die Staatsregierung hat es mit dem Abriss furchtbar eilig. Ein großer Teil der Berchtesgadener Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Wir kommen nun Bevölkerung hat in den letzten Wochen erkannt, wie zur Abstimmung. Die Fraktion der CSU hat beantragt, wichtig der Erhalt des Platterhofs ist. Aber man will dort über den Dringlichkeitsantrag namentlich abstimmen zu offenbar möglichst vollendete Tatsachen schaffen. lassen. Für die Stimmabgabe sind die gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die Ja-Urne steht auf der Oppositi- Der Obersalzberg ist ein Ort, an dem sich das Mas- onsseite, die Nein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion. senphänomen Nationalsozialismus, seine Mechanismen Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2339 und die Folgen studieren lassen. Wie es dazu kam, dass imageschädigend empfunden. Deshalb wurden 1995 die das deutsche Volk den Versuch, Menschen als unwert noch vorhandenen Reste des Berghofs für viel Geld ent- auszusortieren und zu eliminieren und die Welt mit Krieg fernt. Der Ort hat damit jedoch nicht seine magische zu überziehen, in seiner überwältigenden Mehrheit kei- Anziehungskraft für Voyeure, Nostalgiker und Neonazis nen Widerstand leistete, sondern sich in großem verloren. Der Versuch, die Vergangenheit durch Spuren- Umfang daran beteiligte, ist etwas, womit wir uns ausein- beseitigung zu verschweigen, zu verdrängen und auszu- ander setzen müssen, wenn wir es nie wieder so weit löschen, ist, wie die Erfahrung auch an anderen Orten kommen lassen wollen. Nur so können wir unser demo- lehrte, zum Scheitern verurteilt. kratisches Gemeinwesen festigen und ausbauen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir haben allen Grund, uns mit dem grausamen und systematischen Unterfangen auseinander zu setzen, Der Erfolg der Dokumentationsstätte, die schließlich Menschen als unwert auszusortieren. Denn auch heute errichtet wurde, zeigt, gegen eine Mythenbildung hilft nur werden in Europa wieder Menschen ausgegrenzt, aus- eine offene und kritische Auseinandersetzung mit der gesondert und immer wieder auch ausgemerzt, weil sie NS-Vergangenheit. Die Erfahrungen, die bisher am einer Kategorie angehören, die zuvor konstruiert wurde. Obersalzberg gemacht wurden, bestätigen die Beobach- Diese Konstruktion einer bestimmten Menschenklasse, tung von Hans-Ernst Mittig über die NS-Architektur: Ein die man dann aussondert, erfolgt über viele Jahre, durch Abriss würde das, was jetzt noch überprüft werden kann, viele Reden, durch leichtfertige Reden, verharmlosende zur NS-Legende machen. Nur Information und ein ehrli- Reden, aber auch aggressive Reden, Hetzreden. cher Umgang mit der Geschichte dieser Orte bieten die Chance, Mythenbildung zu verhindern und dem Spuk Solche Reden dürfen wir nicht dulden. Wir dürfen es der Ewiggestrigen ein Ende zu machen. nicht dulden, dass Menschen aus der Gesellschaft aus- gegrenzt werden, weil sie angeblich zu bestimmten (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Gruppen gehören. Wir müssen den Hetzern entgegen- treten, die gegen bestimmte Gruppen Stimmung Die Tatsache, dass am Obersalzberg mit dem Platterhof machen, seien es nun Moslems, Türken oder sonstige ein noch größeres Gebäude steht, an dem diese als fremdländisch definierte Gruppen. Wir stellen uns Geschichte noch lebendig erfahrbar ist, ist ein Glücksfall. allen Versuchen entgegen, die bayerische Bevölkerung Professor Paul Thiersch wies jüngst darauf hin, dass im in Menschen erster und zweiter Klasse zu spalten. Wer Untersberg nichts Materielles von Karl dem Großen hier wohnt, soll sich hier zu Hause fühlen können. stamme, sein Geist aber dennoch immer darin hausen werde. Der Obersalzberg und Hitler werden noch lange (Beifall der Frau Abgeordneten Scharfenberg ein Begriffspaar bleiben. Dem muss und will sich die (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Gemeinde offensiv stellen. Davon könnte auch ein längst fälliges Konzept für den Touris- Das Aussortieren und Ausgrenzen von Menschen ist die musraum Berchtesgaden profitieren. erste und entscheidende Stufe auf dem Weg in eine inhumane Gesellschaft. Das dürfen wir nicht dulden. In Der Abriss des Platterhofs ist Teil des Erbpachtvertrages der deutschsprachigen Politik spielen gegenwärtig zwei mit der Gewerbegrund. Die Voraussetzungen für die ver- Methoden eine Rolle, die gleichermassen in gefährlicher traglichen Verpflichtungen der Gewerbegrund, den Plat- Weise mit der nationalsozialistischen Vergangenheit terhof abzureißen, sind entfallen; denn das geplante hantieren. Zum einen wird mit menschenverachtenden Hotel soll mittlerweile an anderer Stelle errichtet werden. Denk- und Sprachmustern gezündelt. Gegen alles, was Die Neukonzeption bzw. die Verlagerung des Hotels als fremdgeartet gilt, bestehen Ressentiments. Das ist macht den Erhalt des Platterhofs möglich und sinnvoll. der so genannte „Feschismus“ Haiders. Dieser rührt den Wir stehen heute vor vollendeten Tatsachen. Dem braunen Bodensatz auf, um im Trüben fischen zu kön- Abriss-Beschluss des Haushaltsausschusses bzw. dem nen. Aber die Methode, Sachen zu sagen, die angeblich Vertrag lag der Plan zugrunde, das Hotel am selben Ort nie so gemeint waren, wie sie gemeint waren, wird auch zu bauen. bei uns immer gängiger. Es gibt auch noch die Gnade der späten Geburt. Auch diese Art zu sprechen und zu (Ach (CSU): Das ist nicht wahr!) denken breitet sich bei uns immer mehr aus. Immer lau- ter wird gerufen: „Wir haben damit nichts zu tun. Einmal – Das ist schon wahr. Herr Finanzminister muss Schluss sein.“ Dort fängt es an. Prof. Dr. Faltlhauser hat am 20. November 1998 von einem Hotelbau mit etwa 200 Zimmern gesprochen, der Am Obersalzberg wurde immer wieder versucht, den anstelle des ehemaligen General-Walker-Hotels, also „Schandfleck“ loszuwerden, das Stigma „Hitler“ auszura- dem Platterhof, entstehen solle. Herr Finanzminister dieren. Schon 1952 wurde der Hitlers wegge- Prof. Dr. Faltlhauser hat weiter gesagt, das alte sprengt. Damit wurde man das Problem der Wallfahrer, Gebäude sei mit seinem Grundriss für einen modernen die zu nationalsozialistischen Gedenkstätten fahren, Hotelbetrieb ungeeignet und würde einen unwirtschaftli- nicht los. Im Gegenteil, damit wurde erst richtig sichtbar, chen Sanierungsaufwand erfordern. Also wurde geprüft, dass die NS-Vergangenheit totgeschwiegen und tabui- ob das Hotel errichtet werden kann. Das Ergebnis war, siert werden sollte. Damit wurden die Neugierigen ange- dass ein Abriss unumgänglich sei. lockt. Mit diesen Wallfahrern wurde ein schwunghafter Handel mit Devotionalien, Erinnerungsstücken und idylli- Inzwischen ist ein Neubau an einer weit entfernten Stelle schen Bildbänden betrieben. Irgendwann wurde dies als geplant. Das bedeutet, man hat sich offenbar von dem 2340 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 ursprünglichen Plan verabschiedet. Der planende Archi- ablesbar und sichtbar. Man kann deutlich erkennen: das tekt, Herr Kochta, hat erklärt, der vorgesehene Standort, war einmal ein Nazi-Gebäude war; danach waren die also der Standort Platterhof, sei für die Ansprüche eines Amerikaner seine Herren; gehobenen Hotels zu schattig. Nach Aussage des pla- nenden Architekten, Herbert Kochta, würde ein Erhalt jetzt ist beides vorbei. Die amerikanisierte Fassung des oder Teilerhalt des Platterhofs die Planungen in gar kei- Platterhofs entspricht von der Aussage her in etwa den ner Weise beeinträchtigen. Natürlich geht es auch um Inschriften der russischen Sieger, die im Reichstag Kosten. Die Abbruchkosten sind ein Teil des Vertrages. erhalten und in die Neugestaltung einbezogen wurden. Es sollte jedoch nicht schwer sein, in Verhandlungen mit Das Ende des tausendjährigen Reiches ist sichtbar in der Gewerbe-Grund zu erreichen, dass diese ihre ver- Stein geschrieben. Dazu kommt, dass der Kontrast zwi- traglichen Verpflichtungen auf andere Weise erfüllt. schen der relativen Bescheidenheit des Erholungszen- trums, auf das die Nazis so stolz waren, zu heutigen Am Platterhof lässt sich beispielhaft die wechselhafte Standards von Wohlfahrt oder gar Luxus gerade Geschichte des Obersalzbergs ablesen. An dieser Stelle Jugendlichen überdeutlich macht, dass diese Phase liegt die Wiege des Fremdenverkehrs im Berchtesgade- deutscher Großmachtansprüche endgültig vorbei ist. ner Raum. An diesem Ort wurde 1878 die Pension Dieser Eindruck wird noch massiv verstärkt durch die Moritz eröffnet. Teile der historischen Bausubstanz wur- Beengtheit, Kleinkariertheit und manische Verbohrtheit den bei der Vorbereitung der Abbrucharbeiten am Plat- der Bunkeranlagen. Solche anschaulichen Erfahrungen terhof wieder gefunden. Der Platterhof bietet also Gele- sind wichtiger und einprägsamer als aller Unterricht. genheit, die Geschichte des Fremdenverkehrs am Ober- salzberg darzustellen. Gleichzeitig kann am Platterhof (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) demonstriert werden, warum die schöne Idylle des Ober- salzbergs sich für die Zwecke der Nazis eignete. Nach Die Diskussion um den Erhalt des Platterhofs muss im 1936 wurde der Platterhof zu einem Hotel mit etwa 150 Zusammenhang mit der seit einem halben Jahr beste- Betten umgebaut. Verdiente Volksgenossen sollten hier henden Dokumentationsstätte gesehen werden. Die Ein- für den symbolischen Übernachtungspreis von 1 Mark richtung der Dokumentationsstätte ist ein Erfolg. Das pro Tag einige Tage in der Nähe des Führers verbringen zeigen die enormen Besucherzahlen. Die Konzeption dürfen. der Ausstellung ist gelungen und, man kann auch sagen, einmalig. Sie stellt den idyllischen Ort und die Funktion, Heutzutage ist unumstritten, dass Opferorte erhalten die er für die Nazipropaganda spielte, auf beeindruk- und zugänglich gemacht werden müssen. Das Gleiche kende Weise in den Zusammenhang der nationalsoziali- gilt aber auch für Täterorte. Der Obersalzberg ist ein sol- stischen Diktatur und ihrer Folgen. Die Ausstellung cher Täterort. Am Platterhof wird für die nachwachsen- wurde ein Erfolg. Sie wurde ein Erfolg trotz aller Versu- den Generationen begreifbar, welche Rolle der Ober- che, das Ärgernis da oben möglichst klein und unauffäl- salzberg für die Ikonografie, also für den Führerkult der lig zu halten. Nazis, gespielt hat. Der Obersalzberg war ein wichtiges Element des Führerkultes des Dritten Reiches. Hier war Die Bevölkerung vor Ort wurde nicht in Konzeption und nicht nur die zweite Reichskanzlei in der Nähe, hier Entwicklung der Dokumentationsstätte einbezogen. Die konnte sich der Führer auch volks- und naturnah geben. Architektur schmiegt sich möglichst unauffällig in die Die Bilder vom Führer auf dem Obersalzberg spielten Landschaft. Bis heute gibt es keine Hinweise auf den eine wichtige Rolle für das Trugbild einer heilen Welt. Ort. Mit der jetzigen Ausstattung kann die Dokumentati- onsstätte nicht den Anforderungen der vielen Besuche- Der Kontrast zwischen oberirdischem Erholungsort und rinnen und Besucher gerecht werden. Bisher über unterirdischen Bunkern, die man dort besichtigen kann, 20000 Besucherinnen und Besucher, darunter bis zu ist die beeindruckendste Erfahrung, die Besucher am 1700 pro Tag, bedeuten einen Erfolg, der dieses Kon- Obersalzberg machen können. Die Dualität von heiler zept bestätigt. Welt und unterschwelliger Grausamkeit wird am eigenen Körper erfahren. Wenn man zu den Bunkeranlagen hin- Gleichzeitig stellt dieser unerwartete Erfolg aber eine absteigt, wird es spürbar kälter. Dort unten herrscht eine ungeheuere Belastung für die Dokumentationsstätte und beklemmende Atmosphäre. Dieses Himmel- und Hölle- für die Besucherinnen und Besucher dar. Die Räume konzept ist das Beeindruckendste an diesem Ort. Der sind einfach zu klein. Werden diese Engpässe nicht Himmel für die guten Deutschen, die Hölle für die min- behoben, sind auf Dauer Erfolg, Konzept und schließlich derwertigen Rassen. Wenn man den Platterhof in dieses auch das Inventar der Dokumentationsstätte gefährdet. Konzept einbeziehen würde, würde die physische Erfah- Es sind zu viele Leute für zu wenig Platz. Selbst in der rung noch verstärkt werden. besucherschwachen Jahreszeit ist, wie jeder, der einmal hinauffährt, ohne weiteres feststellen kann, die Doku- Der Platterhof war beinahe 50 Jahre als General-Wal- mentationsstätte hoffnungslos überlastet. Sie muss drin- ker-Hotel ein so genanntes Armed-Forces-Recreation- gend bedarfsgerecht ausgestattet werden. Center für amerikanische Soldaten und deren Familien. Wir sind für den Erhalt des Platterhofs in seinem jetzi- Dazu gehören insbesondere zusätzliche Räumlichkei- gen, amerikanisierten, Zustand. Auch die amerikanische ten. Dann könnte die Ausstellung auch um wichtige Besatzungszeit ist Teil unserer Geschichte. Die amerika- Aspekte erweitert werden. Die Geschichte der Weimarer nische Besetzung brachte den schlimmsten Abschnitt Republik könnte unter dem Aspekt des Entstehens des der deutschen Geschichte zu seinem Ende. Am Nationalsozialismus dokumentiert und die Lokalge- Gebäude des Platterhofs ist diese Entwicklung für jeden schichte des Tourismus am Obersalzberg präsentiert Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2341 werden. Vor allem aber braucht die Dokumentations- (Zuruf des Staatsministers Prof. Dr. Faltlhauser) stätte Räumlichkeiten und auch Personal, um den enor- men Besucherandrang bewältigen zu können. Nur dann – Nein, das ist richtig. Erkundigen Sie sich bei Ihrem kann sie qualifizierte Präsentationen wie Sonderfilmvor- Ministerkollegen, beim Wissenschaftsminister. Es gibt führungen oder Vorträge für größere Gruppen leisten ein Schreiben des Wissenschaftsministers an das Lan- und vor allem Gruppen von Kindern und Jugendlichen desamt für Denkmalpflege, in dem klar die Position fest- pädagogisch betreuen. gesetzt wird: Erstens. Der Platterhof ist ein Denkmal. Zweitens. Der Platterhof steht in der Denkmalliste. Wir Eine Ausweitung der Dokumentationsstätte zu einer haben in Bayern allerdings etwas bayerische Verhält- internationalen Jugendbegegnungsstätte bzw. zu einem nisse, ja schon etwas südosteuropäische Verhältnisse. Fortbildungs- und Forschungszentrum wäre wünschens- wert. Ein Café oder eine Wirtschaft, in der die Besuche- (Heiterkeit bei der SPD) rinnen und Besucher ihre Eindrücke besprechen kön- nen, ist dringend erforderlich. Für all diese Zwecke wür- Wir haben eine Lösung gefunden, die ich für ausgespro- den sich die Gebäude oder Teile der Gebäude des Plat- chen südosteuropäisch-charmant halte: Der Platterhof terhofes eignen. Architekt Kochta hält es für kein Pro- steht in der Denkmalliste, aber die Denkmalliste ist in blem, dort Schlafplätze für 120 Jugendliche unterzubrin- diesem Punkt nicht veröffentlicht, und zwar mit der gen. Der Ausbau zu einer Begegnungsstätte könnte der durchaus charmanten Begründung, dass bei Veröffentli- Kern eines Tourismuskonzeptes werden, das für den chung der Denkmalliste beim Punkt Platterhof internatio- Berchtesgadener Raum dringend erforderlich ist. nal durchaus Missverständnisse entstehen könnten, wenn die Deutschen den Platterhof als ein Denkmal Das geplante Hotelprojekt wird den Berchtesgadenern betrachten, das, aus welchen Gründen auch immer, nicht dabei helfen, aus ihrer Tourismusmisere herauszu- einen Wert an sich darstellen würde. Ich gebe Ihnen kommen – darauf ist es gar nicht angelegt. Die Staatsre- auch völlig Recht, dass mit einem solchen Denkmal aus- gierung will nichts anderes als das leidige Thema so gesprochen empfindlich umgegangen werden muss und schnell wie möglich und endgültig vom Hals zu haben. nicht jede Forderung nach Erhalt des Denkmals aus Deshalb stehen die Bagger schon bereit; deshalb wohlerwogenen und guten Gründen erhoben wird. besteht sie auf dem Abbruch des Platterhofes, obwohl dieser, wie auch der planende Architekt erklärte, den Ich habe eine Podiumsdiskussion erlebt, bei der man Neubau gar nicht stört. Die neue Nutzung soll die alte sich durchaus fragen konnte, aus welchen Beweggrün- aus dem Bewusstsein der Menschen verdrängen. Dies den der eine oder andere den Erhalt des Denkmals, des wird aber nicht gelingen, und dies wird auch dem Frem- Gebäudes fordert. Da gibt es Gründe, die noch anstän- denverkehr nichts nutzen. Der vorgesehene Betreiber dig sind, wie die Beförderung des Fremdenverkehrs. legt es nur darauf an, Berchtesgaden in seiner weltum- Dieses Gebäude ist nämlich im Hinblick auf den Touris- spannenden Hotelliste zu haben. Die tatsächliche Bele- mus absolut nachgefragt; die Leute wollen es sehen. Es gung spielt eine untergeordnete Rolle. Man kalkuliert mit gibt verschiedene andere Gründe, die etwas unlauterer den Namen Berchtesgaden und Obersalzberg. Mit ihrem sind. Umgekehrt, Herr Staatsminister, bin ich durchaus Namen, der eine weltweite Marke ist, müssten auch die mit Ihnen einer Meinung, dass ich niemandem unter- Berchtesgadener wuchern und ihr Tourismuskonzept stelle, der zu der Entscheidung kommt, dass dieses entsprechend aufbauen. Denkmal beseitigbar ist, dass er es beseitigt, weil er etwa die Geschichte verdrängen möchte. Wir alle wis- sen, dass es unmittelbar nach dem Krieg Ministerpräsi- Eine erweiterte Konzeption der Dokumentationsstätte, dent Hoegner auf dem Obersalzberg war, der die Posi- die Teile des Platterhofs einbezieht, böte viele Chancen. tion vertreten hat, alle diese Nazireminiszenzen sollten, Die touristische Attraktivität des Berchtesgadener nachdem sie im Wesentlichen von den Amerikanern zer- Raums könnte gestärkt, der internationale Jugendaus- bombt waren, vollständig beseitigt werden. Niemand tausch gefördert, das Massenphänomen Nationalsozia- würde Ministerpräsident Hoegner unterstellen wollen, lismus weiter erforscht und das demokratische Bewusst- dass er durch diese Beseitigung etwa das Erinnern an sein wachgehalten werden. Deshalb fordern wir den die Geschichte des Nationalsozialismus verdrängen Erhalt des Platterhofs. wollte. Er wird seine guten Gründe gehabt haben, dafür zu plädieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) Wenn wir mit diesen Denkmälern heute umgehen müs- sen, sollten wir die Chancen solcher Denkmäler durch- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmel- aus nutzen. Die Grundsatzentscheidung zum Platterhof, dung: Herr Starzmann. Bitte. mit diesem Denkmal in einer bestimmten Richtung umzugehen, wird selbstverständlich Weiterungen in andere Fragen hinein haben. Beispielsweise gibt es Starzmann (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Frau ganz in der Nähe ein gegenüber dem Platterhof von der Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Bausubstanz weitaus besser erhaltenes Denkmal: die Bei dem Platterhof auf dem Obersalzberg handelt es ehemalige Reichskanzlei in der Gemeinde Bischofswie- sich nach dem Landesdenkmalschutzgesetz um ein sen, Ortsteil Stanggaß. Obwohl diese noch weitaus bes- Denkmal. Das steht fest. Dieses Denkmal ist in die Lan- ser erhalten ist, stehe ich auch dort nicht an zu sagen: desdenkmalliste eingetragen, zu dem Zwecke, es nicht Wenn es für ein solches Denkmal kein Konzept zum zu beseitigen. Erhalt gibt, nämlich den Nachkommen die Bedeutung 2342 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 des Denkmals zu vermitteln, die in beiden Fällen nur ordneten, gegen den Widerstand des CSU-Landrats und geschichtlich sein kann, da beide Gebäude architekto- gegen den Widerstand der Gemeinde dort eine Doku- nisch-künstlerisch überhaupt nicht wertvoll sind, dann mentationsstelle einzurichten. Gegen diese Widerstände kann das Denkmal nur erhalten werden, wenn ein ent- aber hat es die Staatsregierung durchgesetzt – dafür sprechendes Nutzungs- und Vermittlungskonzept für auch meine Anerkennung –, dass dort eine Dokumenta- den künftigen Betrachter vorgelegt werden kann. tionsstelle errichtet wird, von der der Landrat heute noch sagt: Ich war eigentlich immer dagegen. Wenn das bei der ehemaligen Reichskanzlei in Bischofs- wiesen nicht der Fall ist, kann man sie beseitigen. (Grabner (CSU): Sie wollten eine Gedenkstätte!)

Wenn es beim Platterhof kein Konzept geben würde, um – Ach wo! Sie haben uns nur immer wieder unterstellt, dem Betrachter die Geschichte zu vermitteln – insge- dass wir eine Gedenkstätte wollten. In Wirklichkeit ging samt hat Herr Dürr völlig Recht, auch wenn man ihm in es uns um einen Ort des Bedenkens. So haben wir es Teilen nicht zustimmen kann –, hätte ich kein Problem, immer wieder dargestellt. Gott sei Dank ist es aber oft entgegen dem ursprünglichen Entscheid der Staatsre- so, dass umso vernünftiger gehandelt wird, je höher die gierung zu sagen, der Platterhof könnte abgebrochen Ebene liegt. Das war auch hier der Fall, und so ist diese werden. Ich habe das aber nicht herausgebracht, denn Dokumentationsstelle ein Erfolg geworden. Der Staats- ein Oppositionspolitiker hat es im Umgang mit der Baye- regierung gebührt auch Anerkennung dafür, dass sie die rischen Staatsregierung immer schwerer, wir werden nur Dokumentationsstelle über das Institut für Zeitge- deshalb behindert, weil wir Oppositionspolitiker sind. schichte hat entwickeln lassen. Über die Architektur Wenn ich der Staatsregierung einen Brief schreibe, dau- kann man mit Sicherheit streiten. Über gute Architektur ert es drei bis vier Wochen, bis ich eine Antwort kann man aber immer streiten. bekomme. Diese Dokumentationsstelle steht und jetzt ist klar (Zurufe von der SPD: Sechs bis acht Wochen!) geworden, dass die Räumlichkeiten für Gruppen mit Wissenschaftlern, Schülergruppen und dergleichen zu – Ja, sechs bis acht Wochen oder noch länger. Ich klein sind, um die Besuche der Dokumentationsstelle möchte nur eine Antwort auf die einfache Frage, ob in vor- und nachbereiten zu können. So einfach ist es diesem Vertrag steht, dass der Platterhof vom Erbbau- schließlich nicht, mit dem dort gezeigten Thema umzu- berechtigten beseitigt werden muss. Oder steht in dem gehen. Mein Informationsstand ist zwar auch hier nicht Vertrag nur, dass der Hof beseitigt werden kann? Denn absolut sicher, denn ich muss mich immer auf die Tröpf- davon hängt es ab, ob es noch einen Sinn macht, mit chen verlassen, die man der Staatsregierung aus der dem Erbbauberechtigten zu reden. Schließlich gibt es Nase ziehen kann. Dennoch solle nach meinem Informa- auch noch andere Konzepte. Herr Dürr hat zum Beispiel tionsstand in der Umgebung des Platterhofes eine neue darauf hingewiesen, dass der planende Architekt des Restauration entstehen, in deren Nebenräume genau Erbbauberechtigten erklärt hat, er habe überhaupt kein das stattfinden kann, wovon ich gerade gesprochen Problem, bei einem Gesamtkonzept für den Obersalz- habe. In diesen Räumen kann eben die Vor- und Nach- berg Teile des Platterhofes in eine vernünftige architek- arbeit für Besuchergruppen mit Wissenschaftlern oder tonische Gesamtlösung einzubinden. Herr Grabner Schülergruppen erfolgen. schüttelt den Kopf, obwohl er bei dem Gespräch nicht dabei war. Er kann es gar nicht wissen. Wenn es aber schon notwendig ist, eine Restauration mit Nebenräumen für solche Unterrichtsveranstaltungen (Grabner (CSU): Ich kenne es aber vielleicht besser zu errichten, frage ich mich schon, ob man nicht gleich als Sie!) mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen sollte. Wenn man schon ein Konzept hat, bei dem die Authentizität – Sie kennen es nicht besser. Sie können eine Äuße- der Gebäude mit dieser schweren Architektur erhalten rung, die Sie nicht gehört haben, nicht besser kennen als bleibt, frage ich mich, ob man nicht auch bei Errichtung ich, der ich sie selber gehört habe. der Zusatzräume so vorgehen und die Authentizität die- ser die Geschichte vermittelnden Gebäude in dieses (Grabner (CSU): Ich kenne aber den Sachverhalt Konzept für die Unterrichtsräume mit einbinden sollte. besser!) Schließlich wurde diese schwere Architektur zum Teil auch in dem luftigen Glasbau der Dokumentationsstelle – Wenn Sie noch besser sein wollen als der Architekt, erhalten, und dies offensichtlich vom Architekten auch müssten Sie den Auftrag übernehmen und es noch bes- ganz bewusst, um gewisse Eindrücke zu erwecken. ser machen als das Architekturbüro Kochta. Kochta jedenfalls sagt, dass er kein Problem habe, Teile des Deshalb sollte man sich von dem ursprünglichen Gedan- Platterhofes in ein architektonisches Konzept einzube- ken lösen und sich einer Überlegung nähern, von der es ziehen. Ich meine, dass es auch nur Teile sein können, im Berchtesgadener Land heißt, dass ihr auch die die einbezogen werden können. Staatsregierung bereits näher getreten sein soll. Ich bitte Sie also, auch dazu etwas zu sagen. Der Bagger, der vor Ich finde den Antrag der GRÜNEN deswegen richtig, wenigen Tagen aufgefahren ist, hat angefangen, beim weil sich die Verhältnisse gegenüber der ursprünglichen General Walker Hotel abzubrechen. Jetzt spricht man Entscheidung geändert haben. Erinnern wir uns zurück. aber davon, dass der von den Amerikanern „Skyline- Die ursprüngliche Entscheidung war sehr umstritten; sie Room“ genannte Raum und das dortige Eck erhalten sah vor, gegen den Widerstand der örtlichen CSU-Abge- bleiben sollen. Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2343

(Zustimmung von Staatsminister Prof. Dr. Faltlhau- Kreisverwaltungsbehörde entscheiden, ob das Denkmal ser) abgebrochen werden kann oder nicht. Es ist also relativ unerheblich, ob das Denkmal veröffentlicht oder einge- – Herr Faltlhauser, Sie nicken, das ist sehr erfreulich. Wir tragen ist. Hierfür gibt es im Baurecht eine entspre- kommen immer näher zusammen. Es ist wunderbar, chende Regelung. dass Sie hier verkünden können, genau das zu tun, was wir mit unserem Antrag letztendlich verfolgen. Gebäude- Viele der Bürgerinnen und Bürger wollen den Platterhof teile, die authentisch sind, sollen erhalten bleiben. oder Teile davon deshalb erhalten, weil sie meinen, dass dort das neue Hotel untergebracht werden könnte. Aber Ich möchte hier im Plenum keine Architekturdiskussion es ist mittlerweile ausreichend diskutiert und klar gewor- auslösen und behaupten, ich wüsste es besser als Sie. den, dass dies nicht geht. Aus dem Erbbaurechtsvertrag Sie sind offensichtlich auch ein Liebhaber architektoni- geht im übrigen auch hervor, dass die Gewerbebau ver- scher Diskussionen. Auch ich bin das, schon mein Beruf pflichtet ist, den Platterhof abzureißen. hat mich dazu gebracht, über solche Angelegenheiten leidenschaftlich zu diskutieren. Sie werden aber mit mir (Zuruf des Abgeordneten Starzmann (SPD)) übereinstimmen, dass hier nicht der Ort ist, um eine Kon- zeption für dieses Gelände zu entwickeln. Ich verlasse mich hier vielmehr auf die Staatsbehörden, die solche – Darauf komme ich noch zu sprechen. – Das jetzige Projekte betreuen. Ich verlasse mich auch auf die Archi- Nutzungskonzept am Obersalzberg ist folgendermaßen tekten. Es wäre aber sehr gut, wenn Sie hier erklären entstanden: Anfang 1995 haben die Amerikaner erklärt, könnten, dass Teile des ehemaligen Platterhof-Geländes dass sie ihre Liegenschaften am Obersalzberg aufgeben erhalten werden. Es gibt viele Teile, die künftig nicht als wollten. Anfang 1996 ist dann die Übergabe an den Frei- Wohn- oder Aufenthaltsräume benutzt werden, so zum staat Bayern erfolgt. Im Frühjahr 1996 gab es eine inter- Beispiel die Bögen unter den „Skyline-Rooms“, die durch nationale Ausschreibung dieses Areals am Obersalz- ihre Massivität den Größenwahnsinn im Baustil der Hit- berg für eine Nachnutzung. Im April des vergangenen ler-Zeit vermitteln können. Jahres beriet der Haushaltsausschuss des Bayerischen Landtags am Obersalzberg den vorliegenden Erbbau- Meiner Meinung war der Beschluss, den Hof wegzurei- rechtsvertrag mit der Firma Gewerbebau in Anwesenheit ßen, nicht falsch, so lange man nicht wusste, dass man der Vertreter der SPD und von Dr. Dürr von den GRÜ- mit diesen Gebäudeteilen auch Geschichte erklären NEN. Die Grundlage für diesen Beschluss beinhaltete kann. Nachdem jetzt eine solche Konzeption möglich ist, auch den geplanten Abriss. Es hieß damals: Der Stand- sollte man von der ursprünglichen Meinung abgehen ort des neuen Hotels steht noch nicht fest. Der Erbbau- und Teile erhalten. In dem Antrag der GRÜNEN steht berechtigte verpflichtet sich, den Platterhof abzureißen, auch gar nichts anderes. Der Antrag ist nicht apodik- da er den Anforderungen an ein modernes Hotel in kei- tisch, er verlangt nicht eine einzige Lösung. Es ist in die- ner Weise entspricht, so damals bei der Beschlussfas- sem Antrag auch nur vom Erhalt von Teilen die Rede. sung des Haushaltsausschusses. Da damals die Sitzung Deswegen glaube ich, dass dieser Antrag, wenn er so nichtöffentlich gewesen ist, will und kann ich, was das vom Bayerischen Landtag verabschiedet würde, eine Abstimmungsverhalten von SPD und GRÜNEN betrifft, gute Grundlage für die Zukunft des Obersalzbergs wäre. nicht näher darauf eingehen. Doch vielleicht sollten die Wenn Sie hier erklären, dass Sie zumindest teilweise Kolleginnen und Kollegen der SPD hier erklären, wie sie das tun, was beantragt wird, wären wir so nahe beieinan- dort abgestimmt haben. Damals ist in Presseberichten der, dass Sie Ihrer Fraktion auch empfehlen könnten, von einer Übereinstimmung über alle Parteigrenzen hin- diesem Antrag zuzustimmen. weg die Rede gewesen, während man nun plötzlich davon nichts mehr wissen will. Nun kommt bei Rot-Grün (Beifall bei der SPD) die Erleuchtung und man sagt: Jetzt haben wir ein Nut- zungskonzept und das bisher Beschlossene gilt nicht mehr. Dies verwundert außerordentlich. Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmel- dung: Herr Kollege Grabner. Herr Starzmann, ich erinnere mich noch sehr gut an eine Ausschussdiskussion in der Sie damals schon eine Grabner (CSU): Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen Jugendbegegnungsstätte wollten. Sie haben also jetzt und Kollegen! Ich bin einigermaßen überrascht über die keine neue Erkenntnis gewonnen. Im letzten Jahr habe Aktivitäten zum jetzigen Zeitpunkt und über das man- ich von der SPD keine andere Meinung gehört als die, gelnde Erinnerungsvermögen von SPD und GRÜNEN. die im Vertrag mit der Gewerbebau festgelegt ist. Wenn ich höre, man müsse die Geschichte aufarbeiten – Herr Starzmann hat es erwähnt und Herr Dürr am Rande Drittens. Es war sehr schwierig, einen Investor zu finden. auch – habe ich den Eindruck, man verdrängt, dass es Es dauerte beinahe drei Jahre, bis die Firma Gewerbe- hier bereits eine Dokumentationsstelle, eine ganz exzel- bau den Zuschlug für dieses sensible Gelände erhielt. lente Informationsstelle gibt. Das ist nun einmal Tatsa- Bis die Gewerbebau einen entsprechenden Betreiber für che. den Hotelbetrieb, zu dessen Neubau sie sich verpflichtet hatte, gefunden hat, hat es nochmals eine Zeit gedauert. Zweitens. Herr Kollege Starzmann, selbst wenn die Ein- Wenn man dann feststellt, dass der bestehende Platter- tragung des Platterhofs in die Denkmalliste veröffentlicht hof auch nach einem Umbau für ein Hotel ungeeignet ist, wäre, könnte bei einem Dissens zwischen dem Denk- wirtschaftlich nicht betrieben werden kann, einen halben malschutz und der Kreisverwaltungsbehörde letztlich die Tag im Schatten steht und dass deswegen dieser Stand- 2344 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 ort nicht infrage kommt, ist es logisch, dass man nach – Auch wenn Sie noch so laut schreien, werden Ihre einem neuen Standort sucht. Argumente nicht richtiger. Berchtesgaden hat seine Attraktivität in erster Linie durch den Königsee, den Herr Starzmann, wie Sie wissen, befindet sich der neue Watzmann, die herrliche Landschaft und durch die net- Standort in der Nähe der Kehlsteinabfahrtsstelle und der ten Leute. Parkplätze. Wenn überhaupt ein Hotel oder ein Hotel der gehobenen Klasse geplant wird, verstehe ich auch das (Beifall bei der CSU) Anliegen des Betreibers und des Investors, dass die Abfahrtsstelle nicht unmittelbar vor dem Hotel sein Der Obersalzberg gehört zur Geschichte, und diesem könne. Deshalb müssen die Abfahrtsstelle und die Park- Thema haben wir Rechnung getragen. Wir wollen eines plätze verlegt werden. Daher hat man geplant, den Plat- nicht: dass ein Museum oder eine Wallfahrtsstätte für terhof abzureißen und an der Stelle die neuen Park- ewig Gestrige entsteht. Wir sollten dieser Region die plätze anzuordnen; denn für die immerhin 400 bis 500 Chance geben, sich durch ein attraktives, neues Hotel Parkplätze braucht man eine entsprechende Fläche. am vorgesehenen Standort weiter zu entwickeln und Nach Aussagen von Architekt Dipl.-Ing. Kochta könnte dem Fremdenverkehr neue Impulse zu geben. Dies, bei seinem Konzept der Platterhof oder ein Teil davon Herr Starzmann, wird verhindert, wenn Sie die Kehlstein- bestehen bleiben; das kann man schon sagen. Die Alter- abfahrtsstelle nicht verlagern können, keine Parkplätze native wäre aber, dass man zum Beispiel ein Parkdeck schaffen und kein Parkdeck bauen wollen. Irgendwo baut, um die notwendigen Parkplätze unterzubringen. muss die wirtschaftliche und die finanzielle Seite für sol- Ich möchte jedoch nicht hören, was Sie sagen, wenn in che Vorhaben berücksichtigt werden. diese sensible Landschaft ein Parkdeck, das auch erheblich mehr Unterhalts- und Herstellungskosten als Ich bitte Sie, dieser Region eine Chance für einen Neu- ein Parkplatz erfordern würde, gebaut wird. Deswegen anfang und eine Investition in die Zukunft zu geben, und braucht man den Platz des Platterhofs für die Verlegung zwar mit einem attraktiven Hotel unter Wahrung der der Parkplätze und der Kehlsteinabfahrtsstelle. geschichtlichen Vergangenheit.

Die Kehlsteinabfahrtsstelle beinhaltet auch einen gastro- Wir können deshalb dem Antrag nicht zustimmen. Daher nomischen Betrieb, der für die Abfahrts- und für die bitte ich darum, den Antrag der GRÜNEN und das Ansin- Dokumentationsstelle notwendig ist. Die Überlegung, ein nen der SPD abzulehnen. Gebäude oder einen Gebäudeteil dafür zu verwenden, ist vernünftig. Man ist in den letzten Tagen wohl zu dem (Beifall bei der CSU) Ergebnis gekommen, den ehemaligen Kinosaal für den Restaurantbetrieb zu nutzen und zusätzlich ein paar Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Staatsmini- Räume für die Vor- oder Nachbereitung für Schulklassen ster Prof. Dr. Faltlhauser hat um das Wort gebeten. und für Busreisende, die zu dieser Dokumentationsstelle kommen, zu verwenden. Staatsminister Prof. Dr. Faltlhauser (Finanzministe- rium): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lösung ist insgesamt sehr vernünftig. Dass aber der Nicht jeder, der heute im Plenarsaal sitzt, kennt die Platterhof den notwendigen Parkplätzen und der Kehl- Situation am Obersalzberg. Man hat vielleicht davon steinabfahrtsstelle weichen muss, ist keine Frage. gelesen oder Bilder gesehen. Dort gibt es eine außerge- wöhnlich schöne Landschaft, man hat einen großartigen Meines Erachtens ist die Geschichte Obersalzberg Ausblick ins Salzburger Land. umfassend und hoch qualitativ in der neuen Dokumenta- tionsstelle dargestellt. Wir haben dort unserem Auftrag, Ein Zufall der Geschichte hat diese Landschaft zu einem der Geschichte Rechnung zu tragen, auf jeden Fall weltweit beachteten Ort gemacht. Hitler hat früher dort genüge getan. Für eine zusätzliche Erweiterung sehe ich gelegentlich den Urlaub verbracht und später als „Füh- keinen Anlass. Wenn wir uns in Erinnerung rufen, dass rer“ diesen Urlaubsort gekauft und für seine Entourage auch in Nürnberg ein großes Dokumentationszentrum zu einer privaten Festung ausgebaut. In den letzten ein- entstehen soll, glaube ich schon, dass sich das von den einhalb Jahren des Krieges wurde ganz in der Nähe für Besuchern her entzerren wird. 3000 Arbeitnehmer ein eigenes Dorf gebaut, damit diese ein Bunkersystem von drei Kilometern Länge und meh- Herr Kollege Dürr, wer so schlau redet oder – wie in der reren Etagen bauen. Das Bunkersystem wurde errichtet, Begründung Ihres Antrags –, schreibt, dass die Versu- um die Führungspersönlichkeiten, die sich dort angesie- che, die physischen Überreste des nationalsozialisti- delt hatten, und ihre Familien im entscheidenden End- schen Schandflecks zu beseitigen und mit diesem Kapi- kampf zu schützen. Es wurden öffentlich Durchhaltepa- tel der deutschen Geschichte ein für alle Mal aufzuräu- rolen vor dem deutschen Volk verkündet, für sich selbst men, nachweislich gescheitert seien, dem muss ich und ihre Familien haben sie aber zweistöckige Bunker sagen: Erstens stimmt es nicht, dass wir uns der gebaut. Das zeigt, welche unglaublichen Kreaturen Geschichte verweigern. Zweitens erweckt Ihre Rede den damals das deutsche Volk geführt und verführt haben. Eindruck, als wäre Berchtesgaden ein Mekka der ewig Gestrigen und habe die Attraktivität nur vom Obersalz- Der Obersalzberg ist ein besonderer Ort. Das war uns berg. bewusst. Es war ein – Sie haben das richtig gesagt, Herr Kollege Dürr – ein Täterort, der die Verführungstechnik (Zuruf von der SPD) des Dritten Reiches gut dokumentiert. Man kennt Bilder Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2345 von Hitler als Privatmann, der mit Hunden spielte und Es wird gesagt, man könne die Bausubstanz nutzen. Es kleine Kinder streichelte und als normale Person darge- handelt sich um ein riesiges Gebäude. Bei genauem stellt wurde. Man hat den Platterhof gebaut, damit viele Hinsehen stellt man fest, dass die Bausubstanz innen Deutsche dorthin kommen, um Hitler beobachten zu völlig unzureichend ist. Man müsste 30 Millionen DM können. Man wollte den Leuten den Eindruck vermitteln, oder gar 40 Millionen DM – es gibt verschiedene Schät- in Reichweite des Führers zu sein und an seinem Leben zungen – investieren, um das Gebäude überhaupt funk- teilzuhaben. Das war eine Verharmlosung eines totalitä- tionsfähig zu machen. Warum eigentlich? Es wurde auch rem Regimes. geprüft, ob ein Hotel daraus werden könnte. Keiner der Investoren hat in dieser Richtung nachgedacht. Die Inve- Der Platterhof hatte also eine ganz zentrale Bedeutung. storen hielten dies auf Grund der Lage, der Geschichte Der Platterhof hatte eine Indoktrinationsfunktion. Es und der Technik für nicht machbar. Deshalb wird das würde mich schaudern, wenn man in diesem Platterhof – Hotel an einer anderen Stelle errichtet. Das ist der erste so wie Sie, Herr Kollege Dürr, sagten – eine Jugendher- Teil der Revitalisierung dieser außergewöhnlichen Platt- berge oder eine Jugendstätte einrichten würde. Das ist form der Natur. Es ist eine schöne Stelle, an der das keine gute Idee. Hotel gebaut wird.

Wir standen nach der Übergabe, die im Frühjahr 1996 Es gibt Überlegungen, möglicherweise doch ein sichtba- von den Amerikanern vorgenommen wurde, vor einer res Dokument aus diesem riesigen Komplex zu erhalten. schwierigen Aufgabe. Wir sollten auf der einen Seite die Ich habe mir die Situation noch einmal anhand von Kar- Gegend für den Fremdenverkehr nutzen und das Betre- ten und Luftaufnahmen angesehen, weil die Diskussion ten dieser Gegend ermöglichen, auf der anderen Seite sehr kontrovers verlaufen ist. An dem Weg zur Doku- aber das Gedenken an die Vergangenheit bewahren. mentationsstelle liegt ein Gebäude, das die Amerikaner Wir wollen nichts zuschütten und nicht Gras über die seinerzeit in Beschlag genommen haben und Skyline- Sache wachsen lassen. Deshalb hat sich die Bayerische Room nannten. Man sollte vielleicht überprüfen, ob man Staatsregierung dazu entschlossen, die Dokumentati- dieses Gebäude zu einer gastronomischen Einrichtung ons- und Informationsstelle aufzubauen. Das Institut für umbauen könnte. Zeitgeschichte hat für etwa vier Millionen DM eine Doku- mentationsstelle gebaut, die sich durchaus vorsichtig an In dieser Woche hat auf meine Weisung hin eine Besich- die bisherige Architektur anlehnt. Die Dokumentations- tigung stattgefunden. Dieses Gebäude ist nicht abgeris- stelle ist aber zum Teil auch sehr modern und sehr gut sen worden. Bei der Besprechung vor Ort am 16. gelungen. Februar waren Vertreter des Landkreises, der Berchtes- gadener Landesstiftung, der Gemeinde, des Instituts für Ich wurde sogar von „Stararchitekten“ angeschrieben, Zeitgeschichte, des Finanzministeriums und der Firma die glaubten, sie müssten für den Bau engagiert werden. Gewerbegrund anwesend. Alle Beteiligten haben über- Die Dokumentationsstelle ist aber von der Verwaltung einstimmend ohne Differenzen dieses Gebäude für eine gebaut worden. Es muss nicht immer alles von diesen gute Lösung gehalten. Man war der Meinung, das vom großtuerischen „Stararchitekten“ gebaut werden. Das Platterhof etwas entfernte Gebäude, welches auf dem möchte ich auch einmal bemerken. Weg zur Dokumentationsstelle liegt, zu erhalten und einen gastronomischen Betrieb einzurichten. Dort gibt es Auch die Verbindung zu den Bunkern ist sehr gut gelun- Nebenräume, in denen sich Schulklassen aufhalten kön- gen. Wenn Sie, Herr Kollege Starzmann, und Herr Kol- nen. lege Dürr sagen, man brauche auch ein Dokument aus der Vergangenheit, nicht nur Papier, Vorträge und Filme, Gleichzeitig können dort oben auf dem engen Raum die dann muss ich darauf hinweisen, dass das entschei- Parkplätze sowohl für die Dokumentationsstelle als auch dende Dokument dieser Vergangenheit die Unglaublich- für das Restaurant und die Kehlsteinabfahrt bewältigt keit dieser Bunker ist. werden und die Autobusse hinfahren. Das ist eine ver- nünftige Lösung. Ich habe in den letzten Tagen aus- (Starzmann (SPD): Da stimme ich zu!) drücklich darauf bestanden, dass der Vertrag auch tat- sächlich erfüllt und der Platterhof abgerissen wird. Es ist Diese Bunker sind ungeheuer beeindruckend. In einem nicht denkbar, das Gebäude stehen zu lassen, weil es Bunker haben wir einen Hörraum eingerichtet. In diesem sonst zum Wallfahrtsort würde. Man kann es auch nicht Raum hört man, wie zwei Frauen unmittelbar nach ihrer als Ruine stehen lassen; man bräuchte eine lebendige Entlassung aus dem Konzentrationslager ihre Erleb- Nutzung. Um für ein solch riesiges Gebäude eine leben- nisse berichten. Die Leute gehen aus diesem Raum dige Nutzung zu finden, müsste man zwischen 30 bis 50 bleich heraus. Ich auch. Wer das gehört und miterlebt Millionen DM – Herr Haushaltsausschussvorsitzender – hat, der braucht keine stundenlangen Vorträge. Das ist und für die laufende Nutzung noch einmal 10 Millio- ungeheuer beeindruckend. nen DM ausgeben. Wer will das? Wer kann das zahlen? – Man sollte die Füße auf dem Boden behalten. Wir haben nicht die ganzen Bunkersysteme öffnen kön- nen; das wäre zu aufwändig. Aber man kann einen Ein- Ich meine, dass wir die Gratwanderung erfolgreich blick in das gigantische System bekommen, das unter gegangen sind. Wir haben die Vergangenheit beseitigt, dem Boden in den Fels gehauen wurde. Das ist die so weit Ruinen da waren. Wir haben eine Dokumentati- Dokumentation. Beim Platterhof wäre ich sehr zurück- onsstelle errichtet, die weltweit in den Artikeln der deut- haltend. Wir wollen nicht einen Zulauf für die Ewiggestri- schen Zeitungen, der amerikanischen Zeitungen, der gen, was auch schon mehrmals heute betont wurde. europäischen und ausländischen Zeitschriften, die das 2346 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 sehr genau beobachtet haben, hervorragende Benotun- Bis 17 Uhr war die Beratung der Dringlichkeitsanträge gen bekommen hat. Jeder Landtagsabgeordnete sollte vorgesehen. Die nächsten Dringlichkeitsanträge werden das entsprechende Buch im Fach haben, das im Institut an die zuständigen Ausschüsse verwiesen. Besteht für Zeitgeschichte über die Geschichte und die Ausstel- damit Einverständnis? – Widerspruch erhebt sich nicht. lung entwickelt wurde. Wir verkaufen es für den „Kampf- Es wird so verfahren. preis“ von 19.80 DM, sonst wäre es viel teurer. Damit sollen die unsäglichen Heftchen vom „lieben Papa Hitler“ Bevor wir in der Tagesordnung weiterfahren, gebe ich verdrängt werden. Zum guten Teil ist das schon gelun- das Abstimmungsergebnis der Namentlichen Abstim- gen. mung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Renate Schmidt, Irlinger, Franzke und Fraktion (SPD), Der Besucherzustrom bestätigt unser Konzept, in des- Keine Verteilung von „Schule aktuell“ Ausgabe Februar sen emotionalen Erlebniszentrum diese Bunker sind. Die 2000, bekannt. Das ist die Drucksache 14/2907. Mit Ja Menschenmenge, die dort hinkommt, bestätigt das Kon- haben 61 Kolleginnen und Kollegen gestimmt, mit Nein zept. Ich glaube nicht, dass die genauen Recherchen 93; enthalten hat sich niemand. Der Dringlichkeitsantrag und Nachfragen ergeben haben, dass der Ort überfüllt ist damit abgelehnt. wäre. Das Informationszentrum reicht aus. Sie sind gut beschäftigt, aber es herrscht keine drangvolle Enge. Die (Abstimmungsliste siehe Anlage 3) Busse können in den Raum, den ich angesprochen habe, ausweichen. Ich rufe auf:

Ich fasse zusammen: Wir sollten unser erfolgreiches Tagesordnungspunkt 17 Konzept fortführen, das heißt, kein großes Monument der Nazinostalgie schaffen. Wir brauchen zweitens die Bestätigung eines neu vorgeschlagenen Mitglieds Technik, um die Dokumentationsstelle für die Besucher- für den Landesgesundheitsrat ströme funktionsfähig zu erhalten. Wir brauchen keine Ansammlung von Instituten. Das können wir, Herr Haus- Die Frau Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, haltsausschussvorsitzender, nicht finanzieren. Der Bund Familie, Frauen und Gesundheit hat mit Schreiben vom würde unter keinen Umständen mit seiner Einrichtung 25. Januar mitgeteilt 2000, dass das nach § 2 des Geset- „blaue Liste“ mitmachen. Wir sollten im Hinblick auf die zes über die Schaffung eines Landesgesundheitsrates Gastronomie pragmatisch vorgehen und das Gebäude vom Landesverband Bayern und Sachsen der gewerbli- neben dem Platterhof erhalten. Wir sollten vor allem chen Berufsgenossenschaften vorgeschlagene Mitglied, sehen, dass wir gemeinsam sehr sorgfältig und nicht Herr Josef Holzer, aus dem dortigen Vorstand ausge- marktschreierisch mit dem Thema umgehen. Ich glaube, schieden ist. Damit endet auch die Vertretung für die dass die sich jetzt anbahnende Lösung vernünftig sein Berufsgenossenschaften im Landesgesundheitsrat. Als kann, die die bisherige Gemeinsamkeit im Landtag dessen Nachfolger wurde für die Vertretung der Berufs- dokumentiert und im Haushaltsausschuss fortsetzt. genossenschaften der Geschäftsführer, Herr Hans J. Bereits zu der Zeit, in der ich noch in der Staatskanzlei von Rimscha, benannt. Frau Staatsministerin Stamm hat war, hat uns dieses Thema Sorgen bereitet. Wir haben gebeten, die Bestätigung des vorgeschlagenen Mitglieds uns gefragt, wie wir damit umgehen sollen. Nun ist es durch den Landtag herbeizuführen. Gibt es hierzu Wort- uns gelungen. Lassen Sie uns jetzt durch einen unnöti- meldungen? – Ich sehe keine. Wir kommen zur Abstim- gen Streit keinen Fehler machen. Der große Platterhof mung. Wer mit der Entsendung des Herrn von Rimscha wird abgerissen. Das ist richtig so. Das Seitengebäude in den Landesgesundheitsrat einverstanden ist, den bitte werden wir erhalten und in das Gesamtkonzept integrie- ich um das Handzeichen. – Das gesamte Hohe Haus. ren. Gegenstimmen? – Keine. So beschlossen.

Der Landtag bestätigt damit Herrn Hans J. von Rimscha (Beifall bei der CSU) als Mitglied des Landesgesundheitsrates.

Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Die Aussprache ist Ich rufe auf: geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Paulig, Dr. Dürr und Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, Tagesordnungspunkt 18 betreffend Erhalt des Platterhofs auf dem Obersalzberg, Abstimmung über Anträge, die gemäß § 63 Absatz 6 auf Drucksache 14/2908, seine Zustimmung geben will, der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden. den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Frak- tionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD und der Abgeordnete Hartenstein, fraktionslos. Ausgenommen von der Abstimmung ist die Listennum- Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU und 1 mer 61, das ist der Antrag der Abgeordneten Paulig, Stimme der SPD. Stimmenthaltungen? – Keine. Damit Kellner, Münzel und anderer und Fraktion (BÜND- ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt. NIS 90/DIE GRÜNEN) betreffend Gleichstellung der Systembetreuerinnen und Systembetreuer aller Schular- ten auf Drucksache 14/2289. Dieser Antrag wurde (Starzmann (SPD): Aber zum Teil von der Staatsre- bereits zusammen mit den Tagesordnungspunkten 3 bis gierung vollzogen!) 16 abschließend beraten. Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2347

Über die Listennummer 13, 15, 25, 38 und 52 mit 55 soll fiehlt auf den Drucksachen 14/2769, 14/2767, 14/2766 gesondert abgestimmt werden, da zu der nach der und 14/2765 für alle vier Anträge jeweils Neufassungen. Geschäftsordnung jeweils der Abstimmung zugrunde zu Wer den vom mitberatenden Ausschuss für Staatshaus- legenden Beschlussempfehlung der Ausschüsse kein halt und Finanzfragen vorgeschlagenen Neufassungen Votum der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – vorliegt. Das ist auch das gesamte Hohe Haus, soweit ich das sehe. – Gegenstimmen? Keine. – Stimmenthaltungen? Listennummer 13, Antrag der Abgeordneten Sinner, Mir- Auch nicht. Dann ist das so beschlossen. beth, Schreck und anderer (CSU), Neue Sozial- und Bür- gerkultur – „Erkenntnisse über die Möglichkeiten bürger- Ich lasse jetzt noch einzeln über die Listennummer 51, schaftlicher Mitwirkung aus den Verfahren zur Dorfer- das ist der Antrag der Abgeordneten Brosch, Prof. Dr. neuerung“ (Drucksache 14/1905). Der federführende Stockinger betreffend Einrichtung eines Studiengangs Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit Fotodesign an der Fachhochschule München mit Ein- empfiehlt auf Drucksache 14/2826 die unveränderte gliederung der Fachakademie für Fotodesign in diese Annahme. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte Fachhochschule (Drucksache 14/1922) abstimmen. Die ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte Hohe CSU-Fraktion hat hierzu einen Änderungsantrag Haus. Gegenstimmen? – Keine. Der Antrag ist ange- gestellt. Danach soll der Abstimmung entgegen der nommen. Beschlussempfehlung des mitberatenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen die ursprüngliche Listennummer 15, Antrag des Abgeordneten Zeller und Antragsfassung zugrundegelegt werden, allerdings mit anderer (CSU), Ausnahmen vom Mehrheitsprinzip der Maßgabe, dass nach den Worten „hinzuwirken, (Drucksache 14/1915). dass“ die Worte „im Rahmen vorhandener Mittel und Stellen“ eingefügt werden. Über diesen Änderungsan- Der federführende Ausschuss für Bundes- und Euro- trag lasse ich jetzt abstimmen. Wer dem Antrag mit der paangelegenheiten empfiehlt auf Drucksache 14/2835 vorgeschlagenen Änderung zustimmen möchte, den die unveränderte Annahme. Wer dem Antrag zustimmen bitte ich um das Handzeichen. – Das ist ebenfalls das möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die gesamte Hohe Haus. Dann ist das auch so beschlossen. Fraktion der CSU. Gegenstimmen? – Das sind die Frak- tionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- Abweichend von der grundsätzlichen Regelung, nach NEN sowie Kollege Hartenstein. Enthaltungen? – Keine. der der Abstimmung über Anträge, die nicht einzeln Der Antrag ist damit angenommen. beraten werden, die Beschlussempfehlungen der jeweils federführenden Ausschüsse bzw. die abweichenden Ich lasse über die Listennummer 25 abstimmen, das ist Vorschläge des mitberatenden Ausschusses für Staats- der Antrag des Abgeordneten Zeller und anderer betref- haushalt und Finanzfragen zugrunde zu legen sind, soll fend Bekämpfung von unfairem Steuerwettbewerb, auf Antrag der Fraktion der CSU bei verschiedenen Drucksache 14/1985. Der federführende Ausschuss für Listennummern über folgende abweichende Voten Bundes- und Europaangelegenheiten empfiehlt auf anderer Ausschüsse abgestimmt werden: Drucksache 14/2836 Zustimmung mit der Maßgabe, dass nach dem Wort „Bundesrat“ ein Komma und die Listennummer 16: Antrag der Abgeordneten Zeller und Worte „die Bundesregierung“ eingefügt werden. Wer anderer (CSU) betreffend Konvent zur Grundrecht- dem Antrag mit den vorgeschlagenen Änderungen scharta der EU (Drucksache 14/1917) – Votum des mit- zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – beratenden Ausschusses für Verfassungs-, Rechts- und Das ist das gesamte Hohe Haus. Dann ist das so Parlamentsfragen. Listennummer 58: Antrag der Abge- beschlossen. ordneten Dr. Wilhelm, Prof. Dr. Stockinger, Dr. Söder (CSU) betreffend Vermeidung von Verzögerungen bei Ich lasse über die Listennummer 38 abstimmen, das ist der Einführung der Zwischenprüfung im Studium der der Antrag der Abgeordneten Gartzke und Dr. Heinz Rechtswissenschaften (Drucksache 14/2043) – Votum Köhler betreffend Umsetzung der Gemeinschaftsinitiati- des federführenden Ausschusses für Hochschule, For- ven der Europäischen Union URBAN, EQUAL, LEADER schung und Kultur. Die Voten der Ausschüsse zu den und INTERREG für den Förderzeitraum von 2000 bis übrigen Anträgen liegen Ihnen vor. 2006 (Drucksache 14/2077). Der federführende Aus- schuss für Bundes- und Europaangelegenheiten emp- Besteht damit Einverständnis, dass ich bei den soeben fiehlt auf Drucksache 14/2837 die unveränderte genannten Listennummern 16 und 58 die Empfehlungen Annahme. Wer dem Antrag zustimmen möchten, den der genannten Ausschüsse, im Übrigen die Ausschuss- bitte ich um das Handzeichen. – Das ist das gesamte fassungen entsprechend § 132 Absätze 3 und 4 der Hohe Haus. Der Antrag ist damit angenommen. Geschäftsordnung, der Abstimmung zugrunde lege? – Widerspruch erhebt sich nicht. Dann lasse ich so abstim- Ich schlage vor, über die Listennummern 52 mit 55, das men. sind die Anträge der Abgeordneten Nentwig, Wahn- schaffe, Straßer und anderer SPD, betreffend Patienten Wer hinsichtlich der Listennummern 16 und 58 seinem im Koma und Wachkoma mit der Krankheit „Apallisches Abstimmungsverhalten bzw. dem jeweiligen Abstim- Syndrom“ (Drucksachen 14/1924, 1926, 1928 und 1929) mungsverhalten seiner Fraktion in den vorher genannten gemeinsam abzustimmen. – Widerspruch erhebt sich Ausschüssen und in den übrigen Fällen dem entspre- nicht. Dann lasse ich so abstimmen. Der mitberatende chenden Abstimmungsverhalten in den jeweils federfüh- Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen emp- renden Ausschüssen bzw. im mitberatenden Ausschuss 2348 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 für Staatshaushalt und Finanzfragen beitreten will, den Selbstverständnis, ob man einen begründeten Prüfan- bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen trag einfach zu den Akten legt und mit der Einstellung der CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- „mir san mir“ diesen Prüfantrag noch nicht einmal der NEN sowie der Kollege Hartenstein. Gegenstimmen? – Staatsregierung vorlegt. Stattdessen sagt man: Den wol- Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit über- len wir nicht, den lehnen wir ab. nimmt der Landtag diese Voten. Wenn Sie das, was wir hier über Bürgerbeteiligung und (siehe Anlage 4) Bürgerkultur reden, ernst nehmen, dann würden Sie zumindestens überlegen, ob es keine Möglichkeit gibt, Ich rufe nun auf: eine gesellschaftliche Gruppe wie die Künstlerinnen, Künstler und Kulturschaffenden bei der Vergabe von 21 Millionen Mark jedes Jahr an der Beratung auf der Tagesordnungspunkt 19 Ebene der Regierungsbezirke zu beteiligen. Antrag der Abgeordneten Renate Schmidt, Hufe, Dr. Baumann und anderer (SPD) Warum stellen wir diesen Antrag? Wir haben festgestellt, dass es eine sehr große Unzufriedenheit in den Städten, Beteiligung von Künstlerinnen und Künstlern bei der Gemeinden und Kommunen darüber gibt, wie die Ver- Auswahl von Förderprojekten durch den Kultur- gabe der Kulturfondsmittel stattfindet. fonds (Drucksache 14/1858) Die beteiligten Künstlerinnen und Künstler fühlen sich Ich eröffne die Aussprache. Die Redezeit beträgt 15 als Bittsteller oder als solche, die gerade einmal einen Minuten pro Fraktion. Das Wort hat Herr Kollege Hufe. Antrag stellen dürfen, aber keine Entscheidungskompe- tenz haben. Hufe (SPD) (vom Redner nicht autorisiert): Frau Präsi- dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Fast am Ende Sonst gibt es für jeden der Preise, die der Freistaat zu des Beratungstages angelangt, darf ich noch um 10 vergeben pflegt, selbstverständlich ein Kuratorium und Minuten Aufmerksamkeit für die Kultur bitten. selbstverständlich eine Jury. Da werden Fachleute von allen Bereichen geholt, die darüber entscheiden, ob die- (Beifall bei der SPD – Zurufe von der CSU) ser oder jener Literaturverband, ob dieser oder jener Schriftsteller 10000 DM bekommt. Werden aber 21 Mil- Da uns das Thema sehr wichtig ist, beantragen wir lionen DM im Rahmen des Kulturfonds vergeben, ist die hierzu namentliche Abstimmung. Beratung der Künstlerinnen und Künstler nicht erwünscht, nein, die sollen außen vor bleiben, das (Beifall des Abgeordneten Hoderlein (SPD) – Zurufe machen die Beamten im Ministerium unter sich aus. von der CSU: Oh! Oh!) Einerseits halten Sie, meine Damen und Herren von der Wir tun dies, damit wir namentlich nachvollziehen kön- CSU, zumindest verbal, die Bürgerkultur hoch, anderer- nen, wie das mit Ihnen und der Kultur steht. Es geht seits blockieren Sie aber Beschlüsse, die eine große und nämlich nicht nur um die Kultur im engeren Sinne, son- wichtige gesellschaftliche Gruppe in Entscheidungspro- dern es geht auch darum, wie wir hier im Hause mitein- zesse einzubeziehen geeignet wären. Das ist Ausgren- ander umgehen, um die Kultur der Legislative. Es geht zung, das ist Diskriminierung der Opposition, das ist, von auch um die Bürgerkultur, die vom Vorsitzenden der einer schmalen Oberschicht abgesehen, ein Schlag ins CSU-Fraktion, Alois Glück, immer sehr hoch angesetzt Gesicht all derer, die unter schwierigen Bedingungen wird. ihren Lebensunterhalt bestreiten müssen. Lange Zeit wollte ich es nicht glauben, aber das passt genau zum (Hoderlein (SPD): Sehr gut!) Erscheinungsbild der Förderung von Kunst und Kultur im Freistaat Bayern. Die SPD-Fraktion hat einen Prüfantrag gestellt. Sie hat den Antrag gestellt, zu prüfen, ob es nicht möglich ist, Trotz vieler Fördertöpfe müssen wir immer wieder fest- dass Künstlerinnen und Künstler bei der Vergabe von stellen, dass nur die Hochkultur in den Genuss von För- Leistungen für den Kulturfonds in das Beratungsverfah- derung kommt, für Soziokultur aber, obwohl Integration ren – nicht in das Verfahren der Entscheidung, sondern ganz groß geschrieben wird, nichts abfällt. Anders in in das Beratungsverfahren – einbezogen werden kön- Baden-Württemberg: Dort werden für Soziokultur rund nen. Normalerweise wird das so gehandhabt, dass man 3,7 Millionen DM ausgegeben. Im Freistaat Bayern kön- sagt: Jawohl, wenn die Opposition in diesem Hause nen dagegen keine anderen Leute als die Beamten im darum bittet zu prüfen, ob etwas machbar ist, dann stim- Kultusministerium mitreden. Die 21 Millionen DM des men wir dem zu. Aber, was ist passiert? Dieser Prüfan- Kulturfonds werden nämlich ausschließlich von Beamten trag wurde von der Mehrheit abgelehnt. vergeben, ohne Beratung durch fachkundige Künstlerin- nen und Künstler, die sozusagen draußen bleiben müs- (Hoderlein (SPD): Wer ist die Mehrheit?) sen.

Scheinbar ist auch geplant, diesen Antrag bei der jetzi- Auch wenn Herr Kollege Glück, der Bürgerkultur immer gen Abstimmung erneut abzulehnen. Es geht hier um ganz hoch ansetzt, leider nicht da ist, sollte sich die CSU das Selbstverständnis der Opposition in der Legislative, nochmals überlegen, dem Prüfantrag vielleicht doch aber auch um die Legislative insgesamt und um Ihr zuzustimmen. Wenn Sie, meine Damen und Herren von Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2349 der Regierungspartei, clever gewesen wären, hätten Sie und flexibles Instrument der Kulturpolitik auf das Niveau den Prüfantrag mit einem zweiseitigen Schreiben verab- eines Verteilungskampfs auf Regierungsbezirksebene schiedet und uns Bescheid gegeben, wie Sie es sonst herunterzudrücken – und das ist erbärmlich. immer machen. Aber nein, nicht einmal dazu haben Sie sich aufraffen können. Sie wollen den Prüfantrag der (Widerspruch bei Abgeordneten der SPD) Opposition einfach ablehnen. Wir halten den Antrag aber für so wichtig, dass über ihn in namentlicher Form abge- Wer einen großen Wurf der bayerischen Kulturpolitik zu stimmt werden soll. einer Gießkanne mit sieben gleich großen Löchern umfunktionieren will, wird dem eigenen Anspruch, der oft (Hofmann (CSU): Das braucht es nicht!) mit hehren Worten und großen Deklamationen in den Fachausschüssen postuliert wird, in keiner Weise Auch Sie von der CSU sollten ihm zustimmen. gerecht.

Worum geht es? Der Freistaat Bayern hat mit dem Kul- Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ich mache darauf turfonds ein Instrument geschaffen, das es ermöglicht, aufmerksam, dass wir über den Antrag heute nicht mehr außerhalb des Haushalts, aber im Haushalt verankert, in abstimmen könnten, wenn die Aussprache nicht bis der ganzen Breite des kulturellen Geschehens mit unge- 17.55 Uhr beendet wäre. Dann müsste die weitere heurer Flexibilität Projekte zu fördern, die sonst in Regel- Behandlung des Antrags auf die nächste Sitzung vertagt förderwerken oder anderen Fördertöpfen keine Chance werden. Als nächstem Redner erteile ich Herrn Dr. Dürr hätten oder länger auf Förderung warten müssten. Ein das Wort. fünfstufiges Genehmigungsverfahren liegt einer Liste zugrunde, die dem Bayerischen Landtag zur Letztent- Dr. Dürr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (vom Redner scheidung vorgelegt wird, was bei nur wenigen Förderin- nicht autorisiert): Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und strumenten der Fall ist. Beteiligt sind der Kulturaus- Kollegen! Dass Künstlerinnen und Künstler mitberaten schuss und der Haushaltsausschuss des Landtags. Ein dürfen, sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Instrument, das eine so vielstufige Beteiligungsskala Insofern werden wir dem Antrag der SPD zustimmen. Er aufweist, in der auch Fachbeiräte gehört werden und geht uns aber nicht weit genug. Die Begründung dafür Sachverstand eingeholt wird, sollte sich dynamisch und gebe ich zu Protokoll. flexibel entfalten können.

(siehe Anlage 5) Auf den ersten Blick stellt der SPD-Antrag darauf ab, Künstlerinnen und Künstler stärker als bisher in den Aus- wahlprozess einzubinden. Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Als nächstem Redner erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Spaenle das (Hufe (SPD): Beispiel, wo?) Wort. – Sie missbrauchen Ihr ach so freundliches Ansinnen, (Zuruf von der CSU: Zeit lassen!) um etwas zu erreichen – –

Dr. Spaenle (CSU) (vom Redner nicht autorisiert): Frau (Hufe (SPD): Jetzt bin ich gespannt!) Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! – Wir haben Ihren grundlegenden Ausführungen voller Andacht gelauscht. Ich glaube, es würde Ihnen gut tun, (Heiterkeit bei Abgeordneten der CSU) bei mir das selbe zu tun.

Wie die SPD Kulturpolitik definiert, haben wir soeben (Beifall bei der CSU) erfahren: mit einer namentlichen Abstimmung. Das ist die Kultur des Namens, nicht aber eine Politik, die eine Sie sollten so ehrlich sein, Ihren bereits gescheiterten entsprechende Bezeichnung verdiente. Versuch, den Kulturfonds – –

(Beifall bei Abgeordneten der CSU – Zurufe von der (Frau Radermacher (SPD): Der war auch schon ein- SPD: Oh, oh!) mal besser, das ist ja furchtbar!)

Wenn wir uns einem Bereich zuwenden wollen, der zum – Die Steigerung von „besser“ ist „noch besser“. Wenn elementaren Selbstverständnis des Freistaats Bayern ich schon besser war, dann bin ich jetzt also noch bes- gehört, sollten wir das auf einem anderen Niveau als ser. Ich danke Ihnen für diese Qualifizierung. Kollege Hufe tun. (Heiterkeit bei der CSU – Hofmann (CSU): Wo er (Beifall bei Abgeordneten der CSU – Widerspruch Recht hat, hat er Recht!) bei Abgeordneten der SPD) Sie haben schon versucht, Flexibilität und Zielgenauig- Offenbar erschöpft sich das kulturelle Selbstverständnis keit des Kulturfonds durch Verteilung auf Regierungsbe- der größten Oppositionspartei in einem Land mit zirksebene zu schwächen. Das mag zwar in Ihren Augen 1500-jähriger staatlicher Tradition und Geschichte im ein vom Ansatz her überlegenswerter Schritt sein; er Versuch, ein ungeheuer schlagkräftiges, zielgenaues wäre aber für Geist und Inhalt des Kulturfonds kontrapro- 2350 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 duktiv und bewirkte das Gegenteil dessen, was die Zweite Vizepräsidentin Riess: Nachdem das Timing so Gründer gewollt haben. haargenau war, kann ich jetzt mit der Abstimmung begin- nen, die auf Wunsch der SPD-Fraktion in namentlicher Insofern ist der eigentliche Zweck Ihres Antrages durch Form erfolgen soll. Der federführende Ausschuss für die Formulierung und den Versuch, den Sie unterneh- Hochschule, Forschung und Kultur empfiehlt die Ableh- men, auch mit einem Prüfantrag, wie Sie ihn formuliert nung des Antrags. Für die Stimmabgabe sind die ent- haben, nicht zu erreichen. Das ist die materielle Absicht, sprechend gekennzeichneten Urnen bereitgestellt. Die die Sie verfolgen. Ja-Urne ist auf der Oppositionsseite, die Nein-Urne auf der Seite der CSU-Fraktion im Bereich der Eingangstü- (Hufe (SPD): Das ist eine Unterstellung von Ihnen!) ren. Die Enthaltung-Urne befindet sich auf dem Steno- grafentisch. Mit der Stimmabgabe kann nun begonnen werden. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung. Und deshalb kann auch dieser Prüfantrag nicht unsere Unterstützung finden. (Namentliche Abstimmung von 17.52 bis 17.57 Uhr) Mit der Form des Prüfantrages haben Sie eindeutig zu Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Stimmabgabe ist erkennen gegeben, in welche Richtung Sie wollen, abgeschlossen. Ich bitte Sie, Ihre Plätze einzunehmen. Wir wollen das Ergebnis heute noch bekannt geben. (Hufe (SPD): Das ist das Wesen eines Antrags!) Außerhalb der Tagesordnung gebe ich bekannt, dass die nämlich das Kultusministerium und letztlich auch den Anträge mit den Drucksachennummern 14/1026, Bayerischen Landtag eines Instruments zu entkleiden, 14/1965, 14/2353, 14/2526, 14/2530, 14/2560, 14/2620 das bei seiner bisherigen Fördertätigkeit – und ich und 14/2809 ihre Erledigung gefunden haben. Ich bitte glaube, das gilt über alle Fraktionen hinweg – einhellig Sie, davon Kenntnis zu nehmen. Zustimmung gefunden hat. Ich gebe Ihnen jetzt das Ergebnis der namentlichen (Hufe (SPD): So ein Rumgeeiere!) Abstimmung zum Antrag auf Drucksache 14/1858 bekannt. Mit Ja haben 42 Abgeordnete gestimmt, mit – Ich meine, dass wir auch bei den Zwischenrufen ein Nein 69, Stimmenthaltungen 2. Der Antrag ist damit dem Thema angemessenes Niveau halten sollten. abgelehnt.

(Hofmann (CSU): So ist es! Auch mit dem notwendi- (Abstimmungsliste siehe Anlage 6) gen Ernst!) Meine Damen und Herren, wir haben die Tagesordnung Ich meine deshalb, dass es keinen Sinn macht, einen zwar nicht erledigen können, aber die Zeit für die heutige Prüfantrag zu einem so wichtigen Punkt und Instrument Plenarsitzung ist um. Die Anträge 20 und 21 werden auf der Kulturpolitik auf den Weg zu bringen. Man merkt die die nächste Sitzung vertagt. Ich schließe die Sitzung und Absicht und ist verstimmt. Ich danke Ihnen. wünsche Ihnen einen schönen Abend.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU) (Schluss: 17.59 Uhr) Anlage 1 Bayerischer Landtag zur 35. Vollsitzung am 17.02.2000 14.Wahlperiode

Abstimmungsliste

Zur namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abg. Schmidt Renate, Wahnschaffe, Werner, Steiger u.a. u. Frakt. SPD; Sicherung der Qualität von Pflege (Drucksache 14/2649)

Name Ja Nein Enthalte Name Ja Nein Enthalte mich mich Ach Manfred ✕ Guckert Helmut ✕ Güller Harald ✕ Dr. Baumann Dorle ✕ Guttenberger Petra ✕ Beck Adolf ✕ Dr. Beckstein Günther Haedke Joachim ✕ Berg Irmlind Dr. Hahnzog Klaus ✕ Dr. Bernhard Otmar ✕ Hartenstein Volker Biedefeld Susann ✕ Hartmann Gerhard ✕ Blöchl Josef ✕ Hausmann Heinz ✕ Bocklet Reinhold Hecht Inge ✕ Böhm Johann ✕ Heckel Dieter ✕ Boutter Rainer ✕ Hecker Annemarie ✕ Brandl Max ✕ Heike Jürgen W. ✕ Breitschwert Klaus Dieter Heinrich Horst Brosch Franz ✕ Herrmann Joachim ✕ Brunner Helmut ✕ Hirschmann Anne Hoderlein Wolfgang ✕ Christ Manfred ✕ Hölzl Manfred ✕ Hofmann Walter ✕ Deml Marianne Hohlmeier Monika Dinglreiter Adolf ✕ Huber Erwin ✕ Dodell Renate ✕ Hufe Peter ✕ Donhauser Heinz Dr. Dürr Josef ✕ Irlinger Eberhard

Eck Gerhard ✕ Jetz Stefan Eckstein Kurt ✕ Dr. Jung Thomas Egleder Udo ✕ Eppeneder Josef ✕ Dr. Kaiser Heinz ✕ Ettengruber Herbert ✕ Kaul Henning ✕ Dr. Eykmann Walter ✕ Kellner Emma ✕ Dr. Kempfler Herbert ✕ Prof. Dr. Faltlhauser Kurt ✕ Kiesel Robert ✕ Dr. Fickler Ingrid ✕ Klinger Rudolf ✕ Fischer Herbert ✕ Knauer Christian ✕ Franzke Dietmar ✕ Kobler Konrad ✕ Freller Karl Köhler Elisabeth Dr. Köhler Heinz ✕ Gabsteiger Günter König Alexander ✕ Prof. Dr. Gantzer Peter Paul ✕ Kränzle Bernd ✕ Gartzke Wolfgang ✕ Kreidl Jakob ✕ Dr. Gauweiler Peter Kreuzer Thomas ✕ Geiger Hermann Dr. Kronawitter Hildegard ✕ Glück Alois ✕ Kuchenbaur Sebastian ✕ Göppel Josef ✕ Kupka Engelbert ✕ Görlitz Erika ✕ Goertz Christine ✕ Leeb Hermann ✕ Dr. Götz Franz Leichtle Wilhelm ✕ Dr. Goppel Thomas ✕ Lochner-Fischer Monica Gote Ulrike ✕ Lode Arnulf ✕ Grabner Georg ✕ Loscher-Frühwald Friedrich ✕ Dr. Gröber Klaus Lück Heidi 2352 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Enthalte Enthalte Name Ja Nein Name Ja Nein mich mich Maget Franz ✕ Schmid Peter ✕ Matschl Christa ✕ Schmidt Renate Mehrlich Heinz ✕ Schmidt-Sibeth Waltraud Meißner Christian ✕ Schmitt Helga ✕ Memmel Hermann Schneider Erwin Dr. Merkl Gerhard ✕ Schneider Siegfried ✕ Meyer Franz ✕ Dr. Scholz Manfred ✕ Miller Josef ✕ Schopper Theresa ✕ Mirbeth Herbert ✕ Schreck Helmut ✕ Möstl Fritz Dr. Schuhmann Manfred ✕ Dr. Müller Helmut ✕ Schultz Heiko ✕ Müller Herbert Schweder Christl ✕ Müller Willi ✕ Schweiger Rita ✕ Münzel Petra ✕ Sibler Bernd ✕ Sinner Eberhard ✕ Naaß Christa ✕ Dr. Söder Markus ✕ Nadler Walter ✕ Dr. Spaenle Ludwig ✕ Narnhammer Bärbel ✕ Spitzner Hans Nentwig Armin ✕ Sprinkart Adi Neumeier Johann ✕ Stahl Christine ✕ Niedermeier Hermann ✕ Stahl Georg ✕ Nöth Eduard ✕ Stamm Barbara ✕ Starzmann Gustav ✕ Obermeier Thomas ✕ Steiger Christa ✕ Odenbach Friedrich ✕ Steinmaßl Hermann ✕ Stewens Christa Paulig Ruth ✕ Prof. Dr. Stockinger Hans Gerhard ✕ Peterke Rudolf ✕ Dr. Stoiber Edmund Peters Gudrun ✕ Straßer Johannes ✕ Pfaffmann Hans-Ulrich Strehle Max ✕ Pienßel Franz ✕ Pranghofer Karin ✕ Tausendfreund Susanna Pschierer Franz ✕ Thätter Blasius ✕ Traublinger Heinrich ✕ Dr. Rabenstein Christoph von Truchseß Ruth ✕ Radermacher Karin ✕ Ranner Sepp Unterländer Joachim ✕ Freiherr von Redwitz Eugen ✕ Regensburger Hermann Dr. Vocke Jürgen ✕ Reisinger Alfred ✕ Vogel Wolfgang Riess Roswitha ✕ Voget Anne ✕ Ritter Ludwig ✕ Volkmann Rainer ✕ Dr. Ritzer Helmut ✕ Freiherr von Rotenhan Sebastian ✕ Wahnschaffe Joachim ✕ Rotter Eberhard ✕ Dr. Waschler Gerhard ✕ Rubenbauer Herbert ✕ Dr. Weiß Manfred Rudrof Heinrich ✕ Welnhofer Peter Dr. Runge Martin ✕ Werner Hans Joachim ✕ Werner-Muggendorfer Johanna ✕ Sackmann Markus Dr. Wiesheu Otto Sauter Alfred ✕ Dr. Wilhelm Paul ✕ Schammann Johann Winter Georg ✕ Scharfenberg Maria Wörner Ludwig Schieder Marianne ✕ Wolfrum Klaus Schieder Werner ✕ Schindler Franz ✕ Zehetmair Hans Schläger Albrecht ✕ Zeitler Otto Dr. Schmid Albert Zeller Alfons ✕ Schmid Albert ✕ Zengerle Josef ✕ Schmid Berta Dr. Zimmermann Thomas ✕ Schmid Georg ✕ Gesamtsumme 54 99 1 Anlage 2 zur 35. Vollsitzung am 17.02.2000

Mündliche Anfragen gemäß § 73 Abs. 2 Satz 2 GeschO

Frau Biedefeld (SPD): Ich frage die Staatsregierung, ob Nöth CSU: Ich frage die Staatsregierung, ob ihr der BEV sie seitens des Straßenbauamts Bamberg angemeldete (Bayerischer Elternverband) bekannt ist, wie viel Mitglie- Verlegung der Staatsstraße 2187 südlich des Marktes der, Orts- und Kreisverbände auf Landesebene diese Ebensfeld sowie deren Anbindung an den Franken- Organisation hat und welche nennenswerten Aktivitäten schnellweg (B 173 neu) befürwortet, ob sie diese Maß- von ihr bis heute ausgingen? nahme auch im neuen Ausbauplan mit der Dringlich- keitsstufe 1 einstellt und wann mit der Realisierung die- ser Maßnahme zu rechnen ist? Antwort der Staatsregierung: Der Bayerische Eltern- verband versteht sich als ein Elternverband – insgesamt haben wir in Bayern 7 Elternverbände – der die Interes- Antwort der Staatsregierung: Die Verlegung der Staats- sen eines Teils der Eltern der Grund-, Haupt- und För- straße 2187 südlich Ebensfeld mit unmittelbarer An- derschulen vertritt. Nach Informationen aus dem Internet bindung an die Bundesstraße 173 ist im derzeit noch befindet sich die Geschäftsstelle des Verbandes in Nürn- geltenden Ausbauplan der Staatsstraßen in der 1. Dring- berg; der Landesvorsitzende und seine drei Stellvertre- lichkeit eingestuft. Wegen der von der Marktgemeinde ter kommen ausschließlich aus Franken. Der Verband Ebensfeld angestrebten gemeindlichen Entlastungs- hat in den Regierungsbezirken Regionalverbände aber straße wurde jedoch die Staatsstraßenverlegung bayernweit insgesamt nur 11 Kreisverbände. In Ober- zunächst zurückgestellt. Nachdem aber der Markt Ebens- bayern gibt es keinen Kreisverband: in den Regierungs- feld aufgrund des Bürgerentscheids vom 21.11.1999 bezirken Unterfranken, Niederbayern, Oberfranken und seine Planung aufgeben musste, wird die Straßenbau- Oberpfalz nur einen einzigen. Über die Mitgliederzahlen verwaltung die Planung für die Verlegung der Staats- hat das Staatsministerium keine Informationen. Der Ver- straße 2187 südlich Ebensfeld nunmehr weiter betreiben. band zählt es zu seinen Aufgaben, die Mitglieder über Wir haben deshalb dieses Vorhaben in das Bewertungs- das bayerische Schulwesen, über die Rechte und die verfahren zur Fortschreibung des Ausbauplanes für die schulischen Mitwirkungsmöglichkeiten der Erziehungs- Staatsstraßen eingebracht mit dem Ziel, dass die vor- berechtigten und über Neuerungen an den Schulen zu rangige Einstufung des jetzigen Ausbauplanes bestätigt informieren. wird. In die Bewertung gehen unter anderem Kriterien wie Verkehrsbelastung, Unfallhäufigkeit, Immissionsbe- lastung und Kosten ein. Wesentliche Aktivitäten im Hinblick einer fachlichen Wei- terentwicklung des bayerischen Schulwesens sind nicht Anhand des Bewertungsergebnisses ergibt sich eine bekannt. Prioritätenliste aller Maßnahmen, die eingebracht wur- den. Daraus wird für die 1. Dringlichkeit des nächsten Oldenbach (SPD): Wie bewertet die Staatsregierung die Ausbauplanes der Maßnahmenumfang in Abhängigkeit Tatsache, dass das Kultusministerium in der Zeitschrift von Laufzeit und Finanzrahmen gebildet. „Schulreport“ Nr. 1/2000, die an allen Schulen verteilt wird, mit den Artikeln „Bildungsoffensive Bayern“, Die abschließende Festlegung der Maßnahmen für die „Gesetzt den Fall, die Aufbaustufe kommt“ und vor allem 1. Dringlichkeit des Ausbauplans für die Staatsstraßen „Hände weg von dieser Aufbaustufe!“ Sieben Argumente soll dann in Abstimmung mit dem Regionalen Planungs- gegen das Volksbegehren m. E. nicht nur keine ausge- verband vorgenommen werden. Der Neue Ausbauplan wogene, sondern eine einseitige Berichterstattung zum soll zum 01.01.2001 in Kraft treten. Thema Schulreform betreibt und auch ganz massiv gegen das Verbot der politischen Werbung an den Schu- Zur Realisierung der Maßnahme kann bei dem jetzigen len verstößt, das insbesondere auch erst wieder mit dem Verfahrensstand keine konkrete Aussage getroffen wer- Beschluss des Bildungsausschusses vom 10.02.2000 den. bekräftigt wurde? 2354 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Antwort der Staatsregierung: Der Schulreport – Aus- den Lehrkräften die Planungen und Absichten des BLLV gabe Januar 2000 – befasst sich mit verschiedenen auch in ihrer Pointiertheit der Darstellung bekannt sind. Aspekten der Schulentwicklung. Er stellt die Bildungsof- Daher müssen in gleicher Deutlichkeit wie das Volksbe- fensive der Staatsregierung dar, aber auch die Vorstel- gehren seine vermeintlichen Vorzüge darstellt, die Vor- lung des Volksbegehrens des BLLV. Er informiert damit teile der eigenen Regierungspolitik herausgestellt und die Lehrer, also die öffentlichen Beschäftigten, über zu damit zugleich die Schwächen und Nachteile des erwartende schulpolitische Entwicklungen. Gegenkonzeptes bekannt werden. Zusammenfassende Überschriften müssen daher gelegentlich auch über- Davon zu unterscheiden ist politische Werbung. Diese spitzte oder plakative Formulierungen enthalten. Das ist an Schulen unzulässig (Art. 84 Abs. 2 BayEUG). Sachlichkeitsgebot ist dadurch nicht verletzt. Im Zusam- Wenn im Kultusministerium selbst Anrufe von SPD-Bür- menhang mit einem Volksbegehren ist dazu gerade auf germeistern eingehen, die mitteilen, dass der BLLV die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichts- aggressiv darauf dränge, in Schulen Werbeplakate auf- hofs vom 19. Januar 1994 zu verweisen. zuhängen, ist dies ein Vorgang, der eindeutig gegen die- ses Verbot verstieße. Gleiches gilt für die bekannt Der Schulreport – Ausgabe Januar 2000 – entspricht gewordene Planung des Verbands, dass bei der Aus- diesen Anforderungen an eine Informationsschrift für gabe der Zwischenzeugnisse Lehrkräfte die Kinder auf- Lehrer. fordern sollten, Werbematerialien des BLLV mit nach Hause zu nehmen, oder den Missbrauch der in den Sprinkart (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Besteht für Schulen eingesetzten Vertrauensleute des BLLV, um in Schülerinnen und Schüler, die im laufenden Schuljahr den Schulen einseitige Informationen zu verbreiten. 1999/2000 die 4. Jahrgangsstufe der Grundschule besu- chen und die im Einzugsbereich einer sechsstufigen In seinen Aktionen versteigt sich der BLLV sogar zu der Realschule leben, entgegen dem Schreiben des KMS Falschbehauptung, erst die Unterschrift zum Volksbe- vom 20.10.1999, Vertrauensschutz im Hinblick auf die gehren ermögliche eine demokratische Abstimmung Möglichkeit eines Übertritts nach Klasse 6 in einer vier- über Schulpolitik. Dies widerspricht der Verfassungs- stufige Realschule, wenn an einem Schulstandort zur lage. Art. 74 Abs. 1 BV bestimmt: „Ein Volksentscheid ist Zeit nur ein Teil der Realschulen sechsstufige Realschu- herbeizuführen, wenn ein Zehntel der stimmberechtigten len sind, wie z.B. in Kempten und die sechsstufigen Staatsbürger das Begehren nach Schaffung eines Realschulen aufgrund ihrer Kapazität nicht in der Lage Gesetzes stellt.“ Das bedeutet, dass sich nur derjenige sind, derzeit alle am Realschulgang potenziell interes- in die Unterschriftenlisten für ein Volksbegehren einzu- sierten Schülerinnen und Schüler aufzunehmen und tragen hat, der ein Begehren nach Schaffung eines wenn ja, zu welchem Zeitpunkt gilt dann entsprechend Gesetzes stellen will. Diejenigen, die das nicht wollen, dem oben genannten Schreiben kein Vertrauensschutz tun ihren Willen dadurch kund, dass sie sich nicht eintra- mehr? gen. Antwort der Staatsregierung: Der Inhalt des KMS vom Die aktuelle schulpolitische Entwicklung und ihre Dar- 20.10.1999 bezieht sich nur auf Realschulen, die bereits stellung sind indessen Gegenstand der Veröffentlichun- bis 1999/2000 in sechsstufige Realschulen umgewan- gen des Staatsminsiteriums, da diese alle Beteiligten der delt wurden bzw. im Schuljahr 2000/2001 umgewandelt Schule unmittelbar betreffen und sie sich rechtzeitig dar- werden. auf einrichten können müssten. Jede Ausgabe des Schulreport trägt daher auch den Untertitel „Tatsachen An Schulen, die noch nicht sechsstufig sind, wie die und Meinungen zur Bildungspolitik“. Die Politik des Städtische Realschule Kempten und die Maria-Ward- Dienstherren ist gerade bei den eigenen Beschäftigten Schule Kempten, können selbstverständlich zum Schul- nicht obrigkeitlich zuzudiktieren, sondern verständlich zu jahr 2002/2003 auch Schüler in die 7. Jgst. der R4 aufge- machen; gegebenenfalls kann sie dann auch diskutiert nommen werden, die im laufenden Schuljahr die 4. Jgst. werden. Das diesbezügliche Informationsbedürfnis der der Grundschule besuchen. Beschäftigten wird insoweit zu Recht von diesen immer wieder in Erinnerung gebracht. Es geht im wesentlichen darum sicherzustellen, dass an den bereits sechsstufigen Realschulen nur mehr zwei Die Staatsregierung hat nicht zuletzt in der Regierungs- Jahre lang vier- und sechsstufige Realschulen parallel erklärung vom 11.2.1999 ein klares schulpolitisches geführt werden müssen. Konzept dargestellt. Die Intentionen des BLLV wider- sprechen diesem diametral: die Staatsregierung hat die Franzke (SPD): Nachdem Fachleute errechnet haben, flächendeckende Einführung der R6 angekündigt, das dass allein im Landkreis Landshut die Teilhauptschulen Volksbegehren des BLLV fordert die Nichteinführung der in den Orten Bruckberg, Hohenthann, Adlkofen, Aham, R6 und verhindert sie durch die Konstruktion einer Auf- Furth, Gündlkofen, Kumhausen, Neuhausen, Pauluszell, baustufe. Es ist nun Aufgabe der Staatsregierung, ihr Postau, Vilsheim u.a. bei einer flächendeckenden Ein- Festhalten am Konzept der R6 zu erläutern. Gleichzeitig führung der R6 in ihrer Existenz gefährdet sind und dass muss sie daher dem negierenden Gegenkonzept wider- durch den zusätzlichen „Schülertourismus“ allein im sprechen und darlegen, warum sie davon die Hände Landkreis Landshut mehrere 100000 DM zusätzliche lässt. Dazu werden die entsprechenden Fakten darge- Kosten entstehen, die von Kommunen und Staat zu stellt. Es wird auch dargestellt, was die Vorstellungen bezahlen sind, frage ich die Staatsregierung, wie sie des Volksbegehrens sind. Das Staatsministerium kann diese absehbare Entwicklung schulpolitisch und finan- aber nach dem oben Gesagten davon ausgehen, dass ziell beurteilt? Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2355

Antwort der Staatsregierung: Wie die Staatsregierung In einer ersten telefonischen Stellungnahme erklärte der die Einführung der sechsstufigen Realschule und die Schulleiter, er habe auf einer Informationsveranstaltung Reform der Hauptschule finanziell beurteilt, ist im Vor- vor Eltern zukünftiger Realschüler auf negative Auswir- blatt (Seite 9) des Gesetzentwurfs der Staatsregierung kungen des Volksbegehrens für die R6 hingewiesen. zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Gleichzeitig wurde dem Kultusministerium berichtet, Erziehungs- und Unterrichtswesen, des Bayerischen dass an der benachbarten Volksschule vom Schulleiter Schulfinanzierungsgesetztes und des Gesetzes über die Werbematerial des BLLV mit der Aufforderung, sich in Kostenfreiheit (Landtags-Drucksache 14/1361) nachzu- die Listen eintragen zu lassen und weitere Unterschriften lesen. Die dort genannten Mehrkosten für die Schülerbe- einzuwerben, an die Schüler verteilt wurde. förderung gehen davon aus, dass in gewissem Umfang wegen der beabsichtigten Schulreform mehr Schüler Das Kultusministerium wird auch diesem Hinweis nach- fahren als bisher, je nachdem wie sich die Erziehungsbe- gehen und den Sachverhalt klären. rechtigten für die erweiterten Angebote im bayerischen Bildungswesen entscheiden. Dr. Scholz (SPD): Warum verzögert die Bayerische Staatsregieurng (Finanzministerium) den dringend not- In die Kostenberechnungen ist auch der demographisch wendigen Grundstücksankauf für den Neubau der Tech- bedingte Rückgang der Schülerzahlen eingestellt. nischen Chemie an der Georg-Simon-Ohm-Fachhoch- schule Nürnberg, obwohl seit langem bekannt ist, dass Die Staatsregierung hat sich dafür entschieden, im Rah- der weitere Lehrbetrieb in dem derzeitigen Gebäude aus men der Schulreform diese Kosten aufzubringen und ist Gründen der Bausicherheit gefährdet ist? nicht, wie man aus der Mündlichen Anfrage des Herrn Abgeordneten Franzke heraushören könnte, davon aus- Antwort der Staatsregierung: Der Freistaat Bayern gegangen, dass die Schulreform keine Veränderungen bemüht sich schon seit Jahren, die Anwesen Wasser- bei der Schülerbeförderung zeitigt. torstr. 2 und 4 in Nürnberg für Zwecke der Georg-Simon- Ohm Fachhochschule Nürnberg zu erwerben. Die pauschale Aussage, dass die o.g. Teilhauptschulen in ihrer Existenz gefährdet seien, ist nicht zutreffend. Die Verhandlungen sind jedoch bisher stets an den Richtig ist vielmehr, dass die kleineren unter ihnen schon hohen Kaufpreisforderungen des Eigentümers geschei- bisher Probleme in der Klassenbildung (5. und 6. Jgst.) tert. Die Preisvorstellungen des Verkäufers liegen um hatten. 67% über dem von der Bauverwaltung errechneten Ver- kehrswert. Da von staatlicher Seite aber ein hohes Inter- Dr. Ritzer (SPD): Welche dienstrechtlichen Maßnahmen esse an dem in Rede stehenden Grundstück besteht, ist leitet das Kultusministerium gegen den Rektor der Staat- in Kürze eine weitere Verhandlungsrunde mit dem lichen Realschule in Feucht ein, der auf einem Einlege- Eigentümer vorgesehen. Flugblatt in einem regionalen Anzeigeblatt des Landkrei- ses Nürnberger Land (Auflage ca. 13000) sowie in einer Wahnschaffe (SPD): Trifft es zu, daß im Zuständigkeits- Anzeige in der Tageszeitung der „Bote“ (Wochenend- bereich der Staatsanwaltschaft Regensburg in drei Fäl- ausgabe, 12./13. Februar 2000) unter dem Namen sei- len, in denen Beschuldigte der Begehung von Sexualde- ner staatlichen Dienststellle und teilweise unter Angabe likten verdächtig waren und deshalb in Untersuchungs- seiner Dienstfunktion gegen das Neutralitätsgebot ver- haft genommen wurden, Haftbefehle vom zuständigen stoßen und mit unwahren Behauptungen in die politische Amtsgericht wegen Überschreitung der Sechs-Monats- Auseinandersetzung um die Schulreform eingegriffen frist aufgehoben werden mußten, was waren die Gründe hat? und welche Konsequenzen wurden gezogen, um Wie- derholungen zu vermeiden? Antwort der Staatsregierung: Das Kultusministerium hat von dem Vorgang erstmalig durch die Mündliche Antwort der Staatsregierung: Der zuständige Strafse- Anfrage am Nachmittag des 14.02. Kenntnis erhalten. nat des Oberlandesgerichts Nürnberg hat mit Beschlüs- Es kann die in der Anfrage aufgestellten Behauptungen sen vom 28. Januar 2000 und 8. Februar 2000 die Ent- erst bewerten, wenn der Schulleiter dazu Stellung lassung von drei Regensburger Beschuldigten aus der genommen hat und der Sachverhalt überprüft werden Untersuchungshaft verfügt. In den Gründen hat der konnte. Senat jeweils darauf abgestellt, daß weder eine beson- dere Schwierigkeit noch ein besonderer Umfang der Gartzke (SPD): Trifft es zu, dass der Rektor der Real- Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund erkenn- schule Feuchtwangen auf einer offiziellen Elternveran- bar seien, die rechtfertigen könnten, daß das jeweilige staltung am 12.02.2000 die Eltern vor dem Schulvolks- Verfahren innerhalb der Sechs-Monatsfrist des § 121 begehren gewarnt hat, ohne die Neutralitätspflicht einzu- Strafprozeßordnung noch nicht durch ein erstinstanziel- halten, und wie ahndet die Staatsregierung dieses Ver- les Urteil abgeschlossen werden konnte. Das Staatsmi- gehen? nisterium der Justiz hat nach Bekanntwerden der Ent- scheidungen am 9. Februar 2000 unverzüglich eine Antwort der Staatsregierung: Das Kultusministerium sofortige außerordentliche Geschäftsprüfung durch den kann die in der Anfrage behaupteten Äußerungen des Generalstaatsanwalt bei dem Oberlandesgericht Nürn- Schulleiteres erst bewerten, wenn dieser dazu Stellung berg angeordnet. Des weiteren wurde veranlaßt, daß genommen hat und der Sachverhalt überprüft werden noch andere Haftsachen im betroffenen Referat auf konnte. Im Übrigen sind Hinweise auf die negativen Aus- andere Referate übertragen wurden. Inzwischen wurden wirkungen des Volksbegehrens nicht zu beanstanden. die auf freien Fuß gesetzten Beschuldigten wieder auf- 2356 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 grund neuer Haftbefehle des Amtsgerichts Regensburg Erstens: Bis zum letzten Jahr sind die Feuerwehrleute in in Untersuchungshaft genommen. Die beiden weiteren Bayern von den Krankenkassen als nicht abhängig noch anhängigen Haftsachen des betroffenen Referats Beschäftigte behandelt worden. Eine eingehende Prü- wurden mit Anklage abgeschlossen. Als Dienstvorge- fung durch die Rentenversicherungsträger ergab jedoch, setzter des Beamten hat der Leitende Oberstaatsanwalt dass diese Praxis nicht länger aufrecht erhalten werden in Regensburg des weiteren unverzüglich disziplinar- konnte. Im November ’99 gelangten die Spitzenver- rechtliche Vorermittlungen eingeleitet. Der General- bände der Sozialversicherungsträger übereinstimmend staatsanwalt bei dem Oberlandesgericht Nürnberg prüft zu dem Ergebnis, dass die Aufwandsentschädigung Ent- derzeit, ob die dem Beamten erteilten Genehmigungen gelt im Sinne der Sozialversicherung darstellt. Betroffen für Nebentätigkeiten zu widerrufen sind. ist der Anteil der Aufwandsentschädigung, der steuer- pflichtig ist. Schindler (SPD): Wann haben Dienstvorgesetzte des zuständigen Sachbearbeiters bei der Staatsanwaltschaft Zweitens: Erst durch die Neuregelung des 630-Mark-Ge- Regensburg davon erfahren, daß drei wegen Verdachts setzes hatte dieses Ergebnis die jetzt zu beobachtenden der Begehung von Sexualdelikten Beschuldigten wegen gravierenden Auswirkungen. Überschreitung der Sechs-Monatsfrist aus der Untersu- chungshaft entlassen werden mußten und wann und wie Nach der alten Rechtslage wäre die Sozialversiche- haben sie darauf reagiert? rungspflicht bei den meisten Feuerwehrleuten entfallen. Nur solche Aufwandsentschädigungen, deren steuer- Antwort der Staatsregierung: Der Strafsenat des pflichtiger Anteil über der 630-Mark-Grenze liegt, währen Oberlandesgerichts Nürnberg hat am 28. Januar 2000 sozialversicherungspflichtig. und am 8. Februar 2000 die Entlassung von drei Regensburger Beschuldigten verfügt. Hiervon hat der Bevor ich dieses Ergebnis bewerte, lassen Sie mich Generalstaatsanwalt bei dem Oberlandesgericht Nürn- eines klarstellen: Das Ehrenamt der freiwilligen Feuer- berg am 8. Februar 2000 erfahren und sich unmittelbar wehr bleibt ein Ehrenamt. Im Sozialversicherungsrecht danach mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt in Regens- wird unterschieden zwischen Beschäfitgten und selb- burg und dem Staatsministerium der Justiz in Verbin- ständigen Unternehmern. Eine besondere Kategorie des dung gesetzt. Das Staatsministerium der Justiz hat Ehrenamtes existiert nicht. Deshalb hat die Bewertung sogleich mit Schreiben vom 9. Februar 2000 angeord- der Aufwandsentschädigung als Arbeitsentgelt nichts net, daß der Generalstaatsanwalt bei dem Oberlandes- Ehrenrühriges. gericht Nürnberg eine sofortige außerordentliche Geschäftsprüfung des betreffenden Referats der Staats- Dennoch ist dieses rechtlich einwandfreie Ergebnis poli- anwaltschaft Regensburg persönlich durchzuführen und tisch fragwürdig. Ich habe mich deshalb an den Bundes- über das Ergebnis zu berichten hat. Des weiteren wurde arbeitsminister und an die Bundesgesundheitsministerin veranlaßt, daß noch anhängige Haftsachen des betroffe- mit dem Vorschlag einer Gesetzesänderung gewandt: nen Referats an andere Referate zu übertragen sind. Personen, die sich in einem Ehrenamt zum Wohl ihrer Noch am selben Tag hat der Generalstaatsanwalt bei Mitbürger engagieren, sollten von der Sozialversiche- dem Oberlandesgericht Nürnberg die angeordnete rungspflicht ausgenommen werden. Eine solche Aus- Geschäftsprüfung durchgeführt. Gegen alle vorüberge- nahme ist notwendig, damit wir weiter Männer und hend auf freien Fuß gesetzten Beschuldigten konnte Frauen gewinnen können, sich ehrenamtlich für die zwischenzeitlich wieder ein neuer Haftbefehl des Amts- Gemeinschaft zu engagieren. gerichts Regensburg erwirkt werden. Alle drei Beschuldi- ten wurden erneut in Untersuchungshaft genommen. Die Egleder (SPD): Ich frage die Staatsregierung: beiden weiteren noch im betroffenen Referat anhängi- gen Haftsachen wurden inzwischen mit Anklage abge- – welche Schlüsse zieht die Staatsregierung aus der im schlossen. Gegen den betroffenen Beamten hat der Lei- Sozialbericht und dem Krebsregister ersichtlichen tende Oberstaatsanwalt in Regensburg diziplinarrechtli- überproportional hohen Sterblichkeitsrate der Bevöl- che Vorermittlungen eingeleitet. Der Generalstaatsan- kerung in Niederbayern und walt bei dem Oberlandesgericht Nürnberg prüft derzeit, ob die dem Beamten erteilten Genehmigungen für – welche konkreten Maßnahmen wurden bzw. werden Nebentätigkeiten zu widerrufen sind. eingeleitet, um kurz-, mittel- und langfristig den gesundheitlichen Zustand der betoffenen Bevölke- Meyer (CSU): Wie beurteilt die Bayerische Staatsregie- rung zu erhöhen? rung die Tatsache, dass nach einem Bericht in der Pas- sauer Neuen Presse vom 09.02.2000 nach der umstrit- Antwort der Staatsregierung: Die regionalen Unter- tenen Neuregelung der 630-DM-Jobs durch die rot- schiede der Sterblichkeit in Bayern sind der Staatsregie- grüne Bundesregierung viele Ehrenamtliche in den Frei- rung seit langem bekannt. Deshalb wurde bereits 1984 willigen Feuerwehren und Hilfsorganisationen dem- im Auftrag des damaligen Staatsministeriums für Arbeit nächst Sozialabgaben auf ihre Aufwandsentschädigun- und Sozialordnung der Forschungsbericht zur kleinräu- gen zahlen sollen und welche Möglichkeiten hat die migen Analyse der regionalen Differenzen der Sterblich- Bayerische Staatsregierung, dass dies im Interesse des keit in Bayern und ihrer wichtigsten Ursachen von Prof. Ehrenamtes nicht zum Tragen kommt? Dr. Günter Neubauer erarbeitet. Eindeutige (letzte) Ursa- chen für die Differenzen konnten damit jedoch nicht auf- Antwort der Staatsregierung: Die Problematik hat zwei gespürt werden. Auch die wissenschaftlichen Institute, Ursachen, die auseinandergehalten werden müssen: die den Material- und Analyseband zur sozialen Lage in Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2357

Bayern 1998 erarbeitet haben, konnten keine schlüssi- Eine Entscheidung über die Zustimmung zu diesem Stu- gen Erklärungen für diese Unterschiede finden. Das diengang einschließlich seiner Abschlussbeziehung Gesundheitsministerium wird eine neue Studie in Auf- blieb bis zur Überprüfung der überalteten Fassung vor- trag geben, mit der weitere Erkenntnisse zu den Ursa- behalten. chen dieser regionalen Unterschiede gewonnen werden sollen. Dies habe ich bereits bei der Vorstellung des Boutter (SPD): Welche Beschlüsse des Landtags – mit Sozialberichts in der Sitzung des Ausschusses für Sozi- dem Ziel, die Förderung der staatlichen und der nicht- al-, Gesundheits- und Familienpolitik am 21.10.1999 staatlichen Theater auf ein Verhältnis eins zu eins zu angekündigt. bringen – wurden von der Staatsregierung noch nicht umgesetzt, wann werden diese Beschlüsse von der Zurzeit wird mit wissenschaftlichen Instituten das ent- Staatsregierung umgesetzt und wann beruft die Staats- sprechende Studiendesign entwickelt. Zur Durchführung regierung den vom zuständigen Minister angekündigten dieser Studie werde ich für den Haushaltsplan „Runden Tisch zur Finanzierung des Stadttheaters 2001/2002 entsprechende Haushaltsmittel anfordern. Würzburg“ ein? Vom Ergebnis dieser Studie hängt es ab, ob und ggf. mit welchen geeigneten Maßnahmen diese regionalen Antwort der Staatsregierung: Unterschiede beseitigt oder mindestens gemindert wer- den können. 1. Ein Beschluss des Bayerischen Landtags, die Förde- rung der staatlichen und der nichtstaatlichen Theater Frau Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wie auf ein Verhältnis eins zu eins zu bringen, existiert gedenkt die Staatsregierung das Urteil des Verwaltungs- nicht. Der Bayerische Landtag hat mit Beschluss vom gerichts Regensburg betreffend die von Pro Familia 14.11.1984 (Drs. 10/5279) die Staatsregierung ledig- beantragte staatliche Förderung für die Schwangeren- lich ersucht, eine weitere stufenweise Anhebung der konfliktberatung umzusetzen, insbesondere hinsichtlich staatlichen Betriebskostenzuschüsse für die nicht- der zeitlichen Dimension? staatlichen Theater vorzunehmen mit der Maßgabe, dass auch die Theaterträger ihren Beitrag entspre- Antwort der Staatsregierung: Das Urteil des Verwal- chend erhöhen. Weitergehende Beschlüsse, insbe- tungsgerichts Regensburg vom 03. Februar 2000, das sondere hinsichtlich eines bestimmten Schlüssels die Festlegung eines Einzugsbereiches für Pro Familia zwischen den Aufwendungen für die Staatstheater Regensburg und damit die öffentliche Förderung der und den Zuschussleistungen an nichtstaatliche Thea- Beratungsstelle betrifft, ist noch nicht rechtskräftig. Die ter, wurden nicht gefasst. Die Festlegung eines sol- schriftliche Begründung des Urteils liegt uns bislang chen Schlüssels wird im übrigen u.a. wegen der feh- nicht vor. Sobald die genauen Urteilsgründe bekannt lenden Vergleichbarkeit von Aufwendungen für Ein- sind, werden weitere Schritte sorgfältig geprüft werden. richtungen in staatlicher Trägerschaft einerseits und Zuwendungen an von Dritten getragene Einrichtun- Dr. Kaiser (SPD): Schließt sich das Staatsministerium gen andererseits für nicht sachgerecht erachtet. für Wissenschaft, Forschung und Kunst dem einstimmi- gen Votum der unabhängigen Expertenkommission zur 2. Der vorgenannte Landtagsbeschluss vom 14.11.1984 Einrichtung eines ingenieurwissenschaftlichen Studien- wurde durch stufenweise Anhebung des einschlägigen ganges Nanostrukturtechnik an der Universität Würz- Haushaltsansatzes bei Kap. 1505 TG 73 von (1985) burg an, und wenn ja, wann ist der Beginn dieses für die 53791000,– DM auf (2000) 88500000,– DM umge- Universtität und für die unterfränkische Region sehr setzt. wichtigen Studiengangs vorgesehen? 3. Ein „Runder Tisch zur Finanzierung des Stadttheaters Antwort der Staatsregierung: Die vom Staatsministe- Würzburg“ wurde vom zuständigen Minister nicht als rium für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Jahre Initiative des Ministeriums angekündigt, sondern 1999 eingesetzte Expertenkommission hat die Einrich- gegenüber dem Theaterträger angeregt. Sollte es zu tung eines neuen Studienganges Nanostrukturtechnik einem solchen „Runden Tisch“ kommen, wäre seine an der Fakultät für Physik und Astronomie der Universi- Einberufung Sache der Stadt Würzburg. Mit Schrei- tät Würzburg befürwortet. Die Universität wurde im ben vom 18. Januar habe ich dem Oberbürgermeister Dezember 1999 gebeten, den von ihr vorgelegten Ent- angeboten, an Überlegungen hinsichtlich einer verän- wurf einer Studien- und Prüfungsordnung im Lichte des derten Trägerstruktur mitzuwirken. Bislang ist die Gutachtens zu überarbeiten und in aktualisierter Form Stadt Würzburg auf dieses Angebot jedoch nicht dem Staatsministerium zur Genehmigung vorzulegen. zurückgekommen. 2358 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Anlage 3 Bayerischer Landtag zur 35. Vollsitzung am 17.02.2000 14.Wahlperiode

Abstimmungsliste

Zur namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abg. Renate Schmidt, Irlinger, Franzke u. Frakt. (SPD); Keine Verteilung von „Schule aktuell“, Ausgabe Februar 2000 (Drucksache 14/2907)

Name Ja Nein Enthalte Name Ja Nein Enthalte mich mich Ach Manfred ✕ Guckert Helmut Güller Harald ✕ Dr. Baumann Dorle ✕ Guttenberger Petra ✕ Beck Adolf ✕ Dr. Beckstein Günther Haedke Joachim ✕ Berg Irmlind Dr. Hahnzog Klaus ✕ Dr. Bernhard Otmar ✕ Hartenstein Volker ✕ Biedefeld Susann ✕ Hartmann Gerhard ✕ Blöchl Josef ✕ Hausmann Heinz ✕ Bocklet Reinhold Hecht Inge ✕ Böhm Johann Heckel Dieter ✕ Boutter Rainer ✕ Hecker Annemarie ✕ Brandl Max Heike Jürgen W. ✕ Breitschwert Klaus Dieter Heinrich Horst Brosch Franz ✕ Herrmann Joachim ✕ Brunner Helmut ✕ Hirschmann Anne ✕ Hoderlein Wolfgang ✕ Christ Manfred ✕ Hölzl Manfred Hofmann Walter ✕ Deml Marianne ✕ Hohlmeier Monika Dinglreiter Adolf ✕ Huber Erwin ✕ Dodell Renate ✕ Hufe Peter ✕ Donhauser Heinz ✕ Dr. Dürr Josef ✕ Irlinger Eberhard

Eck Gerhard Jetz Stefan ✕ Eckstein Kurt Dr. Jung Thomas ✕ Egleder Udo ✕ Eppeneder Josef ✕ Dr. Kaiser Heinz Ettengruber Herbert ✕ Kaul Henning ✕ Dr. Eykmann Walter ✕ Kellner Emma ✕ Dr. Kempfler Herbert ✕ Prof. Dr. Faltlhauser Kurt ✕ Kiesel Robert Dr. Fickler Ingrid ✕ Klinger Rudolf ✕ Fischer Herbert ✕ Knauer Christian ✕ Franzke Dietmar ✕ Kobler Konrad ✕ Freller Karl ✕ Köhler Elisabeth ✕ Dr. Köhler Heinz ✕ Gabsteiger Günter ✕ König Alexander ✕ Prof. Dr. Gantzer Peter Paul ✕ Kränzle Bernd ✕ Gartzke Wolfgang Kreidl Jakob ✕ Dr. Gauweiler Peter Kreuzer Thomas ✕ Geiger Hermann ✕ Dr. Kronawitter Hildegard ✕ Glück Alois ✕ Kuchenbaur Sebastian ✕ Göppel Josef Kupka Engelbert Görlitz Erika ✕ Goertz Christine ✕ Leeb Hermann ✕ Dr. Götz Franz Leichtle Wilhelm Dr. Goppel Thomas ✕ Lochner-Fischer Monica ✕ Gote Ulrike ✕ Lode Arnulf Grabner Georg ✕ Loscher-Frühwald Friedrich ✕ Dr. Gröber Klaus Lück Heidi ✕ 2360 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Enthalte Enthalte Name Ja Nein Name Ja Nein mich mich Maget Franz ✕ Schmid Peter Matschl Christa ✕ Schmidt Renate ✕ Mehrlich Heinz ✕ Schmidt-Sibeth Waltraud ✕ Meißner Christian ✕ Schmitt Helga Memmel Hermann ✕ Schneider Erwin Dr. Merkl Gerhard ✕ Schneider Siegfried ✕ Meyer Franz Dr. Scholz Manfred ✕ Miller Josef ✕ Schopper Theresa ✕ Mirbeth Herbert ✕ Schreck Helmut Möstl Fritz ✕ Dr. Schuhmann Manfred ✕ Dr. Müller Helmut ✕ Schultz Heiko Müller Herbert Schweder Christl ✕ Müller Willi ✕ Schweiger Rita ✕ Münzel Petra ✕ Sibler Bernd ✕ Sinner Eberhard ✕ Naaß Christa ✕ Dr. Söder Markus Nadler Walter ✕ Dr. Spaenle Ludwig ✕ Narnhammer Bärbel ✕ Spitzner Hans Nentwig Armin Sprinkart Adi ✕ Neumeier Johann ✕ Stahl Christine ✕ Niedermeier Hermann Stahl Georg ✕ Nöth Eduard ✕ Stamm Barbara ✕ Starzmann Gustav ✕ Obermeier Thomas ✕ Steiger Christa ✕ Odenbach Friedrich ✕ Steinmaßl Hermann Stewens Christa ✕ Paulig Ruth ✕ Prof. Dr. Stockinger Hans Gerhard ✕ Peterke Rudolf ✕ Dr. Stoiber Edmund Peters Gudrun ✕ Straßer Johannes Pfaffmann Hans-Ulrich ✕ Strehle Max ✕ Pienßel Franz ✕ Pranghofer Karin Tausendfreund Susanna ✕ Pschierer Franz ✕ Thätter Blasius ✕ Traublinger Heinrich ✕ Dr. Rabenstein Christoph ✕ von Truchseß Ruth ✕ Radermacher Karin ✕ Ranner Sepp Unterländer Joachim ✕ Freiherr von Redwitz Eugen ✕ Regensburger Hermann Dr. Vocke Jürgen ✕ Reisinger Alfred ✕ Vogel Wolfgang Riess Roswitha ✕ Voget Anne ✕ Ritter Ludwig ✕ Volkmann Rainer ✕ Dr. Ritzer Helmut ✕ Freiherr von Rotenhan Sebastian ✕ Wahnschaffe Joachim ✕ Rotter Eberhard ✕ Dr. Waschler Gerhard ✕ Rubenbauer Herbert ✕ Dr. Weiß Manfred ✕ Rudrof Heinrich Welnhofer Peter Dr. Runge Martin ✕ Werner Hans Joachim ✕ Werner-Muggendorfer Johanna ✕ Sackmann Markus ✕ Dr. Wiesheu Otto Sauter Alfred ✕ Dr. Wilhelm Paul ✕ Schammann Johann Winter Georg Scharfenberg Maria ✕ Wörner Ludwig ✕ Schieder Marianne Wolfrum Klaus ✕ Schieder Werner Schindler Franz Zehetmair Hans Schläger Albrecht ✕ Zeitler Otto ✕ Dr. Schmid Albert ✕ Zeller Alfons ✕ Schmid Albert ✕ Zengerle Josef ✕ Schmid Berta ✕ Dr. Zimmermann Thomas ✕ Schmid Georg ✕ Gesamtsumme 61 93 0 Anlage 4 zur 35. Vollsitzung am 17.02.2000

Anlage zur Tagesordnung der 35. Plenarsitzung: (Tagesordnungspunkt 18) Abstimmung über Anträge, die gemäß § 63 Abs. 6 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden

Kennzeichnung mit [x] = abweichendes Votum bei Im federführenden Ausschuss für der Mitberatung, soweit bei Versand der Tagesord- Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen wa- nung die Beschlußempfehlungen und Berichte vor- ren lagen Berichterstatterin: Stahl Christine Mitberichterstatter: Jetz 1. Antrag der Abgeordneten Dr. Jung u.a. SPD Strukturverbesserungen für die bayerische Polizei 8. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Köhler Eli- (IV) sabeth, Hartenstein Drs. 14/1030, 14/2825 (E) und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Mainausbau – Stauhaltung Würzburg 2. Antrag der Abgeordneten Köhler Elisabeth, Stahl Drs. 14/1835, 14/2793 (A) Christine, Tausendfreund und Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN Juristenausbildungsreform Im federführenden Ausschuss für Drs. 14/1425, 14/2847 (A) Landesentwicklung und Umweltfragen waren Berichterstatter: Hartenstein Mitberichterstatter: Sinner Im federführenden Ausschuss für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen wa- ren 9. Antrag der Abgeordneten Dr. Jung u.a. SPD Berichterstatterin: Stahl Christine Prüfungsfreier Aufstieg in den gehobenen Polizei- Mitberichterstatter: Jetz vollzugsdienst Drs. 14/1860, 14/2562 (E) 3. Antrag der Abgeordneten Wahnschaffe u.a. SPD Landesplan zur Versorgung psychisch Kranker und 10. Antrag der Abgeordneten Naaß, Franzke, Dr. Jung psychisch Behinderter u.a. SPD Drs. 14/1710, 14/2573 (E) Auswirkungen über die Eingliederung der Staatli- chen Gesundheitsämter in die Landratsämter 4. Antrag der Abgeordneten Unterländer u.a. CSU Drs. 14/1861, 14/2563 (E) Bedarfsgerechte Krisenintervention für psychisch kranke Menschen 11. Antrag der Abgeordneten Paulig, Hartenstein, Drs. 14/1776, 14/2571 (E) Dr. Dürr und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5. Antrag der Abgeordneten Unterländer u.a. CSU Gefängnis in Würzburg – kein Abriss Fortschreibung des 2. Landesplanes für Psychiatrie Drs. 14/1875, 14/2821 (A) Drs. 14/1777, 14/2572 (E)

6. Antrag der Abgeordneten Unterländer u.a. CSU Im federführenden Ausschuss für Bayerisches Landesgesetz über die Hilfe für psy- Hochschule, Forschung und Kultur waren chisch kranke Personen Berichterstatter: Hartenstein Drs. 14/1778, 14/2790 (E) Mitberichterstatter: Prof. Dr. Stockinger

7. Antrag der Abgeordneten Kellner, Köhler Elisabeth, 12. Antrag der Abgeordneten Paulig, Schammann, Tausendfreund u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE Dr. Dürr, u.a. GRÜNEN und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Qualität des juristischen Vorbereitungsdienstes ver- Verbot des Insektizideinsatzes zur Borkenkäferbe- bessern kämpfung im Staatsforst Drs. 14/1812, 14/2846 (A) Drs. 14/1903, 14/2833 (A) 2362 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Im federführenden Ausschuss für Straßer u.a. SPD Ernährung, Landwirtschaft und Forsten waren Patienten im Koma und Wachkoma mit der Krank- Berichterstatter: Schammann heit „Apallisches Syndrom“ Mitberichterstatter: Göppel Weitere Verbesserung der Situation – Ausreichen- de medizinische Betreuung durch behandelnde 13. Antrag der Abgeordneten Sinner, Mirbeth, Schreck Ärzte u.a. CSU Drs. 14/1989, 14/2570 (A) NEUE SOZIAL- UND BÜRGERKULTUR „Erkenntnisse über die Möglichkeiten bürgerschaft- Im federführenden Ausschuss für licher Mitwirkung aus den Verfahren zur Dorfer- Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik waren neuerung“ Berichterstatter: Nentwig Drs. 14/1905, 14/2826 (E) Mitberichterstatter: Dr. Zimmermann 14. Antrag der Abgeordneten Christ, Breitschwert, Brosch u.a. CSU 22. Antrag der Abgeordneten Dr. Eykmann, Heckel, Statistiken für das Bayerische Statistische Landes- Peterke u.a. CSU amt Vollzug des § 14 LbVPol Drs. 14/1912, 14/2798 (E) Drs. 14/1931, 14/2564 (E)

15. Antrag der Abgeordneten Zeller u.a. CSU 23. Antrag der Abgeordneten Hölzl, Dr. Kempfler, Ausnahmen vom Mehrheitsprinzip Brosch u.a. CSU Drs. 14/1915, 14/2835 (G) Schutz des Wortes „Polizei“ Drs. 14/1932, 14/2828 (G) Im federführenden Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten waren Berichterstatter: Ettengruber Im federführenden Ausschuss für Mitberichterstatter: Dr. Köhler Heinz Kommunale Fragen und Innere Sicherheit waren Berichterstatter: Hölzl 16. Antrag der Abgeordneten Zeller u.a. CSU Mitberichterstatter: Prof. Dr. Gantzer Konvent zur Grundrechtscharta der EU Drs. 14/1917, 14/2850 (E) [X] 24. Antrag der Abgeordneten Paulig, Hartenstein, und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17. Antrag der Abgeordneten Köhler Elisabeth, Dr. Bekanntgabe der unterirdischen Kabelverläufe an Runge und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Planungsbehörden Reaktion von Stadtwerken auf die Liberalisierung Drs. 14/1973, 14/2800 (A) im Strom- und Gasmarkt Drs. 14/1918, 14/2799 (E) Im federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie waren 18. Antrag der Abgeordneten Dr. Jung u.a. SPD Berichterstatter: Dr. Runge Straßenverkehrsgesetz Mitberichterstatter: Pienßel Drs. 14/1919, 14/2827 (A)

Im federführenden Ausschuss für 25. Antrag der Abgeordneten Zeller u.a. CSU Kommunale Fragen und Innere Sicherheit waren Bekämpfung von unfairem Steuerwettbewerb Berichterstatter: Dr. Jung Drs. 14/1985, 14/2836 (E) Mitberichterstatter: Haedke 26. Antrag der Abgeordneten Knauer, Dr. Wilhelm, 19. Antrag der Abgeordneten Nentwig, Wahnschaffe, Donhauser u.a. CSU Straßer u.a. SPD Bisherige Ergebnisse der BioTechMobil-Aktion und Patienten im Koma und Wachkoma mit der Krank- Weiterführung mit neuen Zielsetzungen heit „Apallisches Syndrom“ Drs. 14/2028, 14/2822 (E) Weitere Verbesserung der Situation – Forschung und Wissenschaft für neurologische Rehabilitation Drs. 14/1925, 14/2768 (E) 27. Antrag des Abgeordneten Schammann BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN 20. Antrag der Abgeordneten Nentwig, Wahnschaffe, Bericht zur immunologischen Kennzeichnung von Straßer u.a. SPD Nutztieren Patienten im Koma und Wachkoma mit der Krank- Drs. 14/2042, 14/2831 (E) heit „Apallisches Syndrom“ Weitere Verbesserung der Situation – Pflegeeinstu- 28. Antrag der Abgeordneten Dr. Eykmann, Dr. Wil- fung helm, Dr. Spaenle u.a. CSU Drs. 14/1930, 14/2569 (E) Fachdidaktikprofessur für alte Sprachen mit Schwerpunkt Latein in Bayern 21. Antrag der Abgeordneten Nentwig, Wahnschaffe, Drs. 14/2054, 14/2823 (G) Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2363

Im federführenden Ausschuss für 35. Antrag der Abgeordneten Gartzke u.a. SPD Hochschule, Forschung und Kultur waren Ausbau des S-Bahn-Netzes in der Region Nürn- Berichterstatter: Dr. Spaenle berg Mitberichterstatter: Odenbach Drs. 14/2065, 14/2802 (E)

29. Antrag der Abgeordneten Hirschmann, Wahnschaf- 36. Antrag der Abgeordneten Prof. Dr. Gantzer u.a. fe u.a. SPD SPD Gesundheitliche Ungleichheit beseitigen Wirtschaftsspionage Gefahrenpotential des Alkohols Drs. 14/2066, 14/2829 (E) Drs. 14/2055, 14/2786 (E) 37. Antrag der Abgeordneten Dr. Fickler, Guttenberger, Görlitz u.a. CSU 30. Antrag der Abgeordneten Hirschmann, Wahnschaf- Bayerisches Gesetz zur Gleichstellung von Frauen fe u.a. SPD und Männern; Gesundheitliche Ungleichheit beseitigen Erstellung einer Arbeitshilfe Stärkung der ausgewogenen Ernährung Drs. 14/2074, 14/2565 (G) Drs. 14/2056, 14/2785 (A) Im federführenden Ausschuss für Im federführenden Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes waren Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik waren Berichterstatter: Kreidl Berichterstatterin: Hirschmann Mitberichterstatterin: Naaß Mitberichterstatter: Dr. Zimmermann 38. Antrag der Abgeordneten Gartzke, Dr. Köhler Heinz SPD 31. Antrag der Abgeordneten Hirschmann, Wahnschaf- Umsetzung der Gemeinschaftsinitiativen der Euro- fe u.a. SPD päischen Union URBAN, EQUAL, LEADER und IN- Gesundheitliche Ungleichheit beseitigen TERREG für den Förderzeitraum von 2000 – 2006 Ausbau der Perinatalerhebung Drs. 14/2077, 14/2837 (E) Drs. 14/2057, 14/2784 (A) 39. Antrag der Abgeordneten Güller, Wörner SPD Im federführenden Ausschuss für Verwendung eines nicht gefährdenden Materials Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik waren zum Verfugen von Rissen in Straßendecken Berichterstatterin: Hirschmann Drs. 14/2094, 14/2803 (E) Mitberichterstatter: Dr. Zimmermann 40. Antrag des Abgeordneten Dr. Dürr BÜNDNIS 90/ 32. Antrag der Abgeordneten Schultz, Wahnschaffe DIE GRÜNEN u.a. SPD Gedenkstein zur Erinnerung an den Widerstand ge- Vorschläge für ein Erziehungsgehalt gen das Naziregime Drs. 14/2060, 14/2789 (A) Drs. 14/2178, 14/2854 (A) Im federführenden Ausschuss für Im federführenden Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur waren Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik waren Berichterstatter: Dr. Dürr Berichterstatter: Schultz Mitberichterstatter: Dr. Spaenle Mitberichterstatter: Unterländer 41. Antrag der Abgeordneten Wahnschaffe u.a. SPD 33. Antrag der Abgeordneten Schultz, Wahnschaffe Reform des Bayerischen Unterbringungsgesetzes u.a. SPD hier: Vorlage eines Gesetzentwurfs über Hilfen und Anhebung, Anpassung der Bezugskriterien des Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke in Bayern Landeserziehungsgeldes an das Bundeserzie- Drs. 14/2179, 14/2791 (E) hungsgeld und Dynamisierung Drs. 14/2061, 14/2788 (A) 42. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Kellner, Dr. Runge, Stahl Christine und Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Im federführenden Ausschuss für Unterstützung strukturschwacher Regionen Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik waren Drs. 14/2180, 14/2804 (A) Berichterstatter: Schultz Mitberichterstatter: Unterländer Im federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie waren 34. Antrag der Abgeordneten Hirschmann, Wahnschaf- Berichterstatter: Dr. Runge fe u.a. SPD Mitberichterstatter: Dr. Söder Gesundheitliche Ungleichheit beseitigen Ausbau der Unfallprävention 43. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Glück, Drs. 14/2064, 14/2787 (E) Dinglreiter, Dr. Söder u.a. und Fraktion CSU 2364 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Zukunft des Wirtschaftsstandorts Nürnberg und Re- Anträge, bei denen gemäß § 132 Abs. 3 der Ge- gion sichern schäftsordnung das abweichende Votum des mitbe- Drs. 14/2181, 14/2805 (G) ratenden Ausschusses für Staatshaushalt und Fi- nanzfragen der Abstimmung zugrundezulegen ist: Im federführenden Ausschuss für Wirtschaft, Verkehr und Technologie waren 51. Antrag der Abgeordneten Brosch, Prof. Dr. Stockin- Berichterstatter: Dr. Söder ger CSU Mitberichterstatter: Dr. Scholz Einrichtung eines Studiengangs Fotodesign an der Fachhochschule München mit Eingliederung der 44. Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Schmidt Re- Fachakademie für Fotodesign in diese Fachhoch- nate, Dr. Scholz, Dr. Jung u.a. und Fraktion SPD schule Arbeit für Nürnberg Drs. 14/1922, 14/2879 (E) [X] Kompetenz und Arbeitsplätze in der Verkehrs-, Energie- und Produktionstechnik in Nürnberg und 52. Antrag der Abgeordneten Nentwig, Wahnschaffe, der Region erhalten! Straßer u.a. SPD Drs. 14/2182, 14/2806 (E) Patienten im Koma und Wachkoma mit der Krank- heit „Apallisches Syndrom“ 45. Antrag der Abgeordneten Hölzl, Haedke, Kobler Weitere Verbesserung der Situation – Förderung CSU Projekt „Landes- und bundesweite Notrufzentrale“ Polizei in München – Priorität bei Zuweisung von Drs. 14/1924, 14/2769 (E) [X] Kinderbetreuungseinrichtungen Drs. 14/2271, 14/2859 (E) 53. Antrag der Abgeordneten Nentwig, Wahnschaffe, Straßer u.a. SPD 46. Antrag der Abgeordneten Hölzl, Grabner, Dr. Patienten im Koma und Wachkoma mit der Krank- Kempfler u.a. CSU heit „Apallisches Syndrom“ Altersstruktur in den Führungsstäben der Polizei Weitere Verbesserung der Situation – Neuropsy- Drs. 14/2272, 14/2830 (E) chologische Betreuung für rehabilitierte und teilre- habilitierte Patienten 47. Antrag der Abgeordneten Hölzl, Dr. Eykmann, Drs. 14/1926, 14/2767 (E) [X] Dr. Kempfler u.a. CSU Öffnung von Einheimischen-Modellen für Polizeibe- 54. Antrag der Abgeordneten Nentwig, Wahnschaffe, amte Straßer u.a. SPD Drs. 14/2275, 14/2832 (E) Patienten im Koma und Wachkoma mit der Krank- heit „Apallisches Syndrom“ 48. Antrag der Abgeordneten Hölzl, Dr. Kempfler, Weitere Verbesserung der Situation – Ambulantes Grabner u.a. CSU Versorgungsnetz Fachliche Betreuung junger Polizeibeamter in Mün- Drs. 14/1928, 14/2766 (E) [X] chen Drs. 14/2276, 14/2834 (E) 55. Antrag der Abgeordneten Nentwig, Wahnschaffe, Straßer u.a. SPD 49. Antrag der Abgeordneten Kellner, Schopper, Mün- Patienten im Koma und Wachkoma mit der Krank- zel und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heit „Apallisches Syndrom“ Vorlage eines Entwurfs für ein Bayerisches Lan- Weitere Verbesserung der Situation – Versor- desgesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für gungsangebot für die Landeshauptstadt München psychisch kranke Personen (BayPsychKG) Drs. 14/1929, 14/2765 (E) [X] Drs. 14/2301, 14/2792 (E) 56. Antrag der Abgeordneten Nentwig, Wahnschaffe, 50. Antrag der Abgeordneten Paulig, Kellner, Harten- Straßer u.a. SPD stein u.a. Patienten im Koma und Wachkoma mit der Krank- und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN heit „Apallisches Syndrom“ Berücksichtigung der Erhaltungsziele von Gebieten Weitere Verbesserung der Situation – Aktivierende mit gemeinschaftlicher Bedeutung und Europäi- Behandlungspflege bei Langzeitpatienten in Phase schen Vogelschutzgebieten bei der Neuaufnahme F von Verkehrstrassen in das Landesentwicklungs- Drs. 14/1988, 14/2764 (E) [X] programm Drs. 14/2321, 14/2794 (A) 57. Antrag der Abgeordneten Odenbach u.a. SPD Dauerhafte Sicherung der Finanzierung der Virtuel- Im federführenden Ausschuss für len Hochschule Bayern Landesentwicklung und Umweltfragen waren Drs. 14/1987, 14/2824 (A) [X] Berichterstatter: Hartenstein Mitberichterstatter: Mirbeth Im federführenden Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur waren Berichterstatter: Odenbach Mitberichterstatter: Dr. Söder Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode 2365

58. Antrag der Abgeordneten Dr. Wilhelm, Prof. Dr. 60. Antrag der Abgeordneten Dinglreiter u.a. CSU Stockinger, Dr. Söder CSU Neue Wege in der Verkehrsfinanzierung vorantrei- Vermeidung von Verzögerungen bei der Einführung ben der Zwischenprüfung im Studium der Rechtswis- Drs. 14/2082, 14/2819 (G) [X] senschaften Drs. 14/2043, 14/2772 (E) [X] Im federführenden Ausschuss für 59. Antrag der Abgeordneten Dinglreiter u.a. CSU Wirtschaft, Verkehr und Technologie waren Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur im Bereich Berichterstatter: Rotter der Bundesfernstraßen dauerhaft und angemessen Mitberichterstatter: Schläger sichern Drs. 14/2080, 14/2818 (G) [X] 61. Antrag der Abgeordneten Paulig, Kellner, Münzel Im federführenden Ausschuss für u.a. und Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wirtschaft, Verkehr und Technologie waren Gleichbehandlung der Systembetreuerinnen und Berichterstatter: Lode Systembetreuer aller Schularten Mitberichterstatter: Schläger Drs. 14/2289, 14/2880 (E) [X] 2366 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 Anlage 5 zur 35. Vollsitzung am 17.02.2000

Zu Protokoll gegebene Ausführungen des Abgeordneten Dr. Dürr (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zu Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abg. Renate Schmidt, Hufe, Dr. Dürr u.a. (SPD); Beteiligung von Künstlerinnen und Künstlern bei der Auswahl von Förderprojekten durch den Kulturfonds (Drucksache 14/1858)

Künstlerinnen und Künstler sollen mitberaten dürfen, Anspruch hat, bringt die gebührende Dankbarkeit auf. wenn es um den Kulturfonds geht. Das ist eine Selbst- Deshalb ist ein gewisses Maß an Willkür geradzu verständlichkeit. Insofern werden wir dem Antrag der unerlässlich. Deshalb darf es keine Förderrichtlinien SPD zustimmen. Aber dieser Antrag geht nicht weit geben, auf die sich jemand berufen könnte. genug. Denn es ist kein Zufall, dass man solche Selbst- verständlichkeiten einfordern muss. Und genauso wenig – Und genauso wenig kann man zulassen, dass die ist es ein Zufall, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kolle- Künstlerinnen und Künstler mitschnabeln. Allein gen von der CSU, das ablehnen. Das liegt am Zweck schon deshalb sind die Fördermaßnahmen des Kul- des Kulturfonds. In Konzept des Kulturfonds spielen turfonds willkürlich, plan- und ziellos und beliebig aus- lebende Künstlerinnen und Künstler keine Rolle. Sie stö- gewählt. ren nur. – Die vielen Fonds und Stiftungen, die aus dem Haus- Der Kulturfonds ist Politik nach Gutsherrenart. Er steht in halt ausgegliedert wurdne, funktionieren alle nach der Tradition der aufschneidenden Großmannssucht diesem Prinzip der Spendierhosen. Das fördert nicht kleiner Provinzfürsten. Die Konzeption des Kultufonds gerade die Transparenz. Auch das ist Absicht. Nicht setzt die Nebenrolle der lebendigen Kunst geradzu vor- deshalb, um zu verschleiern, was man tut. Im Gegen- aus. Im Zentrum des Kulturfonds steht der edle Spender: teil. Damit deutlich wird, wem die Großzügigkeit zu die großzügige Vergabe durch die Staatsregierung. Mit verdanken ist: nämlich einzig und allein der Staatsre- dem Kulturfonds feiert die Staatsregierung sich selbst. gierung und ihren Lehensherren, den kleinen Gäufür- Sie feiert sich in ihrer großzügigen Machtfülle. Von die- sten von der CSU. sem Glanz soll auf jeden kleinen Lokalpolitiker der CSU etwas abfallen. Da darf ein jeder mal die Spendierhosen – Deshalb wird das Budgetrecht des Landtags alle anziehen. Man legt es vielleicht nicht direkt darauf an, Jahre wieder ausgehöhlt. Der Ministerrat entscheidet dass sich die Künstlerinnen und Künstler als Bittsteller und nachdem die beschlossenen Maßnahmen bereits fühlen sollen, aber es wird gerne in Kauf genommen. in der Presse landauf landab als frohe Botschaft ver- kündigt wurden, darf der Haushaltsausschuss die Wichtiger ist, dass jeder Lokal- und Regionalpolitiker Fakten absegnen. herausstreichen kann, wem der warme Geldsegen zu verdanken ist. Wer will, dass Kunst und Künstler im Mit- – Der Fachausschuss wird lediglich unterrichtet. Denn telpunkt stehen, muss den Kulturfonds von Grund auf Beratung und so etwas wie Richtlinien sind, wie ändern. gesagt, nicht erwünscht.

– Der Kulturfonds ist eine fragwürdige Sondereinrich- – Diese alljährlich wiederkehrende Schmierenkomödie tung. Ich habe noch kein vernünftiges Argument erniedrigt nicht nur die Künstlerinnen und Künstler zu gehört, warum es einen Extraposten neben dem regu- Bittstellern, sondern sie stellt eine Missachtung des lären Kulturetat geben muss. Dieser „Schattenhaus- Parlaments dar. halt“ hat seine Berechtigung einzig und allein in seiner Funktion als Privatschatulle: man kann sich neben Der Kulturfonds hat also die Funktion einer Privatscha- dem regulären Etat als besonders großzügig feiern tulle, mit der Staats- und Bezirksregierungen ihre schei- lassen. Es ist wie beim Faschingsumzug: jeder aus nare Spendierfreudigkeit extra unter Beweis stellen kön- der Prinzengarde kann ein paar Bonbons in die nen. Daher kommt der Beigeschmack von feudaler Will- Menge streuen. kür und schäbiger Großspurigkeit.

– Großzügigkeit setzt Freiwilligkeit voraus. Nur wer Aber Künstlerinnen und Künstler spielen beim Kultur- nicht glaubt, dass er auf staatliche Leistungen einen fonds nicht nur aus diesen dramaturgischen Gründen 2368 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000 eine Nebenrolle. Sie stören auch inhaltlich. Sie sind für Pilotprojekte für ganz Bayern, also „für innovative Vor- das Kulturverständnis der Staatsregierung eine Spur zu haben mit Modellcharakter“ sind äußerst rar. lebendig. Denn die Staatsregierung schmückt sich vor- zugsweise mit den Kulturen vergangener Epochen: der Auch die Verteilungskriterien sind fragwürdig: Der Regio- feudalen Kultur, der Kultur der bürgerlichen Blütezeit, nalproporz steht – trotz ausdrücklichen Dementis – an und mit dem, was von einer bäuerlichen und dörflichen oberster Stelle: es geht um Strukturföderungsmaßnah- Kultur noch irgendwie konserviert werden konnte. men in der Fläche, im „im Sinne einer landesweit gerecht verteilten Kulturförderung“, wie es heißt. Es geht also um Der Löwenanteil des Kulturfonds wird für Konservierun- eine, ich zitiere, „regional ausgewogene Förderung“: gen aller Art ausgegeben. Das ist kein Wunder, denn also doch um das bestrittene Gießkannenprinzip. dahinter steckt ein rückwärtsgewandtes Kulturverständ- nis: Wenn es um die bayerische Kultur geht, fallen immer Die Bezirksregierungnen sind als „Vorprüfungsstellen“ Wörter wie „erhalten“, „bewahren“, „pflegen“ – von Wei- völlig ungeeignet und überflüssig. Sie machen den Ver- terentwicklung und zeitgenössischer Kultur und Kunst ist fahrensweg unnötig umständlich und zeitaufwendig. Das kaum die Rede. räumt selbst der Kultusminister ein. Wäre das Ministe- rium erste und einzige Anlaufstelle der Kulturförderung, Wenn Kultur Ausdruck und Selbstbewusstsein einer wie man das bei einem Kulturministerium eigentlich Gesellschaft ist, dann müsste sich bayerische Kulturpoli- erwarten dürfte, dann könnte es mit Hilfe von Fachbeirä- tik im Dialog mit der bayerischen Bevölkerung eine Vor- ten Qualitäts- und Bedarfskriterien aufstellen. stellung davon erarbeiten, wie die Gesellschaft ausse- hen soll, in der wir künftig leben wollen. Auf allen anderen Gebieten zieht die Staatsregierung selbstverständlich Fachbeiräte mit ein. Von solch einer aktiven Kulturpolitik, die von sich aus das Gespräch such und aus diesem Gespräch Rahmen- bedingungen und Förderkonzepte entwickelt, kann keine Da zählen dann die Argumente nicht, die im Ausschuss Rede sein. gegen einen künstlerischen Fachbeirat vorgebracht wur- den. Beim Wissenschaftlich-Technischen Beirat wie bei Auch das sieht man dem Kulturfonds an. Es gibt kaum der Forschungsstiftung können problemlos „die von Ent- einen Platz für lebendige Kunst. Der Kulturfonds ist scheidungen Betroffenen zugleich Gutachter“ sein. extrem konservativ und reaktiv: Das gleiche gilt für den Einwand, dass es „etliche kon- – Die weitaus meisten Mittel werden für Sanierungs- kurrierende Künstlervereinigungen“ gebe und „viele und Baumaßnahmen ausgegeben. Künstler überhaupt nicht organisiert“ seien. Als ob das in Wirtschaft und Forschung anders wäre. – Für künstlerische oder kulturelle Projekte gibt es kaum Geld. Es gibt kaum „Projektzuschüsse zu kultu- Das sind alles nur vorgeschobene Argumente. Denn rellen Maßnahmen und Veranstaltungen“, die ja aus- nach der jetzigen Konzeption des Kulturfonds geht es drücklich als Aufgabenfeld des Kulturfonds genannt zuallerletzt um zeitgenössische Kunst und lebende werden. Künstlerinnen und Künstler.

– „Starthilfen“ „für regelmäßig durchgeführte Projekte“, Es geht nur um die Selbstbeweihräucherung der Staats- die ebenfalls Schwerpunkt sein sollen, für kulturelle regierung. Anlage 6 Bayerischer Landtag zur 35. Vollsitzung am 17.02.2000 14.Wahlperiode

Abstimmungsliste zur namentlichen Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 19: Antrag der Abg. Renate Schmidt, Hufe, Dr. Baumann u.a. (SPD); Beteiligung von Künstlerinnen und Künstlern bei der Auswahl von Förderprojekten durch den Kultur- fonds (Drucksache 14/1858)

Name Ja Nein Enthalte Name Ja Nein Enthalte mich mich Ach Manfred ✕ Guckert Helmut Güller Harald ✕ Dr. Baumann Dorle ✕ Guttenberger Petra Beck Adolf ✕ Dr. Beckstein Günther Haedke Joachim Berg Irmlind Dr. Hahnzog Klaus Dr. Bernhard Otmar Hartenstein Volker ✕ Biedefeld Susann ✕ Hartmann Gerhard Blöchl Josef ✕ Hausmann Heinz ✕ Bocklet Reinhold Hecht Inge ✕ Böhm Johann Heckel Dieter ✕ Boutter Rainer ✕ Hecker Annemarie ✕ Brandl Max Heike Jürgen W. ✕ Breitschwert Klaus Dieter Heinrich Horst Brosch Franz Herrmann Joachim Brunner Helmut Hirschmann Anne ✕ Hoderlein Wolfgang ✕ Christ Manfred ✕ Hölzl Manfred Hofmann Walter ✕ Deml Marianne Hohlmeier Monika Dinglreiter Adolf Huber Erwin ✕ Dodell Renate ✕ Hufe Peter ✕ Donhauser Heinz ✕ Dr. Dürr Josef ✕ Irlinger Eberhard

Eck Gerhard Jetz Stefan ✕ Eckstein Kurt Dr. Jung Thomas Egleder Udo ✕ Eppeneder Josef ✕ Dr. Kaiser Heinz Ettengruber Herbert ✕ Kaul Henning ✕ Dr. Eykmann Walter ✕ Kellner Emma ✕ Dr. Kempfler Herbert ✕ Prof. Dr. Faltlhauser Kurt Kiesel Robert Dr. Fickler Ingrid ✕ Klinger Rudolf ✕ Fischer Herbert ✕ Knauer Christian ✕ Franzke Dietmar Kobler Konrad ✕ Freller Karl ✕ Köhler Elisabeth ✕ Dr. Köhler Heinz ✕ Gabsteiger Günter ✕ König Alexander Prof. Dr. Gantzer Peter Paul Kränzle Bernd Gartzke Wolfgang Kreidl Jakob ✕ Dr. Gauweiler Peter Kreuzer Thomas ✕ Geiger Hermann Dr. Kronawitter Hildegard ✕ Glück Alois ✕ Kuchenbaur Sebastian ✕ Göppel Josef Kupka Engelbert ✕ Görlitz Erika ✕ Goertz Christine Leeb Hermann ✕ Dr. Götz Franz Leichtle Wilhelm Dr. Goppel Thomas Lochner-Fischer Monica ✕ Gote Ulrike ✕ Lode Arnulf Grabner Georg ✕ Loscher-Frühwald Friedrich ✕ Dr. Gröber Klaus Lück Heidi ✕ 2370 Bayerischer Landtag · 14.Wahlperiode Plenarprotokoll 14/35 v. 17.02.2000

Enthalte Enthalte Name Ja Nein Name Ja Nein mich mich Maget Franz Schmid Peter Matschl Christa ✕ Schmidt Renate Mehrlich Heinz ✕ Schmidt-Sibeth Waltraud ✕ Meißner Christian ✕ Schmitt Helga Memmel Hermann ✕ Schneider Erwin Dr. Merkl Gerhard ✕ Schneider Siegfried ✕ Meyer Franz Dr. Scholz Manfred Miller Josef Schopper Theresa ✕ Mirbeth Herbert ✕ Schreck Helmut Möstl Fritz Dr. Schuhmann Manfred ✕ Dr. Müller Helmut ✕ Schultz Heiko Müller Herbert Schweder Christl ✕ Müller Willi Schweiger Rita ✕ Münzel Petra ✕ Sibler Bernd Sinner Eberhard ✕ Naaß Christa Dr. Söder Markus Nadler Walter Dr. Spaenle Ludwig ✕ Narnhammer Bärbel ✕ Spitzner Hans Nentwig Armin Sprinkart Adi ✕ Neumeier Johann Stahl Christine Niedermeier Hermann Stahl Georg ✕ Nöth Eduard Stamm Barbara ✕ Starzmann Gustav ✕ Obermeier Thomas ✕ Steiger Christa Odenbach Friedrich Steinmaßl Hermann Stewens Christa ✕ Paulig Ruth ✕ Prof. Dr. Stockinger Hans Gerhard ✕ Peterke Rudolf Dr. Stoiber Edmund Peters Gudrun ✕ Straßer Johannes Pfaffmann Hans-Ulrich Strehle Max ✕ Pienßel Franz ✕ Pranghofer Karin Tausendfreund Susanna ✕ Pschierer Franz ✕ Thätter Blasius Traublinger Heinrich ✕ Dr. Rabenstein Christoph von Truchseß Ruth ✕ Radermacher Karin ✕ Ranner Sepp Unterländer Joachim ✕ Freiherr von Redwitz Eugen Regensburger Hermann Dr. Vocke Jürgen ✕ Reisinger Alfred ✕ Vogel Wolfgang Riess Roswitha ✕ Voget Anne ✕ Ritter Ludwig ✕ Volkmann Rainer ✕ Dr. Ritzer Helmut ✕ Freiherr von Rotenhan Sebastian ✕ Wahnschaffe Joachim ✕ Rotter Eberhard ✕ Dr. Waschler Gerhard Rubenbauer Herbert ✕ Dr. Weiß Manfred ✕ Rudrof Heinrich Welnhofer Peter Dr. Runge Martin ✕ Werner Hans Joachim ✕ Werner-Muggendorfer Johanna ✕ Sackmann Markus ✕ Dr. Wiesheu Otto ✕ Sauter Alfred ✕ Dr. Wilhelm Paul Schammann Johann Winter Georg Scharfenberg Maria Wörner Ludwig ✕ Schieder Marianne Wolfrum Klaus ✕ Schieder Werner Schindler Franz Zehetmair Hans Schläger Albrecht ✕ Zeitler Otto ✕ Dr. Schmid Albert Zeller Alfons ✕ Schmid Albert Zengerle Josef ✕ Schmid Berta ✕ Dr. Zimmermann Thomas ✕ Schmid Georg ✕ Gesamtsumme 42 69 2