Demografische Modelle im ländlichen Raum – Brand, Ebnath, , ,

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Das Projekt „Demografische Modelle im ländlichen Raum“ wurde gefördert durch das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Freistaates Bayern sowie aus ZIEL 3-Mitteln der EU gefördert.

Auftraggeber:

Zweckverband

Steinwald-Allianz

Braugasse 6

92681

Verbandvorsitzender: Hans Donko

Auftragnehmer:

Fachliche Begleitung und Moderation:

KlimaKom eG

Bayreuther Str. 26 a

95503 Hummeltal

Dr. Götz Braun, Projektleiter

Verfasserinnen und Verfasser des Berichts:

Dr. Götz Braun, Dr. habil. Sabine Hafner, Alexander Eberl, Hedvika Barbara Demeterova, B.A.,

Nadine Zettlmeißl, B.A., Katrin Vogt, M.A.

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Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG ...... 7 1.1 Ziele des Projekts ...... 7

1.2 Vorgehensweise ...... 9

1.3 Überblick: Brand, Ebnath, Neusorg, Pullenreuth, Waldershof ...... 10

1.3.1 Statistische Datenanalyse: Bevölkerung, Alter, Nicht-Deutsche, Infrastruktur, Bauen und Wohnen, Tourismus, Flächenverbrauch und Gemeindefinanzen ...... 10

1.3.1.1 Bevölkerungsentwicklung ...... 11

1.3.1.2 Altersstruktur ...... 12

1.3.1.3 Jugend- , Alten- , Gesamtquotient und Billeter-Maß ...... 16

1.3.1.4 Natürliche Bevölkerungsbewegung und Wanderungsbewegungen ...... 19

1.3.1.5 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ...... 28

1.3.1.6 Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung ...... 34

1.3.1.7 Soziale Infrastruktur ...... 34

1.3.1.8 Bauen, Gebäude und Flächenverbrauch ...... 35

1.3.1.9 Gemeindefinanzen ...... 44

1.3.2 Ausgangslage: Die Sichtweise der Bürgermeister und regionaler ExpertInnen ...... 47

1.3.3 Ausgangslage: Die Sichtweise der Bürgerinnen und Bürger ...... 48

2 THEMENFELD ÄRZTLICHE VERSORGUNG ...... 51 2.1 Gesetzliche Grundlagen der ärztlichen Versorgung...... 51

2.2 Ausgangslage ...... 52

2.3 Ergebnisse der Demografiekonferenzen ...... 54

2.4 Ziele und Strategien zur Verbesserung der medizinischen Versorgung ...... 54

2.5 Maßnahmen ...... 55

2.5.1 Erstellung Marketingfilm ...... 55

2.5.2 Ermittlung des lokalen Versorgungsgrads ...... 56

2.5.3 Ermittlung der Attraktivitätsfaktoren für Nachwuchsmedizinerinnen und Nachwuchsmediziner ...... 57

2.5.4 Klärung der Rahmenbedingungen im Dialog mit der Bezirksstelle Oberfranken der Kassenärztlichen Vereinigung ...... 63

2.6 Weitergehende Handlungsempfehlungen ...... 66

2.6.1 Geeignete Organisationsformen bereitstellen ...... 66 3

2.6.2 Medizinstudierende an den ländlichen Raum heranführen ...... 67

2.6.3 Informationsdefizite beheben ...... 68

2.6.4 Flankierende Maßnahmen ...... 68

2.6.5 Gestaltung der regionalen Rahmenbedingungen ...... 69

3 THEMENFELD UNGENUTZTE FLÄCHEN UND LEERSTÄNDE ...... 71 3.1 Ausgangslage ...... 71

3.2 Ergebnisse der Demografiekonferenzen ...... 74

3.3 Ziele und Strategien ...... 75

3.4 Maßnahmen ...... 76

3.4.1 Erhebung der Leerstände in den Kernorten ...... 76

3.4.2 Sensibilisierung der Bevölkerung und der politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger für die Leerstandsproblematik ...... 82

3.4.2.1 Ortsspaziergang Brand ...... 82

3.4.2.2 Ortsspaziergang Ebnath ...... 85

3.4.2.3 Ortsspaziergang Neusorg ...... 88

3.4.2.4 Ortsspaziergang Pullenreuth ...... 89

3.5 Weitergehende Handlungsempfehlungen ...... 91

3.5.1 Sensibilisierung für die Leerstandsproblematik durch Ortsspaziergänge ...... 92

3.5.2 Strategisches Leerstandsmanagement ...... 92

3.5.3 Die konsequente Umsetzung des Grundsatzes „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ in der Hofheimer Allianz, Unterfranken, als Vorbild für die Steinwald-Allianz ...... 94

3.5.4 Proaktive Vermeidung von Leerstand ...... 95

3.5.5 Gute Beispiele zur Umnutzung eines öffentlichen Gebäudes – Inspirationen für den Bahnhof Neusorg ...... 96

3.5.6 Nachnutzung des Freibads in Brand ...... 100

3.5.7 Förderprogramme zur Unterstützung der Kommunen bei der Vermeidung von Leerstand bzw. der Verbesserung der Lebensqualität in den ländlich geprägten Kommunen ...... 100

4 THEMENFELD KLEINHANDELSKONZEPTE ...... 102 4.1 Ausgangslage ...... 103

4.2 Ergebnisse der Demografiekonferenzen ...... 104

4.3 Ziele und Strategien ...... 105

4.4 Maßnahmen ...... 105

4.4.1 Erhebung des Einzelhandelsbestands in den fünf Modellkommunen ...... 105 4

4.4.2 Nahversorgerkonferenz ...... 107

4.5 Weitergehende Handlungsempfehlungen ...... 110

4.5.1 Kooperation von stationärem Einzelhandel, Direktvermarktern und Lieferservice ...... 110

4.5.2 Förderung regionaler Produkte in Verbindung mit der Ökomodellregion und Leader 2014 – 2020 ...... 110

4.5.3 Nahversorgerstammtisch ...... 111

4.5.4 Gemeindeübergreifende Steuerung der Einzelhandelsentwicklung ...... 111

5 THEMENFELD BETREUTES WOHNEN ...... 113 5.1 Ausgangslage ...... 113

5.2 Ergebnisse der Demografiekonferenzen ...... 114

5.3 Ziele und Strategien ...... 114

5.4 Maßnahme: Information und Sensibilisierung „komfortables Wohnen“ ...... 115

5.5 Weitergehende Handlungsempfehlungen ...... 119

5.5.1 Sensibilisieren und Informieren über Möglichkeiten der Wohnraumanpassung und technischer Assistenz im Alter ...... 119

5.5.2 Einrichten von „komfortablen Wohnungen“ bzw. altersgerechten Wohnungen in den Kommunen ...... 119

5.5.3 Modellhaus für selbstbestimmtes Wohnen ...... 120

5.5.4 Umzugsbörse ...... 120

6 THEMENFELD GESELLSCHAFTLICHE TEILHABE UND BÜRGERSCHAFTLICHES ENGAGEMENT ...... 122 6.1 Ausgangslage ...... 122

6.2 Ergebnisse der Demografiekonferenzen ...... 123

6.3 Ziele und Strategien ...... 124

6.4 Maßnahmen ...... 124

6.4.1 Gründung einer Nachbarschaftshilfe in Pullenreuth ...... 124

6.4.2 Gründung einer Nachbarschaftshilfe in Brand ...... 124

6.4.3 Ehrenamtliche Fahrdienste und Mobilität ...... 125

6.5 WEITERGEHENDE HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN ...... 127 6.5.1 Weiterer Ausbau der Nachbarschaftshilfe in Pullenreuth ...... 127

6.5.2 Nachhaltige Bürgerkommune ...... 128

7 REFLEXION DER IM PROJEKT DURCHGEFÜHRTEN VERFAHREN UND METHODEN SOWIE DARSTELLUNG DER INSTRUMENTE UND MAßNAHMEN , DIE FÜR EINE ÜBERTRAGBARKEIT GEEIGNET SIND ...... 129 7.1 Darstellung und Reflexion der im Projekt durchgeführten Verfahren und Methoden ...... 129

7.1.1 Eingesetzte Verfahren und Methoden ...... 129

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7.1.2 Reflexion der eingesetzten Verfahren und Methoden ...... 130

7.2 Übertragbare Instrumente und Maßnahmen in den fünf Themenfeldern ...... 132

8 HINWEISE ZUR WEITERBEARBEITUNG DER ENTWICKELTEN MAßNAHMEN UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN UND SCHLUSSBEMERKUNG ...... 134 8.1 Hinweise zur Weiterbearbeitung der entwickelten Maßnahmen und Handlungsempfehlungen 134

8.2 Kritische Schlussbemerkung ...... 136

LITERATUR ...... 138 VERZEICHNISSE ...... 140 Abbildungsverzeichnis ...... 140

Tabellenverzeichnis ...... 144

ANHANG ...... 145

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1 Einleitung

1.1 Ziele des Projekts

Der demografische Wandel verändert die Gesellschaft tiefgreifend. „Wir werden älter, weniger und bunter“ gilt grundsätzlich überall in Deutschland, jedoch in unterschiedlicher Intensität. So wachsen einige Metropolen relativ stark, während andere Städte und Regionen, insbesondere in den ländlichen Räumen, schrumpfen und altern. Vor den letztgenannten Herausforderungen stehen auch die Stadt Waldershof und die Gemeinden, Brand, Ebnath, Neusorg und Pullenreuth im Landkreis . Die demografischen Veränderungen bringen zahlreiche Innovationsanforderungen mit sich. Es müs- sen neue Ideen und Lösungen gefunden werden, wie Schrumpfung, Wachstum und Alterung gestaltet werden kann, wie die Angebote der Daseinsvorsorge angepasst werden können und wie der Umbau zu demografieangepassten Strukturen erfolgen kann.

Der demografische Wandel ist für die Kommunen mit vielen Unsicherheiten behaftet. Es stellen sich Fragen wie: Was kommt tatsächlich auf uns zu? Wie gestaltet sich die demografische Entwicklung konkret vor Ort? Was kann (Gemeindeentwicklungs-) Politik hier ausrichten? Wo müssen Infrastruktu- ren, Wohngebiete, Freizeiteinrichtungen und Versorgungsmöglichkeiten angepasst werden? Wie kann eine hohe Lebensqualität auch künftig ohne Zuwanderung und unter der Bedingung von Schrumpfung gesichert werden? Wie können attraktive Lebens- und Arbeitsbedingungen geschaffen werden, die den Präferenzen und Bedürfnissen der Familien, (jungen) Alleinstehenden und älteren Menschen entsprechen? Wie können die Stärken und Vorzüge des ländlichen Raums kommuniziert werden? Welche Ziele haben wir für eine demografiegerechte Gemeindeentwicklung? Wie sollen diese erreicht werden?

Die Stadt Waldershof, die Gemeinden Brand, Ebnath, Neusorg und Pullenreuth – vertreten in der Steinwald Allianz – nehmen diese Herausforderung an. Im Rahmen des EU-Förderprogramms IN- TERREG IV Bayern – Tschechische Republik 2007 – 2013 bearbeiteten sie das Projekt „Demografi- sche Modelle im ländlichen Raum“.

Mit dem Projekt „Demografische Modelle im ländlichen Raum“ soll ein strategischer Umgang mit den Folgen des demografischen Wandels auf kommunaler und interkommunaler Ebene erzielt werden. Entscheidungs- und Planungsgrundlagen sowie konkrete und umsetzbare Maßnahmen werden unter Einbezug der Bürgerinnen und Bürger sowie wichtiger gesellschaftlicher Akteure erarbeitet. Mit dem Projekt starten die Kommunen nicht bei null: Die Regierung der Oberpfalz, der Landkreis Tirschen- reuth und die fünf Gemeinden haben bereits zahlreiche Ansätze erarbeitet, um dem demografischen Wandel zu begegnen. Das „Handlungskonzept zum Demografischen Wandel im Landkreis Tirschen- reuth“ bietet gute Anknüpfungspunkte. Mobilitätskonzept und Zukunftscoach sind zwei Projekte, die bereits angegangen wurden.

Das Verständnis von einer demografiegerechten Gemeindeentwicklung ist kein sektoraler Aspekt, es muss vielmehr ganzheitlich betrachtet werden. Die demografische Entwicklung hat Auswirkungen auf die soziale und technische Infrastruktur, ebenso auf die medizinische Versorgung, auf die Fachkräfte-

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verfügbarkeit, auf den Wohnungsmarkt und Wohnangebote und die damit verbundene Leerstands- entwicklung, auf die Gestaltung von Nahversorgung, auf das bürgerschaftliche Engagement und vie- les mehr. Mit punktuellen Projekten in einzelnen Handlungsfeldern lässt sich keine strategisch ausge- richtete Gemeindeentwicklung realisieren. Der demografische Wandel betrifft als Querschnittsaufgabe alle Felder der Stadt- und Gemeindeentwicklung und erfordert einen breiten Politik- und Maßnahmen- ansatz.

Die Steinwald Allianz konzentriert sich in dem Projekt „Demografische Modelle im ländlichen Raum“ auf folgende Themenfelder:

 Ärztliche Versorgung

 Ungenutzte Flächen / Leerstand

 Kleinhandelskonzept

 Betreutes Wohnen

 Bürgerschaftliches Engagement (als übergreifendes Themenfeld)

Ziel war es, ein integriertes Handlungskonzept zu erarbeiten, das in einem themenbezogenen Ent- wicklungsleitbild mit Zielen und Strategien mündet und vor allem alltagstaugliche und realisierbare Maßnahmen und Projekte enthält. Gerade für die Entwicklung im ländlichen Raum ist es unerlässlich, dass alle relevanten Akteure in die Konzeptentwicklung eingebunden werden, damit Ziele und Projek- te von der Bevölkerung akzeptiert und von vielen Schultern getragen werden. Die Integration der Be- völkerung und wichtiger Schlüsselakteure in die Konzeptentwicklung hat einen hohen Stellenwert. Die Abstimmung zwischen den Akteuren und die Sensibilisierung und Motivation der Bevölkerung spielen daher eine wichtige Rolle im Konzeptionsprozess. Das Handlungskonzept soll modellhaft auch für andere Gemeinden der Steinwald-Allianz übertragbar sein und zur Umsetzung späterer Projekte die- nen. Der demografische Wandel mit Abnahme, Alterung und Heterogenisierung der Bevölkerung ist eine Herausforderung, mit der alle Kommunen im ländlichen Raum konfrontiert sind. Es gilt allerorten, attraktive Wohn- und Lebensbedingungen zu schaffen und den Präferenzen der Familien, Alleinste- henden und älteren Menschen auch in Zukunft zu entsprechen.

Die gewählten Themenfelder betreffen typische Lebens- oder Problembereiche und sind damit ebenso auf andere Gemeinden anwendbar wie die Vorgehensweise bei der Umsetzung des Entwicklungskon- zeptes. Das Handlungskonzept zeichnet sich aus, indem es ganzheitlich denkt, strategisch vorgeht, die Bürgerschaft intensiv in die Entwicklung einbindet und bürgerschaftliches Alltagswissen mit Exper- tenwissen verzahnt.

Die Grundlage für das integrierte Handlungskonzept bildet die enge Kooperation aller Akteure und gesellschaftlichen Treiber, die mitgestaltend und pro-aktiv in den gesamten Prozess eingebunden werden.

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1.2 Vorgehensweise

Ein Ziel des Modellprojekts war die Verzahnung von Alltagswissen der Bürgerinnen und Bürger mit dem Expertenwissen. Es sollte ein hohes Maß an Bürgerbeteiligung realisiert werden, ohne das zeitli- che Engagement der Bürgerinnen und Bürger zu strapazieren.

Deshalb wurde die Beteiligung in zwei Phasen organisiert. Die erste Phase beinhaltete die Auftaktver- anstaltung und zwei Demografiekonferenzen. Die Einladung zu diesen Veranstaltungen richtete sich an eine breite Öffentlichkeit, um ein möglichst hohes Maß an Beteiligung zu erreichen. Die themenbe- zogenen Arbeitsgruppen tagten zeitgleich und die Ergebnisse wurden im Plenum ausgetauscht und diskutiert. Dadurch konnten die fünf vorgegebenen Themenfelder in einer viel kürzeren Zeit bearbeitet werden, als dies bei nacheinander tagenden Arbeitsgruppen der Fall gewesen wäre.

Nach einer Bestandsaufnahme durch Experteninterviews (mit den Bürgermeistern der beteiligten Orte und Mitarbeitern des Landratsamts) und der Auswertung des vorhandenen Datenmaterials, startete die Bürgerbeteiligung mit einer Auftaktveranstaltung am 25. Juni 2014 in Brand. Den Anwesenden wurde das Projekt vorgestellt und für ihre weitere Teilnahme am Prozess geworben. Sie hatten dar- über hinaus die Möglichkeit sich an einer Kartenabfrage zu den Stärken der Region und ihren Motiven für eine Mitarbeit am Modellprojekt zu beteiligen.

In einer öffentlichen Demografiekonferenz in Brand am 5. Juli 2014 gruppierten sich die Teilnehmen- den in fünf Arbeitsgruppen, um die Themenfelder parallel zu analysieren und Entwicklungsziele zu formulieren. Als Methode für die Erarbeitung des strategischen Rahmens wurde das Visionenspiel gewählt. Hierbei entwickelten die Teilnehmenden in ihren Themenfeldern konkrete Zukunftsvisionen und benannten die Schritte, die für die Zielerreichung notwendig wären. Aus diesem spielerisch erar- beiteten Gerüst konnten Ziele und Strategien für die einzelnen Themenfelder entwickelt werden. Diese wurden in einer Steuerungsrunde diskutiert und verabschiedet.

In einer weiteren Demografiekonferenz am 18. Oktober 2014 wurden von den Teilnehmenden konkre- te Maßnahmenvorschläge in den einzelnen Themenfeldern entwickelt.

Um den Bürgerinnen und Bürgern Anregungen für mögliche Projekte zu geben, wurden im August und Oktober 2014 Exkursionen zu beispielhaften Projekten in der Oberpfalz und Franken durchgeführt. An diesen beteiligten sich sowohl tschechische als auch deutsche Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Nach Abschluss der ersten Phase der Bürgerbeteiligung wurden die gesammelten Ergebnisse in einer Sitzung der Steuerungsrunde bewertet und eine Prioritätenliste zur weiteren Bearbeitung erstellt.

In der zweiten Phase der Bürgerbeteiligung wurden in themenbezogenen Arbeitsgruppen (bestehend aus Experten sowie Bürgerinnen und Bürgern) konkrete Maßnahmen erarbeitet. Ergänzende Informa- tionen dazu wurden von den Mitarbeitern der KlimaKom eG recherchiert und bereitgestellt.

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ABBILDUNG 1: SCHEMATISCHER ABLAUF . EIGENE DARSTELLUNG

Die Beraterinnen und Berater der KlimaKom eG bedanken sich bei den Bürgermeistern Herrn Ludwig König, Herrn Manfred Kratzer, Herrn Peter König, Herrn Hubert Kraus und bei Frau Bürgermeisterin Friederike Sonnemann für das Vertrauen, bei Frau Christine Trenner und Herrn Stefan Roth für die Unterstützung im Großen wie im Kleinen und bei Frau Lucie Mantel für die Koordination des Projekts. Ein herzliches Dankeschön gilt auch dem großen Engagement der Verwaltungsgemeinschaft und den Gemeinderäten. Wir bedanken uns besonders bei den zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern sowie den lokalen Expertinnen und Experten, die in den Veranstaltungen und Workshops wesentlichen An- teil an der Gestaltung des Konzepts hatten.

1.3 Überblick: Brand, Ebnath, Neusorg, Pullenreuth, Waldershof

Die fünf Kommunen Brand, Ebnath, Neusorg, Pullenreuth und Waldershof liegen im Landkreis Tirschenreuth am nördlichen Rand des Oberpfalz, im Nordosten von Bayern. Sie gehören dem kommunalen Zweckverband der Steinwald-Allianz an. Die Entwicklung der Gemeinden wird durch deren Nähe zur tschechischen Grenze beeinflusst. Im Folgenden wird deren vergangene und zukünftig prognostizierte Entwicklung anhand von statistischem Datenmaterial untersucht und dargestellt.

1.3.1 Statistische Datenanalyse: Bevölkerung, Alter, Nicht-Deutsche, Infrastruktur, Bauen und Wohnen, Tourismus, Flächenverbrauch und Gemeindefinanzen Der Fokus der sekundärstatistischen Datenanalyse liegt auf den Themen Bevölkerung, Alter, Nicht- 10

Deutsche, Haushalte und Infrastruktur, Bauen und Wohnen, Tourismus, Flächenverbrauch und Ge- meindefinanzen. Die Datengrundlagen lieferte dabei das Bayerische Landesamt für Statistik und Da- tenverarbeitung. Dort wurden für alle fünf Kommunen der „Demografie-Spiegel“ (2011 und 2013) und die „Statistik Kommunal“ (2012) analysiert sowie die GENESIS-Online Datenbank themenspezifisch abgerufen und graphisch aufbereitet.

1.3.1.1 Bevölkerungsentwicklung Zwischen 1970 und 2011 haben die Gemeinden zwischen 5 % und 16 % ihrer Bevölkerung verloren. Dabei hat die Gemeinde Brand den schwächsten und die Ge- meinde Ebnath den stärksten Be- völkerungsrückgang zu verzeich- nen. Auch die jüngere Bevölke- rungsentwicklung zeigt: In allen Gemeinden ist im Zeitraum der

Jahre 2002 bis 2011 kontinuierlich die Bevölkerungsentwicklung rück- ABBILDUNG 2: BEVÖLKERUNGSVERÄNDERUNG DER GEMEINDEN UND DES BUNDESLANDS IN DEN JAHREN 1970 BIS 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH läufig gewesen, insgesamt zwi- BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, schen 6 % und 10 %. S. 6; STATISTISCHES BUNDESAMT 2014, S. 27

Nach der Bevölkerungsvorausbe- rechnung des Bayrischen Landes- amtes für Statistik und Datenver- arbeitung werden die Gemeinden Ebnath, Neusorg, Pullenreuth und Waldershof zwischen den Jahren 2011 und 2021 jeweils weitere ca. 8% ihrer Bevölkerung verlieren. Brand wird im gleichen Zeitraum geschätzt ca. 5% der Bevölkerung verlieren.

ABBILDUNG 3: PROGNOSTIZIERTE BEVÖLKERUNGSVERÄNDERUNG DER GE-

MEINDEN IN DEN JAHREN 2011 BIS 2021; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAY- RISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2011, S. 5; BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 6

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1.3.1.2 Altersstruktur Das Durchschnittsalter der Bevölkerung in den fünf ausgewählten Kommunen der Steinwald-Allianz steigt. Das Durchschnittsalter der Gemeinden lag im Jahr 2009 bei 44,2 Jahren. Die im Schnitt jüngste Gemeinde in dem Jahr war Pullenreuth (43,7 J. ), die älteste Ebnath (45 J.). Alle Gemeinden liegen im oder über dem Durchschnitt von 43,8 Jahren des Landkreises Tirschenreuth. Des Weiteren wird dabei auch ein deutlicherer Unterschied im Vergleich zum Oberpfalz erkennbar, in dem das Durchschnittsalter im Jahr 2009 bei 42,6 Jahren lag. Auch die bayernweite Betrachtung, wonach die Bürgerinnen und Bürger im Durchschnitt 42,7 Jahre alt waren, zeigt, dass die Gemeinden im Jahr 2009 ein vergleichsweise höheres Durchschnittsalter innerhalb der Bevölkerung aufgewiesen haben.

ABBILDUNG 4: DURCHSCHNITTSALTER DER GESAMTBEVÖLKERUNG DER GEMEINDEN , DES LANDKREISES , DES RE- GIERUNGSBEZIRKS UND AUF BUNDESLANDEBENE IM JAHR 2009; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LAN- DESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2011, S. 7, 14 F.

Für das Jahr 2021 hat das Bayrische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung ein Durch- schnittsalter aller Gemeinden von 47,1 Jahren vorausberechnet. Laut dieser Prognose fallen Pullen- reuth als jüngste Gemeinde mit einem durchschnittlichen Alter von 46,7 Jahren und Waldershof als älteste Gemeinde, mit einem Durchschnittsalter der Bevölkerung von 47,6 Jahren auf.

Es zeigt sich bei der vergleichenden Betrachtung der Entwicklung der Altersstruktur zwischen den Jahren 1970 und 2011, dass die Zahl der 6- bis14-Jährigen in den Gemeinden stark abgenommen hat. Neusorg hatte mit einem Rückgang von 17,8 %, die stärkste Abnahme innerhalb dieser Alters- gruppe im Zeitraum der Jahre 1970 bis 2011 verzeichnen, währenddessen Waldershof mit 12,6 % den geringsten Rückgang in dieser Altersgruppe aufweist. Der durchschnittliche Anteil der bis 18-Jähirgen fällt im Gegensatz zum Jahr 1970 (31,9 %) in allen Gemeinden im Jahr 2011 insgesamt sehr gering aus (16,6 %) (siehe Abbildungen 4 - 8).

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ABBILDUNG 5: ALTERSSTRUKTUR DER GEMEINDE BRAND IN DEN JAHREN 1970, 1987 UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 6

ABBILDUNG 6: ALTERSSTRUKTUR DER GEMEINDE EBNATH IN DEN JAHREN 1970, 1987 UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 6

ABBILDUNG 7: ALTERSSTRUKTUR DER GEMEINDE NEUSORG IN DEN JAHREN 1970, 1987 UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG

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NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 6

ABBILDUNG 8: ALTERSSTRUKTUR DER GEMEINDE PULLENREUTH IN DEN JAHREN 1970, 1987 UND 2011; EIGENE DARSTEL- LUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 6

ABBILDUNG 9: ALTERSSTRUKTUR DER GEMEINDE WALDERSHOF IN DEN JAHREN 1970, 1987 UND 2011; EIGENE DARSTEL- LUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 6

Auch ist im Vergleich die Zahl der 19- bis 40-Jährigen von 1970 bis 2011 in allen fünf Gemeinden um 4,3 % gesunken, am deutlichsten in Waldershof. Der Anteil der 40 bis 64 Jährigen in den Gemeinden ist dagegen um 12,2 % gestiegen. Am stärksten gestiegen ist der Anteil dieser Bevölkerungsgruppe in Pullenreuth, mit insgesamt 14,3 %, am geringsten dagegen in Waldershof mit 9,6 %.

Der Anteil der über 65-Jährigen hat in diesem Zeitraum in allen Gemeinden um insgesamt 9,2 % zu- genommen, wobei auch hier wieder Pullenreuth die stärkste Zunahme mit 10 % und Ebnath mit 8,2 % die geringste Zunahme erfuhren.

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TABELLE 1: ALTERSSTRUKTUR UND BEVÖLKERUNGSVERÄNDERUNG IN % IN DEN GEMEINDEN IN DEN JAHREN 1970 UND 2011; EIGENE BERECHNUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 6

Brand Neusorg Veränd e- Veränd e- 1970 2011 rung in % 1970 2011 rung in % 6 - 14 6 - 14 Jährige 27,5 12,6 -14,9 Jährige 29,3 11,5 -17,8 15 - 18 15 - 18 Jährige 31,7 16,3 -15,4 Jährige 33,1 14,7 -18,4 19 - 39 19 - 39 Jährige 29,6 24,4 -5,2 Jährige 28,3 23,9 -4,4 40 - 64 40 - 64 Jährige 26,3 38,3 12 Jährige 27,3 40,1 12,8 65 + 65 + Jährige 12,3 20,9 8,6 Jährige 11,3 21,2 9,9

Ebnath Pullenreuth Veränd e- Veränd e- 1970 2011 rung in % 1970 2011 rung in % 6 - 14 6 - 14 Jährige 26,7 10,4 -16,3 Jährige 30,1 12,5 -17,6 15 - 18 15 - 18 Jährige 31,8 16,3 -15,5 Jährige 34,7 16,4 -18,3 19 - 39 19 - 39 Jährige 26,1 24,3 -1,8 Jährige 29,4 23,5 -5,9 40 - 64 40 - 64 Jährige 29,7 41,9 12,2 Jährige 24,8 39,1 14,3 65 + 65 + Jährige 12,3 20,5 8,2 Jährige 11 21 10

Waldershof Veränd e- 1970 2011 rung in % 6 - 14 Jährige 25,1 12,5 -12,6 15 - 18 Jährige 28,6 16,6 -12 19 - 39 Jährige 28,9 21,9 -7 40 - 64 Jährige 29,8 39,4 9,6 65 + Jährige 12,7 22,1 9,4

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1.3.1.3 Jugend- , Alten- , Gesamtquotient und Billeter-Maß Der Jugendquotient gibt das Verhältnis der Anzahl von Jugendlichen unter 18 Jahren zur Anzahl der Erwerbsfähigen im Alter zwischen 18 und unter 64 Jahren wieder. Bei der Betrachtung des Jugend- quotienten fällt auf, dass er in allen Gemeinden seit den 1970er Jahren bis 1987 eine stark abneh- mende Tendenz aufweist. Die Prognose bis zum Jahr 2021 zeigt auch, dass für Ebnath und Neusorg tendenziell ein leichter Zuwachs des Jugendquotienten vorhergesagt worden ist.

ABBILDUNG 10 : JUGENDQUOTIENT DER GEMEINDEN IN DEN JAHREN 1970 - 2021 ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 6; BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2011, S. 7, 14 F.; STATISTISCHES BUNDESAMT O .J., O. S.

Demgegenüber bildet der Altenquotient die Anzahl der Senioren im Verhältnis zur Anzahl der Perso- nen im erwerbsfähigen Alter ab. Er spiegelt also den Anteil der Bevölkerung ab 65 Jahren im Ver- gleich zur Bevölkerung zwischen 19 und 64 Jahren wider. Seine Entwicklung lässt sich in etwa in allen Gemeinden gleich beobachten. Ende der 2000er Jahre fiel der Quotient kurz ab, für das Jahr 2021 wurde allerdings ein Anstieg vorausberechnet.

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ABBILDUNG 11 : ALTENQUOTIENT DER GEMEINDEN IN DEN JAHREN 1970 - 2021 ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAY- RISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 6; BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATIS- TIK UND DATENVERARBEITUNG 2011, S. 7, 14 F.; STATISTISCHES BUNDESAMT O .J., O. S.

Der Gesamtquotient ist die Summe aus dem Alten- und dem Jugendquotienten. Er gibt das Verhältnis der Personen an, die noch nicht oder nicht mehr am Erwerbsleben teilnehmen, also der unter 15 Jäh- rigen sowie der über 65 Jährigen, im Vergleich zu denen, die sich im Erwerbsalter befinden (15 bis 64 Jährige). Im Fall der fünf Gemeinden nahm dieser um das Jahr 1987 stark ab um dann bis zum Jahr 2009 seinen Höchststand zu erreichen. Seit diesem Zeitpunkt hatte er bis zum Jahr 2011 wieder einen deutlichen Einbruch, jedoch steigt er in der Zukunftsprognose bis zum Jahr 2021 tendenziell wieder an.

ABBILDUNG 12 : GESAMTQUOTIENT DER GEMEINDEN IN DEN JAHREN 1970 - 2021 ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 6; BAYRISCHES LANDESAMT FÜR

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STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2011, S. 7, 14 F.

Das Billeter-Maß dient zur vergleichenden Beschreibung des demografischen Alterns. Es ist ein Indi- kator für die Alterszusammensetzung der Bevölkerung. Dieses Maß nimmt dabei Bezug auf die Bevöl- kerung bis 14 Jahren abzüglich der Bevölkerung, die über 50 Jahre alt ist, und stellt diese der Bevöl- kerung zwischen 15 und 49 Jahren entgegen. Beim Billeter-Maß wird die Differenz der Generation der Kinder (d.h. Personen unter 15 Jahren) und der Generation der Großeltern (d.h. Personen im Alter 50+) ins Verhältnis zur Generation der Eltern (15 bis unter 64 Jahre) gesetzt. Das heißt gleichzeitig, dass durch das Billeter-Maß das Verhältnis der Bevölkerung, die nicht im fortpflanzungsfähigen Alter ist (Kinder und Großeltern), zur Bevölkerung, die sich im fortpflanzungsfähigen Alter befindet, abgebil- det wird. Das Billeter-Maß wird positiv, wenn der Anteil der Jugendlichen in einer Bevölkerung größer ist als der Anteil der über 50-Jährigen, und umgekehrt. Je negativer der Wert, desto demografisch älter ist eine Bevölkerung. Es spiegelt die Alterung der Bevölkerung aller fünf Gemeinden wider und zeigt, dass diese Tendenz bis 2021 anhält.

ABBILDUNG 13 : BILLETER -MAß DER GEMEINDEN IN DEN JAHREN 1970 - 2021 ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRI- SCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 6; BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2011, S. 7, 14 F.; STATISTISCHES BUNDESAMT O .J., O. S.

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1.3.1.4 Natürliche Bevölkerungsbewegung und Wanderungsbewegungen

Brand Seit dem Jahr 1970 lag in Brand die Geburtenrate unter der Zahl der Sterbefälle. Dabei nahmen die Sterbefälle etwa im 10-Jahres-Takt ab und wieder zu, wobei diese ihren Höhepunkt um das Jahr 1990 verzeichneten. Seither nahmen diese tendenziell wieder ab und erreichten erst ab dem Jahr 2009 wieder einen deutlichen Anstieg, der jedoch ab 2010 wieder zurückging. Die Geburtenrate erreichte seit den 1960er Jahren keinen nennenswerten Anstieg mehr und zeigt in der Graphik auch keine we- sentliche Veränderung dieser Tendenz an.

Die Kurven der Zu- und Fortgezogenen in Brand verliefen in etwa gleich. Während im Jahr 1990 die Zahl der Zugezogenen mit etwa 190 Personen stark anstieg, verließen zur selben Zeit genauso viele Leute die Gemeinde. Zwischen den Jahren 2000 und 2010 zeichneten sich zunehmend ein Abwärts- trend der Fortzüge und ein Aufwärtstrend der Zuzüge ab. Zwischen den Jahren 2009 und 2010 gab es tendenziell mehr Zuzüge als Fortzüge, danach steigen die Fortzüge wieder an, währenddessen die Zuzüge deutlich abnahmen.

ABBILDUNG 14: NATÜRLICHE BEVÖLKERUNGSBEWEGUNG IN BRAND ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDES- AMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 7

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ABBILDUNG 15: WANDERUNGEN IN BRAND ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 7

Ebnath Auch in Ebnath lagen bis Ende der 1970er Jahre die Geburtenraten deutlich über den Sterbefällen. Erstmals unterbrochen wurde dieser Trend um das Jahr 1980, als die Anzahl der Sterbefälle deutlich über der der Geburten gelegen hat. Insgesamt lässt sich bis zum Jahr 2000 ein deutlicher Abwärts- trend der Geburten- und der Sterberate erkennen, wobei ab der Jahrtausendwende die Zahl der Ge- burten unter die der Sterbefälle fiel, währenddessen die Zahl der Sterbefälle wieder anstieg. Diese Tendenz hielt bis zum Jahr 2011 an.

Seit dem Jahr 1960 zogen in die Gemeinde weniger Menschen zu als abwanderten. Nur zwischen den Jahren 1980 und 2000 gab es einen deutlichen Zuwanderungsüberschuss, ehe die Zahl der Zuwan- derungen ab Anfang 2000 dann deutlich wieder unter die Zahl der Abwanderungen fiel. Erst ab dem Jahr 2010 gab es wieder eine positive Zuwanderungsentwicklung, die deutlich über die Anzahl der Fortzüge stieg.

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ABBILDUNG 16: NATÜRLICHE BEVÖLKERUNGSBEWEGUNG IN EBNATH ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LAN- DESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 7

ABBILDUNG 17: WANDERUNGEN IN EBNATH ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 7

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Neusorg In Neusorg lag die Zahl der Geburten bis Ende der 1970er Jahre deutlich über der Zahl der Sterbefäl- le. Nach einem kurzen Einbruch in den 1980er Jahren, lag diese dann bis Mitte der 2000er Jahre wie- der knapp darüber. Seit dem Jahr 2007 sank die Zahl der Geburten unter die Zahl der Sterbefälle, wobei sich beide bis zum Jahr 2010 tendenziell wieder anglichen. Ab diesem Zeitpunkt ist wieder ein Abwärtstrend der Geburtenraten und demgegenüber ein Aufwärtstrend der Sterberaten zu erkennen.

Bis 1990 gab es konstant einen leichten Überschuss an Zuzügen in Neusorg, der dann jedoch bis zum Jahr 2009 wieder deutlich unter die Zahl der Fortzüge fiel. Nach einem kurzen Aufschwung um das Jahr 2009, fiel die Zuwanderungsrate dann wieder deutlich unter die Abwanderungsrate. Dabei zogen durchschnittlich etwa 33 % der Bevölkerung mehr weg als in die Gemeinde kamen.

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ABBILDUNG 18: NATÜRLICHE BEVÖLKERUNGSBEWEGUNG IN NEUSORG ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LAN- DESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 7

ABBILDUNG 19: WANDERUNGEN IN NEUSORG ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 7

Pullenreuth In Pullenreuth lag die Zahl der Geburten seit Anfang der 1980er Jahre unter jener der Sterbefälle. Seit der Jahrtausendwende gab es deutlich mehr Sterbefälle als Geburten, obwohl beide ab diesem Zeit- punkt kontinuierlich abnahmen.

In Pullenreuth gab es, ähnlich wie auch in Ebnath, bis Anfang der 1980er Jahre einen Überschuss an Fortzügen. Ab dann folgte eine leichte Zunahme der Anzahl der Zuzüge bis Ende des Jahres 2008, die über der Anzahl der Fortzüge lag. Seit dem blieben die Fortzüge konstant, während die Zuzüge bis zum Jahr 2010 deutlich abnahmen. Ab da lässt sich jedoch wieder ein Aufwärtstrend der Zuzüge in Pullenreuth feststellen, wobei Ende des Jahres 2010 die Anzahl der Zuzüge über die der Fortzüge gestiegen ist. 23

ABBILDUNG 20: NATÜRLICHE BEVÖLKERUNGSBEWEGUNG IN PULLENREUTH ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 7

ABBILDUNG 21: WANDERUNGEN IN PULLENREUTH ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 7

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Waldershof Bis Ende der 1970er Jahre gab es deutlich mehr Geburten als Sterbefälle in der Stadt. Jedoch nahm die Geburtenrate bereits in den 1970er Jahren deutlich ab, währenddessen die Anzahl der Sterbefälle leicht anstieg. Ab dem Jahr 1980 fiel die Anzahl der Lebendgeborenen unter jene der Gestorbenen, was sich erst mit Ende der 1990er Jahre wieder änderte. Um das Jahr 2000 gab es ein letztes Mal einen hohen Anstieg der Geburtenraten, welcher mit einer Abnahme der Sterbefälle einherging. Seit dem Jahr 2007 gab es insgesamt deutlich weniger Geburten als Sterbefälle in der Stadt. Während die Zahl der Geburten weiterhin absank, blieb die Anzahl der Sterbefälle konstant.

In Waldershof gab es, außer in einer kurzen Phase während der 1990er Jahre, seit den 1970er Jah- ren konstant mehr Fortzüge als Zuzüge. Seit der Jahrtausendwende nimmt die Anzahl der Zuzüge tendenziell immer weiter ab. Die Fortzüge erreichten Ende des Jahres 2008 ihren Höhepunkt und nahmen dann bis zum Jahr 2010 leicht ab. Ab da lässt sich wieder ein deutlicher Anstieg der Fortzüge beobachten.

ABBILDUNG 22: NATÜRLICHE BEVÖLKERUNGSBEWEGUNG IN WALDERSHOF ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 7

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ABBILDUNG 23: WANDERUNGEN IN WALDERSHOF ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 7

Vergleich aller Kommunen Die Entwicklung der Geburten- und Sterberaten unterscheidet sich in den Kommunen. In Brand lag die Zahl der Geburten seit dem Jahr 1970 unter der Zahl der Sterbefälle, in Pullenreuth dagegen erst seit Mitte der 1980er Jahre. In Ebnath sanken beide Zahlen seit Mitte der 1980er Jahre gleichzeitig ab. In Neusorg und Waldershof hat bis Mitte der 2000er Jahre fast immer die Zahl der Geburten überwogen, außer in einer Phase der 1980er Jahre.

In den Gemeinden Ebnath, Pullenreuth und Waldershof überwogen, außer während der 1990er Jahre, durchschnittlich die Fortzüge. Seit der Jahrtausendwende nahmen beide wieder konstant ab. Wäh- rend in Neusorg bis in die 1990er Jahre die Zuzüge leicht überwogen, glichen sich in Brand Zuzüge und Fortzüge aus.

Bei der Betrachtung der Abbildungen 24 und 25, also aller Gemeinden zusammengenommen über den Zeitraum der Jahre 1960 und 2011, zeigt sich insbesondere ab dem Jahr 2000 ein deutlicher Rückgang der Geburten- und ein Anstieg der Sterberate. Um das Jahr 2008 stieg die Anzahl der Ster- befälle am stärksten an, sank jedoch ab dem Jahr 2009 wieder deutlich ab. Dennoch blieb die Zahl der Geburten bis zum Jahr 2011 unter jener der Sterbefälle.

Die Wanderungsbewegung aller Gemeinden zeigt, dass die Anzahl der Zu- und jene der Fortgezoge- nen in den 1980er Jahren insgesamt stark eingebrochen ist, um sich dann in den 1990er Jahren ver- einigungsbedingt wieder deutlich zu erholen. In dieser Zeit hatten die Gemeinden auch den meisten Zuzug. Ab der Jahrtausendwende überwog dann vor allem die Abwanderung. Diese Tendenz lässt sich bis in das Jahr 2011 beobachten, wobei ab dann wieder ein leichter Anstieg sowohl der Zu- als auch der Fortzüge verzeichnet werden konnte.

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ABBILDUNG 24: NATÜRLICHE BEVÖLKERUNGSBEWEGUNG ALLER FÜNF MODELLKOMMUNEN ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 7

ABBILDUNG 25: WANDERUNG ALLER FÜNF MODELLKOMMUNEN EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 7

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1.3.1.5 Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte In Brand und Ebnath leben in etwa ebenso viele Menschen, die innerhalb ihrer Gemeinde (SV- pflichtig) arbeiten, wie sozialversicherungspflichtig Erwerbstätige, die auspendeln. Seit dem Jahr 2006 ist die Zahl der am Wohnort Arbeitenden in allen Kommunen um 4,7 % gestiegen.

Gleichzeitig stieg die Zahl der nicht am Wohnort Beschäftigten zwischen 2006 und 2011 um 19,5 %. Damit hat die Zahl der Sozialversicherungspflichtigen in diesem Zeitraum deutlich zugenommen.

TABELLE 2: VERÄNDERUNG DER BESCHÄFTIGUNG AM ARBEITSORT IN ALLEN GEMEINDEN IN DEN JAHREN 2006 UND 2011 UND VERÄNDERUNG DER BESCHÄFTIGUNG AM WOHNORT IN ALLEN GEMEINDEN IN DEN JAHREN 2006 UND 2011; EIGENE BERECHNUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

VERÄNDERUNG DER BESCHÄFTIGUNG AM ARBEITSORT IN ALLEN GEMEINDEN IN DEN JAHREN 2006 UND 2011 Jahr absolut Veränderung in % 2006 1715 19,5 2011 2050

VERÄNDERUNG DER BESCHÄFTIGUNG AM WOHNORT IN ALLEN GEMEINDEN IN DEN JAHREN 2006 UND 2011 Jahr absolut Veränderung in % 2006 3699 4,7 2011 3873

Im Jahr 2011 pendelten überwiegend Männer (68,2 %) aus den Gemeinden zu ihrem Arbeitsort.

TABELLE 3: ANZAHL UND PROZENTUELLE VERTEILUNG DER PENDELNDEN MÄNNER UND FRAUEN IM JAHR 2011; EIGENE BERECHNUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

ANZAHL UND PROZENTUELLE VERTEILUNG DER PEN- DELNDEN MÄNNER UND FRAUEN IM JAHR 2011 absolut Veränderung in % Männer 1398 68,2 Frauen 652 31,8

Im Jahr 2011 haben in Neusorg fast dreimal so viele Menschen an ihrem Wohnort gearbeitet (689 Personen) wie nach außerhalb pendelten (256 Personen), in Waldershof waren es vergleichsweise doppelt so viele. Auch in Pullenreuth war bis zum Jahr 2009 die Zahl der am Wohnort Arbeitenden (610 Personen) etwa dreimal so hoch wie die der Pendelnden (207 Personen), seither ist der Pendler- anteil gewachsen und bis 2011 pendelten knapp die Hälfte der Bewohnerinnen und Bewohner für die

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Arbeit nach außerhalb. Auch in Pullenreuth und Waldershof pendelten hauptsächlich Männer, in Neu- sorg dagegen verteilte sich der Pendler-Anteil zu gleichen Teilen auf Männer und Frauen (siehe Ab- bildungen 23 - 32).

ABBILDUNG 26: ANZAHL DER BESCHÄFTIGTEN AM ARBEITSORT (S OZIALVERSICHERUNGSPFLICHTIGE ) IN BRAND ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

ABBILDUNG 27: ANZAHL DER BESCHÄFTIGTEN AM ARBEITS - ODER WOHNORT IN BRAND ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAY- RISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

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ABBILDUNG 28: ANZAHL DER BESCHÄFTIGTEN AM ARBEITSORT (S OZIALVERSICHERUNGSPFLICHTIGE ) IN EBNATH ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

ABBILDUNG 29: ANZAHL DER BESCHÄFTIGTEN AM ARBEITS - ODER WOHNORT IN EBNATH ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

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ABBILDUNG 30: ANZAHL DER BESCHÄFTIGTEN AM ARBEITSORT (S OZIALVERSICHERUNGSPFLICHTIGE ) IN NEUSORG ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

ABBILDUNG 31: ANZAHL DER BESCHÄFTIGTEN AM ARBEITS - ODER WOHNORT IN NEUSORG ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

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ABBILDUNG 32: ANZAHL DER BESCHÄFTIGTEN AM ARBEITSORT (S OZIALVERSICHERUNGSPFLICHTIGE ) IN PULLENREUTH ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

ABBILDUNG 33: ANZAHL DER BESCHÄFTIGTEN AM ARBEITS - ODER WOHNORT IN PULLENREUTH ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

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ABBILDUNG 34: ANZAHL DER BESCHÄFTIGTEN AM ARBEITSORT (S OZIALVERSICHERUNGSPFLICHTIGE ) IN WALDERSHOF ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

ABBILDUNG 35: ANZAHL DER BESCHÄFTIGTEN AM ARBEITS - ODER WOHNORT IN WALDERSHOF ; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

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1.3.1.6 Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung Die Anzahl der nichtdeutschen Bevölkerung ist in allen fünf Gemeinden insgesamt sehr gering. Der prozentuale Anteil an der Gesamtbevölkerung lag im Jahr 2011 insgesamt bei ca. 1 %. Waldershof ist die einzige Kommune, deren Anteil an nichtdeutscher Bevölkerung sich zwischen den Jahren 1970 und 2011 um 18 % (von 72 auf 59 Personen) verkleinert hat. In den Gemeinden Brand, Neusorg und Pullenreuth gab es zwischen den Jahren 1970 bis 2011 insgesamt einen Zuwachs der nichtdeutschen Bevölkerung, wobei Pullenreuth die meiste Zuwanderung mit 200 % (von 5 auf 15 Personen) erfuhr. Trotz dieser Steigerung bleibt die tatsächliche Anzahl der Menschen mit nicht-deutschem Pass im Jahr 2011 weiterhin gering und bewegt sich zwischen 7 (Ebnath) und 59 Personen (Waldershof).

TABELLE 4: ANZAHL DER GESAMTBEVÖLKERUNG , DER NICHTDEUTSCHEN BEVÖLKERUNG UND DEREN PROZENTUELLEM ANTEIL AN DER GESAMTBEVÖLKERUNG IN DEN GEMEINDEN IN DEN JAHREN 1970 UND 2011; QUELLE : EIGENE BERECH- NUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 6

ANZAHL DER GESAMTBEVÖLKERUNG , DER NICHTDEUTSCHEN BEVÖLKERUNG UND DEREN PRO- ZENTUELLEM ANTEIL AN DER GESAMTBEVÖLKERUNG IN DEN GEMEINDEN IN DEN JAHREN 1970 UND 2011 Anzahl der ausländ i- Anzahl der ausländi- schen Bevölkerung in Gesamtbevölkerung schen Bevölkerung % Jahr 1970 2011 1970 2011 1970 2011 Brand 1220 1186 15 19 1,2 1,6 Ebnath 1598 1336 - 7 - 0,5 Neusorg 2249 1936 7 16 0,3 0,8 Pullenreuth 2101 1803 5 15 0,2 0,8 Waldershof 4852 4405 72 59 1,5 1,3

1.3.1.7 Soziale Infrastruktur

Stationäre Einrichtungen für ältere Menschen Die einzige stationäre Einrichtung für ältere Menschen, die in den Statistiken bis zum Jahr 2012 do- kumentiert ist, liegt in Waldershof. Sie besteht erst seit dem Jahr 2012 und bietet insgesamt 78 Plätze an. Davon waren im Jahr 2012 insgesamt 53 Plätze belegt.

Kindertageseinrichtungen In allen Kommunen befindet sich im Jahr 2012 mindestens eine Kindertageseinrichtung, in Waldershof sogar zwei. Außer in Brand ist die Anzahl der angebotenen Plätze in den Einrichtungen seit dem Jahr 2007 gestiegen. In Brand dagegen ging die Zahl um 13 Plätze zurück. Die vorhandenen Betreuungs- plätze sind in allen Fällen, außer in Brand, nicht vollständig ausgelastet. Die Zahl der Betreuten unter drei Jahren hat seit dem Jahr 2008 stark zugenommen.

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TABELLE 5: ANZAHL DER KINDERTAGESEINRICHTUNGEN , DER GENEHMIGTEN PLÄTZE UND DER BETREUTEN KINDER IN DEN GEMEINDEN IN DEN JAHREN 2007 UND 2012; QUELLE : EIGENE BERECHNUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATIS- TIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 15

ANZAHL DER KINDERTAGESEINRICHTUNGEN , DER GENEHMIGTEN PLÄTZE UND DER BETREUTEN KINDER IN DEN GE- MEINDEN IN DEN JAHREN 2007 UND 2012 Anzahl der Einrichtungen Betreute Kinder insgesamt Jahr 2007 2012 2007 2012 Brand 1 1 40 41 Ebnath 1 1 32 43 Neusorg 1 1 57 65 Pullenreuth 1 1 45 51 Waldershof 2 2 122 114

Die Anzahl der betreuten Kinder übersteigt in einigen Kommunen die Anzahl der genehmigten Plätze. Dies liegt darin begründet, dass nicht immer alle Kinder aufgrund unterschiedlicher Betreuungszeiten gleichzeitig anwesend sind.

1.3.1.8 Bauen, Gebäude und Flächenverbrauch

Baugenehmigungen In allen Gemeinden verlief die Anzahl der erteilten Baugenehmigungen in den Jahren 1990 und 2011 sehr unterschiedlich. Bis auf einen „Bauboom“ um die Jahrtausendwende, werden in den Kommunen im Schnitt um die 3 Baugenehmigungen pro Jahr erteilt. In Ebnath stagniert die Zahl der jährlich erteil- ten Baugenehmigungen bei ungefähr 2 Genehmigungen jährlich. In Neusorg und Pullenreuth dagegen sinken die erteilten Baugenehmigungen seit einigen Jahren. In Brand lässt sich weder ein Abwärts- noch ein Aufwärtstrend erkennen. Seit den 1990er Jahren werden in Ebnath und Pullenreuth zuneh- mend keine oder bis zu 2 Baugenehmigungen erteilt. Gerade in den letzten Jahren wurden nur noch Baugenehmigungen für Wohngebäude mit nur einer integrierten Wohnung erteilt.

TABELLE 6 ANZAHL DER BAUGENEHMIGUNGEN IN DEN GEMEINDEN IN DEN JAHREN 1990, 2000, 2008, 2011; QUELLE : EIGENE BERECHNUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 11

ANZAHL DER BAUGENEHMIGUNGEN IN DEN GEMEINDEN IN DEN JAHREN

1990, 2000, 2008, 2011 Baugenehmigungen Jahr 1990 2000 2008 2011 Brand 2 1 3 2 Ebnath 2 5 - 2 Neusorg 5 4 3 1 Pullenreuth 8 6 - 1

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Waldershof 2 22 2 4

Baufertigstellungen Während im Zeitraum der Jahre 2008 und 2011 in den Gemeinden Brand, Ebnath und Neusorg jähr- lich in etwa gleich viele Wohnungen wie Wohngebäude errichtet worden sind, überwogen in Pullen- reuth und Waldershof die Neuerrichtungen von Wohnungen. Dabei fielen in Pullenreuth – der einzigen Gemeinde, die im Jahr 2011 keine neuen Wohngebäude zu verzeichnen hatte – die Unterschiede deutlicher aus als in Waldershof. In den Gemeinden Brand, Neusorg und Waldershof war seit dem Jahr 1995 eine Abnahme neuerrichteter Wohngebäude und Wohnungen bis 2011 zu verzeichnen, in Ebnath und Pullenreuth folgte diese Tendenz erst seit den 2000er Jahren.

Wohngebäude Die Zahl der Wohngebäude ist seit den 1990er Jahren in allen Gemeinden leicht gestiegen, im Durch- schnitt um 17,8 %. Unter dem Durchschnitt lagen dabei die Gemeinden Ebnath mit 12 % Zuwachs und Neusorg mit 14 %. Über dem Durchschnitt lagen Brand und Pullenreuth mit 19 % und Waldershof mit 25%.

In allen Gemeinden ist die Wohnfläche zwischen 1990 und 2011 kontinuierlich gewachsen, durch- schnittlich um knapp 4 m². Unter diesem Schnitt lagen nur die beiden Gemeinden Neusorg, deren durchschnittliche Wohnfläche im Zeitraum von 21 Jahren lediglich um 2,8 m² gewachsen ist, und Eb- nath mit einem Wachstum um 3,8 m². Über dem Durchschnitt lagen Brand, mit einem Wachstum von 4,2 m², und Waldershof mit insgesamt 4,9 m² Wachstum der Wohnfläche je Wohnung (siehe Abbil- dungen 33 - 38).

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ABBILDUNG 36: BESTAND AN WOHNGEBÄUDEN ZWISCHEN 1990 UND 2011 IN BRAND ; EIGENE DARSTEL- LUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 11

ABBILDUNG 37: DURCHSCHNITTLICHE WOHNFLÄCHE IN BRAND ZWISCHEN 1990 UND 2011; EIGENE DAR- STELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 11

37

ABBILDUNG 38: BESTAND AN WOHNGEBÄUDEN ZWISCHEN 1990 UND 2011 IN EBNATH ; EIGENE DARSTEL- LUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 11

ABBILDUNG 39: DURCHSCHNITTLICHE WOHNFLÄCHE IN EBNATH ZWISCHEN 1990 UND 2011; EIGENE DAR- STELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 11

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ABBILDUNG 40: BESTAND AN WOHNGEBÄUDEN ZWISCHEN 1990 UND 2011 IN NEUSORG ; EIGENE DARSTEL- LUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 11

ABBILDUNG 41: DURCHSCHNITTLICHE WOHNFLÄCHE IN NEUSORG ZWISCHEN 1990 UND 2011; EIGENE DAR- STELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 11

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ABBILDUNG 42: BESTAND AN WOHNGEBÄUDEN ZWISCHEN 1990 UND 2011 IN PULLENREUTH ; EIGENE DAR- STELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 11

ABBILDUNG 43: DURCHSCHNITTLICHE WOHNFLÄCHE IN PULLENREUTH ZWISCHEN 1990 UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 11

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ABBILDUNG 44: BESTAND AN WOHNGEBÄUDEN ZWISCHEN 1990 UND 2011 IN WALDERSHOF ; EIGENE DAR- STELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 11

ABBILDUNG 45: DURCHSCHNITTLICHE WOHNFLÄCHE IN WALDERSHOF ZWISCHEN 1990 UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 11

Flächenverbrauch Der Anteil der Fläche für Gebäude und Freiflächen stieg im Zeitraum von 1980 bis 2011 im Schnitt um 61,8 %. Das geringste Wachstum in diesem Zeitraum erfolgte dabei in Neusorg (42,2 %) das höchste in Pullenreuth (85,7 %). Die Verkehrsfläche nahm im Durchschnitt um insgesamt 16,5 % zu. Während sie in den Gemeinden Brand, Ebnath und Pullenreuth um circa 21 % anstieg, wuchs sie in Neusorg gerade einmal um 5,6 % und in Waldershof um 12,9 %.

Die Erholungsflächen entwickelten sich in den einzelnen Gemeinden sehr unterschiedlich. Während es in Ebnath und Neusorg seit 1980 keine Veränderungen gab, gingen sie in Brand zwischen den Jahren 1980 und 2004 um 50 % zurück und haben sich bis 2011 nicht weiter verändert. In Pullenreuth gab es zwischen den Jahren 1980 und 2004 ebenfalls keine Veränderung in der Größe der Erho- lungsfläche, danach wuchs diese jedoch bis zum Jahr 2011 um 100 %. In Waldershof stieg die Größe der Fläche zwischen den Jahren 1980 und 2004 um 100% an und sank anschließend bis 2011 wieder um 25 %. In allen Gemeinden hat die Siedlungsfläche im Zeitraum der Jahre 1980 bis 2011 zuge-

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nommen, im Durchschnitt um 36 %. Vergleichsweise wenig Anstieg hatte Neusorg (24 %) zu ver- zeichnen, einen großen Anstieg gab es hingegen in Brand (44 %) (siehe Abbildungen 43 - 47).

ABBILDUNG 46: FLÄCHENVERBRAUCH IN BRAND IN DEN JAHREN 1990, 2004, 2011, EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRI- SCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 12

ABBILDUNG 47: FLÄCHENVERBRAUCH IN EBNATH IN DEN JAHREN 1990, 2004, 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAY- RISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 12

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ABBILDUNG 48: FLÄCHENVERBRAUCH IN NEUSORG IN DEN JAHREN 1990, 2004, 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 12

ABBILDUNG 49: FLÄCHENVERBRAUCH IN PULLENREUTH IN DEN JAHREN 1990, 2004, 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 12

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ABBILDUNG 50: FLÄCHENVERBRAUCH IN WALDERSHOF IN DEN JAHREN 1990, 2004, 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 12

1.3.1.9 Gemeindefinanzen Die durchschnittlichen Schulden der Kommunen sind zwischen den Jahren 2007 und 2011 in allen Gemeinden – außer in Waldershof – gestiegen. Dort sind sie im Jahr 2011 um 20 % im Vergleich zu 2007 zurückgegangen. In den vier anderen Gemeinden sind sie im selben Zeitraum um 12 % bis 20 % gestiegen. Eine auffällig niedrige Verschuldung hatte im Jahr 2011 Pullenreuth (565 € pro Einwohner), die höchste hingegen Neusorg (1.518 € pro Einwohner). Die Verschuldung der fünf Gemeinden pro Kopf betrug im Jahr 2011 im Durchschnitt 1.060 €.

Die Bruttoausgaben der Gemeinde Brand gingen zwischen den Jahren 2007 und 2011 insgesamt kontinuierlich zurück, bis sie im Jahr 2011 wieder um ganze 212 % zum Vorjahr stiegen. Die Gemein- desteuereinnahmen gingen im gleichen Jahr um 19 % zurück. In Ebnath sanken die Bruttoausgaben seit 2007 um 29 %, während die Gemeindesteuereinnahmen um 4 % anstiegen. In Neusorg sanken die Bruttoausgaben seit 2007 um 13 %, die Gemeindesteuereinnahmen stiegen um 5,3 %. In Pullen- reuth gab es einen Anstieg der Bruttoausgaben um 2,5 % und der Gemeindesteuereinnahmen um insgesamt 33,2 %. In Waldershof sanken die Bruttoausgaben um 10 %, hingegen stiegen die Ge- meindesteuereinnahmen um 100% (siehe Abbildungen 48 - 57)

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ABBILDUNG 51: GEMEINDEFINANZEN BRAND ZWISCHEN 2007 UND ABBILDUNG 52: VERSCHULDUNG JE EINWOHNER IN IN BRAND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDESAMT FÜR ZWISCHEN 2007 UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRI- STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9 SCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

ABBILDUNG 53: GEMEINDEFINANZEN EBNATH ZWISCHEN 2007 ABBILDUNG 54: VERSCHULDUNG JE EINWOHNER IN IN EBNATH UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDES- ZWISCHEN 2007 UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRI- AMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9 SCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

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ABBILDUNG 55: GEMEINDEFINANZEN NEUSORG ZWISCHEN 2007 ABBILDUNG 56: VERSCHULDUNG JE EINWOHNER IN IN NEUSORG UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LANDES- ZWISCHEN 2007 UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRI- AMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9 SCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9

ABBILDUNG 57 GEMEINDEFINANZEN PULLENREUTH ZWISCHEN ABBILDUNG 58: VERSCHULDUNG JE EINWOHNER IN IN PULLEN- 2007 UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LAN- REUTH ZWISCHEN 2007 UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH DESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9 BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEI- TUNG 2013, S. 9

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ABBILDUNG 59: GEMEINDEFINANZEN WALDERSHOF ZWISCHEN ABBILDUNG 60: VERSCHULDUNG JE EINWOHNER IN IN WALDER- 2007 UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH BAYRISCHES LAN- SHOF ZWISCHEN 2007 UND 2011; EIGENE DARSTELLUNG NACH DESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG 2013, S. 9 BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEI- TUNG 2013, S. 9

1.3.2 Ausgangslage: Die Sichtweise der Bürgermeister und regionaler ExpertInnen Im Rahmen der Datenerhebung wurden zusätzlich Interviews mit den vier Bürgermeistern der Ge- meinden und der Bürgermeisterin der Stadt Waldershof sowie mit der Ansprechpartnerin für das Bun- desprojekt „Wohnberatung für Senioren und Menschen mit Handicap“, Anita Busch, dem Regionalma- nager des Landkreises Tirschenreuth, Florian Rüth, und der für das regionale Entwicklungskonzept zuständigen Bearbeiterin Stefanie Wenisch geführt. Die Ergebnisse der Gespräche über die allgemei- ne demografische und wirtschaftliche Entwicklung sowie Mobilität werden im Folgenden dargestellt. Weitere Informationen aus den Interviews, welche den fünf Themenfelder des Projektes ärztliche Ver- sorgung, ungenutzte Flächen und Leerstände, Kleinhandelskonzepte, Betreutes Wohnen und Senio- renpflege, gesellschaftliche Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement zugeordnet werden können, werden in den jeweiligen Kapiteln behandelt.

Nach Einschätzung der politischen Vertreter und der Experten gibt es in der Steinwald-Allianz im All- gemeinen gute Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeiten. Große Gewerbeflächen sind vorhanden und die Lebenshaltungskosten für die Beschäftigten sind gering. Durch die Nähe zu Tschechien besteht die Möglichkeit, Fördergelder für transnationale Kooperationen zu akquirieren. Es wurden jedoch auch negative Aspekte thematisiert: Es fehlt in der Region an Arbeitsplätzen, insbe- sondere für Hochqualifizierte und im Bereich des Dienstleistungssektors. Gründe dafür könnten unter anderem die fehlende Anbindung an Hochschulen und das mangelnde Marketing sein.

Positiv zu nennen ist, dass es trotz rückläufiger Schülerzahlen noch in allen Gemeinden Kindergärten oder Kindergrippen sowie Schulen beziehungsweise Schulverbände gibt.

Die Mobilität in der Region ist stark vom eigenen Pkw abhängig. Die überregionalen Straßenverbin- dungen und auch die Radwege sind gut ausgebaut und die Wege zur Autobahn kurz. Das Pendeln mit dem ÖPNV ist jedoch nur eingeschränkt möglich. Die Barrierefreiheit an Bus- und Bahnhaltepunkten 47

ist nicht gegeben. Das landkreisweite Beförderungssystem Baxi wird bisher eher wenig genutzt. Als mögliche Gründe werden benannt: fehlende feste Abfahrtszeiten und geringer Bekanntheitsgrad. In Brand hingegen wird das Baxi gut genutzt. Der Bürgermeister vermutet, dies liege an der ausgiebigen Werbung, welche dafür gemacht wurde. Mittlerweile wurde das Baxi-Konzept überarbeitet. Dabei wur- de zum Teil auf die Anregungen aus den Gemeinden eingegangen und das Angebot ausgeweitet und verbessert.

In Ebnath hofft man auf einen Ausbau des Linienbusses von zweimal auf sechsmal täglich und auf eine direkte Verbindung nach Marktredwitz.

1.3.3 Ausgangslage: Die Sichtweise der Bürgerinnen und Bürger

Neben der Befragung von Expertinnen und Experten wurde im Rahmen der Auftaktveranstaltung die Einschätzungen der Bürgerinnen und Bürger zu den Stärken ihrer Heimat und die Erwartungen an das Projekt ermittelt. Die zahlreichen Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigen die Wertschätzung der Heimat und die Bereitschaft, sich für Verbesserungen zu engagieren. Die Karten- texte mit den Antworten auf die beiden Leitfragen „Warum lebe ich gerne hier?“ und „Was will ich mit dem Projekt erreichen“ sind nachfolgend zusammengefasst.

Warum lebe ich gerne hier? Ergebnisse der Kartenabfrage bei der Auftaktveranstaltung in Brand Infrastruktur: gute Verkehrsanbindung, ohne verkehrstechnischem Kollaps Raum und Natur: wir haben Platz ich bin hierher gezogen, weil ich die direkte Art der Menschen mag, die rauhe Natur und die ur- sprüngliche Landschaft „weil’s schiah is in der rauhen Nordoberpfalz“ kurzer Weg in die Natur Naturnähe – Steinwald verbunden zur Heimat, Natur, Landwirtschaft mit den Menschen hier Landschaft: intakt - wunderschön - abwechslungsreich wunderbare Natur, wunderbare Menschen ich lebe auch gerne hier, weil ich Platz zum Leben und Luft zum Atmen habe und beides ausreichend bodenständig, wunderbare Gegend schöne Gegend zentrale Lage! (BT, WEN, HO; 2 Std. München; 3 Std. FRA, PRAG, DRESDEN) wir haben gesunde Lebensmittel ich mag: Land – Leute – einfach alles

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weil es hier am Schönsten ist! Kultur: wir haben sehr viel (bezahlbare) Kultur Soziales: wir haben Sicherheit hier ist mein Mittelpunkt In der Dorfgemeinschaft leben Leute sind aufgeschlossen und hilfsbereit Mentalität der Menschen (2x) hohe Lebensqualität weil ich mich hier „pudelwohl“ fühle Familie, Freunde sind hier bisschen „heile Welt“ weil man sich kennt hier mein Lebensmittelpunkt in Allem weil ich hier mein Haus habe Heimat! Wirtschaft: sicherer Arbeitsplatz günstige Lebenshaltungskosten (Miete, Häuser, …) mein Betrieb ist hier

„Was will ich mit dem Projekt erreichen?“, Ergebnisse der Kartenabfrage bei der Auftaktveran- staltung in Brand Identifikation mit der Region:  Imageverbesserung  damit auch mein Kind mal hier leben will und kann  Identität (regional) stärken  Identifikation stärken  unsere Stärken sichtbar machen  nicht die „Looser“ bleiben da, sondern es sind die „Winner“, die so schlau sind, hier zu wohnen!  Pullenreuth und Umgebung lebenswert erhalten und existenzfähig  Perspektiven aufzeigen, um gerne hier zu bleiben  Heimat attraktiv gestalten  den Bürgern Alternativen aufzeigen in der Region zu bleiben  dass die Region Oberes Fichtelnaabtal zusammen wächst Infrastruktur:

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 gute Versorgung: ärztliche - Verkehrsanbindung - Lebensmittel  Versorgung nah erreichbar halten  dass passende Räumlichkeiten für Veranstaltungen geschaffen werden  dass möglichst viele Freizeitangebote unsere Gegend interessant machen  Attraktivität steigern Naturschutz:  unsere schöne Landschaft, Natur, Ruhe erhalten Soziales:  gegenseitige Hilfe im Dorf  Gemeinschaftsgefühl  dass die Menschen in den Dörfern näher zusammenrücken  wir mehr zusammenwachsen und unsere Probleme gemeinsam lösen  aktive Integration von Zugezogenen  soziales und menschliches Netzwerk ausbilden Wirtschaft:  Arbeitsplätze erhalten  Arbeitsplätze erhalten; junge Leute hier wohnen können und sich wohlfühlen  junge Leute vernetzen: mögliche gemeinsame Existenzgründungen Senioren:  ältere Leute sollen sich wohlfühlen: altersgerechte Wohnungen  dass die ältere Generation so lange wie möglich „zu Hause“ bleiben/leben können Politik:  Gehörverschaffung bei Regierung und Investoren  dass wir „oben“ nicht vergessen werden! Demograf ie:  die jungen Menschen in der Region halten  den Fokus auf Familien und nicht nur auf alten Leuten  jungen Menschen Perspektiven zeigen  Weggezogene zur Rückkehr bewegen  dass sich sowohl ältere, als auch jüngere Menschen bei uns wohlfühlen  „lebbares“ Zuhause für Kinder  Heimat und Zukunft für unsere Kinder Leerstand:  Leerstände attraktiv für alte Großstädter machen, anbieten  leerstehende Gebäude mit Leben erfüllen

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2 Themenfeld Ärztliche Versorgung

Um Aussagen zur medizinischen Versorgung in den fünf Kommunen treffen zu können, wurde eine Erhebung der ansässigen Ärzte / medizinischen Einrichtungen in den fünf Kommunen, eine Befragung der ansässigen Ärzte mittels standardisiertem Fragebogen sowie eine Berechnung des lokalen Ver- sorgungsgrades vorgenommen. Die Einschätzung der Bevölkerung wurde im Rahmen der Beteili- gungsangebote abgefragt. Zudem werden die Ergebnisse eines studentischen Projektseminars an der Universität Bayreuth, Abteilung Stadt- und Regionalentwicklung, einbezogen, das sich mit der Frage der Attraktivität des ländlichen Raums für angehende Medizinerinnen und Mediziner auseinandersetzt. Um konkrete Lösungsansätze für die in einigen Kommunen (wie in Brand) schon heute defizitär wahr- genommene allgemeinmedizinische Versorgung zu finden, wurde ein Gespräch mit der Landtagsab- geordneten Annette Karl und dem Landtagsabgeordneten Tobias Reiß sowie ein Gespräch mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns geführt. Auf Grundlage der eigenen Erhebungen und der Ge- sprächserkenntnisse wurden weitergehende Handlungsempfehlungen erarbeitet.

Bevor die Ausgangslage im Bereich der medizinischen Versorgung geschildert wird, soll noch auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen der ärztlichen Versorgung eingegangen werden.

2.1 Gesetzliche Grundlagen der ärztlichen Versorgung

Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung liegt nicht im Zuständigkeitsbereich der Gemeinden. Nach dem Sozialgesetzbuch V müssen Körperschaften des öffentlichen Rechts, wie etwa die Kassen- ärztlichen Vereinigungen oder die Ärztekammern, unter Rechtsaufsicht der Gesundheitsministerien von Bund oder Ländern, die ärztliche Versorgung der Bevölkerung sicherstellen. Die höchste Instanz ist dabei der Gemeinsame Bundesausschuss.

Nach §75 SGB V müssen die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder und die Kassenärztliche Bundesvereinigung die vertragsärztliche Versorgung der Bevölkerung mit Haus- und Fachärzten ge- währleisten. Am 1. Januar 2013 wurde vom Gemeinsamen Bundesausschuss eine bundesweit rechtsverbindliche Richtlinie über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Feststellung von Über- versorgung und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung herausgegeben. Auf dieser Grundlage wird der Versorgungsgrad der sogenannten Mittelbereiche (früher Planungsregionen) be- rechnet. Der Versorgungsgrad setzt die Zahl der Ärzte in Relation zur Bevölkerung und ihrer Alters- struktur. Ein Versorgungsgrad von 100% gewährleistet eine ausreichende ärztliche Versorgung. Eine Überversorgung ist nach §101 SGB V dann gegeben, wenn der Versorgungsgrad um 10 % überschrit- ten wird, eine Unterversorgung liegt gemäß § 100 SGB V bei einer Unterschreitung um mindestens 25 % vor.

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2.2 Ausgangslage

Um Auskunft zu erhalten, wie sich die medizinische Versorgung in den fünf Kommunen gestaltet, wur- den die Allgemeinärzte, Zahnärzte und Apotheken mittels Begehung erhoben.

Die unten angeführte Tabelle zeigt die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte sowie die der Apotheken in allen fünf Kommunen. Dabei fällt auf, dass sich in Neusorg die meisten Medizinerinnen und Mediziner niedergelassen haben und dass sich zusätzlich eine Apotheke in der Gemeinde befindet.

TABELLE 7: ANZAHL DER HAUSÄRZTE , ZAHNÄRZTE UND DER APOTHEKEN IN ALLEN KOMMUNEN (S TAND FEBRUAR 2015). QUELLE : EIGENE ERHEBUNG

Hausärzte Zahnärzte Apotheken

Brand 0 1 0

Ebnath 1 1 0

Neusorg 3 1 1

Pullenreuth 0 0 0

Waldershof 1 3 1

Die Gespräche mit den Bürgermeistern und der Bürgermeisterin haben ergeben, dass die ansässigen Ärzte zum Teil kurz vor dem Ruhestand stehen und die Aussicht auf einen Nachfolger gering ist. Dafür ist in der Gemeinde ein Zahnarzt für die nächste Zeit gesichert. In Brand konnte ein Zahnarzt im Rat- haus untergebracht werden. Jedoch geht der Zahnarzt in Ebnath Ende Juni 2015 in Ruhestand. In allen Gemeinden sind Dienste für ambulante Pflege und Versorgung aktiv. Die Gemeinde Neusorg sucht über ein Internetportal nach einer Allgemeinmedizinerin oder einem Allgemeinmediziner - bis- lang jedoch ohne Erfolg.

Um die zukünftige ärztliche Versorgung im Untersuchungsgebiet einschätzen zu können, wurde ein standardisierter Fragebogen zur Befragung der praktizierenden Mediziner erstellt. Erhoben wurden die Daten aller Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner der fünf Kommunen. Die Namen und Kontaktdaten der Befragten wurden im Internet recherchiert und von der Bürgermeisterin und den Bürgermeistern der betreffenden Gemeinden überprüft. Insgesamt wurde der Fragebogen an fünf Allgemeinmediziner gesendet. Darunter befanden sich drei Einzelpraxen und eine Gemeinschaftspra- xis. Von drei der vier kontaktierten Praxen wurde der Fragebogen zurückgesendet und die erhobenen Daten konnten somit anonym ausgewertet werden. Sie dienen den Kommunen gleichzeitig zur vor- rauschauenden Planung. Der Fragebogen befindet sich im Anhang.

Als Hauptgrund für die Niederlassung an ihrem Standort führten die Befragten hauptsächlich Heimat- bzw. regionale Verbundenheit sowie die günstigen Übernahmebedingungen der Praxis an. Die Ein- zelnennungen bezogen sich dabei auf familiäre oder wirtschaftliche Gründe.

Einer der drei Befragten zog es zum Zeitpunkt der Befragung in Erwägung, eine Zweigpraxis zu eröff-

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nen, die beiden anderen lehnten dies ab. Außerdem gaben insgesamt zwei der Befragten an, ihre Tätigkeit in den nächsten Jahren aus Altersgründen aufzugeben. In einem der beiden Fälle sollte die Beendigung der Tätigkeit bereits Ende des Jahres 2015 erfolgen. Im zweiten Fall ist der Ruhestand im Zeitraum von 2020 bis 2025 geplant. Für keinen der beiden ist die Nachfolge gesichert. Die Einschät- zung der Möglichkeit, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu finden bewerteten die Befragten auf einer Skala von 1 bis 5 mit einer 5, also insgesamt mit einem „ sehr schwer “. Diese Einschätzung teilen alle drei Befragten auch für die ganze Region.

Des Weiteren wurden jene beiden gefragt, die in den nächsten Jahren ihre Tätigkeit einstellen möch- ten, ob sie bereits aktiv auf der Suche nach einer Nachfolge für die Praxis sind. Einer der Befragten gab an, bereits in der Vergangenheit mit anderen Ärztinnen und Ärzten in Kontakt getreten zu sein, um eine Zusammenarbeit in der Praxis zu arrangieren. Der andere bemüht sich über das Internet und in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärztekammer eine rechtzeitige Übernahme zu arrangieren.

Auf die Frage, ob sich der Einzugsbereich der Praxis in den letzten fünf Jahren geändert habe, wurde einmal geantwortet, dass dieser gleich geblieben sei. Hingegen hat sich dieser nach Angaben der anderen beiden Befragten in ihrem Versorgungsgebiet vergrößert. In einem Fall wird dies mit dem Wegfall einer anderen Praxis im Nachbarort begründet. Jener Befragte, welcher angab, sein Einzugs- bereich hätte sich nicht geändert, schätzt den Auslastungsgrad seiner Praxis mit einer 3, auf einer Skala von 1 (wenig ausgelastet) bis 5, ein. Die beiden anderen antworteten mit einer 5 für „ überlastet “.

Eine weitere Beschäftigung nach dem Eintritt in den Ruhestand ziehen zwei Befragte in Betracht, ei- ner davon jedoch nur in Form einer Gemeinschaftspraxis oder auf Vertretungsbasis. Der dritte schloss diese Möglichkeit für sich aus.

Zum Schluss wurden die Ärzte gefragt, welche Anreize Kommunen ihrer Meinung nach schaffen könn- ten, um angehende Medizinerinnen und Mediziner in den ländlichen Raum zu „locken“. Ideen waren unter anderem die Beteiligung der Kommunen am medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) sowie die Bereitstellung von Räumlichkeiten. Auch die Optimierung der Praxisräume bezüglich der Barriere- freiheit stellte für sie eine Chance der Einflussnahme dar. Einer der Befragten sieht vor allem Hand- lungsbedarf bei den Möglichkeiten der Familienmitglieder. So müssten demnach Arbeitsplätze für Hochqualifizierte bereitgestellt, um die Ehegatten in der Region beschäftigen zu können sowie gleich- zeitig eine gute Kinderbetreuung in den Gemeinden angeboten werden.

Die Famulatur der angehenden Mediziner wird als gute Möglichkeit eingeschätzt, um junge Ärztinnen und Ärzte an die Region zu binden, jedoch erhielt keiner der Befragten in den letzten Jahren Anfragen für eine solche.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die medizinische Versorgung durch wohnort- nahe Allgemeinärzte in den fünf Kommunen in Zukunft durch Pensionierung und fehlende Nachfolge deutlich verschlechtern wird.

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2.3 Ergebnisse der Demografiekonferenzen

Da die ärztliche Versorgung stark von den gesetzlichen Vorgaben bestimmt wird, ist der kommunale Gestaltungsspielraum eher gering. Trotzdem befassten sich die Bürgerinnen und Bürger in den Ar- beitsgruppen intensiv mit verschiedenen Ansätzen zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung.

In der Analyse wurde festgestellt, dass die Wirtschaftlichkeit von Hausarztpraxen durch die abneh- mende Bevölkerung und fehlendem Patientenmix (soll heißen geringer Anteil an „lukrativen“ Privatpa- tienten) leidet. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demografiekonferenz sehen insbesondere die geringeren Lebenshaltungskosten und das gute kulturelle Angebot in der Region als Attraktivitäts- faktor für die Anwerbung von Ärzten und Ärztinnen. Auch relative kurze Wege zwischen den Orten (wichtig z.B. bei Hausbesuchen) und nahegelegene Krankenhäuser werden als Pluspunkte gesehen. Für angehende Hausärzte sei es auch ein Vorteil den bestehenden Kundenstamm einer Praxis zu übernehmen.

In der zweiten Demografiekonferenz (Ideenworkshop) wurden zudem drei Maßnahmen zur Umset- zung vorgeschlagen:

• Stipendien für potentielle Landärzte

• Verhandlungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung, um die Rahmenbedingungen zu ver- bessern

• „Multiple Häuser“ (Häuser mit mehrfacher Nutzung) in der Dorfmitte könnten als Satellitenpra- xen fungieren und gleichzeitig zur Lösung der Leerstandsproblematik beitragen

Die in den Demografiekonferenzen gemachten Maßnahmenvorschläge wurden im weiteren Prozess- verlauf auf Machbarkeit überprüft.

2.4 Ziele und Strategien zur Verbesserung der medizinischen Versorgung

Die im folgenden dargestellten Ziele und Strategien wurden im Rahmen des sogenannten Visionen- spiels in ihrer Grundidee in der Demografiekonferenz erarbeitet, vom Büro KlimaKom eG ausformuliert und intensiv mit der Steuerungsrunde diskutiert und abgestimmt. Mit der Erarbeitung von Zielen kann die Frage „Wo wollen wir hin“ beantwortet werden. Die Formulierung von Strategien dient der Beant- wortung der Frage „Wie kommen wir dahin?“. Ziele und Strategien werden durch Maßnahmen und Handlungsempfehlungen konkretisiert.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Demografiekonferenzen und der Steuerungsrunde haben sich auf folgende Ziele und Strategien im Bereich der medizinischen Versorgung verständigt.

Ziele

• Die haus- und fachärztliche und medizinische Versorgung ist in der Fläche langfristig ge- sichert, auch durch neue Lösungsansätze.

• Professionelle Ansätze in der medizinischen und ärztlichen Versorgung sind mit ehren- 54

amtlichen / semiprofessionellen Strukturen (wie z.B. Nachbarschaftshilfe) verknüpft.

• Die Gesunderhaltung der Bevölkerung in allen Altersgruppen wird präventiv unterstützt.

Strategien zur Zielerreichung

• Steuerungsgruppe zur ärztlichen und medizinischen Versorgung gründen, die den Pro- zess begleitet, die die Akteure an einen Tisch holt und Fördermittel akquiriert.

• Medizinisches Zentrum Fichtelnaabtal etablieren und hierfür neue Versorgungsstrategien erarbeiten (mobile Ärzte anstatt mobile Patienten)

• Programm zur Gewinnung von Ärzten entwickeln

• Nachbarschaftshilfen und Mehrgenerationenhäuser auf- und ausbauen

2.5 Maßnahmen

Insbesondere die erste Zielsetzung – die langfristige Sicherung der haus- und fachärztlichen und me- dizinischen Versorgung in der Fläche – wurde durch verschiedene Maßnahmen in der Projektlaufzeit vorbereitet. Erstens wurde der Versorgungsgrad kleinräumig für die fünf Kommunen berechnet, zwei- tens wurden im Rahmen eines Studienprojekts Erkenntnisse zu den Attraktivitätsfaktoren des ländli- chen Raums für Nachwuchsmediziner gesammelt und drittens nach Möglichkeiten zur Verbesserung der medizinischen Versorgung gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns gesucht.

Die Maßnahmen dienen der Informationsbeschaffung und der Erkenntnisgewinnung, um darauf auf- bauend weitere Schritte (im Sinne von Handlungsempfehlungen) nach Projektabschluss unternehmen zu können. Eine Maßnahme, die über die Informationsbeschaffung hinausging, ist die Erstellung eines Films für Marketingzwecke.

2.5.1 Erstellung Marketingfilm

Im Rahmen des Projekts überlegten die in Neusorg ansässigen Ärzte, wie sie ihren Heimatort und Praxisstandort vermarkten können, so dass Mediziner auf ihn aufmerksam gemacht werden und so erste Gespräche mit potenziellen Nachfolgern geführt werden können. Die Idee, einen Marketingfilm zu erstellen, gewann an Konturen und wurde noch im Rahmen der Projektlaufzeit umgesetzt. Es ent- stand ein ansprechender Kurzfilm, der einerseits die attraktive Landschaft und das Kulturangebot her- ausstellte und andererseits einen Nachfolger / eine Nachfolgerin für die Gemeinschaftspraxis Praxis Bollig / Happel sucht. Der Film kann über die Homepage der Gemeinde Neusorg angesehen werden (http://www.neusorg.de/news/1/280934/nachrichten/gemeinde-neusorg;-nachfolger-in-der- gemeinschaftspraxis-f%C3%BCr-allgemeinmedizin-gesucht.html).

Es gibt bereits erste Überlegungen einen Werbefilm, der sich an Nachwuchsmediziner richtet, für das

55

Gesamtgebiet der Steinwaldallianz herzustellen.

2.5.2 Ermittlung des lokalen Versorgungsgrads Ein Ergebnis des Gesprächs mit den Bürgermeistern / der Bürgermeisterin und den beiden Landtags- abgeordneten Annette Karl und Tobias Reiß war, den Versorgungsgrad kleinräumig zu berechnen. Nach dem Versorgungsatlas der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns vom September 2014 sind die fünf untersuchten Kommunen Teil des Bezirks Wunsiedel / Marktredwitz in Oberfranken. Der Versor- gungsgrad liegt für diese Region bei 111,4 %. Damit gilt die Region als „überversorgt“. Die Praxis- standorte liegen aber vor allem in Marktredwitz, Wunsiedel und Arzberg. 1 Eine räumliche Ungleichver- teilung liegt somit zugunsten der größeren Städte vor. Da ab einem Versorgungsgrad von 110 % keine neuen Arztpraxen im entsprechenden Planungsgebiet mehr eröffnen dürfen, muss verstärkt darauf geachtet werden, dass die vorhandenen Standorte erhalten bleiben. Sobald eine Arztpraxis länger als sechs Monate geschlossen ist, geht die Zulassung für die Niederlassung verloren. Auch wenn sich nach dieser Frist ein Arzt finden würde, der die Praxis gerne weiterführen würde, würde ihm auf Grund der offiziellen Überversorgung der Region wahrscheinlich keine neue Zulassung erteilt werden.

Durch die räumliche Ungleichverteilung der Ärzte einerseits und die drohenden Praxisschließungen in den fünf Kommunen sind viele der Bewohnerinnen in naher Zukunft gezwungen, weite Wege auf sich zu nehmen, um zu einem Arzt zu gelangen. Da jedoch im Untersuchungsgebiet das öffentliche Ver- kehrsnetz nur sehr grundlegend ausgebaut ist und hier viele ältere Bürgerinnen und Bürger leben, welche nicht oder nicht mehr lange selbstständig (auto-)mobil sind, ist es allen Projektbeteiligten wich- tig, dass die ärztliche Grundversorgung auch wohnortnah gewährleistet wird.

Aus diesem Grund wurde der Versorgungsgrad für das Planungsgebiet der Kommunen Brand, Eb- nath, Neusorg, Pullenreuth und Waldershof nach den Bedarfsplanungs-Richtlinien vom 20. Dezember 2012 berechnet. Die Vorgehensweise wurde dabei der Anlage 4.2 des besagten Dokumentes ent- nommen. 2

Für die Berechnung des Versorgungsgrades der gedachten Planungsregion Brand, Ebnath, Neusorg, Pullenreuth und Waldershof müssen nach den Richtlinien der Bedarfsplanung zuerst folgende Para- meter erhoben werden:

TABELLE 8: PARAMETER ZUR BERECHNUNG DES VERSORGUNGSSTANDARDS . EIGENE DARSTELLUNG NACH KVB VERSOR- GUNGSATLAS HAUSÄRZTE 2014, S. 122

Parameter Faktor Einwohner im Mittelbereich 10450 Verhältniszahl je Einwohner 1671 Anzahl der Ärzte 5 Allgemeine Altersfaktoren 79,4 / 20,6

1 KVB: Versorgungsatlas Hausärzte, 2014: S. 122. 2 Gemeinsamer Bundesausschuss: Richtlinie, 2012: S. 76 56

Regionale Altersfaktoren 80,5 / 19,5 Brand 79,1 / 20,9 Ebnath 79,5 / 20,5 Neusorg 84,7 / 15,3 Pullenreuth 82,0 / 18,0 Waldershof 77,9 / 22,1 Leistungsbedarfsfaktor 2567

Anschließend werden die Faktoren in folgende Gleichungen eingesetzt.

Berechnung des Demografiefaktors:

79,4 + (20,6 x 2567)

------= 1,0562977442

80,5 + (19,5 x 2567)

Korrigierte Verhältniszahl:

1671 x 1,0562977442 = 1765,0735305582

Korrigierter Versorgungsgrad:

1765,0735305582 x 5 x 100

------= 84,45 %

10450

Der Versorgungsgrad der gedachten Planungsregion liegt bei gerade einmal 84,45 %. Ergänzt mit der hohen Altersstruktur der praktizierenden Ärzte der Region lässt sich eine drohende Unterversorgung erkennen.

2.5.3 Ermittlung der Attraktivitätsfaktoren für Nachwuchsmedizinerinnen und Na- chwuchsmediziner

Im Rahmen des Studienprojekts „ Medizinische Versorgung im ländlichen Raum “ haben sich fünf Stu- dierende (H. Barbara Demeterova, Kerstin Gebauer, Sascha Köpf, Franziska Krämer und Annika Landscheidt) des Masterstudiengangs Humangeographie – Stadt- und Regionalforschung der Univer- 57

sität Bayreuth damit befasst, die Rahmenbedingungen für die medizinische Versorgung sowie den zunehmenden Ärztemangel in ländlichen Räumen zu untersuchen. Das Untersuchungsgebiet des Studienprojekts war das Wirtschaftsband A9 Fränkische Schweiz.

Die Entstehung des Projekts hängt wesentlich mit der Situation der ärztlichen Versorgung in Pegnitz zusammen. Der einzige Kinderarztsitz wurde aufgrund fehlender Nachfolge im Jahr 2012 geschlos- sen, was zu großem Unmut innerhalb der Bevölkerung führte. Vor dem Hintergrund der mittlerweile insgesamt geltenden Nachfolgeproblematik der Fachärzte in der Region, wandte sich der Erste Bür- germeister von Pegnitz, Uwe Raab, gemeinsam mit Dipl.-Geogr. Michael Breitenfelder vom Wirt- schaftsband A9 Fränkische Schweiz mit dem Anliegen an Prof. Dr. Manfred Miosga von der Universi- tät Bayreuth um gemeinsam mit den Studierenden Strategien zu formulieren, wie eine Region ange- sichts dieser Situation reagieren könnte.

Im Rahmen eines zweisemestrigen Studienprojekts (April 2014 – März 2015) wurde zunächst intensiv zu theoretischen Grundlagen zum demografischen Wandel sowie zu Rahmenbedingungen medizini- scher Versorgung in ländlichen Räumen recherchiert. Zu Beginn des Projekts wurde mittels eines kurzen, standardisierten Fragebogens, der an alle niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte im Wirt- schaftsband A9 ausgesendet wurde, eine erste Analyse der gegenwärtigen ärztlichen Versorgungssi- tuation getätigt. Dieser diente dem gleichen Zweck wie jener der anschließend in den fünf Kommunen der Steinwald-Allianz durchgeführt worden ist. Es sollten Angaben über die ursprünglichen Rahmen- bedingungen und Motive der Praxisgründung sowie der Niederlassung, die Einschätzung der Befrag- ten zur Nachfolgesituation zu ermitteln, den Auslastungsgrad der Praxis aber auch das über das mo- mentane Alter der Befragten gesammelt werden. Nach einer ersten Analyse der gesammelten Daten und der ermittelten Ist-Situation in der Untersuchungsregion, ergab sich infolge weiterer Überlegungen eine Schwerpunktverlagerung des Studienprojekts. Durch die sich abzeichnende Nachfolgeproblema- tik wurde der Fokus schließlich auf junge Medizinstudierende verlagert. Deren veränderte Wahrneh- mung des ländlichen Raums sowie der Hausarzttätigkeit auf dem Land gehen einher mit zunehmend stärker abweichenden, alternativen Lebenskonzepten einer neuen Ärztegeneration. Diese Entwicklung sollte dabei stärker fokussiert und dargestellt werden. Das Ziel des Projekts war es, konkrete Hand- lungsstrategien für Kommunen aus den gesammelten Daten abzuleiten.

Folgende forschungsleitende Fragestellung wurde im Studienprojekt bearbeitet

„Welche Anreize können Kommunen im ländlichen Raum schaffen, um für angehende Ärztin- nen und Ärzte ein attraktiver Arbeitsort zu sein?“

Unterfragen dazu waren

• Wie gestaltet sich die Versorgungssituation im ländlichen Raum am Beispiel des Wirt- schaftsbands A9 Fränkische Schweiz? • Welche Vorstellungen haben angehende Ärztinnen und Ärzte von ihrem zukünftigen Ar- beitsumfeld? • Wie verhalten sich die Vorstellungen der angehenden Ärztinnen und Ärzte im Vergleich zu 58

den bereits praktizierenden Ärzten?

Methoden zur Beantwortung der Forschungsfrage

• standardisierte Befragung unter niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten im Wirtschafts- band A9 Fränkische Schweiz • standardisierte Online-Befragung unter Medizinstudierenden (deutschlandweit in ver- schiedenen Foren und sozialen Netzwerken online geschaltet) • leitfadengestützte Interviews mit Medizinstudierenden • leitfadengestützte Interviews mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten im Wirtschafts- band A9 Fränkische Schweiz

Ergebnisse der Untersuchung

Die Ergebnisse der Studie lassen sich wie folgt kurz zusammenfassen:

• Laufzeit der Befragung: 4 Wochen • Rücklauf: 164 Medizinstudierende; 66 % weiblich, 34 % männlich • Verteilung im WS 2013/2014 bundesweit: 61 % weiblich, 39 % männlich (vgl. STATISTI- SCHES BUNDESAMT 2015, o.S.) • Durchschnittsalter im Sample: 24 Jahre; voraussichtliches Ende des Studiums: 2017

40 % der Befragten streben die fachärztliche Ausbildung in der Allgemeinmedizin, Kinderheilkunde oder in der Inneren Medizin an. Bundesweit waren 2013 32 % der Ärzte in diesen Fachrichtungen tätig (vgl. BUNDESÄRZTEKAMMER 2014, o.S.).

Generell können sich insgesamt 44 % der befragten Studierenden vorstellen, später als Landarzt tätig zu sein. Als Gründe hierfür wurden vor allem folgende Aspekte genannt:

• Heimatverbundenheit • wirtschaftliche Gründe (zum Beispiel geringe Mietkosten) • hohe Lebensqualität • günstige Übernahmebedingungen für Praxen

56 % wollen den Beruf als Arzt nicht auf dem Land ergreifen. Für diese Studierenden spricht gegen den ländlichen Raum:

• keine angemessene Bezahlung (im Vergleich zu einer Niederlassung in einer Stadt) • zu hohe Arbeitsbelastung (z.B. Notdienste) • zu wenig Berufsmöglichkeiten für Partner • keine Möglichkeit zum medizinischen Austausch (da weniger Kollegen) • geringes kulturelles Angebot

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• schlechte Infrastruktur • Abgeschiedenheit, lange Wege in die Stadt

Aus den genannten Gründen gegen den Beruf als Landarzt ist deutlich zu erkennen, dass bei vielen Menschen aufgrund von Vorurteilen ein verzerrtes Bild des ländlichen Raumes besteht.

Abbildung 60 verdeutlicht, dass der kollegiale Austausch dem Großteil der Medizinstudierenden sehr wichtig ist, da 91 % die Arbeit in Kliniken oder Gemeinschaftspraxen gegenüber der Arbeit in einer Einzelpraxis bevorzugen. Ebenso eindeutig gestaltet sich die Antwort auf die Frage, ob die Medizin- studierenden lieber eine Praxis übernehmen oder neugründen wollen:

85 % derjenigen, die in einer Gemeinschafts- oder Einzelpraxis praktizieren wollen, können sich vor- stellen, eine Praxis selbstständig zu führen. Davon bevorzugen 82 % die Praxisübernahme.

ABBILDUNG 61: BEVORZUGTE ARBEITSFORM DER BEFRAGTEN STUDIERENDEN IN %; QUELLE : GEBAUER , KRÄMER 2015, O.S.

Bei den Vorstellungen zu ihrem späteren Arbeitsumfeld gibt es teilweise deutliche Unterschiede zwi- schen den Studierenden, die sich vorstellen können auf dem Land zu praktizieren, und denen, die nicht dazu bereit sind.

„Landaffine“ Medizinstudierende im Vergleich zu den „landabgeneigten“ (Abbildung 60):

• unternehmerische Selbstständigkeit und die Nähe zum Studienort für alle Studierenden eher unwichtig • feste Arbeitszeiten sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in beiden Gruppen wichtig • der Zugang zur aktuellen Technik und den diagnostischen Möglichkeiten ist beiden Grup- pen wichtig, für die landaffinen Studierenden jedoch etwas weniger • landaffine Studierende legen weniger Wert auf überdurchschnittliches Gehalt und finanzi- elle Anreize • „landaffinen“ Studierenden ist der intensive persönliche Kontakt zu den Patienten sehr wichtig

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ABBILDUNG 62: DURCHSCHNITTLICHE EINSCHÄTZUNG VON ASPEKTEN FÜR DAS SPÄTERE ARBEITSUMFELD IN BEZUG AUF DIE BEREITSCHAFT , SICH ALS LANDARZT NIEDERZULASSEN ; QUELLE : GEBAUER , KRÄMER 2015, O.S.

Zusammenfassend wird von den Befragten mehr Sicherheit im späteren Beruf gewünscht, so zum Beispiel geregelte Arbeitszeiten, geregelte Notdienste, geregelte Urlaubsvertretungen sowie ein gesi- chertes Angestelltenverhältnis.

Im Verlauf der Befragung war auch das Medizinstudium ein wichtiger Aspekt der Untersuchung, um herauszufinden, in welchem Studienabschnitt die Befragten die Möglichkeit haben, den Landarztberuf kennenzulernen. Ein praktischer Studienabschnitt ist die Famulatur. Diese hat den Zweck, die Medi- zinstudierenden mit der Patientenversorgung vertraut zu machen. Da ein Monat der Famulatur in einer Einrichtung der hausärztlichen Versorgung absolviert werden muss, kann die Famulatur auch eine Gelegenheit für die Famulanten sein, den ländlichen Raum für einen begrenzten Zeitraum kennenzu- lernen.

Von den Studierenden, die noch nicht ihre gesamte Famulatur absolviert haben, haben 69 % Interes- se daran, einen Teil ihrer Famulatur im ländlichen Raum abzuleisten. Gründe, welche aus Sicht der Studierenden für eine Famulatur auf dem Land sprechen, sind folgende:

• Erfahrungen sammeln und Strukturen auf dem Land kennenlernen • Pflicht der Allgemeinarztfamulatur als Chance, um ein anderes Arbeitsumfeld zu erleben • persönlichere Betreuung in kleineren Einrichtungen • Möglichkeit zum persönlichen und intensiven Patientenkontakt

61

31 % der Studierenden, welche kein Interesse daran haben, einen Teil ihrer Famulatur im ländlichen Raum abzuleisten, bemängeln folgende Punkte:

• fehlende Unterkunftsmöglichkeiten im ländlichen Raum • höherer Aufwand einer Famulatur auf dem Land (zum Beispiel bei der Suche einer Famu- laturstelle) • schlechte Erreichbarkeit der Praxen

Des Weiteren spielen persönliche Aspekte wie das fehlende Interesse am Land, familiäre Gründe und das nicht Vorhandensein der gewünschten Fachrichtung in ländlichen Gebieten in die Entscheidung gegen eine Famulatur im ländlichen Raum mit hinein.

Zusammenfassend zeigt sich somit, dass ein Interesse bei den Medizinstudierenden besteht ihre Fa- mulatur im ländlichen Raum zu absolvieren und dass durch Verringerung des Aufwands, eine Famula- tur auf dem Land abzuleisten, noch mehr Studierende dafür gewonnen werden können.

Der letzte Abschnitt der Befragung beschäftigte sich mit Anwerbestrategien und bestehenden Konzep- ten zur Förderung des Medizinernachwuchses. Kommunen und Kliniken in ländlichen Räumen sowie die Länder versuchen bereits seit einigen Jahren durch verschiedene Strategien und Konzepte, Medi- zinstudierende für eine spätere Tätigkeit als praktizierender Arzt zu gewinnen und gleichzeitig auch zu binden. Daher galt es zu untersuchen, welche der Anwerbestrategien und der bestehenden Konzepte bei den Studierenden bekannt sind und bereits wahrgenommen werden, wie sich in Abbildung 61 zeigt.

ABBILDUNG 63: BEKANNTHEIT DER ANWERBESTRATEGIEN (A NZAHL DER NENNUNGEN ); QUELLE : GEBAUER , KRÄMER 2015, O.S.

Somit zeigt sich, dass viele der bereits praktizierten Anwerbestrategien den Medizinstudierenden be- kannt sind, diese jedoch offensichtlich nicht sehr beworben werden, wodurch nur ein geringerer Anteil der Studierenden solche Anwerbestrategien bereits selbst erlebt hat.

Bei den bestehenden Konzepten, die Medizinstudierende in Form von Stipendien ansprechen sollen, um einen Anreiz für die Niederlassung auf dem Land zu schaffen, sind vor allem monatliche finanzielle Unterstützungen durch eine Klinik, eine Kommune oder ein Bundesland bekannt (Abbildung 62). Die 62

einmaligen finanziellen Unterstützungen und die monatlichen Unterstützungen der Kassenärztlichen Vereinigung sind bei den Studierenden weniger publik.

ABBILDUNG 64: BEKANNTHEIT DER BESTEHENDEN KONZEPTE (A NZAHL DER NENNUNGEN ); QUELLE : GEBAUER , KRÄMER 2015, O.S.

Wie bei den Anwerbestrategien zeigt sich, dass die Konzepte zwar bekannt sind, jedoch nur sehr we- nige Studierende ein solches Konzept beanspruchen. Genauer betrachtet nehmen nur 3 % der 164 befragten Studierenden solch ein Konzept in Anspruch:

• Vier Studierende erhalten monatlich eine finanzielle Unterstützung während des Studiums von einer Klinik, mit der Verpflichtung später in der Klinik zu praktizieren. • Ein Befragter nimmt die monatliche finanzielle Unterstützung durch ein Bundesland ent- gegen und verpflichtet sich somit später auf dem Land zu arbeiten.

2.5.4 Klärung der Rahmenbedingungen im Dialog mit der Bezirksstelle Oberfranken der Kassenärztlichen Vereinigung Die ärztliche Versorgung ist Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Um die rechtlichen Rahmenbedingungen abzuklären und zu erfahren, welche Einflussmöglichkeiten die Kommunen ha- ben, fand ein Informationsgespräch mit Vertreterinnen der Bezirksstelle Oberfranken der Kassenärztli- chen Vereinigung statt, an dem ausgewählte Bürgermeister sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von KlimaKom e.G. teilnahmen. Die Ergebnisse des Treffens werden nachfolgend zusammengefasst.

Zuweisung von Arztsitzen Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung ist ein gesetzlicher Auftrag, den die Kassenärztliche Vereinigung in Selbstverwaltung wahrnimmt. Die kleinste Verwaltungseinheit ist der Mittelbereich. In Bayern gibt es 137 Mittelbereiche.

Der Mittelbereich „65-09 Wunsiedel / Marktredwitz“ umfasst die folgenden Kommunen: Arzberg, Bad

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Alexandersbad, Brand , Ebnath , Hohenberg a.d. Eger, Kirchenlamitz, Marktredwitz, Nagel, Neusorg , Pullenreuth , Röslau, Schirnding, Tröstau, Waldershof , Wunsiedel.

Die Zulassung einer Praxis ist immer orts- und personengebunden.

Über die Zulassung von Ärzten entscheidet ein Zulassungsausschuss pro Regierungsbezirk, der von drei Vertretern der Ärzteschaft und drei Vertretern der Krankenkassen besetzt ist. Anhand einer Ver- hältniszahl wird berechnet, ob ein Mittelbereich unterversorgt oder überversorgt ist.

Eine Versorgungssituation unter 85 % ermöglicht besondere Fördermaßnahmen für die Region, ab über 110% Bedarfsdeckung dürfen sich in der Regel keine Ärztinnen und Ärzte im Mittelbereich nie- derlassen und Arztsitze können nach Bedarf von der KV eingezogen werden. Dies ist besonders bei Fachärzten tragend, da fast alle über 200% Versorgungsgrad in den ausgewiesenen KV-Regionen aufweisen.

Innerhalb eines Mittelbereiches besteht für die KV keine Möglichkeit, auf den Ort der Niederlassung einzuwirken. Die Wanderung innerhalb der (überversorgten) Mittelbereiche ist demnach möglich und führt häufig zu einer Konzentration der Ärztinnen und Ärzte an zentralen Orten und zu einem schrump- fenden Angebot in der Fläche. In seltenen Ausnahmefällen ist es deshalb möglich, in einem Mittelbe- reich mit berechneter Überversorgung trotzdem einen weiteren Arztsitz zuzulassen, falls er sich in einer schlecht versorgten Region des Mittelbereiches befindet. Eine „Sonderbedarfszulassung“ bietet deshalb die Möglichkeit Ausnahmen zu schaffen, beispielsweise für sehr kleine Ortschaften, welche sich offiziell in „überversorgten“ Gebieten befinden, jedoch weit entfernt vom nächsten Arztsitz liegen.

Ob der Zuschnitt der Mittelbereiche eine ausreichende Versorgung sicherstellen kann, soll im Jahr 2015 in allen Fällen überprüft werden, in denen die Ausdehnung des Mittelbereichs 30 Kilometer überschreitet.

Nachfolgeregelungen Wenn der Inhaber einer Zulassung sich aus der Praxis zurückziehen möchte, wird in einem sogenann- ten Nachbesetzungsverfahren eine Nachfolge durch die KV gesucht.

Zunächst muss dabei ein Antrag beim Zulassungsausschuss der KV auf die Zulassung der Nachbe- setzung gestellt werden. Wenn diese dann seitens der KV bewilligt wird, erscheint ein Inserat im bay- rischen Staatsanzeiger. Wenn schließlich ein „Nachbesetzungswilliger“ gefunden wird, muss ein er- neuter Antrag an den Ausschuss für eine Praxisübernahme gestellt werden und erst dann, wenn eine positive Übernahmebewilligung vorliegt, besteht die Möglichkeit der Nachbesetzung.

Dieses Verfahren ist sehr langwierig und dauert in etwa ein halbes bis ein dreiviertel Jahr – wobei die Möglichkeit auf Ablehnung des Antrags immer gegeben ist. Der Zulassungsausschuss tagt jedoch nur einmal im Quartal deswegen lässt sich das Fazit ziehen: je früher sich um eine Nachfolge gekümmert wird, desto besser!

Die KV bietet deshalb auch eine „Praxisbörse“ an, welche zwischen „Abgebenden“ und „Niederlas- sungswilligen“ Ärztinnen und Ärzten vermitteln soll.

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Es wird seitens der KV dringend empfohlen, dass sich Ärztinnen und Ärzte frühzeitig über die ver- schiedenen Möglichkeiten der Praxisübergabe informieren sollen, etwa zwei Jahre vor dem beabsich- tigten Ende der Tätigkeit.

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen Im Gegensatz zur allgemein vorherrschenden Meinung, ist die Einkommenssituation der Ärztinnen und Ärzte im ländlichen Raum laut den Vertreterinnen und Vertretern der KVB sogar besser als die ihrer in Städten niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, da die Kassenhonorare in ländlichen Räumen nicht gedeckelt sind und da tendenziell auf eine Ärztin bzw. einen Arzt im Schnitt mehr Pati- entinnen und Patienten kommen. Auch wurde von einer Vertreterin der KVB die Möglichkeit ange- sprochen, sich eine Praxis zu teilen: So kann das im Vergleich zur Stadt erhöhte Patientenaufkommen leichter bewältigt werden. Auch ist ein kollegialer Fachaustausch einfacher möglich.

Die Anwesenheit eines Pflegeheims am Ort, wie in Neusorg geplant, wird für eine dort ansässige Arztpraxis wirtschaftlich positiv bewertet, gleichzeitig bringt dies einen erheblichen Mehraufwand für die niedergelassene Praxis. Dieser Mehraufwand könnte sich negativ auf die Auslastung der örtlichen Praxis auswirken und beinhaltet keine spezielle Zusatzunterstützung seitens der KV.

Die Erfüllung der verpflichtenden Notdienstregelung in der Region ist eine große Belastung für ländli- che Praxen. Die KVB möchte durch ein Pool-Arzt-System (zusätzliche Ärzte, die Bereitschaftsdienste übernehmen) und Begleitung durch speziell angestellte Fahrerinnen und Fahrer die niedergelassenen Ärzte entlasten.

Angebote der KV Die KV bietet umfangreiche Beratung für niederlassungswillige Ärztinnen und Ärzte an. Jedoch ist man mit einem starken Misstrauen der Ärztinnen und Ärzte konfrontiert, was insgesamt als sehr prob- lematisch für die derzeitige Situation eingeschätzt wird.

Neben der Einzelpraxis, sollen zukünftig vor allem verschiedene gemeinschaftliche Modelle des Pra- xisbetriebs angedacht werden, um der sich wandelnden Nachfrage nach Beschäftigungsverhältnissen entgegen zu kommen. Ein Vertragsarzt kann bis zu drei Ärztinnen und Ärzte in einer Praxis anstellen. Dadurch kann mehr Flexibilität und Entlastung der Mediziner in der Praxis gewährleistet werden und bietet so die Möglichkeit, den Arbeitsplatz attraktiver zu gestalten.

Um sogenannte „weiche“ Standortfaktoren, wie Kindergartenplätze, attraktive Wohnmöglichkeiten usw. vor Ort sicherzustellen, muss auch der Kontakt zu den Gemeinden und den örtlichen Bürger- meistern gesucht werden, da hier die Grundbedingungen gewährleistet werden müssen.

Ausbildung

Ausbildungsstellen in den ländlichen Praxen bieten im Rahmen des Praktischen Jahrs oder der Famu- latur eine gute Möglichkeit, Studierenden einen Eindruck von den Abläufen einer Hausarztpraxis in der Region zu geben und diese ggf. dafür zu begeistern.

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Soziale und Gesellschaftliche Rahmenbedingungen Ärztemangel gibt es nicht nur auf dem Land, sondern allgemein, da es nicht genügend Studienplätze gibt. Die KV bestätigt den Trend, dass immer mehr Frauen den Arztberuf (70 %) ergreifen und sich damit auch das Anforderungsprofil für den optimalen Praxisstandort verändert. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf tritt dadurch noch stärker in den Vordergrund.

Um eine langfristige Versorgung gewährleisten zu können, müssen die Gemeinden viel früher intensiv mit den eigenen Ärztinnen und Ärzten in Kontakt treten und gemeinsam den Austausch mit der KV suchen, so das Fazit der Vertreterinnen der KV.

2.6 Weitergehende Handlungsempfehlungen

Aus den dargestellten Ergebnissen der Studierendenbefragung sowie jener der praktizierenden Ärz- tinnen und Ärzte im Wirtschaftsband A9 Fränkische Schweiz haben sich im Rahmen des Studienpro- jekts konkrete Handlungsempfehlungen ableiten lassen, die im Folgenden dargestellt werden.

2.6.1 Geeignete Organisationsformen bereitstellen

Innovative Kooperationsmodelle

Attraktiv für Ärzte sind Gemeinschaftspraxen oder Medizinische Versorgungszentren, da hier das un- ternehmerische Risiko geteilt und die Arbeitsbelastungen geringer sind. So wären beispielsweise Sa- tellitenpraxen und kommunale Ärztehäuser mit Möglichkeiten der Teilzeitbeschäftigung sowie der Senkung der Dienstfrequenz vorstellbar.

Regionale Vernetzung der Akteure

Durch die Vernetzung aller regionalen Akteure im Gesundheitswesen kann den angehenden Medizi- nern ihre fachärztliche Weiterbildung erleichtert werden. Des Weiteren kann in Folge der einfacheren Kommunikation zwischen den Akteuren die Patientenbetreuung besser gestaltet und die Ärzte entlas- tet werden.

Entbürokratisierung und Einsatz von Ehrenamtlichen

Die stark zunehmende Bürokratisierung des (haus-)ärztlichen Alltags beeinflusst vor allem die Zeit zur Patientenbetreuung negativ. Eine Verringerung der Arbeitsbelastung in der (haus-)ärztlichen Versor- gung ist zwingend notwendig. Durch ein einheitliches IT-System können administrative Aufgaben ab- gebaut und die Ärztinnen und Ärzte bürokratisch entlastet werden, wodurch wieder mehr Zeit zur Pati- entenbetreuung gewonnen wird. Zusätzlich kann für die Ärztin oder den Arzt Zeit eingespart werden, wenn die Patientinnen und Patienten zum Hausarzt kommen und nicht umgekehrt. Mithilfe von ehren- amtlichem Engagement könnte dieses Problem, zum Beispiel durch Bürgerbusse, gelöst werden.

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Einsatz von Nichtärztlichen Praxisassistenten

Seit dem 1.Januar 2015 können sich alle Hausärzte bei der Betreuung ihrer Patienten durch nichtärzt- liche Praxisassistenten unterstützen lassen. Damit können niedergelassene Ärzte ihre Kapazitäten erhöhen. Nichtärztliche Praxisassistenten übernehmen vor allem Hausbesuche und können damit den Hausarzt entlasten. Für die Tätigkeit als Praxisassistent kommen medizinische Fachangestellte, Arzt- helfer oder Krankenpfleger in Betracht, die eine spezielle Zusatzqualifikation erwerben müssen. Der Hausarzt muss den Einsatz eines Praxisassistenten bei der Kassenärztlichen Vereinigung beantra- gen.

2.6.2 Medizinstudierende an den ländlichen Raum heranführen

Mentorenprogramme durch praktizierende Ärztinnen und Ärzte

Aufgrund fehlender Ansprechpartner und mangelnder Informationsvermittlung über den ländlichen Raum stehen viele Medizinstudierende einer Famulatur oder einem Praktischen Jahr auf dem Land eher skeptisch gegenüber. So stellen sich vor allem die Erreichbarkeit der Praxen und die fehlenden Unterkunftsmöglichkeiten als Probleme dar. Durch ein Mentorenprogramm, dass vor allem von prakti- zierenden Ärztinnen und Ärzten im ländlichen Raum geleitet wird, können die angehenden Medizine- rinnen und Mediziner die Vorteile des Landarztberufes kennenlernen und praktische Erfahrungen in diesem Bereich sammeln. Die Mentorinnen und Mentoren sollten dabei hilfreich zur Seite stehen.

Famulatur und Praktisches Jahr als Kennenlernen der Landarzttätigkeit

Die praktischen Abschnitte des Medizinstudiums, das heißt die Famulatur und das Praktische Jahr, können als zeitlich begrenztes Kennenlernen des Landarztberufes sowie des ländlichen Raums ge- nutzt werden. Der ländliche Raum ist meistens nicht so begehrt, da die Organisation für die Famulatur oder das Praktische Jahr auf dem Land zu schwierig und aufwendig ist. Damit den angehenden Medi- zinern der Zugang zum ländlichen Raum erleichtert und dieser für Studierende attraktiver wird, können Kommunen ggf. Unterkunftsmöglichkeiten, zum Beispiel „Welcome-Suites“, sowie eine finanzielle Unterstützung bereitstellen. Dies muss jedoch mit den allgemeinen Regularien der Wirtschaftsförde- rung abgeprüft werden. Dadurch könnte erzielt werden, dass mehr Medizinstudierende eine Absolvie- rung der Famulatur oder des Praktischen Jahrs auf dem Land in Erwägung ziehen.

Flexible Stipendien für Medizinstudierende

Die Stipendien für Medizinstudierende sind oftmals nicht flexibel genug. Sie müssen sich zu früh in ihrem Studium festlegen, in welchem ländlichen Gebiet sie später tätig sein wollen. Ihr späterer Le- bensmittelpunkt ist dadurch stark vorherbestimmt. Aus diesem Grund sollte die Wahl des Tätigkeits- gebiets im ländlichen Raum so frei wie möglich sein und der Zeitpunkt der Verpflichtung erst im fort- geschrittenen Studium erfolgen.

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2.6.3 Informationsdefizite beheben

Imageverbesserung des ländlichen Raumes

Das Image des ländlichen Raumes muss verbessert werden, um dessen positiven Seiten und Aspekte auf allen Ebenen im Rahmen von aufeinander abgestimmten Aktionen besser herauszustellen. Dazu bedarf es eines intensiven Innen- und Außenmarketings, welches die Stärken und Chancen des länd- lichen Raumes deutlich darstellt. Hier sollte vor allem auf das – entgegen der verbreiteten Annahmen – breite kulturelle Angebot und die hohe Lebensqualität des ländlichen Raumes eingegangen werden.

Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für das Versorgungsspektrum des Allgemeinme- diziners

Im Zuge der Fortschreitung der Kommerzialisierung der medizinischen Versorgung gehen viele Bürge- rinnen und Bürger unnötigerweise zum spezialisierten Facharzt, obwohl eine Allgemeinmedizinerin oder ein Allgemeinmediziner ebenfalls in der Lage wäre eine Diagnose zu stellen und den Patienten zu behandeln. Nur in Spezialfällen müsste ein Facharzt konsolidiert werden. Die Bürgerinnen und Bürger müssen in Form von Informationsveranstaltungen darauf hingewiesen werden, dass in vielen Fällen die Aufgaben eines Facharztes durch eine Allgemeinmedizinerin einen Allgemeinmediziner übernommen werden können und dass das Wegfallen eines Facharztes nicht immer einen Nachteil bedeuten muss.

2.6.4 Flankierende Maßnahmen

Stärkung der regionalen Verbundenheit

Gerade junge Menschen sind wegen ihres Studiums oder ihrer Ausbildung häufig gezwungen ihre Heimatregion zu verlassen. Die Wanderung erfolgt hierbei oftmals vom ländlichen Raum in einen Bal- lungsraum. Nach Beendigung der Ausbildung oder des Studiums wandert nur ein geringer Teil dieser Fachkräfte in die Heimatregion zurück. Um diese zumeist jungen Fachkräfte wieder in die Region zurückzuholen, muss die regionale Verbundenheit gestärkt werden. Ob durch soziokulturelle Faktoren wie Familie und soziale Netzwerke, geographische Faktoren wie die Ästhetik der Landschaft oder ökonomische Faktoren – es gibt viele Gründe in die Heimatregion zurückzukehren. Diese Gründe für eine Rückwanderung müssen den potentiellen Rückkehrern aufgezeigt werden. Diesbezüglich gibt es die Möglichkeit der Schaffung sogenannter „Rückkehrerbörsen“, zum Beispiel in sozialen Medien, über welche sich potentielle Zu- und Rückwanderer informieren und auf dem Laufenden zu ihrer Hei- matregion halten können.

Förderung weicher Standortfaktoren

Weiche Standortfaktoren machen eine Region attraktiver, da diese die Lebensqualität unter anderem durch Kultur- und Freizeitangebote sowie weitere öffentliche und soziale Einrichtungen verbessern.

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Zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollten die Gemeinden ausreichend Kinderbe- treuungsplätze mit möglichst flexiblen Rahmenbedingungen anbieten. Des Weiteren sollten Gemein- den im ländlichen Raum niederlassungswilligen Ärzten bei der Suche nach Wohn- oder Geschäfts- räumen unterstützen und zum Beispiel Räumlichkeiten für Weiterbildungsveranstaltungen zur Verfü- gung stellen. In kleineren Gemeinden ist dies vor allem die Aufgabe des Bürgermeisters, der in Zu- sammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung niederlassungswillige Ärzte für die eigene Ge- meinde gewinnen kann. Eine wichtige Rolle können die Bürgermeister auch bei der Suche für Praxis- nachfolger spielen. Nach Auskunft der KV Oberfranken sollten niedergelassene Ärzte sich möglichst frühzeitig (zwei Jahre vor der beabsichtigten Aufgabe der Praxis) an die Kassenärztliche Vereinigung wenden, um die notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Der Bürgermeister kann in dieser Hinsicht frühzeitig das Gespräch mit den Ärzten vor Ort suchen.

2.6.5 Gestaltung der regionalen Rahmenbedingungen

Handlungsanstoß aus der regionalen Politik

Durch die sich wandelnde demografische Entwicklung bedarf es einer Änderung oder Anpassung der politischen Rahmenbedingungen, um eine qualitativ und quantitativ angemessene medizinische Ver- sorgung aufrechtzuerhalten. Da eine Kommune keinen rechtlichen Versorgungsauftrag im Bereich der medizinischen Versorgung hat, müssen sich die politischen Rahmenbedingungen auf der Bundes- und Länderebene ändern, zum Beispiel bei der Bedarfsplanung. Die Anstöße für solche Änderungen müssen von der niedrigsten Instanz – der kommunalen und regionalen Politik – kommen. Durch die- ses Bottom-up-Prinzip kann von den unteren Ebenen Druck auf die übergeordneten Instanzen ausge- übt werden, um in vielen kleinen Schritten die Problematik der medizinischen Versorgung zu lösen.

Überprüfung der Struktur des Mittelbereichs

Ob der Zuschnitt der Mittelbereiche eine ausreichende Versorgung sicherstellen kann, soll im Jahr 2015 in allen Fällen überprüft werden, in denen die Ausdehnung des Mittelbereichs 30 Kilometer überschreitet. Im betreffenden Mittelbereich ist dies der Fall. Hierzu wurde angeregt, dass die Ge- meinden der nördlichen Steinwaldallianz einen Antrag auf eine Veränderung der Zuordnung stellen. Vor allem die Überschreitung der Bezirksgrenze wird als großes Hindernis empfunden. So wurde in den Gesprächen mit der Kassenärztlichen Vereinigung auf Aktionen der Initiative „Oberfranken offen- siv“ verwiesen, in die aber Gemeinden aus der Oberpfalz nicht einbezogen werden. Auch die zum Teil schlechte Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln wurde angesprochen.

In dem Antrag sollen folgende Forderungen erhoben werden:

• der Zuschnitt des Mittelbereichs soll die Niederlassungsmöglichkeiten für Hausärzte in der nördlichen Steinwaldallianz verbessern • es soll der eingeschränkten Verfügbarkeit von öffentlichen Verkehrsmitteln Rechnung ge-

69

tragen werden • es soll eine Überschreitung von Regierungsbezirksgrenzen vermieden werden

Rechtzeitiges Handeln ist jedoch insgesamt die einzige Option, die angesichts der gegenwärtigen

Situation angebracht ist (vgl. DEMETEROVA , H. B. ET .AL . 2015).

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3 Themenfeld Ungenutzte Flächen und Leerstände Ziel des Modellprojekts war es, verlässliches Datenmaterial zur Leerstandsproblematik zu erarbeiten und die Bevölkerung und politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger für das The- ma Leerstand und Innenentwicklung zu sensibilisieren. Außerdem wurden Ideen für Nachfolgenutzun- gen bestehender Leerstände gesammelt und eine konzeptionelle Anleitung zum Umgang mit der Leerstandsproblematik erarbeitet.

3.1 Ausgangslage

In den ländlichen Regionen Bayerns ist die Flächeninanspruchnahme pro Kopf höher als in den Ver- dichtungsräumen. Als Ursache für die stetige Zunahme der Siedlungs- und Verkehrsflächen ist die fortwährende Neuinanspruchnahme von Freiflächen für Wohnen, Infrastruktur, Handel und Gewerbe trotz stagnierender oder schrumpfender Bevölkerung zu sehen. Zusätzliche Wohn- und Gewerbeflä- chen erfordern Investitionen in technische und soziale Infrastrukturen und belasten die schon ange- spannten kommunalen Budgets mit dauerhaften Unterhaltskosten. Konjunkturelle Entwicklung, Stand- ortkonkurrenz, die Nachfrage von Ortsrandlagen (unter anderem seitens Handel und Gewerbe) und der Wunsch nach mehr individueller Wohnfläche stellen die Gründe für einen zunehmenden Druck auf die Kommune dar, eine bauliche Entwicklung im Außenbereich zuzulassen (StMUG & LfStaD 2014).

Die historische Dorfmitte hat im Laufe der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Versorgungs- und Dienstleistungsfunktionen verloren. Die klassischen Handwerksbetriebe der Agrardörfer, Schmied, Wagner, Tischler, etc. und das Lebensmittelgewerbe mit Bäckern und Metzgern unterliegen auch dem Strukturwandel. In neuer Form belegen sie Flächen in den Gewerbegebieten und hinterlassen Leer- stände im Ortskern. Selbst Kirchen sind in vielen Ortschaften nur noch zu besonderen Anlässen oder in mehrwöchigem Wechsel Orte der Begegnung. Die heutige Situation der Ortskerne ländlich gepräg- ter Ortschaften wird von drei Entwicklungen geprägt:

1. Der Strukturwandel in Landwirtschaft, Handel und Handwerk hinterlässt in den Ortskernen Brachen, Leerstände, minder genutzte Gebäude und Grundstücke, für die sich nur schwer ei- ne neue Verwendung findet. 2. Die Tendenz zur Zentralisierung der öffentlichen Verwaltung, der sozialen Infrastruktur sowie der Versorgung mit Waren und Diensten führte zu Funktionsverlusten der historischen Mitte. 3. Der Gebäude- und Wohnungsbestand in den Ortskernen entspricht nicht mehr den heutigen Standards für Wohnqualität und energetischer Effizienz. Altersremanenz der Bewohner führte zu Instandhaltungsrückständen und erheblichem Modernisierungsbedarf.

Mit der Ausweisung neuer Bau- und Gewerbegebiete verlieren die Ortsmitten an Bedeutung: es kommt zu Wohnungs- und Gewerbeleerständen, Einrichtungen der Nahversorgung und Daseinsvor- sorge schließen und gefährliche Abwärtsspiralen werden in Gang gesetzt. Eine alternde Gesellschaft ist jedoch auf fußläufig erreichbare Infrastrukturangebote angewiesen. 71

Zudem ist eine Versorgungsstruktur auf der „grünen Wiese“ nicht klimaschonend, da sie vorwiegend für den motorisierten Individualverkehr erschlossen ist. Dringend notwendig ist – sowohl aus demogra- fischen als auch aus Gründen des verantwortlichen Umgangs mit Land- und Flächenressourcen – eine Lenkung der (verbliebenen) Nachfrage von Gewerbe und Wohnungsneubau in den Bestand: auf Baulücken und Brachen sowie eine Konzentration der Bestandsentwicklung auf die Kerne.

ABBILDUNG 65: FUNKTIONSVERLUST DER ORTSKERNE . QUELLE : FORSCHUNGSGRUPPE STADT - UND UMWELT 2009, S. 21

Während die kommunalen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in den ländlichen Kommunen bereits Strategien zur Stabilisierung der Daseinsvorsorge erarbeiten, stehen der Flächen- verbrauch und die Konzentration auf die Innenentwicklung nur vereinzelt auf der kommunalpolitischen Agenda. Im Grenzland und den strukturschwachen Regionen ist der Handlungsbedarf am höchsten, da hier der Flächenverbrauch trotz Stagnation oder Rückgang der Bevölkerung am größten ist (StMUG & LfStaD 2014).

In den ländlichen Regionen Bayerns sind jedoch auch die Potenziale für einen verantwortungsvollen Umgang mit Flächenressourcen enorm groß, denn mehr als ein Viertel der Innenentwicklungspotenzi- ale liegen in Gemeinden unter 5.000 Einwohner (BBSR 2013). Auch die zu Beginn des Modellprojekts befragten Bürgermeister und die befragte Bürgermeisterin waren der Meinung, dass die in ihren Kommunen bereits heute vorhandenen Leerstände noch keinen prägenden Einfluss auf das Ortsbild hätten. Vitalitätsverluste werden jedoch wahrgenommen, insbesondere im Bereich der Nahversor- gung.

Bevor die Ergebnisse der Demografiekonferenzen und die durchgeführten Maßnahmen sowie weiter- gehende Handlungsempfehlungen beschrieben werden, soll ein kurzer Exkurs zu Leerstandsursachen eingeschoben werden.

Exkurs: Leerstandsursachen Der folgende Exkurs basiert auf raumwissenschaftlicher Fachliteratur und der Auswertung von Mo- dellprojekten (Spehl 2011, Innovationsagentur Stadtumbau NRW 2009, Forschungsgruppe Stadt- und 72

Umwelt 2009, Ministerium für Umwelt, Agentur ländlicher Raum 2008).

Leerstand von Wohngebäuden Sobald die Sterberaten die Geburten überwiegen, keine Zuwanderung stattfindet und die unbewohn- ten Immobilien am Markt nicht nachgefragt werden, stellt sich das Problem des Leerstands von Wohngebäuden in verschärfter Form. Betroffen sind dabei nicht nur periphere ländliche Regionen, sondern auch spezifische Ortsteile in stagnierenden oder auch boomenden Gemeinden, d. h. insbe- sondere Wohngebiete der 50er bis 70er Jahre, in denen die Menschen in ihren Häusern gealtert sind. In Kommunen in denen die Bevölkerung rückgängig ist, werden somit aus strukturellen Gründen mehr Immobilien angeboten als Nachfrage zu erwarten ist:

Die vererbende Großelterngeneration ist umfangreicher als die Enkelgeneration, wobei die Kinderge- neration, die i. d. R. älter als 50 Jahre ist, mit Wohneigentum versorgt ist. Eigene Kinder kommen als selbstnutzende Eigentümer auch deshalb kaum noch in Betracht, weil sie häufig nicht am Ort leben. In der Generation der Enkel findet die Eigentumsbildung aufgrund von kurzfristigen Arbeitsverträgen, Zentrenaffinität der Wirtschaft, Mobilitätserfordernissen und Energiesensibilität zunehmend seltener in den Dörfern der Großeltern statt. Sofern ein ländlicher Standort gewählt wird, werden häufig Neubau- ten bevorzugt, denn die Bestandsimmobilien erfordern ein hohes Ausmaß an Um- und Anbauten, Modernisierungen und Sanierungen. Ein hohes Leerstandsrisiko besteht vor allem bei Gebäuden an stark befahrenen Straßen und bei Grundstücken ohne Freiflächen in Dorfkernen.

Leerstand von öffentlichen Gebäuden Einrichtungen, die für Kinder und jüngere Menschen konzipiert sind, wie etwa Kindergärten, Schulen, Sportanlagen, müssen künftig mit Auslastungsproblemen und gegebenenfalls mit Schließungen rech- nen. Bei der gesamten technischen Infrastruktur, deren Dimensionierung sich am früheren bzw. mo- mentanen Bedarf ausrichtet, ist zukünftig mit Auslastungsproblemen zu rechnen. Diese wiederum gehen mit sinkenden Einnahmen einher, die durch höhere Gebühren oder kostenreduzierende Maß- nahmen ausgeglichen werden müssen.

Leerstand von Gewerbegebäuden Eine typische Ursache dafür, dass es vorwiegend in kleinen und mittelgroßen Städten zu erheblichen Ladenleerständen an traditionellen Handelsstandorten kommt, ist der Mangel an adäquaten Nachfol- gern für kleine, inhabergeführte Fachgeschäfte. Der traditionelle Generationenwechsel innerhalb einer Familie wird aufgrund unterschiedlichster Faktoren immer seltener praktiziert. Da sich auch für wirt- schaftlich gesunde Unternehmen oftmals keine geeigneten lokalen Interessenten finden, geht die Zahl der mittelständischen Fachhändler bei jedem Generationenwechsel folglich deutlich zurück. Zugleich ist jedoch auch zu beachten, dass ein erheblicher Teil der Fachgeschäfte, deren Tätigkeit im Rahmen eines Generationenwechsels eingestellt wird, sich nicht mehr wirtschaftlich betreiben lassen.

Das Deutsche Seminar für Städtebau und Wirtschaft (DSSW 2011) beschreibt in einer Untersuchung zum Leerstandsmanagement von Gewerbeimmobilien die folgenden drei Leerstandsursachen:

1. Struktureller Leerstand entsteht in Abwanderungsgebieten in Folge fehlender Nachfrage, 73

der Abwanderung gesamter Branchen oder der Schließung der lokal marktführenden Bran- che. 2. Induzierter Leerstand wird durch das Wegbrechen eines Ankermieters und der daraus fol- genden geringeren Frequentierung der Lage eingeleitet. 3. Umbruchsleerstand ist die Folge der Verlagerung von Frequenzen beispielsweise durch den Bau eines zentralen Einkaufszentrums. Die Entstehung von Leerstand hat eine räumliche und eine wirtschaftsstrukturelle Dimension – beide Faktoren bedingen und verstärken sich gegenseitig. Lokale wirtschaftliche Veränderungen werden durch Leerstand räumlich sichtbar und verstärken sich in der Folge durch eine gesteigerte negative öffentliche Wahrnehmung der betroffenen Lage. Eine Kumulation von Leerständen führt zu kommuna- len Problemen, z.B. in der Erhöhung von Gebühren, Imageschäden und fehlenden Neuansiedlungen sowie Unzufriedenheit der Bevölkerung. Mit zunehmenden Leerständen sinken auch die Werte der angrenzenden und örtlichen Eigenheime, so dass die Mobilität von Älteren eingeschränkt wird, wenn kein entsprechender Preis für ein Gebäude zu realisieren ist. Der Anstieg der Wohngebäudeleerstände wird mit einem Anstieg gewerblicher Leerstände, insbeson- dere im Bereich des Versorgungssektors (kleinere Einzelhandelseinrichtungen, Gastronomie) einher- gehen und die unbefriedigende städtebauliche Situation in den Ortskernen noch verschärfen. Folglich werden die zunehmenden Leerstände im privaten und gewerblichen Immobilienbereich in den Stadt- oder Ortskernen starke funktionale und gestalterische Beeinträchtigungen der betroffenen Ort- steile nach sich ziehen. Die ganz oder teilweise leerstehenden Wohn-, Wirtschafts- und Fabrikgebäude, unansehnliche Au- ßenhüllen von Gebäuden sowie auch ungenutzte Brachflächen beeinträchtigen in den ländlichen Teil- räumen das Bild der orts- und regionaltypischen Siedlungs- und Landschaftsstruktur. Dieser Zustand mindert die Lebensqualität sowie die Bleibebereitschaft der Bewohner und beeinträchtigt die touristi- sche und wirtschaftliche Entwicklung.

3.2 Ergebnisse der Demografiekonferenzen

Die Analyse in den Demografiekonferenzen hat ergeben: Die preiswerten Immobilien in der Region werden als Chance zur Verwirklichung von individuellen Wohnmöglichkeiten gesehen, die mit einer hohen Lebensqualität einhergehen. Allerdings sind Investitionen in die Sanierung schwierig, weil sie keine und nur eine sehr geringe Rendite nach sich ziehen. Es wird deshalb ein Bedarf für Finanzielle Förderungen gesehen.

Für die Aufwertung des Ortsbilds stellen sich die Bürgerinnen und Bürger eine Mischung aus Sanie- rung und Abrissmaßnahmen vor. Die Leerstandsproblematik kann aber aus ihrer Sicht nicht ohne eine Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen behoben werden. Dazu gehören unter ande- rem zusätzliche qualifizierte Arbeitsplätze in der Region.

Die Bürgerinnen und Bürger haben folgende Maßnahmenvorschläge entwickelt:

74

• Leerstands- und Bauflächenkataster anlegen • „Aus alt mach neu“: Sanierung anschieben • Begegnungszentrum für Jung und Alt bauen • Erwerb durch Kommune; Abbruch/Rückbau/Sanierung

3.3 Ziele und Strategien

Um die in Kapitel 3.1 beschriebenen Effekte zu bekämpfen und eine nachhaltigkeitsorientierte Sied- lungsentwicklung zu gewährleisten, muss der Leitgedanke „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ wesentlich umfassender als bisher implementiert und darüber hinaus auch konsequent umgesetzt werden. Dabei bezieht der Begriff der Innenentwicklung neben den baulichen auch die sozialen und funktionalen Gegebenheiten innerhalb einer Kommune sowie im interkommunalen Verbund mit ein, da diese für die Belebung schrumpfender und alternder Regionen von zentraler Bedeutung sind.

Dieser Prämisse folgend haben die Bürgerinnen und Bürger auf den Demografiekonferenzen sowie die Bürgermeister und die Bürgermeisterin der Stadt Waldershof folgende Ziele entwickelt.

Ziele • Der Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ wird in allen Kommunen konse- quent umgesetzt und dabei sind angepasste Entwicklungsperspektiven individuell entwi- ckelt. • Abbau und Rückbau ist dort, wo notwendig, vollzogen. • Die Ortskerne sind durch Nahversorgung, attraktives Wohnen und hochwertige Arbeits- plätze sowie durch soziale und kulturelle Infrastruktur attraktiv.

Strategien zur Zielerreichung • Strategische Entscheidungsgrundlagen wie Leerstandskataster, Leerstandsrisiken, Ver- sorgungssituation erarbeiten • Für Rückbaumaßnahmen sensibilisieren • Kommunikations- und Marketingstrategie für Bauen im Innenbereich, Renovierung / Sa- nierung von Leerstand entwickeln • Strategisches Leerstandsmanagement implementieren • Kommunale Förderprogramme, auch interkommunal, auflegen • Mietimmobilien und Immobilien zur Kurzzeitnutzung anbieten, dafür Eigentümer sensibili- sieren • Neue soziale und kulturelle Infrastruktur in den Ortskernen im Leerstand ansiedeln (z.B. „Senju-Treff“: Senioren und Jugendtreff, Begegnungsstätten) • Mobilität ohne Auto sicherstellen

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3.4 Maßnahmen

Basierend auf den formulierten Zielen und Strategien wurden im Projektzeitraum folgende Maßnah- men durchgeführt: 1) Erhebung der Leerstände in den Kernorten der Modellkommunen und 2) Ortsspaziergänge zur Sensibilisierung und Ideenfindung zur Nachnutzung.

3.4.1 Erhebung der Leerstände in den Kernorten Die hier dargestellte Erhebung der Leerstände wurde im Rahmen des sog. Vitalitätscheck 2.0 erarbei- tet und für diesen Abschlussbericht aufbereitet. Um die Aufmerksamkeit auf das Thema Innenentwick- lung zu lenken und gleichzeitig die Erfassung der Ist-Situation zu vereinfachen und zu standardisieren sowie Entwicklungsimpulse in Gang zu setzen, stellt das Amt für ländliche Entwicklung den Gemein- den mit dem sogenannten „Vitalitäts-Check 2.0“ ein umfassendes Instrument zur Verfügung. Im Rah- men der Durchführung des Vitalitäts-Check für den Zweckverband Steinwald-Allianz erfolgte eine Bestandsaufnahme der Innenentwicklungspotenziale für die Stadt Waldershof sowie die Gemeinden Brand, Ebnath, Neusorg und Pullenreuth. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über den Vitalitäts- Check gegeben, um anschließend zentrale Ergebnisse aus dem Bereich Innenentwicklung für die Demografie-Modellkommunen vorzustellen.

Ergebnisse aus dem Vitalitäts-Check 2.0 zur Innenentwicklung Der Vitalitäts-Check 2.0 stellt ein Erhebungsinstrument dar, um den Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ stärker in den Fokus von politischen Entscheidungsträgern, Gemeindeverwaltun- gen und der öffentlichen Wahrnehmung insgesamt zu rücken. Bei der Durchführung werden sowohl einzelne Ortsteile, als auch interkommunale Anknüpfungspunkte in die Analyse mit einbezogen, um ein möglichst umfassendes Bild von den kommunalen Gegebenheiten zu ermöglichen. Die Bestands- erhebung konzentriert sich dabei schwerpunktmäßig auf die Themenfelder Bevölkerungsentwicklung, Flächennutzung, Siedlungsstruktur und Bodenpolitik, Versorgung und Erreichbarkeit, bürgerschaftli- ches Engagement, sowie Wirtschaft und Arbeitsmarkt. Somit werden aufbauend auf den spezifischen örtlichen Gegebenheiten und auf Basis objektiv nachvollziehbarer Daten Eindrücke vermittelt, aus denen sich Handlungsfelder und Anknüpfungspunkte für die weitere demografiegerechte Gemeinde- entwicklung ableiten lassen.

Einen zentralen Bestandteil der Bestandserfassung im Rahmen des Vitalitäts-Check 2.0 stellt dabei die Identifizierung gemeindlicher Innenentwicklungspotenziale dar. Gelingt es, diese zukünftig ver- stärkt in Wert zu setzen, stellt dies bereits einen großen Beitrag zu einer ressourcen- und flächenspa- renden städtebaulichen Entwicklung sowie zur Etablierung wohnortnaher Grundversorgungsstrukturen dar, wodurch letztlich eine deutliche Vitalisierung der gesamten Gemeinde gelingen kann. Durch die stückweise Rückgewinnung einer möglicherweise bereits verlorengegangenen Funktionsvielfalt wer- den weiterhin die Auswirkungen der demografischen Entwicklung abgemildert und die Attraktivität der Gemeinden als Lebens- und Wirtschaftsstandort gesteigert.

Innenentwicklungspotenziale Stadt Waldershof Für die Stadt Waldershof (Kernstadt – ohne Ortsteile) wurden auf Flurstücksebene insgesamt 82 In-

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nenentwicklungspotenziale identifiziert. Hierzu wurden die im Leitfaden des Vitalitäts-Check definier- ten Kategorien durch Vor-Ort-Begehung und Kartierung erfasst und digitalisiert sowie in einem weite- ren Schritt mit der Stadtverwaltung rückgesprochen, um mögliche Erhebungsfehler auszubessern. Im Rahmen der Auswertung werden die erhobenen Innenentwicklungspotenziale einerseits kartografisch aufbereitet und zudem in die Flächenmanagementdatenbank des Bayerischen Landesamtes für Um- welt eingetragen. Diese Datenbank kann fortan, gemeinsam mit einer weiteren Datenbank, welche insbesondere Aspekte der Versorgungssituation und Einwohnerentwicklung enthält, von der Stadt weiter gepflegt werden, wodurch stets die Möglichkeit besteht die vorhandenen Innenentwicklungspo- tenziale zu überblicken und mögliche Nutzungsformen für diese zu entwickeln. Zudem besteht etwa die Möglichkeit aus der Datenbank heraus eine Eigentümeransprache durchzuführen, um deren Ver- kaufsbereitschaft und somit die Möglichkeit zur Inwertsetzung zu prüfen.

Die folgende Tabelle ermöglicht einen Überblick über die Identifizierten Innenentwicklungspotenziale in der Stadt Waldershof.

TABELLE 9: INNENENTWICKLUNGSPOTENZIALE DER STADT WALDERSHOF (S TAND 2015). QUELLE : EIGENE ERHEBUNG

Innenentwicklungspotenzial Anzahl Baulücke klassisch 32 Wohngebäude leerstehend 19 Gewerbebrache 16 Wirtschaftsgebäude am Ortsrand leerst e- 9 hend Infrastruktureinrichtung leerstehend 3 Geringfügig bebautes Grundstück 1 Hofstelle leerstehend 1 Hofstelle mit Restnutzung 1 Innenentwicklungspotenziale gesamt 82

Die Verortung der Innenentwicklungspotenziale in der Stadt Waldershof kann zudem den untenste- henden Karten entnommen werden. Besonders auffällig sind hierbei die Vielzahl an Wohn- und Ge- werbeleerständen im Ortskern sowie die zahlreichen Baulücken im Neubaugebiet im Süden der Stadt.

Die Innenentwicklungspotenziale wurden von einer studentischen Arbeitsgruppe im Winter 2014/2015 im Rahmen einer Begehung erhoben. Aufgrund der Jahreszeit, die z.B. ein Erkennen einer landwirt- schaftlichen Nutzung unmöglich macht (Schneebedeckung), und der alleinigen Möglichkeit nur von außen, d.h. von der Straße, einzuschätzen, ob ein Innenentwicklungspotenzial vorliegt, ist diese Er- hebungsart fehleranfällig. Um möglichst valide Ergebnisse zu erzielen, wurde die Bürgermeister bzw. die Hauptamts- und Bauamtsleiter gebeten, die Ergebnisse zu überprüfen. Die unten stehenden Kar- ten sind das Ergebnis dieser Überprüfung.

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ABBILDUNG 66: INNENENTWICKLUNGSPOTENZIALE WALDERSHOF NORD -OST . QUELLE : EIGENE ERHEBUNG

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ABBILDUNG 67: INNENENTWICKLUNGSPOTENZIALE WALDERSHOF NORD -WEST . QUELLE : EIGENE ERHEBUNG

ABBILDUNG 68: INNEN- ENTWICK- LUNGSPO- TENZIALE WALDER- SHOF SÜD - OST . QUEL- LE : EIGENE ERHEBUNG

ABBILDUNG 69: INNEN- ENTWICK- LUNGSPO- TENZIALE WALDER- SHOF SÜD - WEST . QUELLE : EIGENE ERHEBUNG

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ABBILDUNG 70: INNENENTWICKLUNGSPOTENZIALE WALDERSHOF ZENTRUM . QUELLE : EIGENE ERHEBUNG

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3.4.2 Sensibilisierung der Bevölkerung und der politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger für die Leerstandsproblematik Um die Bevölkerung auf die bereits heute bestehenden Leerstände und drohende Leerstände in ihren Kommunen aufmerksam zu machen, wurden Ortsspaziergänge organisiert. In den Gemeinden Brand, Ebnath, Neusorg und Pullenreuth wurden Gemeinderäte und alle interessierten Bürgerinnen und Bür- ger eingeladen, gemeinsam mit dem Bürgermeister und Mitarbeiterinnen von KlimaKom durch den Hauptort zu gehen. Dabei wurden vor allem zentrale und öffentliche Leerstände genauer betrachtet. So sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer für das Thema sensibilisiert werden und selbst über mögliche Lösungsansätze nachdenken. Außerdem wurden Eigentumsverhältnisse, Verkaufsbereit- schaft und Probleme der Nachnutzung erörtert.

Im Anschluss an die Dorfbesichtigung folgte eine gemeinschaftliche Diskussion über mögliche Nach- nutzung der betroffenen Gebäude. Dabei konnte jeder seine Ideen und Bedenken mit einbringen. Am Ende der Veranstaltung wurden für jede Kommune die nächsten Handlungsschritte im Bereich der Leerstandsrevitalisierung beschlossen. Für jede Gemeinde wurde nach der Ortsbegehung eine Do- kumentation mit der Auflistung der wichtigsten Leerstände, Eigentumsverhältnisse, möglichen Prob- leme und Ideen geschrieben, die im Folgenden nachgelesen werden können.

3.4.2.1 Ortsspaziergang Brand  „Schiettinger Haus“ Leerstand 1, Kirchsteig 1  Steht seit über 10 Jahren leer  Eigentümer möchte verkaufen

(Fotos: KlimaKom e.G. 2015)

Leerstand 2, Ebnather Straße  Ehemaliger Steinmetzbetrieb  Steht seit über 10 Jahren leer  Sehr großes Grundstück in zentraler Lage  Eigentümer möchte grundsätzlich verkaufen  Grundstück hat eventuell eine ungünstige Form

Idee: Es soll ein Gespräch mit Nachbarn und Eigentümer geführt werden. Vielleicht ist eine Teilnutzung möglich.

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Leerstand 3, Max-Reger-Straße  Wohnhaus, das seit 3 Jahren leer steht  Zweistöckiges Wohnhaus, hinten ein kleiner Stall  Verkaufsabsichten ungewiss

Idee: Café, evtl. in Verbindung mit einem Blumenladen; Eigentümerin aus Brand würde sich eventuell dafür engagieren. Wohnraum im 1. Obergeschoss  Großes Wohnhaus, das seit circa 2 Leerstand 4, Birketweg Jahren leer steht  Zwei Zimmer im Erdgeschoss sind ausgebrannt  Schöne Lage am Berg, unverbauter Blick, großes Grundstück  Steht zum Verkauf

Leerstand 5, Max-Reger-Straße

 Haus steht seit über 10 Jahren leer  Ehemals ein typisches Brandner Haus  Raiffeisen-Gebäude ist an dieses Haus angebaut

 Steht seit 1990 leer Leerstand 6, Max-Reger-Straße, „Goldener  Ehemals Gasthaus aus dem Jahr Hirsch“ 1818 „Goldener Hirsch“  Wird als dramatisches Problem wahr- genommen, da stark verfallen und zentral gelegen, „Schandfleck“  Nachnutzungspläne, die im Rahmen von „Ort schafft Mitte“ aufgestellt wur- den, konnten nicht umgesetzt werden  Derzeit in privater Hand

Idee: Abriss. Von Hinterseite auch ebenerdig erreichbar, Möglichkeit zu barrierefreien Wohnun- gen, inkl. Gaststätte im Erdgeschoss

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Leerstand 7, Fichtelberger Straße  Steht seit einem Jahr leer  Ehemalige Landwirtschaft  In Privatbesitz  generell schwierige Handhabe für Gemeinden

Leerstand 8, Freibad  Seit Ende 2004 nicht mehr in Benut- zung  Bürgerentscheid hat sich knapp für ein technisches Bad und gegen ein Natura-Bad entschieden, obwohl be- reits vorher bekannt war, dass die Sanierungs- und Unterhaltskosten zu teuer wären

Ideen:  Das Bad auch von der Ortsmitte zugänglich machen  Alles abreißen und nichts machen  Rückbau der Becken und Gebäude, abgesehen von der Halle mit der Photovoltaikanlage (in EFRE enthalten)  Begegnungsstätte für Jung und Alt inklusive Kinderplanschbecken und Seniorenfit- nessgeräten  Festplatz, der große Parkplatz ist bereits vorhanden, wird jedoch von den Vereinen nicht angenommen  Seniorenheim in ruhiger Lage, jedoch eröffnet Neusorg demnächst ein Heim  Konkur- renz  Steht seit Ende des Freibads leer Leerstand 9, Pension neben dem Freibad  Wurde 1996 ausgewiesen Baulücken, Baugebiet Brunnäcker  Bislang nur 6 Grundstücke bebaut

 5 Baulücken

 Steht seit 2009 leer Gewerbeleerstand, Rödelgasse  Ehemalige Firma Götz (Herstellung von Papierdeckeln)  Zur Zeit nur Nutzung von Wasserkraft

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In Brand gibt es viele leerstehende Wohnhäuser in Privatbesitz. Die Eigentümer sind generell ver- kaufsbereit. Im Einzelfall wären sowohl die Preisvorstellungen zu überprüfen als auch die Bereitschaft, Teilstücke zu verkaufen. Bereits entwickelte Nachnutzungspläne, wie zum Beispiel von der Universität Regensburg, scheinen den Bewohnern zu unrealistisch für eine Gemeinde wie Brand.

Besonders wichtig sind den Bürgerinnen und Bürgern zwei Leerstände.

1. Zum einen ist das das ehemalige Gasthaus „Goldener Hirsch“. Da sich das Grundstück in Pri- vatbesitz befindet ist Brand in seinen Handlungsmöglichkeiten sehr eingeschränkt. 2. Der zweite wichtige Leerstand ist das stillgelegte Freibad. Der Leerstand stellt einen ortsbild- prägenden Leerstand dar und verfügt zudem als ehemals öffentliche Einrichtung über eine hohe Symbolkraft und ein hohes Identifikationspotenzial. Hierfür gibt es eine Reihe von Ideen von Seiten der Bürgerinnen und Bürger (siehe oben), jedoch fehlen Fördergelder, um diese in die Tat umzusetzen.

3.4.2.2 Ortsspaziergang Ebnath

Auch in Ebnath wurde ein Ortsspaziergang durchgeführt. Leerstand 1, Alte Schule

 Derzeit mit Zwischennutzung: Möbellager im EG, Räume für Obst- und Gartenbauverein, Feuerwehr  Umbau für neue Nutzung notwendig, da u.a. keine Heizung vorhanden ist  Sehr zentrale Lage: Post, Bäcker, Metzger sind in der direkten Umgebung  Zuerst muss geprüft werden, ob Sanierung oder Neubau sinnvoller ist

Ideen:  Abriss und gegenüberliegender Bäcker vergrößert sich zu Lebensmittelladen  Umbau in Asylbewerberheim  Sanierung: Art betreutes Wohnen  Heimatmuseum  Arztpraxis (in Zusammenhang mit betreutem Wohnen)  Mehrgenerationenhaus: Im EG barrierefrei, im OG Platz für Familien; Jüngere kümmern sich um Ältere und andersherum  Gründerzentrum (Standortvorteil schnelles Internet)

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Leerstand 2, Schulstraße  Steht seit 10 Jahren leer

Leerstand 3, Oberwirt  Ehemaliges Gasthaus  Bereits saniert sind Dach, Heizung, Fenster  Derzeit bewohnt von einem Mieter  Steht zum Verkauf

 Zentrale Lage, direkt neben Kirche Leerstand 4, Obstecke  Steht seit 2007 leer  Ist seit 6 Jahren in Gemeindebesitz  Wird als Schandfleck wahrgenom- men; ist stark heruntergewirtschaftet und verdeckt den Blick vom Markt- platz auf die Kirche  Muss abgerissen werden, Sanierung lohnt sich nicht mehr

 Grobe Planungen laufen bereits, Städteplaner ist bereits beauftragt  Ziel: Finanzierung über Städtebauför- derung

Ideen:  Neugestaltung gemeinsam mit den Nachbarhäusern  Universell nutzbar  Abriss und Bau von WC-Anlage als Infrastruktur für Festplatz  Lebensmittelhandel  Parkplätze  Weinlokal  Feste Bühne für alle Jahreszeiten, Auftrittsmöglichkeit für Musiker aus der Region  Kulturzentrum

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Leerstand 5, Gasthof Krone

 In Privatbesitz  Gasthaus im EG wird noch betrieben  1. OG war früher eine Pension, wird jedoch nicht mehr genutzt

Leerstand 6, Kreuzung Hofweiherweg / Schloßstraße

 Im EG Ladenfläche, steht seit circa 15 Jahren leer  Obergeschoss noch bewohnt, jedoch drohender Leerstand

Leerstand 7, Brandner Straße  Mehrere alte Wohnhäuser stehen leer bzw. drohen leer zu stehen  Sehr nahe der , landschaftlich sehr schön

Idee:  Museumsdorf  Müsste in Städtebauförderung aufgenommen werden  Problem: „Zahlreiche Eigentümer, alle müssen an einem Strang ziehen

In Ebnath gibt es bereits einige Ideen der Nach- oder Neunutzung von Leerständen beziehungsweise drohenden Leerständen. Im Einzelfall wären gegebenenfalls die Preisvorstellungen zu überpfüfen. Diese können jedoch ohne Fördermittel nur schwer umgesetzt werden. Es sollen nach Meinung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer Anreize für Eigentümer geschaffen werden ihre Häuser zu sanieren oder neu zu verputzen. Diese Anreize könnten zum Beispiel Steuererleichterungen oder Subventionen sein. So könnte sich das Ortsbild im Gesamten stark verbessern.

Ein weiteres Problem wird in dem mangelnden Angebot für junge Leute gesehen. Der Jugendraum des Pfarrheims wird derzeit nicht als Aufenthaltsraum genutzt, der Umbau dafür ist jedoch für 2015 geplant. Danach könnten die Räume auch für andere Feierlichkeiten verwendet werden. Ein paar Nachmittage / Abende in der Woche könnte der Jugendraum dann unter Aufsicht älterer Jugendlicher geöffnet haben. Eine andere Idee zur Verbesserung des Angebotes für Junge wäre die Umnutzung des Turmes des alten Feuerwehrhauses zum Kletterturm.

Ein Umdenken bedarf es außerdem in der Schaffung von Mietwohnraum. Bisher gibt es fast aus- schließlich Ein- oder Zweifamilienhäuser. Ein Problem der Abwanderung sehen die Bürgerinnen und Bürger darin, dass Neusorg viele Funktionen der Daseinsvorsorge übernommen hat und dadurch eine 87

starke Konkurrenz darstellt. Die gesamte Region müsse sich jedoch besser verkaufen und dabei auf den großen Standortvorteil der geringen Lebenshaltungskosten setzen. Die zukünftige Vision für Eb- nath ist die Schaffung einer „Wohlfühlgemeinde“.

3.4.2.3 Ortsspaziergang Neusorg

Leerstand 1, Bahnhofsgebäude  Letzter Fahrscheinverkauf bereits 1997  Bahnhofsvorplatz bereits in Gemeindeeigentum  Bahnhofsgebäude ist seit Dezember 2014 in Gemein- debesitz (Bisher positive Resonanz von Seiten der Bürger)  Circa 950 m² Gelände  104 m² langfristig an DB vermietet (im ehemaligen Schalterraum)  Teilweise unterkellert (Heizungsraum)  1 OG, 2. OG mit Parkettböden, DG  Als Maßnahme gegen Vandalismus soll wieder Leben in das Gebäude gebracht werden

Idee:  Wiederherstellung der alten Bausubstanz (Außen- fassade und Dach)  Fitnessstudio  Büroräume  Aufzug dringend erforderlich  Evtl. auch Wohnungen, aber lieber öffentlich  Touristische Nutzung als Radltreff (Liegt am Rad- weg nach Mehlmeißl)  Interne (Gemeinde) und externe (wirtschaftliche) Nutzung, Mieteinnahmen wegen des hohen Kostenaufwandes für Sanierung/Unterhalt notwendig  Eisenbahnmuseum in Verbindung mit der Geschichte Neusorgs (Bahn sorgte für den Wachstums Neusorgs): Ausstellungsräume, Heimatarchiv, Modelleisenbahnlandschaft  Biomarkt / Feinkostladen in Zusammenarbeit mit der Öko-Modellregion (EG im ehemali- gen Warteraum)

Leerstand 2, Luisenburgstraße 21 / 23

 Zwei leerstehende Wohnhäuser aus den 1950er Jahren  Waren ehemals im Besitz der katholischen Diözese Regensburg  Je 5 Eigentumswohnungen, 2 gehören mittlerweile dem Freistaat Bayern  Gemeinde macht derzeit die Eigentümer ausfindig; Problem: Schwer ausfindig zu machen, sind über ganz Deutschland verstreut

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Idee:  Abriss  Bauplatz  Bolzplatz  Grüne Wiese  Soll über Städtebauförderung finanziert werden  Single-Wohnraum (Wohnungsbaugenossenschaft des LK Tirschenreuth zeigt kein Interesse, da nur zu geringe Mieten erzielt werden können

Leerstand 3, Industriebrache  Altlastenproblematik  Ziel: Nutzungsneutrale Sanierung (wenn möglich mit Unterstützung der Städtebauförderung)  Gemeinde ist jedoch nicht Eigentümer

Den Bürgerinnen und Bürger von Neusorg liegt vor allem der alte Bahnhof am Herzen. Als Teil der Entstehungsgeschichte der Gemeinde soll das Gebäude erhalten und saniert werden. Da dies jedoch für eine Gemeinde dieser Größenordnung ein großes Vorhaben darstellt, bedarf es laut den Teilneh- merinnen und Teilnehmern der planerischen und finanziellen Unterstützung.

Auch auf Hinblick auf die beiden Leerstände in der Luisenburgstraße lässt sich erkennen, dass die Kommune bemüht ist, das das Thema Leerstände offensiv zu bearbeiten.

3.4.2.4 Ortsspaziergang Pullenreuth

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Ortsspaziergang Pullenreuth identifizierte folgende Objekte und entwickelten Nachnutzungsideen.

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Leerstand 1, Dorfstraße

 Zwei leerstehende Häuser

Idee: Ein Haus soll abgerissen werden, da keine Heizung etc. eingebaut ist, gibt dadurch den Blick auf den Dorfplatz und das historische Wirtshaus wieder frei Das andere soll erhalten bleiben (enthält den Dorfladen)

Leerstand 2, Alte Mühle

 Ist in Privatbesitz  Soll demnächst abgerissen werden

Leerstand 3, Mengersreutherstraße

 Mehrfamilienhaus mit leerstehendem EG 

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Leerstand 4, Mengersreutherstraße

 Altes, verfallenes Haus  Im Privatbesitz  Steht nicht zum Verkauf

Leerstand 5 , Schloßweg

 Ehemaliges Wirtschaftsgut eines Klosters  In Privatbesitz  Der hintere Teil wurde zu einer Wohnung umgebaut  Der vordere Teil steht leer In Pullenreuth gibt es keine Leerstände in Gemeindeeigentum. Die Gemeinde reagiert jedoch schnell und möchte die beiden Häuser, die momentan günstig zum Verkauf stehen, erwerben. Eine Nachnut- zung für das eine der beiden Gebäude ist nicht sinnvoll, da die Sanierungskosten zu hoch wären. Ein Abriss erscheint sinnvoller. Das andere Gebäude beherbergt den Dorfladen, der auch weiterhin be- stehen bleiben soll.

Die leerstehenden Gebäude befinden sich in Privatbesitz und stehen nicht zum Verkauf. Jedoch lie- gen in den meisten Fällen Pläne der Eigentümer vor, entweder zum Abriss oder zur Sanierung.

In naher Zukunft wird sich der Leerstand in Pullenreuth noch vergrößern, so die Befürchtungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Es gibt viele Zweifamilienhäuser, die nur noch von einer oder zwei älteren Personen bewohnt werden. Ein Angebot an Mietwohnraum besteht allerdings kaum. Mit den Bewohnern der drohenden Leerstände soll besprochen werden, ob sie in ihrem Haus eine Etage als Mietwohnung vermieten möchten und dadurch ein Mehrgenerationenwohnen zu schaffen. Somit könnte der Nachfrage nach Mietwohnungen ein Angebot geschaffen und eventuelle Nachfolger für die Häuser gefunden werden. Mit dieser Vorgehensweise bekämpft Pullenreuth den drohenden Leer- stand proaktiv: es wird gehandelt bevor die Gebäude leer stehen.

3.5 Weitergehende Handlungsempfehlungen

Die im Zeitraum des Projekts vorgenommen Maßnahmen – Erhebung der Leerstände (im Rahmen des Vitalitätschecks 2.0) und deren Aufbereitung für das Modellprojekt, sowie die Ortsspaziergänge in den zur VG Neusorg zugehörigen Gemeinden – zeigen, dass die Leerstandsproblematik bereits heute erheblichen Einfluss auf die Ortsbilder hat. Auch in Zukunft werden die Kommunen verstärkt mit dem Thema Leerstände konfrontiert werden, da die Bevölkerung weiter schrumpft und altert und so aller Wahrscheinlichkeit nach weitere Wohngebäude leer stehen werden. Die Ortsspaziergänge zeigen jedoch auch, dass die Bevölkerung und die politischen Entscheidungsträger sich der Herausforderung Leerstand nicht verschließen, sondern aktiv nach neuen Ideen für Nach- und Folgenutzungen suchen. 91

3.5.1 Sensibilisierung für die Leerstandsproblematik durch Ortsspaziergänge Ortsspaziergänge stellen eine geeignete Methode dar, politische Entscheidungsträgerinnen und Ent- scheidungsträger für die Leerstandsproblematik zu sensibilisieren und gleichzeitig Ideen und Vor- schläge für deren Nachnutzung zu sammeln. Aus diesem Grund wurde die Methode „Ortsspazier- gang“ auch auf der gemeinsamen Abschlussveranstaltung mit dem tschechischen Kooperations- partner experimentell angewendet.

Zur Vorbereitung überlegt sich das Organisationsteam, das im Idealfall aus Bürgermeister / Bürger- meisterin und Personen aus der Verwaltung besteht, eine geeignete Route in der Kommune, die alle wichtigen und ortsbildprägenden Leerstände beinhaltet. Der Termin für den Ortsspaziergang wird öffentlich bekannt gegeben, wichtige Schlüsselakteure sollten persönlich eingeladen werden (Ar- beitsmaterial siehe Anhang).

Zu Beginn des Ortsspaziergangs wird den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein Formblatt ausgeteilt, auf das sie während des Spaziergangs ihre Notizen machen können. Danach läuft man die Route ab und bleibt vor jedem ausgewählten Leerstand stehen und tauscht sein Wissen, seine Eindrücke und seine Ideen aus. Das Spektrum der gesammelten Ideen ist groß, allerdings auch die Hürden und Hemmnisse der Verwirklichung. In vielen Fällen stehen überhöhte Preisvorstellungen, ungeklärte bzw. diffuse Eigentumsverhältnisse und hohe Sanierungs- und Renovierungsaufwände bzw. Abrisskosten den kommunalen Gestaltungsmöglichkeiten entgegen. Nichtsdestotrotz sollten sie, sofern bekannt, öffentlich thematisiert werden, um einen realistischen Eindruck der tatsächlichen Handlungsmöglich- keiten zu vermitteln.

Nachdem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Route abgelaufen haben, trifft man sich noch im örtlichen Gasthaus bzw. im Rathaus und resümiert die Ergebnisse.

Von Bedeutung ist auch die weitere Kommunikation der Erfahrungen und Ergebnisse. Eine Dokumen- tation hilft als „Ergebnisspeicher“ und sollte auch in den örtlichen Mitteilungsblättern veröffentlicht wer- den, so dass die Bewohnerinnen und Bewohner von Aktivitäten informiert sind. Ggf. kann die Veröf- fentlichung in den Mitteilungsblättern auch dazu genutzt werden, die Bevölkerung um weitere Ideen für Nachfolgenutzungen und Lösungsvorschläge zu aktivieren. Von besonderer Bedeutung ist zudem die Nachsorge: Falls sich neue Entwicklungen in der Beseitigung von Leerstand ermöglichen, sollte dies der Bevölkerung kommuniziert werden.

3.5.2 Strategisches Leerstandsmanagement Ein kommunales Leerstandsmanagement setzt bei bestehenden Leerständen an und versucht diese einer erneuten Nutzung zuzuführen. Dabei werden vor allem private Wohngebäude und Gewerbebe- triebe untersucht. Eine Untersuchung der öffentlichen Gebäude sollte allerdings ebenfalls mit einflie- ßen. Mit der Vorlage der Ergebnisse aus dem Vitalitätscheck 2.0 liegen den Kommunen nun wichtige Daten vor, die im Rahmen eines kommunalen Leerstandsmanagements weiter bearbeitet werden 92

sollten.

Ein kommunales Leerstandsmanagement besteht aus einer Reihe von Arbeitsschritten und kann auf folgende Instrumente und Hilfsmittel zurückgreifen:

 Marktanalysen: Zu Beginn des Leerstandsmanagements sollte eine neutrale und unabhängi- ge Marktanalyse stehen, die Aufschluss über Angebot und Nachfrage und Preise im privaten Wohnungsmarkt und im gewerblichen Immobilienmarkt gibt. Die Marktanalysen können dann als geeignetes Kommunikationsmittel in der Eigentümeransprache verwendet werden und so auch die Verkaufsneigung befördern, da mit den Marktanalysen objektive Daten vorliegen und überzogene Erwartungshaltungen an mögliche zu erzielende Preise relativieren.  Aufnahme der Objektdaten mit standardisiertem Erhebungsbogen: Für jedes Leerstands- objekt sollte ein Erhebungsbogen mit den wichtigsten verfügbaren Objektdaten angelegt wer- den: Größe des Grundstücks, bebaute Fläche, Baujahr, vorgenommene Sanierungsmaßnah- men, Ausstattung, Ideen für die Nachnutzung, Bebilderung  Erstellung eines Leerstandskatalogs bzw. -katasters: Die gesammelten Daten sollten in ein Leerstandskataster bzw. in einen Leerstandskatalog überführt werden.  Ermittlung der Eigentumsverhältnisse der Leerstände und Eigentümeransprache: So- fern nicht bekannt, sollten die Eigentumsverhältnisse recherchiert werden. Ziel der Eigentü- meransprache ist es, Kenntnisse zu weiteren Nutzungsmöglichkeiten und Verwertungsinte- ressen des Eigentümers zu gewinnen. Sie dient auch der Sensibilisierung der (ortsfremden) Eigentümer für die zum Teil ortsbildprägenden Wirkungen ihrer Leerstände. Die Eigentümer können im Rahmen der Gespräche auch über Fördermittel aufgeklärt werden, die ihnen für eine Sanierung zu Verfügung stehen. Auch sollten die Ergebnisse der Marktanalysen heran- gezogen und den Eigentümern ggf. Begleitung beim Verkauf angeboten werden, um mögliche Überforderungslagen zu kompensieren.  Informationsmanagement „Fördermittel“: Die Kommunen sollten eine Auflistung wichtiger Fördermittelprogramme vorrätig haben und diese offensiv bei der Eigentümeransprache bzw. Investorenansprache nutzen.  Konzeption und Druck einer Standortinformation mit wichtigen Marktdaten und der Darstellung von besonderen Standortfaktoren: Diese Standortinformation ist nicht für die Bearbeitung der Leerstandsproblematik von Bedeutung, sondern ist generell für ein Standort- marketing hilfreich bspw. um geeignete Fachkräfte auf die Kommunen aufmerksam zu ma- chen.  Präsentation des Leerflächenangebots auf der Homepage oder in speziellen Börsen: Die Darstellung des Leerflächenangebots sollte sich nicht nur auf die Medienkanäle der ein- zelnen Kommune konzentrieren, sondern vielmehr auf die gesamte Steinwald-Allianz. Es ist zu prüfen, ob der kommunale Zweckverband eine Bewerbung der Leerstandsobjekte und Leerflächen zentral vornimmt. Vorteile für den Interessenten sind, dass er / sie alle Objekte gebündelt präsentiert bekommt.  Koordination von Vermittlungsgesprächen zwischen Interessenten und Objektbesit- zern: Damit Angebot und Nachfrage zueinander finden, sollten die Kommunen als Vermittler

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tätig werden und Erstgespräche koordinieren. Ggf. kann es sinnvoll sein, älteren und allein- stehenden Eigentümern begleitend zur Seite stehen.  Öffentlichkeitsarbeit in regionalen Medien und in der örtlichen Bevölkerung: Die Erfolge in der Leerstandsbeseitigung sollten kommuniziert werden.

Die Erfahrungen in der Bearbeitung des Modellprojekts zeigen, dass den Modellkommunen, insbe- sondere den vier Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft, die personellen und finanziellen Mittel zur Umsetzung eines strategischen Leerstandsmanagements fehlen. Um die Arbeiten zu bündeln und Synergieeffekte zu erzielen, sollte die personelle Betreuung des Leerstandsmanagements bei der Verwaltung der Steinwald-Allianz angesiedelt sein. Mit der Vorlage des Vitalitätschecks 2.0 liegt auch eine gute Arbeitsgrundlage vor. Im Modellvorhaben „Ort schafft Mitte“ sind Erfahrungen mit der Ein- richtung eines kommunalen Entwicklungsfonds gesammelt worden. Der Entwicklungsfonds dient als Grundstücksfonds für Erwerb und Verwertung von Grundstücken und Gebäuden und ermöglicht den Kommunen den Zwischenerwerb sowie die Finanzierung der Kosten für die erforderliche Aufbereitung bis zur Veräußerung an geeignete private Interessenten. Es sollte geprüft werden, ob staatliche För- dergelder für einen revolvierenden Fonds zur Verfügung gestellt werden, um die kommunalen Haus- halte nicht weiterhin zu belasten. Ein revolvierender Fonds ist ein Fonds, dessen Kapitalstock durch zurückfließende Darlehensraten / Verkaufserlöse der mit diesem Geld finanzierten Projekte ständig aufgefüllt wird. Das an den Fonds zurückfließende Geld wird zur Finanzierung weiterer Leerstandspro- jekte verwendet.

Die Ortsspaziergänge haben auch Hinweise gegeben, dass es in einigen Fällen sinnvoll ist, die leer- stehenden Gebäude abzureißen, da ihre Bausubstanz nicht mehr erhaltenswert ist. Der Wunsch nach Abrissprämien ist in allen Gemeinden groß. Staatlich finanzierte Programme sehen solche Förderun- gen bislang jedoch nicht vor. Dieser Grundsatz ist zu überprüfen und ggf. sollte ein Modellprojekt für die Steinwald-Allianz eingerichtet werden. Aufgrund ihrer finanziellen Situation ist es den Kommunen nicht möglich, eine kommunale Abrissprämie zu finanzieren. Mit einer derartigen Abrissprämie unter- stützt eine Kommune Privatpersonen, die Eigentümer von verfallenen Gebäuden sind. In der Hofhei- mer Allianz in Unterfranken wird dies bereits erfolgreich praktiziert.

3.5.3 Die konsequente Umsetzung des Grundsatzes „Innenentwicklung vor Außenentwick- lung“ in der Hofheimer Allianz, Unterfranken, als Vorbild für die Steinwald-Allianz

Die Hofheimer Allianz ist ein „Gutes Beispiel für die praktische Anwendung eines Leerstandsmanage- ments (siehe hierzu auch http://hofheimer-land.de/index.php?seite=leerstandsmangement). Diese kommunale Allianz in Unterfranken wurde im Jahr 2008 gegründet und besteht aus sieben Kommu- nen. Sie entstand ursprünglich aus einem Förderprogramm für Investitionen zur Erhaltung und Nut- zung vorhandener Bausubstanz. Mit diesen Zuwendungen soll eine Abwanderung in die Siedlungsge- biete und eine Verödung der Altorte verhindert werden. Die Entwicklungsprognosen für diese Region erscheinen wenig positiv. Dieser Entwicklungsprognose wollten sich die Kommunen widersetzen. Ein

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erster Schritt war eine Leerstandserfassung. Durch diese Erhebung konnten Fragen über Leerstände und drohende Leerstände und deren Zustand, sowie über Bauplätze und Freiflächen geklärt werden. Darauf aufbauend entwickelte man konzeptionelle Eckpfeiler für ein Leerstandsmanagement und die konsequente Umsetzung des Grundsatzes „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“. In der Hofheim- Allianz gilt: Bauen und Renovieren im Ortskern muss günstiger sein als ein vergleichbares Objekt im Siedlungsgebiet. Diese Prämisse geht auf die Überzeugung zurück, dass jeder Siedlungs-Neubau einen Leerstand im Altort verursacht. So wurden sogar Baugebiete wieder zurückgenommen.

Zur vereinfachten Umsetzung dieser Grundsätze hat die Allianz ein Förderprogramm aufgelegt:

 Das Förderprogramm für „Investitionen zur Nutzung vorhandener Bausubstanz im Ortskern sieht eine Unterstützung von 50.- € / m² vor. Diese Unterstützungen können maximal bis zu 10.000 € betragen.  Jeder, der ein Bauvorhaben in einer der Gemeinden plant, darf den kostenlosen Architekten- service der Allianz in Anspruch nehmen.  Die Allianz übernimmt auch zum großen Teil die Entsorgung des Bauschutts.

Die Homepage listet die zur Vermarktung vorgesehenen Leerstände auf.

Zusätzlich zu den Maßnahmen, die Leerstände betreffen, wurden auch einige andere Schritte umge- setzt, um sowohl weiche als auch harte Standortfaktoren zu verbessern, wie zum Beispiel die Grün- dung einer kostenlosen Beratung für Existenzgründer und der Ausbau des Breitbandnetzes. So ge- lang es der Hofheimer Allianz in nur wenigen Jahren eine erhebliche Anzahl an Baulücken und Leer- ständen zur Neunutzung zu verkaufen: Von Januar 2009 bis März 2014 wurden 153 Baumaßnahmen in seit mindestens zwölf Monaten leerstehenden Wohn- und Nebengebäuden gefördert und 58 Baulü- cken / Leerstände an Bauwerber verkauft.

Dieser Erfolg geht jedoch auf eine langwierige Überzeugungsarbeit zurück. Es ist keinesfalls selbst- verständlich von einer „Politik des Wachstums im Außenbereich“ einvernehmlich und „nur“ auf der Grundlage von Leerstandserhebungen Abschied zu nehmen. Die Orientierung an der Innenentwick- lung hat langfristige Überzeugungsarbeit erfordert, so dass alle beteiligten Kommunen nun an einem Strang ziehen.

Eine einheitliche Vorgehensweise ist auch für die Steinwald-Allianz anzustreben. Auch hier werden die Vorbehalte gegen eine Innenentwicklung trotz entsprechendem Datenmaterial (Zahl der ortsbildprä- genden Leerstände) vorhanden sein. Aus diesem Grund kann es hilfreich sein, vom Guten Beispiel anderer zu lernen. Es ist empfehlenswert, die Entscheidungsträger der Hofheim-Allianz zu einem Vor- trag und zu einem Erfahrungsaustausch einzuladen, um so Hemmnisse, Hürden und Fallstricke in der Umsetzung des Grundsatzes „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ leichter zu bewältigen.

3.5.4 Proaktive Vermeidung von Leerstand Wenn sich der demografische Wandel in einer zunehmenden Alterung der Gesellschaft niederschlägt, 95

dann geht dies auch mit einer Zunahme von „älteren bzw. hochbetagten Einpersonenhaushalten“ einher: Oftmals sind viele große Zweifamilienhäuser nur noch von ein bis zwei älteren bzw. hochbe- tagten Personen bewohnt. Wenn die Erben nicht in die Häuser ziehen wollen bzw. sie nicht für den erhofften Preis zu verkaufen sind, dann droht weiterer Leerstand. In vielen Fällen kennen die Bürger- meisterinnen und Bürgermeister durch ihre Ortskenntnisse diese Immobilien. Falls dies nicht der Fall ist, sollte in einem ersten Schritt das potenzielle Leerstandsrisiko ermittelt werden: mit Daten des Ein- wohnermeldeamts können Gebäude oder Flurstücke identifiziert werden, wo ältere Personen leben. Es empfiehlt sich, Klassifikationen für das Leerstandsrisiko zu bilden: Klasse 1: relativ niedriges al- tersbedingtes Leerstandsrisiko: Bewohner bis 65 Jahre alt, mittleres Leerstandsrisiko: Bewohner im Alter zwischen 65 und 75 Jahren und hohes Leerstandsrisiko: Bewohner älter als 75 Jahre. Mittels dieser Daten kann dann in einem zweiten Schritt eine aufsuchende Beratung erfolgen. Bei diesen Besuchen kann geklärt werden, ob eine familiäre Nachnutzung geplant / möglich ist und ob es möglich wäre, das Haus durch zwei Haushalte zu nutzen und ob die Hauseigentümerin oder der Hauseigen- tümer ggf. bereit sei, das Haus zu vermieten. In vielen ländlichen Kommunen der Steinwald-Allianz besteht kaum ein Angebot an Mietwohnraum. Wenn eine Etage vermietet werden kann, dann kann der neue Mieter eventuell gleichzeitig kleinere Verrichtungen im Haus oder persönliche Unterstützung der älteren Eigentümer leisten. Mit dieser Maßnahme könnte für die Nachfrage nach Mietwohnungen ein Angebot geschaffen und im besten Fall eventuelle Nachfolger für die Häuser gefunden und so Leerstand vermieden werden.

3.5.5 Gute Beispiele zur Umnutzung eines öffentlichen Gebäudes – Inspirationen für den Bahnhof Neusorg Die Gemeinde Neusorg hat sich die Revitalisierung ihres leerstehenden Bahnhofs zum Ziel gesetzt. Hierfür wurde bereits das leerstehende Bahnhofsgebäude von der Deutschen Bahn erstanden und der Bahnhofsvorplatz in einen Parkplatz umgewandelt. Für eine ganzheitliche Aufwertung müssen jedoch neben dem Bahnhofsgebäude und dem Vorplatz auch das Bahnhofsumfeld (Zuwege) und die Ver- kehrsstation (Bahnsteige) mit einbezogen werden.

Eine Arbeitsgruppe befasst sich mit dem Bahnhof und möchte die Idee verfolgen, dort ein Gründer- zentrum zu etablieren. Potentiellen Existenzgründern aus der Region soll die Angst vor der Selbstän- digkeit genommen werden.

Die Arbeitsgruppe hat sich folgende Schritte vorgenommen:

 Netzwerkbildung von Unternehmen, Schulen, Mentoren und potenziellen Existenzgründern.

 In Workshops wird diskutiert, wo bei der Unternehmensgründung die grüßten Hindernisse lie- gen und wie man sie überwinden kann.

 In einer Fortbildungsreihe werden Interessenten mit dem nötigen Know-how und Vertrauen in die eigene Geschäftsidee ausgestattet.

 Parallel beteiligen sich alle Akteure an der Umplanung des Gebäudes.

Das Ziel ist, am Ende Kooperationen und Verträge mit Existenzgründern abzuschließen und mit dem

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Umbau des Bahnhofs zu beginnen.

Für die weiteren Planungen, die die Nutzungen und Finanzierung betreffen, empfiehlt es sich daher, sich einige gelungene Beispiele revitalisierter Bahnhöfe anzusehen, welche es mittlerweile in ganz Deutschland gibt (Baute & Kerkhoff 2007, S. 5).

Nutzung Die Art der Nutzung des Bahnhofsgebäudes ist entscheidend. Diese sollte, folgt man den Best- Practice-Beispielen, am besten gewerblich-dienstleistungsorientiert sein. Das Projekt erzielt damit eine Wirtschaftlichkeit, mit der es andere Teilnutzungen, wie etwa ein Bahnmuseum, mitfinanzieren kann. Jedes Nutzungskonzept muss standortbezogen und individuell entwickelt werden. Ideen für einen klassischen Nutzungsmix sind Service (Reiseshop, Zeitungen, Bäcker, Bistro/Gastronomie), eine Mo- bilitätszentrale (Fahrscheine und Kundenberatung), eine Rad-Station (Verkauf, Verleih, Reparatur), Büros, öffentliche WCs und eine Empfangshalle mit Wartebereich für Fahrgäste. Gerade bei kleineren Standorten ohne hohe Fahrgastzahlen können jedoch Wohnen und kulturelle Angebote (Museum, Bibliothek) weitere geeignete Nutzungen sein. Ebenfalls für nicht hochfrequentierte Bahnhöfe geeignet ist ein großer zusammenhängender Raum als Dienstleistungs- bzw. Verkaufsfläche, durch den der Personalaufwand reduziert werden kann (NASA 2009, S. 21f., Kerkhoff 2007, S. 4).

Die Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (NASA GmbH) hat im Zeitraum von 2006 bis 2008 an dem INTERREG Illb-Projekt REVITA teilgenommen. Dabei wurden gemeinsam mit den Partnern aus Slowenien, Polen, Griechenland und Bulgarien Strategien, Herangehensweisen und Nutzungspläne zur Revitalisierung von kleinen und mittleren Bahnhöfen geplant. Anschließend sollte jedes Land auch beispielhafte Projekte umsetzen, wobei ein ständiger Wissensaustausch zwischen den Partnern statt- fand. Dabei war die NASA GmbH zusammen mit einem externen Fachberater vor allem für das Pro- jektmanagement zuständig. Für die Umsetzung wurde außerdem frühzeitig eine Steuerungsrunde aus Vertretern des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr, des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt, der Deutschen Bahn und der Industrie- und Handelskammer einberufen, die den Verlauf der umzusetzenden Projekte begleitete (vgl. NASA 2009, S. 10).

Für die Umsetzung des REVITA-Projektes wählte man die Standorte Burgkemnitz, Ilsenburg und Tha- le. In jeder dieser Kommunen wurde zur Betreuung des Projektes ein Projektteam zusammengestellt, das aus kommunalen Vertretern, Gemeinderatsmitgliedern, der Tourismusinformation und Mitgliedern ortsansässiger Vereine bestand. Dieses Projektteam hielt regelmäßige Sitzungen ab, in denen es die Umsetzung der Revitalisierung vorantrieb. So konnte die Kommune bei der Betreibersuche, der Erstel- lung von Nutzungskonzepten und der Beantragung von Fördermitteln unterstützt werden. Nach Be- treibern wurde über Anzeigen, Pressemitteilungen und über Internetauftritte mit Grundrissen, Bildern etc. gesucht. In Ilsenburg wurde außerdem ein Tag der offenen Tür veranstaltet (NASA 2009, S. 10f., Kerkhoff 2007, S. 6ff.).

Gute Beispiele

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Im Folgenden sollen drei positive Beispiele der Revitalisierung von alten Bahnhofsgebäuden vorge- stellt werden. Dazu gehören die Bahnhöfe Ilsenburg und Thale, welche Teilnehmer des REVITA- Projektes waren, sowie der Bahnhof Halberstadt. Alle drei befinden sich in Sachsen-Anhalt.

Die Stadt Ilsenburg hat circa 6.300 Einwohnerinnen und Ein- wohner und liegt im Nationalpark Harz. Ihr Bahnhof wird stündlich frequentiert. Im Jahr 2007 erwarb die Stadt das denkmalgeschützte Empfangsgebäude von der Deutschen Bahn, welches bis auf eine Wohnung im Obergeschoss leer stand. Ilsenburg setzte sich zum Ziel, dieses jahrzehntelang vernachlässigte Gebäude zu einem attraktiven Eingangstor der Stadt zu gestalten. Der Bahnhofsvor- platz wurde bereits einige Jahre zuvor im Rahmen eines Programmes für Bushaltestellenanlagen und P+R-Plätze aufgewertet. Die Kommune fungierte als Eigentümer, Bauherr und Nutzer der öffentlichen Bereiche. Das Projektteam suchte zusammen mit der NASA GmbH, deren externem Fachberater und der Steuerungsrunde Interessenten für den Betrieb verschiedener Nutzungen. Gemeinsam entwickel- te man ein Nutzungs- und Raumkonzept, welches den Bedürfnissen der potentiellen Betreiber ent- sprach. Dieses Konzept enthält einen Aufenthaltsraum, Verkaufsflächen für regionale Produkte, Fahr- scheinverkauf, Tourismusartikel, öffentliche Toiletten, einen ABBILDUNG 71 : LEERSTEHENDES BAH N- Fahrradservice sowie einen Imbiss und einen Kiosk. An- HOFSGEBÄUDE ILSENBURG (N OV . 2006), QUELLE : NASA GMB H 2009 schließend wurden die Planungen zur Sanierung und Moder- nisierung des Gebäudes festgelegt. Finanziert wurde das Projekt mit circa 1 Mio. € zu 50% von der Stadt Ilsenburg, mit Mitteln aus der Städtebauförderung und dem Schnittstellenprogramm des Landes Sachsen- Anhalts (NASA 2009, S. 13ff.).

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Die Stadt Thale liegt mit ihren etwa 12.500 Einwohnern ebenfalls im Harz und besitzt genau wie Ilsenburg einen Bahnhof, welcher stündlich bedient wird. Dieser bildet den Ausgangspunkt für ver- schiedene überregional bekannte Touristenziele. Zum Zeitpunkt des Projektstartes war Thale bereits seit einigen Jahren Eigentümerin des denkmalgeschützten Bahnhofsgebäudes. Da noch für einen Großteil der Räumlichkeiten innerhalb des Gebäudes Pachtverträge bestanden, wurde zunächst über ein Nutzungskonzept diskutiert ohne jedoch neue Betreiber mit einzubeziehen. Dieses Konzept sieht eine Wartehalle für Fahrgäste, Fahrkartenverkauf und die Bereitstellung von Fahrgastinformationen sowie Gewerbe- räume für Läden und Gastronomie vor. Im Obergeschoss wurden museale Einrichtungen und ein Veranstaltungs- raum geplant. Dieses Projekt wurde ebenfalls über einen städtischen Eigenanteil, dem Schnittstellenprogramm der Landes, der GA-Förderung zum Ausbau der touristischen Infrastruktur und der Städtebauförderung finanziert (NASA

2009, S. 16ff.). ABBILDUNG 73 : HISTORISCHE FASSADE DES BAHN- HOFS HALBERSTADT , QUELLE : NASA GMB H 2009 Der Bahnhof der Stadt Halberstadt wurde mit Unterstüt- zung des Landes Sachsen-Anhalt umfassend saniert. Dazu gehörten die Freilegung der historischen Fassade und die vollständige Entkernung des Gebäudes. Später wurden eine Mobilitätszentrale, ein Wartebereich, Läden und Büros eingerichtet. Der gesamte Umbau zielte auf eine barrierefreie Nut- zung aller Räumlichkeiten ab (NASA 2009, S. 6f.).

Erfolgsfaktoren An diesen Projekten erkennt man, dass die erfolgsbringenden Faktoren sehr ähnlich sind. Zum einen betrifft dies die Bereitschaft der Kommunen und anderer lokaler Akteure, sich für das Vorhaben zu engagieren. Die Revitalisierung von Bahnhöfen wird immer mehr zu einer kommunalen Aufgabe. Dies liegt daran, dass ein Bahnhof meist eine besondere Bedeutung für seine Kommune und deren Entwicklung spielte. Außerdem birgt er die Chance, das Eingangstor der Ortschaft zu gestalten und besondere Nutzungen zu etablieren. Da durch die Revitalisierung die Attraktivität und der Komfort der Bahnstation langfristig gesteigert werden soll, was folglich auch zu mehr Fahrgästen führen würde, ist auch die Mitarbeit der Deutschen Bahn erforderlich (NASA 2009, S. 6, 21. Kerkhoff 2007, S. 3. Und Baute/Kerkhoff 2007, S. 32). Von Bedeutung ist, dass ein Nutzungsplan erstellt wird, der für den jewei- ligen Standort angemessen ist. Dabei sollte bereits frühzeitig geklärt werden, ob man mögliche Betrei- ber vor oder nach dem Umbau mit in die Planungen einbezieht und durch welche Mittel die Finanzie- rung bewerkstelligt werden soll. Zudem sollte eine begleitende Lenkungsrunde Konzeption, Planun- gen und Absprachen sehr eng begleiten. Sie stellt die Scharnierstelle zu politischen Gremien wie dem Stadt- und Gemeinderat und zu den Projektierern dar.

ABBILDUNG 72 : BAHNHOFSGEBÄUDE THALE , Generell sollte eine externe Beratung einbezogen werden. Das stationsbü- BAHNSTEIGSEITE , QUELLE : NASA GMB H 2009 ro:RASCH! beispielsweise unterstützt Kommunen bei ihrem Vorhaben

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Bahnhofsinfrastruktur und deren Umfeld aufzuwerten (Baute & Kerkhoff 2007, S. 4). Schlussendlich gilt es, die Bevölkerung in die Planungen einzubeziehen, z.B. im Rahmen der Vorstellungen von Nut- zungskonzepten und bei Baufortschritten bspw. im Rahmen eines Tags der offenen Tür. Soweit wie möglich und realistisch sollten ihre Ideen und Vorstellungen in die Planungen einbezogen werden.

3.5.6 Nachnutzung des Freibads in Brand Das Freibad in Brand ist seit dem Jahr 2005 geschlossen. Im Jahr 2002 forderte ein Bürgerentscheid zwar eine technische Aufrüstung, diese jedoch überforderte die Gemeinde finanziell. Da die Betriebs- kosten nicht mehr geleistet werden konnten, kam es zur Schließung. Eine Arbeitsgruppe hat sich nun mit dem Ziel gegründet, das Areal des alten Freibads zurück ins Dorf zu holen. Durch das Engage- ment der Bürgerinnen und Bürger soll das Projekt eine hohe Akzeptanz erreichen.

Die geplanten Schritte sind:

 Netzwerkbildung von Best-Practice-Projekten, Nutzern, Kommune und potenziellen Betrei- bern.  Eine Vortragsreihe über erfolgreiche Projekte und zwei Workshops sollen die Bürger über eine mögliche Nachnutzung informieren und ermitteln, was zur Belebung des Ortes erforderlich ist.  Ein Zwischenziel ist es, in einem zweiten Workshop mit Studierenden die neue Nutzung zu konzipieren und die Schritte zum Erfolg zu beschreiben und drei verschiedene Varianten der Kostenplanung auszuarbeiten.  die Einwohner und andere am Prozess Beteiligte sollten zudem die Anbindung des Areals an die Umgebung überprüfen und optimieren, in Bezug auf Versorgung und Entsorgung, Wege, und Betriebsform.

Das Ziel ist ein Konzept, das für Einwohner und Besucher gleichermaßen attraktiv und für Brand er- schwinglich ist.

3.5.7 Förderprogramme zur Unterstützung der Kommunen bei der Vermeidung von Leerstand bzw. der Verbesserung der Lebensqualität in den ländlich geprägten Kommunen Im Rahmen der Bearbeitung des Themas „Leerstand“ wurde insbesondere von den politischen Ent- scheidungsträgern die Frage nach der Finanzierbarkeit gestellt. Die notwendigen Investitionen in Sa- nierung / Renovierung oder Abriss bzw. Aufkauf von Leerstandsimmobilien überfordern die kommuna- len Haushalte. Aus diesem Grund werden im Folgenden einige staatliche Förderprogramme aufgelis- tet, welche eine positive Gemeinde- und Stadtentwicklung unterstützen können. Genauere Informatio- nen zu den einzelnen Programmen, die vom Freistaat Bayern oder der BRD gefördert werden, können auf der Homepage des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz nachgelesen werden.

Dorferneuerung: Die Dorferneuerung wurde bereits in einigen der betroffenen Kommunen durchge-

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führt. Sie enthält baulich-gestalterische und infrastrukturelle Maßnahmen zur Verbesserung der Wohn- qualität in ländlich strukturierten Gemeinden mit unter 2000 Einwohnern und wird vom Freistaat Bay- ern finanziert.

Infrakredit Kommunal: Kommunale Gebietskörperschaften, sowie rechtlich unselbstständige Eigen- betriebe von kommunalen Gebietskörperschaften und kommunale Zweckverbände können langfristige Direktkredite zu günstigen Festzinsen erhalten, um zum Beispiel die Verkehrsinfrastruktur, die touristi- sche Infrastruktur und die Kulturpflege (z.B. Museumsdorf Ebnath, Bahnhofsmuseum Neusorg) zu finanzieren. Gewährt werden diese Kredite von der LfA Förderbank Bayern.

Städtebauliche Erneuerungsmaßnahmen: Für dieses Programm können sich alle Gemeinden in Bayern bewerben. Falls sie in das Förderprogramm aufgenommen werden, können Investoren oder Eigentümer mit einem förderfähigen Vorhaben bei ihrer Gemeinde einen Antrag auf Förderung stellen. Die Gemeinden können die Förderung unter anderem zur Stärkung ihrer Ortsmitten und als Unterstüt- zung bei erheblichen Funktionsverlusten, insbesondere bei Brachflächen und Gebäudeleerständen verwenden. Durch Zuschüsse werden 60 % der förderfähigen Kosten der Einzelmaßnahme bzw. 50 % der Kosten der Gesamtmaßnahme finanziert. Getragen werden die Kosten vom Freistaat Bayern.

Energetische Stadtsanierung: Dieses Programm finanziert teilweise die energetische Sanierung von kommunalen Einrichtungen, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen, Industrie und privaten Haushalten in einem Quartier. Es werden bis zu 65% der förderfähigen Kosten von der KfW übernommen. Antrags- berechtigt sind alle Kommunen sowie rechtlich unselbständige Eigenbetriebe von kommunalen Ge- bietskörperschaften.

Energieeffizient Sanieren: Zinsgünstige Darlehen und Zuschüsse erleichtern Gemeinden und Privat- personen die energetische Sanierung ihrer Gebäude, die spätestens im Jahr 1995 gebaut wurden. Die Darlehen decken bis zu 100 % der Ausgaben, maximal 75.000 € pro Wohneinheit. Gefördert wird dieses Programm von der KfW.

IKK / IKU: Antragsberechtigt sind Kommunen, rechtlich unselbständige Eigenbetriebe von kommuna- len Gebietskörperschaften, kommunale Zweckverbände, sowie alle antragsberechtigten gemeinnützi- gen Organisationsformen einschließlich Kirchen. Dieses Programm legt bei der Finanzierung energe- tischer Sanierung vor allem Wert auf Denkmalschutz und erhaltenswerte Bausubstanz (Bahnhof Neu- sorg, ehemaliges Wirtschaftsgut Pullenreuth) und ist ebenfalls durch die KfW gefördert. Die Finanzie- rung kann bis zu 100% der Investitionen betragen.

Kommunale Infrastruktur verbessern: Dies ist ein Programm der Rentenbank. Bewerben dürfen sich Städte und Gemeinden mit bis zu 50.000 Einwohnern. Es werden Kredite für kommunale Infra- strukturmaßnahmen, wie z.B. den Straßenbau sowie kommunale Verwaltungsgebäude (Rathaus Pul- lenreuth) vergeben. Die Kredite werden zu tagesaktuellen Konditionen vergeben.

Städtebauförderung: Die Städtebauförderung ist ein Programm des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit und gewährt Kommunen Zuschüsse für städtebauliche Maß- nahmen einer nachhaltigen Ortsentwicklung. Ziel ist der Erhalt und die Modernisierung von Gebäuden und die Revitalisierung der Zentren (Gebäude im Zentrum Brand).

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4 Themenfeld Kleinhandelskonzepte

Mit der Stärkung des Kleinhandels im Rahmen des Modellprojekts ist die Erwartung verbunden, die Nahversorgung der Bevölkerung zu sichern. Eine Fokussierung einzig auf den Kleinhandel greift je- doch zu kurz: vielmehr muss die gesamte Einzelhandelssituation, insbesondere die Lebensmittelver- sorgung, betrachtet werden. Die Steuerung des Einzelhandels ist eine wesentliche städtebauliche Anpassungsstrategie im Hinblick auf die demografische Entwicklung. Insbesondere mobilitätseinge- schränkte Personen wie ältere Menschen oder Menschen, die über keinen PKW verfügen, sind auf wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten angewiesen. Zudem stellen wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz dar. Es gilt: je kürzer die Einkaufswege, desto weniger Ver- kehrsaufwand. Die Wegelängen zu den Versorgungseinrichtungen haben signifikanten Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl und die Erreichbarkeit für die mit Verkehrsmitteln unterschiedlich ausgestatte- ten Teile der Bevölkerung. Zentrale Versorgungsbereiche in fußläufiger Erreichbarkeit tragen somit dazu bei, die Abhängigkeit der Bevölkerung von fossilen Treibstoffen für die Versorgung mit lebens- wichtigen Gütern zu reduzieren; mit positiven sozialen und ökologischen Nebeneffekten.

So wird die Bedeutung zentraler Versorgungsbereiche vom Gesetzgeber neben der CO 2-Einsparung auch unter dem Aspekt der demographischen Entwicklung, namentlich wegen der geringeren Mobilität älterer Menschen, hervorgehoben 3 (Hehn 2015, S. 443). Hinter dieser gesetzlichen Dynamik steht grundsätzlich das Ziel der wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung, die Erhaltung gewachsener städtebaulicher Strukturen und die Entwicklung integrierter Lagen im Sinne der Innenentwicklung. Da- mit verbunden ist aber auch eine Vermeidungsstrategie gegen übermäßige Konzentrationen von Ein- zelhandels(groß)betrieben an nicht integrierten Standorten.

Die Erarbeitung von Kleinhandelskonzepten muss immer in Verbindung mit der Entwicklung des ge- samten Einzelhandels innerhalb einer Kommune oder teilweise auch überkommunal gesehen werden.

Um einen Überblick über das Angebot im Bereich der Nahversorgung zu erhalten, führte KlimaKom eG in allen Orten eine Bestandsaufnahme des Einzelhandels durch. Zudem wurden alle in der Region ansässigen Einzelhändler und Direktvermarkter erhoben. Ziele und Strategien wurden aus den Demo-

3 Die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche nimmt seit geraumer Zeit eine herausragen- de Stellung bei der Entwicklung des Städtebaurechts ein. Bereits seit 1977 sind gemäß § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BauNVO Einzelhandelsgroßprojekte nur in dafür festgelegten Kern- und Sondergebieten zulässig. Mit dem Euro- parechtsanpassungsgesetz Bau (EAG Bau 2004) und dem Gesetz über die Erleichterung von Planungsvorhaben für die Innenentwicklung der Städte (BauGB-Novelle 2007) wurde das Baugesetzbuch mehrfach ergänzt, und zwar 2004 durch § 2 Abs. 2 S. 2 BauGB (Zentrenschutz in der gemeindenachbarlichen Abstimmung) und § 34 Abs. 3 BauGB (Unzulässigkeit zentrenschädlicher Vorhaben im unbeplanten Innenbereich), im Jahr 2007 durch § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB (Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche als Planungsgrundsatz) und durch die Einfügung des § 9 Abs. 2 a BauGB (Zentrenschutz durch einfachen Bebauungsplan im unbeplanten Innenbereich). 3 Mit der BauGB-Novelle 2013 und der Einführung des Begriffs des zentralen Versorgungsbereichs in § 5 Abs. 2 Nr. 2d BauGB wird diesem städtebaulichen Ziel nun bereits auf der Planungsebene des Flächennut- zungsplans eine eigenständige Rolle eingeräumt (Hehn 2015, S.446).

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grafiekonferenzen und in der Steuerungsrunde entwickelt. Um mit Akteuren vor Ort ins Gespräch zu kommen und neue strategische Ansatzpunkte zur Stärkung von Direktvermarktung und Kleinhandel zu entwickeln, wurde am 29.01.2015 eine „Nahversorgerkonferenz“ veranstaltet: Einzelhändler, Gastro- nomen, Erzeuger und Direktvermarkter wurden eingeladen, um nach möglichen Lösungen zu suchen. Auf diesen Grundlagen werden dann Handlungsempfehlungen formuliert.

4.1 Ausgangslage

Der Einzelhandel in der Steinwald-Allianz ist wie in Bayern und ganz Deutschland einem Strukturwan- del ausgesetzt, der sich sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite niederschlägt:

• Auf der Nachfrageseite sind folgende Trends auszumachen: Neben dem Wunsch nach einer breiteren Produktauswahl steht der Wunsch nach einem Einkaufserlebnis („Shopping“) und der Inszenierung von Produkten. Der Einzelhandel kommt diesem Trend insbesondere durch temporäre Aktionen („Midnight-Shopping“) oder durch Einkaufszentren entgegen. Zudem ist das Bedürfnis der Kundinnen und Kunden nach Bequemlichkeit zu verzeichnen, z.B. „One- Stop Shopping“. Das Konsumentenverhalten unterliegt einer sehr starken Dynamisierung. Zum Teil unabhängig vom verfügbaren Einkommen gibt es einen Wechsel im individuellen Kaufverhalten: es werden teure Luxusgüter erworben und gleichzeitig auf ein stark preisbe- wusstes Verhalten (z.B. Smart Shopping bei Aldi) geachtet. Durch eine durchschnittlich erhöh- te räumliche Mobilität der Bevölkerung (verstärkte PKW-Nutzung) können automobilorientiere Standorte erreicht werden. Zudem nutzen die Kundinnen und Kunden verstärkt das Internet als Informationsquelle und als Einkaufsmöglichkeit. • Auf der Angebotsseite stehen folgende Trends: Durch die zunehmende Digitalisierung und die Nachfrage danach erfahren neue Vertriebsformen wie E-Commerce eine zunehmende Bedeu- tung. Auch die Betriebstypen ändern sich: Es entstehen multifunktionale Großstrukturen (z.B. Factory Outlet Center) und ein Wachstum bei Fachmärkten und Einkaufszentren. Ebenso ist die Konzentration der Anbieter auf wenige Konzerne wie z.B. im Lebensmitteleinzelhandel zu beobachten. Die Flächenproduktivitäten werden geringer. Damit wächst das Interesse an günstigen Flächen, die meist nicht in den Ortsmitten und Stadtkernen zu finden sind. Dieser Entwicklung gegenüber stehen sinkende Marktanteile kleinerer und mittlerer Fachgeschäfte, die durch die Intensivierung des Wettbewerbs gegenüber „den Großen“ nicht mehr konkur- renzfähig sind. Das Standortnetz, insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel, dünnt sich zu- nehmend aus. Auch werden in den letzten Jahren seit der Verabschiedung des neuen Lan- desentwicklungsprogramms (LEP) Bayern Befürchtungen laut, dass Konzentrationstendenzen weiter zunehmen werden und sich die Wettbewerbssituation für inhabergeführte Lebensmit- telgeschäfte in den Ortszentren verschärfen wird. Grund dafür ist, dass nach dem neuen LEP Nahversorgungsbetriebe mit bis zu 1.200 Quadratmetern Verkaufsfläche nun in jeder Ge- meinde angesiedelt werden, unabhängig vom Zentralitätsgebot. Auch wenn hinter dieser Ent-

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scheidung die Absicht steckt, auch an kleineren Standorten auf dem Land die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs (Lebensmittel und Drogerien) sicherzustellen, befürchtet der Handelsverband Bayern, dass diese Regelung eine neue Runde im Verdrängungswettbewerb im Einzelhandel einläutet. Auch Abweichungsmöglichkeiten vom Anbindungsgebot, welches eine Ausweisung von Flächen für Einzelhandelsgroßprojekte „an städtebaulich integrierten Standorten“ vorsieht, eröffnen Freiräume, mithilfe von Gutachten großformatige Läden an der Peripherie zuzulassen.

Von diesen Entwicklungen ist auch die Einzelhandelssituation in der Steinwald-Allianz geprägt. Die Grundversorgung ist momentan noch in allen Gemeinden zumindest in bescheidenem Umfang ge- währleistet. Die Existenz einiger Betriebe ist jedoch durch fehlende Nachfolge und niedrige Umsätze gefährdet. Auf der Nahversorgerkonferenz nannten die Betriebsinhaber insbesondere das veränderte Einkaufsverhalten der arbeitenden Bevölkerung als Ursache für die prekärer werdende wirtschaftliche Lage: Die Einkäufe für den täglichen Bedarf werden vor allem auf der Fahrt von oder zur Arbeit in großen Discountern oder Vollsortimentern gemacht, in denen die Angebotsvielfalt deutlich größer ist als in den kleinen Läden in den Ortskernen. Der großflächige Einzelhandel ist somit auch in der Steinwald-Allianz die größte Konkurrenz der inhabergeführten wohnortnahen Versorgungsstrukturen. In Neusorg und in Waldershof sind derartige großflächige Formate an den Ortsrändern angesiedelt.

4.2 Ergebnisse der Demografiekonferenzen

Auch in den Demografiekonferenzen wurde die Ausgangssituation im örtlichen Einzelhandel bespro- chen. Es wurde festgehalten, dass es in Ebnath mit dem Gewerbeverein bereits eine lokale Organisa- tionsstruktur für Handel und Gewerbe gibt. Dieser Verein könnte die Basis für eine Vernetzung der Einzelhändler und Gewerbetreibenden in allen Orten bilden. Es gibt weiterhin ein diversifiziertes Ar- beitsplatzangebot und freie Gewerbeflächen. Die Orte sind mit schnellem Internet versorgt; eine gute Voraussetzung für internetgestützte Projekte.

Bisher fehle ein professionelles Marketingkonzept. Es sollte überlegt werden, wie das Internet in eine Marketingstrategie eingebunden werden kann. Zur Unterstützung von Kleinstunternehmen wurden staatliche Förderprogramme gewünscht. Zur Stärkung des regionalen Einzelhandels sollte vor allem auf regionale Produkte gesetzt werden.

Auf der Ebene der Maßnahmen wurde die Einrichtung von Dorfläden diskutiert. Um sich mit einem Praxisbeispiel vertraut zu machen, wurde der Geschäftsführer des Dorfladens in Gleiritsch eingeladen, der am Aufbau des mittlerweile erfolgreichen Projekts mitgewirkt hat. Dennoch sahen die Teilnehme- rinnen und Teilnehmer des Arbeitskreises Nahversorgung keinen dringlichen Bedarf für die Einrich- tung von Dorfläden, denn es gebe in den Ortschaften noch eine Reihe von Läden des Einzelhandels, die gestärkt und ausgebaut werden sollen. Es wurden schließlich folgende Projekte zur weiteren Ver- folgung empfohlen:

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 Nahversorgerkonferenz  Hol- und Bringdienste  gemeinsamer Einkauf der Einzelhändler zur Kosteneinsparung  gemeinsame Werbemaßnahmen (z.B. „Wochenblatt“)

4.3 Ziele und Strategien

Auf der Demografiekonferenz und in der Steuerungsrunde wurden folgende Ziele und Strategien zur Zielerreichung erarbeitet und verabschiedet.

Ziele

• Die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs ist flächendeckend ge- sichert – auch durch neue Konzepte • Regionale Wertschöpfungsketten in der Nahrungsmittelversorgung schließen

Strategien zur Zielerreichung

• Regionalvermarktung fördern (auch in Kooperation mit Modellprojekt der „Öko-Region Steinwald-Allianz“, auch Hofverkäufe fördern / zentrale Verkaufsstelle einrichten) • Koordinationsstelle für ehrenamtliche Unterstützung bei Fahr- und Lieferdiensten einrich- ten • Mobilitätsinfrastruktur sichern (z.B. Anrufbus) • Grenzen zwischen Regionen bzw. Regierungsbezirken überwinden und abgestimmtes Gesamtkonzept entwickeln

4.4 Maßnahmen

4.4.1 Erhebung des Einzelhandelsbestands in den fünf Modellkommunen Um eine Übersicht über den tatsächlichen Einzelhandelsbestand zu erhalten, wurde im Rahmen von Begehungen eine Erhebung vorgenommen. Neben der Systematisierung in Branchen wurden auch das Sortiment sowie die Verkaufsfläche aufgenommen. Die Verkaufsfläche wurde soweit wie möglich erfragt (Inhaber / Verkäufer bzw. Verkäuferin). Falls dies nicht möglich war, wurde die Verkaufsfläche geschätzt. In der nachfolgenden Tabelle finden sich die Ergebnisse der Einzelhandelskartierungen in allen Orten.

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TABELLE 10: EINZELHANDELSBESTAND IN DEN FÜNF MODELLKOMMUNEN (S TAND 2015). QUELLE : EIGENE ERHEBUNG

Branche Anzahl Sortiment

Brand Metzgerei 1 Fleischwaren Bäckerei 2 Bäckerei inkl. Lebensmittel Tante Emma Laden inkl. Postfiliale, Ge- Lebensmittel 1 tränke, Bäcker, Zeitung Schuhe/Leder 1 Orthopädie Schuhtechnik

Informations-, Kommuni- 1 Elektro Fachgeschäft kationstechnik, Elektro

Textil 1 Bekleidung Ebnath Metzgerei 2 inkl. Gasthof und Partyservice

Bäckerei 1 inkl. weitere Lebensmittel

Persönlicher Be- Deko, Geschenke, Angelzubehör, Compu- 3 darf/Medien/Hobby ter Möbel, Küchen, Lampen 1 Möbelhaus und Schreinerei

Informations-, Kommuni- 1 Elektro kationstechnik, Elektro

Gärtnerei 1 Pflanzen Neusorg Lebensmittel 2 Getränke Verbrauchermarkt 2 Food, mit Bäcker und Metzger Kiosk 1 Zeitungen, Tabak Schuhe/Leder 1 Schuhe

Gesundheit/Körperpflege 1 Apotheke

Spiel/Kind 1 Spielwaren Werkzeuge, Farben, Tapeten, Boden, Bau, Werkzeug, Garten 2 Bauelemente, KfZ-Zubehör, Sanitär, Pflan- zen, Gartenbedarf Gärtnerei 1 Pflanzen Pullenreuth

Lebensmittel 1 Getränke, Lebensmittel, Fleischwaren

Bäckerei 1 Tante Emma Laden

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Kiosk 1 inkl. Pers. Bedarf/Medien/Hobby Metzgerei 1 Fleischwaren, inkl. Partyservice Gärtnerei 1 Pflanzen Waldershof Bäckerei 1 Backwaren, Getränke Metzgerei 1 Fleischwaren Lebensmittel 1 Lebensmittel, Wein, Feinkost Verbrauchermarkt 2 inkl. Bäckerei Haushalt/Wohnen 2 Deko, Wohnen, Kunsthandwerk Uhren/Schmuck 2 Uhren, Schmuck, Optik

Spiel/Kind 2 Spielsachen, Fotos, Diverses, Korbgeflecht

Bau, Werkzeug, Garten 3 Kfz-Zubehör, Sägewerk Möbel, Küchen, Lampen 2 Möbel, Küchen Sport/Camping 2 Fahrrad, Zubehör Persönlicher Be- Liköre, Bastelgeschenke, Blumen, Ge- 2 darf/Medien/Hobby schenke Kiosk 1 Zeitung, Tabak, Bürobedarf

Die Erhebung zeigt, dass die Nahversorgung der Bevölkerung derzeit in den fünf Modellkommunen gesichert ist. In Neusorg und in Waldershof sind großflächige Einzelhandelsformate vorhanden. Die Schließung des „Tante-Emma-Ladens“ in der Ortsmitte in unmittelbarer Nähe des Rathauses im letz- ten Jahr verdeutlicht, dass die großflächige Konkurrenz für kleine inhabergeführte Betriebe existenz- gefährend ist. Auch ist der Netto-Discounter an der Staatsstraße 2181 (an der Abzweigung Weiher- mühle) schlecht fußläufig zu erreichen.

Pullenreuth, Ebnath und Brand haben nur Bäckereien, Metzgereien und kleine Lebensmittelbetriebe, deren Existenz es zu sichern gilt.

4.4.2 Nahversorgerkonferenz

An der Nahversorgerkonferenz am 29. Januar 2015 in Ebnath nahmen neben Einzelhändlern und Direktvermarktern auch eine Gastwirtin und der Projektleiter des Lieferservice „Bauernkiste“ teil.

Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde festgestellt, dass sich das Einkaufsverhalten der Bevölkerung geändert hat. Es wird auf dem Weg zur Arbeit in großen Märkten eingekauft und nicht mehr im kleinen Laden vor Ort. Auch der Handel im Internet schmälert die Ertragsaussichten der loka- len Einzelhandelsbetriebe. Beklagt wird auch das mangelnde Bewusstsein für den Wert regional er- zeugter Lebensmittel und die Abkehr vom Leben in den Wohnorten.

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Chancen werden bei den Direktvermarktern gesehen, die mit ihren Produkten den Kunden folgen und auf den Märkten der weiteren Umgebung gute Absatzmöglichkeiten finden. Dem stehen allerdings eine hohe Arbeitsbelastung und lange Fahrwege gegenüber.

Auch im Bereich der Dienstleistungen gibt es Möglichkeiten. Als Beispiel wird eine Gaststätte in Eb- nath genannt, die an sieben Tagen in der Woche einen mobilen Essenservice anbietet. Allerdings sei es schwierig, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden.

Der Lieferservice „Bauernkiste“, der sich nach dem Aufbau gerade in einer Phase der Erweiterung befindet, kann auf steigende Kundenzahlen verweisen. Die „Bauernkiste“ wird vom BRK-Kreisverband Tirschenreuth in Zusammenarbeit mit dem Maschinenring Tirschenreuth organisiert. Anstoß zu die- sem Projekt waren Überlegungen des BRK-Kreisverbands, wie gerade für weniger mobile Senioren die lokale Versorgung gesichert werden kann. Die ursprüngliche Idee war, neben dem bewährten Essen auf Rädern in Tiefkühlform auch frische Lebensmittel wie Brot, Obst und Gemüse direkt zu den Senioren zu bringen.

Durch Gespräche mit dem Maschinenring entstand schließlich ein eigenständiger Lieferservice mit einer umfangreichen Palette an frischen und saisonalen Produkten direkt vom Landwirt aus kontrollier- tem und konventionellem Anbau.

Um die Nahversorgung zu erhalten, muss die Kaufkraft vor Ort gebunden werden. Deshalb sind alle Maßnahmen sinnvoll, die Kunden an den Ort binden. Die Bindung an den Ort trägt auch zu einer Be- lebung der Ortsmitte bei. Es wurde klar, dass vor allem die Aufrechterhaltung der Läden vor Ort die größte Herausforderung werden wird. Einen möglichen Lösungsansatz sahen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer er vor allem in der Kooperation zwischen stationärem Handel und dem Lieferservice.

Es bestand Einigkeit, dass man in der Breite des Sortiments nie mit den großen Verbrauchermärkten würde konkurrieren können. Der Schwerpunkt sollte deshalb auf Nischenprodukte, wie z.B. das „Em- merbrot“ der Bäckerei Söllner, gelegt werden, die dem Verbraucher einen Mehrwert bieten. Dieses Angebot sollte durch Marketingmaßnahmen und Angebote zur Bildung über regionale Produkte unter- stützt werden.

Synergieeffekte erhoffen sich vor allem die Erzeuger durch die bessere Koordination des Vertriebs der Produkte. Durch einen effektiveren Vertrieb könnten sie ihre hohe Arbeitsbelastung senken. Wün- schenswert wäre auch, dass die Direktvermarkter in ihrem unmittelbaren Umfeld stärker zur Nahver- sorgung beitragen.

Im Mittelfeld der Nennungen lag der Vorschlag, Projekte mit dem Einzelhandel zu verknüpfen, in de- nen Menschen mit Behinderung Arbeit finden können (als Beispiel siehe CAP-Märkte, www.cap- markt.de). Ein verstärktes Marketing an Schulen und Kitas wurde nicht uneingeschränkt befürwortet. Diese Einrichtungen würden sich teilweise nur am Preis orientieren und das Kriterium „regional“ kaum beachten. Serviceangebote könnten auch eine Möglichkeit für die Stärkung der Nahversorgung sein. Das Ange- bot einer Metzgereigaststätte in Ebnath, das an sieben Tagen in der Woche warme Mahlzeiten liefert, 108

wird gut angenommen. Engpass ist hier die Personalkapazität und ein Mangel an geeigneten Arbeits- kräften. Es könnte versucht werden, das Potential für Serviceleistungen durch die Kooperation zwi- schen verschiedenen Betrieben zu erhöhen.

Die Nutzung neuer Kommunikationstechniken (z.B. bestellen mit dem Smartphone) wurde nur einge- schränkt als Lösung gesehen. Die Entwicklung von spezifischen IT-Lösungen ist kostenintensiv und als Einzelmaßnahme nicht geeignet um das Nutzerverhalten wesentlich zu ändern. Recherchen erga- ben, dass ein internetgestütztes Projekt in Baden, das unter dem Titel „Freiamt bringt’s“ einen lokalen Lieferdienst angeboten hat, mittlerweile ruht, weil es zu wenig angenommen wird. Statt der Bestellung über das Internet werden ältere Menschen jetzt von den Pflegediensten beliefert. Laut der Freiamter Bürgermeisterin Hannelore Reinbold-Mench (persönliches Telefongespräch) habe sich gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger den direkten Kontakt und die direkte Hilfeleistung vorzögen.

Seltener genannt wurde die Erschließung neuer Märkte in Städten, weil diese Maßnahme nur zur Absatzsteigerung der Erzeuger geeignet ist und nicht zur Nahversorgung beiträgt.

Die Einrichtung mobiler Verkaufsstellen, z.B. für Bäcker und Metzger, wurde kaum genannt.

ABBILDUNG 74: MÖGLICHE LÖSUNGSANSÄTZE FÜR DIE STÄRKUNG DER NAHVERSORGUNG , QUELLE : NAHVERSORGERKON- FERENZ 29.01.2015

109

4.5 Weitergehende Handlungsempfehlungen

4.5.1 Kooperation von stationärem Einzelhandel, Direktvermarktern und Lieferservice Bei der Nahversorgerkonferenz fand dieser Lösungsansatz große Zustimmung, weil er die bestehen- den Angebote aufgreift und anregt, sich gegenseitig zu stärken. Der stationäre Handel könnte einen Teil der Verteilfunktionen des Lieferservice übernehmen, auch für Beratung und Bestellungen seine Unterstützung anbieten. Im Gegenzug müsste er an den Umsätzen beteiligt werden. Durch die Ein- bindung in die Lieferkette könnte sich auch die Kundenfrequenz erhöhen.

Der Lieferservice hätte durch die Anbindung an den stationären Handel eine stärkere Präsenz vor Ort. Es ist zu prüfen, ob alle Kunden tatsächlich eine Zustellung vor die Haustür wünschen. Vielleicht gibt es auch Kunden, die ihre Bestellung lieber im Laden abholen würden, um noch spontane Zukäufe zu tätigen.

Für die Erzeuger bzw. Direktvermarkter eröffnet die Kooperation größere lokalen Absatzchancen.

Um die Idee weiterzuverfolgen, wird eine Arbeitsgruppe über den Projektzeitraum hinaus ein weiter- führendes Konzept erarbeiten. Bei einem ersten Treffen wurden folgende Schritte vereinbart:

• Netzwerkbildung von aktiven Personen, Organisationen und Projekten, Nutzern, Kommu- nen und potenziellen Helfern.

• Eine Untersuchung der Bedarfe in der Region

• Anpassung des Angebots

• Akquise von Lieferpunkten und Lieferanten

• Bündelung der Kräfte und Koordination

• Neustart mit Werbekampagne

Als weitere Maßnahmen sind die Gründung von zusätzlichen Verkaufsstellen und Bauernmärkten angedacht sowie der Ausbau von internetbasierten Techniken in der Warenwirtschaft und beim Ver- trieb.

4.5.2 Förderung regionaler Produkte in Verbindung mit der Ökomodellregion und Leader 2014 – 2020 Auf der Nahversorgerkonferenz wurde deutlich, dass kleine Läden niemals über die Breite ihres Sor- timents mit großen Verbrauchermärkten konkurrieren können. Aber durch besonders gute Qualität, regionale Erzeugung und spezielle Produkte könnten sich auch kleinere Anbieter am Markt gut positi- onieren. Im Bereich der Steinwaldallianz gibt es zwei laufende Projekte, zu denen es Querverbindun- gen gibt. Als „staatlich anerkannte Öko-Modellregion“ haben die Gemeinden der Steinwaldallianz die Chance, Maßnahmen zur Entwicklung des ökologischen Landbaus in ihren Kommunen umzusetzen. 110

Ein innovatives Konzept für den Absatz regional erzeugter Lebensmittel passt gut in dieses Konzept, da es die Erzeugung mit anderen Zielen der nachhaltigen Regionalentwicklung verknüpfen kann, so wie es im Programm gefordert wird. Insbesondere die Innenentwicklung kann vom Erhalt ortsnaher Einzelhandelsstandorte profitieren. Seit der Anerkennung als Ökomodellregion steht der Steinwaldalli- anz ein Projektmanager für die Umsetzung von Maßnahmen zur Verfügung, der über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren vom Amt für Ländliche Entwicklung zu 75 % gefördert wird. Damit gibt es eine qualifizierte Person, die vor allem bei der Planung und den ersten Schritten der Umsetzung Hür- den überwinden kann. Allerdings wurde von einigen Teilnehmern der Nahversorgerkonferenz skep- tisch gesehen, dass in diesem Modellprojekt nur die ökologische Landwirtschaft gefördert werden soll. Dies würde ihrer Ansicht nach den Kreis der Erzeuger zu sehr eingrenzen.

Eine weitere Fördermöglichkeit ergibt sich aus der Lokalen Entwicklungsstrategie für Leader 2014 – 2020, in der es zwei relevante Handlungsziele gibt: die bessere Vermarktung regionaler Produkte und den Erhalt der Nahversorgung in allen Orten über 1.000 Einwohner.

4.5.3 Nahversorgerstammtisch Die Nahversorgerkonferenz hat gezeigt, dass der Austausch zwischen Einzelhändlern, Erzeugern und Bürgermeistern/ Gemeinderäten/ Bürgerinnen und Bürgern neue Erkenntnisse und Ideen bringt (siehe Abbildung 74 ). Ein regelmäßiger „Nahversorgerstammtisch“ könnte den nötigen Raum bieten, um die eingerichtete Vernetzung weiter zu pflegen. Dies könnte eine Aufgabe für den expandierenden Ge- werbeverein sein.

4.5.4 Gemeindeübergreifende Steuerung der Einzelhandelsentwicklung Die Entwicklung strategischer Ansätze zur Unterstützung des Kleinhandels in den fünf Modellkommu- nen zeigte auch, dass eine alleinige Fokussierung auf Kleinhandelskonzepte zu kurz greift. Die wirt- schaftlichen Entwicklungschancen der innerörtlichen inhabergeführten Betriebe, die maßgeblich zur fußläufigen Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs dienen, sind stark von der Entwicklung des Einzelhandels, meist in großflächigen Betriebsformaten, am Ortsrand abhängig. Für die örtlichen Metzger und Bäcker, die ihre Geschäfte teilweise schon seit Generationen in der Ortsmit- te betreiben, ist die Errichtung eines großflächigen Einzelhandels an der Ortseinfahrt, die meist nur mit dem PKW gut erreichbar ist, schlichtweg eine Existenzfrage. Aus diesem Grund greifen alle noch so ausgereiften Überlegungen und Konzeptionen zur Stärkung des Kleinhandels ins Leere, wenn nicht die gesamte Einzelhandelsentwicklung in den Blick genommen wird. Es ist zudem empfehlenswert, eine Analyse und Steuerung des Einzelhandels nicht nur auf kommunaler, sondern auf interkommuna- ler Ebene im regionalen Verbund vorzunehmen.

Viele Gemeinden sehen sich der Situation ausgesetzt, dass sich der Einzelhandel eben in der Nach- bargemeinde ansiedelt, sofern er vor Ort kein ausreichendes Flächenangebot vorfindet. Im Alleingang haben Gemeinden daher nur bedingt Einfluss auf den Kaufkraftabfluss aus ihren Ortszentren. Dies 111

macht eine aktive Steuerung des Einzelhandels in interkommunaler Abstimmung und gegebenenfalls auch auf höherer Planungsebene unverzichtbar. Die Planung auf überörtlicher Ebene kann dazu bei- tragen, den interkommunalen Wettbewerb bei der Standortwahl großflächiger Einzelhandelsbetriebe und der damit verbundenen Aussicht auf Gewerbesteuereinnahmen einzudämmen.

Die Gemeinden können dieses Problem aber auch eigenoffensiv angehen, indem sie in Form inter- kommunaler bzw. regionaler Einzelhandelskonzepte eine gemeinsame Strategie zur Sicherstellung der Nahversorgung in der Region entwickeln. Der Vorteil dieses Vorgehens bestünde darin, dass die Gemeinden hierdurch anstelle der bloßen Reaktion auf Investorenanfragen – als wettbewerbsauslö- sendem Faktor – ihre Steuerungsmöglichkeiten aktiv nutzen. Eine frühzeitige gemeinsame Planung erspart den Gemeinden unnötige Verteilungskämpfe. Insbesondere für kleinere Gemeinden und Orts- teile ist es in der Regel erforderlich, dass in einer dieser Gemeinden bzw. Ortsteile an einem städte- baulich integrierten Standort ein zentraler Versorgungsbereich festgelegt und entwickelt wird, der dann auch die Versorgung für die anderen Gemeinden oder Ortsteile übernimmt. Obgleich eine solche ge- meinsame Standortfindung kein einfacher Prozess sein wird, kann sie für die effektive wohnortnahe Grundversorgung gerade in kleineren Gemeinden und Ortsteilen essentiell sein (Hehn 2015, S. 458ff).

Ein regionales Einzelhandelskonzept sollte folgende Bestandteile enthalten: Bestandsaufnahme des Einzelhandels nach Branchen und Verkaufsflächen, Befragung der Einzelhändler zu Umsatzentwick- lung und Dispositionen, Befragung der Konsumenten zu ihrem Einkaufsverhalten, Expertengespräche und Entwicklung von Handlungsempfehlungen sowie konkreten Aussagen zu bevorzugten Konzentra- tionsgebieten. Auf dieser Basis sollte dann ein gemeindeübergreifender Abstimmungsprozess der politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger erfolgen. Ziel des Abstimmungspro- zesses muss die Sicherung einer wohnortnahen Nahversorgung sein.

112

5 Themenfeld Betreutes Wohnen

Die Bedeutung des Themenfelds betreutes Wohnen und Seniorenpflege wächst mit dem Älterwerden der Bevölkerung. Neben der Behandlung in den Demografiekonferenzen wurden in einer Arbeitsgrup- pe Möglichkeiten gesucht, um ein Wohnen zu Hause so lange wie möglich sicherzustellen.

5.1 Ausgangslage In Zukunft wird sich die Steinwald-Allianz verstärkt mit dem Thema der neuen Wohnformen für Senio- ren auseinandersetzen müssen, da hier viele ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger ansässig sind. Bis- her gibt es nicht in allen Gemeinden Möglichkeiten für seniorengerechtes Wohnen. Man rechnet da- mit, dass die Akzeptanz für solche Wohnformen erst in den nächsten Jahren steigen wird. In Brand war ein Seniorenheim in Zusammenarbeit mit einem Investor bereits einmal geplant gewesen. Es konnten nicht genug Bewohner für ein solches Projekt gefunden werde, sodass der Investor wieder abgesprungen ist.

In Neusorg dagegen wird gerade an einem Pflegeheim mit betreutem Wohnen gearbeitet, das im Jahr 2015 fertiggestellt werden soll und in Waldershof gibt es bereits ein neues Seniorenheim. Es besteht seit dem Jahr 2012 und bietet insgesamt 78 Plätze an. Davon waren im Jahr 2012 53 Plätze belegt, im Jahr 2014 konnten alle Plätze belegt werden. Weiterhin gibt es eine Wohnberaterin für Senioren und Menschen mit Handicap sowie einige Präventivmaßnahmen für den barrierefreien Ausbau von Wohnraum, um solange wie möglich selbstständiges Wohnen gewährleisten zu können. Dazu gehö- ren Beratung, Sensibilisierung von Architekten und Handwerkern, sowie das Einrichten einer Muster- wohnung zur Vorführung.

Eine Umfrage im Rahmen des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts (Landkreis Tirschenreuth 2011) für den Landkreis Tirschenreuth hat ergeben, dass 85 % der Befragten in nicht barrierefreien Woh- nungen oder Häusern leben. Außerdem geben 74 % an, Treppenstufen steigen zu müssen, um in ihre Wohnung zu gelangen. Diese Ergebnisse unterstreichen die Dringlichkeit, mit der in den nächsten Jahren barrierefreie Wohnungen benötigt werden. Weiterhin wurde berechnet, wie hoch der De- ckungsgrad von Heimplätzen für Bewohner ab 65 Jahren ist. Der für das Jahr 2020 prognostizierte Deckungsgrad von unter 75 Prozent für die Gemeinden der Steinwaldallianz ist mittlerweile überholt, da in Neusorg ein weiteres Pflegeheim noch im Jahr 2015 fertiggestellt werden soll.

Dies spiegelt das noch recht geringe Interesse der Bevölkerung wieder, sich mit den altersbedingten Veränderungen auseinanderzusetzen. Gründe dafür wurden ebenfalls in einer Studie des Seniorenpo- litischen Gesamtkonzeptes erörtert. Diese hat gezeigt, dass die Menschen im Landkreis Tirschenreuth überdurchschnittlich zufrieden mit ihrer jetzigen Wohnsituation sind. Knapp 60 % der Befragten gaben an, zufrieden zu sein, während es im bayerischen Durchschnitt gerade einmal etwas mehr als 20 % sind. Deshalb gaben 68 % an, auch im Alter in ihrem aktuellen Wohnsitz verbleiben zu wollen. Gerade einmal 9 % könnten sich Vorstellen in einem Seniorenwohnheim, einem betreuten Wohnen oder einer

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Wohngemeinschaft zu leben. Weitere 6 % ziehen eine barrierefreie Wohnung in Betracht. Der Rest möchte entweder bei Kindern / Verwandten oder in einer kleineren Wohnung leben bzw. hat sich noch keine Gedanken darüber gemacht. Die Akzeptanz einer Wohngemeinschaft steigt jedoch, wenn diese in der eigenen Gemeinde gegründet wird. Damit ein möglichst langes Leben in den eigenen vier Wän- den jedoch gewährleistet sein kann, sollten sich die Betroffenen frühzeitig mit den derzeitigen Entwick- lungen auseinandersetzen, um so möglicherweise Baumaßnahmen für ein barrierefreies Wohnen vornehmen lassen zu können.

Die Statistiken zeigen, dass zurzeit die älteren Bürgerinnen und Bürger das Thema Wohnen im Alter nicht vorausschauend betrachten. Es ist aber anzunehmen, dass das Thema in Zukunft jedoch an Bedeutung gewinnen wird. Deshalb müssen Kommunen schon jetzt entsprechende Angebote entwi- ckeln.

5.2 Ergebnisse der Demografiekonferenzen In den Demografiekonferenzen beurteilten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Situation als gut. Alle Gemeinden seien mit mobilen Pflegediensten versorgt. Die Apotheke in Neusorg biete auch einen Lieferservice für Medikamente an. Über das geplante Pflegeheim hinaus hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kaum Ansprüche.

Da sich auch die Arbeitsgruppe im Themenfeld bürgerschaftliches Engagement auf die Betreuung älterer Menschen fokussierte, kam es zu einigen inhaltlichen Überschneidungen.

Als Maßnahme wurde vorgeschlagen, ein Konzept für seniorengerechtes Wohnen zu entwickeln.

5.3 Ziele und Strategien Auf den Demografiekonferenzen und der Steuerungsrunde wurden folgende Ziele und Strategien er- arbeitet und festgelegt:

Ziele

• Neue Wohnformen und betreutes Wohnen sind realisiert.

• Anpassungsmaßnahmen im privaten und öffentlichen Bereich, die ein möglichst langes Leben im heimischen Umfeld gewährleisten, sind erfolgt.

Strategien zur Zielerreichung

• Bedarfe und Nachfrage an neuen Wohnkonzepten erheben und darauf aufbauend konkre- te Projekte realisieren, auch in interkommunaler Kooperation

• Soziale Netze / Unterstützungsstrukturen (z.B. Nachbarschaftshilfe) flächendeckend aus- bauen bzw. Nachfolgeproblematik lösen (z.B. wenn engagierte Leistungsträger / Senio- renbeauftrage aufhören)

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• Wohnberatung ausbauen bzw. vermarkten

• Barrierefreiheit bei Ortssanierungsmaßnahmen, Gebäudeneubau- und -sanierung anstre- ben

• Fördermittel akquirieren

5.4 Maßnahme: Information und Sensibilisierung „komfortables Wohnen“

Die im Rahmen der Projektlaufzeit durchgeführte Maßnahme zur Sensibilisierung und Information zum Thema „Wohnen im Alter“ bzw. „Wohnkomfort für alle Generationen“ konkretisiert die Zielsetzung, dass Anpassungsmaßnahmen im privaten und öffentlichen Bereich erfolgen sollen, welche ein mög- lichst langes Leben im heimischen Umfeld gewährleisten.

Hierzu informierten sich am 26.01.2015 Bürgermeister und Verwaltungsangestellte der Steinwald- Allianz, Seniorenbeauftragte der teilnehmenden Kommunen und interessierte Bürgerinnen und Bür- gern bei Frau Anita Busch, Leiterin der kommunalen Wohnberatungsstelle (KBS) "Besser leben im Alter mit Technik".

ABBILDUNG 75: FRAU BUSCH ERLÄUTERT DEN TEILNEH- ABBILDUNG 76: DIE TEILNEHMERINNEN UND TEILNEHMER , MERINNEN UND TEILNEHMERN TECHNIK FÜR EIN KOMFOR- KLIMAKOM 2015 TABLES WOHNEN , KLIMAKOM 2015

Die Kommunale Beratungsstelle "Besser leben im Alter mit Technik" ist ein Projekt des Bundesminis- teriums für Bildung und Forschung. Der Landkreis Tirschenreuth wird als eines von 22 Projekten deutschlandweit in den nächsten zwei Jahren zu 100 % gefördert. Das Beratungsangebot richtet sich an ältere Bewohnerinnen und Bewohner und / oder Menschen mit eingeschränkten Fähigkeiten im Landkreis, um ihnen ein möglichst langes, selbstbestimmtes Leben im Alter oder mit ihrem Handicap im eigenen Zuhause zu ermöglichen. Beratungsschwerpunkte sind Wohnraumanpassung, Technik im Alter und Hilfsmittelberatung. Die Beratung wird nicht nur in der Musterwohnung in Tirschenreuth durchgeführt, Frau Busch bietet auch eine aufsuchende individuelle Beratung an. Weitergehende In- formationen finden sich im Internet auf der Webpage des Landkreises Tirschenreuth: http://www.kreis- 115

tir.de/soziales/wohnberatung-fuer-senioren.html.

Frau Busch führte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einem Vortrag in ihre Arbeitsschwerpunkte ein und zeigte ihnen dann die in der Musterwohnung ausgestellten technischen Hilfestellungen.

Die Teilnehmerinnen erfuhren von Frau Busch, dass es sowohl aus sozial-psychologischen als auch als ökonomischen Gründen (ein Heimplatz ist in der Regel teurer als die Unterstützung und der Um- bau der eigenen Wohnung) Ziel sein sollte, möglichst lange und so weit wie möglich eigenständig in der gewohnten Umgebung zu bleiben. Um dieses Ziel zu verwirklichen, muss die eigene Wohnung / das eigene Haus barrierefrei, seniorengerecht und ggf. mit technischen Hilfsmitteln gut gerüstet für das Leben im Alter bzw. mit Handicap sein.

Es gibt vielfältige Ansätze, die eigene Wohnung altersgerecht bzw. komfortabler zu gestalten

• Wohnraumanpassung und -umplanung: • Alltagsunterstützende Assistenz-Lösungen (AAL) • Hilfsmittel bei der Pflege zu Hause

Wohnraumanpassung und -umplanung erhöhen den Wohnkomfort bspw. durch barrierefreie Woh- nungseingänge, bodengleiche Duschen, höhenverstellbare Waschbecken oder Lichtplanung und Ver- schattung.

Alltagsunterstützende Assistenz-Lösungen sind Produkte und Dienstleistungen, die ein selbstbe- stimmtes Leben im Alter unterstützen wie z.B. zeitliche und räumliche Erinnerungshilfen, Verstärker von Tür- und Telefonklingeln, Notrufsysteme (siehe hierzu auch den Wegweiser Alter und Technik: https://www.wegweiseralterundtechnik.de/index.php/Spezial:Produkte).

Hilfsmittel bei der Pflege zu Hause sind Gegenstände, Stützen und Geräte, die die Betreuung und die Unterstützung der Pflege zu Hause ermöglichen und erleichtern. Hilfsmittel bedürfen einer Verord- nung, z.B. durch einen Arzt. Für Hilfsmittel, die im Hilfsmittelkatatog gelistet sind und eine Nummer besitzen, können von den Krankenkassen und Pflegekassen die Kosten übernommen werden. Bei- spiele für Hilfsmittel sind ein Badewannenlifter im Badezimmer, Ess- und Trinkhilfen in der Küche oder Aufstehhilfen im Wohnzimmer.

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ABBILDUNG 77: PFLEGEBETT , KLIMAKOM 2015 ABBILDUNG 78: INTEGRIERTE AUFSTEHHILFE , KLIMAKOM 2015

ABBILDUNG 79: MOBILES SCHRANKELEMENT FÜR EINE ABBILDUNG 80: ROLLSTUHLGERECHTE KÜCHE , KLIMAKOM ERLEICHTERTE ZUGÄNGLICHKEIT , KLIMAKOM 2015 2015

Da Wohnraumanpassungen zumeist mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden sind, können von verschiedenen Stellen Zuschüsse und / oder Darlehen beantragt werden. Die Beantragung erfolgt dabei stets durch die Personen, welche die technischen Hilfsmittel bzw. die Wohnraumanpassung benötigen. Hierbei existieren verschiedene Arten der Förderung, welche nachfolgend aufgelistet sind und oftmals über eine „Bausteinefinanzierung“ kombiniert werden können (siehe hierzu auch: http://www.kreis-tir.de/soziales/wohnberatung-fuer-senioren/foerdermoeglichkeiten.html):

• Zuschüsse von Krankenkasse (SGB V), Pflegeversicherung/-kasse (SGB XI) und Wohn- umfeldverbessernde Maßnahmen (§ 40,4 SGB XI) • Leistungsfreie Baudarlehen aus den Fördermitteln des Sozialen Wohnungsbau (abhängig von Einkommensgrenzen) • Fördermittel für berufstätige Behinderte (SGB IX)

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• Unfallversicherung (SGB VII § 27,Abs. 1 Ziffer 4) • Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (§ 11 Abs. 1, Ziffer 8) • Bayerisches Modernisierungsprogramm für Mietwohnraum (Antrag Vermieter) • Finanzierung als Modernisierung über den Vermieter BGB § 559) • Kredite / Darlehen der KfW-Bank (Programm - Altersgerecht umbauen - Nr. 159) • Bundessozialhilfegesetz (SGB XII) • Eingliederungshilfe (§§ 53, 54 SGB XII) • Hilfe zur Pflege (§ 61 SGB XII) • Altenhilfe (§ 71 SGB XII) • Stiftungsmittel • Kommunale Sondermittel

Die Ergebnisse des Besuchs der Wohnberatungsstelle sind folgende:

• Es fand eine Sensibilisierung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer statt, dass Wohn- raumanpassung und -umplanung nicht nur Themen für die ältere Generation sind, son- dern sich durch diese Maßnahmen der Wohnkomfort für alle Generationen erhöht. Hierfür steht das Konzept des „Universal Designs“. • Vorurteile gegenüber Technikgebrauch im Alter konnten zum Teil bei den Teilnehmerin- nen und Teilnehmern vermindert werden, da die technischen Hilfsmittel relativ leicht zu gebrauchen sind. • Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfuhren, dass es wichtig ist, sich bereits in jüngeren Jahren mit möglichen Wohnformen und Wohnkomfort auseinander zu setzen. • Die Umgestaltung der Wohnung / des Hauses sollte nicht erst erfolgen wenn dies auf- grund zunehmender körperlicher Gebrechen notwendig ist. • Auch sollten (junge) Bauwillige bzw. Haus- und Wohnungseigentümer, die einen Umbau / eine Renovierung anstreben, bereits Wohnraumanpassungsmaßnahmen in Erwägung ziehen, denn Wohnen ohne Barrieren ist deutlich komfortabler (z.B. mit kleinen Kindern) und kann mögliche notwendige Umbaumaßnahmen im Alter vermeiden. • Wohnraumanpassung ist auch aktive regionale Wirtschaftsförderung, da die notwendigen technischen und baulichen Umrüstungen von erfahrenen Handwerkern aus der Region geleistet werden. • Um Fördermittel für eine notwendige Wohnraumanpassung in Anspruch nehmen zu kön- nen, dürfen in der Regel bestimmte Wohnungsgrößen nicht überschritten werden. Da je- doch im ländlichen Raum des Landkreises Tirschenreuth sehr großzügig gebaut wurde / wird, sind die Wohnungen / Häuser oftmals zu groß, um Fördermittel erfolgreich zu bean- tragen. • Obwohl Frau Busch einen großen Aufwand betreibt, ihre Beratungsleistung anzubieten, ist die Nachfrage gering. Das könnte folgende Gründe haben: Die Existenz der Wohnbe- ratungsstelle ist noch zu wenigen Bürgerinnen und Bürgern bekannt. Die Erreichbarkeit

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der Musterwohnung am Rosenweg 10 in Tirschenreuth, die in einem Wohnviertel liegt, ist für die Zielgruppe schwierig.

5.5 Weitergehende Handlungsempfehlungen

5.5.1 Sensibilisieren und Informieren über Möglichkeiten der Wohnraumanpassung und technischer Assistenz im Alter

Um die Bevölkerung, insbesondere die Generation 60 plus, über die Möglichkeiten der Wohnrauman- passung und technischer Assistenz im Alter umfassend zu informieren, sollte die Leiterin der Wohnbe- ratungsstelle von den Kommunen bzw. von den Trägern der freien Wohlfahrt aktiv zu Aufklärungs- und Beratungsangeboten vor Ort eingeladen werden. Hierfür bieten sich spezielle Veranstaltungen für die Zielgruppe an wie bspw. Seniorennachmittage. Im Rahmen dieser Erstkontakte können dann Ter- mine für eine individuelle Wohnberatung vereinbart werden.

5.5.2 Einrichten von „komfortablen Wohnungen“ bzw. altersgerechten Wohnungen in den Kommunen

Insbesondere in den ländlich geprägten Kommunen sind die Häuser und Wohnungen der Menschen, die eine altersgerechte Wohnraumanpassung benötigen, oft sehr groß. Alleinlebende ältere Menschen sind deshalb nicht nur auf eine technische und bauliche Wohnraumanpassung angewiesen, sie sind in vielen Fällen auch mit dem Unterhalt und der Pflege von Wohnung, Nebenflächen und Garten über- fordert. In vielen Fällen reichen die finanziellen Mittel der Eigentümerinnen und Eigentümer auch nicht aus, die Wohnraumanpassung vornehmen zu können. Der Zugang zu Fördermitteln ist aber durch die Wohnungsgrößen, die deutlich über den Standards der Sozialwohnungen liegen, erschwert bzw. nicht möglich.

Wenn bauliche und technische Umrüstung nicht möglich und nicht sinnvoll sind, sollten die Kommu- nen Möglichkeiten zur Unterbringung von Menschen haben, die auf ein altersgerechtes / komfortables Wohnen angewiesen sind, aber noch keinen Pflegeplatz in einem Heim haben. Damit kann gewähr- leistet werden, dass die Menschen ihre sozialen Kontakte, die sie wohnortnah aufgebaut haben, auch weiterhin pflegen können und nicht aus ihrem bekannten Umfeld „herausgerissen“ werden. Diese kommunalen „komfortablen Wohnungen“ sollten im Ortskern liegen, so dass Nahversorgung und sozi- ale Infrastruktur gut erreichbar sind. Wenn mit der Einrichtung von „komfortablen Wohnungen“ gleich- zeitig ein innerörtlicher Leerstand beseitigt wird, kann zudem ein wichtiger Beitrag zur Attraktivierung des Kernorts geleistet werden.

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5.5.3 Modellhaus für selbstbestimmtes Wohnen

In Ebnath hat eine Arbeitsgruppe die Nutzung von Leerstand mit dem Wohnen im Alter verbunden. Ein Modellhaus für selbstbestimmtes Wohnen für Senioren soll diesbezügliche Inspirationsquelle für die Region sein.

In folgenden Schritten soll vorgegangen werden:

• Netzwerkbildung von Best Practice Unternehmen, Nutzern, Kommunen und potenziellen Betreibern. • Zwei Workshops sollen über mögliche technische und andere Hilfen informieren, welche die Selbständigkeit von Senioren erhalten. • Ein Zwischenziel ist die Planung und Konzeption des Betriebs mehrerer, zum Teil betreu- ter Wohnungen. • Die Interessenten und andere am Prozess Beteiligte sollten außerdem die Anbindung des Hauses an die Umgebung überprüfen und optimieren, in Bezug auf die Versorgung im Haus, die aktive Lebensbeteiligung vor Ort und kulturelle Teilhabe. • Als mögliches Gebäude ist das alte Schulhaus in Ebnath vorgesehen. Für dieses Gebäu- de soll schließlich ein Konzept für den Umbau erstellt werden.

Das Ziel ist es, Kooperationen und Verträge mit Bewohnern abzuschließen und mit dem Umbau der Schule zu beginnen.

In der Gemeinde Waldthurn wurde ein ähnliches Projekt bereits realisiert (http://www.gpz- hs.de/wohnen/waldthurn/). Von privaten Unternehmern wurde in der Ortsmitte ein Mehrgenerationen- Gesundheitszentrum gebaut, das Platz bietet für zwölf (betreute) Wohneinheiten, Tagescafé, Gesund- heitsladen, Physio- und Ergotherapie, Logopädie und Räumlichkeiten für Fachärzte.

5.5.4 Umzugsbörse

Um ein möglichst langes Leben im heimischen Umfeld zu gewährleisten, ist eine Umzugsbörse hilf- reich. Ausgehend von der Idee der Wohnungstauschbörse, wie sie bereits in anderen Orten z.B. in Lohmar (Nordrhein-Westfalen) und Zweibrücken (Rheinland-Pfalz) existiert, sollte für die Kommunen eine sukzessive, quartiersbezogene Verbesserung der Wohnsituationen für die unterschiedlichen Generationen erreicht werden. Ziel ist es, dass (ältere) Menschen, die ihr Haus nicht mehr alleine bewirtschaften können, die Möglichkeit haben, in den Ortskern in eine kleinere, ihren Bedürfnissen angepasste Wohnung zu ziehen – bspw. auch in die „komfortablen Wohnungen“. Die frei werdenden Häuser sollen dann an junge Familien, die größeren Wohnraum nachfragen, vermietet bzw. verkauft werden.

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Die Leitprinzipien sind dabei wie folgt:

• Junge Familien sollen die Möglichkeit haben, geeigneten Wohnraum im Wohnungsbe- stand vorzufinden. Ziel ist es, die Neubautätigkeit einzuschränken, um Leerstand im Be- stand zu vermeiden und Flächenverbrauch durch Neuausweisung von Baugebieten zu stoppen. • Gleichzeitig soll Seniorinnen und Senioren, vor allem auch allein lebenden und körperlich eingeschränkten Menschen bedarfsgerechtes Wohnen im Heimatort ermöglicht werden. Für die ältere Generation soll vorrangig ein Wohnraum und Wohnumfeld der kurzen, mög- lichst barrierefreien Wege geschaffen werden. Es soll ihnen die Möglichkeit gegeben wer- den, im Ort sozial integriert und als Teil der Bürgergemeinschaft wohnen zu können.

Folgende Wirkungen können innerhalb der Kommune erzielt werden:

• Anpassung des Immobilienangebots (Eigentum und Mietwohnraum) an die Wünsche und Erfordernisse des jeweils altersgerechten Wohnens; teilweise Umverteilung der Wohnflä- chenverhältnisse zwischen Jung und Alt • Energetische Sanierung des privaten Immobilienbestands (bei Umzug) • Barrierefreie Erreichbarkeit der Versorgungseinrichtungen und verbesserter Zugang zu öf- fentlichen Verkehrsmitteln für die ältere Generation • Verbesserte Integration älterer und körperlich schwächerer Menschen in das Gemeinde- leben • Erhöhte Chancengleichheit beim Zugang zu Bildungsangeboten und kulturellen Angebo- ten • Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für junge Familien • Stopp der Neuausweisung von Baugebieten und damit Reduzierung der Inanspruchnah- me von Flächenressourcen für Siedlungszwecke

Mögliche erste Schritte

• Einrichtung einer Koordinationsstelle in der Steinwald-Allianz • Fördermittelakquise • Gründung einer geeigneten Beteiligungsgesellschaft • Befragung der allein bzw. zu zweit lebenden Senioren in den Kommunen (ohne Familien- struktur im selben Haus) zu Wohnwünschen im Alter und Erfassung der Wohnflächen • Einrichtung eines Internetforums und einer Datenbank zur Erfassung der Wohnwünsche der jüngeren Generation bis 45 Jahren (Singles und Familien) • Erste Vermittlungen und Beratungen durch die Koordinationsstelle

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6 Themenfeld Gesellschaftliche Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement

Bürgerschaftliches Engagement war schon immer, vor allem in kleineren Gemeinden, ein wichtiger Stützpfeiler der kommunalen Daseinsfürsorge. Ob in der Freiwilligen Feuerwehr, dem Gemeinderat oder in einem der zahlreichen Vereine – bürgerschaftliches Engagement ist im ländlichen Raum ver- wurzelt. Doch die Bedingungen ändern sich. Die zunehmende berufliche Belastung der Bürgerinnen und Bürger, nicht zuletzt durch Arbeitsplätze, die fern des Heimatortes liegen, beschneiden das Zeit- budget für ein freiwilliges Engagement. Auch langfristige Verpflichtungen und Ämter werden nicht mehr so gerne übernommen wie früher. Gleichzeitig stellt der demografische Wandel die Gemeinden vor die Aufgabe, die kommunale Daseinsvorsorge mit immer geringeren Mitteln zu bewältigen. Viel- leicht sind die entstehenden Lücken durch bürgerschaftliches Engagement zu schließen.

Bürgerschaftliches Engagement bedeutet aber auch eine stärkere Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an kommunalen Entscheidungs- und Planungsprozessen, um eine bessere Verzahnung mit den gewählten Stellvertretern zu erreichen und um Planungs- und Steuerungsprozesse bedarfsge- recht zu entwickeln.

Die Projektkommunen haben deshalb das Thema bürgerschaftliches Engagement als Querschnitts- thema gewählt, weil es in alle Bereiche ausstrahlt. Bereits in der Kartenabfrage bei der Auftaktveran- staltung wurde die Bereitschaft zu sozialem Engagement deutlich. Während in der Auftaktveranstal- tung noch einige Jugendliche und junge Erwachsene teilnahmen und ihre Interessen artikulierten, waren jüngere Teilnehmer in den darauffolgenden Demografiekonferenzen kaum vertreten. Dement- sprechend verschob sich der Fokus der Teilnehmer immer mehr in Richtung Unterstützung und Hilfe für Senioren. Als konkretes Projekt stellte sich der Ausbau der Nachbarschaftshilfe heraus. Zusam- men mit dem BRK-Kreisverband Tirschenreuth wurde in einer Arbeitsgruppe die Gründung einer Nachbarschaftshilfe in Brand erörtert.

Die geringe Teilnahme von Jüngeren kann in der Aufgabenstellung begründet liegen, zunächst ein Konzept zu erstellen und nicht gleich mit der Umsetzung zu beginnen. Die Aktivitäten der Jugendge- meinderäte in Brand und Pullenreuth zeigen, dass es prinzipiell Strukturen gibt, um auch Jugendlichen ein bürgerschaftliches Engagement zu ermöglichen.

Ein zweiter Schwerpunkt war die Sicherstellung der Mobilität für Menschen ohne Auto. In einer Ar- beitsgruppensitzung im Landratsamt Tirschenreuth wurden die Rahmenbedingungen für ehrenamtli- che Fahrdienste erörtert. Ein zweites Thema dieser Sitzung war das Anrufsammeltaxi Baxi, ein land- kreisweites Modellprojekt. Obwohl das Baxi nicht ehrenamtlich betrieben wird, wurde es durch seinen inhaltlichen Zusammenhang mit den Fahrdiensten mitbehandelt.

6.1 Ausgangslage In den Gesprächen mit Bürgermeistern und Vertretern des Landratsamts standen die Belange der 122

älteren Bürgerinnen und Bürger im Vordergrund. Die Bereitschaft zu bürgerschaftlichem Engagement sei groß, allerdings würden diejenigen, die sich engagieren immer älter. Bedauert wurde die Schlie- ßung des Koordinierungszentrums, das im Landkreis die Arbeit der Ehrenamtlichen unterstützte. Es wurde nach dem Auslaufen der Förderung durch das Sozialministerium eingestellt.

Zurzeit werden die Seniorenbeauftragten in den Gemeinden durch die Fachstelle für Senioren des Landratsamts unterstützt. Es gibt aber keine Gesamtkoordination für bürgerschaftliches Engagement.

Die meisten Veranstaltungen für Senioren gehen von Vereinen aus. Die Vereine selbst, immer noch die wichtigste Organisationsform für bürgerschaftliches Engagement, haben aber Nachwuchssorgen.

Der zwischenmenschliche Kontakt wird als gut beschrieben. Allerdings seien die Bindungen zwischen 30-jährigen und 50-jährigen schwach. Der Kontakt zwischen den Generationen funktioniere noch eher innerhalb der Familie.

In Neusorg möchte man das im Bau befindliche Pflegeheim öffnen und in den Ort integrieren. In Neu- sorg gibt es einen ehrenamtlich organisierten Ortsbus und in Waldershof einen Fahrdienst zum Arzt oder in Krankenhaus für Personen, die es aus eigener Kraft nicht mehr schaffen.

Die Jugend in Neusorg wünscht sich einen Jugendtreff.

6.2 Ergebnisse der Demografiekonferenzen In der ersten Demografiekonferenz hoben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer folgende Punkte als Erfolge hervor:

 die vielen aktiven Vereine

 die Jugendgemeinderäte in Brand und Pullenreuth

 das Ferienprogramm in Brand

 das Anrufsammeltaxi BAXI

Um diese Angebote auszuweiten, sind allerdings weitere ehrenamtliche Helfer notwendig. Vor allem wünscht man sich einen höheren Anteil an Männern, da bisher überwiegend Frauen in Organisationen wie der Nachbarschaftshilfe tätig sind. Auch das Miteinander der Generationen und Angebote für Ju- gendliche seien ausbaufähig.

In Pullenreuth werden die vielen kleinen Ortsteile und ein fehlender Raum für die Nachbarschaftshilfe als Problem gesehen. Weiterhin werden allgemein die nicht ausreichende Wertschätzung des Ehren- amts und zu wenig Kooperation zwischen den Aktiven genannt.

In Zukunft soll es in allen Orten einen barrierefreien Veranstaltungsort geben. Die Nachbarschaftshilfe soll generationenübergreifend arbeiten. Auch junge Menschen sollen sich stärker engagieren. Das kann nach Ansicht der Teilnehmer aber nur gelingen, wenn es in Zukunft mehr Arbeitsplätze in der

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Region gibt.

6.3 Ziele und Strategien Auf den Demografiekonferenzen und der Steuerungsrunde wurden folgende Ziele und Strategien er- arbeitet und verabschiedet.

Ziele

 Mitwirkungsmöglichkeiten sind professionalisiert.

 Bürgerschaftliches Engagement ist ausgebaut und wird von Politik und Verwaltung wertge- schätzt und gefördert.

Strategien zur Zielerreichung

 Koordinationsstelle für das Ehrenamt einrichten

 Verzahnung Ehrenamt – professionelle Strukturen vorantreiben

 Baxi ausbauen und verbessern

 Barrierefreie Treffpunkte für alle Generationen einrichten

6.4 Maßnahmen

6.4.1 Gründung einer Nachbarschaftshilfe in Pullenreuth

Während der Projektlaufzeit hat sich in Pullenreuth im Oktober 2013 eine Nachbarschaftshilfe gegrün- det (http://nbh-pullenreuth.npage.de/). Träger ist der Kreisverband Tirschenreuth des Bayerischen Roten Kreuzes, der die Ehrenamtlichen vor Ort von der Verwaltungsarbeit entlastet. Der Kreisverband organisiert auch Fortbildungsangebote und gegebenenfalls die Möglichkeit zur Supervision der ehren- amtlichen Mitarbeiter, wenn diese mit belastenden Situationen zurechtkommen müssen.

Die Nachbarschaftshilfe Pullenreuth unterstützt Bürgerinnen und Bürger in plötzlich auftretenden Not- situationen durch praktische Hilfen. Darüber hinaus werden die Beratung zu vielen Lebenslagen und die Vermittlung von weiteren Hilfen angeboten.

6.4.2 Gründung einer Nachbarschaftshilfe in Brand

In einer Arbeitsgruppensitzung Ende Januar in Brand wurde die Gründung einer Nachbarschaftshilfe in Brand besprochen. Als Referent war Holger Schedl, der Geschäftsführer des Kreisverbands Tirschenreuth des BRK dabei. Er erläuterte die Vorteile einer Trägerschaft durch einen Wohlfahrtsver- band wie das BRK. Ein wichtiger Punkt war hier die Entlastung der Ehrenamtlichen vor Ort durch die Geschäftsstelle des BRK, die einen großen Teil der Verwaltung übernehmen würde. Auch die Organi- sation von Fortbildungen für die Ehrenamtlichen kann leicht über das BRK organisiert werden. Schließlich gibt es auch Angebote zur Supervision für die Ehrenamtlichen durch den Kreisverband. Auch das ist ein wichtiger Punkt, da Hilfeleistungen für andere oft psychische Belastungen mit sich

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bringen.

Die inhaltliche Ausrichtung der Nachbarschaftshilfe sollte sich zuerst auf ein Beratungsangebot vor Ort und eine möglichst gute Ansprechbarkeit konzentrieren. Erst wenn die Lücken in den bestehenden Angeboten zur Unterstützung identifiziert sind, soll die Nachbarschaftshilfe versuchen, diese durch eigene Aktivitäten zu schließen.

Für den Aufbau einer Nachbarschaftshilfe gibt es zurzeit noch eine Anschubfinanzierung durch das bayerische Sozialministerium. An den Förderkriterien wurde kritisch gesehen, dass die ausschließliche Ausrichtung auf die Belange älterer Menschen Voraussetzung ist. Gerade in kleineren Gemeinden gelte es das Miteinander der Generationen zu stärken. Noch in der ersten Arbeitsgruppensitzung wur- de beschlossen, die Gründung einer Nachbarschaftshilfe in Brand mit Unterstützung des BRK- Kreisverbands anzugehen. Mittlerweile haben weitere Treffen stattgefunden und es wurde der Be- schluss gefasst, die Förderung beim Sozialministerium zu beantragen. Erst nach dem Bewilligungsbe- scheid kann dann die Gründung erfolgen.

6.4.3 Ehrenamtliche Fahrdienste und Mobilität

Die Sicherstellung der Mobilität für Menschen ohne Auto ist eine wichtige Aufgabe im ländlichen Raum. Im Projektgebiet gibt es dazu zwei Ansätze: das vom Landkreis betriebene Anrufsammeltaxi Baxi und ehrenamtliche Fahrdienste in Neusorg und Waldershof. Ein Arbeitskreis aus Bürgerinnen und Bürgern, Bürgermeistern und Vertretern des Landratsamts erörterte, durch welche Maßnahmen sich die Nutzung des Baxi verbessern ließe und wie die ehrenamtlichen Fahrdienste unterstützt wer- den könnten. Obwohl der Betrieb des Baxi nicht von Ehrenamtlichen, sondern von Taxiunternehmen durchgeführt wird, wurde es wegen des Zusammenhangs mit den ehrenamtlichen Fahrdiensten in die Beratungen aufgenommen.

Akzeptanzsteigerung beim Baxi Die Fahrpreise des Baxi entsprechen denen der Buslinien. Das Defizit wird durch ÖPNV-Zuweisungen und das ÖPNV-Sonderprogramm für den ländlichen Raum ausgeglichen. Obwohl das Sonderpro- gramm für ganz Bayern nur 2 Millionen Euro umfasst, erhält der Landkreis Tirschenreuth 230.000 Euro pro Jahr, weil es nur wenige Angebote dieser Art in anderen Regionen Bayerns gibt.

Zum Fahrplanwechsel erfolgten einige Anpassungen. So wurde die Linie in Richtung Waldershof bis nach Marktredwitz verlängert, um das Umsteigen in den Zug zu vermeiden. Im ersten Jahr war die Inanspruchnahme in Neusorg, Brand und Ebnath schwach, obwohl im ganzen Landkreis aufwendige Werbemaßnahmen und Informationsveranstaltungen durchgeführt wurden. Der Baxi-Fahrplan ist an alle Haushalte im Landkreis verteilt worden. Das Baxi sei auch in Rundfunk und Fernsehen bekannt gemacht worden.

Von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurde angeführt, dass vielleicht familiäre nachbarschaftli- che Hilfe noch intakt ist und deshalb nur wenige auf das Angebot des Baxi angewiesen sind. Es könne auch daran liegen, dass Termine (z.B. bei Ärzten) mit dem Fahrplan des Baxi nicht in Einklang zu

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bringen seien. Es wurde hingegen auch geäußert, dass sehr wohl Bedarf bestehe, für viele potentielle Nutzer die Schwelle jedoch zu hoch sei. Insgesamt gäbe es in den Ortschaften zu wenige Menschen, die das Baxi bereits benutzt haben und ihre Erfahrungen an andere weitergeben könnten.

Durch die Behandlung im Rahmen des bürgerschaftlichen Engagements hat sich immerhin ein Lö- sungsansatz entwickelt, der ehrenamtliches Engagement mit einbindet. Um die Akzeptanz des Baxi zu erhöhen und die Nutzerzahlen zu steigern werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

 Die Seniorenbeauftragten in den Gemeinden organisieren Ausflüge für Kleingruppen (maximal acht Personen!) mit dem Baxi. Bei der Vorbereitung ist Herr Zimmert im Landratsamt behilf- lich. Dadurch werden die ältere Bürgerinnen und Bürger an die Nutzung herangeführt und können ihre Erfahrungen weitergeben.

 Es sollen lokale Fahrpläne erstellt werden, die in übersichtlicher Form (wenn möglich auf einer DIN A4 Seite) die relevanten Verbindungen mit Fahrzeiten und Fahrpreisen auflisten. Es soll auch verstärkt darauf hingewiesen werden, dass man sich unter der angegebenen Bestelltele- fonnummer auch beraten lassen kann, wenn man das System noch nicht völlig verstanden hat. Es wurde vereinbart, dass diese Aufgabe von der Verwaltungsgemeinschaft Neusorg übernommen wird. Hintergrund der Maßnahme ist, dass zwar jeder Haushalt ein umfangrei- ches Fahrplanheft für das Baxi im ganzen Landkreis bekommen hat, dieses Heft mit seiner In- formationsfülle für ungeübte Nutzer aber zu komplex sein könnte.

 Nicht weiterverfolgt wird der Vorschlag mit Arztpraxen zusammenzuarbeiten. Dort könnten die Voraussetzungen geschaffen werden, sich bei Terminvereinbarungen an den Baxi-Fahrzeiten zu orientieren.

 Nicht weiterverfolgt wird der Vorschlag, das Baxi auf die Nachtstunden auszuweiten, um es für Jugendliche attraktiver zu machen. Hierfür würden sehr hohe Bereitstellungskosten entstehen, die vom Umfang her nicht vertretbar erscheinen. Für den Transport zu und von Veranstaltun- gen gibt es im Landkreis das Angebot von Bussen, die vom Veranstalter gebucht werden können und auch recht gut angenommen werden. Es wird im Landkreis unter dem Namen „der mim board“ (http://www.fahrmit-tirschenreuth.de/angebote/dermimboard.html) bekannt gemacht

Fahrdienst der Gemeinde Neusorg Der Fahrdienst in Neusorg bedient an mehreren Tagen in der Woche verschiedene Fahrtrouten inner- halb des Gemeindegebiets von Neusorg. Das Fahrzeug wird von der Gemeinde zur Verfügung ge- stellt, die ehrenamtlichen Fahrer stellen ihre Leistungen unentgeltlich zur Verfügung. Das Angebot wird vor allem von älteren Menschen genutzt, die es gerne annehmen und sich auch zu gemeinsamen Fahrten, z.B. zum Einkaufen, verabreden. Eine weitere Gruppe sind Asylbewerber, die zum Einkaufen fahren.

Für die Nutzung des Kleinbusses, der aus einem Sponsoringprogramm stammt, muss die Gemeinde

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0,18 Euro pro Kilometer entrichten. Hochgerechnet belaufen sich die Kosten für die Gemeinde auf 700 bis 1.000 Euro pro Jahr. Die Fahrer sind über die Versicherung der Gemeinde versichert (Auskunft der Bayerischen Versicherungskammer auf Anfrage der Gemeinde).

In der Diskussion wird deutlich, dass es wichtig ist, die ehrenamtlichen Fahrdienste von gewerblichen Angeboten abzugrenzen. Dazu gehört, dass der Fahrdienst für die Nutzer entweder vollkommen frei ist, oder etwaige Nutzungsgebühren nur die reinen Kosten für Abnutzung und Verbrauch beinhalten. Als angemessen gelten derzeit 0,10 Euro pro Kilometer.

Fahrdienst in der Stadt Waldershof Der Fahrdienst in Waldershof richtet sich ausschließlich an Personen, die so stark bewegungseinge- schränkt sind, dass sie Fahrten zum Arzt oder ins Krankenhaus nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchführen können. Zurzeit gibt es fünf ehrenamtliche Fahrer, die ihre eigenen privaten Pkw für die Fahrten benutzen. Es werden auch Fahrten zu weiter entfernten Zielen, z.B. Klinikum in Regensburg, durchgeführt. Die Versicherung der Fahrer ist über die Stadt abgedeckt. Das Angebot schließt eine Lücke für die Personen, die es nicht aus eigener Kraft, oder durch familiäre Hilfe schaffen, und denje- nigen, die von der Krankenkasse einen Beförderungsschein erhalten.

Es wurde vor allem diskutiert mit welchen Mitteln eine Aufwandsentschädigung für die Fahrer finan- ziert werden kann. Es wurde auch erwähnt, dass die Firma Kellner in Ebnath einen privat finanzierten Kleinbus den Vereinen des Ortes zur Nutzung überlässt.

Folgende Maßnahme wurde vorgeschlagen: die Suche nach Finanzierungsmöglichkeiten für Fahrzeu- ge und Unterhaltskosten: Eine erste Recherche hat ergeben, dass Fahrzeuge nur dann finanziert werden können, wenn sie im Öffentlichen Personennahverkehr eingesetzt werden. Spezifische Finan- zierungsquellen für Fahrzeuge ehrenamtlicher Fahrdienste wurden nicht gefunden. Auch das Sonder- programm für den ÖPNV im ländlichen Raum kommt zur Finanzierung nicht in Betracht.

6.5 Weitergehende Handlungsempfehlungen

6.5.1 Weiterer Ausbau der Nachbarschaftshilfe in Pullenreuth

Vor kurzem ist in Pullenreuth eine Nachbarschaftshilfe entstanden, die jetzt als Beispiel für die Ge- meinden Neusorg und Brand dienen kann. In der Region arbeiten andere Nachbarschaftshilfen meist unter dem Dach des Roten Kreuzes. Das funktioniert gut und soll so bleiben. Die Nachbarschaftshilfe Pullenreuth benötigt für ihre Aktivitäten einen geeigneten Raum.

Die Arbeitsgruppe in Pullenreuth möchte den Ausbau der Nachbarschaftshilfe mit folgenden Schritten erreichen:

• Netzwerkbildung von Best Practice Projekten, Nutzern, Kommune und potenziellen Hel- fern

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• Eine Untersuchung der Bedarfe in der Region • Eine Vortragsreihe über erfolgreiche Projekte und zwei Workshops sollen die Bürger, die künftigen Nutzer, über die Möglichkeiten der Nachbarschaftshilfe informieren, aber auch gründlich die Bedarfe auswerten. • Eine Fortbildungsreihe für die Freiwilligen sowie Teambuilding-Maßnahmen • Ein Zwischenziel ist es, bestehende (und in naher Zukunft zu erwartende) Leerstände in Pullenreuth als möglichen Raum für die Nachbarschaftshilfe zu prüfen und gegebenen- falls mit den Eigentümern zu verhandeln. • Die technischen Lösungen für die Umnutzung des Leerstandes und des künftigen Be- triebs der Nachbarschaftshilfe werden unter Beteiligung der lokalen Akteure konzipiert.

Das Ziel ist ein Konzept, das für Nutzer und Helfer gleichermaßen attraktiv ist und ein praktisches und erschwingliches „Zuhause“ in Pullenreuth.

6.5.2 Nachhaltige Bürgerkommune

Kleinere Gemeinden haben den Vorteil, dass die Wege zwischen Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern kurz sind. Oft wird dieser Weg nur in einer Richtung beschritten, nämlich, dass Bürgerinnen und Bürger ihre Anliegen direkt beim Bürgermeister anbringen und eine Erfüllung ihrer Wünsche er- warten. In diesem Fall sind Bürgermeister und Gemeinderat mit einer ständigen Flut von Einzel- und Gruppeninteressen konfrontiert.

Einen anderen Weg zeichnet die Idee der nachhaltigen Bürgerkommune vor. Vor dem Hintergrund der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen setzt sie auf das verantwortungsbewusste Zusam- menwirken von Bürgermeister, Gemeinderat, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern.

Durch eine beteiligungsoffene Politik und Verwaltung werden Bürgerinnen und Bürger bei der Entwick- lung von Zielen und Strategien eingebunden und bleiben auch bei der Umsetzung einbezogen. Durch die Mitwirkung an Entscheidungen steigt die Akzeptanz der politischen Entscheidungen.

Informationen zur Initiative finden sich unter http://www.nachhaltige-buergerkommune.de. Bis zum Jahr 2014 wurde das Projekt vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz gefördert. Ob die Förderung verlängert wird, steht zum jetzigen Zeitpunkt nicht fest. Die Einführung einer beteiligungsfreundlichen Entscheidungskultur ist aber nicht so sehr von finanziellen Mitteln son- dern vom politischen Willen abhängig.

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7 Reflexion der im Projekt durchgeführten Verfahren und Me- thoden sowie Darstellung der Instrumente und Maßnahmen, die für eine Übertragbarkeit geeignet sind

Die für die Modellkommunen entwickelten Maßnahmen und Handlungsempfehlungen in den fünf Handlungsfeldern ärztliche Versorgung, Leerstand / ungenutzte Flächen, Kleinhandelskonzepte, Be- treutes Wohnen und Seniorenpflege sowie gesellschaftliche Teilhabe und bürgerschaftliches Enga- gement stellen nicht nur Möglichkeiten dar, die Lebensqualität in Brand, Ebnath, Neusorg, Pullenreuth und Waldershof für die Bevölkerung vor Ort zu verbessern. Die im Rahmen des Projekts „Demografi- sche Modelle im ländlichen Raum“ eingesetzten Verfahren und Methoden sowie die gemachten Erfah- rungen und erarbeiteten Projektvorschläge können auch auf andere Kommunen im ländlichen Raum übertragen werden. In diesem Kapitel soll zum einen der gewählte Ansatz reflektiert werden und zum anderen sollen die in den fünf Handlungsfeldern erarbeiteten Maßnahmen und Handlungsempfehlun- gen dargestellt werden, die für eine Anwendung in anderen Kommunen des ländlichen Raums als geeignet erscheinen. Eine kritische Schlussbemerkung soll diesen Endbericht abrunden.

7.1 Darstellung und Reflexion der im Projekt durchgeführten Verfahren und Methoden

7.1.1 Eingesetzte Verfahren und Methoden

Die Erkenntnisproduktion im Modellprojekt basiert auf einer Überschneidung von Expertenwissen und der Alltagsexpertise der Bürgerinnen und Bürger. Die angewandten Verfahren und Methoden sind etablierte Instrumente der empirischen quantitativen und qualitativen Sozialforschung sowie Moderati- ons- und Kommunikationstechniken. Folgende Methoden wurden angewendet:

Der Beginn der Arbeiten war durch eine Sondierungsphase und eine Aufbereitung von Sekundär- statistik (Zahlen, Daten, Fakten) geprägt. Um einen Überblick über die Problemlagen, Herausforde- rungen und bereits bestehende Maßnahmen in den Kommunen und im Landkreis zu erhalten, wurden leitfadengestützte Expertengespräche geführt. Zudem wurde Sekundärstatistik (z.B. des Landesamts für Statistik) ausgewertet.

Moderationsmethoden

Zum Einsatz kamen gängige Verfahren der Großgruppen- und Kleingruppenmoderation. Zu den Großgruppenverfahren zählen die Auftaktveranstaltung und die Demografiekonferenzen. Sie eignen sich insbesondere zur Sensibilisierung für die Thematik „Demografischer Wandel“, die Zielformulie- rung und die Maßnahmenfindung.

Auf der Auftaktveranstaltung wurde das Projekt und erste Zwischenergebnisse vorgestellt (Info-

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block). Danach hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Gelegenheit, ihre Sichtweise und ihre Bewertung sowie ihre Erwartungen an das Projekt mittels einer Kartenabfrage zu äußern. Es schloss sich eine „Jetzt red i“-Phase an, in der Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Wort ergreifen konnten.

Die zwei Demografiekonferenzen bauten inhaltlich aufeinander auf. Es wurde jeweils derselbe Teil- nehmerinnen- und Teilnehmerkreis adressiert. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer arbeiteten selbst- organisiert an fünf Thementischen zu den fünf Themenfeldern. Die erste Demografiekonferenz blickt zurück in die Vergangenheit, identifizierte wichtige Meilensteine und benannte Herausforderungen. Im Rahmen eines Visionenspiels wurde eine „ideale Zukunft“ für die Steinwald-Allianz entworfen. Die zweite Demografiekonferenz startete mit einem Impulsvortrag der für das Projekt „Aktionsprogramm regionale Daseinsvorsorge“ im Landkreis Coburg zuständigen Sachbearbeiterin. Auch wurden externe Experten zur Beratung der Thementische eingeladen wie bspw. ein Architekt für den Thementisch „Leerstand / ungenutzte Flächen“ oder ein Geschäftsführer eines Dorfladens. Auf der zweiten Demo- grafiekonferenz wurden dann Maßnahmen detailliert beschrieben.

Kleingruppenveranstaltungen eignen sich insbesondere zur Vertiefung von Projektideen. Zu den Kleingruppenveranstaltungen zählten die Nahversorgerkonferenz , Informationsveranstaltungen zur Nachbarschaftshilfe und zu Möglichkeiten des betreuten und seniorengerechten Wohnens, Koordinierungsgespräche zu ehrenamtlichen Fahrdiensten .

Die in Brand, Ebnath, Neusorg und Pullenreuth durchgeführten Ortspaziergänge dienten der Sensibi- lisierung der Bevölkerung und der politischen Entscheidungsträger für die Leerstandsproblematik.

Die Groß- und Kleingruppenveranstaltungen wurden durch zahlreiche Informationsgespräche (so- wohl telefonisch als auch persönlich) flankiert.

Methoden der quantitativen und qualitativen empirischen Sozialforschung

Zur Bestandserhebung des Einzelhandels in den Kommunen, der Direktvermarkter im Landkreis, der Leerstände, Brachen, ansässigen Ärzte etc. wurden Recherchen im Internet mit telefonische Anfragen und Vor-Ort-Begehungen kombiniert.

Zudem wurde mittels eines standardisierten Fragebogens die vor Ort ansässigen Ärzte befragt. Quali- tative Methoden kamen bei den Informationsgesprächen zum Einsatz.

7.1.2 Reflexion der eingesetzten Verfahren und Methoden

Indem die Wissensbestände lokaler Expertinnen und Experten (wie beispielsweise Bürgermeister, Verantwortliche für die Umsetzung schon bestehender Konzepte und Programme, Ärzte, Landtagsab- geordnete, Mitarbeiter von Wohlfahrtsverbänden, etc.) im Rahmen von Befragungen, Workshops, Interviews (telefonisch und vor Ort) und allgemeinen Gesprächen abgefragt wurden, konnte die Aus- gangslage vor Ort, förderliche und restringierende Rahmenbedingungen und allgemeine Lösungsan- sätze ermittelt und erarbeitet werden. Durch den Einbezug der Erfahrungen und des Wissens der Bevölkerung im Rahmen von Klein- und Großgruppenveranstaltungen erfuhren allgemeine „Therapie-

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vorschläge“ für die Lösung von Problemen der Daseinsvorsorge und die Expertenerkenntnisse eine „Erdung“ und Bewertung bezüglich ihrer Sinnhaftigkeit und Realisierbarkeit im konkreten Fall der fünf Modellkommunen.

So erscheint beispielsweise der Aufbau eines Dorfladens als ein probater Lösungsansatz, um die Nahversorgung der Bevölkerung in kleinen ländlichen Gemeinden ohne großen Lebensmittelvollsorti- menter zu verbessern und dabei gleichzeitig einen Ort der Kommunikation zu schaffen. Auch das Projektteam ist zu Beginn des Modellprojekts von dieser Annahme ausgegangen. Um Erfahrungen im Aufbau und im Betrieb eines Dorfladens in die Erarbeitung von Lösungsansätzen im Bereich „Klein- handelskonzepte“ einzuspeisen, konnte der Betreiber des Dorfladens Gleiritsch für die Demografie- konferenz gewonnen werden. Nach einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Konzept des Dor- fladens entschieden sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass diese Form der Nahversorgung für die fünf Modellkommunen nicht tauglich wäre – nicht zuletzt da noch inhabergeführte Lebensmit- telbetriebe vorhanden sind, die es letztendlich zu stärken gilt.

Dieses Bespiel zeigt, wie wichtig der Einbezug der Bevölkerung in die Konzeptentwicklung ist. Mit dem Einspeisen der Alltagsexpertise der Bevölkerung werden die Konzepte inhaltlich qualifiziert. Zudem entstehen auch keine großen Umsetzungshürden, da die Konzepte von den Bürgerinnen und Bürgern als „ihre Konzepte“ betrachtet werden, die „nur darauf warten“, von ihnen und mit ihnen implementiert zu werden. Damit wird jedoch auch die zeitnahe Umsetzung wichtig: nichts ist für die Bereitschaft der Beteiligung demotivierender als ein Konzept, das nicht zeitnah umgesetzt wird. Falls Umsetzungs- schwierigkeiten bspw. durch mangelnde finanzielle und personelle Ressourcen bestehen, müssen diese dann auch kommuniziert werden.

Die aktive Mitarbeit der Bürgerinnen und Bürger an der Konzepterstellung ist auch ein Ausdruck ihrer Verantwortungsübernahme für bestimmte Leistungen der Daseinsvorsorge. Aus diesem Grund wurde auch das Handlungsfeld „bürgerschaftliches Engagement“ als ein eigenständiger Themenbereich im Modellprojekt gewählt. Im Modellprojekt haben sich zum Beispiel in Brand Frauen und ein Mann zu- sammengeschlossen, um eine Nachbarschaftshilfe zu gründen. Auch beruhen die Fahrdienste auf ehrenamtlichem Einsatz. Ohne diese hätten viele mobilitätseingeschränkte ältere Menschen Schwie- rigkeiten, Ärzte aufzusuchen oder ihre Einkäufe zu erledigen. Obwohl das Ehrenamt eine zentrale Ressource ländlicher Räume ist, ist ein derartiges bürgerschaftliches Engagement keinesfalls selbst- verständlich. Dieser Verantwortungsübernahme ist großen Respekt zu zollen und gebührt des Dankes und der Würdigung. Diese sollte auch öffentlich erfolgen, beispielsweise im Rahmen eines Tags des Ehrenamts in den Kommunen, an dem der Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin alle Ehrenamtli- chen einlädt und man gemeinsam feiert. Das bürgerschaftliche Engagement ist aber auch professio- nell zu begleiten, sonst droht Überforderung und Frustration. Die Wohlfahrtsverbände leisten hierzu einen wichtigen Beitrag. Außerdem gilt es, das ehrenamtliche Engagement auch zu versichern, so dass keine finanziellen Haftungen und Schäden durch ihre Hilfeleistungen entstehen.

Von besonderer Bedeutung ist zudem die Formulierung von Zielen und Strategien zur Zielerreichung.

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Sie können als strategischer Handlungsrahmen Orientierungshilfen für kommende kommunalpoliti- sche Aktivitäten sein. Sie sind – wenn sie im Konsens erarbeitet und auch durch die Kommunalparla- mente verabschiedet werden – verbindlich und können als Legitimation bei Investorenansprachen, für finanziellen Mitteleinsatz für Projekte etc. dienen. Sie sind im Bereich der Demografie die Leitplanken für die kommunalpolitische Arbeit der nächsten Jahre.

7.2 Übertragbare Instrumente und Maßnahmen in den fünf Themenfeldern Aus Sicht des begleitenden Büros hat die gemeinsame Erarbeitung von Maßnahmen und Handlungs- empfehlungen in den fünf Themenfeldern für die fünf Modellkommunen aus der Steinwald-Allianz eine Reihe von Verfahren und Instrumenten sowie Projektvorschlägen ergeben, die sich auch – nach Prü- fung des jeweiligen lokalen Kontexts – zur Übertragung eignen. Diese sollen hier aufgeführt werden. Um Wiederholungen zu vermeiden, werden die geeigneten Instrumente und Maßnahmen hier nur stichpunktartig aufgezählt. Erläuterungen finden sich in den jeweiligen Fachkapiteln.

Medizinische Versorgung

• Bei drohender Unterversorgung mit Hausärzten: Ermittlung des lokalen Versorgungsgrads und Führen von Gesprächen mit der Kassenärztlichen Vereinigung, um die Niederlassung weiterer Ärzte zu ermöglichen • Den Kontakt zu Ärzten am Ort pflegen, die sich dem Ruhestandsalter nähern und sie bei der Nachfolgeregelung unterstützen. • Standortmarketing / Werbung für die Region

Leerstand und ungenutzte Flächen

• Entscheidungsgrundlagen erarbeiten: Leerstandskataster erstellen bzw. Vitalitätscheck 2.0 durchführen • Sensibilisierungsmaßnahmen für die Innenentwicklung betreiben (auch bei politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern) bspw. durch Ortsspaziergänge o- der Vorstellung von Guten Beispielen (wie aus der Hofheim-Allianz) • Strategisches Leerstandsmanagement – auch im interkommunalen Verbund – aufsetzen • Maßnahmen zur proaktiven Vermeidung von Leerstand in Kombination mit der Schaffung von Mietraum

Kleinhandelskonzepte

• Regionale Einzelhandelsentwicklungskonzepte zur Bestandsaufnahme und als interkom- munale Entscheidungsgrundlage • Etablierung eines Lieferservices (z.B. Ökokiste, Bauernkiste) und Einbezug der Direkt- vermarkter sowie des stationären Einzelhandels • Nahversorgerstammtisch

Betreutes Wohnen und Seniorenpflege

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• Sensibilisierung zum Thema „Wohnen im Alter“ bzw. „Wohnkomfort für alle Generationen“ • Einrichten von „komfortablen Wohnungen“ bzw. altersgerechten Wohnungen in den Kommunen • Umzugsbörse

Gesellschaftliche Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement

• Gründen von Nachbarschaftshilfen in Kooperation mit dem Bayerischen Roten Kreuz • Ehrenamtlich Fahrdienste (hier muss jedoch darauf geachtet werden, dass die ehrenamt- lichen Fahrdienste keine (große, d.h. wirtschaftlich existenzgefährdende, Konkurrenz zu kommerziell betriebenen Taxiunternehmen darstellen).

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8 Hinweise zur Weiterbearbeitung der entwickelten Maßnahmen und Handlungsempfehlungen und Schlussbemerkung

8.1 Hinweise zur Weiterbearbeitung der entwickelten Maßnahmen und Hand- lungsempfehlungen Die Gestaltung des demografischen Wandels erfordert einerseits eine Querschnittsorientierung. Das heißt: zur Umsetzung der in den fünf Themenfeldern entwickelten Maßnahmen und Projekte wird es nicht eine Anlaufstelle zur Förderung geben wie es bspw. bei der Umsetzung von Integrierten Ländli- chen Entwicklungskonzepten ist. Vielmehr sind viele Politikbereiche und damit staatliche Ämter und Ministerien involviert. Zudem werden die vorgeschlagenen Maßnahmen auch nicht von den Kommu- nen alleine umgesetzt werden können. Es bedarf strategischer Partnerschaften und das Eingehen von Bündnissen mit Organen der Selbstverwaltung, der Bürgerschaft, den Unternehmen, den Wohlfahrts- verbänden sowie Unterstützungsstrukturen. Jedoch obliegt den politischen Entscheidungsträgern die Aufgabe, die Impulse für die Umsetzung zu geben und dafür zu sorgen, dass die Beteiligten „am Ball“ bleiben und somit Kontinuität gewahrt wird. In diesem Konzept sind auch einige Punkte enthalten, mit deren Umsetzung unmittelbar begonnen werden kann. Es sind dies der weitere Aufbau der Nachbar- schaftshilfe in Brand, die Maßnahmen zur Akzeptanzsteigerung des Baxi und die weitere Verknüpfung von Lieferdiensten, stationärem Einzelhandel und regionalen Erzeugern unter Federführung des Pro- jektmanagers der Ökomodellregion. Im Folgenden wollen wir Ihnen einige Hinweise geben, wie die hier vorgeschlagenen Maßnahmen und Handlungsempfehlungen in den fünf Handlungsfeldern „weitergetrieben“ werden können.

Ärztliche Versorgung Die Aufrechterhaltung der ärztlichen Versorgung ist eine Aufgabe, die einen Langfristcharakter hat. Aus diesem Grund sollte sich eine Steuerungsgruppe „ärztliche Versorgung“, bestehend aus Bürger- meistern und ansässigen Ärzten bilden. Ihre Aufgaben sind: Kontakte und Gespräche mit der Kassen- ärztlichen Vereinigung, Standortmarketing für die Region, Anreize für Praxisübernahmen schaffen und „Lobbyarbeit“ in den Bayerischen Landtag. • Die im Projekt entstandenen Kontakte zur Kassenärztlichen Vereinigung gilt es, nicht zu erkal- ten lassen. Vielmehr sollte die Steuerungsgruppe, die im Projekt erarbeiteten Ergebnisse der Berechnung des „lokalen Versorgungsgrads“ nutzen und einen Vorschlag für eine Teilung des Mittelbereichs erarbeiten. • Der im Projektzeitraum entstandene Imagefilm der Neusorger Gemeinschaftspraxis Bollig / Happel sollte auf die gesamte VG Neusorg ausgedehnt und auch um die Frage der Nachfolge von Zahnärzten erweitert werden. • Zudem sollte geprüft werden, welche Anreize für eine Praxisübernahme in der Region ge- schaffen werden: Kauf einer geeigneten Immobilie und Vermietung zu günstigen Konditionen, ggf. Kauf und Vermietung Praxiseinrichtung, etc. 134

• Da die kommunalen Handlungsspielräume im Bereich der ärztlichen Versorgung beschränkt sind, bedarf es auch weiterhin der Lobbyarbeit in den Bayerischen Landtag bzw. in das Baye- rische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege.

Ungenutzte Flächen und Leerstand Mit dem Vitalitäts-Check 2.0 erhalten die Kommunen eine umfassende Bestandsaufnahme der Innen- entwicklungspotenziale. Hier ist es unerlässlich, die Datenbanken zu pflegen und auf einem aktuellen Stand zu halten. Für ein strategisches Leerstandsmanagement, das in Folge des Vitalitäts-Check 2.0 eingeführt werden kann, werden personelle und finanzielle Ressourcen benötigt. Hier ist zu empfeh- len, von Guten Beispielen zu lernen – wie von der Hofheim Allianz. In einem ersten Schritt sollte ein Vertreter der Hofheim-Allianz eingeladen werden, so dass ein Austausch zu Hürden, Hemmnissen, und Erfolgen sowie Voraussetzungen einer Politik der Innenentwicklung erfolgen kann. Als strategische Leerstände haben sich die „alte Schule“ in Ebnath, das Freibad in Brand und der Bahnhof in Neusorg herauskristallisiert. Im Rahmen des Projekts sind bereits Ideen für Revitalisierun- gen entstanden. Diese gilt es nun im engen Schulterschluss mit dem Amt für Ländliche Entwicklung zu konkretisieren und auf Machbarkeit zu überprüfen.

Kleinhandelskonzepte Ziel ist es, die bestehende Nahversorgung vor Ort beizubehalten. Eine Stärkung der bestehenden inhabergeführten (stationären) Einzelhandelsbetriebe kann bspw. durch die Integration in die „Bauern- kiste“ erfolgen. Hier sollte es die Aufgabe der Bürgermeister sein, die ersten Kooperationsbeziehun- gen, die auf der Nahversorgerkonferenz zwischen dem Verantwortlichen der Bauernkiste und dem stationären Handel geknüpft worden sind, zu verstetigen. Die Bildung einer Arbeitsgruppe unter Füh- rung der Bürgermeister wie in Kap. 4.5.1 Kooperation von stationärem Einzelhandel, Direktver- marktern und Lieferservice“ beschrieben, sollte vorangetrieben werden.

Betreutes Wohnen Ein erster Schritt zu einem möglichst langen und selbstbestimmten Wohnen „in den eigenen vier Wänden“ ist eine breite Information der Bürgerinnen und Bürger zu Wohnraumanpassungsmaßnah- men. Mit der Leiterin der Wohnberatungsstelle steht den Kommunen eine kompetente Ansprechpart- nerin zur Verfügung, die diese Aufgabe übernehmen soll. In Kooperation mit den Kirchen, freien Wohl- fahrtsverbänden und Nachbarschaftshilfen sollten die Bürgermeister die Initiative ergreifen und Frau Busch zu Informationsveranstaltungen „Wohnen im Alter“ einladen. Diese können im Rahmen von Seniorennachmittagen stattfinden. Auf den Informationsveranstaltungen sollte dann auch die Möglich- keit bestehen, Termine für eine individuelle Beratung zu Hause zu vereinbaren. In Ebnath sollte geprüft werden, inwiefern sich die alte Schule als Modellhaus für ein selbstbestimmtes Wohnen für Senioren eignet. Ein mögliches „Gutes Beispiel“ stellt das Gesundheitszentrum Waldthurn dar. Eine Exkursion nach Waldthurn und ein Gespräch mit den Betreibern kann Klarheit über die Mög- lichkeiten der Übertragbarkeit dieses Ansatzes bringen.

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Gesellschaftliche Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement Die Gründung einer Nachbarschaftshilfe in Brand ist bereits in der konkreten Planung. Die bereits existierende Nachbarschaftshilfe in Pullenreuth sollte in ihrem Bestand gesichert und ausgebaut wer- den. Die Strukturen in den Vereinen sollten auf ihre Nachhaltigkeit überprüft werden. Kann befürchtetem Mitgliederschwund eventuell durch eine Änderung oder Erweiterung der Vereinsziele begegnet wer- den? Hierzu könnten die Bürgermeister zum Beispiel die Vereinsvorstände zu einem Treffen einladen, das gegebenenfalls durch externe Experten aus dem Bereich des ehrenamtlichen Engagements er- gänzt wird. Im Bereich der Jugend sollte geprüft werden, ob die erfolgreichen Jugendgemeinderäte in Brand und Pullenreuth auch auf die anderen Gemeinden übertragen werden können. Unterstützung könnte hier zum Beispiel vom Kreisjugendring geleistet werden. Schließlich kann das bürgerschaftliche Engagement im Bereich der kommunalen Planung und Steue- rung durch eine kontinuierliche Bürgerbeteiligung im Sinne der Nachhaltigen Bürgerkommune intensi- viert werden.

8.2 Kritische Schlussbemerkung In der Nachkriegszeit entwickelte sich in Deutschland ein Wohlfahrtsstaat heraus, der eine prominente Rolle in der Schaffung und Finanzierung von Einrichtungen und Dienstleistungen der Daseinsvorsorge übernahm. Mit der Ökonomisierung weiter Bereiche der bundesdeutschen Gesellschaft in den letzten 20 Jahren, die sich vor allem in einer Deregulierung und einem Abbau sozialstaatlicher Leistungen niederschlug, hat sich auch ein verändertes Staatsverständnis in Bezug auf die Daseinsvorsorge etab- liert. Es erfolgte einerseits seit den 1990er Jahren eine Privilegierung des privaten Sektors, insbeson- dere in der technischen Infrastruktur, aber vor allem im Pflegebereich und eine Delegation von neuen Aufgaben an die Kommunen – ohne eine adäquate finanzielle Ausstattung. Auch ist eine individuelle Vorsorge vor „Risiken“ wie Krankheit, Unfall und Alter zunehmend notwendig. Andererseits sollen die Bürgerinnen und Bürger selbst für bestimmte Gemeinwohlleistungen aufkommen. Exemplarisch sei hier nur genannt: Fahren von Bürgerbussen, Betreiben von Nachbarschaftshilfen, die Kinderbetreuung und Alten- und Krankenpflege organisieren, etc. Die Einsatzbereiche der Ehrenamtlichen sind breit. Zum Teil kompensieren sie mit ihren Aktivitäten und ihrem Engagement die gekürzten Sozialleistun- gen, die vom Sozialstaat nicht mehr bereitgestellte Daseinsvorsorge bzw. die für einkommensschwa- che Bevölkerungsteile nicht finanzierbare private Leistungen und tragen damit eine große Mitverant- wortung für das Gemeinwesen (vgl. Steinführer 2015). Ehrenamtliches Engagement läuft somit Gefahr zum Ausfallbürgen des Sozialstaats zu werden.

Auch ist es den Kommunen in vielen Fällen nicht möglich, im Bereich der freiwilligen Leistungen we- sentliche Beiträge zur Daseinsvorsorge zu leisten. In den letzten Jahren hat die Krise der Gemeindefi- nanzen jedoch eine neue Dynamik enthalten. Auch in den Modellkommunen stehen Gemeinden unter Haushaltssicherung. Ihr Spielraum zur Gestaltung des demografischen Wandels ist somit sehr gering.

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Zudem ist auch ein zunehmender Abbau von Personal in den Verwaltungen der Kommunen in den letzten Jahrzehnten zu beobachten. Eine kompetente begleitende Unterstützung von Maßnahmen zur Gestaltung des demografischen Wandels können kaum mehr kompetent von kommunaler Verwal- tungsseite unterstützt werden. Lösungen über kommunale Initiativen werden unter diesen restringie- renden Rahmenbedingungen natürlich sehr schwer.

Aus diesen Gründen ist es dringend notwendig, den beteiligten Kommunen für die hier im Modellpro- jekt erarbeiteten Maßnahmen und für die Umsetzung der Handlungsempfehlungen entsprechende finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung zu stellen.

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Literatur

BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG (2011): Demografie-Spiegel für Bayern für Gemeinden mit weniger als 5000 Einwohnern bis 2021. Gemeinden Brand, Eb- nath, Neusorg, Pullenreuth und Waldershof.

Online Quelle: https://www.statistik.bayern.de/statistik/gemeinden/00424.php [26.03.15]

BAYRISCHES LANDESAMT FÜR STATISTIK UND DATENVERARBEITUNG (2013): Statistik Kommunal 2012 der Gemeinden Brand, Ebnath, Neusorg, Pullenreuth und Waldershof. Online Quelle: https://www.statistik.bayern.de/statistikatlas/atlas.html [26.03.15]

BUNDESÄRZTEKAMMER (2014): Ärztestatistik 2014. Online Quelle: http://de.statista.com/statistik/ daten/studie/158849/umfrage/aerzte-nach-taetigkeitsbereichen-in-deutschland/ [24.02.2015]

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GEBAUER , K.; KRÄMER , F. (2015): Statistische Auswertung der Studierendenbefragung.

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139

Verzeichnisse

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Schematischer Ablauf. Eigene Darstellung ...... 10 Abbildung 2: Bevölkerungsveränderung der Gemeinden und des Bundeslands in den Jahren 1970 bis 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6; Statistisches Bundesamt 2014, S. 27 ...... 11 Abbildung 3: Prognostizierte Bevölkerungsveränderung der Gemeinden in den Jahren 2011 bis 2021; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2011, S. 5; Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6 ...... 11 Abbildung 4: Durchschnittsalter der Gesamtbevölkerung der Gemeinden, des Landkreises, des Regierungsbezirks und auf Bundeslandebene im Jahr 2009; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2011, S. 7, 14f...... 12 Abbildung 5: Altersstruktur der Gemeinde Brand In den Jahren 1970, 1987 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6 ...... 13 Abbildung 6: Altersstruktur der Gemeinde Ebnath In den Jahren 1970, 1987 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6 ...... 13 Abbildung 7: Altersstruktur der Gemeinde Neusorg In den Jahren 1970, 1987 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6 ...... 13 Abbildung 8: Altersstruktur der Gemeinde Pullenreuth In den Jahren 1970, 1987 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6 ...... 14 Abbildung 9: Altersstruktur der Gemeinde Waldershof In den Jahren 1970, 1987 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6 ...... 14 Abbildung 10: Jugendquotient der Gemeinden in den Jahren 1970- 2021; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6; Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2011, S. 7, 14f.; Statistisches Bundesamt o.J., o. S...... 16 Abbildung 11: Altenquotient der Gemeinden in den Jahren 1970- 2021; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6; Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2011, S. 7, 14f.; Statistisches Bundesamt o.J., o. S...... 17 Abbildung 12: Gesamtquotient der Gemeinden in den Jahren 1970- 2021; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6; Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2011, S. 7, 14f...... 17 Abbildung 13: Billeter-Maß der Gemeinden in den Jahren 1970- 2021; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6; Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2011, S. 7, 14f.; Statistisches Bundesamt o.J., o. S...... 18 Abbildung 14: Natürliche Bevölkerungsbewegung in Brand; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 7 ...... 19 Abbildung 15: Wanderungen in Brand; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik 140

und Datenverarbeitung 2013, S. 7 ...... 20 Abbildung 16: Natürliche Bevölkerungsbewegung in Ebnath; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 7 ...... 21 Abbildung 17: Wanderungen in Ebnath; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 7 ...... 21 Abbildung 18: Natürliche Bevölkerungsbewegung in Neusorg; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 7 ...... 23 Abbildung 19: Wanderungen in Neusorg; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 7 ...... 23 Abbildung 20: Natürliche Bevölkerungsbewegung in Pullenreuth; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 7 ...... 24 Abbildung 21: Wanderungen in Pullenreuth; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 7 ...... 24 Abbildung 22: Natürliche Bevölkerungsbewegung in Waldershof; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 7 ...... 25 Abbildung 23: Wanderungen in Waldershof; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 7 ...... 26 Abbildung 24: Natürliche Bevölkerungsbewegung aller Fünf Modellkommunen; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 7 ...... 27 Abbildung 25: Wanderung aller Fünf Modellkommunen Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 7 ...... 27 Abbildung 26: Anzahl der Beschäftigten am Arbeitsort (Sozialversicherungspflichtige) in Brand; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 29 Abbildung 27: Anzahl der Beschäftigten am Arbeits- oder Wohnort in Brand; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 29 Abbildung 28: Anzahl der Beschäftigten am Arbeitsort (Sozialversicherungspflichtige) in Ebnath; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 30 Abbildung 29: Anzahl der Beschäftigten am Arbeits- oder Wohnort in Ebnath; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 30 Abbildung 30: Anzahl der Beschäftigten am Arbeitsort (Sozialversicherungspflichtige) in Neusorg; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 31 Abbildung 31: Anzahl der Beschäftigten am Arbeits- oder Wohnort in Neusorg; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 31 Abbildung 32: Anzahl der Beschäftigten am Arbeitsort (Sozialversicherungspflichtige) in Pullenreuth; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 32 Abbildung 33: Anzahl der Beschäftigten am Arbeits- oder Wohnort in Pullenreuth; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 32 Abbildung 34: Anzahl der Beschäftigten am Arbeitsort (Sozialversicherungspflichtige) in Waldershof; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 33

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Abbildung 35: Anzahl der Beschäftigten am Arbeits- oder Wohnort in Waldershof; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 33 Abbildung 36: Bestand an Wohngebäuden zwischen 1990 und 2011 in Brand; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 11 ...... 37 Abbildung 37: durchschnittliche Wohnfläche in Brand zwischen 1990 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 11 ...... 37 Abbildung 38: Bestand an Wohngebäuden zwischen 1990 und 2011 in Ebnath; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 11 ...... 38 Abbildung 39: durchschnittliche Wohnfläche in Ebnath zwischen 1990 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 11 ...... 38 Abbildung 40: Bestand an Wohngebäuden zwischen 1990 und 2011 in Neusorg; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 11 ...... 39 Abbildung 41: durchschnittliche Wohnfläche in Neusorg zwischen 1990 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 11 ...... 39 Abbildung 42: Bestand an Wohngebäuden zwischen 1990 und 2011 in Pullenreuth; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 11 ...... 40 Abbildung 43: durchschnittliche Wohnfläche in Pullenreuth zwischen 1990 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 11 ...... 40 Abbildung 44: Bestand an Wohngebäuden zwischen 1990 und 2011 in Waldershof; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 11 ...... 41 Abbildung 45: durchschnittliche Wohnfläche in Waldershof zwischen 1990 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 11 ...... 41 Abbildung 46: Flächenverbrauch in Brand in den Jahren 1990, 2004, 2011, Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 12 ...... 42 Abbildung 47: Flächenverbrauch in Ebnath in den Jahren 1990, 2004, 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 12 ...... 42 Abbildung 48: Flächenverbrauch in Neusorg in den Jahren 1990, 2004, 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 12 ...... 43 Abbildung 49: Flächenverbrauch in Pullenreuth in den Jahren 1990, 2004, 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 12 ...... 43 Abbildung 50: Flächenverbrauch in Waldershof in den Jahren 1990, 2004, 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 12 ...... 44 Abbildung 51: Gemeindefinanzen Brand zwischen 2007 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 45 Abbildung 52: Verschuldung je EinwohnerIn in Brand zwischen 2007 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 45 Abbildung 53: Gemeindefinanzen Ebnath zwischen 2007 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 45 Abbildung 54: Verschuldung je EinwohnerIn in Ebnath zwischen 2007 und 2011; Eigene Darstellung

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nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 45 Abbildung 55: Gemeindefinanzen Neusorg zwischen 2007 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 46 Abbildung 56: Verschuldung je EinwohnerIn in Neusorg zwischen 2007 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 46 Abbildung 57 Gemeindefinanzen Pullenreuth zwischen 2007 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 46 Abbildung 58: Verschuldung je EinwohnerIn in Pullenreuth zwischen 2007 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 46 Abbildung 59: Gemeindefinanzen Waldershof zwischen 2007 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 47 Abbildung 60: Verschuldung je EinwohnerIn in Waldershof zwischen 2007 und 2011; Eigene Darstellung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 47 Abbildung 61: Bevorzugte Arbeitsform der befragten Studierenden in %; Quelle: Gebauer, Krämer 2015, o.S...... 60 Abbildung 62: Durchschnittliche Einschätzung von Aspekten für das spätere Arbeitsumfeld in Bezug auf die Bereitschaft, sich als Landarzt niederzulassen; Quelle: Gebauer, Krämer 2015, o.S...... 61 Abbildung 63: Bekanntheit der Anwerbestrategien (Anzahl der Nennungen); Quelle: Gebauer, Krämer 2015, o.S...... 62 Abbildung 64: Bekanntheit der bestehenden Konzepte (Anzahl der Nennungen); Quelle: Gebauer, Krämer 2015, o.S...... 63 Abbildung 65: Funktionsverlust der Ortskerne. Quelle: Forschungsgruppe Stadt- und Umwelt 2009, S. 21 ...... 72 Abbildung 66: Innenentwicklungspotenziale Waldershof Nord-Ost. Quelle: Eigene Erhebung ...... 78 Abbildung 67: Innenentwicklungspotenziale Waldershof Nord-West. Quelle: Eigene Erhebung ...... 80 Abbildung 68: Innenentwicklungspotenziale Waldershof Süd-Ost. Quelle: Eigene Erhebung ...... 80 Abbildung 69: Innenentwicklungspotenziale Waldershof Süd-West. Quelle: Eigene Erhebung ...... 80 Abbildung 70: Innenentwicklungspotenziale Waldershof Zentrum. Quelle: Eigene Erhebung ...... 81 Abbildung 73: Leerstehendes Bahnhofsgebäude Ilsenburg (Nov. 2006), Quelle: NASA GmbH 2009 . 98 Abbildung 74: Bahnhofsgebäude Thale, Bahnsteigseite, Quelle: NASA GmbH 2009 ...... 99 Abbildung 75: Historische Fassade des Bahnhofs Halberstadt, Quelle: NASA GmbH 2009 ...... 99 Abbildung 76: Mögliche Lösungsansätze für die Stärkung der Nahversorgung, Quelle: Nahversorgerkonferenz 29.01.2015 ...... 109 Abbildung 77: Frau Busch erläutert den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Technik für ein komfortables Wohnen, Klimakom 2015 ...... 115 Abbildung 78: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Klimakom 2015 ...... 115 Abbildung 79: Pflegebett, Klimakom 2015 ...... 117 Abbildung 80: Integrierte Aufstehhilfe, Klimakom 2015 ...... 117 Abbildung 81: Mobiles Schrankelement für eine erleichterte Zugänglichkeit, Klimakom 2015 ...... 117

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Abbildung 82: Rollstuhlgerechte Küche, Klimakom 2015 ...... 117

Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Altersstruktur und Bevölkerungsveränderung in % in den Gemeinden in den Jahren 1970 und 2011; Eigene Berechnung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6 ...... 15 Tabelle 2: Veränderung der Beschäftigung am Arbeitsort in allen Gemeinden in den Jahren 2006 und 2011 und Veränderung der Beschäftigung am Wohnort in allen Gemeinden in den Jahren 2006 und 2011; Eigene Berechnung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 28 Tabelle 3: Anzahl und prozentuelle Verteilung der Pendelnden Männer und Frauen im Jahr 2011; Eigene Berechnung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 9 ...... 28 Tabelle 4: Anzahl der Gesamtbevölkerung, der nichtdeutschen Bevölkerung und deren prozentuellem Anteil an der Gesamtbevölkerung in den Gemeinden in den Jahren 1970 und 2011; Quelle: Eigene Berechnung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 6 ...... 34 Tabelle 5: Anzahl der Kindertageseinrichtungen, der Genehmigten Plätze und der betreuten Kinder in den Gemeinden in den Jahren 2007 und 2012; Quelle: Eigene Berechnung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 15 ...... 35 Tabelle 6 Anzahl der Baugenehmigungen in den Gemeinden in den Jahren 1990, 2000, 2008, 2011; Quelle: Eigene Berechnung nach Bayrisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung 2013, S. 11 ...... 35 Tabelle 7: Anzahl der Hausärzte, Zahnärzte und der Apotheken in allen Kommunen (Stand Februar 2015). Quelle: Eigene Erhebung ...... 52 Tabelle 8: Parameter zur Berechnung des Versorgungsstandards. Eigene Darstellung nach KVB Versorgungsatlas Hausärzte 2014, S. 122 ...... 56 Tabelle 9: Innenentwicklungspotenziale der Stadt Waldershof (Stand 2015). Quelle: Eigene Erhebung ...... 77 Tabelle 10: Einzelhandelsbestand in den fünf Modellkommunen (Stand 2015). Quelle: Eigene Erhebung ...... 106

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Anhang Ärztebefragung Sehr geehrter Herr Dr. …, diese Umfrage findet im Rahmen des Projektes Demografische Modelle im ländlichen Raum statt und dient der Analyse der zukünftigen Situation der ärztlichen Versorgung in der Steinwald-Allianz (Kommunen Brand, Ebnath, Neusorg, Pullenreuth und Waldershof). Hierzu werden Fragebögen an alle Ärzte dieser Kommunen verschickt. Um ein möglichst umfassendes Ergebnis zu erhalten, möchten wir Sie bitten, den folgenden Fragebogen auszu- füllen. Dies dauert nicht länger als 5 Minuten. Mit Ihren Informationen tragen Sie zu einem wesentlichen Teil der Arbeit bei. Die Umfrage ist freiwillig und Ihre Angaben werden anonym behandelt, d.h. die Antworten werden ohne Namen und Adresse ausgewertet und sind nur für den internen Gebrauch. Bei den meisten Fragen brauchen Sie lediglich eine der vorgegebenen Antworten ankreuzen (z. B. Ja/Nein). So- fern bei der Fragestellung „Mehrfachnennungen möglich“ vermerkt ist, können Sie mehrere der vorgegebenen Antworten ankreuzen. Bei einigen Fragen haben Sie die Möglichkeit eigene Antworten zu formulieren (______). Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen, den Fragebogen auszufüllen. Bitte mailen Sie den Fragen bogen an [email protected] oder faxen Sie den Fragenbogen zurück an: +49 921 55 2369 Mit freundlichen Grüßen Dr. Sabine Hafner

1. Aus welchen Gründen haben Sie sich für Ihren Praxisstandort entschieden? (Mehrfach- nennungen möglich) ♦ Heimatverbundenheit (z.B. in der Region aufgewachsen) ♦ wirtschaftliche Gründe (z.B. geringe Mietkosten) ♦ hohe Lebensqualität ♦ günstige Übernahmebedingungen für Praxis ♦ gute Arbeitsbedingungen (z.B. gute Arbeitszeiten) ♦ familiäre Gründe ♦ regionale Verbundenheit (z.B. nach dem Studium in der Region geblieben) ♦ sonstige Grün- de:______

2. Könnten Sie sich zukünftig vorstellen eine zusätzliche Zweigpraxis zu eröffnen? ♦ ja ♦ nein ♦ habe bereits eine

3. Planen Sie Ihre Tätigkeit als praktizierende/r Arzt/in in den nächsten Jahren an Ihrem derzeitigen Standort aufzugeben? ♦ ja, voraussichtlich im Jahr ______♦ nein (weiter mit Frage 7)

4. Ist Ihre Nachfolge schon gesichert? ♦ ja (weiter mit Frage 7) ♦ nein ♦ Die Praxis wird geschlossen. (weiter mit Frage 7)

5. Falls nein, wie schätzen Sie die Möglichkeit ein, für Ihre Praxis nach Beendigung Ihrer Tätigkeit eine Nachfolge zu finden? 145

(Bewerten Sie bitte anhand der Noten 1-5, also 1 = sehr einfach, 2 = einfach, 3 = durchschnitt- lich, 4 = eher schwer, 5 = sehr schwer) 1 ♦ 2 ♦ 3 ♦ 4 ♦ 5 ♦

6. Suchen Sie aktiv nach einem Nachfolger? ♦ nein ♦ ja, und zwar indem ich______

7. Wie schätzen Sie allgemein die derzeitige Situation ein, einen Nachfolger für eine Arzt- praxis in der Region zu finden?

(Bewerten Sie bitte anhand der Noten 1-5, also 1 = sehr einfach, 2 = einfach, 3 = durchschnitt- lich, 4 = eher schwer, 5 = sehr schwer) 1 ♦ 2 ♦ 3 ♦ 4 ♦ 5 ♦

8. Hat sich der Einzugsbereich Ihrer Praxis in den letzten fünf Jahren verändert? ♦ vergrößert ♦ gleich geblieben ♦ verkleinert

9. Wie schätzen Sie den Auslastungsgrad Ihrer Praxis ein?

(Bewerten Sie bitte anhand der Noten 1-5, also von 1 = wenig ausgelastet bis 5 = überlastet) 1 ♦ 2 ♦ 3 ♦ 4 ♦ 5 ♦

10. Ziehen Sie eine Beschäftigung nach Renteneintrittsalter in Betracht? ♦ ja ♦ nein

11. Welche Anreize können Kommunen oder Kliniken im ländlichen Raum aus Ihrer Sicht schaffen, um attraktiver für angehende Mediziner zu werden? ______

12. Haben Sie angehende Mediziner, die bei Ihnen Ihre Famulatur absolvieren? Sehen Sie darin eine Möglichkeit, einen Nachfolger zu finden? ______

13. Zum Schluss würden wir Sie gerne nach ihrem Alter fragen. Jahrgang:______(JJJJ)

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Vielen Dank für Ihre Mitwirkung! Ortsspaziergänge

Aufgabe: Die Aufgabe im Rahmen der Ortsspaziergänge ist es, entlang der geplan- ten Wegstrecke und an neuralgischen Punkten neue Ideen der Leer- standsentwicklung zu diskutieren und festzuhalten. Die Teilnehmer sind dabei Expertinnen und Experten für ihre Gemeinde. Gruppe(n): Die Gruppen werden durch Verwaltungsmitarbeiter und Berater der Kli- maKom begleitet. Gemeinsam werden Brennpunkte erkannt, Probleme bezeichnet und Konflikte herauskristallisiert. Die Gruppen sollen ihre ei- gene Gemeinde bzw. ihren Ortsteil neu erleben, bekannte Orte wie fremd erforschen, Qualitäten erspüren, Defizite erkennen und über Lösungen nachdenken. Weg: In rund 60 - 90 Minuten werden sowohl die angenehmen als auch die ver- besserungswürdigen Seiten der Gemeinde angesprochen. Die Strecken orientieren sich an den städtebaulich besonders wichtigen Örtlichkeiten, sowie Leerständen oder drohenden Leerständen. Ziel ist es, ein Vor-Ort- Bewusstsein zu schaffen, um spezielle Trends innerhalb der eigenen Gemeinde zu erkennen und so Ideen für neue Nutzungen der Leerstände zu entwickeln. Zum ersten Einstieg in die Diskussion an den jeweiligen Orten, können folgende Leitfragen dienen.

• Wo gibt es Leerstände oder drohende Leerstände? • Welche Infrastruktur wäre an welchen Orten wünschenswert? • Wo wären Orte der Begegnung nötig oder möglich und welche Vorstellungen, ihrer Ausgestaltung haben Sie?

Die an den Brennpunkten diskutierten Aspekte (Verkehr, Nahversorgung, Erholungsräume etc.) können von den Teilnehmern auf dem dafür vorge- sehen Arbeitsblatt festgehalten werden.

Präsentation : Die Gruppen treffen sich zum Erfahrungsaustausch nach dem Spazier- gang und präsentieren ihre Ergebnisse (Stichwort: Was uns auffiel:.....). Sind bei der "Verortung" der Gruppenergebnisse spontan Brennpunkte erkennbar, sollten diese definiert und Sofortmaßnahmen formuliert wer- den. Der Erkenntnisgewinn der Ortsspaziergänge findet Eingang in den weiteren Verlauf des Planungsprozesses.

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Für Ihre Notizen beim Ortsspaziergang

Brennpunkt/Thema (+) Positives, (-) Negatives Anregung/Lösungsvorschlag 















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