Hans Meyer

Heiligendamm 195 0–2000 Lehr eimWandel

Die Geschichte des Studienganges Innenarchitektur und der Fachschule für angewandte Kunst Heiligendamm 45

Inhaltsverzeichnis

6 Vorwort

Die Fünfziger Jahre Die Siebziger Jahre Die Neunziger Jahre

8 Wismarer Jahre – der mutige Beginn 54 Die FAK gewinnt ein zeitgemäßes 118 Fachbereich Design/Innenarchitektur 8 Spurensuche Ausbildungsprofil in Heiligendamm 10 Schulstart 54 »Insel Heiligendamm« 118 Hochschulstart an der FH 10 Raum und Gerät 54 Das »produktive Studium« 119 Bekenntnis zur FH Wismar 11 Zugriff des Staates 56 Das neue Ausbildungskonzept 119 Gründung der HS Wismar 12 Bau und Raum 57 Innenarchitektur im Wandel 121 Modell Heiligendamm 13 Abschied von Wismar 61 Daten und Fakten 121 Ein gemeinsames Fachbereichsgebäude 15 Daten und Fakten 62 Studien- und Abschlussarbeiten 123 Daten und Fakten 16 Heiligendamm: Neubeginn, Strukturwandel Die Studiengänge an der Hochschule und industrielles Bauen Die Achtziger Jahre 124 Design – Studienrichtung Produktdesign 126 16 Der neue Standort 76 Ausbildungsschwerpunkt: Design – Studienrichtung Schmuckdesign 20 Die FAK im Wandel Industrielle Formgestaltung 128 Kommunikationsdesign und Medien 21 Vier Studienjahre für Bau und Raum 76 Designstudium in Heiligendamm 130 Innenarchitektur 23 Gestaltwandel durch industrielles Bauen 77 Formgestaltung für Bau und Raum 134 Lehrende berichten 25 Daten und Fakten 80 Das Ende der Duldsamkeit 148 Studien- und Diplomarbeiten 26 Studien- und Abschlussarbeiten 83 Daten und Fakten 168 Lehrkräfte des Studienganges Innenarchitektur 84 Studien- und Abschlussarbeiten 178 Legendäre Feste Die Sechziger Jahre 184 Absolventen berichten 206 Abschlussfest 2000 30 Ausbau der Praxisbeziehungen, Die Jahre der Wende Planungen für die Zukunft 104 Der Weg zur Hochschule 30 Verstärkter Praxisbezug 198 9–1991 31 Lust und Frust 104 Demokratische Mitbestimmung 32 Perspektivplanungen 105 Neue Strukturen, neue Pläne 33 Studienplan Bau und Raum 106 Kampf um den Hochschulstatus 34 Die Lehrenden und ihre Lehre 107 Statuswechsel 35 Praxisbezug und Projekte 108 Situation der Lehrkräfte 37 Daten und Fakten 109 Hilfe des Bundes Deutscher Innenarchitekten 38 Studien- und Abschlussarbeiten 111 Daten und Fakten 112 Die Wende in Heiligendamm von 1990 bis 1993 aus der Sicht eines Beteiligten Die verlorenen Fachrichtungen 114 Farb- und Oberflächengestaltung 116 Bau- und Gefäßgestaltung 67

Vorwort

konnte ich auf meine persönlichen Aufzeichnungen, Projekt- und Bilddoku - im Archiv der Hochschule zur Verfügung stand, war teilweise lückenhaft. mentationen zurückgreifen, die nun ebenfalls im Archiv der Hochschule Dennoch gelang es auf dieser Grundlage und auf Grundlage meiner eige - aufbewahrt werden. Meine ehemaligen Kollegen der FAK Heiligendamm nen Erfahrungen als Lehrer der FAK, die Entwicklung der Schule in allen halfen mir insbesondere bei der Darstellung der Frühphase der Schule. Phasen so zu rekonstruieren, dass ein angemessenes Bild entstanden ist. Manche der von mir wiedergegebenen Textdokumente und Zitate aus Doku - Die Publikation ist chronologisch aufgebaut und folgt mit ihrer Struktur menten sind behutsam korrigiert worden. den Jahrzehnten. Es ist der erste Versuch, wesentliche Aspekte zur Ge - schichte der FAK, des Fachbereiches Desig n/ Innenarchitektur und des Stu - Die Auseinandersetzungen um die Weiterführung der FAK Heiligendamm in dienganges Innenarchitektur darzustellen. Der Schwerpunkt dieser Publi- den Status einer Hochschule sollten nicht vergessen sein. Ebensowenig kation liegt auf der Darstellung der Innenarchitektur, aber diese Studien - jene Studienrichtungen, die nicht an der Hochschule Wismar weitergeführt richtung wird immer – soweit es die überlieferten Dokumente zulassen – wurden. Erläutert werden die Hintergründe zur Standortentscheidung nach in den Kontext der gesamten FAK gestellt. Die Absicht einer umfassenden 1989 und der Weg, den der Heiligendammer Fachbereich in den 1990er Darstellung aller Fachabteilungen der FAK Heiligendamm durch ein Lehr - Jahren beschritt. kräfteteam scheiterte leider. Letztlich verhinderten Krankheit, das hohe Al - Die frohen Feste am und auf dem »Heiligendammer Hofe« durften auch ter der Kollegen und die schwierige Beschaffung geeigneter Dokumente, nicht fehlen, denn sie prägten den Charakter dieser Bildungseinrichtung dass ein gemeinsames Buchprojekt zustande kam. So blieb es der nun fer - nicht unerheblich. tiggestellten Publikation vorbehalten, die wesentlichen Entwicklungen der FAK in der Zeitspanne von 1950 bis 2000 darzustellen. Es war mir darüber Diese Publikation verdankt ihre Entstehung viel tatkräftiger Mithilfe. Zuerst hinaus wichtig, in meinen Texten zu den Jahrzehnten auf Einflüsse aus Po - danke ich meiner Frau für ihre Geduld und Unterstützung. Dank geht an litik und Wirtschaft in diesen Zeiträumen hinzuweisen, die die Entwicklung Prof. Michael Rudnik, der mit mir die Mühen der Digitalisierung, Speiche - des Studiums und der Schule in vieler Hinsicht prägten. rung und Neuordnung der archivierten Projekte teilte. Danken möchte ich Es soll aber nicht nur die Entwicklung der Schule beschrieben werden, dem Designer Alexander Polkehn für die sensible und gewissenhafte gra - sondern sie wird auch durch meist für die Publikation extra verfasste Texte fische Bearbeitung von Text und Bild und Prof. Dr. Achim Trebeß für seine von Lehrern und Absolventen ergänzt sowie durch ausgewählte Arbeiten Mühen als Lektor sowie die wertvollen Hinweise zu gesellschaftlichen Be - des Studienganges Innenarchitektur illustriert. Zu einigen Absolven ten, von zügen und zur Ganzheit der Heiligendammer Schule. Die Fachschule für angewandte Kunst (FAK) und der Fachbereich Desig n/ denen Projekte aufgenommen wurden, konnte trotz intensiver Be mühun - Mein Dank geht an die Hochschule Wismar, die mir die Recherchen er - Innenarchitektur in Heiligendamm sowie die Gründungsjahre der FAK in gen keine Verbindung mehr hergestellt werden. Auch an der Heili- möglichte, technische Hilfe leistete und die Herausgabe der Publikation Wismar von 1950 bis 1953 gehören heute zum geschichtlichen Hintergrund gendammer Schule gab es zu allen Zeiten eine Spannweite in der gestal - übernahm. Dank gilt auch den Lehrkräften der Hochschule, die mit ihrer der Fakultät Gestaltung an der Hochschule Wismar. An diese Geschichte terischen Qualität der Studien- und Abschlussarbeiten. Diese Publikation Sicht zur Lehre und zum Studium in Heiligendamm in eigenen Texten bei - soll hier in Form einer kommentierten Dokumentation erinnert werden. zeigt eine Auswahl guter und sehr guter Gestaltungsleistungen, die typisch getragen haben. Danken möchte ich ebenfalls den Absolventen des Studi - Darüber hinaus gibt dieses Buch auch Einblicke in die Kultur und in das für die Gestaltungsthemen der jeweiligen Zeitabschnitte gewesen sind. enganges Innenarchitektur, die in ihren Beiträgen darüber berichten, wie Bildungssystem der DDR. die Heiligendammer Erfahrungen ihren Lebensweg bestimmt haben. So er - Die Zusammenstellung von Daten und Fakten soll sich auf ausgewählte Er - fährt man auch etwas über das Weiterwirken der Innenarchitekturausbil - »Bau und Raum« nannte sich in den 1950er Jahren die Studienrichtung In - eignisse beschränken, die beispielhaft das jeweilige Jahrzehnt charakteri - dung in Heiligendamm. nenarchitektur, in der ich von 1961 bis 2004 meine pädagogische und ge - sieren. Zudem gelang es, in diesen Zeiträumen den Wandel der Struktur stalterische Arbeit fand. Bei der Neuordnung des Archivs des Studiengan - der Schule und den Einsatz der Lehrkräfte festzuhalten. Die Aufstellung ge - Bei allem Bemühen um Sachlichkeit und Objektivität ist diese Darstellung ges Innenarchitektur vor einigen Jahren konnte ich mitwirken, und das war nauer Absolventenlisten und -zahlen aller Fachrichtungen ist ein neues Ar - eine persönliche Sicht; eine Färbung durch das eigene Mittun in Heiligen - der Anlass, alle die im Jahr 2000 nach Wismar überführten Studien- und beitsfeld und wird in Zukunft zu leisten sein. Für viele der hier genutzten damm war unvermeidlich und sei mir gestattet. Abschlussarbeiten nochmals zu sichten, neu zu ordnen und zu digitalisie - historischen Bilddokumente, die mir als Fotoabzug, Diapositiv, Kopie oder Meine verehrten Kollegen und Innenarchitekten Karl Heinz Mutschmann, ren. Es entstand die Bildsubstanz für diese Publikation, die jetzt in einer Datei vorlagen, ist kein Urhebernachweis mehr möglich. Ebenso für alle Fo - Herbert Lerche und Horst Specht wiesen mir in jungen Jahren den Weg zur Datenbank des Studienganges gespeichert ist. Meine Recherchen im tos, die im Rahmen der Abschiedsfeier im Jahr 2000 von Absolventen ge - Gestaltung von Bau und Raum. Ihnen ist als Dank diese Publikation ge - Archiv der Hochschule Wismar machten für mich insbesondere den Zeit - zeigt, kopiert und digitalisiert wurden. Diese Bildsammlungen, in Teilen widmet. raum von 1950 bis 1960 transparent, den ich aus eigener Erfahrung nicht viele Jahre von Olaf Anders aufbewahrt, sowie alle Arbeiten unserer FAK- kannte. Wiederentdeckt und archiviert wurde eine Sammlung von Doku - Fotografen Doris Jesiorski, Norbert Kaufmann und Olaf Anders sind in das menten, die Alexandra Petry in den 1970er Jahren begonnen hatte. Zudem Bildarchiv FAK der Hochschule Wismar eingegangen. Das Material, das mir Hans Meyer, 16 17 Die Fün fziger Jahre 28

Heiligendamm: Neubeginn, Strukturwandel 1 und industrielles Bauen 2 3 10 7

8 9 1 4 Der neue Standort | Das älteste Seebad Deutschlands, Heiligendamm, emp - fing seine neuen Bewohner mit der Herausforderung, das verlassene Kin - 10 5 3 dererholungsheim am Rande des Ortes an der Straße nach Kühlungsborn zu einer Fachschule für das Studium der angewandten Künste herzurichten. 7 7 6 In wenigen Monaten entstanden in den gr0ßen massiven Gebäuden und neu errichteten Baracken die ersten räumlichen Bedingungen für Lehre und 9 Leben. Luftaufnahme der FAK aus den 1980er Jahren: Mit dem neu Geschaffenen verband sich das gute Gefühl, nun eine ver - 1 Hauptgebäude lässliche Heimstatt gefunden zu haben. Zugleich entstand eine einmalige 4 2 Jungen-Internat Situation für schöpferisches Wirken auf einem Campus, der mit seiner Bau - 3 gewinkeltes Gebäude mit den Abteilungen FOG und Keramik struktur, seiner Lage und Abgeschlossenheit so nur in Heiligendamm ent - 4 Baracke 1 mit der Abteilung Grafik 5 Baracke 2 mit Tischlerei und Zeichensaal stehen konnte. In besonderer Weise waren hier Arbeiten, Studieren und 5 6 Baracke 3 bis zum Brand 1976 Abteilung Innenarchitektur das gemeinsame Wohnen durch die räumliche Nähe verflochten. Eng ver - 7 Abteilung Schmuckgestaltung banden sich die Fachrichtungen bei ihrem Austausch von Erfahrungen oder 8 ab 1976 Lehrgebäude Abteilung Innenarchitektur 9 Schmiede, später Fotolabor bei gemeinsamer Projektarbeit. Die für alle verbindliche gestalterische 6 10 Garagen und Lagerräume Grundausbildung beförderte eine gemeinsame Haltung in gestalterischen Aus dem Zyklus zur Geschichte der Fragen oder Bewertungen. In Heiligendamm und seiner Umgebung fand FAK Heiligendamm, der suchende kreative Geist der jungen Kunststudenten seine Anregung im Wilhelm Mandel, 1975 besonderen genius loci, entstanden durch eine glückliche Verbindung von 1 Meer, Stränden und Buchenwäldern mit dem einmaligen klassizistischen Gebäudeensemble des Architekten . Bis zum Jahr 2000 gewannen viele Studentengenerationen aus dem Das ehemalige Kindererholungsheim Heiligendammer Studium mit dem Erleben der besonderen Studienbedin - in Heiligendamm gungen ihre Schöpferkraft und ein Lebensgefühl, wie es die Absolventen im hinteren Teil des Buches beschreiben. Doch zuerst musste die Schule errichtet werden. Im Herbst 1953 gestalteten Schüler der FAK eine Mappe, in der sie den Umzug und Aufbau ihrer Schule schilderten. »Diese Mappe wurde anläss - lich der Feier zum dreijährigen Bestehen der Fachschule für angewandte Kunst in am 8. Dezember den Freunden unserer Schule über - reicht, die Heiligendamm geholfen haben. Ungern gingen wir von Wismar 2 weg. Aber wir sahen die Notwendigkeit der Verlegung ein, denn wir brauchten zur Entwicklung unserer Schule mehr Platz, als uns die Werft einräumen konnte. Bereits im Herbst 1952 begann die Suche nach einem neuen Standort und geeigneten Gebäuden, eine erheb liche Belastung für unseren eben erst eingesetzten Direktor Reinhard Schmidt. Die günstigsten Möglichkeiten schienen anfangs in Kröpelin zu liegen, wo die Vorberei - tungsarbeiten seit März von einem Teil des ersten Studienjahres (23 männ - liche Studenten) begonnen wurden. Wider Erwarten erhielten wir bald da - rauf auf dem Grundstück des ehemaligen Kindererholungsheimes in Heiligendamm eine weit bessere Grundlage für Ausbau und Entwicklung der Schule. Am 9. April begann der Umzug und die große Arbeit: • Ausladen der Barackenteile (18 Waggons!) • Planieren des Geländes • Ausschachten der Fundamente • Reinigung der festen Gebäude von Schutt und Dreck Fotos 1, 2 Stadtmuseum • Instandsetzung von Fenstern und Türen Bad Doberan, Bildarchiv, • Malerarbeiten. weitere Ilona Meyer ab 1953 die Lange Straße mit ihren neogotischen Formelementen. Hier, Daten und Fakten 195 3–1959 wie in vielen großen Städten der DDR, entwickelte sich die Gestalt der Bauten durch die Weiterführung klassischer Bautechnologien bei Beibehal - tung einer auf historische Bauformen gerichteten Gestaltungsgesinnung. Die hochgesteckten Ziele im Wohnungsbau waren so jedoch nicht erreich - bar. Der große Bedarf an Wohnungen zwang ab Mitte der 1950er Jahre zur Absolventen 1953–1959 In einem Bericht an das Ministerium für Kultur stellt die 18.12.1958 Durchsetzung industrieller Baumethoden. Mit der Großblockbauweise, Bau und Raum 74, Dekorative Malerei 38, Grafik 30, Schulleitung fest, dass unter den begabten Bewerbern Die FDJ-Leitung der FAK veröffentlicht im Auftrag der dem Großplattenbau und den Baukastensystemen vollzog sich ein gravie - Textil 26, Kunstschmiede 23, Keramik 16, zu wenig Arbeiter und Bauernkinder sind und man über Studenten einen kritischen Bericht unter dem Titel render Wandel der Baugestalt und -funktion. In entstanden die Goldschmiede 15, Plastik 7, gesamt 229 Besuche und Vorträge in Betrieben verstärkt Werbung »Sorgen in Heiligendamm« in der Zeitschrift »Forum«. betreiben müsse. Stadtteile Evershagen und Lichtenhagen. Der industrielle Wohnungsbau Die Heiligendammer Situation nach dem Umzug 1953 Die Gesamtzahl der Schüler sinkt von 161 im Jahr 1953 01.09.1959 gab nun die Lösung der Wohnungsfrage vor: kleine Typenwohnungen in Studienplätze 160, Internatsplätze 130, Lektionssäle 2, auf durchschnittlich 90 am Ende der 1950er Jahre. Die »Studienordnung der FAK Heiligendamm« verpflich - vieltausendfacher Wiederholung. Diese, die Not behebende Bauweise, war Klassenräume 1, Fachunterrichtsräume 31, tete die Studenten u. a., allen Bestimmungen und Gemeinschaftsräume 1, FDJ-Zimmer 1, Lehrerzimmer 10, 16.04.–18.04.1955 Verordnungen, die zur Durchführung der Studienpläne durchaus nicht unproblematisch, aber es gab auch Chancen, denn als Buchbestand 2.686 Titel Erste »Tage der offenen Tür«. Die Fachabteilungen ge - und der Studiendisziplin erlassen werden, nachzukom - Folge dieses Bauens erweiterte sich in relativ kurzer Zeit der Bedarf an Direktor: Reinhardt Schmidt (1952–1956) stalteten eine umfangreiche Ausstellung, gaben Informa - men sowie Unterrichtsveranstaltungen pünktlich und Wohnraummöbeln, die auf die Größe und Eigenart dieser Wohnungen so - Lehrkräfte 22, davon SED 10, CDU 1, NDPD 2, tionen zum Studium und zur Studienvorbereitung. Diese regelmäßig zu besuchen. Alle Arbeiten sind Eigentum parteilos 9, soziale Herkunft der 161 Schüler Veranstaltung wird zur jährlichen Tradition und der Schule. Unterrichtsräume können bei Gewährleistung wie auf die unterschiedlichsten Bedürfnisse seiner Bewohner reagieren (im Vokabular der damaligen Zeit): Arbeiter 76, ein werbewirksamer Leistungsnachweis. von Disziplin und Ordnung bis 22 Uhr benutzt werden. konnten. Das konnten Wohnmöbel nicht leisten, die in Funktion, Bauweise Angestellte 45, Gewerbetreibender 19, Zur Studiendisziplin gehört ein höfliches Benehmen. Die und im Detail historischen Vorbildern folgten und zudem einen hohen Pro - werktätiger Bauer 11, schaffende Intelligenz 6, 31.08.1955 »einzige zugelassene Jugend- und Studentenvereinigung duktionsaufwand erforderten. (8) freie Berufe 4 (1) Auflösung der FAK Erfurt. 13 Studenten setzen ihr Stu - ist die Freie Deutsche Jugend«. (4) dium in Heiligendamm fort. Die Heiligendammer erkannten früh den Mangel an zweckmäßigen, 28.02. und 28.05.1954 Eignung und Zulassung schönen und ökonomisch zu produzierenden Möbeln. Bereits 1956 führte Besuche der Stakuko in Heiligendamm mit dem Ziel 1956 Richtlinien für die Aufnahmeprüfungen an künstlerischen eine Studie zu einem Möbelsystem, das den neuen Bedürfnissen entgegen der Überprüfung der Lehre in den Abteilungen und Der Architekt Gerhard Präkelt übernimmt die Leitung der Fachschulen wurden jährlich vom MfK vorgegeben. Bewertung der Lehrkräfte. Schule. Der bisherige Direktor, Reinhard Schmidt, wollte Für das Studienjahr 195 4/55 war u. a. festgelegt: Aufnah - kam, mit seiner eigenständigen Gestalt überraschte und schnell das Inte - sich wieder verstärkt seiner künstlerischen Arbeit zuwen - meprüfungskommission mit Direktor, stellv. Direktor für resse der Möbelindustrie fand. Es wurde auf den Ostseemessen 1957 und 10.08.1954 den und blieb Lehrkraft in der Abteilung Bauplastik. Gesellschaftswissenschaften, 2 Fachdozenten, 1 Vertreter 1958 gemeinsam mit Weiterentwicklungen und neuen Sitzmöbeln der Öf - Das MfK übergibt den Lehrplan für die neue Abteilung der FDJ. Vorgeschrieben waren ebenfalls die Prüfungs- Schiffsinnenausbau sowie den Stoffplan des vierjährigen Struktur und Lehrkräfte 195 6/57 fächer und -inhalte, das Gespräch mit dem Bewerber, das fentlichkeit vorgestellt. Zugleich nutzten die Studenten dieses Forum, ihre Studiums für die Abteilung Bau und Raum. Direktor: Gerhard Präkelt, Stellvertreter: Joachim Karge Prüfungsprotokoll, die Entscheidung zur Zulassung zum Vorstellungen und Ideen für die Entwicklung einer Wohnberatung umzu - Vorgabe für die Zulassung 1954: 38, darunter 7 für die Innenarchitektur: Horst Specht (Leiter), Herbert Lerche, Schulbesuch durch die Zulassungskommission. Der Be - setzen. Sie wussten um den Bedarf an Anschauung, Aufklärung und Bera - neue Abteilung Schiffsinnenausbau, die jedoch 1955 Karl Heinz Mutschmann, Otto Türk, Jochen Wahls werber sollte berufliche Vorkenntnisse, möglichst die tung, und sie begannen, neue Antworten zur ganzheitlichen Gestaltung der wieder aufgelöst wird. Baukeramik: Prof. Irmfried Liebscher (Leiter), Doris Grafe, Facharbeiterprüfung nachweisen. Zum Gespräch mit den Im Jahr 1954 findet das erste »Fest Junger Künstler« Prof. Helmut Firment Bewerbern: »Es wird vorgeschlagen, von aktuellen politi - Wohnung zu geben. Einer der daran Beteiligten, Manfred Görke, gründete in Magdeburg statt, das alle künstlerischen Hoch- und Bauplastik: Ewald Kühl (Leiter), Wolfgang Eckhard, schen Ereignissen auszugehen, die persönlichen Bezie - in Karl-Marx-Stadt (dem heutigen Chemnitz) nach seinem Studium die erste Fachschulen mit Ausstellungen und Veranstaltungen Reinhard Schmidt hungen zu diesen Ereignissen und darüber hinaus Wohnberatungsstelle der DDR und blieb dem Möbeldesign im Bereich der gestalten. Dieser Leistungsnachweis der Schulen wird im Dekorative Malerei: Hans-Georg Buggel (Leiter), Grundkenntnisse in der Geschichte festzustellen.« Abstand von zwei Jahren beibehalten. Es folgen in den Egon Reitzel, Erwin Wernitz Die künstlerische Eignung sollte geprüft werden durch VVB Möbel und im Amt für industrielle Formgestaltung (AiF) bis zu seinem 1950er Jahren Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) und Leuna. Goldschmiede: Günter Schlott (Leiter), Renata Ahrens, Zeichnen nach der Natur mit Bleistift, durch Prüfung des Tod verbunden. Charlotte Keuzer Farbempfindens über bildhafte farbige Darstellungen und Die Kopie einer Zeichnung, ein Messeprospekt und einige Fotos sind Struktur und Lehrkräfte 1954/55 Grafik: Hans Schlapmann (Leiter), Max Grüber, durch die Bewältigung einer plastischen Aufgabe. (5) Direktor: Reinhard Schmidt, Stellvertreter: Fritz Marbach Klaus Grosche Die Aufnahmekontingente der Fachabteilungen wurden heute die Zeugen dieser Studien und Aktionen, die im Norden der DDR ih - Bau und Raum und Schiffsinnenausbau: Horst Specht Kunstschmiede: Fritz Marbach (Leiter), Paul Böhm, vorgegeben und durften nur in Abstimmung mit dem ren Anteil daran hatten, dass zukünftig die neuen, zeitgemäßen Möbelge - (Leiter), Claus-Peter Blochberger, Herbert Lerche, Siegfried Gromulis, Paul Ninnemann MfK geringfügig über- oder unterschritten werden. nerationen das Wohnen bestimmten. Heinz Richert, Otto Türk Gesellschaftswissenschaften: Arend Jakobi (Leiter), Bekleidung/Mode (bis 1955): Rosalene Götze Joachim Karge, Fritz Marbach (3) Dekorative Malerei: Hans-Georg Buggel (Leiter), Lehrgebiete der Allgemeinbildung: Günter Ahrens, (1) Nach Planberichterstattung vom 22.06.1953, Kurt Gehrke, Egon Reitzl, Erwin Wernitz Wilhelm Mandel, Siegfried Stöbe, Georg Sych Direktor Reinhard Schmidt. Kopie des Dokumentes Goldschmiede: Günter Schlott (Leiter), Charlotte Keuzer, aus dem Verwaltungsarchiv des MfK. Renata Witzki Studenten 1956/57 Archiv HS Wismar, Az: 0241-02, K. 1, Bd. I, Grafik: Hans Schlapmann (Leiter), Klaus Grosche, Innenarchitektur 27, Dekorative Malerei 15, Sammlung Petry. Max Grüber, Otto Morszek Bauplastik 12, Grafik 12, Baukeramik 8, Goldschmiede 8, (2) Wiedergegeben nach Stellenplan 195 4/55, hand - Keramik : Prof. Irmfried Liebscher (Leiter), Kunstschmiede 7, schriftliches Dokument. Archiv HS Wismar Az: 1030, FAK, Prof. Helmut Firment, Erich Löbel, Julius Suchomel Die Absolventenlenkungskommission in Berlin äußert Auswahl und Einsatz von Personal, K. 1, Bd. I. Kunstschmiede: Harry Schenkendorf (Leiter), Schwierigkeiten bei der Vermittlung der Absolventen. (3) Nach einer handschriftlichen Aufzeichnung von Paul Boehm, Paul Ninnemann Die Abteilungen Bauplastik und Kunstschmiede werden Horst Specht 2014 und einer »Übersicht der Lehrkräfte Plastik: Ewald Kühl, Reinhard Schmidt 1959 aufgelöst. von 1950 bis 1960«. Weberei: Harald Völksch (Leiter), Werner Dippmann, Archiv HS Wismar, Az: 0241-02, K. 1, Bd. I, (1) Geschenkmappe. Archiv HS Wismar, Historisches der FAK, K. 2. Erwin Köckeritz 31.01.1958 Sammlung Meyer. (2) Protokolle zu Besuchen der FAK durch Vertreter der Stakuko Gesellschaftswissenschaften: Arend Jakobi, Fritz Marbach Auf der Arbeitskonferenz der FAK Heiligendamm mit (4) Studienordnung der FAK Heiligendamm. vom 28.-29.02.1954 und 18.05.-19.05.1954. Az:0241-02, K. 1, Bd. I, Sammlung Petri. Lehrgebiete der Allgemeinbildung: Wilhelm Mandel, Betrieben der volkseigenen Industrie werden Struktur- Az: Archiv HS Wismar, Az: 4130, K. 1, Bd. I. (3) Artikel der Zeitschrift »Forum« vom 18.12.1958, »Sorgen in Heiligendamm«. Siegfried Stöbe, Georg Sych (2) veränderungen diskutiert. Kader für die Baustoffindustrie (5) Richtlinien für die Aufnahmeprüfungen an den Archiv HS Wismar, Historisches der FAK, K. 2. sollten in einer Abteilung »Ausbaugestaltung« ausge- künstlerischen Lehranstalten für das (4) Protokoll der Arbeitskonferenz der FAK Heiligendamm mit Betrieben 12.01.1955 bildet sowie eine Abteilung für »Industrieschmuck« und Studienjahr 195 4/55 und Anlage. der volkseigenen Industrie am 31.01.1958. Archiv HS Wismar, Az: 0222, K. 1, Bd. 2. Gesamtschülerzahl 132 (weiblich 41) »Gerätgestaltung« gegründet werden. Es sind die ersten Archiv HS Wismar, Az: 4130, K. 1, FAK, Prüfungsan- (5) Schreiben des MfK an die FAK Heiligendamm vom 10.08.1954, Soziale Herkunft: Arbeiter und Bauern 68, Angestellte 32, Impulse einer Reform der Studieninhalte, eine Ausrich - gelegenheiten und Verfügungen und Mitteilungen Betreff Lehrpläne. Archiv HS Wismar, Az 4210/4211, K. 1, Bd. III. Mittelschichten 25, Intelligenz 7 tung auf die Bedürfnisse des industriellen Produzierens. des MfK vom 15.04.1954. (6) Stundentafel Bau und Raum, vier Studienjahre. Archiv HS Wismar, AZ: 4210/4211, K. 1, Bd. V. (7) Ziele und Aufgaben, Fachgebiet Bau und Raum (Fachschule). Archiv HS Wismar, Az: 4210/4211, K. 1, Bd. V. Fotos Seiten 16 bis 23 (8) Siehe auch Rudolf Horn, »Gestaltung als offenes Prinzip«, Bildarchiv FAK, HS Wismar form+zweck Verlag, Berlin 2010. Die Sechziger Jahre 38 39

Experimentalbau P2 Berlin-Fennpfuhl Gestaltung der Wohnung 3a

Studienarbeit 196 1/62 Autoren: Peter Harke, Karlheinz Wendisch Betreuer: Karl Heinz Mutschmann Auftraggeber: Deutsche Bauakademi e/ DDR Möbelbau: Werkstätten der FAK Heiligendamm, Genossenschaft des holzverarbeitenden Handwerkes Grevesmühlen

Elf Architektenkollektive waren aufgerufen, ihre Interpretationen zum Bauexperiment P2 zu leisten. Der Titel »Neues Leben – neues Wohnen« sollte deutlich machen, dass eine neue Lebensweise oder ein neues Lebensgefühl auch verbesserte materielle Lebens - umstände braucht. Der Experimentalbau besaß erstmals sechs Meter weit gespann- te Spannbetondecken über den tragenden Querwänden, sodass variable räumliche Teilungen, große Raumbreiten und gute Belich - tung durch größere Fenster möglich wurden. Im Begleitheft zur Be - sichtigung von 25 Wohnungen heißt es zur Wohnung 3a: »Die Benutzer dieser 2-Zimmer-Wohnung sind ein Ehepaar mit einer zur Oberschule gehenden Tochter und einem Kleinkind. Die 58,9 qm Gesamtgrundfläche werden durch die eingebauten Schrän ke und die Einbauzelle Küch e/ Bad in Räume geteilt.« 01 Die wenigen erhaltenen Schwarz-Weiß-Fotografien von dieser Wohnung lassen das Gestaltungskonzept erkennen: angemessener Freiraum für Bewegung und Veränderung, Platz für ungezwungenes geselliges Sitzen, selbstbewusst in der Mitte des Raumes. Zugeord - net auf einer »Bank« sind Dinge und Geräte, die man in seiner Nähe wünscht. Anderes rückt zur Seite, ordnet sich unter. Die Sessel- und Stuhlensembles bestimmen wesentlich das Mi - 01 lieu des Wohnraumes. Das Gestell des Sessels nach nordischem Vorbild trägt eine »Sitzschale aus gepressten Furnierschichten« und »könnte auch aus Plaststoffen gefertigt werden«, kommentie - ren die Autoren. Leicht wirkt das Stuhlensemble des Essplatzes durch die lineare Grafik der Metallgestelle.

02

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01 Wohnraum 02 Kinderzimmer 03 Schlafzimmer 04 Essplatz

03 Fotos: Bildarchiv FAK, HS Wismar Die Sechziger Jahre 50 51

Mensa der Universität Rostock Innengestaltung der Gesellschaftsräume

Studienarbeit 1968 Autoren: Steffen Dietz, Hans Fiedler, Dietrich Friedrich, Dieter Halbach, Hermann Hinz, Gudrun Kraft-Methfessel, Jürgen Riebe, Lothar Schlegel, Hartmut Staake Betreuer: Horst Specht, Karl Heinz Mutschmann, Herbert Lerche Auftraggeber: VEB Industriebau Rostock und Universität Rostock Bauausführung: VEB Ausbau Rostock, Handwerksbetriebe des Bezirkes Rostock

Das in den Jahren um 1970 errichtete Mensagebäude musste 2004 dem neuen Bibliotheksgebäude der Universität Rostock weichen. Die Erinnerung an dieses markante Gebäude und seine Innenarchi - tektur müssen die wenigen Fotos wach halten, die uns vorwiegend als Dias geblieben sind. Zeichnerische Unterlagen aus der Pla - nungsphase der Innenarchitektur existieren nicht mehr. Für Studen - ten eines dritten Studienjahres war der Planungsauftrag eine um - fangreiche und spannende Herausforderung, denn sie konnten die Umsetzung ihrer Entwürfe wenig später erleben. Die Wandverklei - dungen oder Raumtrennungen entstanden durch experimentelles Kombinieren und Formen von Holz- oder Metallwerkstoffen. Die große, lichtdurchflutete Eingangshalle beeindruckte durch ihre Ma - terialsprache und durch den formalen Kontrast, der sich durch die Sitzbereiche ergab.

Fotos: Bildarchiv FAK, HS Wismar 80 81 Sport und die frohen Feste, waren bereichernd. In der Lehre und beim Pla - was bisher eine freie Selbstbestimmung behinderte. Studenten und Lehr - nen und Gestalten konnte die Urteilsfähigkeit der Studenten geschult wer - kräfte beförderten den Umbruch durch ihre Beteiligung an den Demonstra - Das Ende der Duldsamkeit | Die erste Lehrergeneration in den 1950er Jah - den, die über das Gestalterische hinaus wirkte. tionen in Rostock, insbesondere vor dem Gebäude der Staatssicherheit. ren hatte nach den schweren Kriegs- und Nachkriegsjahren gute Gründe, In allen Jahrzehnten gelang es dem Kollegium, wie an Beispielen bereits Anfang November 1989 verurteilte der Vorsitzende der Betriebsgewerk - sich der DDR verbunden zu fühlen, die eine antifaschistische Gesellschaft berichtet, die Inhalte und Formen der Lehre zu modernisieren und auf Ent - schaftsleitung (BGL) der Fachschule in einem offenen Brief das Taktieren anstrebte, die nicht auf Konkurrenz und Privateigentum beruhte. Diesen wicklungen im Land zu reagieren. Das setzte den Willen voraus, Neues zu der noch Regierenden und gab die Stimmung so wieder: »Unsere Bürger Grundwerten blieb auch in Mehrheit das Lehrerkollegium verbunden, das wagen oder sich neuen Herausforderungen zu stellen. Es gelang, diese werden seit der Existenz dieses Staates zur Mitgestaltung der sozialisti - sich in den 1960er und 1970er Jahren formte und in seiner Zusammenset - Schule in ihrem Selbstverständnis zu bewahren. In den vierzig Jahren FAK schen Gesellschaft aufgerufen. Ihre Meinung galt aber nur etwas, wenn sie zung bis 198 9/90 bestand. Die autoritäre Partei- und Staatspolitik unter Heiligendamm fanden die Lehrkräfte trotz aller Vorgaben immer ein gutes der staatlich verordneten Ansicht von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft Walter Ulbricht und Erich Honecker hatte jedoch zur Folge, dass sich die Maß an Eigenständigkeit vor allem in ihrer pädagogischen und fach lichen entsprach. Anderslautende Positionen wurden als ›staatsfeindlich‹ politisch politischen Auffassungen dieser Gemeinschaft differenzierten. Unabhängig Arbeit. und strafrechtlich verfolgt. Unsere Gesellschaft braucht heute mehr denn von Parteilosigkeit oder Parteimitgliedschaft stand die ehrliche Überzeu - Das Leben und Studieren auf der »Ausbildungsinsel Heiligendamm« je die Meinungsvielfalt und den offenen Streit um das bessere Konzept.« (8) gung eines sozialistischen Weges neben der wachsenden Zurückhaltung war nie frei von politischem Druck und ungeliebten Regelungen. Doch man und Skepsis gegenüber der praktizierten Staatspolitik, doch ebenso gab hatte sich arrangiert, denn dem zunehmenden politischen Druck stand, Die Kraft für den gesellschaftlichen Umbruch am Ende des Jahrzehnts es kritiklose Gefolgschaft. In unterschiedlicher persönlicher Ausprägung wie ein Schutzschild, die Freude an einer scheinbar und in Grenzen tat - wuchs aus Unbehagen, Unverständnis, aus Widerwillen und zunehmender entstanden Engagement, Anpassung, Gewöhnung, Verdrängung, aber auch sächlich selbstbestimmten Lebenswelt gegenüber, auch die nie nachlas - Empörung gegen die bisher festgefügte Ordnung und die Praxis der Ver - Opportunismus. Es war dennoch kein Widerspruch, wenn diese Gemein - sende Lust, Neues, Sinnvolles zu entdecken und zu gestalten. Hier gab es ordnung im Lande. Viele konnten und wollten das nicht mehr ertragen, zu - schaft in allen Jahrzehnten zum Aufschwung von Wirtschaft und Kultur bei - den Spielraum für die Entwicklung guter Produkte und schöner Räume, der mal die Starrheit und realitätsblinde Uneinsichtigkeit der Staatsführung in tragen wollte. Man hatte vor 1961 das Land DDR nicht verlassen, das eine ausgeschritten wurde, wenn auch oft unter schwierigen wirtschaftlichen dieser Zeit besonders offenbar wurde. Der Unmut wuchs, und je mehr er gute Ausbildung ermöglichte, und hatte in Heiligendamm eine gute päda - Voraussetzungen. Dabei entwickelten sich die fachlichen Fähigkeiten der sich im Land artikulierte und Bahn brach, desto mehr geschah es auch in gogische und gestalterische Arbeit gefunden, die Selbstverwirklichung ge - Studenten, das pädagogische Geschick der Lehrkräfte, das Selbstbewusst - Heiligendamm. stattete. Dabei folgte man vor allem den sozialen Zielstellungen des Staa - sein und der Stolz dieser Schule. Am Ende des Jahres 1989 wurde nun klar: So wie es ist, kann und wird es tes, durch eine gute Ausbildung von Gestaltern und eigener gestalterischer Das mit Hoffnung verfolgte politische Wetterleuchten zum Ende des nicht bleiben. Was in Heiligendamm geschehen würde, war ungewiss. Leistung die Wirtschaftskraft des Landes zu stärken. Jahrzehnts vor allem in der Sowjetunion hatte seine Auswirkungen auch in Hoffnungen und Befürchtungen hielten sich die Waage. Die Mehrheit der Lehrkräfte war in fachlichen Verbänden organisiert Heiligendamm. Der »Sputnik«, eine in dieser Zeit kritische sowjetische (VB K/ DDR, BD A/ DDR), deren Spielräume vor allem seit den 1970er Jahren Zeitschrift, ein Reader’s Digest sowjetischer Presse, wurde aufmerksam ge - enger wurden. Der Autor z. B. war Mitglied im Verband Bildender Künstler, lesen, bis sie in der DDR im November 1988 direkt von der Parteiführung, hat dort mit Engagement Verantwortung übernommen. Trotz wachsender wie man erst viel später erfuhr, verboten wurde. Bereits im Studienjahr Schwierigkeiten war in solchen Institutionen immer noch schöpferische Ar - 1987/88 nahm die Unruhe, Unzufriedenheit und Verunsicherung unter den beit möglich, man konnte Verbündete finden und Projekte umsetzen. Die Studenten zu (siehe Daten und Fakten). Politische Bevormundung und das Realisierung und auch Darstellung der fachlichen Arbeit, die die Verbesse - Wissen um die Praxis der Staatssicherheit weckten Widerspruch und Pro - rung der Lebensverhältnisse zum Ziel hatte, stand dabei im Zentrum. test. Zudem waren zu allen Zeiten die verpflichtenden und scharf kontrol - Vierzig Jahre hindurch hatten die sechs Direktoren der FAK Heiligen - lierten Aktionen zur »Vormilitärischen Ausbildung«, die GST-Lager (Gesell- damm die Vorgaben des Ministeriums für Kultur in den Konferenzen vor schaft für Sport und Technik) und Herbstmärsche, die Reservistenausbil - den Lehrkräften zu vertreten und durchzusetzen, meist Reaktionen auf dung oder der verschärfte Küstenschutz unbeliebt – wurden aber schwei - sich verändernde kulturpolitische und wirtschaftliche Situationen. Vermut - gend erduldet. (6) Den zügigen Studienbeginn behinderte jährlich die lich traten in den 1960er Jahren die Direktoren Gerhard Präkelt und Sieg - »Rote Woche«, mit der jedes Semester begann und die der ideologischen fried Stöbe zurück, weil sie an Widersprüchen in diesen Prozessen schei - Festigung dienen sollte, oft aber das Gegenteil erreichte. In der Analyse terten. Denn immer war die Frage zu beantworten, wie man unter den zum Studienjahr 198 7/ 88 wird der Beginn des Aufbegehrens folgenderma - jeweiligen Bedingungen die Existenz der Schule und die Freiräume, die sie ßen beschrieben: »Mit großem Interesse wurden die Reformbestrebungen (1) »Unser Beitrag« war der Titel der Ausstellung künstlerischer Fachschulen bot, erhalten konnte. Wie weit konnte man gehen, was musste man hin - in der UdSSR verfolgt. Besondere Hochachtung haben sie gegenüber Ge - sozialistischer Länder in der Kunsthalle Rostock vom 07.11.1979 bis 13.01.1980, nehmen, was konnte man unterlaufen, wogegen protestieren? Alle Direk - nossen Gorbatschow. Die Studenten erwarten weitere Auswirkungen der Katalog zur Ausstellung. Archiv HS Wismar, Az: 0241-02, K. 2, Bd. IV, Sammlung Meyer. toren vollzogen mehr oder weniger erfolgreich diesen Spagat – auch zwi - sowjetischen Reformpolitik auf die DDR, besonders bezogen auf weitere Er - (2) Vgl. »form+zweck«, Fachzeitschrift für industrielle Formgestaltung, schen der Staatssicherheit, den örtlichen Parteiorganen und der kritischen leichterungen im Reiseverkehr und Verbesserung der Informationsmöglich - Berlin, Heft 5/1982, S. 29-33. (3) Ausstellung der FAK Heiligendamm im Designzentrum des AiF in Berlin Gemeinschaft von Studenten mit ihren Lehrern, die Verordnetes umsetzen keiten auf fachlichem Gebiet. Besonders hervorgehoben wird die Offenheit vom 11.12.1989 bis 12.01.1990, Katalog und Flyer zur Ausstellung. Archiv HS Wismar, sollten, die aber in der Mehrheit auch bereit waren, ein Taktieren ihrer und Breite, wie man in der SU an die bestehenden Probleme herangeht Az: 0241-02, K. 2, Bd. IV, Sammlung Meyer. Schulleitungen zum Wohle der Schule mitzutragen. Die wöchentlichen Be - und dort versucht, sie radikal zu lösen. Die Reflexion dieser Politik äußert (4) Joachim Skerl: Kontinuität und Veränderung, in: »form+zweck«, Fachzeitschrift für industrielle Formgestaltung, Berlin, Heft 5/1989, S. 19-21. suche der Staatssicherheit in der Direktion der Schule wurden mit einem sich bei den Studenten vor allem darin, dass in einem wesentlich intensi - (5) Vgl. Hans Meyer: Ausbildungsstätten für Möbelgestalter in der DDR, in: unguten Gefühl hingenommen, denn man konnte nie wissen, was dabei veren Maße Fragen der Demokratie, der persönlichen Freiheit in den Dis - »Möbel und Wohnraum«, Leipzig, Heft 5, Juli 1981, S. 134-135. vorgegeben, festgelegt oder auch verhindert wurde. Politischer Leichtsinn kussionen im Vordergrund stehen.« (7) (6) Disziplinarordnung vom 10.07.1977, in: Gesetzblatt der DDR Nr. 936. Grenzgesetz, Grenzverordnung und Grenzordnung, in: Gesetzblatt der DDR vom und Aufmüpfigkeit der Studenten waren nicht ständig an der Tagesord - 29.03.1982, Teil I, Nr. 11. nung, aber sie kamen zu allen Zeiten vor. Es sind einige Fälle aus den letz - Es gab zunächst noch immer die Erwartung einer umfassenden Reformie - Einsatzplan ZV-Ausbildung für männliche Studenten des 1. Studienjahres in Pölchow ten Jahren der FAK belegt, bei denen Lehrkräfte oder Direktoren, mitunter rung des Staates DDR. Die Kritik richtete sich gegen die politische Füh - vom 12. bis 16.05.1986. Archiv HS Wismar, Az: 436, gesellschaftliche Einsätze. sogar Angehörige der Staatssicherheit selbst, mit Geschick einen Zugriff rung, nicht gegen die Grundgedanken des Sozialismus selbst. Daher setz- (7) Studienjahresanalyse 1987/88 der Schulleitung, S. 2, Archiv HS Wismar, Az: 0241-02, K. 2, Bd. IV, Sammlung Meyer. Die Analyse entstand nach Zuarbeit auf Studenten verhindern konnten. ten viele auf die Veränderungen in der Sowjetunion und erhofften Auswir - der Abteilungsleiter, die nach einer Vorgabe des Ministeriums für Kultur, meist in kungen auf das politische Gefüge in der DDR. Form von Fragen, zu politischen, erzieherischen und fachlichen Aspekten Stellung Der besondere Standort, die Arbeitsbedingungen und eine insgesamt krea - Die Reformen Gorbatschows hatten bereits deutlich gemacht, dass Ver - nehmen mussten. (8) Vierseitiges Schreiben zur politischen Situation im November 1989 mit der tive Atmosphäre bestimmten das Klima an der FAK. Das Zusammensein änderungen möglich waren, und sie weckten in Heiligendamm den Willen, Unterschrift von Ludwig Kellner. Archiv HS Wismar, Az: 0241-02, K. 2, Bd. IV, und die gemeinsame gestalterische Arbeit mit den Studenten, auch der sich für eine demokratische Erneuerung einzusetzen und alles abzubauen, Sammlung Meyer. 130 131 Innenarchitektur Die Studiengänge an der Hochschule

FAK-Signet als plastisches Objekt vor dem Eingang zum Lehrgebäude der Abteilung Innenarchitektur (Foto: Hans Meyer)

Haus Weimar, ehemals das Alexandrinen-Cottage, In der wechselvollen Geschichte der ostdeutschen Innenarchitektur war Die Erneuerung der Lehre in den Lehrgebieten des Entwurfes begann lerischen Grundlagenstudium inhaltlich und didaktisch neu bestimmte. Sie war oft Motiv im Naturstudium und in den mit der Gründung eines gesamtdeutschen Berufsverbandes der Innenarchi - mit der engagierten Mithilfe durch Klaus-Peter Görge, der zudem bis zum fand produktive Ansätze in der Annäherung künstlerischer Arbeit zu Inhal - 1990er Jahren beliebte Studentenunterkunft tekten (BDIA) und den Gründungen der Architektenkammern in den neuen Jahr 1993 als Gründungsprofessor half, die Vielfalt neuer Strukturen und ten der Innenarchitektur sowie zu schöpferischen Experimenten in Gestal - Ländern die gesellschaftliche Anerkennung für den Berufsstand der Innen - Verantwortlichkeiten im Studiengang wie im Fachbereich durchzusetzen. tung und Darstellung. Susanne Deicher wurde im Jahr 1998 in das Profes- architekten und damit aller Absolventen der ehemaligen Heiligendammer Als erfahrener Hochschullehrer, Architekt und Innenarchitekt setzte er mit sorenamt für »Kultur- und Kunstgeschichte, Ästhetik, Architektur- und De - Studiengänge »Bau und Raum«, »Innenarchitektur« oder »Raumgestaltung« seinen Vorlesungen, Seminaren, den Themen seiner Lehre und seiner Art signtheorie« berufen. vollzogen. Die Begeisterung für innenarchitektonisches Gestalten konnte der Betreuung der Studenten erste neue Maßstäbe einer zeitgemäßen Hoch - Nach Gründung der Fachhochschule war der Heiligendammer Studien - schwierige wirtschaftliche Verhältnisse oder Zwänge in der Berufsausübung schullehre. gang für Innenarchitektur in kurzer Zeit in ganz Deutschland bekannt. Die nie mindern. Mit »Innenarchitektur« war nun der lange vermisste Name Zunächst im Lehrauftrag tätig und 1993 in Professorenämter berufen ge - Zahl der Bewerber stieg kontinuierlich, und die Zulassung erreichte mit 36 des Studienganges in Heiligendamm wieder eingeführt, und groß war die wann der Studiengang mit Birgit Hachtmann-Pütz und Rudolf Schricker Studenten für das Jahr 1996 ihr Maximum. Innenarchitektur in den 1990er Genugtuung, mit einer vierjährigen Studienzeit planen zu können, die, wie zwei Innenarchitekten mit jahrelanger Berufserfahrung und herausragenden Jahren in Heiligendamm zu studieren, bedeutete jedoch, sich auf beson - berichtet, 1970 aufgegeben werden musste. Das Studienziel nach einem Nachweisen des künstlerischen Schaffens. Birgit Hachtmann-Pütz trug in dere und nicht immer einfache Studien- und Lebensbedingungen einzulas - achtsemestrigen Studium war der akademische Abschluss »Diplom-Inge - den folgenden Jahren die Verantwortung für die Lehre zu den Themen »Öf - sen. Dennoch liebten die Studenten ihre Heiligendammer Verhältnisse, nieur/in (FH)«. Mit der Aufnahme in die neugegründete Architektenkammer fentliche Bauten, Büro und Verwaltung«, Rudolf Schricker zu den Themen nahmen die umständliche Versorgungslage in Kauf, mussten auf ein regel - nach einer Praxiszeit konnte die Berufsbezeichnung »Innenarchitekt(in)« »Tagungsstätten, Hotels, Gaststätten«. Hans Meyer übernahm weiterhin die mäßiges Mensaessen verzichten und die knappen räumlichen Verhältnisse geführt werden, und mit dem BDIA vertrat ein erfahrener Berufsverband Verantwortung für den Möbelentwurf und für das Lehrgebiet »Messen, Aus - im Studentenwohnheim akzeptieren. Das Wohnen in leer stehenden Villen nun auch die Interessen der Innenarchitekten im Osten Deutschlands. stellungen und Läden«. Die Themen der Farbgestaltung und Denkmalpflege des Ortes wurde für einige Jahre möglich, und sie wurden eine geliebte Zu - Die Erneuerung und Qualität der Lehre im Studiengang Innenarchitek - blieben für Johannes Großmann innerhalb seines Berufungs gebietes »Farb - flucht. tur geschah in den 1990er Jahren in einem guten Zusammenwirken der alt - gestaltung, Materialanwendung« die Schwerpunkte seiner Lehre. Domizil des Studienganges war der Barackenneubau aus dem Jahr 1979 bewährten Lehrkräfte der Heiligendammer Schule mit den Neuberufenen. Ein Neubeginn für die Lehrgebiete »Grundlagen des Entwerfens, compu - mit zwei großen Ateliers, einem Vorlesungs- und zugleich Seminarraum so - Bis 1993 stellte Herbert Lerche seine großen Erfahrungen in den techni - tergestütztes Entwerfen« wurde mit der Berufung von Rainer Hock im Jahr wie die Professorenräume. Die »Baracke 3« auf dem Hochschulgelände, schen Disziplinen zur Verfügung. Heinz Wotzicka, in ein Professorenamt 1995 möglich. Er entwickelte Übungsprogramme, die den Studenten hal - 1977 zur Hälfte durch den Brand unbrauchbar, wurde Holz- und Materialla - berufen, lehrte in bewährter Weise das Naturstudium und die Darstellungs - fen, die Quellen ihrer Kreativität zu erkennen und zu nutzen. Mit dem Auf - ger und beherbergte ein Atelier für die Studienbeginner. Martin Jamborsky technik bis zum Ruhestand 1995. Für die Lehrgebiete Entwurfsgrundlagen, bau des CAD-Labors führte er das computergestützte Entwerfen, Konstru - übernahm 1993 die Leitung einer neu aufzubauenden Modellbauwerkstatt Raumtektonik, Architekturtheorie und Ästhetik war bis 1993 Joachim Skerl ieren und Darstellen für den Studiengang ein. Guido Spütz wurde 1996 mit angeschlossener Tischlerwerkstatt, die mit den Tischlermeistern Horst verantwortlich. Im Lehrauftrag vertraten diese Lehrkräfte noch weitere Se - berufen und entwickelte seine Lehre als erfahrener Architekt und Innenar - Gennrich (bis 1999) und Horst Reißig besetzt war. mester ihre Lehrgebiete. Mit dem Studiengang Architektur begann eine erste chitekt in einer engen Verflechtung von Bau, Raum und Konstruktion. Mit Nur mühsam waren in den zwei großen Studentenateliers des Lehrge - Zusammenarbeit mit der Lehrverpflichtung der Professoren Volker Waak der Berufung von Annette Leyener 1998 wurde eine Künstlerpersönlichkeit bäudes der Innenarchitektur jeweils 25 bis 30 Arbeitsplätze unterzubringen. und Horst Jahnke. gewonnen, die die Lehrgebiete Gestaltungslehre und Naturstudium im künst - Die Zahl der Studenten im Studiengang wuchs von 82 im Jahr 1992 auf 141

Anfang der 1990er Jahre bestimmt die Arbeit an den Zeichenmaschinen die Atmosphäre in den Ateliers. (Fotos: Hans Meyer) Foto: Ulrike Zintler Für die Bevölkerung in und um Heiligendamm waren die Seifenkistenren - nen im Mai oder Juni ein gern besuchtes Spektakel. Hier erlebte und be - wunderte man den Einfallsreichtum, der sich in den besonderen Gestaltun - gen der Rennkisten und der dazu passenden Ausstattung und Performance der Mannschaften zeigte. Vorschriften für den Bau der Rennkisten sicher - ten ein gewisses Maß an Stabilität der Konstruktionen und die Sicherheit für die Wagenlenker. Das Design der Seifenkisten wurde bewertet und ebenso die Performance der Rennmannschaft. Jeweils zwei Mannschaften traten auf einem Rundkurs gegeneinander an bis über Ausscheidungsren - nen der Sieger feststand. Der Rennkurs verlief viele Jahre um das Wiesen - stück zwischen Keramik- und Schmuckgebäude. In den letzten Jahren des Bestehens der FAK wurde der Parcours auf dem Sportplatz abgesteckt, ver - schärft beispielsweise durch einen Wassergraben. Unbeschreiblich die Viel - falt der Rennszenen, der Sport geist der Mannschaften, die jubelnden Zu - schauer – in Tausenden Fotos festgehalten. Auch dieser Tag klang am Abend aus mit Siegerehrung, Livemusik und einem kleinen Programm.

In den Arbeitswochen des Semesters hatte der Studentenkeller im Jungen - internat mit seinen geregelten Öffnungszeiten eine ausgleichende, sicher manchmal auch Frust abbauende Funktion. Er war geliebt und gern be - sucht, verantwortlich für manch schöne Stunde und manch schweren Ka - ter. Zuständig für Ordnung, Getränke und Kasse war auch hier das beim Drachenfest verpflichtete zweite Studienjahr, das alle Beschwerden zur Lautstärke und Störung der Nachtruhe abwehren musste. In besonderer Erinnerung bleiben die sogenannten »Themen-Keller«. Zumeist war eine Geburtstagsfeier der Anlass, den Abend mit der Verwandlung des Kellers und Verkleidung der Gäste zu einem besonderen Erlebnis werden zu las - sen. Nach der Wahl des Themas war der Phantasie keine Grenzen gesetzt: »Venezianischer Maskenball«, »Geister-Keller«, »Märchen-Keller«, »Strand- Keller«, »Prohibitions-Keller« ...

Zur Eigenart aller Feste gehörte immer, wie es die Bilder zeigen, das Erleb - nis der eigenen Verwandlung in ein Wesen einer besonderen fantastischen Welt. In der wollte man für einige Stunden leben, agieren, anders fühlen und sich an der eigenen und der Verwandlung anderer erfreuen. Wenn man also nach den Motiven der Heiligendammer Feste sucht, dann waren diese Feste im abgelegenen stillen Heiligendamm sicher der willkommene Ausgleich zu termingebundenen Verpflichtungen und Vorlagen, zu Leis - tungs- und Prüfungsdruck. Aber ihre besondere Eigenart gewannen diese Feste aus einer starken Verbindung von jugendlicher Lebensfreude mit dem unstillbaren Bedürfnis kreativer Menschen, freudvolle Welten zu erfin - den. Solche Welten galt es zu entdecken, auszuprobieren, vorzuleben. Denn kreatives Wirken war in Heiligendamm immer präsent und immer An - trieb, in Theorie und gestalterischer Praxis, am Zeichenbrett wie beim fro - hen Fest. Impressum

© 2015 Hans Meyer, Bad Doberan Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Herausgeber: Fakultät Gestaltung der Hochschule Wismar Philipp-Müller-Straße 14 | 23966 Wismar www.fg.hs-wismar.de

Verlag: callidus. Verlag wissenschaftlicher Publikationen, Wismar www.callidusverlag.de

Konzept: Hans Meyer | Professor (em.) Entwerfen Innenarchitektur, insbesondere Messen, Ausstellungen, Läden, Entwurf und Konstruktion Möbel an der Hochschule Wismar

Titelbild: Ilona Meyer | Buhnen schützen Heiligendamm Foto Frontispiz, S. 2: Ilona Meyer | Lindenallee

Rücktitel-Grafik: Wilhelm Mandel | 25 Jahre FAK, 1975, aus dem Zyklus zur Geschichte der FAK Heiligendamm

Satz und Layout: Alexander Polkehn, Berlin

Druck und Verarbeitung: Graspo CZ, a.s., Zlín

Printed in the EU ISBN 978-3940677-26-6

Grafik: Ludwig Bonitz