FK 2009 - 1 Impressum Dokumentation der Internationalen Münchner Friedenskonferenz 2009

Frieden und Gerechtigkeit gestalten – Nein zum Krieg Globale Bedrohungen für den Frieden – Zivile Antworten

München, 6.2. – 8.2. 2009

Herausgegeben vom Helmut-Michael-Vogel Bildungswerk der DFG-VK Bayern

Redaktion: Thomas Rödl, Heinz Staudacher

Eigendruck im Selbstverlag, ViSdP: Thomas Rödl, c/o DFG-VK, Schwanthalerstr. 133, 80339 München

Zusammenfassung der Vorträge, Abschriften vom Tonträger und Textbearbeitungen: Gudrun Haas, Thomas Rödl, Eva Rosendahl, Gertrud Scherer, Heinz Staudacher

Umschlag: Heinz Staudacher Lay-out: Werner Bergheim, gesetzt aus Charis SIL und Pigiarniq Bildmaterial: Antje Wagner, Heinz Staudacher, Beppo Wüllner, Martin Pilgram

Unser Dank gilt allen, die uns bei der Ausrichtung der Konferenz unterstützt und ermuntert haben. Besonderer Dank gilt den ReferentInnen und Dolmetscherinnen, Birgit Saßmannshaus mit ihren Musikeinlagen, der World Peace Prayer Society (WPPS) für die Bereitstellung der Fahnendekoration (183 Nationen), dem AUDITORIUM- Netzwerk für die DVD-Aufnahme* beim Internationalen Forum, allen Spender- und UnterstützerInnen (DGB-Bezirk München; Simultan-Konferenztechnik Sikon GmbH, München; ulenspiegel druck gmbh, Andechs; Berghofstiftung; Rosa-Luxemburg-Stiftung), dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München, den Trägerorganisationen und allen HelferInnen bei der Vorbereitung der Veranstaltungen.

* DVD zu beziehen unter www.auditorium-netzwerk.de

Trägerkreis weitere Informationen Seite 82 bis 86

• D eutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Landesverband Bayern • Friedensinitiative Christen in der Region München e.V. • Internationaler Versöhnungsbund, deutscher Zweig e.V. • Internationale katholische Friedensbewegung pax christi im Erzbistum München-Freising • NaturwissenschaftlerInneninitiative Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit • Kreisjugendring München-Stadt • Netzwerk Friedenssteuer, Region Bayern • Bund Naturschutz, Kreisgruppe München e.V. • Projektgruppe „Münchner Sicherheitskonferenz verändern“ • Netzwerk Gewaltfreie Kommunikation München e.V.

Die Organisation erfolgte in Zusammenarbeit mit dem Helmut-Michael-Vogel-Bildungswerk der Deutschen Friedens- gesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Bayern sowie mit der freundlichen Unterstützung des Kulturrefera- tes der Landeshauptstadt München.

2 - FK 2009 Inhaltsverzeichnis

Impressum/Trägerkreis 1

Aufruf zur Münchner Friedenskonferenz 2009 4

Internationales Forum: „Globale Bedrohungen für den Frieden – Zivile Antworten“ am 6.2.2009 im Saal des Alten Rathauses

Grußwort der Stadt München Hep Monatzeder 5

Grußwort der Schirmherren Hans-Christof von Sponeck 7

Globale Bedrohungen für den Frieden – Zivile Antworten Jakob von Uexküll 9

Mary-Wynne Ashford 13

Werner Ruf 17

Diskussionsforum und Workshop am 7.2.2009 „Globale Bedrohungen für den Frieden – Zivile Antworten“ mit M.-Wynne Ashford und J. v. Uexküll 21

Vorstellung der Kampagne „Vorrang für Zivil“ 39

Aktuelle Runde: „Positionen der Friedensbewegung – Antworten der Parteien“ am 7.2.2009 im Großen Saal des DGB-Haus Diskussionsveranstaltung mit Hildebrecht Braun (FDP), Axel Berg (SPD), (B90/Grüne), Eva Bulling-Schröter (Die Linke), Andreas Zumach (Vertreter der Friedensbewegung) 42

Friedensgebet der Religionen: „Gibt Glaube Sicherheit?“ am 8.2.2009 im Pfarrsaal St. Anna 55 zu den ReferntInnen 56

Presseecho 70

Informationen zu den Trägerorganisationen 82

FK 2009 - 3 Aufruf zur Internationalen Münchner Friedenskonferenz 2009

„Nie wieder Krieg!“ – Eine Forde- gen Kampfhandlungen“ gegen die Die „Internationale Münchner Frie- rung, populär und nahezu unum- Taliban bleiben eine Chiff re, die die denskonferenz“ beschäftigt sich seit stritten im Nachkriegsdeutschland zahllosen Opfer unter der afghani- Jahren mit der Überwindung des – dennoch stehen heute wieder schen Zivilbevölkerung ausblendet. überholten Sicherheitsdenkens durch deutsche SoldatInnen in vielen Nachrichten über Bombardierungen militärische Dominanz. Wir stellen Teilen der Welt! Gehört derartiges und Situationen, in denen geschos- Ansätze und Wege vor, wie Frieden Handeln wirklich zu den „normalen“ sen wird – auch auf Zivilpersonen und gemeinsame Sicherheit durch Aufgaben eines Landes? und durch unsere Militärs – häufen Interessensausgleich erreicht werden Wir fragen genau das: Ist Krieg wirk- sich. Uns aber will man glauben kann, wobei kulturelle und religi- lich „normal“ und gehört er unver- machen, in Afghanistan würde öse Unterschiede mit einbezogen meidlich dazu? der Frieden hergestellt und damit werden. Es gibt detaillierte Konzepte auch für unsere Sicherheit gesorgt. für zivile Konfl iktbearbeitung im Viele der an der „Sicherheits“- Militärische Anti-Terror-Operationen gesellschaftlichen Bereich und ermu- Konferenz beteiligten Politikerinnen fordern zivile Opfer und schaff en tigende Erfahrungen auf internatio- und Politiker erklären, es ginge neue Feinde der Besatzungstruppen. naler Ebene. Für diese vom Militär um die Sicherheit der Bevölkerung Gleichzeitig vernehmen wir ver- unabhängige zivile Konfl iktarbeit in ihrer Länder. Um diese Sicherheit zu stärkt Warnungen vor Anschlägen Krisenregionen mangelt es aber nach sichern vergrößern sie die Militär- auch in unserem Land. Damit einher wie vor an ausreichender politischer potentiale, vereinbaren verstärkte gehen weit reichende Einschränkun- und fi nanzieller Unterstützung. internationale Zusammenarbeit auf gen unserer Bürgerrechte, wie u. a. Frieden und Sicherheit erwachsen militärischem Gebiet und interve- das neue Versammlungsgesetz in aus Interessensausgleich und Ge- nieren in immer mehr Ländern der Bayern deutlich zeigt. Erde. rechtigkeit. Der Einsatz für politi- Um welche Sicherheit geht es aber sche und soziale Gerechtigkeit sowie Seit 7 Jahren steht deshalb Deutsch- dann, wenn für die Menschen hier für die Erhaltung der Umwelt ist land mit seiner Militärmaschinerie wie dort das Leben unsicherer wird? natürlicher Bestandteil der Friedens- in Afghanistan. Was diese dort tut, Interventionskriege dienen doch of- arbeit. wird - mit dem Hinweis auf die Auf- fensichtlich dem Zugriff auf Rohstof- Wir setzen uns mit unserem Handeln bauarbeiten - als Beitrag zur Befrie- fe und dem Ausbau von Machtpositi- und der Internationalen Münchner dung des Landes bezeichnet. Unsere onen. Durch Interventionspolitik und Friedenskonferenz dafür ein, dass Regierung weigert sich beharrlich, die damit verbundene Hochrüstung die Menschen friedlich in sozialer die Situation in Afghanistan als werden Ressourcen vergeudet und Gerechtigkeit miteinander leben Krieg zu bezeichnen – selbst entge- immer neue Konfl iktherde geschaf- und verantwortlich mit der Natur gen entsprechenden Äußerungen fen. des ehemaligen Verteidigungsminis- umgehen. Ein Umsteuern ist möglich! ters Volker Rühe.* Die „notwendi- * Süddeutsche Zeitung vom 22.8.2008

4 - FK 2009 Internationales Forum Globale Bedrohungen für den Frieden – Zivile Antworten

Grußworte

Hep Monatzeder

3. Bürgermeister der Landeshaupt- stadt München

Sehr geehrte Damen und Herren, ich begrüße Sie ganz herzlich im Na- tigt? Tragen Sie dazu bei, langfristig Maßnahmen, wie z.B. die der ame- men der Landeshauptstadt München stabile Verhältnisse in dieser Region rikanischen thinktanks, die den Weg zur Auftaktveranstaltung der Inter- zu erreichen? Wir müssen an der zum Irak-Krieg gezeichnet haben. nationalen Münchner Friedenskonfe- Vision einer friedlichen Welt ohne renz 2009! Kriege unbedingt festhalten und Um so wichtiger ist, dass die zivilen dieses Ziel weiter verfolgen! Ich bin Lösungen diskutiert und so breiter in Die Stadt eröff net seit Jahren die wie Sie fest davon überzeugt, dass die Öff entlichkeit getragen werden! Internationale Friedenskonferenz, ein Umsteuern möglich ist. Es muss Dies geschieht bei der heutigen Ver- die parallel zur Sicherheitskonfe- sogar möglich sein, denn es gibt anstaltung mit dem Titel „Globale renz stattfi ndet. Hierfür stellen wir keine Alternative! Bedrohung für den Frieden – Zivile gerne den Saal des Alten Rathau- Antworten“, aber auch das ganze ses, diesen schönsten, größten und Die Landeshauptstadt München ist Wochenende, so beispielsweise repräsentativsten Saal Münchens zur deshalb auch Mitglied bei „Mayor auch morgen mit der Veranstaltung Verfügung. Weil ich – und hier kann for Peace“, einer Organisation, der Vorstellung der Kampagne „Vorrang ich im Namen der Landeshaupt- sich Städte der ganzen Welt ange- für Zivil“, bei der ganz konkrete stadt München sprechen - sage: wir schlossen haben, um sich gegen Beispiele aufgezeigt werden, wie brauchen Sie! München braucht die Atombomben und Aufrüstung einzu- zivile Konfl iktbearbeitung in Krisen- Friedenskonferenz und wir brauchen setzen. regionen arbeitet. Solche Impulse Sie als Menschen, die sich aktiv brauchen wir! für eine friedlichere Welt engagie- Ich danke den Veranstaltern und den ren. Ich danke auch der Münchner Teilnehmerinnen und Teilnehmern Denn Sie wissen es und sehen leider Friedensbewegung und insbesondere auch deshalb, weil auf der Frie- alle, die Welt ist nicht friedlicher der Deutschen Friedensgesellschaft/ denskonferenz dieses Wochenende geworden. Dies kann ein Barack vereinigte Kriegsdienstgegner für die neue Ideen vorgestellt werden, die Obama, in den wir alle gewisse Organisation der Friedenskonferenz! Alternativen und Wege aufzeigen, Hoff nungen setzen, sicherlich allei- wie die Vision einer friedlichen Welt ne auch nicht lösen. Nicht nur im Ich danke Ihnen für Ihre kritische Realität werden könnte. Ich fi nde Israel-Palästina-Konfl ikt wird die Begleitung der Sicherheitskonferenz. diese alternativen Lösungsansätze Hilfe der internationalen Staatenge- Denn nicht nur die deutsche und sehr wichtig und auch wichtig, dass meinschaft nötig sein. die europäische Politik muss sich in die Entwicklung dieser Ansätze zu Recht fortwährend fragen lassen: investiert wird. Leider sind die Mit- Von der Welt völlig vergessen Sind die Einsätze, beispielsweise der tel für Friedensforschung sehr viel scheint z.B. der Krieg im Ostkongo in Afghanistan, wirklich gerechtfer- geringer als die für kriegsfördernde zu sein, wo sich zur Zeit ein Drama

FK 2009 - 5 abspielt, das wir uns kaum vorstel- diesjährigen Gespräche sind aber ein und den Moderator Clemens Ron- len können: Grausame Morde an der Anfang. nefeldt, der die Podiumsteilnehmer Zivilbevölkerung, systematische Ver- jetzt noch ausführlicher vorstellen gewaltigungen und Vertreibungen. Ich begrüße last but not least ganz wird. Die Internationale Staatengemein- herzlich die hochkarätigen Podi- schaft schaut hilfl os zu. Hier bedarf umsteilnehmerinnen und -teilneh- Ich wünsche Ihnen heute und auf es ganz schnell eines Handelns, auch mer, den Veranstaltungen der nächsten eines stärkeren UNO-Engagements Frau Dr. Mary-Wynne Ashford, beiden Tage viele neue Erkenntnisse, vor Ort. Die Blauhelme sind zwar im Herrn Jakob von Uexküll, die hoff entlich früher oder später Kongo stationiert, aber zu schwach Herrn Prof. Werner Ruf von der Politik aufgenommen wer- und nicht direkt im Krisengebiet. und die hier schon alt vertrauten den. Und einen schönen Aufenthalt Schirmherren Prof. Hans-Peter Dürr in München! Gleiches gilt für Darfur im Sudan, und Hans Christof von Sponeck wo es seit längerem Völkermord gibt – nach UNO-Schätzungen sind seit dem Jahr 2003 300.000 Menschen gewaltsam umgekommen und 2,5 Millionen vertrieben worden, und viele durch systematische Vergewal- tigungen traumatisiert.

In Europa und den angrenzenden Regionen gibt uns der geplante Ra- ketenschild in Ost und Mitteleuropa und die Situation im Zentralkauka- sus auch keinen Anlass zur Zuver- sicht. Auch deshalb ist die Friedens- bewegung, heute, wie in den 80er Jahren wichtig und notwendig!

Lassen Sie mich auf München zu- rückkommen und noch etwas zur Friedens- und zur Sicherheitskon- ferenz sagen: Ich begrüße, dass die Veranstalter beider Konferenzen aufeinander zugegangen sind, und dass dieses Jahr zum ersten Mal im Vorfeld Gespräche stattfanden. Ich bedanke mich bei der Projektgrup- pe „Münchner Sicherheitskonfe- renz verändern e.V.“, die auch die Friedenskonferenz mit vorbereitet und schon früher den Dialog mit Vertretern der Sicherheitskonfe- renz gesucht hat. Ich begrüße die Off enheit des neuen Vorsitzenden der Sicherheitskonferenz Wolfgang Ischinger, der zu Gesprächen bereit war und sie auch suchte und weiter führt. Er lässt auch erstmals einen sogenannten Kritiker und Gegner der Sicherheitskonferenz als Beobachter teilnehmen. Eine gute Fortsetzung wäre, dass eines Tages, wie dies Es spielte die Cellistin Birgit Saßmannshaus, die in Würzburg und München umgekehrt bereits geschieht, Vertre- studiert hat, Aufnahmen u.a. mit dem Orchester des Bayrischen Rundfunks ter und Fachleute der Friedenskonfe- eingespielte und als Dozentin an der Hochschule für Musik und Theater in renz auch als Redner auf Podien bei München arbeitet. der Sicherheitskonferenz sind. Die Sie hat musikalisch durch den Abend begleitet. Frieden ist eine ganzheitliche Angelegenheit.

6 - FK 2009 Hans-Christof von Sponeck

Schirmherr der Internationalen Münchner Friedenskonferenz

Auf der Suche nach für alle. Es geht um friedliche Mittel und überall. Es muss uns Selbstver- Multilateralismus zur Lösung von Streitigkeiten. Es trauen geben, im Klartext zu spre- geht um Gemeinwohl. chen.

„Wenn sich die in ihrem Bewusstsein Einen solchen Multilateralismus gibt Dazu gehören für mich drei Aussa- befreiten Menschen zusammenfi n- es, leider aber nur auf UNO Papier! gen: den und sich verbünden, sind sie im 1. Das Lebensgebäude der modernen Stande, eine Flutwelle zu bilden, die Dies soll kein Beitrag für Unter- Welt ist marode. Mit einer Reparatur das Imperium der Schande aushöh- gangsstimmung sein. Wohl aber kommen wir daher nicht weiter. Es len und hinwegfegen kann.“ ein Aufruf, sich mit off enen Augen, geht um einen Neubau. Jean Ziegler Mut und Entschlossenheit unserer 2. Wir müssen endlich fündig Welt zu stellen. Harte Zeiten geben werden auf der Suche nach einer Ich kenne niemand, der behauptet uns den Impuls zur Refl ektion, zur Umsetzung unserer Vision für ein gegen den Frieden zu sein. Aufarbeitung – die Herausforderung Leben in Frieden, d.h., ein Leben mit des Augenblicks für uns, für die Menschenrechten und Menschen- Wenn jedermann für Frieden ist, Menschlichkeit, richtig zu nutzen, pfl ichten. warum wird von ‚Globaler Bedro- um eine Umkehr einzuleiten. 3. Unsere Volksvertreter sollen hung’ gesprochen? Warum nehmen verstehen, dass wir es Ernst meinen. gerade in diesen Tagen die Kundge- Friedensbewegungen bei uns und Die Akzeptanz unseres Auftrags an bungen für den Frieden weltweit zu? weltweit sollten mit Genugtuung die Politiker ist deren Verpfl ichtung Hat dies mit dem Widerstand gegen wahrnehmen, dass sie in diesen zur Umsetzung. Volksvertreter in kollektive Gier, Doppelmoral und kritischen Tagen die Legitimität eigener Sache und ohne Konsequen- uneingelöste Versprechen zu tun? Ist ihres Einsatzes für den Frieden zug- zen für ihr Handeln müssen der es ein Protest gegen Ungleichheit? esprochen bekommen. Was gestern Vergangenheit angehören. Ein Aufschrei gegen Hunger und Ar- als blauäugig, naiv, verwirrt und beitslosigkeit? Gegen materielle und unrealistisch abgewiesen wurde, In diesem Sinne hoff e ich auf eine spirituelle Armut? ist heute Teil der weltpolitischen gewinnbringende Münchener Frie- Debatte. Man kann uns nicht mehr denskonferenz 2009, nicht im Schat- In der Welt der Vereinten Nationen ignorieren. ten, sondern inzwischen neben der ist der Weg zum Frieden vorgezeich- Münchener Sicherheitskonferenz. net. Hier geht es um Gleichberechti- Dies muss uns befl ügeln und anspre- gung, Gerechtigkeit, Grundfreiheiten chen, in dieser Friedenskonferenz

FK 2009 - 7 Moderation und Einführung

Clemens Ronnefeldt, seit 1992 Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Interna- tionalen Versöhnungsbundes, dort tätig mit dem Schwerpunkt Naher und Mittleren Osten.

Während in den Beratungen im Bayrischen Hof zahlreiche Mächtige dieser Erde nicht zurückschrecken, in ihrem Konfl iktmanagment auch militärische Mittel einzusetzen, sind wir in unserer alternativen Internationalen Münchner Friedenskonferenz der Ansicht, dass die großen Menschheitsprobleme nur gewaltfrei und mit zivilen Mitteln gelöst werden können.

Auf Initiative der Projektgruppe „Münchner Sicherheitskonferenz verändern“ haben sich Mitglieder des Vorberei- tungsteams dieser Friedenskonferenz bereits zweimal mit Wolfgang Ischinger, dem Chefkoordinator der Sicherheits- konferenz im Bayrischen Hof, zu einem Dialog getroff en.

Wir haben eine Simultan-Dolmetscheranlage für diejenigen, die den Beitrag von Frau Ashford, die englisch sprechen wird, gerne in deutscher Sprache hören möchten.

In der Pause können sie Fragen, die Ihnen während der beiden ersten Vorträge gekommen sind, auf diese Zettel schreiben und am Eingang abgeben. Wir haben vorgesehen, nach dem dritten Beitrag von Professor Ruf ihre Fragen an das Podium hier oben zu stellen.

Zum Einstieg in unser Thema „Globale Bedrohung für den Frieden - zivile Antworten“ möchte ich Ihnen eine Welt- Karte des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesregierung für Globale Umweltveränderungen (www. WBGU.de) vorstellen.

Sie zeigt einige der globalen Bedrohun- gen, vor denen wir aufgrund des Klima- wandels stehen:

Die Karte zeigt auch: Während auf der nördlichen Halbkugel der Erde durch einen übermäßigen Energie- konsum die weltwei- ten Klimaprobleme hauptsächlich verur- sacht werden, leben die Hauptleidtragen- den dieses Lebensstils auf der Südhalbkugel.

Keine dieser großen weltweiten Heraus- forderungen kann mit militärischen Mitteln gelöst werden - im Gegenteil: Die Unsum- men verschlingende Rüstung bindet notwendige fi nanzielle Ressourcen, die zur Lösung dieser Probleme notwendig wären - und sichert gleichzeitig die Interessen der reichen Länder dieser Erde gegen die Armen ab.

Antworten auf diese und andere Herausforderungen erhoff en wir von der Referentin und den beiden Referenten des heutigen Abends.

8 - FK 2009 Jakob von Uexküll Globale Bedrohungen für den Frieden – Zivile Antworten

Jakob von Uexküll, Gründer des Raum anderer Länder Right Livelihood Award (Alternativer hineinwächst. Nobelpreis) und Gründer des „Welt – Zukunft – Rates“ WFC (World Future Diese Grenzen sind aber Council). jetzt endgültig erreicht. Das Klima-Chaos erlaubt Jakob von Uexküll wurde in Uppsala, kein Entkommen. Die Schweden geboren. Nach seiner Schul- Folgen der ökologischen zeit in Schweden und Deutschland Globalisierung sind schloss er sein Studium in Oxford mit nicht steuerbar. Denn einem Master of Arts in Politikwissen- Geldschulden können schaften, Philosophie und Wirtschafts- notfalls gestundet oder wissenschaften ab. Er ist ehemaliges umgeschuldet werden. Mitglied des Political Aff airs Commit- Sogar die Folgen eines tee des Europaparlaments. Er besitzt fi nanziellen Bankrotts die schwedische und die deutsche sind bald überwunden, Staatsbürgerschaft und lebt derzeit mit wie viele historische seiner Familie in London. Beispiele zeigen. Aber die Folgen Immer mehr Menschen haben an- eines Umweltbankrotts können ewig Er ist Autor diverser Publikationen dere Werte und Freiheitsbegriff e als nachwirken! Dazu ein paar Grund- die des Marktes. Die menschlichen, und Bücher sowie Träger zahlreicher wahrheiten: Ökonomische Gesetze Auszeichnungen. (s. auch S. 67) sozialen und ökologischen Kosten können Naturgesetze nicht brechen. der Marktherrschaft sind ihnen zu Wir erleben heute „das Ende des Mit schmelzenden Gletschern kann hoch geworden. Sie wollen natürlich Anderen“ (Ulrich Beck). Die Fol- man nicht verhandeln und für eine nicht zurück zur staatlichen Plan- gen unserer Entscheidungen und zerstörte Umwelt kann keine Regie- wirtschaft. Aber sie haben andere Nicht-Entscheidungen sind zeitlich rung Rettungspakete liefern. Ziele und Prioritäten als die des globalen Konsumenten. weiterreichender als je zuvor - sogar Der Klima-Bericht von Sir Nicholas geologische Zeiträume sind dadurch Stern beschreibt den Klimawandel moralisch relevant geworden - und “Es ist jedoch schwierig“, schrieb der als das größte Marktversagen aller Begründer der Transpersonellen Psy- diese Folgen sind auch zum ersten Zeiten. Es handelt sich aber auch um Mal in der Geschichte global. chologie Abraham Maslow, „Werte ein beispielloses Politik- und Medi- wie Großzügigkeit, Liebe und Mit- Die Folgen der wirtschaftlichen enversagen, denn das Klima-Chaos menschlichkeit in einer Gesellschaft Globalisierung sind dabei noch am ist ja nicht von informierten Bürgern zu leben, deren Regeln, Institutionen ehesten zu beherrschen, denn sie gewählt worden. und Informationsströme auf die sind kein Naturereignis, sondern Menschliche Bedürfnisse gegen Förderung geringerer menschlicher politisch gewollt und mit Hilfe von Marktinteressen Eigenschaften ausgerichtet sind. detaillierten Regelwerken durchge- setzt, die jederzeit geändert werden Im Gegenteil, laut einer internati- Wir müssen uns daher gesellschaft- können, wie wir zur Zeit sehen. Der onalen Umfrage der Berater-Firma lich und politisch engagieren, um US-Ökonom und Alternative No- Accountability wollen die Hälfte der die Regeln, Institutionen und Infor- belpreisträger Prof. Hermann Daly Befragten – auch in den USA und mationsströme so zu ändern, dass beschreibt die wirtschaftliche Glo- Großbritannien – nicht eine größere, sie unseren höchsten Werten ent- balisierung als den letzten Versuch, sondern eine kleinere Auswahl an sprechen und unsere persönlichen den natürlichen Grenzen des Wachs- Konsumgütern und fordern, dass kli- Veränderungen unterstützen, statt tums zu entkommen, indem man in maschädigende Produkte nicht mehr sie zu erschweren. den ökonomischen und ökologischen angeboten werden. FK 2009 - 9 Zivilgesellschaft als Vorreiter – beauftragt nur von ihrem Gewis- Die Schaff ung von Lebensqualität Viele heutige Umfragen zeigen, dass sen – machte daraus eine ethisch- mit weniger Energie und Ressour- große Mehrheiten problembewusst moralische Frage und erreichte ihre cen muss unser Ziel sein, wenn wir und handlungsbereit sind – auch Abschaff ung. eine Zukunft voller Konfl ikte ver- um große Schritte zu unternehmen. meiden wollen. Wir brauchen ein Notwendige Veränderungen Was hält sie zurück? Die Antwort ist Wirtschaften auf der Basis von Reife eindeutig: der feste Glaube, dass es Wir müssen und können jetzt eine und Zusammenarbeit, nicht Unreife nicht ausreichen wird, weil die Ent- Erdgemeinschaft von Weltbürgern und Gier. Nicht maximaler Produkt- scheidungsträger in Politik und Wirt- bauen, auf der Basis des Teilens Besitz sondern optimierte Dienst- schaft nicht mitziehen werden. Wir von besten Lösungen und Techno- leistungen werden die Kriterien des müssen daher jetzt durch eigenes logien, Gegenseitigkeit und Zusam- ethischen Verbrauchens sein. Wenn Vorangehen mehr Menschen davon menarbeit. Wir brauchen eine neue wir hierbei versagen, dann wird überzeugen, dass sie Veränderungen industrielle Revolution, die unsere die Realität sowohl Demokratie wie erreichen können und ihre Schritte Produktions- und Konsumtionssyste- Marktwirtschaft hinwegfegen. sich lohnen. „Vorangehen“ heißt me umbaut auf der Basis der Kreis- aktiver Einsatz für „best policies“, laufmodelle, wie sie u.a. von dem “Der Preis unserer Freiheit“, sagte bestmögliche nationale und interna- Hamburger Prof. Michael Braungart der Philosoph Ernst Bloch, „ist das tionale Lösungen. Jedes existierende entwickelt wurden. Die Behauptung, Risiko, dass der große geschichtli- Gesetz, jede Regelung, jedes Ab- eine solche Wende sei unbezahl- che Augenblick auf ein zu kleines kommen, jede Institution, auch jede bar ist Unsinn, denn alles was eine Menschengeschlecht triff t – das der Gewohnheit, muss unter dem Aspekt Gesellschaft tun kann, das kann sie Herausforderung nicht gewachsen seiner Zukunfts-, Friedens- und auch fi nanzieren. Länder wie die ist.“ Umweltverträglichkeit neu überprüft USA und Großbritannien gaben für Wir müssen zukünftigen Generatio- und bei Bedarf geändert werden. die Bekämpfung des Faschismus ca. nen Werte, Traditionen und Institu- 20% des jährlichen Bruttoinland- tionen vermitteln, die das vielfältige Wie schnell unsere moderne Zivi- produkts aus, d.h. viel mehr als die Leben auf der Erde unterstützen statt lisation sonst zusammenbrechen höchsten Schätzungen der Kosten für es zu bedrohen. Große Aufgaben, kann, zeigte sich in dem Superdo- die Bekämpfung des Klimawandels. me Sportstadium von New Orleans wie der Pionier der amerikanischen nach dem Hurrikan Katrina, als Unsere Hauptaufgabe ist die Ent- Anti-Sklaverei-Bewegung William junge kräftige Männer die knappen wicklung integrierter Antworten. Channing sagte: Es gebe Zeiten in Trinkwasservorräte an sich rissen, Eine tatsächliche Energie-Effi zienz- der Geschichte, in denen Mut die während Frauen, Kinder und alte Revolution z. B. erfordert eine tief- höchste Weisheit sei. Menschen hilfl os zuschauten. greifende ökologische Steuerreform. Es wird oft behauptet, wir brauchen Wohlstandsmehrung kann nicht Primat der Öko-Bilanz keine Verzichtsdiskussion. Aber länger bedeuten, unseren wirklichen natürlich brauchen wir sie! Ein Kilo Wir brauchen heute ein neues Ver- Reichtum – eine gesunde Erde – zu Rindfl eisch zu produzieren braucht ständnis von Gefahren- und Risiko- opfern im Austausch für Computer- 13000 Liter Wasser. Eine nordame- Hierarchien. Der Klimawandel ist Ausdrucke, die uns erzählen, wie rikanische Katze frisst soviel Rind- nicht nur ein Umweltrisiko, sondern reich wir angeblich sind. Für vie- fl eisch wie ein Einwohner Costa bedroht unsere Sicherheit, Men- le sind die Folgen der bisherigen Ricas. Können wir uns dies in Zeiten schenrechte, Hunger- und Armuts- Politik bereits jetzt verheerend. In zunehmender Wasserknappheit bekämpfung u.v.a.m. Der Bürger- Australien werden aus Wasserman- leisten? Natürlich nicht! Welche krieg in Darfur z.B. ist vor allem ein gel schon ganze Städte evakuiert. CO – Emissionen sind überlebens- Konfl ikt um immer knappere Was- Auch in Teilen Italiens und Frank- 2 notwendig, welche sind Luxus? 25% servorräte. reichs gab es im vorletzten Sommer dieser Emissionen entstehen durch Wassernotstände. Die Öko-Bilanz kommt in dieser die Abholzung der Tropenwälder – Hierarchie vor der Wirtschaftsbilanz. Der globale Wandel erfordert auch off ensichtlich ein unhaltbarer und Nicht die erneuerbaren Energien neue Institutionen, z.B. eine interna- unbezahlbarer Zustand. sind noch zu teuer, sondern der tionale Organisation zur Beschleu- Auswirkungen des Klimawandels Verzicht auf die maximale Nutzung nigung der Einführung erneuerbarer der Sonnen- und Windenergie von Energien – IRENA (International Die Klima-Wissenschaftler fassen die heute – die morgen für immer verlo- Renewable Energy Agency), die letz- derzeitige Lage wie folgt zusammen: ren sind – ist verschwenderisch und te Woche in Bonn von 75 Ländern „Unsere Modelle sagen die Ent- verantwortungslos. gegründet wurde. Denn der Fort- wicklungsmuster des Klimawandels schritt braucht immer entsprechende korrekt voraus, aber sie unterschät- Auch die Sklaverei war einmal Organisationen. Visionen brauchen zen immer wieder die Größenord- profi tabel und politisch korrekt, aber Fahrpläne. nung und Geschwindigkeit.“ Wenn eine kleine Gruppe von Menschen wir den weiteren Temperaturanstieg

10 - FK 2009 jetzt nicht stark begrenzen – was nachdem sie unseren Preis bekom- ausgezeichnet, deren Arbeiten in gewaltige Anstrengungen erfordern men hatte. der jetzigen Krise wiederentdeckt wird – so werden wir durch das werden. Schmelzen des Permafrosts und Als ich in Stockholm die ersten Weltzukunftsrat andere sog. positive Feedback-Me- Preise vergab – nachdem die Nobel- (World Future Council) chanismen unaufhaltsam eine Erde stiftung meinen Vorschlag für einen schaff en, die nur noch für einen Ökologie-Nobelpreis abgelehnt hatte Vor einigen Jahren wurde mir klar, kleinen Bruchteil ihrer Bevölkerung – wurde dort ernsthaft diskutiert, ob dass dieser Preis eine ‚Schwester‘ bewohnbar sein wird. Eine Studie ich im Auftrag des KGB oder der CIA braucht, eine Organisation, in der des britischen Verteidigungsminis- den Nobelpreis diskreditieren wollte. Praktiker wie unsere Preisträger mit teriums im letzten Jahr befürchtet Aber nach 5 Jahren kam dann die ähnlich gesinnten Persönlichkeiten jahrhunderte-lange Konfl ikte in der Einladung, die Preise im schwedi- aus anderen Bereichen zusammenar- Größenordnung der beiden Weltkrie- schen Parlament zu vergeben, was beiten können. ge, falls wir nicht alles mögliche tun, wir seitdem jährlich tun. um das Klima-Chaos zu begrenzen. Dies ist das Ziel des World Future Es ging mir zuerst darum, Menschen Council, des Weltzukunftsrates. Der Der baldige Höhepunkt der globa- zu unterstützen, die mit großem Mut Rat arbeitet mit Entscheidungsträ- len Ölvorräte, der sogenannte Peak und Einsatz auf Gebieten arbeiten, gern weltweit, um die sogenannten Oil - noch vor wenigen Jahren nur die nicht von den Nobelpreisen „best policies“ – die besten bekann- von einigen Außenseitern voraus- gedeckt werden. Ich wollte Prakti- ten Regeln, Gesetze und Abkommen gesagt - wird jetzt von den meisten ker ehren, die ihre Theorien auch – durchzusetzen und zu verbreiten. Öl-Experten akzeptiert. Die rapide umsetzen. Dies geschieht mit Hilfe von Publi- steigenden Preise und Verteilungs- kationen, Websites, Veranstaltungen Es gibt einen anderen prinzipiellen kämpfe werden riesige Herausforde- und Beratung. Es gibt jetzt viele Unterschied zwischen diesem und rungen aufwerfen. Finanzexperten Initiativen mit viel Geld, die sog. anderen Preisen: jeder kann bei uns schätzen, dass 80% des Wertes ihrer „best practises“ fördern, d.h. was der jeden vorschlagen (ausser natürlich Investment-Fonds auf der Erwartung Einzelne als Verbraucher, Unterneh- sich selbst oder seine eigene Orga- zukünftiger Kapitalfl üsse basieren. mer usw. tun kann, z.B. um mehr nisation). D.h. wir haben keinen Peak Oil, Klima-Chaos und die Klimasicherheit und Klimagerech- „Filter“ wie z.B. die Nobelpreise, bei globale Wasserkrise können diese tigkeit zu schaff en. Aber solange wir denen die preisvergebende Organi- Erwartungen sehr schnell abstürzen die falschen Rahmenbedingungen sation nicht nur die Jury bestimmt, lassen. Die kommende unaufhaltbare haben, solange wir weiterhin das sondern auch den Personenkreis, der Masseneinwanderung von Klima- Falsche subventionieren, werden sol- vorschlagen darf. fl üchtlingen aus Nordafrika etc. wird che Initiativen nicht ausreichen und in Europa Ausmaße erreichen, die So bleibt der Alternative Nobelpreis letztlich viel Frustration erzeugen. unsere Mitmenschlichkeit auf sehr in dem Sinne lebendig, demokratisch Ich denke z.B. an gesetzliche Rah- harte Proben stellen wird. Unsere und volksnah, dass neue Prioritäten menbedingungen wie eine Öko- derzeitigen Probleme werden dage- sich in den eingegangenen Nomi- Steuer-und Öko-Agrar-Reform oder gen lächerlich erscheinen. nierungen widerspiegeln. Natür- an Energie-Einspeisegesetze zur lich bleibt dabei die ursprüngliche Der Alternative Nobelpreis schnellstmöglichen Verbreitung er- Grundorientierung erhalten, denn neuerbarer Energien (denn die nicht Aber nicht nur negative Entwick- ein Preis für Ökologie und menschli- genutzte Sonnenenergie von heute lungen können sich beschleunigen. che Entwicklung ist heute genau so ist morgen für immer verloren). In Krisenzeiten sind große Schritte aktuell wie damals. manchmal leichter als kleine – weil Die Verbesserung solcher Rahmen- sie als problemrealistisch gesehen Nach einigen Jahren wurde klar, bedingungen ist vielleicht nicht so werden und so begeistern und mo- dass weitere Lücken bestehen, denn spannend. Aber sie ist von zentraler bilisieren können. Denn Lösungen auch auf Gebieten, wo es schon Wichtigkeit, wenn wir noch rechtzei- gibt es überall. Ich sage das ganz Nobelpreise gibt, sind die Preisträger tig umsteuern wollen. bewusst, weil ich fast seit 30 Jahren oft ideologisch begrenzt. Bei dem Die 50 Mitglieder des World Future mit dem Alternativen Nobelpreis Ökonomie-Preis ist dies besonders Council sind Pioniere und Visionäre solche „Projekte der Hoff nung“ markant. Nur Ökonomen innerhalb aus der ganzen Welt. Sie kommen auszeichne. Die über 100 Preisträger der herrschenden Weltanschauung aus Regierungen, Parlamenten, der bieten auf vielen Gebieten prakti- haben eine Chance. So haben wir Zivilgesellschaft, der Geschäftswelt, sche Lösungsansätze für die großen auch diese Lücke zu füllen ver- der Wissenschaft und der Kultur. Sie Herausforderungen von heute. Dass sucht, und mehrere Vorreiter einer wurden nach einem weltweiten Kon- dieser Preis seiner Zeit voraus ist, ökologisch-ethischen Wirtschaftsord- sultationsprozess aus mehr als 500 zeigte sich vor ein paar Jahren, als nung nach menschlichem Maß, wie vorgeschlagenen Persönlichkeiten Wangari Maathai den Friedensno- die Professoren Manfred Max-Neef, ausgewählt mit dem Ziel, ein mög- belpreis erhielt – genau 20 Jahre Leopold Kohr und Hermann Daly FK 2009 - 11 lichst breites Spektrum von Wissen und Weisheit zu verbinden.

Die Mitglieder behaupten nicht, irgend jemand anderen zu vertre- ten. Aber sie bilden zusammen eine Stimme, die unsere gemeinsame Verantwortung und unsere gemein- samen Werte als Bürger dieser Erde betont und den Rechten zukünftiger Generationen Gehör verschaff t.

Dank der Unterstützung von Dr. Mi- chael Otto und der Stadt Hamburg konnte die Grund-Finanzierung für die ersten 3 Jahre 2007-2009 gesi- chert und das General-Sekretariat in gere Vergangenheit ist ein fremdes besiegt, sondern politische Entschei- Hamburg eröff net werden. Inzwi- Land.“ (Financial Times). dungen. schen hat der WFC ca 20 Mitarbeiter und auch Büros in England, Brüssel, Sie haben die Deutungshoheit Unser größtes Problem heute ist die Washington und Indien. verloren, denn die versprochene antipolitische Haltung vieler Men- Überlegenheit ihrer Ideologie hat schen in der Zivilgesellschaft. Man Neue Chancen eines tiefgreifen- sich als hohl erwiesen. Grenzen defi niert sich mit einem Negativ, als den politischen Wandels des Wachstums können nicht mehr „Nicht-Regierungs-Organisation.“ Wir haben jetzt eine einmalige verneint werden, denn sie tauchen Aber wir können den politischen Chance, denn die bisher herrschende überall auf. „Der implizite Vertrag Raum nicht länger den Berufspoliti- Kultur der globalen Gier und ihre zwischen Business und Politik bricht kern überlassen, sondern wir müssen Propagandisten sind völlig unglaub- zusammen“, schrieb die „Financial selbst politisch aktiv werden, wenn würdig geworden. Times“ letztes Jahr, und ihr Kolum- wir rechtzeitig eine nachhaltige nist Gideon Rachman räumte mit der und friedliche Weltordnung sichern „USA Today“, die Massen-Zeitung Mär auf, die wirtschaftliche Glo- wollen. Es reicht nicht mehr, For- der amerikanischen Mittelschicht, balisierung sei ein unaufhaltsamer derungen zu stellen, sondern wir oft wegen ihrer Aufmachung als Naturprozess: „Die Globalisierung müssen uns auch direkt bei deren McPaper verschmäht, publizierte wurde durch politische Veränderun- Umsetzung engagieren. Im alten kürzlich eine Karikatur, auf der zwei gen möglich gemacht. Aber was die Griechenland wurde der politisch dicke Löwen ein Feld voller Überres- Politik schuf, kann die Politik wieder engagierte Bürger ein ‚polites‘ ge- te von gefressenen Tieren verlassen. wegnehmen.“ nannt, während derjenige, der nicht Der eine Löwe sagt zum anderen: am politischen Leben teilnahm, als „For the record, I still believe in un- So öff nen sich wieder Freiräume ein ‚idiotes‘ bezeichnet wurde. regulated markets!” (Damit es keine für ethische Entscheidungen und Missverständnisse gibt: ich glaube tiefgreifende politische Veränderun- Beginnen wir also mit der Arbeit, noch immer an freie Märkte!) gen. Wir müssen aber diese Chance und lassen wir uns dabei inspirieren schnell nutzen, bevor andere Agen- von den Worten des klugen und mu- Wenn das Grundgebot des eigenen den das entstandene Vakuum füllen. tigen jungen Mädchens, das, im krie- Systems lächerlich gemacht wird, gerischen Amsterdam versteckt, in dann wissen wir, dass große Verän- Stunde der Zivilgesellschaft ihrem Tagebuch notierte: „Wie wun- derungen möglich sind. Konserva- Besonders wichtig ist hierbei auch dervoll ist es doch, dass niemand tive Zeitungen, und besonders die die Miteinbeziehung des politischen auch nur einen einzigen Augenblick Finanzpresse, lesen sich inzwischen Raumes. „Gesetze“, sagt Martin Lu- warten muss, um zu beginnen, die wie die sowjetische Prawda in den ther King, „bewegen nicht das Herz, Welt zu verbessern.“ Jahren des Zerfalls der UdSSR: Sie aber sie begrenzen die Macht der Anne Frank wissen gar nicht mehr, an was sie Herzlosen.“ Nicht Märkte oder NGOs Ich danke Ihnen! glauben sollen, denn „auch die jün- haben letztendlich den Faschismus

12 - FK 2009 Mary-Wynne Ashford Globale Bedrohungen für den Frieden – Zivile Antworten

Dr. Mary-Wynne Ashford, war zu- Nehmen Kriege zu nächst Chemielehrerin und hatte bereits oder ab? drei Schulkinder, als sie sich entschloss, Ich habe immer wieder Medizin an der Universität von Calgary meine Aufmerksamkeit zu studieren. Sie praktizierte 11 Jahre auf die Zivilgesellschaft lang als Hausärztin und spezialisierte gerichtet. Auch mein sich auf Schmerzbehandlung. 1997 Buch „Enough Blood promovierte sie an der Simon-Fraser- Shed“ (Genug Blut Universität, wo sie die Wurzeln der vergossen) enthält eine Gewalt studierte. Mary Wynne Ashford Sammlung von Erfolgs- ist Professorin an der Universität von geschichten, nämlich Victoria in Kanada. (s. S. 56) von nicht-gewalttäti- gen Interventionen, die Frau Ashford, wir sind sehr froh, dass Kriege beendet haben. Sie den weiten Weg über den Atlantik Auf diesem Bild sehen auf sich genommen haben, um heute Sie die Protestbewe- Abend zu uns zu sprechen. gung vom 15. Februar 2003, als Millionen von Menschen auf die Liebe Freunde, Straße gingen, überall auf der Welt, um gegen die Bom- großen Kriege mit mehr als 1000 vielen Dank. Es ist mir eine Freu- bardierung des Irak zu protestieren. Toten seit 1991 gestiegen bezie- de und Ehre, heute vor einem so Sie hatten keinen Erfolg damit, den hungsweise gesunken ist? Meinen großen Publikum und mit so beson- Krieg zu verhindern. Aber sie haben Sie, sie ist gestiegen? (Viele Hände deren Vortragenden sprechen zu gezeigt, dass die Zivilgesellschaft werden gehoben.) Wie viele von Ih- können. Ich danke Ihnen sehr für ein System ist, das den politischen nen denken, dass die Zahl der Kriege Ihre Einladung. Machthabern zu dem Zeitpunkt ganz nach unten gegangen ist? (Weit weniger Hände werden gehoben.) Heute habe ich zuerst einmal eine deutlich fehlte. Die New York Times Gut! Die großen Kriege und Völker- Tour durch die Stadt München schrieb in dem Zusammenhang, als morde mit mehr als 1000 Toten sind per Bus unternommen und mir die Menschen auf die Straße gingen, seit 1991 um 90% gesunken. Das ist gewünscht, ich könnte die ganzen dass es immer noch zwei Großmäch- doch erstaunlich, nicht wahr? Seit Gärten im Sommer sehen. Aber auch te gäbe: die Vereinigten Staaten zwei Jahren stelle ich diese Frage im Winter war es wunderschön. von Amerika und die öff entliche und immer wieder ist das Publikum Dann ging ich in ein Internetcafé, Meinung auf der Welt. Ich sage des- überrascht. Es tut mir leid, aber wir um meine E-mails anzuschauen wegen, die Zivilgesellschaft ist die müssen das wissen, dass wir auf der und habe entdeckt, dass Präsident zweite Großmacht. Gewinnerseite sind! Es geht wirk- Obama wieder etwas Besonderes Es hat bereits eine Veränderung lich eine enorme gesellschaftliche verkündet hat, nämlich dass er über stattgefunden. Ich möchte mit einer Revolution vor sich, mit der wir eine Reduzierung der Atomwaff en Frage beginnen, die häufi g auf schon sehr, sehr viel erreicht haben. um 1000 Stück verhandeln möchte. Friedenskonferenzen auf der ganzen Darum müssen Sie das wissen. Diese Das ist eine riesige Veränderung. So Welt– wie heute hier – gestellt wird. Information kommt von einer sehr denke ich, haben wir heute einen Ich hoff e, Sie schämen sich nicht, angesehenen Stelle in Kanada, dem historischen Tag, an dem wirklich Ihre Hand zu heben, wir werden „Center for Human Security“ an der eine Hoff nung für ein „Morgen“ in keine Noten vergeben! Wie viele University of British Columbia. Sie der Sicherheitskonferenz besteht. von Ihnen meinen, dass die Zahl der können dieses Dokument im Internet

FK 2009 - 13 Was ist die Zivilgesellschaft? nachlesen, es hat nur 70 Seiten und Sichtweise. Anstatt daran zu denken, ist eine äußerst interessante Lektüre. Wenn wir nun von der Rolle von dass ich ständig an irgendwelche Frauen in der Zivilgesellschaft spre- Türen klopfe und sage „Bitte, bitte Und ich habe aus dieser Quelle - wir wollen den Abbau nuklearer noch weitere gute Neuigkeiten für Waff en.“ sage ich nun „Nein! – Ich Sie. Kleinere Kriege sind seit 1991 bin Teil dieser dritten Säule und bit- um 40% gesunken. Wieder sind die teschön öff nen Sie die Tür und nun Leute sehr überrascht und können es wollen wir reden!“ Ich habe jetzt ein kaum glauben. ganz anderes Gefühl, wenn man sich als einen gleichberechtigten, ver- 61 Diktatoren wurden in den letzten antwortlichen Partner sieht, zusam- 20 Jahren gestürzt, ohne dass es zu men mit der Regierung und mit der größerer Gewalttätigkeit gekommen Industrie. (Applaus) wäre. Zuerst passierte dies 1986 auf den Philippinen, wo Marcos gestürzt chen, dann sagen die UN, dass 70% Mit der Wahl von Präsident Barack wurde, als vier Millionen Menschen der Menschen, die für Frieden und Obama hat sich enorm viel in Nord- in den Straßen von Manila campten Gerechtigkeit arbeiten, Frauen sind. amerika verändert. Ich sehe, dass und er schließlich fl iehen musste. Die zunehmende Rolle von Frauen diese Veränderung auch in Europa Das war der Beginn. Dann kam der in den Regierungen hat auch eine stattgefunden hat. Was ist passiert? Fall der Berliner Mauer 1989. Nur ganz tief greifende Wirkung in den Ich denke, Obama ist nicht nur ein in Rumänien gab es erwähnenswerte sich entwickelnden Ländern. Ich brillanter Denker und ein Mann mit Gewalt. Sonst waren es alles sanfte beziehe mich hier auf UNIFAM, die einem Gewissen, sondern er ist auch Revolutionen. Frauenorganisation der Vereinten einfach aus der Zivilgesellschaft gewachsen. Er hat Erfahrungen mit Die Forscher an diesem Center for Nationen. Sie berichtet, dass in den Menschenrechten und weiß, wie Human Secutity kommen nun zu der Entwicklungsländern rechtlich sehr wichtig das für unser Leben ist. Wir beachtlichen Erkenntnis: Die Welt viel passiert. Es gibt Quoten, dass sehen hier einen Mann, der die Rolle wendet sich vom Krieg ab. Und dann auf Gemeindeebene mindestens ein der Zivilgesellschaft versteht und sie haben sie gefragt: Wie kann das sein, Drittel der Posten mit Frauen besetzt auch willkommen heißt. Vor etwa was sind die Gründe hierfür? 2008 werden muss. Das ist ein enormer zwei Wochen hatte Präsident Barack wurde ein neuer Bericht verfasst, Eff ekt auf die Art, wie diese Gemein- Obama eine Begegnung mit Führern in dem gesagt wird, dass einfach den regiert werden. der Bewegung für nukleare Abrüs- eine Veränderung stattfi ndet, wie Die Zivilgesellschaft besteht natür- tung, kurz bevor er seinen Vorschlag wir Krieg führen. Es wurde festge- lich nicht nur aus Nicht-Regierungs- zur Reduzierung der Atomwaff en stellt, dass auch der Terrorismus seit Organisationen, sondern sie bezieht in der Öff entlichkeit vortrug. Ich 2001 um 40% weniger geworden sich auf alle Individuen und alle bin mir sicher, dass dieses Gespräch ist. Nun, diese Informationen stehen Gruppen, die als Aktivisten mit Ge- einen enormen Einfl uss auf die Ent- nicht ganz in Übereinstimmung mit wissen arbeiten und die außerhalb scheidung des Präsidenten ausgeübt Berichten aus den USA. Dort nen- der Regierung einen Beitrag leisten. hat. Man sieht hier, dass die Zivilge- nen sie den Krieg im Irak Terroris- Das heißt, sie sind keine Repräsen- sellschaft tatsächlich an den Ent- mus statt Krieg. Auch wenn Sie die tanten irgendwelcher Regierungen schlüssen eines Präsidenten mitwir- Kämpfe im Irak dazu rechnen, bleibt oder des Militärs oder einer großen es immer noch bei einer Abnahme Firma. Kann schon sein, dass sie in der Kriege um 40%. diesen Bereichen angestellt sind, Warum wenden wir uns vom Krieg aber wenn sie für die Gesellschaft ab? Es können drei Gründe genannt sprechen, sprechen sie in dem Mo- werden: Es gibt erstens einfach mehr ment nicht für ihre Arbeitgeber. Sie Macht, mehr Einfl uss der Vereinten sind das Gewissen der Gesellschaft, Nationen. Denken Sie zweitens an und sie begrenzen die Aktionen von die internationalen Gesetze und Regierungen und Industrie. Nicolas auch ganz besonders an den Inter- Phöbus beschreibt in einem Buch nationalen Strafgerichtshof. Drit- die drei Säulen der Gesellschaft – tens hat die Zivilgesellschaft einen die Regierung, die Wirtschaft und ken kann. Wir haben gehört, was er steigenden Einfl uss – und wenn Sie die Zivilgesellschaft - und dass eine jetzt vorgeschlagen hat, wir werden einen kleinen Applaus geben möch- gesunde Gesellschaft alle drei Säulen sehen, was nun wirklich passiert. ten - das sind wir alle. Und dann der benötigt – stark und aktiv. Wir sehen weiterhin, dass in Groß- britannien nun endlich sehr schnell vierte Faktor ist einfach die zuneh- Rolle der Zivilgesellschaft mende Rolle der Frauen. (Publikum eine Reduzierung der Nuklearwaff en klatscht) Als ich dies vor einigen Jahren vorangetrieben werden soll. gelesen habe, änderte sich meine 14 - FK 2009 Kampagne zur Abschaff ung der Abkommen zur Ächtung den Land- man auch die führenden Politiker für Landminen minen. Es war ein herausragendes Verbrechen gegen die Menschlich- Hier eines meiner Lieblingszitate: Erlebnis. keit verantwortlich machen kann. „Es ist besser, eine Kerze anzuzün- den, als die Dunkelheit auf ewig zu Atomwaff en vor Gericht Weitere Aktivitäten der Zivilge- verfl uchen.“ Dieses Zitat ist ein Er- Der Zivilgesellschaft gelang ein sellschaft folgsrezept für die Zivilgesellschaft. weiterer großer Triumph - der oft Und nun zu den ‚Bürgermeistern Ich bin sicher, dass einige hier zu gering geschätzt wird - als sie die für den Frieden’. Ich möchte ganz teilgenommen haben an der interna- Atomwaff en vor Gericht brachte. Die herzlich Herrn Monatzeder gratu- tionalen Kampagne zur Abschaff ung Idee dazu wurde 1988 beim Welt- lieren, dem dritten Bürgermeister von Landminen. Ich war eingeladen, kongress der ‚Internationalen Ärzte von München, dass er Mitglied der als Repräsentantin der Internationa- zur Abschaff ung von Nuklearwaff en’ ‚Bürgermeister für den Frieden’ ist, len Ärzte gegen Nuklearwaff en an geboren. Die Anregung kam von ebenso wie der erste Bürgermeis- einer Konferenz in England mit etwa den Neuseeländern. Sie sagten: „Wir ter von München, Christian Ude. 50 Personen teilzunehmen. Das war machen eine weltweite Kampagne Gründer der Mayors for Peace ist der glaube ich 1992. Es kostete 30 US- und wir gehen vor das Gericht der Bürgermeister von Hiroshima. Mehr Dollar pro Nacht, soweit ich mich Vereinten Nationen, damit Atom- erinnere inclusive der Mahlzeiten. waff en als illegal erklärt werden“. Sie können sich vorstellen, dass es Wir haben das also wirklich durch- sehr spartanisch zuging, die Über- gezogen. Davor dachte ich, dass das nachtung war nicht sehr luxuriös. eine verrückte Idee sei, so was habe Aber es war eines der besten Treff en, ich noch nie gehört. Wie können wir an denen ich jemals teilgenommen nur die Vereinten Nationen zu einer habe, weil die Menschen Schlüssel- Stellungnahme bewegen? Nun, es fi guren waren, unter anderem vom dauerte bis 1996. Wir führten eine Internationalen Roten Kreuz und weltweite Kampagne durch, an der Jody Williams, der Vietnamvete- 30 Millionen Menschen teilnah- ran der USA. Sie haben keine Zeit men. 4 Millionen von gesammelten Erklärungen wurden dem Gericht vorgelegt. In diesen Kisten fanden als 300 Bürgermeister von mehr als sich Stapel von Unterschriften von 106 Städten bilden inzwischen diese Menschen auf der ganzen Welt, die Bewegung. einklagten, dass Atomwaff en abge- schaff t werden sollten. Das Gericht Nun komme ich zu Informationen, fasste seine Meinung und es verfügte die Sie in den allgemeinen Nach- allgemein, dass Atomwaff en illegal richten kaum zu hören bekommen: seien. Und noch wichtiger, sie sag- Die größten Konsumenten von Öl ten, dass eine komplette Nuklearab- sind die Militärs. Ich nenne einige rüstung erforderlich sei. Verbrauchszahlen. Ein R5-Jet ver- braucht 908 Liter Benzin pro Minu- Ich habe schon das Internationale te - pro Minute, wenn er mit voller vergeudet, sie kamen gleich zum Strafgericht erwähnt und in die- Kraft fährt. Ein F16-Jet verbraucht Punkt. Zuerst mussten wir wahrneh- sem Fall hat die Zusammenarbeit pro Stunde doppelt soviel wie ein men, wie weit sich das Problem der zwischen der Zivilgesellschaft und Auto in 2 Jahren. Ein F4-Phantom- Landminen ausbreitete. Dann war es Regierungen zu der Einrichtung des Jet verbraucht über 6000 Liter leicht, die Leute zu überzeugen, dass Internationalen Strafgerichtshofs Benzin pro Stunde. Und Überschall- diese Landminen abgeschaff t werden geführt. Seither ist es möglich, dass geschwindigkeit führt zu einer müssen. Und dann sagten sie: „So Zunahme des Brennstoff verbrauchs kann es getan werden.“ Und dann um 20%. Und ein Kampfschiff ver- haben sie ganz klare Anweisungen braucht in einer Stunde über 10.000 verteilt an alle Menschen, die auf Liter an Brennstoff . Im Vergleich den verschiedensten Gebieten arbei- dazu: Mit meinem Auto kann ich mit ten – seien es Medien oder Unter- 4 Litern 100 km fahren. haltung, Ärzte oder Menschen, die Krieg, um die Ölreserven zu garan- mit Flüchtlingen arbeiten. Innerhalb tieren, ist absolut kontraproduktiv. von 6 Monaten konnte man Artikel Wir müssen die Abhängigkeit vom in Zeitschriften und Zeitungen lesen. Öl beenden. Damit würden wir uns Prinzessin Diana kam auch dazu und bereits vom Krieg abwenden. half. Ein Jahr später gab es dieses

FK 2009 - 15 Aufgaben der UN Die Vereinten Nationen müssten gerechten und anhaltenden Frie- Druck auf die Regierungen aus- den zu schaff en, konnten sich die üben, damit sie sofort beginnen, die Ärzte dieser verfeindeten Nachbarn Atomwaff en abzurüsten, sich vom tatsächlich auf eine gemeinsame Krieg abzuwenden, Öl und petroche- Liste einigen, nämlich: Die Grenzen mische Substanzen nicht mehr zum von 1967 müssen wiederherge- Verbrennen zu verwenden, sondern stellt werden. Die Siedlungspolitik stattdessen in nachhaltige Energien muss geändert werden. Die Mauer der Vereinten Nationen angestoßen zu investieren. Obama ist sehr ent- muss wieder niedergerissen werden. werden. schieden dabei, daran zu arbeiten. Außerdem muss eine gemeinsame Wir dürfen nicht glauben, dass es Das ist ein sehr wichtiger Schritt für Verwaltung von Jerusalem etabliert einfach wird. Das wissen wir, dass die Vereinigten Staaten. werden. - Ich sage Ihnen, dass ich es nicht einfach wird. Aber wir wirklich erstaunt war, als die Ärzte wissen, was möglich ist, was wirk- mit dieser Liste kamen und sich lich erreicht werden kann, was die hier wirklich einigen konnten, nur Grundlage einer Einigung sein kann. eine halbe Stunde, nachdem wir mit Ich habe das immer wieder gehört, unserem Treff en begonnen hatten. nicht nur von meinen Gesinnungsge- Ich war Vorsitzende dieses Treff ens nossInnen, sondern auch aus Genf. und mein Herz klopfte ganz wild, Die Frage ist nur, wie kommen wir weil ich mir sagte: Was für ein Tag! dorthin? Ich glaube, dass unsere Wenn wir zu keiner Übereinstim- Welt an einer Schwelle steht, wo es mung kommen, das wäre doch so eine neue Stimmung, einen neuen peinlich. Und jeder dieser Ärzte Optimismus gibt. Ich glaube, wir sagte: „Ich höre, was Sie sagen, aber haben die Chance für eine Lösung. wie geht’s Ihnen damit?“ und ein anderer Arzt sagte: „Ja ... ja“ und Ich möchte nun schließen, indem Die Vereinten Nationen müssen der nächste stimmte zu ... und der ich sage, was mich in den letzten 25 sicherstellen, dass es eine gerechte nächste ... und schließlich sagten Jahren meiner Arbeit für Abrüstung und beständige Lösung des israe- sie: „Haben wir hier wirklich eine und Frieden am tiefsten berührt hat. lisch-palästinensischen Konfl ikts Übereinstimmung? Es ist erst halb Es ist die Erkenntnis, dass jeder von gibt. Ich möchte dazu ein Beispiel zehn am Morgen!“ Und wir hatten uns wirklich wieder die spirituelle erzählen. An einem IPPNW- Treff en wirklich eine Vereinbarung, die wir Verbindung zur Erde und unterein- in der Türkei nahmen auch Ärzte aus in Form gebracht haben, und dann ander fi nden muss. Israel und Palästina teil. Als es dar- sind wir feiern gegangen. Was hier um ging, welche Schritte gegangen Menschen zuwege gebracht haben, Vielen Dank! werden müssen, um zwischen den die sich für ihr Land verantwort- Israelis und den Palästinensern einen lich fühlen, müsste auf der Ebene

16 - FK 2009 Werner Ruf Globale Bedrohungen für den Frieden – Zivile Antworten

Werner Ruf , Professor für internatio- geschichte, der weitgehend nale und intergesellschaftliche Bezie- in Vergessenheit gera ten hungen und Außenpolitik in Kassel, ist: Nämlich das, was zum wurde in Sigmaringen am Bodensee Zeitpunkt des Ausstiegs der geboren. Sowjetunion aus der Welt- geschichte passierte – die Er studierte Politikwissenschaft, So- Charta von Paris. Ich will ziologie, Geschichte und Romanistik dann eingehen auf Inter- an den Universitäten Freiburg, Paris, essendivergenzen, die es Saarbrücken und Tunis. innerhalb dieses Bündnisses gibt, und möchte schließ- 1967 promovierte er in Freiburg, bevor lich mit einigen Perspekti- er zum Gastprofessor am Center for ven enden. International Studies der New York lichen Beilegung von Streitfällen, University berufen wurde. Von der Entstehung der NATO wir beschließen, Mechanismen zur bis zur Charta von Paris 1990 Von 1982 bis 2003 lehrte er als Verhütung und Lösung von Kon- Professor für Internationale und Die NATO wurde 1949 gegründet. fl ikten zu entwickeln. So war jene intergesellschaftliche Beziehungen und Sie war der militarisierte Ausdruck Vorstellung. Außenpolitik an der Universität Kassel. jenes Systemkonfl ikts, den schon die Ich will jetzt nicht lange auf die (s. S. 64) Truman-Doktrin bestätigt hatte, als 1947 der damalige amerikanische Geschichte der NATO eingehen, Präsident sagte, dass die Welt sich sondern ich will fortschreiten zur in zwei Teile teile, nämlich eine Charta von Paris, also jenem Doku- Besten Dank für die freundliche Vor- Welt der Freiheit und eine Welt des ment, mit dem der Helsinki-Prozess, stellung und für die technische Hilfe. Totalitarismus. Es müsse darum der fast 20 Jahre gedauert hatte, ab- Auch den Veranstaltern hier mein gehen, freien – ich zitiere – „und geschlossen wurde in jenem Augen- ganz herzliches Dankeschön, dass unabhängigen Nationen zu helfen, blick, in dem die Sowjetunion zwar ich in diesem prunkvollen Saal heute ihre Freiheit zu bewahren und zu formal noch existierte, aber längst sprechen darf. verwirklichen.“ Das war die Geburts- nicht mehr die Supermacht von einst stunde der Teilung der Welt, in der war. In dieser Charta wird erklärt: Sicherheit – Anlass dieser Veranstal- Wir wollen ein Europa, von dem tung ist die Sicherheitskonferenz, die die Anti-Hitler-Koalition zerfi el. In Verletzung des Potsdamer Abkom- Frieden ausgeht, das für den Dialog zeitgleich stattfi ndet, und deswegen und die Zusammenarbeit mit allen möchte ich jetzt über Sicherheit mens der Alliierten von 1945 wurde dann versucht, Deutschland in den Ländern off en ist und zum Austausch sprechen. Wer Sicherheit sagt/meint, bereit ist und das mitwirkt an der denkt immer auch den „Security- Westen einzubinden durch Wäh- rungsreform, durch die Herstellung Suche nach gemeinsamer Sicherheit. Provider“ mit, also die NATO, die Das war 1990. Wo ist sie geblieben, hier sagt, sie sei für unsere Sicher- der B-Zone usw., was schließlich von der Sowjetunion beantwortet wurde wo ist heute diese gemeinsame euro- heit zuständig. Ich will deswegen päische Sicherheit? ganz kurz einen Ausfl ug machen in mit der Blockade Berlins. Damit die so genannte gute alte Zeit vor waren die Weichen gestellt zu dieser Neuorientierung der NATO Teilung. dem Ende des Kal ten Krieges und Die Warschauer Vertragsorganisa- dort etwas über die NATO sagen. Ich Im Gründungsdokument der NATO tion hat sich aufgelöst, nicht so die will dann eingehen auf einen ein- von 1949 wurde erklärt: Wir bekräf- NATO. Die NATO blieb nicht nur zigartigen Augenblick in der Welt- tigen unser Bekenntnis zur fried- bestehen, sondern mit ihr hat sich

FK 2009 - 17 schon in jenem 2-plus-4-Vertrag (der • Potenzielle Bedrohungen aus dem dere Dinge benannt. Nämlich: dann die deutsche Einheit begründet Nahen Osten und dem Mittelmeer- • Ökologie hat) eine Regelung durchgesetzt, raum • Migration nach der das Gebiet der ehemaligen • internationale Kriminalität DDR NATO-Gebiet wurde. Wichtig Potenzielle Bedrohungen – damit • Klimawandel ist zu wissen: Die NATO hatte klar wurde Folgendes erreicht: Die ost- gezogene Grenzen ihrer Zuständig- und mitteleuropäischen Staaten Erinnern Sie sich an das, was Cle- keit. Alles, was sich jenseits der ter- (also vor allem Russland) wurden als mens Ronnefeldt hier zu Anfang ritorialen Grenzen der NATO-Staaten potenzielle Bedrohung identifi ziert, für uns projiziert hat. All die Dinge, befand, war „out of area“, ging die nicht aber als friedliche Mitbewoh- die letztlich Folge unserer kapitalis- NATO nichts an. Sie hat selbstde- ner des gemeinsamen europäischen tischen, auf Profi t ausgerichteten, fi nierend gesagt, wir haben dort Hauses. Mittelmeer und Naher Osten Ressourcen vernichtenden Wirtschaft nichts zu suchen. Aber wie gesagt: wurden – lange vor dem Aufbau des sind – die Folgen dieser Wirtschafts- die ehemalige DDR, der Bundesre- neuen Feindbildes Islam – als latente weise werden nun zu Sicherheitsrisi- publik beigetreten, wurde dann in Bedrohung ins Visier genommen. ken erklärt! dieses Territorium der NATO einbe- Das Prinzip des „out of area“ wur- Und damit wird dieser Sicherheits- zogen. Aber nicht nur das. de ad acta gelegt, denn die NATO erklärte sich nun als zuständig für kurs geradezu endlos. Mit der Versi- Schon wenige Monate nach Aufl ö- ganz Osteuropa und vor allem für cherheitlichung – ein fürchterliches sung der Warschauer Vertragsorga- den ungeheuer dehnbaren „nahöstli- Wort, Entschuldigung, aber das ist nisation verabschiedeten die NATO- chen Raum“. Sie wissen, dass in der der neue politische Begriff – mit der Staaten auf ihrem Gipfel in Rom im Zeit von George W. Bush der Great Versicherheitlichung wirtschaftlicher November 1991 ein neues strategi- Middle East defi niert wurde, der je und sozialer Probleme wird natür- sches Konzept. Sie bekräftigten darin nach Autor von Casablanca bis Ka- lich auch gleich die Lösung angebo- die Doktrin der Abschreckung – man bul reicht oder auch von Casablanca ten: Hier hilft nur noch Militär. Und darf sich fragen: gegen wen? - und bis Borneo oder auch mal – das ist wenn bei Einsätzen – sei es in Afgha- die Option auf den Ersteinsatz von kein Märchen – ganz Afrika gleich nistan oder im Kosovo oder sonst wo Atomwaff en, die bis heute besteht. mit umfasst. Das sind also sehr – die Rede ist von der „ultima ratio“, beliebige Defi nitionen. Und die Si- von der letzten Möglichkeit, dann Hier lastet, denke ich, eine schwere cherheit des Bündnisses – ich zitiere gelingt das so gut, weil man die Verantwortung auf den europäi- – „sollte hinfort im globalen Rahmen anderen Möglichkeiten – die Mög- schen Regierungen, die es vorzogen, betrachtet werden“. Das heißt, das lichkeiten einer zivilen Konfl iktbear- unter dem Dach der US-Dominanz Bündnis erklärt seine planetarische beitung, einer Verhandlungslösung zu verbleiben, statt die Chance zum Zuständigkeit. – von vorneherein ausschließt und Bau einer genuinen europäischen damit das Militär zuständig macht. Sicherheitsarchitektur – oder wie Und schließlich werden – und da man damals sagte, des europäi- wird es spannend – in diesem Do- Hieraus ergibt sich dreierlei: schen Hauses – wahrzunehmen. So kument erstmals jene neuen Risiken • Die Risiken dieser Art sind tat- etwas Ähnliches hatte Anfang der benannt, die zukünftig die Sicherheit sächlich global. Ihre Defi nition als 60er Jahre schon Charles de Gaulle des Bündnisses und seiner Mitglieder potenzielle Bedrohung der Sicher- gefordert, nämlich ein Europa vom gefährden könnten, die da sind: heit aber – der Sicherheit der west- Atlantik bis zum Ural. Weil er die • Die Verbreitung von Massenver- lichen Welt versteht sich – macht Sicherheit Frankreichs gerade nicht nichtungswaff en dann im Gegenzug die NATO zum durch die NATO gewährleistet sah, • Die Unterbrechung der Zufuhr von weltweit zuständigen Akteur. hat De Gaulle sein Land aus der lebenswichtigen Rohstoff en (Ukra- • Phänomene und Prozesse, die öko- militärischen Integration der NATO ine, wenn kein Öl mehr kommt) logischer und sozialer Natur oder zurückgezogen. • Terror- und Sabotageakte allenfalls polizeilicher Relevanz sind – wie Kriminalität –, werden Potenzielle Bedrohungen Erweiterter Sicherheitsbegriff eben nun versicherheitlicht und Der NATO-Gipfel im November aus NATO-Perspektive zum Gegenstand militärischer 1991 lieferte gleich die potenziellen Und hier wurden die Weichen Bearbeitung gemacht. Das Militär Bedrohungen mit, und ich will sie gestellt zu dem erweiterten Sicher- ist zuständig, um den Frieden zu nennen. Als Bedrohungen galten: heitsbegriff , den die NATO anschlie- erschießen. • Instabilitäten in Mittel- und Ost- ßend für sich ausarbeitete und der • Daraus resultiert eine völlig absur- europa auch 1994 seinen Niederschlag ge- de Debatte, in der wir uns derzeit • Potenzielle Bedrohungen aus dem funden hat in den europäischen Ver- befi nden, dass nämlich zivile Kon- noch immer über Nuklearwaff en teidigungsweißbüchern Frankreichs, fl iktbearbeitung obsolet gemacht verfügenden osteuropäischen Deutschlands und Großbritanniens. wird und Militär als die einzige Raum Und hier werden erstmals ganz an- Lösungsmöglichkeit erscheint.

18 - FK 2009 Weltweite Zuständigkeit der eine völlige Auf-den-Kopf-Stellung haupte: Europa wird jetzt zur Geisel NATO des bisherigen NATO-Vertrages einer NATO-Politik, die von den USA Und die Krönung dieses Prozesses und dies ist – meine ich, um schon dominiert und bestimmt wird, wenn war dann die Umwandlung der was vorwegzunehmen – auch eine es darum geht, beispielsweise in NATO in ein weltweit agierendes Sicherheitsgefährdung für uns. Denn Polen und Tschechien neue Raketen- militärisches Instrument. Dies wurde es geht nicht mehr um Verteidigung, systeme zu installieren. Dies wurde auf dem NATO-Gipfel in Washing- sondern es geht jetzt um eine – erst möglich, nachdem die USA ton am 24. April 1999 eingeleitet. „Weltpolizistenrolle“ wäre zu milde gleich nach Amtsantritt von George Das war exakt einen Monat nach ausgedrückt. W. Bush den ABM-Vertrag - also den dem Beginn des Krieges der NATO Raketenvertrag über Anti-Ballistic- gegen Jugoslawien – eines Krieges, Und die Mitglieder werden hier in Missiles - gekündigt haben. Und dies der nicht nur völkerrechtswidrig, die Pfl icht genommen, jene Einsätze wiederum wurde erst möglich, weil sondern auch der erste Krieg „out zu unterstützen, die das Bündnis für ein ausgearbeiteter hervorragen- of area“ war. Der NATO-Vertrag sinnvoller achtet, seien sie „out of der Abrüstungsvertrag, gemeinhin von 1999 enthält in Artikel 5 eine area“, seien sie völkerrechtswidrig unter „KSE“ gehandelt, von keinem Beistandsklausel, die besagt, dass im oder seien sie auch nur der Ressour- NATO-Land ratifi ziert worden war. Falle eines Angriff s durch einen aus- censicherung gewidmet. Schon in Ratifi ziert wurde er von Russland, wärtigen Staat auf ein Mitglied der der – man möchte fast sagen - in der Kasachstan und Weißrussland. Vor NATO alle sich gegenseitig Beistand guten alten Zeit des Kalten Krieges zwei Jahren ist Russland aus diesem leisten sollen. Und in diesem bana- (sie war nicht gut, nein, die Ver- Vertrag wieder ausgestiegen, als Re- len Protokoll, das auf dieser Tagung hältnisse waren etwas klarer und aktion. Das heißt: Diese Bündnispo- verabschiedet wurde, hat man plötz- übersichtlicher), schon damals war litik – das ist manifest, mit Händen lich „Nicht-Artikel-5-Einsätze“ erfun- Europa eigentlich das Glacis, das greifbar – ist keine Sicherheitspo- den. Ich will mal kurz vorlesen, wie strategische Vorfeld der USA. Das litik, sondern eine Politik, die die das in diesem Pro- Gefährdung steigert, und dies vor tokoll in Artikel 24 allen Dingen in Europa. formuliert ist: „Mili- tärische Fähigkeiten, Unterstrichen und illustriert wird die für das gesamte dies durch das Vorantreiben der Spektrum vorher- NATO-Grenzen nach Osten, durch sehbarer Umstände die Aufnahme der neuen Mitglieder wirksam sind, stellen wie Polen und die baltischen Staa- auch die Grundlage ten. Die Ukraine soll bald beitreten. für die Fähigkeit des Welche Probleme es gibt, wenn bei- Bündnisses dar, durch spielsweise noch Georgien beitritt, nicht unter Artikel haben wir gerade erst erleben kön- 5 fallende Krisenre- nen. Ich glaube, man kann nur Gott aktionseinsätze zur danken, dass diese Auseinanderset- Konfl iktverhütung zung, die durch einen Angriff Geor- und Krisenbewälti- giens ausgelöst wurde und bei der gung beizutragen. Russland massiv zurückgeschlagen Diese Einsätze hat, dass diese Auseinandersetzung können höchste – so fürchterlich und so unnötig sie Anforderungen stillen war – stattgefunden hat, bevor Geor- und in hohem Maße von den glei- haben alle Manöver, wie Wintex gien Mitglied in der NATO war. chen politischen und militärischen und Cimex gezeigt, deswegen kam Peak Oil wurde schon erwähnt. Ich Qualitäten sein – wie Zusammen- es dann auch Anfang der 80er-Jahre denke, wir leben derzeit in einer halt, multinationale Ausbildung und in der Friedensbewegung dazu, dass Phase der weltweiten Ressourcen- umfassende vorherige Planung, die aus nahezu allen NATO-Ländern sicherung – einer Ressourcensiche- auch in Artikel 5 der Fall gewesen Generäle sich der Friedensbewegung rung, die beinhart und gnadenlos wären.“ anschlossen, weil sie genau wussten: Das, was wir hier verteidigen sollen, betrieben wird. Der Krieg in Afgha- Das heißt, die Verteidigungsformel davon wird nichts übrig bleiben, nistan hat primär mit dieser Res- der NATO wird nun umgewandelt in wenn der Ernstfall wirklich eintritt. sourcensicherung zu tun. Das Land eine Formel der weltweiten Zustän- grenzt an Russland, an China, an Pa- digkeit und nicht mehr der Ver- Gefahren für Europa durch die kistan und vor allem an die öl- und teidigung, sondern der weltweiten NATO gasreichen Länder des kaspischen Intervention für Krisenreaktionsein- Eine völlig absurde Situation, aber Beckens. Der Bau einer Pipeline, sätze und Krisenbewältigung. Das ist noch sehr viel mehr, wie ich be- von Afghanistan durch Pakistan an

FK 2009 - 19 den Indischen Ozean – und Pipe- schen zwei Strategien: Die eine heißt bus – das ist nur mit einer soliden lines sind vielleicht noch wichtiger „mitschießen“, um mitreden zu dür- und verbindlichen Zusammenarbeit als die Ölquellen – wurde schon fen – und dieser Strategie folgen die zwischen Amerika, Russland, Europa vor „9/11“ geplant. Bereits im Juni EU-Staaten im Rahmen der NATO und China zu schaff en.“ Es ist ja gut, 2001 war Krieg beabsichtigt, weil und der Operation Enduring Free- dass es ihnen so spät einfällt, aber die Taliban, die damals die Freunde dom und Active Endeavour. Oder es hätte ihnen auch schon früher der USA waren, off ensichtlich einen aber die EU könnte sich zur Koope- einfallen können. Ich denke, eine EU zu hohen Preis für die Gasleitung ration entschließen. Man könnte ohne den Schirm der NATO, die sich verlangten. Das sind jetzt nur einige versuchen, zusammenzuarbeiten auf mit ihren Nachbarn verständigt und Schlaglichter auf wenige zentrale der Basis jener Charta von Paris von arrangiert, ist sicher. Konfl iktfelder, in denen europäische 1990. Mut zu einem und US-Interessen objektiv eigent- nicht militärischen Europa lich gegeneinander stehen. Und nun will ich – wenn ich viel- leicht um zwei Minuten überziehen Jakob von Uexküll hat vorhin das Kontrolle über die darf – doch noch etwas loswerden. schöne Wort von Mut und Demo- Trassenführung der Pipelines Man glaubt es manchmal nicht. Wir kratie gebraucht. Wenn wir sagen Im Zeitalter von Peak Oil rücken haben ‚elder statesmen’, also die „Europa“, dann ist das und kann das nicht nur die Öl- und Gas produ- heißen Helmut Schmidt und heißen nicht ein militarisiertes Europa sein. zierenden Länder ins Zentrum der von Weizsäcker und Egon Bahr und Erinnern wir uns an die Volksabstim- Rivalitäten der großen Mächte, noch Hans-Dietrich Genscher, die vor mungen zum EU-Verfassungsentwurf entscheidender ist die Kontrolle über kurzem in der FAZ einen großen in Frankreich und in den Niederlan- die Trassenführung der Pipelines – Schrieb veröff entlicht haben, in dem den. Gerade wegen der Militarisie- die aktuelle Krise um die Durchlei- sie dazu aufrufen, Europa müsse Ko- rungsbestimmungen und wegen der tung von Erdgas durch die Ukraine operation betreiben. Ich zitiere: „Das Festschreibung des Neoliberalismus hat das gerade gezeigt. Aber noch Schlüsselwort unseres Jahrhunderts haben die Wähler in diesen Ländern weit umfangreichere Pipelinepro- heißt Zusammenarbeit. Kein globa- „nein“ gesagt. Dann hat man den jekte stehen derzeit in Konkurrenz les Problem ist durch Konfrontation Vertrag zurückgezogen. Man hat zueinander: Zum einen das EU-Pro- oder durch den Einsatz militärischer einen Regierungsvertrag gemacht jekt „Nabucco“, mit einer weit nach Mittel zu lösen. … Der Vertrag zur und hat nicht daran gedacht, dass Süden ausgreifenden Trassenführung Raketenabwehr (ABM) muss wieder- es da irgendwo auf seiner Insel noch für kaspisches Öl und Gas über Geor- hergestellt werden. … In 18 Jahren ein kleines Land gibt in der EU. Dort gien, wobei Russland gezielt umrun- seither wurde (der) KSE genannte wurde schließlich auch das Volk det wird. Zum anderen das russische Vertrag das Fundament der Stabilität gefragt, es ging nicht anders. Da hat Parallelprojekt „South Stream“, ein in Europa. Er entspricht bis heute das Volk wieder gesagt „NEIN“. schöner russischer Name: South den Interessen aller Beteiligten. Stream, das so weit wie möglich Diese Stabilität … war solide. … Ich denke, manchmal sind die Völ- über russisches und dann im Balkan (Sie) wäre zum ersten Mal gefährdet ker klüger, manchmal sollten die über serbisches Territorium geführt durch den amerikanischen Wunsch, Völker gehört werden. Und wenn die wird. Beide Pipelines – wie gesagt am Ostrand der NATO … Raketen … EU weltweit Demokratie propagiert, gigantische Projekte – enden dann auf exterritorialen Stützpunkten zu dann sollte sie zuhause damit anfan- in Wien und Prag und sollen die Öl- stationieren. … Sicherheit und Stabi- gen, denn wir können auch und Gasversorgung Europas sicher- lität für den nördlichen Teil des Glo- „yes, we can“! stellen. Die Geschichte, die jetzt in der Ukraine passiert ist, hat dazu geführt, dass die Außen- und Wirt- schaftsminister der EU gesagt haben, wir müssen jetzt ganz schnell Na- bucco bauen. Auf der anderen Seite ist Russland ein Land, das natürlich von den Einnahmen aus Öl und Gas, aber vor allem auch aus dem Trans- port über sein Territorium lebt. Also hier verschränken sich strategische, militärstrategische und wirtschafts- strategische Gesichtspunkte. Konfrontation oder Kooperation Ich denke, die EU hat die Wahl zwi-

20 - FK 2009 Diskussionsforum und Workshop

Diskussionsforum: Globale Bedrohungen für den Frieden – Zivile Antworten mit Mary-Wynne Ashford und Jakob von Uexküll

Moderation: Clemens Ronnefeldt

Nach einer Begrüßung im Namen des Deutschen Gewerkschaftsbundes im DGB-Haus durch Gerhard Wagner (KJR) erfolgte die Einleitung durch Clemens Ronnefeldt.

Clemens Ronnefeldt: Beginnen möchten wir mit kurzen Eingangs- Statements, um Anknüpfungspunkte für Sie und Ihre Fragen zu bekommen. Ich bitte deswegen zunächst Mary- Wynne Ashford, in wenigen Minuten ihre zentralen Botschaften noch einmal zusammenzufassen, um anzuknüpfen an gestern Abend und Ihnen Gelegen- heiten zu Rückfragen zu geben.

Mary-Wynne Ashford: Guten Mor- gen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte mich zuerst einmal ganz herzlich für die Einla- dung zur heutigen Veranstaltung und auch zur Veranstaltung gestern tatsächlich ist das nicht der Fall. Es nicht der Fall, hier können wir einen bedanken. Es ist mir eine große gibt eine Studie aus dem Jahr 2005, Rückgang von 40% verzeichnen. Freude hier zu sein. Ich habe mich die dann im Jahr 2006 noch einmal gestern sehr gefreut, vor diesem überarbeitet wurde, die defi nitiv Wenn man jetzt auch betrachtet, tollen Publikum zu sprechen. Das besagt, dass die kriegerischen Au- dass seit 1986 – als Marcos auf Hauptanliegen meiner Rede war, das seinandersetzungen um 90% - ich den Philippinen gestürzt wurde – Publikum – Sie – darauf aufmerksam betone: 90% - nach unten gegangen die stolze Zahl von 60 Diktatoren zu machen, dass tatsächlich eine sind. gestürzt wurde, ohne Gewalt – ohne Veränderung stattfi ndet und stattge- größere Gewalt – ist das schon ganz funden hat, die aber in den Medien Nun, für Menschen wie mich, die ganz beachtlich. Und auf keinen nur sehr sehr wenig erscheint. Wir seit 25 Jahren in der Friedensbe- Fall sollten wir vergessen, dass auch alle – Sie und auch ich – meinen ja wegung arbeiten, war dann der 1989 der friedliche Fall der Berliner grundsätzlich, dass seit dem Ende nächste Gedanke, dass man einen Mauer stattfand. Und es werden des Kalten Krieges um 1990, als sich Rückgang vielleicht bei den großen mehr folgen. die beiden Blöcke nun nicht mehr so Kriegen und bei den Völkermorden off en einander feindlich gegenüber- zu verzeichnen hatte, aber eher eine Man kann drei Gründe für diese standen, eine Zunahme an Feind- Zunahme bei den kleineren Konf- Veränderungen benennen. Der erste seligkeiten festzustellen ist. Aber likten. Aber auch das ist tatsächlich sind die Vereinten Nationen, die FK 2009 - 21 einen immer größeren Einfl uss ha- Ihrem Eingangs-Statement zu uns zu den. Wird hier einfach falsch gerech- ben. Der zweite ist das Völkerrecht sprechen. net? Man spricht zum Beispiel von – und hier gilt es ganz besonders, den zu hohen Extraktionskosten. Das den Internationalen Strafgerichtshof Jakob von Uexküll: Bei einem Tref- ist total nebensächlich. Das Problem herauszustellen. Und der dritte fen der Friedensbewegung wie hier ist: Die erneuerbaren Energien, die Grund ist die Zivilgesellschaft – das glaube ich, ist Folgendes zu betonen: wir nicht nutzen, sind für immer sind wir. Wir sind das Gewissen, das Die Klimakrise ist keine Umweltkrise verloren. Die Sonne, die gestern einen Einfl uss auf die Politik und mehr, die man irgendwie abhaken schien, kann heute nicht mehr von die Wirtschaft nehmen kann. Wir kann. Sie ist ein großes Thema, sie Nutzen sein. Und deswegen ist der sind die dritte Säule des Widerstands ist das größte Friedensrisiko über- Verzicht auf Sonnenenergie eine un- gegen Kriege. haupt auf der Welt für vorausse- glaubliche tägliche Verschwendung hbare Zeiten. In einer gestern von Naturkapital, die in den Bilan- Das macht deutlich, wie wichtig es erwähnten Studie von einem Think- zen nicht vorkommt. Und das zeigt ist, dass wir weiter kämpfen, dass tank „Switch“ im britischen Vertei- Ihnen, dass diese ganzen ökonomis- wir weiter protestieren, dass wir Ein- digungsministerium wird gesagt: chen Bilanzen ja alle nicht objektiv fl uss nehmen auf die Entscheidun- Wenn es uns nicht gelingt, sie ein- sind. Sie haben nichts mit Wissen- gen in der Politik und in den großen zudämmen, werden wir auf Konfl ik- schaft zu tun, sondern sind Ausdruck Unternehmen. Aber eine ganz ganz te zusteuern in der Größenordnung von Machtverhältnissen! Wenn wichtige Sache ist zu wissen: Wir der beiden sind auf der Gewinnerseite. Das Weltkriege, wurde mir klar, als ich mein Buch die Jahrhun- schrieb ‚Enough Blood Shed’ (‚Genug derte andau- Blut vergossen’). Ich erkannte, dass ern werden. ich von Erfolgsgeschichten berich- Alles, was wir tete, wie Gewalt zu verhindern ist. eben hörten, Und ich erkannte, dass eine soziale die ganzen Revolution stattfi ndet. Sie fi ndet positiven jetzt statt, wir sind mittendrin – es Nachrichten, kann jetzt etwas bewegt werden. werden sich Und es ist wichtig, dass wir weiter also sehr machen, dass wir dran bleiben. schnell ins Gegenteil Ja, ich habe jetzt gesehen, dass verkehren, einige Leute unter Ihnen ein relativ wenn wir skeptisches Gesicht machen. Also nicht unser heute möchte ich es mal kurz halten, Allerbestes aber ich bin gern bereit – so lang tun, um die Klimakrise jetzt zu be- die sagen, ein mehr oder weniger auch immer es dauert, mit Ihnen zu wältigen. Deswegen hat der ‚World altes Kohlekraftwerk, könne noch sprechen. Ich werde Sie auch nicht Future Council’, den ich genannt 30 Jahre laufen und es heute zu zwingen, mir zu glauben, aber ich hatte, zuerst dieses Thema aufgeg- schließen, wäre eine Zerstörung von werde versuchen zu belegen, dass riff en. Und obwohl viele Mitglieder Industriekapital, dann muss man fra- dies wirklich der Fall ist. Denn es ist des Councils keine Ökologen sind, gen: Was ist denn mit der täglichen einfach eine Sache, die mir unheim- haben sie gesehen: Dies ist jetzt Zerstörung von Naturkapital, wenn lich Hoff nung macht. Lassen Sie unsere erste Priorität. Dabei ist wir Sonnen-, Wind- und andere mich enden mit einem Gedicht des das Allerwichtigste: Wir müssen regenerative Energien nicht nutzen? irischen Poeten Seamus Heaney: Energie-Sicherheit schaff en - nicht Dabei kommt natürlich noch dazu, nur um der Energie willen. Wir Die Hoff nung für eine große Verän- dass Peak Oil vorbei ist und dass die müssen auch das Thema „Chaos derung ist nah Ölvorräte bald auslaufen werden. bedroht unsere Wasserversorgung“ ganz weit entfernt von Rache. Es gibt ja für das Öl auch andere beachten. Wir können mit weniger Glauben Sie, dass wir neue Ufer Bedürfnisse, als es nur zu verbren- Energie leben, aber ohne Wasser erreichen können, nen. Und ich meine, zukünftige können die Menschen nicht über- wenn wir an Wunder glauben und Generationen haben auch ein Recht leben. Deswegen müssen wir den an Heilmethoden drauf, dass wir nicht das letzte Öl Verbrauch der fossilen Brennstoff e und an das Gute in uns? verbrennen. Das heißt, die massive auch schnellstens beenden - jeder Durchsetzung von erneuerbaren Vielen Dank Tag ohne Reduzierung ist ein Tag Energien – also wahrscheinlich die zu viel. Und gleichzeitig dürfen mehrhundertfache Vergrößerung der Clemens Ronnefeldt: Herr von wir nicht länger die ungenützten jetzigen Kapazitäten – muss inner- Uexküll, ich darf auch Sie bitten, in erneuerbaren Energien verschwen- halb von wenigen Jahren gesche-

22 - FK 2009 hen. Al Gore sagt, die USA könnten 100.000 Jahre weiter fahren, bis ich Das – glaube ich – ist es, was bei innerhalb von 10 Jahren zu 100% auf die gleiche Menge komme!“ In uns fehlt. Wenn also die Krise so auf erneuerbare Energien umsteigen. dem Zusammenhang ist es interes- weiter geht, wird die Frage auch Wir müssen dafür sorgen, dass es sant, dass der britische Energiemi- bei uns aktuell. Ich erinnere an die weltweit geschieht. Es gibt einige nister vor der Potsdam-Konferenz Situation in den Ostblockstaaten zur Engpässe, auch die Erfi nder sind da sagte: „Alle großen politischen Wendezeit. Da waren viele unsere gefordert. Was die Sonnenenergie Bewegungen beruhten auf einer Freunde, Kolleginnen, Kollegen, angeht, denke ich an einige seltene Mobilisierung der Bürger.“ Viel- Bürger aus der ganzen Gesellschaft Metalle, die für Sonnenkollektoren leicht ist es merkwürdig, dass ein gefordert, als sie sahen, was bei ih- gebraucht werden. Aber es sieht so Regierungsmitglied so etwas sagt, nen plötzlich passierte. Die existier- aus, dass der technische Fortschritt aber er hat Recht. Politische Verän- enden Regierungen hatten total an da schon Lösungen liefert. Das sind derungen kommen durch political Glaubwürdigkeit verloren. Es wur- also alles Fragen, die wir auch als leadership zustande, aber auch den Runde Tische geschaff en – nicht Mitglieder der Friedensbewegung durch die Mobilisierung der Bürger. nur auf nationaler, sondern auch auf aufgreifen werden – denn wie gesagt Wir brauchen heute beides. Das lokal und regionaler Ebene. Men- – ohne Energie, ohne Wasser werden heißt, kluge Politiker wollen selbst, schen wie wir wurden plötzlich von wir keinen Frieden haben. Wir müs- dass mehr Druck auf sie ausgeübt ihren Mitbürgern gebeten, Verant- sen also alles neu durchdenken. wird. wortung zu übernehmen – und das heißt auch Macht zu übernehmen. Wir müssen In diesen Monaten haben sie zum fragen, was wir Teil Erstaunliches geleistet, aber eigentlich er- sie waren natürlich zumeist nicht reichen wollen vorbereitet. Viele haben sehr bald und wie wir an einige Technokraten, die schnell dorthin kom- einen Kurs in den USA gemacht hat- men. Es reicht ten und dann zurückgekehrt waren, nicht, einfach die Macht abgegeben. Der neoliber- zu sagen, „Das ale Premierminister, der die Macht hier ist schlecht in Estland übernahm, hatte gesagt, und das wäre er dachte, es sei seine Aufgabe als gut“, sondern Premierminister, die Lehren von das Kritische ist: Milton Friedman Kapitel für Kapitel „Wie komme ich in Estland umzusetzen. Wir erleben von Hier nach jetzt dort in den baltischen Nachbar- Dort“. Das war ländern die Folgen davon. bei der ersten Nun komme ich zu den Voraussa- Veröff entlichung des ,World Future Das heißt, wir müssen bereit sein, gen des Club of Rome vor über 30 Council’ die erste Fragestellung. Verantwortung zu übernehmen, Jahren in seinem Bericht über ‚Die Wir haben die Leute gebeten, auch auch politische Verantwortung, auch Grenzen des Wachstums’. Sicher, die faktischen Schritte aufzuzählen. Macht. Wir müssen neue Institu- es gab einige Einzelheiten, über die Wir versuchten, eine buddhistische tionen schaff en. Nach dem Ende man argumentieren kann, aber zum Wirtschaft aus Thailand zum Vorbild des zweiten Weltkrieges hat man größten Teil hat der Club of Rome zu nehmen. Ich fragte: „Was heißt auch nicht den Völkerbund einfach Recht gehabt und seine Kritiker ha- denn das, wenn du morgen Finan- wieder belebt. Man hat gesagt, wir ben Unrecht gehabt. Das heißt, wir zminister bist?“ Das sind die Fragen, brauchen jetzt eine neue Institution stehen nicht nur vor einem großen die wir uns alle stellen müssen. Als und hat die UNO gegründet. Auch in Marktversagen in der jetzigen Finan- in den 70er Jahren die griechische unserer heutigen Situation brauchen zkrise, sondern wir stehen auch vor Diktatur zusammenbrach und die wir neue Institutionen. Wir sahen einem beispiellosen Politikversagen. Türkei binnen weniger Tage einzu- beim ‚World Future Council’, was marschieren drohte, fragten sich die jetzt das eigentlich Wichtigste ist, Und das heißt natürlich, dass wir Entscheidungsträger, wem sie das – ich sagte schon – es ist die schnell- uns auch in die Politik einmischen Land in dieser Situation übergeben stmögliche Verbreitung von erneuer- müssen. Wir sehen immer wieder, könnten. Der ehemalige Premiermin- baren Energien. Das kann nicht von dass Menschen zu Veränderungen ister Karamanlis schien der Einzige anderen Organisationen irgendwie bereit sind. Aber dann sagen sich zu sein, der diese Krise noch meis- so nebenbei gemacht werden, dazu auch manche: „Was nutzt es denn, tern konnte. Er war damals im Exil braucht man eine eigene Organisa- wenn ich weniger Auto fahre? Ich in Paris. Sie riefen ihn um 2 Uhr tion. Der deutsche Parlamentarier stelle mein Leben um und irgendeine morgens an- und Karamanlis ant- Hermann Schreer hat schon 1991 Fabrik hat die Erlaubnis, so viel CO2 wortete nur: „Ich habe Ihren Anruf geworben für eine ‚Internationale auszustoßen! Da könnte ich noch erwartet“. FK 2009 - 23 Agentur für erneuerbare Energien’ – als etwas Fremdes ansehen, wo wir Diese riesigen Erwartungen, die auf ‚IRENA International Renewable En- ab und zu Druck ausüben. Vielmehr Obama zukommen! Ein Obama ist ergy Agency’ – nur es passierte nich- müssen wir auch bereit sein, dort kein Churchill, der schon jahrelang ts. Unter der rot-grünen Regierung einzutreten. Dafür müssen wir nicht vor dem Faschismus gewarnt hatte, war diese Agentur im Regierung- lebenslange Berufspolitiker werden, bevor er an die Macht kam. Jetzt sprogramm. Aber es passierte nichts. aber neue Allianzen schaff en. werden wir sehen, hoff entlich wird Warum? Weil der liebe Hermann er ein Teil der Lösung sein. Also es Schreer recht polarisierend ist und Ich wurde gestern gefragt, wieso gibt natürlich keinen Grund, warum weil die Grünen gesagt haben: die FDP in Hessen so viele Stim- sich jetzt alle Welt auf einen Mann „Die Idee stammt nicht von uns.“ men bekam. Nun, die FDP ist nicht konzentrieren sollte. Wir müs- Deswegen hat das Führungsteam nur die Partei der neoliberalen sen auch bei uns auf diese Verän- keine Lust mehr gehabt (Gelächter). Wirtschaftsideen, welche zum Teil derungen in der politischen Klasse Auch bei den anderen Parteien lief verrückter wirken denn je. Die FDP hinwirken. Wir brauchen auch bei nichts, obwohl es an verschiedenen war oft auch eine Partei, die Bürger- uns einen „Obama“. Und wenn Ministerien Studien zu dem Thema rechte verteidigt hat. Es gibt viele nun Deutschland seine Superstars gab. Die sagten: „Nein, nein, keine Fälle, in denen es um Freiheit vor sucht, dann können wir natürlich neue Organisation, und wenn ja, dem Waff enstaat ging: Da konnten hier anfangen, einen „Obama“ zu erst wenn Konsens besteht in der Sie mehr auf die FDP zählen als zum suchen. Sie sehen, das ist eine Frage UNO oder in der EU.“ Das heißt, die Sache war also auf ewig verschoben. Es wurde gesagt: „Das soll doch die UNEP so nebenbei machen.“ Es gab also x verschiedene Gründe, warum nichts passierte. Und dann kam die neue Regierung und jetzt ist es passiert. ‚IRENA’ wurde gegrün- det, vorletzte Woche in Bonn, und gleich von 75 Ländern mit unter- schrieben. Ja, was ist da passiert? Nun, unter anderem hat der ‚World Future Council’ sein Ehrenmitglied Dr. Michael Otto gebeten, bei Frau Merkel in dieser Sache vorzuspre- chen. Und das hat vielleicht eine Wirkung gehabt. Frau Merkel meinte wohl, aha, das ist nicht nur eine Idee Beispiel auf CDU und SPD. Also ist der technischen Organisation, ein von dem , sondern es wichtig, neue Allianzen zu grün- Sich-zusammen-tun und wir sagen: hier steht sogar ein sehr bekannter den. Ein Beispiel: Kürzlich vertrat Wir laden jetzt verschiedene junge und respektierter deutscher Unterne- ein Ökonom die Idee einer ökolo- Politiker ein, zu uns zu kommen und hmer dahinter. Und plötzlich begann gischen Steuerreform, nämlich statt sich zu präsentieren. Dann werden sich dann in der Regierung etwas zu einer Mehrwertsteuer eine Minder- wir einen dafür aussuchen und bewegen und wir haben jetzt diese wertsteuer einzuführen, in der die dann werden wir alle unsere Kräfte Organisation. ökologischen Kosten für die Produk- mobilisieren - wie das so in den USA tion dieses Produktes einbegriff en geschah - um diese Person so schnell Wir brauchen auch neue zivilgesell- sind. Da haben wir recherchiert und wie möglich in der Politik nach oben schaftliche Organisationen, deswe- festgestellt, dass eine solche Idee zu bringen. Und wir wissen, wir gen habe ich ja den ‚World Future schon vor einigen Jahren von einem haben dort einen Alliierten, der das Council’ gegründet, auch damals den FDP-Politiker lanciert wurde. Also verstanden hat, was wir jetzt ma- Alternativen Nobelpreis. Aber ich neue Allianzen schaff en in dieser chen müssen. Könnte aus diesem Tag glaube, es ist wichtig, dass wir auch einmaligen Situation. Und wir müs- heute, auf diesem Treff en, der Be- die politische Ebene betrachten: sen sehen: Wenn Vertrauen besteht, ginn einer solchen Bewegung entste- Welche neuen Gesetze haben wir vor dann ist das alles möglich. Mit hen? Es gibt eine Studie über NGOs, Ort und welche internationalen Ab- Vertrauen kann man fast alles er- die sagt, Zusammenschlüsse zwis- kommen brauchen wir? Wir haben reichen. Wenn kein Vertrauen da ist, chen NGOs seien sehr selten. Aber gestern eine Debatte gehört: Land- kann man wirklich nichts erreichen. eine Zusammenarbeit zwischen der minenverbote usw. Wir sahen, was Ich glaube, wir stehen heute vor der Friedens-, der Umwelt- und der Soli- man alles durchsetzen kann. Alle Situation, dass wir versuchen, diese daritätsbewegung müsste eigentlich - wir - müssen uns jetzt auf dieser Krise mit Politikern zu meistern, die möglich sein. Sie müssten zusammen Ebene sehr schell politisieren. Wir ein Teil des Problems sind – und das einen deutschen „Obama“ suchen dürfen den politischen Raum nicht kann natürlich schlecht gut gehen. 24 - FK 2009 und für ihn mobilisieren. noch dabei, unseren Planeten Erde Meinung durchaus einen Einfl uss zu zerstören. Zum Thema Aktionäre auf eine Nation haben kann, dass Publikum: Ja, mich freut es sehr, möchte ich sagen, dass laut Ge- der öff entliche Druck hier durchaus was ich von Frau Ashford gehört setz in den Vereinigten Staaten ein etwas bewegen kann. Zu der Sache habe, aber ich bin etwas skeptisch. Unternehmen als eine Person – mit Bush kann ich sagen, dass bereits Ich war letzten Freitag in Stut- den Rechten einer Person – behan- einige Länder angedeutet haben, tgart bei der Hauptversammlung delt wird. Und es gibt ein Gesetz, da dass sie ihm die Einreise nicht mehr von Porsche. Und ich muss sagen, steht mit ganzen 29 verschiedenen genehmigen möchten. Auch hier wenn ich mir so anschaue, wie die Worten drin, dass es das Ziel eines sieht man schon den Druck der Aktionäre angesichts der globalen solchen Unternehmens ist, seine öff entlichen Meinung und ich hoff e, Finanzkrise denken. Die haben ja Profi te zu maximieren. Und da muss dass er eines Tages vor den Gerich- nur im Sinn, dass ihre Aktien steigen natürlich etwas geändert werden. tshof kommt. Ich fürchte, ich werde und dass ihre Dividenden steigen. Diese Unternehmen müssen rechtlich es nicht mehr erleben, aber ich hoff e Und alle Einwürfe von kritischen Ak- angehalten werden, das öff entliche sehr, dass er es erlebt ... und dass tionären, die die Umweltzerstörung Wohl im Auge zu behalten, ange- man einfach über die öff entliche durch den Autoverkehr anprangern, halten werden, die gesellschaftli- Meinung zu Veränderungen kommen rühren sie nicht. Die wollen wirklich chen Kosten für das, was sie tun, zu kann. nur Profi t! Und hier in München war berücksichtigen. Es ist nur wenig, was hier zu tun ist, Jakob von Uexküll: Also der In- aber es bedeutet eine ternationale Strafgerichtshof hat ja große philosophische bisher nicht sehr viel erreicht, wenn Veränderung. man ihn als Gerichtshof betrachtet. Sein erster Fall läuft nicht sehr gut Publikum: Frau Ash- an; aber man muss verstehen, dass ford, Sie hatten als die Existenz dieses Gerichtshofs eine einen der drei Fakto- viel breitere Wirkung hat. Völker- ren den Internation- recht ist Politik, auch wenn es keine alen Strafgerichtshof Weltregierung gibt, die die Urteile genannt, und die durchsetzen kann, aber das Völk- Vereinigten Staaten errecht schaff t Tabus. Nachdem anerkennen diesen Pinochet verhaftet und dann wieder Strafgerichtshof ja freigelassen worden war und Pil- nicht. Ich bitte Sie lan gesagt hatte, das wäre jetzt ein einfach - vielleicht großer Rückschritt, hat ein argen- auch Herr Uexküll tinischer Menschenrechtler geschrie- das Aktienforum, unter anderem mit – um eine kurze Einschätzung: ben: „Nein, es war ein Fortschritt, dem Luft- und Raumfahrtkonzern. Sehen Sie Chancen, dass sich mit denn zum ersten Mal sind jetzt Da hab ich dann angemerkt, dass der Obama-Administration daran nicht die, die Angst haben, vor es ja sehr gute Produkte seien, aber etwas ändert? Und ein Zweites: Ich Gericht, sondern die Anderen.“ Und ich würde eben doch zu bedenken wünschte, dass Bush als Angeklagter Kissinger hat schon Europareisen geben, dass eine Rüstungskonver- wegen Menschenrechtsverletzung eingestellt, aus Angst vor Versuchen sion erwogen werden solle. Darauf nach Den Haag käme oder seine von irgendwelchen Behörden, ihn sollten sie setzen. Es war mäuschen- Überführung in die Wege geleitet festzunehmen. Auch Israel warnt still. Es hat zwar niemand direkt werden könnte. Sehen Sie da eine jetzt seine Soldaten - die in Gaza etwas dagegen gesagt, nur später ist Chance oder nicht? eingesetzt waren - davor, nach jemand gekommen und hat gesagt: Europa zu reisen. Also lange bevor „Das war ja eindeutig richtig!“ Da- Mary-Wynne Ashford: Hier muss die Leute tatsächlich verhaftet und rauf antwortete ich: „Also ich bin ja man natürlich sehen, dass die in Den Haag eingesperrt werden, noch während des Krieges geboren, Vereinigten Staaten immer wieder entsteht durch die Existenz dieses und 1945 war alles in Schutt und As- Staatsverträge nicht unterzeichnen Gerichts eine neue Weltlage, ent- che gelegt – und da könnt ihr doch oder nicht ratifi zieren, sich aber stehen wie gesagt neue Tabus. Und nicht nur so an eure Dividende, also trotzdem daran gehalten haben. es ist natürlich zu hoff en, dass die an die Rüstungsdividende denken!“ Und ich denke jetzt, dass das eine US-Regierung den Internationalen langsame Entwicklung sein wird, Strafgerichtshof anerkennt. Sich- Mary-Wynne Ashford: Ich möchte vielleicht jetzt nicht in der ersten erlich wird der Druck von beiden Ihnen hier voll und ganz zustimmen Amtszeit von Obama, aber dass sich Seiten auf Obama da sehr stark sein, und noch mal betonen, dass sich die Vereinigten Staaten weiterent- aber man soll die Wirkungen der meine Rede vorhin ausschließlich wickeln werden und weiter auf den Existenz dieses Gerichtshofes nicht auf die Kriege bezogen hat. Sie ha- Gerichtshof zugehen werden. Ich unterschätzen. Wie gesagt, Israel ist ben natürlich Recht, wir sind immer denke auch, dass da die weltweite ihm auch nicht beigetreten, trotz- FK 2009 - 25 dem haben jetzt Israelis Angst und Waff endienst schützen können, Umwelt geht. Denn ich denke, das es gibt auch Gespräche. Man hört dann aber 300 Euro pro Person für ist der wahre Konfl ikt, dass dieses auch aus Afrika, dass von den Rebel- diese Herrschaften zahlen, die in Geld dann der Umwelt fehlt. Gibt es len dort diskutiert wird: „Wenn du der ganzen Welt herumballern. Den da irgendeine Chance, dass man da das tust, dann wirst du vielleicht in Regierungen sollten wir dafür das Druck ausüben kann, dass es nicht Den Haag landen.“ Also, es ist schon Geld wegnehmen, dann kommen sie geschieht? so, dass die Wirkung der tatsächli- viel schneller auf vernünftige Ideen. chen Gerichtsbarkeit vorauseilt. Wir Jakob von Uexküll: Ja, es ist im- hatten beim ‚World Future Coun- Jakob von Uexküll: Es gibt ein mer eine Frage der Finanzierung. cil’ ein Projekt ‚Verbrechen gegen prinzipielles Problem, warum es Also die Arbeit des Weltzukunftsrats zukünftige Generationen’ – ‚Future sehr schwierig sein wird, solche zum Thema Geld und Finanzen hat Justice’ – und wir haben diskutiert, Steuerveränderungen so in die eben begonnen, weil wir dafür erst ob es möglich ist, dass Verbrechen, Wege zu leiten, dass die Gerichte Ende letzten Jahres eine Stelle von die die Zukunft verbauen, als Ver- sie aufgreifen. Die Regierungen der GLS-Bank in Bochum bekommen brechen gegen zukünftige Genera- sind nämlich der Meinung: tionen kriminalisiert werden – im Wenn man mit diesem Rahmen des Internationalen Straf- Schritt anfängt, weiß man gerichtshofes. Das wird sicherlich nicht, wo das endet. Es recht lange dauern, bis das Wirklich- gibt ja Menschen mit allen keit wird. Aber zu meiner freudigen möglichen Ideen darüber, Überraschung sind, als wir vor zwei wofür sie ihre Steuer nicht Monaten den ersten Workshop dazu ausgegeben wissen wollen. abhielten, aus Den Haag Staatsan- Das heißt, sie wollen selbst wälte und Richter gekommen und bestimmen, wohin ihr haben sich an den Diskussionen zu Steuergeld fl ießt. Und das diesem Thema beteiligt, weil sie würde natürlich am Ende sagten, das wäre für sie sehr wichtig. zu einem totalen Chaos Die Wirkung dieser Arbeit, die wir führen, keine Regierung machen, wäre für sie schon jetzt im könnte mehr regieren. Vorfeld sehr wichtig, obwohl es nach Am weitesten ist – glaube ihrer Meinung sicher Jahrzehnte ich – diese Bewegung für dauern würde, bis diese Sorte von eine solche Friedenssteuer Verbrechen auch tatsächlich krimi- in Großbritannien. Dort nalisiert wird und die ersten Zukun- gibt es diese Bewegung seit ftsverbrecher da vor Gericht gezogen Jahrzehnten. Die entspre- werden. chenden Gerichtsurteile dazu laufen im Prinzip Clemens Ronnefeldt: Vielleicht immer auf dasselbe hinaus: kann man noch ergänzen, dass Die Bürgerinnen und der UN-Sonderbeauftragte für die Bürger sollten eine andere Regierung haben. Seit zwei Wochen arbeitet besetzten palästinensischen Gebiete wählen, die diese Kriege nicht führt jetzt ein Koordinator an unserer – Richard Falk – im vergangenen und Steuergelder nicht für Rüstung ersten Erklärung. Das ist der Beginn Jahr genau in dem Moment von der ausgibt. Aber wir können als Gericht eines Projektes, mit dem wir auch israelischen Regierung ausgewi- nicht anfangen, hier Einzelurteile Parlamentarier beeinfl ussen wol- esen wurde, als er die Einrichtung zu fällen, denn da kommen ja auch len. Wir wollen die Erklärung bis eines Strafgerichtshofes gefordert noch andere Menschen, die aus zum G-20-Treff en in London An- hatte, damit untersucht werde, ob Gewissensgründen zum Beispiel fang April fertig haben. Das erste die Abriegelung von 1,5 Millionen die Unterstützung von Banken oder Treff en der Kommission ‚Future Menschen ein Verbrechen gegen die gewissen Industrien mit Steuergel- Finance’ des Weltzukunftsrates Menschlichkeit darstellt. Das war dern ablehnen. Deshalb glaube ich, fi ndet Ende März statt. Und natür- dann das Ende seiner Zeit in Israel. dass die Chancen der Friedenssteuer- lich sollten wir dafür sorgen, dass Initiativen sehr gering sind. diese Gelder jetzt massiv – wie ja Publikum: Ich möchte fragen, Obama das auch zum Teil versucht ob man die Forderung nach einer Publikum: Ich hätte eine Frage, – in Zukunftsinvestitionen gehen Friedenssteuer, wie sie jetzt beim wie der Zukunftsrat aufgebaut ist. und nicht in die Rettung des alten Bundesverfassungsgericht eingere- Zum Beispiel, ob er etwas tun kann, Bankenwesens. Die beste Lösung ist icht wurde, nicht weltweit durch- dass mehr Druck ausgeübt wird, ohne Zweifel die Verstaatlichung setzen könne. Was nützt uns das, dass das ganze Geld, das jetzt in die der Banken, da kann man viele wenn wir uns durch Kriegsdienst- sterbenden und zockenden Banken von diesen Schulden ausgleichen, verweigerung persönlich vor dem gepumpt wird, stattdessen in die man braucht also die Privatbanken 26 - FK 2009 nicht zu retten. Es ist ja grotesk, die Anfrage, dass sie gern die Treff en dass die Beschlüsse, die heute gefasst dass auf Kosten der Steuerzahler dieses Rates ausstrahlen würden. Ich werden, auch erdgemäß und zukun- die zugrunde gegangenen Banken habe dann gesagt: „Ja wissen Sie, ftsgemäß sind. Aber die Legitimation gerettet werden und die Banken, die ich bin verantwortlich für eine un- des ‚World Future Councils’ kommt nicht zugrunde gegangen sind, die terfi nanzierte globale Organisation, aus der Arbeit ihrer Mitglieder. besser gewirtschaftet haben, für die für den Alternativen Nobelpreis. Ich anderen Banken dann zum Teil noch wüsste nicht, wie ich überhaupt an- Publikum: Sie haben gestern das mitzahlen. Aber es gibt natürlich fangen könnte.“ Und daraufhin sagte Problem Palästina und Israel und noch immer starke ideologische Vor- der Herr vom Süd-West-Fernsehen überhaupt den Nahen Osten an- behalte gegen die Verstaatlichung in Baden-Baden, sie hätten vielleicht gesprochen. Da hätte ich Fragen an des Bankensektors. Diese Vorbe- den ersten Spender. Das ist natürlich Frau Ashford und an Sie, Herr Ron- halte werden – glaube ich – täglich eine recht interessante Entwicklung. nefeldt. Sie haben gestern gesagt, Sie geringer und das ist sicherlich der Normalerweise haben Sie eine Idee arbeiten speziell in diesem Krisen- und laufen dann jahrelang herd. Wie schätzen Sie ein, ob die herum und suchen einen westlichen Regierungen tatsächlich Spender und dann hoff en in der Lage sind, Druck auf Israel Sie, dass sich das Fern- aufzubauen, so dass endlich Bewe- sehen dafür interessiert. gungen stattfi nden, die beiden Völk- Hier präsentieren Sie eine ern ein Leben in Frieden ermögli- Idee und das Fernsehen chen? Das wird lange dauern, aber ruft an und bringt gleich ich denke, es geht nur unter einem den ersten Spender mit. starken Druck der Verbündeten von Und dieser Spender hat Israel. dann diese Initiative mit Mary-Wynne Ashford: Lassen 200.000 Euro unterstützt. Sie mich zuerst ein paar Worte Mit diesem Geld haben wir zur Finanzkrise sagen, die vorhin den Weltzukunftsrat aufge- zur Sprache kam. Ich denke, dass baut. Wir haben Tausende die von allen – von uns, wie auch von Organisationen und von den Politikern – unterschätzt Nationen angeschrieben wird. Vom Leiter der ‚Banc of mit der Bitte, ihre Meinung Canada’ – das entspricht in etwa zu sagen, ob sie das für der Zentralbank – hörte ich eine eine gute Idee hielten. Die Aussage, die mich schon sehr nach- Reaktion war überwiegend denklich gemacht hat. Er sprach positiv – aus dem gesamten davon, dass die Finanzkrise das politischen Spektrum muss Ende der Währungen sein könnte. man sagen. Sie werden sich Das ist natürlich eine drastische wundern, wenn Sie unsere Formulierung von einem Mann mit Website ansehen, wer alles einem solchen Status. In diesem einzig realistische Weg. Man muss den Weltzukunftsrat begrüßt, quer Zusammenhang ist mir unheimlich sehen – wir werden regiert von den von rechts bis links, und aus ver- wichtig, dass wir nicht einfach alles Menschen, die das mit verursacht schiedenen Ländern. Und wir haben der Politik und dem Finanzwesen haben, doch die haben schon riesige um Namensvorschläge für Ratsmit- überlassen dürfen. Die schauen ja Schritte gemacht, was man zum glieder gebeten. Da kamen ungefähr manchmal einfach hilfl os auf diese Beispiel an der Finanzpresse ablesen 550 Vorschläge. Wir beriefen dann Spirale, die sich immer schneller kann. Jeden Tag werden da Dinge einen Begrüßungsrat von 18 Persön- nach unten dreht. Wir müssen auch ernsthaft diskutiert, die vor sechs lichkeiten ein, die unter den 550 ein selbst überlegen, welche Wege uns Monaten noch Tabus waren und möglichst breites Spektrum abdeck- hier wieder herausführen können. völlig lächerlich gemacht wurden. ten. Die haben dann die restlichen Da bricht ein ganzes System zusam- Wenn in der Financial Times Über- 32 gewählt, so dass der Rat aus men. Welche Strukturen können wir schriften stehen wie „Erschießt 50 Personen besteht. Und wie ich dann anbieten? Denn wir haben ja die Banker“ und „Verstaatlicht die gestern sagte, der Rat behauptet nun gesehen, es gibt den Kommunis- Banken“, dann merkt man, hier geht nicht, irgendwelche andere Men- mus – und das Experiment ist wohl es schon vorwärts. schen zu vertreten. Das heißt, wir fehlgeschlagen. Dann haben wir den sprechen für die Interessen zukün- Kapitalismus – dieses System scheint Ja, es wurde die Frage nach dem ftiger Generationen und versuchen gerade fehlzuschlagen. Ja, eine Weltzukunftsrat gestellt. Ich hatte analog zu einem Verfassungsgericht kooperative Basis wäre anzudenken. damals diese Idee in einem Rund- begründete Aussagen vorzulegen. Aber eigentlich stellen wir immer funk-Interview präsentiert. Darauf- Wir sagen, wir müssen dafür sorgen, hin kam vom deutschen Fernsehen wieder fest, dass keiner wirklich FK 2009 - 27 gute Antworten hat. Und so wäre forschungsinstitute haben gesagt: Produkte aus den israelischen Sied- es ganz wichtig, hier Antworten zu „Neben dem Eintreten für die Exis- lungen in den besetzten Gebieten. fi nden, Vorschläge zu machen, denn tenz Israels ist es für Deutschland Diese wurden ja in der EU dann ich persönlich habe den Eindruck, genauso wichtig, für die Existenz als israelische Produkte vermarktet dass das zur Zeit eine Sache ist, auf eines Staates Palästina einzutreten.“ mit entsprechenden Steuererle- die die Politiker auch irgendwie ein Und Herr Blair, der EU-Sonder- ichterungen und Ersparnissen bei bisschen hoff en und warten würden. beauftragte, war der erste, der jetzt, der Einfuhr. Schließlich gab es auf mehr als drei Jahre nach seiner EU-Ebene einen Versuch, die Ver- Nun, das Problem im Nahen Osten Wahl, gesagt hat: „Wir müssen mit marktung der von den israelischen ist natürlich ein sehr weitreichendes der Hamas sprechen, wir können Siedlern in den Besatzungsgebieten und sehr schwieriges und würde sie nicht negieren.“ Das kommt drei produzierten Waren zu stoppen. Das eigentlich wesentlich mehr ver- Jahre zu spät. Das dritte, was ich sollte nicht mehr erlaubt sein, weil dienen, als hier in zwei Minuten sehe: Menschenrechte sind unteilbar. es ja gegen das Völkerrecht verstößt, besprochen zu werden. Darum Hans Galinski sagte einmal: „Ich diese Produkte aus besetzten Gebi- möchte ich jetzt eine bewusst kurze habe Auschwitz nicht überlebt, um eten so zu behandeln wie israelische Stellungnahme dazu abgeben. Wir zu neuem Unrecht zu schweigen.“ Produkte. Und dieser Versuch auf sollten bedenken, dass in Israel Es gibt in Schweden ein Hoff nung- EU-Ebene wurde von Deutschland selbst ca. tausend Organisationen szeichen. Dort hat der französische blockiert. sagte, an einem Miteinander, an einem Konzern Veolia das U-Bahn-Netz ge- er würde nie einen Beschluss fas- Zusammenleben, an einer Über- baut und hätte in diesem Land noch sen, der irgendwie Israel-kritisch brückung der Kluft zwischen Israelis einen Vertrag für 3,5 Milliarden sei. Es gab dann eine Kampagne und Palästinensern arbeiten. Solche Euro für die nächsten 8 Jahre ge- der Zivilgesellschaft – ich kenne Organisationen gibt es auch in habt. Dieser französische Konzern das nur aus Großbritannien, wo ich Ihrem Land, die gibt es in meinem hat einen Land, die gibt es auf verschiedensten Auftrag Ebenen, wo immer wieder jüdische angenom- Mitbürger, arabische Mitbürger, men, muslimische Mitbürger versuchen, zwis- zusammen zu kommen, sich gegen- chen den seitig nach vorne zu bringen und besetzten dann wiederum auch die Mitglieder palästin- ihrer Gemeinden zu erziehen, damit ensischen sie vorankommen. Ich denke, es Gebieten und Jerusalem ein Straßen- ja zur Zeit wohne. Da gab es vor ist absolut wichtig, dass wir diesen bahnsystem nur für Israelis und den großen Warenhäusern in der Leuten die Unterstützung zukommen israelische Siedler zu bauen. Darauf- Londoner Oxford Street Proteste lassen, die sie verdienen, dass wir hin haben Tausende von Menschen gegen den Verkauf solcher Produkte. auf ihre Arbeit an der Basis setzen, in Schweden Druck auf den Stadtrat Mark & Spencer hat nur zwei Tage dass wir diesen Menschen die Ber- in Stockholm ausgeübt, um diesen gebraucht, bis sie diese Produkte ichterstattung auch in den Medien Kontrakt über die genannten 3,5 aus den Regalen nahmen, weil sie geben, die sie verdienen. Die Bev- Milliarden Euro mit Veolia zu kün- sagten, sie können ihren Kunden ölkerung muss informiert werden, digen. Denn sie sagten, es gebe ein nicht zumuten, vor der Tür mit dass es bereits Projekte gibt, an ethisches Mindestmaß und es könne diesen Protestierenden diskutieren denen Organisationen hier arbeiten nicht sein, dass europäische Firmen zu müssen, das wäre geschäftss- und die wir unterstützen können. an der Besatzung auch noch verdi- chädigend. Deswegen haben sie enen. Dieses Protest-Modell gegen den Verkauf dieser Produkte sofort Clemens Ronnefeldt: Sie hatten Veolia wäre auch für Deutschland eingestellt. Das heißt, man kann da konkret auch mich angesprochen. von großer Bedeutung, wo Veolia auch sehr schnell Erfolge erzielen. Ich war Ende Oktober noch in Israel ebenfalls einige Projekte am Laufen Aber es ist ganz klar, wir müssen und Palästina, und meine Freunde hat. Über diese Schienen könnte das auch tun – in unserem eigenen aus den Friedensorganisationen möglicherweise Druck ausgeübt Interesse. Denn was ich jetzt in der dort sagten mir, dass bei den Frie- werden, um die Besatzung – die das arabische Welt erlebe, das ist eine densgruppen Deutschland als Teil Grundübel für mich ist – zu beenden Verachtung unserer Doppelmoral im des Problems gesehen wird. Der und damit auch Israel zu einer mehr Hinblick auf Israel und Palästina. Briefkasten von Frau Merkel hätte menschlichen, gerechteren Politik zu Wenn man sich vorstellen würde, überlaufen müssen, nachdem sie bewegen. irgendein anderes Land hätte das gesagt hatte: „Die Palästinenser ha- gemacht, was die Israelis mit dem ben die alleinige Schuld an diesem Jakob von Uexküll: Ja, ich kann Gazastreifen machen – die UNO Konfl ikt.“ Es gab das Manifest der das nur bestätigen. Es gab vor ein hätte natürlich längst eingegriff en. 25. Führende deutsche Friedens- paar Jahren eine Kampagne gegen Es gibt hier eine off ensichtliche

28 - FK 2009 Doppelmoral, die dazu führt, dass Zukunftsforschung ist, dass diese mehr herabgesetzt, soweit, dass die Glaubwürdigkeit aller westlichen zum größten Teil von der Indus- dann Zukunftsschäden, die in 100 Werte inklusive der Demokratie in trie bezahlt wurden, auch akade- Jahren passieren werden, heute den arabischen Ländern rapide am mische Zukunftsforschung wurde überhaupt nicht mehr berücksich- Sinken ist. Und deswegen glaube mehr und mehr im Interesse der tigt werden. Das ist - wie ich vorher ich, je stärker die Proteste der Industrie gemacht. Zum Beispiel sagte - ein Problem der Ökonomen, Zivilgesellschaft gegen diese Doppel- gab es vor einigen Jahren eine die im Dienste der Macht stehen und moral sind, desto mehr wird uns das Untersuchung der amerikanischen die auch davon ausgehen, dass alles helfen, auch Alliierte in der arabis- Zukunftszeitschrift ‚Futures’, in der besser wird. Aber es wird in Zukunft chen Welt zu bekommen und damit man feststellte: Von 34 Zukunftsstu- noch viel teurer werden, die Folgen zu verhindern, dass es dort einen dien in den USA haben nur zwei solcher Entscheidung wieder gut zu Rückschritt gibt hin zu Intoleranz die Umweltproblematik überhaupt machen. Beim Klima wird es für die und Obskurantismus. erwähnt, weil diese natürlich die Null-Grad-Erwärmung schon zu spät ganzen optimistischen Prognosen sein. Die 2-Grad-Grenze wird schon Publikum: Bisher glaubte man mehr über technischen Fortschritt und gewaltige Anstrengungen erfordern oder weniger an die Maxime: „Wir wachsende Märkte über den Haufen und große regionale Verwerfungen lernen von der Geschichte, um die geworfen hätte. Deswegen hat man mit sich bringen. Große Teile Nor- Fehler zu vermeiden“. Jetzt habe ich es vorgezogen, sich nicht damit zu dafrikas werden durch Dürre unbe- eine schöne Aussage gelesen: „Wir befassen. Unsere Vorfahren waren wohnbar werden. Zig Millionen Kli- stehen zum ersten Mal vor der Auf- da etwas cleverer. Da gab es in meh- mafl üchtlinge werden kommen – vor gabe, von der Zukunft zu lernen.“ reren Zivilisationen eigene Institu- allem nach Europa. Das hätte man Wie macht man das konkret? Frage tionen. Im kolonialen Südindien zum natürlich schon verhindern können, an den “World Future Council”: Ein Beispiel gab es den „Rat der Seher wenn wir vor 30 Jahren angefangen in die hätten. Aber da war der Zukunftsop- Zukunft“. timismus noch zu ungebrochen. Bill Dieser Mollison hat bei der Preisverleihung bemühte des Alternativen Nobelpreises 1981 sich, die schon über die beunruhigenden Folgen Veränderungen, die er in Australien der Bes- erlebte, geschrieben. Und man hat chlüsse, nicht darauf gehört! Das Ergebnis die ist, dass jetzt in Australien wegen gefasst Wassermangels schon ganze Städte Problem scheint mir zu sein, dass wurden, für die zukünftigen Genera- evakuiert werden müssen. viele von diesen wissenschaftlichen tionen so weit wie möglich ein- Klimaprognosen eigentlich zu opti- zuschätzen. Von den Ureinwohnern Publikum: Manche profi tieren mistisch sind. Bei einer Diskussion in Nordamerika kennen wir das natürlich auch von diesem Verlust. sagte der Präsident des Max-Planck- Prinzip der „siebten Generation“, Überall wo ein Gewinn ist, ist auch Instituts für Meteorologie Folgendes, das heißt, alle Beschlüsse mussten ein Verlust. Und diese Verluste zu als ich ihn nach den Zielen fragte, von den Stammesältesten überprüft bilanzieren und in den Mittelpunkt die wir uns stecken müssen. „Ich werden auf ihre Folgen auf die der gesellschaftlichen Diskussion zu glaube nicht, dass wir uns an diese nachkommende 7. Generation nach stellen, denke ich, das ist die Haup- 2-Grad-Celsius-Grenze halten sollten. der, die den Beschluss gefasst hatte. taufgabe der Friedensbewegung – Ich würde lieber 0 Grad einführen“. Und in Westafrika hatte man das unser aller, die wir hier sind. Und Und weiter: „Nein nein, ich habe Prinzip der „drei Generationen“, das ich denke dabei natürlich auch an vor 20 Jahren schon genau diese 2 heißt bei allen Beschlüssen muss- die Frage der Friedenssteuer. Jeder Grad vorausgesagt.“ Ja, wenn er das ten die hochverehrten Ahnen, die kann sich überlegen, was er für eine so genau vorausgesagt hat, warum gegenwärtige Generation und die sinnvolle Kanalisierung von Gel- stehen wir heute da, wo wir stehen, zukünftige Gesellschaft berücksich- dern tun kann. Hier geht es um ein wenn das stimmt? Das heißt, nicht tigt werden. Und heute haben wir ganz großes Problem, an dem wir – nur die Prognosen sind unzuverläs- die Situation, dass unser Einfl uss auf glaube ich – arbeiten müssen. sig, sondern die Umsetzung dieser die Zukunft natürlich viel größer Mary-Wynne Ashford: Ja, vielen Prognosen auch. ist als zuvor bei unseren Vorfahren. Dank für Ihre Bemerkung. Das ist Und trotzdem wird er immer ger- Jakob von Uexküll: Ja natürlich sehr wichtig. In meinem Buch habe inger, weil wir der Meinung sind, können wir die Zukunft nicht genau ich es als eine Schande bezeich- der Fortschritt werde das schon voraussehen. Gerade deswegen net, dass das Geld von den Men- irgendwie regeln, es werde alles braucht es Institutionen, die das schen aus der Bevölkerung in die besser werden. Und deswegen wird wenigstens versuchen. Das Problem Hände einiger reicher Unternehmen auch die Zukunft im Preis immer bei der heutigen wissenschaftlichen gespielt wird. Das gleiche triff t auch

FK 2009 - 29 für Geld zu, das benutzt wird, um Staatengemeinschaft. Man soll die ihm unsere Finanzpolitik aufdrängen Katastrophen zu lindern. Auch hier Fortschritte, die da seit dem zweiten wollte. Dieser hat mir vor ein paar werden wieder Unternehmen gegen Weltkrieg gemacht wurden, auch Wochen gesagt – nachdem er bereits Geld beauftragt – wir haben das nicht gering schätzen. Schauen pensioniert war – sein Ziel sei jetzt beim Hurrikan Katrina gesehen – wir uns die Länder in der EU an: die Abschaff ung des Krieges. Dafür hier wird Geld aus den habe er eine Stiftung gegründet. Händen der Menschen Ich habe mich gewundert, dass ein an bereits reiche Un- derartiger Machtpolitiker doch an ternehmen gegeben. Die eine solche Möglichkeit glaubt. Es Antwort hierzu kann nur ist heute wirklich die Zeit gekom- sein, die öff entliche Auf- men! Ich erlebe das öfter, dass mir merksamkeit hierauf zu inzwischen pensionierte Politiker lenken und Information sagen: „Wir können uns in dieser an die Leute zu bringen, Welt keine Kriege mehr leisten und um Protestbewegungen wir glauben, die Zeit ist gekommen, und Widerspruch her- um Kriege so einzugrenzen, dass die vorzurufen. Weltgemeinschaft sie beherrschbar machen kann.“ Das heißt, es werden Jakob von Uexküll: Konfl ikte wohl auch weiterhin beste- Krieg als Geschäft – hen, aber man soll diese Zahlen, wahrscheinlich war es die wir gestern hörten, auch nicht in den letzten 10/20 gering schätzen. Es gibt schlimme Jahren lohnender, mit Konfl ikte in der Welt, es gab sie, Finanzderivaten zu aber wir hörten gestern Abend auch handeln, als Krieg zu eine Statistik, wonach die meisten machen. Aber Sie haben Friedensmissionen der Vereinten natürlich grundsätzlich Nationen erfolgreich gewesen sind. Recht. Mich erinnert Nur das Problem mit den Medien: das jetzt wieder an eine Darüber lesen wir nichts! Wir hören Frage, die ich gestern immer nur, wenn etwas fehlgeschla- nicht mehr beantwortet gen ist, zum Beispiel im Kongo. habe, nämlich: „Wird Aber die Tatsache, dass wir an der die Politik dadurch nicht mit ethis- Jahrhunderte lang waren sie mis- Elfenbeinküste einen schlimmen chen Forderungen überfrachtet?“ strauisch gegeneinander und haben Bürgerkrieg hatten und dass du- Den Glauben, dass man Politik mit bei Problemen einen Krieg mit ihren rch UNO-Vermittlung dort wieder Ethik überfrachten könne, fi nde Nachbarn angefangen. Heute ist es Frieden herrscht, hören wir nicht. ich - aus diesem Publikum - eine vollkommen unvorstellbar, dass ein Ich glaube, wir sollten auch dafür interessante Einstellung, um es Krieg zwischen EU-Ländern stattfi n- sorgen, dass Friedens-Erfolgsge- gelinde auszudrücken. Alle großen den würde. Das kann sich natürlich schichten viel mehr Aufmerksamkeit Fortschritte in der Geschichte ändern, wenn das Klima-Chaos sich bekommen. wurden erreicht, wenn vorher ein verbreitet. Dann weiß man nicht, gesellschaftliches Problem zu einer wie es weitergeht. Aber es ist zur Zwischenfrage: Wie kann man das ethisch-moralischen Frage wurde. Zeit unvorstellbar. Ein Atomkrieg machen? Die Sklaverei wurde auf diesem hätte in den 80er-Jahren, als die Nun dadurch, dass wir das selbst re- Wege abgeschaff t. Die Bürgerrechts- Sowjetunion schon im Zusam- cherchieren und publizieren, immer bewegung in den USA hat aus ihren menbruch war, leicht ausgelöst wieder auch Leserbriefe schreiben. Anliegen eine ethisch-moralische werden können. Die Tatsache, Natürlich, wir müssen Druck auf die Frage gemacht und man hat den dass es gelang, diese Gefahr zu Medien ausüben, dass sie nicht nur Kampf gewonnen. Beim Frauenstim- überwinden, dass wir nicht unter das Negative berichten. Ich glaube, mrecht war es genauso. Das heißt diesem täglichen Damoklesschwert es ist sehr wichtig, weil man sonst natürlich nicht, dass die bekämpfte eines atomaren Krieges leben, das den Menschen ja völlig die Hoff nung moralische Einstellung dann völ- ist ein riesiger Fortschritt. Ich war nimmt. Aber ich glaube, das ist auch lig verschwindet. Ich meine, der jetzt positiv überrascht über einen eine Aufgabe der Friedensbewegung, Rassismus ist verpönt, er ist jedoch Machtpolitiker wie den ehemaligen die UNO zu unterstützen und zu re- nicht völlig verschwunden. Aber malaysischen Premierminister Dr. cherchieren, wo es wirklich erfolgre- der erste Fortschritt ist, dass jeder, Mahathir – sicherlich kein glänzen- iche UNO-Einsätze gibt. der bei einem Problem über krieg- des Vorbild für die Zivilgesellschaft erische Lösungen redet, erst ein- dort, aber ein Mann, der wagte, dem Clemens Ronnefeldt: Vielleicht mal ethisch-moralisch hinterfragt Westen Paroli zu bieten, als man noch zwei Hoff nungsgeschichten wird, also ausgefroren wird aus der 30 - FK 2009 sowohl in die Ökonomie und die nehmen, deswegen habe ich etwas Politik, als auch in die öff entliche gegen „Deglobalisierung“. Ich habe Diskussion einfl ießen. Wissen Sie, mir gedacht: Worum es wirklich wie man das unterstützen kann? geht ist Citizenship – Erdbürgertum. Oder sind Sie anderer Meinung? Wir müssen wieder anfangen, Bürger zu sein, bevor wir Konsumenten Mary-Wynne Ashford: Nein! sind. Wir sind gezwungen, das Aber ich gebe zu, das ist eine ganz global anzugehen, weil die Probleme wichtige Frage, auf die wir zugehen global sind und es kein Entkom- müssen. Leider weiß ich jetzt selber men gibt. Das gilt für das Klima, für auch nicht ganz den richtigen Weg, die Radioaktivität und vieles mehr. zu Ihrer Frage, kurz vor der Pause. wie wir dahin kommen können. Natürlich müssen wir andererseits Am zweiten Tag nach seiner Amt- Vielleicht ist ja das ‚Future Council’ wieder die lokale und regionale seinführung hat Barack Obama ein darauf vorbereitet? Ansonsten ist Ebene stärken. Denn auf ihr können Brandwaff en-Kontrollabkommen sicher auch einmal ein sehr guter wir aktiv sein und Einfl uss haben. unterzeichnet – das die Bush- Weg, die Religionen anzusprechen Es ist zum Beispiel viel billiger, Regierung zwar ratifi ziert, aber und sie zu bewegen, aufeinander Arbeitsplätze für den lokalen oder all die Jahre nicht unterzeichnet zuzugehen, miteinander zusammen regionalen Markt zu schaff en als für hat. Die vor einiger Zeit gestartete zu arbeiten. Morgen wird ja in dieser den globalen. Dort können wir soge- Ladung Phosphorwaff en an Board Richtung schon ein guter Schritt ge- nannte Externalitäten auch leichter * eines Schiff es nach Israel wäre mit tan . Und ansonsten würde ich auch beherrschbar machen, die positiven Obama jetzt verboten – und sie wird vorschlagen, dass man sich selbst können wir genießen, die negativen auch künftig verboten sein. Ich sage bemüht, in der Nachbarschaft, in Or- sind leichter zu beherrschen, weil es Ihnen das, weil es nicht bekannt ist, ganisationen zusammenzukommen. leichter ist, kleine Fehler wieder gut nicht in deutschen Zeitungen steht. Vielleicht wäre es ja auch eine ganz zu machen als große. Und deswegen Krieg wird immer mehr privatisiert, gute Idee, die Sache einmal anders- ist diese ganze Globalisierungsidee Firmen verdienen daran. Die Firma herum anzugehen und zu überlegen: eigentlich von vornherein falsch Blackwater musste aber jetzt den Welche Werte haben wir? Für wel- konzipiert. Wir haben immer gehan- Irak verlassen, nachdem ihre Männer che Werte ist es uns denn wichtig, delt und Handel getrieben. Allein viele Zivilisten umgebracht haben. dass eine Struktur darum aufgebaut der Glaube, dass Menschen sich jetzt Der Kontrakt der Regierung Maliki wird? Und dass wir diese Werte wirklich aus Effi zienzgründen von mit Blackwater wurde gekündigt. zuerst nehmen, zuerst festlegen und irgendwelchen globalen, anonymen dann auf der Grundlage dieser Werte Mächten abhängig machen sollten - Fortsetzung nach einer 15-minütigen versuchen, Menschen zu fi nden, die und das würde dann Wohlstand für Pause wir wählen können, Strukturen zu alle bringen – das war natürlich von fi nden, die uns diese Werte sichern. Publikum: Vorhin wurde gesagt, vornherein ein Fehler. Der globale welche Systeme und Strukturen sich *Gemeint ist das Friedensgebet der Religio- Freihandel hat sicherlich theore- als unbrauchbar erwiesen hätten, der nen zum Abschluss der Friedenskonferenz tisch zu einem Zuwachs geführt, Kommunismus, der Kapitalismus etc. aber eben auch zu einem ökologisch Und die große Frage ist jetzt, wie Jakob von Uexküll: Ich habe letztes soll es weitergehen und wer weiß Jahr den Erich-Fromm-Preis bekom- das? Geht es in Richtung sozialer men und musste mich da natürlich Zusammenschlüsse oder so ähnlich? vor meinem Vortrag mit Fromm´s Ich weiß es nicht und wir wissen es Texten beschäftigt, geschrieben vor alle nicht. Aber mir fehlt etwas, wo 50 Jahren. Ich habe festgestellt, ich immer an Grenzen stoße. Ich wie unglaublich aktuell er ist und kenne verschiedene Gruppierungen, dass er die Wirklichkeit beschreibt. solche, die sich mit Psychoanalyse Der britische Ökonom John Nev- auskennen, andere, die sich mit Spir- ille Keynes hat einmal gesagt: „Das itualität befassen oder mit sozialer Problem ist nicht, neue Ideen zu Politik oder mit Gesellschaftspolitik entwickeln, das Problem ist, die oder politischer Politik. Aber es ist alten zu überwinden.“ Und ich habe mir noch nie eine Veranstaltung mir jetzt bei der Arbeit der ‚Future bekannt geworden, bei der das kom- Finance Commission’ des ‚World biniert wird. Ich habe vor 20 Jahren Future Councils’ eine Überschrift zu schon gesagt, wenn jemand so nach unserem ersten Papier überlegt, weil Reichtum giert, dann ist er krank. die Globalisierung rapide an Glaub- Und ich möchte gerne, dass psycho- würdigkeit verliert. Nur, ich bin analytische und spirituelle Aspekte dagegen, nur negative Ausdrücke zu

FK 2009 - 31 katastrophalen Wirtschaftswach- seien neue religiöse Orden gegrün- eine Art alternatives Parlament für stum. Aber vor allen Dingen, die det worden. Wie wäre es denn, wenn München. Ich bin Münchner und Gewinner haben ja die Verlierer die Religionen zusammen kommen dies gerne. Mein Wunsch, meine nicht kompensiert. Sie haben den und gemeinsam für die Menschen da Vision wäre irgendwo ein Haus, in ganzen Gewinn an sich gerissen und sein würden? Sicherlich besonders dem zivile Menschen genau diese deswegen ist dieses System natürlich für junge Menschen und Menschen ganzen Themen mit einbringen, die jetzt so total unglaubwürdig. Für aller Altersgruppen, die nicht nur wir hier die ganze Zeit besprechen mich geht es darum, sich als Bürger sonnabends in Greenteams für und die für politische Entscheidung- wieder zu überlegen: Was können Greenpeace arbeiten wollen, sondern sprozess wichtig sind. Es sollten wir jetzt erreichen? Wo können die ihr Leben der Zukunft der Erde gleichzeitig Politiker eingeladen wir auch Macht erreichen? Denn widmen möchten. Kann man für die sein, daran teilzunehmen, damit das die Machtfrage darf nicht ignoriert nicht so eine Art Orden schaff en, in Wissen auch an sie weitergegeben werden. Es geht darum, dass wir dem sie die Möglichkeit haben, rich- wird. Natürlich bin ich beim Münch- wieder Macht über unser Leben tig für die Erde zu arbeiten, für den ner Stadtrat auch skeptisch, ob das erreichen und dass wir dafür sor- funktionieren könnte. gen, dass wir unseren Kindern eine Gleichzeitig könnten wir gesunde Welt übergeben können. aber sagen: Nein, wenn Und natürlich brauchen wir dazu ihr nicht mitmacht, dann eine ethisch-moralische Wende. Und machen wir einfach mit natürlich sind die Religionen sehr zivilen Mitteln alles, was wichtig. Aber dafür müssen wir in wir umsetzen können. Ich den Kirchen auch aktiv werden. Zu sehe auch, dass wir für glauben, dass die das von sich aus solche Ideen unglaublich machen, das halte ich leider für illu- viel und immer mehr sorisch. Ein Kirchenführer mit einem freies Potenzial in Form starken Verantwortungsgefühl für von Zeit zur Verfügung Ökologie ist der orthodoxe Patriarch haben. Das ist also mein Bartholomaios. Er organisiert alle Traum und ich habe paar Jahre eine Konferenz auf einem schon mehrere Ideen, Schiff , auf dem sie eine Woche lang was man da machen diskutieren und Vorträge hören von könnte. Zum Beispiel bekannten Wissenschaftlern und in Sachen Energie: Wir Ökologen und Religionsführern. Das haben in München eine Ganze nennt sich ‚Religion, Sci- Frieden, für die Umwelt? Das wäre ganz besondere Konstellation – die ence and the Environment Sympo- doch etwas, wofür die Religionen Stadtwerke München sind das sech- sia’. Ich habe diesen versammelten zusammen jetzt wirklich etwas ganz stgrößte Energie-Unternehmen in Erzbischöfen und Kardinälen – es Konkretes tun könnten! Daraufhin Deutschland, und dieses unterliegt sind auch oft welche aus anderen gab es dann auch Schweigen, bis ein komplett dem Stadtrat, das heißt, Religionen dabei – vorgeschlagen, Erzbischof die Hand hob und fragte, die Stadt München ist Eigentümerin sie sollten doch einmal anfangen, ob in diesem Orden auch der Zölibat der Stadtwerke. Wenn wir hier diese Zukunftszerstörer und Um- herrschen würde. eine Energiewende wollen, dann weltzerstörer zu exkommunizieren. bräuchten wir uns nicht mit so Es gab da – nein, keinen großen Publikum: Zur Frage aus dem Pub- starken Widerständen von großen Widerspruch, sondern betretenes likum nach einer Zusammenschau Energiekonzernen auseinander zu Schweigen – bis ein griechischer aus verschiedenen Wissensdiszi- setzen wie sonst in Deutschland. Bischof dann meinte: „Nein, nein, plinen: Ich habe im letzten Sommer Mein Angebot und meine Einladung das hilft alles nichts, das Einzige tatsächlich eine solche Veranstaltung spreche ich für alle aus, die daran was noch hilft, ist eine Katastro- erlebt, einen Kongress für integrale auch Interesse haben, so etwas phe in den eigenen Wänden, um Politik, bei dem die von Ihnen zu machen. Bitte kommen Sie auf die Leute aufzuwecken.“ Da habe genannten drei Zugehensweisen zur mich zu! Meine Frage ans Podium: ich dann gefragt, an welche Art Sprache kamen. Wenn Sie oder auch Kennen Sie auf kommunaler Ebene von Katastrophe er denn denke. Er andere Menschen hier im Raum solche Ansätze und was gibt es dazu meinte daraufhin: „Ja zum Beispiel daran Interesse haben, können Sie zu sagen? Danke. die Überfl utung Londons“. Da sitzt auf mich zukommen. Ansonsten also der englische Bischof und hoff t, möchte ich mich erst einmal bedan- Clemens Ronnefeldt: Vielleicht dass London überfl utet würde! Das ken. Ich war gestern schon da und auch noch eine Ergänzung: Hep ist natürlich schon merkwürdig. In fi nde die Veranstaltung sehr bere- Monatzeder sagte mir gestern, der der weiteren Diskussion sagte ich, ichernd. Ich bin sehr beeindruckt Münchner Stadtrat habe beschlos- in allen historischen Umbruchzeiten von dem, was Sie tun. Ich fühle sen, dass Grabsteine aus Kinderar- mich ermutigt. Ich habe eine Vision: beit für die öff entlichen Friedhöfe 32 - FK 2009 nicht mehr eingeführt werden das müsste schon zu einer deutlichen die sind ja geschaff en worden, um dürfen. Dagegen hat ein einziger Verschiebung der Prioritäten führen. die Interessen unserer Kinder und Steinmetz hier in München geklagt zukünftigen Generationen zu wah- und hat Recht bekommen. Aber weil Jakob von Uexküll: Also nach ren. So etwas kann man schaff en München diese Regelung verbindlich meiner Erfahrung ist es gut, wenn innerhalb der existierenden Parla- gemacht hat, haben derweil schon wir - wo immer möglich - in exis- mente. Solche Ausschüsse gibt es in 100 andere Städte in Deutschland tierende Strukturen eintreten und einigen Ländern in verschiedenen einen ähnlichen Beschluss gefasst. dabei versuchen, Veränderungen zu Modelle, zum Beispiel in Finnland, Das heißt, wir können uns nach wie erreichen. Denn die Demokratie hat Ungarn und in Israel. Man kann nun einmal diese sie auch als separates Gremium Struktur geschaff en schaff en, wobei die Mitglieder zum und in ihnen liegt Teil ernannt, zum Teil gewählt, zum tatsächliche Macht. Teil auch von der Zivilgesellschaft Wenn wir nur von ernannt werden – also nicht nur außen arbeiten, von den Parlamentariern. Ja, solche besteht immer die Zukunftsräte kann man auf lokaler Gefahr, dass auch Ebene schaff en, zum Beispiel kann andere von außen man einen Münchener Zukunftsrat arbeiten, die viel ins Leben rufen! Aber wie gesagt, mehr Mittel und nicht alles als weitere NGOs, eine Geld haben als unter hunderten oder tausenden, wir. Also, solange sondern wirklich als ein Gremium! es möglich ist, in Da muss man einen Antrag einre- politische Parteien ichen und dafür kämpfen, dass die eintreten und dort Stadt München sagt: Wir schaff en aktiv zu werden, jetzt dieses Gremium, das wirklich ist das für mich die Interessen der Zukunft Münchens immer der erste betrachtet. Dieses Gremium hat zwar vor durchaus entscheiden, mit wem Schritt. Ich glaube, es ist sehr wich- kein Veto-Recht, das werdet Ihr wir zusammenarbeiten wollen. Und tig, dass wir besonders auf lokaler nicht durchsetzen. Aber wie gesagt, die Stadt respektiert auch dieses Ebene dafür sorgen, dass die Bürger man wird also diese Empfehlung ethische Kriterium: keinen Stein – unsere Mitbürger – vertreten schon sehr ernst nehmen. Wo es mehr aus Kinderarbeit. Auch dieses werden von Personen, die mehr diese Gremien gibt, sind sie sehr, ist etwas, was auf lokaler Ebene Weitblick haben, gerade wenn es sehr wirksam! funktionieren kann. darum geht, längerfristig zu planen. Es gibt ja keinen Grund, warum in Publikum: Darf ich dazu gleich Mary-Wynne Ashford: Vielen Dank den Parteien und anderen Entschei- etwas sagen: So etwas gibt es schon. für Ihre inspirierenden Worte. Ich dungsgremien nicht längerfristig ge- Die ‚Initiative Zukunft Haus Mün- bin sehr froh, dass ich hier bin und plant und entschieden werden soll. chen’ existiert bereits seit zwei das heute hören kann. Ja, ich würde Man kann sicherlich dann Gremien Monate, und zwar nach einem vorschlagen, auf der Suche nach schaff en speziell für den Schutz der Schweizer Vorbild. Wer sich da- eigenen Handlungsmöglichkeiten Zukunft. Dafür gibt es ganz unter- für interessiert, kann sich an mich einfach im Web zu surfen. Da gibt es schiedliche Modelle. In der Schweiz wenden. das ‚International Center for Sustain- zum Beispiel wollte man zunächst able New Cities’ und da wird sehr einen nationalen Zukunftsrat sozusa- Clemens Ronnefeldt: Ja, Profes- gute Arbeit geleistet. Hier ist meine gen als dritte legislative Kammer mit sor Dürr bestätigt, dass eine solche Schwester Vorsitzende, - aber ich einem Zukunfts-Veto-Recht grün- Initiative in München im Werden ist. fi nde auch so, dass sie gute Arbeit den. Das wurde natürlich von den Auch er kann dazu Auskunft geben. macht. Bei diesem „International anderen Parteien gleich blockiert. Publikum: Auf weitere Fragen nach Center“ fi nden Sie viele kommunale Erfolgreich waren dagegen Gremien einer Weltregierung und nach der Projekte mit Beteiligung der Zivilge- oder parlamentarische Ausschüsse Agenda 21 antwortet Jakob von sellschaft, zum Beispiel im sozialen auf kommunaler Ebene. Die haben – Uexküll. und im Umweltbereich. Aber nach- wenn auch kein Veto-Recht – doch dem Sie doch gesagt haben, dass Sie einen spürbaren Einfl uss auf En- Jakob von Uexküll: Also eine in München etwas bewegen wollen, tscheidungen, bei denen es um die Weltregierung ist natürlich immer wäre es vielleicht eine gute Idee, den Interessen zukünftiger Generationen eine Hoff nung, die sich dann aber Stadtrat in München ganz konkret geht – und das werden ja immer zerschlägt, nicht, weil das unrealis- anzusprechen und zu fragen: „Wie mehr. Für die Legislative und Exeku- tisch ist. Vielmehr muss man wohl wollen Sie denn, dass Ihre Stadt in tive ist es dann immer schwierig, befürchten – auch wenn es keine 100 Jahren aussieht?“ Und allein sie einfach zu überstim¬men, denn Weltdiktatur werden würde – dass FK 2009 - 33 die meisten Bürger damit nicht ein Dokument, das entworfen wurde nach unter ‚Vote for World Govern- glücklicher wären. Sie fühlen sich unter Aufsicht des ‚Earth Council’, ment’, das ist eine tolle Website, aus jetzt schon völlig ohnmächtig, wenn die ihr Hauptquartier in Costa Rica der Sie auch wirklich Ideen heraus- sie an die Regierungen denken, die hat. Die Erd-Charta hat jetzt in Brüs- holen können. Hier wird folgender da oben und ganz weit weg sind, sel ein separates Sekretariat , von Vorschlag gemacht: Von der ganzen und an die Lobbyisten mit ihrem wo aus die Aktionen im Augenblick Weltbevölkerung werden nach einen großen Einfl uss. Bei einer Weltre- geleitet werden. Schauen Sie unter bestimmten Verfahren 700 Ver- gierung würde sich das noch sehr ‚Earth Charta’, sicherlich auch unter treter in das ‚World Gouvernement’ verschlimmern. Wir brauchen Insti- ‚Erd-Charta’ nach, da werden Sie gewählt, das nun nicht die Aufgabe tutionen auf globaler Ebene, aber Informationen leicht fi nden. Es ist hat, die Welt wirklich zu regieren, ich glaube, eine Weltregierung wäre ein Dokument über unsere Verant- sondern das Ziel wäre lediglich, eine kein Ziel. Was wir machen müssen wortung für die Zukunft, das erstellt Plattform zur Verhinderung und ist, dass wir auf globaler Ebene wurde mit Finanzierung unter an- Besprechung von Kriegen und zur starke Strukturen aufbauen, die derem von der Familie Rockefeller. Beachtung der Umwelt zu bieten. Friedens-Sicherheit liefern, die die Sie ist kein Elitedokument, vielmehr Umwelt schützen – deswegen also wurden in einem jahrelangen Proz- Publikum I: Wenn Sie gerade von diese ‚IRENA’. Das war ja grotesk, ess Zehntausende von NGOs der gan- Umwelt sprechen und Google nen- dass wir eine Agentur haben zur För- zen Welt dazu befragt und ihr Input nen, dann ist das sehr kontraproduk- derung der Atomenergie, aber keine ging dann in dieses Dokument ein. tiv. Sie wissen selbst sicherlich, wie Agentur zur Förderung der erneu- Das ist also schon ein sehr konzedi- viel Energie verschwendet wird, erbaren Energien. Und notwendig ertes und empfehlenswertes Doku- wenn einmal gegoogelt wird. Aber sind Reformen auf der UNO-Ebene. ment, das eine sehr gute Basis liefert das ist nicht meine Frage. Ich denke Zum Beispiel müsste aus dem UNEP, für das, was wir jetzt tun müssen. mir, unser Problem ist vielfach, dem UN-Umweltprogramm, mit dem Alternativen konkret aufzuzeigen. wir zusammenarbeiten, eine richtige Zwischenruf: Aber anscheinend Die Veranstaltung ist für mich sehr UN-Organisation mit ausreichender kaum jemandem bekannt. bereichernd, sonst wäre ich nicht Finanzierung werden. Ich stelle mir hier. Aber sie befriedigt mich nicht, Nun, das weiß ich nicht – global ist auch vor, dass die Abschaff ung des und zwar, weil ich keine konkreten es schon bekannt. Aber wie so oft Veto-Rechts im UN-Sicherheitsrat Alternativen höre. Wir hören posi- hapert es wohl an den Medien, die die globale Demokratie fördern wür- tive Weichenstellungen – tut gut, nicht berichten, und an der inter- de. Aber wir erleben immer wieder, ist wichtig. Aber in der konkreten nationalen Vernetzung. Ich stelle wie schwierig es ist, schon kleine Umsetzung, da fehlt es. Gestern kam fest, dass ganz wichtige Bücher zum Reformen in den internationalen von Herrn von Uexküll die Aussage, Bei¬spiel nur auf Englisch existieren Institutionen durchzusetzen. Deshalb „Wir brauchen eine neue industrielle und dass es außerhalb der eng- bin ich dafür, Spezialorganisationen Revolution“. Sie haben selbst noch lischsprachigen Welt oft sehr schwi- neu zu gründen. Was den ‚World mal deutlich gesagt, Rahmenbedin- erig ist, über diese Themen zu dis- Future Council’ angeht, hat er als gungen müssen sich ändern, sonst kutieren, weil die Grunddokumente Gründungsdokument die Erd-Charta fallen und laufen alle Dinge ins nicht zur Verfügung stehen. Man genommen. Ich kann jetzt nicht Leere. Frage: Was können wir tun, muss da schon sehr engagiert und beurteilen, ob man auch die Agenda um diese Rahmenbedingungen zu international eingebunden sein und 21 als Gründungsdokument aufneh- ändern? Weiterhin, Frau Ashford, Englisch lesen und googeln, um her- men sollte, weil ich die praktischen auch Sie wurden am Anfang von auszufi nden, was los ist. Das ist also Auswirkungen momentan nicht der ersten Dame nach Alternativen schon ein Problem, auch in einem so einschätzen kann. Ich glaube, da gefragt. Ich weiß keinen Weg. Und großen Land wie Deutschland. Aber gibt es inhaltlich auch vieles, was in das ist – denk ich mir – unser Prob- Sie können sich an mich wenden. der Erd-Charta vorkommt. Und die lem. Spirituelle Veränderung, Werte Meine Leute arbeiten seit annähernd Erd-Charta ist genommen worden, anders setzen, wichtig, in Strukturen 10 Jahren daran, dieses Dokument weil sie sehr konzediert ist und weil hineingehen, wichtig! Aber letz- zu verbreiten. Und wäre das hier sicherlich auch Mitglieder im ‚World tendlich bleiben wir kleckerhaft und ein Treff en einer Umweltorganisa- Future Council’ sind, die aktiv bei ändern nicht das System. Aber wir tion, dann wäre es sicherlich sehr der Erd-Charta und bei ihrer Ver- müssen das System ändern. bekannt. Da haben wir die Trennung breitung mitarbeiten. Die Agenda zwischen Umweltorganisationen und Publikum II: Ich habe die letzten 21 hat ja eigentlich keine globalen Friedensorganisationen – das ist ein drei Fahrten von Paris nach Moskau Fürsprecher in dem Sinne, aber sie großes Thema. für Frieden und neue Energien – hat sich natürlich auf lokaler Ebene ‚Bike for Peace and New Energies’ in sehr vielen Städten als hilfreich Mary-Wynne Ashford: Ja, ich – mitorganisiert. Wie weit sehen Sie erwiesen und wird dort auch immer möchte Ihnen jetzt einen ganz die Möglichkeit, dass solche Touren noch umgesetzt. konkreten Hinweis geben. Schauen einen Bewusstseinswandel einleiten? Die Erd-Charta – Earth-Charta - ist Sie doch einfach einmal in Google Hier fährt niemand schnell, sondern 34 - FK 2009 wir fahren alle gleichzeitig, kommen nicht einfach. Das Gute ist oft der Die Rahmenbedingungen zu ändern, gleich an. Glauben Sie, dass solche Feind des Besten. Der österreichische ist sicherlich ein großer Anspruch. Touren einen Bewusstseinswandel Philosoph Viktor Frankl hat gesagt: Deswegen habe ich gesagt, wir müs- einleiten können bei den Menschen, „Manchmal ist das Richtige nur zu sen damit anfangen, uns mehr poli- die teilnehmen oder bei denen, die 55% richtig“. Aber trotzdem müsse tisch zu engagieren. Das System zu fehlen? Das ist meine Frage. man es tun. Und wenn wir einerseits ändern, das wird sicherlich kommen, sagen, wir müssen besser informiert wenn genügend Menschen das tun. Mary-Wynne Ashford: Wenn Sie werden über die Erd-Charta und Das System hat sich aber auch ohne Hinweise zur Wirkungsweise von andererseits darauf hinweisen, dass unser Zutun in den letzten zwei Jah- konkreten Aktionen suchen, dann Google natürlich auch Energie vers- ren sehr stark geändert. Wenn man möchte ich Sie auf mein Buch ver- peist, dann ist das alles richtig. Dann sieht, was heute in der Finanzpresse weisen. Hier sind konkrete Dinge muss man halt entscheiden, was das besonders diskutiert und auch von erwähnt, Dinge die jeder und jede Wichtigste ist. Das Internet ist nicht Regierungen akzeptiert wird, das von uns tun kann, Dinge die auch immer die Lösung. Aber ich kann wäre vor 12 Monaten völlig unvor- Wirkung zeigen. Da sind Ideen drin, Ihnen auch ein anderes Beispiel stellbar gewesen. Und dann geht es was Männer, Frauen und sogar geben: Bei einer Diskussion über auch darum, die positiven Alterna- Kinder machen können, um gehört Bevölkerungszuwachs hat einmal je- tiven durchzusetzen. Ich verweise zu werden, um einen Wechsel her- mand gesagt: „Wissen Sie, wenn sich auf sehr viele Beispiele von unserem beizuführen. Schauen Sie auch ein- ein deutsches Paar trennt und zwei alternativen Nobelpreis und möchte Single-Haushalte gründet, dazu sagen: Sie zeigen alle, was sich dann schaff t das einen auf lokaler und regionaler Ebene Mehr-Energieverbrauch, tatsächlich verändern lässt. Ich will der genauso hoch ist wie natürlich niemandem sagen, was der Verbrauch von 31 genau die konkrete Alternative ist, Namibiern.“ Da kann man für die er/sie sich einsetzen muss. natürlich sagen, bleibt Es gibt diese Alternativen auf fast zusammen oder zieht in allen Gebieten. Wir zeigen seit 30 Wohngemeinschaften – Jahren durch die Preisträger, dass das ist eine praktische Al- sie auch funktionieren. Das ist nicht ternative. Aber jeder muss nur Theorie! Ich habe auch gesagt, da anfangen, wo er selbst wir brauchen neue Institutionen. Wir ist. Und wenn ich nun ein hörten, dass es für einen Münchner Industrieller bin, dann ist Zukunftsrat schon eine Initiative es sehr hilfreich, dass es gibt. Wenn Sie nicht aus München eine Studie von Michael sind, könnten Sie in Ihrem Heima- Braungart gibt. Das Buch tort mit Gleichgesinnten versuchen, heißt „Cradle to Cradle“ einen Rat zu gründen, damit Sie und beschreibt, wie wir erstmal das Gremium als Grundlage einsteigen können in haben, bevor Sie sich in der Welt eine Kreislaufwirtschaft, umschauen, welche Lösungen es wo wir mehr und mehr bereits gibt. Wir haben im ‚Word Fu- die Beschaff enheit der ture Council’ gesagt, wir fangen jetzt Gebrauchsgegenstände nicht an, neue, völlig neue Ideen zu fach ins Internet, auch da fi nden sich umbauen und wir von vornherein entwickeln, sondern wir schauen, ganz viele, ganz konkrete Schritte diese Kreisläufe berücksichtigen wo es beste Politiken – ‚Best Policies’ für jedermann. Zu diesen Touren, beziehungsweise fördern. Das heißt, – also Lösungen - gibt, die schon zu diesen Veranstaltungen möchte so wenig wie möglich produzieren, irgendwo funktionieren. Da stellten ich sagen – auch da sind welche in was nicht in einen von diesen Kre- wir zum Beispiel fest, dass das meinem Buch erwähnt. Natürlich isläufen passt, also in den biologis- deutsche Energie-Einspeise-Gesetz haben sie eine Wirkung! Natürlich chen, in dem es wieder verwertet bereits in 40 weiteren Ländern und sind sie von Nutzen, weil sie einfach werden kann, oder den technischen, Regionen funktioniert. Eine solche die Art, wie Menschen denken, wie in dem alles wieder verwendet Erkenntnis muss sich weltweit ver- Menschen zu einer Sache stehen, werden kann, also Recycling. Und breiten, wo immer es ein Netz gibt. verändern können und hier einiges da muss man natürlich die Produkte Deshalb führten wir entsprechende bewegen. von vornherein so herstellen, dass Studien durch und stellten sie auf sie auch wieder leicht trennbar und eine spezielle Website, die dann un- Jakob von Uexküll: Also, wir müs- die Teile in diese verschiedenen Kre- gemein technisch wurde und eigen- sen täglich entscheiden, ob wir Teil isläufe einzuführen sind. Das ist das tlich nur für Parlamentarier und Ju- der Lösung oder Teil des Problems Grundprinzip von Cradle to Cradle. risten interessant ist: Wie schaff e ich sein wollen. Und das ist natürlich

FK 2009 - 35 jetzt so ein Gesetz? Wie baue ich das entsteht für mich die Frage unserer Waff ensysteme sind schon da. Und jetzt im Baukastensystem auf? Diese Macht und unserer Ohnmacht. Mit stellt euch vor, dass wir mit unseren Website hat über 10.000 Hits pro dem Teil, der ans Militär oder an wunderbaren Initiativen plötzlich Monat mit steigender Tendenz. Und große Strukturen geht, die nicht im schlagartig voneinander getrennt wie gesagt, da sie eigentlich nur für Interesse des allgemeinen Wohles werden, dass das Internet ausfällt Parlamentarier und Juristen interes- handeln, füttern wir ja Kreisläufe, und dass die Telefone tot sind. sant ist, ist das für mich recht er- die wir auf der anderen Seite wieder Wozu diese neuen Waff ensysteme folgreich. Dann überlegten wir: Wo beklagen. Und das war mit ein fähig sind, ist im Internet unter der gibt es noch keine Netze? Die Hälfte Grund, warum das Netzwerk Frie- Adresse www.mikrowellenterror.de der Weltbevölkerung lebt ohne Net- denssteuer tätig wurde. Wir haben nachzulesen. Und da wird man euch zanschluss. Es gibt ein System einer ein Zivilsteuerkonzept erarbeitet und erzählen, dass man diese Waff en Tochterorganisation der Grameen mit fi nanztechnischen und grundg- auch im Privatbereich gegen Nach- Bank, Shakti in Bangladesch, das als esetzlichen Gutachten bewerten barn verwenden kann. Deswegen freistehendes sogenanntes Stand- lassen. Wir gehen jetzt Mitte Februar ist es wahnsinnig wichtig, darüber alone-Systems entwickelt wurde und vor das Bundesverfassungsgericht. zu schreiben. Und jetzt kommen mit Mikrokrediten fi nanziert wird. Natürlich haben wir alle keine wir wieder zu der Frage, dass die Das nur als Beispiel, es gibt wirklich Sicherheit, wie die Verfassungsrich- Medien nicht darüber berichten oder ganz konkrete Alternativen und wir ter das beurteilen werden. Aber wir nur sehr sporadisch, sehr wenig. versuchen, die aufzuzeigen und zu Die Medien lenken uns ab, sie sind verbreiten. zynisch, sie verbreiten heile Welt, Gewaltverherrlichung usw. Wir müs- Und natürlich sind – um auf die sen protestieren und aktiver sein, letzte Frage einzugehen – natürlich schreiben und uns dafür einsetzen, sind solche Touren sehr wichtig, dass die Medien davon berichten. weil sie durch viele Länder kom- men. Sie fahren ja nicht nur da an Publikum III: Ich kann gleich an- den Leuten vorbei, sondern es gibt ja schließen an die Frage der Medien dann Gelegenheit zu Diskussionen. und der Informationen. Informieren Ich glaube, das ist eine sehr gute über das, was wichtig ist. Diese Möglichkeit, die Botschaft in ver- Sorge erlebe ich auch. Ich möchte schiedenen Ländern und Kulturen aber ein positives Beispiel nennen. zu verbreiten, weil es Aufmerksam- Von Journalisten initiiert, fi ndet zur keit schaff t, wenn man da mit dem Zeit hier in München eine Ausstel- Fahrrad von weit her kommt und lung statt, die den Namen ‚Peace sich die Zeit und die Kraft genom- counts’ trägt, was soviel heißt wie men hat, um so etwas zu machen, ‚Frieden zählt’. Journalisten und nicht nur im eigenen Interesse, Fotografen haben sich auf den sondern auch im Interesse anderer Weg gemacht und Friedensmacher Länder. Also ich glaube, das sind aufgesucht und sie bei ihrer Arbeit sehr gute Botschafter für unsere beobachtet. Friedensmacher, das Ideen. sind Leute, die in Krisengebieten tätig sind an den Stellen, wo ver- Publikum I: Wir haben im Rathaus machen die Erfahrung, dass durch schiedene Parteien gegeneinander und jetzt auch hier von ganz vielen die Finanzkrise die Off enheit in der stehen oder zutiefst verfeindet sind. Alternativen gehört. Von Grup- Bevölkerung sehr groß ist, ohne dass Diese Friedensmacher bringen die pen, die lokal arbeiten und von wir viel Werbung machen brauchen. Leute ins Gespräch und erreichen, Einrichtungen, die es im Großen Ganz viele Leute, die von uns hören, dass Frieden in die Wege geleitet gibt. Für mich ist es wichtig, dass nehmen persönlichen Kontakt auf wird. Ich fi nde, das ist wunderbar, wir als Individuen auch das leben, und möchten uns unterstützen. Und dass das nicht nur der eine oder was da alles konzipiert wird – sei für mich ist eben die Frage, was un- andere mal hört, sondern dass hier es im Großen oder im Kleinen. Das terstützen wir mit unserem Geld und in München eine Ausstellung stat- heißt, beim Einkaufen können wir in welchem Kreislauf landet es? Das tfi ndet, die diese Friedensmacher ja entscheiden, ob wir zu großen ist ganz wichtig. vorstellt. Die Ausstellung wird im Lebensmittelhändlern oder auf dem Gasteig im Foyer vor dem Kleinen Land zu den lokalen Bauern gehen. Publikum II: Die nordamerikanis- Konzertsaal bis zum 20. Februar Immer, wenn wir als Handelnde che Presse hat im Internet sehr viel gezeigt. Ich kann sie nur empfehlen! tätig werden oder wenn wir Steuern darüber geschrieben, dass Bush Zu den Öff nungszeiten des Gasteigs bezahlen – da kommen wir jetzt Millionen Dollar für die Militär- kann man sie besichtigen. Und noch einmal auf die Friedenssteuer forschung von elektromagnetischen dann wird sie in anderen Städten – ist ja zum Teil das Militär drin. Da Waff en verwendet. Diese neuen sein. Die Ausstellung wandert durch 36 - FK 2009 Deutschland. nicht macht, wir haben die Abschreckung, wir Mary-Wynne Ashford: Dazu haben Atombomben.“ möchte ich keine Kommentare abge- Das müsste einfach ben. Ich fand, dass alle Ideen ganz verboten werden. Es hat wundervoll waren, und habe dem sich aber die Drohung nichts hinzuzufügen. eingebürgert und die Frage: „Was sollen wir Jakob von Uexküll: Gleichfalls. tun?“ wenn eine Ver- handlung zu scheitern Clemens Ronnefeldt: Dann mache droht. Ich sage: „Weiter- ich noch eine kleine Anmerkung zu verhandeln!“ Daraufhin: dem, was die Dame zu den elektro- „Sie haben mich miss- magnetischen Störungen gesagt hat. verstanden. Wenn wir Das ist wenig bekannt und kommt scheitern, was machen nicht in die Medien. Die ameri- wir dann, wenn wir kanische Regierung und die Militärs weiterverhandelt ha- haben im Iran bereits Versuche ben?“ Dann schreien sie angestellt, die Kommunikationswege mich an, dass ich nicht zu stören. Das ist eine Form der genügend Erfahrung mit modernen Kriegsführung und nicht Verhandlungen hätte. zu unterschätzen. Sie glauben, dass sie und Publikum: Kürzlich fanden im Eine- ich mit Verhandeln das Welt-Haus Medientage statt mit dem Gleiche meinen. Aber Thema: „Wie Medien mit Fakten die sie kennen die Media- Wahrheit verdrehen“. Dabei wurde tion, die Konfl iktvermittlung nicht, Ultima Ratio ist. In ihr ist keine deutlich, wie den Bürgern die Wah- die sich nie ausschließlich hinter Vernunft mehr drin, man triff t die rheit vorenthalten wird und wie die die eine der beiden Konfl iktparteien falschen Leute. Und Krieg löst auch Medien der Regierung alles nach- stellen darf. Für mich heißt das: Wir nicht das Problem, sondern es wird plappern, ohne kritisch zu hinterfra- sollten darauf hinwirken, dass unser schwieriger. Machen wir einmal gen, ohne Alternativen aufzuzeigen. Verteidigungsministerien in ein Min- Ernst, wir sind doch gescheit genug, Es gibt immer Alternativen, aber die isterium für Konfl iktmanagement um solche Konfl ikte zu lösen! Also werden einfach nicht genannt. Es umgewandelt wird. Unsere jungen Mediation muss für uns selbstver- wird nur der militärische Weg als Männer sollten statt des jetzigen ständlich werden. Sie gehört auch in einzig möglicher aufgezeigt, was ein- Wehrdienstes die Möglichkeit haben, die Politik. Sie muss mindestens so fach nicht stimmt. Ich habe den Che- einen eineinhalbjährigen Kurs in Me- gefördert werden, wie wir im Augen- freporter der SZ sprachlos gemacht diation zu absolvieren – ein Ange- blick die Rüstung fördern! mit zwei Fragen: Warum belügt die bot, das genauso den jungen Frauen Clemens Ronnefeldt: Ich möchte Presse uns seit dem 11. September off en steht. Wir brauchen neue nun Sie, Frau Ashford und Sie, Herrn 2001? Und: Warum verschweigen Instrumente in unserer Gesellschaft. von Uexküll einladen, diese letzte die Presse und die Regierung die Viele sagen, erstens hast du keine Runde auch gleichzeitig für ihr Verwendung der Uranmunition? Lehre dafür. Ja, wenn man etwas Neues anfängt, dann hat man am Schluss-Statement zu benutzen. Clemens Ronnefeldt: Ich habe jetzt Anfang keine Ahnung. Aber es gibt Mary-Wynne Ashford: Also anstel- noch eine Person auf meiner Liste, genügend Fachleute für Konfl ikt- le einer Zusammenfassung, eines nämlich Herrn Professor Dürr. Ich management, mit denen wir anfan- Schlusskommentars, möchte ich fi nde es sehr schön, dass Sie als gen können. Ich kann natürlich nicht Ihnen eine kleine Geschichte er- Schirmherr heute das letzte Wort mit 40 Leuten, die diese Ausbildung zählen und ich hoff e, dass Sie auch haben. Bitte. haben, den Krieg abschaff en. Aber den Sinn hinter dieser Geschich- ein Land kann damit beginnen: te erfassen, denn ich habe guten Hans-Peter Dürr: Die Zeit ist Neben meinem Wehrdienst stelle ich Grund, sie Ihnen zu erzählen. Obata abgelaufen und ich will zurückkom- eine neue Säule auf – die muss in war vor etwa 12 bis 14 Jahren eine men auf die Frage: Wie können wir Zukunft die einzige werden, nämlich der gefährlichsten, der am mei- Kriege verhindern? Ich bin in vielen wir verhandeln so lange, bis das sten gefürchteten Städte der Welt. Abrüstungsveranstaltungen gewesen. Problem gelöst wird. Und das wird Und dann wurde eines Tages ein Ich habe dort gefordert, dass wir den dann auch ankommen, nur an- 52-jähriger Mathematiker als Bür- Krieg überhaupt verbannen, aber ders. Andere werden sagen, warum germeister gewählt. Er hat enorme auch die Drohung mit dem Krieg machen wir das nicht auch? Wir Veränderungen bewirkt. In nur zwei verbannen. In keiner Verhandlung müssen zeigen, dass der Krieg keine dürfte gesagt werden: „Wenn ihr das Wahlperioden hat er es geschaff t,

FK 2009 - 37 dass über Obata geschrieben wurde, den Straßen. Und dann hat man Gruppen nicht. Dieses internationale die Stadt sei nun sicherer als Bal- ein System eingeführt, bei dem die Dichter-Festival wurde dann vorge- timore. Nun, Baltimore ist nicht so Kinder Abfälle einsammeln und schlagen für den alternativen Nobel- wahnsinnig sicher, aber immerhin. sie in der Bibliothek in Containern preis – und hat ihn auch bekommen. Wie hat er das geschaff t? Ich möchte abliefern konnten. Im Austausch für Und als mein Neff e dort war, um zu Ihnen zwei Beispiele nennen: Die den Müll, den sie ablieferten, beka- recherchieren, hat er ganz erstaunt Verkehrspolizei in Obata war als men sie Gutscheine, um sich Bücher den Bürgermeister und die Organi- absolut korrupt bekannt, also mal auszuleihen. Man hat auch ein inte- satoren gefragt: „Ja, wieso kommen so eine kleine Bestechung neben- griertes Verkehrssystem eingeführt denn diese gewalttätigen Gruppen bei, kein Problem. Und was hat er mit Schnellbussen, die auf eigenen nicht und schießen das Dichter- getan? Er hat einfach alle Verkehrs- Straßenzügen fahren. Der Privatver- Festival zusammen?“ Da schauten polizisten gefeuert und an ihrer kehr wurde reduziert und Personen, sie ihn ganz erstaunt an und sagten: Stelle Pantomimen eingestellt . Tja, die jetzt nicht mehr jeden Tag Auto „Wieso? Die mögen doch auch alle Sie werden jetzt überrascht sein zu fahren dürfen, sagen uns: Trotzdem Gedichte.“ hören, dass durch diese Pantomimen habe sich ihre Lebensqualität verbes- Danke! die Unfälle auf den Straßen tatsäch- sert – nicht nur die Umweltqualität, lich um 60% verringert wurden. Ja, auch die Sicherheit habe sich radikal Clemens Ronnefeldt: Ja, wir sind und die zweite Erfolgsgeschichte verbessert. Wir haben uns eine Stadt am Ende dieses Vormittages. Ich ist: Es gab eine große Dürre und in Kolumbien angesehen, die noch möchte noch ergänzen, dass vielle- es war nicht zu erreichen, dass die gefährlicher war als Obata, näm- icht die wenigsten im vergangenen Menschen Wasser sparen wollten, es lich Medellín, die Hauptstadt der Jahr gemerkt haben, dass es einen wurde einfach kein Wasser einges- Drogenbosse. Da gab es ein hochin- ganz konkreten Fall einer Kriegs- part. Was tat also dieser Bürgermei- teressantes Beispiel, wie man diese verhinderung gab. Jetzt werden Sie ster? Er ließ sich selbst unter der Stadt verändert hat. Ein paar Dichter erstaunt sein zu erfahren, dass es der Dusche fi lmen und hat vorgemacht, haben sich zusammengetan und ein amerikanische Verteidigungsminis- wie er das Wasser aufdreht, sich ab- internationales Dichter-Festival in ter Gates und ein US-General waren. duscht, wieder abdreht, sich einseift, Medellin organisiert. Und siehe da, Israel wollte Krieg gegen den Iran das Wasser kurz aufdreht, sich ab- die Gewalt ging zurück. Besonders führen. Die amerikanische Regierung duscht, Wasser abdreht, fertig. Das zu den Lesungen kamen Dichter aus lieferte keine Tankfl ugzeuge an einfache Beispiel führte zu einem der ganzen Welt. Dann gab es prak- Israel, keine bunkerbrechende Rückgang des Wasserverbrauchs um tisch überhaupt keine Gewalt mehr, Spezialmunition – und sie hat die ganze 40%. Ich wollte Ihnen damit auch von Seiten der Drogenorganisa- Überfl ugrechte über Irak verweigert, nur mal veranschaulichen, wie wich- tionen, der Guerilla-Organisationen wodurch dieser Krieg ausgefallen ist. tig es ist, einfallsreich zu sein, mit und dieser ganzen gewalttätigen Ideen, mit Humor und mit Kreati- vität auf unsere heutigen Probleme zuzugehen. Vielen Dank!

Jakob von Uexküll: Ja, ich kann da anschließen. Wir haben gerade eine Studie gemacht für den ‚World Future Council’: Wo gibt es das beste Modell für die Lösung der Verkehrsprobleme in einer Groß- stadt? Auch da sind wir auf Obata gestoßen. Vieles, was man dort gemacht hat, ist aufgebaut auf dem, was der ehemalige Bürgermeister Jaime Lerner für die brasilianische Großstadt Curitiba entwickelt hat: Man muss die verschiedenen Teile des Lebens integrieren. Zum Beispiel gab es in Curitiba viele Jugendliche, die schlecht lesen und schreiben konnten, sie konnten es sich nicht leisten, Bücher zu kaufen oder zu leihen. Und es gab viel Unrat auf

38 - FK 2009 Workshop: Vorrang für Zivil Dialogprozesse begleiten - Zivile Konfl iktbearbeitung am Beispiel Sudan mit Jürgen Menzel

Moderation: Mechthild Schreiber

erneuten Kampf- Referent: Jürgen Menzel, Trainer in ausbruch, der einen Ziviler Konfl iktbearbeitung bei act for verheerenden Bürger- transformation, gem.eG krieg zwischen der Moderation: Mechthild Schreiber, Regierung im Norden Regional-Forum Ziviler Friedensdienst und den Rebellen im Südbayern Süden brachte. Über 2 Millionen Men- Wir sind in diesen Workshop mit prak- schen verloren dabei tischen Übungen eingestiegen, um selbst ihr Leben und über 4 zu erleben, wie es möglich ist, Gewalt- Millionen Menschen situationen zu verändern und neue wurden Flüchtlinge. Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Das Land gehört heu- In Kleingruppen tauschten fast 40 te mit zu den ärmsten TeilnehmerInnen verschiedene Gewalt- Ländern der Erde. und Ohnmachtserfahrungen aus, die Im Süden muss ein sie selbst erlebt hatten, und eine Szene kompletter Wiederaufbau erfolgen. in den ehemaligen Kampfgebieten wurde in Form einer Statue nach der Eine komplexe Konfl iktsituation sind Teil des Friedensabkommens. Methode von Augusto Boal im Plenum erschwert eine friedliche Entwick- Eine 10 Tausend Mann starke UN- dargestellt (1). Sie entwickelten Ideen, lung (2). Mission soll das Friedensabkommen wie diese Situation aufgelöst werden zwischen Nord und Süd überwa- Im Januar 2005 wurde auf Druck kann und eine positive Veränderung chen, und in einer internationalen internationaler Vermittler endlich eintritt. Geberkonferenz in Oslo wurde der ein Friedensvertrag (CPA/Com- Wiederaufbau, vor allem im Süden, Nach diesem persönlichen und intensi- prehensive Peace Agreement) (3) organisiert. Doch der Konfl ikt im ven Einstieg in die Thematik erläuterte unterzeichnet. Dieser sieht eine Westen (Darfur), der 2003 ebenfalls Jürgen Menzel anhand von Bildern 6-jährige Übergangszeit vor, in der eskalierte, wurde nicht in das Frie- den Zivilen Friedensdienst. Am Beispiel das Land sich von einer Diktatur densabkommen einbezogen und ist Sudan zeigte er die Möglichkeiten, hin zur Demokratie wandeln soll. bisher ungelöst. Eine ursprüngliche Chancen und Grenzen der Zivilen Kon- Die Einnahmen aus dem Ölgeschäft AU-Mission von 7 Tausend Mann fl iktbearbeitung in Krisenregionen. sollen zum Wohle aller im Sudan sollte dort den Frieden sichern, was und dessen Entwicklung beitragen. Ziviler Friedensdienst nicht gelang. Inzwischen wurde sie Die ehemaligen Rebellen wurden Beispiel Sudan in eine UN-Mission umgewandelt die an der Regierung beteiligt und eine auf über 20 Tausend Mann aufge- Der Sudan blickt auf eine jahrzehn- neue Verfassung ausgearbeitet, die stockt werden soll, allerdings bis telange Geschichte des Bürgerkriegs entsprechende Rechtssicherheit jetzt auch ohne Erfolg. vor allem zwischen Nord und Süd bringen soll. Pressefreiheit sowie zurück. Dieser brach bereits kurz Vereinigungsfreiheit (freie Gewerk- In diesem Kontext offi zieller Verein- nach der Unabhängigkeit 1956 aus schaften, NGOs) und freie Wahlen barungen und Friedenssicherungs- und dauerte bis Anfang der 70er wurden vereinbart. Eine weitgehen- maßnahmen soll das Programm Zivi- Jahre. Eine zehnjährige Periode de Entmilitarisierung und gemischte ler Friedensdienst den nachhaltigen ohne Bürgerkrieg endete in einem Einheiten in der Hauptstadt und Friedensaufbau im Land unterstüt- FK 2009 - 39 zen. Schwerpunkt des Programms der Co-TrainerInnen und Teilneh- Kennzeichnend ist die erfahrungsori- im Sudan ist eine konfl iktsensible merInnen. Unser Bemühen war stets, entierte und teilnehmerorientierte Rückführung der Flüchtlinge und die verschiedenen Konfl iktparteien Methodik, die sich insbesondere die Förderung der Zivilgesellschaft. zusammenzubringen und „im Klei- auch an Menschen mit geringerem So gibt es ZFD-Stellen im Bereich nen“ mit der Praxis der Friedens- Bildungsgrad wendet. Interessierte Flüchtlingsrückführung, Medienar- konsolidierung zu beginnen. Das und geeignete TeilnehmerInnen beit und Vermittlung von Methoden TrainerInnen-Team war z.B. zusam- können sich selbst zu TrainerInnen der zivilen Konfl iktbearbeitung. mengestellt aus einer Nordsudanesin (Facilitors) ausbilden lassen und das Lokale Organisationen (NGOs) und einem Südsudanesen, einer Trai- Programm in ihr Lebensumfeld wei- werden bei ihrer Arbeit für verschie- nerin aus den Nuba-Mountains und tertragen. Mit vielen Übungen zur dene Zielgruppen insbesondere von mir als Internationalem. Dass dieses Wahrnehmung und Kommunikation, benachteiligten Gruppen wie Flücht- Team gut zusammen arbeiten konnte Rollenspielen zu Konfl iktsituationen lingen, Frauen und Kindern, unter- und dies im Training vorlebte, war aus dem Alltag und refl ektierenden stützt. Die lokalen Organisationen für die TeilnehmerInnen oft schon Gesprächsrunden, in denen neue sollen befähigt werden, ihre Arbeit eine neue Lernerfahrung. Lösungen gesucht werden, verzich- erfolgreich durchzuführen. Meine tet das Programm auf theoretische Aufgabe bestand vor allem darin, In der Auswahl der TeilnehmerInnen Vorgaben und schaff t eine Atmo- lokale TrainerInnen (lokale Friedens- gingen wir ebenso vor, mischten die sphäre des Spaßes und Vertrauens akteure) auszubilden, damit diese TeilnehmerInnen derart, dass die mit vielen Spielen. Flüchtlinge, unter selbständig Trainings in gewaltfreier verschiedenen Ethnien und Gruppen denen ein hoher Analphabetengrad Konfl iktlösung durchführen kön- vertreten waren. Dadurch entstand vorherrscht, oder Straßenkinder, nen und entsprechende Aktivitäten ein Mikrokosmos der sudanesischen die alltäglich Gewalt in ihrem Leben bzw. Programme zum Friedensauf- Gesellschaft, in dem alle Vorurteile, erfahren, profi tieren genauso von bau initiieren. Hinzu kommt, dass Verletzungen, Wünsche und Hoff - den Workshops wie Studenten, die Entwicklungs- und Hilfsprogramme nungen enthalten waren. In dieser endlich praxisnah erfahren, wie Kon- in ihrer Ausgestaltung den Konfl ikt- Situation war der Aufbau einer ver- fl ikte gelöst werden können. kontext mit einbeziehen sollen und trauensvollen Atmosphäre der erste Aktivitäten zum Friedensaufbau mit wichtige Schritt. Als nächstes kam Im Kontext einer Gesellschaft, in beinhalten. Im Planungsprozess kann die Entwicklung des gegenseitigen der fast jeder Mensch existenzielle hier ein „Peace and Confl ict Impact Respekts, des Einander-zuhören- Gewalt bei sich und in der Fami- Assessment“ (PCIA) (4) bereits eine könnens und der gemeinsamen lie erfahren hat, bekommen diese wichtige Weichenstellung geben, in Suche nach Lösungen. Uns ging Übungen eine besondere Tragwei- der die Begleitung (Monitoring) der es nicht darum, Friedenstheorien te. Die Konfl ikte und Gewalt, die Projekte die Umsetzung unterstützt zu vermitteln, die nicht im Alltag die Menschen erlebt haben, waren und insbesondere im Training der umgesetzt werden können und zu meist traumatisch. Wenn dann ein lokalen MitarbeiterInnen in Kon- keiner Verhaltensänderung führen. Südsudanese, der im Nordsudanesen fl iktmanagement die Nachhaltigkeit Es ging darum, aus den alltäglichen zuerst einmal den Repräsentanten gefördert wird. Konfl ikten einen ersten Schritt hin derer sieht, die seine Familienange- zu Veränderungen zu gehen, die hörigen umgebracht und zur Flucht Die Konzeption und Durchführung ins Gemeinwesen wirken können. gezwungen haben, am Ende des von Trainings in einer Krisenregion Die TeilnehmerInnen selbst brach- Kurses sagt: „Das ist das erste Mal, ist eine besondere Herausforderung. ten ihre Konfl ikte mit ein, suchten dass ich mit einem Nordsudanesen Dies beginnt schon bei der Auswahl gemeinsam nach Möglichkeiten, wie wirklich gesprochen habe und ich sie diese lösen können und konnten habe auch noch einen Freund in ihm in Rollenspielen neue Lösungsmög- gefunden, dann ist dies ein großer lichkeiten ausprobieren. Ein tieferes Schritt, den diese beiden Menschen Verständnis von Konfl iktursachen aufeinander zugegangen sind. führte dabei oft zu ganz neuen Ziviler Friedensdienst (ZFD) gemeinsamen Ansätzen, die nach Möglichkeit zu einer win-win-Lö- Trotz des geringen Umfangs wurde sung führen. die Anfangsphase des ZFD weit- gehend positiv evaluiert (6). Die Als ein Programm, mit dem wir Empfehlungen gehen dahin, dass das besonders gute Erfahrungen gemacht Programm eff ektiv ausgebaut wer- haben, möchte ich das „Alternatives den muss, um auch eine nachweisba- to Violence Project“ (AVP) vorstellen re gesellschaftliche Wirkung in einer (5). Es entstand in den 70er Jahren Krisenregion erzielen zu können. Die in Gefängnissen in den USA zur Ge- beteiligten Organisationen im Kon- waltprävention und hat sich inzwi- sortium Ziviler Friedensdienst (7) schen in über 50 Ländern verbreitet. fordern eine Ausweitung auf min- 40 - FK 2009 destens 5oo ZFD-Stellen. Das Ent- menleben verschiedener Kulturen (11) will erreichen, dass Zivile Kon- wicklungshelfergesetz als Rahmen (Migranten) mit der einheimischen fl iktbearbeitung in der Zukunft zum des ZFD und die enge Anbindung an Bevölkerung und um Abwendung entscheidenden Mittel in der Lösung die Entwicklungszusammenarbeit rechtsradikaler Gewalt. Projekte der von gesellschaftlichen Konfl ikten bringen ebenfalls Einschränkun- Zivilen Konfl iktbearbeitung fi nden wird und massiv gefördert und aus- gen, wie z.B. fi nanzielle Nachteile heute an Schulen statt, wie z.B. bei gebaut wird. Zivile Krisenprävention und eine enge zeitliche Befristung. Gewaltpräventionsmaßnahmen und braucht Ressourcen und Kontinuität. Wichtig wäre ZFD-Stellen verstärkt Streitschlichterausbildungen. Die fi nanziellen, personellen und in internationalen Organisationen strukturellen Kapazitäten für zivile Vorrang für Zivil wie z.B. der UN, der OSZE und in Krisenprävention müssen kontinu- Regierungsorganisationen zu schaf- Immer noch werden für Konfl ikte ierlich und zielstrebig ausgebaut fen, aber auch im Wirtschaftssektor, und Krisen vor allem militärische werden, so dass bis 2020 mindestens wie z.B. bei den Handelskammern. Lösungen gefordert, obwohl bekannt so viele Ressourcen für zivile Krisen- Eine wichtige Rolle muss dabei eine ist, welch langfristigen Schaden die- prävention bereitstehen wie für mi- solide Ausbildung der Friedensfach- se anrichten. In ihrem Aktionsplan litärische Interventionen. Dieses bis kräfte spielen (8). Krisenprävention setzt sich zwar 2020 zu verwirklichende Ziel soll im die Bundesregierung das Ziel, der Koalitionsvertrag der neuen Bundes- Ein weiteres Tätigkeitsfeld ist zivilen Krisenprävention Priorität zu regierung von 2009/10 erkennbar die zivile Konfl iktbearbeitung in geben (10), doch die Realität ist eine sein. Zivile Aufgaben sollten aus- Deutschland selbst (9). Inzwischen andere. Die Mittel für militärisches schließlich in ziviler Verantwortung wurden zwei Pilotprojekte über Handeln übersteigen die Ressourcen durchgeführt werden. das Bundesamt für Migration und der zivilen Arbeit um ein Vielfaches. Flüchtlinge (BAMF) begonnen, die Die Kampagne „Vorrang für Zivil“ zeigen sollen, wie Ziviler Friedens- dienst in Deutschland umgesetzt werden kann. In beiden Projekten, in Oranienburg und in Quakenbrück, geht es um das friedliche Zusam-

www.act4transformation.net

Anmerkungen und Literaturhinweise: • 1 Boal, Augusto, Theater der Unterdrückten, Erstausgabe 1974 • 2 Konfl iktanalyse von Marina Peters, für Friedrich-Ebert-Stiftung (http://library.fes.de/pdf-fi les/ iez/02666.pdf) • 3 Das Comprehensive Peace Agreement (CPA) im Sudan (www.unmis.org/English/cpa.htm) • 4 Peace and Confl ict Impact Assessment“ (PCIA), siehe Berghof Forschungszentrum für konstruktive Konfl iktbearbeitung (www.berghof-handbook.net/uploads) • 5 weitere Infos zum AVP-Projekt unter www.avp-sudan.net und www.act4transformation.net • 6 Evaluierungsbericht ZFD (www.ziviler-friedensdienst.org/dokumente/dokumente.html ) • 7 Konsortium für den Zivilen Friedensdienst (www.ziviler-friedensdienst.org) • 8 ForumZFD, Ausbildung zur Friedensfachkraft (www.forumzfd-akademie.de ) • 9 Arbeitsgemeinschaft Ziviler Friedensdienst in Deutschland, (www.zfd-deutschland.de ) • 10 „Aktionsplan: Zivile Krisenprävention, Konfl iktlösung und Friedenskonsolidierung“ (2004) und Fortschreibung • 11 Kampagne Vorrang für Zivil, www.vorrang-zivil.de • 12 AGDF (Hrsg.) Gewaltfrei streiten für einen gerechten Frieden, Plädoyer für die zivile Konfl ikt- transformation, Oberursel 2008 • 13 Evers, Tilman (Hrsg.), Ziviler Friedensdienst – Fachleute für den Frieden, Idee – Erfahrungen- Zie- le, Opladen 2000 • 14 Ded (Deutscher Entwicklungsdienst), Frieden im Fokus, Bonn 2007 • 15 Ifa (Institut für Auslandsbeziehungen), Frieden und Zivilgesellschaft – 5 Jahre Förderprogramm Zivile Konfl iktbearbeitung, Berlin 2006 (www.ifa.de/zivik/ )

FK 2009 - 41 Diskussionsrunde „Aktuelle Runde“

Positionen der Friedensbewegung – Antworten der Parteien

am Podium:

Axel Berg (MdB, SPD) Hildebrecht Braun (Ex-MdB, FDP) Eva Bulling-Schröter (MdB, Die Linke) Winfried Nachtwei (MdB, B90/Grüne) Andreas Zumach (Friedensbewegung) Moderation: Hans-Christof von Sponeck

Hans-Ch. v. Sponeck: Es gibt den Parteien, das Gespräch zwischen etwas – es würde ihr nicht schaden, Fortschritte seit dem letzten Jahr. Die Volksvertretern und uns Bürgern ist Kontakt mit den Bürgern zu halten. Brücke zur Sicherheitskonferenz wurde eine zweite Brücke, die geschlagen wor- gebaut. Thomas den ist. Wir müssen sie weiter ausbau- Alle anwesenden Politiker haben etwas Mohr, der gerade en und pfl egen – die Vertreter brauchen gemein: sie setzen sich für den Frieden von dort aus dem uns und wir brauchen sie. Ich habe aktiv ein. (persönliche Daten s. S. 56- Bayr. Hof gekom- Ihnen bewusst gesagt, dass ich Par- 68) men ist, wird uns teiloser bin, weil ich mir nach langer Jede/r der vier PolitikerInnen und Herr kurz berichten. Abwesenheit in Deutschland erst die Zumach haben jeweils 10 Minuten (s. Kasten auf Parteienlandschaft anschauen will. Es für ihr Referat, daran schließen sich Seite 44) sind heute da: Grüne, SPD, Linke, FDP. Fragen aus dem Publikum an und am Das Gespräch mit Die CDU/CSU ist nicht da. Da fehlt Schluss bekommen alle auf dem Podi-

42 - FK 2009 um noch einmal jeweils drei Minuten. verhindert wird, dass diese Strategie ratifi ziert. Was tut die Politik dafür, beim nächsten Gipfel sogar noch dass das endlich geschieht und der Vier Fragen liegen uns auf dem Herzen: verschärft wird? In der Friedensbe- Vertrag nicht weiter aufgedröselt • Wie kommen wir zu einer Welt ohne wegung gibt es klare Positionen, die wird? Die große Gefahr ist, dass er Atomwaff en? sich decken mit denen der Mayors vor allem in der Kaukasus-Region, in • Wie soll’s weiter gehen: Kalter Krieg for peace, gegründet 2001 vom der Ukraine, in Georgien von beiden oder Kooperation? Bürgermeister von Hiroshima. Sie (den USA und Russland) de facto • Wie kommen wir raus aus der Sack- fordern den Beschluss einer interna- nicht anerkannt und verletzt wird. gasse Afghanistan? tionale Konvention für die Abschaf- • Leisten wir uns Frieden oder Krieg? fung der Atomwaff en weltweit bis 3. Afghanistan: Der Punkt, der auf 2010 und eine Verwirklichung der der offi ziellen Sicherheitskonferenz Herr Zumach beginnt, weil er für uns, Konvention bis zum Jahr 2020. In eine erhebliche Rolle spielt, sowohl die Friedensbewegung, spricht. Deutschland sind 350 Bürgermeis- bei den öff entlichen Reden, als auch ter quer durch alle Parteien dabei. bei den Hintergrundgesprächen und Andreas Zumach: Ich bin parteilos in Interviews. Alles, was die Frie- und seit 20 Jahren als Journalist bei Augenscheinlich scheint unsere repräsentative Demokratie in dieser densbewegung seit 2001 an Befürch- der UNO in Genf tungen und Warnungen geäußert stationiert. Frage nicht zu funktionieren. Die politische Klasse in Berlin, die das hat, ist eingetreten. Befürchtungen Zu den Fragen: umzusetzen hat, ist off ensichtlich und Warnungen, die auch von Teilen 1. Atomwaff en: nicht bereit dazu. der hier vertretenen Parteien geteilt Herr Sponeck worden sind. 2. NATO-Osterweiterung, Verhält- sagte vorher, es Die SZ von heute hat mit dem neuen gilt, Bewusstsein nis zu Russland. Wir haben seit der Wahl von Obama einige hoff nungs- Sicherheitsberater von Obama, in der Bevölke- James Jones, ein Interview. Er wird rung zu entwickeln. Ich denke, beim volle Aktionen aus der US-Adminis- tration. Raketenabwehr wird von zitiert mit dem Satz: „Es kann nicht Thema Atomwaff en ist das anders. nur eine militärische Lösung geben.“ Wir haben verlässliche Umfragen, den USA nicht weiter verfolgt und möglicherweise solange geprüft, bis Das wird als großer Fortschritt gefei- wonach 84 % der Bevölkerung ert. Er sagt weiter in dem Interview: den Abzug der Atomwaff en aus sie irrelevant geworden ist. Dar- aufhin hat Russland, das gedroht „Es muss endlich der Drogenanbau Deutschland fordern und 86 % die bekämpft werden, damit die daraus Verschrottung aller Atomwaff en hat, in Kaliningrad Atomwaff en zu stationieren, dies zurück genommen. erwirtschafteten Gelder gestoppt weltweit. Es haben zweitens die vier werden, damit sich die Taliban und Parteien, die heute auf dem Podi- Diese Entspannung muss aber nun in trockene Tücher kommen. Die Nato, andere nicht an Frieden und Stabi- um sind, alle erklärtermaßen die lisierung Interessierte, die Selbst- Forderung unterstützt, den Abzug die sich dieses Raketenabwehr-Pro- jekt zu eigen gemacht hat, soll auch mordattentäter nicht alle Waff en der Atomwaff en aus Büchel voran- und Munition kaufen können, die zutreiben. Meine Frage ist: Was tun davon Abstand nehmen. Die Nato wird das aber nur tun, wenn maß- sie haben wollen.“ Das interessante die Parteien aktiv dafür, um diese ist, dass James Jones exakt dieses Forderung durchzusetzen? Sie hätten gebliche Länder in den Diskussionen darauf drängen. Und Deutschland ist bereits vor zweieinhalb Jahren ge- das längst in einer großen Koalition sagt hat. Allerdings in einem streng vorantreiben können, auch wenn sicher eines der Länder, die wichtig sind. Also auch hier: Was tun Sie vertraulichen Kreis von 6 Journalis- die CDU/CSU dagegen sein wird. ten beim NATO-Gipfel in Riga, auf Vermutlich noch 20 Atomwaff en in dazu, dass die Nato diese Beschluss- fassung aus Bukarest 2008 korrigiert dem auch ich war. Er hat wörtlich Büchel – was tun Sie konkret über gesagt: „Meine Herren, die NATO die verbalen Erklärungen hinaus. und was tun Sie dazu, dass unsere Bundesregierung darauf drängt, dass wird diesen Krieg verlieren, wenn Die 20 Atomwaff en, die dort noch wir nicht endlich dieses Drogenpro- liegen, sind nur der praktische Teil dieses Projekt so klar und eindeutig fallen gelassen wird, dass auch wei- blem in den Griff bekommen.“ Und der nuklearen Teilhabe von Deutsch- er hat sehr deutlich gemacht, dass er land. tere Entspannungssignale und auch Schritte Moskaus möglich werden? damit nicht eine militärische Lösung Der andere Teil ist, dass Deutsch- Dieselbe Frage habe ich auf den des Drogenproblems meinte, die es land beteiligt ist an der Formulie- KSE-Vertrag bezogen, auf das längst auch nicht geben kann. Er hat sehr rung der NATO-Strategie. Bisher vergessene Rüstungskontrollprojekt, darauf gedrängt, dass die an der Af- lautet die Strategie: Ersteinsatz Vertrag zur Begrenzung und Redu- ghanistanmission beteiligten Regie- von Atomwaff en und auch deren zierung von konventionellen Waff en rungen endlich ein Zivilprogramm Einsatz gegen Staaten, die selber in Europa. Dieser ist zwar seit nun- entwickeln, das den 10.000 Klein- keine Atomwaff en haben. Was tun mehr 13 Jahren angepasst und eini- bauern, die vom Mohnanbau leben, Sie und Ihre Parteien konkret, dass ge Obergrenzen wurden verändert, verlässliche Einkommensmöglich- diese Strategie verändert und damit aber von der NATO wurde er nicht keiten bietet. Und möglicherweise

FK 2009 - 43 Thomas Mohr

Bericht über die Teilnahme als Beobachter auf der Sicherheitskonferenz

Ich freue mich, Ihnen einen Bericht aus dem Bayrischen Hof, wie ich ihn heute erlebt habe, zu geben. Ich bin Dipl. Psychologe und Psychoanalytiker, bin Mit- glied von MSKv (Projektgruppe „Münchner Sicherheitskonferenz verändern“), den Grünen und Pax Christi. Seit 5 Jahren haben wir uns mit MSKv auf den Weg gemacht, einen Dialog mit der Siko (Sicherheitskonferenz) zu suchen.

Die Kritik an und Widerstand gegen die Siko stehen für mich auf drei Säulen: 1. Demo weckt Öff entlichkeit und spricht Menschen an, sich anzuschließen, 2. Gegen-, Begleit- und Alternativveranstaltungen – wie z. B. heute Abend hier, 3. Dialog mit den Veranstaltern der offi ziellen Siko, auf den wir uns mit MSKv spezialisiert haben.

Der Erstkontakt fand mit Herrn Teltschik statt, der freundlich geantwortet hat, dann mit Herrn Ischin- ger, der ein Gespräch angeboten hat. Bisher waren es drei Gespräche. Im zweiten Gespräch hat Herr Ischinger angeboten, einen Beobachter einzuladen, der ich geworden bin.

Man fühlt sich wie auf einer Tagung mit Sicherheitscheck. Es ist eine eigenartige Erfahrung, von innen aus den Fenstern des Bayer. Hofs auf die Barrieren zu schauen.

Zum Inhalt, wie ich die Veranstaltung erlebt habe. Thema gestern Abend war: „Ist eine Nulllösung bei Atomwaff en möglich?“ Kissinger und Steinmeier haben dazu gesprochen. Interessant, aber nicht so konkret, wie ich erwartet hatte.

Als Kontrast dazu am heutigen Vormittag: da kamen Merkel, Sarkozy und Biden. Der Andrang war sehr groß. Sarkozy hat gesagt: „Wollen wir in Europa Frieden oder wollen wir in Frieden gelassen wer- den? Und wenn wir Frieden wollen, dann müssen wir etwas für Verteidigung tun.“ Es wurde von ihm bemerkt, dass die Bevölkerung es nicht akzeptiert, mehr für Verteidigung aufzuwenden. Ich dachte mir, Gottseidank akzeptiert das die Bevölkerung nicht!

Merkel verwendete den Begriff der „Vernetzten Sicherheit“. Sie möchte das Militär mit anderen, wei- cheren Sicherheitsthemen vernetzen. Das klingt wie etwas Neues, ist aber geprägt von dem Grundver- trauen ins Militär. Ich möchte dagegen Grundvertrauen in die Konferenz bringen.

Mir ist bewusst, dass, wenn ich da hinten drin sitze, verändert das die Konferenz in keinster Weise, es haben bestimmt auch nicht viele mitbekommen. Wenn sich aber etwas im Bewusstsein der Bevölke- rung verändert - nämlich, dass wir inzwischen gewaltfreie Konfl iktlösungen und alternative Möglich- keiten haben - , wird das in die Konferenz rüberschwappen. Deswegen sind Veranstaltungen wie ges- tern, heute, wenn wir mit Politikern reden und morgen bei der Veranstaltung der Petra-Kelly-Stiftung, zu der auch Herr Ischinger kommt, wichtig.

Dialog, der auch mit Herrn Ischinger weiter gehen soll, kann kleine Veränderungsschritte ermöglichen und wir müssen immer wieder suchen, was machbar ist. Der längste Weg fängt mit dem ersten kleinen Schritt an.

Dr. Thomas Mohr ist Mitglied bei der Projektgruppe MSKverändern. Er wurde als Beobachter zur Sicherheits- konferenz eingeladen.

44 - FK 2009 auf unserer Seite der Konsumenten- ungeheuer wichtig sei, etwas für gerechte, auf der die Betonung liegt, nachfrage etwas tun, um den großen zivile Konfl iktbearbeitung zu tun. gerechte Zwei-Staaten-Lösung zu Profi t durch die Nachfrage auf dem Dieser Konsens wird in vielen Reden bemühen. Ich sehe auch die Ernen- Heroinmarkt zu zerstören. Das hat er im BT unterstrichen. Es gibt einige nung von George Mitchel als Sonder- damals gesagt. Es ist nicht aufgegrif- Parteien, die dafür auch konkret beauftragten für diese Problematik fen worden. etwas getan haben. Die Grüne haben als ein hoff nungsvolles Zeichen, viel in der rot/grünen Koalition einiges hoff nungsvoller als die Ernennung Die Situation an der Drogenfront ist voran gebracht, um dieses zum po- von Richard Wilbourg zum Son- viel schlimmer geworden. Heute ist litischen Projekt zu machen. Es gibt derbeauftragten für Afghanistan. Hamid Karzai da, er gilt inzwischen institutionell einige Pfl änzchen, die Meine konkrete Frage ist, was tun nicht mehr als ein verlässlicher Part- geschaff en worden sind, auch res- Sie als Politiker endlich dafür, dass ner der Obama-Administration. Es sourcenmäßig, dass eine zivile Bear- aus Deutschland und der deutschen gibt massive Kritik, vor allem, weil beitung von Prävention, Deeskalati- Presse möglichst konkret eine solche Karzai nicht nur den Drogenanbau on, Diplomatie Nachsorge geschieht. Politik unterstützt wird, das heißt nicht gestoppt hat, sondern zugelas- Aber aufs Ganze gesehen muss man auch, den nötigen politischen Druck sen hat, dass er weiter gegangen ist. wirklich sagen, da wird mir Herr auf die israelische Regierung aus- Seine Brüder sind am Drogenanbau Nachtwei, der da sehr engagiert zuüben, damit endlich eine solche beteiligt. Das heißt, in der Obama- war, sicherlich zustimmen, sind das Lösung möglich wird. Und nicht wie Administration beginnt ein Umden- immer noch zwei, drei Tröpfchen Frau Merkel und auch , ken – vorsichtig, ich will hier keine auf den heißen Stein, weil die große sich ganz auf die Seite Israels stellen Illusionen schüren - ein Umdenken, Mehrheit unserer Ressourcen in den und sagen, dass die Hamas Schuld was auch grundsätzlich die Frage militärischen Bereich gehen. daran war. stellt, war es richtig, damals am Petersberg auf eine zentralistische Von der DFG-VK wurde eine Kampa- Das ist also meine Frage, was tun Sie Lösung zu setzen, nach dem Mot- gne gestartet und von vielen über- dafür, dass hier die deutsche Politik to, wir setzen in Kabul eine Zen- nommen, die heißt: Lasst uns doch korrigiert wird. tralregierung ein? Wir befrieden den Militäretat einfrieren und dann Kabul und es soll sich von da aus sukzessive Jahr für Jahr um 5 % re- (6.) Und der letzte Punkt in diesem Frieden und Stabilität auf das Land duzieren und die da frei werdenden Nahostkonfl ikt Iran: Es gibt meiner ausbreiten. Eine Lösung, die nicht Mittel auf zivile Konfl iktbearbeitung Meinung nach von Obama den aller- funktionieren kann, weil man weiß, umschichten. wichtigsten Satz in seiner gesamten dass es in Afghanistan niemals in Wahlkampfphase: „Wenn ich Prä- der Geschichte eine funktionierende Meine Frage an die Abgeordneten: sident werde, dann werde ich mich Zentralregierung gegeben hat. Können Sie da zustimmen und was mit Mahmud Ahmadinedschad ohne tun Sie dafür, dass die zivile Kon- Vorbedingungen zu einem Gespräch Meine Frage an Sie Abgeordnete ist: fl iktbearbeitung ressourcenmäßig treff en.“ Er hat diesen Satz durch- Was tun Sie und Ihre Parteien dafür, gestärkt wird und nicht nur rethori- gehalten bis zu seinem Fernsehduell dass diese Umdenkprozesse, die aus scher Konsens bleibt. mit McCain. Er hat das bemerkens- Washington erkennbar werden, dass werte Interview gegeben mit dem die durch Druck aus Deutschland (5.) Ich maße mir an in Absprache Fernsehsender Al-Dschasira, wo er gestützt werden? Dass durch posi- mit dem Moderator, noch einen ähnliches mit anderen Worten auch tiven Druck Deutschland innerhalb weiteren Punkt zu nennen, weil er gesagt hat. Stichwort: Ausgestreckte der NATO darauf drängt, die Stra- auch auf der Siko eine große Rolle Hände. tegie zu ändern. In den wichtigsten gespielt hat, informell, aber auch Punkten heißt das, den Krieg zu in offi ziellen Erklärungen. Es ist Es gibt unter seinen Beratern und deeskalieren und zu beenden und der Komplex Naher Osten und Iran Beraterinnen einen Konsens von den wirklich alle Kräfte und auch Res- (Punkt 5). Der Vizepräsident der Liberalen bis hin zu den Falken der sourcen in den zivilen Wiederaufbau USA, Jo Biden, hat den Satz heute amerikanischen Außenpolitik, der zu stecken. Das Drogenproblem zu Nachmittag gesagt: „Es ist dringend da sagt, ihr müsst das Verhältnis zu bekämpfen, wie ich es beschrieben an der Zeit, dass wir uns um eine Iran in Ordnung bringen. Das ist das habe. Und Vereinbarungen treff en sichere und gerechte Zwei-Staaten- wichtigste Land in dieser konfl iktrei- mit den Mächtigen in Afghanistan, Lösung Israel/Palästina bemühen.“ chen Region des Nahen/Mittleren die tatsächlich die regionale und Das ist ein neuer Akzent. Er hat noch Ostens. Ihr müsst die unselige Vor- lokale Macht haben. nicht konkret gesagt, Zwei-Staaten- bedingung, dass Iran die sog. Uran- Lösung auf Basis der 67er-Grenzen, anreicherung aufgeben muss, vom 4. Leisten wir uns Abrüstung? Es das ist nämlich die einzige Lösung, Tisch wischen. Solange diese For- gibt einen rhetorischen Konsens zu- die wenn überhaupt noch vorstellbar derung auf dem Tisch bleibt, wird mindest bei uns darüber, quer durch ist. Aber immerhin. das alles nichts. Wir wissen, dass alle Parteien, etwa seit der rot/grü- Deutschland an der Mobilisierung nen Regierung 1998, dass es doch Es ist an der Zeit, sich um eine dieser Forderung wesentlich beteiligt

FK 2009 - 45 war, damals unter Außenminister fach dort – es sind wenige deutsche der Werte, der Toleranz, der Gleich- Fischer. Sie wird immer wieder von Politiker dort zu fi nden. Ich habe berechtigung, der Rechtstaatlichkeit, Frau Merkel bekräftigt. Leider heute mit den Menschen dort gesprochen. wir müssen diese Werte glaubwürdig Nachmittag auch auf der Sicherheits- Die Menschen sehnen sich danach, vorleben. konferenz. Sie und Sarkozy haben dass das dortige System ganz schnell sehr konfrontative Töne in Richtung Geschichte wird, weil sie die Mul- Unser langjähriger Partner Amerika Teheran losgelassen. Ziemlich in lahs dort sehen wollen, wo sie hinge- hat in den letzten 8 Jahren so gelebt, Konfrontation dazu, was Obama hören, nämlich in die Moscheen. als ob diese Werte nur innerhalb der off ensichtlich versucht. Aber sie haben das Gefühl, dass der USA gelten, aber nicht außerhalb. Westen inkl. der Bundesrepublik Guantanamo, Abu Ghraib sind eine Meine Frage an Sie ist: Was tun Sie Deutschland, sie laufend diskri- Schande nicht nur für Amerika, dazu, um die deutsche Politik da zu minierend behandelt, was zu der sondern für den ganzen Westen. Und korrigieren? Vorstellung führt, sie müssten sich wir müssen uns sehr wohl fragen: aus nationaler Solidarität mit ihrer Haben wir laut genug unser Maul Hildebrecht Braun: Danke für Führung hinter den unsäglichen aufgerissen in unseren Gesprächen die Einladung. Uns eint alle etwas. Ahmadinedschad stellen. Wir schä- mit den Amerikanern? Das, was ihr Alle, die wir digen damit unsere eigenen politi- dort macht, beschädigt den Westen hier auf dem schen Ziele. Wir brauchen die Leute insgesamt und dient nicht dem Frie- Podium sitzen, im Iran mit über 70 Mio. Menschen, den, sondern beschädigt ihn langfris- haben die Er- damit sie andere Politiker wählen, in tig. Zum Thema Abu Ghraib möchte wartung und vier Wochen einen neuen Präsiden- ich folgendes sagen. die Hoff nung, ten. Wir brauchen sie in unser aller dass mit Oba- Ich war vier Jahre lang abrüstungs- Interesse. Speziell im Interesse des ma die Dinge besser werden. Einen politischer Sprecher meiner Fraktion Friedens im Nahen Osten. solchen Hoff nungsträger hat die im deutschen . Wir haben Welt in den vergangenen Jahrzehn- Es ist auch unser Fehler, wie wir einmal im Jahr die Möglichkeit, als ten nicht gesehen. Mit ihm werden als Deutsche umgehen mit dem mir zentrales Thema im Bundestag das die Dinge besser. Wir werden uns sehr nahe stehenden Staat Israel und Thema Abrüstung anzusprechen. noch oft über ihn freuen dürfen. dem Nachbarstaat der Palästinenser. Ich erinnere mich an eine Situation, Auch dort ist leider die Abgren- die typisch ist: Die Regierungsbank Ich würde gerne auf meinen Vorred- zung, die Weigerung, miteinander war bis auf den Außenminister Fi- ner direkt antworten, aber wir haben zu reden, für eine ganze Reihe von scher leer, der wiederum mit einem die Verabredung, dass wir unsere führenden Politikern Handlungsma- Staatssekretär des Finanzministeri- Politik hier vorstellen. Das möchte xime. Man spricht mit der Hamas ums gesprochen hat. Die Sitze im ich doch gerne tun. Außenpolitik hat nicht, sondern man hat Soldaten Bundestag waren pro Fraktion mit eine Menge mit der Art und Weise hingeschickt. Warum eigentlich drei, vier Leuten besetzt, im Grunde zu tun, wie wir Menschen zwischen- nicht? Die Hamas ist demokratisch völlig leer. Warum erzähle ich Ihnen menschlich miteinander umgehen. gewählt, sicherlich bedauerlich, das? Das Thema Abrüstung, das für Einer der wichtigsten Sätze für dass sie gewählt wurden, aber sie den Frieden in der Welt und für die mich und meine Partei ist: Wenn du wurden gewählt. Und man hat es Zukunft ganzer Generationen von einen Freund hast, musst du mit ihm nicht für richtig gehalten, sie ernst entscheidender Bedeutung ist, hat reden, damit er dein Freund bleibt. zu nehmen. Statt dessen hat man bei allen Fraktionen im Bundestag Wenn du einen Feind hast, musst du einen Krieg geführt. Ich verstehe, einen Stellenwert, der kläglich und mit ihm noch viel mehr reden, damit dass einer sich wehrt, wenn ständig beschämend ist. aus der Feindschaft nicht Krieg wird. Raketen auf sein Land abgefeuert Diese Erkenntnis ist leider auf der Deswegen müssen wir alle, Sie, die werden. Aber wir müssen auch Ebene der internationalen Akteure Sie hier sitzen und die, die wir in danach fragen: Wie kam es zu den bisher nicht sehr weit verbreitet. Es den Parteien sitzen, dafür sorgen, Raketen? Und die Dinge haben alle gibt eine ganze Reihe von führenden dass das Thema Abrüstung wieder in miteinander zu tun und haben eine Politikern und Politikerinnen, die den Mittelpunkt der politischen Dis- Vorgeschichte. Primäre Vorgeschich- der Meinung sind, dass die Abgren- kussion kommt. Im Bundestag ist es te ist auch die Weigerung, mitein- zung von anderen, das Nicht-Reden- ein Randthema. Wenn es um die An- ander zu sprechen. Miteinander zu mit-Andersdenkenden dem Frieden hebung der Rente um 5 Euro geht, sprechen ist der erste Schritt für ein dient. Ich bin da ganz anderer ist der Bundestag voll. Beim Thema friedliches Miteinander. Das müssen Meinung. Abrüstung, sei es Atomwaff en, sei es noch eine ganze Reihe lernen, auch andere Massenvernichtungswaff en und gerade in dieser Region, die Ich freue mich, dass Herr Zumach oder auch Reduzierung der konven- uns allen ganz besonders am Herzen das Thema am Schluss angesprochen tionellen Streitkräfte: Null Interesse. liegt. Wir müssen eines sicherstellen: hat. Wer mit dem Iran nicht spricht, Das ist doch ein riesiges Thema! Wir als der Westen, also das Europa macht riesige Fehler. Ich war mehr- Denken Sie an Folgendes.

46 - FK 2009 Die Amerikaner haben 1,2 Mio. nung, es ist eine Schande für un- Wasser, Tantal in Afrika etc. Viele Soldaten. Europa, die 27 Staaten Eu- ser Europa, dass wir in gar nicht von Ihnen wissen das. Das sollten ropas haben zusammen über 2 Mio. so weiter Entfernung, nämlich in wir im Hinterkopf behalten, wenn Soldaten. Das glaubt niemand, weil Darfur, Menschen, die von ande- wir über diese Konfl iktbewältigung die Amerikaner eine große militäri- ren Menschen seit Jahren in ihrer und Krisen sprechen. sche Kraft darstellen und die Euro- Existenz bedroht werden, ermordet, päer im Grunde Zaungäste in diesem vergewaltigt, vertrieben werden, Es geht um Militärstrategien: Wie Geschehen sind. Man muss das auch nicht zur Seite stehen. Ich halte es kann welches Land, welcher Block gar nicht bedauern, dass wir eher für eine indiskutable Sache, dass wir Einfl uss gewinnen? Zaungäste sind, aber jedenfalls ist Menschen alleine lassen, die unseren Inzwischen werden auch Kriege aus eines klar. Wir brauchen nicht fast Schutz brauchen. Wir könnten ihn „humanitären“ Gründen geführt. doppelt soviel Soldaten wie die geben, aber wir geben ihn nicht. Kürzlich war im Bundestag zu hören, Amerikaner für das, was wir an Genauso wenig wie wir ihn in Ruan- dass man Iran emanzipieren woll- Aufgaben dem Militär in der interna- da gegeben haben. Ich war dort in te. Wenn man aus diesen Gründen tionalen Friedenspolitik zugewiesen einem Gefängnis mit Mördern nach bombt, dann müsste man in vielen haben. Hier muss sich Grundlegen- dem damaligen Völkermord. Wie Ländern bomben. Emanzipation des ändern. wir damals nicht gehandelt haben, jedenfalls wird durch Krieg nicht obwohl wir hätten handeln können. befördert. Dazu müssen wir ein geeintes Euro- Völkermord nicht zu verhindern ist pa haben, das europäische Streitkräf- aus meiner Sicht nicht Ausdruck von Ein zweiter Punkt ist eine Feststel- te hat. Und nicht 27 Streitkräfte mit Friedlichkeit, sondern schandbares lung. Eine Mehrheit der Bevölkerung 20 Luftwaff en, mit 14 Marinen und Wegschauen. Wenn man helfen hier in Deutschland wünscht sich das alles innerhalb Europas. Ein Un- kann, sollte man das auch meiner Abrüstung, wünscht sich einen Ab- sinn mit einer Verschwendung nicht Meinung nach tun. zug aus Afghanistan, das ist genau nur von gigantischem Geld, sondern diametral zu den Mehrheitsverhält- auch von einer Fehlbeauftragung Eva Bulling-Schröter: Ich möch- nissen, die derzeit im Bundestag von Menschen, die Richtigeres tun te zwei Dinge gebildet werden. Das ist eine Fest- könnten mit dem, was sie an Fähig- voran stellen. Ich stellung – da kann sich jeder seine keiten haben. bin nicht im Ver- Meinung daraus bilden. teidigungsaus- Ich möchte noch den Punkt Afgha- schuss, sondern Zurück zu den Militärstrategien. nistan ansprechen. Nur noch diesen im Umweltaus- Wir, die Linke, halten Auslandsein- Punkt, sonst gibt es keinen Tiefgang schuss, habe sätze für grundgesetzwidrig und ich für die einzelnen Punkte. Deutsch- aber eine sehr sehe keinen Grund, warum Deutsch- land hat im internationalen Kon- nahe Beziehung zu Verteidigung und land Interessen am Hindukusch text die Aufgabe übernommen, die Frieden. verteidigen sollte. Interessen, die ich Polizei in Afghanistan auszubilden. am Hindukusch sehe, sind, dass es Wir haben fast nichts unternommen. Denn wie Sie sicher wissen, werden den Menschen gut geht, dass sie eine Es ist schandbar, was Deutschland in ja viele Kriege nicht darum geführt, Bildung haben, dass es ihnen wirt- diesem Bereich geleistet hat. Nur die weil wir nicht miteinander sprechen. schaftlich besser geht und für solche Italiener waren noch uneffi zienter. Ich achte die Herren Psychologen Interessen kann man sich ohne Krie- Sie haben versprochen, die Justiz sehr, aber ich denke, es liegt nicht ge auch wirklich einsetzen. in Afghanistan auf Vordermann zu am Sprechen, sondern es geht um bringen. Da ist gar nichts geschehen. andere Dinge. Und wir wissen, Wir haben heute die Demo wegen Von Deutschland aus ist im Bereich Ressourcen sind endlich. Ich bin der Siko gemacht. Es ist nicht die der Ausbildung der Polizei viel zu klimapolitische Sprecherin und es erste gewesen und wird nicht die wenig geschehen. Unser Heimatland gibt eine ganze Reihe von Studien letzte sein. Wir haben dabei auch Bayern zeichnet sich dadurch aus, des wissenschaftlichen Beirats der wieder gegen die immensen Mi- dass es bis zur Landtagswahl gesagt Bundessregierung, des Umweltminis- litärausgaben protestiert. Diese hat: Bayerische Polizisten gehen teriums, die schon darüber sprechen Ausgaben steigen wieder. Auch in nicht nach Afghanistan. Das heißt, und militärische Strategien, was Deutschland steigen die Militäraus- sie haben noch nicht einmal ihren machen wir denn, wenn die ersten gaben wieder. Und ich denke, es ist Beitrag innerhalb der Solidarität Klimafl üchtlinge kommen und wel- dringend notwendig, einen Konsens der Bundesländer untereinander che Mauern bauen wir auf? Welche im Bundestag herzustellen, dass die geleistet. Erst wenn dort die Polizei Konfl ikte wird es dann geben, wenn Militärausgaben sinken. wieder funktioniert, kann dort ein um Wasser Kriege geführt werden? friedliches Afghanistan ermöglicht Wir brauchen die Gelder für andere werden. Und in vielen Kriegen, die schon Dinge. Wir müssen über Rüstungs- jetzt geführt werden, geht es um konversion reden und das auch Noch ein Thema: Ich bin der Mei- Ressourcen, geht es um Öl, Gas, tun. Wir brauchen zukunftssichere

FK 2009 - 47 Arbeitsplätze, das wären welche. Da Zu Afghanistan: Wir haben sehr Die Gelder, die für Rüstung ausge- haben wir eine ganze Reihe von Vor- viele Anträge dazu eingebracht, das geben werden, hätte ich gerne für schlägen. Wir brauchen natürlich die Mandat nicht zu verlängern, uns aus soziale Maßnahmen, Klima-Maßnah- Gelder auch noch für viele andere Afghanistan zurückzuziehen. Leider men und dort wären sie auch an der Dinge, die dringend notwendig sind. hat es keine Mehrheit gegeben. Wir richtigen Stelle. Wenn die vier Parteien, die heute verfolgen die Ziele weiter. Das wäre hier sind, ernsthaft der Meinung wä- der erste Schritt. Und dann natürlich Hans-Ch. v. Sponeck: In diesem Zu- ren, dass wir umschichten müssen, auch, die Bundeswehr aus anderen sammenhang lohnt es sich, die Website dann hätten wir eine Mehrheit im Ländern abzuziehen, nicht nur aus des Swedish International Research In- Bundestag. Afghanistan. Allerdings ist es so, in stitutes anzuschauen. Aus dem Bericht Afghanistan soll die Bündnissolidari- von 2008 geht ganz deutlich hervor, Und Herr Zumach fragte immer wie- tät noch mal verteidigt werden. Das wie stark die Verteidigungsausgaben der: Was tun Sie? Dazu sind Mehr- ist das Erste. Und wenn ich mir noch angestiegen sind: 1,2 Billionen US-$, heiten im Bundestag notwendig. mal die Zahlen anschaue, was hier davon 50 % allein Amerika. Ich glau- Vielfach sind auch die Mehrheiten passiert: Militärisch hat uns das gan- be, man muss die Zahlen gut kennen, da und es könnte dazu abgestimmt ze bisher 3 Mrd. gekostet. Für den um besser argumentieren zu können. werden. Nur allein die Mehrheiten Wiederaufbau werden 1,3 Mrd. bis Axel Berg: 1. Welt ohne Atom- oder dass die Parlamentarier ab- 2010 zur Verfügung gestellt. Und ich waff en. Da bin ich in einer ganz stimmen nützt nichts. Es braucht meine, man muss über Afghanistan starken Weise wesentlich mehr Druck, damit die wissen, dass das Land eine niedrige tatsächlich richtigen Entscheidungen getroff en Lebenserwartung hat. Es gibt eine hoff nungsvoll, werden, denn Sie wissen ja selbst, hohe Säuglingssterblichkeit. 90 % insbesondere, an Rüstung wird verdient. Die der Lebensmittel müssen importiert da die Alten wie Rüstungslobby ist eine der stärksten werden. Die Lebensqualität ist sehr Helmut Schmidt, Lobbys, die es gibt. Ich war ja schon schlecht. Ich denke, da bräuchte es Genscher, mal im Bundestag von 1994 bis Soforthilfe, wirtschaftliche Hilfe. Henry Kissin- 2002, war da auch kurz im Vertei- Waff en nützen nichts und Polizei. ger anscheinend langsam am Um- digungsausschuss. Damals begann Wir brauchen viel mehr an sozialer denken sind, und vom russischen es mit der Nato-Osterweiterung. Ich Hilfe. Es muss mit Anrainerstaaten Präsidenten Dimitrij Medwedjew kann mich noch sehr gut erinnern an diskutieren. Es geht vielleicht nicht kam auch die Idee, eine neue euro- die vielen Einladungen, die wir von einfach, aber es ist vieles machbar. päische Sicherheitsarchitektur zu Rüstungsfi rmen erhalten haben, die Die Leute, mit denen ich gesprochen erdenken. All das sollten wir sehr uns klarmachen wollten, dass zum habe, empfi nden die Soldaten dort ernst nehmen. Die Verträge über die Beispiel die tschechischen Siche- nicht als Befreier. Ich denke, das konventionelle Rüstungsbegrenzung rungssysteme überhaupt nicht gut Land muss sich selbst wieder fi nden – wie ja schon angesprochen - soll- sind, sondern sie neue brauchen. Die und das geht nicht mit Waff en. Profi te in diesem Bereich sind sehr ten wir weiter entwickeln und das hoch. Deshalb wird massivst Mei- Zur NATO-Osterweiterung: Wir Raketenabwehrsystem in Polen und nung gemacht. haben eine klare Meinung dazu. Tschechien verbieten. Obama geht Wir sehen sie nicht als sinnvoll und in seinen Aussagen ja schon in diese Zur Frage atomare Rüstung. Das ist notwendig an, sondern eher als Richtung. Auch der Weltraum sollte keine Frage für uns. Wir haben uns Gefahr. Ich denke, den Weg, den möglichst nicht für militärische in Büchel beteiligt, wir beteiligen Zumach geschildert hat, Konferen- Zwecke benutzt werden. Die atom- uns an der Friedensbewegung. Für zen und Verträge sind sinnvoller waff enfreie Welle kommt ja tatsäch- mich ist das schon lange überfällig. als die Osterweiterung. Kurz und lich wieder. Deutschland kann dazu Wir haben einen Antrag im Bun- gut, es gibt Militärstrategien, die beitragen. Unser Außenminister destag eingebracht, er hat leider nicht darauf ausgerichtet sind, auch Steinmeier hat in seiner Rede auf keine Mehrheit gefunden. Es gab innerhalb der EU. Es gibt eine neue der Sicherheitskonferenz gestern auch von anderen Parteien Anträge. EU-Strategie, die auch weiterhin auf genau das gesagt. Steinmeier ist Ich denke, so eine Mehrheit wäre Ressourcensicherung setzt. Ich kann immerhin unser Kanzlerkandidat der herstellbar. Und ich denke auch, die dazu nur sagen, ich will nicht, dass Sozialdemokraten und er wird dazu Bundesregierung müsste dement- Ressourcen militärisch gesichert tatsächlich konkret. Konkret möchte sprechend in den Gremien handeln. werden, sondern über eine vernünf- er die nuklearen Abrüstungsschritte Das wäre dringend notwendig, ge- tige faire Wirtschaftsordnung und der USA und Russland vorantrei- nauso die Aussage, eben dann keine –politik Handel miteinander betrie- ben. Da stecken die meisten Waff en. Flugzeuge, die atomar bestückbar ben wird. Das heißt für mich faire Das ist unverzichtbar. Wenn der sind, in Kriegsgebiete zu schicken. Preise und eine gerechte Weltwirt- Norden nicht abrüstet, können wir Das gehört für mich zur Atomwaf- schaftsordnung ist unser Ziel. nicht erwarten, dass wir im Süden fenkonvention, dort entsprechend einer Weiterverbreitung den Riegel aufzutreten. 48 - FK 2009 vorschieben können. Deswegen ist wüschen, in einem Land leben zu noch in Öl und Gas, aber die Bevöl- es auch eine Selbstverständlich- müssen, in dem die Taliban regie- kerung baut nichts mehr an. Das gibt keit, dass die Atomsprengköpfe aus ren. Ja, da bin ich ganz streng. Ich es öfter auf der Welt. Wir müssen Deutschland rausmüssen. glaube nicht, dass die Taliban sich dafür sorgen, dass die Hilfsgelder durch gutes Zureden abbringen ordnungsgemäß abfl ießen. Korrup- 2. Kalter Krieg oder Kooperation. lassen von dem, was sie machen. tion ist wirklich ein großes Übel in NATO-Osterweiterung. Dieses The- Wenn ich recht informiert bin, hast dieser Gesellschaft. Afghanistan ist ma könnte man drei Wochen disku- du, Winni Nachtwei, anfangs dem da besonders schlimm. Antikorrupti- tieren. Die NATO ist als Konstrukt OEF-Einsatz zuerst zugestimmt, wie onsmechanismen müssen eingeführt sozusagen das fl eischgewordene ich auch, aber dann bei den weite- werden. Beispiel des zweiten parkinson- ren Beschlüssen habe ich mich beim schen Gesetzes. Ich meine nicht zweiten mal enthalten, dann beim Natürlich mehr Geld in die Polizei, den Arzt Parkinson, sondern den dritten Beschluss war ich dagegen. jawohl, in den öff entlichen Dienst Wirtschaftsjournalisten. Das zweite (Wer meine, Axel Bergs, Haltung - das sind Antikorruptionsmechanis- Gesetzt lautet, dass jede Organisati- näher interessiert, der möge auf men. Als wir in München unseren on danach trachtet sich auszuweiten, meine Homepage gehen, da habe ich Küchenskandal hatten, als die Kü- unabhängig davon, ob es den Grund darüber geschrieben.) chen verschoben wurden, vielleicht überhaupt noch gibt, aus dem die erinnern sich manche daran, war Organisation gegründet wurde oder Wir brauchen jetzt eine rot-grüne München die erste Stadt, die eine eben nicht mehr. Es soll uns daran Strategie, ein Prioritätenwechsel Antikorruptionsbehörde innerhalb erinnern, dass die NATO gegründet muss her, der ist bisher nicht erfolgt. des Rathauses eingerichtet hat. Ich wurde als Gegenmaßnahme gegen Er ist längst überfällig. Die Sicher- denke schon, dass das gute Maßnah- den „bösen“ Warschauer Pakt. Der heitslage ist prekär bei der Bevölke- men sind, um Korruption einzudäm- ist schon lange vorbei. Der 11. Sep- rung Afghanistans. Der zivile Aufbau men. tember kam in letzter Sekunde noch verlangsamt sich auch. Das heißt, rechtzeitig, sonst hätten wir disku- die ISAF einer UNO-Führung unter- Langfristige Investition in die För- tiert, ob wir die NATO überhaupt stellen. OEF ganz raus. So schnell derung der ländlichen Entwicklung noch brauchen. wie möglich raus aus der Geschichte. brauchen wir. Mohn wurde schon angesprochen. Ich bin Energiepoliti- Und durch die Osterweiterung hat Und wir sollten die Vermischung ker. Ich kämpfe heute für erneuerba- sich die Situation der NATO als Kon- von ziviler und militärischer Hilfe re Energien, das ist die Lösung von strukt auch noch verschärft. Je mehr dringend stoppen. Ich übernehme allem. Eva Bulling-Schröter hat es Länder man aufnimmt in die NATO, die Forderung von Hilfsorganisati- auch angesprochen, das könnte Af- desto mehr sind ja die, die nicht onen in Afghanistan: ghanistan ganz unabhängig machen, aufgenommen werden, ausgegrenzt. • Keine deutsche Beteiligung mehr wenn sie in erneuerbare Energien Und dadurch ist die NATO heute an OEF-Einsätzen. investieren würden. Übrigens ist die vom ehemaligen Sicherheitssystem • Konsequente Ausweitung des eigene Energie der erste Schritt in des Kalten Krieges eher zum Sicher- ISAF-Mandats auf den Schutz der die eigene Wirtschaft. Und Mohn heitsrisiko geworden. afghanischen Bevölkerung, kann man auch anders verwerten, • Entwaff nung illegaler Akteure. z. B. gut brauchbar in der Medizin, 3. Afghanistan ist der Hauptpunkt • Und natürlich müssen alle militäri- bei der Pharmaherstellung. Bei uns des heutigen Abends. Afghanistan schen Operationen bitteschön nach in Deutschland gab es früher auch war vor einem halben, dreiviertel völkerrechtlichen Normen ausge- Mohnanbau, bevor Raps angebaut Jahr im Parlament schon in der richtet sein. wurde, um daraus Öl zu machen. Diskussion. Ich will versuchen zu- Das geht auch alles. Ich denke, wir sammenzufassen. Wir sind jetzt im Eine zweite zentrale Forderung muss sollten wesentlich off ener sein in 8. Jahr nach dem 11. September. Die sein, dass wir endlich wegkommen diese Richtung. OEF war eigentlich mal die Antwort vom Primat des Militärischen. Wir auf diesen Anschlag in New York. haben zwar in Deutschland unsere Wir müssen leider feststellen, dass Das und die Anerkennung der OEF Ausgaben für zivilen Aufbau erhöht, nach 8 Jahren Einsatz in Afghanis- und ISAF setzt sogar das Bundesver- aber natürlich noch lange nicht tan Menschenrechte und die Durch- fassungsgericht voraus. Ich denke, hoch genug, wir geben immer noch setzung demokratischer Prinzipien da sind Eva Bulling-Schröter und ich prozentual viel zu viel fürs Militäri- durch die Afghanen selbst fast nicht verschiedener Meinung. sche aus. Wir müssen das Volumen, vorangekommen sind. Auch mit dem die Wirksamkeit der Auslands- und nationalen Friedens- und Versöh- Ich denke, OEF war notwendig, Entwicklungshilfe entscheidend nungsprozess können wir nicht fröh- um Al-Quaida und die Taliban zu vergrößern. Wir haben gehört, 90 % lich sein. Und selbst internationale vertreiben und um deren Herauslö- der Lebensmittel werden importiert. afghanische Entwicklungsstrategien sung zu betreiben und sie zu zerstö- Da gibt’s auch noch andere Kandi- kommen bei lokalen Konfl iktlö- ren. Ich würde keinem Menschen daten, z. B. Algerien, die denken nur sungsmechanismen überhaupt nicht

FK 2009 - 49 weiter nach meinem Wissen. Deswe- heitskonferenz zusammengelegt würde eigenen Dokumenten stehen, diese gen brauchen wir eine umfassende mit unserer Konferenz. Also ich habe Kampfmittel sind völkerrechtswid- nationale Strategie für die Friedens- am Anfang gesagt, ich will ein guter rig. Dann können Sie das doch nicht aktivitäten vor Ort. Wir müssen Zeithüter sein und bin ein schlechter Ihren eigenen Soldaten befehlen! unbedingt die Anrainerstaaten Iran geworden. Wir sind ziemlich hinten Also machen Sie Ihren rechtswidri- und Pakistan in diese Diskussion mit dran. Wir wollen ja auch mit Ihnen gen Befehl rückgängig.“ Drei Monate einbinden. diskutieren. Herr Nachtwei sie haben dazu geschwiegen, dann wieder in noch 11 Minuten, dann müssen wir der Debatte angesprochen, wieder Vierte Frage: Leisten wir uns Frie- aufhören und anfangen in eine Debatte geschwiegen und inzwischen habe den oder Krieg? Da sollten wir die zu kommen. ich ein Briefchen dazu gekriegt, in Militärausgaben beispielsweise dem nichts steht. jährlich um 5 % senken. Das wür- Winfried Nachtwei: Ich erinnere de Sinn geben und dafür Mittel mich jetzt sehr deutlich an eine Leider, und das ist die zweite Erfah- für zivile Konfl iktbearbeitung und andere Veran- rung: Die Abrüstungsdebatten im –verhütung, Mediation und andere staltung hier im Bundestag sind immer noch schlecht Techniken einführen und erhöhen. Raum vor zwei besucht (nur Sache der Abrüs- Genau in diese Richtung ging auch Jahren, auch am tungspolitiker) und das dann in die mein Aufruf und der Aufruf man- Samstag Abend mediale Öff entlichkeit zu bringen ist cher Abgeordneter zur ISAF und zur der Sicherheits- äußerst schwierig. Da ist dann kaum NATO. Sie können das auch alles konferenz. Da Interesse in der Bevölkerung nachlesen. Ohne zivilen Wiederauf- gab es die starke – völlig anders als in den 80er Jah- bau schaff en wir gerade die Konfl ik- und begründete ren. Ich wollte auf diese Probleme te, die irgendwann die nächste Krise Befürchtung, dass es bald zu einem hinweisen. SPD-Kollegen sind auch schaff en werden. Ich bin ganz froh, Angriff auf den Iran käme. eindeutig für diese verschiedenen, dass wir unseren rot-grünen Aktions- auch unmittelbaren Forderungen, plan verstärken und bezüglich ziviler Ich habe selten so etwas auf der was uns als Bundesrepublik an- Konfl iktbearbeitung und –verhütung Konferenz empfunden, dass da eine geht. Erstmal Atomwaff en weg und hingekriegt haben. off ene Konfrontation war zwischen dann in anderen Ländern auch. Die Frau Merkel einerseits und Vertre- Kollegin und andere, die Letzter Gedanke, Sie haben mitge- tern der iranischen Regierung. Vor da arbeiten, sind eindeutig für diese kriegt, dass ich skeptisch bin. Ich zwei Jahren wäre so etwas wie es Forderungen. Oder Abschied vom denke, wir könnten die NATO ohne am Freitag Nachmittag (auf der sog. nuklearen Ersteinsatz. Probleme abschaff en, noch besser Sicherheitskonferenz; Anm. d. R.) war, umwandeln in ein Bündnis für Si- nämlich zu fragen nach der nuklea- Das sind so kleine, aber nicht un- cherheit. Dann sollte aber, nachdem ren Abrüstung und der Nulllösung, wichtige Veränderungen an der Nu- es diese Organisationsstruktur schon unmöglich, undenkbar gewesen. klearstrategie der NATO. Jetzt ist ja mal gibt, dafür gesorgt werden, dass der NATO-Gipfel sehr wichtig. Wird die Organisationsfähigkeiten erhal- Das heißt jetzt nicht, es ist das große von den SPD-Kollegen geteilt, aber ten werden. Aber eine NATO als Licht ausgebrochen, aber es sieht in der Koalition selbst sind sie durch internationales Bündnis für Sicher- zumindest nicht mehr so fürchterlich die Koalitionswege unten gehalten, heit müsste als UNO organisiert sein, düster aus, düster wie es vor zwei und deshalb fehlt heute der CDU/ müsste natürlich für alle Staaten Jahren war. CSU-Vertreter nicht unbegründet. off en sein und natürlich sollte ihre Inzwischen kristallisieren sich die Wir kommen zuerst direkt zur Arbeit transparenter sein als diese CDU-Kollegen als ziemlich saftige atomaren Abrüstung: Was habe ich Veranstaltung im Bayerischen Hof. Vertreter von nuklearer Rüstung aus. dazu getan: parlamentarisch reihen- Dann würde ich vom Skeptiker zum Und das ist auch deutlich geworden weise Initiativen, Anträge, Anfra- Fan der Münchner Sicherheitskonfe- einerseits in der Rede Steinmeiers, gen, die Bundesregierung damit renz. dem zumindest die Vision einer nuk- gelöchert. Nur macht man immer learfreien Welt vorschwebt. Sage aber als Münchner Abgeordne- wieder die Erfahrung mit einer ter, machen Sie das nächste Mal die Gummiwand, ob man in der Regie- Und auf der anderen Seite Merkel Sicherheitskonferenz nicht mehr im rungs- oder in der Oppositionspartei mit Sarkozy: Gerade heute hat es Bayerischen Hof, sondern woanders. ist. Ein Beispiel: Ich hatte herausge- Sarkozy so stark betont, der Vorteil Wir haben in Bayern traumhafte funden, es gibt eine Richtlinie der war, dass es ehrlich war. Er hat Schlösser. Sollen sie doch nach Bundeswehr für humanitäres Völker- (auf der Sicherheitskonferenz; Anm. Kloster Irsee gehen. Wunderschöner recht. Was steht darin: Verbot von d. R.) gesagt, wir brauchen weiter Naturpark. Kampfmitteln, nicht nur biologisch- die Atomwaff en, weil wir weiter chemischen, sondern auch atomaren. Großmacht bleiben wollen. Da war Hans-Ch. v. Sponeck: Noch besser Das habe ich dem Minister direkt er zumindest Realist. Da gibt es also wäre es, wenn die Münchner Sicher- vorgehalten: „Sie haben in Ihren den Spalt zwischen den verschiede-

50 - FK 2009 nen Parteien und Fraktionen. Und die andere Seite hineinzuversetzen. Und der letzte Punkt dann: Leisten ich habe aber gesagt, was außer- wir uns Frieden oder fi nanzieren dem das unmittelbare Gewicht und Dann Afghanistan: Was ich dazu tue, wir Krieg? Andreas Zumach hat das wichtige Forderungen sind. Und dass was wir tun. Einmal, das ist speziell vorher angesprochen, diese Kluft es klar wird. Dies ist in der Tat von meine Aufgabe im Verteidigungs- zwischen Militäraktionen und ziviler entscheidender Bedeutung: Nächstes ausschuss. Ich informiere mich so Krisen-Prävention – viel beschworen, Jahr Überprüfungskonferenz Nicht- sorgfältig wie möglich, wie dort die oft zitiert, aber der Realität entfernt. verbreitung und das wird dieses Jahr Situation ist in einem Land, in dem In der Tat eine enorme Kluft. Und vorbereitet. wir relativ wenig die Möglichkeit ich muss sagen, wenn ich in Krisen- haben, sich zu informieren, weil es regionen unterwegs bin, treff e ich da Wenn im nächsten Jahr die Konfe- kaum überprüfbare Berichte gibt. häufi g Leute, die eine Ausbildung in renz wieder so scheitert wie 2005, Und das andere, eben versuchen zivilem Friedensdienst haben. Phan- dann ist das nicht so ein Scheitern politisch zu intervenieren. Vor tastische Leistung von den Leuten. wie 2005, dann geht nämlich die zweieinhalb Jahren habe ich damit Im Ostkongo getroff en. In Afgha- Büchse der Pandora wirklich breit begonnen zu sagen – manche waren nistan getroff en. In verschiedenen auf, dann wird es eine Verbreitung da schon viel eher klüger – aber ich Ecken des Balkan. Usw. von Atomwaff en geben, und wenn es habe es auf dem Hintergrund der noch mehr Verbreitung von Atom- dortigen Erfahrung gesagt, es steht Phantastisch, was die relativ weni- waff en gibt, dann ist der Einsatz auf der Kippe. Bis 2005 ist es ins- gen Leute schaff en, das ist aber hoff - von Atomwaff en nur eine Frage der gesamt eher positiv gelaufen, aber nungsvoll. Und es ist auch so, dass in Zeit. Eindeutig. Deshalb in diesem danach eindeutig negativ. dem Bereich der Bedarf inzwischen Jahr mehr zum Thema machen! Also so auf der Hand liegt wie nichts. Büchel wieder ins Gespräch bringen. Da ist unsere Aufgabe und speziell Vor 15 Jahren war das eine Forde- Auch die Friedensbewegung in die- meine Aufgabe, Initiativen zu ergrei- rung der Friedensbewegung und der sem Bereich wiederbeleben. fen, Vorschläge zu machen – men- Friedensforschung. Inzwischen ist genweise Anträge, Anfragen usw., das ein Bedarf der Dringlichkeit der Zum Thema Kalter Krieg oder damit es eine „Sickerwirkung“ gibt. praktischen Politik, wenn man mit Kooperation. Kurz zum Raketenab- Seit zwei Jahren gibt es eine Forde- dieser Region zu tun hat. wehrschild. Dieser ist durch nichts rung nach einem Strategiewechsel: zu begründen und abzulehnen. Hier Und dazu gehört die Einstellung Was das Kuriose ist, dass nämlich gibt es eine gewisse Bewegung. von „enduring freedom“ (OEF). Und gerade auch oft Offi ziere mit Erfah- Inzwischen gibt es von der amerika- dann als nächstes, das ist für die rung aus Krisenregionen auf zivile nischen Seite Entgegenkommen und Bundesrepublik besonders wichtig, Konfl iktbearbeitung besonders drän- Gesprächsbereitschaft auf der russi- dass man endlich mal eine Bestands- gen, weil sie aus ihrer Erfahrung schen Seite. Was können wir tun? Da aufnahme macht, was ist denn nach heraus besonders deutlich erkennen, kommt es darauf an, dass schlicht- sieben Jahren herausgekommen, es dass unsere Möglichkeiten äußerst weg die Bundesrepublik als erste den sind große Fehler gemacht worden. begrenzt sind, überhaupt etwas zu Vertrag erst mal ratifi ziert. Dann machen. Dann ist das wenigstens anpassen, aber erst mal ratifi ziert. Ich kann auch einsehen, dass ich ein begrüßenswerter Erkenntnisfort- Etwas Drittes ist mir aufgefallen. Ich Fehler gemacht habe. Die eigenen schritt. Und aus der Richtung gibt es war letzthin in Moskau vom Unter- Fehler erkennen. Das ist dringend auch ein Drängen. ausschuss aus, aber auch hier bei der notwendig. Andere Länder machen Sicherheitskonferenz: Es ist dringend das inzwischen. Kanada macht das, Die Nagelprobe ist ein weitergehen- notwendig, um konfrontative Ent- USA macht das sogar, die Bundesre- der Aktionsplan für eine Krisenprä- wicklung, sagen wir ganz pauschal, publik noch nicht. Da werden in der vention. 2004 war das international zwischen Ost und West, zwischen Regel billige Berichte abgegeben. ein großer Fortschritt. Ab 2006 NATO/EU und Russland wieder zu- müssen wir leider einen relativen Dann als nächstes ist es notwendig, rückzuholen, dass man sich endlich Stillstand feststellen und Stillstand überhaupt eine Verständigung über wieder daran erinnert, zumindest die bedeutet in dem Bereich Rückschritt. Ziele, eine Off enlegung von Zielen Perspektive der anderen Seite mit Ein Angelpunkt für eine andere zu erreichen. Es gibt legitime UN- einzubeziehen. Und das hat heute Politik ist etwas sichtbar zu suchen, Ziele und illegitime Einfl ussziele. interessanterweise Sarkozy gesagt. was strukturell von der Natur erst sehr schwer sichtbar ist. Zivile Frie- Er sagte, NATO tasten wir nicht an, Dann schließlich politische Konfl ikt- densförderung braucht viel mehr an aber wir müssen gleichzeitig ver- lösung auf regionaler, lokaler Ebene, Sichtbarkeit, Lobby und Druck. stehen, dass sich die andere Seite soweit es geht mit den Aufständi- inzwischen eingekesselt fühlen kann. schen verhandeln. Aufbauoff ensive. Hans-Ch. v. Sponeck: Ich glaube Also das Kräfteverhältnis, das sich Ich habe so den Eindruck, da wird wird sind jetzt bereit zu reagieren auf inzwischen verschoben hat. Das ist sich eher pfl ichtgemäß engagiert, die 5 spannenden Beiträge. Es wird das A und O für alle Seiten, sich in aber nicht im Sinne von Aufbauof- nicht leicht sein, weil wir weniger Zeit fensive. FK 2009 - 51 haben und weil der Themenkatalog so mentarierInnen bitten, dass wir noch wer über Politik entscheidet, näm- groß ist. Es wäre gut, diszipliniert die eine Zeit lang da bleiben, um die lich 2%, ist entscheidend. Verstän- Sachen zu bündeln. Ich erinnere Sie Rechte von Frauen und Kindern zu digung soll darüber geschehen, wie noch mal an die vier Themen, um die schützen. Wir können einen gewis- politische Veränderungsprozesse es geht. Aber wenn Sie andere Fragen sen Schutz gewähren. stattfi nden können. Wie viel Men- haben, die mit den Themen nichts zu schen waren auf der Demo und tun haben, dann ist das durchaus mög- Eva Bulling-Schröter: Europäische bei der Friedenskonferenz und den lich. Wir haben nicht eine Stunde, wir Verfassung: Die Linke hat sie ab- anderen Veranstaltungen? Viel zu haben jetzt nur noch 40 Minuten, die gelehnt, weil Militarisierung drin wenig. Wir müssen mehr politischen sollten wir gut nutzen. steht. Dieser Passus muss raus. Wir Druck machen. Was wollen wir in sind gegen eine EU-Armee, weil Afghanistan? Was sind wirklich die Erste Frage: Welt ohne Atomwaff en diese Armee expansive Politik zur Interessen? Wieweit decken sich die und der ganze Komplex. Zweites The- Rohstoff sicherung treiben würde. Zu Interessen von Deutschland und den ma: Kalter Krieg oder Konfrontation. Afghanistan: so schnell wie möglich USA? Viel zu wenig diskutiert. Was Drittens: Raus aus Afghanistan, aber raus und begleitend, gemeinsam mit wollen wir da? Wessen Interessen wie. Viertens: Wollen wir uns Frieden den Menschen vor Ort. sind es? Humanitär wirken? Frauen leisten oder Krieg fi nanzieren? Ich aufbauen? Geht es wirklich darum? Winfried Nachtwei: Europäische versuche zu bündeln. Das Plenum ist Geht es nicht vielleicht um anderes? eingeladen, sich jetzt zu melden. Ich Verfassung: Muss nicht Aufrüstung brauche ein bisschen Hilfe, damit ich bedeuten. Man kann am Ende mit Plenum: niemanden übersehe. weniger rauskommen. Anspruch der - Frage an Axel Berg: einmal Gut, EU ist, zivile Fähigkeiten zu fördern. einmal böse, wie sollen wir das Plenum: Die Soldaten sagen, dass sie nicht verstehen? - Vor dem Hintergrund, dass die USA als Besatzungsarmee wahrgenom- die Rüstungsausgaben auf 500 Mrd. men werden. Aber ISAF und USA Dollar erhöht haben, stellt sich die werden von der Bevölkerung als Frage: Wer setzt sich dafür ein, dass Besatzungsarmee wahrgenommen. diese wieder reduziert werden? Wer Im Norden und Westen eher eine setzt sich in der EU dafür ein, dass positive Haltung. Paritätische Ent- eine europäische Verfassung ohne scheidung über Projekte. Demo- den Passus zur Aufrüstung kommt? kratische Friedenskräfte gefragt: - Sind die Afghanen begeistert, wenn ISAF und internationale Streitkräfte wir uns Gedanken darüber machen, müssen ihren Einsatz ändern, aber was gut ist für sie? nicht schnell raus, sondern Abzugs- - Bemerkung: Mit Ausnahme der perspektive. Linken sind alle Parteienvertreter, die nicht Teil der Friedensbewegung, Axel Berg: Taliban sind in Afgha- sondern Teil der Kriegspolitik sind. nistan nicht beliebt. Er weiß nicht, Alle Parteien sind mitverantwortlich ob die Soldaten beliebt sind, weil für die Leichenberge in Jugoslawi- er noch nicht dort war. Die Ausbil- en, Irak, Gaza-Streifen. Es kommt dung bei der Bundeswehr hat sich auf eine Konfl iktbearbeitung und komplett geändert, inzwischen wird –vermittlung an. Worin besteht der Deeskalation geübt und gelehrt. Konfl ikt zwischen Friedensbewe- 2 % der Bevölkerung sind nur po- gung und Kriegsparteien? Er besteht litisch engagiert, es würde helfen, darin, dass die Parteien andere wenn sich mehr Menschen engagie- ren würden. Interessen vertreten und nicht, dass - Ebenfalls an A. Berg: Wird die OEF- es verschiedene Meinungen über Andreas Zumach: Zeit nationaler Mission begrüßt, weil sie gegen die Konfl iktlösungen gibt. Wir wollen Armeen ist überholt. Friedenspoliti- Taliban ist? Aber ist das nicht Krieg keine Streitkräfte, weil wir keine sche Zielrichtung: Militär abbauen gegen den Terror? Wird genügend militärische Konfl iktlösung wollen. und ganz überwinden. Pazifi stische getan, um die Ursachen des Terrors Meine Hoff nung setze ich nicht auf und menschenrechtliche Perspektive: zu beseitigen und darauf zu reagie- Obama, sondern dass mehr Leute auf Mandat an UNO mit klar defi nierten ren? die Straße gehen gegen eine kriegs- Aufgaben. Drohenden und begin- verbrecherische Politik, für die ihre Axel Berg: Taliban haben komplett nenden Völkermord beenden oder Parteien verantwortlich sind. andere Werte, zum Beispiel Unter- verhindern. Ruanda: Der Völker- drückung der Frauen. Sobald der mord hätte verhindert werden kön- Hildebrecht Braun: Friedensfort- Schutz vorbei ist, geht das wieder nen, wenn sich jemand dazwischen schritt ist, wenn wir von nationalen los. – NATO: Begründung dafür gestellt hätte. Afghanistan: Hinweis, Armeen wegkommen. – Die Parla- ist vorbei. – 11. 9. war ein Nato- 52 - FK 2009 Bündnisfall. Mit dem damaligen Winfried Nachtwei: Was tun gegen de nachträglich der Krieg legitimiert. Informationsstand war die Abstim- schwere Fälle von illegaler Gewalt? Es ist nicht unsere Sache, in anderen mung so richtig, weil wir davon 1. Klarer Rechtsrahmen. Ländern die Emanzipation voranzu- ausgehen mussten, dass der Angriff 2. Verbindliche Bindung an die treiben. von Afghanistan ausging. Mit mehr UN-Charta. – Fähigkeiten der UNO - Was halten Sie von der Friedens- Informationen hat A. Berg sich erst stärken. bewegung, so wie sie sich Ihnen enthalten und dann dagegen ge- darstellt? stimmt. – Fast alle Kriege könnten Hildebrecht Braun: Es wäre ein - Bis zu den Wahlen dafür sorgen, verhindert werden und wären nicht fulminanter Schritt, wenn es keine dass die letzten Atomwaff en in notwendig. Fast alle Kriege gehen nationalen Armeen mehr gäbe. Es Büchel verschwinden. Initiativantrag um Energien. Deswegen setzt er sich würden keine Nationen mehr gegen- parteiübergreifend stellen gegen die für erneuerbare Energien ein, denn einander Krieg führen. Wir wollen CDU/CSU. dann bräuchte es keine Kriege mehr. eine Weltregierung. Die jetzige - Was tun Sie, damit der Militärver- Situation ist ein Sicherheitsrat mit trag zurückgenommen wird? Gibt es Plenum: an Zumach und Sponeck: China, das alles blockiert, was nicht eine Aussicht für Frieden, wenn wir Thema Weltpolizei – der Gedanke seine nationalen Interessen sind. nicht die Rüstungsindustrie verstaat- lichen? Wenn der Profi t weiter so Eva Bulling-Schröter: Stärkung groß ist und die Chance, Geschäfte der UN muss endlich durchgeführt zu machen? werden. Was ist mit Prävention? Wie - Sarkozy „Wir wollen weiterhin kann sie stattfi nden? Der Konfl ikt Atomwaff en haben, damit wir war monatelang vorher bekannt. weiterhin Großmacht sind.“ Das ist Es wurde nichts getan. Oder wenn der entscheidende Punkt, warum es Konfl ikte geschürt werden! Frage weiterhin Kriege geben wird und der Rüstungsexporte! weitere Fortführung der Ausbeu- Hans-Ch. v. Sponeck: als UNO- tung. Durch Revolution enteignen! Botschafter: Wir leiden unter einer Schlussbemerkungen Doppelmoral. Wenn die UNO das rich- tige Werkzeug hat, dann benutzt man Winfried Nachtwei: es. Weil der Doppelstandard so erkannt 1. Es war nicht so, wie Berg erklärt ist, sind wir in einer Ära der tiefer hat. USA wollten das Bündnis erst werdenden Konfrontationen. Es bilden gar nicht. Der Bündnisfall wären nur sich neue Allianzen. Indien, Russland ein paar Operationen wie Groß- und China. Usw. Solange das so weiter raumüberwachung gewesen. Grund- geht, wird die UNO unbrauchbar lage für Einsätze im Inneren sind sie bleiben. Das wird so weiter gehen, weil nicht. dieser Doppelstandard nicht akzeptiert 2. Einsätze im Inneren will Schäuble wird. unbedingt. Luftsicherheitsfall und Seesicherheitsfall. Aber damit hat er Plenum: keine Chance durchzukommen, weil sollte vertieft werden. Wo sind die -Im Weißbuch 2006 steht, dass Ablehnung in allen anderen Parteien Hoff nungs-Indizien? Wie sieht so nicht mehr die Verteidigung der herrscht. eine Perspektive aus? Außengrenzen das zentrale Ziel ist, 3. Parteiübergreifende Initiativen im sondern Handelswege und Ressour- Andreas Zumach: Keine Frage des Bundestag funktionieren am ehesten cen. Wir haben hier Leute, die nicht staatlichen Gewaltmonopols, weil in Menschenrechtsfragen. Aber nicht von ihrer Arbeit leben können und es fast alle Staaten dieser Erde als mit der Linken – durch ein lächer- zu Maßnahmen gezwungen werden. notwendig ansehen. Dieses ist zu lich dogmatisches Verhalten der Uni- Das Militär soll nun auch im Inneren überwinden und aufzugeben. Auch on. Sie lehnen ein Büdnis mit ihr ab. eingesetzt werden können. ein Staatenbund wäre entsprechend Lieber werden die gleichen Anträge - Was machen Sie als Parlamenta- interessensgeleitet. Handlungskom- doppelt eingereicht. rier? Ich bin überrascht, wie viel petenz der UNO langsam stärken. 4. Gedanken zur Friedensbewegung: Einigkeit hier herrscht! Ist das schon Nationalstaaten sollen in Aussicht Ich habe immer Kontakte gehalten. mal vorgekommen, eine parteiüber- stellen, ggf. zu unterstützen mit Bisher viel zu wenig geschaut auf greifende Initiative durchzuführen? Ressourcen (manpower, Maschinen konstruktive Zusammenarbeit. Oder kommt das nicht vor? etc.). Wir wollen das militärische In- - Bis 2005 einverstanden mit dem Eva Bulling-Schröter: strument begrenzen und ausschließ- Afghanistan-Einsatz? Aber die Pläne 1. Bundeswehr im Inneren: Das fi n- lich bei der UNO ansiedeln. Wir sind lagen schon vor 2001 in der Schub- den wir in südamerikanischen Län- noch nicht so weit. lade. – Frage der Frauen, damit wur- dern. Das muss defi nitiv abgelehnt

FK 2009 - 53 werden. Natürlich ist auch Hartz IV müsste welche haben. Raketen in gewollt und zugelassen und könnte Krieg gegen die Beschäftigten. Es Polen für den Frieden in Europa sehr politisch unterbunden werden. gehen zu wenig auf die Straße! gefährlich. Raketen in Iran: Von wo 3. Eine der bedrohlichsten Entwick- 2. Versammlungsgesetz. Wir haben aus geht gegenwärtig Kriegsgefahr lungen: Export atomwaff enfähiger geklagt, aber bis jetzt hat sich nichts aus? Mit Obama geht die Gefahr in U-Boote an Israel. Unsere besondere verändert. Europa noch weiter zurück. Verantwortung und der Schutz Is- 3. Die Union weigert sich, Anträge 3. Wenn im Balkan Menschen keine raels widersprechen diesem Export. mit der Linken zusammen zu unter- Angst mehr haben müssen, ist das Müssen wir uns vorwerfen lassen, schreiben. Dem schließt sich die SPD auch die Folge der Politik, die wir dass wir als Deutsche mitbeteiligt als Zugeständnis an. gemeinsam getan haben. sind? 4. Friedensbewegung: Sie versteht 4. Friedensbewegung. Reihe im 4. Wir haben seit geraumer Zeit sich als Teil der Friedensbewegung. Amerikahaus in München. Botschaf- eine schleichende Gewöhnung an Wünscht sich wieder Hunderttau- ter sprechen für ihr Land, was es bei- den Einsatz der Bundeswehr im sende auf der Straße. Friedensbewe- tragen kann. Frieden wollen wir alle. Inneren. Guter Job, aber wachsende gung ist gespalten seit dem Jugosla- Hat Probleme mit Leuten, die sagen, Akzeptanz der BW und ihrer Ein- wienkrieg. Diff erenzen auch wegen uns gehen die Rechte der Frauen in sätze im Inneren. Müssten wir nicht Iran und Irak. Wir bräuchten eine anderen Ländern nichts an. die zivilen Instrumente herstellen, starke Friedensbewegung. Nochmal um mit solchen Katastrophen fertig Anlauf machen mit Kirchen, Ge- Plenum: Es ist nicht unsere Sache, zu werden? Ausstattung des THW? werkschaften usw. Auf die Abgeord- die Emanzipation in anderen Län- Sonst muss man immer auf die BW neten der CSU zugehen und fragen, dern voranzutreiben. Prinzip des zurückgreifen. Es gibt derzeit keine wie sie es mit ihrem christlichen zivilen Friedensdienstes: niemals Klage gegen die verantwortlichen Gewissen halten. unsere Werte anderen aufdrängen. Politiker! 5. Rüstung verstaatlichen: EADS 5. Dringender Wunsch, dass die Frie- Andreas Zumach: könnte man dann schnell konver- densbewegung zum Thema Israel, 1. Geht es bei dem Einsatz in Af- tieren. Arbeitsplätze sollen weiter Gaza usw. mit Politikern ein Podium ghanistan wirklich um die Frage der bestehen, aber ohne Rüstung. ansetzt. Er ist gerne dabei. Unterdrückung der Frauen? Hildebrecht Braun: 2. Verstaatlichung der Rüstungs- Hans-Ch. v. Sponeck: Dank an alle. 1. Rüstungsindustrie: Zahl der industrie: würde uns nicht weiter Nicht einfach alles vergessen, sondern Mitarbeiter in den letzten 10 Jah- bringen. Es gibt Länder, wo diese wenn nächstes Jahr 2010 die Friedens- ren halbiert. Hat damit zu tun, dass Industrie staatlich ist, trotzdem gibt konferenz wieder zusammen kommt, die Amerikaner woanders kaufen, es dort das Problem der Aufrüstung. wieder zusammensetzen zum gemein- weil dort eine andere Entwicklung Aufträge vom eigenen Staat – davon samen Gespräch. Wir müssen uns alle passiert. lebt diese Industrie. Auch Exporte politisch aktiver verhalten. Das ist eine 2. Atomraketen für Bundeswehr – beleben das Geschäft. Und ob das gute Münchner Tradition. es gibt keinen, der meint, die BW stattfi ndet, ist Sache der Politiker. Verdoppelung der Exporte: Politisch

54 - FK 2009 Friedensgebet der Religionen

Gibt Glaube Sicherheit? Juden, Christen, Muslime und Bahaì beten für den Frieden

Am 8. Februar wurde zum Abschluss der Friedenskonfe- renz 2009 im Pfarrsaal von St. Anna ein Friedensgebet der Religionen gefeiert. Zu den Mitveranstaltern gehör- ten von der Friedensinitiative Christen in der Region München Inge Ammon und Dr. Gesine Taubert, von den Freunden Abrahams Prof. Manfred Görg, die Jüdin Mi- chaela Rychlá, die Muslima Enisa Bialovic und Marwan Al-Moneyyer von der Muslimischen Jugend Deutsch- lands, von den Baha´i Harald Hackländer und von Pax Christi Gertrud Scherer und Rosemarie Wechsler.

Musikalisch begleitet wurde das mittägliche Friedensgebet vom Contra-Ensemble mit Franz Kolhuber und Brigitte Meyer (Hackbrett), Solveig Fiederling (Flöte) und Alfred Girgenhuber (Gitarre).

Die Kollekte dieses Friedens- gebetes ging an „Connection e.V.“ für ihre Arbeit für und mit Kriegsdienstverweige- rern in Israel. Den jungen Menschen in Israel, die aus Gewissensgründen den Wehr- dienst – vor allem im Kampf gegen die Palästinenser – verweigern, drohen Gefäng- nisstrafen.

Die Friedenskonferenz und mit ihr das Friedensgebet der Religionen haben schon eine Tradition seit 2003. Diese

Konferenz versteht sich als Gegenstück zur „Sicherheitskonferenz“ im Bayerischen Hof, denn sie sucht und zeigt Wege zum Frieden mit nichtmilitärischen Mitteln. Zu dem gemeinsamen Friedensgebet trägt jede Vertreterin und jeder Vertreter etwas von der eigenen Religion bei, diesmal zu der Frage „Gibt Glaube Sicherheit?“ Das Hören aufeinander hilft, Fremdheit zu überwinden und Verständnis füreinander und gegenseitigen Respekt zu fördern und zu erneuern. So möchte dieses Friedens- gebet auch etwas zum friedlichen Miteinander in unserer Stadt beitragen. Diesmal waren etwa 150 Personen gekommen.

Die Feier klang aus mit Gesprächen bei Tee, Kaff ee und Gebäck, und Pater Cornelius, Pfarrer von St. Anna, blieb bis zum Schluss dabei. Gertrud Scherer

FK 2009 - 55 Dr. Mary-Wynne Ashford MD, Ph.D., Physician

Sie war Chemielehrerin und hatte drei Kinder in der Schule, als sie sich (mit 38 Jahren) entschloss, Medizin an der Universität von Calgary zu studieren. Sie praktizierte dann 11 Jahre lang als Hausärztin und spezialisierte sich auf Schmerzbehandlung. Sie promovierte als Dr. phil. an der Simon Fraser-Universität 1997, wo sie die Wurzeln der Gewalt studierte.

Preise:

• Sie war Co-Präsidentin der Vereinigung der Internationalen Ärzte für die Verhütung von Atomkriegen (IPPNW) als diese 1985 den Nobelpreis gewannen.

• Gandhi Award von der Simon-Fraser-Universität

• Zweimal Governor General of Canada’s Medaille

• YWCA Women of Distinction Award

• YMCA Peace Medal

• The Washington Physicians for Social Responsibility Distinguished Physician Award

Aktuelles Buch: ENOUGH BLOOD SHED: 101 Solutions to Violence, Terror, and War (Co-Autor: Guy Dauncey)

Kontakt: über Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinte KriegsdienstgegnerInnen München Schwanthalerstraße 133, 80339 München Tel.: 089 - 89623446, Fax: 089 - 834 15 18 mail: [email protected], www.dfg-vk.de

56 - FK 2009 Dr. Axel Berg SPD

Geboren am 26. März 1959 in ; verheiratet. Schulsprecher, Skirennläufer, -trainer und Taxifahrer. Studium der Rechts- und Politikwissenschaften an den Universitäten Mün- chen, Tübingen, Aix-en-Provence/Marseille und Frankfurt/Main

• seit 1993 selbständiger Rechtsanwalt. • Mitglied des Bundestages seit 1998; • in der 14. Wahlperiode SPD-Obmann in der Enquetekommission „Nachhaltige Energieversorgung unter den Bedingungen der Globali- sierung und der Liberalisierung“; • in der 15. Wahlperiode stellvertretender energiepolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. • Vorstand des KulturForums der Sozialdemokratie • Vorsitzender des Bezirksausschusses Schwabing-Freimann.

Engagements: • für zahlreiche Bürgerinitiativen, insbesondere in der Friedens- und Anti-Atomkraft-Bewegung • Münchner AIDS-Hilfe • Mehr Demokratie e. V. • lokale Agenda 21 • Gründungsvorsitzender des Freundeskreises des Münchner Metropol-Theaters • Gründer und Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung Energiewerk • Nachhaltige Energiewirtschaft bei der Friedrich-Ebert-Stiftung

Mitgliedschaften in Gremien des Bundestages : • Ordentliches Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie • Stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit • Stellvertretendes Mitglied im Unterausschuss ERP-Wirtschaftspläne • Funktionen in Unternehmen • Deutsche Energie-Agentur GmbH, Berlin, Mitglied des Beirates, ehrenamtlich • Green City Energy GmbH, München, Mitglied des Kuratoriums, ehrenamtlich • PatentPool Innovations Management GmbH, München, Mitglied des Beirates • Funktionen in Körperschaften und Anstalten des öff entlichen Rechts • Max-Planck-Institut für Physik (Werner-Heisenberg-Institut), München, Mitglied des Kuratoriums

Funktionen in Vereinen, Verbänden und Stiftungen: • Bundesverband BioEnergie e.V. (BBE), Bonn, • Bundesverband Deutscher Stiftungen e.V., Berlin • Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) e.V., München • Wasserkraftwerke Baden-Württemberg e.V., Karlsruhe • Bundesverband Erneuerbare Energien e.V., Paderborn • Deutsch-Mosambikanische Gesellschaft e.V., München • elysium-between two continents-Academy of Continuing Education in the Arts, München, New York, • energiewerk Stiftung, München • e-Parliament- dezentrales Online-Parlament-Netzwerk, Ashford, Kent (England) • Freundeskreis Metropol Theater München e.V., München

Kontakt: Wahlkreisbüro München Dr. Axel Berg MdB Belgradstraße 15a 80796 München Tel.: (089) 39 41 80 Fax: (089) 33 02 99 06

FK 2009 - 57 Hildebrecht Braun F.D.P.

„Wir auf der Erde wissen, dass wir mit allen Faktoren der menschlichen Seele und mit den gruppendynamischen Prozessen umgehen müssen, die Frieden so schwer machen. Ich nenne nur einige Faktoren: • Nationaler Egoismus mit Überheblichkeitswahn • Rassismus • Religiöser Fanatismus • Mangel an wirtschaftlichen Perspektiven • Wassermangel oder auch das plötzliche Auftauchen von eigentlich positiven Überraschungen, nämlich Bodenschätzen wie Gold, Edelsteinen oder heute häufi ger Öl und Gas, die zu Verteilungskämpfen und zur Einmischung von ausländischen Mächten führen.“

Geboren am 23. Juni 1944 in Neuendettelsau, Mittelfranken; verheiratet. Humanistisches Gymnasium in Windsbach; Austauschschüler in Dayton, Ohio. 1965 bis 1970 Studium der Rechtswissenschaften in München, 1975: 2. juristische Staatsprüfung in München, seit 1976 als Rechtsanwalt in München zugelassen. 1976 bis 1981 bei einer Münchener Versicherung tätig

Seit 1964 Mitglied der F.D.P., 1969 bis 1990 Mitglied im Vorstand der Münchener F.D.P., 1971 bis 1972 Fraktionsgeschäftsführer der F.D.P. im bayerischen Landtag; seit 1991 Mitglied des Landesvorstandes der F.D.P., seit 1991 Mitglied des Bundesfachausschusses Wohnungsbau und Städtebau 1970 bis 1974 Mitglied des Bezirkstages von Oberbayern, 1988 bis 1994 Mitglied des Stadtrats von München. Mitglied des Bundestages seit 1994.

Mitgliedschaften in Gremien des Bundestages: • Ordentliches Mitglied • Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau

Stellvertretendes Mitglied: • Rechtsausschuß Ausschuß für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuß für Verkehr • Untersuchungsausschuß DDR-Vermögen • Untersuchungsausschuß Plutonium

Kontakt: [email protected]

58 - FK 2009 Eva Bulling-Schröter Die Linke

Geboren am 22. Februar 1956 in Ingolstadt. Ausbildung zur Betriebsschlosserin. Tätig als Schlosserin bei Rieter Ingolstadt Spinnereimaschinenbau AG

Politisch aktiv seit 1974, zuerst in der DKP in verschiedenen ehrenamtli- chen Funktionen, seit 1990 Mitglied der PDS jetzt Linkspartei, seit 2000 Landessprecherin der LINKEN.

Mitglied des Bundestages 1994 bis 2002 und seit 2005

in der 13. und 14. Wahlperiode umweltpolitische Sprecherin und zuständig für Tierschutz

seit November 2005 wieder umweltpolitische Sprecherin und stellvertre- tende Vorsitzende des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi- cherheit.

Ehrenamtliche Tätigkeiten: • DGB-Regions-Frauenausschuss und im IG-Metall-Frauenausschuss

Mitgliedschaften: • BUND • Tierschutzbundes e. V. • Vereinigung der Tierversuchsgegner e. V. • Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten • Freidenker Netzwerks e. V. • Verein zur Überwachung der Sondermüllverbrennungsanlage in Baar-Ebenhausen • Förderverein Umweltzentrum in Ingolstadt • Profamilia • Mehr Demokratie e. V. • BBU • Eurosolar

Mitgliedschaften in Gremien des Bundestages: • Stellvertretender Vorsitz im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit • Ordentliches Mitglied im Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung • Ordentliches Mitglied im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit • Stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Kontakt: über DIE LINKE.Ingolstadt Bahnhofstr. 5 85051 Ingolstadt Tel 0841/ 9310139 www.bulling-schroeter.de

FK 2009 - 59 Prof. Dr. Hans-Peter Dürr

Hans-Peter Dürr studierte Quantenphysik und promovierte bei Edward Teller in Berkeley. 1978 wurde er Werner Heisenbergs Nachfolger als Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik und Astrophysik und des Werner-Heisenberg- Insitutes für Physik in München.

H.-P. Dürr gründete 1987 in Starnberg die Organisation Global Challenges Network (CGN). Im selben Jahr erhielt er den Alternativen Nobelpreis für seine fundierte Kritik an der von Ronald Reagan 1983 ins Leben gerufenen Strategischen Verteidigungsinitiative und für seine Bemühung, hoch entwickelte Technologien für friedliche Zwecke nutzbar zu machen. Das GCN knüpft ein weltweites Netz aus Projekten, Gruppen und Initiativen, um gemeinsam globale Probleme zu bewältigen, die unsere Umwelt und damit uns bedrohen. Für den Physiker, der sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung der Wissenschaften, der möglichen Verbindung von Ökologie und Ökonomie und Fragen der Abrüstung und Friedensforschung beschäftigt, ist die Natur der perfekte Lehrmeister für ein zukunftsfähi- ges Zusammenspiel.

Er ist Mitglied des Club of Rome sowie von Pugwash, einer Forschungs- und wissenschaftskritischen Gruppe, die The- men der öff entlichen Sicherheit und aktuelle Friedenspolitik diskutiert und 1995 den Friedensnobelpreis erhielt.

Für sein eigenes Engagement erhielt Dürr 1987 den Alternativen Nobelpreis und 2004 das große Bundesverdienst- kreuz. Für Prof. Dürr liegt in dieser Auszeichnung eine ganz besondere Würdigung: „Ich bin nur ein Stellvertreter für die große Menge zivilcouragierter Bürgerinnen und Bürger, die als ‚Dritte Kraft‘ im Staat, neben der Politik und der Wirtschaft, auf vielfältige Weise Verantwortung übernommen haben. Diese Kräfte sind nicht mehr wegzudenken aus unserer Weltgesellschaft. Mehr noch - sie sind die eigentlichen Garanten für die Entstehung gewaltfreier, gerechter und im Einklang mit der Natur operierender Zukunftsoptionen, weil diese das Leben zukünftiger Generationen vor Augen haben und nicht nur Gewinnmaximierung und kurzzeitige Wahlerfolge“ (aus dem Porträt des Global Challen- ges Network, www.gcn.de/hpd.html).

2008 hat die Stadt München auf Vorschlag des Ältestenrates Prof. Dürr das Ehrenbürgerrecht verliehen.

Kontakt: Prof. Dr. Hans-Peter Dürr Max-Planck-Institut für Physik/ Werner-Heisenberg-Institut Föhringer Ring 6, 80805 München Tel. 089 - 323 54 - 280, Fax 089 - 323 54 – 304 mail: [email protected], www.mppmu.mpg.de

60 - FK 2009 Jürgen Menzel

geb.1960, Dipl. Sozialpädagoge und Handelsfachwirt/IHK, ist selbständiger Trainer in Ziviler Konfl iktbearbeitung bei act for transformation, gem. eG und Fairhandelsberater. In den 80er Jahren aktiv in der Friedensbewegung, Gründung des Fränkischen Bildungswerkes für Friedensarbeit, Nürnberg und der Friedens- und Begegnungsstätte, Mutlangen. Tätig im Mutlanger Trainingskollektiv und Durchführung gewaltfrei- er Aktionen gegen Atomwaff en, sowie Ost-West-Begegnungen mit Gruppen in der DDR.

Lange Jahre selbstständig als Ladner mit Biobaustoff en und Naturkost. Danach Berufsintegrationsprojekt für Jugend- liche. Engagiert bei der Quäker-Hilfe und zuständig für Projekte in Krisenregionen in Nordirland, Balkan, Südafrika und Israel/Palästina, die er besucht. In Kooperation mit der Kurve Wustrow Trainings in Palästina mit lokalen NGOs zur Gewaltfreiheit.

2005-07 tätig für den DED im Sudan im Programm Ziviler Friedensdienst bei UNDP und Ausbildung sudanesischer TrainerInnen in Methoden der Konfl ikttransformation. Zusammenarbeit mit verschiedenen lokalen Organisationen, unter anderem mit SONAD (Sudanese Organisazation for Nonviolence and Developement), einer lokalen NGO, die sich aktiv für Gewaltfreiheit einsetzt. Im Rahmen von Rückführungsprogrammen für Binnenfl üchtlinge im Sudan mehrere PCIAs (Peace and Confl ict Impact Assessment) und Initiierung von Peace Building Programs.

Nach der Rückkehr nach Deutschland Gründung der gemeinnützigen TrainerInnen-Genossenschaft „act for transformation“(www.act4transformation.net), die Projekte im Bereich Gewaltprävention, interkulturelles und globales Lernen an Schulen durchführt, sowie Multiplikatorenschulungen. Weiter enge Kooperation mit Partnern im Sudan. Assoziiertes Mitglied bei der AGEG (Arbeitsgemeinschaft entwicklungspolitischer Gutachter)/Kirchheim Teck (www.ageg.de). Mitglied im FriEnt Runden Tisch zu Tschad/Sudan von BMZ/AA und Zivilgesellschaft und seit 2008 Sprecher des Friedensausschusses der Quäker. Seit 2009 Fairhandelsberater des Dachverbands Entwicklungspolitik Baden-Württemberg zur Unterstützung von Weltläden und entwicklungspolitischen Aktionsgruppen.

Kontakt: Jürgen Menzel Mittelbachstr. 15 73430 Aalen Tel. +49(0)7361-9751045 Fax +49(0)7361-9751165 Email: [email protected] www.menzel-juergen.de

FK 2009 - 61 Winfried Nachtwei Bündnis 90/Grüne

Geboren am 15. April 1946 in Wulfen, Nordrhein-Westfalen; verheiratet. 1965 bis 1967 Wehrdienst. Studium in Münster und München. 17 Jahre Lehrer für Geschichte und Sozialwissenschaften am Gymnasium Dülmen.

• Gründungsmitglied der GAL/GRÜNEN in Münster • seit 1980 bis Ende der 90er Jahre in der Friedensbewegung aktiv • langjähriger friedenspolitischer Sprecher der GRÜNEN NRW.

• Mitglied des Bundestages seit 1994 • Mitglied der NATO-Parlamentarierversammlung • Mitglied der SADC Parlamentariergruppe • Mitglied der Deutsch-Baltischen, Deutsch-Zentralasiatischen und Deutsch- Belarussischen Parlamentariergruppe • Seit 2002 sicherheitspolitischer Sprecher, in der 15. Wahlperiode • stellvertretender Fraktionsvorsitzender von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN • seit 2002 Obmann im Verteidigungsausschuss und im Unterausschuss Ab- rüstung und Rüstungskontrolle.

Mitgliedschaften in Gremien des Bundestages (ordentliches Mitglied): • Unterausschuss „Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung“ • Verteidigungsausschuss • Arbeit des Unterausschusses „Weiterentwicklung der Inneren Führung“ erfolgreich beendet

Mitgliedschaften in Sonstigen Gremien (ordentliches Mitglied): • Parlamentarische Versammlung der NATO (North Atlantic Treaty Organisation) • Gemeinsamer Ausschuss nach Art. 53a GG

Weitere Mitgliedschaften: • Friedensinitiative Nottuln • Forum Ziviler Friedensdienst • Bund für Soziale Verteidigung • Plattform Zivile Konfl iktbearbeitung • Friedensinitiative FREIe HEIDe, Brandenburg • Freundeskreis der Überlebenden des Holocaust e. V., Berlin, • Förderverein „Villa ten Hompel“, Münster • Schirmherr des Heidelberger Schülerprojekts „peace is possible“ • Kuratoriumsmitglied von CARE International Deutschland e. V. • Kuratoriumsmitglied vom Deutscher Koordinierungsrat der Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit • Internationales Bildungs- und Begegnungswerk Minsk • Beiratsmitglied der Wolfgang-Suwelack Stiftung, Billerbeck • Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN) • Vorstandsmitglied des Förderkreises „Darmstädter Signal“ • Vorstandsmitglied „Gegen Vergessen - Für Demokratie“ e. V. • stellvertretender Vorsitzender „Freunde des Münsterlandes in Berlin e. V.“ • Mitglied im Beirat des Zentrums für Internationale Friedenseinsätze (ZIF) • Vorstandsmitglied Gegen Vergessen für Demokratie e.V. • Mitglied Lachen Helfen e.V.

Kontakt: www.nachtwei.de Mobil 0170/3148779 Fax 0251/861165 E-Mail: winfried(at)nachtwei.de

62 - FK 2009 Clemens Ronnefeldt

Clemens Ronnefeldt wurde 1960 in Worms geboren.

Von 1981 bis 1986 studierte er an der Johannes-Gutenberg Universität in Mainz und an der Phil.-Theol. Hochschule St. Georgen in Frankfurt/Main. Von 1982 bis 1983 absolvierte er eine studienbegleitende Ausbildung zur Friedensarbeit an der Heimvolkshochschule Bückeburg.

Bis 1992 war er Sprecher der Katholischen Friedensbewegung Pax Christi im Bistum Mainz.

Seit 1992 ist er tätig als Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes.

Seine Schwerpunkte sind der Nahe und Mittlere Osten und das ehemalige Jugoslawien. Clemens Ronnefeldt hat teil- genommen an Friedensdelegationen im Irak, Iran, Syrien, Libanon, Israel und Palästina und an Einsätzen in Flücht- lingslagern. Darüber hinaus hat er sich beteiligt an der Unterstützung von Friedensgruppen in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien.

Er ist Autor des Buches „Die neue NATO, Irak und Jugoslawien“, herausgegeben vom deutschen Zweig des Internati- onalen Versöhnungsbundes, Minden, 2. Aufl age, 2002 sowie zahlreicher Artikel und Hintergrundanalysen.

Kontakt A.-v.-Humboldt-Weg 8a 85354 Freising Tel. 08161 - 54 70 15, Fax 08161 - 54 70 16 [email protected] www.versoehnungsbund.de

FK 2009 - 63 Prof. Dr. Werner Ruf

Werner Ruf ist Professor für internationale und intergesellschaftliche Beziehungen und Außenpolitik

Studium der Politikwissenschaft, Soziologie, Geschichte und Romanistik an den Uni- versitäten Freiburg, Paris, Saarbrücken, Tunis. 1964-1972 (mit Unterbrechungen) wissenschaftlicher Assistent am Arnold-Bergstraes- ser-Institut für kulturwissenschaftliche Forschung, Freiburg, und Lehrbeauftragter an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. 1967 Promotion zum Dr. phil. in Freiburg mit der Dissertation „Der Burgibismus und die Außenpolitik des unabhängigen Tunesien“ (veröff entlicht im Bertelsmann Univer- sitätsverlag 1969). Rigorosum in den Fächern Politikwissenschaft, Geschichte, Roma- nistik. 1968/1969 Gastprofessur am Center for International Studies der New York University. 1971-1975 Gastprofessur an der Universität Aix-Marseille III und Leiter der Forschungsabteilung des Centre de Recherches et d‘Etudes sur les Sociétés Méditerranéennes (CRESM), heute: Institut de Recherches et d‘Etudes sur le Monde Arabe et Musulman (IREMAM), Aix-en-Provence. 1974-1982 Professor für Soziologie an der Universität Gesamthochschule Essen. 1982 Berufung zum Professor für Internationale und intergesellschaftliche Beziehungen und Außenpolitik an der Universität Kassel. Seit April 2003 im Ruhestand. 1974-1989 Leiter des Kurses „Mediterranean Studies“ am Inter-University Centre for postgraduate studies, Dubrov- nik. 1978-1994 Mitglied des Exekutiv-Komitees des IUC (Inter University Center), Dubrovnik und mehrere Jahre dessen Stellvertretender Vorsitzender.

Er ist u.a. Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfl iktforschung und des Instituts für Internationale Politik sowie Autor zahlreicher Bücher. Als Gutachter war er bisher u.a. tätig für die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), das Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), für die Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes und die EU-Kommission.

Kontakt:

über Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinte KriegsdienstgegnerInnen München Schwanthalerstraße 133, 80339 München Tel.: 089 - 89623446, Fax: 089 - 834 15 18 mail: [email protected], www.dfg-vk.de

Forschungsschwerpunkte: • Politik, Wirtschaft und sozialer Wandel in Nordafrika und im Nahen Osten, Dritte-Welt-Forschung. • Massenkommunikationsforschung, • Theorie der Internationalen Beziehungen, • Entwicklung internationaler Organisationen, insbesondere EU und UN-System, Sicherheitspolitik, • Friedens- und Konfl iktforschung • Migrationsforschung, • Politischer Islam Buchpublikationen (Auswahl): • (als Hrsg. gemeinsam mit Rémy Leveau): Migration und Staat. Innerund intergesellschaftliche Prozesse am Beispiel Algerien, Türkei, Deutschland und Frankreich. Lit-Verlag Münster 1991, 258 S. • Die neue Welt-UN-Ordnung. Vom Umgang des Sicherheitsrates mit der Souveränität der „Dritten Welt“, agenda- Verlag Münster 1994, 239 S. • (als Hrsg.) Gemeinsam mit Martina Haedrich): Globale Krisen und Europäische Verantwortung – Visionen für das 21. Jahrhundert. Nomos- Verlag Baden-Baden, 1996 • Die algerische Tragödie - Vom Zerbrechen des Staates einer zerrissenen Gesellschaft, agenda-Verlag Münster 1997. • (als Hrsg.): Islam and the West, agenda-Verlag Münster 2002, 166 S. • (als Hrsg.): Politische Ökonomie der Gewalt – Staatszerfall und die Privatisierung von Gewalt und Krieg. Opladen, 2003, 388 S.

64 - FK 2009 Mechthild Schreiber

„Ihr seid immer gegen alles: gegen Rüstung, gegen Militär, gegen Krieg...gut, gegen Krieg sind wir auch – aber zur Verteidigung und zur Lösung von Konfl ikten brauchen wir doch Rüstung und Militär! Was wollt Ihr denn stattdessen? Seid ihr eigentlich auch für irgend etwas?“

In den 90er Jahren hatte die Friedensbewegung an Volumen und Wirksamkeit verloren. Mit dem Ende der Blockkonfrontation und den Abrüstungsversprechen der Großmächte war bei vielen der Saft raus! Das verbliebene Häufl ein der Aktiven schien sich an- lässlich der Balkankriege tatsächlich nur auf Protest gegen IFOR, KFOR, gegen militärische Einsätze grundsätzlich zu beschränken.

Um solchen und ähnlichen Vorwürfen aus dem Bekanntenkreis nicht mehr hilf- und ratlos ausgeliefert zu sein, begann ich mich sorgfältiger in den Lektüre- und Veranstaltungsange- boten der Szene umzuschauen. Der Zufall kam mir zu Hilfe: „Frieden muss von unten wachsen“ – das war das Motto einer Tagung der Petra-Kelly-Stiftung und für mich der Beginn meines Engagements für das „forumZiviler Friedens- dienst“.

Seitdem beschäftige ich mich intensiv mit den Theorien Gewaltfreier Konfl iktbearbeitung, informiere mich über bereits erprobte Praktiken, über Chancen und Grenzen ihres Einsatzes, sowie über die Ausbildung zu speziellen Frie- densfachkräften.

In unserm mittlerweile gegründeten „Regionalforum Ziviler Friedensdienst Südbayern“ engagiere ich mich in der Öff entlichkeitsarbeit, um diese alternative Möglichkeit, Konfl ikte zwischen sozialen Gruppen und Staaten gewaltfrei auszutragen, in Gesellschaft und Politik bekannt zu machen.

Die Devise lautet:

Frieden braucht Fachleute!

Kontakt: Mechthild Schreiber Wöhlerstr. 29 81247 München Tel.: 089/8116731

FK 2009 - 65 Hans-Christof Graf Sponeck

Hans-Christof von Sponeck ist ehemaliger UNO-Koordinator für den Irak und ehemaliger Beigeordneter Generalsekretär der UNO. Er wurde 1939 in Bremen geboren. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.

Seine Schulausbildung erfolgte in Schloss Salem und Marlborough College (GB). Es folgten Studienaufenthalte in Bonn, Tübingen und den USA. Er beendete diese mit dem BA und dem MA in den Fächer Demographie and Physische Anthropologie.

Er erhielt ein Stipendium der Stiftung Zelidja aus Frankreich für Flüchtlings- arbeit in Hongkong und Assistentenstellen der Washington State University und des Ost-West-Zentrums der Universität von Hawaii. Er besuchte Trai- ningsprogramme des Institutes für Wirtschaftliche Entwicklung der Welt- bank, der Internationalen Arbeitsorganisation und dem Social Institute in Den Haag.

In den 60er Jahren war er tätig als Entwicklungsbeauftragter der deutschen Stiftung für Internationale Zusammenar- beit in Bonn. Dann wechselte er zu den Vereinten Nationen und blieb dort in verschiedenen Ämtern über mehr als 30 Jahre bis zum Jahr 2000, u.a. als ständiger UNO-Beauftragter. Er arbeitete in Europa, Afrika, Amerika und Asien. Er war zuletzt als Koordinator für den Irak und Beigeordneter Generalsekretär verantwortlich für das Programm „Öl für Lebensmittel“. Im Jahr 2000 trat er zurück.

Graf Sponeck hat zahlreiche Schriften und Beiträge in verschiedenen Sprachen veröff entlicht. Sein aktuelles Buch trägt den Titel „Ein anderer Krieg. Das Sanktionsregime der UNO im Irak“.

Er ist Aufsichtsratsmitglied in einer Vielzahl internationaler nichtstaatlicher Organisationen, Berater für multilaterale Fragen und Consultant für Nachwuchsförderung im internationalen Dienst.

Ausgezeichnet wurde er mit dem Johanniterorden, dem Humanitarian Award des Arabisch-Amerikanischen Anti-Dis- kriminierungs-Komitees, dem Coventry Friedenspreis der Church of England, dem Friedensstifterpreis der Washingto- ner Physiker für soziale Verantwortung und dem Bremener Friedenspreis.

Schirmherr der Internationalen Münchner Friedenkonferenz

Kontakt: über Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinte KriegsdienstgegnerInnen München Schwanthalerstraße 133, 80339 München Tel.: 089 - 89623446, Fax: 089 - 834 15 18 mail: [email protected], www.dfg-vk.de

66 - FK 2009 Jakob von Uexküll

Gründer des Right Livelihood Award („Alternativer Nobelpreis“) und Grün- der des WFC (World Future Council)

Jakob von Uexküll wurde 1944 in Uppsala, Schweden, als Sohn des Schrift- stellers und Journalisten Gösta von Uexküll und als Enkel des Biologen Jakob von Uexküll geboren. Nach seiner Schulzeit in Schweden und Deutschland schloss er sein Studium am Christ Church College in Oxford mit einem Mas- ter of Arts in Politikwissenschaften, Philosophie und Wirtschaftswissenschaf- ten ab.

Ehemaliges Mitglied des Political Aff airs Committee des Europaparlaments. Er hat die schwedische und die deutsche Staatsbürgerschaft. Jakob von Uex- küll ist verheiratet und hat drei Kinder. Er lebt mit seiner Familie in London.

Tätigkeitsgebiete: Die Gründung des Right Livelihood Award („Alternative Nobelpreis“) erfolgte 1980, die des World Future Councils im Mai 2007. Er ist außerdem Mitgründer von The Other Economic Summit. Er ist Schirmherr von Friends of the Earth International und war Treuhänder der New Economics Foundation, London. Außerdem ist er Mitglied der Globalen Kommission zur Finanzierung der Vereinten Nationen, war Mitglied des Aufsichtsrats von Greenpeace Deutschland und im Steue- rungsrat von Transparency International.

Er ist Autor diverser Publikationen, unter anderem von „Das sind wir unseren Kindern schuldig“ und „Die Zukunft gestalten – World Future Council: Aufgaben des Weltzukunftsrates“.

Auszeichnungen: Jakob von Uexküll wurde 2005 vom Time Magazine als „European Hero“ geehrt. In Liechtenstein erhielt er 2006 den Großen Binding Preis für den Schutz von Natur und Umwelt. 2008 wurde er von der Erich- Fromm-Gesellschaft für sein zukunftsorientiertes Engagement ausgezeichnet – es soll künftigen Generationen ein menschenwürdiges Leben in einer globalisierten Welt ermöglichen.

Kontakt: Right Livelihood Award Foundation PO Box 15072 104 65 Stockholm Schweden Telefon: 0046 8 702 03 40 oder 702 03 37 Telefax: 0046 8 702 03 38 e-mail: [email protected]

zum Right Livelihood Award: Der Right Livelihood Award wurde 1980 von Jakob von Uexküll ins Leben gerufen. Heute ist er besser bekannt als „Alternativer Nobelpreis“. Über die Vergabe entscheidet eine internationale Jury. Seit 1985 fi ndet die Verleihung jedes Jahr im schwedischen Reichstag statt – ein bis drei Tage vor der Nobelpreisvergabe am 10. Dezember. Drei oder vier Preisträger teilen sich das Preisgeld von zwei Millionen schwedischen Kronen, umgerechnet etwa 200.000 Euro. Das Geld dient der Unterstützung ihrer Arbeit und ist nicht für den persönlichen Gebrauch bestimmt. Zusätzlich zu den Geldpreisen wird meist ein undotierter Ehrenpreis vergeben. Der Preis unterstützt die Arbeit der Preisträger fi nanziell. Darüber hinaus dient er dazu, das Wissen und die praktischen Lösungs- ansätze seiner Preisträger international zu verbreiten. Die Glaubwürdigkeit und die internationale Aufmerksamkeit, die der Preis bringt, sind dabei genauso wichtig wie die fi nanzielle Unterstützung. Die Belange der Stiftung werden von einem fünfköpfi gen Vorstand entschieden, dessen Vorsitzender der Gründer Jakob von Uex- küll ist. Dem Vorstand stehen ein internationaler Beirat und die ebenfalls internationale Jury zur Seite. Der „Alternative Nobelpreis“ wird von privaten Spendern fi nanziert. Der erste war Jakob von Uexküll, der 1980 selbst das Grund- kapital von einer Million US-Dollar legte. Seit dem sind viele private Unterstützer seinem Beispiel gefolgt: unsere Partner, die mit sehr großzügigen Beiträgen das Kapital der Stiftung mit aufgebaut haben und aufbauen; der Kreis der Freunde des „Alternativen Nobelpreises“ - Menschen, die mit größeren Beiträgen die laufende Arbeit des Preises möglich machen; und viele weitere großzü- gige Spender.

FK 2009 - 67 Andreas Zumach

Parteilos, Journalist, seit 20 Jahren bei der UNO in Genf stationiert.

Er schreibt für die Taz. Darüber hinaus ist er für eine Reihe anderer regio- naler und nationaler Zeitungen, Magazine und den öff entlichen Rundfunk in Deutschland, der Schweiz und Österreich tätig.

Er veröff entlichte zahlreiche Beiträge in deutsch- und englischsprachigen Bü- chern sowie Fachpublikationen zu Themen wie Sicherheitspolitik, Rüstungs- kontrolle und Abrüstung. 1997 wurde Zumach mit dem Preis des Verbandes der UNO-Korrespondenten in New York ausgezeichnet für die weltweit beste Berichterstattung über die UNO. Buch zusammen mit Hans-Christof von Sponeck : „Irak - Chronik eines gewollten Krieges“

Biographisches:

Andreas Zumach wurde 1954 in Köln geboren. Seit 1998 bearbeitet er vom europäischen UN-Büro in Genf aus als Korrespondent u.a. für die deutsche Tageszeitung „taz“ UN-Themen und andere internationalen Angelegenheiten.

1981-1988: Organisator und Sprecher für verschiedene deutsche Organisationen der Friedensbewegung, u.a. des bundesweiten Koordinierungsausschusses der Friedensbewegung

1979-1981: Herausgeber der deutschen Tageszeitung „Die Neue“ für internationale Angelegenheiten, Auslandskorres- pondent in Südafrika

1975-1978: Studium der Fächer Volkswirtschaft und Journalismus an der Universität Köln und der Kölner Journalis- tenschule; Organisator der deutschen Kampagne zu Handels- und Werbepraktiken des Nestle-Konzerns und anderer Babynahrungsherstellern in Afrika, Asien und Lateinamerika

Kontakt: Andreas Zumach Salle de Presses 1 Palais des nations 1211 GENF 10, Schweiz Tel. 0041/22/9173791 Fax 41/22/7342361 mail: [email protected].

68 - FK 2009 In München: ein „Friedenspfahl“ der World Peace Prayer Society

FK 2009 - 69 Trägerorganisationen:

Dem 1914 gegründeten Internationalen Versöhnungsbund gehören rund 100 000 Menschen in 40 Staaten der Erde an. Ihnen gemeinsam ist die Vision einer Welt, in der Menschen geschwisterlich miteinander leben und Konfl ikte gewaltfrei gelöst werden. Der Verband hat Beraterstatus bei den Vereinten Nationen. Der Sitz des Deutschen Zweiges des Internationalen Versöhnungsbundes ist in Minden.

Kontakt: Internationaler Versöhnungsbund - Deutscher Zweig e.V. Schwarzer Weg 8 32423 Minden Tel. 0571 – 850875 Fax 0571 – 8292387 www.versoehnungsbund.de [email protected]

Netzwerk Friedenssteuer, Region Bayern

Das Netzwerk umfasst interessierte Personen aus der ganzen Bundesrepublik, die sich für ein Zivilsteuergesetz einset- zen, das den Menschen die demokratische Wahlmöglichkeit gibt, dass ihre Steuern ausschließlich für zivile Zwecke verwendet werden. Einige dieser Personen verweigern Militärsteuern aus Gewissensgründen. Allen ist der Grund- rechtsaspekt und der demokratische Wert eines Zivilsteuergesetzes wichtig.

Kontakt: www.netzwerk-friedenssteuer.de Spenden: Netzwerk Friedenssteuer e.V. Spendenkonto: 700 160 160 0; GLS-Gemeinschaftsbank, BLZ 430 609 67

70 - FK 2009 Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK), Landesverband Bayern

Die DFG-VK ist ein deutscher Zweig der Internationale der Kriegs- dienstgegner (War resistors International, WRI, gegründet 1921, u.a. von Albert Einstein). Die Grundsatzerklärung der Internatio- nale der Kriegsdienstgegner lautet:

„Der Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Ich bin daher entschlossen, keine Art von Krieg zu unterstützen und an der Beseitigung aller Kriegsursachen mitzuwirken.“

Kontakt: Schwanthalerstr. 133 80339 München Tel 089/ 89 62 34 46 www.dfg-vk.de/muenchen; www.dfg-vk.de/bayern www.dfg-vk.de; www.wri-irg.org www.schritte-zur-abruestung.de [email protected]

Helmut-Michael-Vogel Bildungswerk

Das Helmut-Michael-Vogel-Bildungswerk ist der gemeinnützige Verein zur Förderung der Friedensarbeit der DFG-VK Bayern.

Kontakt: c/o DFG-VK Tel. 089/ 89 62 34 46, Di., Mi., Do. 11.00 - 17.00 Uhr www.h-m-v-bildungswerk.de Spenden: H-M-V- Bildungswerk, Kto. No. 33 60 68 851, Postbank Nürnberg, BLZ 760 100 85

FK 2009 - 71 pax christi

Als internationale katholische Friedensbewegung benennt pax christi Missstände in Politik und Gesellschaft und bezieht klare Positionen, wo Menschenrechte verletzt und Konfl ikte mit Gewalt ausgetragen werden.

Kontakt: Marsstr. 5 80335 München Tel. und Fax: 54 38 515 www.paxchristi.de www.erzbistum-muenchen.de/paxchristi [email protected] Spendenkonto: 887 36 – 801, Postbank München, BLZ 700 100 80

Friedensinitiative Christen in der Region München e.V.

Ziel der Friedensinitiative ist die Förderung und Unterstützung der öku- menischen Arbeit für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.

Die Initiative hat sich 2009 aufgelöst.

Kontakt: c/o Inge Ammon Jägerstr. 24 82256 Fürstenfeldbruck. inge@ammon-ff b.de Spendenkonto: 3728 83 – 806, Postbank München, BLZ 700 100 80 Kreisjugendring München-Stadt

Der Kreisjugendring München-Stadt (KJR) ist die Arbeitsgemeinschaft der rund 60 Münchner Jugendverbände und -gemeinschaften, sowie Träger von fast 50 städtischen Freizeitstätten. Ziel und Grundlage seines Handelns sind Toleranz, Friede, soziale Gerechtigkeit, Völkerverständigung und demokra- tische Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen.

Kontakt: Kreisjugendring München Stadt Postfach 151 223 80047 München Tel: 089/514106-10 www.kjr-m.de

72 - FK 2009 NaturwissenschaftlerInnen–Initiative für Frieden und Zukunftsfähigkeit

Wir sind nicht nur verantwortlich für das was wir tun, sondern auch für das, was wir widerspruchslos hinnehmen. Was uns bewegt, ist die Verantwortung für Frieden und Abrüstung, das Ökosystem Erde, die Folgen unseres eigenen Tuns. Wir wollen das mit Fachwissen und unserem persönlichen Engagement zur Wahrung des Friedens für ethisch verantwortlichen Umgang in Wissenschaft und Technik und ihre Folgen bewirken. Unsere Mitgliederzeitung heißt „Wissenschaft & Frieden“.

Kontakt: NaturwissenschaftlerInnen-Initiative e. V. Glinkastr. 5-7 10117 Berlin Tel.: 0 30 – 31 99 66 86 Fax: 0 30 – 31 99 66 89 www.natwiss.de [email protected] Spenden: NaturwissenschaftlerInnen-Initiative Kto. Nr. 393408-504, Postgiroamt Köln, BLZ 370 100 50 Netzwerk Gewaltfreie Kommunikation München e. V.

Das Netzwerk Gewaltfreie Kommunikation München ist eine lokale Organisation, die den folgenden Zweck hat:

• Menschen mit der Haltung und dem Prozess der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall Rosenberg bekannt und vertraut zu machen. • Menschen, die sich für die Gewaltfreie Kommunikation einsetzen, miteinander zu vernetzen. • Menschen dabei zu unterstützen, lebensdienliche Strukturen zu schaff en.

Mit unserem Netzwerk setzen wir uns für einen neuen Weg ein, mit der Sprache bewusst und verantwortungsvoll umzugehen, damit es uns schrittweise gelingt, • uns so zu verständigen, dass wir echte Chancen haben, das zu bekommen, was wir brauchen, • Gedankenmuster, die zu Ärger und Aggressionen führen, zu verstehen und abzubauen, • auf dem Weg hin zu einer Konfl iktlösung weder unser Anliegen aufzugeben, noch die Beziehung zu unseren Mit- menschen aufs Spiel zu setzen, • konkret umsetzbare Handlungsschritte zur Veränderung für uns und unser Gegenüber zu entwickeln mit dem Ziel, die Anliegen aller im Auge zu behalten.

Kontakt Netzwerk Gewaltfreie Kommunikation München e. V. Postfach 50 04 71 80974 München Tel. 089-15090831 [email protected] Spenden: Netzwerk Gewaltfreie Kommunikation e. V. Kto.-Nr. 436054, Raiff eisenbank München Nord, BLZ: 70169465

FK 2009 - 73 Projektgruppe „Münchner Sicherheits- Konferenz verändern“ e.V.

Die Projektgruppe „Münchner Sicherheitskonferenz verändern“ e.V. will die alljährlich stattfi ndende „Münchner Sicherheitskon- ferenz“ (MSK) gewaltfrei verändern. Die Sorge für Frieden in Gerechtigkeit unter allen Menschen und Völkern, die Sorge für so- zialen Ausgleich und ökologische Nachhaltigkeit sollen in Zukunft Inhalt und Ziel sein.

Kontakt: c/o Klaus Mittlmeier Amselstr. 5 85579 Neubiberg Tel. 089 – 660 901 38 [email protected] Spenden: Projektgruppe MSKverändern Kto.Nr. 416370 Stadtsparkasse München, BLZ 701 500 00

Bund Naturschutz in Bayern e. V.

Entsprechend seiner Satzung verfolgt der Bund Naturschutz in Bayern e.V. (BN) das Ziel, die natürlichen Lebensgrundlagen von Menschen, Tieren und Pfl anzen vor weiterer Zerstörung zu bewahren und wiederherzustel- len.

Der BN ist der bayerische Landesverband des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND). Der BN ist der älteste und größte Umweltschutzverband Bayerns, ist wirtschaftlich, parteipolitisch und konfessionell unab- hängig und dient ausschließlich gemeinnützigen Zwecken.

Er ist nach § 29 des Bundesnaturschutzgesetzes als Umweltverband anerkannt und wird bei Eingriff en in den Natur- haushalt angehört.

Kontakt: Kreisgruppe München: Pettenkoferstraße 10 a 80336 München Tel. 089-5156760 Fax 089-51567677 www.bn-muenchen.de [email protected]

74 - FK 2009 www.friedenskonferenz.info

FK 2009 - 75