Pädagogische Begleitbroschüre zu dem Dokumentarfilm mit Otto Addo, Jérôme Boateng, Anja Mittag und vielen anderen

Mit einem Beitrag Ideen zur Arbeit mit Ein kompletter von Ronny Blaschke der Dokumentation Workshop zum Film PROTAGONIST INNEN

O A D E N R T T D O LE A D O H T T K A E K

JA K R A R E A S B T U D E C A S N K K A

In - Wollte nicht nur in Hummelsbüttel geboren, Deutschland Fußball spielte er für Ghana. spielen.

D A S A M Wollte lieber Fußball A L O Ist mit 6 aus Russland spielen, als zum R A nach Deutschland E H Ballett zu gehen. G eingewandert.

S S A R M N P P H E T Z A E T O E H I S L I D R E Kam mit 12 nach Deutschland H R und spielte 60 mal für die C Nationalmannschaft.

ID A ZZ S H N I A Twittert gerne. Wollte nie S H O U O K Z R A „Nicht weghören, sondern für Deutschland spielen. A U N R I K Leute ansprechen.“

A M IT T NJ A A G

Wird oft als Hat Otto Addo mal einziger am Flughafen vor einer Prügelei durchsucht. bewahrt.

Wechselte von Potsdam War einer der ersten R IN C E B nach Malmö, um mal P O A Schwarzen Profifußballer etwas anderes zu sehen. N T in Deutschland. I E V N E G L K D O D E R E BO AT E X E OM E L R R N A E G J

Verliess nach rassistischen Beleidigungen ein laufendes Spiel.

Möchte weder bevor- HO N Y U TO H IL War noch nie in noch benachteiligt T JA E R B E Ghana. Sein Vater N H B R werden. A O T kommt von dort. R

Kam aus Nigeria Würde bei über Norwegen in rassistischen Vorfällen die . immer einschreiten. Filme haben hinsichtlich der Einschätzung sozialer Wir stellen auf den nächsten Seiten dieser Online- Realitäten und Identitätsbildung eine immer stär- Ausgabe ein Workshopformat vor, wie Sie mit dem kere Bedeutung. Daher ist es sinnvoll, einige Fra- Film arbeiten können. gen vorab zu bedenken. Aus diesem Grund haben wir diese Broschüre für die pädagogische Arbeit mit Um die verschiedenen Perspektiven der Doku- Jugendlichen entwickelt. mentation vertieft zu behandeln, ist außerdem Wir verzichten bewusst auf lange Ausführungen eine umfangreiche Broschüre in gedruckter Form und wollen uns sowohl im Inhalt als auch beim erhältlich. In der Broschüre finden Sie eine Über- Layout von klassischem Unterrichtsmaterial unter- sicht mit Schlüsselszenen und Zitaten aus dem Film scheiden. sowie weitere Methoden und Expert_innenbeiträge. Bei Interesse an der Broschüre nehmen Sie gerne Diese Broschüre enthält eine Einführung ins Thema Kontakt mit uns auf. „Rassismus und Diskriminierung im Fußball“ sowie Methoden und Hintergrundwissen als Vorschläge zur Arbeit mit „Wie im falschen Film“. Eine kleine Legende als Arbeitshilfe: Der Film ist ein Werkzeug für die Bildungsarbeit mit jungen Menschen. Er soll nicht umfassend informie- ren, sondern gezielt an Diskussionen heranführen Protagonist_innen Hintergrundtext und auch Fragen aufwerfen.

Workshop Informationen

3 Im Januar 2013 bestreitet Kevin-Prince Boateng mit „Das tat weh“, sagt Kevin. „Das sind Emotionen, die seinem damaligen Verein AC Mailand ein Freund- man nicht beschreiben kann.“ Der Fußball ist die schaftsspiel bei Aurora Pro Patria, einem Klub beliebteste Sportart der Welt. aus der vierten Liga in Italien. Kevin wurde in Berlin geboren, sein Vater stammt aus Ghana in Jubel auf den Tribünen, Gesänge, bunte Trans- Afrika. Auch in diesem Testspiel führt Kevin den Ball parente. Nicht nur in Deutschland sind die Stadi- elegant am Fuß, doch die gegnerischen Fans en fast immer ausverkauft. Doch manchmal kann wollen ihn provozieren und aus dem Konzept einem die Angst kommen: Forscher der Universität bringen. Sie brüllen ihren Zorn heraus, schimpfen, Bielefeld haben herausgefunden, dass fast die imitieren die Geräusche von Affen. Damit wollen die Hälfte aller Deutschen die Meinung vertritt, in Fans zum Ausdruck bringen, dass sie Menschen mit ihrem Land würden zu viele Ausländer leben. dunkler Hautfarbe für minderwertig hal- Zu viele „Fremde“. Auch Vorurteile über Schwar- ten. Kevin und seine Teamkollegen wol- ze, homosexuelle oder behinderte Men- len diesen Rassismus nicht dulden – sie schen sind weit verbreitet. Es sind Vorurtei- verlassen das Spielfeld vor dem Abpfiff. le, die nicht stimmen, aber weiter gegeben werden. In Wahrheit ist die Vielfalt der Menschen eine große Bereicherung für eine Gesellschaft.

Viele Fußballfans sprechen ihre Vorurteile im Stadion laut aus. In der Schule, bei ihren Eltern oder in der Disko würden sie das nicht tun. Im Stadion sind die Fans Teil einer großen Gruppe. Sie tragen mit Freunden die gleichen Trikotfarben, sie fühlen sich gemeinsam stärker als allein. Sie wollen ihren Lieblingsklub unterstützen, der auch ein Symbol für ihre Heimatstadt ist, für ihre Wurzeln.

Die Fans glauben, in der Menschenmasse unerkannt zu bleiben. Manchmal trinken sie zu viel Alkohol. Dann klatschen und singen sie sich in einen Rausch. Dann beleidigen, dann diskriminieren sie die Spie- ler und Fans des Gegners. Auf eine Art, die sie am nächsten Morgen vielleicht bereuen. Vielleicht aber auch nicht.

Die Diskriminierungen können sehr unterschied- lich sein, daher haben Wissenschaftler dafür einen Oberbegriff erfunden: Gruppenbezogene Menschen- feindlichkeit. Im Prinzip sagt er aus, dass Menschen andere Menschen als wertlos ansehen, als schwach, als ungenügend. Sie zielen auf angeborene Merk- male. Auf Merkmale, wofür die Opfer gar nichts können, und die auch überhaupt nicht schlimm sind: Hautfarbe, Religion, Sexualität. Vor allem in den achtziger und neunziger Jahren wurden schwar- ze Spieler wie Anthony Yeboah, Otto Addo oder mit Bananen beworfen, bespuckt oder beleidigt. Viele der Schreihälse haben es abge- stritten, Rassisten zu sein.

4 Sie wollten ihren sportlichen Gegner aus der Fassung Nicht alle Formen der Menschenfeindlichkeit bringen, sie wollten ihre Mannschaft zum Sieg brüllen. werden von Fußballverbänden, Polizei und Dafür haben sie Rassismus in Kauf genommen und Politikern mit der gleichen Energie bekämpft. Es Menschen mit schwarzer Hautfarbe als Gruppe gibt Diskriminierungen, die fallen unter den Tisch. pauschal abgelehnt. Das haben Fans an Jüngere Ein Beispiel ist der Antiziganismus, die Ablehnung weitergegeben, das gibt es noch heute. von Sinti und Roma. Die Minderheit der Sinti und Roma ist so vielschichtig wie die ganze Gesellschaft. Eine andere Form der Menschenfeindlichkeit ist der Doch viele Menschen verbinden mit ihr nur schlechte Antisemitismus. Zu spüren bekommen das die Verei- Dinge: Kriminalität, Faulheit, Selbstsucht. Ihre ne der jüdischen Sportbewegung Makkabi, benannt Abneigung kleiden sie in einen Begriff: „Zigeuner“. nach einem Freiheitskämpfer. Ein Beispiel aus dem Auch in den Stadien, wo Sinti und Roma nie als Grup- September 2006: Im Berliner Stadtteil Altglienicke pe in Erscheinung treten, grölen Fans eine Parole, um bedrohen Neonazis während eines Kreisligaspiels ihren Gegner zu verunglimpfen: „Zick, zack, die jüdischen Gastspieler. Eine Parole: „Wir verga- Zigeunerpack“. Die meisten Fans grölen einfach mit, sen euch.“ Eine andere: „Juden nach Auschwitz“. dadurch wirkt ihre Gruppe mächtiger. Vermutlich Die Neonazis huldigen den Nationalsozialisten unter wissen sie nicht, dass die Nazis im Dritten Reich eine Adolf Hitler: die Nazis hatten während des Zweiten halbe Million Sinti und Roma ermordet haben. Weltkriegs sechs Millionen Juden ermordet. Viele Neonazis verschlüsseln ihren Hass, auch im Fußball. Der Fußball gilt seit Jahrzehnten als Männer- Sie nutzen Codierungen, zum Beispiel die 88. Der sport, in dem nur unverwüstliche Spieler an achte Buchstabe im Alphabet ist das H. In doppelter die Spitze kommen. Fans, Medien, Sponsoren Ausführung: der Hitlergruß. huldigen durchtrainierten Siegertypen und berichten gern über ihre Ehefrauen. So hat Oft äußert sich Antisemitismus auch, wenn sich der Eindruck verfestigt, dass macho- Menschen mit jüdischem Glauben gar nicht anwe- mäßige Frauenhelden auf dem Rasen send sind. Dann ertönt das so genannte U-Bahn- stehen. Die Konsequenz: Schwule Kicker lied: Darin besingen Fans den Bau einer U-Bahn gelten als schwach und minderwertig. von der Stadt ihres Fußballrivalen nach Auschwitz. Auch deshalb dauerte es lang, bis In Auschwitz, einem kleinen Ort in Polen, hatte das ein berühmter Fußballer zugege- größte Vernichtungslager der Nazis gelegen. Manch- ben hat, dass er auf Männer steht. mal bezeichnen Fans ihren Gegner auch schlicht als Thomas Hitzlsperger hat 52 Länderspie- Juden. Sie meinen das als Schimpfwort. In ihrem le für Deutschland bestritten, er hatte Hinterkopf schwirren Klischees und Bilder aus der einen der härtesten Schüsse. Thomas ist Geschichte herum: Juden wurden über Jahrhunder- schwul. Kevin-Prince Boateng ist schwarz. te ausgegrenzt und als Sündenböcke missbraucht. Die Spieler von Makkabi sind jüdisch. Sie sind nicht weniger wert und sie sind auch nicht mehr Seit gut zehn Jahren werden Fans in den Stadien wert als alle anderen Menschen. von Kameras, Sicherheitsordnern und Fanbetreu- ern besser beobachtet. So sind rassistische oder Ronny Blaschke antisemitische Schmähungen vor allem außerhalb Journalist, Referent, Moderator der Arenen zu hören. In Zügen, Kneipen oder auf Marktplätzen. Und zunehmend liest man sie auch in www.ronnyblaschke.de den Internet-Plattformen. Dort können sich die Täter hinter einem falschen Namen verstecken.

5 RASSISMUS EIN OSTPROBLEM Im Film schildern aktive wie ehemalige Pro- fispieler ihre Erfahrungen mit Rassismus. Als einprägsam erscheinen die Erzählungen von Otto Addo, und Gerald Asamoah über ihre Erfahrungen mit in Cottbus im Jahr 1997, als Sie im „Stadion der Freundschaft“ massiv rassistisch beleidigt wurden. Ist Rassismus ein Problem des ostdeutschen Fußballs? Nein. Rassismus und Diskriminierung sind ein gesamt- gesellschaftliches Problem, das sich nicht auf ein bestimmtes Gebiet und schon gar nicht auf einen Sport begrenzen lässt.

Ereignisse wie in Cottbus lassen sich auch in den alten Bundesländern finden. Diskriminierende Äußerungen im Stadion sowie rechte Tenden- zen bzw. Verstrickungen zwischen Fanszene und sogenannten Freien Kameradschaften und aktiven Rassist_innen gibt es derzeit (2014) auch in Aachen, Braunschweig und Dortmund. Aktivist_innen gegen Nazis wurden in diesen Städten sogar bedroht und halten sich seitdem von den Tribünen fern.

In Köln fand im Oktober 2014 einer der größten neonazistischen Aufmärsche der letzten 10 Jahre in Deutschland statt bei dem mehr als 4000 Hoo- ligans, Neonazis und ihre Sympathisant_innen bei der Demonstration „Hooligans gegen Salafis- ten“ durch die Kölner Innenstadt marschierten.

Je nach Aufmerksamkeitsspan- ne der Gruppe ist es möglicher- weise nötig nach dem Film oder während des Films eine kurze Pause zu machen.

6 WIE IM FALSCHEN FILM WORKSHOP

Achten Sie darauf, dass die Beantwortung nicht zu einer ausführliche Nacherzählung des Films wird.

Wenn ein Großteil der Gruppe sich nicht für Fuß- ball interessiert, sollte betont werden, dass es auch bei anderen Sportarten und im Alltag zu Diskriminierungen kommt. In der Auswertung kann dann auf Beispiele eingegangen werden, die relevanter für die Lebenswelt der Jugendli- chen sind.

7 Unsere Unterstützer_innen:

Pool zur Förderung PFiFF innovativer Fußball- und Fankultur Gestaltung: Studio PJ.