Aus der Geschichte der Langenthal - Melchnau-Bahn
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Paul Schneeberger, Fürsprecher (zum 75jährigen Jubiläum, 1992)
Einleitung
Mit der Eröffnung der Bahnstrecke Aarburg - Herzogenbuchsee der Schweizerischen Den Anschluss des Hinterlandes an das neue Centralbahn (SCB) hatte Langenthal am 16. öffentliche Verkehrsmittel stellten später März 1857 Anschluss an das schweizerische Pferdeposten her, so unter anderem auch mit Eisenbahnnetz gefunden, wenngleich der dem sechs Kilometer südöstlich von Langen- Bahnhof nicht im Dorf, sondern nordwestlich thal gelegenen Melchnau via Obersteckholz. davon errichtet worden war.
Melchnau: Zwischenstation einer Normalspurbahn?
Seit Anfang der siebziger Jahre des vorigen Ebersecken - Schötz - Wauwil - also für eine Jahrhunderts zeichnete sich für Melchnau Verbindung zwischen den Linien Olten - Bern erstmals die Möglichkeit eines eigenen und Olten - Luzern - nach, die ihr am 23. Bahnanschlusses ab, und zwar aufgrund September gleichen Jahres durch die folgender Umstände: Nach dem Ende des Bundesversammlung erteilt wurde. Mit deutsch-französischen Krieges von 1870/71, diesem äusserst geschickten Schachzug das heisst nachdem Elsass-Lothringen an gelang es der SCB, die Bedeutung sowohl der Deutschland gekommen war, regte sich in JGB als auch der Bern - Luzern-Bahn (BLB) Frankreich der Wunsch nach einem von drastisch zu mindern. Deutschland unabhängigen direkten Anschluss an das schweizerische Melchnau als grösste in unmittelbarer Nähe Eisenbahnnetz und insbesondere nach einer gelegene Ortschaft sollte nicht direkt berührt solchen Gott-hard-Zufahrt. In der Schweiz oder gar durchfahren werden, denn es war ja entstand das Projekt für eine Jura - nicht eine gute Verkehrsverbindung der Gotthard-Bahn (JGB) Belfort - Delle - durchfahrenen Landesgegend, sondern Delémont - Moutier - Welschenrohr - Klus - vielmehr der Bau einer möglichst kurzen Langenthal - Huttwil - Willisau - Wolhusen - Konkurrenzlinie beabsichtigt. Trotz dieser Luzern - Stans - Altdorf. Dazu kam, dass wenig günstigen Ausgangslage setzte sich nicht nur Frankreich, sondern auch der Melchnau für seine Verkehrsinteressen Kanton Bern eine unabhängige vehement ein, indem es die Aufnahme einer Gotthard-Zufahrt erstrebte, unabhängig in Station Melchnau in das Projekt zu erwirken diesem Falle nicht von Deutschland, sondern trachtete. von der Schweize-rischen Centralbahn (SCB). Dieses Ziel sollte durch die tatkräftige So gelangten am 5. Juni 1875 die vier die Förderung der Fertigstellung der Strecke Bern Kirchgemeinde Melchnau bildenden - Langnau - Luzern erreicht werden. Gemeinden Melchnau, Gondiswil, Reisiswil und Busswil mit einem Gesuch an die SCB, Um sich dieser von zwei Seiten drohenden wonach für die geplante Bahn eine Konkurrenz zu erwehren, suchte die SCB Streckenführung über Melchnau gewählt Ende Januar 1873 um die Konzession für eine werden möge. Bahnlinie Langenthal - St. Urban - Altbüron - Seite 2
In ihrer Antwort verwies die SCB auf die St. Urban gegen Kleinroth hin in Erwägung zwischen Langenthal und Wauwil ungünstige zog. Geländekonfiguration. Es gelte daher, das relativ günstigste Trassee zu wählen, also ein Die Auseinandersetzung wurde in der Folge rechts der Rot von Altbüron Richtung St. bis vor den Bundesrat gezogen, der im Mai Urban führendes. Im übrigen werde die 1874 beschloss, die SCB werde eingeladen, Langenthal - Wauwil-Bahn als möglichst das Trassee der Strecke Langenthal - Altbüron direkte Verbindung zwischen West- und so zu modifizieren, dass die Errichtung Zentralschweiz gebaut, so dass das Begehren, sowohl einer Haltestelle bei St. Urban als die Bahnlinie durch die Ortschaft Melchnau auch einer Station Melchnau bei Kleinroth mit einer Station so nahe als möglich beim möglich wäre. Dorf zu bauen, nicht berücksichtigt werden könne. Die SCB ihrerseits gelangte im September 1874 an den Bundesrat, mit dem Begehren, er Mit dieser abschlägigen Antwort gaben sich möge auf seinen Beschluss zurückkommen die Melchnauer aber nicht zufrieden. Sie und den Standort der (einzigen) zwischen gelangten am 30. Juni 1873 mit einem Langenthal und Altbüron zu errichtenden Schreiben an die bernische Regierung, worin Station festlegen; sie ersuchte darum, von der sie beantragten, die Bahnlinie auf der linken Verpflichtung, zwischen Langenthal und Seite des Rotbachs - also auf Berner Boden - Altbüron eine zweite Station zu errichten, und somit näher bei Melchnau zu führen; die entbunden zu werden und die einzige Station Station wäre im Ortsteil Gjuch vorzusehen. bei Kleinroth festzulegen. Der Bundesrat wies Die bernische Regierung unterstützte diesen dieses Begehren der SCB im Dezember 1874 Antrag, und zwar insbesondere unter Hinweis jedoch ab. auf die Beziehungen der vier Orte zum Marktflecken Langenthal und zum Amtssitz Nachdem die SCB die dem Bundesrat bereits Aarwangen. Die SCB beauftragte ihren zu Genehmigung eingereichten Trasseepläne technischen Stab, den Antrag zu prüfen. Das Ende Juni 1875 zwecks Umarbeitung im führte zur Erkenntnis, dass eine Station Sinne möglichster Vereinfachung und Kosten- Melchnau einer (beim Weiler Sängi ersparnis zurückverlangt hatte, gelangte die gelegenen) Station St. Urban vorzuziehen Kirchgemeinde Melchnau - durch diesen wäre. Vorgang beunruhigt - erneut mit einer Eingabe an die bernische Regierung, wonach Die Aktivitäten der Melchnauer zur am vorgesehenen Standort der Station fest- Erlangung einer eigenen Station riefen nun gehalten und gegen eine allfällige Verlegung auch die Gemeinden Untersteckholz, St. protestiert werde. Insbesondere wurde darauf Urban, Pfaffnau und Roggliswil auf den Plan, hingewiesen, dass Untersteckholz von der die ihrerseits auf eine beim Schulhaus Station Melchnau nicht weiter entfernt wäre gelegene Station Untersteckholz drängten. als von der Haltestelle St. Urban. Zudem war bekannt geworden, dass die Bahn nun tatsächlich auf der linken Seite des Obwohl sich Melchnau für eine eigene Rottales projektiert worden sei, doch machte Bahnstation mächtig ins Zeug gelegt hatte, die SCB klar, dass die Errichtung zweier kam es dennoch anders: Eine mit dem Jahre Stationen zwischen Langenthal und Altbüron 1875 einsetzende Wirtschaftskrise setzte die nicht in Frage komme. Demgegenüber SCB wirtschaftlich ausserstande, alle ihre beharrte die bernische Regierung auf der damaligen Bauvorhaben weiterzuführen. So Erstellung einer Station Melchnau bei wurden auch die im Herbst 1874 Kleinroth, während die SCB bloss die aufgenommenden Bauarbeiten am Stalten- Möglichkeit einer Verschiebung der Station tunnel zwischen Ebersecken und Altbüron Seite 3 eingestellt, und zwar gegen Ende Oktober ventilierten Eisenbahnprojekte aufmerksam 1875 von einem Tag auf den andern. zu verfolgen. Dabei ergab sich, dass eine Verbindungsbahn Langenthal - Wauwil den Wenn auch die SCB den Anschein zu Interessen Langenthals am besten entsprach. erwecken suchte, es handle sich bei der Einstellung der Bauarbeiten nur um eine Nachdem ein zur Förderung dieses Projektes vorübergehende Massnahme, so zeigte die am 1. April 1891 in Langenthal konstituiertes weitere Entwicklung der Dinge doch recht Komitee einen entsprechenden Entwurf bald, dass es eine SCB-Strecke Langenthal - ausgearbeitet hatte, konnte das Konzes- Wauwil nie geben wurde: Nachdem die sionsgesuch am 1. Mai 1891 eingereicht Bundesversammlung ein drittes Verlänge- werden. Das Projekt, das nebst einer rungsgesuch abgelehnt hatte, erlosch 1886 die Haltestelle St. Urban und Stationen in Konzession vom 23. September 1873. Altüron, Ebersecken und Schötz auch wieder eine Station Melchnau vorsah, stiess Anfangs der neunziger Jahre des vorigen ausserhalb Langenthals - insbesondere im Jahrhunderts tauchte der Gedanke einer Kanton Luzern - auf kein überwältigendes Eisenbahnverbindung zwischen Langenthal Interesse. Immerhin wurde die Konzession am und Wauwil erneut auf, allerdings unter 22./23. Dezember 1891 erteilt, und zwar anderen Gesichtspunkten als in den siebziger bemerkenswerterweise diskussionslos. Jahren. Diesmal handelte es ich darum, die Interessen Langenthals im Zusammenhang Nachdem jedoch die Weissensteinbahn noch mit dem Auftauchen verschiedener auf sich warten liess und 1895 mit der Bahnprojekte wahrzunehmen. Eröffnung der Huttwil - Wolhusen-Bahn eine Verbindung von Langenthal über Huttwil Insbesondere das Projekt einer Richtung Luzern (-Gotthard) zustande Weissensteinbahn (Moutier - Solothurn) und gekommen war, wurden nach verschiedenen dasjenige der Schmalspurbahnen der Konzessionsverlängerungen die Bemühungen Balsthaler Klus (Waldenburg - Langenbruck - um eine Eisenbahnlinie Langenthal - Wauwil Balsthal - Langenthal) warfen die Frage einer 1908 aufgegeben. Damit war klar geworden, Weiterführung Richtung Luzern (-Gotthard) dass Melchnau nicht im Zusammenhang mit auf. So beauftragte Langenthals Einwohner- einem grösseren Projekt zu einem gemeindeversammlung vom 28. März 1891 Bahnanschluss kommen würde. den Gemeinderat, die im Oberaargau
Melchnau: Endstation einer Schmalspurbahn
Es stellte sich daher die Frage, durch welches Roggwil, St. Urban und Untersteckholz nach Verkehrsmittel die altväterische Postkutsche Melchnau zu gewähren. zu ersetzen sei. Obwohl anderwärts damals schon Automobilbetriebe eingerichtet worden Nachdem des Komitee den interessierten waren, entschied man sich im Falle Gemeinden im Januar 1911 Bericht und Melchnaus für eine Bahnverbindung. An der Anträge hatte unterbreiten können, fand am Melchnauer Gemeindeversammlung vom 19. Februar 1911 in Melchnau eine von rund Dezember 1909 wurde beschlossen, einem 250 Personen besuchte Volksversammlung Komitee einen Kredit zur Ausarbeitung eines statt. In einer Resolution wurde ausgeführt, generellen Projektes für eine elektrische der Bau einer schmalspurigen Eisenbahn mit Schmalspurbahn von Langenthal über elektrischem Betrieb sei „beförderlichst an die Hand zu nehmen“. Die Vorarbeiten zur Seite 4
Gründung einer Aktiengesellschaft wurden Bahnkilometer 1,5 sollte die neue Linie die einem aus Vertretern der interessierten Strasse kreuzen und anschliessend Roggwil Gemeinden (mit Ausnahme St. Urbans) und erreichen. Für diese erste Teilstrecke wurde einem Vertreter der Langenthal - Jura-Bahn zudem noch eine Variante vorgelegt, wonach (LJB) bestehenden Initiativkomitee die LMB das Gleis der LJB bis zur Gasfabrik übertragen. Dieses Initiativkomitee, das durch benützen, erst dort abzweigen und bis 100 den Gemeidenratspräsidenten von Langenthal Meter vor dem Bahnübergang oberhalb von präsidiert wurde, reichte am 28. Dezember Roggwil der alten Zürich - Bern-Strasse 1911 dem Eidgenössischen Eisenbahn- folgen würde. Die Kreuzung mit den SBB war departement das Gesuch um Erteilung einer bei dieser Variante so gedacht, dass dort die Konzession für den Bau und Betrieb einer Strasse samt Gleis der LMB überführt würde. elektrischen Schmalspurbahn von Langenthal Wie noch auszuführen sein wird, war die nach Melchnau ein. Linienführung zwischen Langenthal und Roggwil noch einige Zeit Gegenstand von Im allgemeinen Bericht dazu wurde Kontroversen. Im übrigen waren für die LMB ausgeführt, Zweck der projektierten Bahn sei die gleichen technischen Normalien wie bei es, die Ortschaften Melchnau, Untersteckholz, der LJB vorgesehen. Roggwil sowie die auf dem Gebiete des Kantons Luzern gelegene „Irrenanstalt“ St. Der in Aussicht stehende Güterverkehr wurde Urban und die umliegenden grossen Höfe mit als „rege“ prognostiziert. Mit Langenthal und damit mit einer Station der Bundesbeschluss vom 12. März 1912 wurde SBB zu verbinden. Die Endstation Melchnau dem Initiativ-komitee die Konzession auf eine werde ausserdem der bernischen Gemeinde Dauer von 80 Jahren erteilt; sie trat am 1. Reisiswil und den luzernischen Gemeinden April 1912 in Kraft und hatte tatsächlich bis Altbüron und Gossdietwil dienen. Die 31. März 1992 Bestand. Tatsache, dass sich sämtliche interessierten Gemeinden zugunsten des Bahnprojektes Bevor die Finanzierung des Vorhabens aussprächen, beweise, dass die Erstellung der bewerkstelligt und die Konstituierung einer projektierten Bahn einem wirklichen Aktiengesellschaft „Langenthal - Melchnau- Bedürfnis entspreche. Bahn“ vorgenommen werden konnten, galt es, die Grundsatzfrage zu klären, ob die Bahn - Gemäss dem technische Bericht sollte die wie im Konzessionsgesuch angegeben - Linie beim Aufnahmegebäude der Station ausschliesslich eine Verbindung einiger Langenthal der Langenthal - Jura-Bahn Dörfer mit Langenthal, das heisst mit einer beginnen und das Gleis dieser Bahn bis zu SBB-Station, herstellen sollte oder ob sie deren Depot mitbenützen. Dort war eine nicht überdies auch als kommunales Abzweigung geplant. Die Kreuzung der SBB- Verkehrsmittel Langenthals ausgestaltet Gleise war im „Steinacker“ mittels Unter- werden könnte. oder Überführung vorgesehen. Bei
Langenthal: Durchs Dorf oder ums Dorf herum?
Im Vorfeld der Aktienzeichnung für die LMB bekämpfen, soweit es das Gemeindegebiet durch die Gemeinde Langenthal sahen sich von Langenthal betraf. Die Folge davon war, einige Bürger veranlasst, eine Aktion dass die Frage der Linienführung der Bahn einzuleiten mit dem Zweck, das durch das aus dem Raume St. Urban / Roggwil nach Initiativkomitee aufgestellte Bahnprojekt zu Seite 5
Langenthal lebhaft diskutiert und von kurze Strecke von 250 Meter wieder Experten begutachtet wurde. zurückfahren, wenn durchgehender Betrieb mit der Jura-Bahn, was notwendig Als Beispiel hiefür sei das Gutachten von vorgesehen wird, und dann das Ingenieur Albin Beyeler erwähnt, in welchem Rollschemelgeleise benützend nach der Varianten aufgezeigt wurden, mit denen die Station der LJB fahren, was bei zirka 1100 Unzulänglichkeit des offiziellen Bahnpro- Meter Länge in zirka 4 - 5 Minuten leicht jektes, Roggwil besser zu bedienen als möglich wäre. Langenthal, hätte behoben werden können. Mit diesen Varianten hätten drei Bedingungen Unterdessen wären die Reisenden nach erfüllt werden sollen, nämlich die Aarwangen und weiter aus dem Streckenführung durch das Dorf Langenthal angekommenen Bundesbahnzuge ausgestie- (1) bis zum SBB-Bahnhof (2) und die gen, hätten die Fussgängerunterführung Herstellung einer Gleisverbindung mit der benützt und wären zu L-J-Bahnstation gelangt LJB (3). Wie das bezüglich der Bedingungen und könnten in den oben erwähnten (2) und (3) in der betrieblichen Praxis hätte Personenzug vom Dorf Langenthal her vor sich gehen sollen, wurden im Gutachten einsteigen und sofort nach Aarwangen wie folgt beschrieben: weiterfahren.
„Die Personenzüge, vom Dorf herkommend, In analoger Weise würde sich der Verkehr im würden - sobald die Reisenden ausgestiegen - anderen Richtungssinne abwickeln, ohne dass vom Bahnhof (vis-à-vis dem kleinen wie man sieht, viel Zeit unütz verloren ginge.“ Dienstgebäude beim Niveau-Übergang) die
Mit Bezug auf die Streckenführung durch das Dorf wurde speziell noch ausgeführt:
„Viele Besucher von Roggwil bis Melchnau Roggwil mit Bezug auf ihre besonderen an der ganzen Linie haben Geschäfte in der Wünsche den übrigen Gemeinden Mitte oder weiter oben im Hauptorte entgegenkommen und das Projekt der Langenthal und werden es gewiss begrüssen, Verbindung mit Roggwil-Station (SBB) auf wenn sie nicht zuerst nach der LJB-Station spätere Zeiten zurücklegen. Nur im herunterkommen und hernach das ganze Dorf gegenseitigen ernstlichen Bestreben, die gute hinauf und zur Heimreise wieder hinunter Sache, mit vereinten Kräften und laufen müssen (....) Nach und nach könnten ja Hintenansetzung von Privatinteressen zu auch auf der Dorfstrecke Supplementszüge einem erspriesslichen Ende zu führen, liegt eingeschaltet werden und kann sich die Bahn Aussicht auf Erfolg.“ teilweise zu einem Tramway auswachsen mit der sukzessiven Vergrösserung von Dieser Aufruf verfehlte seine Wirkung nicht. Langenthal.“ Das Initiativkomitee beschloss am 20. Februar 1913, die Geschäftsführung der LMB der LJB In einer Verlautbarung vom 29. August 1912 zu übertragen. Am 4. April bereitete es in äusserte sich demgegenüber das Initiativ- seiner letzten Sitzung die Konstituierung der komitee zusammenfassend wie folgt: Aktiengesellschaft vor.
„Bei vollkommen objektiver Prüfung der Die Verfechter einer zwischen Roggwil und Sachlage (...) muss die Lösung der Tracéfrage Langenthal kürzeren und das Dorfzentrum einzig und allein in der Linienführung wie von Langenthal berührenden Linienführung solche im Projekt I vorgeschlagen wird, waren mit ihrem Anliegen nicht gemacht werden. Ebenso wird die Gemeinde durchgedrungen. Immenhin fanden, wie noch Seite 6 darzustellen sein wird, ihre Überlegungen 70 Berücksichtigung. Indessen: Die LMB Jahre später im Rahmen eines neuen durchfährt das Dorf Langenthal nicht, sondern Verkehrskonzeptes teilweise doch noch fährt gewisser-massen um dieses herum.
Konstiuierung, Bau, Eröffnung
Die konstituierende Generalversammlung der statt. Die Mehrheit der vorberatenden LMB fand am 21. April 1913 im Gasthof zum Kommission beantragte eine „Löwen“ in Melchnau statt. Dabei war zu Aktienübernahme im Betrage von 10 000 vernehmen, dass die Linienführung mit Franken, während eine Minderheit 15 000 Abzweigung von der LJB beim Gaswerk Franken als angemessen betrachtete. Es sei bearbeitet worden sei. Pflicht des Kantons Luzern, sich nach Massgabe seiner in Frage kommenden Bezüglich Finanzierung ist bemerkenswert, Interessen am Unternehmen zu beteiligen und dass sich auch der Kanton Luzern am die durch die Bahn zu erreichenden Vorteile Aktienkapital von insgesamt 987 000 Franken seien mit 10 000 Franken zu niedrig bewertet, beteiligte. Die grossrätliche Debatte fand in wurde argumentiert. der Nachmittagssitzung des 5. März 1913 Seite 7
Linienführung der Langenthal - Melchnau-Bahn
LJB nach Niederbipp SBB nach Olten Roggwil Dorf
Mumenthal Buchägerten Schmitten Kaltenherberge St. Urban
Ziegelei Gaswerk Sängi Bahnhof Langenthal SBB nach Bern Untersteckholz
Langenthal Süd Norden Kleinroth
Lotzwil Gjuch
Gutenberg Melchnau Endstation LMB
VHB nach Huttwil LMB Langenthal - Melchnau-Bahn LJB Langenthal - Jura-Bahn SBB Olten - Bern VHB Vereinigte Huttwil-Bahnen
Zeichnung: WAB
Die Regierung beantragte Festhalten an ihrem freundnachbarlich“ zu handeln. Man werde Vorschlag, 10 000 Franken zu leisten. Man das im Kanton Bern zu würdigen wissen und habe sich anfänglich zwar gefragt, ob eine dann auch in Bezug auf die von der Anstalt zu Beteiligung überhaupt angezeigt erscheine, erstellenden Gleisanschlüsse liege die Bahn doch ausschliesslich auf Entgegenkommen zeigen. bernischem Staatgebiet. Die umliegenden luzernischen Gemeinden hätten ihr Interesse Die Ratsmehrheit folgte jedoch dem Antrag an der Bahn verneint. Ein solches bestehe von Regierung und Kommissionsmehrheit: teilweise für die Anstalt St. Urban, und wenn Mit 41 gegen 35 Stimmen wurde eine sie von der Bahn Nutzen ziehen wolle, müsse Beteiligung von 10 000 Franken beschlossen. sie noch Gleisanlagen bauen. Ein Einzelvotant verwies auf den Umstand, dass der Verkehr In der Sitzung vom 4. April 1914 wählte der mit St. Urban von jeher ein beschwerlicher Verwaltungsrat Civilingenieur Carl Braun gewesen sei und die Bahn hier eine zum bauleitenden Ingenieur. Braun war zuvor wesentliche Besserung bringe. Im übrigen als Ingenieurassistent bei der Rhätischen Bahn stehe es dem Kanton Luzern gut an, „etwas am Bau der ersten Sektion der elektrischen Seite 8
Linie Bever - Scuol beteiligt gewesen. Er Obwohl der Vertrag erst mit dem Tage der brachte das Kunststück fertig, die Bahn allen Eröffnung des Betriebs der LMB in Kraft trat, kriegsbedingten Einschränkungen zum Trotz waren auch die zum Aufbau der auf Anfang Oktober 1917 fertig zu stellen. Betrieborganisation der LMB schon vor der Eröffung erforderlichen Arbeiten durch die Mit Datum vom 24. November 1916 schloss Betriebsdirektion der LJB auszuführen. Zur die LMB mit der LJB einen Betriebsvertrag Erledigung allfälliger aus dem Betriebsvertrag ab, in dem erstere den Betrieb und Unterhalt sich ergebender Streitigkeiten wurde ein ihrer Linie vom Zeitpunkt der Betriebs- Schiedsgericht vorgesehen. eröffnung hinweg an letztere übertrug. Darin verpflichtete sich die LJB, dem Betrieb der Als grösste Schwierigkeit während des LMB die gleiche Sorgfalt und das gleiche Bahnbaus, der am 6. Dezember 1915 in Interesse angedeihen zu lassen, wie Angriff genommen wurde, erwies sich die demjenigen ihrer eigenen Linie und denselben Beschaffung des für die Fahrleitung so ökonomisch wie möglich zu führen. Für benötigten Kupfers. Da dieses schliesslich die Mitbenützung der Station Langenthal und überhaupt nicht erhältlich war, blieb nichts der Gemeinschaftsstrecke bis zum Gaswerk anderes übrig, als im Sinne eines Notbehelfs wurde ein besonderes Abkommen zwei Kontaktdrähte aus galvanisiertem vorbehalten. Eisendraht zu montieren, was in der Schweiz übrigens ein Unikum darstellte. Da die In Bezug auf das gesamte Rechnungswesen Leitfähigkeit dieses Drahtes derjenigen von wurde die LMB ausdrücklich als Kupfer um etwa das siebenfache nachsteht, selbständiger, das heisst unter gesonderter wurde eine Strecken-speiseleitung aus Verwaltung stehender Betrieb bezeichnet, Aluminiumkabel nachge-führt, die in kurzen weshalb die LJB über alle Einnahmen und Abständen mit der Fahrleitung verbunden Ausgaben der LMB gesondert Rechnung zu war. Damit sollten die Spannungsverluste auf stellen hatte. ein annehmbares Mass reduziert werden. Für die Stromabnehmer von dieser Eisen- Um den Betrieb möglichst ökonomisch zu Fahrleitung kamen Bügelschleif-stücke aus gestalten, wurde bezüglich Rollmaterial Flusseisen zur Anwendung. bestimmt, dass dieses uneingeschränkt nicht nur auf den Strecken der LJB und LMB, Der Chronologie vorgreifend sei an dieser sondern auch auf derjenigen der Solothurn - Stelle schon darauf hingewiesen, dass sich - Niederbipp-Bahn (SNB) kursieren dürfe. nicht unerwartet - die Nachteile der eisernen Dabei wurde vereinbart, dass jede Fahrleitung schon bald bemerkbar machten. Gesellschaft für das auf ihrer Linie Neben den unbefriedigenden Spannungs- verkehrende Rollmaterial eine Laufmiete zu verhältnissen und der raschen Abnützung des bezahlen habe, die je nach Fahrzeugkategorie Eisendrahtes trat insbesondere auch die auf zwei bis 40 Rappen pro durchlaufenden Verschmutzung des Rollmaterials durch Kilometer festgelegt wurde, und zwar für abgeschliffenes Rostwasser unangenehm in Triebfahrzeuge inklusive Bedienung. Einzig Erscheinung, so dass sich eine Auswechslung für Rollschemel wurde ein Spezialabkommen des Eisendrahtes durch Kupferdraht im vorbehalten. Frühjahr 1925 als unumgänglich erwies.
Der Unterhalt des LMB-Rollmaterials Der Rollmaterialpark, der in seiner inklusive Totalrevisionen und Reparaturen Zusammensetzung auf die Betriebsgemein- sollte in der LJB-Werkstätte in Langenthal schaft mit der LJB abgestimmt war, bestand besorgt werden. aus folgenden Fahrzeugen: Seite 9
- ein Personen- und Gepäckmotorwagen erwartete und günstige Resultat“, so dass die vierachsig CFe 4/4 Nr. 6 Linie zwei Tage später, am Samstag, den 6. - ein Personenmotorwagen, zweiachsig, Ce Oktober 1917, dem Betrieb übergeben werden 2/2 Nr. 14 konnte. - eine Lokomotive, vierachsig, Ge 4/4 Nr. 56 - vier Personenanhängewagen, zweiachsig C Vorher aber, am Nachmittag des 5. Oktober Nrn. 16 - 19 1917, wurde das Ereignis gefeiert. Die Gäste - zwei gedeckte Güterwagen, zweiachsig, K fanden sich bei der Station Langenthal LJB Nrn. 36 - 37 ein, wo ihnen von zarter Hand ein - ein offener Güterwagen, zweiachsig, L Nr. Blumensträusschen überreicht und ein 46 Ehrentrunk geboten wurde. In zwei - drei Rollschemel, vierachsig, OR Nrn. 66 - Zugskompositionen - bestehend je aus den 68 Fahrzeugen 6, 19, 18 und 16 sowie 14 und 17 - fuhr die Festgesellschaft nach Roggwil, wo Sämtliche Fahrzeuge waren im August 1917 sie von der Bevölkerung jubelnd begrüsst abgeliefert, so dass nun schon gelegentlich wurde. In St. Urban liess es sich selbst die Extrafahrten von Langenthal bis Roggwil mit Direktion der Ziegelwerke AG nicht nehmen, elektrischer und dort mit Dampftraktion anlässlich eines kurzen Haltes mit einer durch (Baulokomotive G 3/3 Nr. 4 „PITONS“, den zeitgenössischen Presseberichterstatter ursprünglich Genève - Veyrier) stattfinden nicht näher beschriebenen „Überraschung“ konnten. aufzuwarten. In Untersteckholz gaben die Schüler und der Männerchor der Festfreude Die amtliche Kollaudation der Bahn fand am Ausdruck und die Poesie war mit folgenden 4. Oktober 1917 statt; die ergab, „das Versen vertreten:
„Willkommen heut’ ihr stolzen Wagen, Elekterisch geführt am Draht! Was würden uns’re Ahnen sagen, Euch hier zu seh’n in schöner Fahrt?
Du Häuschen hier, du kleiner Schatz, Zur Kriegeszeit entstanden, Gegrüsst sei uns an diesem Platz, Lass je hier wohl uns landen!“
Nach Ankunft in Melchnau, als die Gäste sich Umstand zu würdigen, dass es in schwerer anschickten, unter Musikbegleitung ins Dorf Kriegszeit gelungen war, die Bahn zu bauen. zu schreiten, setzte ein Platzregen ein, der sie zwang, schützende Dächer aufzusuchen. Im Gleichentags wurden die Pferdeposten Gasthof zum „Löwen“ wurde ein Imbiss Langenthal - Obersteckholz - Melchnau und offeriert, in dessen Verlauf verschiedene Roggwil-Wynau - Roggwil - St. Urban Redner das Wort ergriffen, um vor allem den eingestellt.
Finanzielle Sanierung und Fusion Das Aktienkapital der LMB betrug per 31. bis zur Fusion mit der LJB unverändert; eine Dezember 1917 987 000 Franken, aufgeteilt Dividende konnte nie ausgerichtet werden. in 1974 Aktien zu 500 Franken. Dieses blieb
STATI ONS-HÖHEN
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