Das Kleinschwabhäuser Orgel-Positiv um 1650 - im Bachhaus Eisenach Die Silbermann-Orgel 1718 - in der Pfarrkirche St. Georg, Großkmehlen

Johann Sebastian Bach

Gottfried August Homilius

Dietrich Buxtehude

Matthias Weckmann

Wilhelm Friedemann Bach

August Gottfried Ritter

An den Orgeln: Bachpreisträger Johannes Lang Einführung wurde 2011/12 von der Orgelbau Waltershau- Eine Ausnahme bildet das letzte Stück, die sehr Das Kleinschwabhäuser Orgel-Positiv sen GmbH restauriert. interessante und mittlerweile hochgeschätzte – um 1650 – im Bachhaus Eisenach Großkmehlen ist im Jahr 1205 urkundlich nach- Sonate Nr. III, a-Moll, op. 23 in einem Satz, des Die Silbermann-Orgel – 1718 – weisbar. Es lag nach wechselvollen Besitzverhält- romantischen Orgelvirtuosen August Gottfried in der Pfarrkirche St. Georg, Großkmehlen nissen im Mittelalter/18. Jahrhundert bis 1815 Ritter (1811 – 1885). Es ist dem Bachpreisträger im Amt Großenhain, Königreich Sachsen, und da- gelungen, ein für große romantische Orgeln Wer kennt in der großen, weiten Welt schon nach in der preußischen Provinz Sachsen. Im Jahr geschriebenes und realisiertes Opus auf einer das Dörfchen Kleinschwabhausen in der Verwal- 1952 wurde Großkmehlen in den DDR-Bezirk barocken Orgel mit lediglich 22 Stimmen klang- tungsgemeinschaft Mellingen mit heute etwa Cottbus integriert und gelangte 1990 zu Branden- farbenreich und kunstvoll zu interpretieren. 270 Einwohnern, an der A4, Ausfahrt Magdala, burg (A13, Ausfahrt Ortrand). Einzelheiten sind Allen Orgelliebhabern und Freunden der Or- zwischen und Jena im Weimarer Land/ bei WIKIPEDIA generell nachzulesen. gelmusik wünschen die Beteiligten an dieser Thüringen gelegen? Die zweimanualige Barock-Orgel mit Pedal er- CD-Produktion einen spannenden Hörgenuss. Wer nimmt die Gemeinde Großkmehlen auf baute Gottfried Silbermann (1683 – 1753) in Horst Brauner der heutigen Grenze der Bundesländer Sach- den Jahren 1717/18 als Opus 12. Berlin, im August 2014 sen und Brandenburg mit interessant wechsel- Die Orgel wurde 1995 von der Moritzburger Or- voller Geschichte wahr? gelbauwerkstatt Rühle grundlegend restauriert. Und doch wird um die Zeit 800 bereits der Großkmehlen wurde seit 1997 bekannter Name Schwabhausen oder ähnlich urkundlich durch die regelmäßigen überregionalen Orgel- erwähnt und ist 1455 erstmalig ein Clein Swo- konzerte in der St. Georg Kirche (1205, präch- behussen sicher datiert. tige barocke Innenausstattung), jeweils ab Das auf dieser CD zu hörende Orgel-Positiv, Pfingstsonntag, mit Matthias Eisenberg und in bislang leider unbekannter Herkunft, stand in den letzten Jahren auch mit Johannes Lang. der Dorfkirche Kleinschwabhausen, diese in Besonders zu erwähnen ist das denkmalge- der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts erbaut. schützte Wasserschloss, ein Renaissancebau Bedeutsam ist die Kirche durch einen fünf- aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. seitigen Chorschluss im Osten und einen Die im Hinblick auf das Preisträgerkonzert am barocken Kanzelaltar. 3. Mai 2014 im Bachhaus von Bachpreisträger Die fast 60-jährige Geschichte dieser Orgel im Johannes Lang ausgewählten Orgelwerke, un- Zuchthaus Weimar ist unterhaltsam wie auch ter Hinzunahme bereits auf der Silbermann- das weitere Orgel-Schicksal bis 2009. Orgel in Großkmehlen von ihm eingespielten Das nun so, wegen fehlender Urheberschaft, Werke, bewegen sich in einem Zeitraum von genannte „Kleinschwabhäuser Orgel-Positiv“ rund 100 Jahren Barockzeit.

2 3 Zu den eingespielten Werken oft akkordisch geführten Begleitstimmen von Das Kleinschwabhäuser Orgel-Positiv (1685 – 1750) canzonartigem Charakter. Das Thema nimmt um 1650 – im Bachhaus Eisenach Präludium und Fuge a-Moll, BWV 543 umspielend Bezug auf die Choralmelodie ohne Die Silbermann-Orgel (Tracks 1+2) wörtlich zu zitieren. Dass im ersten Takt aller- 1718 – in der Pfarrkirche St. Georg, Großkmehlen Das Werk entstand in Bachs Weimarer Zeit um dings gleich zehnmal das „g“ erklingt, dürfte 1709. aber schon genügend Bezug für den Hörer An den Orgeln: Bachpreisträger Johannes Lang Der Anfang des Präludiums könnte in der Form darstellen. In der vorangehenden großen Cho- auch von einer Violine gespielt werden, über- ralbearbeitung über dasselbe Lied (BWV 678) 1 Johann Sebastian Bach (1685 – 1750) Präludium und 3:37 9:44 2 Fuge a-Moll, BWV 543 6:06 haupt dominieren im Präludium Streicherfi- stehen sich ein streng geführter Kanon (Sinn- guren. Die Fuge erklingt im tänzerischen 6/8- bild für das Alte Testament) und ein Liebe und 3 Gottfried August Homilius (1714 – 1785) 2:24 Takt, wobei das Thema motivisches Material Barmherzigkeit ausdrückendes Oberstimmen- Choralvorspiel „Komm Heiliger Geist, Herre Gott“ aus dem Präludium übernimmt. paar (Sinnbild für das Neue Testament) gegen- 4 Dietrich Buxtehude (um 1637 – 1707), Toccata in G, BuxWV 165 5:46 Bach traf sich nachweislich nur einmal mit über. Diese beiden Gegensätze scheinen sich 5 Dietrich Buxtehude 2:00 Gottfried Silbermann und zwar im Jahre 1746 in dieser Fughetta durch den teilweise stren- Choralbearbeitung „Jesus Christus, unser Heiland“, BuxWV 198 zur Abnahme der großen Orgel des Silber- gen Satz aber auch die tänzerisch konzertante 6 Dietrich Buxtehude, Canzonetta in G, BuxWV 171 2:06 mannschülers Zacharias Hildebrandt in der Klanglichkeit ideal zu verbinden. 7 Matthias Weckmann (um 1616 – 1674), Canzon Dall istesso Tuono 2:00 Wenzelskirche zu Naumburg. - Die vierstimmige Fuga super „Jesus Christus, Es ist bekannt, dass Bach mit der Bauweise der unser Heiland, der von uns den Zorn Gottes 8 Gottfried August Homilius 2:27 Orgeln Gottfried Silbermanns nicht ganz zufrie- wandt“, BWV 689 (Track 10), ist in strenger Choralvorspiel „Mein Gott, das Herze bring‘ ich dir“ den war hinsichtlich Temperierung, Dispositi- Form komponiert, wobei von der Choral- 9 Johann Sebastian Bach 1:46 onsaufbau, Pedalumfang etc. Und doch hat er melodie nur die erste Zeile im Fugenthema Fughetta super: „Dies sind die heil‘gen zehn Gebot“, BWV 679 auf den Orgeln Silbermanns in der Dresdener zitiert wird. Ob Bach wohl mit der auf stärker 10 Johann Sebastian Bach 4:47 Sophien- und Frauenkirche konzertiert. ungleichstufig temperierten Instrumenten der Fuga super: „Jesus Christus, unser Heiland“, BWV 689 Johann Sebastians Bach „Dritter Theil der damaligen Zeit scharf klingenden Tonart f-Moll 11 Johann Sebastian Bach, Duetto III in G, BWV 804 3:07 Clavierübung“ steht als eines der wenigen zur den Zorn Gottes versinnbildlichen wollte? Der 12 Johann Sebastian Bach 12:34 Entstehungszeit schon gedruckten Orgelwerke Interpret hat jedenfalls durch die solistische Partita diverse sopra il Corale: „Ach, was soll ich Sünder machen“, BWV 770 des 18. Jahrhunderts ( 1739) an ganz be- Verwendung des dunklen Gedackt 8’ versucht, deutender Stelle. Ich habe für diese Aufnahme die klanglichen Härten etwas abzumildern. 13 Wilhelm Friedemann Bach (1710 – 1784), Fuge in B-Dur 2:44 einige der im normalen Orgelkonzert seltener - Ob die vier Duettos BWV 802-805 im Rahmen 14 August Gottfried Ritter (1811 – 1885), Sonate Nr. III, a-Moll, op. 23 18:00 zu hörenden manualiter-Werke ausgewählt: der Komposition des als lutherische Messe Total 70:44 - Die Fughetta super „Dies sind die heil‘gen konzipierten dritten Teils der Clavierübung ent- Orgel-Positiv: 4-7, 9-11; Silbermann-Orgel: 1-3, 8, 12-14 zehn Gebot‘“, BWV 679 (Track 9), ist durch die standen sind oder aber als ältere Kompositi-

4 5 onen aufgrund verfügbarer Geldmittel noch in Am bekanntesten sind seine Choralvorspiele parallelismenhaftes Bassmodell (G-D-E-H-C-D) de sein, dass der italienische Canzonzenstil in den Druck aufgenommen werden konnten, ist von denen ich für dieses Programm zwei aus- auf verschiedenste Weise umspielt wird. Norddeutschland gepflegt und imitiert wurde. fraglich. Das hier eingespielte Duetto III in G, gewählt habe: - Die Choralbearbeitung „Jesus Christus, unser Weckmann beherrschte diese Kunst durch sei- BWV 804 (Track 11), weist auf jeden Fall auf - „Komm, Heiliger Geist, Herre Gott“ (Track 3) Heiland, der den Tod überwand“ BuxWV 198 ne Ausbildung bei Heinrich Schütz in seine möglichen Canzonenvorbilder hin, so hat als Hauptmotiv ebenfalls die ausgezierte (Track 5), ist sicher für ein mehrmanualiges und nicht zuletzt durch seine Freundschaft dass mit diesem spielerischen Werk ein Bogen Form der ersten Choralzeile und erklingt im Instrument gedacht, bei dem man die Choral- mit Johann Jacob Froberger (1616 – 1667), die zum Lehrer und (vermutlich) Ur-Lehrer Bachs 3/4-Takt. stimme hervorheben kann (z. B. mit einem ihrerseits beide in Italien gelernt haben. Ob Dietrich Buxtehude und Matthias Weckmann - „Mein Gott, das Herze bring‘ ich dir“ (Track 8) Cornet 2’ im Pedal). Um das Werk trotzdem Buxtehude Weckmanns Schüler gewesen ist, geschlagen werden kann. ist ebenfalls ein Trio im Sarabandenstil, nur ist stilgerecht aufführen zu können, machte der wissen wir leider nicht. Bekannt ist nur, dass - Die Partite diverse sopra „Ach, was soll ich hier das Hauptmotiv eine ausgezierte Form der Interpret sich die Schleifenteilung des Klein- Buxtehude sich während Weckmanns Amtszeit Sünder machen“, BWV 770 (Track 12), ist ein ersten Choralzeile. Homilius Orgelwerke sind schwabhäuser Orgel-Positivs zunutze, so dass teilweise in Hamburg aufhielt. frühes Werk Bachs. Es gibt vom Lüneburger Or- vom empfindsamen Stil geprägt und geben ein der Choral in der Octava 2’ (zwei Octaven tiefer Die Canzon Dall istesso Tuono (Track 7) be- ganisten Georg Böhm, bei dem Bach in seiner eindrückliches Zeugnis von seiner Leistungsfä- gespielt) und die Begleitung im Gedackt 8’ ginnt typischerweise wieder mit einer Repe- Jugendzeit Unterricht gehabt hat, eine Partita higkeit, im polyphonen Stil zu schreiben. eine Octave höher gespielt erklingt. Durch die titionsfigur und lässt sich in zwei Abschnitte über dieselbe Melodie. Schleifenteilung zwischen cis’/d’ waren einige teilen, deren zweiter Abschnitt im Dreiertakt Die Ähnlichkeit zwischen beiden Werken in den Ob die freien manualiter-Werke Dietrich Bux- Stimmoktavierungen nötig, die allerdings für steht und das Canzonenthema freier und con- ersten drei Teilen ist erstaunlich. Bei einer Par- tehudes (um 1637 – 1707) nun ursprünglich den klanglichen Effekt, der quasi ein zweima- certant verarbeitet. tita hat man als Organist immer die dankbare für eine Kleinorgel, oder für Cembalo oder nualiges Instrument vor dem Auge des Hörers Möglichkeit, viele Farben der Orgel zu präsen- Clavichord gedacht waren, ist nicht sicher zu erstehen lässt, gerne durchgeführt wurden. Wilhelm Friedemann Bach (1710 – 1784), der tieren. Ich habe hier versucht, einige der ori- sagen. Sicher ist jedoch, dass die eingespielten - Die Canzonetta in G, BuxWV 171 (Track 6), älteste Sohn J. S. Bachs und eigenwilligste sei- ginalen Registrieranweisungen Silbermanns zu Werke mit anderen, klar der Orgel zuzuord- zählt mit ihrem Repetitionsthema sicherlich zu ner vier komponierenden Söhne, trat im Jahre verwirklichen wie z. B. den Nassat-Zug in der nenden Werken überliefert sind, so dass eine den unbequemsten Werken dieser Gattung. 1733 die Nachfolge Christian Petzolds an der Partita II. Darstellung auf einem Orgel-Positiv logisch er- Die dadurch entstehende Beweglichkeit des er- Dresdener Sophienkirche an. Ab 1774 lebte scheint. sten Abschnitts findet ihre Fortsetzung in dem er freischaffend, als einer der ersten Künstler Der Bachschüler Gottfried August Homilius - Die Toccata in G, BuxWV 165 (Track 4), ge- auf den Dreiertakt reduzierten Thema im zwei- überhaupt (!) in Berlin, und wurde dort von (1714 – 1785) wirkte in Dresden an der Frauen- hört neben dem Präludium in g (BuxWV 163) ten Teil. Dieser Abschnitt lässt dem Interpreten Prinzessin Anna Amalia von Preußen (1723 – und Kreuzkirche und hatte an der Frauenkirche zu den längsten freien manualiter-Werken. Sie häufiger die Wahl, die Kadenzen hemiolisch 1787), der jüngsten Schwester Friedrichs II., ab 1742 ein neues Orgelwerk von Gottfried Sil- ist in zwei große Abschnitte einteilbar, wobei oder normal zu gestalten, was diesen Teil er- unterstützt. Die Prinzessin war Komponistin bermann zur Verfügung. der erste in freier Manier gehalten ist, wäh- frischend abwechslungsreich macht. und eine leidenschaftliche Organistin. Ihr wird Homilius ist eher für seine Vokalwerke be- rend der zweite Abschnitt mit einer für die aber nachgesagt, dass sie das Pedalspiel nicht kannt, doch erfreuen sich seine Orgelwerke in Zeit typischen Canzona beginnt, woraus sich Matthias Weckmanns (um 1616 – 1674) Wir- sonderlich gut beherrschte. Ihre Orgel, die den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit. im weiteren Verlauf eine Ciacona bildet, deren ken in Hamburg dürfte einer der Hauptgrün- sog. Amalien-Orgel, befindet sich nach wech-

6 7 selvollem Schicksal in der „Kirche Zum Guten einsätzig konzipiert sind, ist die dritte sicher Die Geschichte des Kleinschwabhäuser solches Instrument betrug damals mindestens Hirten“ in Berlin-Karlshorst. die wirkungsvollste und meistgespielte. In der Orgel-Positivs – um 1650 – das Doppelte. Auch einige Baubesonderheiten So ist denkbar, dass „WFB“ auf dieser Orgel am Sonate a-Moll wechseln sich vier klangliche im Bachhaus Eisenach sprechen für eine Datierung in das 17. - Jahr Hofe (1774 – 1776) gespielt hat, und auch, dass Strukturen miteinander ab, die aber motivisch hundert. So finden sich in Kirchenrechnungen die hier eingespielte Fuge in B-Dur (Track 13) zusammenhängen und immer wieder durch Im November 2009 konnte ein historisches Or- von Kleinschwabhausen auch erst ab 1714/15 im Zusammenhang mit den acht 1778 angefer- Choralklänge unterbrochen werden. Impro- gel-Positiv für die Sammlung des Bachhauses verschiedene Einträge, in den folgenden 100 tigten Fugen entstanden ist und vielleicht von visatorischer Gestus durchzieht den Aufbau Eisenach erworben werden. Der Ankauf und Jahren sind es über 20. Anna Amalia aufgeführt wurde. der Sonate. Die Idee, diese große romantische die Restaurierung in den Jahren 2011/12 wur- Viermal erfolgten Reparaturen und Stimmar- Diese Fuge entzieht sich deren typischer Form. Sonate auf einer Barockorgel darzustellen, ist de finanziell unterstützt durch die Kulturstif- beiten von der mit Bach befreundeten Wei- Dies geschieht dadurch, dass der Kontrapunkt nicht in dem Maße abwegig, wie es auf den tung der Länder, die Neue Bachgesellschaft marer Hoforgelmacherfamilie Trebs. Johann zum Thema sofort zu Beginn mit durchgeführt ersten Blick erscheint, da Ritter im Manual nie Leipzig und den Freistaat Thüringen. Caspar Vogler, einer von Bachs bedeutendsten wird und das Thema häufig so gekonnt in den das c‘‘‘ überschreitet und in Magdeburg noch Grundlage für die zeitliche und lokale Bestim- Schülern und späterer Nachfolger in Weimar, sehr concertohaften Satz eingeflochten wird, Barockorgeln des bedeutenden Arp Schnitger mung des Positivs war eine Festschrift aus dem „visitierte“ das Positiv in den Jahren 1738, 1740 dass es überhaupt nicht prägnant heraussticht. kannte. Jahre 1950 von KMD Prof. Traugott Fedtke in und 1744. Die drei Durchführungen des Themas werden Ritters dynamische Anweisungen sind auch Berlin: „An der Bahnstrecke von Weimar nach Die weitere Geschichte des Instruments er- durch zwei groß angelegte Zwischenspiele un- stufenweise angegeben, was das Registrieren Jena liegt das kleine thüringische Kirchdorf zählt eine an der linken inneren Gehäusewand terbrochen, die ich mit Echoeffekten angerei- auf kleineren Instrumenten sehr erleichtert. Klein-Schwabhausen. Für die Dorfkirche dieses befindliche Notiz: „Den 5ten December 1816 chert habe. Die Fuge B-Dur habe ich im sog. Sif- Der Interpret wurde bei der Darstellung dieser Ortes ist unser Orgel-Positiv gebaut worden. In wurde dieses Positiv / von mir von der Ge- flet-Zug, einer originalen Registrieranweisung romantischen Sonate auf einer originalen Ba- den – damals noch lateinisch geführten – Kir- meinde Klein-Schwabhausen / vor 14 Thaler Gottfried Silbermanns, registriert. rockorgel vor ganz neue Herausforderungen chenakten wird um das Jahr 1650 der Bau die- 17 Groschen mit dem Fuhrlohn gekauft und / gestellt, da die Großkmehlener Silbermann- ser Orgel mehrfach erwähnt.“ Überraschend in die Zuchthaus-Kirche allhier gebracht, von / August Gottfried Ritter (1811 – 1885) war ei- Orgel nur über 22 Stimmen verfügt und die fand sich nun bei Recherchen in einer Orts- dem Orgelbauer Herrn Görbing von Berka an ner der bedeutendsten Komponisten und Or- registriertechnische Vielfalt damit stark einge- chronik von Kleinschwabhausen der Eintrag: der Ilm wieder repariert und in Stand gesetzt. gelvirtuosen des 19. Jahrhunderts, dazu Orgel- schränkt ist. „Anno 1714 gleich auf Weyhnachten wurde / Welches ich hiermit meinen Nachfolgern zur / sachverständiger und Handschriftensammler. Im Laufe der Aufnahme wurde jedoch klar, das Positiv vor 36 taler in die Kirche erhandelt, Nachricht fermerkt habe. / Weimar, 13ten Dec. Er machte sich bei der Wiederentdeckung der dass das Großkmehlener Instrument über welches bei unserem Gottesdienst durch den 1816 / Johann August Stickel, / Zuchthausin- Werke J. S. Bachs besonders verdient. genügend klangliche Größe verfügt und die Schuldiener ordentlich pflegt geschlagen zu specktor, gebürtig / von Eisenach. / Zu dieser Seine Orgelsonate Nr. III, a-Moll, op. 23 (Track „kleine“ Disposition kaum auffällt. Einige weni- werden, davor derselbe jährlich 2 ½ Schefel Zeit befindlichen Sträflinge 83 an / der Zahl, hat 14) widmete er dem gleichaltrigen Franz Liszt, ge Anpassungen mussten in der Pedalstimme Gersten bekommt.“ Aufgrund der Formulie- ein jeder zum geringsten 2 Groschen / darzu- dessen Orgelwerke er auch in seinen Orgelkon- vorgenommen werden, da der Pedalumfang in rung „erhandelt“ und der Höhe des Preises geben.“ zerten aufgeführt hat. Großkmehlen nur bis c‘ reicht. kann davon ausgegangen werden, dass es ein Nach Auflösung des Zuchthauses, 1873, kam Von den vier Orgelsonaten Ritters, die alle Johannes Lang bereits älteres Positiv war. Der Neupreis für ein das Positiv in den Besitz des Weimarer Bürger-

8 9 schullehrers Walter Schulz. 1939 wurde es im Zur Restaurierung des Entscheidend für die Präsentation im Bachhaus verwahrlosten Zustand durch den Orgelbau- Kleinschwabhäuser Orgel-Positivs Eisenach ist jedoch der Bauzustand in der er- meister Gerhard Kirchner in Weimar aufgefun- sten Hälfte des 18. Jhd., der ab 1715 recht gut den und sichergestellt. Die Restaurierung übernahm die Werkstatt nachvollziehbar ist und von uns weitgehend 1947 kaufte KMD Fedtke das Instrument und „Orgelbau Waltershausen GmbH“ in enger rekonstruiert werden konnte. ließ es durch die Orgelbauanstalt Wilhelm Zusammenarbeit mit Herrn Uwe Fischer vom Damals wurde das ursprünglich als Tischpo- Sauer / Frankfurt/O. wiederherstellen. Mehrere Bachhaus Eisenach. Für Farbfassung und sitiv mit darüber liegendem Balg konzipierte Veröffentlichungen über das Positiv erschienen Schnitzwerk konnte das Restauratoren-Ehe- Instrument mit einem Untergehäuse versehen, in Orgelfachbüchern, der Berliner Komponist paar Hornemann aus Neudietendorf gewon- welches nun eine größere Windanlage aufneh- und Organist Joseph Ahrens komponierte ein nen werden. men konnte. Auch diese war nicht mehr erhal- „Concertino G-Dur für Positiv“, speziell für Das Kleinschwabhäuser Orgel-Positiv ist ein ten, sie wurde anhand von Spuren im Gehäuse dieses Instrument, und 1977 erschien eine außergewöhnliches Instrument. Generell sind rekonstruiert. Ebenso blieb vom Pfeifenwerk Schallplattenaufnahme bei RIM electronic. Nach Orgeln des 17. Jahrhunderts recht selten erhal- leider nichts aus der Bachzeit erhalten. Die einem Besitzerwechsel in den 90er Jahren des ten. Vor allem aber ist der ursprünglich reiche Pfeifen unterschiedlicher Bauzeit wurden zu vorigen Jahrhunderts wurde das Positiv 2009 Bestand an Positiven im Lauf der Zeit sehr de- einem barocken Klangbild zusammengeführt. in einem Auktionshaus in Traunstein/Chiemgau zimiert worden. Selbst aus dem 18. Jhd. sind Das Positiv präsentiert sich nun wieder in angeboten. nur noch ganz wenige Exemplare in Mittel- einem stilistisch einheitlichen Bild, auch wenn Seit dem 21. März 2012 steht das Orgelpositiv deutschland erhalten. Vor diesem Hintergrund die Substanz aus verschiedenen Jahrhunderten im Instrumentensaal des Bachhauses Eisenach gewinnt auch ein stark verändertes Instrument stammt. Es ermöglicht das Musizieren gemäß und erklingt dort für die Besucher des Muse- an historischem Wert. historischer Aufführungspraxis, authentisch ums während Instrumentenvorführungen und Die Herkunft aus dem Wirkungsbereich J. S. von der manuellen Winderzeugung über die in besonderen Konzerten. Bachs macht es insbesondere für das Bachhaus historische Klaviatur, die Disposition, bis hin Uwe Fischer, Bachhaus Eisenach Eisenach interessant. zur Tonhöhe, Stimmtemperatur und dem Klang Die Disposition des Orgel-Positivs Das Schwabhäuser Orgel-Positiv hat eine lan- der Pfeifen – nach unserem heutigen Verständ- nach der Restaurierung ge und bewegte Geschichte hinter sich. Selten nis. Diese Einschränkung ist wichtig, da z.B. Gedackt 8‘ + Quintade 4‘ + Principal 2‘ + lässt sich jedoch die Entstehungs- und Um- auch 1950 mit ähnlichem Anspruch, aber völlig Sifflöte 1 1/3‘ + Cymbel 2 fach baugeschichte einer Orgel mit so viel Material anderem Ergebnis gearbeitet wurde. Tonumfang: C, D...c³ belegen, dennoch fehlt leider immer noch ein So ist jede Restaurierung auch Zeugnis ihrer Schleifenteilung bei cis‘-d‘ Hinweis auf den ursprünglichen Erbauer bzw. eigenen Epoche. Stimmtonhöhe: 465 Hz / 15°C auf den Herkunftsort, bevor das Instrument in Joachim Stade Stimmtemperatur: gemilderte Mitteltönigkeit der Kirche von Kleinschwabhausen aufgestellt Orgelbau Waltershausen GmbH Winddruck: 60mm WS wurde.

10 11 „Berühmter Silbermann, mann zusammen mit seinem älteren Bruder Die Disposition der Silbermann-Orgel – Vergönne mir zu schreiben; Andreas im Elsaß, bei dem er auch in die Lehre in ursprünglicher Bezeichnung, 1718 Was Du mit Recht verdienst: gegangen war, bei Orgelneubauten und Repa- Dein Ruhm wird ewig bleiben. raturen mitgewirkt. 1710 kam er aus Frank- Ins Hauptwerck Den DU durch Deine Kunst reich wieder in sein Heimatland Sachsen zu- 1. Principal 8. Fuß, Zinn blanck poliert. Mit gantz geschickter Hand rück und sollte dort bis zu seinem Tode, am 4. 2. Pourdun 16. Fuß, 1½ Octava Holtz, das übrige Metall. Bereits erworben hast 8. 1753, in Dresden, bleiben. Er starb während 3. Rohr Flaute 8. Fuß, Metall. In unserem Sachsen-Land.“ des Baues seines größten Instruments, nämlich 4. Octava 4. Fuß, Zinn. Wilhelm Friedemann Bach des für die Katholische Hofkirche. 5. Spitz Flaute 4. Fuß, Zinn. Dresden, 1736 In der Zeit zwischen 1710 und 1753 schuf er 6. Quinte 3. Fuß, Zinn. nachweislich 46 Orgelbauten, die aus seiner 7. Octava 2. Fuß, Zinn. Gottfried Silbermann (1683 – 1753) Straßburger Zeit nicht mitgerechnet. Sechs wei- 8. Mixtur 3. Fach, die große Pfeife 1½ Fuß Zinn. tere sind zwar erwähnt, lassen sich aber nicht 9. Cimble 2. fach, die große Pfeife ein Fuß Zinn. Über Gottfried Silbermann, einem der bedeu- nachweisen. Gottfried Silbermann widmete 10. Cornett 3. fach, durchs halbe Clavier von Zinn. tendsten deutschen Orgelbauer in der ersten sich aber auch dem Bau von Cembalo, Spinett, Hälfte des 18. Jahrhunderts, braucht man wohl Clavichord, erfand das „Cimbal d`amour“ und Ins Oberwerck kaum mehr zu schreiben. Selten wurde ein an- widmete sich dem damals noch neumodischen 1. Principal 4. Fuß, blanck poliert. derer Orgelbauer und dessen Werk derartig Hammerklavier. Besonders zwei davon hatten 2. Gedackt 8. Fuß, die unterste Octava von Holtz, das übrige dokumentiert und erforscht. einen berühmten Besitzer: Friedrich II. von Metall zur Music liebl. intoniert. Geboren wurde er als Sohn des Zimmermanns Preußen. Sie stehen heute in Potsdam. Im 3. Quintadena 8. Fuß, von Zinn Michael Silbermann am 14.1.1683 in Klein- 19. Jahrhundert wurde Gottfried Silbermann 4. Rohr Flaute 4. Fuß, von Metall bobritzsch unweit der Bergstadt Frauenstein mehrfach in der Literatur als der Erfinder der 5. Nassat 3. Fuß, von Metall im Erzgebirge, wo sich heute im Schloß, neben Hammerklaviermechanik genannt, was aber 6. Octava 2. Fuß, von Zinn der Burgruine, ein Museum zu Ehren des geni- der historischen Realität entbehrt. 7. Quinte 1½ Fuß, Zinn alen Orgelbauers befindet. Dieses einzigartige 15 seiner Orgeln haben die Zeiten nicht über- 8. Sufflaute 1½ Fuß, Zinn Museum entstand auf Betreiben des bedeu- standen, so dass heute noch 31 Instrumente 9. Mixtur dreyfach vonn Zinn tenden Silbermann-Forschers Werner Müller. mehr oder minder original existieren. In der Frauensteiner Kirche wurde Gottfried Sil- Sein primäres Schaffensgebiet war Sachsen bermann zwei Tage nach seiner Geburt getauft. und dazu gehörte bis 1815 auch Großkmehlen Im Pedal Für diese Kirche baute er auch sein erstes ei- genauso wie Lebusa, sein nördlichster Orgel- 1. Principal Bass 16. Fuß, Holtz genständiges Instrument, das er der Gemeinde neubau. Diese beiden Orte gehören jetzt zum 2. Posaune 16. Fuß, Holtz sogar schenkte. Davor hatte Gottfried Silber- Land Brandenburg. 3. Trompette 8. Fuß, Zinn Tremulant, Schiebekoppel

12 13 Pfarrkirche St. Georg sich zu einem Neubau. Genau zu dieser Zeit Ortrand aufbewahrt. herrschten rege Bautätigkeiten in Großkmeh- „Daß die in vorherstehenden Contracte, verac- Die Orgel der St. Georg Kirche in Großkmeh- len, denn auch die Kirche wurde umgebaut cordirten Ein Tausend Thaler, von ihre Excell. len ist eines der frühen von Gottfried Silber- nach einem Gutachten von George Bähr, dem Frau Generalin von Brause ich und bare be- mann eigenständig gebauten Instrumente und Erbauer der Dresdner Frauenkirche. Baumei- kommen, Thue nicht nur hiermit quittieren- wird von Silbermann-Kennern als eine seiner ster und Orgelbauer sollten sich auch dort und de bekennen, Sondern verspreche auch von schönsten angesehen. noch öfter begegnen. itzo und zu Ewigen Zeiten weder von hoch Sie ist obendrein ein interessanter Schnitt- Zu dieser Zeit entstand auch das der Kirche ge- gedachter Frau Generalin Excell., noch den ih- punkt zwischen zwei verschiedenen Orgel- genüberliegende Pfarrhaus. rigen oder der Kürche weiter mehrers zu for- landschaften: Silbermann prägte Generationen Der Vertrag sah vor, dass eine Orgel mit 22 Re- dern. Gesch(eh) en Groß Kmehlen den 20. Nov. lang den sächsischen Orgelbau und Joachim gistern, 2 Manualen und Pedal erbaut werden 1718. Wagner gilt als Begründer des märkischen Or- sollte mit drei Keilbälgen. Es wurde auch ver- (Siegel) Gottfried Silbermann – Orgel Macher“ gelbaues und prägte ihn auch über Generati- einbart, wann die Abschlagzahlungen erfolgen onen. Genau zur Zeit des Baues der Großkmeh- sollen: lener Orgel arbeitete Joachim Wagner zwei 200 Taler Ostern 1717, 100 Taler Johannis Jahre lang als Geselle bei Gottfried Silbermann, 1717, 150 Taler Michaelis 1717, 150 Taler von dem Wagner starke Anregungen bekam, Weihnachten 1717 und die restlichen 400 Taler wie ein Dispositionsvergleich der Freiberger sollten bei Abnahme des Instrumentes ausge- Domorgel mit der Orgel der Berliner Marien- zahlt werden. Hinzu kam noch freie Kost und Kirche zeigt, wenn man die originale Dispositi- Logis für die Orgelbauer, Kohlen, Brennholz on zu Grunde legt. und das Material zum Orgelneubau. Für die Die beiden Orgelbaumeister sind sich geogra- An- und Abfuhren zahlte die Patronatsherrin Ausschnitt vom Dokument links phisch und geschäftlich nie ins Gehege gekom- ebenfalls aus eigener Tasche. Vermutlich im Das dürfte auch der Tag der Abnahme und Or- men. Der nördlichste Ort ist bei Silbermann Juni 1718 hat Silbermann mit dem Aufbau der gelweihe gewesen sein. Frau von Brause war Lebusa und der südlichste Punkt bei Wagner Orgel begonnen. Wahrscheinlich war der Um- restlos zufrieden und überhaupt derjenige, der Jüterbog bzw. südlich von Jüterbog in Bochow. und Neubau der Kirche gerade abgeschlossen. Am 20. November 1718 war die Orgel dann das Instrument abnahm: „Der König. Pohln. Der Kontrakt zum Bau der Orgel in Großkmeh- Es ist nicht unbedingt anzunehmen, dass er, fertig, wie eine der ganz seltenen Quittungen, und Churfürstlich Sächß. Capell-Organist Herr len wurde am 11. Januar 1717 geschlossen wie es damals üblich war, seine Werkstatt in es gibt nur zwei erhaltene, belegt, die Silber- Pe(t)zold“. zwischen Gottfried Silbermann und der Pa- der Kirche aufrichtete, sondern dass er das In- mann selbst geschrieben hat, denn sonst ließ Zwei Jahre nach der Fertigstellung der Orgel tronatsherrin Johanne Eleonore „vermählte strument entweder in einem der Gebäude des er vieles schreiben und setzte nur seine Un- konnte sich Christian Petzold bei seinem- Or Generalin“ von Brause, geb. Borck. Das alte benachbarten Schlossareals oder in seiner Frei- terschrift mit Siegel darunter. Noch heute wird ganistenamt an der Dresdner Sophienkirche Werk war schadhaft und so entschloss sie berger Werkstatt vorgefertigt hatte. dieses einmalige Dokument im Pfarrarchiv in selber für seine Tätigkeit an einer Silbermann-

14 15 Orgel erfreuen. Im Laufe der Zeit verschlechterte sich aber Gedanken zur Restaurierung bzw. Zur Restaurierung der Während aber diese Orgel nicht mehr existiert, der Zustand des Instruments derart, dass Teilrekonstruktion der Orgel von 1718 Silbermann-Orgel in Großkmehlen blieb die Großkmehlener Silbermann-Orgel eine grundlegende Restaurierung notwendig relativ unverändert. Sehr merkwürdig ist, dass wurde. Das bedeutete für die kleine Gemein- Historische Orgeln sind nach Jahrhunderten oft Folgende Arbeiten zur Rückführung in den Ori- selbst Silbermann-Kenner wie Ernst Flade bis de eine kaum zu stemmende finanzielle Last. ein Konglomerat mehrerer Schichten verschie- ginalzustand wurden ausgeführt: 1922 keine Kenntnis mehr von diesem Werk Dann passierte der nächste Glücksfall: Hubert dener Orgelbauer aus unterschiedlichen Zeiten. - Komplettrestaurierung der Windladen mit hatten. Hofer aus Bonn übernahm die Kosten in Höhe Der Geschmack bezüglich des Klangideals hatte Abtragen der Stöcke, Schleifen und Dämme, Für ihre Instandhaltung waren schon im 19. von ca. 180 000 DM für die Restaurierung aus sich auch gewandelt, die Orgelbauer glaubten Ausspanen der Trockenrisse. Alle Kanzellen Jahrhundert beteiligt: Friedrich Pfützner/ seiner Privatschatulle. Ein generöses, bürger- es besser zu wissen als die ursprünglichen Er- wurden mit Warmleim ausgestrichen. Die Meißen, und im 20. Jahrhundert dann Sauer/ schaftliches Engagement, um bedeutsames bauer und die Gemeinden wollten in der Re- Brücken und Dämme der Unterseiten wurden Frankfurt O., Jehmlich/Dresden. Schließlich und wertvollstes Kulturgut vor dem Verfall zu gel etwas Neues und waren in ihren Entschei- ebenfalls ausgespant und vorsichtig abgerich- erfolgte 1995/96 die Restaurierung und Teil- retten. Heute erinnert daran eine Tafel auf der dungen häufig überfordert. So kommt es nicht tet. Alle Schleifen wurden neu beledert. Nach rekonstruktion in vorbildlichster Form durch rechten Seite des Orgelgehäuses. selten vor, dass in einem Instrument Pfeifen- mehrfachem Dammausgleich wurden die Stö- Orgelbau Rühle/Moritzburg. Es ist fraglich, ob ohne die Spende von Herrn material oder gar Windladen und Trakturen aus cke unter Verwendung neuer Hartlederunter- Die Silbermann-Orgel in Großkmehlen kann Hofer die Restaurierung dieses Instruments je- unterschiedlichen Jahrhunderten zu finden sind. lagen wieder aufgenagelt. zwei sehr seltene Glücksfälle in ihrer Geschich- mals möglich gewesen wäre. Denkmalschützer – zuweilen lediglich aus dem - Die Klaviaturen wurden ausgebaut, die Manu- te verzeichnen: kunsthistorischen Metier und nicht aus dem altasten an den ausgespielten seitlichen Stellen Am 4. Juli 1944 brannte der Kirchturm nach musikwissenschaftlichen und auch nicht instru- mit passenden Holzbeilagen ausgesetzt und in- einem Blitzschlag lichterloh und drohte ein- mentenbaulichen – fordern häufig genug, dass dividuell in Höhe der Leitstifte angepasst. Aufge- zustürzen. Die Feuerwehr war woanders be- man alles erhalten sollte. Das hat schon zu sehr leimte Paletten wurden nachgeleimt, die Elfen- schäftigt und die meisten Männer im Krieg. unglücklichen Mariagen geführt. Bei Denkmal- beinbeläge vorsichtig gebleicht, durchgeriebene Daraufhin wurden zwei Ketten von Frauen und orgeln – wie beispielsweise in Großkmehlen – Stellen der Obertasten nachgeschwärzt und mit Kindern durch die Pfarrerstochter organisiert. gab es nur die kompromisslose Rückführung auf schwarzem Schelllack behandelt. Die Zierlei- Die einen schleppten Wassereimer vom Pfarr- den Originalzustand, was bedeutet: Behutsame sten, Klaviaturbacken und Manubrien wurden haus zur Kirche und die andere trugen die in Restaurierung des vorhandenen Materials und ebenfalls mit schwarzem Schelllack poliert. Die Windeseile ausgebauten Orgelpfeifen aus Teilrekonstruktion der fehlenden Teile anhand Tasten der Pedalklaviatur erhielten an ausge- dem Gefahrenbereich, die dann in der Gruft von vergleichbaren Instrumenten. spielten Stellen Ergänzungen aus Eiche. gelagert wurden. Der Turm stürzte dann glück- Dieses ist glücklicherweise in Großkmehlen ge- - Das Regierwerk erhielt kleine Korrekturen an licherweise nicht so ein, als dass er Gehäuse, schehen. den Achspunkten der Registerschwerter. Alle Ei- Spieltisch und Windladen hätte zerstören kön- senteile wurden entrostet und brüniert. Die Trak- nen. Nach dem Krieg wurde das Instrument tur ist, bis auf kleinste Einzelheiten, original er- dann wieder aufgebaut. halten und wurde praktisch ohne nennenswerte

16 17 restauratorische Maßnahmen beibehalten. heute im Kunstgewerbemuseum des Schlosses Johannes LangLang, , 1989 in Düsseldorf geboren, ster des Bayerischen Rundfunks aufgetreten. - Restauratorische Maßnahmen am Pfeifen- Pillnitz zu sehen. Nach vielen Neubauten und studiert an der Musikhochschule Freiburg/Br. Nach einer Kantorentätigkeit an der Kreuzkir- werk: Nachschaffung der 1952/53 verloren- Großreparaturen begann Anfang der 1960er Historische Tasteninstrumente/Cembalo bei che Freiburg von Oktober 2009 bis September gegangenen 12 Pfeifenreihen = 576 Pfeifen = Jahre die Zeit der Restaurierungen histo- Prof. Dr. Robert Hill und Kirchenmusik (Orgel 2013 ist Johannes Lang seitdem Stadtkantor 8 Register nach dem Vorbild der Silbermann- rischer Orgeln: Silbermann, Oehme, Oertel, bei Prof. Martin Schmeding, Improvisation der ev. Kirchengemeinde in Lörrach sowie Lehr- Orgel der Georgenkirche Rötha (1721). Zulöten Meier (Schmalkalden/Wilhelmsburg). Wilhelm bei Prof. Karl Ludwig Kreutz, Dirigieren (Chor- assistent für Liturgisches Orgelspiel/Improvisa- der durch Zinnzersetzung entstandenen Löcher Rühles Meisterstück steht in der katholischen und Orchester) bei Jan Schumacher, Steffen tion an der Musikhochschule Freiburg. größten Ausmaßes am originalen Metallpfeifen- Pfarrkirche Elsterwerda. Am 1. Oktober 1988 Schreyer, Prof. Manfred Schreier, Andreas Win- Die Jury-Tätigkeit im Fach Orgel beim Bundes- werk. Die Stöpsel der Holzpfeifen wurden nach- übergab er seinen Betrieb an seinen Sohn nen sowie Gesang und Ensemblegesang bei wettbewerb „Jugend musiziert“ 2012 sowie gepasst, einige Mündungen gefestigt und weni- Wieland Rühle. Aus dessen Zeit stammen Neu- Prof. Torsten Meyer. Rundfunk-, TV- und CD-Aufnahmen (Labels: ge Stellen von Holzwurmbefall nachbehandelt. bauten u. a. in Radebeul-Zitzschewitz, Bonn, Zur Zeit ist er nach seinen mit Auszeichnung JUBALmusic, Berlin und Genuin classics, Leip- - Neueinbinden aller drei originalen Keilbälge Köln, Erfurt; Restaurierungen wurden z. B. in bestandenen Bachelorabschlüssen im Sommer zig) erweitern sein Profil. (1,41 x 2,82 m) und Anschluss an den dreige- Zöblitz, Forchheim, Helbigsdorf (klanglich), 2013 in den gleichen Fächern Student an der Frei- www.johanneslang.org teilten Hauptkanal. Die Orgel ist also heute Köthen und besonders in Ringenwalde/Ucker- burger Musikhochschule im Masterstudiengang. auch wieder mittels der Balgtretanlage spiel- mark ausgeführt. Hier erhielt die Johann Peter Nach elf ersten Preisen als Organist, Cembalist bar. Die Stimmtonhöhe steht heute wieder Migendt-Orgel neuen Glanz! und Pianist beim Bundeswettbewerb „Jugend bei 469,7 Hz, also deutlich über dem heutigen Seit dem 1. Januar 2007 führt Sohn Christoph musiziert“ wurde er u. a. als Organist Gewin- Kammerton, und das Instrument verfügt über Rühle die Werkstatt unter der Bezeichnung ner der Wettbewerbe in Lübeck (2009), Belle- eine ungleichstufige Temperatur. Die Abnahme „Werkstatt für Orgelbau C. Rühle“ weiter. Unter lay (2011), Leipzig (2012, Bachpreisträger) und erfolgte am 20. September 1996, die feierliche seiner Leitung wurden Orgeln in z. B. Buttlar, Preisträger der Wettbewerbe in Ljubljana (2007), Wiedereinweihung am 22. September mit Finsterbergen und Gera restauriert. Herford (2008) und München (ARD 2011). Matthias Eisenberg an der Orgel. Alle weiteren Informationen unter Er ist Stipendiat u. a. der Deutschen Stiftung www.orgelbau-ruehle.de. Musikleben sowie der Studienstiftung des Deut- Werkstatt für Orgelbau C. Rühle Heiko Schwichtenberg / Barbara Rühle schen Volkes und widmet sich einer intensiven, weltweiten Konzerttätigkeit. Er arbeitete u. a. Gründung am 14. April 1932, nachdem Wil- mit Musikern wie Gottfried von der Goltz, Karl helm Rühle eine Tischlerlehre absolvierte, sich Kaiser, Reinhold Friedrich, Joachim Pliquett, Teo- auf Wanderschaft von Schweden bis Istanbul dor Currentzis und Markus Landerer zusammen. begab und ein Orgelstudium am Dresdener Als Solist an Orgel und Cembalo ist er mit den Konservatorium absolviert hatte. Eine seiner Bergischen Symphonikern, der Badischen Kam- ersten Arbeiten war die Restaurierung des Or- merphilharmonie, dem Philharmonischen Or- gelpositivs von Johann Ernst Hähnel (1725) – „Klengel“: Kalkantenruf zur Balgtretanlage chester Freiburg sowie dem Symphonieorche-

18 19 Die Silbermann-Orgel 1718 - in der Pfarrkirche St. Georg, Großkmehlen Das Kleinschwabhäuser Orgel-Positiv um 1650 - im Bachhaus Eisenach

An den Orgeln: Bachpreisträger Johannes Lang