2O14 ISSN 1433-2620 > B 43362 >> 18. Jahrgang >>> www.digitalproduction.com Deutschland € 14,95 Published by Österreich € 17,– 5 Schweiz sfr 23,–

O5|14 MAGAZIN FÜR DIGITALE MEDIENPRODUKTION AUGUST 05|14 Schwerpunkt: Crossmediale Projekte | Destruction und Regen in | 2D-Animation in | Best of FMX | X-Men | The Mil l | Cineware

The Mill Destruction & Regen LED-Einstieg Menagerien und Multiexporter Im Houdini-Workshop zum Die Erleuchtung oder vom UK-Vorzeigestudio Wettergott werden nur ein Glühwürmchen?

DDP1405_001-001_U1_Titel.inddP1405_001-001_U1_Titel.indd 1 117.06.20147.06.2014 113:22:453:22:45 FOKUS FILM & VFX 3D & ANIMATION INTERACTIVE DIGITAL ARTSCIENCE & EDUCATION SERVICE

One to rule them all!

Statt nur einzelne Features zu vergleichen, geht die R&D-Abteilung von The Mill gleich in die große Schleife und startet ein Open-Source/Creative-Commons-Projekt, das die Produktion Renderer-unabhängig machen könnte. Wir fragten nach dem Stand der Dinge. von Bela Beier

as Gloria 2 war beim Thema „Lighting Jan Walter: füllt eindeutig die Lücke, Auge des Betrachters zu lenken. Physikalisch und Rendering“ der Hotspot der TDs die Mental Ray hinterlassen hat und die es „korrekt“ kann da unter Umständen stören. Dund Renderwrangler – unter anderem auch Renderman-Umsteigern relativ leicht Für reine Lichtsimulation sehe ich beim Vortrag von Jan Walter, Principal R&D macht. Momentan stellt Arnold einen guten immer noch als den Standard, für Research Engineer von The Mill fielen einige Kinnla- Kompromiss zwischen (schnellem) reinem ist Mitsuba besonders interessant. Bei den den herunter. Das Forum zur Idee findet sich Raytracing und Global Illumination dar. Open-Source-Renderern will ich Luxrender unter www.janwalter.org/renderforum. V-Ray profi tiert in einer ähnlichen Weise, und Cycles nicht unerwähnt lassen. wobei mit V-Ray RT auch GPUs unterstützt DP: Herr Walter, momentan tummeln werden, was bei Arnold (noch) nicht der Fall DP: Sie kümmern sich bei The Mill um sich sowohl „altgediente“ Renderer auf ist. Nvidia selbst besitzt durch das Erbe von das Zusammenspiel von Maya und Ar- dem Markt als auch Neulinge. Was ist Iray das Potenzial, sich im reinen GPU-Rende- nold. Wie sehen Sie die Chancen, dass Ihrer Meinung nach der wichtigste ring als Standard durchzusetzen, verlässt sich irgendwann Renderer ohne großen Auf- Aspekt, wenn man sich nach einem neu- aber auf andere, was die Integration in gän- wand mit den verschiedenen Paketen zu- en Renderer umschaut? gige 3D-Applikationen angeht. Maxwell verrät sammenarbeiten, vergleichbar mit einer Jan Walter: Als Individuum ist man wesentlich wenig über die darunterlliegende Raytracing- OpenFX-Schnittstelle? fl exibler, sich neue Renderer anzuschauen. Technologie, liegt aber meiner Meinung nach Jan Walter: Das wäre schön, ist aber un- Als Firma hat man unter Umständen schon „physikalisch“ noch am ehesten an der Rea- wahrscheinlich. Autodesk hat mehr oder viel Zeit und Geld in „altgediente“ Renderer lität. Renderman, von vielen für tot erklärt, weniger eine Monopolstellung und müsste investiert. In diesem Fall ist es wichtig, dass wird sich in naher Zukunft den Algorithmen diese nutzen, um eine offene Schnittstelle der „neue“ Renderer sich möglichst einfach für Global Illumination weiter öffnen und mei- zu defi nieren, die es den Renderer-Entwick- (und damit billig) in die vorhandene Infra- ner Ansicht nach auch weiterhin eine wichtige lern erlauben würde, ihre Renderer einfacher struktur einpasst. Außerdem fangen viele Rolle im Film spielen. Man darf nicht verges- (und simultan in mehrere Produkte) zu inte- Renderer als Ein-Mann-Projekte an. Einer sen, dass es beim Filmemachen nicht nur grieren. SideFX, die Entwickler von Houdini, Firma würde ich aber dringend abraten, sich um Fotorealismus geht, sondern darum, das würde ich technisch eher in der Lage sehen, von so einer Ein-Mann-Firma abhängig zu dies für Film- und Game-Pipelines umzuset- machen. Was passiert, wenn dieser Ent- zen. SideFX hat aber wenig Manpower für wickler aus irgendeinem Grund nicht mehr ein solches Projekt und stellt selbst einen verfügbar ist? Selbst wenn es sich um eine Renderer (Mantra) zur Verfügung. Firmen, kleinere Firma handelt, was passiert, wenn die selbst einen Renderer schreiben, müs- diese zum Beispiel von Autodesk aufgekauft sen viel Zeit und Geld in die Entwicklung von wird? Dies sind Fragen, die offen und ehrlich Plug-ins stecken. Sie haben wenig Interesse diskutiert und geklärt werden müssen. daran, es der Konkurrenz zu erleichtern, die von ihnen erbrachte Leistung kostenlos zu DP: Wenn Sie GI-Renderer vergleichen – nutzen. Deshalb gibt es ja das auf der FMX welcher hat momentan als „Generalist“ die vorgestellte Multi-Exporter-Projekt – ex- Nase vorn, welche sind die Spezialisten? Jan Walter bei der Fragerunde auf der FMX 2O14 emplarisch als Prototyp für ein nicht kom-

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merzielles Produkt (Blender), aber mit dem Hintergedanken, dies auch für kommerzielle Produkte nutzen zu können.

DP: Für Radiance verwenden Sie Blender als „Zwischenstufe“ beziehungsweise Host. Was sind die Vorteile und inwieweit ist diese Schnittstelle bereits alltags- und produktionstauglich? Jan Walter: Ich verwende Blender nicht nur Das Ziel: Viele verschiedene Renderer für Radiance, sondern für fast alle meine werden aus einer Quelle bedient. Renderer-Vergleiche. Radiance-Szenen sind aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen bekannt und dienen als „Trigger“, um das Sammeln von Szenen und Texturen einzu- läuten, die unter der Creative-Commons- Lizenz (CC, http://de.creativecommons. org/was-ist-cc) für jedermann zur Verfü- gung gestellt werden sollen. Ich habe bereits mehrere (Bitbucket und GitHub) Reposito- ries öffentlich zugänglich gemacht und ein Forum (www.janwalter.org/renderforum) zur Verfügung gestellt. Dort lassen sich Er- fahrungen austauschen und Szenen können veröffentlicht und besprochen werden. Der Stand der Dinge: Radiance nach Die Software ist keinesfalls alltags- oder Blender, und von hier aus weiter. produktionstauglich, wird aber bereits vom Arnold-Team bei Sony Picture Imageworks (SPI) und von mir selbst genutzt. Der Vorteil liegt einfach darin, dass ich den Source Code veröffentlichen darf und Python einfacher zu lernen und zu verstehen ist als zum Beispiel C/C++ Code. Pixar hat bereits Interesse be- Die Arnold AOV Noise Reduction, sie he https://support.solidangle.com/ kundet, seine eigenen Render-Experimente display/mayatut/Removing+Noise+Workfl ow in die gleiche Infrastruktur einzufügen, und ich freue mich schon auf eine diesbezügliche Zusammenarbeit. Der momentane Status ist schon ziemlich weit fortgeschritten. Es braucht aber mehr Manpower, also Leute, die sich beteiligen und das Projekt in ver- schiedene Richtungen vorantreiben wollen. Ich werde demnächst in Berlin anfangen, Treffen zu organisieren, und den Leuten per- sönlich zur Verfügung stehen, um Fragen zu beantworten und bei der Installation et ce-

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Links: Blenders Compositing-System. Rechts: Workfl ow mit freier (Blender) und kommerzieller Software (Maya und Arnold).

Freier Source Code: Der praktisch selbsterklärende Code steht jedem offen.

tera zu helfen. Ich würde dies gerne auch in Pläne angedeutet. Es wird vor allem auf die Einheit) modelliert wurde. Dies muss ein- anderen Städten oder Ländern tun, aber das Beteiligung von außen ankommen, was wann deutig geklärt werden und hat Auswir- Ganze ist ohnehin schon sehr zeitaufwendig. und wie schnell umgesetzt werden kann. kungen auf die Beleuchtung. Nicht alle Deshalb der Ruf nach Unterstützung aus der Renderer unterstützen IES-Profi le, wenige Open-Source-Community und generell von DP: Wäre es auch möglich, verschiedene unterstützen Measured BSDFs. Ein Standard interessierten Leuten. Features unterschiedlicher Renderer in wäre hier sehr hilfreich. Generell wären eine einem Ablauf anzusprechen? kleine Anzahl von Standard-BSDFs und ein DP: Welche weiteren Bestandteile der Jan Walter: Theoretisch schon, aber wie be- Layering-System, wie es etwa von Nvidia mit Szene lassen sich bis jetzt beim Multi- reits gesagt hängt die Zukunft des Projekts ihrer MDL (Material Defi nition Language) an- Exporter ansprechen und was wird in stark von der Beteiligung von außen ab. gestrebt wird, durchaus nützlich, allerdings Zukunft noch möglich sein? Ich selbst werde weiterhin nur die Features nur, wenn sich auch alle (oder die meisten) Jan Walter: Bis jetzt habe ich mich auf den implementieren, die ich selbst für meine Renderer daran halten würden. Export von Szenen für das Rendern von Research-&-Development-Tätigkeit bei The Einzelbildern beschränkt. In Zukunft wird Mill benötige. DP: Welchen Einfl uss haben die verschie- defi nitiv noch Support für Animationen da- denen Branchen (Film/VFX, Visualisie- zukommen. Blender erlaubt zwar das Spei- DP: Was ist die große Herausforderung, rung, Architektur) auf die Verbreitung chern von User-Attributen, ich benutze aber wenn es darum geht, aus einer Szene in von Renderern? mit Absicht nur die intern vorhandenen verschiedene Renderer zu gehen? Jan Walter: Bei der Produktvisualisierung Speichermöglichkeiten für Materialen. Des- Jan Walter: Die Geometrie und eine ein- und Einzelbildern in der Architektur haben halb ist die Auswahl für Materialen momen- fache Pinhole-Kamera sind nahezu trivial. sich bereits Renderer durchgesetzt, wie etwa tan ziemlich eingeschränkt (glass/dielectric, Allerdings setzen viele GI-Renderer voraus, Maxwell, V-Ray, Indigo, Luxrender – um nur metal, plastic, light emitters etc.). Support dass die Szene zum Beispiel in Metern (als einige zu nennen –, die beinahe nur einen für Skin (Subsurface Scattering) und Hair Render-Button benötigen, also keine oder ist defi nitiv geplant. Sun&Sky-Simulationen nur sehr wenige Einstellungen haben. Deren werden bereits unterstützt, könnten aber Renderzeiten können allerdings durchaus noch vereinfacht respektive verbessert wer- mehrere Tage betragen, wenn nicht mas- den. Auch hier wäre es schön, wenn ich je- siv mit GPUs oder Cloud-Rendering nach- manden fi nden würde, den ich mit Beispielen geholfen wird. Bei Film/VFX ist der Noise, versorgen könnte und der Wiki-Einträge zum der bei GI-Algorithmen auftreten kann, vor Status quo oder Tutorials erstellen würde. Mir allem bei bewegter Kamera immer noch so fehlt dafür die Zeit. Ansonsten habe ich die groß respektive unvorhersehbar, dass man Zukunft mit Absicht vage gehalten und nur mit Tricks arbeiten muss, um realistische

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Einstellungs-Chaos: Auch wenn die meisten Renderer neben ähnlicher oder sogar gleicher Benennung dieselben Einstellungen haben, bleibt es unübersichtlich.

Renderzeiten zu erreichen. V-Ray bietet einer intuitiven, Artist-freundlichen Art und DP: Was sind die zukünftigen Pläne für einige Techniken an, um den Noise zu redu- Weise erlaubt. Ich fi nde den Ansatz, den der das Projekt? zieren und Berechnungen über Caches wie- Indigo Renderer verfolgt, sehr interessant. Es Jan Walter: Das hängt stark von der Beteili- derzuverwenden. Arnold erlaubt über AOVs gibt immer noch die Möglichkeit, Teile einer gung anderer ab, wie gesagt. Ich persönlich (Arbitrary Output Variables – bekannt von Materialdefi nition prozedural (also über ei- werde es für meine eigenen Zwecke weiter- Renderman-Shadern) Licht-Samples und nen Algorithmus statt eine Pixel-Textur) zu hin einsetzen und ausbauen. Mit Sony und Optionen zu optimieren, was jedoch zusätz- defi nieren. Aber die Materialien sind alle für Pixar werde ich die Zusammenarbeit wei- lich Zeit kosten kann, die Szeneneinstel- Menschen lesbar in einer XML-Datei gespei- terhin pfl egen und eventuell erweitern. Für lungen für einen „Shot“ zu optimieren. chert und alle Materialen werden über eine The Mill werde ich weiterhin hauptsächlich Auch bei zukünftigen Renderman-Re- Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht. Zeit und Energie in Arnold stecken, aber leases erwarte ich zumindest die Möglichkeit, die Entwicklung bei den anderen Rende- weiterhin mit „Tricks“ zu arbeiten, um vom DP: Welche Renderer fehlen noch im rern dennoch genau verfolgen und wei- Fotorealismus abzuweichen und einen Look Multi-Exporter? Und warum? terhin Tests (auch mit Produktionsszenen) zu ermöglichen, der eher das Auge lenkt, Jan Walter: Am offensichtlichsten fehlt machen, um Rendering-Zeiten und Abläufe als zu versuchen, die Physik perfekt zu wohl der Support für V-Ray. Das ist nicht mit zu vergleichen. simulieren. Absicht geschehen, sondern eher aus Zeit- mangel. Außerdem gab es bereits ein Plug- DP: Wo bekommt man den Multi-Exporter? DP: Mit Blender steht ja bereits eine in für Blender, von einem Russen namens Jan Walter: Der bisherige Stand und seine OSL-Schnittstelle bereit. Was wird sich in Andrey M. Izrantsev, der nun für die Chaos Versionen stehen hier zur Verfügung: https:// Zukunft bei den Shading Languages tun? Group arbeitet. Für meine Tests habe ich in bitbucket.org/wahn/blender-add-ons. Jan Walter: Schwer vorauszusagen, aber der Vergangenheit sein Plug-in benutzt, al- Hier gibt es auch andere Blender-Add-ons, ich erwarte, dass OSL und MDL zumin- lerdings müsste ich zunächst meine private die direkt nur einen Renderer ansprechen. dest eine Rolle spielen werden. Für viele V-Ray-Lizenz auf Version 3.0 upgraden, bevor Repositories für Szenen in verschiedenen Renderer wird aber weiterhin C beziehungs- ich den Multi-Exporter dafür erweitern kann. Formaten fi nden sich unter https://bitbu- weise C++ die einzige Möglichkeit bleiben, Steht alles auf meiner To-do-Liste. Persönlich cket.org/wahn/radiance_vs_younameit. Plug-ins beziehungsweise Add-ons für die- würde ich auch gerne Mitsuba direkt unter- Hier sind zwar manche älter, aber mit an- sen einen Renderer zu schreiben. Ich hoffe stützen. Es gibt einfach zu viele Renderer. deren Renderern, wie zum Beispiel Octane aber, dass sich ein Standard für Measured Vielleicht ist es einfacher, die zu nennen, die Render, V-Ray erstellt. Auf Github unter BSDF etabliert, den möglichst viele Renderer momentan vom Multi-Exporter unterstützt https://github.com/wahn/export_multi (zumindest optional) unterstützen, und dass werden: Arnold, Indigo, Luxrender, Mental gibt es neue, ausschließlich mit dem Multi- sich ein Layering-System etabliert, welches Ray/Iray, Maxwell, Renderman compliant. Exporter generierte Szenen. das Mixen von verschiedenen Materialen in Und natürlich von Blender direkt: Cycles. › ei

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