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Sonntag | Nr. 13 | 29. März 2009 Seite 57 LIMMATTAL/ZÜRICH

ZÜRI-TIRGGEL Die Stadt Winterthur muss auf Geheiss des Kantons ihr «Der Kunde kauft nicht einfach Investitionsprogramm für 2009 auf ein vernünftiges Mass kürzen. Für die pikierte Reaktion aus Winterthur hat das erste Sofa, das er sieht» Markus Notter, Direktor der Der Detailhandelsexperte sieht im Bauprojekt der Migros in Dietikon Chancen, der VCS sieht den Verkehr

Die Migros will in Dietikon eingereicht (LiZ vom 21.3.). Ist es sinn- sumenten entscheiden lassen. Als Argu- ben, dass Limmattalerinnen und Lim- gegen den Willen des Stadtrates voll, in Dietikon einen weiteren Ein- ment dafür, dass diese Haltung aufgeht, mattaler auch für kürzere Strecken den ein neues Fachmarktcenter richtungsanbieter anzusiedeln? führt er an, dass es unter den Shop- öffentlichen Verkehr vermehrt nutzen. pingcentern keine Bauruinen gebe. Im Detailhandel weht ein rauer eröffnen. Ein weiteres Einrich- GERADE IM EINRICHTUNGSBEREICH ent- Wind, der Konkurrenzkampf zwischen tungscenter sei sinnvoll, findet spreche eine grosse Auswahl von Anbie- VÖLLIG ANDERS STEHT Markus Knauss den Grossverteilern ist hart. Coop ist im Detailhandelsexperte Gotthard tern den Kundenbedürfnissen, sagt der von der Zürcher Sektion des Verkehrs- Gebiet Silbern bereits breit vertreten. F. Wangler – ganz im Gegensatz Luzerner Detailhandelsexperte Gott- Clubs der Schweiz (VCS) zum geplanten Verlangt dieser Wettstreit, dass die Mi- zum VCS. hard F. Wangler: «Der Kunde will mög- Fachmarkt: «Damit würde man an ei- gros überall dort baut, wo Coop auch ist Justiz und des Inneren, lichst viele Angebote prüfen, er kauft nem höchst verkehrsbelasteten Stand- und umgekehrt? Das sei kaum der wenig Verständnis. Vorwürfe nicht einfach das erste Sofa, das er ort noch mehr bauen und damit noch Grund, meint Gotthard F. Wangler: «Die seitens der Stadtregierung, VON SIDONIA KÜPFER sieht.» Und dabei gelte, je näher die Mö- mehr Verkehr generieren.» Heute müsse Zeiten von reinen Prestigebauten sind die sich «befremdet» zeigte, Ikea, Shoppi und Tivoli Spreitenbach so- belhäuser zusammenliegen, umso bes- man solche grossen Zentren an Orten lange vorbei.» Aber wo die Kunden so- seien fehl am Platz. «Vorwer- wie der Coop im Gebiet Silbern – die Re- ser: «Weite Strecken sind ein ökologi- bauen, die vom öffentlichen Verkehr wieso unterwegs sind, um Möbel zu fen lassen müssen wir uns gion verfügt bereits über zahlreiche Ein- scher Unsinn», so Wangler. gut erschlossen seien. Und genau in die- kaufen, da biete es sich an, diese Leute einzig, dass wir nicht schon kaufscenter. Eines mehr soll nach dem Im Bereich des Detailhandels ver- sem Punkt sieht Knauss im Limmattal quasi abzuholen und zu versuchen, sie viel früher eingeschritten Willen von Migros und Jelmoli hinzu- tritt er eine marktorientierte Haltung noch Nachholbedarf: «Im Limmattal sel- in ein weiteres Geschäft zu lotsen. sind», sagte er dem «Land- kommen: Auf dem Gebiet Brodacher in und nimmt auch in Kauf, dass es bei der ber ist der öffentliche Verkehr im Allein schon die Tatsache, dass die boten». Wahrscheinlich sei Dietikon, wo vor Jahren die Ikea bauen Ansiedlung neuer Anbieter zu einem Binnenverkehr, also mit Ausgangs- und Migros eine Investition in der Höhe von man «wohl einfach zu lieb». sollte, wollen sie mit dem «Due 2 Fach- Verdrängungskampf mit den bestehen- Zielort im Limmattal selber, noch unter- über 250 Millionen Franken plant, ist center» ein grosses Fachmarktcenter den komme. Die Politik solle sich zu- entwickelt.» Deshalb hofft Knauss auf für Wangler ein Indiz dafür, dass die Mi- Die SP-Fraktion im Zürcher bauen und haben dafür ein Baugesuch rückhalten und den Markt und die Kon- die Stadtbahn. Diese müsse zum Ziel ha- gros sich durchaus ein Stück vom «Ein- Gemeinderat hat eine neue richtungskuchen» wird abschneiden Präsidentin: Min Li Marti, können. «Wir haben es hier mit einem deren Mutter aus China Das Bauvorhaben von Migros und Jelmoli im Dietiker Bodacher seriösen Investor zu tun, da kann man stammt, ist 34-jährig, VPOD- davon ausgehen, dass die das genau Vor gut einer Woche reichten die Genossenschaft Migros jekt, wie Mediensprecherin Eve Pfeiffer letzte Woche durchgerechnet haben – gerade bei der Zürich, Jelmoli und der Generalunternehmer HRS AG ein gegenüber der LiZ sagte. Zur ablehnenden Haltung des aktuellen Wirtschaftslage», so Wangler. Baugesuch für ein neues Fachmarktcenter auf dem Gebiet Stadtrates wollte sie damals wie auch in dieser Woche Während Wangler den wirtschaft- Bodacher ein. Der Dietiker Stadtrat ist alles andere als nichts sagen und liess ausrichten, es gebe zum Projekt lichen Nutzen im Auge hat, sieht erfreut über das Gesuch. Stadtpräsident Otto Müller Bodacher nichts Neues zu sagen. Knauss die Belastungen für die Anwoh- sagte gegenüber der LiZ, die Stadt fühle sich überrumpelt Das Projekt braucht die Unterschriften aller Grundeigentü- ner: «Die Menge an Autoverkehr und Im- und werde als Grundeigentümerin die Baueingabe nicht merinnen, und Dietikon als Miteigentümerin hat bereits missionen, die mit einem solchen Ein- unterstützen. Dass der Stadt das Projekt missfällt, habe angekündigt, dass man da nicht mitmachen werde. Der kaufscenter generiert wird, steht im man den Verantwortlichen mehrmals kundgetan. von der Bauherrschaft erhoffte Baubeginn im Jahr 2010 Widerspruch zur Qualität in einem auf Dennoch glaube die Migros-Genossenschaft an das Pro- scheint somit fraglich. (SKE) das Wohnen ausgerichteten Gebiet», bemängelt er. Das Rock-Urgestein machte nostalgisch Spektakuläre Live-Show der ’s Earth Band im Tagungs- und Quartierzentrum Föhrewäldli

VON CHRISTIAN MURER Was soll man zu Manfred Mann und sei- Sekretärin und Filmprodu- ner Earth Band noch sagen? Dass sie vor zentin und mit Balthasar einem Vierteljahrhundert zu den ganz Glättli liiert, Gemeinderat Grossen der Rockgeschichte gehörten der Grünen. Da liegt die Fra- und unverwüstliche Hits wie «Califor- ge nahe, ob es nun zwischen nia» oder «» hervor- SP und Grünen im Stadtpar- brachten? Dass sie einen unverkennba- lament zu einer noch enge- ren, ganz von Manfred Manns gepräg- ren Zusammenarbeit kom- ten Sound spielten? Dass sie in den 80er- me. Der Zeitung «P.S.» ver- Jahren der allgemeinen musikalischen riet sie: «Natürlich habe ich Entwicklung nicht mehr ganz standhal- einen guten Draht zu den ten konnten und deshalb ein wenig un- Grünen, aber Balthasar und ter die Räder kamen? Und dass sich ich sind beide ziemliche Par- schliesslich die Earth Band nach ihrer teiidioten und können gut Auflösung 1988 längst wieder formiert auf unserer jeweiligen Linie hat und seither als Nostalgietruppe her- beharren.» Was sie genau umtingelt? So geschah es auch am Frei- mit Parteiidiot meinte, ver- tagabend in der Fahrweid. riet sie aber nicht.

ES STRÖMTEN HUNDERTE von vorwie- An der Orientierung über gend «mittelalterlichen» Vätern und die hoch spezialisierte Medi- Müttern mit ihren Sprösslingen ins Ta- zin trat Bildungsdirektorin gungs- und Quartierzentrum Föhre- Regine Aeppli mit einem wäldli, die frenetisch «ihre» Manfred eingegipsten Fuss auf, der Mann’s Earth Band feierten. Steil kam dabei – wie immer – der stimmgewalti- ge Sänger Noel McCalla heraus. Aber auch Gitarrist Mick Rogers, Bassist Steve Kinch sowie Schlagzeuger Jimmy Co- pley zogen leidenschaftlich die Show ab. Leicht verdeckt sass oder stand der 67-jährige Manfred Mann «himself» hin- ter der Orgel, dem elektrischen Piano und bediente ebenso den Synthesizer. Mit all seinen legendären Ohrwürmern berührte das pure Rock-Urgestein wie dazumal all die Pubertierenden, welche jeweils an den Schulfesten «Father Of erst noch in einem auffallend Night, Father Of Day» oder «Mighty roten Pantöffeli steckte. Quinn» laufen liessen. «Dem sagt man China-Pan- Zu den jüngsten Fans im Saal ge- toffel», klärte sie auf und hörte der dreizehnjährige Samuel aus zeigte sich froh, dass sie die Zürich: «Ich finds eine tolle Musik.» Und Gehstöcke nicht mehr der Vater seines zwölfjährigen Kollegen braucht. Ausserdem habe sie Aron, Urs Schneider (42) aus Wettingen, die Spitzenmedizin nicht in holte daselbst zu einem kulinarischen Anspruch nehmen müssen, Vergleich aus: «Der Keyboarder Manfred sie habe sich einen einfa- Mann ist wie ein guter, lagerungsfähi- Leidenschaftlich: Manfred Mann (grosses Bild) chen Bruch zugezogen. ger Rotwein. Mit dem Alter wird er im- mit Gitarrist Mick Rogers und Sänger Noel McCalla. TIRGGEL-BECK

mer besser.» MURER BILDER: CHRISTIAN SCHNEIDER,BILDER: RETO HERZOG, ESTHER ZVG,ALBRECHT ANDRÉ