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III Hervarar på Gammal Götska …

Α. Allgemeines

Nach der Herausgabe der Bósa saga vergingen sechs Jahre bis zur nächsten gemeinsamen Veröffentlichung von VERELIUS / JÓNSSON. Das lag einerseits darin begründet, daß die finanziellen Mittel des antikvitetskollegiets knapp bemessen waren, andererseits scheint es offensichtlich, daß VERELIUS die Edition der Hervarar saga sehr genau vorbereitete und sich viel Zeit damit ließ. Außerdem war JÓNSSON zwischenzeitlich mit anderen Projekten beschäftigt, so z.B. mit der Herausgabe einer Übersetzung der Heimskringla und einigen kleineren Schriften1. Für seine Ausgabe der Heimskringla verließ er Uppsala von 1668 – 1670, um sich ganz der Überwachung des Druckes auf Visingsö widmen zu können.

Im Jahre 1672 erschien dann endlich die Hervarar saga als drittes gemeinsames Projekt von VERELIUS / JÓNSSON in einer für die damaligen Verhältnisse sehr prächtigen Ausstattung. Es stellt sich die Frage, warum gerade diese Saga für VERELIUS eine so große Bedeutung hatte und er sie so lange und gründlich vorbereitete. Die Hervarar saga war im Gegensatz zu den anderen von JÓNSSON mitgebrachten ‚göthischen’ viel umfangreicher. Neben einer unübersichtlichen Anzahl von geographischen und Personenangaben enthielt sie auch eine Menge Strophen, welche sich voneinander in Stil und Metrik unterschieden. Der Anspruch an einen Editor war weitaus größer als bei der oder der Hrólfs saga Gautrekssonar. Unser heutiges Wissen über das hohe Alter des Inhaltes dieser Saga konnte VERELIUS naturgemäß nicht haben, aber man muß sich vergegenwärtigen, daß er die isländischen Sagas allgemein als historisch bedeutend und sehr alt einstufte. Es brauchte seine Zeit, bis VERELIUS den sehr komplexen Inhalt der Saga aufgearbeitet hatte und seine Ansichten darüber in Form von notae der Sagaedition beifügen konnte. Daß er sich schon 1663/64 mit dieser Saga beschäftigte zeigt der Umstand, daß er in diesen Jahren Vorlesungen darüber hielt. Doch auch der Text der Saga hatte seine Tücken, weil er so schlecht überliefert war. Eine Anzahl Strophen war nicht mehr zu lesen oder ergab keinen Sinn mehr. Erst nach der Rückkehr von JÓNSSON von seinem dienstlichen Ausflug nach Kopenhagen (1665) hatten die beiden eine von ihm dort angefertigte Handschrift mit einem Vergleichstext der betreffenden Stellen zur Hand.

Die Ausgabe von 1672 ist zwar in einem für diese Zeit recht prachtvollen Folioformat gedruckt, und auch CURIOS Ausstattung des Druckes hebt sich von den vorangegangen beiden ab, aber inhaltlich geht sie mit ihnen konform. Lediglich die notae sind diesmal direkt an die einzelnen Kapitel angehängt. In diesen gelehrten Anmerkungen bewies VERELIUS aufs neue seine ungeheure Belesenheit sowohl der klassischen Autoren als auch der isländischen Literatur, die ihm zur Verfügung stand. Diesmal zeigte er auch Teamgeist und nahm Anmerkungen seiner Kollegen auf, so z. B. eine solche von HADORPH über eine Runeninschrift, von RUDBECK über eine Ausgrabung, und er zitierte gelehrte Briefe von STIERNHIÄLM. Die Zusammenarbeit mit JÓNSSON wird ähnlich wie bei den vorangegangenen Editionen gewesen sein, nur daß VERELIUS’ Anteil daran wahrscheinlich diesmal größer einzuschätzen ist. Betrachtet man JÓNSSONS Manuskript zur Edition, so läßt sich feststellen, daß der Anteil von VERELIUS’ Anmerkungen gewachsen war.

1 Von den kleinen Schriften erschienen zwei im Druck: Greinir or þeim Gaumlu Laugum (1667), welche sich mit alten isländischen Rechtsbüchern und dazugehörigen Texten auseinandersetzt und Monosyllaba Is-landica (1676), einer Sammlung einsilbiger isländischer Wörter mit lateinischer Übersetzung. 57

4 Hervarar saga

Α. Allgemeines

Α.α Einordnung Die Hervarar saga, auch Hervarar saga ok Heiðreks konungs, Heiðreks saga oder Tyrfings saga genannt, ist eine der bedeutendsten und ältesten Vorzeitsagas. Die umfangreiche Saga stammt in ihrer ältesten erhaltenen Form wahrscheinlich aus dem 13. Jahrhundert, wobei der verarbeitete Stoff teilweise bis auf Themen der Völkerwanderungszeit zurückgeht. Um diesen Themenkreis rankt sich der älteste Teil der Saga, dessen Grundlage das Hunnenschlachtlied bildet. Dieser Sagateil kann als Heldensaga mit allen typischen Merkmalen bezeichnet werden. Der andere Teil, die eigentliche Geschichte der Hervor, die sich um das Hervorlied aufbaut, muß aufgrund dieser Gesichtspunkte zu den Wikingersagas gerechnet werden. In der Hervarar saga sind im Vergleich zu anderen Vorzeitsagas sehr viele Strophen überliefert.1 Neben den schon genannten Hloðskviða (Hunnenschlachtlied)2 und Hervararkviða (Hervorlied)3 gibt es weiterhin Hjálmars Sterbelied4 (auch in der Orvar-Odds saga erhalten), die Heiðreksgátur (Heiðreks Rätselstrophen)5, die Strophen über Hervor bei Jarl Bjartmar6, die Königskatalogstrophe7, die Strophen über den Kampf auf Sámsey8 (auch in der Orvar-Odds saga erhalten) sowie ein kleines Liedfragment9.

Α.β Inhaltliche Bezugspunkte zur ‚sveo-gothischen’ Geschichtsschreibung In diesem Zusammenhang ist es wichtig hervorzuheben, daß der/die Kompilator(en) der Saga den chronologischen Ablauf der Handlungen nicht beachteten. Das führt praktisch dazu, daß sich in der Saga die Ereignisse der Wikingerzeit vor denen der Völkerwanderung vollziehen. Anders ausgedrückt lassen sich bei unkritischer Betrachtung die bedeutenden Ereignisse der Hunnenschlacht auf ostnordische Ursprünge zurückführen. Hier liegt ein wichtiges Glied der Kette der historischen Irrungen der schwedischen Forschung des 17. Jahrhunderts.

Die mythologische Einleitung und der erste Teil der Saga spielen sich ausschließlich in ostnordischen Gebieten ab. Davon liegen, bis auf die dänische Insel Sámsey, die meisten Schauplätze in Schweden (z.B. Uppsala und Sigtuna) oder schwedischem Einflußgebiet (z.B. Aldeigiuborg [am Ladoga-See] oder Glæsisvellir in Jotunheim [steht hier für nördliche Finnmark]). Die Handlungsorte des zweiten Teiles sind weiter verstreut. Reiðgotaland10, Húnaland, Saxland, Garðaríki und Vindland lagen aber alle südlich oder östlich von Skandinavien sind also auch eher einem ostnordischen als westnordischen Einfluß zuzuordnen. Besondere Beachtung verdient das sogenannte Königskapitel, das nur in der U-Redaktion überliefert ist. Hier wird eine ausschließlich schwedische Königsgenealogie wiedergegeben, die vom Sohn König Heiðreks (Angantý r [III]) bis zu den

1 Die Überlieferung der Strophen unterscheidet sich in den drei Redaktionen qualitativ und quantitativ recht stark. Die folgende Aufzählung ist allgemein gehalten und nach Eddica Minora ausgerichtet. Zur Betrachtung der Überlieferung der Strophen in VERELIUS’ Ausgabe (Punkt ∆.) wurde jedoch die Edition der U-Redaktion von Helgason herangezogen. 2 Eddica Minora, S. VIIff., 1ff. 3 ebenda, S. XVIIff., 13ff. 4 ebenda, S. XXXVIIff., 49ff. 5 ebenda, S. XCff., 106ff. 6 ebenda, S. LXXVII, 88f. 7 ebenda, S. LXXXVIIIff., 105 8 ebenda, S. LVIIIf., 62f. 9 ebenda, S. LIXf., 64 (dort mit ‚Aus der Heiðreks saga’ bezeichnet) 10 Über die geographische Lage von Reiðgotaland gibt es verschiedene Ansichten. Nerman verlegte es nach Jütland, andere an die Krim. 58 historischen schwedischen Königen des 12. Jahrhunderts reicht. Dabei ist bis auf wenige Ausnahmen wieder nur von Schweden oder seinen Einflußgebieten die Rede.

Β. Bibliophiles

Β.α Editio princeps

VERELIUS, OLOF; [JÓN JÓNSSON] (utg.): HERVARAR SAGA På Gammal G1t4ka: Med OLAI VERELI UTTOLKNING Och NOTIS. 2°. Uppsala. HENRICUS CURIO. 1672. [8] + 1 – 64 + [2] + 65 – 194 + [6] S.

[8] S. [1] Titelblatt, S. [2] leer, S. [3] Dedikation an König CARL (schwedisch), S. [4] Dedikation an Königin HEDEVIG ELEONORA, S. [5] Dedikationen an PER BRAHE, CARL GUSTAF WRANGEL, GUSTAF OTTO STENBOCK und MAGNUS GABRIEL DE LA GARDIE, S. [6] – [8] Widmungstext von VERELIUS; 1 – 64 S. 1 – 64 isländischer Text und schwedische Übersetzung zweispaltig gedruckt mit kapitelgebundenen lateinischen notae; [2] S. [1] / [2] Fußnoten zu S. 64 in Form von Holzschnitten (FIGURA I – IV); 65 – 194 S. 65 – 190 Fortsetzung von Text, Übersetzung und notae, S. 191 – 194 ADDENDA; [6] S. [1] – [6] Ord6afa-Rad. Eller ABC-Rad på the merkeliga4te Orden 4om i Herwarar Saga finnas.

Die Position des Blattes mit den Holzschnitten (FIGURA I – IV) kann nach Lust und Laune des jeweiligen Buchbinders variieren. Es gibt auch Exemplare, in denen sich die beiden betreffenden Seiten auf zwei einzelnen Blättern befinden (z.B. HAB Wolfenbüttel).

Papier: sowohl festes Druckpapier mittlerer Qualität (WZ Narrenkopf oder dreiblättriges Kleeblatt) als auch Schreibpapier (WZ Narrenkopf); Titelblatt und Einzelblatt mit Holzschnitten meist auf Schreibpapier; andere Bögen entweder Schreib- oder Druckpapier, aber auch gemischte Lagen möglich

u.a. vorhanden in KB Stockholm, UUB, UB Kiel, SUB Göttingen, BSB München, UB Greifswald, HAB Wolfenbüttel, THULB Jena, HAAB Weimar, K.B.

Später erschien noch eine Ergänzung zu den notae der Saga, welche oft mit der Saga selbst zusammengebunden wurde:

[VERELIUS, OLOF; RUDBECK, OLOF]: Olai Vereli Auctarium Notarum In Hervarar Saga Clariss. Viro Dn. Olao Rudbeckio Medicinæ Profe5ori in4criptum. [Uppsala 1674]. Β.β Druckvariante

VERELIUS, OLOF; [JÓN JÓNSSON] (utg.): HERVARAR SAGA På Gammal G1t4ka: Med OLAI VERELI UTTOLKNING Och NOTIS. 2°. Uppsala. HENRICUS CURIO. 1672 [- 1674]. [10] + 1 – 64 + [2] + 65 – 194+ [6] S.

Diese Druckvariante entspricht der gewöhnlichen Ausgabe, enthält aber zusätzlich einen großformatigen, zweiteiligen Kupferstich von OLOF RUDBECK, welcher eine Teilkarte des Mälarens darstellt (LACUS MELERI INTER STOCKHOLMIAM ET VPSALIAM DELINEATIO A Olao Rudbeck). Ursprünglich sollte der Stich eine Karte von ganz Schweden enthalten, aber nur dieser Teil wurde ausgeführt. Aufgrund der Tatsache, daß das Bildmaterial erst 1674 fertig wurde, konnte nur eine begrenzte Anzahl der Exemplare damit ausgestattet werden. Die Position der Kupferstiche, wie auch die der Holzschnitte, kann variieren.

Papier: siehe Editio Princeps

Zwei Stück sind mir bekannt, in KB Stockholm und UUB.1 Die Angaben von JOHANNES RUDBECK in Bibl. Rud. lassen den Schluß zu, daß zwei weitere Exemplare heute im Riksarkiv (Skoklostersamlingen) und der BB Eriksberg liegen. Der Verbleib von J. RUDBECKS Privatexemplar entzieht sich meiner Kenntnis. Auf J. RUDBECKS Initiative wurde der Kupferstich im Jahr 1897 in 75 Exemplaren reproduziert.

1 näheres zu Kupferstich siehe Bibl. Rud., S. 200f. (Nr. 698), zur Ausgabe allgemein Kgl. V. hist., del III, S. 81ff. 59

Χ. Handschriften

Χ.α Allgemeine Handschriftenlage

Nach Helgason sind drei Redaktionen der Saga bekannt: R, H und U.

Die Redaktion R ist erhalten in der Pergamenthandschrift GkS 2845, 4° (enthält eine Lakune und der Schluß fehlt; vom Ende des 14. bzw. Anfang des 15. Jahrhunderts). Weitere Papierhandschriften dieser Redaktion spielen textkritisch keine Rolle, da sie alle von diesem Pergament abstammen und die Lücken nicht schließen können.

Die Redaktion H ist erhalten in der Pergamenthandschrift AM 544, 4° Hauksbók (der Schluß fehlt, geschrieben von HAUKR ERLENDSSON [† 1334]). Die Papierhandschriften AM 281, 4° und AM 597b, 4° (beide 17. Jahrhundert) können die Lakune in AM 544, 4° teilweise auffüllen.

Die Redaktion U ist hauptsächlich erhalten in der Papierhandschrift Cod. Ups. R: 715. (vollständig, Mitte des 17. Jahrhunderts). Der schlechte Erhaltungszustand des Textes dieser Handschrift wird teilweise ergänzt durch AM 203, fol. Diese Papierhandschrift (geschrieben von JÓN ERLENDSSON [† 1672]) enthält eine Mischredaktion aus U und R.

Helgason bringt alle drei Redaktionen nach den genannten jeweiligen Haupthandschriften.

FASN 1 folgt hauptsächlich AM 345, 4° (eine bearbeitete Mischredaktion nach AM 203, fol.). Dieser ausführliche Text wird ergänzt mit Varianten aus GkS 2845, 4° und AM 192, fol. (ebenfalls eine Mischredaktion nach AM 203, fol.). Auch VERELIUS’ Ausgabe wurde herangezogen. Weiterhin bringt FASN 1 einen Extratext, der die Fassung H zum Inhalt hat.

VERELIUS 1672 folgt der U-Fassung. Er benutzte hauptsächlich E 8360. unter Hinzuziehung von Cod. Ups. R: 715. und Papp. 4° nr 34.

Χ.β Schwedische Handschriften Stockholm, Riksarkivet, Skoklostersamlingen, Papierhandschrift: Codexbezeichnung E 8630. allgemeine Angaben siehe Gautreks saga Hervarar saga Lage im Codex Nr. 1 von 4 auf Blatt 1r – 30r: „Herwarar Saga“ Schreiber JÓN JÓNSSON, mit Anmerkungen von ihm selbst und VERELIUS Vorlage Cod. Ups. R: 715, Ergänzungen zu den Rätseln aus Papp. 4° nr 34., bei Helgason nicht näher beschrieben UUB, Cod. Ups., Papierhandschriften: Codexbezeichnung R: 692. Format, Ausstattung 4° (21 x 16cm), Teile I – V, Halbpergamentband Blattzahl, Schrift 58 + Vorsatzblätter, Kursiv + Fraktur Entstehung zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts Beschreibung KatUUB S. 37ff. Hervarar saga Lage im Codex Nr. II/2 von 3 auf Blatt 10 – 13r: „Getspeki Heidreks konungs“, enthält eine späte Umarbeitung der Rätselstrophen Schreiber unbekannt Vorlage eine Umarbeitung wahrscheinlich von AM 203, fol.; siehe Helgason S. XLVIf.

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Codexbezeichnung R: 715. allgemeine Angaben siehe Bósa saga Hervarar saga Lage im Codex Nr. I/1 von I/2 auf Blatt 1 – 37v/Zeile 12: „Hier ByriAst Heruarar Saga“ Schreiber PÁLL HALLSSON ad Nupufelli Vorlage eine bzw. die ursprüngliche Handschrift der U-Redaktion, siehe Helgason S. XXff.

Codexbezeichnung R: 757. Format, Ausstattung 4° (20,2 x 16,6cm) Blattzahl, Schrift 8, Kursiv Entstehung Ende 17. Jahrhundert, in Schweden Beschreibung Kristjánsson S. 12f.; GRAPE, ANDERS: Bröderna Salan och deras handskriftssamling. Uppsala 1914. S. 165 (25); nicht in KatUUB Hervarar saga Lage im Codex ausschließlich Hervarar saga: „HERVARAR SAGA. Cum MSSto Archivi et jmpre5. Ol: Verelii collata atq. Correcta ab J. Peringero.” Schreiber PETRUS NICOLAI SALAN Vorlage PERINGSKIÖLDS verlorenes Sagaexemplar mit den Anmerkungen, die er wiederum aus Papp. fol. 120. abgeschrieben hatte; bei Helgason nicht erwähnt UUB, Westinska samlingen, Papierhandschrift: Codexbezeichnung Westin 604. Format, Ausstattung 4° (u.a. 20 x 16 cm) Schrift Kursiv Entstehung zweite Hälfte 18. Jh., in Schweden Beschreibung Samsonarson S. 58f. Hervarar saga Lage im Codex Nr. 4 auf Blatt 34 – 49 G. ÓLAFSSONS Variante der Hervarar saga (2x): „Variantes lectiones et Additamenta ad Hervarar Saga, i. e. Historiam Hervaræ, ab VERELIO editam, quas in marginæ exemplaris, quod in Archivo Antiquitatum R. habetur, ex codice fortasse BRYNOLPHI SVENONII, Ep. Scalholt. postea ad ARN. MAGNÆUM devoluto (vid TORF. Ser. Dyn. Reg. . p. 309. 363.) annotaverat olim GUDMUNDUS OLAVI, Translator Islandus *).“ Schreiber MAGNUS VON CELSE Vorlage Papp. 4° nr 62., bei Helgason nicht erwähnt KB Stockholm, Cod. Isl., Papierhandschriften: Codexbezeichnung Papp. fol. nr 105. Format, Ausstattung 2° (33 x 20,7 cm), Halbpergamentband Blattzahl, Schrift 26, Fraktur Entstehung erste Hälfte 18. Jh., in Schweden Beschreibung KatKB S. 235 Hervarar saga Lage im Codex ausschließlich: „Sogu þattur af Kongi ok hanns Ættmónnum.“ Schreiber ÞORVALDUR GRÍMSSON Vorlage Papp. 4° nr 15., siehe Helgason S. XI Anmerkungen halbseitig geschrieben, Spalte für Übersetzung leer

Codexbezeichnung Papp. fol. nr 120. Format, Ausstattung VERELIUS' gedruckte Ausgabe, Lederband Entstehung während G. ÓLAFSSONS Tätigkeit in Schweden Beschreibung KatKB S. 252, Forn.-isl. litt. i Sv. S. 166 Hervarar saga Lage im Codex ausschließlich Hervarar saga Schreiber ausführliche Anmerkungen von G. ÓLAFSSON Vorlage die Anmerkungen stammen aus G. ÓLAFSSONS Codex, vgl. Helgason S. XXXVIIIff.

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Codexbezeichnung Papp. fol. nr 121. Format, Ausstattung VERELIUS' gedruckte Ausgabe mit Anmerkungen, Halblederband Entstehung Zeit und Ort unbekannt, Erwerb durch KB Stockholm 1854 Beschreibung KatKB S. 252 Hervarar saga Lage im Codex ausschließlich Hervarar saga Schreiber unbekannt Vorlage Papp. fol. nr 120., siehe Helgason S. XLIII

Codexbezeichnung Papp. 4° nr 15. Format, Ausstattung 4° (21 x 16,5 cm), Lederband Blattzahl 79, Kursiv + Fraktur Entstehung zweite Hälfte 17. Jh., vor 1683, auf Island schwedischer Erwerb Einkauf durch JÓN EGGERTSSON während seiner Islandreise 1682 - 1683 Beschreibung KatKB S. 277ff.; Seelow, S. 19f. Hervarar saga Lage im Codex Nr. 4 von Blatt 19v – 27: „Sogu þattur af Heidrek Kongi og hans ættmønnum.“ Schreiber unbekannt Vorlage eine Handschrift der R-Redaktion (r1), siehe Helgason S. XI Anmerkungen Text enthält zwei Lakunen Codexbezeichnung Papp. 4° nr 34. Format, Ausstattung 4° (21 x 16,5 cm), gebunden in alte Pergamenthandschrift Blattzahl, Schrift 55 Blatt + 1 eingelegtes Doppelblatt, Kursiv Entstehung 1663 – 1665, in Dänemark schwedischer Erwerb JÓN JÓNSSON brachte dieses Manuskript 1665 aus Kopenhagen mit Beschreibung KatKB S. 307f. Hervarar saga Lage im Codex Nr. 2 von 7 auf Blatt 8r – 15v: „Hospes cæcus / Gestur blindi“, enthält Aufzeichnungen zu den Rätselstrophen, isländischer Text mit lateinischer Übersetzung Schreiber JÓN JÓNSSON Vorlage eine verlorene Handschrift der R-Redaktion (rx), siehe Helgason S. XVI

Codexbezeichnung Papp. 4° nr 62. Format, Ausstattung 4° (21,5 x 17 cm), Halbpergamentband Blattzahl, Schrift 38, Kursiv Entstehung zweite Hälfte 18. Jh., in Schweden Beschreibung KatKB S. 330f. Hervarar saga Lage im Codex Nr. 2+3 von 3 auf Blatt 7r - 22 und 23 – 38 G. ÓLAFSSONS Variante der Hervarar saga (2x): „Notæ et variantes lectiones ad Hervarar Saga“ Schreiber MAGNUS VON CELSE Vorlage Papp. fol. nr 120., siehe Helgason S. XLIV

Codexbezeichnung Papp. 4° nr 63. Format, Ausstattung 4° (21 x 16,5 cm) Halbpergamentband Blattzahl, Schrift 12, Kursiv Entstehung erste Hälfte 18. Jh., in Schweden Beschreibung KatKB S. 331 Hervarar saga Lage im Codex ausschließlich Notizen zur Hervarar saga Schreiber unbekannt Vorlage Papp. fol. nr 120., siehe Helgason S. XLIV Anmerkungen Fragment, Schluß fehlt

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Codexbezeichnung Papp. 4° nr 79. Format, Ausstattung 4°, Teile I - IX in verschiedenen Größen, lose in Umschlägen im Karton, Teil VII: 4° (21,5 x 16,5 cm) Blattzahl, Schrift Teil VII: 4 Blatt, Kursiv Entstehung Mitte 18. Jh., Schweden Beschreibung KatKB S. 353f. Hervarar saga Lage im Codex Teil VII, ausschließlich Hervarar saga: „Annot. Jo. Pering4kiöld in 4uo Exemplari Herv. Saga ap. Dn. Langebec hodiernum po5e5orem.“ Schreiber NILS REINHOLD BROCMAN Vorlage PERINGSKIÖLDS verlorenes Sagaexemplar mit seinen Anmerkungen, die er wiederum aus Papp. fol. 120. abgeschrieben hatte verlorene Papierhandschrift: Codexbezeichnung G. ÓLAFSSONS Codex Format 4° Entstehung um 1650 schwedischer Erwerb mit G. ÓLAFSSONS Sammlung 1684 nach Schweden gekommen Verbleib 1702 beim Brand von Uppsala bei RUDBECK verbrannt Beschreibung Helgason S. XXXVIIIff. Hervarar saga nähere Angaben nach dem Verzeichnis des antikvitetsarkivs von 1693 gab es eine Handschrift mit der Bezeichnung: „Hervara Thattur på Isländska Ms. in 4:to på Papper“ Vorlage eine Abschrift von AM 203, fol.; siehe Helgason S. XXXVIIIff. Anmerkungen Dieser Codex ist auch in Atlantica III, S.155, 401, 464 sowie in PERINGSKIÖLDS Vita Theodorici S. 352 zitiert. Helgason weist nach, daß es keine alte Pergamenthandschrift gewesen sein kann, wie PERINGSKIÖLD angegeben hatte, sondern die Papierhandschrift, die 1693 verzeichnet war. 63

Χ.χ Editionsstammbaum

Hervarar x ä u1 ä rímur ê å å U { u2 Cod. Ups. R: 715. ê R H Papp. Hauksbók 4° nr b r1 b { AM GkS 2845, 4° AM 544, 4° o 15. 203, fol. o o ê Papp. Papp. 4° fol. nr r2 rx d d nr 34. E 8630. 105. o AM G. ÓLAFS- Edition { d Papp. fol. nr 120. b 203, fol. SONS Codex 1672 å o o o o Cod. PERINGSKIÖLDS Papp. 4° Papp. 4° Papp. fol. Ups. R: Sagaexemplar nr 62. nr 63. nr 121. 692. o o o Cod. Ups. Papp. 4° Westin

R: 757. nr 79. 604.

∆... Editionstext

Wie schon bei der Bósa saga folgte VERELIUS in seiner Ausgabe indirekt dem Text der Handschrift R: 715. über JÓNSSONS Abschrift in E 8630. Der Originaltext aus R: 715. stammt von PÁLL HALLSSON, einem Isländer, der 1647 nach Dänemark übersiedelte. Da JÓNSSON die Handschrift aber von Island mitbrachte, muß diese vor 1647 dort entstanden sein1. Wie schon die Ausgangstexte zur Gautreks saga, Hrólfs saga Gautrekssonar und Bósa saga ist auch dieser Text in keinem guten Zustand und entspricht dem isländischen Sprachstand des 17. Jahrhunderts. Aber im Gegensatz zu den vorhergehenden Sagas stellt die in R: 715. erhaltene Redaktion der Hervarar saga eine in textkritischer Hinsicht bedeutende Fassung dar, die in dieser Form nur in diesem Codex vorkommt.

JÓNSSONS Abschrift dieses Textes in E 8630. entspricht qualitativ denen der vorhergegangenen Sagas. Er berichtigte nach Gutdünken und formulierte einige Stellen auch neu. Unlösbare Schwierigkeiten gab es diesmal bei den zahlreichen Strophen. Wie schon bei der Buslubœn der Bósa saga versuchte er, die schlecht erhaltenen und teilweise unverständlichen Reime so abzuändern, daß sie einen Sinn ergaben. Das gelang ihm zum großen Teil auch, bis auf die Rätselstrophen des im zweiten Teil der Saga. Diese waren in einem so schlechten Zustand, daß sie ohne eine Vergleichshandschrift nicht zu deuten waren. Zu diesem Zweck fertigte er während seines Aufenthaltes in Kopenhagen 1665 eine Abschrift der betreffenden Stellen aus einer dort befindlichen Handschrift der R-Redaktion an, welche leider später beim Brand von Kopenhagen vernichtet wurde.

1 näheres bei Helgason, S. XXff. 64

Seine Abschrift davon ist erhalten in Papp. 4° nr 34. und fand in Form von Randnotizen Eingang in sein Manuskript in E 8630.

VERELIUS’ Edition folgt hauptsächlich JÓNSSONS Manuskript. Hierbei ist zu bemerken, daß VERELIUS kritischer vorging als bei den vorherigen Ausgaben. Die Hervarar saga war sein Lieblingskind und er hatte sie gründlichst studiert. Betrachtet man die Texte von HALLSSON, JÓNSSON und den Druck von VERELIUS, lassen sich ca. 600 Stellen finden, an denen mindestens zwei der Texte voneinander abweichen. Dabei sind geringfügige orthographische Modernisierungen oder sonstige Änderungen wie die Schreibung von Zahlwörtern, das Setzen von Abkürzungen oder Unter- schiede in der Interpunktierung unberücksichtigt geblieben. Bei der Auswertung der Abweichungen kommt man zu dem Ergebnis, daß VERELIUS’ Druck bei 87,5 % dieser Stellen JÓNSSONS Text folgt. Zu 2,7 % folgt er den Stellen in R: 715., obwohl JÓNSSONS direkte Vorlage anders lautete. 9,8 % der Stellen stammen entweder aus Papp. 4° nr 34. oder VERELIUS legte hier seine eigene Interpretation zugrunde1. Diese Zahlen zeigen, daß hier erstmals Quellenkritik betrieben wurde. Der Anlaß lag jedoch noch nicht in der Kritik als gängiger wissenschaftlicher Methode begründet, sondern ergab sich aus der zwingenden Notwendigkeit, einen lesbaren und verständlichen Text zu veröffentlichen.

Wie schon bei den vorhergehenden Sagaeditionen ist bei VERELIUS’ Ausgabe im Gegensatz zu JÓNSSONS Manuskript ein Hang zur Normalisierung zu verzeichnen. Viele Wörter werden fast konsequent über die gesamte Länge des Textes gleich geschrieben. Bei Groß- und Kleinschreibung und der Interpunktierung ist eine gewisse Kontinuität ebenfalls nicht zu übersehen. Auch bei der Hervarar saga versuchte er, die neuisländische Sprache der jungen Ausgangshandschrift zu archaisieren (z.B. ‚Heidrekr Kongr’ statt ‚Heidrekur Kongur’ oder ‚oc’ statt ‚og’). Diese Kenntnisse über den altisländischen Sprachstand des 13. oder 14. Jahrhunderts kann er nur durch das Studium der Pergamenthandschriften aus DE LA GARDIES Sammlung erlangt haben. Da aber die Sprachwissenschaft noch in den Kinderschuhen steckte, war es für ihn unmöglich, die altisländische Sprache fehlerfrei und konsequent zu rekonstruieren.

Diese Unkenntnis äußert sich noch in anderer Form. Obwohl in der Hervarar saga (auch in der Textredaktion, die VERELIUS zugrunde lag) die germanischen Volkstämme der Goten (altwestnordisch: Gotar) und Gauten (altwestnordisch: Gautar) namentlich unterschieden wurden, übersetzte VERELIUS beide Bezeichnungen mit Götar. Strenggenommen kann diese grammatikalische Ungenauigkeit aber nicht nur ihm zur Last gelegt werden, sondern sie geht auch auf JÓNSSONS Konto, denn dieser schrieb in seinen Manuskripten für den u-Umlaut sowohl ò als auch au und o.2 Für die geschichtliche Forschung spielte die Nichtunterscheidung dieser Völker eine enorme Rolle und sollte große Auswirkungen haben.

Anzahl und Zustand der Strophen in VERELIUS’ Ausgabe entsprechen der handschriftlichen Überlieferung der U-Redaktion. Das bedeutet, daß in R: 715. zwar alle Strophen enthalten sind, aber in einem teilweise sehr schlechten Zustand. VERELIUS und JÓNSSON muß an dieser Stelle zugestanden werden, daß sie aus dem vorhandenen Material das für die damaligen Verhältnisse Mögliche herausholten. So sind alle Strophen des ersten Teiles der Saga3 als solche gekennzeichnet und behandelt worden. Wegen der schlechten Überlieferung wurden sie zum Teil von JÓNSSON so bearbeitet, daß sie wieder einen Sinn ergaben. Weitaus schwieriger war die Edierung der Strophen des zweiten Teiles.4 Die Rätselstrophen befanden sich in einem Zustand, der auch durch Bearbeitung nicht mehr restauriert werden konnte. Deshalb schrieb JÓNSSON während seines Kopenhagen-

1 für genaue Angaben zum Vergleich der Texte siehe BUSCH, KAY: Studien zur Editionsarbeit im Schweden der 'Stormaktstid'. Verelius' Ausgabe der Hervarar saga nach den Handschriften Cod. Ups. R: 715 und Cod. 11 fol. M.A.- Arbeit. Erlangen 1998. 2 siehe hierzu die Kurzbeschreibung von JÓNSSONS Handschrift im Kapitel zur Gautreks saga 3 Mit dem ersten Teil der Saga ist die Wikingersaga gemeint. Die Strophen beziehen sich auf die Ereignisse auf Sámsey (Kampf auf Sámsey, Hjálmars Sterbelied; siehe Helgason, S. 97 – 101) und die Ereignisse um Hervor (Hervor bei Jarl Bjartmar, das Lied der Hervor; siehe Helgason, S. 102 – 113). 4 Im zweiten Teil, der alten Heldensaga, sind in der U-Version die Rätselstrophen, das kleine Bruchstück ‚Aus der Hervarar saga’ und das Hunnenschlachtlied erhalten (siehe Helgason, S. 130 – 140, 141, 142 – 155). Die oben erwähnte Königskatalogstrophe befindet sich nicht in der U-Version. 65 aufenthaltes diese Strophen von einem Exemplar der R-Version ab. Über sein Manuskript E 8360. gelangten die modifizierten Strophen in die Ausgabe von VERELIUS. Die gátur sind dort nicht in Strophen- sondern in Prosaform abgedruckt, aber als einzelne Absätze voneinander getrennt. Das kleine Bruchstück ‚Aus der Hervarar saga’ und das Hunnenschlachtlied entsprechen in ihrem Zustand den Strophen des ersten Teiles. Ihr Text ist vollständig abgedruckt. Bis auf drei kleine Bruchstücke des Hunnenschlachtliedes wurden alle Strophen auch als solche behandelt und abgedruckt.

Ε. Kurzbibliographie

Ε.α Textausgaben

JON HELGASON (udg.): Hervarar saga. Kopenhagen 1924. (=Skrifter udgivet af Samfund til udgivelse af gammel nordisk litteratur. Kopenhagen 1880 ff. Bd. 48)

TOLKIEN, CHRISTOPHER (ed.): Saga Heiðreks konungs ins vitra; the Saga of King Heidrek the Wise. London 1960. (=[Nelson's] Icelandic texts. London 1957ff. )

FASN 1, Bd. I, S. 409 – 512 (Text A), S. 513 – 533 (Text B); FASN 2, Bd. I, S. 307 – 360; FASN 3, Bd. I, S. 189 – 242; FASN 4, Bd. II, S. 1 – 71

Ε.β Deutsche und englische Übersetzungen

REIFEGERSTE, MATTHIAS: Die Hervarar saga. Eine kommentierte Übersetzung und Untersuchungen zur Herkunft und Integration ihrer Überlieferungsgeschichten. Leverkusen 1989. (=Altnordische Bibliothek Bd.6)

TOLKIEN, CHRISTOPHER: Saga Heiðreks konungs ins vitra; the Saga of King Heidrek the Wise. London 1960.

KERSHAW, NORA: “Hervarar Saga” In: Stories and Ballads of the Far Past. Cambridge 1921. S. 87 – 150.

Ε.χ Literatur

KORN, DAN: Tre isländska sagor om Sverige. Mölnlycke 1990. (enthält auf S. 201 – 260 eine Neubearbeitung von VERELIUS’ Übersetzung der Hervarar saga.)

SCHÜCK, JOHAN HENRIK: “Studier i Hervararsagan.” I: Upsala universitets årsskrift 1918. Uppsala 1918. S. 3 – 56

DERS.: “Den Svenska krönikan i Hervararsagan.” I: Arkiv för nordisk filologi 12. Lund 1896. S. 217 – 222