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Saisonale Variationen der Hydrochemie des Höhlenbaches der Falkensteiner Höhle (Schwäbische Alb, SW-Deutschland)

Beck, M.(l), Gruner, Chr.(2), Gruner, F.(2), Geserer, R.(3), Rosendahl, W.(1) & Kempe, S.(l) Seite 68-94, 16 Abb.

Inhaltsverzeichnis Bei jeder Probenahme wurden die Abflüsse des Höhlenbaches qualitativ ge- Zusammenfassung / Abstract schätzt. Die Abflußschätzungen korrelieren 1. Einleitung hochsignifikant mit den Abflüssen des Vor- 2. Geographische Lage und Geologie fluters Erms und den regionalen Nieder- 3. Hydrologie schlägen. Das Niederschlags- und Abfluß- 4. Probenahme und Methoden jahr des Probenahmezeitraums war, vergli- 5. Hydrochemischer Jahreslauf chen mit dem langjährigen Mittel, trocken. 6. Diskussion Der Aquifer kann als Feinkluft-dominiert Danksagung charakterisiert werden (diffuse flow system). Literatur Die Korrelation zwischen den hydro- logischen und hydrochemischen Daten zeigt eine weitgehende Niederschlags- und Ab- Zusammenfassung flußunabhängigkeit der Hydrochemie des Die saisonale Variabilität der Hydro- Höhlenbaches. Die Wassertemperatur chemie des Höhlenbaches der Falkensteiner schwankte während des Beobachtungsjahres Höhle (NE , mittlere Schwäbische nur gering um die mittlere Gesteins- Alb) wurde zwischen Februar 1997 und temperatur von 9,2°C. Der Bach war fast März 1998 in Zusammenarbeit mit der Arge immer Calcit-übersättigt. Nur zweimal Höhle & Karst Grabenstetten untersucht. erreichten untersättigte und damit korrosive Es wurden wöchentlich Wasserproben am Wässer das erste Schluckloch. Die Leit- ersten Schluckloch im vorderen Höhlen- fähigkeiten zeigen, daß auch bei Hoch- bereich (ca. 100 m hinter dem Eingang) wasser der Bach keine .Verdünnungs- genommen. An der Probenahmestelle ist der effekte" zeigt, d.h., die Hydrochemie des Höhlenbach bereits mehrere Kilometer Baches wird nicht durch das Abflußregime entlang des Hauptganges der Höhle in einem gesteuert. Der Jahreslauf des CO2- Partial- offenen, vadosen System geflossen. Dreimal drucks des Höhlenbaches zeigt vielmehr, wurden Proben im hinteren Höhlenbereich daß die Hydrochemie allein von der Be- nach dem ersten Siphon (bei ca. 400m) wetterung der Höhle abhängig ist. Deren entlang des Höhlenbachs genommen. Dynamik wird vom saisonal schwankende Im Rahmen der hydrochemischen Ana- Verhältnis zwischen Außen-, Höhlenluft- lysen wurden die Parameter pH-Wert, Leit- und Wassertemperatur im vorderen Höhlen- fähigkeit, Luft- und Wassertemperatur, bereich gesteuert. Übersteigen die Höhlen- Sauerstoffgehalt, Alkalinität und die Kon- luft- die Wassertemperaturen, fließt kalte zentrationen der gelösten Hauptkationen und Luft aus der Höhle und verhindert das -anionen bestimmt. Daraus wurden mit dem Eindringen warmer Außenluft. Der erste

Programm PHREEQC die Parameter CO2- Siphon bildet dabei eine Barriere, hinter der und O2- Partialdruck, SIcaIcit und SIDolomit sich im Laufe der Sommerperiode CO2 in berechnet. Höhlenluft und Höhlenbach anreichert

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(PC02 > 20000 ppm). Sinken die Höhlen- three occasions along a profile behind the lufttemperaturen unter die Wassertempera- first siphon (ca. 400 m inside the cave). turen, schlägt die Bewetterungslage im The discharge was estimated qualitativly. Höhlensytem um und kalte Außenluft mit It followed closely the regional rainfall niedrigem, atmosphärischem CO2- Partial- patterns and shows a variation comparable druck (PC02 - 400 ppm) dringt bis hinter to those of neighbouring streams. den Siphon vor. Aus dem Höhlenbach kann The temperature of the creek shows little

CO2 entgasen (PC02 < 2000 ppm). Ein variation around the mean annual rock solcher Umschlag konnte im Oktober/ temperature (9.2DC). The concentration of November '97 beobachtet werden. Die the main ions stay relativly constant schnelle Entgasung trieb Calcit in die throughout the year and the stream is mostly extreme Übersättigung (SIcalcit> 0,8). Die supersaturated in respect to calcite. Undersa- einsetzende Fällung von Calcit in der Höhle turation of calcite was recorded only twice. führte zu einem Abfall des SICalcit,der Ca- During floods conductivity and concentra- Konzentrationen und der Leitfähigkeit in tion of main ions stay high, i.e. they are not den darauffolgenden Wochen. diluted. Dilution is only shown by nitrate Durch die landwirtschaftliche Nutzung and sulfate, anthropogenic components der Albhochfläche (Eintrag von Dünge- washed in from the fields above the cave. mitteln oder Gülle) ist der Höhlenbach The main factor, which governs the PC02 durch hohe Nitrat-Konzentrationen (bis 25 of the cave stream and its calcite saturation mgll) stark belastet. Die Nitrat-, Sulfat- und is, however, ventilation of the cave sytem. Sauerstoffgehalte zeigen deutliche saisonale As long as outside temperature is higher Schwankungen mit generell niedrigeren than cave temperature, cold air rests on top winterlichen und höheren sommerlichen of the cave stream, effectively trapping CO2.

Konzentrationen. Die Nitrat- und Sulfatge- Therefore, during summer, the PC02 of the halte bauen in der sommerlichen Trocken- cave stream rises slowly to values above periode langsam höhere Konzentrationen 20000 ppm. Only when the outside auf, die nach starken Niederschlägen wieder temperature drops below cave temperature zurückgesetzt bzw. mit dem Sickerwasser ambient air can flush the cave and the ausgespült werden. stream can degass. PC02 drops below 2000 ppm. In Ocrober/November '97 such a Abstract switch in ventilation occured, causing The cave of Falkenstein ("Falkensteiner degassing of the cave creek and a substantial Höhle") is situated below the Erkenbrechts- increase in calcite supersaturation which weiler Peninsula, an isolated plateau of the triggered calcite precipitation leading to a Swabian Alb, ca. 35 km SW of Stuttgart, measurable depletion in the Ca-concen- Baden Württemberg, . The cave is tration and conductivity of the cave stream. developed ~ithin the Kimmeridge 2 limestones of the Upper Jurassic. The cave 1. Einleitung contains a creek which flows its entire Die Falkensteiner Höhle, nahe dem length (i.e. several km) as an open vadose Albtrauf bei Bad Urach gelegen, ist, auch stream before it sinks ca. 100 m inside of the aufgrund ihrer einfachen Befahrbarkeit, eine present cave entrance. The stream issues der klassischen Höhlen des Malmkarstes der from the entrance only under high flow Schwäbischen Alb. Im Rahmen einer conditions. Diplomarbeit am Geologisch-Paläontolo- We monitored the chemistry of the creek gischen Institut der Technischen Universität weekly between February '97 and March Darmstadt (BECK, 1999), wurde der '98. Sampies were retrieved regularly from Höhlenbach in Zusammenarbeit mit der the sink inside the entrance as well as on Arge Höhle & Karst Grabenstetten über ein Jahr in hoher zeitlicher Auflösung beprobt

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(wöchentlich Probenahme). Ziel der 1997) und In der vadosen Zone Untersuchungen war es, die saisonale Varia- (ATKINSON, 1977b; CLEMENS et al., bilität der Hydrochemie des Höhlenbaches 1997b) generiert. Bei der Oxidation orga- der Falkensteiner Höhle zu beschreiben und nischen Materials und der Wurzelrespiration dabei Aussagen über die einflußnehmenden entstehen in der Bodenluft extrem hohe

Parameter, deren Wirkung und jahreszeit- CO2-Gehalte, die gegenüber der Atmosphäre liche Änderungen zu treffen. Von Interesse lO-lOOfach überhöht sein können (SCHEF- waren insbesondere die Sättigungsverhält- FER & SCHACHTSCHABEL, 1991). Die nisse im Höhlenbach gegenüber Calcit, die saisonalen Variation des CO2-Dargebotes im Aussagen über mögliche Fällungs- oder Boden ist abhängig von der biologischen Korrosionserscheinungen auf dem Fließweg Produktivität bzw. der Vegetation, die tem- zulassen. Aus den beobachteten hydrolo- peraturabhängig im Sommer ein Maximum gischen und hydrochemischen Verhältnissen und im Winter ein Minimum erreicht. können daneben Rückschlüsse auf die Zwischen zunehmenden Temperaturen und Eigenschaften des Aquifers gezogen werden. zunehmenden Boden-Cfj--Gehalten besteht Für die hydrochemische Variabilität von nach DRAKE & WIGLEY, (1975) ein Karstwässern können im wesentlichen fol- grundsätzlicher Zusammenhang. Unter land- gende Parameter verantwortlich gemacht wirtschaftlich genutzten Flächen sind die werden: sommerlichen CO2-Gehalte am höchsten. In • Die saisonale Variation der hydrolo- Waldböden variieren die Konzentrationen gischen Situation, d.h. der Niederschlags- dagegen kaum (APPELO & POSTMA, und Abflußverhältnisse. Die Kopplung von 1996; CLEMENS et al., 1997b). Entspre- Niederschlägen und Abflüssen in einem Ein- chende Verhältnisse wurden von PECHOLD zugsgebiet, abhängig von den Eigenschaften (1996) bei Bodenluft-Messungen auf der des Karstaquifers, bestimmt die Verweil- Albhochfläche über der Falkensteiner Höhle dauer und damit den Sättigungszustand des bestätigt. Wassers im System. Generell sollten in Die Temperaturdifferenz zwischen Niedrigwasserphasen höher konzentrierte, Außen- und Höhlenluft kann außerdem gesättigtere Wässer erwartet werden, wäh- starken Einfluß auf die Dynamik der Be- rend in Hochwasserphasen eher verdünnte wetterung in einem Höhlensystem nehmen, Wässer niedriger Leitfähigkeiten vorkom- die wiederum entscheidend für die Chemie men sollten (z.B. HARLACHER et al., der Höhlenatmosphäre ist. PECHOLD 1997). Nach WILLIAMS (1983) können bei (1991) konnte entsprechende Beobach- einem Hochwasserereignis mit ansteigenden tungen in der Falkensteiner Höhle machen. Schüttungen durch Verdrängung bereits ± • Anthropogene Einträge sind inner- gesättigter Wässer der phreatische Zone und halb des lahreslaufes an ungewöhnlichen, des Epikarstes, zunächst ansteigende Leit- meist einmaligen, teils erheblichen Maxima fähigkeiten und Ca-Konzentrationen be- in den Nährstoffkonzentrationen zu erken- obachtet werden. Mit Abklingen der nen, die aufgrund saisonaler natürlicher Schüttungen sinken die Leitfähigkeiten und Verhältnisse nicht erklärbar sind. Das Ca-Konzentrationen stark ab, weil nun Gebiet über der Falkensteiner Höhle wird abfließende, niedrig-konzentrierte Ober- intensiv landwirtschaftlich genutzt. Dünge- flächenwässer das Karstwasser verdünnen. mittel oder Gülle, die bereits sehr früh im • 1ahreszeitliche Veränderungen der 1ahr auf die Felder ausgebracht werden, Außen- und Bodentemperaturen und damit können erhöhte Chlorid-, Sulfat-, Nitrat-, der Vegetation nehmen Einfluß auf die Phosphat-, Kalium-, Calcium-, Magnesium- Lösungskapazität von Sickerwässern in und Natriurnkonzentrationen verursachen Karstgebieten. Die Lösungskapzität wird (MATTHES, 1990). Möglicherweise ge- durch die Anreicherung mit CO2 im langen auch Abwässer der Gemeinde Bodenhorizont (MIOTKE, 1974; KEMPE, Grabenstetten in den Aquifer. Die im

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Einzugsgebiet verlaufenden Straßen werden 2. Geographische Lage und Geolo- bei Glättegefahr im Winter gesalzt. gie • Für die Falkensteiner Höhle kommen Die Falkensteiner Höhle (Kataster-Nr. zuletzt auch Veränderungen innerhalb des 7422/02) liegt ca. 4,5 km nordöstlich von Aquifers bzw. entlang des Fließweges durch Bad Urach und ca. 1,5 km südwestlich von die Höhle in Frage. In einem offenen System Grabenstetten im Süden der sogenannten steuert der CO2-Partialdruck der Höhlen- " Halbinsel" (Nordrand atmosphäre das hydrochemische Gleich- mittlere Schwäbische Alb). Die Halbinsel gewicht im Wasser. Auf dem langen Fließ- wird im Wund E durch die tief weg können sich durch Fällung oder einschneidenden Täler der Errns bzw. der Korrosion die Sättigungsverhältnisse stark Lauter begrenzt (Abb.l). Nach Norden bricht verändern. Daneben können seitliche Zu- sie zum Vorland der Schwäbischen Alb steil flüsse mit ganz anderer hydrochemischer ab. Die Täler des Elsachsystems schneiden Charakteristik durch einfache Mischung von SW in den Albkörper ein und verengen Einfluß auf die Zusammensetzung des zusammen mit dem aus NE einschneidenden Baches nehmen bzw. die Gleichgewichte Tal des Lauterzubringers Schrecke den verschieben (Mischungskorrosion; BÖGLI, Anschluß der Halbinsel an die Restalb im 1964; WIGLEY & PLUMMER, 1976). Süden zu einer schmalen "Landbrücke".

Abb. 1: Schematische Karte der "Erkenbrechtsweiler Halbinsel" (verändert nach WITZIG & WIN- TER, 1991). Die Falkensteiner Höhle und die benachbarten Elsachbröller (7422/20) und Büchelbrunner Bröller (7422/22) bilden zusammen das Graben- stetter Großhöhlensystem. Hell- grau dargestellt ist die Hoch- fläche der Schwäbischen Alb.

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Mit einer Länge von mehr als 5 km ist die des Weißjura 0 3-4 bzw. Kimmeridge 2.3-4 Falkensteiner Höhle eine der längsten be- (GWINNER, 1974). Die Überdeckung des kannten Höhlen der Schwäbischen Alb. Das Höhlensystems hat eine Mächtigkeit von ca. Höhlensystem besteht aus einem begehbaren 100 m und reicht stratigraphisch bis in den Gang mit schwachem Gefälle und ohne obersten Weißjura bzw. das Untertithon bedeutende Seitensysteme. Es ist störungs- (Abb.2) (HINKELBEIN et al., 1991; oder schichtgebunden angelegt (Hauptaus- HOYDEM, 1991a). richtung NNE und NNW) (HOYDEM, 1991b) und verläuft in gebankten Kalken

Geologische Karte des Arbeitsgebietes QUartär, •• Brauner Jura y-I;; Dungegliedert Weißer Jura I;; r-l obermio:zäne ~Ä~'~ Weißer Jura, Brauner Jura a-ß U Sedimente des ~.j#" Massenkalk, Randecker Maar ungegliedert obermiozäne /" Tektonische Weißer Jura "{-& Basaltel Q / Elemente. Basalttuffe nachgewiesen oder ~ Weißer Jura a-ß vermutet

Abb. 2: Geologische Karte der Erkenbrechtsweiler Halbinsel (verändert nach HOYDEM, 1991a)

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0 Nieder'$chläge MOnsingen in (mm] 5 I I 0

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Tl rL, TI I r~ I~ Abfluß \nn~ Falkenst.iner Höhle_ V·schltzt ~ V L (i ••• hr niedrig bis S- •• hrhoch) \ il 1 Feb97 Mrz 97 Apr97 Mai 97 Jun97 Jul97 Aug97 Sep 97 Okt97 Nov97 Dez 97 Ja" 98 Feb 98 M~ 98 Apr98

Abb. 3: Niederschläge und Abflüsse im Arbeitsgebiet. Von unten nach oben: Qualitativ geschätzte Abflüsse der Falkensteiner Höhle (1 = sehr niedrig, 2 = niedrig, 3 = mittel, 4=hoch, 5 = sehr hoch; Abflußganglinie (Tagesmittelwerte) der Erms am Pegel Bad Urach; Tagessummen der Niederschlagshöhen der Meßstationen Bad Urach, Neuffen und Münsingen. Es ist zu beachten, daß, im Vergleich zur kontinuierlichen Abflußganglinie der Erms, die Abflußschätzungen an der Falkensteiner Höhle aufgrund ihrer wesentlich geringeren Datendichte nur ausschnitthaft die Variation der Abflüsse wiedergeben können.

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3. Hydrologie Albhochfläche können regional bis lokal Als aktive Wasserhöhle in der vadosen sehr stark variieren. Niederschläge, die für Zone wird die Falkensteiner Höhle auf der das Abflußregime der Falkensteiner Höhle ganzen Länge von einem Höhlenbach durch- entscheidend sind, müssen in den hier flossen. Im vorderen Höhlenabschnitt ver- verwendeten Daten der Meßstationen nicht sickert der Höhlenbach in zwei aufeinander- unbedingt abgebildet werden. folgenden Sickerstellen (erstes und zweites Im einjährigen Probenahmezeitraum Schluckloch; Abb. 4) und tritt aus mehreren fielen in den nächstgelegenen Meßstationen Hangquellen im Taleinschnitt der Höhle und Neuffen 711 mm, in Bad Urach 764 mm und aus einer gefaßten Quelle am Taleingang in Münsingen 764 mm Niederschlag. Die wieder aus. Bei Hochwasserereignissen tritt Niederschlagstagessummen sind in Abb. 3 auch aus dem Höhlenportal Wasser aus. Die dargestellt. An allen drei Niederschlags- Schüttungen der Quellen bilden ein Großteil meßstationen traten anhaltende, ausgeprägte des Abflusses der Elsach, die in Bad Urach Niederschlagsmaxima im Juli '97, zur der neckartributären Erms zufließt. Jahreswende '971'98 und im März '98 auf. Die Erms ist der einzige Neckarzufluß, In einer Trockenperiode zwischen August der sich im Oberlauf noch nicht bis auf das und November '97 fielen nur vereinzelt Karstbasisniveau der Schwäbischen Alb Niederschläge (Abb. 3). Die Niederschlags- (stauende Sohlschicht des Weißjura a. bzw. ereignisse der einzelnen Meßstationen treten Oxford 1) eingeschnitten hat. So müssen die meist zeitgleich auf und korrelieren statis- Quellen des Einzugsgebietes definitions- tisch hochsignifikant (BECK, 1999). gemäß mehrheitlich dem Tiefen Karst zuge- Aus der Isohyetenkarte des Landes rechnet werden (WEIDENBACH, 1954; Baden-Württemberg ergeben sich lang- VllLINGER, 1972). Lokaler Quellhorizont jährige Niederschlagsmittel für die Erken- der Falkensteiner Höhle sind Mergel des brechtsweiler Halbinsel von 960 mm/a Weißjura Ö2 (Kimmeridge 2.3). (Zeitraum 1951-1981; HINKELBEIN et al., Das Einzugsgebiet der Falkensteiner 1991) und für Bad Urach von 950 mm/a Höhle und der Elsach, Teil des deutlich (Zeitraum 1921-1930; VILLINGER, 1974). größeren, nach Süden reichenden Einzugs- Vergleichend muß das Niederschlagsjahr gebietes der Erms (109 km2 hinter Pegel Februar '97 bis Februar '98 also als trocken Urach), umfaßt wahrscheinlich große Teile bewertet werden. der Erkenbrechtsweiler Halbinsel. Die Halb- insel hat eine Gesamtfläche von 25 krrr'. Abflüsse WITZIG & WINTER (1991) errechneten Die Abflußganglinie der Erms (Abb. 3) mit Hilfe einer einfachen Grundwasserhaus- zeigt mehrere ausgeprägte Abflußspitzen, haltsgleichung Einzugsgebietsflächen bei die in etwa zeitgleich mit den Hauptnieder- Niedrigwasser von 1,5 krrr', bei Hochwasser schlagsereignissen sind. Die Abflüsse stei- 2 von 11,7-13,1 km • HINKELBEIN et al. gen innerhalb weniger Tage mehrfach (1991) schätzen ein unterirdisches Einzugs- schnell an und sinken dann über die gebiet von 5 km2 für das Elsachsystem folgenden Tage schnell und die folgenden (oberhalb der Hangquellen im Taleinschnitt Wochen immer langsamer werdend ab (- der Falkensteiner Höhle) ab. exponentieller Verlauf). Zwischen August und Mitte Dezember '97 hat die Erms bei Niederschläge ausbleibenden Niederschlägen durchgängig Grundsätzlich müssen die Niederschlags- ausgesprochen niedrige Abflüsse. verhältnisse aufgrund des hohen Reliefs und Bei jeder Probenahme wurden durch den der starken morphologischen Gliederung im Probennehmer die Wasserstände bzw. das Bereich des Albtraufes als sehr uneinheitlich Abflußverhalten des Höhlenbaches der eingeschätzt werden. Niederschlagsereig- Falkensteiner Höhle an der Probenahme- nisse am Rande des Albtraufes und auf der stelle qualitativ abgeschätzt. Die verwen-

Arbeitszemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Jahresheft 1999 Seite 75 deten Abstufungen waren: sehr hoch (5) - Ganglinien, sind eine Reaktion auf die hoch (4) - mittel (3) - niedrig (2) - sehr Grundwasserneubildung und den Aufbau niedrig (1) (Abb. 3). Die Einschätzung und die Eigenschaften des Grundwasser- erfolgte durch Probenehmer mit sehr guten, leiters im zugehörigen Einzugsgebietes. In langjährigen Kenntnissen des Schüttungs- Karstaquiferen kann zunächst zwischen der verhaltens der Höhle. Vereinzelte Abfluß- vadosen, ungesättigten Zone und der messungen an der Falkensteiner Höhle sind phreatischen, vollständig mit Wasser ge- in der Literatur beschrieben. WITZIG & füllten Zone unterschieden werden. Die WINTER (1991) bestimmten Niedrigab- Auswertung von Abfluß- oder Schüttungs- flüsse von 30 l/s, mittlere Abflüsse von 400 ganglinien in Karbonatkarstgebieten läßt 1/s und Hochwasserabflüsse von max. 1700 Rückschlüsse auf die Struktur des Grund- 1/s. Von CLEMENS et al. (1997a) wurden wasserspeichers zu. im Januar bei Niedrigwasser und konstanter SHUSTER & WHITE (1971) unter- Quellschüttung Markierungsversuche mit scheiden zwei Speichertypenendglieder für Salz durchgeführt, die eine Schüttung von Karbonatkarstaquifere. In den "diffuse flow 14 l/s ergaben. systems" ist die Wasserwegsamkeit auf nur Die beobachteten einzelnen Hochwasser- gering geöffneten Feinklüfte oder Ban- tage der Falkensteiner Höhle bilden sich in kungsfugen gegeben. Fließbewegungen ver- der Abflußganglinie der Erms deutlich ab laufen laminar. Diese Aquifere haben relativ (hochsignifikante Korrelation; BECK, hohe Speicherkoeffizienten und Retentions- 1999). Gemeinsame Abflußmaxima (Abb. 3) zeiten. Es treten nur deutlich gedämpfte treten im März/April, im Juni '97, Ende Abflußmaxima auf. "Conduit flow systems" Dezember '97 und im März '98 auf. Die sind von weitständigen Grobklüften bzw. Abflüsse der Falkensteiner Höhle reagieren Röhren- oder Höhlensystemen dominierte meist noch vor denen der Erms. Aquifere mit extremen Maxima in den Neben der weiter unten beschriebenen Abflußganglinien. Fließbewegungen verlau- Beschaffenheit des Aquifers, hängt die fen meist turbulent. Der Speicherkoeffizient Reaktion von Abflüssen auf Niederschläge ist sehr niedrig. Die Verweilzeiten sind kurz. von einer Vielzahl weiterer Parametern ab WILLIAMS (1983) führte als weiteren (RICHTER & LILLICH, 1975). Dazu zählen wichtigen Speicher die sogenannte "sub- u.a. die Art, Verteilung und Intensität der cutaneous zone" oder Epikarst ein. Diese Niederschläge, die Temperatur, vegetations- Zone zwischen Bodenhorizont und verkars- abhängige, saisonal variierende Evapo- tetem, anstehendem Gestein kann als transpiration und Interzeption, die Mächtig- wichtiger Zwischenspeicher bei starken keit und Feldkapazität des Bodenhorizontes, Niederschlagsereignissen dienen. Durch sowie die Bodenfeuchtigkeit bzw. Sättigung. Korrosion im Kontaktbereich mit dem Wie bereits von ENGEL (1991) beob- Boden erweiterte Klüfte im anstehenden achtet, sind nicht alle Niederschläge abfluß- Gestein verengen sich naturgemäß nach wirksam. Die' Schüttungen reagieren nur unten und verzögern oder verhindern so das unregelmäßig auf entsprechende Ereignisse. Ablaufen von Perkolationswasser. Nur ent- So bilden sich die erhöhten mehrtägigen lang einiger bereits stark erweiterter Klüfte Niederschläge im Oktober '97 nicht im kann das Wasser schnell ablaufen und führt Abfluß der Erms ab (Abb. 3). Die Nieder- so zu lateralen Fließbewegungen im Epi- schläge fielen während der ausgedehnten karst. Die Wirksamkeit dieser Zone ist sommerlichen Trockenperiode. Die Nieder- abhängig vom Alter des Karstaquifers bzw. schlagsmengen genügten offensichtlich der Intensität der Verkarstung und damit der nicht, um die Feldkapazität des Boden- Durchlässigkeit des anstehenden Gesteins. horizontes zu übersteigen. Reale Karstaquifere müssen immer als Abflüsse oder Schüttungen von Ge- Mischungen der oben beschriebenen wässern bzw. Quellen, abgebildet in Speichertyp-Endglieder betrachtet werden

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(z.B. CLEMENS, 1998). In der Abfluß- Das Höhlensystem besteht nur aus einem ganglinie der Errns (Abb. 3) bilden sich großvolumigen Gang. Seitliche Zubringer aufgrund des großen Einzugsgebietes alle sind von untergeordneter Bedeutung. Wo im Endglieder ab. Die innerhalb von wenigen hinteren Bereich der Höhle die eigentlich Tagen schnell ansteigenden und meist Hauptzubringer zum Höhlenbach sind, ist innerhalb von 1-2 Wochen wieder ab- ungeklärt. Möglicherweise "fasert" der fallenden Abflußspitzen entstehen zunächst Höhlengang im hintersten Bereich in aus Oberflächen- und Interflowabflüssen, mehrere weitständige Klüfte aus. Die dann aus dem Überlaufen der tiefphrea- ständige Wasserführung des Höhlenbachs, tischen und Epikarst-Speicher und einem auch in Trockenwetterphasen, gewährleistet schnellen Auslaufen der durch anhaltende das anteilig bedeutendere Feinkluft- und Niederschläge gefüllten, großvolumigen Epikarstsystem ("diffuse flow system") (vgl. Karsthohlräume im vadosen Bereich. Die ATKINSON, 1977a). Die Reaktion der Niedrigabflüsse während der Trockenperio- Abflüsse des Höhlenbaches auf starke de von August bis Dezember generieren sich Niederschläge ist abhängig von der Sätti- aus dem sich langsam leerenden Fein- gung der Speicher. kluftsystemen und dem Epikarst. Trockenwetterfallinien von Abflüssen in 4. Probenahme und Methoden Karstgebieten setzten sich, wenn sie loga- Zwischen Februar 1997 und März 1998 rithmisch dargestellt werden, aus mehreren wurden in einem möglichst wöchentlichen Geradensegmenten abnehmender Steigung Turnus am ersten Schluckloch (ca. 100 m zusammen (FORD & WILLIAMS, 1989, hinter dem Höhleneingang) aus dem BAUMGARTNER & LIEBSCHER, 1990), Höhlenbach der Falkensteiner Höhle denen nach der Exponentialfunktion von Wasserproben entnommen. Dies geschah Maillet sogenannte Auslaufkoeffizienten durch Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft zugeordnet werden können. In BECK (1999) (Arge) Höhle & Karst Grabenstetten. Dane- wurde bei einer Analyse einer Trocken- ben wurden dreimal innerhalb des Bepro- wetterfallinie der Errns (zwischen Juli und bungszeitraums hydrochemische Profile November '97) drei Geradensegmente bzw. durch die Höhle gelegt. Alle Proben- Auslaufkoeffizienten bestimmt, die den nahmepunkte sind in Abb. 4 im Höhlenplan nacheinander auslaufenden, oben beschrie- verzeichnet. Insgesamt wurde der Höhlen- benen Karstspeichertypen zugeordnet wer- bach in dreizehn Monaten 64 mal beprobt. den können. Am 1. Schluckloch wurden über den Be- VILLINGER (1977) schätzte den probungszeitraum (57 Wochen) 49 Proben mittleren durchflußwirksamen Hohlrauman- genommen. Das entspricht im Schnitt einer teil im Malmkarst der Schwäbischen Alb auf Proben ahme alle acht Tage. etwa 2 %. VILLINGER (1972) beobachtet Je Probenahmetag wurden zwei Proben aber auch erhöhte Hohlraumanteile in Ge- (250 rnl PE-Flaschen) ohne Lufteinschlüsse bieten starker tektonischer Beanspruchung, und ohne Zusatz, eine angesäuerte Probe die eine verstärkte Feinklüftung des Gebir- (Zusatz von 1 rnl 25 %iger Salpetersäure ges induziert. Dabei können Werte von max. HN03) und eine vergiftete Probe (Zusatz 5-6 % erwartet werden. Durch die erhöhte von 0,25 rnl gesättigter Quecksilberchlorid- tektonische Beanspruchung der Erken- (HgCh)-Lösung) genommen. Zur Bestim- brechtsweiler Halbinsel (vgl. HOYDEM, mung des Sauerstoffgehaltes wurden zwei 1991a) können dort entsprechend relativ Glasflaschen mit einem auf 0,1 rnl genau hohe Speichervolumen erwartet werden. definiertem Volumen unter Wasser ohne Die Drainage des Einzugsgebietes der Lufteinschlüsse befüllt. Die Proben wurden, Falkensteiner Höhle und damit großer Teile soweit nicht noch am selben Tag bearbeitet, der Erkenbrechtsweiler Halbinsel, erfolgt immer kühl und dunkel gelagert. über das vadose Röhrensystem der Höhle.

ArbeitszemeinschaftHöhle und Karst Grabenstettene.V. Jahresheft 1999 Seite 77

Probenahmepunkte in der

Falkensteiner Höhle am 19. Mai 97 (Kataster-Nr.7422/22)

Anzahl der Datum der Probenahme Proben

Probenahme- punkt

Maßstab - 1:5000 : j----- : : =l Om 50m 100m 150m 200m

1x am 19. Mai 97

1X am 02. Nov. 97

19. Mai 97 & 2x 02. Nov. 97 Seestrecke am 01. März 97 2x vor und nach dem Stuttgarter Block

zwischen Feb. 97 und März 98 49x (im Schnitt alle 8 Tage)

Schluckloch 1 I I Demutscl;lfuff I I I I I I I Elsach- , Quelle ~ am 19. Mai. 97 "C"------~ \ \ Eisach-Bröller

Abb. 4: Höhlenplan der Falkensteiner Höhle (verändert nach dem Höhlenplan der Arge Höhle & Karst Grabenstetten und des HHV Laiehingen. Stand 1990) mit allen Probenahme- punkten und Gesamtanzahl und Datum der Probenahmen.

Arbeitszemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Seite 78 Jahresheft 1999

Grundlegende hydrochemische Parameter Mangan Mn. wurden mittels Flammen- (physiko-chemische Parameter, Alkalinität, atomabsorptionsspektroskopie (AAS) be- Sauerstoffgehalt) wurden bereits im Gelände stimmt. Für die Messungen wurde das oder Feldlabor noch am Probenahmetag vergleichend messende Einstrahlgerät PYE- bestimmt. Die Bestimmungen der Gesamt- UNICAM SP9 Atomic Absorption Spectro- konzentrationen der Hauptkationen und - photometer der Fa. Phillips verwendet. Zur anionen wurden im chemischen Labor des Analyse an der AAS wurden die ange- Geologisch- Paläontologischen Instituts der säuerten Proben verwendet. Mittels eines TU Darmstadt durchgeführt. Ionenchromatographen (IC) der Fa. Waters Die Leitfähigkeit wurde elektronisch mit (Millipore®) wurden die Konzentrationen dem Leitfähigkeitsmeßgerät der Fa. Wissen- der Anionen Chlorid cr, Sulfat so," und schaftlich Technische Werkstätten (W1W) Nitrat N03- bestimmt. Zur Bestimmung des LF90 und der Sonde W1W KLE1 gemessen. Chloridgehaltes wurden die Proben ohne Die Angabe der Leitfähigkeit erfolgt in Zusatz verwendet. Die quecksilberver- /-lS/cm bei 25°C. Das Gerät arbeitet auf ± gifteten Proben wurden zur Bestimmung der Iu Szcm genau. Die Wassertemperatur des Nährstoffe Nitrat und Sulfat benutzt . Die 3 Höhlenbaches und die Temperatur der Anionenkonzentrationen Phosphat P04 - Höhlenluft wurde mit dem im Leitfähig- und Nitrit N02-, sowie der Gehalt an freier keitsmeßgerät integrierten Temperaturfühler Kieselsäure Si02 wurden photometrisch mit gemessen. Das Gerät arbeitet auf ± O,I°C einem UVNIS-Zweistrahlspektralphoto- genau. Die Lufttemperaturen wurden etwa meter der Fa. GBC (UVIVIS Spectralphoto- ein Meter über der Wasseroberfläche meter 918) bestimmt. Für die Bestim- gemessen. mungen wurden die entsprechenden Test- Die Messung des pH-Wertes (auf 25°C Sets Spectroquant" der Fa. E. Merck bezogen) erfolgte potentiometrisch mit einer verwendet (Nitrit-Test 14776, Phosphor- Einstab-Glaselektrode. Es wurde das pH- Test (PMB) 14848, Silicium-Test 14794). Meter W1W pH320 mit einer WTW SenTix Grundlagen der Methoden sind in WEIß 97T- Elektrode verwendet. Die pH-Elektrode (1983), SKOOG & LEARY (1996) und wurde vor jeder Messung neu kalibriert. Sie BECK (1999) beschrieben. arbeitet nach Angaben des Herstellers auf ± Als Maß für die Gesamtqualität der 0.05 Einheiten genau. verwendeten analytischen Methoden dient Die Alkalinität und der Sauerstoffgehalt die Ionenbilanz, die durch die prozentuale des Wassers wurden titrimetrisch mit einem Abweichung der Differenz I,Kationen - digitalen Handtitrationsgerät der Fa. Hach I,Anionen von der Gesamtsumme der (Digital Titrator®Model 16900) und den Kationen und Anionen (I,(Kationen + entsprechenden Titer-Patronen (Hach Digi- Anionen)) ausgedrückt wird (alle Konzen- tal Titrator Cartridges't) im Feldlabor trationen in meq/l) (MATTHES, 1990; bestimmt. Das Titrationsgerät gibt das DVWK, 1992). Unter idealen Bedingungen titrierte Volumen in "Digits" an (800 Digits ist die Abweichung nahe Null. Bei den = 1 ml) und arbeitet nach Angaben des durchgeführten Untersuchungen lag die Herstellers auf ein Digit genau. Grundlage mittlere Abweichung von der I,(Kationen + der Alkalinitätsbestimmung war eine Säure- Anionen) bei 4,5 %. Dies läßt ein Base- Titration (STUMM & MORGAN, ausreichend gutes Urteil über die verwen- 1982). Die Bestimmung des Sauerstoff- deten quantitativen analytischen Methoden gehaltes erfolgt redoxtitrimetrisch nach der zu (BECK, 1999). Methode von Winkler (Iodometrie) (HÖLL, Zur Auswertung der hydrochemischen 1986). Daten wurde das Programm PHREEQC Die Gesamtkonzentrationen der Kationen (PARKHURST, 1995) bzw. das Erweite- Natrium Nah Kalium K, Magnesium Mg., rungsprogramm PHREEQCI (CHARLTON Calcium Ca., Strontium Sr., Eisen Fe, und et al., 1997) verwendet. PHREEQC dient

Arbeitszemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Jahresheft 1999 Seite 79 insbesondere der Berechnung der Spezies- verdeutlicht die enge Schwankungs breite der verteilungen in den chemischen Gleichge- Wassertemperaturen (8,4°C-1O,8°C), um die wichten, der Aktivitäten, der Sättigungs- von PECHOLD (1991) mit 9,2°C gemesse- indices und der Partialdrücke in wässriger ne mittlere Gesteinstemperatur. Lösung (APPELO & POSTMA, 1996). Mit Die am ersten Schluckloch etwa 1 m über Hilfe von PHREEQC wurden u.a. die dem Wasser gemessenen Lufttemperaturen Sättigungindices von Calcit und Dolomit, lagen im Mittel bei 1O,6°C, schwankten sowie der O2- und CO2-Partialdruck berech- allerdings jahreszeitlich gekoppelt an die net. Außentemperatur beträchtlich. Besonders im Die hydrochemischen und hydrolo- Frühjahr ~97 wurden jahreszeitlich unge- gischen Daten wurden in BECK (1999) wöhnliche Schwankungen der Außentempe- computergestützt statistisch ausgewertet. raturen zwischen 20°C und O°C bzw. Mittels Kreuzkorrelation wurden für alle Höhlenlufttemperaturen zwischen 14°C und möglichen hydrologischen und hydro- 8,8°C innerhalb einer Woche beobachtet. chemischen Datengruppen die Korrelations- Während der Sommermonate (Mai bis koeffizienten und zweiseitige Signifikanzen September) blieben die Lufttemperaturen (SACHS, 1992) berechnet. konstant über der Wassertemperatur (10°C - 17°C). Ab Oktober ~97 sanken mit den 5. Hydrochemischer Jahreslauf Außentemperaturen die Höhlenlufttempera- Physikochemische Parameter turen unter die Wassertemperatur und Die zwischen Februar ~97 und März ~98 blieben bis Januar auf niedrigem Niveau am ersten Schluckloch gemessene mittlere (min. Werte 1,6°C - 2°C). Wassertemperatur betrug 9,3°C. Abb. 5

18~----~---;-----;----;-----:-----~---:----__----__---- ~ ,#I 16T-----~--~----~----~----~_:~~~~~_:~----~----~----~----~~ ~ ~ ~ ~\ 14T---_:r---~--~~IT----r~--+-F_--r---~--~-+----~-----r----+_----~~ 12 1< /\ Oe' i , ~ .• 1\ I \ 1\ 'Y. ~f \ .A: / \ 0 /\i!\ I'~ / 1 b;::!;-:::=;::: ~:",;i,J~~~;;::;;::dt;~;2~~::;:::;~:!:;;;:~;:;:;~~;:;:;;:;;;;~~=~'\.'::;:~~;;~;t::;j~,\ 8T-----~--~----~----~----~----~--~-----~~~+!-~~,~r_~,~·~,~y~,--~~~~~. \. 6 I---- -.!>- Temperatur Luft [OC] \,..1, ! Y \ L AA '\ f 4 I---- - TemperaturWasser [0C] : V"': · \ I 'I -- Mittlere Gesteinstemperatur \j \ ~:====:==_nr-ach-,---+pe_ch.-OI-,-dt"T"(1-.99t-1)::::::::~::::~::::~:::~::::::::~::::~:::~::::~:~\i.f.---~--,~--,-~~~' Feb 97 Mrz 97 Apr 97 Mai 97 Jun 97 Jul97 Aug 97 Sep 97 Okt 97 Nov 97 Dez 97 Jan 98 Feb 98

Abb. 5: lahreslauf der Wasser- und Lufttemperaturen am ersten Schluckloch und mittlere Gesteinstemperatur der Falkensteiner Höhle nach PECHOLD (1991). Auf der Zeitachse gibt die Hauptskalierung die Mitte des Monats an, Teilstriche im Wochenabstand.

Die Leitfähigkeiten schwankten im 1999), entsprechend ihres hohen Anteils an Jahresverlauf unregelmäßig zwischen 470- der Gesamtmineralisation. Saisonale Trends 648 uSzcm (mittlere Leitfähigkeit 560 sind nicht erkennbar. Auffallend niedrige flS/cm) (Abb. 6). Die gemessenen Werte Werte wurden im November/Dezember ~97 korrelieren statistisch hoch signifikant mit beobachtet. den Ca- und Nac Konzentrationen (BECK,

ArbeitszemeinschaftHöhle und Karst Grabenstettene.V. Seite 80 Jahresheft 1999

700.---~----~----~----~---:----:-----;----:----;-----:----;-----:--,

650+---~----~----~----~--~----~----~--~----~----7---~----~---

500+---~----~----~----~----+---~~--~----~----~--~1-----~ - Leitfähigkeit[IJS/cm] 450t---~-----+~~~·~--~·~--~----~----~----~--~----~----~----~~

400~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Feb 97 Mrz 97 Apr 97 Mai 97 Jun 97 Jul 97 Aug 97 Sep 97 Okt 97 Nov 97 Dez 97 Jan 98 Feb 98

Abb. 6: Jahreslauf der am ersten Schluckloch gemessenen Leitjähigkeiten. Auf der Zeitachse gibt die Hauptskalierung die Mitte des Monats an, Teilstriche im Wochenabstand.

Die pH -Werte variierten zwischen einem abnehmender Trend von pH -Werten um 7.4 min. 6.99 und max. 8.06. Der mittlere pH- auf Werte um 7.1 erkennen (Abb. 7). Danach Wert betrug 7.4. Die pH-Werte zeigen steigen die pH -Werte bis zum oben zwischen Februar und April '97 ein stark erwähnten Maximum Anfang November schwankendes Verhalten. In den Monaten schnell an, um dann wieder abzufallen. Mai bis September läßt sich ein deutlich

-pH-Wert 7.0~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ • Feb 97 Mrz 97 Apr 97 Mai 97 Jun 97 Jul 97 Aug 97 Sep 97 Okt 97 Nov 97 Dez 97 Jan 98 Feb 98

Abb. 7: Jahreslauf der am ersten Schluckloch gemessenen pH- Werte. Auf der Zeitachse gibt die Hauptskalierung die Mitte des Monats an, Teilstriche im Wochenabstand.

Arbeitszemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Jahresheft 1999 Seite 81

Parameter im System CaC03 - CO2 - H20 SVENSSON & DREYBRODT, 1998). Die Chemie der Lösungsprozesse, die für Im folgenden werden die Jahresläufe der die Verkarstung eines Kalksteinaquifers gemessenen und mit PHREEQC berechne- verantwortlich sind, können vereinfacht ten Parameter (inkl. Mg, und Sr.) be- durch das System CaC03 - CO2 - H20 be- schrieben: schrieben werden. Die chemischen Gleich- Die mittlere Calciumrf'a.j-Konzentration gewichte sind u.a. detailliert in USDOWSKI im Probenahmezeitraum betrug 118 mg/l (1982), KEMPE (1982) oder MATTHES (5,9 meq/l) mit Schwankungen zwischen 88 (1990) beschrieben. Für die Gleichgewichts- mg/l (4,4 meq/l) und 128 mg/l (6,4 meq/l) konstanten der Reaktionen existiert eine (Abb. 8). Ab Juni '97 konnte ein Trend breite Datenbasis in der Literatur (z.B. sinkender Konzentrationen beobachtet wer- PLUMMER & BUSEN-BERG, 1982), die den. Im November '97 kam es zu einem aus- auch Grundlage des Programms PHREEQC gesprochenen "Loch" in der Ca-Konzentra- sind. Die für die zeitliche Entwicklung von tionskurve. Karsthöhlensystemen entscheidenden reak- Die Magnesiumflvlg.)- Konzentrationen tionskinetischen Verhältnisse wurden beson- waren mit einem Mittelwert von 5,1 mg/l ders von DREYBRODT untersucht (u.a. (0,42 meq/l) relativ niedrig. Saisonale SIEMERS & DREYBRODT, 1992; Trends sind in der Schwankungs breite (3 -

7,0~---;----~----~--~----~----~--~----~----c---~------,

_.- .., 6,5 +------'-----~----~-----'------'-----~-----'--'-~'"------'------'------__' ---'--_

5,5

5,0+--~---~----7---~----~---~--~---~~~~_+~----~---~~ - Ca, [meq/I) 4,5 '~-i&- Alkalinität [meq/I)

4,0 Feb 97 Mrz 97 Apr97 Mai 97 Jun 97 Jul97 Aug 97 Sep97 Okt 97 Nov97 Dez 97 Jan 98 Feb 98

0,6

0,5

0,4

0,3 - Mgt [meq/I) 0,2 -...- Srt [meqn] 0,003

0,1 0,002 0,001 0,0 0,000 Feb 97 Mrz97 Apr97 Mai 97 Jun 97 Jul97 Aug 97 Sep 97 Okt97 Nov 97 Dez 97 Jan 98 Feb98

Abb. 8: Jahreslauf der am ersten Schluckloch gemessenen Ca-, Mgr und Sr-Konzentrationen und der Alkalinität. Auf der Zeitachse gibt die Hauptskalierung die Mitte des Monats an, Teilstriche im Wochenabstand.

Arbeitszemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Seite 82 Jahresheft 1999

6,7 mgll) nur kaum erkennbar. Über die Winterperioden zeigten generell stärker Sommerperiode blieben die Gehalte fast schwankende Sättigungsverhältnisse, wäh- konstant hoch (Abb. 8). In den Winter- rend in der Sommerperiode die Über- perioden variierten die Gehalte stärker. sättigung auf niedrigem, positiven Niveau Die Alkalinitäten des Höhlenbaches weitgehend konstant blieb. Schwache Unter- waren mit einem Mittelwert von 5,6 meqll sättigungen konnten nur zweimal beobachtet recht hoch. Sie zeigen einen deutlich werden. ansteigenden Trend zwischen Februar und Die Sättigungindices für Dolomit SIDolomit Anfang Oktober ~97 (max. 6,7 meqll). wurden aus der seIben Datenbasis wie SIcalcit Anfang November ~97 sind die Konzentra- berechnet und korrelieren dementsprechend tionen wieder stark abgefallen (min. 4,99 sehr gut (hochsignifikant; BECK, 1999). meqll). Der Höhlenbach ist über fast das gesamte Die Sr-Konzentrationen waren meist Jahr gegenüber Dolomit stark untersättigt nahe der Nachweisgrenze (Abb. 8). Die (SI bis -1,5). Nur während der Maxima in mittlere gemessene Konzentration ist < 0,1 der Calcitsättigung ist auch Dolomit über- mgfl. Jahreszeitliche Entwicklungen sind sättigt (Abb.9). Die Lösung von Dolomit im nicht zu erkennen. Karstwasser kann nach WIGLEY (1972) Der Sättigungsindex für Calcit SIcalcit Calcit in die Übersättigung treiben und zur zeigt mit mehrheitlich positiven Werten im Calcitfällung führen. Die niedrigen Mg.- Beprobungszeitraum eine schwache Über- Konzentration lassen aber darauf schließen, sättigung des Höhlenbaches an (Abb. 9). daß Dolomite im Einzugsgebiet der Falken- Maxima extremer Übersättigung konnten im steiner Höhle nicht oder nur lokal begrenzt AprillMai (+0,78) und im Oktober/Novem- vorkommen, so daß der Effekt hier nicht zur ber ~97 (+0,85) beobachtet werden. Die Geltung kommt (vgl. STRIEBEL, 1992).

-0,t5t-----:n-+-\--i-f!--:------:------7----:----i~-~---:--~:__-~--

-SI Calcit -1,5+---7--;- __ SI Dolomit--7"--~------;-----;-----:----+--~~ ••.----i---~----.j

-2~~~h-~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~_r~~~~~~~~~~ Feb97 Mrz97 Apr 97 Mai97 Jun97 Jul 97 Aug 97 Sep97 Okt97 Nov97 Dez97 Jan 98 Feb98

Abb. 9: lahreslauf der berechneten Sättigungsindices für Calcit und Dolomit. Auf der Zeitachse gibt die Hauptskalierung die Mitte des Monats an, Teilstriche im Wochenabstand.

Arbeitsgemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Jahresheft 1999 Seite 83

Die berechneten CO2- Partialdrücke im Maximum Ende September (23400 ppm) zu Höhlenbach zeigten im Frühjahr '97 stark (Abb. 10). Bei der ersten Probenahme im uneinheitliche Schwankungen (3300 - 25100 Oktober hatte sich der Partialdruck dann fast ppm). Ab April nahmen während des halbiert und sank bis Anfang November auf Sommers die Partialdrücke bis zu einem ein Minimum von 2050 ppm.

30000,------~----,_--~----~------~------~

- Partialdruck CO2 [ppm] 25000+-~+-,------:-----.:------:.-----~----~----:-----~----,-----,.--~-: ---'--_._-_..._-

5000+---~----~~--~---7----~----~--~----~~-~-----7----7-~~--~

O~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Feb 97 Mrz 97 Apr 97 Mai 97 Jun 97 Jul 97 Aug 97 Sep 97 Okt 97 Nov 97 Dez 97 Jan 98 Feb 98

Abb. 10: Jahreslauf der mit PHREEQC berechneten COrPartialdrücke. Auf der Zeitachse gibt die Hauptskalierung die Mitte des Monats an, Teilstriche im Wochenabstand.

Weitere Parameter wert von 1,6 mg/l (0,04 meq/l) erwartungs- Die mittlere Natrium(N at)-Konzentration gemäß niedrig. betrug über den Beprobungszeitraum 5,3 Die erhöhten Chloridkonzentrationen des mg/l (0,23 meq/l). Die mittlere Chlorid- Zuflusses am Stuttgarter Block (bei - 1050 konzentration betrug 11,3 mgll (0,32 meq/l). m, Abb. 4) sind schon seit langem bekannt Erwartungsgemäß korrelieren beide Para- (z.B. PECHOLD, 1991). Der Zufluß wurde meter statistisch hochsignifikant (BECK, zweimal beprobt (Mai und November '97). 1999) und blieben im Jahreslauf auf einem Dabei wurden die hohen Na-Konzen- nur mäßig SChwankenden, gleichmäßigen trationen (>28 mg/l) und Chlorid-Konzen- Niveau. Ausnahmen waren vereinzelte, trationen (>50 mg/l) bestätigt. Der Anteil gemeinsame Maxima mit Chlorid-Konzen- der SChüttungen des Seitenganges am Ge- trationen > 20 mgll und und Natrium- samtabfluß des Höhlenbaches ist bei Konzentrationen > 10 mgll (Abb. 11). Im normalen Wasserständen allerdings so Winter '971'98 bilanzieren die hohen gering, daß keine Unterschiede in den Chloridkonzentration nicht mehr mit den Chloridkonzentrationen in Proben kurz vor Na-Konzentrationen. Ursache sind mög- und nach dem Zufluß nachgewiesen werden licherweise Meßfehler. Die Kalium(Kt)- konnten (BECK, 1999). Konzentrationen waren mit einem Mittel-

Arbeitszemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Seite 84 Jahresheft 1999

O,7~--~--~---- __--~-- ~ __~ --.

- Na,[meq/I] - K, [meq/I] -tr- CI' [meqll] o,6t---~----~--~----~~h-.-~----~--~----~--~~~~ __~ ~

0,0 !,....,~~~~~~=!ir~~~~~~:...-~=:;:::~;:::~~~::J Feb 97 Mrz 97 Apr 97 Mai 97 Jun 97 Jul 97 Aug 97 Sep 97 Okt 97 Nov 97 Dez 97 Jan 98 Feb 98

Abb. 11: Jahreslauf der Na-, Kr und Chloridkonzentrationen. Auf der Zeitachse gibt die Hauptskalierung die Mitte des Monats an, Teilstriche im Wochenabstand.

Die saisonale Entwicklung der Sauer- (MATTHES, 1990). Die beobachtete stoffkonzentrationen im Höhlenbach zeigt Saisonalität entspricht den jahreszeitlichen winterlich leicht erhöhte und sommerliche Schwankungen im Bodenhorizont als Folge niedrige Gehalte. Der mittlere Sauerstoff der erhöhten biologischen Sauerstoffum- (02)-Gehalt betrug 8,9 mg/l (Abb.12). setzung in der sommerlichen Vegetations- Sauerstoffgehalte in Wasser, das mit dem periode (SCHEFFER & SCHACHTSCHA- atmosphärichen 02-Partialdruck im Gleich- BEL, 1992). Sauerstoff wird dabei im Boden gewicht steht, haben abhängig von der durch die Bildung von CO2, Nitraten und Gesamtmineralisation Gehalte zwischen 9 Sulfaten verbraucht. mg/l bei 20DC und 14 mg/l bei ODC

12~ __ ~ ~ __ ~ ;- __ -; ;- __ -; ~ __ -; ~ ;- __ ~ __ 1300000

260000

_ 02-Gehalt [mg/l] __ PartialdruckO2[ppm]

2~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~100000 Feb 97 Mrz 97 Apr 97 Mai 97 Jun 97 Jul 97 Aug 97 Sep 97 Okt 97 Nov 97 Dez 97 Jan 98 Feb 98

Abb. 12: Jahreslauf der gemessenen OrGehalte und der mit PHREEQC berechneten CO2- Partialdrücke. Auf der Zeitachse gibt die Hauptskalierung die Mitte des Monats an, Teilstriche im Wochenabstand.

Arbeitssemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Jahresheft 1999 Seite 85

Der Jahreslauf der Nitratkonzentration Mit dem Ende der Vegetationsperiode im zeigt eine zum Sauerstoffgehalt entgegen- Herbst ist der mineralische Stickstoffvorrat gesetzte saisonale Entwicklung. Die Para- zwar auf einem Minimum, aber nicht mehr meter korrelieren statisch hochsignifikant fixiert. Bei erhöhter Grundwasserneubildung negativ (BECK, 1999). Die mittlere Nitrat- in der Winterperiode nehmen deswegen konzentration im Probenahmezeitraum durch Auswaschung des Bodenhorizontes betrug 20 mg/l (0,33 meq/l). die Nitratkonzentrationen im Sickerwasser Im Bodenhorizont sind Schwankungen in eigentlich zu. den Nitratkonzentrationen durch die saisonal Die saisonalen Schwankungen in den variierenden Prozesse der Mineralisierung, Nitratkonzentrationen des Höhlenbaches Immobilisierung und Denitrifikation ge- zeigen eine anderen Verlauf. Im Aquifer steuert. In erheblichem Umfang nehmen bauen sich in der Sommerperiode langsam dabei auch Art und Intensität der Boden- erhöhte Konzentrationen auf. Zwischen nutzung, insbesondere der Düngemittel- März und Juni sowie Juli und November '97 einsatz auf landwirtschaftlichen Flächen sind deutliche Anstiege zu beobachten, die oder Ernterückstände, Einfluß (SCHEFFER kurzfristig wieder zurückgesetzt werden. & SCHACHTSCHABEL, 1992). In der Nitrit ist in mehreren Proben nachge- sommerlichen Vegetationsperiode sollten wiesen worden. Die gemessenen Nitritkon- die Nitratkonzentrationen in Sickerwässem zentrationen sind aber mit einem Mittelwert aufgrund pflanzlicher Fixierung niedrig sein. von 0,013 mg/l durchweg sehr niedrig.

O,50~---;----;----:---:----~-- __ ----~--~---- __ --~-- __ -- ~

0,20T----;;-;-----:------:------:------:------:-----..:------:-----:..---~__,__----:-----:.-

0,003 0,10 -t-llrll--:-----:-----:---~----+------.;.----+---~----~----:---~----+-_+0,002

':= 0,001 0,00 ",..,.e: •• : 0,000 Feb97 Mrz97 Apr 97 Mai97 Jun 97 Jul 97 Aug 97 Sep97 Okt 97 Nov97 Dez97 Jan 98 Feb98

Abb. 13: Jahreslauf der Nitrat- und Nitritkonzentrationen. Auf der Zeitachse gibt die Hauptskalierung die Mitte des Monats an, Teilstriche im Wochenabstand.

Die Sulfatkonzentrationen zeigten im denen des Nitrats. Nach BECK (1999) Jahreslauf starke Schwankungen. Nur wäh- korrelieren die Sulfatgehalte statistisch rend des Sommers waren die Gehalte auf hochsignifikant mit den Na-, Kc,Chlorid- relativ niedrigem Niveau konstant. Die und Nitratgehalten. Phosphate konnten im mittlere Konzentration betrug 8,9 mg/l (0,18 Höhlenbach im Jahreslauf nur fünfmal meq/l), die maximalen Konzentrationen 14- nachgewiesen werden. Die Konzentrationen 16 mg/l. Die jahreszeitlichen Trends ähneln waren immer x 1 mg/l. Die EisentFe.) - und

Arbeitszemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Seite 86 Jahresheft 1999

MangantMn.) Konzentrationen waren Ein saisonaler Verlauf ist nicht zu erkennen. durchweg niedrig bzw. teilweise unterhalb Eisen korreliert hochsignifikant mit den der Nachweisgrenze. Die mittlere Fee gemessenen Nitritgehalten. Die mittleren Konzentration betrug 0,15 mg/l (0,008 Gehalte freier Kieselsäure über den beprob- meq/l), die mittlere Mn-Konzentration ten Zeitraum betrugen 4,8 mg/l. Die Gehalte betrug 0,16 mg/l (0,006 meq/l). Beide schwanken stark. Eine jahreszeitliche Parameter korrelieren nicht (BECK, 1999). Entwicklung ist nicht erkennbar.

20,0r---"~-('}'-"" -Te-m-p-er~atu-r-w-as-s-er~[·-C]-_--T-em-p-era-t-ur-Luft~[O--[pC]-pm-]-----*--"'---p-a---~--~-rt-ia----Id---rur -ck-C-O-, 30000 18,0

16,0 25000

14,0~ 20000 12,0

10,0 15000

8,0 10000 6,0

4,0 5000 2,0 O,O~_~~~~~~_~_~~~~-r~_~---~_~~~_~~~~~~_~~~~_~O Feb97 Mrz97 Apr97 Mai97 Jun97 Jul97 Aug97 Sep97 Okt97 Nov97 Oez97 Jan98 Feb98 1,------~

0,5

-Q,5

-1

_SI Calcit -1,5 ____ SIOolomit

-2~_~~ __ ~~~-~ ~~~~~_~_~~_~~ ~_~~ __ ~~_~_~

Feb97 Mrz97 Apr97 Ma9i 7 Jun97 Jul97 Aug97 Sep97 Okt97 Nov97 Dez97 Jan98 Feb98 7,0,---~------~--~------~------~------__,

6,5

6,0

5,0

_Ca, [meqII] 4,5 __ Alkalirilat[meq/I]

4,0~-~~-~~~-~-~~--~~~-~---~-~~~-~~~~~~-~-~~~ Feb97 Mrz97 Apr97 Mai97 Jun97 J~97 Aug97 Sep97 Okt97 Nov97 Dez97 Ja198 Feb98

Abb. 14: Vergleich der saisonalen Entwicklung der Luft- und Wassertemperaturen am ersten Schluckloch mit den berechneten COz-Partialdrücken, den Ca-Konzentrationen, den Alkalinitäten und Sättigungsindices. Man beachte den Temperaturumschlag am Probenahmetag Mitte Oktober.

Arbeitszemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Jahresheft 1999 Seite 87

6. Diskussion lieren statistisch nach BECK (1999) auf- Saisonale Gliederung fallend gut (signifikant) mit den über dem Der hydrochemische Jahreslauf der ersten Schluckloch gemessenen Lufttempe- Falkensteiner Höhle zwischen Februar /97 raturen (beide Parameter sind unabhängig und März /98 läßt auf der Basis der voneinander). Der erste Siphon, als erste Parameter Nitrat-, Sulfat- und Sauerstoff- wichtige Querschnittsverengung im Höhlen- gehalt generell eine einfache saisonale verlauf, übernimmt für die Bewetterung des Gliederung mit niedrigeren winterlichen und Höhlensystems eine entscheidende Bar- höheren sommerlichen Konzentrationen zu, rierenfunktion. Der Halbsiphon liegt etwa die im wesentlichen mit vegetations- 400 m hinter dem Höhleneingang. Die abhängigen Verhältnissen im Bodenhorizont Höhlendecke erniedrigt sich dort so, daß nur zu erklären sind. ein etwa 0,5-1 m hoher Schluf den Durch- Auf der Basis der für Karstwässer gang bildet. Dahinter steigt nach der Reut- entscheidenden Parameter des Systems linger Halle der Höhlengang entlang der

CaC03-C02-H20 und der physiko-chemi- Wasserfallstrecke um mehr als 15 m wieder schen Parameter läßt sich der Jahreslauf an (WINTER & WITZIG, 1991). (Abb.14) in drei Abschnitte teilen: Es lassen sich abhängig von den Höhlen- • Eine uneinheitliche Frühlingsperio- lufttemperaturen TLuft relativ zur Wasser- de zwischen Februar und Mitte April /97 temperatur TWasser im vorderen Bereich der zeigt starke Schwankungen, die sich im Höhle zwei Bewetterungssituationen mo- Verlauf der Höhlenlufttemperaturen, der dellhaft unterscheiden, die in Abb. 15

CO2-Partialdrücke, der pH-Werte und der dargestellt sind: Sättigungsindices abbilden; Während der sommerlichen, hohen • Über die Sommerperiode zwischen Außentemperaturen wirkt der erste Siphon Ende April und Ende September /97 steigen als Kaltluftfalle (Fallt: TLuft > TWasser) Die Kaltluft läuft langsam aus dem Siphon aus. die CO2- Partialdrücke allmählich. Ent-

sprechend fällt der CO2-Partialdruck. Die Sie fließt über dem Boden und dem sich nur Wässer sind schwach Calcit-übersättigt. Die langsam bewegenden bis stagnierenden Höhlenlufttemperatur bleibt konstant über Höhlenbach zum Höhlenausgang. Die aus- der Wassertemperatur. laufende Kaltluft verhindert das Eindringen • In der HerbstIWinterperiode ab warmer Außenluft hinter den Siphon. Im Ende September/Mitte Oktober fällt, mit Eingangsbereich der Höhle zirkuliert Warm- einer schnellen Abkühlung der Höhlenluft- luft über einer bodennahen Kaltluftschicht. temperaturen unter die Wassertemperaturen, Im Bereich hinter dem Siphon erhöht sich so seit Ende April bzw. dem letzten Tag mit der CO2-Partialdruck stark ab. Der pH-Wert steigt an. Der Wendepunkt dieser Ent- niedrigeren Luft- als Wassertemperaturen wicklung ist die Proben ahme am 14. konstant der CO2- Partialdruck im Wasser Oktober 97. Die Calcitübersättigung steigt und in der Höhlenluft (Abb.14). Eindringen- noch bis Ende Oktober weiter stark an und de CO2-reiche Sickerwässer entgasen ent- fällt dann ab. lang der Höhlenbachstrecken mit steilerem Gefälle und turbulentem Fließverhalten Einfluß der Temperaturen (Wasserfallstrecke und Kolkstrecke ) und Wie bereits von PECHOLD (1991) bauen selbstverstärkend langsam hohe beobachtet, bestimmen die Lufttemperatur- Partialdrücke im Wasser auf. Über der schwankungen im Eingangsbereich nicht nur Probenahmestelle hemmt bodennah ab- die Bewetterung des Höhlensytems, sondern fließende, CO2-reiche Kaltluft als Sperr- auch die Hydrochemie des Höhlenbaches. schicht eine substantielle Entgasung aus Die auf der Basis der hydrochemischen dem Höhlenbach bis zum ersten Schluck- loch. Daten berechneten CO2-Partialdrücke korre-

Arbeitszemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Seite 88 Jahresheft 1999

Fa1l1: TI.ufI>Tw •••• r \ Kaltluftfal1e I------=r::::---- Vadose Zone \

I -Co,-reiche I l =r=---=---+-~-- rCkerwässer ~

]I Warmluft >9.2°C·

T••••••,=9.2°C Wasserfallstrecke

2. & 1. Schluckloch

Vadose Zone \ l

2. & 1. Schluckloch

Abb. 15: Schematisches, vereinfachtes Profil der Höhle mit den sommerlichen (Fall 1) und winterlichen (Fall 2) Bewetterungsverhältnissen. (Dunkelgrau = Kaltluft, Hellgrau = Warmluft)

Sobald die Außentemperaturen so stark in Abb. 16 dargestellten hydrochemischen abfallen, daß auch die Höhlenlufttemperatur Profile bestätigen dabei die oben entwickel- im Höhlenraum vor dem Siphon niedriger ten Bewetterungsmodelle. An den Probe- als die Wassertemperaturen sind (Fall 2: nahmetagen im März und Mai ~97waren die TLuft < TWasser) kann ein Keil aus kalter Höhlenlufttemperaturen am ersten Schluck- Außenluft in den Bereich hinter den Siphon loch höher als die Wassertemperaturen. Die eindringen. Der Siphon wirkt nun als CO2-Partialdrücke im Höhlenbach waren Warmluftfalle für die Luft des hinteren hoch und nahmen bis zum zweiten Siphon, Höhlenteils. Das Eindringen von kalter bei gleichzeitig abnehmenden Lufttempera- Außenluft in Teile des hinteren Höhlen- turen, zu. Die Situation im November war bereiches ermöglicht die schnelle CO2- fast spiegelbildlich. Die Lufttemperaturen Entgasung aus dem Höhlenbach. Warme waren im hinteren Höhlenbereich wesentlich Höhlenluft kann durch die verkarstete Über- höher (11,2°C in der Reutlinger Halle). Der deckung zur Albhochfläche hin nach oben CO2-Partialdruck im Wasser war um eine abziehen. Dimension niedriger und nahm hinter dem An drei Probenahmetagen im März, Mai 1. Siphon deutlich ab. Der Höhlenbach war und November ~97 wurde der Höhlenbach gegenüber Calcit extrem übersättigt. auch hinter dem ersten Siphon beprobt. Die

Arbeitszemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Jahresheft 1999 Seite 89

21000,------r 12.0 Probennahme am 01.März 97

11,5

20000

11,0

19000 10.5

10,0

18000

9.5

Partialdruck CO2 [ppm] -t-- Temperatur Luft [.C] 17000+------19.0 1.Schluckloch (100m) vor Stuttgarter Block (-1025m) nach Stuttgarter Block (-107Sm)

Temperatur Wasser [0C] 9.1 9 9

Leitfähigkeit wS/em] 517 581 581

pH·Wert 7,17 7,12 7,11

Ca, [meq/q 6,34 6,35 6,25

Alkalinität [meq/I] 5,59 5,62 5,33

SI Caleft 0,09 0,04 0

14000.,------,------..,.------,7.6

7.5 12000 Probennahme am 19. Mai 97 7.4 TWasser< T L.uft 10000 "Kaltluftfaf/e"

7.3

8000 7.2

Partialdruck C021ppm] 6000 +------~------_------_------! 7.1 1.SChluckloch(100m) Zufl.St.Block(-1050m) Königshalle (-1400m) 2.Siphon ("2200rn)

Temperatur Was$er rCl 9,3 9,3 9,3 9,3 i Temperatur Luft rCJ 13,1

Leitfähigkeit (J,IS/em] 526 819 566 580

Ca, [meqtl] 5,86 6,7 5,7 5,97

A1kal;n;lät [meq/I] 5,36 5,64 5,32 5,17

SI CalcH 0,43 0,36 0,25 0,15 2100.------,------,------, 12.0

2000 11,0 1900 10,0 Probennahme am 02. November 97 1800 TWaner > T Luft "Warmluftfaf/e" 9,0 1700

8,0 1600

1500 7,0

Partialdruck. CO2 [ppml 1400 +------~------_-,------I-6.0 I.SChluckloch (100m) Reutlinger Halle (SOOm) Zuflluß Stutlgarter Block (-1050m)

Temperatur Wasser rC] 9,2 9,3 9,3

Le;mh;gkeH IJlSiem] 550 587 600

pH-Wert 8,06 8,2 8,2

Ca,[meq/q 5,34 5,21 5,1

AlkaUn;lät [meq/l] 4,99 5,34 5,15

SI Caleft 0,85 1,01 0,91

Abb. 16: Hydrochemische Profile in der Falkensteiner Höhle. COrPartialdruck und pH- Werte oder Lufttemperaturen sind gegen die Probenahmepunkte in der Höhle aufgetragen. Den Probenahmepunkten sind die Entfernungen vom Höhleneingang beigefügt. Alle Punkte hinter dem 1. Schluckloch liegen auch hinter dem 1. Siphon (bei 400 m).

Arbeitszemeinschaft Höhle und Karst Grabenstetten e.V. Seite 90 Jahresheft 1999

Der Bewetterungsumschlag in der Höhle Kalkgehalte und Leitfähigkeiten bei Ein- trat im hier untersuchten Jahreslauf /97 mit setzen eines Hochwasserereignisses, die der Probenahme am 14. Oktober 97 ein durch die Verdrängung des gesättigten (Abb. 14). Die Lufttemperatur an der Pro- Karstwassers im Aquifer durch eindringende bennahmestelle fiel unter die Wasser- niedrig-konzentrierte Sickerwässer ent- temperatur. Kalte CO2-untersättigte Außen- stehen, konnten aufgrund der nicht aus- luft floß in die Höhle und ermöglichte die reichenden zeitlichen Auflösung der

CO2-Entgasung aus dem Höhlenbach. Hochwasserereignisse nicht nachvollzogen Wenig später, Anfang November, ist das werden. Wasser bereits stark Calcit-übersättigt Auch auf die mehrheitlich schwache (SIcalcit> 0,8). Die extreme Supersaturation Calcit-Übersättigung im Höhlenbach haben geht mit einem Abfall in den Ca- Konzen- die Hochwässer in der Falkensteiner Höhle trationen einher (Calcium-i.Loch"; Abb. 14). keinen Einfluß. Die Maxima der Calcit- Der Abfall wird von sehr niedrigen Leit- übersättigungen wurden jeweils während fähigkeiten begleitet (unabhängiger Para- Niedrigwasserphasen beobachtet. Die niedri- meter!). Möglicherweise ist in diesem gen Ca-Gehalte und entsprechenden Leit- Zeitraum Calcit entlang der Fließ strecke des fähigkeitsminima nach extremer Über- Höhlenbachs ausgefallen. Mit dem Wieder- sättigung Ende Oktober/November ereigne- anstieg der Ca-Konzentration ist die Fällung ten sich noch vor den Schüttungsmaxima abgeschlossen und die normale Über- Ende Dezember. Die Niederschläge und sättigung des Höhlenbaches wird wieder Sickerwässer sind in ihrem Volumen, ver- erreicht. glichen zum gespeicherten Volumen im Für die uneinheitlichen Verhältnisse in Karstkörper, so klein, daß sie durch der Frühlingsperioden können die extremen, Mischung angeglichen werden. In Trocken- für die Jahreszeit außergewöhnlichen Tem- perioden genügt möglicherweise bereits die peraturschwankungen verantwortlich ge- Verweildauer im Epikarst, um die Sicker- macht werden, die die Bewetterungslage der wässer gegenüber Calcit in die Über- Höhle ständig wechseln ließ. sättigung zu führen (vgl. CLEMENS et al., 1997b). Einfluß der Niederschläge und Abflüsse Nur im Jahreslauf der Nitrat- und Wie bereits von BEHRIGER (1987) für Sulfatkonzentrationen kann während der die mittlere Schwäbische Alb und von Niederschlags- und Abflußmaxima ein PECHOLD (1991) für die Falkensteiner Zurückgehen der in der Sommerperiode Höhle beobachtet, konnte eine Korrelation langsam ansteigenden Konzentrationen be- zwischen den regionalen Niederschlägen, obachtet werden. Im Bodenhorizont wird den Abflüssen und den Parametern im oben angereichertes Nitrat bzw. Sulfat bei starken beschriebenen System während des Jahres- Niederschlägen mobilisiert und mit dem laufes nicht nachgewiesen werden (BECK, Sickerwasser "ausgespült". 1999). . Die gemessenen Wassertemperaturen und Einfluß der Bodenluft Leitfähigkeiten zeigen im Jahreslauf auch Aus dem Jahreslauf des CO2-Partial- bei starken Abflüssen keine Beeinflussung druckes im Höhlenbach können keine durch ein erhöhtes Wasserdargebot. Die Rückschlüsse auf eine Saisonalität des CO2- enge Schwankungsbreite der Wassertempe- Dargebots in der Bodenluft gemacht werden. raturen, um die von PECHOLD (1991) mit In den stark schwankenden CO2-Gehalten 9,2°C angegebene mittlere Gesteinstempera- des Höhlenbaches bilden sich keine durch tur, weist auf eine ausreichend lange Ver- die winterliche "Vegetationspause" entstan- weildauer des Karstwassers zur thermisch denen Minima ab. Als ein, wie oben Equilibrierung im Aquifer hin. Die von beschrieben, über die Fließ strecke offenes W~LIAMS (1983) beschriebenen erhöhten System variiert der Partialdruck abhängig

ArbeitszemeinschaftHöhle und Karst Grabenstettene.V. Jahresheft 1999 Seite 91 von der Bewetterung im Jahreslauf so stark, Die gemessene Nitratbelastung des daß entsprechende Effekte überdeckt werden Höhlenbaches der Falkensteiner Höhle bzw. oder erst garnicht wirken. Das CO2- der Elsach liegen unter dem Grenzwert der Dargebot im Boden ist also nicht entschei- Trinkwasserverordnung der BRD (50 mg/l). dend für die Hydrochemie des Höhlen- Im Sinne der Güteklassifizierung für Nitrat baches. Als weitere nicht zu vernach- der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser lässigende und nicht-saisonale, konstante (LA WA) stellt sich der Höhlenbach aber als CO2-Quelle nimmt ATKINSON (1977b) sehr stark belastet (90%-Perzentil > 10 mg/l durch Sickerwasser eingebrachtes organi- Nitrat; LEHMANN, 1997) dar. sches Material in der ungesättigten, vadosen Zone an. Danksagung Dieser Befund steht im deutlichen Wider- Für die freundliche und umfassende spruch zum ausgesprochen saisonalen Ver- Unterstützung danken wir der Arge Höhle & lauf der PC02- Kurven von Sickerwässern, Karst Grabenstetten. Gedankt wird weiter- Karstgrundwasserblänke und Karstquellen hin dem Landesamt für Umweltschutz des Gipskarstgebietes Hainholz/Südharz Baden- Württemberg für die freundliche (KEMPE, 1992). Dort wurden höchste Bereitstellung der Niederschlagsdaten der Werte im August und niedrigste Werte im Meßstationen Bad Urach und Münsingen Februar-April gemessen. Der Unterschied und der Abflußdaten der Erms am Pegel Bad zwischen beiden Karstgebieten liegt in der Urach, sowie dem Deutschen Wetterdienst Hydrologie begründet. Die Falkensteiner Offenbach für Niederschlagsdaten der Höhle ist ein offen-vadoses System. Das Meßstation Neuffen. Besonderer Dank gilt Hainholz besitzt einen phreatischen Grund- R. Branolte (Labor am GPI Darmstadt), wasserkörper . Dipl.-geol. M. Kaselow und B. Hassenbach.

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