Christina Brandstätter, Stefan Lang, Michaela Mühlbacher, 16.04.2008 Dr. Grabovszki: PS Vergessene AutorInnen, SS 2008 (1893 – 1964)

wird als Sohn jüdischer Einwanderer aus geboren und wächst in einfachen Verhältnissen auf. Er beendet mit 16 Jahren seine Schullaufbahn und beginnt in zuerst als „picture chaser“, dann als Reporter zu arbeiten und bekommt schließlich eine eigene Kolumne, die später in einem Sammelband veröffentlicht wird: „1001 Afternoons in Chicago“. Während seiner Zeit als Reporter (1910-1924) verfasst er auch Kurzgeschichten, Lyrik, Theaterstücke und Romane, er wird der Chicago literary renaissance mit , , zugerechnet. 1918/19 geht er als Auslandskorrespondent nach Deutschland, er kann kaum Deutsch und ist auch mit der politischen Lage nicht vertraut – der Schwerpunkt seiner Reportagen in Amerika ist der „human aspect“. Ständige Geldsorgen bringen ihn dazu nach immer neuen Möglichkeiten von Einnahmen Ausschau zu halten, viele seiner Kurzgeschichten und Dramen verdanken dieser Problematik ihre Entstehung. 1926 ist er auch an einer Werbefirma beteiligt, die Werbeeinschaltungen für große Firmen verfasst. 1927 schreibt er das Drehbuch für „Underworld“, für das er den ersten seiner zwei Oscars erhält, seine Karriere in Hollywood beginnt. Er verfasst insgesamt über 60 Filme, nicht eingerechnet diejenigen bei denen er nicht angeführt wird und schreibt mit seinem kongenialen Partner Charles McArthur zahlreiche Kinoklassiker. Trotz seiner Erfolge betrachtet er seine Tätigkeit in Hollywood mit Geringschätzung: Er setzt seinen Stolz darin, möglichst viel, in möglichst kurzer Zeit zu verdienen und avanciert zum bestbezahlten Drehbuchautor von Hollywood. Mit 1933 beginnt der bis dahin unpolitische Ben Hecht gegen faschistisches Gedankengut und die Nationalsozialisten zu agitieren. Er verfasst Propagandaschriften, setzt Einschaltungen in die Presse und nutzt seine Kontakte zur Theater-, Medien- und Kinowelt um diese Problematik an die Öffentlichkeit zu bringen: „To Quito and Back“(Drama), 1937, „”(Umzug, in 6 amerikanischen Städten aufgeführt), 1943 und den Film “”,1946 In diese Zeit fällt auch sein Engagement für , für die er Fund Raising und Propaganda betreibt. Seine Autobiographie „A Child Of The Century“ ist keine chronologische Erzählung von Ereignissen aus seinem Leben sondern ist als Sammlung von Beschreibungen seiner Familie und Freunden, Erinnerungen und philosophischen Abschnitten konzipiert. Er stirbt 1964 an einem Herzinfarkt.

Literarisches Werk (Auswahl)

Romane: Erik Dorn (1921) Gargoyles (1922) Fantazius Mallare, a Mysterious Oath (1922) : A Novel for Amateur Detectives (1923) Count Bruga (1926) A Jew in Love (1931) The Book of Miracles (1939) I Hate Actors! (1944) Christina Brandstätter, Stefan Lang, Michaela Mühlbacher, 16.04.2008 Dr. Grabovszki: PS Vergessene AutorInnen, SS 2008

Autobiographische Werke: A Child of the Century (1954) Gaily, Gaily, Signet (1963) Kurzgeschichten: 1001 Afternoons in Chicago (1941) The Collected Stories of Ben Hecht (1945) 1001 Afternoons in New York Dramen: The Egotist (1922) (1931) To Quito and Back (1937) Sonstiges: Perfidy (1961)

Stil: viele seiner Werke setzen sich aus Kurzgeschichten, Artikeln, eigenen Erfahrungen, Erlebnissen aus dem Privatleben, Figuren aus dem wahren Leben und Fiktion zusammen

The sad thing about writing fiction is that unless one writes classics one writes in a closet. Nothing can disappear like a book. The characters I made up are still alive… but in the closet always. Like all writers who have tried hard, I dream sometimes that the closet door will open. A Child of the Century (1954)

Filme (Auswahl)

Herman Mankiewicz: Will you accept three hundred per week to work for Paramount Pictures? All expenses paid. The three hundred is peanuts. Millions are to be grabbed out here and your only competition is idiots. Don’t let this get around. (MacAdams, XXIII)

My attitude toward the movies, therefore, strikes me, at least as a very uncharacteristic one. I am chiefly interested in how much money I can wangle out of them. I charge from 15,000 to 25,000 $ for a scenario or, as they are fantastically called in Hollywood, an “original”. (MacAdams, 115)

Underworld (Joseph von Sternberg) 1927; Oscar für das beste Drehbuch (James Cruze) 1929; nach Hechts Kurzgeschichte The Rival Dummy Scarface () 1930; Drehbuch von Hecht The Scoundrel (Ben Hecht und Charles MacArthur) 1935; nach dem Stück The Scoundrel von Hecht und Frau Rose; Oscar für Best Original Story Gone with the Wind (); 1939; Hecht im Drehbuchautorenteam (Howard Hawks); 1940; nach dem Stück The Front Page von Hecht und MacArthur, für seine Bearbeitung des Drehbuchs bleibt Hecht ungenannt. (Ben Hecht und ) 1940; nach Hechts Kurzgeschichte Don Quixote and his Last Windmills, Oscar Nominierung für bestes Drehbuch Notorious (Hitchcock, mit und Ingrid Bergman) 1946; Oscarnominierung für das beste Drehbuch

Uncredited (unter anderen)

Monkey Business (Howard Hawks) 1952, Roman Holiday (William Wyler) 1953, Trapeze (Carol Reed) 1956, Mutiny on the Bounty (), 1962… Christina Brandstätter, Stefan Lang, Michaela Mühlbacher, 16.04.2008 Dr. Grabovszki: PS Vergessene AutorInnen, SS 2008

Hechts politisches Engagement und sein Werk Perfidy When asked by his new wife’s discomfited parents “Why didn’t you tell us you were a Jew?” Hecht responded “I was afraid you would think I was bragging1.”

• Bis zum 2. WK interessiert sich Hecht wenig für die Probleme des jüdischen Volkes, apolitisch • Ab dem 2. WK (und dem Massenmord am jüdischen Volk): Hecht wird sich seines „Jüdischseins“ bewusst, politische Werke (The Book of Miracles) • 1939: Treffen mit Peter Bergson (Leiter der Gruppe: The Committee for a Jewish Army of Stateless and Palestinian Jews Æ fordern “Jewish homeland”) • Hecht betreibt fund-raising in Hollywood, erfolglos Æ will mit Literatur auf den Genozid aufmerksam machen: For Sale to Humanity: 70,000 Jews, Guaranteed Human Beings at 50$ a Piece (Anzeige in der NY Times), Zusammenhang: Angebot der rumänischen Regierung • 1944: Moskauer Deklaration: 62 Bevölkerungsgruppen von Nazis verfolgt, Juden nicht genannt, Dokument von Roosevelt unterzeichnet Æ Hecht desillusioniert • Hecht schreibt A Flag is Born um Geld für Irgun aufzutreiben (=radikale paramilitärische Untergrundorganisation, die Anschläge gegen die Briten und Araber unternimmt) • Folge: Hecht wird als Terrorist angesehen, als Kriegstreiber sowohl von den Briten als auch von den amerikanischen Juden bezeichnet Æ Beliebtheit Hechts sinkt bei jüdischen Amerikanern, auch Politiker kritisieren Hechts Einsatz (z.B.: Roosevelt) • Weitere Beschäftigung mit dem Thema Æ Perfidy erscheint 1961 • Das Werk handelt vom Kastner Prozess (1953-54), Malchiel Greenwald beschuldigt Kastner in einem Pamphlet der Kollaboration mit den Nazis und behauptet, Kastner sei mitschuldig am Tod 400,000 ungarischer Juden • Kastner war Leiter des Jewish Agency Rescue Committee, wird schuldig gesprochen, da er für einen SS Leutnant ausgesagt hatte; Æ bevor das Urteil rechtskräftig ist, wird Kastner ermordet • Konsequenz: israelische Führungskräfte stehen im Kreuzfeuer der Kritik, deshalb kommt es ihnen sehr ungelegen, dass Hecht gerade über diesen Prozess ein Buch schreibt • Folge: Hecht ist auch im Staate Israel nicht unbedingt beliebt

Schlussfolgerung: Hecht machte sich zum Feind vieler Politiker und vieler amerikanischer Juden, dies könnte durchaus zu seinem „Vergessen werden“ beigetragen haben.

Drehbuch als literarisches Medium? Was ist ein Drehbuch?- ein Drehbuch ist eine in Bildern erzählte Geschichte. Es geht um eine Person oder mehrere Personen an einem Ort oder an mehreren Orten, die ihre „Sache durchziehen“. Der Film ist hierbei das visuelle Medium, welches die Handlung dramatisiert. Jeder Film hat einen Anfang, eine Mitte und ein Ende („Grundmuster oder Paradigma“). Ein Standard-Drehbuch hat 120 Seiten, da sind ca. zwei Stunden pro Film. Eine Seite Drehbuch entspricht eine Minute Film.

1. Akt: die Exposition:- das sind die ersten dreißig Seiten des Films, in denen der Film, die Handlung bzw. die Figur etabliert werden. Hier entscheidet sich, ob dem Seher der Film gefällt oder nicht. Im Rahmen des ersten Aktes fällt auch der „Plot point“, also ein Ereignis, welches den Film in eine andere Richtung lenkt. 2. Akt: die Konfrontation- umfasst den Großteil der Story (Seiten 30 bis 90). Grundlage ist der Konflikt der Hauptfigur, also die Frage, was die Hauptfigur überhaupt will oder erreichen möchte. Steht dies fest, so können Hindernisse konzipiert werden, die den dramatischen Ablauf weiter bestimmen. Am Ende des zweiten Aktes gibt es wieder einen Plot point (meisten zwischen den Seiten 85 und 90) 3. Akt: die Auflösung: -zwischen den Seiten 90 und 120. Hier wird die Story aufgelöst. Ein starker Schluss löst die Geschichte auf und macht sie begreiflich. Jeder Film läuft nach diesem Handlungsschema ab!

1 Siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Ben_Hecht [08.04.2008] Christina Brandstätter, Stefan Lang, Michaela Mühlbacher, 16.04.2008 Dr. Grabovszki: PS Vergessene AutorInnen, SS 2008

Spricht man von der Story eines Filmes, so meint man immer (physische und emotionale) Handlungen und Figuren, die dramatisiert werden. Jedes Drehbuch verfährt immer personenbezogen, also eine Person „zieht an einem Ort ihre Handlungen durch“.

Wer hat schon einmal ein Drehbuch gelesen und nach literarischen Gesichtspunkten analysiert? Wie sieht es mit dem Bekanntheitsgrad der Autoren aus? Wer kennt bekannte Drehbuchautoren? Als Beispiele seien folgende Autoren bzw. Oscarpreisträger genannt:

2008: Ethan und Joel Coen: No Country for old Men 2007: Wiliam Monahan: Departed 2006: Larry McMurty, Diana Ossana: Brokeback Mountain 2005: Alexander Payne, Jim Taylo: Sideways 2004:Fran Walsh, Philipa Boyens, Peter Jackson: Herr der Ringe- Die Rückkehr des Königs 2003: Ronald Harwood- Der Pianist

Drehbuch als Medium der Literatur: - Man verbindet mit einem Film primär die szenische Darstellung, d.h. das visuelle Erlebnis. Die Imagination oder Vorstellungskraft wird durch die filmischen Darstellungen dominiert, d.h. der Film wird in aller Regel `audiovisuell` erlebt. Ein Film wird folglich zwangsläufig durch die visuelle Darstellung und nicht unbedingt durch das Drehbuch bestimmt.

- Drehbücher sind meistens nur für einen sehr kleinen Leserkreis bestimmt (Produzent, Schauspieler, Regisseur, Studiobosse etc.). Außerdem sind Drehbücher nicht unbedingt ein massentaugliches Informationsmedium. Wer würde auf die Idee kommen ein Drehbuch wie einen erfolgreichen Roman zu vermarkten? (Übersetzung in mehrere Sprachen etc..) Wer würde sich bei einem guten Film statt der DVD das Drehbuch kaufen?

- Drehbücher bekannter Filme sind im Internet erhältlich, doch wer würde das Drehbuch lesen, falls er den schon kennt Film kennt? Das Drehbuch selbst ist meistens das Produkt mehrere Personen, wodurch es selten explizit einer Person zugerechnet wird.

- Drehbücher werden – im Gegensatz zu Theaterstücken – nicht unbedingt als Werk der Literatur anerkannt. Wer hat schon einmal in den Kulturseiten bekannter Tageszeitungen eine Rezension über ein Drehbuch gelesen, welche sich mit Sprache, Form, Stil etc. des Drehbuches auseinandersetzt?

Conclusio: Das Drehbuch als Medium der Literatur ist aufgrund der verschiedenen Herstellungs- und Verbreitungsprozesse bzw. wegen der Dominanz szenischer Darstellungen im Medium Film nicht unbedingt geeignet, literarisch einer breiten Masse zugänglich gemacht zu werden. Drehbücher sind kein adäquates Mittel, um als Schriftsteller einem breiten Publikum außerhalb der Filmindustrie bekannt zu werden. Nichtsdestotrotz hat Ben Hecht – primär aus pekuniären Gründen - die Drehbücher für einige der bekanntesten Werke der Filmgeschichte geschrieben (Scarface, davon gibt es das bekannte Remake mit Al Pacino, Chicago- Engel mit schmutzigen Gesichtern, Vom Winde verweht, Das Ding aus einer anderen Welt, Die Meuterei auf der Bounty, Casino Royale- hierbei handelt es sich um eine James Bond Parodie, Marx Brothers auf See. Marx Brothers im Zirkus, Marx Brothers im Theater etc..). Zweifelsohne war er literarisch höchstbegabt, allerdings blieb ihm der Durchbruch als Schriftsteller u.a. aufgrund seiner Tätigkeit als Drehbuchautor bzw. aus persönlichen Gründen verwehrt.

Bibliografie: Ben Hecht. A Child of the Century. New York: Signet Books, 1954. MacAdams, William. Ben Hecht. The Man behind the Legend. New York: Charles Scribner’s Sons, 1990. http://www.paulbogdanor.com/hecht.html [08.04.2008] Hecht, Ben: Revolution im Wasserglas, Geschichten aus Deutschland 1919, , Berenberg, 2006 Christina Brandstätter, Stefan Lang, Michaela Mühlbacher, 16.04.2008 Dr. Grabovszki: PS Vergessene AutorInnen, SS 2008 http://www.poynter.org/dg.lts/id.44582/content.content_view.htm (13.4.2008) Epstein, Joseph: The Great Hack Genius, in: Commentary [0010-2601] 1990 vol:90 iss:6 pg:40 über: https://univpn.univie.ac.at; www.kirjasto.sci.fi/bhecht.htm (31.3.2008); www.hirhome.com/israel/perfidy.pdf (30.3.2008); www.hirhome.com/israel/perfidy.pdf (30.3.2008)