80 SPECIAL > Re: Soul Sonic / The Rub Re: Soul Sonic / The Rub < SPECIAL 81 JUICE 07/2008 07/2008 JUICE

RUBBERBAND MEN Vor sechs Jahren Lasst uns mit der obligatorischen Frage beginnen: Produkte im Angebot zu haben, auf die die Menschen Cosmo Baker: Die Menschen haben darauf gewar- kreuzten sich die Wege von DJ Ayres, DJ Eleven Wie kamt ihr zur Musik? reagieren können. “Wir tun, was wir tun, weil wir nicht tet, sich für einen Clubabend nicht stundenlang auf- und Cosmo Baker. Aus Mississippi, Kalifornien Cosmo Baker: Ich bin in einem Haushalt aufgewach- anders können.” Cosmo bezeichnet The Rub als Ge- takeln zu müssen, um dann zusätzlich ein Vermögen und Pennsylvania hatte jeder für sich den Weg sen, in dem ständig Musik lief. Meine Eltern hörten triebene, die Musik und Remixe machen müssen. für Eintritt und Drinks auszugeben. nach New York gefunden. Heute betreiben sie alles, von Rock über Jazz und Pop hin zu Folk. Zu- Wenn man so viel mischt wie Ayres, Cosmo und Eleven: Als wir mit der Reihe begannen, war die als The Rub gemeinsam einen Podcast, nehmen dem hat meine Mutter von früh auf Wert darauf gelegt, Eleven, so viele Spuren auseinander dröselt, um Clubszene in Manhattan nur noch geldgesteuert. -CDs auf, veranstalten einmal im Monat dass ich Musikunterricht nehme: Geige, Klavier und sie dann neu zusammenzusetzen und das Ergeb- An vielen Orten musste man 300 bis 400 Dollar in ihre seit Jahren quer durch den New Yorker Schlagzeug. Meine ältere Schwester war ein großer nis in Form von Remix-CDs verkauft, dann ist die die Hand nehmen, um überhaupt eingelassen zu Blätterwald hoch gelobte Partyreihe im South- Punkrock-Fan im der frühen Achtziger Urheberrechtsproblematik nicht weit. Es sei offen- werden. Wir bieten ihnen eine Alternative in einem paw, einem Club in Brooklyn, und beschallen die und versuchte immer, mich dafür zu begeistern. Aber sichtlich nicht legal, was sie da täten, räumt Eleven anständigen Club mit einem guten Soundsystem für Hipster- Partys von Chicago bis Miami. Auf ihrer das hat mich nie wirklich gepackt, ganz im Gegen- ein. “Wir sind aber eher kleine Fische, und die gro- fünf Dollar an. Das ist unschlagbar. dritten Europa-Tournee spielten DJ Eleven und satz zu HipHop. Das war neu und frisch, und als ich ßen Firmen haben uns wohl nicht viel Bedeutung bei- Cosmo Baker: Zu uns kommen nur nette Leute, die DJ Cosmo in sechzehn Tagen neun Termine, von Run-DMC entdeckte, war die Sache gelaufen. Das gemessen, da wir nicht wirklich viele CDs verkaufen feiern wollen. Menschen, die kein Problem damit Oslo nach München, von Stockholm nach London, war meine erste bewusste Entscheidung in Sachen und sie nur über unsere eigene Website vertreiben.” haben, zu schwitzen, zu brüllen und ihre Hände in sogar Moskau stand auf dem Programm. DJ Musik – zum Leidwesen meiner großen Schwester. Eleven fi ndet aber ohnehin, dass die Urhebergesetze die Luft zu werfen. Es klingt klischeehaft, aber die Ayres hatte die Reise über den Großen Teich nicht Eleven: Auch meine Eltern waren große Musikfans dringend geändert werden müssten. Doch er gibt Menschen kommen wegen der Musik zu uns. mitgemacht, da er im März Vater geworden ist. und hörten viel Musik, sei es Rock, Folk oder Reggae. sich wenig optimistisch, dass das tatsächlich pas- Auch in Hamburg legten Cosmo und Eleven einen Und auch ich habe Instrumente gespielt: Geige, siert. “Disney ist einer der größten Verfechter der Ur- Wer hat die Partyreihe aufgezogen? Stopp ein. Als Gäste der erfolgreichen Assoto- Saxofon und Bass. Ich habe sehr früh begonnen, auf heberrechtsgesetze, wie sie gerade sind. Wenn ihre Eleven: Ayres war das zusammen mit Mikey Palms, Partyreihe durften sie Ende April ihr Können im musikalischem Gebiet selbständige Entscheidun- Figuren in öffentliches Eigentum übergingen, wäre einem der Inhaber des Southpaw-Clubs. Ich war Gast derzeit besten Club der Hansestadt, dem Neid- gen zu treffen, denn kein Jugendlicher steht auf Joni Disney Geschichte.” Wobei die Urhebergesetze ihrer am ersten Abend, Cosmo legte am zweiten auf. klub auf der Reeperbahn, unter Beweis stellen. Mitchell! Ich habe zunächst Punkrock gehört und bin Ansicht nach nicht komplett abgeschafft werden soll- Cosmo Baker: Ich lebte damals noch in Philadel- erst einige Jahre später auf HipHop gestoßen. Die ten, denn “jede Person habe ein gewisses Recht an phia. Ich legte dann noch zwei, drei mal als Gast Punk-Szene der Bay Area war wirklich lebendig. eigenen Ideen”, so Cosmo. Es sei aber sicherlich so, auf, ehe ich gut ein Jahr nach dem ersten Besuch dass die heutige Gesetzeslage die Entwicklung von nach Brooklyn zog. Von da bestand The Rub fest Ihr nennt euch The Rub. Es gibt doch sicher eine Kunst hindere. Nicht nur die Urheberrechtsgesetze aus drei Personen, und wir begannen, neben der Geschichte zum Namen, oder? scheinen aufgrund der technologischen Entwicklung Partyreihe gemeinsam anderen Aktivitäten Eleven: Wir haben uns nach dem gleichnamigen der letzten Jahre überholt. Auch das Bild des klassi- nachzugehen. Track von George und Gwen McCrae benannt. Das schen DJs, der eine Auswahl seiner Platten zusam- war ein Künstlerehepaar aus Florida, die einen sehr men mit zwei Homies ächzend durch die Gegend Wart ihr von Beginn an erfolgreich? einzigartigen Sound hatten, der die -Ära einläu- schleppt, ist dem alleine mit Tagesgepäck reisenden Eleven: Nein, die ersten gut zwei Jahre hatten wir tete. Das war ein sehr unartiges Stück, zu dem man DJ gewichen, dessen gesamte Musikbibliothek auf immer wieder Totalausfälle. Zu Beginn hatten wir gerne das Licht herunter drehte. Ayres kam zwar auf der Festplatte seines Laptops schlummert. natürlich all unseren Freunden Bescheid gesagt, die Idee, uns danach zu benennen. Was er aber nicht die auch kamen. Nur nach zwei bis drei Mona- zugeben möchte, ist, dass ich ihn auf diese Nummer Warum legt ihr digital auf? ten waren sie natürlich entweder müde oder hatten gebracht habe... Cosmo Baker: Natürlich ist es großartig, dass die eine Erkältung. So ist es mit jeder neuen Partyreihe. Schlepperei ein Ende gefunden hat. Ich muss aber Nach gut zweieinhalb Jahren hat sich The Rub dann Obwohl ihre Wurzeln ganz klar im HipHop zu verorten auch sagen, dass ich immer noch am liebsten mit etabliert. Seitdem hatten wir nicht eine schlechte sind, halten sich die drei bei all ihren Aktivitäten Vinyl aufl ege. Es klingt besser, Geschichten wie Nacht. nicht sklavisch an Genregrenzen, sondern ignorie- Serato sind nur eine Simulation der Realität. Cosmo Baker: Irgendwann damals wurde ein ren diese im Gegenteil ganz bewusst: Dancehall, Eleven: Aber sie kommen dem eigentlichen Gefühl Schalter umgelegt – seitdem fahren wir auf eine , Rock’n’Roll und vor allem allerlei elektronische sehr nahe. Natürlich gibt es Nachteile. So können seltsame Weise mit Autopilot. Sounds mischen sie souverän mit Crunk, Booty Bass technische Probleme ganz schön nerven. Außer- und klassischen Eastcoast-Clubhymnen. Natürlich dem fehlt bei digitaler Musik die Resonanz im Sound. Ihr habt auch viel mit A-Trak zu tun, wie kam es wird das Eis dünner, wenn man vertraute Genre- Dennoch erlauben diese Programme einem so viele dazu? grenzen überschreitet, da die Gefahr, die Stücke be- coole Dinge. Du fi ndest Stücke schneller, kannst sie Cosmo: Ayres hat mal auf einer Show von Chromeo, liebig aneinander zu reihen, wächst. Das Einzige, was schneller mischen und kannst Dinge anstellen, die zu der Band von A-Traks großem Bruder, aufgelegt. hier hilft ist Wissen, Wissen um und ein Gefühl für analogen Zeiten niemals möglich gewesen wären. So kamen wir in Kontakt, und A-Trak legte mehrere die Musik. Wenn das gegeben ist, kann so ein Abend Auch ist es wahnsinnig vorteilhaft, deine komplette Male auf unseren Partys auf. Er war damals schon über Genregrenzen hinweg großartig, gewisser- Bibliothek bei dir zu haben, was früher einfach un- bekannt, aber nicht so berühmt wie heute. Als dann maßen zu einer “musikalischen Reise” werden, wie denkbar war. Das DJing hat sich komplett verändert. die “Sunglasses Is A Must”-DVD erschien, fragte er Cosmo und Eleven aufgrund des esoterischen An- Cosmo Baker: Wenn du dann noch all die Möglich- uns, ob wir ihn auf seiner ausgedehnten US-Tour mit striches der Formulierung mit einem Augenzwinkern keiten des Loopings, Samplings und Layerings für über 30 Terminen begleiten wollten. A-Trak ging es zu sagen pfl egen. Eleven, Cosmo Baker und Ayres dich entdeckst und mit Schlüsselpunkten arbeitest, vor allem darum, sich als Party-DJ vorzustellen, da verfügen über dieses Wissen. Sie erlernten das Auf- eröffnet sich dir ein komplett neues Spielfeld. alle immer wilde Kratzereien von ihm erwarteten, nur legen von der Pike auf, standen stundenlang in Plat- Eleven: Lass es uns so sagen: Vinyl klingt besser, die weil er mit 15 schon DMC-Weltmeister geworden ist. tenläden und beschäftigten sich mit wenig anderem neue Technik ist viel bequemer. Wir zählen ihn zur erweiterten Rub-Familie. als Musik. Aus diesem Fundus schöpfen die drei bei ihren Sets. Großartig über ihre Trackauswahl nach- Wart ihr zu Beginn nicht skeptisch? Ein einziges Mal sind The Rub übrigens doch in Ur- denken täten sie nicht, meint Cosmo. “Das ist wirk- Cosmo Baker: Ich habe nie auf die Leute gehört, heberrechtsprobleme geraten. Sie hatten Bilder des lich schwer zu erklären, aber man hat ein bestimmtes die meinten, das sei nicht authentisch. Ich bin ein Regisseurs Spike Lee für die Cover ihrer beiden “It’s Muster vor dem geistigen Auge.” Es sei eine Mischung echter DJ, mache das seit 15 Jahren und habe un- A Motherfucking Remix”-CDs verwendet. “Ayres er- aus DJ-Erfahrung und der ausgeprägten Kenntnis ih- zählige Tage in irgendwelchen Kellern verbracht, um hielt eine E-Mail von ihm”, erzählt Eleven, “in der er rer Platten. Der Rest sei Instinkt, so Cosmo. nach 45er-Singles zu graben. Da kann mir niemand meinte, dass er es die ersten Male noch habe durch- Den größten Erfolg und damit den größten Bekannt- ernsthaft damit kommen, wir seien nicht authentisch. gehen lassen und es jetzt aber an der Zeit sei, damit heitsschub erlebten The Rub mit der Veröffentlichung Außerdem benutzt etwa Premier, der sich lange dage- aufzuhören.” Cosmo erinnert sich noch genau an den der zwei “It’s The Motherfucking Remix”-CDs in den gen ausgesprochen hat, genauso die neue Technik. Moment, als Ayres ihm die Mail zeigte, die den bei- Jahren 2005 und 2006. Das sei der größte Tritt in den Eleven: Einer der bekanntesten Fürsprecher war den zunächst einen riesigen Schrecken einjagte. Um Hintern gewesen, meint Eleven. “Dennoch glaube Jazzy Jeff. Seine Verdienste um die Kultur kannst du gleich darauf aber völlig hysterisch loszubrüllen: “Oh, ich, dass es die Kombination vieler verschiedener Ak- nicht ernsthaft in Frage stellen. Es ist schlicht unmög- Spike Lee hat uns aufgefordert, das zu lassen!” Ayres tivitäten ist, die uns so erfolgreich gemacht hat.” Mit lich, jemanden wie ihn als “fake” zu bezeichnen. antwortete ihm, und Lee habe “völlig cool reagiert” einigen Dingen verdienten sie keinen einzigen Penny, und die Sache damit als erledigt betrachtet. “Das war aber es gehe ihnen darum, ihren musikalischen Aus- Eure Partyreihe, die ihr seit 2002 einmal im Monat der perfekte Weg, die Sache zu lösen.” ■ stoß auf hohem Niveau zu halten, so Eleven. Cosmo im New Yorker Club Southpaw feiert, wird von der Text: Johannes Desta nickt und ergänzt, dass es wichtig sei, ständig neue Lokalpresse extrem gelobt. Warum? Foto: Joe Conzo / Retna Ltd. / vanit.de