Stellungnahme zur Erweiterung des Aldi-Marktes in der Gemeinde

Auftraggeber: Aldi GmbH & Co. KG, Rastatt

Projektleitung: Dipl.‐Geogr. Gerhard Beck

Ludwigsburg, am 17.07.2020

Gesellschaft für Markt‐ und Absatzforschung mbH

Stellungnahme zur Erweiterung des Aldi-Marktes in Friolzheim

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Stellungnahme zur Erweiterung des Aldi-Marktes in Friolzheim

1. Ausgangslage

Im Dezember 2019 wurde in Friolzheim ein Aldi‐Lebensmittelmarkt mit 800 m² Verkaufsfläche eröffnet. Ursprünglich waren ca. 1.000 m² Verkaufsfläche vorgesehen. Da bei dieser Größenord‐ nung jedoch nicht sichergestellt werden konnte, dass das Kongruenzgebot eingehalten wird, wurde vereinbart, nach Ablauf einer gewissen Frist und den Erfahrungen aus dem laufenden Be‐ trieb eine mögliche Erweiterung nochmals zu überprüfen.

Die Grundlage für die Bewertung war das Gutachten der GMA vom 27.09.2019. Darin wurde von einer Gesamtumsatzleistung in Höhe von 7,3 Mio. € ausgegangen. Angesichts des begrenzten Einzugsgebietes wurde diese Umsatzleistung als Maximalwert angesetzt (Worst‐Case Prognose).

Dieser Prognose kann nun die tatsächliche Umsatzleistung der ersten 6 Monate gegenüberge‐ stellt werden. Im Durchschnitt erzielte der Aldi‐Markt in Friolzheim einen Monatsumsatz von 0,45 Mio. €. Dies entspricht hochgerechnet einem Jahresumsatz von 5,4 Mio. €. Die ersten 6 Monate waren durch eine Reihe von besonderen Faktoren gekennzeichnet:

 Weihnachtseinkäufe im Dezember 2019

 Ostereinkäufe im März 2020

 Corona‐bedingte Umsatzzuwächse April 2020. Es ist daher davon auszugehen, dass der Jahresumsatz durch die kommenden traditionell eher schwachen Sommerumsätze die Größenordnung von 5,4 Mio. € nicht übersteigen wird.

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2. Aktuelle Bewertung Kongruenzgebot

Der tatsächliche Umsatz des Aldi‐Standortes in Friolzheim bleibt deutlich hinter der Worst‐Case‐ Prognose aus dem Gutachten aus 2019 zurück. Dies ist vor allem auf die geringe Umlandbedeu‐ tung des Standortes zurückzuführen. Außer Wimsheim besitzen alle Nachbarorte über z. T. sehr leistungsfähige Discountmärkte:

mit einem Fachmarktzentrum, in dem der Discounter Lidl von Edeka und dm ergänzt wird. Dieser Standort bildet den größten und umsatzstärksten Nahversor‐ gungsstandort im Heckengäu.

 Mönsheim mit einem Lidl‐Discounter, der durch die Ansiedlung eines Drogeriemarktes auf dem Nachbargrundstück weiter gestärkt wird.

mit einem traditionell sehr starken Doppelstandort mit Aldi und Rewe.

mit einem Netto‐Markt (wird modernisiert).

Als Kerneinzugsgebiet bleibt somit lediglich Wimsheim. Aber auch von Wimsheim ist keine ein‐ deutige Orientierung nach Friolzheim vorhanden, da der Doppelstandort von Rewe und Aldi in Wurmberg von Wimsheim aus mindestens genauso schnell zur erreichen ist wie der neue Aldi‐ Standort in Friolzheim (jeweils ca. 3 km). Der Standort in Wurmberg ist dabei nach wie vor deut‐ lich attraktiver, da Aldi in Wurmberg bereits 1.000 m² VK besitzt und sich der Standort in Wurm‐ berg im Verbund mit einem Vollsortimenter (Rewe) befindet.

Der Aldi‐Standort in Friolzheim konnte dadurch bislang kaum überörtliche Bedeutung entfalten. Die Versorgungsfunktion konzerniert sich weitestgehend auf Friolzheim selbst. Durch den Weg‐ fall des Treff‐Marktes konnte der Aldi‐Markt eine Nahversorgungslücke schließen. Da ein guter Teil des Treff‐Umsatzes zum neuen Standort von Aldi übergegangen sein dürfte, ist davon auszu‐ gehen, dass Aldi seine Umsatzziele in Friolzheim erreicht haben dürfte, allerdings geringe Zuflüsse aus dem Umland verbuchen kann.

Auf der Basis der verifizierten Umsätze (Jahresumsatz 5,4 Mio. €) lässt sich die Prognose für die Erweiterung auf ca. 1.000 m² präzisieren.

Geht man von dem aktuellen Jahresumsatz von 5,4 Mio. € aus, ergibt sich bei einer linearen Ext‐ rapolation (gleichbleibende Flächenproduktivität von 6.750 € pro m²) ein Umsatz von ca. 6,75 Mio. € für 1.000 m² VK. Geht man weiter davon aus (Worst‐Case‐Ansatz), dass der Umsatz aus Friolzheim selbst nur unterproportional gesteigert werden kann, ergibt sich bei 1.000 m² ein Umsatzzufluss aus dem Umland von 30 %. Wie schon in der Analyse von 2019 wird auch hier wiederum von einem Worst‐Case‐Ansatz ausgegangen:

 Es wird davon ausgegangen, dass die Flächenproduktivität (6.750 € pro m²) stabil bleibt. Tatsächlich ist bei der Erhöhung der Verkaufsfläche jedoch nicht automatisch

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von einer gleichbleibenden Flächenproduktivität auszugehen. Vielmehr sinkt norma‐ lerweise die Flächenproduktivität, da zusätzliche Verkaufsfläche überproportional dazu verwendet wird, Gangflächen zu verbreitern, Regale niedriger zu bauen etc. In jedem Fall ist nicht davon auszugehen, dass das Filialunternehmen Aldi durch die Ver‐ größerung auf 1.000 m² zusätzliche Sortimente in Friolzheim anbieten wird.

 Der Umsatzanteil aus Friolzheim wird in der Hochrechnung nur unterproportional stei‐ gen, d. h. es wird davon ausgegangen, dass die Erweiterung hauptsächlich zu mehr Zuflüssen aus dem Umland führt.

Da die Modellrechnung unter der Prämisse dieses doppelten Worst‐Case‐Ansatzes ermittelt wurde, ist davon auszugehen, dass auch bei einer Vergrößerung auf 1.000 m² VK das Kongruenz‐ gebot eingehalten wird. Abbildung: Rechnerischer Verlauf der Umsatzentwicklung in Abhängigkeit von der Ver‐ kaufsflächengröße

GMA‐Darstellung 2020

3. Aktuelle Bewertung Beeinträchtigungsverbot

Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Umsatzleistung kann auch die Bewertung zum Beein‐ trächtigungsverbot präzisiert werden. Bisher wurde i. S. eines worst‐case‐Ansatzes von einer Um‐ satzerwartung i. H. von 7,3 Mio. € ausgegangen. Nach den nun vorliegenden empirischen Daten wird der tatsächliche Jahresumsatz 5,4 Mio. € jedoch nicht überschreiten. Entsprechend kann auch die Prognose der zu erwartenden Umverteilungswirkungen bzw. die daraus resultierenden Auswirkungen angepasst werden.

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Tabelle 1: Umsatzumverteilungseffekte

bisherige Prognose aktualisierte Prognose 2019 2020 in % Wimsheim 8 6 Tiefenbronn 6 – 7 5 Heimsheim 4 – 5 3 – 4 Mönsheim 7 – 8 5 – 6 6 – 7 5 3 2 – 3 Wurmberg 11 – 12 8 – 9 GMA‐Berechnung 2020

Die aktualisierte Umsatzprognose geht von rd. einem Viertel weniger Umsatz für den Aldi‐Markt aus. Entsprechend reduzieren sich auch die Umverteilungsquoten bei den betroffenen Umland‐ gemeinden:

 In Wimsheim beträgt der mögliche Umsatzrückgang beim Edeka‐Markt rd. 6 %. Damit sind zwar spürbare Auswirkungen vorhanden, der für Wimsheim wichtige, weil einzige Nahversorgungsstandort ist dadurch jedoch nicht gefährdet. Vielmehr scheint sich die bereits im früheren Gutachten thematisierte interkommunale Arbeitsteilung (Vollsor‐ timenter in Wimsheim, Discounter in Friolzheim) zu bestätigen.

 In Tiefenbronn bewegen sich mögliche Umsatzrückgänge bei 5 %. Auch hier sind keine wesentlichen Auswirkungen zu erwarten. Im Gegenteil soll in Tiefenbronn nun eben‐ falls die Modernisierung des bestehenden Netto‐Marktes eingeleitet werden.

 In Heimsheim bewegen sich mögliche Umsatzrückgänge in der Größenordnung von 3 – 4 %. Angesichts der äußerst leistungsfähigen Standortagglomeration in Heimsheim (Edeka, Lidl, dm‐Drogeriemarkt) sind bei diesen Größenordnungen negative Auswir‐ kungen auf die verbrauchernahe Versorgung in Heimsheim auszuschließen.

 In Mönsheim bewegen sich gemäß aktualisierter Prognose die Auswirkungen bei 5 – 6 %. Auch hier sind keine negativen Auswirkungen auf die verbrauchernahe Versor‐ gung zu erwarten, auch vor dem Hintergrund, dass die wichtigste Nahversorgungslage durch die Ansiedlung eines Drogeriemarktes stabilisiert wird.

 In Neuhausen bewegen sich mögliche Auswirkungen bei 5 %. Angesichts der erhebli‐ chen Distanz und schlechten Verkehrsanbindung in Richtung Friolzheim sind die Über‐ schneidungen hier bereits relativ gering, so dass auch hier keine negativen Auswirkun‐ gen zu erwarten sind. Durch einen modernen Discountstandort (Lidl) ist in Neuhausen die Nahversorgung ebenfalls langfristig gesichert.

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 In Wiernsheim bewegen sich die Auswirkungen auf einer Größenordnung von 2 – 3 %. Daraus wird deutlich, dass das Projekt in Friolzheim weder Auswirkungen auf die be‐ stehende Nahversorgung noch auf die eigenen Planungen in Wiernsheim zum Ausbau der Nahversorgung haben.

 Die nach wie vor höchsten prozentualen Auswirkungen sind in Wurmberg zu erwarten. Dies ist in erster Linie auf die „Kannibalisierungseffekte“ zurückzuführen, die Aldi ge‐ genüber dem eigenen Standort in Wurmberg verursacht. Wurmberg hat am Kombi‐ standort Rewe / Aldi bisher eine starke überörtliche Funktion, die durch die Neuan‐ siedlung von Aldi in Friolzheim etwas geschmälert wird. Eine Gefährdung der sehr leis‐ tungsfähigen Standortlage in Wurmberg ist jedoch auszuschließen.

Vor dem Hintergrund der Erfahrungswerte nach Eröffnung des Aldi‐Marktes in Friolzheim hat sich gezeigt, dass in den umliegenden Gemeinden keine negativen Auswirkungen aufgetreten sind. Vielmehr hat der neue Aldi‐Standort in Friolzheim im Wesentlichen den Wegfall des Treff 3000‐ Marktes in Friolzheim kompensiert. Überörtliche Auswirkungen konnten dadurch minimiert wer‐ den.

Vor dem Hintergrund der tatsächlichen Umsatzleistung des Aldi‐Marktes konnten auch die Prog‐ nosen für die Erweiterung auf 1.000 m² Verkaufsfläche präzisiert werden. Auch die nun anste‐ hende Erweiterung um 200 m² Verkaufsfläche wird demnach nicht zu negativen versorgungs‐ strukturellen Auswirkungen in den Nachbargemeinden führen.

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