analog aktuell

Forum für analoge Musikwiedergabe 7,-

Jazz-Liebhaber Dr. Michael Frohne

Abnutzung von Schallplatten www.AAAnalog.de – Ausgabe 3/2003 – Plattenspieler aus Solingen analog forum Hamburg 4 IMPRESSUM ANALOG AKTUELL 3/2003

Impressum Forum

analog aktuell ist die Mitgliederzeitschrift der Analogue Audio Association e. V. (AAA). Die AAA ist ein eingetragener Verein zur Erhaltung und Förderung der analogen Musikwiedergabe. Sie ist im Vereinsregister des Amtsgerichts Reutlingen unter VR 766 registriert.

Herausgeber: Analogue Audio Association e. V. Postfach 1227 72764 Reutlingen Tel.: 0 71 21 - 2 37 61 Fax: 0 71 21 - 23 00 67 Events Website: www.AAAnalog.de E-Mail: [email protected]

Vorstand: Dušan Klimo (1. Vorsitzender) Peter Schappach (2. Vorsitzender) Heinz-Dieter Wilmsen (Kassenwart) Norbert Bürger (Schriftführer)

Redaktion: Joachim Bung Technik Stichelwiese 2 b 61389 Schmitten Tel.: 0 60 84 - 37 64 E-Mail: [email protected]

Layout und Repros: Ansgar Hecker E-Mail: [email protected]

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An dieser Ausgabe haben mitgewirkt: Rainer Bergmann, Alexander Bölts, Thomas Broszio, Joachim Bung, Dieter Fricke, Lilo Hebel, Ansgar Hecker, Uwe Mehlhaff, Heike Petrault, Harry Reminder, Klaus Musik Röder, Maike Schneider, Klaus Störz, Christian Streckert, Holger Trass, Klaus Wunderwald

Druck: Bonifatius Druckerei Karl-Schurz-Straße 26 33100 Paderborn

Für unverlangt eingesandte Texte, Fotos, Illustrationen oder Datenträger wird keine Gewähr übernommen. analog aktuell – AAA Sämtliche Verwertungsrechte (weitere Zeitschriften, andere Daten- und Informationsträger) angenommener Manuskripte und Illustrationen liegen bei der Analogue Audio Association. Bei Nichtbelieferung im Falle höherer Gewalt bestehen keine Ansprüche gegen die Analogue Audio Association. ANALOG AKTUELL 3/2003 INHALT 5

Leserbriefe 6 Gehört und gesehen 7 Thomas Scheu – seine Ansprüche, seine Konstruktionen 14 Interview mit dem Solinger Plattenspieler-Spezialisten 17 Schallplattenkauf über’s Internet – Techno, Hip Hop 21 Die „kleine Hütte“ – Hörraum von Holger Trass 58

AAA-Debut auf der Plattenbörse in Dresden 10 Gut frequentierter AAA-Stand auf der Börse Frankfurt 12 Zahlreiche interessierte Besucher beim analog forum Hamburg 34

Abnutzung von Schallplatten – Grundlagenartikel 48 Beurteilung der Abtastfähigkeit von Tonabnehmern am PC 52 HiFi-Klassiker: Tonbandmaschine Tandberg TD 20 A 56

Jazzliebhaber, Lebenskünstler, Zahnarzt Dr. Michael Frohne 26

Jazz-Reissues: Jimmy Giuffre, John Coltrane 42 Music was my first love ... and this is how it all began 44 Alexis Korner und die Anfangsjahre der Rolling Stones 46

Editorial 3 Impressum 4 Offene Ohren: AAA-„Ombudsfrau“ Lilo Hebel 63 Autorenvorstellungen: Dieter Fricke, Alexander Bölts 64 AAA-Mitgliedsfirmen 66 ANALOG AKTUELL 3/2003 GEHÖRT UND GESEHEN FORUM 7

Gehört und gesehen

Auf Wiedersehen in Mannheim!

„Volltreffer – alle Neune!“ So kann man das neunte analog forum in Hamburg umschreiben, über das wir in dieser Aus- gabe ausführlich berichten. Und es geht weiter: Inzwischen stehen Termin und Ort des zehnten Forums bereits fest: Die Veranstaltung wird am 3. und 4. April 2004 in Mannheim stattfinden. Ehrensache, dass Händler, Vertriebe und natürlich die AAA’ler selbst wieder ihr Bestes geben, um auch das Forum am Neckar zu einem vollen Erfolg werden zu lassen.

Vinylfans im ersten Halbjahr 2003: weiter kaufwütig

Nicht nur n-tv hat es gemerkt: Die gute alte Schallplatte erlebt ein erstaunliches Comeback. Zwar gingen im ersten Halbjahr kaum mehr Vinylscheiben über die Ladentische als in den ersten sechs Monaten 2002. Vor dem Hintergrund der allge- mein einbrechenden Umsätze bei CDs und der Diskussion um den Kopierschutz schätzt die Branche allerdings schon den stabilisierenden Faktor Vinyl, wie analog aktuell bestätigt wird. „Selbst nüchterne Manager in den Plattenfirmen werden anhand der nackten Zahlen wieder auf Vinyl aufmerksam“, heißt es aus der Branche. Zudem sind bundesweite Statistiken nicht unbedingt ein Abbild der regionalen Realität: Die WOM-Filiale in Frankfurt am Main beispielsweise hat bis Oktober bereits den gesamten Vorjahresumsatz nicht nur erreicht, sondern sogar verdoppelt. „Und die beiden umsatzstärksten Monate kommen erst noch“, sagt Filialleiter Jack Lackner mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft. Die Konsequenz: Frankfurter Vinylfans dürfen sich beim anstehenden Umbau der Filiale auf etwas mehr Platz für ihre schwarzen Lieblinge freuen. CD- Liebhaber müssen sich dagegen mit weniger Raum bescheiden. LPs in der WOM-Filiale Frankfurt; Foto:Christian Streckert ces

Abkehr vom Holz: Clearlight Audio plant überarbeiteten Schröder-Arm

Das von Clearlight-Audio-Geschäftsführer Kurt Olbert entwi- ckelte Material RDC gilt als vielseitig einsetzbar. Fast schon logisch, dass sich die Badener nach Racks und Laufwerken und allerlei Zubehör auch an einen Tonarm wagen. Allerdings erfinden sie das Rad nicht neu, sondern setzen auf Bewährtes aus dem Hause Frank Schröder. Man plane demnächst einen Tonarm auf Basis des Schröder 1 mit einem Tonarmrohr aus RDC, erläuterte Olbert analog aktuell. Doch der Tüftler ersetzt 10 EVENTS PLATTENBÖRSE IN DRESDEN ANALOG AKTUELL 3/2003

„Ihr seid meine letzte Hoffnung!“

Plattenbörse in Dresden: AAA’ler entfernten Elbwasserschlamm aus schwarzen Rillen

Text und Fotos: Klaus Wunderwald

Die Keith Monks im Einsatz: Waschen einer vom Hochwasser geschädigten ETERNA-LP 12 EVENTS PLATTENBÖRSE IN FRANKFURT-HÖCHST ANALOG AKTUELL 3/2003

Durchweg positive Erlebnisse und Erfahrungen

Gut frequentierter AAA-Stand auf der Schallplattenbörse in Frankfurt-Höchst

Text und Foto: Harry Reminder

Wühlen, wühlen, wühlen – die schönste Börsen-Beschäftigung 14 FORUM PLATTENSPIELER-SPEZIALIST THOMAS SCHEU ANALOG AKTUELL 3/2003

Immer auf der Suche nach dem Besseren

Plattenspieler-Spezialist Thomas Scheu stellt hohe Ansprüche an seine Konstruktionen und sich selbst

Text: Thomas Broszio, Fotos: Ansgar Hecker

Hör- und Arbeitsraum von Thomas Scheu in Solingen ANALOG AKTUELL 3/2003 PLATTENSPIELER-SPEZIALIST THOMAS SCHEU FORUM 15

Jahrelang war Wuppertal für Analogfans eine der ersten Adres- Während wir dem Bearbeiten eines Tonarms beiwohnen, macht sen im Westen der Republik. Dort stellte Thomas Scheu seine uns der Tüftler mit seinen Arbeitsgeräten und seiner Arbeits- analogen Musikwiedergabegeräte her. Jetzt ist er mit seiner weise vertraut. Er zeigt uns, wie er mit einer Vakuumpumpe die Familie nach Solingen gezogen. Um die neue Produktionsstätte Motoren optimiert und dass er alle Aspekte der Produktion kennen zu lernen, besuchten wir das langjährige AAA-Mitglied im Auge behält. Am Anfang mussten seine Konstruktionen noch in der Klingenstadt. Scheu, Anfang 40, führt uns durch die mit einfachen Mitteln und Maschinen umsetzbar sein. Im Lauf Essküche in die obere Etage seines Domizils. Hier befindet sich der Zeit haben sich die Fertigungsmethoden verfeinert. Heute der neue, große Arbeitsraum – Produktionsstätte, Büro und arbeitet er mit CNC-gesteuerten Maschinen und Lasern. Das Hörraum zugleich. Zeichenbrett ist dem CAD-Programm gewichen. Bei der Wei- Unser Gastgeber hat wache, klare Augen, die auf einen ebenso terentwicklung seiner Ideen hilft ihm seine Fähigkeit, lösungs- wachen Verstand schließen lassen. Treffen mit ihm finden orientiert zu denken, seine Versiertheit in Materialkunde und stets in entspannter Atmosphäre statt. Man fühlt sich hier seine Begabung für das Gestalten und Konstruieren. sofort vertraut. Auf Fragen antwortet unser Gegenüber meist Sein erster Plattenspieler ist ein Perpetuum Ebner. Dann folgt spontan. Geht es um Problemstellungen beziehungsweise deren ein Thorens. Und schließlich erwacht der Wunsch und der Lösungen, sprudeln gleich Ideen aus ihm heraus. Sich selbst Ehrgeiz, es selbst besser machen zu können. Seit 18 Jahren bezeichnet Scheu als rastlos und immer auf der Suche nach befasst sich Scheu mit der Fertigung analoger Wiedergabe- dem Besseren. Kraft dafür bezieht der Vater dreier Kinder aus geräte. 1985 baut er seinen ersten eigenen Plattenspieler. Mit dem absoluten Rückhalt in der Familie. Tipps behilflich sind ihm dabei die Mannen von Audiolabor

So kommt der Blubb (frisches Öl) in die Plattenspieler-Motoren: Nachdem die Vakuumglocke evakuiert wurde, gelangt durch plötzlichen Druckausgleich das vorher in den Motor applizierte Öl bis in seine letzten Winkel. Der ganze Vorgang wird dann noch einmal wiederholt. ANALOG AKTUELL 3/2003 IM GESPRÄCH MIT THOMAS SCHEU FORUM 17

„Vom Revolver bis zur MP alles konstruiert und gebaut“

analog aktuell mit Erfinder und Tüftler Thomas Scheu im Gespräch

Plausch am Küchentisch: Thomas Scheu (links) und Thomas Broszio ANALOG AKTUELL 3/2003 SCHALLPLATTENKAUF ÜBER‘S INTERNET FORUM 21

Schallplattenkauf über‘s Internet

Teil 4: Techno, Hip Hop und einige Fragezeichen

Text: Uwe Mehlhaff

www.hiphopvinyl.de

„Alle angebotenen Waren sind sofort lieferbar!“ Das hört sich gut an und ist äußerst lobenswert. Also schauen wir uns das Angebot dieses Berliner Händlers etwas genauer an: Hip Hop, Deutschrap und Headz (wer gibt mir Nachhilfe bei der Erklärung was Headz ist?). Ich lese Künstlernamen mir unbekannter Größen wie „2 Fat Buddhas“, „2 Raumwohnung“ oder gar „Massive Töne“. Hoffentlich ist mit letzterem nicht der Klang des Musikangebotes gemeint? Musik soll ja auch hörenswert sein und nicht zu einer Lärmbelästigung werden. Aber ich bin ja noch lernbereit. Das Angebot in den genannten Musikrichtungen ist umfang- reich. Die Preisspanne reicht von etwa 2 Euro bis in Einzelfällen knapp 25 Euro. Bei allen Platten handelt es sich aussagegemäß entweder um Neuware oder aber um gebrauchte Platten, die in einem sehr guten Zustand sein sollen (was das auch immer bedeuten mag ...). Positiv ist anzumerken, dass es keinen Mindestbestellwert gibt. Gefällig sind Informationen zu den einzelnen Titeln, aus denen sich nähere Angaben zu den Platten entnehmen lassen. Leider konnte ich bei Second-Hand-Ware nur den Hinweis „Second Hand“ ohne nähere Angaben über den Zustand finden. Für den Kenner, oder vielleicht besser ausgedrückt den Spezia- listen, sicherlich eine ratsame Adresse. 26 TITEL ZU GAST BEI DR. MICHAEL FROHNE ANALOG AKTUELL 3/2003

„Teil der Gage war, die Zähne der Musiker zu behandeln“ Bei Jazzliebhaber, Lebenskünstler und Zahnarzt Dr. Michael Frohne zu Gast

Text und Fotos: Maike Schneider

„Ich kann mit Musikern nicht über Musik reden, denn ich habe keine Ahnung von Musik.“ Das sagt ausgerechnet ein Mann, der uns als „Dr. Jazz“ bekannt ist. Sein Name: Michael Frohne ANALOG AKTUELL 3/2003 ZU GAST BEI DR. MICHAEL FROHNE TITEL 27

Das bäuerliche Domizil der Frohnes aus dem achtzehnten Jahrhundert

Es ist Frühjahr im Schwarzwald. Die Blumen blühen, Scharen er zum Jazz-Hören über den Free Jazz kam: „Ich bin zum von Vögeln bauen sich ihre Nester in Ästen und Zweigen. Eine Jazz über Live-Konzerte gekommen, ich war zwanzig und bei Katze schläft genüsslich in ihrem Korb voll Stroh, Schafe mähen der Bundeswehr. Ich wurde zu einem Free-Jazz-Konzert in den Rasen ... Versteckt hinter Dörfern und dennoch relativ Dortmund mitgenommen ins „Domizil“, Joachim und Rolf nah an der Autobahn finden wir AAA-Mitglied Dr. Michael Kühn, ein phantastisches Konzert. Ich habe mit offenem Mund Frohne in seinem wunderschönen, alten Bauernhaus. Liebevoll da gesessen und nix kapiert.“ Frohne hält auch heute noch selbst renoviert in unzähligen Stunden, stammt es aus der nichts davon, den Jazz chronologisch kennen lernen zu wollen. Mitte des achtzehnten Jahrhunderts. Überall verteilt kleine, Wichtiger ist es ihm, den Musikern auf der Bühne zuzusehen, geschmackvolle Details deuten auf einen Mann, der entweder wie sie interagieren, wie sie sich und die Musik, den Jazz, ein glückliches Händchen bei der Wahl seiner Frau hatte, oder immer wieder neu entdecken. der in sich selber ruht. Der einen Punkt im Leben gefunden hat, an dem er sich wohl fühlt. Vielleicht trifft auch beides zu, Studienjahre in Freiburg denn Michael Frohne und seine Frau Christine sind ein Team. All seine Arbeit um und für den Jazz wird immer eng mit seiner Der Gastgeber studierte Zahnmedizin in Freiburg – zwischen Frau verbunden sein, die ihn seit seiner Studienzeit begleitet 1969 und 1975 ein Mekka für Jazz und Konzerte: „Da war und die immer an seiner Seite war. eine gute Szene. Hans-Joachim Behrendt im Südwestfunk als Unser Gesprächspartner kommt aus keinem besonders musi- ‚Katalysator’ des Jazz, Samstag um fünf, das hat man gehört, kalischen Elternhaus. Sein Vater sang zwar ein wenig, aber egal was passierte. Es war für uns das Amen in der Kirche, dennoch ging es bei Frohnes eher um Fußball oder andere, was der gesagt hat. Er hat beide verbunden, das Wort und die normale Dinge. Ein Onkel infizierte Jung-Michael allerdings Musik. Wir hatten kein Geld für die Konzerte und sind immer mit den Platten von Dave Brubeck und Louis Armstrong. während der Pause dorthin gegangen, weil man dann nicht Die erste eigene Platte war eine von Buddy Holly. Für sein mehr bezahlen musste. Ein Konzert habe ich nie vergessen. erstes Live-Konzert schwänzte er die Schule und ging damals Da saß ich neben Keith Jarrett, weil der Konzertsaal zu voll lieber zu Tony Sheridan und den Kinks. Ungewöhnlich, dass war. Alle Free-Jazz-Koryphäen waren damals in Freiburg. Wir 34 EVENTS ANALOG FORUM HAMBURG ANALOG AKTUELL 3/2003

Plattenspieler auf begeisterndem Niveau

Text: Rainer Bergmann, Fotos: Ansgar Hecker

Viel Andrang beim neunten analog forum in Hamburg Das Hamburger AAA-Team: Oliver Hartmann, Michael Reimers, Arne Ostermann, Wolfgang Heise (von links, obere Reihe); Christian Burchardt, Achim Schneider (von links, in der Hocke) ANALOG AKTUELL 3/2003 ANALOG FORUM HAMBURG EVENTS 35

„Eine sehr schöne Veranstaltung, ausnahmslos positive Reaktionen aus dem Publikum.“ So klingt das Resümee, als das neunte analog forum, das am 6. und 7. September im Novotel Hamburg zahlreiche Besucher anlockte, seine Tore schließt. Wieder einmal haben Händler, Vertriebe und natürlich die AAA’ler selbst ihr Bestes gegeben, um das Forum zu einem vollen Erfolg werden zu lassen.

Nachdem am Freitag die Händler und Vertriebe die Anlagen der Schwerpunkt anders gelagert. An einer Top-Kette spielen aufgebaut und getestet haben, beginnt am Samstagmorgen drei Linn LP 12 mit verschiedenen Tonabnehmern, davon ein um zehn Uhr das lange erwartete Spektakel. Kurz vor dem Mono-Abtaster. Stadthaus erklärt dabei in seiner unnachahm- offiziellen Beginn tröpfeln bereits die ersten Besucher ins Foyer lichen Weise technische und musikalische Details, erläutert des Novotel Hamburg Airport und umlagern den mit Info- physikalische Grundlagen und begeistert sein Publikum. material und Schallplatten bestens bestückten AAA-Stand. Ein besonderer Höhepunkt schließlich sind die Vorführungen Auch die Clearaudio-Matrix-Plattenwaschmaschine bekommt von Ü-Kopien originaler Masterbänder auf einer Nagra-Band- Arbeit, die im Laufe des Tages noch zunimmt. Den ganzen Tag maschine durch Otto Braun, einer lebenden Legende. Hat der über herrscht hier ein ständiges Kommen und Gehen. Gesprä- doch mitgewirkt an der Entwicklung des legendären Ionen- che werden geführt, Platten und Hefte gekauft, man tauscht hochtöners. Was für eine Klangfülle! Da kommt man doch Tipps und Erfahrungen aus, und ein paar neue Mitglieder ins Grübeln, was während des Produktionsprozesses so alles können geworben werden. verloren geht. Immer wieder lauscht das Publikum gebannt In den Räumen „Lessing“ (Laufwerkskombinationen bis 2 500 den Ausführungen Brauns zu Aufnahmedetails, Anekdoten Euro) und „Lichtwark“ (bis 5 000 Euro) führen abwechselnd ver- und was er sonst noch so an Interessantem aus seinem langen schiedene Vereinsmitglieder und Firmen-/Vertriebsmitarbeiter Leben zu erzählen hat. Wenn man bedenkt, dass er als gelernter vor. Die Anlagen im Raum „Lessing“ klingen zu Anfang noch Kaufmann sich alles selbst beigebracht hat, zwar mit Hilfe von nicht optimal, aber das bessert sich nach einer kleinen Opti- musikalisch und technisch geschulten Menschen, aber ganz mierung. Auch einer der zu Anfang unter seinen Möglich- ohne Ausbildung, wie sie ein Toningenieur oder Tonmeister keiten spielenden Plattenspieler arbeitet nach Austausch der absolviert, ist das schon extrem beeindruckend. Hochachtung Phonostufe deutlich positiver. So unterschiedlich die vorge- dafür! Und unseren Dank, dass wir das so erleben dürfen. stellten Plattenspieler (Thorens TD 850, Rega P3, VPI Scout, Unser Dank gilt natürlich auch allen anderen, die dem analog Holborne 2) auch sind: Sie legen die Messlatte schon ziemlich forum Hamburg zu diesem Erfolg verholfen haben: hoch und machen, jeder auf seine Art, wunderbar Musik. - den Herstellern und Vertrieben, die uns die Geräte zur Ist halt alles auch Geschmackssache. Im Raum „Lichtwark“ Verfügung stellten und die Vorführungen durchführten; (Bluenote Belvedere, Scheu Premier MK 2, Acoustik Solid Small - den aktiven Vereinsmitgliedern der Hamburger Plattenbör- Royal, VPI Aries 2) ist dann das Niveau doch schon höher. sengruppe Wolfgang Heise, Christian Burchardt, Arne Oster- Hier zeigt sich zudem die Akustik deutlich besser. Nachdem mann, Michael Reimers, Achim Schneider und Oliver Hart- am Sonntagmorgen noch ein bisschen optimiert worden ist, mann, die im Vorfeld Werbung machten und Informationen erklingen die vorgestellten Plattenspieler auf einem absolut beschafften, den Stand im Foyer betreuten und bei den Vorfüh- begeisterndem Niveau. rungen aktiv mithalfen; Im Raum „Brahms“ sind mit den großen Laufwerken von - Andreas Zierold und Norbert Bürger, die unter anderem für Simon Yorke Design und Phonosophie dann die Möglichkeiten Schallplattennachschub sorgten und Otto Braun einluden; ausgereizt. Analoge Musikwiedergabe auf einem Niveau, das - Christoph Held und Rainer Bergmann, die mit ihren Erfah- sprachlos macht! Hier lassen sich die „Chefs“, Christian Isen- rungen bei diversen Foren und Plattenbörsen helfend eingreifen berg und Ingo Hansen, die Sache dann nicht mehr aus der konnten; Hand nehmen und führen selber vor. Trotz des Topniveaus - Ansgar Hecker, der wie immer für die Bilder sorgte; hat jeder der beiden Plattenspieler seine Eigenheiten, und jeder - Lilo Hebel, die mit ihrer lockeren Art an unserem Stand Zuhörer kann seinem persönlichen Geschmack entsprechend für eine freundliche und entspannte Atmosphäre sorgte (und glücklich werden. Lakritzschnecken mitbrachte, denn die sind ebenfalls schwarz Im Raum „Ballin“ ist dann eine komplette Brinkmann-Kette und rund und haben eine Rille und ein Loch in der Mitte!), aufgebaut. Vielen Zuhörern gefällt die wunderbar spannende und last but not least und zugleich entspannende Musikreproduktion. Hier zeigt - Du šan Klimo, ohne den das alles nicht stattgefunden hätte. sich, dass eine fein aufeinander abgestimmte Anlage eines Sollte ich jemanden vergessen haben, so sei ihm versichert, auch einzelnen Herstellers etwas ganz Tolles sein kann. Das Wort er hat Gutes zum Gelingen dieses sehr erfolgreichen Forums bei- Synergieeffekt kommt einem da in den Sinn. getragen. Allen, die ihre Freizeit und dieses Wochenende geop- Die Kette eines einzelnen Herstellers (bis auf die Kabel, die fert haben, sei an dieser Stelle noch einmal herzlich gedankt. Heinz Stadthaus, der vorstellende Händler, selbst entworfen Hoffen wir, dass unser nächstes analog forum am 3. und 4. April hat), nämlich Linn, spielt im Raum „Laesiz“. Dennoch ist hier 2004 in Mannheim ebenfalls zum Besuchermagnet wird! 36 EVENTS ANALOG FORUM HAMBURG ANALOG AKTUELL 3/2003

Raum Lessing Laufwerkskombinationen bis 2 500 Euro

Lautsprecher von Harbeth ...... mit Crimson-Elektronik

Thorens TD 850 Rega P3

VPI Scout Holborne 2 42 MUSIK JAZZ REISSUES ANALOG AKTUELL 3/2003

Verve (Speakers Corner) MG-VS-6095 Jazz Reissues

Text: Alexander Bölts

Impulse (Speakers Corner) AS 32

44 MUSIK MUSIC WAS MY FIRST LOVE ANALOG AKTUELL 3/2003

Music was my first love ... and this is how it all began

Text: Rainer Bergmann

Es war das Jahr 1975, als die 8. Klasse also noch mal reingehört, um den Pro- gegründet. 1970 erschien dann die der Essener Alfred-Krupp-Schule eine zess der Entscheidungsfindung weiterzu- Debut-LP „In And Out Of Focus“, die Klassenfahrt nach Neustadt/Titisee im führen. Na ja, irgendwann habe ich sie mit „House Of The King“ gleich einen Schwarzwald unternahm. Die Jungs dann doch gekauft. Meine allererste selbst Hit landete. Das im Jahr 1971 folgende (Mädchen hatten wir damals keine in gekaufte LP! Keine geschenkte Märchen- Album „Moving Waves“ enthielt dann der Klasse) sollten skifahren lernen. Da platte, keine der schon zigmal gehörten den von mir so geliebten Song „Hocus bot sich diese Gegend rund um den Feld- Platten der Eltern, keine Single (da war Pocus“, der auch Focus´ größter Hit war berg mit seinen Wintersportmöglichkei- meine erste selbst gekaufte übrigens „Pop- und blieb. ten an. Wunderbar gelegen gab es dort corn“ von „Hot Butter“; da war ich, glau- Viele Fachleute sind der Ansicht, dass eine Jugendherberge, in deren Kellerräu- be ich, zwölf Jahre alt), sondern eine Focus die Band war, die der hollän- men sich eine „Disco“ befand. richtige, große Schallplatte! dischen Rockmusik international zum Na ja, Disco. Ein dunkel gestrichener Die Platte erschien 1974 in der Gold-Serie Durchbruch verholfen hat. 1978, nach Raum mit einer Theke und ein Paar Laut- von Karussell, und witzigerweise wurde mehrfachen Umbesetzungen, löste sich sprechern an der Wand, an die jemand das Cover damals bei der Gerhard Kaiser die Gruppe auf. 1985 brachten Akkerman einen Plattenspieler samt Verstärker ange- GmbH in Essen gedruckt. Die Druckerei und van Leer mit einigen Gastmusikern schlossen hatte. Dazu ein paar Holzbän- existiert immer noch an derselben Stelle die LP „Focus“ heraus, bevor sich die ke, buntes Licht – fertig. Was da so alles am Westrand der Essener Innenstadt. Sie Band 1990 in der Besetzung von 1972/73 an Musik lief, weiß ich im Detail nicht druckt aber keine LP-Cover mehr, son- (, , Bert Rui- mehr, aber zwei Platten wechselten sich dern Booklets und Cover von CDs sowie ter, ) neu gründete. Und es dabei immer wieder ab: „Status Quo Pappkartons und Speisekarten für ameri- gibt sie immer noch. Live“ mit „Roll Over Lay Down“, und kanische Klopsbratereien, Beipackzettel Ich selbst habe mir nie eine andere Platte „Focus – The Greatest Rock Sensation“ für Medikamente u.s.w. von Focus gekauft. Die hier beschriebene mit „Hocus Pocus“. Das war „oberaf- „The Greatest Rock Sensation – Focus“ ist immer noch in sehr gutem Zustand fentittengeil“ (heute würde man wohl ist übrigens keine reguläre Focus-Platte, – da habe ich schon damals drauf geach- eher „voll fett krass“ sagen) – Rockmusik sondern sowas wie eine „Best of ...“ tet, dass meinen Vinylschätzen kein Leid und Jodeln! Allein deshalb wollte ich eines Fremdlabels. Diese Serie umfasste widerfährt. Nur das Cover ist ein wenig diese Platte unbedingt haben und auch zu damals etliche Bands, die alle ein Merk- abgegriffen. Schließlich hole ich die Platte Hause immer wieder hören können. Bis mal gemeinsam hatten: relativ neue, auf- immer wieder mal aus dem Regal heraus es dann soweit war, sollten aber noch ein strebende, progressive Rockband. Oder und höre sie mir an. Ich mag sie immer paar Wochen ins Land gehen. Die zehn, das, was die Labelmanager darunter ver- noch! Und bei „Hocus Pocus“ schließe zwölf Mark waren für einen Schüler wie standen. Die Klangqualität war nicht ich immer noch gerne die Augen und mich damals eine schöne Stange Geld. gerade audiophil (spielte sowieso gar finde mich im Disco-Keller der Jugend- Das wollte wohl überlegt sein. keine Rolle), und auch was die Auf- herberge wieder. Ach ja ... Also ging ich in einen der damals noch machung anging war die Platte nicht Wer im Internet weitere Informationen zu existierenden kleinen Plattenläden im gerade ein Musterbeispiel. Die Machart Focus nachlesen mag, dem sei, wenn auch Stadtteil und hörte mir die Platte erst – leider nicht die Klangqualität – mit in Englisch und in Kurzform, folgender mal an. Zuerst natürlich „Hocus Pocus“. Erläuterungen zur Band und zur Disco- Link empfohlen: www.allmusic.com und Beim nächsten Mal auch mal andere Stü- grafie erinnert mich heute frappierend dann „Focus“ eingeben. Ich würde mich cke: Sylvia, House Of The King, Early an Amiga-Platten. übrigens sehr freuen, wenn andere Leser, Birth und was es da sonst noch so (an Focus wurde 1969 in Amsterdam angeregt durch diesen Artikel, auch zur progressiver Rockmusik – den Begriff ursprünglich als Background-Band für Tastatur greifen und ihre erste Platte kannte ich damals aber noch nicht) gab. die holländische Version von „Hair“ oder sonst eine Platte, die ihnen beson- Alles tolle Sachen. Aber dafür so viel durch Thijs van Leer, Jan Akkerman, ders am Herzen liegt, vorstellen. Fände Geld ausgeben? Beim dritten Mal habe ich Martin Dresden und Hans Cleuver ich ganz toll! 46 MUSIK DIE ANFANGSJAHRE DER ROLLING STONES ANALOG AKTUELL 3/2003

Mick Jagger war froh, wenn es Erbsensuppe gab

Alexis Korner und die Anfangsjahre der Rolling Stones

Text: Joachim Bung

Auf ihrer „World Tour 2003“ haben die Rolling Stones wieder Brian über’s Wochenende von Cheltenham nach London und sagenhafte Erfolge gefeiert. Auch wenn die „härteste Rockband übernachtete dann in meiner Wohnung. Weil ich kein Extrabett der Welt“ nicht unbedingt „my cup of tea“ ist und mir ihre hatte, musste er auf dem Fußboden schlafen. Aber er fand das früheren musikalischen Vorbilder mehr zusagen als die Gruppe besser, als nach Hause zurück zu fahren.“ Mick und Keith selbst, möchte ich mal an ihren bescheidenen Anfang erinnern. lernten so Charlie und Brian in Korner’s Wohnung kennen. Die Basis meiner Ausführungen ist ein Artikel, der im April 1976 im Wohnung war sowieso ein Treffpunkt aller möglichen Musiker. „Musik Joker“ erschienen ist. Heute bereits ziemlich vergilbt, Graham Bond kam oft, viele amerikanische Blues-Musiker hat der Zeitungsausschnitt mehr als ein Vierteljahrhundert schauten herein. Und weil alle damals sehr wenig Geld hatten, unter der Außenhülle einer meiner beiden einzigen, frühen kaufte Korner’s Frau einmal in der Woche einen großen Sack Stones-LPs überlebt! Erbsen, oder was sonst gerade am billigsten war. Dann wurde in 1959 und 1960 waren harte Jahre für Rhythm & Blues-Musi- einem großen Topf für eine Woche im Voraus Suppe gekocht. ker in England. Das Publikum stand nur auf Skiffle und Quasi am Küchentisch rund um die Erbsensuppe brachte Ale- Rock’n’Roll-Kopien wie Tommy Steele, Brian Poole und Cliff xis Korner die Gruppe Blues Incorporated zusammen – die Richard. Die Hitparaden quollen über von Schmalzsongs (wie erste Profigruppe Englands in Sachen Rhythm & Blues. Keith ich sie immer noch gerne höre und sammle). Und was Leute Richard jammte oft mit, gehörte aber nie zur Band, in der wie Muddy Waters, Bo Diddley und John Lee Hooker zur glei- ohnehin zu viele Leute waren. Manchmal trat sie mit vier chen Zeit in Amerika spielten, interessierte in Großbritannien Sängern gleichzeitig auf: John Baldry, Cyril Davies, Mick Jagger kaum jemand. und Eric Burdon. Dafür bekam dann jeder 30 Shilling – wenn Damals trat Alexis Korner, der erste professionelle weiße Blues- er Glück hatte. Musiker in Europa, gemeinsam mit dem Harmonika-Spieler Richtig üben konnte Blues Incorporated selten. Denn niemand und Sänger Cyril Davies als Duo auf. „In einem kleinen Lon- in London wollte einen entsprechenden Raum an eine elektri- doner Pub, dem ‚Roundhouse’, hatten wir uns mit akustischen sche Band vermieten. Den ersten Auftritt hatte sie Anfang 1961 Gitarren und Country-Blues eine kleine Anhängerschar geschaf- in einem Theater in Croydon – als Vorprogramm des Soft- fen“, erinnert er sich. „Aber ich wollte richtigen Rhythm & Blues Klarinettisten Mr. Acker Bilk. Die Reaktion des Publikums war spielen, elektrisch verstärkt. Das Problem war nur: Klubbesitzer unglaublich: eine Hälfte buhte, die andere war begeistert. Es und Publikum fanden schon meinen 10-Watt-Verstärker zu entstand ein Handgemenge, und der Abend endete mit einer laut. Eine ganze Rhythm & Blues-Band mit Verstärkern – das Saalschlacht. Die Fans wurden immer mehr, und auch andere war damals in England einfach undenkbar.“ Musiker fassten Mut, es wie Blues Incorporated mit Rhythm & Bisweilen ging Alexis Korner in den „Troubadour-Club“ zu Blues zu versuchen. Bald war diese Musik populär – London einer Jam-Session. Dort spielte ein Freund von ihm namens entwickelte sich zum Zentrum dieser Musik, so wie Liverpool Bernie Newman in einer kleinen Jazzband Posaune. Der Schlag- in dieser Zeit das Beat-Zentrum wurde. zeuger von Bernie’s Band hieß Charlie Watts. Charlie war ein Im Sommer 1962 verpflichtete die BBC Blues Incorporated netter Kerl, und als Korner ihm von seiner Idee mit der elektri- für eine Rundfunksendung. Doch der Sender wollte nur sechs schen Bluesband erzählte, war er sofort begeistert: „Wenn alles Musiker bezahlen, obwohl die Gruppe aus sieben Mitgliedern klappt, spiele ich bei Dir.“ Im Herbst 1960 bekam Korner einen bestand. Alexis Korner: „Wir mussten uns entscheiden, wer Brief aus Dartford. Absender war ein Michael Phillip Jagger, nicht mitkommen konnte. Die Wahl fiel auf Mick Jagger, weil er der von dem Vorhaben gehört hatte. Mit dem Brief schickte nur Sänger war und kein weiteres Instrument spielte. Stattdes- er ein Tonband, das er mit ein paar Freunden, darunter Keith sen sollte Mick für uns den Marquee-Club freihalten, in dem Richards, aufgenommen hatte. Korner: „Das Band war okay, wir die Hausband waren.“ Mick nahm für den Auftritt ein paar und ich lud ihn zu mir nach London ein. Zwei Tage später Freunde mit, Keith, Brian und noch zwei andere. Sie spielten als stand er mit Keith Richards vor meiner Tür.“ zweite Gruppe des Abends, nach John Baldry & his Kansas City Brian Jones hatte Korner schon früher getroffen: „Er kam Boys. Um für das Konzert einen Namen zu haben, nannten sie Anfang 1960 einmal nach einem Konzert zu mir, um sich sich nach einem Muddy-Waters-Titel „Rolling Stones“. Dabei über Blues zu unterhalten. Seitdem sah ich ihn oft. Meist fuhr blieb es – und ein langer Aufstieg begann. 48 TECHNIK ABNUTZUNG VON SCHALLPLATTEN ANALOG AKTUELL 3/2003

Vorwort der analog aktuell Redaktion

Die Redaktion der analog aktuell hat sich entschlossen, wieder Während international ab 1982 die großen Musikkonzerne ihr regelmäßig Grundlagenartikel zur Schallplatten- und Ton- Augenmerk voll auf die CD fokussierten und die Schallplatte bandtechnik abzudrucken. mehr und mehr aus den Läden verschwand, wurde im abge- Wir wollen damit das Wissen um die Analogtechnik wach schotteten Markt der DDR bis 1989 am Medium Schallplatte halten. Leider wird auf dem Gebiet der Schallplattentechnik als Massentonträger festgehalten. kaum noch geforscht und zu wenig Neues veröffentlicht. In diesem Zusammenhang sind wir beim Recherchieren auf Wir können uns jedoch an einem riesigen Fundus von Veröf- hervorragende Fachartikel in der Zeitschrift „radio fernsehen fentlichungen und Artikeln bedienen, die in den letzten 50 Jah- elektronik“ (heute rfe) gestoßen, aus denen wir unsere Reihe ren zur analogen Tonspeicherung und Wiedergabe erschienen mit einem weiteren Artikel aus dem Jahr 1969 fortsetzen möch- sind. ten. Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift radio fernsehen Die Qualität der Langspielplatte wurde seit ihrer Einführung elektronik 15/1969. bis in die 80er Jahre hinein durch Forschung und Entwicklung Die Zeitschrift rfe, mit deren freundlicher Genehmigung wir bis an das physikalisch Machbare stetig verbessert. An dieser den Beitrag abdrucken, kann heute bei der Huss-Medien GmbH, Entwicklung hier und da noch einmal teilzuhaben, ist nicht Am Friedrichshain 22, 10400 Berlin, bezogen werden. zuletzt für jüngere Analogfreunde interessant. www.rfe-online.de

Abnutzung von Schallplatten

Text: Gerhard Hohmuth

Im VEB Deutsche Schallplatten erfolgten Untersuchungen über die Abnutzung von Messschallplatten bei der Serienprüfung von Abtastsystemen mit Abtastern verschiedener Hersteller und unterschiedlicher Wandlerprinzipien. Der folgende Beitrag bringt eine zusammengefasste Darstellung der Ergebnisse, aus denen Rückschlüsse auf die beim Abspielen normaler Platten auftretenden Veränderungen abgeleitet werden können. ANALOG AKTUELL 3/2003 ABNUTZUNG VON SCHALLPLATTEN TECHNIK 49

Beim Abtasten einer Schallplatte muss ein ständiger mechani- scher Kontakt zwischen Rille und Nadel bestehen, soll die Abtastung verzerrungsfrei vor sich gehen. Trotz der heute üblichen relativ niedrigen Auflagekräfte werden an den Nadeln, selbst wenn diese aus den verfügbar härtesten Materialien hergestellt sind, Abnutzungsspuren festgestellt [1]. Über Ver- änderungen der Aufzeichnungen durch häufiges Abtasten sind bisher nur wenige Untersuchungsergebnisse bekannt gewor- den. Für die Untersuchungen im VEB Deutsche Schallplatten wur- den Messschallplatten LB 41 bzw. LB 42 bis zu 150 mal abgetas- tet und die Ausgangspegel in Abhängigkeit von der Frequenz mit Hilfe eines Pegelschreibers bei jeder Abtastung registriert. Bei der Auswertung wurden die aus den Pegelaufzeichnungen herauslesbaren Veränderungen gegenüber dem Anfangszu- stand bei einigen ausgewählten Frequenzen in Abhängigkeit von der Anzahl der Abspielungen in Kurven dargestellt. Die Versuche erfolgten mit Abtastsystemen, deren Nadel keine sichtbaren Abnutzungsspuren aufwiesen. Mit einem Studioab- taster – ähnlich dem System MS 15 SD, jedoch in verringerter Nadelmasse (magnetisches Wandlerprinzip) – ergaben sich aus den Pegelaufzeichnungen die in den Bildern 1a bis 1c zusammengefassten Veränderungen des Ausgangspegels. Bei 2 p Auflagekraft waren nur bei etwa 14 kHz eindeutige Veränderungen von maximal 1,2 dB Anhebung ablesbar. Bei 3,5 p Auflagekraft beträgt die Pegelanhebung bei 14 kHz maximal 1,8 dB, bei 8 und 18 kHz dagegen nur wenige Zehntel Dezibel. Bei 5 p Auflagekraft wurden bei 14 kHz bis 4 dB Anhebung registriert. Aber auch hier klingt die Anhebung bei abweichenden Frequenzen schnell ab, wie die Ergebnisse bei 12 und 10 kHz zeigen. Bereits aus dieser Versuchsreihe ist abzulesen, dass die durch den Abtastvorgang hervorgerufenen Veränderungen der Ril- lenaufzeichnung zu einer Erhöhung des Pegels führt. Diese Veränderungen treten aber nur bei solchen Frequenzen auf, bei denen der Wandler Resonanzen besitzt, die zur ausgepräg- Bild 1 ten Erhöhung der dynamischen Nachgiebigkeit führen. Bei Veränderung des Pegels der Messschallplatte, ermittelt aus den optimalem Abschlusswiderstand sind diese Resonanzen in Änderungen des Ausgangspegels des Abtasters. Abgetastet mit der Übertragungskurve oft nur leicht angedeutet, dagegen einem Abtastsystem ähnlich Ziphona MS 15 SD. treten sie im Leerlauf ausgeprägter in Erscheinung. Zur Ver- a) Auflagekraft 2 p deutlichung sind im Bild 2 zwei für diesen Wandler typische b) Auflagekraft 3,5 p Übertragungskurven dargestellt. Kurve a ist die mit betriebs- c) Auflagekraft 5 p mäßigem Abschlusswiderstand ermittelte Übertragungskurve (so wurden die beschriebenen Untersuchungen durchgeführt), während Kurve b die Übertragungskurve desselben Wandlers im Leerlauf bei sonst gleichen Messbedingungen darstellt. Außerdem besitzt die Auflagekraft – wie die Bilder 1a bis 1c zeigen – noch einen erheblichen Einfluss auf die Größe der Anhebung. Das hier untersuchte hochwertige System arbeitet bei Auflagekräften unter 3 p stabil, so dass also ein Arbeits- punkt einstellbar ist, bei dem im gesamten Übertragungsbe- reich selbst bei einer extrem hohen Anzahl von Abtastungen ein und derselben Schallplatte keine störende Pegelveränderung eintritt. Bei einer anderen Versuchsreihe wurden die Bedingungen Bild 2 so nachgebildet, wie sie bei der Serienprüfung von Abtast- Übertragungskurve des Systems, mit dem die in den Bildern 1a systemen gegeben sind. Mit einem „Normalsystem“, ähnlich bis 1c dargestellten Ergebnisse gewonnen wurden. dem vorigen, wurde die erste, vierte, siebente, zehnte und a) mit betriebsmäßigem Abschlusswiderstand 2,7 kOhm/4,7 nF später jede fünfte Abtastung registriert. Für die dazwischen b) im Leerlauf 52 TECHNIK BEURTEILUNG DER ABTASTFÄHIGKEIT VON TONABNEHMERN ANALOG AKTUELL 3/2003

Einfach, präzise, objektiv

Beurteilung der Abtastfähigkeit von Tonabnehmern am Computer

Text: Klaus Wunderwald

Keine Angst, liebe Plattenfreunde und Analogfans, dies soll kein Plädoyer für die Digitaltechnik in der Wiedergabekette sein. Ganz im Gegenteil, es geht darum, ein möglichst unverfälschtes Signal aus der Schallplattenrille zu bekommen. Grundvoraussetzung für ungetrübten Hörgenuss ist am Anfang der Wiedergabekette ein richtig justiertes und unverschlissenes Schallplatten-Abtastsystem. Andernfalls sind nichtlineare Verzerrungen und erhöhtes Übersprechen zwischen den Kanälen die ärgerliche Folge. Die Idee besteht nun darin, mittels Messschallplatte und Computer die Güte des Abtastverhaltens objektiv zu beurteilen. ANALOG AKTUELL 3/2003 BEURTEILUNG DER ABTASTFÄHIGKEIT VON TONABNEHMERN TECHNIK 53

Was braucht man?

Als Messschallplatte eignet sich hervor- ragend die Testschallplatte EPH-01 der Edition Phönix, die jedes AAA-Mitglied TA Entzerrer als Begrüßungsgeschenk erhält. Weiter sollte ein Computer mit Soundkarte vor- handen sein. So ein gutes Stück findet man ja heutzutage in fast jedem Haus- halt. Ein Laptop wäre natürlich geeigne- Line In ter, denn es ist sicherlich angebrachter, den PC zum Plattenspieler zu bewegen, als umgekehrt den sorgsam aufgestellten Spieler von seinem Stammplatz zu bug- PC sieren. Ein oder zwei Adapterkabel für Cinch auf 3-mm-Klinke sollten ebenfalls vor- handen sein, denn am Laptop findet man meist nur 3-mm-Klinkenstecker. Bessere Kopfhörer Soundkarten am PC haben auch Cinch- Anschlüsse. Dann benötigt man nur nor- Bild 1 male Cinch-Kabel; es müssen nicht die Anschluss des PCs direkt an den Entzerrer für 100 Euro pro Meter sein. Jeder moderne Computer ist heutzutage mit einem CD-Brenner ausgerüstet ein- schließlich dem dazu gehörenden Pro- gramm. Wenn das Brennerprogramm noch einen Wave-Editor enthält, hat man alles zusammen. Bekannte Brennerpro- Line In Rec Out gramme mit Wave-Editoren sind zum TA Entzerrer Beispiel Nero sowie WaveLab und Clean! von Steinberg. Verstärker Zwei Verbindungsvarianten

Wie bekommt man nun die Audiosignale der Testschallplatte in den Computer? Wer schon einmal eine LP auf CD-ROM gebrannt hat, weiß wie es geht. Übrigens Line In waren meine Freunde echt begeistert, als ich ihnen einige meiner Vinyl-Schätze auf CD brannte. „Das klingt ja richtig gut!“ bekam ich zu hören. Viele ver- PC binden Schallplatten mit Knistern und Knacken und müdem Sound. Sehr zu Bild 2 unrecht, wie wir alle wissen. Dabei hatte Anschluss des PCs an den Verstärker ich auf jegliche „Denoiser“ und „Decrick- ler“ verzichtet. Aber das nur nebenbei. Wie bereits erwähnt, hat es mit der Verka- belung einfach, wer einen Laptop besitzt. wäre zu groß. Die Bilder 1 und 2 zeigen ren eignen sich Kopfhörer. Diese Vari- Dann geht er mit diesem zu seiner HiFi- die möglichen Anschlussschemata. ante bietet sich an, wenn ein externer Anlage. Besitzer eines Desktops, der viel- Bei Variante 1 gelangt das Audiosignal RIAA-Entzerrer verwendet wird, der also leicht im Arbeitszimmer weit weg von der von der Messschallplatte über den Ent- nicht im Verstärker integriert ist. HiFi-Anlage steht, sollte es lieber lassen. zerrer-Vorverstärker direkt an den Line- Man kann aber auch nach Variante 2 Der Räum- und Verkabelungsaufwand In-Eingang der Soundkarte. Zum Mithö- verbinden: Ihr Vorteil liegt darin, dass 56 TECHNIK TONBANDMASCHINE TANDBERG TD 20 A ANALOG AKTUELL 3/2003

Immer noch auf der Höhe der Zeit

Tandberg TD 20 A: die Tonbandmaschine aus Norwegen mit den „gewissen Extras“

Text: Uwe Mehlhaff, Fotos: Andreas Gößling, Ansgar Hecker

In meiner „Karriere“ als Tonbandfreund ist es mir zu keiner Unterschied zwischen TD 20 A und TD 20 A-SE liegt in der Zeit gelungen, eine Bandmaschine von Revox zu erwerben. Nun andersfarbigen Abdeckung des Bedienungsfeldes. Dieses ist muss ich fairerweise zugeben, dass ich kein großer Freund der bei der TD 20 A in silbern und bei der TD 20 A-SE in schwarz A 77, A 700, B 77 und wie sie alle heißen war. Zwischenzeitlich gehalten. hat sich meine Einstellung zu Revox beziehungsweise Studer – Beide Maschinen kam aus Norwegen – einem Land, das eigent- vielleicht altersbedingt? – geändert. Womit ich mich allerdings lich damals in bezug auf die Herstellung hochwertiger HiFi- damals schon hätte anfreunden können, war die 36er-Serie. Geräte weniger bekannt war. Aber Tandberg-Geräte, vor- Doch die war seinerzeit für mich schlicht zu teuer. Dann gab nehmlich Bandgeräte, hatten schon seit den sechziger Jahren es noch die Profi-Serie von Studer, die mir zwar optisch gefiel, einen guten Ruf auf dem deutschen Tonbandgeräte-Markt. aber noch unerschwinglicher war. Von Exoten aus dem hohen Norden konnte also nicht mehr Ich habe im Laufe der Jahre schätzungsweise 20 Tonbandge- die Rede sein. räte gehabt, darunter Geräte von Akai, Grundig, Philips, Die TD 20 A kostete bei Einführung im Jahre 1977 knapp Saba, Teac, Telefunken, Uher. Und alle Geräte dieser Firmen 1 900 DM. Der Preis stieg im Laufe der Zeit bis auf etwa wurden zeitlich nur von einer überlebt – nämlich der Tand- 2 500 DM. Die TD 20 A-SE hatte neben der „blauen“ (norma- berg TD 20 A. Durch einen reinen Zufall erhielt ich die len) Bedienungsanleitung noch eine „rote“ und war mit knapp Möglichkeit, dieses Modell günstig zu erwerben. Ich besitze 3 000 DM zu veranschlagen. In der roten Bedienungsanleitung sie noch heute, auch wenn sie schon auf dem Altenteil ist, wurde detailliert auf die Spezialentzerrung (SE) eingegangen. sprich im Ersatzteillager steht. Im Tausch – ausschlaggebend Dabei handelt es sich um eine eigens für die TD 20 A-SE waren optische Gründe – habe ich in meinem privaten Ton- entwickelte Aufnahme- und Wiedergabeentzerrung, mit der studio eine Tandberg TD 20 A-SE aufgestellt. Der optische die Vorteile damaliger hoch aussteuerbarer Bänder genutzt 58 FORUM RAUM IST IN DER KLEINSTEN HÜTTE ... ANALOG AKTUELL 3/2003

Raum ist in der kleinsten Hütte ...

Oder: Wie man acht Plattenspieler und zweitausend LPs in einem elf Quadratmeter kleinen Musikzimmer unterbringt

Text: Holger Trass, Fotos: Joachim Bung

Mehr nach hinten rücken geht nicht: Holger Trass in seinem Musikzimmer ANALOG AKTUELL 3/2003 RAUM IST IN DER KLEINSTEN HÜTTE ... FORUM 59

Es war einmal ein Hobbyraum, in dem standen eine überdi- empfand er ebenfalls als wenig erfreulich. Eines Tages brachte mensionale Holz-Werkbank mit einem riesigen Schraubstock, er eine ausrangierte Kaffeemaschine in den Hobbyraum. Sie ein großer Werkzeugschrank und jede Menge Regale mit Krims war nicht kaputt, sondern musste nur aus Designgründen einer und Krams. Der Besitzer des Hobbyraums hatte mit Heimwer- neuen Maschine weichen. Also hätte man sie ja gegebenenfalls ken aber nun gar nichts am Hut. So wurde der Raum mehr oder noch mal gebrauchen können. Dabei fiel es ihm wie Schuppen weniger als Abstellraum genutzt. Mit der Zeit füllte er sich mit aus den Haaren: Dieser Raum wird mein Musikzimmer! Wider allem möglichen Zeug, das man, wenn man genauer darüber Erwarten war nur wenig Überzeugungsarbeit nötig, und schon nachdenken würde, garantiert nie wieder braucht. Zeug, das bald willigte die Bauchtänzerin in das Vorhaben ein. aber mit den Worten „Vielleicht braucht man’s ja nochmal“ Man begann, Krims und Krams zu sortieren und zu bewerten doch nicht den Weg alles Irdischen ging und eben in jenem – und wegzuwerfen. Der Werkzeugschrank und die Regale Raum „abgestellt“ wurde. fanden in der Garage ein neues Zuhause. Die Werkbank wurde Der Nicht-Heimwerker frönte einem anderen Hobby – er war von einem befreundeten „echten“ Heimwerker mit Kusshand Musikliebhaber, und speziell Schallplatten waren seine Passi- übernommen. Der Raum, 3,2 auf 3,5 Meter klein, erhielt neue on. Seine Anlage – mit einem wunderschönen Transrotor- Tapeten und bekam einen Teppichboden. Die unter der Decke Plattenspieler in Acryl und Gold – stand, wie es sich gehört, verlaufenden Heizungs- und Wasserrohre wurden hinter einer im Wohnzimmer. Seine Frau liebte Musik auch, aber sie liebte abgehängten Holzdecke versteckt, in der ein paar schöne Halo- speziell auch den orientalischen Tanz. So entschied sich unser gen-Spots Platz fanden. Musikliebhaber, der nebenbei auch ein guter Ehemann war Dann wurde die Anlage in dem neuen Musikzimmer aufgebaut. (und ist), das geräumige Wohnzimmer seiner Frau und ihrer Mittlerweile waren ein zweiter Thorens und ein neuer Röhren- Tanzleidenschaft zu überlassen. Er kaufte sich ein zweites verstärker dazu gekommen. Der Transrotor Classic mit SME Paar Lautsprecher, passende Ständer dazu, einen kompakten 3009 bekam natürlich einen Ehrenplatz, ebenso die ständig englischen Vollverstärker sowie einen kleinen Thorens und zog wachsende Plattensammlung (Bauchtanzmusik gibt’s übrigens damit ins Schlafzimmer. Dort baute er die neue Anlage vor fast nur auf CD). Ein Gartensessel – für mehr reichte es noch dem Bett auf. Bequem auf den weichen Kissen liegend, konnte nicht – wurde mit mehreren bequemen Auflagen sehr weich er so seine Platten hören, während seine bessere Hälfte im gepolstert. Es begannen himmlische Zeiten! geräumigen Wohnzimmer „bauchtanzte“. Sie haben es sich wahrscheinlich schon gedacht: Der Musik- Es war ein durchaus gelungenes Konzept. Nur musste er jedes liebhaber mit der bauchtanzenden Ehefrau bin natürlich ich, Mal die Lautsprecher wegräumen, wenn Schlafenszeit war. und das Ganze fand 1995 statt. Mittlerweile wurde der Raum Da seine Schallplatten keinen Platz im Schlafzimmer fanden, umgebaut beziehungsweise neu möbliert, und es wurden mehr pendelte er öfters zwischen Schlaf- und Wohnzimmer. Auch und mehr Schallplatten und Plattenspieler. Heute beherbergt befanden sich beide Räume nicht im gleichen Stockwerk. Dies der Raum:

Die Regalwand mit 2 000 Schallplatten bietet reichliche musikalische Auswahl