Blätter für Heimatkunde 65 (1991) Die Pest in Friedberg

Von Ferdinand Hutz

Hilflos stand in früherer Zeit der Mensch den Infektionskrankheiten gegenüber, von denen in unserem Gebiet sicherlich die Pest die gefürchtet- ste war. Ihre schrecklichen Auswirkungen in der gesamten Steiermark hat schon Richard Peinlich vor 115 Jahren aufzuzeigen versucht,1 und Fritz Posch brachte für den Bezirk Hartberg eine Zusammenschau.2 Gesamtdar­ stellungen werden aber beim Fehlen von Detailuntersuchungen vielfach unvollkommen bleiben. So ist das Auftreten der Pest in der Stadt Friedberg in der bisherigen Literatur nur für die Jahre 1634 und 1644 vermerkt,3 obwohl die Bewohner dieser Stadt von ihr auch in anderen Jahren in Angst und Schrecken versetzt wurden:

1628 Nachdem im Jahr 1621 die Pest schon an der ungarischen Grenze gras­ sierte, fielen ihr in den Jahren 1622/23 allein in der Pfarre 110 Perso­ nen zum Opfer, ebendort waren nur einige Jahre später, 1625/26, wiederum 34 Pesttote zu beklagen.4 Für diese Zeit liegen auch für Friedberg die quel­ lenmäßig frühesten Pesttoten vor. Am 11. September des Jahres 1628 ver­ starb der aus Ulm gebürtige Goldschmiedegeselle Georg Milner und wurde bey einen Creuz begraben, den er war lutherisch, tags darauf verschied der aus Kelheim gebürtige Thomas Pfentner, ebenfalls Goldschmiedegeselle, im Spital.5 Zu ihnen vermerkt das Sterbebuch: baide an der Pest. Da von der heimischen Bevölkerung in diesem Jahr sonst niemand der Pest zum Opfer gefallen ist, darf angenommen werden, daß diese beiden Goldschmiedegesel­ len auf ihrer Wanderschaft angesteckt und in Friedberg vom Tod ereilt wurden.

1634 Während sich die Pest im Jahr 1628 nur zwei Opfer holte und diese zwei durchziehende Goldschmiedegesellen waren, also die heimische Bevölkerung kein Opfer beklagen mußte, brach sie im Jahr 1634, über und Stögersbach kommend, über die Stadt Friedberg herein und schlug hart zu. In Dechantskirchen fielen ihr in diesem Jahr sieben Personen zum Opfer, in Stögersbach vier. Alle vier verstarben im Haus des Sebastian Mit­ teregger. Ein fremder Mann, der sich herbeiließ, die Toten an Ort und Stelle zu begraben, erhielt dafür drei Gulden und die Einrichtung des Hauses.6

1 Richard Peinlich, Geschichte der Pest in Steiermark. 1877. 2 Fritz Posch, Geschichte des Verwaltungsbezirkes Hartberg, Bd. 1/1. Graz-Hart berg 1978, S. 369—394. 3 Ebd., S. 372 f. 4 Ferdinand Hutz. Der „Schwarze Tod" in Vorau, in: Vorauer Heimatblatter 7/1985. S. 28. 5 Friedberg. Sterbebuch A/lllv. 6 Aquilin J. Caesar, Annales ducatus Styriae, Bd. I. Graecii 1768, S. 904.

120 121 Der erste Pesttote in Friedberg wurde am 15. August zu Grabe getragen. Jahr holte sich die Pest am 13. August: Georg Neubauer; zehn Tage später Bis Ende August raffte die Seuche fünf Personen hinweg, im September drei folgte seine Frau Maria, am 28. August Paul Praydschopf. Im Monat August (von diesen acht Personen verstarben allein aus dem Haus des Ambros gab es also drei Pesttote, im September dann schon 19, im Oktober sogar 46, Sumer zwischen 15. August und 15. September sechs), im Oktober acht, im im November 36 und im Dezember auch noch 37.10 Posch zählt auch die November vier und im Dezember als letzten Pesttoten Georg Polster - nicht an der Pest Verstorbenen mit und kommt daher auf die unrichtige 7 insgesamt 21 Pestopfer. Neben dem schon erwähnten Haus des Ambros Anzahl von 155 Pesttoten.11 Sumer mit sechs Toten waren noch das Haus des letztverstorbenen Georg In diesem Pestjahr wurde in Friedberg so manche Familie ausgelöscht. So Polster mit vier sowie die Häuser des Leonhard Schüz in Pichlhöf, des verstarben aus dem Haus des Blasius Schreiner fünf Personen, aus dem Lorenz Kaltenegger in Pichlhöf, des Paul Wagner und des Sagmeister mit je Haus des Augustin Steinmez ebenfalls fünf. Die Familie des Jakob Schantl drei Pesttoten am ärgsten betroffen. verlor vier Familienmitglieder, und dem Bürger und Handelsmann Ambros Die Vermutung von Posch über ein eventuelles Auftreten der Pest im Rafler gingen sieben in den Tod voraus, denen er als achtes und letztes am 8 Jahr 1639 trifft wohl kaum zu. Trotz der großen Anzahl der Todesfälle in 6. Dezember ins Grab folgte. Tragisch war dieses Pestjahr auch für die den Monaten Juli, August und September — 14, 16 und 14; dreimal soviel Familie des Schulmeisters Friedrich Schleich. Am 3. April verstarb ihm sein wie ansonsten — liegt kein diesbezüglicher Hinweis vor. Da die Pestfälle in Sohn Franz (nicht an der Pest), danach löschte die Pest diese Familie aus: Friedberg immer gut belegt sind, wäre auch hier ein Vermerk kaum unter­ Am 16. September verstarb seine Tochter Barbara, zehn Tage später seine lassen worden. Frau Magdalena, am 27. September seine Tochter Maria und zwei Tage dar­ auf er selbst: den 29. (September) ist Fridreich Schleich, Schuelmaister 1641 alhie, gestorben}2 Den Monaten der Aufregung im Jahr 1634 folgten sechs Jahre der Beruhi­ gung, bis wiederum die Kunde von den ersten Pesttoten Ende Jänner des 1645 Jahres 1641 die Bewohner Friedbergs in Angst und Schrecken versetzte. Wie Weil die Pest auch in verschiedenen Orten Ungarns auftrat, verbot die schon im Jahr 1634 ist auch jetzt jeder Pesttote im Sterbebuch mit einem Hartberger Stadtverwaltung ihrer Bürgerschaft im Jahr 1644 bei Leibes- und Kreuzlein auf den Verweis NB. Peste obierunt hoc signo notati versehen. Lebensstrafe jeden Verkehr mit diesen Orten. Da die Pest immer näher kam, Am 23. Jänner verstarb ein Schustergeselle vom Bodensee, am 4. Februar wurde der Befehl jeden Monat erneuert. Die vielen Pesttoten in Friedberg die Radigund Müttermülner, am 8. Februar die Dienstmagd bei Hans Kraus­ im Jahr 1644 machten Hartberg besonders besorgt, da auch der in Aussicht ler und ein weiterer Schustcrgeselle, Georg Flekh aus München, am 1. März stehende Zuzug zum nächsten Kirtag im März 1645 nichts Gutes hoffen ließ. Magdalena, eine Tochter des Simon Müttermülner, und am 16. April die Aus Angst vor Ansteckung wurde daher allen Hartbergern verboten, den auf 9 Christina Fischer. den gleichen Monat entfallenden Kirtag in Friedberg zu'besuchen.13 Analog zum Pestjahr 1628 läßt sich auch hier kaum leugnen, daß die In Friedberg kehrte, nachdem am Silvestertag des Jahres 1644 die beiden Seuche durch die zwei wandernden Schuhknechte aus Baiern eingeschleppt Töchter des Matthias Lechner verstorben waren, für einige Monate wiederum wurde, in Friedberg jedoch, Gott sei Dank, kaum Fuß fassen konnte, sieht etwas Ruhe ein. Für die Zeit vom Jänner bis Mitte September 1645 war kein man vom Haus des Simon Müttermülner ab. Die geringe Anzahl der Pest­ Pesttoter zu beklagen, doch die Freude über eine Abwendung dieser Seuche toten in diesem Pestjahr ist wohl auf die umfassenden vorsorglichen Maß­ war zu früh, denn am 14, September verzeichnet das Sterbebuch den erneu­ nahmen zurückzuführen, die aus Angst vor dieser Seuche im ganzen Land ten Ausbruch. Ihr erstes Opfer war Lorenz Mayrhofer aus Wenigzeil, der im getroffen wurden. Dennoch vermochten sie Katastrophenjahre, wie z. B. Meierhof des Schlosses verstarb. Nach ihm forderte die Pest im September jenes Schreckensjahr 1644, nicht zu verhindern, in dem die Pest in Fried­ zwei weitere Opfer, im Oktober waren es sechs, im November drei und im berg innerhalb von viereinhalb Monaten 141 Personen hinwegraffte. Dezember fünf — insgesamt also 17 Pesttote, elf davon waren Kinder. Die letzten, am 3. Dezember von der Pest dahingerafften Personen waren der 1644 alte Sebastian Ridenbauer und des Christian Schreiner Tochter Gertraud u Während die mit Mauern umgebenen Städte und Märkte des Landes bei sambt ihren Kind. Wie schon bei den Pestjahren zuvor blieb auch diesmal Seuchengefahr ihre Tore schlossen und nur Personen mit einer Gesundheits­ ein Großteil der Pesttoten auf einige wenige Familien beschränkt. So verstar­ bestätigung passieren ließen, konnte sich die kleine Durchzugsstadt Fried­ ben je drei Personen aus den Häusern des Jakob Kaltenegger, Sebastian berg niemals ganz abriegeln. Eine der schwersten Prüfungen mußte Fried­ Ridenbauer, Christian Schreiner und der Witwe Fischer. berg im Pestjahr 1644 über sich ergehen lassen. Das erste Opfer in diesem

10 Ebd.. 134v—137r. 11 7 Posch, Hartberg (wie Anm. 2), S. 373. Friedberg, Sterbebuch A/119v—120v. 12 K Friedberg, Sterbebuch A/135r. Posch, Hartberg (wie Anm. 2), S. 372. 13 9 Friedberg, Sterbebuch A/130r. Posch, Hartberg (wie Anm. 2), S. 373. 14 Friedberg, Sterbebuch A/138r.

122 123 Aquilin Caesar weiß zu berichten, daß die Pesttoten gelegentlich auch außerhalb des Friedhofs, so beim Kreuz der Mayrhöfer und der Wisenhöfer, sowie bei der Kirche in Ehrenschachen begraben worden seien.15 Die Pestepidemie des Jahres 1645 scheint die letzte Heimsuchung der Stadt Friedberg durch diese Seuche gewesen zu sein. Sie trat zwar in den umliegenden Orten immer wieder auf — so 1653 in Burgau, 1650 und 1655 in St. Jakob im Walde16 und 1656 in Vorau (14 Pesttote) —, doch ist für später in den Friedberger Sterbebüchern kein Pesttoter mehr verzeichnet. Es gab zwar im Jahr 1672 für die Friedberger Gegend Pestalarm, doch stell­ ten sich die Gerüchte, die nach Graz gedrungen waren, als reine Phantasie heraus. Auch im großen Pestjahr 1679 gab es in Friedberg keine Pesttoten, obwohl die Pest im anliegenden Markt grassierte und dort zehn Pestopfer zu beklagen waren.

15 Wie Anm. 6. 16 Ferdinand Hutz, St. Jakob im Walde. Ein Gang durch die Geschichte. St. Jakob i. W. (1987), S. 44.

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