Fachbereich Biologie

Philipps-Universität Marburg

-Spezielle Zoologie-

Neozoen in urbanen Habitaten:

Ökologie und Nischenexpansion des Halsbandsittichs

( krameri SCOPOLI , 1769) in Heidelberg.

Diplomarbeit

vorgelegt von Michael Braun aus Aschaffenburg

Marburg / Lahn, Februar 2004

Von dem Sittich Psittacus heißt der Sittich. Das ist ein Vogel im Land Indien, wie Ja- cobus und Solinus sagen. Er ist von grüner Farbe, aber um den Hals ist er rot und fast goldfarben. Er hat eine große, breite Zunge und deshalb bringt er auch einzelne Worte wie ein Mensch hervor, und zwar so voll- kommen, daß man, wenn man ihn nicht sähe, glauben würde, er sei ein Mensch. Er grüßt den Menschen und sagt Ave chere, das heißt in wel- cher Sprache: Gott grüßt dich, Lieber; oder er grüßt mit anderen Wor- ten, je nachdem wie er es gelernt hat. Jedoch lernt er das meiste in dem ersten oder zweiten Jahr und behält die Worte am längsten. Der Schnabel des Vogels ist so hart, daß er sich damit von einem harten Stein wegdrücken kann, wenn man ihn darauf wirft. Er hat auch so einen harten Kopf, daß ihn die Leute mit eisernen Ruten schlagen müssen, wenn sie ihn zwingen wollen, menschliche Sprache zu lernen. Er nimmt seine Nahrung mit seinem Fuß wie ein Mensch mit seiner Hand auf. Er nistet auf dem Berg Gelboe, weil es da niemals regnet, denn er kann Regen nicht ertragen. Obwohl er anderes Wasser ertragen kann, stirbt er durch Regenwasser. Er gibt sorgfältig auf seinen Schwanz Acht. Die alleredelsten haben jeweils fünf Zehen an den Fü- ßen, aber die nicht edlen haben nur drei Zehen. Aristoteles sagt, daß der Sittich gerne Wein trinke und ein sehr unkeuscher Vogel sei; das ist kein Wunder, denn der Wein ist eine Ursache der Unkeuschheit. Aristoteles sagt auch, daß der Vogel, wenn er von dem Wein trunken ist, gerne Jungfrauen ansehe und sich an ihrem Anblick erfreue.

MEGENBERG , KONRAD VON (1990): Buch der Natur. ca. 1347-1350 geschrieben, Frühdruck 1482, Neufassung in hochdeutsch. Insel Verlag Frankfurt am Main.

Neozoen in urbanen Habitaten:

Ökologie und Nischenexpansion des Halsbandsit-

tichs ( Psittacula krameri SCOPOLI , 1769) in Heidelberg.

-

Alien species in urban habitats: Ecology and niche expansion of

Ring-necked ( Psittacula krameri SCOPOLI , 1769) in Heidelberg, .

1 Einleitung ...... 3 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri ...... 6 2.1 Begriffsbestimmungen: Neozoen und Nischenexpansion...... 6 2.2 Allgemeines zu Papageien und systematische Einordnung von P. krameri ...... 8 2.3 Beschreibung von P. krameri ...... 10 2.4 Natürliche Verbreitung, Einbürgerungen und Habitat ...... 13 2.5 Halsbandsittichvorkommen in Deutschland (Schwerpunkt Rhein-Neckar-Raum) ...... 17 2.6 Lebensweise, Ernährung und Trinken ...... 19 2.7 Mauser ...... 21 2.8 Brutbiologie ...... 22 3 Material und Methoden ...... 25 3.1 Untersuchungszeitraum und -gebiete ...... 25 3.2 Untersuchungsmethoden ...... 27 3.2.1 Bestandszählungen am Schlafplatz ...... 27 3.2.2 Demographische Erhebungen: Geschlecht und Alter von P. krameri ...... 28 3.2.3 Kartierung und Beschreibung der Schlafplätze ...... 29 3.2.4 Methoden zur Brutbiologie ...... 30 3.2.5 Methoden zur Untersuchung der Mauser ...... 34 3.2.6 Untersuchungen zur Nahrungswahl ...... 36 3.2.7 Vergleiche von Gehölzarten zwischen Stadt und Forst ...... 37 3.2.8 Bevölkerungsbefragung ...... 37 3.3 Material ...... 37 4 Ergebnisse ...... 38 4.1 Populationsökologie ...... 38 4.1.1 Schlafbäume ...... 38 4.1.2 Schlafplatzzählungen und Beobachtungen von P. krameri im Rhein-Neckar-Raum ...... 40 4.1.3 Demographie (Populationsstruktur) ...... 42 4.2 Brutbiologie ...... 44 4.2.1 Verteilung der Brutpaare ...... 44 4.2.2 Reproduktionsrate und Abwandern der Familienverbände ...... 48 4.2.3 Bruthöhe ...... 50 4.2.4 Bruthöhlen ...... 51 4.2.5 Temperaturmessungen in den Bruthöhlen ...... 53 4.2.6 Künstliche Nistkästen und EPS-Quader als Brutersatz ...... 54 4.2.7 Veränderungen an den Fassaden ...... 57 4.3 Mauser ...... 59 4.4 Nahrungswahl und Trinken ...... 61 4.4.1 Nahrungspflanzen ...... 61 4.4.2 Aktivitätsphasen bei der Nahrungsaufnahme an natürlichen und künstlichen Futterstellen ...... 62 4.4.3 Trinken ...... 64 4.5 Für P. krameri nutzbare Baumarten in der Stadt und im Forst ...... 65 4.5.1 Stadtbereich Heidelberg ...... 65 4.5.2 Forst bei Heidelberg ...... 67 4.6 Andere Vogelarten und Interaktionen ...... 68 4.6.1 Belegung der Fassadenhöhlen ...... 68 4.6.2 Interaktionen und weitere Arten am Brutplatz von P. krameri ...... 68 4.6.3 Nahrungskonkurrenz ...... 70 4.6.4 Interaktionen mit dem Menschen ...... 71 4.7 Neugier- und Spielverhalten ...... 73

4.8 Prädatoren und Krankheitsbilder ...... 73 4.8.1 Prädatoren ...... 73 4.8.2 Krankheitsbilder ...... 74 4.9 Informationen aus der Bevölkerung ...... 75 4.10 Unterarten von P. krameri und andere Papageienarten im Rhein-Neckar-Raum ...... 75 5 Diskussion ...... 77 5.1 Methodendiskussion ...... 77 5.1.1 Schlafbaumzählungen (Einflugszählungen vs. Sitzplatzzählung) ...... 77 5.1.2 Demographische Erhebungen ...... 78 5.1.3 Bruthöhlenuntersuchungen ...... 80 5.1.4 Erhebung des Mauserstatus ...... 81 5.2 Ergebnisdiskussion ...... 82 5.2.1 Mauserstatus von P. krameri im Raum Heidelberg ...... 82 5.2.2 Interaktionen von P. krameri mit der heimischen Fauna ...... 83 5.2.3 Begünstigen Fassadenbruten die Ausbreitung von P. krameri ? ...... 86 5.2.4 Populationsentwicklung von P. krameri ...... 91 5.2.5 Erschließungsstrategien von P. krameri in urbanen Habitaten...... 94 5.2.6 Bewertung von P. krameri als Neozoon in Deutschland ...... 99 6 Zusammenfassung ...... 101 Summary ...... 104 7 Danksagung ...... 106 8 Verwendete Literatur ...... 107 Internetadressen ...... 112 9 Anhang ...... I Abkürzungsverzeichnis ...... II Abbildungsverzeichnis ...... III Tabellenverzeichnis ...... V Weitere Tabellen ...... VI Weitere Papageienarten als Neozoen in Deutschland ...... VIII

1 Einleitung

1 Einleitung

Seit Beginn der industriellen Revolution (um 1830) intensivierte sich der weltweite Floren- und Faunen-Austausch, welcher mittlerweile fast alljährlich neue, erfolgreiche Arten nach

Mitteleuropa bringt (KINZELBACH 1998). Erfolgreich sind vor allem konkurrenzstarke und euryöke Arten (STREIT 1991) sowie Haus- und Nutztiere des Menschen (KINZELBACH 1998). Auch tropische und subtropische Papageien (Psittacidae) sind in der Lage in Mitteleuropa zu überleben und sich zu reproduzieren. Mindestens 11 Papageienarten haben bisher in Deutsch- land in Freiheit gebrütet (vgl. Tab. 20, Anhang). In AZ-Nachzuchtstatistiken 1995-99 über gemeldete Zuchtpaare in Deutschland (PAGEL 1997, WERNER 1999, 2001) sind insgesamt 194

Papageienarten aufgelistet. Nach der Zehnerregel (engl. tens rule) (KEGEL 2001) sollten hier- von 10 %, d. h. etwa 20 Arten in Deutschland spontan im Freiland auftreten (und dort überle- ben) und sich hiervon wiederum 10 %, d. h. 2 Arten erfolgreich etablieren - eine davon ist bereits der Halsbandsittich ( Psittacula krameri ). In der Nachzuchtstatistik 1999 wurden 18.000 Papageien-Brutpaare erfasst, wobei der Halsbandsittich auf Platz 10 von 155 Papagei- enarten lag. Der Halsbandsittich ist also nicht der am meisten gezüchtete Papagei. Der Erfolg von Neozoen muss folglich nicht unmittelbar mit deren Bestandszahlen in Gefangenschaft zusammenhängen. Der Halsbandsittich ist ein Faunenelement der Afrotropis (Afrika südlich der Sahara) und der Orientalis (Südasien). Sein Lebensraum in Deutschland sind vorwiegend Parks und Grünan- lagen im menschlichen Siedlungsbereich. P. krameri lebt seit 1967 frei in Deutschland und brütet hier seit 1969 (vgl. BEZZEL 1998, ERNST 1995). Er ist in Deutschland mittlerweile ein etabliertes synanthropes Neozoon und gilt als heimisch (vgl. Tab. 2). Halsbandsittiche gelten in Indien als Landwirtschaftsschädlinge, die selbst Säcke mit Getreide und Erdnüssen öffnen können, um an deren Inhalt zu gelangen ( ALI & RIPLEY 1969). In Deutschland wurde bisher von nur lokalem Schaden an Obst und Bäumen im Stadtbereich berichtet (vgl. MOLL 1982). Ein neues Problem scheinen Halsbandsittiche an Wärmedämm- fassaden zu sein. Die erste Meldung über Halsbandsittiche, die in Deutschland an Fassaden leben, wurde durch Detlev Franz in www.papageien.org, 2002 bekannt. In Heidelberg schlüpften die Sittiche durch Löcher im Außenputz einer Wärmedämmfassade mit EPS (Sty- ropor). In dieser Arbeit sollen Aspekte der Brut- und Nahrungsökologie des Halsbandsittichs bearbei- tet und vertieft werden, welche die Etablierung und Ausbreitung von P. krameri , insbesondere im Raum Heidelberg erklären helfen.

3 1 Einleitung

Ein Schwerpunkt der Arbeit betrifft das Thema Nischenexpansion und Brutbiologie von P. krameri in urbanen Habitaten. In Indien brüten Halsbandsittiche regelmäßig in Gebäuden der Städte (ALI & RIPLEY 1969). Warum und wie kommt es zu Bruten von Halsbandsittichen an Gebäuden in Deutschland? Die möglichen Vorteile von Bruten in der Wärmedämmung von Fassaden werden im Vergleich zu Bruten in Baumhöhlen dargestellt und bewertet. Ein Spezialaspekt betrifft die Mauser der Tiere. In der Literatur sind bisher nur wenige Anga- ben über den genauen Verlauf der Mauser zu finden und beschränken sich meist auf die unge- fähre zeitliche Lage der Mauser. Was zeichnet die Populationen von P. krameri in Deutschland und speziell in Heidelberg aus? Seit 1972 werden Halsbandsittiche alljährlich in Heidelberg beobachtet, Bruten wurden hier aber erst seit 1990 bekannt (POLEY 1993). Für den Rhein-Neckar-Raum liegen nur vergleich- sweise geringe Bestandszahlen der drei räumlich getrennten Subpopulationen vor. MAHLER (2001) gibt für den Raum Mannheim-Heidelberg mindestens 200 Vögel und 60-70 Brutpaare (BP) an. Im Vergleich zu den anderen Halsbandsittich-Populationen in Deutschland wie in

Wiesbaden oder Köln mit je über 1000 Individuen (KAHL -DUNKEL & WERNER 2002, Detlev

FRANZ schriftl.) wären für den Rhein-Neckar-Raum aufgrund der langen Besiedlungszeit und des großen Areals deutlich mehr Tiere zu erwarten. Über die Demographie (Populationsstruktur) von Halsbandsittich-Populationen ist bisher kaum etwas bekannt. Wie groß sind die Anteile der Geschlechter und der Jungtiere? Ein wichtiger Aspekt ist der Austausch von Halsbandsittichen zwischen den Subpopulationen. Ein Austausch von Individuen zwischen Heidelberg und den räumlich nahe gelegenen Sub- populationen in Neckarhausen und Mannheim-Ludwigshafen ist aufgrund bekannter Flugstre- cken im Raum Köln von über 15 km (vgl. KAHL -DUNKEL & WERNER 2002) möglich, kann er auch nachgewiesen werden? In einer anderen Fragestellung werden Mechanismen erfasst, welche es P. krameri ermögli- chen, sich in den neuen urbanen Habitaten zu etablieren, ein deutlicher Schwerpunkt liegt hierbei auf der Nahrungsökologie. Erfolgreiche Bruten zweijähriger Halsbandsittiche sind zwar aus Gefangenschaft bekannt und sollen auch im Freiland auftreten (z. B. CRAMP 1985, ROBILLER 1997), für Europa liegen hierzu aber keine konkreten Daten vor (z. B. ERNST 1995, PITHON & DYTHAM 1999a, FRANZ et al. 2002). Gibt es Hinweise erfolgreich brütender 2-jähriger BP in Heidelberg? Nach Literaturangaben treten bisher fast nur indische, aber kaum afrikanische Unterarten von

P. krameri als erfolgreiche Neozoen auf (vgl. LEVER 1987, FRY et al. 1988). Sowohl indische als auch afrikanische Unterarten des Halsbandsittichs werden in Deutschland gezüchtet, sind

4 1 Einleitung die indischen als Neozoen tatsächlich erfolgreicher? Es wird in diesem Zusammenhang überprüft, welcher Unterart die Tiere in Heidelberg und Umgebung angehören. Erläuterungen zu Abkürzungen, die in der Arbeit verwendeten wurden, finden sich im Abkür- zungsverzeichnis im Anhang. Die vorliegende Arbeit entstand in Kooperation mit dem Amt für Umweltschutz, Energie und Gesundheitsförderung in Heidelberg, dem Regierungspräsidium Karlsruhe und dem Tiergar- ten Heidelberg.

5 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

2.1 Begriffsbestimmungen: Neozoen und Nischenexpansion

Neozoen sind Tierarten, die seit Beginn der Neuzeit (ab 1492) unter direkter oder indirekter Mitwirkung des Menschen in ein ihnen zuvor nicht zugängliches Faunengebiet gelangt sind und dort neue Populationen aufgebaut haben (Arbeitsgruppe Neozoen 1996 in: GEBHARDT et al. 1998). Fand die Einbürgerung vor 1492 statt, so spricht man von Archäozoen. Die Begriffe Archäozoen und Neozoen lehnen sich an die in der Geobotanik schon existierenden Fachbe- zeichnungen Archäophyten und Neophyten an. Der Mensch stellt durch seine individuelle Körpermasse (über 99 % aller Tierarten sind kleiner), weite Verbreitung, hohe Siedlungsdich- te und überlegene Konkurrenz eine Schlüsselart für das Ökosystem Erde dar (KINZELBACH

1998). KINZELBACH teilt Tiere demnach in 2 große Gruppen auf, die eine Gruppe erleidet Einbußen durch den Menschen, die andere wird durch anthropogene Faktoren begünstigt. Letztere begründet seiner Meinung nach durch Co-Evolution mit dem Menschen die Fauna der Zukunft. Wichtig zum Verständnis der Begriffe ist ein historischer Überblick der nacheis- zeitlichen Wiederbesiedlung Mitteleuropas (Tab. 1).

Tab. 1: Übersicht über die Besiedlungsetappen in Mitteleuropa nach KINZELBACH (1998), verändert.

Beginn der Besiedlung Beispiele Nach der Würm-, Weichseleiszeit: vor 11500 Jahren Auftrennung der Artenpaare: (STORCH , WELSCH & WINK 2001) Raben-, Nebelkrähe; Garten-, Waldbaumläufer (au- tochtone Fauna)

Neolithische Revolution. Vor 6500 Jahren (STORCH , Einwandern von Hausratte (WEIGMANN 1998), Haus- WELSCH & WINK 2001) sperling, Karpfen, Kaninchen, Schaben, Silberfisch- chen (Archäozoen)

Zeit der Entdeckungen und Kolonialismus: seit 1492 Fasan (im südlichen Europa schon mit den Römern eingeführt und Archäozoon), Wanderratte (WEIGMANN 1998), einige Pflanzenparasiten (Neozoen)

Industrielle Revolution: seit ca. 1830, verstärkt in der Pharaoameise, Kartoffelkäfer, Reblaus, Nutria, Mar- 2. Hälfte des 20. Jh. derhund (Neozoen) (LUDWIG et al. 2000)

Als Adventivfauna unter den Neozoa (vgl. Tab. 2) werden Tierarten bezeichnet, die absich- tlich oder unabsichtlich aus anderen Klimazonen eingebracht wurden (SCHAEFER 1992). Im Vergleich zum Umland weisen Städte in mittleren geographischen Breiten eine im Jahresmit- tel um 0,5-1 °C höhere Lufttemperatur, eine um 25 % verminderte Dauer der Frostperiode und eine 8-10 Tage verlängerte Vegetationsperiode auf. Die UV-Strahlung ist im Sommer bis 30 %, im Winter 70 % (Extremfall 100 %) vermindert und die Verdunstung um 30-60 % ver-

6 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri ringert (KUTTLER 1993). In der Folge haben Tierarten mit höherem Wärmebedürfnis und deutlicher Trockenheitstoleranz wie der Halsbandsittich gute Chancen sich im Siedlungsbe- reich Mitteleuropas anzusiedeln (vgl. WEIGMANN 1998). Für Vögel im Siedlungsbereich wird anstatt Synanthropie auch häufig die Bezeichnung verstädtert oder urbanisiert verwendet (vgl.

KLAUSNITZER 1993).

Tab. 2: Begriffsbestimmungen aus NIETHAMMER 1963, SUKOPP & WITTIG 1993, WEIGMANN 1998 und dem Bundesnaturschutzgesetz 2002 (aus www.naturschutzrecht.net 2003) Einbürgerung Absichtliche Verfrachtung von Tieren aus bestimmten Ländern in für sie frem- de Länder und die Aussetzung in volle Freiheit zum Zwecke der Ansiedlung, d. h. Verwilderung und Bestandsbildung. etablierte Neozoen Tierarten, die über einen längeren Zeitraum (mindestens 25 Jahre) und mindes- tens 3 Generationen in einem bestimmten Gebiet existieren. nicht etablierte Neozoen Tierarten, bei denen der Ansiedlungserfolg wie bei den etablierten Neozoen beschrieben noch nicht gesichert erscheint. synanthrope Neozoen Überwiegend oder ausschließlich im menschlichen Siedlungs- und Wohnbe- reich lebende Neozoen bis hin zur ausschließlichen Nutzung anthropogener ökologischer Lizenzen (Eusynanthropie). heimische Art Wildlebende Tier- oder Pflanzenart, die sich in freier Natur und ohne men- schliche Hilfe über mehrere Generationen als Population erhält (BNatSchG §10 Abs. 2).

Adventivfauna Tierarten, die absichtlich oder unabsichtlich aus anderen Klimazonen eingeb- racht wurden.

Bei Änderung des Klimas oder anderer Faktoren können etablierte Neozoen auch wieder ver- schwinden. Klimaänderungen sorgen für das Einwandern oder Aussterben von Tierarten. Ein Beispiel ist die Wärme liebende Haubenlerche ( Galerida cristata ), die mehrfach in Warmpha- sen nach Mitteleuropa einwanderte, um in kühleren Klimaphasen wieder zurückzugehen. Ihr letztes Bestandsmaximum in Mitteleuropa erreichte die Art um 1930 (WEIGMANN 1998). Bie- nenfresser ( Merops apiaster) und Wiedehopf ( Upupa epops ), die beide mediterranes Klima bevorzugen, scheinen in den letzten Jahren in ihren Beständen im Kaiserstuhl (Ba-Wü) deut- lich zuzunehmen (Karl-Friedrich RAQUÉ mündl.). Der Bienenfresserbestand stieg in Ba-Wü seit der Wiederbesiedlung des Kaiserstuhls (1990) von 12 auf 89 BP (2000) an (MAHLER 2001). Sollte sich das Klima in Mitteleuropa merklich erwärmen, so ist hier mit einer deutli- chen Zunahme von Arten z.B. aus dem Mittelmeerraum und Südosteuropa zu rechnen

(WEIGMANN 1998). Der Begriff Nischenexpansion (engl. niche expansion) einer Art beschreibt die Verwendung bisher ungenutzter Ressourcen durch morphologische oder ökologische Veränderungen, wel- che auch im Zusammenhang mit einer höheren Fitness dieser Art stehen können (vgl.

WIKELSKI & WREGE 2000, SCOTT et al. 2003). Hier wird der Begriff im Zusammenhang mit

7 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri der veränderten Brutökologie des Halsbandsittichs verwendet, der in Deutschland bislang in Baumhöhlen, ausnahmsweise auch in Nistkästen, brütete. Seit 2001 werden von P. krameri zusätzlich Höhlungen in Wärmeisolierungen von Gebäudefassaden bebrütet.

2.2 Allgemeines zu Papageien und systematische Einordnung von P. krameri

Die Beschreibung der Papageienvögel erfolgt, falls nicht anders erwähnt nach KOLAR (2000). Die Größe der Papageienvögel (Psittaciformes) liegt zwischen 10 und 100 cm. Die 4. Zehe (Außenzehe) zeigt nach hinten und wirkt gemeinsam mit der 1. Zehe der 2. und 3. entgegen (zygodactyle Zehenstellung). Die so entstandene Greifzange dient zum Klettern und zum Hal- ten von Gegenständen. Der Oberschnabel ist um ein eigenes Gelenk nach oben beweglich, der Unterschnabel schlittenartig gegen den Oberschnabel verschiebbar, dies ist beim Enthülsen und Zerkleinern von Samen oder Früchten von Bedeutung. An der Unterseite des Oberschna- bels liegen harte Querleisten (Feilkerben) zum Schärfen des Unterschnabelrandes, zum besse- ren Festhalten der Nahrung (vorwiegend Grassamen, Früchte) und zum Durchraspeln harter Schalen. Die Zunge ist meist dick, muskelstark und trägt viele Tast- und Geschmackspapillen. Fast alle Arten können den Schnabel zum Klettern benutzen. Schnabelwurzel und Schnabel- löcher sind von einer breiten, bei einigen Arten befiederten Wachshaut umgeben. Papageien besitzen im Allgemeinen 11 Handschwingen (HS), wobei HS 11 verkümmert ist, und 6 Paar

Schwanzfedern (CRAMP 2000). Puderdunen machen das Gefieder wasserabweisend (STORCH

& WELSCH 1997), Pelzdunen sind fast überall vorhanden, die Bürzeldrüse fehlt bei einigen Arten (z. B. Aras) völlig. Papageien besitzen eine paarige Fovea (Sehzentrum), d. h. mit der medianen Fovea können sie das Flugfeld beobachten, die lateral gelegene erlaubt gleichzeitig die Kontrolle der Umgebung auf mögliche Feinde (BEZZEL & PRINZINGER 1990). Im Gegen- satz zu Säugern können Vögel ihre Augen unabhängig voneinander und auch über die Rotati- onsachse bewegen. Das binokulare Sehfeld bei Papageien beträgt 6-10° (BEZZEL &

PRINZINGER 1990). Die moderne Systematik trennt basierend auf DNA-DNA-Hybridisierung die Ordnung Psitta- ciformes nicht mehr in die 3 bislang gültigen Familien Loriidae, Cacatuidae und Psittacidae

(vgl. HOWARD & MOORE 1991) auf, sondern sie fasst alle Mitglieder in der Familie Psittaci- dae zusammen (SIBLEY & AHLQUIST 1990). Die Beschreibung der Gattung Psittacula (Edelsittiche) erfolgt, falls nicht anders erwähnt, nach ROBILLER (1997). Die Gattung Psittacula gehört zur Unterfamilie der (nach

ALLEN et al. in: DEL HOYO , ELLIOTT & PARGATAL 1997). Die Gattung Psittacula besteht aus

8 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

16 Arten und 24 Unterarten. 2 Arten sind hiervon ausgestorben und eine ist fraglich. Die überwiegend grünen, vor allem am Kopf auffällig gefärbten Vögel messen 29-58 cm und ha- ben ein glatt anliegendes Gefieder. Sie besitzen einen langen, spitz zulaufenden Schwanz mit häufig stark verlängertem mittleren Federpaar. LOW (1989) bezeichnet die Gattung Psittacula als diejenige Papageiengruppe, die mehr als jede andere zu Erfrierungen an den Füßen neigt. Der Oberschnabel ist beim ♂ rot. Die Geschlechter sind häufig unterschiedlich gefärbt, und das Jugendgefieder unterscheidet sich deutlich vom Alterskleid. Die Heimat der Gattung Psit- tacula erstreckt sich von Afrika über Indien und den Himalaja bis Südostasien, ausgenommen die Malaiische Halbinsel. Edelsittiche bewohnen Wälder und Felder, manche Arten kommen selbst in Ortschaften vor. Sie leben außerhalb der Brutzeit gesellig, sind schnelle Flieger und können auch geschickt klettern. Am Boden bewegen sie sich hingegen unbeholfen. Ihre Nah- rung besteht überwiegend aus Samen, Körnern und Früchten. Sie brüten in Höhlen von Baumstämmen, Ästen und einige Arten auch in Spalten und Höhlungen von Gebäuden. Bei der Gattung Psittacula sind die ♀♀ dominant, sodass sich die ♂♂ oft vor den ♀♀ fürch- ten. Als Folge davon ist die Paarbindung nur zeitweise ausgeprägt und wird nach der Brutzeit gelöst (ERNST 1995, LOW 2002). In Tab. 3 ist die systematische Einordnung des Halsbandsittichs ab der Klasse dargestellt.

Tab. 3: Systematische Einordnung des Halsbandsittichs (nach ALLEN et al. in DEL HOYO , ELLIOTT & PARGATAL 1997, HOWARD & MOORE 1991, ROBILLER 1997, SIBLEY & AHLQUIST 1990) Systematik wissenschaftlich deutsch Arten Klasse (Class) Aves Vögel > 9200 Ordnung (Order) Psittaciformes Papageienvögel 350 Familie () Psittacidae Papageien 350 Unterfamilie (Subfamily) Psittaculini Edelpapageien 66 Gattung () Psittacula CUVIER , 1800 Edelsittiche 14 (2 weitere †) Art (Species) P. krameri SCOPOLI ,1769 Halsbandsittich 1 Unterart (Subspecies) P. k. manillensis BECHSTEIN , Indischer Halsbandsittich 1800 Unterart (Subspecies) P. k. borealis NEUMANN , 1915 Neumanns Halsband- sittich Unterart (Subspecies) P. k. krameri SCOPOLI , 1769 Afrikanischer Halsband- (Nominatform) sittich Unterart (Subspecies) P. k. parvirostris SOUANCE , Abessinischer Halsband- 1856 sittich Psittacula krameri wird auch Kleiner Alexandersittich, Psittacula eupatria wird Großer Ale- xandersittich genannt (ERNST 1995, ROBILLER 1997 u. a.). Aus früheren Erwähnungen von „Alexandersittichen“ kann demnach nicht zwischen P. krameri und P. eupatria unterschieden werden.

STRUNDEN (in ROBILLER 1997) beschreibt die Edelsittiche als die ältesten Hauspapageien. In Asien, wahrscheinlich auch in Afrika, beschäftigte man sich bereits vor mehr als 2500 Jahren mit diesen Vögeln, besonders den „Alexandersittichen“. Man zähmte sie und lehrte sie das 9 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

Sprechen, obwohl diese Gruppe nur ein bescheidenes Nachahmungstalent besitzt. Im alten Indien bestand für sie um 2500 v. Chr. sogar ein Tötungsverbot. Die ersten Papageien in Eu- ropa wurden 326 v. Chr. von Kapitän Onesikritos unter der Flagge Alexanders des Großen aus Indien nach Griechenland gebracht. Der Kapitän bezeichnete die Papageien nach seinem König und Feldherrn als Alexandersittiche, der Name hat bis heute Bestand.

ROBILLER (1997) erwähnt Hybriden von Halsbandsittich ( P. krameri ) mit Großem Alexander- sittich ( P. eupatria ), Langschwanzedelsittich ( P. longicauda ) und Rosenbrustsittich ( P. ale- xandri fasciata ). In Düsseldorf wurden auch im Freiland Hybriden zwischen P. krameri und P. eupatria bekannt (www.papageien.org, 2001). Der gesetzliche Status des Halsbandsittichs in Deutschland ist „besonders geschützt“ (MAHLER 2001), auf war er hingegen

1986 einer der wenigen Vögel ohne gesetzlichen Schutz (ROBILLER 1997).

2.3 Beschreibung von P. krameri

Der Botaniker und Entomologe Johann Anton SCOPOLI (1723-1788) beschrieb 1769 zum ers- ten Mal den Halsbandsittich ( Psittacula krameri ). In seinem Werk „Annus I Historico- Naturalis“ nannte er den „kleine(n) grüne(n) Papagei mit schwarzem Schnabel“ Psittacus krameri (zitiert in ERNST 1995 aus der 1770 erschienenen deutschen Übersetzung). Der Gat- tung Psittacus gehört heute nur der Graupapagei ( Psittacus erithacus ) an (Tab. 20, Anhang). Diese Erstbeschreibung gilt für die afrikanische Nominatform P. k. krameri (Tab. 4). Die folgende Beschreibung der Art erfolgt nach eigenen Beobachtungen in Heidelberg, er- gänzt durch CRAMP (1985), ROBILLER (1997) und BEAMAN &

MADGE (1998). Die Länge beträgt 38-42 cm, wobei die afri- kanischen Unterarten in Länge und Proportionen etwas klei- ner bleiben als die beiden asiatischen. Eine Beschreibung der Unterarten findet sich in Tab. 4. Über 2-jährige ♂♂ (Abb. 1) sind grün gefärbt, unter dem Kinn beginnt ein breites schwarzes Halsband, das zum Nacken hin schmaler wird und in ein rosafarbenes Nackenband ausläuft. Vom Nasenloch zieht ein schwarzer schmaler Zügelstreif (engl. lore) zum Auge. Der Hinterkopf besitzt einen bläulichen Anflug. Die Körperunterseite ist hellgrün. Die gelben Unterflügeldecken kontrastieren zu den dunkelgrauen Unterseiten der Schwin- gen.

Abb. 1: ♂ des Halsbandsittichs ( Psittacula krameri ) mit schwarzem Halsband, das vom Kinn in den Nacken verläuft und in ein rosafarbenes Band übergeht. Dem Tier fehlt eine Kralle am linken Fuß. 10 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

Der Schwanz ist auf der Oberseite grün, das mittlere und längste Federpaar bläulich, die Schwanzunterseite gelb gefärbt. Das Gefieder ist glatt und meist eng anliegend. Der ge- krümmte Oberschnabel ist rot mit heller oder schwarzer Spitze, der schwarze Unterschnabel besitzt eine dunkelrote Basis. Unausgefärbte juvenile ♂♂ besitzen ebenfalls Rot an der Un- terschnabelbasis, was sie von den sonst sehr ähnlichen ♀♀ (mit gänzlich schwarzem Unter- schnabel) unterscheidet. Die Iris ist innen blau und außen blassgelb gefärbt, der Lidring orange bis rötlich. Die Füße ha- ben eine graue bis fleischfarbene Färbung. Das ♀ (Abb. 2) besitzt keinen schwarzen Zügelstreif wie das ♂, aber dort eine federlose Vertiefung, die manchmal wie ein Strich wirkt. Das schwarze Halsband und der bläuliche Nacken des ♂ fehlen dem ♀, das Nackenband ist smaragdgrün. Im Vergleich zum ♂ ist der Schwanz etwas kürzer und der etwas kleinere Oberschnabel besitzt an Spitze und Hinterrand mehr schwarz, der schwarze Unterschnabel besitzt keinen sichtbaren

Rotanteil (vgl. ROBILLER 1997).

Abb. 2: ♀ des Halsbandsittichs ( Psittacula krameri ), ihm fehlen das schwarz-rosafarbene Halsband und der Zügelstreif des ♂.

Juvenile (Abb. 3) haben im Vergleich zu ♀♀ eine leicht gelbliche Gefiedertönung und einen kürzeren Schwanz. In Abb. 3 sind helle Ränder auf der Oberseite der stark zugespitzten

Handschwingen (HS) zu sehen, sie können bis zu 1 mm breit sein (CRAMP 1985). Die HS adulter Halsbandsittiche sind am distalen Ende abgerundet.

Abb. 3: Juveniler Halsbandsittich ( Psittacula krameri ). Deutlich erkennbar sind die Spitzen und die hellen Rän- der der Handschwingen.

11 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

Der rot- bis rosafarbene Schnabel der Nestlinge (Abb. 4) mit heller Spitze dunkelt im Verlauf der kommenden Wochen nach. Die gelben Lidringe der Jungvögel werden innerhalb weniger Wochen orange wie bei Adulten, die dunklen Augen (weite Pupille, braune Iris) werden durch eine verengte Pupillenöffnung und die hellblau-gelbliche Iris heller.

Abb. 4: Junge Halsbandsittiche ( Psittacula krameri ) schauen aus der Nisthöhle. Typisch sind gelbe Augenlider, ein roter Ober- und Unterschnabel mit breiter weißer Wachshaut und gelber Spitze. Die Augen erscheinen völlig dunkel.

Der typische Ruf ist ein lautes, rau kreischendes „kio“

oder „kie-ak“ (CRAMP 1985, BEAMAN & MADGE 1998). Begrüßungsrufe klingen wie ein pfeifendes „kuítt-küo- köo“. Über die Unterartzugehörigkeit der verwilderten Hals- bandsittiche in Europa herrscht Uneinigkeit. In Großbri- tannien gibt es wohl Mischlinge aus den beiden indi- schen Unterarten P. k. borealis und P. k. manillensis (Christopher BUTLER schriftl.). In

Deutschland handelt es sich vorwiegend um P. k. manillensis (vgl. ZINGEL 1990, ERNST

1995), teilweise auch um Mischlinge mit P. k. borealis (FRANZ & KRAUSE 2003a). Von den beiden afrikanischen Subspezies spielt in Haltung und Zucht allenfalls die Nominatform P. k. krameri eine untergeordnete Rolle (FRANZ & KRAUSE 2003a).

Tab. 4: Kurzbeschreibung der Unterarten von Psittacula krameri (nach FRY et al. 1988, ROBILLER 1997, CRAMP 1985, LIETZOW 2001) Unterart Kurzbeschreibung des ♂ P. k. krameri Gefieder gelblich-grün, auf der Unterseite heller, Scheitel und Nacken bläulich- violett, Halsband schwarz, nach hinten in ein rosafarbenes Nackenband überge- hend; Oberschnabel dunkelrot mit schwarzer Spitze bis fast ganz schwarz, Unterschnabel schwärzlich; Schwanzlänge ♂: 200-271 (228) mm; P. k. parvirostris Gefieder weniger gelbgrün und dunkler als bei P. k. krameri , Brust und Bauch mit grauweißem Anflug; Oberschnabel kleiner, heller rot mit weniger schwarz als P. k. krameri ; P. k. manillensis Größer als P. k. krameri , Schwanz jedoch kürzer; Insgesamt dunkler als P. k. krameri , ♂ mit auffälligerem, dunkler rosafarbenem Nackenband;; Schnabel größer als P. k. krameri , Oberschnabel rot, z. T. mit schwarzer Spitze, Unterschnabel schwarz; Schwanzlänge ♂: 202-225 (216) mm P. k. borealis Ähnlich P. k. manillensis , Kopfseiten und Ohrdecken mit blauem Anflug, Untersei- te gräulichgrün. Oberschnabel deutlich größer als P. k. krameri , vollständig korallenrot, Unter- schnabel rot, z. T. mit schwarzen Flecken; Schwanzlänge ♂: 226-253 (239) mm

12 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

Der Halsbandsittich neigt auch in der freien Natur zu vielfältigen Farbmutationen und ist des- halb bei Vogelzüchtern sehr beliebt (ZINGEL 2000). Es gibt viele Mutationen, darunter die

autosomal-rezessiv vererbbare blaue Form (ROBILLER 1997). Einzelexemplare der blauen Mutationsform traten

1994 in Kassel auf (ERNST 1995), 2003 in Heidelberg und Neckarhausen (Abb. 7). Tiere der gelben Mutationsform

(Lutino) wurden mehrfach in Wiesbaden gesehen (Z INGEL

2000, www.papageien.org, 2003, D. FRANZ schriftl.).

Abb. 5: Blaues Halsbandsittich-♂. Das Nackenband ist bei dieser Muta- tionsform weißlich. Die Aufnahme entstand in Neckarhausen. Das auf- fällige Tier wurde aber mehrfach auch in Heidelberg gesehen. Der völlig schwarze Unterschnabel dieses ♂ ist typisch für die indische Unterart P. k. manillensis .

2.4 Natürliche Verbreitung, Einbürgerungen und Habitat

Der Halsbandsittich ist die einzige Papageienart, die natürlicherweise 2 Kontinente besiedelt –

Afrika und Asien. Damit hat er die geographisch weiteste Verbreitung aller Papageien (SNOW

1978). In beiden Kontinenten existieren je 2 Unterarten ( DEL HOYO et al. 1997). Angaben zur Verbreitung der Unterarten finden sich in Tab. 5.

Tab. 5: Verbreitung der Unterarten von P. krameri (nach ROBILLER 1997) Unterart Verbreitung P. k. krameri Westafrika bis Guinea, Senegal und dem äußersten Süden von Mauretanien ost- wärts bis West-Uganda und zum Weißen Nil im Süd-Sudan. Nairobi-Nationalpark (Kenia). P. k. parvirostris Gebiet um Sennar im Sudan, ostwärts durch Nord-Äthiopien bis Nordwest- Somalia. P. k. manillensis Sri Lanka, Insel Rameswaram und Indien südlich 20° N, eingeschleppt seit 1951 in Singapur, lokal derzeit weltweit. P. k. borealis Nordwest- entlang der Vorberge des Himalajas durch Nordindien südwärts bis 20° N und durch bis Zentralburma. Hongkong und Macao, auch einge- schleppt auf Mauritius, außerdem in Ägypten, Oman, Kuwait, Irak, und Sansi- bar.

Halsbandsittiche wurden in vielen Gebieten erfolgreich eingebürgert, auch außerhalb der tro- pischen Klimazone. Die Geschichte der Einbürgerung begann in Großbritannien und Mitte- leuropa etwa zeitgleich Ende der 1960er Jahre. In Großbritannien gab es bereits Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts frei brütende Paare (LEVER in CRAMP 1985, LOW

1989). Von 1930-1966 war der Import von Papageien verboten (BEZZEL 1998). 1969 wurde das erste BP in Kent, 1971 in Süd-London nachgewiesen, 1982 schätzte man bereits rund

13 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

1.000 Individuen in Südengland (LEVER 1987). Eine Übersicht über Brutvorkommen in Euro- pa gibt Tab. 6.

Tab. 6: Bruten von Halsbandsittichen in Europa (ohne Deutschland)

Staat/ Inseln Fundorte Erstan- Status Anzahl Quelle siedlung Balearen (E) Palma de Mallorca k. A. Brutvogel? k. A. www.papageien.org, 2001 Belgien Brüssel 1974 Brutvogel > 4.000 www.aves.be, 2003 Belgien Antwerpen 1970er Brutvogel k. A. ERNST 1995 Frankreich Île de Paris u. a. 1991 Brutvogel k. A. KRAUSE 2001, (insges. 7 départe- www.papageien.org, ments) 2003 Griechenland Athen, Thessaloniki, k. A. Brutvogel k. A. www.papageien.org, (GR) Patra u. a. 2001 Großbritannien Norfolk 1885 Erstbrut k. A. LEVER 1977 Großbritannien Kent 1969 Brutvogel 200 LEVER 1987 (1982) Großbritannien Greater London 1971 Brutvogel 300 LEVER 1987 (1982) Großbritannien Greater Manchester 1974 Brutvogel, 24 PITHON & DYTHAM heute ver- (1982) 2002 schwunden Großbritannien Südengland 1969 Brutvogel 7800 BUTLER schriftl. (2002) Italien (I) 11 Provinzen, darunter k. A. Brutvogel k. A. www.papageien.org, Sizilien, nördliche Ad- 2001 ria (Tout) Kanaren (E) Gran Canaria k. A. Brutvogel? 40 LOW 1999 Kanaren (E) Teneriffa k. A. Brutvogel? k. A. SNOW & PERRINS in KRAUSE 2001, eigene Beobachtungen Niederlande Den Haag 1968 Brutvogel k. A. BEZZEL 1998 Niederlande Amsterdam 1976 Brutvogel 700 www.knnv.nl, 2003 Österreich Wien 1970er Brutvogel 5-12 BEZZEL 1998 Österreich Innsbruck 1978 Brutvogel ca. 40, NIEDERWOLFSGRU - heute ca. 5 BER 1990, THALER schriftl. Portugal Oeiras, Lissabon k. A. Brutvogel? k. A. users.ox.ac.uk Schweiz Bruten in Ligornetto, 1985 Einzelbruten k. A. KRAUSE 2001, Monthey www.papageien.org, 2001 Spanien (E) Barcelona, Valencia, 1985 Brutvogel 213-254 MUÑOZ GALLEGO Alicante, Santander BP 2003a, www.papageien.org, 2001, eigene Beo- bachtungen u. a. Türkei In den 3 größten Städ- 1976 Brutvogel k. A. users.ox.ac.uk ten

Die Hauptvorkommen in Europa liegen in Mittel- und Westeuropa (, Deutschland, Belgien und den Niederlanden), zunehmende Tendenzen sind aber auch in Südeuropa zu ver- zeichnen. Der Bestand in Mitteleuropa für die Staaten Belgien, Niederlande, Deutschland und

Österreich wird von BAUER & BERTHOLD (1997) mit 900-1200 BP angegeben. Heute brüten

14 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri alleine in Deutschland über 1000 BP (Tab. 18). Auch Bestandszahlen von Halsbandsittichen aus Großbritannien zeigen in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme (Abb. 6).

9000 8000 7000 6000 5000 4000 3000 2000

Gesamtpopulation 1000 0 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 Jahr

Abb. 6: Bestandsentwicklung des Halsbandsittichs in Südengland von 1996-2002. Daten nach Maximalzahlen an den Schlafplätzen (nach PITHON & DYTHAM 2002, ergänzt nach BUTLER 2001, 2002 und C. BUTLER schriftl.)

1982 lebten etwa 300 Tiere in Greater London, 200 in Kent, 110 in Surrey und 70 in Sussex

(LEVER 1987). Bis 1995 wurden über 1.000 Individuen erreicht. Der Bestand in Südengland stieg ab 1996 mit einer durchschnittlichen jährlichen Nettoreproduktionsrate von R = 1,30 an (vgl. Abb. 2), d. h. ein jährlicher Zuwachs von 30 % mit einem Maximum von 46 % im Jahre

2001. KEIJL (2001) gibt für Amsterdam (1994-2000) eine Wachstumsrate von 22,5 % an. Auch außerhalb Europas wurden Halsbandsittiche in vielen Ländern eingebürgert (Tab. 7).

Tab. 7: Auswahl an Einbürgerungen von Halsbandsittichen weltweit (ohne Europa). Staaten Information und Quelle Ägypten: aus dem Zoo in Giza ab 1901-1908 (GOODMAN 1982), ein kurzfristiger Rückgang wurde durch die Tötung von 127 Sittichen zwischen 1916 und 1919 bewirkt (FLOWER 1933), in Giza und Kairo mehrere hundert Tiere (CRAMP 1985); Südafrika Tongaland ab 1970 (VINCENT 1972), Johannesburg (WEISSENBACHER & ALLEN 1985). Mauritius ab 1886 (ROUNTREE et al. 1952), hier möglicherweise Brutplatzkonkurrent des äußerst seltenen Echosittichs ( Psittacula echo ) (vgl. FORSHAW 1989) Israel ab 1960 u. a. in Tel Aviv, heute verbreitet in der Küstenebene, im Jordantal und in Galiläa (CRAMP 1985); , Irak, Nur lokal eingebürgert, wahrscheinlich keine autochtonen Vorkommen (LEVER 1987, Iran, Jemen, ETCHÉCOPAR 1969, HÜE & ETCHÉCOPAR 1970) Kuwait, Oman, Saudi-Arabien USA ab 1956 in Los Angeles (HARDY 1964), seit 1963 in Florida (OWRE 1973), seit 1973 in Virginia (FORSHAW 1989), ab 1974 in New York (LEVER 1987); aktuelle Vorkommen mit 350-400 Vögel in Südkalifornien und 30 in Südflorida (users.ox.ac.uk) Hawaii Seit den 1970ern auf Kauai, auch auf Oahu und Hawaii (LEVER 1987); Japan Tokyo, Kanagawa, Aichi, Hiroshima (BRAZIL in LEVER 1987);

In Indien waren Halsbandsittiche in früheren Jahrhunderten nur in Waldlandschaften verbrei- tet, heute werden hauptsächlich feuchte und trockene Tiefländer mit lockerem, Laub werfen- dem Baumbestand besiedelt, aber auch Städte, Gärten, Parkanlagen und Agrarflächen bis in

15 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri eine Höhe von 1600 m ü. NN (CRAMP 1985, SEITRE 1998). ERNST (1995) sieht die relative Unempfindlichkeit des Halsbandsittichs gegenüber dem mitteleuropäischen Winter darin, dass er in seiner Heimat unterschiedliche Klima- und Höhenzonen bewohnt. Gemieden wer- den Berge, felsiges Gelände, Wüsten, Sümpfe und Wälder (CRAMP 1985). In Europa liegt das höchst gelegene Vorkommen auf 570 m in Innsbruck, Österreich (NIEDERWOLFSGRUBER 1990). Allgemein ist der Halsbandsittich in Europa ein Bewohner von städtischen Parks, Grünanlan- gen mit Gartenstadt- und Villencharakter sowie von Friedhöfen auch in unmittelbarer men- schlicher Nachbarschaft (E RNST 1995, MICHELS 1997). Alle Brutplätze im Rheinland zeichnet ein lockerer Unterwuchs mit Gräsern aus, dies ähnelt der offenen Struktur von Baumsavannen in der Heimat des Halsbandsittichs (KRAUSE 2001). In Wiesbaden werden Stadtparks mit al- tem Baumbestand und lockerer Bestockung bevorzugt. Nach der Brutzeit Ende Juni/ Anfang Juli, verteilen sich die Vögel etwas weitflächiger

(ZINGEL 1997). Die Kölner Population verteilt sich dann zur Nahrungssuche über das gesamte

Stadtgebiet (ERNST 1995, KAHL -DUNKEL & WERNER 2002). Nur selten suchen Halsbandsittiche Orte außerhalb von Städten auf. Nachgewiesene Bruten in Deutschland außerhalb von städtischen Parkanlagen liegen in Auen, hier sind Pappeln ( Popu- lus spec .), die in gallerieartigen Reihen wachsen, ihre bevorzugten Brutbäume (ZINGEL 1993,

ERNST 1995, KRAUSE 2001). Zur Nahrungsaufnahme werden auch Randgebiete des Wiesba- dener Stadtwaldes aufgesucht (ZINGEL 2000). Ein zentraler Punkt im Leben der sozialen Halsbandsittiche ist der gemeinsame Schlafplatz auf großen Laubbäumen, der in Indien häufig gemeinsam mit Rabenvögeln (Corvidae) und

Staren (Sturnidae) aufgesucht wird (CRAMP 1985). Gelegentlich übernachten Halsbandsittiche auch in Höhlungen von Gebäudefassaden (CRAMP 1985). Als Vorteile für Schlafgemeinschaf- ten werden die Vermeidung von Prädation und der Austausch von Informationen über gute

Nahrungsgründe genannt (WEATHERHEAD 1983). Auf den Schlafbäumen versammeln sich täglich gegen Sonnenuntergang die nicht an den Brutplätzen übernachtenden Individuen einer Population. Deutlich nach Sonnenaufgang werden allmählich die Schlafbäume geräumt und die Sittiche fliegen zu den Nahrungsgründen (CRAMP 1985). Über Jahre hinweg bleibt der Schlafplatz der gleiche, allerdings werden die Schlafbäume innerhalb eines Gebietes gewech- selt (FRANZ & KRAUSE 2003a). Die Wiesbadener Halsbandsittiche übernachten während des gesamten Jahres an einem gemeinsamen Schlafplatz, knapp 4 km westlich vom Hauptbrutge- biet in Biebrich (ZINGEL 1997). Es gibt also eine räumliche Trennung von Brut- und Schlaf- gebiet. Der Schlafplatz wurde in Wiesbaden zwischen 1990 und 1997 10-mal verlegt,

16 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

8 Schlafplätze befanden sich auf Hybridpappeln ( Populus x canadensis ), die beiden anderen auf Ahornblättrigen Platanen ( Platanus x hispanica ) im gleichen Gebiet (ZINGEL 1997). Die gesamte Kölner Population versammelt sich zum Übernachten auf dem Gelände der Riehler

Heimstätten (ERNST 1995, KAHL -DUNKEL & WERNER 2002). Nicht nur große Gruppen, sondern auch Einzelvögel oder Paare fliegen an abgelegene Stellen um dort zu übernachten (vgl. FELLENBERG 1992, GRIESOHN 1984). Halsbandsittiche fliegen bis zu ihren Schlafbäumen in Köln teilweise über 15 km (KAHL -DUNKEL & WERNER 2002). Auch wenn von einem Sammelplatz 100 bis 150 Tiere abfliegen, ziehen sie nicht gemeinsam, sondern in Trupps von 20 bis 40 Vögeln los (KAHL -DUNKEL & WERNER 2002). Für das Auf- suchen der Schlafbäume und die Verteilung im Stadtgebiet benutzen die Sittiche relativ feste

Routen (FRANZ & KRAUSE 2003a). ERNST (1995) berichtet davon, dass Pärchen gemeinsam in den Bruthöhlen übernachten. Eine komplette Erfassung einer Population am Schlafbaum ist aber nur dann möglich, wenn keine Individuen an den Brutplätzen übernachten.

2.5 Halsbandsittichvorkommen in Deutschland (Schwerpunkt Rhein-Neckar-Raum)

Da es sich beim Halsbandsittich um einen tropischen Vogel handelt, ist in der Gemäßigten

Zone eine Verbreitungsgrenze zu erwarten (KRAUSE 2001). Die großen deutschen Populatio- nen besiedeln das Rheintal mit 2 Schwerpunkten im Umfeld der Städte Düsseldorf, Köln und Bonn im Norden sowie im Bereich von Wiesbaden, Worms, Ludwigshafen und Heidelberg im Süden (Tab. 18). Alle weiteren Funde im Bundesgebiet sind als Einzelfunde oder Ansied- lungsversuche zu werten (FRANZ & KRAUSE 2003a). Innerhalb der Grenzen liegen Regionen mit weniger als 50 Frosttagen und unter 9 Eistagen im langjährigen Jahresmittel (KRAUSE 2001). Aus kontinental beeinflussten Gebieten wie Berlin oder München sind zwar Funde und teilweise auch erfolgreiche Bruten bekannt, aber es kommt dort offensichtlich nicht zu einer dauerhaften Ansiedlung (FRANZ & KRAUSE 2003a). Die Halsbandsittich-Population in Ham- burg, die 1991 aus 32 Individuen bestand, scheint 2001 ebenfalls wieder verschwunden zu sein (GEIßLER , Vogelwarte Hamburg schriftl., Abb. 7). Die vermutlich genetische Fixierung der Brutzeit in Kombination mit mikroklimatischen Bedingungen und dem damit verbunde- nen Nahrungsangebot könnte ein Faktor sein, der die erfolgreiche Ausbreitung des Halsband- sittichs in Europa beschränkt (FRANZ & KRAUSE 2003b).

17 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

35

30

25

20

15 Hamburg 10

5

0 Maximalzahl in von Halsbandsittichen 6 0 8 0 9 0 1 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2 Jahr

Abb. 7: Anzahl der Individuen des Halsbandsittichs in Hamburg nach Maximalzahlen pro Jahr (Zufallsbeobach- tungen) von 1987-2001. Seit 2001 wurden keine Individuen mehr beobachtet. Quelle: Staatl. Vogel- schutzwarte Hamburg In Köln lebten die ersten Halsbandsittiche 1967 frei im Bereich des Zoologischen Gartens,

1969 brüteten die Tiere zum ersten Mal (ERNST 1995). Für 1983 wurden 250-300 Vögel an- gegeben (LEVER 1987), 1998 waren es 630-650, 1999 etwa 1.000 (KAHL -DUNKEL & WERNER

2002). In Köln umfasste der Winterbestand von 1999-2002 nicht mehr als 1.000 Tiere (KAHL -

DUNKEL & WERNER 2002). Sommerzählungen von Andreas BUCHHEIM beziffern den Bestand in Köln (2003) auf etwa 1500 Vögel (T. KRAUSE schriftl.). In Hessen scheint es lediglich in Wiesbaden eine Brutpopulation zu geben. 1975 fand die ers- te Brut im Schlosspark Wiesbaden-Biebrich statt. Nach Ende der Brutzeit 1996 lebten 400-

430 Individuen in Wiesbaden (ZINGEL 1997). Am 11.07.02 wurden von M. BRAUN , A. FLICK ,

D. FRANZ , M. KRAFT und C. MAYR 1062 Halsbandsittiche auf den Schlafbäumen in Wiesba- den-Schierstein gezählt (FRANZ et al. 2002), 2003 waren es hier bis zu 1400 Tiere (D. FRANZ schriftl.).

In Worms leben Halsbandsittiche seit 1974 (MAHLER 2001), der Bestand wird hier auf 150-

250 Tiere geschätzt (FRANZ et al. 2002).

Rhein-Neckar-Raum (ohne Heidelberg)

Im Folgenden wird die positive Entwicklung der Halsbandsittichpopulation im Rhein-Neckar- Raum dargestellt. 1973 wurde ein Halsbandsittich-♀ im Schlosspark Neckarhausen gesehen, dem sich 1974 ein ♂ dazugesellte (MAHLER 2001). Die erste Brut fand 1974 statt, der Be- stand entwickelte sich bis 1983 auf 30 Sittiche (MAHLER 1996). 1985 gab es mindestens 5 BP,

1989 etwa 75 Exemplare, 1990 wurden 8 besetzte Bruthöhlen im Schlosspark gezählt (ERNST

1990, MAHLER 1996).

18 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

Im benachbarten Ladenburg zählte A. FRIEDRICH (1987) 50 Tiere. M. WINK beobachtete im

Friedhof von Ladenburg am 25.06.98 50 Individuen (MAHLER 2001). Brutverdacht bestand auch in Schriesheim bei Heidelberg (MAHLER 1996). In Frankenthal bei Ludwigshafen gehören Halsbandsittiche seit etwa 1985 zu den Brutvögeln,

2001 wurden hier 8 BP gezählt (FRANZ et al. 2002). In Ludwigshafen wurden mind. 3 BP aus dem Ebertpark, 7 BP aus dem Stadtpark am Rheinufer gemeldet (unveröff. Manuskript FRANZ

& KRAUSE ). Am 28.01.02 wurden auf den Schlafbäumen in Ludwigshafen 355 Halsbandsitti- che gezählt (unveröff. Manuskript FRANZ & KRAUSE ). In Mannheim leben Halsbandsittiche entlang des Rheinufers vom Schlossgarten bis hin zum

Waldpark (hier 5-6 BP) (MAHLER 2001, unveröff. Manuskript FRANZ & KRAUSE ). Im Luisen- park bestand 1993 Brutverdacht, 1995 waren es 3-4 BP und am 14.09.02 wurden mindestens

60 Halsbandsittiche gezählt (MAHLER 1996, MAHLER 2001, unveröff. Manuskript FRANZ &

KRAUSE ). Im Schlosspark von Schwetzingen brütete 1995 das erste Paar, am 23.05.98 konnten von M.

WINK 10 brütende Individuen und von D. FRANZ und T. KRAUSE am 29.01.02 über 20 Hals- bandsittiche an 11 Höhlen beobachtet werden (MAHLER 2001, unveröff. Manuskript FRANZ &

KRAUSE ).

Für den Raum Mannheim/ Heidelberg wurden von MAHLER (2001) 50-70 BP bzw. mindes- tens 200 Halsbandsittiche angegeben.

Heidelberg 1-2 Halsbandsittiche wurden im Bereich des Heidelberger Tiergartens im Jahre 1972 an ei- nem Futterhäuschen gesehen. Bis 1983 waren es maximal 4 Exemplare. Ab 1985 nahm die Zahl der beobachteten Tiere am Neckar in Heidelberg, Wieblingen, Edingen-Neckarhausen, Ilvesheim und Ladenburg stetig zu. Auch im Schwetzinger Schlossgarten traten Halsbandsit- tiche auf. In Heidelberg wurden die Tiere bis Ende der 1980er Jahre im Bereich des Zoos nur zwischen August und März beobachtet, einmal auch im Juni. Ab Anfang der 1990er wurden dann Gruppen von 40 Tieren festgestellt. Die erste Brut auf dem Gelände des Zoos wurde 1990 in einer Platane ( Platanus x hispanica ) entdeckt, 1992 waren es 2 BP, 1993 4 BP

(POLEY 1993). 1992 wurden in Heidelberg 50 Vögel gezählt. Seit mindestens 1991 gibt ver- mutlich mehrere BP in Wieblingen (MAHLER 2001).

2.6 Lebensweise, Ernährung und Trinken

Halsbandsittiche leben gesellig in Verbänden mit unterschiedlicher Individuenzahl und neigen zu gemeinschaftlichem Nisten in losen Kolonien (ZINGEL 1997). Das Flugverhalten von Ein- 19 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri zeltieren und von Trupps unterscheidet sich deutlich. Gruppen fliegen in der Regel geradlinig und tief, meist ohne Lautäußerungen. Einzeltiere fliegen dagegen hoch, in reißendem Zick- zack, und sie geben Warnlaute von sich. Dies wird als Schutzverhalten gegenüber Greifvö- geln interpretiert (FRANZ & KRAUSE 2003a). Abends finden sich die Vögel zur gemeinsamen Nahrungsaufnahme zunächst an Sammelplätzen ein, dann fliegen sie in Gruppen auf die

Schlafbäume (vgl. FRANZ & KRAUSE 2003a).

Über das Maß der Sterblichkeit in den Freilandpopulationen ist bisher nichts bekannt (PITHON

& DYTHAM 2002), ein Alter von 20-30 Jahren ist in Gefangenschaft keine Seltenheit. Belegt sind sogar 50 Jahre minus einen Tag in menschlicher Obhut bei einem importierten Vogel

(ROBILLER 1997). Halsbandsittiche ernähren sich überwiegend vegetarisch, in ihren Herkunftsländern von Sämereien und Früchten, Blüten und Nektar, vor allem von Obst in Gärten, bei uns zusätzlich von Knospen, Blättern, Trieben und Rinde (FRANZ & KRAUSE 2003b, ROBILLER 1997). Dazu kommt noch ein kleiner tierischer Anteil wie Wasserschnecken und Arthropoden (ZINGEL 1997). In Indien gelten Halsbandsittiche als Landwirtschaftsschädlinge, da sie sich von halb- reifem und reifem Getreide, Mais und Reis ernähren und selbst Getreidesäcke auf Bahnhöfen eröffnen, häufig werden Kaffeeplantagen aufgesucht (ALI & RIPLEY 1969, ROBILLER 1997). In Europa gehören Getreidefelder bisher nicht zu den regelmäßig aufgesuchten Nahrungshabita- ten von P. krameri , außerdem werden in Deutschland nur äußerst selten Halsbandsittiche auf dem Boden nach Nahrung suchend gesehen (vgl. FELLENBERG 1986, 1989, KÖPKE 1987).

Pflanzenteile werden üblicherweise vor Ort im Baum oder am Strauch verzehrt (ERNST 1995), gelegentlich auch im Schnabel oder mit den Füßen zu erhöhten Sitzplätzen transportiert

(ERNST 1995). Die Papageien ernten viele Nahrungsbestandteile oft nicht direkt, sondern pflücken beispielsweise einen kurzen Ast oder einen ganzen Fruchtstand, den sie dann mit dem Fuß zum Schnabel führen. Bei einem Überangebot gehen Halsbandsittiche sehr ver- schwenderisch mit ihrer Nahrung um, dies kann zu großen Mengen Abfalls, selbst von ver- wertbarer Nahrung, führen (MOLL 1982, ERNST 1995, FRANZ & KRAUSE 2003b). Die Nah- rung wird wegen des zu Menschen (und größeren Tieren) gehaltenen Sicherheitsabstandes praktisch ausschließlich in den äußeren Bereichen der Baumkronen gesucht (BLOMENKAMP in

FRANZ & KRAUSE 2003b).

Nach FRANZ & KRAUSE (2003b) sind über 85 Pflanzenarten als Nahrung von freilebenden Papageien in Deutschland nachgewiesen. Von besonderer Bedeutung sind verschiedene Ahornarten ( Acer spec. ), jegliche Kern- und Steinobstarten (besonders Prunus ), Hainbuche (Carpinus betulus ), Kaukasische Flügelnuss ( Pterocarya fraxinifolia ) und Esche ( Fraxinus

20 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri excelsior ). Auch die Früchte, Blüten und Blätter der als Brutbaum wichtigen Platane ( Plata- nus x hispanica ) werden verzehrt (FRANZ & KRAUSE 2003b, MOLL 1982). Halsbandsittiche nehmen energiereiche Nahrung mit ausreichend Fetten und Kohlehydraten auf hierbei werden

Blüten mit großer Pollen- und Nektarmenge (z. T. über 50 % Zuckergehalt) bevorzugt (FRANZ

& KRAUSE 2003b). Besonders beliebt sind Rosskastanien zur Blütezeit (MOLL 1982, ERNST 1995). Daneben werden Pflanzenteile bevorzugt, die in großer Zahl und/ oder in hohem Ge- wicht an einem Baum vorkommen (FRANZ & KRAUSE 2003b). Halsbandsittiche trinken mehrmals täglich. Wasser wird dabei nur in Ausnahmefällen aus Pfützen oder Bächen aufgenommen. Beliebte Tränken sind Astgabeln, in denen sich Regen- wasser angesammelt hat. Regenrinnen und Pfützen auf Dächern werden ebenfalls besucht. Bei Minusgraden werden teilweise Eisbrocken im Fuß gehalten oder wird Schnee abgeleckt, außerdem kommen die Sittiche unter größter Vorsicht an noch offene Gewässer (FRANZ &

KRAUSE 2003b). Halsbandsittiche baden üblicherweise nicht in Pfützen, sondern sind so ge- nannte Regenbader (vgl. ERNST 1995, ROBILLER 1997, FRANZ & KRAUSE 2003b).

2.7 Mauser

Die Mauser der Vögel ist ein Energie zehrender und physiologisch belastender Prozess, der

über Thyroxin (Schilddrüsenhormon) gesteuert wird (BERGMANN 1987). Bei den meisten Vö- geln wirkt der Brutzyklus, wohl über Sexualhormone gesteuert, hemmend auf die Gefiederer- neuerung (BERGMANN 1987). Handschwingen (HS) werden von proximal nach distal nummeriert (Abb. 8), Armschwingen (AS) hingegen von außen nach innen. AS 1 und HS 1 liegen demnach in direkter Nachbar- schaft.

Abb. 8: Handschwingenmauser bei einem Halsbandsittich ( Psittacula krameri ). HS 6 wird zuerst abgestoßen, dann wird hiervon aufsteigend und absteigend gemausert. Das abgebildete ♀ besitzt bereits eine neue HS 6, HS 5 fehlt und HS 7 befindet sich im Wachstum. 21 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

Der Halsbandsittich besitzt 11 Handschwingen, die längste ist HS 9, HS 10 und 8 sind um 0-4 mm kürzer (CRAMP 1985). HS 11 ist rudimentär, liegt unter den Handdecken versteckt

(CRAMP 1985) und spielt für die folgende Mauseruntersuchung keine Rolle (Kap. 4.3). Nach der Brutzeit erneuern adulte Halsbandsittiche in der postnuptialen Mauser (engl. adult post-breeding) ihr Gefieder komplett. Die Mauser wird als divergent bezeichnet, da von einer bestimmten Stelle (Focus) in der Mitte begonnen wird, von der divergent in beide Richtungen gemausert wird (B EZZEL & PRINZINGER 1990). Die Handschwingen beginnen aufsteigend und absteigend von HS 6 zu mausern, d. h. HS 6-10 und HS 5-1 mausern entweder zeitgleich in 2 getrennten Gruppen oder HS 6-10 beginnen früher (CRAMP 1985). Die Reihenfolge in HS 5-1 ist häufig unregelmäßig (STRESEMANN & STRESEMANN in CRAMP 1985). Schwungfedern mausern langsam, die nächste Feder wird manchmal erst abgestoßen, wenn die vorherige schon nachgewachsen ist. In Nordindien findet die Mauser der Vögel hauptsächlich nach der Brutzeit von Mai bis Sep- tember statt (CRAMP 1985). Die Mauser der HS wird nicht in einer Saison abgeschlossen, sondern gegen Ende der Periode an einem Punkt gestoppt (CRAMP 1985). Hier setzt sich im folgenden Jahr die Mauser fort, es wird auch gleichzeitig wieder mit HS 6 begonnen, dies wird als Staffelmauser bezeichnet (CRAMP 1985, BEZZEL & PRINZINGER 1990). Mehrere die- ser Serien können zeitgleich aktiv sein, z. B. können sich HS 6, 8 und 10 im Wachstum befin- den, während HS 7, 9 und HS 1-5 noch neu sind (CRAMP 1985). Armschwingen mausern in der Reihenfolge aufsteigend, Steuerfedern (SF) unregelmäßig. Die Postjuvenilmauser (engl. post-juvenile) beginnt im Alter von ca. 1 Jahr. Die Abfolge gleicht der bei adulten Vögeln, aber die Schwungfedern mausern nicht in Serien. Einige der juvenilen Schwungfedern mit bis 1 mm breiten hellen Federrändern bleiben bis in das 3. Kalenderjahr (KJ) erhalten. Die erste postnuptionale Mauser (engl. first post-breeding) findet im 3. KJ statt (CRAMP 1985).

2.8 Brutbiologie

Allgemein gibt es bei der Gattung Psittacula mehr ♂♂ als ♀♀, für Großbritannien wurde bei Halsbandsittichen aber das Geschlechterverhältnis von 1:1 angegeben (LOW 2002, CRAMP 1985). Es gibt eine Jahresbrut, bei Verlust des Geleges wird normalerweise kein 2. Mal gebrütet

(CRAMP 1985). In Indien und Sri Lanka liegt die Brutzeit hauptsächlich zwischen Januar und

April/ Mai (ALI & RIPLEY 1969). Das ♀ entscheidet über die Wahl der Nisthöhle, die manchmal einen benagten Rand besitzt und nachweislich 6-7 Jahre hintereinander erfolgreich bebrütet werden kann (ERNST 1995, CRAMP 1985). Die Sittiche scheinen Höhlen zu bevorzu-

22 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri gen, die einen engen Höhleneingang besitzen, sich aber in eine geräumige, darunter liegende

Brutkammer erweitern (HUME 1890). Sind Höhlen zu eng, werden mit dem Schnabel erwei- tert, außerdem können Halsbandsittiche in weichem Holz selbst Höhlen anlegen (KRAUSE

2001, FRANZ & KRAUSE 2003a). Die Eiablage in Deutschland erfolgt in der 2. Märzhälfte bis weit in den April, in Ausnahme- fällen auch Anfang Mai (ZINGEL 1997). Das ♀ brütet alleine auf 2-6 (meist 4) Eiern und ver- lässt das Gelege selbst bei beachtlichen Störungen nicht (CRAMP 1985). Die Brutdauer beträgt

22-24 Tage, das Ausfliegen der Jungen erfolgt im Alter von 42-49 Tagen (ROBILLER 1997). Gelege wurden in London noch bis zum 16. April bebrütet, der Schlupf war Mitte Mai abge- schlossen (PITHON & DYTHAM 1999a). Anfangs versorgt nur das ♂ die Familie mit Nahrung.

Nach etwa 2 Wochen beteiligen sich beide Partner an der Aufzucht der Jungen (ZINGEL 1997). Im Alter von 2-3 Wochen kommen die Jungen häufiger an den Höhleneingang, sie sind aber in der Anfangsphase noch sehr vorsichtig, Bettellaute sind noch nicht zu hören

(ERNST 1995). Im Verlauf der Entwicklung wagen sie sich teilweise so weit aus dem Loch, dass ein Abstürzen unvermeidbar erscheint, was aber nicht beobachtet wurde (ERNST 1995). Nach dem Ausfliegen kehren die Jungen nicht wieder in die Höhle zurück, sie betteln ihre Eltern mit charakteristischen Lauten an und zeigen dabei als Gebärde ein rhythmisches Kopf- nicken (ERNST 1995). Sie wenden sich zu 50 % mehr dem ♂ als dem aggressiveren ♀ zu

(ERNST 1995). Die Jungen werden nach dem Ausfliegen noch einige Wochen von den Eltern geführt (ZINGEL 1997). Das Ende der Brutzeit wird dadurch sichtbar, dass innerhalb weniger Tage die Bruthöhlen nicht mehr Mittelpunkt der Sittichkolonie sind, die Familien verteilen sich (ERNST 1995). Nach etwa 3-4 Wochen im Freien fliegen die Jungen auch ohne Begleitung der Eltern und schließen sich danach zu Jugendtrupps zusammen (ERNST 1995). Partnerfütterungen werden nach Ende der Brutzeit vom ♂ ausgehend eingestellt (CRAMP 1985, ERNST 1995). Ab Okto- ber sind die Sittiche dann wieder regelmäßig an den Brutplätzen zu sehen (ERNST 1995). Von 899 in Wiesbaden festgestellten Bruten in 22 Baumarten fanden 60,4 % in Platanen

(Platanus x hispanica ) statt (ZINGEL 2000). Wenn wenige oder keine Platanen vorhanden sind nehmen die Tiere andere Baumarten zum Brüten an (FRANZ & KRAUSE 2003a). Ein Brutplatz in Wiesbaden wurde von 1975-1993 jährlich von Halsbandsittichen besetzt (ZINGEL 1993).

Nahezu 80 % der Bruthöhlen in Wiesbaden befinden sich in Höhen über 10 m (ZINGEL 1997).

Die bevorzugte Bruthöhe liegt in Köln zwischen 8 und 15 m (ERNST 1995). ROBILLER (1997) berichtet von einer Bruthöhle in Nordindien, in einer Höhe von nur 2,5 m.

23 2 Allgemeines zu Neozoen und P. krameri

Während in Indien Halsbandsittiche regelmäßig in Gebäudenischen brüten, wurde dies in Eu- ropa erst einmal für Großbritannien erwähnt (PITHON & DYTHAM 1999b). In Suffolk brütete ein Paar 1977-86 in einer Höhle im Mauerwerk einer Kirche (PIOTROWSKI 2003). In Gebäu- den werden solche Höhlen bevorzugt, die zunächst gerade verlaufen, dann aber eine Seitwärt- sbiegung machen (LAMBA 1966), dies macht die direkte Einsicht in die Brutkammer schwie- rig oder unmöglich (PITHON & DYTHAM 1999a). Während ZINGEL (1997) keine Gebäudebru- ten für Deutschland erwähnt, besetzten 2001 bereits 6 BP Höhlen in einer Gebäudefassade in

Heidelberg (FRANZ & KRAUSE 2003a). Nistkästen werden von Halsbandsittichen nicht gerne angenommen. Von 175 in England auf- gehängten Nistkästen in dicht mit Halsbandsittichen besiedelten Brutgebieten wurde nur ein einziger angenommen (PITHON & DYTHAM 1999a). In Deutschland wurden hingegen mehr- fach Kastenbruten festgestellt. In Bonn brüten die Halsbandsittiche in für sie aufgehängten

Nistkästen (FRANZ & KRAUSE 2003a), einmal wurde auch in Wiesbaden eine Nistkastenbrut nachgewiesen (ZINGEL 1993). Brutdichten können für Wiesbaden angegeben werden. In Wiesbaden umfasste der Bestand

1996 im 30 ha großen Schlosspark Biebrich 60 BP (ZINGEL 1997). Dies entspricht einer Sied- lungsdichte von 2 BP/ ha. Spätere Angaben von 120 BP für Wiesbaden im Jahr 1999 durch

ZINGEL (2000) würden einer Verdopplung der Brutdichte innerhalb von 3 Jahren entsprechen, die aufgrund der Koloniebildung der Art in Gebieten mit ausreichendem Höhlenangebot mög- lich ist. In Wiesbaden wurden 6 von Sittichen besetzte Bruthöhlen in einer einzigen Platane gezählt (ZINGEL 1993). Koloniegrößen werden mit bis zu 8 BP im gleichen Baum angegeben

(SHIVANARAYAN et al. 1981). Die Siedlungsdichte in Nordrhein-Westfalen wird mit 1400 Halsbandsittichen auf 1385 km² angegeben, dies entspricht etwa 1 Tier/ km² (KRAUSE 2001).

24 3 Material & Methoden

3 Material und Methoden

3.1 Untersuchungszeitraum und -gebiete

Untersuchungen fanden durchgehend nur vom 07.05.-16.09.03 statt. Zusätzliche Beobachtun- gen erfolgten zwischen dem 31.01.03 und dem 08.12.03. In Kooperation mit Stefanie Wegener und Maria Romero vom Amt für Umwelt, Energie und Gesundheitsförderung in Heidelberg wurden die durch eine Bevölkerungsbefragung (vgl.

WEGENER 2004) gemeldeten Brutgebiete der Halsbandsittiche in Heidelberg aufgesucht und erfasst. Die Hauptuntersuchung konzentrierte sich auf das St.-Hedwig-Altenheim (SHA) mit 75 Beobachtungstagen. Die anderen Fassadenvorkommen wurden an 9 bis 22 Tagen und die Baumbruten an 1 bis 19 Tagen aufgesucht. In Abb. 9 sind eigene Sichtungen und Meldungen von Halsbandsittichen im Rhein-Neckar- Raum für 2003 dargestellt. Die Untersuchungsgebiete in Heidelberg sind im Abkürzungsver- zeichnis (s. Anhang) und in Abb. 10 dargestellt. Alle Untersuchungsgebiete in Heidelberg lagen in der Oberrheinebene zwischen 105 und 130 m ü. NN. Unterschieden wurde nach (1) Brutgebieten und (2) Schlafplätzen. (1) BP wurden durch Beobachtung, Bürgerbefragung und durch Zählen der adulten ♂♂ am Schlafbaum, als Näherungswert für die Zahl der BP dieser grundsätzlich monogamen Art (vgl.

ERNST 1995), ermittelt. Die von Halsbandsittichen besuchten oder bebrüteten Gebäude lagen in Neuenheim (SHA), im Neuenheimer Feld (UP, ST-WH), in der Südstadt (HG) und in Wieblingen (MBS, JGS, VDI, ETS). Baumbruten von Halsbandsittchen wurden in Bergheim (LKK), Neuenheim (SHA), im Zoo, in der Weststadt (LHS), in der Südstadt (BF) und in Wieblingen (GW, ETS) beobachtet. Ein Brutgebiet (ST-WH) wurde erst nach der Brutzeit bekannt. (2) Für die Halsbandsittichpopulation in Heidelberg wurde ein einziger Schlafplatz vermutet, wie er in Wiesbaden und Köln (bestehend aus einem oder mehreren Bäumen), existiert (vgl.

ERNST 1995, ZINGEL 1997, KAHL -DUNKEL & WERNER 2002). Um die Gesamtpopulation von P. krameri und den Zeitraum der Nutzung der Schlafbäume zu dokumentieren, wurden die Schlafplätze in regelmäßigen Abständen aufgesucht. Zunächst musste der Standort lokalisiert werden, was zuerst Stefanie Wegener am 09.03.03 gelang (WEGENER 2004). Es wurden in- sgesamt 5 verschiedene Schlafplätze von P. krameri in Heidelberg aufgesucht. Zur Ergänzung der ermittelten Daten wurden zusätzlich Schlafbäume von Halsbandsittichen in Neckarhausen und Ludwigshafen aufgesucht.

25 3 Material & Methoden

Ludwigshafen

Neckarhausen

Mannheim

MA-Friedrichsfeld

Schwetzingen

Heidelberg

Leimen

Abb. 9: Lage der Vorkommen des Halsbandsittichs im Rhein-Neckar-Raum nach eigenen Beobachtungen und Meldungen 2003. Gelb markiert ist die Lage der Schlafplätze, in Grün sind Sichtungen von Halsband- sittichen dargestellt. TK 1:100 000 (verkleinert dargestellt).

GW

ETS VDI ST-WH

UP SHA Zoo MBS JGS LKK

LHS

BF HG

Baumbruten Gebäude, besucht Schlafplätze

Abb. 10: Lage der Untersuchungsgebiete für Halsbandsittiche in Heidelberg. Luftbild mit freundlicher Genehmigung des Vermessungsamtes Heidelberg

26 3 Material & Methoden

3.2 Untersuchungsmethoden

3.2.1 Bestandszählungen am Schlafplatz

Um die Gesamtpopulation des Halsbandsittichs in Heidelberg zu bestimmen, wurden über den Beobachtungszeitraum alle abends auf die Schlafbäume fliegenden Individuen gezählt. Hier- bei wurde ein offener Beobachtungsstandpunkt ausgewählt, von dem aus eine komplette Er- fassung am wahrscheinlichsten erschien. Einfliegende Trupps wurden, falls sie über 10 Indi- viduen hinausgingen, in 5er-Gruppen durchgezählt und die Endzahl der Truppgröße notiert, ansonsten wurden Einzeltiere oder Zweiergruppen abgezählt. Alle Individuen wurden pro Minute summiert. Die Anzahl aller eingeflogenen Individuen wurden addiert, um die Ge- samtpopulation auf den Schlafbäumen anzugeben. Vom Schlafplatz weggeflogene Individuen wurden subtrahiert und beim erneuten Einfliegen addiert (Tab. 8). Diese Methode wird von

Detlev Franz für Wiesbaden angewandt (D. FRANZ mündl.). Zusätzliche Daten für diese Ar- beit stammen von Stefanie Wegener und Detlev Franz.

Tab. 8: Exemplarische Darstellung einer Einflugszählung (17.08.03) am Schlafbaum S3 in Heidelberg. Zeit Einfliegende bzw. abfliegende Individuen und Trupps Zwischen- (MESZ) summe 20:20 1 5 3 -1 -4 -1 -2 -1 0 20:21 4 17 30 51 20:22 1 27 28 20:23 3 1 39 43 20:24 35 8 12 9 -5 5 -1 1 1 -2 3 3 69 20:25 26 6 3 -1 1 2 2 4 -1 -1 1 42 20:26 1 1 3 12 -1 7 1 24 20:27 7 2 -1 4 12 20:28 4 2 1 3 2 3 2 -1 1 17 20:29 3 2 1 1 1 2 10 20:30 3 2 5 20:31 4 4 20:32 2 1 5 1 9 20:33 0 0 20:34 0 0 20:35 0 0 20:36 0 0 20:37 1 1 Endsumme 315

Um die Populationsgröße im gesamten Rhein-Neckar-Raum zu bestimmen, wurden zwischen dem 18. und 22.08.03 alle 3 bis dahin bekannten Schlafplätze nacheinander aufgesucht und die jeweiligen Einflugszahlen bestimmt und dann summiert. Summenangaben von Heidelberg und Neckarhausen beziehen sich, wenn nicht anders erwähnt, auf 2 aufeinander folgende Ta- ge.

27 3 Material & Methoden

3.2.2 Demographische Erhebungen: Geschlecht und Alter von P. krameri

Mithilfe eines Scanverfahrens (Abb. 11) wurden die auf den Schlafbäumen (S3) gut sichtbar sitzenden Halsbandsittiche nachfolgend mit dem Spektiv erfasst. Doppelzählungen wurden durch diese Methode weitgehend vermieden, obwohl auch Platzwechsel innerhalb der Schlaf- bäume vorkamen. Zusätzlich wurden Tiere separat nach oberem, mittlerem und unterem Baumdrittel notiert. Begonnen wurde abends direkt nach Ende des Einfluges, so dass die Lichtverhältnisse für eine Unterscheidung der Vögel noch ausreichten. Die Halsbandsittiche wurden in folgende Kategorien eingeteilt: a) adulte ♂♂ b) Weibchenfarbene: mind. 1-jährige ♀♀ und nicht adulte ♂♂ c) Diesjährige Nicht eindeutig zu identifizierende Individuen wurden ebenfalls aufgenommen, fanden aber in der späteren Auswertung keine Verwendung. Jungtiere lassen sich anfangs durch Bettelrufe, ihre dunklen Augen mit weiter Pupillenöff- nung und brauner Iris (ERNST 1995), den vollkommen roten Schnabel, den kürzeren Schwanz und die hell umrandeten Handschwingenfedern recht gut von den Adulten unterscheiden. Nach 2-3 Wochen werden die Augen heller (Iris hellblau und gelblichweiß, Pupille verengt sich), der Schwanz wird länger und die Bettelrufe sind nicht mehr zu hören. Der Unterschna- bel bleibt hingegen noch rot und die Handschwingen hell umrandet (vgl. CRAMP 1985). Ab dem 29.06. wurden Jungtiere nicht mehr nach dunkler Augenfarbe, sondern anhand des roten Unterschnabels und der hellen Federsäume der Handschwingen bestimmt. Dieses Merkmal trifft allerdings auch auf die vorjährigen Jungtiere zu, weshalb ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zwischen Diesjährigen und Jungtieren von 2002 unterschieden werden konnte. Anstatt Kategorie c wurde eine neue Kategorie: d) Juvenile verwendet (vgl. Abb. 18). Der Versuch einer Rekonstruktion der Altersstruktur findet sich in Kap. 5.1.2.

28 3 Material & Methoden

Beginn

Ende

Abb. 11: Demographische Zählungen an Schlafplatz S3. Die niedrigsten Sitzplätze lagen in 4 m Höhe direkt über dem Radweg am Neckarufer (Spitze des untersten Pfeils, Radweg hier nicht sichtbar). Die meisten Sittiche saßen aber im oberen Drittel der Bäume.

3.2.3 Kartierung und Beschreibung der Schlafplätze

Schlafbäume wurden auf ihre Eigenschaften wie die zeitliche Nutzung durch P. krameri , Baumarten, Einzel- oder Gruppenpflanzung, Beleuchtung, Entfernung zu Flüssen, Gebäuden und untereinander untersucht. Angaben über die zeitliche Nutzung durch Halsbandsittiche wurden durch permanentes und regelmäßiges Aufsuchen der Schlafplätze erhoben. Qualitative anthropogene Standortfaktoren wie die Lage an Radwegen und Straßen sowie eine nächtliche Beleuchtung in unmittelbarer Nähe des Schlafplatzes (< 20 m) wurden vor Ort aufgenommen. Baumarten wurden mit Hilfe botanischer Bestimmungsliteratur (ROTHMALER 2002, MAYER & SCHWEGLER 2002) angesp- rochen, zusätzlich wurde am Standort die Kategorisierung in (1) Einzelbaum oder (2) Baumgruppe vorgenommen. Abstände zwischen den Schlafplätzen, sowie Entfernungen der Schlafplätze zu Flüssen und Gebäuden wurden in einer Topographischen Karte (TK 1: 25.000) bestimmt.

29 3 Material & Methoden

3.2.4 Methoden zur Brutbiologie

Ermittlung der Höhe der Bruthöhlen Daten über die vertikale Lage der Nisthöhlen (definiert durch die Höhe des Einflugslochs) sowie die Gebäudehöhen wurden folgendermaßen erfasst: 1. Die Höhe der Fassadenhöhlen wurde durch Abfotografieren der Fassade aus der Dis- tanz mit einem 2-m-Zollstock als Referenzhöhe bestimmt. Zur Untersuchung zweier Gebäude lagen Architektenpläne vor, an denen die Höhe ohne perspektivische Verzer- rung ausgemessen werden konnte. 2. An einem Tag stand eine Hubsteige (LW 30) aus dem Landschaftsamt Heidelberg mit Maßband zur exakten Bestimmung der Bruthöhe in den untersuchten Bäumen zur Verfügung.

Ausmessen der Bruthöhlen Zur Bestimmung von Horizontal- und Vertikalmaß wurde ein Zollstock verwendet. Das Hori- zontalmaß wurde als der Abstand zwischen Einflugsloch und Rückwand gemessen. Das inne- re Vertikalmaß der Höhle wurde vom Unterrand des Eingangsloches bis zum Boden be- stimmt, hier fand neben einem Maßstab auch ein Endoskop mit cm-Eichung Verwendung. Außerdem wurde die maximale Höhe und Breite des Höhleneingangs an den breitesten Stel- len notiert (Abb. 12 links). Einen Überblick über die technischen Voraussetzungen von Wär- medämmfassaden gibt Abb. 13. Zu beachten ist hierbei, dass Horizontal- und Vertikalmaß nur zwei der drei Raumebenen repräsentieren. Lagen Fassadenhöhlen an Gebäudekanten und nicht in der Fläche, so wurde das maximale Horizontalmaß schräg bestimmt (Abb. 12 rechts).

Mauerwerk

Höhe und Breite des Horizontal- Höhlenein- maß Bruthöhle mit maximalem gangs Horizontalmaß

Vertikalmaß Wärmedämmschicht

Einflug sloch

Abb. 12: links: Verschiedene Maße einer Bruthöhle rechts: Bestimmung des maximalen Horizontalmaßes in einer Fassadenhöhle an einer Gebäudekante (Ansicht von oben)

30 3 Material & Methoden

Mauerwerk Klebemasse

Wärmedämmschicht (8 cm) Armierungsschicht

Außenputz (3 mm)

Abb. 13: Aufbau der Schichten einer Fassadendämmung.

Das Vermessen der Höhlen fand nach der Brutzeit statt. Erreicht wurden die Höhlen mit Hilfe eines professionellen Kletterers und durch Einsatz einer Hubsteige, insbesondere für die Ver- messung der Baumhöhlen. Es konnten nicht alle Höhlen untersucht werden, weil viele mit diesen Methoden unerreichbar blieben. Neben bebrüteten Höhlen wurden auch unbebrütete Höhlen vermessen, die an derselben Fassade oder im selben Baum wie die bebrüteten lagen. Eine andere Methode wäre die Volumenmessung des Brutraumes gewesen, die aber aus tech- nischen Gründen nicht durchgeführt wurde.

Temperaturmessung in den Bruthöhlen Um eventuelle Unterschiede im Wärmeverhalten zwischen EPS-Fassaden und Baumhöhlen festzustellen, wurden in einer Platanenhöhle und in 2 Fassadenhöhlen Temperaturmessfühler eingerichtet. Von Interesse war hierbei nur die vergleichende Thermik der Höhlen, nicht die Bruttemperatur. Die Messfühler wurden an Datenloggern angeschlossen, die in Intervallen von 15 Minuten die aktuelle Temperatur speicherten. Um unnötige Störungen an den bebrüte- ten Höhlen, die Einflussnahme von brütenden Vögeln auf die Temperaturmessungen und Na- geschaden an den Kabeln zu vermeiden, wurden die Messungen erst nach dem Ausfliegen der Jungen durchgeführt und die Kabel mit einem Kabelschutz versehen. Der Messzeitraum ers- treckte sich vom 01.08.-11.09.03.

Anbringen von Nistkästen und EPS-Quadern als Brutersatz Um den Halsbandsittichen auch nach dem Versiegeln der Fassadenhöhlen am 16.10.03 Brut- möglichkeiten zu bieten, die für spätere Untersuchungen, z. B. für Beringung oder das Anb- ringen einer Videokamera, relativ problemlos zu erreichen sind, wurden 8 Holznistkästen für das St.-Hedwig-Altenheim (SHA) angefertigt. 4 von ihnen waren höher als breit („hängender

31 3 Material & Methoden

Typ“), 4 waren breiter als hoch („liegender Typ“) (Abb. 14). Als Innenmaße wurden 18 x 18 x 45 cm gewählt. Der Durchmesser des Einflugslochs war mit 5,5 cm etwas geringer als die an den Fassadenhöhlen gemessenen 6-8 cm, da Halsbandsittiche gerne engere Höhlen- eingänge annehmen (vgl. HUME 1890, ERNST 1995, ZINGEL 1997).

a

Nistkastentypen: a: hängend b: liegend

b

Abb. 14: Den Halsbandsittichen wurden als Brutersatz 2 verschiedene Kastentypen angeboten.

Auf Nistmaterial wie Holzspäne wurde verzichtet, aber die Hälfte der Kästen (je 2 vom lie- genden und vom hängenden Typ) wurde mit 5 cm dicken EPS-Platten ausgekleidet. EPS als

Füllmaterial für Nistkästen wird z. B. auch für Kleinspechte empfohlen (HAVELKA &

MITTMANN 1997). Der Eingang wurde durch EPS verschlossen und musste zunächst durch die Sittiche frei genagt werden. Das Anbringen der Kästen am SHA erfolgte am 15.09.03 auf et- wa 5 m Höhe an den beiden Wohnheimen (SHA-B und SHA-C) und am 16.09.03 am Haupt- gebäude (SHA-A) auf etwa 10 m. Alle Nistkästen wurden über vorhandenen Fassadenhöhlen angebracht, 4-mal über zuvor bebrüteten, 4-mal über nicht bebrüteten. Im Park der Elisabeth-von-Thadden-Schule (ETS) ließ die „AG Halsbandsittich“ unter der

Leitung von Dr. Regine Buyer einen Nistkasten und 2 EPS-Quader mit etwa 40 cm Kanten- länge und verschiedenen Putzsorten in Bäumen des Parks anbringen.

Beobachtungen an Fassadenhöhlen Um herauszufinden, welche Vogelarten Wärmedämmfassaden prinzipiell aufsuchen und wie hoch der Anteil der Halsbandsittiche als Fassadenbrüter im Vergleich zu anderen Vogelarten ist, wurden sämtliche während des Untersuchungszeitraumes beobachteten Vögel an Dämm- fassaden erfasst. Hierbei wurde die Anzahl der von Halsbandsittichen besuchten Fassaden- höhlen der Anzahl von ihnen bebrüteter Höhlen gegenübergestellt. Um eventuelle Verdrängung der Halsbandsittiche durch Honigbienen ( Apis mellifera ), wie sie in Baumhöhlen mehrfach beschrieben wurden (ERNST 1995, ZINGEL 1993), auch in Fassaden zu dokumentieren, wurden alle bekannten Fassadenhöhlen am 30.06.03 abgesucht. Zu diesem

32 3 Material & Methoden

Zeitpunkt waren an den bekannten Bienenvölkern in Baumhöhlen schwärmende Bienen um den Nesteingang zu sehen.

Bestimmung der Reproduktionsrate Zunächst einmal muss zwischen den Begriffen Bruterfolg und Reproduktionsrate unterschie- den werden. Bruterfolg ist der Anteil flügger Jungvögel bezogen auf die Gelegegröße und Reproduktionsrate ist die mittlere Anzahl flügger Jungvögel bezogen auf die Anzahl der BP

(BAIRLEIN 1996). Da keine Gelegegrößen als Referenz bekannt waren, beziehen sich alle Zah- lenangaben dieser Arbeit auf die Reproduktionsrate. Wird der Begriff Bruterfolg dennoch verwendet, so beinhaltet diese Bezeichnung eine qualitative, nicht quantitative Aussage. Als Kriterium einer besetzen Bruthöhle mussten 2 Bedingungen erfüllt sein: 1. die Anwesenheit eines Paares an der Höhle 2. der Einschlupf und das Verweilen eines ♀ in der Höhle. An Fassaden wurden nur Höhlen mit einem Einflugsloch von mindestens 5 cm Durchmesser erfasst, keine kleineren „Störstellen“, in denen kein Brutraum für Halsbandsittiche vorhanden war. Um den Zuwachs der Population und somit eine Grundvoraussetzung für eine weitere mögliche Ausbreitung des Halsbandsittichs festzustellen, wurden verschiedene Methoden zur Bestimmung der Reproduktionsrate gewählt: (1) Zählen der Jungtiere in den Bruthöhlen durch Endoskopie. Nur am SHA wurden durch Klettern die Fassadenhöhlen in der Brutzeit untersucht. (2) Zählen der Jungtiere, die aus der Bruthöhle schauen als Mindestwert der Anzahl der

Jungtiere pro Nest (vgl. ERNST 1995). (3) 3-maliges Erfassen der kurzschwänzigen einfliegenden Halsbandsittiche (= Diesjäh- rige) am Schlafplatz (nach der Ausflugsphase der Jungen) im Vergleich zur Gesamt-

zählung durch Stefanie Wegener (WEGENER 2004). (4) Das Zählen von Jungtieren auf den Schlafbäumen (Kap. 3.2.1). (5) Das Zählen der Familien mit ausgeflogenen Jungtieren am Brutplatz (SHA). Die Anzahlen der Diesjährigen wurden in Relation zur Anzahl von BP gesetzt. BP wurden entweder (a) direkt durch beobachtete und gemeldete Brutplätze oder (b) indirekt durch den Anteil adulter ♂♂ auf den Schlafbäumen (vgl. Kap. 3.2.2) bestimmt. Das Erkennen von Jungtieren ist ausführlicher in Kap. 3.2.2 beschrieben.

33 3 Material & Methoden

3.2.5 Methoden zur Untersuchung der Mauser

Zunächst musste das gemauserte Großgefieder von Hals- bandsittichen von dem anderer heimischer Vogelarten unterschieden werden. Fundorte waren typischerweise Brut- und Nahrungsgebiete sowie die Schlafbäume der Papageien. Die Größe, Färbung (grün und blau sind Strukturfarben) und schlanke Gestalt der Federn ist kennzeichnend (Abb. 15). Die Rhachis ist dunkel grau oder braun gefärbt, der Calamus bleibt heller (Abb. 16). Die Spitzen der meisten Armschwingen (AS) sind deut- lich gebogen und neigen sich etwa 40° gegen den Cala- mus, die der benachbarten Handschwingen (HS) nur bis 20°. Abb. 15: Federtypen beim Halsbandsittich: Steuerfedern (SF), Handschwingen (HS) und eine der Armschwin- gen (AS); Vergleichsskala: 5 cm.

Kennzeichen der Handschwingen (HS) Handschwingen können durch die schlanke, asymmetrische Form mit schmaler grüner Außenfahne und breiter grün- grauer Innenfahne und eine dunkelgraue Unterseite bestimmt werden (Abb. 16). HS 8-10 besitzen eine distal eingebuchte- te Außenfahne, HS 9 und 10 auch eine verengte Innenfahne

(vgl. C RAMP 1985). Die äußeren HS 9 und HS 10 wurden durch ihren sehr geringen bis fehlenden Grünanteil, Dunkel- blau in der Außenfahne, eine fast einheitlich dunkelgraue Färbung und die schlankere Form von den übrigen Hand- schwingen unterschieden.

Abb. 16: Bezeichnungen der Feder. HS 8 Sie ist kenntlich an der distal eingebuchteten Außenfahne und der nicht verengten Innenfahne.

34 3 Material & Methoden

Kennzeichen der Steuerfedern (SF) Die Form der Steuer- oder Schwanzfedern (SF) ist symmetrischer als die der Handschwingen. SF haben eine gelbe Unterseite, die Oberseite besitzt eine meist gelbe Innen- und grüne Au- ßenfahne. Die mittleren Steuerfedern (SF 1) sind am längsten und besitzen eine bläuliche Oberseite (Strukturfarbe) mit hellerer Spitze, weshalb sie besonders auffallend sind und leicht von den übrigen Steuerfedern unterschieden werden können. Ihnen fehlt Gelb auf der Ober- seite gänzlich, die Unterseite ist teilweise grau überlaufen. 16 gesammelte SF 1 wurden auf ihre Länge hin vermessen.

Methoden Zur Bestimmung der Großgefiedermauser der Halsbandsittiche wurden mehrere Methoden angewandt: (1) Sammeln von Federn an den Aufenthaltsplätzen (2) Erfassung der Individuen mit Schwanzmauser Anfang August 2003 (3) Auswertung von datierten digitalen Fotografien mausernder Tiere

(1) Sammeln von Federn an den Aufenthaltsplätzen Vom 29.06.-20.09.03 wurden Halsbandsittich-Federn gesammelt. Im Zeitraum vom 07.08.- 15.08.03 fand keine Datenaufnahme statt. Der Zeitraum wurde in 2-wöchige Intervalle aufge- teilt. Tab. 9 bietet eine Übersicht über den Sammelzeitraum.

Tab. 9: Übersicht über den Sammelzeitraum Wochen Zeitraum 1 + 2 29.06.-12.07.03 3 + 4 13.07.-26.07.03 5 + 6 27.07.-09.08.03 7 + 8 10.08.-23.08.03 9 + 10 24.08.-06.09.03 11 + 12 07.09.-20.09.03

(2) Zählung der Individuen mit Schwanzmauser Anfang August 2003 Anfang August 2003 wurden zur Bestimmung des Anteils mausernder Individuen an 3 Tagen Zählungen der Halsbandsittiche mit Schwanzmauser während des Einfluges auf die Schlaf- bäume durchgeführt. Die Jungtiere und nicht mausernden Individuen hatten zu diesem Zeit- punkt vergleichsweise längere Steuerfedern. Die Gesamtzählung stammt von Stefanie Wege- ner (WEGENER 2004).

35 3 Material & Methoden

(3) Beobachtungen und Auswertung von Fotografien mausernder Tiere Aus einem eigens erstellten, über den Beobachtungszeitraum reichenden Fundus von etwa 3000 digitalen datierten Halsbandsittich-Fotografien wurden Individuen auf fehlende oder im Wachstum befindliche Federn (sichtbare Federkiele) hin überprüft. Von Interesse waren hier- bei: a) Die Schwanzmauser, d. h. ob ein Individuum keine oder deutlich verkürzte mittlere Steuerfedern (SF 1) besitzt, getrennt nach Geschlechtern und Juvenilen. b) Das Auftreten von ♂♂ mit schwachem Hals- und Nackenband, also mit Merkmalen des beginnenden Adultgefieders, das bei zweieinhalbjährigen Tieren erstmals er-

scheint (ROBILLER 1997). c) Das zeitliche Auftreten der Kopfgefiedermauser. d) Das Auftreten von Federbruch, d. h. am Schaft (Rhachis) abgeknickter Steuerfedern, die nicht mehr die ursprüngliche Länge besitzen.

3.2.6 Untersuchungen zur Nahrungswahl

Bestimmung der Nahrungspflanzen und deren Teile Alle von Halsbandsittichen genutzten Nahrungspflanzen im Untersuchungszeitraum wurden notiert und nach ROTHMALER (2002) bzw. MAYER & SCHWEGLER (2002) bestimmt. Von den Vögeln aufgenommene Pflanzenteile wurden in Knospe, Blüte, Blatt, Trieb, Rinde und Frucht unterschieden. Wurden an einem Tag mehrfach Sittiche beim Verzehr der gleichen Nahrung an einer Pflanzenart beobachtet, so galt dies als eine Beobachtung/ Nahrungstyp. Der Verzehr von verschiedenen Pflanzenteilen oder Pflanzenarten galt als mehrere Beobach- tungen/ Nahrungstyp.

Erstellen von Aktivitätsphasen Im Hochsommer wurde die Aktivitätszeit der Sittiche zwischen 6.00 und 22.00 Uhr MESZ in Intervalle von einer Stunde unterteilt. Wurde in einem Zeitintervall an einem Beobachtungs- tag mindestens einmal ein Halsbandsittich beim Verzehr von Nahrung beobachtet, so galt dies als eine Beobachtung mit Nahrungsaufnahme. In einem Zeitintervall entsprechen 100 % der Beobachtungstage (vgl. Abb. 40) der Summe der Tage, an denen in diesem Zeitintervall beo- bachtet wurde. Beobachtungen mit Nahrungsaufnahme wurden solchen ohne Nahrungsauf- nahme in den Zeitintervallen gegenübergestellt, um ein Aktivitätsmuster der Nahrungsauf- nahme von Halsbandsittichen über den Tagesverlauf zu erstellen.

36 3 Material & Methoden

Observierung künstlicher Futterstellen Um die Nutzung von künstlichen Futterstellen durch die Halsbandsittiche auch in den Som- mermonaten zu dokumentieren, wurde eine künstliche Futterstelle, die täglich bestückt wurde, im Brutgebiet SHA vormittags beobachtet. Gefüttert wurde hauptsächlich Obst und einge- weichte Brotkruste, kein Körnerfutter. Die Aufnahme erfolgte über 9 nicht direkt aufeinander folgende Tage in 339 Beobachtungsminuten zwischen dem 01.07 und dem 25.08.03. Um den Aspekt der Tagesrhythmik einfließen zu lassen, wurde im Juli nur nach 9.00 Uhr beobachtet, im August vor 9.00 Uhr (MESZ). Ergänzend wurden Anwohner befragt. Neben Halsbandsit- tichen wurden auch andere Vogelarten mit aufgenommen, um den Anteil von Halsbandsitti- chen an künstlichen Sommerfutterstellen zu beziffern. Gezählt wurden nur Landungen der Vögel an der künstlichen Futterstelle, Nahrungssaufnahmen blieben unberücksichtigt.

3.2.7 Vergleiche von Gehölzarten zwischen Stadt und Forst

Um Unterschiede in Qualität und Quantität der Zusammensetzung von Baumarten in von Halsbandsittichen besiedelten urbanen Habitaten und dem unbesiedelten Forst aufzuzeigen, wurden Daten über Diversität und relative Abundanz der Stadtbäume und der Forstbäume aus dem Landschaftsamt und dem Forstamt in Heidelberg ausgewertet. Es wurde in beiden Fällen auf Bäume geachtet, die von Halsbandsittichen tatsächlich genutzt wurden (Stadtbäume) bzw. potentiell nutzbar waren (Forst). Vergleichsdaten stammen von www.papageien.org, 2003.

3.2.8 Bevölkerungsbefragung

Interaktionen verschiedener Arten mit Halsbandsittichen und Meinungsbilder über die Papa- geien wurden aus der Bevölkerung gemeldet und erfasst. Meist wurden Menschen vor Ort befragt, ein Medienaufruf erfolgte bei einem Lokalsender (Kurpfalz-Radio).

3.3 Material

Zur Beobachtung wurden ein Fernglas Leica 10 x 42 BA sowie ein Spektiv Leica Apo- Televid 77 mit Winkeleinblick verwendet. Zur Dokumentation wurden per Digiskopie Fotos mit einer Digitalen Fotokamera Olympus Camedia 350 in Verbindung mit dem oben erwähn- ten Spektiv erstellt und die Bilder digital auf CD und Festplatte eines Rechners gespeichert. Als Maßwerkzeug wurde ein 2-Meter-Zollstock verwendet, für Untersuchungen in den Brut- höhlen diente auch ein Endoskop (Olympus GIF Typ Q 20). Zur besseren Erreichbarkeit der Baumhöhlen stand eine Hubsteige/ Hebebühne (LW 30) zur Verfügung. Temperaturmessun- gen wurden mit Messfühlern und Datenloggern der Firma Chirotech (Lohra) durchgeführt.

37 4 Ergebnisse

4 Ergebnisse

4.1 Populationsökologie

4.1.1 Schlafbäume

Der Erstfund des Heidelberger Halsbandsittich-Schlafplatzes gelang Stefanie Wegener am 09.03.03 in einer Gruppe Ahornblättriger Platanen (Platanus x hispanica ) an einer Autobahn- auffahrt im Stadtteil Bergheim (S1) (WEGENER 2004). Nach einem Wechsel der Sittiche am 14.05.03 zu einem Silberahorn ( Acer saccharinum ) am Iqbal-Ufer, einen Kilometer weiter östlich (S2), wurde am 25.05.03 erneut eine Umsiedlung, diesmal zu einer hohen Hybridpap- pelgruppe ( Populus x canadensis ) an der Ernst-Walz-Brücke (S3) beobachtet. Dieser Schlaf- platz befindet sich 550 m von S1 entfernt, und wurde mindestens bis zum 27.09.03 genutzt. Am 31.10.03 wurden von P. krameri gleichzeitig eine Platanengruppe vor der Ludolf-Krehl- Klinik (S4) an einer Hauptverkehrsstraße sowie eine einzelne Platane am Römerkreis (S5), 330 m von S4 entfernt, zum Übernachten aufgesucht. Am 10.11.03 konnten die Halsbandsitti- che wieder an S1 beobachtet werden (M. ROMERO schriftl.), wo sie auch am 08.12.03 noch aufzufinden waren. Schlafplätze wurden mindestens 10 bis 125 Tage lang genutzt. Eine Pflanzung von Hybrid- pappeln ( Populus x canadensis ) wurde ab der Endphase der Brutzeit vom 25.05.03, während des Flüggewerdens und der zunehmenden Selbständigkeit der Jungtiere über 125 Tage hinaus genutzt (Tab. 10).

Tab. 10: Wechsel und Mindestnutzungsdauer der Schlafplätze (S1-5) in Heidelberg;

Schlafplatz Nutzung spätestens ab Nutzungsdauer (Tage) S1 09.03.03 65 S2 14.05.03 10 S3 25.05.03 125 S4 11.10.03 21 S5 11.10.03 21 S1 10.11.03 30

Von 8 Schlafplätzen waren 5 reine Platanen-Bestände ( Platanus x hispanica ), 2 Hybridpap- pel-Gruppen ( Populus x canadensis ) am Neckarufer, nur 1-mal wurde kurzzeitig auf einem Silberahorn (Acer saccharinum ) übernachtet. 3-mal versammelten sich die Halsbandsittiche auf Einzelbäumen, 5-mal auf Baumgruppen. 5-mal lagen die Schlafplätze direkt an viel befah- renen Straßen, 7-mal an einem Radweg und 6-mal waren sie beleuchtet. Die Entfernung vom Neckar betrug 6-570 m, der Schlafplatz in Ludwigshafen war 1,5 km vom nächsten Fluss,

38 4 Ergebnisse dem Rhein, entfernt. Gebäude waren vom Schlafplatz mindestens 15 m, höchstens 60 m ent- fernt (Tab. 11).

Tab. 11: Charakterisierung der Schlafplätze S1-8; Erläuterung : S1-5 liegen in Heidelberg, S6-7 in Neckarhausen, S8 in Ludwigshafen; Schlafplätze S1 S2 S3 S4 S5 S6 S7 S8 Platanus x hispanica + - - + + + - + Populus x canadensis - - + - - - + - Acer saccharinum - + ------Einzelbaum - + - - + + - - Baumgruppe + - + + - - + + an Straße + + - + + - - + an Radweg + + + + + - + + Beleuchtung + + - + + + - + Entfernung zum Neckar/ 160 20 6 240 570 170 20 1540 Rhein (m) Entf. zum nächsten 20 60 40 20 15 20 25 35 Gebäude (m)

Die Entfernungen zwischen den einzelnen Schlafbäumen und die Anwesenheit eines blauen Halsbandsittichs (Abb. 7), der an 5 verschiedenen Schlafplätzen in Heidelberg und Neckar- hausen zu unterschiedlichen Zeiten anzutreffen war, sind in Tab. 12 dargestellt.

Tab. 12: Entfernungen (km) zwischen den Schlafbäumen; *Schlafplatz nachweislich nur zeitweise genutzt; (B): blaues ♂ zeitweise einfliegend S2 S3 S4 S5 S6 S7 S8 S1* (B) 1,0 0,5 1,0 1,1 7,9 7,6 21,3 S2* 0,6 0,2 0,6 8,4 8,1 21,5 S3* (B) 0,7 0,9 7,9 7,6 22,1 S4* (B) 0,4 8,6 8,3 22,2 S5* 8,8 8,5 22,4 S6* (B) 0,3 14,2 S7* (B) 14,5

Die Gesamtzählung der Halsbandsittich-Population im Rhein-Neckar-Raum fand im August 2003 statt. In Ludwigshafen wurde am 18.08.03 zunächst die genaue Lage der aktuellen Schlafbäume (S8) bestimmt, eine Gruppe von 7 Platanen ( Platanus x hispanica ) beiderseits zweier Parallelstraßen mit dazwischen liegenden Straßenbahngleisen. Am 19.08.03 fand hier eine vollständige Zählung der Halsbandsittiche statt. In Neckarhausen versammelten sich die Sittiche am 20.08.03 auf einer großen Platane ( Platanus x hispanica ) im Schlosspark (S6), wo sie schon am 13.06.03 gezählt wurden (WEGENER 2004) und zwischenzeitlich am 26.07.03 noch auf Hybridpappeln (S7) am Neckarufer übernachteten. In Heidelberg wurde der Schlaf- platz S3 am 22.08.03 noch genutzt.

39 4 Ergebnisse

4.1.2 Schlafplatzzählungen und Beobachtungen von P. krameri im Rhein- Neckar-Raum

Die Populationsgröße wurde über Individuenzählungen an den Schlafbäumen bestimmt. Die für diese Arbeit wichtigen Daten betreffen Schlafplatzzählungen in Heidelberg. Schlafplätze in Neckarhausen und Ludwigshafen wurden zur Klärung der großen Schwankungen in der Schlafpopulation Heidelbergs und zur Ermittlung der Gesamtzahl von Halsbandsittichen im Rhein-Neckar-Raum stichprobenartig aufgesucht (Abb. 17). Dadurch sollte festgestellt wer- den, ob zwischen den Subpopulationen in Heidelberg und Neckarhausen ein Individuenaus- tausch stattfindet. Ein einzelnes hellblaues Halsbandsittich-♂ wurde abhängig von der Jah- reszeit entweder in Heidelberg oder in Neckarhausen angetroffen, in Abb. 17 ist dieses Exemplar durch ein „B“ unterhalb des Fundortes dargestellt.

900 835 800

700

600 531 515 487 507 500 503 383 B 393 400 333 333 301 331 321* B B 327 300 271 B 210 257 214** 186* 200 235 228 B B 100 66* HalsbandsitticheSchlafplatz am 116 12 0 6 0 1. Mrz. 1. Apr. 1. Mai. 1. Jun. 1. Jul. 1. Aug. 1. Sep. 1. Okt. 1. Nov. 1. Dez. 2003

Heidelberg Neckarhausen Summe Heidelberg & Neckarhausen Ludwigshafen * Wegener (2004) ** D. Franz mündl.

Abb. 17: Schlafbaumzählungen in Heidelberg, Neckarhausen und Ludwigshafen 2003. Erläuterung : B: Beobachtung eines einzelnen hellblauen Halsbandsittich-♂ am Schlafbaum bei einer Gesamtzählung;

Heidelberg Die Anzahl der auf die Schlafbäume fliegenden Halsbandsittiche schwankten im Beobach- tungszeitraum stark (Abb. 17). Die erste Gesamtzählung mit 214 Individuen erfolgte am

19.03.03 an S1 durch Detlev Franz (D. FRANZ mündl.). Am 28.05.03 wurden an S3 lediglich

40 4 Ergebnisse

66 Individuen festgestellt (WEGENER 2004). Am 22.06.03 wurde mit 331 Exemplaren an S3 ein Maximum kurz nach der Brutzeit erreicht, am 25.07.03 ein erneutes Minimum an S3 mit 116 Tieren. Am 28.09.03 wurden 503 Halsbandsittiche an S3 gezählt, die höchste Zahl wäh- rend der Erfassung. Die Zahl reduzierte sich am 01.11.03 auf 327 Vögel an S4 und S5. Am 07.12.03 versammelten sich an S1 393 Halsbandsittiche. Die Differenz der Schlafbaumpopu- lation zwischen 2 aufeinander folgenden Tagen betrug 2-73 Vögel.

Neckarhausen und Summe mit Heidelberg In Neckarhausen wurden am 01.03.03 keine Halsbandsittiche am Schlafbaum im Schlosspark (S6) gesehen, die Tiere verließen den Park vor Sonnenuntergang. Am 13.06. fanden sich 186 Vögel auf einer großen Ahornblättrigen Platane ( Platanus x hispanica ) im Schlosspark (S6) ein (WEGENER 2004). Am 26.07.03 versammelten sich 383 Individuen auf 2 Hybridpappeln (Populus x canadensis ) am Neckarufer (S7), 370 m von S6 entfernt, das Maximum für diesen Ort während der Erfassungszeit. Am 21.08.03 wurden 210 Halsbandsittiche in Neckarhausen gezählt, diesmal wieder an S6. Am 02.11.03 waren es nur noch 6 Exemplare, während am Neckarufer (S7) keine Vögel gesichtet wurden. Nicht einmal frischen Kotreste wurden gefun- den. Am 02.11.03 übernachtete im Schlosspark an anderer Stelle ein ♀ in einer Höhle und ein weiterer Halsbandsittich saß auf einem Nachbarbaum, sie flogen nicht zum Schlafbaum. Die Summe der Tiere aus Heidelberg und Neckarhausen blieb vom 13.06.-28.09.03 mit 507-531 Tieren in etwa gleich, obwohl die Zahlen an den einzelnen Schlafplätzen in dieser Zeit stark schwankten. Am 02.11.03 betrug die Summe nur noch 333 Vögel, allerdings wur- den am 08.12.03 mit 393 Tieren wieder mehr Halsbandsittiche gezählt.

Ludwigshafen Die Zählung der Population mit dem Schlafbaum in Ludwigshafen (S8) erbrachte mit 835 Halsbandsittichen am 19.08.03 die größte Ansammlung im Rhein-Neckar-Raum, einschließ- lich eines beringten ♂ der Nominatform Psittacula krameri krameri . An weiteren Papageien- arten wurden hier ein ♀ eines Großen Alexandersittichs ( Psittacula eupatria ) und eine Blau- stirnamazone ( Amazona aestiva ) beobachtet.

Einzelindividuen

Ein blaues Halsbandsittich-♂, das mit einem wildfarbenen ♀ verpaart war, hielt sich am 19.03.03 zunächst in Heidelberg (S1) auf, war hier aber zur Brutzeit im Mai nicht mehr aufzu- finden. Am 26.07.03 und 21.08.03 konnte ein blauer Halsbandsittich nur in Neckarhausen (S6, S7) angetroffen werden. Am 27.09., 31.10., 01.11. und 08.12.03 flog ein blaues ♂, wahr-

41 4 Ergebnisse scheinlich dasselbe Individuum zusammen mit den wildfarbenen Artgenossen wieder in Hei- delberg auf die Schlafbäume (S3, S4, S1) und fehlte in Neckarhausen. Auffällig ist, dass diese Mutationsform nie bei geringeren Ansammlungen als 200 Tieren angetroffen wurde. Im Herbst 2002 wurde ein ♂ mit gebrochenem Flügel in Heidelberg aufgefunden und Ostern 2003 in Wieblingen wieder frei gelassen. Der rechte Flügel dieses flugtüchtigen Tieres hing schlaff herunter. Ebenfalls ein ♂ mit hängendem rechtem Flügel wurde am 13.07.03 in Ne- ckarhausen beobachtet, wahrscheinlich dasselbe Individuum.

Gesamtzählung Rhein-Neckar-Raum und weitere Sichtungen von P. krameri In Ludwigshafen erbrachte die Gesamtzählung 835 Individuen, in Neckarhausen 210 Vögel, in Heidelberg versammelten sich 321 Tiere. Insgesamt wurden zwischen dem 19.08.03 und dem 22.08.03 mehr als 1300 Halsbandsittiche an drei Schlafplätzen in der Rhein-Neckar- Region gezählt. Halsbandsittiche verließen den Schlosspark Schwetzingen am 22.08.03 gegen 19.50 Uhr in nördlicher Richtung, ein Schlafbaum konnte hier nicht nachgewiesen werden. Im Luisenpark Mannheim wurden am 08.09.03 abends 70 Halsbandsittiche nach Westen (Richtung Schlaf- baum in Ludwigshafen) abfliegend gezählt. In Mannheim-Friedrichsfeld hielten sich im Sep- tember 2003 mehrfach mindestens 2-3 Individuen auf. Anja REINFRANK (mündl.) beobachtete im Sommer 2003 mehrfach 2-3 Halsbandsittiche im südlichen Leimen, das bis dahin südlich- ste Vorkommen der Heidelberger Population. Abendliche Flugbewegungen von P. krameri erfolgten in Wieblingen zu unterschiedlichen Monaten sowohl Richtung Heidelberg als auch Richtung Edingen-Neckarhausen. Beobachter meldeten hoch fliegende Halsbandsittiche, die im Spätsommer und Herbst von Ladenburg sowohl Richtung Heidelberg als auch Richtung

Mannheim abflogen (DVORATZEK -JOSEPHY mündl.).

4.1.3 Demographie (Populationsstruktur)

Halsbandsittiche saßen zu 61 % im oberen Drittel der Schlafbäume, zu 29 % im mittleren und zu 10 % im unteren Drittel. Die niedrigsten Sitzplätze befanden sich in 4 m Höhe über einem Rad- und Fußweg. Der sichtbare Anteil an der Gesamtpopulation betrug ca. 15-20 % (max. 52 %). Die Vögel versteckten den Kopf unter den großen Pappelblättern und saßen von Mai bis September eher einzeln und nicht paarweise nebeneinander.

42 4 Ergebnisse

Folgende Kategorien wurden unterschieden: a) ♂♂ adult b) Weibchenfarbene: mind. 1-jährige ♀♀ und unausgefärbte ♂♂ c) Diesjährige d) Juvenile (Diesjährige und Vorjährige) Vor dem Ausfliegen der Diesjährigen am 05.06.03 betrugen die Anteile der ausgefärbten ♂♂ am Schlafplatz 25 %, weibchenfarbene Individuen ( ♀♀ und nicht adulte ♂♂) mach- ten 75 % aus (Abb. 17). Nach dem Flüggewerden der Jungtiere wurde vom 05.06.-26.06.03 ein Anteil von 21 % adulter ♂♂, 48 % weibchenfarbenen Individuen und 31 % diesjährigen Jungtieren ermittelt (Abb. 17, S. 48). Vom 29.06.-27.09.03 wurden 22 % ♂♂, 31 % Weib- chenfarbene und 47 % Juvenile (Jungtiere von 2003 und 2002 vgl. Kap 5.1.2) gezählt (Abb. 18). Der Anteil der vorjährigen Jungtiere errechnet sich wie folgt:

Jungtiere (vorjährig ) = Juvenile − Jungtiere (diesjährig )

c a a 0% a 21% 22% 25% c 31% d 47%

b b 75% b 31% 48%

Abb. 18: Anteile der Kategorien a, b, c und d am Schlafplatz (Kategorien vgl. Text) links : Kategorien a und b vom 26.05.-04.06.03 (vor Flüggewerden der Jungtiere) (n = 240)

Mitte: Kategorien a, b und c vom 05.06.-26.06.03 (n = 699) rechts: Kategorien a, b und d vom 29.06.-27.09.03 (n = 933)

43 4 Ergebnisse

4.2 Brutbiologie

4.2.1 Verteilung der Brutpaare

Brutgebiete Abb. 19 stellt die für 2003 nachgewiesenen Brutgebiete des Halsbandsittichs in Heidelberg dar. Alle Brutgebiete lagen in der Oberrheinebene. Odenwald und Altstadt wurden gemieden, der Kleine Odenwald in Randbereichen (BF, Südstadt) aber besiedelt. Die Parkanlagen in Heidelberg sind relativ klein, die größte ist der Bergfriedhof (BF) mit etwa 16 ha Fläche, der von Halsbandsittichen hauptsächlich in seinem ca. 10 ha großen ebenen Abschnitt bis 130 m ü. NN besiedelt wird.

ETS VDI ST-WH

UP SHA Zoo LKK MBS JGS

LHS

BF HG

Gebäudebr uten Gebäude besucht, aber unb ebrütet Baumbr uten

Abb. 19: Brutgebiete und von Halsbandsittichen besuchte Gebäude in Heidelberg. Alle Fundorte liegen in der Oberrheinebene (linker Bildabschnitt), aus dem Odenwald (rechter Bildabschnitt) sind keine Funde be- kannt. Liegt ein Kästchen im Vordergrund eines Kreises, so bedeutet dies ein Überwiegen von Gebäu- debruten im gleichen Gebiet, bei einem Kreis im Vordergrund dominieren Baumbruten.

Luftbild mit freundlicher Genehmigung des Vermessungsamtes Heidelberg.

44 4 Ergebnisse

Baumbruten

Von 21 ermittelten Baumbruten in Heidelberg verliefen 18 in Ahornblättrigen Platanen ( Pla- tanus x hispanica ) sowie je eine in Esche ( Fraxinus excelsior ), Walnuss ( Juglans regia ) und Trauerweide ( Salix alba ‚Tristis’) (Abb. 20).

Salix alba 'Tristis' Juglans 5 % regia 5 %

Fraxinus excelsior 5 % Platanus x hispanica 85 %

Abb. 20: Prozentuale Verteilung der Halsbandsittich-Bruten (n = 21) auf verschiedene Bäume in Heidelberg

Die größte Kolonie von Baumbrütern befand sich im westlichen Teil des Bergfriedhofs (BF) mit 7 BP in 5 Ahornblättrigen Platanen ( Platanus x hispanica ). Auf dem Gelände des Heidel- berger Tiergartens mit einem großen Bestand an alten Platanen konnten nicht mehr als 4 BP ermittelt werden. Eine der Bruten im Tiergarten wurde durch das Einnisten von Honigbienen (Apis mellifera ) in die Halsbandsittich-Höhle vereitelt. Trotz des reichlichen Höhlenangebotes im 3,8 ha großen Parkgelände der Elisabeth-von- Thadden-Schule (ETS) in Wieblingen mit etwa 400 Bäumen in 58 Arten, Hybriden und Sor- ten (MERZ & PLESSING 1992) und der Anwesenheit von regelmäßig etwa 15-20 Halsbandsitti- chen brütete nachweislich nur 1 BP erfolgreich in einer Esche ( Fraxinus excelsior ). Eine Übersicht über die Verteilung der BP liefert Tab. 13.

Fassadenbruten Während der Brutzeituntersuchung wurden an 6 Gebäuden 14 BP ermittelt, 3 weitere Gebäu- de wurden von Halsbandsittichen besucht, blieben aber unbebrütet. 3 BP an Fassaden besaßen unausgefärbte ♂♂ (3. KJ). 2 dieser 3 BP zogen je mindestens 2 Junge auf. Eine genauere Darstellung über die Verteilung der BP findet sich in Tab. 13. Auffallend war, dass die Brut- höhlen an hohen (8-25 m), meist großflächigen Dämmfassaden von Schulen, Instituten und Wohnhäusern zu finden waren, nicht an kleinen oder schmalen Fassaden mit Balkons oder

45 4 Ergebnisse weit überhängendem Dach. Das SHA war mit 17 m Höhe das größte Gebäude im umliegen- den Wohngebiet. Die Einflugslöcher der untersuchten Gebäude befanden sich in der Fläche der Fassade, oft nahe den Gebäudeecken, aber nur in einem Gebiet (ST-WH) die Kante über- greifend. Der Putz war an allen untersuchten Gebäuden so rau, dass sich die Sittiche ohne Probleme daran festkrallen konnten. Eine Zusammenstellung der Brutgebiete und Gebäude findet sich in Tab. 13. Bäume waren einmal 15 m (VDI), ansonsten nie weiter als 10 m von der bebrüteten Fassade entfernt, in mehreren Fällen war der Abstand von einem Ast zur Bruthöhle geringer als 2 m. Ein Gebäude mit Wärmedämmung im Bereich des von Halsbandsittichen besiedelten Tiergar- tens wies keinerlei Höhlen auf, obwohl die Dämmung nach Auskunft eines Tierpflegers schon seit etwa 6 Jahren existierte. Hackende Spechte an der Fassade wurden durch Bevölkerungs- befragung für 5 Gebiete bestätigt, für 3 Fassaden steht ein Nachweis noch aus (vgl. Tab. 13). Am SHA legte ein einzelner Buntspecht über mehrere Jahre hinweg Höhlen in der Wärmeiso- lierung an (Sr. Bernharda mündl.).

Tab. 13: Brutgebiete und Fassadenbesuche von Halsbandsittichen in Heidelberg. Gebietsabkürzungen vgl. Ab- kürzungsverzeichnis, Anhang. Kursiv dargestellt ist das Brutgebiet Studenten-Wohnheime (ST-WH) (V.ZIEGENBALG mündl.), das zur Brutzeit nicht untersucht wurde. Gebiet Gebäude Max. Anzahl besuchte Fassaden - hacke n- Mi n- mit Däm- Fassa- Fassa- Fassa- / Baum- der destzahl mung/ denhöhe denhöh- denhöhlen brutpaare Specht Jungvö- mit Höh- (m) len (mind.) an Fas- gel in len sade Höhlen

SHA 3/3 17 26 20 10/1 + 17 VDI 2/1 13 6 3 2/0 k. A. 2 HG 1/1 18 15 4 1/0 + 0 MBS 1/1 8 3 1 1/0 + 0 ETS 1/1 11 9 4 0/1 + 2 UP 1/1 25 1 1 0/0 k. A. 0 JGS 1/1 19 1 1 0/0 k. A. 0 ST-WH 11/7 11 mind. 17 11 10/0 + k. A. Zoo 1 9 0 0 0/4 - k. A. BF 0 - 0 0 0/7 - k. A. LKK 0 - 0 0 0/4 - 7 LHS 0 - 0 0 0/1 - k. A. ZÄ 0 - 0 0 0/1 - k. A. GW 0 - 0 0 0/1 - k. A. ND 0 - 0 0 0/1 - k. A. Σ 22/16 78 45 24/21 28

Es wurden 7 Gebiete mit Schaden an Wärmedämmfassaden in verschiedenen Stadtteilen Hei- delbergs untersucht. Die Zahl der von Halsbandsittichen aufgesuchten Gebäude in der Brut- zeituntersuchung betrug 9. Die größte beobachtete Fassadenkolonie mit 10 BP befand sich am SHA in Neuenheim (Abb. 21). Hier befand sich 2003 mit 11 BP insgesamt die größte beo- bachtete Halsbandsittich-Kolonie in Heidelberg.

46 4 Ergebnisse

SHA-C

SHA-B

SHA -A

Abb. 21: Das St.-Hedwig-Altenheim (SHA) in HD-Neuenheim. Gelbe Punkte markieren die Lage der Halsband- sittich-Bruthöhlen. Bruthöhle 1 liegt in einer Platane, Bruthöhlen 2-11 liegen in der Fassade.

Luftbild mit freundlicher Genehmigung des Vermessungsamtes Heidelberg.

BP SHA-1 nistete in einer Platanenhöhle, BP SHA-2 bis SHA-11 in Fassadenhöhlen der Wärmedämmung. Alle beobachteten Bruten verliefen hier erfolgreich. Halsbandsittiche wurden in Heidelberg nach der Brutzeit mehrfach in Gruppen bis zu 10 oder mehr Individuen beobachtet (Abb. 22), die gemeinsam verschiedene Gebäude anflogen und systematisch nach Hohlräumen, auch an Fenstern oder unter dem Dach suchten. Hierbei wurden von den Vögeln auch Gebäude ohne Wärmedämmung inspiziert. Von den 6 weiteren Gebäuden stellte sich nur eines (VDI) als ein erfolgrei- cher Brutplatz heraus. 2 weitere Gebäude konnten zwar je ein Brutpaar vorweisen (HG, MBS), aber keinen Brut- erfolg. An 3 weiteren Gebäuden (UP, ETS, JGS) wurden regelmäßige Besuche der Sittiche auch während der Brutzeit an den Höhlen festgestellt, aber keine Bruten.

Abb. 22: 7 Halsbandsittiche an der Fassade von SHA-A. Sterne kennzeichnen 2 ♀♀ an mittlerweile verschlos- senen Bruthöhlen (SHA-3 oben und SHA-4 unten).

47 4 Ergebnisse

Die ST-WH (10 BP) beherbergten 2003 eine höhere Anzahl von BP als der seit mindestens

1990 bebrütete Tiergarten (4 BP) in nur 250 m Entfernung (Volkmar ZIEGENBALG mündl.,

POLEY 1993). Die ST-WH wurden erst nach der Brutzeituntersuchung bekannt, sind aber in Tab. 13 aufgrund der großen Bedeutung als Brutplatz mit aufgeführt. Anders als bei den zur Brutzeit untersuchten Fassaden traten hier Einschlupflöcher potentieller Bruthöhlen direkt über Fassadenkanten auf (Abb. 23).

Abb. 23: Kohlmeise ( Parus major ) an einer Fassadenhöhle mit die Kante übergreifendem Einschlupfloch (ST-WH).

Ermittelter Brutbestand von P. krameri in Heidelberg Der ermittelte Brutbestand Heidelbergs (2003) lag mit dem Gebiet der ST-WH bei 45 BP (Tab. 13). Der Anteil der in dieser Arbeit bearbeiteten Fassadenbrüter im Stadtbereich Hei- delberg lag bei 40 %. Einschließlich 10 weiterer BP (ST-WH) ergibt sich ein Anteil von 53 % Fassadenbrütern. Weiteren Meldungen von 5 Brutbäumen konnte aus organisatorischen Gründen nicht nachge- gangen werden. Die maximale Brutpopulation durch Befragung und Beobachtung liegt in Heidelberg somit bei 50 BP.

4.2.2 Reproduktionsrate und Abwandern der Familienverbände

Die Anzahl der BP wurde, falls nicht anders beschrieben, durch beobachtete oder gemeldete Brutplätze (Tab. 13) oder durch den Anteil adulter ♂♂ am Schlafbaum ermittelt (Abb. 18). Durch Endoskopie wurden am 22.05. und am 24.05.03 am SHA nur in 2 von 8 untersuchten Fassadenhöhlen Jungvögel nachgewiesen, obwohl bei späteren Beobachtungen an jedem die- ser Brutplätze mindestens ein Jungtier am Höhleneingang gesehen wurde. Weitere Daten wurden mit dieser Methode nicht erhoben, da sie sich als uneffektiv erwies.

48 4 Ergebnisse

Durch Zählen der aus dem Höhleneingang herausschauenden Jungvögel - es waren nie mehr als 2 gleichzeitig – wurde eine Anzahl von 18 Nestlingen in 14 Fassadenhöhlen ermittelt. Die Reproduktionsrate lag an Fassaden bei durchschnittlich mindestens 1,3 Jungtieren/ BP. An 7 Baumhöhlen (ETS, SHA, LKK, Zoo) wurden insgesamt 10 Jungtiere beobachtet, die Repro- duktionsrate lag hier bei durchschnittlich mindestens 1,4 Jungen/ BP.

350 323 320 310 300

250

200 137 140 139 150

100

50 Halsbandsittiche am Schlafbaum 0 14.6 15.6 16.6 17.6 18.6 19.6 Datum Kurzschwänzige Gesamtzählung

Abb. 24: Anteile der kurzschwänzigen Halsbandsittiche (= Diesjährige) auf den Schlafbäumen Mitte Juni 2003. Gesamtzählung durch Stefanie Wegener (WEGENER 2004).

Am 17.06.03 wurden 140 kurzschwänzige (Diesjährige) Halsbandsittiche im Einflug auf die Schlafbäume gezählt, die Gesamtzahl betrug zu diesem Zeitpunkt 320 Tiere (Abb. 24) (vgl.

WEGENER 2004). Die errechneten Reproduktionsraten lagen für 140 Jungtiere auf 50 BP bei 2,8 Jungtieren/ Brutversuch (Tab. 14). Durch demographische Zählung wurde die Zahl der ad. ♂♂ im Zeitabschnitt um den 17.06.03 mit 21 % bestimmt (vgl. Abb. 18 Mitte). Für 320 Individuen ergäben sich etwa 70 adulte ♂♂ und bei einem Brutversuch eines jedes adulten ♂ somit 70 BP. Die Reprodukti- onsrate liegt für 140 Jungtiere auf 70 BP (Abb. 24) bei 2,0 Jungtieren/ Brutversuch (Tab. 14). Nach dem Ausflug der Jungtiere zwischen dem 05.06.03 und dem 26.06.03 betrug der Anteil der Jungtiere durch demographische Zählung 31 % (Abb. 18 Mitte). Wie oben beschrieben verteilen sich diese auf 21 % adulte ♂♂ (Abb. 18 Mitte). Wird pro adultem ♂ ein Brutver- such angenommen (und als BP gerechnet), so liegt die Reproduktionsrate mit dieser Methode bei 1,5 Jungtieren/ Brutversuch eines adulten ♂ bzw. 1,5 Jungtieren/ BP (Tab. 14).

49 4 Ergebnisse

Nach dem Flüggewerden der Nestlinge wurde nur am 11.06.03 ein zwischen 11.00 und 12.00 Uhr ausgeflogenes Jungtier beobachtet. Familienverbände verließen das SHA und kehrten ganztätig erst wieder ab dem 08.07.03 mit den Diesjährigen zum Brutgebiet zurück. Große Ansammlungen von Familienverbänden hielten sich Mitte Juni bis Anfang Juli 2003 im Neuenheimer Feld in den Gärten der Chirurgischen Klinik und der angrenzenden Schwes- ternwohnheime auf. Halsbandsittiche verzehrten hier große Mengen an Früchten von Esche (Fraxinus excelsior ) und Traubenkirsche ( Prunus padus ).

Tab. 14: Übersicht zur Ermittlung der Reproduktionsrate - Methoden und Ergebnisse (vgl. Text) Ort Methode N Brutpaare Diesjährige Reproduktionsrate SHA Endoskopie an 8 8 3 0,4 (mind.) Fassade (Nest)

Fassadenhöhlen herausschauende 14 14 18 (mind.) 1,3 (mind.) Jungtiere (Nest)

Baumhöhlen herausschauende 8 8 11 (mind.) 1,4 (mind.) Jungtiere (Nest)

Schlafbaum Diesjährige als 320 50 (gemeldet 140 2,8 Anteil kurz- (gesamt) u. beobachtet) schwänziger Indi- viduen

Schlafbaum s. o. 320 70 (21 % adul- 140 2,0 (gesamt) te ♂♂)

Schlafbaum demographische 699 (vgl. 21 % (Anteil 31 % 1,5 Zählung (relativ) Abb. 18) adulter ♂♂)

4.2.3 Bruthöhe

Die Höhe der Nisthöhlen an Gebäuden erstreckte sich über eine Spanne von 3-15 m. Sowohl die niedrigste als auch die zweithöchste Fassadenhöhle wurden bebrütet. Die niedrigste regist- rierte Fassadenhöhle befand sich in 3,3 m Höhe an einer ruhig gelegenen Hauswand, die höchste in 14,8 m. Von 14 Bruten verliefen nachweislich 11 erfolgreich, darunter auch die an der niedrigsten Stelle (Abb. 25). 9 Höhlen lagen unter 10 m, 5 darüber. Die niedrigste Höhle wurde von einem BP bebrütet, bei dem das ♀ verkürzte Zehenglieder aufwies. 3 BP mit zweijährigen ♂♂ nisteten ebenfalls relativ niedrig zwischen 4,9 und 7 m Höhe. Von 13 registrierten Baumbruten lagen 4 unter 10 m (die niedrigste bei 5,9 m) 9 darüber. 5 befanden sich in einer Höhe von über 15 m, die höchste in 20 m (Abb. 25). Ob Bruterfolg vorlag, konnte in den Baumhöhlen nicht in jedem Falle nachgeprüft werden, deshalb entfällt diese Kategorie in Abb. 25. Halsbandsittich-Bruthöhlen befanden sich in Bäumen mit 13,0 m (± 4,7 m) durchschnittlich höher als in Fassaden mit 8,3 m (± 3,5 m).

50 4 Ergebnisse

14

12

10

8

Anzahl 6

4

2

0 3 - 4 4 - 5 5 - 6 6 - 7 7 - 8 8 - 9 9 - 10 10 - 11 11 - 12 12 - 13 13 - 14 14 - 15 15-20 Höhe [m]

Anzahl Fassadenhöhlen (F) F bebrütet F mit Bruterfolg Baumhöhlen bebrütet

Abb. 25: Vertikale Verteilung der Fassadenhöhlen (n = 63) sowie Halsbandsittich-Bruten in Gebäuden (n = 14) und Bäumen (n = 13). Bruterfolg (qualitativ) ist nur für Fassadenhöhlen angegeben.

4.2.4 Bruthöhlen

Von 27 vermessenen Höhlen befanden sich 19 an Fassaden und 8 in Bäumen. Hiervon waren 12 Höhlen (8 in Fassaden, 4 in Bäumen) durch Halsbandsittiche bebrütet, 15 Höhlen (11 in Fassaden, 4 in Bäumen) hingegen nicht. In Baumhöhlen entsprach das Horizontalmaß in etwa dem Durchmesser der Höhlen. Fassadenhöhlen wurden durch die 8 cm dicke EPS-Schicht begrenzt, das Horizontalmaß entsprach hier nicht dem Durchmesser des Brutraumes, sondern nur einer Raumrichtung. Lagen Fassadenhöhlen nicht an Kanten, sondern in der Fassadenflä- che, konnten nicht mehr als 8 cm Horizontalmaß gemessen werden.

Innenmaße In Abb. 26 sind Vertikal- und Horizontalmaße von bebrüteten und unbebrüteten Höhlen dar- gestellt. Ein Datenpunkt entspricht dabei einer vermessenen Bruthöhle. Bei im Text erwähn- ten Maßen von Bruthöhlen sind Zusatzinformationen zur selben Bruthöhle in Klammern an- gegeben. Als Mindestmaße von bebrüteten Höhlen wurden in Fassaden horizontal 8 cm (vertikal 23 cm) und vertikal 3,5 cm (horizontal 155 cm) gemessen. Bei diesen sehr geringen Werten war- en die Nestkammern deutlich erweitert, konnten aber aufgrund der schlechten Erreichbarkeit nicht vermessen werden. Höchstwerte in Baumhöhlen betrugen vertikal 65 cm (horizontal 25 cm) und in Fassaden horizontal 155 cm (vertikal 3,5 cm) (Abb. 26). Bei unbebrüteten Höhlen lag das niedrigste Vertikalmaß bei 1 cm (horizontal 12 cm), das niedrigste Horizontalmaß bei 7 cm (vertikal 4 cm), beides in Fassaden. Höchstwerte lagen in

51 4 Ergebnisse

Baumhöhlen vertikal bei 122 cm (horizontal 14,5 cm) und horizontal bei 37 cm (vertikal 71 cm) (Abb. 26). Unbebrütete Baumhöhlen mit über 70 cm Vertikalmaß besaßen gleichzeitig die größten Einflugslöcher mit einer Höhe von mind. 16 cm (vgl. Abb. 27 rechts).

140

120

100

80

60

40 Vertikalmaß (cm) Vertikalmaß

20

0 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 Horizontalmaß (cm)

Abb. 26: Innenmaße bebrüteter Höhlen (n = 12, gefüllt) und unbebrüteter Höhlen (n = 16, ungefüllt). Ein Daten- punkt entspricht einer vermessenen Höhle. Quadrate kennzeichnen Baumhöhlen, Dreiecke kennzeich- nen Fassadenhöhlen.

Einflugsloch An 29 Höhlen wurde das Einflugsloch vermessen. 17 vermessene Höhlen lagen an Fassaden, hiervon wurden 8 bebrütet, 12 lagen in Bäumen, hiervon wurden 6 bebrütet. Höhleneingänge an Fassaden wiesen im unteren Bereich meist eine kleine Ausbuchtung auf. Einflugslöcher an Fassaden wiesen mit einer mittleren Breite von 6,3 cm (± 0,8 cm) und einer mittleren Höhe von 6,2 cm (± 0,9 cm) deutlich geringere und einheitlichere Werte als Baum- höhlen auf, welche eine mittlere Breite von 8,5 cm (± 4,3) und eine mittlere Höhe von 13,9 cm (± 12,8 cm) besaßen. Die Streuung der Werte für natürliche Baumhöhlen liegt in der unre- gelmäßigen Form der Einflugslöcher begründet. 93 % der vermessenen Einflugslöcher an bebrüteten Höhlen hatten eine Breite von 5-8 cm und eine Höhe von 5,8-8 cm (Abb. 27). Nur einmal wurden diese Maße überschritten, eine bebrütete Baumhöhle besaß ein Einflugsloch mit einer Breite von 9 cm und eine Höhe von 18 cm. 80 % der unbebrüteten Höhlen besaßen Einflugslöcher mit einer Breite von 5-7,5 cm und ei- ner Höhe von 4,5-8,4 cm auf. An unbebrüteten Baumhöhlen wurden auch höhere Werte er- mittelt. Einmal war der Eingang 7,5 cm breit und 16 cm hoch, 2-mal auch mindestens 17 cm breit und 40 cm hoch (Abb. 27), an diesen Baumhöhlen wurden gleichzeitig die größten Ver-

52 4 Ergebnisse tikalmaße von über 70 cm gemessen (vgl. Abb. 26). Bebrütete Fassadenhöhlen wiesen stets 1 Einflugsöffnung, Baumhöhlen gelegentlich 2 auf.

45 45

40 40

35 35

30 30

25 25

20 20 Höhe(cm) Höhe(cm) 15 15

10 10

5 5

0 0 0 5 10 15 20 0 5 10 15 20 Breite (cm) Breite (cm)

Abb. 27: Maße der Einflugslöcher bei von Halsbandsittichen bebrüteten (ausgefüllt) und unbebrüteten (unge- füllt) Höhlen. links : Einflugslöcher zu Fassadenhöhlen (n = 17) als Dreiecke. rechts : Einflugslöcher zu Baumhöhlen (n = 12) als Quadrate.

Innenmilieu Von 10 auf ein Innenmilieu untersuchten Baumhöhlen wiesen 5 eine feuchte und morsche Höhlenwand auf (alle in Platanen), die mit dem Zollstock 9-23 cm tief zu durchdringen war. 5 Bruträume waren trocken und wiesen eine feste Höhlenwand auf (1-mal Esche, 4-mal Plata- ne). 1-mal wurden weiße Dipteren-Larven im Nestbereich einer Baumhöhle gefunden. In kei- ner von Halsbandsittichen bebrüteten Höhle fand sich Nistmaterial. Kot war in bebrüteten Höhlen stets vorhanden und bedeckte manchmal den gesamten Boden.

4.2.5 Temperaturmessungen in den Bruthöhlen

Die maximale Außentemperatur an der Fassade (Nordwand SHA-C, schattig) erreichte an 11 Tagen einen Wert über 35 °C (max. 38 °C) und 17-mal über 30 °C. Die Temperaturen in den Fassadenhöhlen lagen zeitgleich etwa 5 °C niedriger. An 12 Tagen wurden 30 °C überschrit- ten (max. 34,5 °C). 3 Tage lag die minimale Außentemperatur bei 10 °C, zeitgleich waren die Minima der Bruthöhlen ca. 5 °C höher (min. 14,5 °C) (Abb. 28).

53 4 Ergebnisse

Abb. 28: Temperaturverlauf vom 01.08.-11.09.03 in 2 Fassadenhöhlen. Farbgebung in Legende bei entspre- chender Außentemperatur.

Die Außentemperatur unter dem Blätterdach der Platane in Stammnähe (LKK) erreichte max. 34,5 °C, an 11 Tagen wurde der Wert 30 °C überschritten. In der Baumhöhle wurden 7-mal Werte über 30 °C (max. 31 °C) erreicht. An 2 Tagen unterschritt die Außentemperatur die 10 °C-Marke (min. 9,5 °C), in den Höhlen lagen die Minima 3-4 °C höher (min. 12 °C) (Abb. 29).

Abb. 29: Temperaturverlauf vom 01.08.-11.09.03 in 1 Baumhöhle. Farbgebung in Legende bei entsprechender Außentemperatur.

4.2.6 Künstliche Nistkästen und EPS-Quader als Brutersatz

Einen Überblick über die am SHA aufgehängten künstlichen Nistkästen (K1-8) gibt Tab. 15. Am 16.09.03, einen Tag nach dem Aufhängen von 4 Nistkästen (K5-8), wurde ein Schwarm von 11 Halsbandsittichen sitzend und fliegend um K8 in 5 m Höhe beobachtet. Die Nisthilfe wurde von manchen Sittichen von oben her begutachtet, es schlüpfte aber kein Tier in den Kasten. Ein ♀ versuchte mehrfach den flachen Putz um K8 anzunagen, scheinbar um an ein Einflugsloch in der Fassade hinter dem Kasten heranzukommen, was ihm allerdings nicht gelang. Ähnliches Verhalten wurde auch bei ♀♀ an anderen Kästen beobachtet.

54 4 Ergebnisse

Tab. 15: Aktivitäten der Halsbandsittiche (2003) an den Nistkästen K1- K8 (vgl. Text). Kasten EPS Höhe Stelle vor- hängender/ Nagespu- Nagespu- Nages- (m) her bebrü- liegender ren ren puren tet Typ 27.09.03 01.11.03 08.12.03 K1 - 11 + H - - - K2 - 9 - H - wenig wenig K3 + 12 + H - wenig wenig K4 + 9 + H - wenig wenig K5 + 5 + L wenig mehr EPS z. T. entfernt K6 + 5 - L - EPS EPS fast z. T. ent- völlig fernt entfernt K7 - 5 - L - wenig wenig K8 - 5 - L - wenig wenig

Abb. 30: Veränderungen an einem Nistkasten (K5) durch Halsbandsittiche. links : 27.09.03: Ein ♀ hat unter K5 das nicht völlig verdeckte Einflugsloch in die Fassade erweitert, ein ♂ sitzt auf K5. EPS im Einflugsloch des Nistkastens wurde nur in geringem Maße von den Tieren benagt. Mitte: 07.12.03: Ein ♀ hat sich durch die Füllung genagt, EPS-Kügelchen hängen noch am Gefieder. Das Einflugsloch in der Fassade (s. linke Abb.) war am 16.10.03 verschlossen. rechts : 07.12.03: Nistkasten von innen (Deckel ist abgehoben). Der Pfeil deutet die Lage des Einflugsloches an.

Von 26 offenen Fassadenhöhlen im Bereich des SHA waren 8 am 16.09.03 durch davor hän- gende Nistkästen versperrt, am 16.10.03 waren alle weiteren Höhlen bis auf eine versiegelt (Abb. 31). Offene Fassadenhöhlen wurden den Kästen gegenüber bevorzugt, von innen begutachtet und teilweise auch erweitert. Am 27.09.03 war EPS nur in K5 angenagt (Abb. 30), das ♀ erwei- terte aber den darunter herausschauenden Rest vom alten Einflugsloch am Putz zu passender Größe (Abb. 30 links). Erst als die Fassadenhöhlen am 16.10.03 bis auf eine verschlossen waren, kam den Kästen mehr Bedeutung zu. Bis zum 01.11.03 waren an allen EPS-Füllungen Nagespuren vorhanden (Abb. 31). Aus K6 wurde in höchstens 72 Tagen 9 Liter Füllmaterial

55 4 Ergebnisse entfernt. 3 der 4 Nisthilfen ohne EPS-Füllung waren ebenfalls um das Einflugsloch herum benagt. Am 07.12.03 waren auch an K5 deutliche Spuren der Erweiterung festzustellen (Abb. 30 Mitte, rechts). Die versiegelten Fassadenhöhlen wurden zwar von Halsbandsittichen angef- logen, konnten aber offenbar nicht mehr eröffnet werden. Kurz vor Abschluss der Arbeit

(23.02.04) wurde gemeldet, dass die Halsbandsittiche alle 8 Nistkästen aufsuchten (Ute ESSER schriftlich). Das Einflugsloch von K8 war im Februar 2004 auf ca. 8 cm Durchmesser erwei- tert. Somit wurden alle Nistkastentypen (liegender und hängender Typ, je mit und ohne EPS- Füllung) zumindest von den Halsbandsittichen inspiziert. Für Aussagen über Brutaktivitäten in den Kästen war es zu diesem Zeitpunkt noch zu früh. 2 private Nistkästen (1 unter Dachvorsprung, 1 in Baum) in Gebieten mit Fassadenhöhlen wurden nicht von Halsbandsittichen bebrütet, 1 (in Baum) aber kurzzeitig durch sie inspiziert

(V. ZIEGENBALG , Fr. REINFRANK mündl.).

30

25

20

15 Anzahl 10

5

0 01.04.03 01.05.03 01.06.03 01.07.03 01.08.03 01.09.03 01.10.03 01.11.03 Datum offene Fassadenhöhlen gesamt Nistkästen mit EPS unbeschädigt Nistkästen mit EPS angenagt Nistkästen ohne EPS

Abb. 31: Offene Fassadenhöhlen im Gebiet des SHA und Veränderungen an künstlichen Nistkästen im Verlauf der Untersuchung.

Einer der beiden EPS-Quader im Gelände der ETS wies am 16.06.03 eine kleine Öffnung an einer unverputzten Seite auf, am 13.09.03 war eine Röhre mit deutlich erweitertem Eingang zu erkennen, am 27.09.03 war die Höhle etwas ausgedehnter (Abb. 32). Am 08.12.03 wies auch der 2. EPS-Quader eine größere Öffnung auf, diesmal an der Unterseite, ebenfalls in einem unverputzten Teil des EPS. Ob die Höhlen durch Halsbandsittiche oder Spechte zu- stande kamen, konnte nicht beobachtet werden.

56 4 Ergebnisse

Abb. 32: EPS-Block in einem Baum mit begonnener Höhle am 16.06.03 (links) und am 27.09.03 (rechts).

4.2.7 Veränderungen an den Fassaden

An allen untersuchten Gebäuden konnten Halsbandsittiche während des beobachteten Zeit- raums regelmäßig festgestellt werden. Nur an 4 Fassaden gab es im Laufe der Zeit eine Ver- änderung, 3-mal (SHA) eine Verminderung der Anzahl offener Höhlen durch anthropogene Versiegelung, 1-mal eine Erhöhung (ETS) sehr wahrscheinlich durch einen Buntspecht (Abb. 33).

16

14

12

10

8

6

4

Anzahl offener Anzahl Höhlen 2

0 Apr 03 Mai 03 Jun 03 Jul 03 Aug 03 Sep 03 Okt 03 Nov 03 Monat

SHA-A SHA-B SHA-C ETS

Abb. 33: Anzahl offener Fassadenhöhlen an Gebäuden (2003).

Die einzige Fassade, an der neue Höhlen hinzukamen (ETS), war gleichzeitig der Schlafplatz eines Buntspecht-♂ (Picoides major ) (Abb. 34, S. 62). Am 23.07.03 wurde ein Buntspecht gemeldet, der aus einer im Juni 2003 neu entstandenen Fassadenhöhle schaute (H. FELS , R.

BUYER mündl.). Am 08.12.03 waren neben den neu entstandenen Löchern an einer Stelle neue spechttypische Initialstellen vorzufinden. Bis zum Ende der Arbeit (19.02.04) wurden an SHA-A zwei Stellen an der Fassade von Halsbandsittichen aufgesucht, eine davon wurde stark ausgehöhlt (U. ESSER schriftl.). Mindestens an einer dieser Stellen gab es schon 2003

57 4 Ergebnisse eine Verletzung im Putz, die gelegentlich im Untersuchungszeitraum von P. krameri aufge- sucht und auch benagt wurde. Am 05.10.03 warf ein Kleiber weiße Kügelchen aus der EPS-Verkleidung am SHA (Sr. Julia- na mündl.).

Abb. 34: Buntspecht-♂ (Picoides major ) schaut aus seiner Schlafhöhle (ETS), 30.07.03.

58 4 Ergebnisse

4.3 Mauser

Am 23.05.03 wurde die erste Feder gefunden, am 04.06.03 eine AS. Sammelabschnitte liefen über jeweils 2 Wochen, beginnend mit dem 29.06.03, der letzte Sammeltag war der 14.09.03. Von Stefanie Wegener wurden Federn zuletzt am 20.09.03 aufgefunden.

25 25

20 20

15 15

10 10

5 5

Anzahlgefundener Federn 0 Anzahlgefundener Federn 0

6 8 1 6 8 1 + + 1 + + 1 1+2 3+4 5 7 1+2 3+4 5 7 9+10 9+10 10+ 10+ Wochen Wochen

Abb. 35: Mauser der Handschwingen (HS) nach Federfunden in Heidelberg (2003): HS 1-8 (links) und HS 9+10 (rechts);

Ab dem 29.06.03 wurden in regelmäßigen Abständen HS 1-8 aufgefunden mit einer Häufung in den Wochen 1 und 2 und einer Abnahme in den folgenden Wochen (Abb. 35 links). HS 9 oder 10 traten erstmals am 05.08.03 (6. Woche) auf, also über einen Monat später als die an- deren HS mit einem Maximum in den Wochen 7 und 8, danach nahmen die Federfunde der HS wieder ab (Abb. 35 rechts).

25 25

20 20

15 15

10 10

5 5

0 0 Anzahlgefundener Federn Anzahlgefundener Federn

6 8 1 6 8 1 + + 1 + + 1 1+2 3+4 5 7 1+2 3+4 5 7 9+10 9+10 10+ 10+ Wochen Wochen

Abb. 36: Mauser der Steuerfedern (SF) nach Federfunden in Heidelberg 2003: SF 2-6 (links) und SF 1 (rechts);

59 4 Ergebnisse

Steuerfedern (SF) wurden vom 29.06.-28.07.03 regelmäßig aufgefunden. Bei SF 1 und SF 2-6 lagen die maximalen Fundzahlen in den Wochen 1 und 2, um dann abzunehmen. In den Wo- chen 5 und 6 wurden keine SF 2-6 und nur eine SF 1 gefunden. Im Zeitabschnitt der Wochen 7 und 8 sowie in Woche 9 (17.08.-25.08.03) wurden jedoch erneut Funde erbracht (Abb. 36). Es gab also 2 Steuerfedermausern, eine „Hauptmauser“ im Juli und eine „Nebenmauser“ Mit- te August. Die Anteile der kurzschwänzigen mausernden Individuen lagen vom 02.08.-06.08.03 zwi- schen 42 und 50 % (Abb. 37).

250 219

200 169 180

150 110 88 105 100

109: 49,8% 81: 47,9% 75: 41,7% 50 Halsbandsittiche am Schlafbaum Halsbandsittiche 0 02.08.2003 04.08.2003 06.08.2003 Datum

Kurzschwänzige Langschwänzige

Abb. 37: Anteil der kurzschwänzigen (mausernden) Individuen am Schlafbaum S3 in Heidelberg Anfang Au- gust 2003.

♂♂ mit kurzen oder fehlenden mittleren Steuerfedern traten (mit Ausnahme des unten be- schriebenen kurzschwänzigen ♂) zwischen dem 19.07.03 und dem 28.08.03 auf (Tab. 16). Am 01.03.03 wurde ein ♂ mit komplett fehlenden Schwanzfedern gesehen. An einer Fassade (VDI) konnte im Mai 2003 ein ♂ mit deutlich verkürztem Schwanz beobachtet werden, das bis zum 25.06.03 die Federn bis zur vollständigen Länge regenerierte. ♀♀ mit kurzen oder fehlenden mittleren Schwanzfedern traten vom 02.06.-08.09.03 auf (Tab. 16). Juvenile konn- ten zwischen dem 21.08. und 16.09.03 mit fehlenden oder verkürzten mittleren Steuerfedern beobachtet werden (Tab. 16). Mehrere juvenile ♂♂ mit schwach gezeichneter aber komplett angedeuteter Halsbandzeichnung wurden vom 01.09.-15.09. beobachtet (Abb. 38 rechts). Da- neben trat vom 04.06.-11.06.03 mehrfach ein umfärbendes juveniles ♂ auf, welches nur ei-

60 4 Ergebnisse nen schwarzen Wangenstreif auf der rechten Kopfseite besaß, ansonsten aber noch weibchen- farben war (Abb. 38 links).

Tab. 16: Beobachtete Mausertypen (ohne HS) und Federbruch bei ♂♂, ♀♀ und Juvenilen vom 02.06.- 16.09.03 in Heidelberg 2003. *reguläre Mauser; Ausnahmen auch schon im Juni 2003 (s. Abb. 38 links) Beobachtet bei Typ der Mauser Beobachtungszeitraum ♂♂ Steuerfeder 19.07. - 28.08.03 ♀♀ Steuerfeder 02.06. - 08.09.03 Juvenilen Steuerfeder 21.08. - 16.09.03 Juv. ♂♂ Adulte Umfärbung 01.09. - 15.09.03* Allen Kopfgefieder 10.07. - 01.09.03 Allen Federbruch 02.06. - 26.07.03

Abb. 38: Umfärbung juveniler ♂♂ in das Adultgefieder. links : ♂ mit deutlichem, partiell ausgebildetem Halsband auf der rechten Kopfseite am 11.06.03. rechts : ♂ mit schwacher Halsbandzeichnung in der regulären Mauser am 15.09.03.

Messungen von 16 mittleren Steuerfedern (SF 1) lagen zwischen 18,1 und 25,3 cm bei einem Mittelwert von 22,5 cm (± 2,46 cm).

4.4 Nahrungswahl und Trinken

4.4.1 Nahrungspflanzen

Im Untersuchungszeitraum waren einige Nahrungspflanzen für Halsbandsittiche in Heidel- berg besonders begehrt, dies waren Feldahorn ( Acer campestre ), Kupfer-Felsenbirne ( Ame- lanchier lamarckii ), Hainbuche ( Carpinus betulus ), Esche ( Fraxinus excelsior ), Walnuss (Juglans regia ), Apfel ( Malus domestica ), Süßkirsche ( Prunus avium ), Traubenkirsche ( Pru- nus padus ), Robinie ( Robinia pseudoacacia ), Japanischer Schnurbaum ( Sophora japonica ) und Sommertamariske ( Tamarix ramosissima ). Halsbandsittiche fraßen meist in einer Höhe von 5-15 m über dem Boden, gelegentlich kamen sie auf etwa 1,5-2 m herunter. Von 42 insgesamt beobachteten Nahrungspflanzen der Hals-

61 4 Ergebnisse bandsittiche waren 50 % Neophyten (Tab. 20, Anhang). An 38 Pflanzenarten wurden zwi- schen dem 09.05.03 und dem 28.09.03 insgesamt 133 Nahrungsaufnahmen beobachtet. Von P. krameri wurden in 90 % Früchte, in 5 % Blüten, in 3 % Triebe, in 1 % Rinde und in 1 % Blätter aufgenommen, Knospen wurden in diesem Zeitraum nicht verzehrt (Abb. 39). Hals- bandsittiche verzehrten besonders gerne Blüten von Sophora japonica , Jungvögel kamen so- gar auf nur 60-80 cm herunter, um Yucca -Blüten zu fressen. Von Halsbandsittichen gefresse- ne Triebe traten im Untersuchungszeitraum ausschließlich an Tamarix ramosissima auf.

Trieb Blatt Rinde 3% Blüte 1% 1% 5% Knospe 0%

Frucht 90%

Abb. 39: Übersicht der Nutzung verschiedener Pflanzenteile durch Halsbandsittiche in Beobachtungen (n = 133) zwischen dem 09.05.03 und dem 28.09.03.

4.4.2 Aktivitätsphasen bei der Nahrungsaufnahme an natürlichen und künstlichen Futterstellen

Abb. 40 zeigt die Tagesaktivität der Halsbandsittiche bei der Nahrungsaufnahme natürlicher Futterquellen. 100 % entsprechen der Summe der Beobachtungstage pro Zeitintervall. Der graue Abschnitt der Säule steht für den Anteil der Tage, an denen Halsbandsittiche bei der Nahrungsaufnahme im entsprechenden Zeitintervall beobachtet wurden. Zeitintervalle, in denen der Anteil der Tage mit beobachteter Nahrungsaufnahme größer als 48 % war, lagen zwischen 6.00 und 8.00 Uhr sowie zwischen 19.00 und 21.00 Uhr (MESZ). Zwischen 8.00 und 11.00 Uhr sowie zwischen 17.00 und 19.00 Uhr wurden deutlich seltener Tiere beim Verzehr von Nahrung beobachtet, pro Zeitintervall lag der Wert zwischen 25 und 38 % der Beobachtungstage. Halsbandsittiche fraßen zwischen 11.00 und 17.00 Uhr sowie nach 21.00 Uhr kaum, hier lag der Anteil der Beobachtungstage mit Nahrungsaufnahme nur zwischen 7 und 12,5 % (Abb. 40).

62 4 Ergebnisse

100%

80%

60%

40%

20% Beobachtungstage Beobachtungstage (relativ) 0%

r r r hr hr hr hr hr h hr hr hr h hr hr Uh U U U U U U U U U U -7 -8 -9 4 U 9 U 6 7 8 9-10 Uhr 1-12 2-13 3-1 6-17 7-18 8-1 1-22 10-111 1 1 14-1515-16 Uhr 1 1 1 19-2020-21 Uhr 2 Zeitintervalle Nahrungsaufnahme keine Nahrungsaufnahme

Abb. 40: Aktivitätsmuster von Halsbandsittichen im Tagesverlauf (MESZ) bei der Nahrungssuche an natürli- chen Futterquellen vom 15.05.-16.09.03. Angegeben in grau: Anteil der Beobachtungstage, an denen Nahrungsaufnahmen im entsprechenden Zeitintervall festgestellt wurden.

An der künstlichen Sommerfutterstelle am SHA fanden Aufnahmen im Zeitraum vom 01.07.- 25.08.03 an 9 Tagen zwischen 7.00 und 12.00 Uhr (MESZ) statt, insgesamt 339 Minuten (= 100 % Beobachtungszeit). Im Juli fanden Aufnahmen nur nach 9.00 Uhr (MESZ) statt (= 74 % Beobachtungszeit), im August nur vor 9.00 Uhr (= 26 % Beobachtungszeit). Insgesamt wurden 17 Halsbandsittich-Landungen gezählt. Im Juli 2003 wurde später als 10.00 Uhr (MESZ) nur einmal ein Sittich am Futter beobachtet. Die anderen 16 Besuche la- gen im August 2003 zeitlich vor 9.00 Uhr (MESZ) (Abb. 41 rechts). Nach Aussagen einer Anwohnerin waren die Vögel täglich in den frühen Morgenstunden und in den Abendstunden, auch im Juli 2003 an der künstlichen Futterstelle anwesend. Eigene stichprobenartige Beo- bachtungen von P. krameri vor 9.00 Uhr an der künstlichen Futterstelle im Juli 2003 bestäti- gen diese Aussage. Haussperlinge ( Passer domesticus ) waren hier in beiden Zeitintervallen und an jedem Beobachtungstag häufig anzutreffen (Abb. 41 rechts). Von 461 Landungen, die an der künstlichen Sommerfutterstelle beobachtet wurden, waren es 17-mal (3 %) Halsbandsittiche, 411-mal (91 %) Haussperlinge, 23-mal (4 %) Amseln, 7-mal (1 %) Kohlmeisen ( Parus major ) und 3-mal (1 %) Elstern ( Pica pica ) (Abb. 41 links). Der Haussperling war somit die dominante Vogelart an der beobachteten künstlichen Sommerfut- terstelle und regelmäßig in Gruppen von geschätzten 30-40 Exemplaren im Gartenbereich zu

63 4 Ergebnisse sehen. Wenn Halsbandsittiche am Futter waren, blieben die Haussperlinge meist fern, waren aber sofort wieder zur Stelle, wenn die Papageien mit einem Nahrungsbrocken in einen Baum flogen, um dort die Nahrung zu verzehren. An einer 2. künstlichen Futterstelle im Bereich des SHA fanden sich während der Brutzeit bis Anfang Juni (zuletzt 06.06.03) regelmäßig Halsbandsittiche in Gruppen von bis zu 10 Indivi- duen ein. Eine 3. künstliche Futterstelle lag in Wieblingen (MBS) und wurde ebenfalls nur bis Anfang Juni (zuletzt 06.06.03) genutzt. Trotz weiterer Futtergabe mit Äpfeln und anderen Früchten blieben die Sittiche der Futterstelle fern, obwohl sie täglich im Gelände anwesend waren (Fr. REINFRANK mündl.). Ein Halsbandsittich wurde am 20.06.03 in Nähe der mit Ap- felscheiben bestückten künstlichen Futterstelle (MBS) beobachtet, blieb aber in einer Robinie (Robinia pseudoacacia ) sitzen und nahm Hülsen des Baumes als Nahrung an. Am 01.11.03 wurden Halsbandsittiche an verschiedenen künstlichen Futterstellen in Heidel- berg mit zeitgleichen Besuchen von bis zu 5 Exemplaren beobachtet.

PP PM 100% 1% 1% PK 90% TM 3% 4% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% Besuche der an künstl. Futterstelle PD 0% PK PD 91% 7-9 Uhr 9-12 Uhr

Abb. 41: Vogelarten an einer künstlichen Sommerfutterstelle im Zeitraum vom 01.07.-25.08.03 zwischen 7.00 und 12.00 Uhr (MESZ) mit n = 461 Besuchen. Beobachtungszeit (t) = 339 min in 9 Tagen. links : Prozentuale Anteile der Vogelarten an der Futterstelle; rechts : Zeitabhängige Landungen von Psittacula krameri (n = 17) und Passer domesticus (n = 411) an der künstlichen Futterstelle. Abkürzungen : TM: Amsel ( Turdus merula ); PP: Elster ( Pica pica ); PK: Halsbandsittich ( Psittacula krameri ); PM: Kohlmeise ( Parus major ); PD: Haussperling (Passer domesticus );

4.4.3 Trinken

Am 31.01.03 wurde ein Halsbandsittich bei der Aufnahme von Schnee beobachtet. Am 01.03.03 trank ein Vogel Wasser aus einer halben Walnuss-Schale, die in einer Dachrinne lag. Am 07.12.03 fanden sich abends kurz vor dem Einflug in die Schlafbäume etwa 30 Halsband- sittiche auf dem Dach eines Buswartehäuschens ein, wo sie gemeinsam Wasser aufnahmen. 64 4 Ergebnisse

Nie wurden Tiere gesehen, die auf den Boden kamen und hier aus Pfützen oder aus dem Ne- ckar tranken. Während des Untersuchungszeitraumes in den Sommermonaten gelangen keine Beobachtungen von trinkenden Halsbandsittichen.

4.5 Für P. krameri nutzbare Baumarten in der Stadt und im Forst

4.5.1 Stadtbereich Heidelberg

In Abb. 42 sind 10 von Halsbandsittichen im Beobachtungszeitraum häufig genutzte Baumar- ten und -Hybriden dargestellt. Der häufigste von 30.000 registrierten Stadtbäumen war die Ahornblättrige Platane ( Platanus x hispanica ) mit einer relativen Abundanz von 13 %. Sie dient Halsbandsittichen als Brutbaum (Abb. 20), Schlafbaum (Tab. 11) und Nah- rungspflanze (FRANZ & KRAUSE 2003b). Die relative Abundanz der nächsten genutzten Bau- mart, der Gemeinen Rosskastanie ( Aesculus hippocastanum ) betrug 4 %, die der Robinie ( Ro- binia pseudoacacia ) 3 %, die der Esche ( Fraxinus excelsior ) noch 1 %, letztere wurde in Hei- delberg von P. krameri als Brutbaum (vgl. Abb. 20) und vor allem als Nahrungspflanze ge- nutzt. Wichtige Nahrungsbäume, wie Hainbuche ( Carpinus betulus ), Feldahorn ( Acer cam- pestre ), Walnuss ( Juglans regia ) und Süßkirsche ( Prunus avium ) machten jeweils etwa 1 % des Baumbestandes Heidelbergs aus. Weitere wichtige Bäume wie Hybridpappeln ( Populus x canadensis ), die als Schlafplatz genutzt wurden, oder Nahrungspflanzen wie Trompetenbaum (Catalpa bignonioides ) und Traubenkirsche ( Prunus padus) lagen im Baumkataster unter 1 %. Die 3 häufigsten Stadtbäume hatten zusammen einen Anteil von 28,7 %.

65 4 Ergebnisse

Sophora japonica : N 1 % andere Baumarten 23 % Platanus x hispanica : S, B, N Prunus avium : N 13 % 1 %

Quercus robur : N 1 %

Juglans regia : B, N Aesculus 1 % hippocastanum : N Acer campestre : 4 % N 1 % Robinia Carpinus betulus : pseudoacacia : N N 3 % 1 %

Fraxinus excelsior : B, N 1 %

Abb. 42: Relative Abundanzen der Stadtbäume (n = 30.000) in Heidelberg. Namentlich angegeben sind nur für Halsbandsittiche wichtige Baumarten im Beobachtungszeitraum. Erläuterung : S: Schlafbaum; B: Brutbaum; N: Nahrungspflanze; Quelle: Landschaftsamt Heidelberg (2003).

66 4 Ergebnisse

4.5.2 Forst bei Heidelberg

Häufigster Laubbaum des Forstes um Heidelberg war die Rotbuche ( Fagus sylvatica ) mit einer relativen Abundanz von 34 %, gefolgt von Eichen ( Quercus spec. ) mit 7 % und Esskas- tanie ( Castanea sativa ) mit 2 % (Abb. 42). Von den Nadelbäumen dominierte die Fichte (Picea abies ) mit 25 %, gefolgt von Kiefern (Pinus spec. ) mit 8 % und Douglasie ( Pseudotsu- ga menziesii ) mit 10 %. Die 3 häufigsten Forstbaumarten hatten zusammen einen Anteil von 69 %, dies entspricht dem 2,4-fachen Wert der 3 häufigsten Stadtbäume.

Laubbäume Nadelbäume

Castanea sativa * 2 % Picea abies * 25 %

Sonst. Laubbäume Pseudotsuga 6 % menziesii * 10 %

Quercus spec *. 7 % Pinus spec. * 8 %

Fagus sylvatica * Larix decidua * 34 % 6 %

Abies alba 2 %

Abb. 43: Relative Abundanzen der Baumarten im Forst bei Heidelberg. *Für Papageien in Deutschland als Nahrungspflanze nachgewiesen (nach www.papageien.org, 2003). Quelle: Forstamt Heidelberg (2003)

67 4 Ergebnisse

4.6 Andere Vogelarten und Interaktionen

4.6.1 Belegung der Fassadenhöhlen

Von 63 untersuchten Fassadenhöhlen waren 14 (23 %) von Halsbandsittichen ( Psittacula krameri ), 7 (11 %) von Staren ( Sturnus vulgaris ), eine (2 %) vom Buntspecht ( Picoides major ) und eine (2 %) vom Haussperling ( Passer domesticus ) besetzt, 39 Höhlen (62 %) war- en nicht belegt (Abb. 44). Bienen oder Wespen wurden an keinem der untersuchten Gebäude gefunden.

Halsbandsittich 23%

Buntspecht 2%

Star 11% nicht besetzt 62% Haussperling 2%

Bienen und Wespen 0%

Abb. 44: Belegung der Fassadenhöhlen (n = 63) im Untersuchungszeitraum Mai-September 2003

An 2 Gebäuden brüteten Blaumeisen ( Parus caeruleus ) in Spalten der Außenfassade, nicht aber in den untersuchten Höhlen mit einem Eingangsdurchmesser von mindestens 5 cm. Wei- tere Vogelarten, die wenigstens einmal an den Fassadenhöhlen beobachtet wurden, waren Kleiber ( Sitta europaea ), Kohlmeise ( Parus major ) und Hausrotschwanz ( Phoenicurus ochru- ros ) sowie Mauersegler ( Apus apus ) im Anflug auf diese Höhlen.

4.6.2 Interaktionen und weitere Arten am Brutplatz von P. krameri

Artreine Brutkolonie von Halsbandsittichen Im Untersuchungsgebiet SHA kamen außer den Halsbandsittichen keine anderen Arten als Fassadenbrüter vor. Bei allen 10 BP an der Fassade sowie bei einem Paar in einer großen Pla- tane am Hauptgebäude war Bruterfolg zu verzeichnen, d. h. es wurden überall Junge aus dem Nesteingang schauend gesehen. Die hier sehr häufigen Haussperlinge konnten brütend nicht nachgewiesen werden, obwohl freie Höhlen vorhanden waren. Zwischen ♀♀ von P. krameri kamen nach der Brutzeit Kämpfe an Höhlen vor, bei denen sie in der Luft auf einer Stelle flatterten und sich gegenseitig angriffen, dabei wurden mehrfach Federn ausgerissen. Kämpfe 68 4 Ergebnisse um Höhlen traten im Untersuchungszeitraum nur zwischen Halsbandsittichen, nicht aber mit anderen Arten auf.

Haussperlinge An einem Gebäude in Wieblingen (VDI) brüteten 2 Paare Halsbandsittiche. Ab dem 29.05.03 fand sich dort ein Haussperlings-♂ (Passer domesticus ) an einem tiefer gelegenen Fassaden- loch ein, um dort zu einem späteren Zeitpunkt zu brüten. An der künstlichen Sommerfutter- stelle (vgl. Kap. 4.4.2) ordneten sich Haussperlinge den Halsbandsittichen unter.

Stare Stare ( Sturnus vulgaris ) brüteten an 2 Gebäuden, einmal in 5 (HG) und einmal in 2 Paaren (MBS), sie dominierten hier die Halsbandsittiche, die an beiden Gebäuden nur je eine Höhle besetzt hatten und offenbar auch beide Male nicht erfolgreich brüteten. Anwohner berichteten an beiden Gebäuden von Streitigkeiten zwischen Halsbandsittichen und Staren um die Brut- höhlen. Stare brüteten 2003 auch in 2 Höhlen, die 2002 von Halsbandsittichen besetzt wurden

(H. BENDER , Fr. REINFRANK mündl.). Mindestens an einem Gebäude (MBS) brüteten die Sta- re 2-mal erfolgreich hintereinander.

Rabenkrähen Rabenkrähen ( Corvus corone corone ) trafen häufig mit Halsbandsittichen zusammen, brüte- ten aber nicht in direkter Nähe der Fassaden oder im gleichen Baum mit ihnen. Flogen Ra- benkrähen auf Höhe der in den Baumkronen sitzenden Sittiche, so ließen die Papageien häu- fig ein lautes Geschrei hören. Teilweise flog P. krameri auch in Gruppen auf und flüchtete vor einer vorbeifliegenden Rabenkrähe um kurze Zeit später wieder am Sitzplatz einzufallen. Ein gemeinsamer abendlicher Sammelplatz für beide Arten befand sich auf dem Gelände des Heidelberger Tiergartens. Sie saßen zumeist auf getrennten Bäumen. Wurde jedoch der glei- che Baum als Sammelstelle genutzt, hielten sich Rabenkrähen in der oberen und Halsbandsit- tiche in der mittleren Baumkrone auf. Rabenkrähen flogen abends erst auf ihre eigenen Schlafbäume auf der Neckarinsel, wenn bei Halsbandsittichen der Einflug fast beendet war und waren morgens schon aktiv, als die Papageien noch auf den Schlafbäumen ruhten.

Spechte Eigene Beobachtungen von Spechten an Fassaden gelangen nur an der ETS. Ein Buntspecht

(Picoides major ) wurde am 23.07.03 (R. BUYER mündl.), 29.07.03 (S. WEGENER mündl.), 30.07.03 und 02.09.03 in derselben, im Juni 2003 neu entstandenen Höhle eines Gebäudes der ETS beobachtet, in der der Vogel nachweislich übernachtete. Im Juni und September 2003

69 4 Ergebnisse wurden am SHA hackende Spechte gemeldet, davon einmal ein Buntspecht an einem schon vorhandenen Fassadenloch (Sr. Bernharda mündl.). Im September 2003 auch wurde ein hackender Grünspecht ( Picus viridis ) an der Fassade der MBS gesehen (Fr. REINFRANK ). In einer Platane ( Platanus x hispanica ) brütete ein Buntspechtpaar zusammen mit 2 BP Hals- bandsittichen, die jungen Spechte wurden flügge. Ob auch die Papageien Bruterfolg hatten, konnte nicht bestätigt werden. 3-mal wurden Buntspechte durch Halsbandsittiche vertrieben, einmal am 07.07.03 durch einen juvenilen Halsbandsittich, am 02.11.03 zweimal durch Hals- bandsittiche an Baumhöhlen. Es wurde nie beobachtet, dass Spechte Halsbandsittiche vertrie- ben. Spechtbruten an Fassaden kamen nicht vor.

Graureiher Eine Bruthöhle der Sittiche im Tiergarten Heidelberg lag in einer Platane unterhalb einer Graureiherkolonie ( Ardea cinerea ). Die Reiher blieben im oberen Kronendach, die Sittiche waren meist im mittleren und unteren Bereich der Platane an Höhlen anzutreffen. Interaktio- nen zwischen den beiden Arten wurden nicht beobachtet.

Honigbienen ( Apis mellifera ) In allen untersuchten Fassadenhöhlen (n = 63) waren keine Bienen oder anderen Hymenopte- ren zu sehen. In Baumhöhlen gab es dagegen an drei Stellen Bienennester (Zoo, LKK, ETS). Am 27.05.03 wurden mehrere Honigbienen an einer bekannten Sittich-Höhle beim Ein- und Ausflug gesehen. Ein Pärchen Halsbandsittiche saß derweil über der Höhle auf einem Ast. Das ♂ versuchte die Bienen mit dem Schnabel zu vertreiben, was ihm nicht gelang. Die In- sekten schwirrten um den Kopf des ♂, als es sich wieder neben das ♀ setzte. Beide Partner flogen schließlich zusammen weg. Am 05.06.03 war der Eingang mit Bienen fast verschlos- sen, am 30.06.03 saßen die Bienen dicht um beide Eingänge in einem Kreis von 10 bzw. über 20 cm Durchmesser. Es gab auch erfolgreiche Sittich-Bruten in direkter Nachbarschaft zu Bienen. Im Ast einer Esche lebten oberhalb und unterhalb der erfolgreich bebrüteten Höhle 2 Bienenvölker, zusätz- lich gab es noch weitere Völker im selben Baum (ETS). In einer Platane mit einem Bienen- volk nisteten erfolgreich 4 BP Halsbandsittiche (LKK).

4.6.3 Nahrungskonkurrenz

Am 25.05.03 wurde abends ein Kirschbaum beobachtet, an den neben 6 anderen Vogelarten auch Halsbandsittiche zur Nahrungsaufnahme kamen (Tab. 17).

70 4 Ergebnisse

Tab. 17: Besuche verschiedener fruchtfressender Vogelarten in einer Süßkirsche ( Prunus avium ) am 25.05.03, Iqbal-Ufer, Heidelberg. Als Besuch wurden sitzende und einfliegende Vögel gewertet.

Das Fressverhalten der Vogelarten unterschied Art Besuche sich deutlich. Halsbandsittiche nahmen meist Halsbandsittich ( Psittacula krameri ) 42 Kirschen in den Fuß, fraßen das Fruchtfleisch Ringeltaube ( Columba palumbus ) 1 und ließen den Kern fallen. Ringeltauben ver- Amsel ( Turdus merula ) 11 schluckten Kirschen im Ganzen, ein Exemplar Mönchsgrasmücke ( Sylvia atricapilla ) 4 innerhalb von 84 Sekunden 9 Kirschen hinter- Blaumeise ( Parus caeruleus ) 12 einander. Amseln pickten das Fruchtfleisch Star ( Sturnus vulgaris ) 7 vom Kern und flogen zur leichteren Handha- Rabenkrähe ( Corvus corone corone ) 5 bung teilweise auf den angrenzenden Radweg. Mönchsgrasmücken und Blaumeisen zogen das Fruchtfleisch vom Kern oder pickten es an. Stare pflückten die Kirschen ganz, drückten vorher aber den Kern heraus und verschluckten sie dann. Rabenkrähen fraßen die Früchte im Ganzen. Streitigkeiten zwischen den Vögeln um Nahrung konnten nicht beobachtet werden, allerdings wichen Halsbandsittiche den größeren Rabenkrähen aus.

4.6.4 Interaktionen mit dem Menschen

Störung und Schaden durch Halsbandsittiche Störend waren für viele Anwohner die schrillen und lauten Rufe der Halsbandsittiche, die im Sommer schon in den frühen Morgenstunden zu hören waren. Besorgt waren Bürger darüber, dass die Sittiche heimische Arten verdrängen könnten. Dass Halsbandsittiche Bäume wie z. B. Magnolien ( Magnolia spec. ) in der Blütezeit teilweise kahl fraßen oder Triebe von Ta- marix spec. fraßen, wurde hingegen hingenommen. Neben solchen Störungen trat auch ökonomischer Schaden durch Halsbandsittiche auf. Ein Landwirt mit einer Obstplantage von etwa 0,8 ha Fläche nahe dem Zoogelände bezifferte den Anteil der durch die Sittiche angefressenen Äpfel (Malus domestica ) im oberen Drittel des Baumes auf maximal 10-15 %. Niedrige Bäume waren deutlich weniger betroffen als hohe. Anfangs freute er sich über die Papageien, später empfand er sie als leicht schädlich, da sie viele Äpfel nur anfraßen, aber dann hängen ließen. Der Schaden sei aber nicht so hoch, dass man die Halsbandsittiche bekämpfen müsste (H. DOLDE mündl.). Eine Schadenssumme wur- de nicht angegeben. Walnüsse ( Juglans regia ) wurden von den Sittichen im grünen Zustand verzehrt, so dass die heruntergefallenen Reste für den Verkauf nutzlos wurden (H. DOLDE ,

71 4 Ergebnisse

I. HAUCK mündl.). In Neckarhausen wurden von P. krameri Birnen ( Pyrus communis ) in den

Fuß genommen, nach ein paar Bissen aber wieder fallen gelassen (I. HAUCK mündl.). Die Kosten für die Reparaturen des Fassadenschadens einschließlich der Nistkästen am SHA wurden auf 2000-3000 € beziffert (M. GANZ mündl.).

Anthropogene Störungen Fassadenhöhlen waren häufig anthropogenen Störungen ausgesetzt. 6-wöchige Bauarbeiten unter Bruthöhlen während der Brutzeit im März/ April am SHA führten jedoch nicht zu Brut- verlust. Ein Halsbandsittich-♀ kam selbst an ihre Bruthöhle wenn die Entfernung der aufge- bauten Foto-Optik hierzu nur 5-6 m betrug. Es blieb zwar vorsichtig, aber fütterte bei ruhigem Verhalten des Beobachters mehrere Minuten lang den Jungvogel. Ein Brutplatz lag in der Fassade eines Musiktherapiezentrums. Lautes Schlagzeug schien die Tiere nicht zu beeint- rächtigen. Halsbandsittiche ließen sich durch Menschen nicht von der Bruthöhle vertreiben

(Kurt STRAUB mündl.). Eine Fassadenhöhle lag in 4,9 m Höhe in einem stark frequentierten Einfahrtsbereich am SHA. Wenn Menschen direkt unter dem Brutplatz standen und die Höhle betrachteten, flog kein Elternteil an die Höhle, sondern erst wenn sich die Passanten unterhiel- ten oder den Rücken der Höhle zuwandten. Ein Wiesenbrand wurde im Juli 2003 von Stefanie Wegener neben den Schlafbäumen (S3) entdeckt und führte zur Verzögerung des Einfluges der Sittiche. Nach dem Löschen des Feuers und nach Abzug der Feuerwehr setzte sich der

Einflug wie gewohnt fort (S. WEGENER mündl.). Ein Helikopter, der beim abendlichen Ein- flug direkt über die Schlafbäume flog, schien die Vögel nicht zu beeinträchtigen. Unbeeind- ruckt zeigten sich Halsbandsittiche auch gegenüber klatschenden Passanten unter den Schlaf- bäumen, wo in 4 m Höhe über dem Fuß- und Radweg die niedrigsten Schlafplätze lagen. Verluste von Bruthöhlen traten auf. Am 20.09.03 wurde in Wieblingen ein Ast mit einer Bruthöhle in einer Esche ( Fraxinus excelsior ) aus Sicherheitsgründen gefällt. Am 16.10.03 waren 9 von 10 Bruthöhlen am SHA verschlossen, den Sittichen wurden hier aber 8 Nistkäs- ten als Bruthöhlenersatz zur Verfügung gestellt.

Positive Interaktionen Die Attraktivität der Halsbandsittiche, ihre Nähe zum Menschen sowie ihr neugieriges und teilweise zutrauliche Wesen erfreuten viele Bürger. Erstaunt zeigten sich manche Menschen darüber, dass die Papageien auch im Winter in Heidelberg bleiben. An vielen Stellen waren sie auch im Sommer beliebte Futtergäste (SHA, MBS). Im Allgemeinen wurden sie als Berei- cherung der heimischen Avifauna angesehen. Futterstellen boten in Heidelberg zusätzlich zu den Nahrungspflanzen Halsbandsittichen eine verlässliche Nahrungsquelle.

72 4 Ergebnisse

Auch vom Menschen gingen positive Handlungen aus. Ein Jungtier einer Fassadenbrut wurde auf dem Boden aufgefunden und aufgepäppelt, verstarb aber später (V. ZIEGENBALG mündl.). Ein Halsbandsittich-♂, dessen rechter Flügel gebrochen war, wurde im Herbst 2002 auf ei- nem Radweg in Heidelberg gefunden, aufgepäppelt und Ostern 2003 in Wieblingen wieder frei gelassen (Mirko BIER mündl.). Diesem Individuum hing der rechte Flügel herab, es war trotzdem voll flugfähig. Dass dieser Vogel überlebt hat, ist wahrscheinlich, denn am 05.07.03 wurde ebenfalls ein Männchen mit einem hängenden rechten Flügel in Neckarhausen gese- hen, etwa 70 Tage nach der Freisetzung.

4.7 Neugier- und Spielverhalten

P. krameri zeigte auch neugieriges und spielerisches Verhalten. Es wurde beobachtet, wie eine Gruppe von Halsbandsittichen Steine von Flachdächern warfen (SHA 01.11.03, Fr.

REINFRANK 27.09.03). An einem Gebäude hingen die Sittiche am Blitzableiter und schrieen laut (Fr. REINFRANK mündl.). Ein Halsbandsittich wurde dabei beobachtet, wie er auf dem Boden saß, dann von einem Hund aufgescheucht wurde, diesen immer wieder umkreiste und spielerisch anflog, während der Hund vergeblich versuchte, den Papagei zu fangen (H.

KRAMBS mündl.). Am 16.09.03 aufgehängte Nistkästen wurden gleich angeflogen und neu- gierig inspiziert. In einer Schule in Wieblingen sollen Halsbandsittiche den Unterricht stören, wenn sie während der Stunden auch bei offenem Fenster an die Fensterbank kommen oder sich von der Dachrinne hängen lassen (Schüler-AG, ETS).

4.8 Prädatoren und Krankheitsbilder

4.8.1 Prädatoren

2 Rupfungen mit Schnabelfunden von P. krameri aus dem Park der ETS vom März/ April 2003 lassen auf einen Habicht ( Accipiter gentilis ) als Todesursache schließen. Einmal wurde auch eine erfolgreiche Jagd eines Habichts auf einen Halsbandsittich im gleichen Gelände beobachtet (R. BUYER mündl.). Eine Gruppe von 5 Rotmilanen ( Milvus milvus ) jagte ebenfalls im Gelände der ETS im Oktober 2003 einen Schwarm von mehreren Halsbandsittichen, wo- von einer abgetrennt wurde und den Angreifern zum Opfer fiel. Ein junger Wanderfalke (Falco peregrinus ) stieß am 25.08.03 mitten in den niedrigen abendlichen Einflug, konnte aber keinen Sittich erbeuten. Die Halsbandsittiche verstummten daraufhin zunächst und blie- ben in den Bäumen sitzen, der Falke zog schließlich ab. Nach 30 Sekunden waren wieder Ru- fe zu hören und der Einflug wurde fortgesetzt. Am folgenden Morgen wurde erneut ein Wan-

73 4 Ergebnisse derfalke im Tiefflug, aber keine erfolgreiche Jagd beobachtet. Im Horst des Heidelberger Wanderfalkenpaares fanden sich 2002 und 2003 jeweils nur einmal Halsbandsittich-Überreste

(Michael PREUSCH mündl.). In einem Turmfalkenhorst in Wieblingen fanden sich Überreste von Wellensittich ( Melopsittacus undulatus ) und Nymphensittich ( Nymphicus hollandicus ), nicht aber von Halsbandsittichen (Sylvia KNAUER schriftl.). Beim gemeinsamen 20-minütigen Vertreiben eines tief in einem Gebüsch sitzenden Waldkau- zes ( Strix aluco ) am 05.07.03, bei dem Halsbandsittiche ( Psittacula krameri ), Elstern ( Pica pica ), Amseln ( Turdus merula ) und Blaumeisen ( Parus caeruleus ) beteiligt waren, attackier- ten 3 Elstern als einzige den Kauz. Der Waldkauz wechselte zu einem höher gelegenen Ast und wurde hier noch mehrere Minuten lang von den Elstern angegriffen, was ihn aber nicht zur Flucht veranlasste. Die anderen Vögel warnten, Halsbandsittiche versammelten sich in einer Gruppe von 5 Vögeln auf einem benachbarten Baum und schrieen laut, gingen aber nicht aktiv zum Angriff über. 2002 wurde im Tiergarten Heidelberg ein Halsbandsittich von einem Tiger ( Panthera tigris ) erbeutet, als dieser auf den Boden zum Wassernapf kam (Florian HOFBAUER mündl.). Im Garten des SHA wurden regelmäßig Eichhörnchen ( Sciurus vulgaris ) gesehen, sie nutzten auch das Geländer eines Gebäudes als Durchgang und kamen bis auf ca. 2-3 m in die Nähe der Bruthöhlen. Sie wurden zwar von den Sittichen aufmerksam beäugt - die Vögel setzten sich auch in der Nähe auf Äste und manchmal schrieen sie laut - aber direkte Angriffe konn- ten nicht beobachtet werden. Nie wurden Eichhörnchen an der Fassade kletternd gesehen, nur auf dem Geländer und angrenzenden Bäumen und Büschen.

4.8.2 Krankheitsbilder

Von außen erkennbar fallen an Halsbandsittichen besonders Beeinträchtigungen der Füße auf. Von 22 daraufhin untersuchten Halsbandsittichen an Bruthöhlen hatten nachweislich 7 Tiere entweder fehlende Krallen oder Zehen, dies entspricht einem Anteil von 32 %. Dabei fiel auf, dass jüngere Tiere, z. B. unausgefärbte ♂♂ kaum Verletzungen an den Füßen aufwiesen. Bei den ausgeflogenen Jungen des Jahres 2003 konnten ebenfalls keine Fußbehinderungen beo- bachtet werden. Am 01.09.03 fraß ein adultes ♂ die Früchte eines Feldahorns ( Acer campestre ), indem es seinen rechten Fuß wie eine Greifhand benutzte und damit einen Fruchtstand festhielt. Die- sem Fuß fehlten alle Krallen und bis auf eine Zehe auch Zehenglieder. Der linke Fuß schien noch intakt zu sein, sodass er alleine zum Sitzen auf dem Ast genügte. Das ♀ der niedrigsten bebrüteten Fassadenhöhe, die erfolgreich bebrütet wurde, besaß am linken Fuß nur noch an

74 4 Ergebnisse einer Hinterzehe eine Kralle, weshalb sie sich mit dem rechten Fuß, der vorne noch an einer Zehe eine Kralle besaß, an der Höhle festklammern musste. Nicht selten traten auch Vögel auf, deren Krallen zwar vorhanden, aber teilweise abgebrochen oder abgebissen waren. Bei einem ♂ in Neckarhausen am 05.07.03 hing der rechte Flügel schlaff herunter. Ein ♀ besaß während der Brutzeit beidseitig stark geschädigte obere Flügeldecken.

4.9 Informationen aus der Bevölkerung

Ein Radio-Interview am 09.09.03 erbrachte nur einen Anruf. Zahlreiche Meldungen wurden persönlich von Passanten und Anwohnern übermittelt, die teilweise im Text zitiert sind.

4.10 Unterarten von P. krameri und andere Papageienarten im Rhein-Neckar-Raum

Bei den Heidelberger Halsbandsittichen besaßen die ♀♀ einen komplett schwarzen Unter- schnabel und einen schwarzen Hinterrand am Oberschnabel (Abb. 45 links). Die mindestens 2-jährigen ♂♂ (auch die Unausgefärbten) zeigten immer einen gewissen Rotanteil im basa- len Abschnitt des sonst schwarzen Unterschnabels, der Oberschnabel war meist nicht komp- lett rot, sondern besaß eine schwarze, zuweilen weißliche Spitze (Abb. 45 rechts). Dies sind Merkmale, die weder exakt auf die Beschreibung von P. k. manillensis noch von P. k. borealis passen, sondern intermediär zwischen beiden Unterarten liegen (vgl. ALI & RIPLEY

1969, ROBILLER 1997).

Abb. 45: Schnabelfärbungen bei Halsbandsittichen in Heidelberg. links : ♀mit schwarzem Unterschnabel und schwarzem Hinterrand des Oberschnabels. rechts : ♂mit rotem Oberschnabel und teilweise rotem Unterschnabel. Die dunkelviolette Färbung im Unter- schnabel stammt vom Verzehr roter Früchte und ist normalerweise schwarz. Ein einzelnes blaues ♂ der Unterart P. k. manillensis trat in Heidelberg und Neckarhausen auf (Abb. 7). Ein einzelnes beringtes ♂ der Unterart P. k. krameri wurde auf den Schlafbäu- men in Ludwigshafen beobachtet, dieses Individuum kopulierte dort mit einem weiblichen Großen Alexandersittich ( Psittacula eupatria ) am 19.08. und 26.08.03.

75 4 Ergebnisse

Ein einzelner Mohrenkopf ( Poicephalus senegalus ) wurde mehrfach in Heidelberg (Neuen- heimer Feld, Bergheim, Wieblingen) zusammen mit Halsbandsittichen beobachtet (Abb. 46 links). Es liegen Beobachtungen aus dem Winter 2002/ 03 vor (S. WEGENER mündl.), außer- dem an folgenden Tagen: 03.07, 01.09, 12.09, 13.09, 19.10. (R. BUYER mündl.), 01.11 und 02.11.03. In Ludwigshafen wurde im August 2003 auf den Schlafbäumen der Halsbandsittiche neben dem schon erwähnten Großen Alexandersittich auch eine Blaustirnamazone ( Amazona aesti- va ) (Abb. 46 rechts) beobachtet. Ergänzende Informationen zu Papageien als Neozoen in Deutschland finden sich im Anhang.

Abb. 46: Weitere Papageienarten im Rhein-Neckar-Raum 2003 : links: Mohrenkopf ( Poicephalus senegalus ), Heidelberg, 12.09.03. rechts : Blaustirnamazone ( Amazona aestiva ), Ludwigshafen, 18.08.03.

76 5 Diskussion

5 Diskussion

5.1 Methodendiskussion

5.1.1 Schlafbaumzählungen (Einflugszählungen vs. Sitzplatzzählung)

Einflugszählungen der Halsbandsittiche an den Schlafbäumen sind eine geeignete Methode, um die Gesamtzahl der Individuen einer Population zu ermitteln (vgl. FRANZ & KRAUSE 2003a). Wichtig ist allerdings dabei, dass die Erfassung der Vögel über einen längeren Zeit- raum sowohl vor als auch nach der Brutzeit erfolgt, weil die Größe der Schlafgemeinschaft während der Brutzeit am Schlafbaum stark schwanken kann (s. Abb. 17). Mit einem geringeren Zeitaufwand reichen auch Stichprobenzählungen nach dem Ausfliegen der Jungtiere im Juli/ August aus, um zufrieden stellend die gesamte Populationsgröße zu erfassen. Die Sittiche sind zu dieser Zeit unverpaart (vgl. ERNST 1995) und verweilen nicht mehr an den Brutplätzen, sondern alle Individuen übernachten auf den gemeinsamen Schlaf- plätzen. Zwischen Juli und September 2003 wurden folglich die höchsten Individuenzahlen bei den Schlafplatzzählungen ermittelt (Abb. 17). Eine mögliche Fehlerquelle bei der Einflugszählung ist die Abschätzung der Truppgröße, wenn die Trupps schnell einfliegen. Denn einmal im Geäst gelandet entziehen sich die meis- ten Tiere dem Beobachter. Individuelle Abweichungen bei Schlafbaumzählungen zwischen 2 Beobachtern traten auf, blieben aber im tolerierbaren Bereich zwischen 8 und 28 %. Die Differenz zwischen einer abendlichen Einflugszählung und der Zählung der wegfliegenden Individuen am darauf fol- genden Morgen lag bei 11 %. Die bedeutenden Abweichungen in der Populationsgröße nach Ende der Brutzeit werden aber nicht auf Zählfehler zurückgeführt. Die Abnahme um 65 % und einer anschließenden Verdrei- fachung der Individuenzahl am Schlafplatz in Heidelberg (Abb. 17) beruhte auf Individuen, die zwischen Heidelberg und Neckarhausen pendelten. Das Auftreten von Einzelindividuen in Neckarhausen und Heidelberg (Kap. 4.1.2) wird als Bestätigung für den Austausch von Indi- viduen herangezogen, denn dieses markante Tier wechselte zwischen beiden Orten zu unter- schiedlichen Zeiten. Außer der reinen Bestandserfassung wurden mit der Einflugszählung auch demographische Daten differenziert aufgenommen. Die Unterscheidung zwischen kurzschwänzigen und lang- schwänzigen Halsbandsittichen im Einflug auf die Schlafbäume war nicht immer leicht. Spä- testens ab Truppgrößen von 20 Tieren konnte der Anteil der kurzschwänzigen Individuen nur

77 5 Diskussion geschätzt werden. Natürlich empfiehlt sich bei einer Überzahl von kurzschwänzigen Indivi- duen die exakte Zählung der langschwänzigen Tiere. Sowohl die Anteile der vergleichsweise kurzschwänzigen diesjährigen Jungtiere Mitte Juni als auch der adulten Vögel in der Schwanzmauser Anfang August können mit dieser Methode bestimmt werden. Während eine Person die kurzschwänzigen Individuen zählt, empfiehlt sich eine zweite Person, die parallel die Gesamtpopulation auf den Schlafbäumen erfasst.

Eine andere Methode zur Populationserfassung, die in Köln angewendet wird (KAHL -DUNKEL

& WERNER 2002), ist die Zählung der im Baum sitzenden Individuen (Sitzplatzzählung). Bei der dichten Belaubung der Schlafbäume im Sommer ist diese Methode allerdings wenig sinn- voll, da durchschnittlich nur 15-20 % der Tiere sichtbar sind, wie ein unmittelbarer Zahlen- vergleich mit den Daten der Einflugszählung ergab. Zufrieden stellend erweist sich diese Me- thode allerdings im Winter, wenn die Schlafbäume unbelaubt sind und die Sicht auf die Vögel nicht verdeckt wird. Um die Populationen mehrerer Schlafplätze zu bestimmen, wurden Zählungen aufgrund des logistischen und personellen Aufwandes nur einmal synchron, ansonsten sukzessiv, d. h. an 2 aufeinander folgenden Abenden durchgeführt. Da der Wechsel der Gesamtpopulation zwi- schen den Schlafbäumen in Neckarhausen und Heidelberg nicht abrupt von einen auf den an- deren Tag erfolgte, sondern zwischen 2 Zählungen eine Differenz von 2-73 (im Mittel 27,8) Tieren lag (vgl. Abb. 15), waren auch mit dieser Methode relativ verlässliche Werte für meh- rere Orte zu ermitteln. Mit der sukzessiven Zählmethode wurden für die beiden Subpopula- tionen in Heidelberg und Neckarhausen zusammen maximal 531 Individuen gezählt.

5.1.2 Demographische Erhebungen

In Großbritannien wurde innerhalb eines Trupps von 45 Individuen ein Anteil von 30 % 1- und 2-jähriger Halsbandsittiche bestimmt, die durch kürzere Schwänze von den Adulten unterschieden wurden (CRAMP 1985). Leider fehlt hier die entscheidende Angabe der Jahres- zeit, da auch Adulte während der Schwanzmauser verkürzte Steuerfedern haben können und 2-jährige nach der Postjuvenilmauser einen den adulten vergleichbar langen Schwanz besit- zen. Die Unterscheidung der Adulten von den 1- und 2-jährigen Individuen kann deshalb nicht generell auf die Schwanzlänge zurückgeführt werden. Eine umfassende und exakte Methode zur Bestimmung des Geschlechterverhältnisses und der Altersstruktur für Halsbandsittiche lag bislang aus Literaturangaben nicht vor, daher wurde auf eine eigene Methode zurückgegriffen. Adulte ♂♂ ließen sich leicht durch das markante schwarze Halsband, das rosafarbene Nackenband und durch den bläulichen Nacken von den

78 5 Diskussion

♀♀ und den Juvenilen unterscheiden. Eine Unterscheidung der verbleibenden weibchenfar- benen Tiere war mit dieser Methode nicht möglich. Diesjährige waren anfangs leicht zu erkennen, denn sie ließen nach dem Flüggewerden Bettel- laute auch an den Schlafbäumen hören, sie zeigten ein unbeholfenes Verhalten, wobei sie häu- fig von Artgenossen vertrieben wurden und den Sitzplatz wechselten. Außerdem hatten sie komplett dunkle Augen und wiesen einen roten Ober- und Unterschnabel auf. Bis Ende Juni wurde mit dieser Methode der Anteil der Jungtiere auf 31 % bestimmt. Dieser Anteil kann unterhalb des realen Werts für die Jungtiere liegen, da mit Beginn der Erfassungsperiode noch nicht alle Jungtiere ausgeflogen waren und erst während des Zeitraums hinzukamen. Ab dem 29.06.03 wurde die Differenzierung schwieriger. Die Jungtiere wurden aufgrund der heller werdenden Augen, der nur noch seltenen Bettelrufe und des weniger auffälligen Verhaltens hauptsächlich nach hellen Handschwingenrändern und roten Unterschnäbeln bestimmt. Diese Merkmale treffen aber auch auf Jungvögel des Vorjahres zu. Ab diesem Zeitpunkt wurden folglich anstatt der 31 % ein Anteil von 47 % Jungtieren ermittelt (Abb. 18 Mitte und rechts). Diese deutlichen Unterschiede werden nicht auf neu hinzugekommene Jungtiere zurückge- führt, da Ende Juni nur noch ein Nest mit herausschauenden Jungen gefunden wurde. Viel- mehr konnte zwischen Jungtieren von 2003 und 2002 nicht mehr eindeutig unterschieden werden, weshalb der Begriff „Juvenile“ (Kategorie d) verwendet wurde. Probleme gab es bei der Zuordnung von adulten ♀♀. Unausgefärbte ♂♂ waren von ♀♀ an den Schlafbäumen aufgrund der Distanz von etwa 70 m und der ungünstigen Lichtverhält- nisse nicht zu unterscheiden. Das klare Geschlechterverhältnis konnte so nicht ermittelt wer- den. Mit der Scan-Methode ließen sich maximal 53 % (im Mittel 15-20 %) der gesamten Populati- on auf Geschlecht und Alter bestimmen. Doppeltzählungen einzelner Individuen wurden so- mit weitgehend vermieden, obwohl Platzwechsel der Tiere auch innerhalb des Schlafbaumes vorkamen.

Wird ein Geschlechterverhältnis von 1:1 angenommen (vgl. CRAMP 1985), so würden sich für 21 % adulte ♂♂ (Abb. 18 Mitte) ebenso viele adulte ♀♀ ergeben, d. h. Tiere mit einem Alter von mindestens 3 Jahren hätten einen Anteil von zusammen 42 % an der Gesamtpopula- tion. Erwähnt werden müssen hier noch BP mit 2-jährigen ♂♂, die ebenfalls Nachkommen hatten (vgl. Kap. 4.2.1). Unter der Voraussetzung und der Annahme, dass die Anteile der Diesjährigen (2001) 31 % und der Vorjährigen (2002) 16 % betragen (vgl. Kap. 4.1.3), ließen sich Jungtiere von 2001 als Differenz zum Anteil adulter ♀♀ (Kategorie b, Abb.18 rechts) bestimmen. Zur Visualisierung der abgeleiteten Daten dieser Demographie dient Abb. 47.

79 5 Diskussion

adulte Junge von Männchen 2003 21% 31%

adulte Weibchen 21%

Junge von 2002 Junge von 16% 2001 11%

Abb. 47: Errechnete mögliche Demographie der Halsbandsittichpopulation 2003 in Heidelberg. Unterstrichen sind gesicherte Zähldaten, die übrigen Werte sind abgeleitet.

5.1.3 Bruthöhlenuntersuchungen

Für Bruthöhlenuntersuchungen mussten (1) logistische und (2) technische Probleme bewältigt werden. Der Gebrauch einer Hubsteige war nur zeitlich begrenzt möglich, an Fassaden wurde ein professioneller Kletterer zu Rate gezogen. Mit der Hubsteige konnten nicht alle Bruthöh- len erfasst werden, da die Brutbäume z. T. schwer erreichbar waren und einige Bruthöhlen über einer Höhe von 12 m lagen, die technisch bedingt nicht überschritten werden konnte. Die Hubsteige ermöglicht eine gute Handhabung an der Bruthöhle ohne größere Schwierigkeiten, da sowohl ein fester Stand als auch Bewegungsfreiheit vorhanden sind. Das Klettern an der Fassade war nur mit Hilfe von Sicherheitsseilen und Gurten möglich, eine Handhabung der Gerätschaften zur Einsicht in die Bruthöhlen war technisch erschwert. Probleme ergaben sich beim Vermessen der Höhlen selbst. In Fassaden lag der Brutraum häu- fig um die Ecke (vgl. Abb. 12 rechts), und konnte somit nicht vollständig eingesehen und nur schwierig vermessen werden. Die Höhleneingänge maßen an Fassaden max. 8 cm im Durchmesser, deshalb konnten Jung- tiere nicht mit der Hand herausgenommen werden, z. B. zum Zwecke einer Beringung. Ande- re Methoden, um an Jungvögel heranzukommen waren an den Fassadenhöhlen nicht möglich. Ein eingesetztes Endoskop zum Zwecke der Überprüfung der Anzahl der Eier oder Jungtiere im Nest führte nicht zum erwünschten Erfolg. Vermutlich konnten sich die Jungtiere in der Höhle aus dem sehr kleinen Bildausschnitt unbemerkt entfernen. Mit diesem Gerät konnte der

Brutraum nicht vollständig eingesehen werden. PITHON & DYTHAM (1999a) schildern, dass sich mobilere Jungtiere in bestimmten Höhlen ausgezeichnet dem Blickfeld einer Kamera, die in die Bruthöhle eingeführt wurde, entziehen konnten.

80 5 Diskussion

Temperaturmessungen in Fassaden- und Baumhöhlen fanden nach der Brutzeit statt, um die Brut der Halsbandsittiche nicht zu stören und um die Eigenwärme von brütenden ♀♀ als Variable auszuschließen (Kap. 4.2.5). Ein Kabel (vom Messfühler zum Datenlogger) an einer Fassadenhöhle wies zwar Nagespuren der Sittiche auf, da in diesem Abschnitt kein Kabel- schutz vorhanden war, blieb aber funktionsfähig. Auf einen ausreichenden Kabelschutz ist unbedingt zu achten! Die anderen beiden Kabel blieben durch die Ummantelung unbeschädigt. Alle 3 Messungen verliefen erfolgreich. Brutwärme spielt für die Embryonalentwicklung eine entscheidende Rolle. Eine Temperatur- messung von bebrüteten Höhlen wäre als wichtiger Faktor und zum Vergleich wünschenswert, dazu sollte die potentielle Bruthöhle schon vor Brutbeginn mit er entsprechenden Technik bestückt sein.

5.1.4 Erhebung des Mauserstatus

Während mit dem Sammeln von Federn eine klassische ornithologische Disziplin verwendet wurde, kam mit der Auswertung von digitalen Fotografien mausernder Halsbandsittiche eine zweite, neue Methode hinzu. Ab dem 29.06.03 wurden regelmäßig Federn gesammelt, erste Federn wurden aber schon vorher gemausert. Bis in den September wurden durchgehend Federn aufgefunden. Die Fun- dorte lagen meist an öffentlichen Plätzen und waren daher gut zu erreichen. Mit dieser Me- thode konnte der Mauserstatus bestimmter Federtypen ermittelt werden. Die zeitliche Einordnung der Mauser konnte aufgrund der Datierung der Fotografien genau vorgenommen und für ♂♂, ♀♀ und Juvenile unterschieden werden. Diese Methoden er- gänzen sich, weil einerseits bei Fotografien Geschlecht und Alter zugeordnet werden können und andererseits die Federfunde quantitative Aussagen über den Mauserverlauf bestimmter Federtypen in einer Population liefern können. Die Zählung von kurzschwänzigen Individuen Anfang August 2003 (Abb. 37) zur Erfassung der Anteile der Vögel mit Schwanzmauser entspricht der Methode für die Schlafbaumzählun- gen (Kap. 5.1.1).

81 5 Diskussion

5.2 Ergebnisdiskussion

5.2.1 Mauserstatus von P. krameri im Raum Heidelberg

Während bei Halsbandsittichen in der Mauser der Steuerfedern keine Unterschiede zwischen verschiedenen Federtypen (SF 1 vs. SF 2-6) auftraten (vgl. Abb. 36), konnte ein auffällig di- vergentes quantitatives Muster innerhalb der Handschwingen (HS 9 und 10 vs. HS 1-8) fest- gestellt werden (vgl. Abb. 35). Die Steuerfedermauser verlief folglich regellos. In der Hand- schwingenmauser zeichnete sich ein im Vergleich zu den ersten gemauserten HS um über einen Monat nach hinten verschobenes Abstoßen von HS 9 und HS 10 ab, was auf eine zu- nächst deszendente Mauser (von HS 1 bis HS 10) hindeutet (vgl. BEZZEL & PRINZINGER 1990), allerdings wurden auch Federn der Kategorie HS 1-8 bis in den letzten Sammelzeit- raum gefunden (Abb. 35 links). Verglichen mit der Literatur (CRAMP 1985) und mit eigenen Beobachtungen (Abb. 8) wird ab HS 6 aufsteigend und absteigend gemausert, was dem diver- genten Mausertyp entspricht (vgl. BEZZEL & PRINZINGER 1990). Zeitliche Unterschiede in der Mauser gab es innerhalb der Steuerfedern (vgl. Abb. 36). Neben einer Hauptmauser Anfang Juli wurden nochmals wenige Steuerfedern Mitte August aufge- funden, es gab also 2 Phasen. Die Hauptmauser betraf 42-50 % der Individuen in der gesam- ten Population (vgl. Abb. 37) und bezog sich auf adulte ♂♂ und ♀♀ (vgl. Tab. 16). Die Nebenmauser mit wenigen Steuerfederfunden Mitte August (vgl. Abb. 36, S. 64) bezog sich höchstwarhscheinlich auf vorjährige Juvenile, welche ab diesem Zeitpunkt mit verkürzten Schwanzfedern beobachtet wurden (vgl. Tab. 16). Es gab also in der Mauser von P. krameri zeitliche Unterschiede zwischen adulten und juvenilen Tieren. Die letzten eigenen Federfunde (zuletzt nur noch HS 9 od. 10) gelangen am 14.09.03.

Im September wurden in Köln keine Federfunde der Halsbandsittiche mehr gemacht (ERNST

1995), in Wiesbaden hingegen schon (ZINGEL 1997). Die Umfärbung juveniler ♂♂ ins Adultgefieder erfolgte im September 2003, obwohl schon im Juni 2003 ein einzelnes ♂ mit einem schwarzen Kinnstreifen auf einer Kopfseite beobachtet wurde (Kap. 4.3). Das letztere ♂ befand sich zeitlich deutlich vor der regulären Kopfgefiedermauser (vgl. Tab. 16) und kann bei diesem Individuum auf eine verfrühte Mauser ins Adultkleid hindeuten. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass es in Heidelberg für P. krameri einen klar definierten Mauserzeitraum gibt, der sich ähnlich wie in Nordindien von Mai/ Juni bis September ers- treckt, hauptsächlich aber im Juli und August stattfindet (vgl. CRAMP 1985). Novemberdaten aus Europa (vgl. CRAMP 1985) bezogen sich möglicherweise nicht auf eine reguläre Mauser,

82 5 Diskussion sondern auf einzelne verlorene Federn, wie sie z. B. durch intraspezifische Kämpfe bei Hals- bandsittichen auftreten können (Kap. 4.6.2). Bedeutende zeitliche Verschiebungen in der Mauserperiode zwischen Heidelberg und Indien wurden nicht festgestellt. Die Mauser ist eng mit der Brutzeit verknüpft, denn der Federwechsel wird während der Brutzeit ausgeschlossen

(BERGMANN 1987). Die Lage der Brutzeit und somit auch der Mauser wird vermutlich über die Tageslänge und über das Hormon Melatonin gesteuert (MAITRA & DEY in FRANZ &

KRAUSE 2003b). Die Brutzeit beginnt in Indien im Januar und dauert bis April/ Mai, manch- mal bis in den Juli (vgl. ALI & RIPLEY ). Dies entspricht ebenfalls in etwa dem Brutzeitraum in Heidelberg. Unterschiede in der zeitlichen Lage der Mauser und der Brut bestehen in Heidel- berg im Vergleich zu Indien also nicht.

5.2.2 Interaktionen von P. krameri mit der heimischen Fauna

Während des Untersuchungszeitraums wurden keine Streitigkeiten zwischen Halsbandsitti- chen und anderen Vogelarten um Bruthöhlen registriert, da zu Beginn der Untersuchungen die Wahl der Bruthöhlen längst getroffen war. Im Kampf um die Nistplätze behaupten sich Doh- len ( Corvus monedula ), Stare ( Sturnus vulgaris ), Halsbandsittiche ( Psittacula krameri ) und

Große Alexandersittiche ( Psittacula eupatria ) in gleichem Maße (ERNST 1995). Stare waren nach Halsbandsittichen die häufigsten Brutvögel an den untersuchten Fassaden (Abb. 44). An gemeinsamen Brutplätzen mit Staren (HG, MBS) war das Verhältnis der BP von Star zu Halsbandsittich 7:2 und in beiden Fällen brüteten nur Stare erfolgreich. Schon im Vorfeld gab es Streitereien zwischen den beiden Vogelarten um die Bruthöhlen, zwei Brut- höhlen, die 2002 von P. krameri besetzt waren, wurden 2003 von Staren bebrütet. Im Haupt- brutgebiet für P. krameri in Heidelberg (SHA) fehlten Stare als Brutplatzkonkurrenten, hier brüteten alle 11 Halsbandsittich-BP erfolgreich. Eine direkte Brutplatzkonkurrenz zwischen Halsbandsittichen und Staren in Heidelberg liegt also nahe. Buntspechte ( Picoides major ) beginnen mit dem Zimmern der Bruthöhlen in Mitteleuropa ab

Mitte März, die Eiablage erfolgt Ende April, gebrütet wird ab Mai (BLUME 1997). Halsband- sittiche beginnen jedoch schon ab Mitte März mit der Eiablage (ZINGEL 1997), müssen also in den Wochen vorher den Brutraum bereits besetzt haben. Eine direkte Brutplatzkonkurrenz zwischen Buntspechten und Halsbandsittichen wird aufgrund dieser zeitlichen Diskrepanz ausgeschlossen.

Buntspechte sind als Primärschädlinge an Isolierputzen bekannt (HAVELKA & MITTMANN 1997) und ermöglichten wahrscheinlich erst die Bildung von Halsbandsittich-Kolonien an Wärmedämmfassaden (vgl. Kap. 5.2.3), so gesehen sind sie nicht als Konkurrenten sondern als fördernde Art für P. krameri zu sehen. 83 5 Diskussion

In Köln-Stammheim wurde das Vertreiben von Hohltauben ( Columba oenas ) an Bruthöhlen durch P. krameri und P. eupatria beobachtet (ERNST 1995). Der Brutbestand von C. oenas wuchs aber von 2 (1994) auf 8 BP (2001) an, da Hohltauben in Nistkästen und nach der Brut der Papageien in deren Höhlen brüten konnten (vgl. ERNST 1995, KRAUSE 2001, KAHL -

DUNKEL & WERNER 2002). Eine Brutplatzkonkurrenz mit Halsbandsittichen ist folglich vor- handen, kann aber durch Ausweichen auf Nistkästen bzw. zeitliches Verlegen der Brut von C. oenas umgangen werden. In Heidelberg wurde kein Zusammentreffen zwischen diesen beiden Vogelarten beobachtet. Eine Konkurrenz um Brutplätze existiert demnach zwischen Halsbandsittichen und anderen heimischen Vogelarten. Sind die Höhlen von einer Art besetzt, werden sie aber in der Regel von dieser beibehalten (vgl. ZINGEL 1997). Die Konkurrenz um den Brutraum mit Bienen ist für Halsbandsittiche scheinbar folgenreicher als mögliche Konkurrenz mit der Avifauna. Bie- nen schwärmen von April-Juni und suchen sich zu einem Zeitpunkt neue Höhlen, wenn die jungen Sittiche schon geschlüpft sind. Bienen können die adulten Sittiche aus den Bruthöhlen verdrängen, die Nestlinge kommen folglich um (ERNST 1995, ZINGEL 1997, FRANZ & KRAUSE 2003a). An den registrierten Fassadenhöhlen (n = 63) wurden während des gesamten Untersuchungs- zeitraumes keine Bienen gefunden (Abb. 44), dafür in drei Gebieten mit Baumbruten der Halsbandsittiche (vgl. Kap. 4.6.2). Einmal wurde eine erfolgreiche Brut der Sittiche in Hei- delberg durch das Einnisten von Honigbienen ( Apis mellifera ) in eine Baumhöhle vereitelt, die Eltern konnten die Bienen nicht abhalten. Brutverluste von Halsbandsittichen durch Bie- nen wurden auch aus anderen Städten in Deutschland beschrieben, darunter 8-mal in Wiesba- den und in 3 weiteren Städten (ERNST 1995, ZINGEL 1997, FRANZ & KRAUSE 2003a). Thermik (Kap. 4.2.5) und Feuchtigkeit von Bruthöhlen spielen für Bienen eine untergeordnete Rolle. Die Temperatur im Bienenstock wird durch die Insekten bei konstant etwa 35 °C ge- halten. Steigt die Außentemperatur auf über 30 °C an, so müssen die Tiere Wasser eintragen, bei niedrigen Temperaturen erwärmt sich der Bienenstock durch Kontraktion der Flugmusku- latur seiner Individuen (SCHMIDT -NIELSEN 1999). EPS gilt als biologisch neutral und wird zur Verwendung in Bienenkästen (Beuten) empfohlen (www.quadlock.de, 2003). Weder Tempe- ratur, Feuchtigkeit noch Materialeigenschaften von EPS können folglich das Fehlen von Bie- nen an Fassadenhöhlen erklären. Möglicherweise bieten die Fassadenhöhlen mit einer Breite von nur 8 cm einfach nicht genügend Platz für einen Bienenstock. Außerhalb der Brutplatzkonkurrenz müssen Halsbandsittiche mit anderen Vogelarten intera- gieren. Rabenkrähen gegenüber verhielten sich Halsbandsittiche respektvoll. Beide Vogelar-

84 5 Diskussion ten tendierten zu unterschiedlichen zeitlichen oder räumlichen Nischen. Zeitliche Unterschie- de in der Tagesaktivität waren z. B. darin gegeben, dass Rabenkrähen erst später ihre eigenen Schlafbäume aufsuchten und diese früher verließen als die Sittiche. Räumliche Nischen ent- standen im Ausweichen der Halsbandsittiche an gemeinsamen Futterplätzen (Kap. 4.6.3) oder Sammelplätzen (Kap. 4.6.2). Dass Rabenkrähen aber auch gemeinsam von P. krameri vertrie- ben werden können, belegen Angaben aus der Literatur (ERNST 1990, ERNST 1995). Verschiedentlich wurden in Heidelberg Prädatoren für Halsbandsittiche gemeldet (Kap. 4.8.1). Als Prädator für Halsbandsittiche trat zunächst der Habicht ( Accipiter gentilis ) auf, der auch in Wiesbaden und Köln mehrfach bei der erfolgreichen Jagd auf P. krameri beobachtet wurde

(ZINGEL 1997, KAHL -DUNKEL & WERNER 2002). Rotmilan ( Milvus milvus ) und Tiger ( Panthera tigris ) müssen als Sonderfälle angesehen wer- den. Rotmilane waren bislang nicht als Prädatoren für P. krameri bekannt. Tiger stellen wie

Geparden ( Acinonyx jubatus ) in Köln (ERNST 1995) eine Ausnahme unter den Prädatoren von P. krameri dar, da beide Arten in Mitteleuropa nur in Zoologischen Gärten vorkommen. Wanderfalken ( Falco peregrinus ) erbeuten Halsbandsittiche in unterschiedlichem Maße. Während im Wanderfalkenhorst in Heidelberg 2002 und 2003 jeweils nur einmal Reste von

P. krameri gefunden wurden (M. PREUSCH mündl.), waren es an einem Wanderfalkenhorst in

Wiesbaden im Frühjahr 1996 alleine 4 Rupfungen (ZINGEL 1997). In Wiesbaden lag die Hals- bandsittich-Population 1996 mit 63 BP im Vergleich zum Vorjahr um ca. 30 % höher (ZINGEL 1997). Wanderfalken wirken sich demnach nicht negativ auf die Population des Halsbandsit- tichs in Wiesbaden aus, was sich in den immer noch steigenden Beständen äußert (vgl.

D. FRANZ schriftl.). Der Angriff eines jungen Wanderfalken am Schlafbaum der Halsbandsit- tiche in Heidelberg blieb erfolglos (vgl. Kap. 4.8.1). Entflogene Wellensittiche ( Melopsittacus undulatus ) werden hingegen häufig erbeutet, in Berlin stellten sie 9 % der Beutetiere des

Baumfalken (FIUCZYNSKI in KLAUSNITZER 1993). In Wiesbaden wurden auch Sperber ( Acci- piter nisus ) als Prädatoren für P. krameri beobachtet (ZINGEL 1997). Eine Nahrungskonkurrenz mit anderen Vogelarten wird in Heidelberg aufgrund des großen Nahrungsangebotes (Kap. 4.6.3) und des breiten Nahrungsspektrums (Abb. 43) der Halsband- sittiche qualitativ ausgeschlossen. Mit Nahrungsmangel ist in urbanen Habitaten aufgrund des artenreichen Baumbestandes (Abb. 42) sowie aufgrund von künstlichen Futterstellen nicht zu rechnen (Kap. 4.4.2).

85 5 Diskussion

5.2.3 Begünstigen Fassadenbruten die Ausbreitung von P. krameri ?

Bruten von Halsbandsittichen in Gebäuden kommen in Indien regelmäßig vor, in Europa gibt es neben Baumbruten bisher erst einen Nachweis einer Fassadenbrut aus Großbritannien (ALI

& RIPLEY 1969, ROBILLER 1997, PITHON & DYTHAM 1999b, PIOTROWSKI 2003). Die zögerli- che Entwicklung von P. krameri hin zum Fassadenbrüter in Europa liegt möglicherweise in dessen schlechter Akzeptanz neuer Brutmöglichkeiten begründet als auch darin, dass bisher ausreichend Brutraum in natürlichen Baumhöhlen vorhanden war (vgl. PITHON & DYTHAM 1999a). Die erste Meldung von P. krameri in modernen Wärmedämmfassaden erfolgte durch Detlev Franz in www.papageien.org 2002. Die Verwendung von Wärmedämmfassaden wird in Deutschland seit ca. 20 Jahren in zunehmendem Maße praktiziert. Die einzige untersuchte Fassade, an der neue Höhlen hinzukamen (Abb. 33) war gleichzeitig der Schlafplatz eines Buntspechtes (Abb. 34). Für 5 Untersuchungsgebiete in Heidelberg wurden von Anwohnern Spechte als primäre Verursacher des Fassadenschadens genannt (Tab. 13). Zwar wird auch anderes Mauerwerk gelegentlich von Spechten beschädigt (vgl.

REUSCH 2003), am häufigsten sind aber hohl klingende Fassadenverkleidungen und moderne

Isolierputze betroffen (HAVELKA & MITTMANN 1997). Spechte übernachten zwar in diesen Fassadenhöhlen, wie an der ETS beobachtet wurde (Kap. 4.2.7), brüten aber nicht darin

(HAVELKA mündl.). Halsbandsittiche waren regelmäßig an Dämmfassaden zu beobachten, aber neu entstandene Verletzungen der Außenfassade wurden 2003 bis auf den genannten Fall nicht festgestellt. Dies legt den Schluss nahe, dass Spechte Primärverursacher des Fassaden- schadens in Heidelberg sind. Der Abstand von Bäumen zur bebrüteten Fassade betrug in 8 Gebieten weniger als 10 m, in einem Fall auch 15 m. Nach HAVELKA & MITTMANN (1997) sind Gebäude in Nachbarschaft größerer Bäume durch Spechtschaden besonders gefährdet. Um Primärschaden zu vermeiden empfehlen HAVELKA & MITTMANN (1997) vordringlich: 1) hohe Bäume nicht in die unmittelbare Nähe von Gebäuden zu pflanzen 2) keine Gebäude in alten Baumbeständen zu errichten 3) Freiflächen zwischen Gebäuden und Baumbeständen zu erhalten 4) vorbeugend an Gebäuden in Parkanlagen die klassischen Mineral- (Zement-) Putze zu ver- bauen. Halsbandsittiche nehmen meist vorhandene Nisthöhlen an, gelegentlich nagen sie aber auch selbst Höhlen in weiches Holz (LAMBA 1966, ALI & RIPLEY 1969, FRANZ & KRAUSE 2003a). Nach eigenen Beobachtungen kann der Putz der Thermoisolierung mit dem hakenförmigen Papageienschnabel bearbeitet werden, sobald eine Verletzung im Außenputz vorhanden ist. 86 5 Diskussion

Höhleneingänge, die über Fassadenkanten liegen (vgl. Abb. 23), könnten möglicherweise primär durch Halsbandsittiche entstanden sein, da an Kanten im Vergleich zur flachen Fassa- de eine Ansatzstelle zum Nagen gegeben wäre (vgl. Kap. 4.2.6). Eine solche Verhaltensweise konnte aber nicht direkt beobachtet werden. Ein individuelles und schnelles Ausbauen der Bruthöhle ist in EPS möglich. Innerhalb von 72 Tagen wurden von Halsbandsittichen 9 Liter EPS-Füllung aus einem Nistkasten entfernt (Kap. 4.2.6). Aus kleineren Störstellen der Spechte können durch Halsbandsittiche nach In- formationen eines Handwerkers, der die Höhlen verschloss, Höhlen mit einem Volumen von 30-40 Litern entstehen. Dies entspricht einer Fläche von 0,5 m² bei einer Dämmplatte von 8 cm Stärke. Diese Eigenschaften zeichnen den Halsbandsittich als Sekundärschädling an Fassaden aus. Das Anlegen von Nisthöhlen in EPS ist auch von Hauben-Bartvogel ( Trachyphonus vaillan- tii ), Tannenmeise ( Parus ater ) und Kleinspecht ( Picoides minor ) bekannt (vgl. BAARS 1981,

HAVELKA & MITTMANN 1997). Sind mehrere Primärhöhlen durch Spechte oder andere Verursacher vorhanden, was an 7 von 9 untersuchten Gebäuden der Fall war, ist eine Koloniebildung der Halsbandsittiche möglich.

Kolonien sind u. a. von Vorteil, wenn es um das Vertreiben von Feinden geht (vgl. CRAMP

1985, ERNST 1995, ZINGEL 1997). Auch in natürlichen Habitaten neigen Halsbandsittiche zum

Nisten in losen Kolonien (ZINGEL 1997). Pro Brutgebiet wurden an Fassaden im Mittel 4,8 BP, in Baumbrutgebieten hingegen nur 2,3 BP ermittelt (vgl. Tab. 13). Kolonien von P. krameri waren demnach an Fassaden durchschnittlich größer als in Baumbrutgebieten, schon zwei Gebäudekomplexe (SHA, ST-WH) wiesen jeweils 10 BP auf. Der Mindestabstand zwischen den Bruthöhlen betrug an der Fassade 3,2 m (SHA). In von Halsbandsittichen aufgesuchten Höhlen (n ≥ 45) fand nur in etwa der Hälfte (n = 24) eine Brut statt (vgl. Tab. 13). Diese Tatsache kann zu einer Überschätzung der Anzahl der Halsbandsittich-BP vor Ort führen, wenn sie nur durch Zählung von scheinbar besetzten Höh- len erfolgt. 62 % aller Fassadenhöhlen blieben unbesetzt (Abb. 44). Daraus lässt sich schlie- ßen, dass es keinen Bruthöhlenmangel in Gebieten mit Wärmedämmfassaden gab. Halsband- sittiche besetzten an Fassaden 23 % der Höhlen und waren 2003 somit die häufigsten Brutvö- gel an den untersuchten Wärmedämmfassaden in Heidelberg, gefolgt von Staren, die 11 % der Fassadenhöhlen belegten (Abb. 44). Thermofassaden bieten aufgrund der isolierenden Eigenschaft von EPS einen potentiellen Vorteil als Brutraum. Nach Messungen im August und September 2003 war die maximale und minimale Temperatur in 2 Fassadenhöhlen um 2-4 °C höher als in einer Baumhöhle (vgl.

87 5 Diskussion

Abb. 28, 29). Dies könnte die Embryonalentwicklung während der Brut im März und April begünstigen, wenn das ♀ das Nest für kurze Zeit verlässt. Alle 10 BP der Fassade des SHA wiesen einen qualitativen Bruterfolg auf (Kap. 4.2.1)! Ob sich die Störungsintensität durch den Menschen auf die Reproduktionsrate in Fassaden negativ auswirkt, lässt sich aus dem vorhandenen Datenmaterial nicht bestimmen. Der Vergleich der Reproduktionsrate zwischen Baumbruten und Fassadenbruten zeigte keine Unterschiede (Tab. 14). Exaktere Daten zum Bruterfolg erfordern einen eigenen komplexen Arbeitsansatz, der im Rahmen dieser Arbeit nicht verwirklicht werden konnte (vgl. Kap. 3.2.4). Die Materialvorgabe von nur 8 cm Breite im EPS ermöglichte nicht die Ausbildung geräumi- ger Bruthöhlen in allen 3 Raumrichtungen, wie sie für Baumhöhlen möglich sind (vgl. Kap. 4.2.4). Offenbar stellte diese räumliche Beschränkung aber keinen gravierenden Nachteil für die Reproduktionsrate von P. krameri dar. ROBILLER (1997) empfiehlt für Halsbandsittiche in Gefangenschaft eine Nistkastengröße von 25 x 25 x 40 cm dessen Einflugsloch einen Durch- messer von 8 cm besitzt. Bruten in Fassaden verliefen somit in Bruträumen erfolgreich, die nur ein Drittel der geforderten Breite aufwiesen und einen geringeren Durchmesser des Ein- flugsloches besaßen (vgl. Kap. 4.2.4). Von P. krameri wurden nur Höhlen in Fassaden bebrü- tet, deren Horizontalmaß an Ecken in der 8 cm dicken EPS-Schicht bei mindestens 23 cm oder deren Vertikalmaß in der Fläche bei mindestens 40 cm lag (Abb. 26). Schwer einsehbare Bruthöhlen in Gebäuden, wie sie in Heidelberg auftraten, sind auch aus der Literatur bekannt

(LAMBA 1966). Baumhöhlen besaßen allgemein einen vergleichsweise geräumigeren Innen- raum (vgl. Kap. 4.2.4). In Nistkästen reichte ein Durchmesser von 5,5 cm den Sittichen aus, um in den Kasten zu schlüpfen, wurde aber bei Bedarf erweitert (Kap. 4.2.6). Eine Baumhöh- le mit 2 sehr großen Einflugslöchern von über 40 cm Höhe bei mindestens 17 cm Breite wur- de zwar von einem ♀ inspiziert, aber letztendlich nicht bebrütet (vgl. Kap. 4.2.4). Mögli- cherweise boten die großen Öffnungen dem ♀ nicht genügend Sicherheit. Nicht nur das Höhlenvolumen, sondern auch die Höhe der Bruthöhle unterscheidet sich zwi- schen Baum- und Fassadenhöhlen. Halsbandsittich-Bruthöhlen befanden sich in Bäumen deutlich höher als in Fassaden. 80 % der Baumbruten lagen in Wiesbaden über 10 m Höhe

(ZINGEL 1997), in Heidelberg waren es 70 % der bebrüteten Baumhöhlen (n = 13). An Fassa- den konnte nur bei 36 % der Bruthöhlen eine Höhe von über 10 m ermittelt werden (Kap. 4.2.3). Die Vertikalverteilung der Fassadenhöhlen ließ keine Tendenz zur Höhe als Sicher- heitsfaktor erkennen. Sowohl die niedrigste als auch die höchste vorhandene Höhenkategorie wurden bebrütet (vgl. Abb. 25). Offenbar ist das Sicherheitsbedürfnis von P. krameri an Fas-

88 5 Diskussion saden gegenüber Baumbruten deutlich heruntergesetzt, was nicht zuletzt auf eine enge Bin- dung der Vögel an den Menschen und auf eine hohe Störungstoleranz ihm gegenüber hindeu- tet. In Indien werden Bruthöhlen zwischen 3 und 10 m Höhe angenommen, selbst Mauerlö- cher im Herzen belebter Basars (ALI & RIPLEY 1969). Sicherlich spiegelt sich in der Bruthöhe auch das Angebot an Höhlen wider. Die Ahornblättrige Platane ( Platanus x hispanica ) war mit 86 % der beobachteten Baumbruten der bevorzugte Brutbaum von P. krameri in Heidel- berg (vgl. Kap. 4.2.1). Platanen werden als Brutbaum auch in anderen deutschen Städten von

Halsbandsittichen bevorzugt (z. B. ERNST 1995, ZINGEL 2000, KRAUSE 2001), sie können Hö- hen bis zu 40 m erreichen (ROTHMALER 2002). Dementsprechend häufig finden sich in Plata- nen Bruthöhlen in über 10 m Höhe. Geräumige Höhlen entstehen hier z. B. beim Verschluss von Astschnittwunden mit Lackbalsam, wenn das Holz der Platane dahinter zu faulen beginnt

(Tobias BERTSCH , Baumpfleger mündl.). In Baumhöhlen mit feuchtem Innenmilieu konnte die morsche Höhlenwand mit dem Zollstock bis zu 23 cm tief durchdrungen werden (vgl. Kap. 4.2.4). Halsbandsittiche können selbst Höhlen erweitern, sofern das Material weich genug ist

(vgl. ALI & RIPLEY 1969, FRANZ & KRAUSE 2003a). Diese Eigenschaft sorgt für ein steigendes Höhlenangebot in den Brutgebieten der Sittiche, wovon auch andere Arten profitieren können

(FRANZ & KRAUSE 2003a). Von 45 ermittelten Halsbandsittich-BP nisteten im Jahre 2003 bereits über 50 % in Fassaden. Diese Tendenz scheint sich fortzusetzen, denn es wurden mehrfach Gruppen von Halsbandsit- tichen beobachtet, die systematisch Gebäude nach Hohlräumen unter Fenstern und unter Dachvorsprüngen absuchten, auch Gebäude ohne Wärmedämmung (Kap. 4.2.1). In Heidel- berg wird die Verwendung von Wärmedämmung als Energiesparmaßnahme gefördert. Eine deutliche Zunahme von potentiell gefährdeten Gebäuden ist vor allem bei größeren Neubau- ten in von Halsbandsittichen besiedelten Gebieten zu erwarten. Ist ein Primärschaden durch Spechte oder andere Verursacher erst einmal vorhanden, werden die Gebäude wahrscheinlich von den Sittichen inspiziert und eventuell als Brutplatz genutzt. An allen Gebäuden mit Fas- sadenschaden betrug der Abstand von Bäumen zur Fassade höchstens 15 m (Kap. 4.2.1), weshalb hier immer wieder mit Spechten gerechnet werden muss (vgl. HAVELKA &

MITTMANN 1997). Halsbandsittiche können zwar fachmännisch verschlossene Fassadenhöh- len nicht selbst wieder eröffnen (Kap. 4.2.6), aber kleinere Störstellen im Putz erweitern (Kap. 4.2.7), deshalb ist unbedingt auf das Versiegeln aller (auch kleinerer) Verletzungen im Putz zu achten. Bis vor Abschluss der Arbeit wurden noch weitere Gebäude bekannt, an denen sich Sittiche aufhielten, diese konnten aber nicht mehr miteinbezogen werden. Nistkästen wurden

89 5 Diskussion nach dem Verschließen der Fassadenhöhlen von den Sittichen inspiziert und z. T. von der EPS-Füllung durch ♀♀ befreit. Alle angebotenen Nistkästen am SHA wurden, nachdem die Fassadenhöhlen verschlossen waren, von P. krameri inspiziert (vgl. Kap. 4.2.6). Bruten in den Nistkästen sind zu erwarten, da bis Ende Februar 2004 die Nisthilfen noch besetzt waren und die Eiablage bei P. krameri schon im März beginnt (ZINGEL 1997). Allerdings ist bei erneuten Spechtbesuchen oder bei noch vorhandenen Störstellen in der Fassade auch durch Halsbandsittiche ein neuer Schaden nicht auszuschließen (Kap. 4.2.7). Werden für Halsbandsittiche aber ausreichend Ausweich- möglichkeiten im Sinne von Nistkästen angeboten, bleibt der neue Schaden, wie aktuelle Meldungen zeigen, deutlich geringer. Offenbar bieten Wärmdämmfassaden in Heidelberg den störungstoleranten Halsbandsittichen einen adäquaten Ersatz zu Baumhöhlen und erleichtern die Koloniebildung, außerdem wurden in Fassaden keine Bienen als Nistplatzkonkurrenz nachgewiesen (Abb. 44). Halsbandsittiche sind zur Brut nicht mehr auf alte Parkanlagen mit großen Bäumen angewiesen, sondern kön- nen Gebiete besiedeln, die zwar gute Nahrungsquellen, aber keine oder nur wenige große Brutbäume aufweisen. In Heidelberg wurden von Halsbandsittichen als Brutgebiete sowohl Wohngebiete mit wenigen geeigneten Brutbäumen (SHA), als auch Industriegebiete (VDI) und Wohngebiete (ST-WH) ohne geeignete Brutbäume besiedelt. Eine weitere Ausbreitung von P. krameri in bislang unbesiedelte Gebiete ist somit zu erwarten. Das Problem von Halsbandsittichen als Fassadenbrüter scheint nicht auf Heidelberg be- schränkt zu bleiben, auch in Köln wurden Halsbandsittiche an einer Wärmedämmfassade be- obachtet. Hier besetzte 2003 ein juveniles Paar eine Bruthöhle, von Bruterfolg wurde jedoch nicht berichtet (T. KRAUSE , E. ROLL schriftl.). Der Brutbestand von P. krameri in Köln wird auf etwa 180-200 BP geschätzt (OAG Köln in KRETSCHMAR 1999). Aufgrund der im Ver- gleich zu Heidelberg mindestens 3-mal größeren Population könnten Fassadenbruten in Köln in naher Zukunft zu einem erheblichen Schaden an Wärmedämmfassaden führen, eine ver- gleichende Studie in Ergänzung zur vorliegenden Arbeit wäre dort unbedingt erforderlich. Hinzu kommt noch, dass sich Vorposten der Populationen zwischen Düsseldorf und Köln mittlerweile berühren (T. KRAUSE schriftl.), was sich in einem Austausch von Individuen wi- derspiegeln könnte, wie er im Rhein-Neckar-Raum aufgrund der ermittelten Daten unter- mauert wurde (Kap. 4.1.2). Wäre dies der Fall, so könnten auch erworbene Traditionen zwi- schen den Populationen ausgetauscht werden, z. B. Details in der Nahrungswahl, aber auch das schnelle Erkennen von Fassaden als Brutplatz.

90 5 Diskussion

5.2.4 Populationsentwicklung von P. krameri

Daten zu Bestandszahlen von Halsbandsittichen, selbst wenn sie nur wenige Jahre alt sind, entsprechen nicht dem aktuellen Stand (BEZZEL 1998). Die Populationen in Südengland, den Niederlanden und Belgien nehmen stark zu (Kap. 2.4, www.aves.be, 2003). In Deutschland wird der Bestand des Halsbandsittichs für das Jahr 2002 mit 3500-4000 Tieren angegeben

(FRANZ & KRAUSE 2003a). Im Jahre 2003 nahm der Bestand Deutschlands erneut zu und er- reichte 5500-5700 Exemplare (Tab. 18). Alle Vorkommen beschränken sich auf Siedlungsbe- reiche in wintermilden Gebieten am Rhein und seinen Nebenflüssen. Die angegebene Zahl von 1100 BP für Deutschland wurde für einen Anteil von 20 % adulten ♂♂ an der Gesamt- population errechnet (vgl. Kap. 5.1.2).

Tab. 18: Gesamtpopulation des Halsbandsittichs 2003 in Deutschland. Angegeben sind maximale Zählergebnis- se an Schlafbäumen, Erstbruten nach HÖLZINGER (2001) und www.papageien.org, 2003. *keine Schlafbaumzählung, sondern Zählungen von Halsbandsittichen an den Brutplätzen (2002). **Errechnet für 20 % Anteil ad. ♂♂ (s. Text); Schlafbäume Erstbrut Anzahl 2003 Zählung durch Bonn 1979 400 Tobias KRAUSE

Düsseldorf 1984 700-800 Tobias KRAUSE

Heidelberg und 1990 bzw. 530 Stefanie WEGENER & Michael Neckarhausen 1974 BRAUN

Köln 1969 1500 Andreas BUCHHEIM

Ludwigshafen (Franken- 1985 830 Michael BRAUN thal)

Wiesbaden 1975 1400 Detlev FRANZ

Worms* 1974 150-250 (2002) nach FRANZ , KRAUSE & SIMON 2002 Deutschland 5500-5700 (1100 BP**)

In den ersten 15-20 Jahren nach der ersten Beobachtung von Halsbandsittichen in Heidelberg

1972 gab es hier nur vereinzelte Exemplare (POLEY 1993). Erst ab 1990 etablierte sich in Hei- delberg eine Wildpopulation, die heute bis zu 500 Individuen zählt (Abb. 17). In Neuenheim (SHA) wurden Halsbandsittiche spätestens seit 1989 beobachtet, zunächst 2-5 Vögel (Lydia

HENSCHEL mündl.). Halsbandsittiche treten nach Aussagen von Anwohnern regelmäßig seit den 1990er Jahren auch in Wieblingen, und in der Südstadt auf. Zu diesem Zeitpunkt fand in Heidelberg eine starke Zunahme der Population statt, 1992 wurden hier bereits 50 Halsband- sittiche gezählt (MAHLER 1996). Anja REINFRANK beobachtete mehrfach 2-3 Halsbandsittiche im Sommer 2003 im südlichen Leimen. Dies ist der zurzeit südlichste bekannte Vorposten der Heidelberger Population und liegt 8 km südlich von S3. 91 5 Diskussion

In Heidelberg wurden im Jahre 2003 insgesamt 45 BP Halsbandsittiche beobachtet und ge- meldet (Tab. 13). Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Bevölke- rungsbefragung schon alle BP erfasst wurden. Nach Kap. 4.2.2 ist der Wert von 2,0 Jungtie- ren/ BP (Tab. 14) für Heidelberg am wahrscheinlichsten, da sowohl die Werte der BP als auch die Werte der Jungtiere über vollständige Einflugszählungen bestimmt wurden und nicht über Stichproben. Eine Besonderheit bezüglich der Geschlechtsreife von Halsbandsittichen im Freiland wurde im Verlaufe dieser Arbeit beobachtet. Besetzte Bruthöhlen durch 2-jährige Paare wurden für

Deutschland schon in der Literatur beschrieben (vgl. ERNST 1995, FRANZ et al. 2002), aber von Bruterfolg wurde bisher nicht berichtet. Am SHA brüteten 2 BP, deren ♂♂ noch nicht ausgefärbt waren und sich während der Brut im 3. KJ (= 2. Lebensjahr) befanden. Beide BP brüteten erfolgreich mit je mindestens 2 Jungtieren. Das ♀ eines dieser BP besaß zur Brutzeit noch einzelne Handschwingen des Juvenilkleides mit hellen Federrändern, weshalb sich auch dieses Tier erst im 3. KJ befand (vgl. CRAMP 1985). 2-jährige Individuen erwiesen sich gele- gentlich auch schon in Gefangenschaft als geschlechtsreif (vgl. SMITH 1972, ROBILLER 1997). Die Anzahl der BP in Heidelberg könnte eventuell durch diese Tatsache noch höher liegen, als durch Schlafbaumzählungen der adulten ♂♂ ermittelt wurde (vgl. Kap. 4.1.3). Dass die Heidelberger Population von P. krameri mit der Population aus dem Gebiet um Edingen-Neckarhausen in Austausch steht, und ein massiver Austausch von Individuen zwi- schen den beiden Subpopulationen abhängig von der Jahreszeit stattfindet, wird durch die erhobenen Daten untermauert (Abb. 17). 2003 lebten im Raum Heidelberg und Edingen- Neckarhausen zusammen maximal 531 Halsbandsittiche (Abb. 17). Für die anderen Halsbandsittichpopulationen in Deutschland wurde bisher kein Austausch von Individuen festgestellt. Da die Populationen von Köln und Düsseldorf mittlerweile anei- nander grenzen (T. KRAUSE schriftl.), ist ein Austausch zwischen den kopfstarken Beständen jedoch sehr wahrscheinlich. Ein Vermischen der bisher getrennten Populationen könnte sich u. a. darin auswirken, dass Traditionen weitergegeben werden welche bisher unabhängig vo- neinander erworben wurden, z. B. Präferenzen von verschiedenen Nahrungspflanzen. Eine ähnliche Tradition wäre das möglicherweise schnelle Erkennen von Wärmedämmfassaden als Brutplatz. Mögliche Auswirkungen sind in Kap. 5.2.3 dargestellt. Eine weitere, möglicherweise mit Neckarhausen und Heidelberg im Austausch stehende Po- pulation findet sich im Raum Mannheim-Ludwigshafen. Die Schlafbäume in Ludwigshafen liegen über 14 km vom nächsten bekannten Schlafplatz in Neckarhausen entfernt (Tab. 12). In Ludwigshafen wurden am 28.01.02 an den Schlafbäumen 355 Halsbandsittiche gezählt

92 5 Diskussion

(FRANZ et al. 2002), am 19.08.03 hingegen bereits 835 Exemplare (Abb. 17), also fand auch hier eine deutliche Zunahme der Schlafbaumpopulation statt. In Mannheim-Friedrichsfeld wurden im September 2003 mehrere eigene Beobachtungen von 1-3 Halsbandsittichen ge- macht, Literaturangaben hierzu gibt es bislang nicht. Der Bestand von Halsbandsittichen im Schlosspark Schwetzingen kann bisher noch keiner Schlafbaumpopulation zugeordnet werden, denn hier scheint kein eigener Schlafbaum zu existieren. Abends nach Norden abfliegende Individuen hätten sowohl auf die Schlafbäume in Neckarhausen (Entfernung: 9,5 km) als auch in Ludwigshafen (Entfernung: 16,5 km) fliegen können. Vergleichsweise werden in Köln Strecken von über 15 km bis zum Schlafbaum in

Kauf genommen (KAHL -DUNKEL & WERNER 2002). Die letzten aktuellen Bestandszahlen der Halsbandsittiche für den Raum Heidelberg und

Mannheim wurden mit mindestens 200 Individuen und 50-70 BP angegeben (MAHLER 2001). Eigene Zählungen von 2003 ergaben, dass der Bestand bisher stark unterschätzt wurde. Im gesamten Rhein-Neckar-Raum lebten 2003 über 1300 Halsbandsittiche (Kap. 4.1.2). Werden 20 % adulte ♂♂ angenommen und der Anzahl der BP gleichgesetzt, brüteten von P. krameri 2003 mindestens 250 BP im Rhein-Neckar-Raum. Der ermittelte Brutbestand durch Schlaf- baumzählungen liegt für 2003 mit dieser Methode etwa 5-mal höher als der Wert, der von

MAHLER (2001) angegeben wurde. Auf Individuen bezogen liegt der Wert der Gesamtpopula- tion im Rhein-Neckar-Raum sogar 6,5-mal höher als er von MAHLER (2001) angegeben wur- de. Dass die Ausbreitung noch nicht zum Erliegen gekommen ist, zeigen neue Beobachtungen aus dem südlichen Leimen, das 8 km südlich der Schlafbäume in Heidelberg liegt (vgl. Kap. 4.1.2).

REICHHOLF (1989) bezweifelte eine erfolgreiche Ausbreitung des Halsbandsittichs außerhalb von Städten, sofern sie nicht direkt aneinandergrenzen, Tobias KRAUSE (2001) prognostizierte dagegen eine flächendeckende Verbreitung von P. krameri innerhalb der besiedelten Räume. Die Klimatische Gunstlage der Oberrheinebene in Kombination mit den verstreut liegenden Siedlungen und Parkanlagen sowie den neu erworbenen Brutmöglichkeiten der Halsbandsitti- che an Dämmfassaden führt in Zukunft in der Rhein-Neckar-Region wahrscheinlich noch zu einer flächenmäßigen Ausbreitung von P. krameri . Dass bei Neozoen-Populationen eine deutliche Zunahme auch zeitlich versetzt stattfinden kann (engl. time lag), zeigt sich am Beispiel der Kanadagans (Branta canadensis ) in Großbri- tannien. Kanadagänse wurden vor über 100 Jahren in Großbritannien eingeführt, aber erst in den letzten Jahrzehnten nahm die dort ansässige Population dramatisch zu (WILLIAMSON 1996).

93 5 Diskussion

5.2.5 Erschließungsstrategien von P. krameri in urbanen Habitaten.

Obwohl Halsbandsittichen in Europa schon im 19. Jahrhundert brüteten (LEVER in CRAMP 1985), traten sie hier durchgehend erst seit Ende der 1960er Jahre als Neozoen auf (vgl. Tab. 6). Gründe für diese relativ späte Etablierung waren der Einfuhrstopp für Papageien von

1930-1966 und die hohen Importzahlen von P. krameri in den 1970er Jahren (LOW 1989,

BEZZEL 1998). Zusätzlich scheiterten viele frühere Einbürgerungsversuche von Papageien durch den Abschuss der Tiere (vgl. NIETHAMMER 1963, www.papageien.org, 2001). Hals- bandsittiche (und Gelbkopfamazonen) wurden zwar auch in neuerer Zeit geschossen

(SCHÜRMANN 1981, ZINGEL 2000, www.papageien.org, 2002), aber strenge gesetzliche Be- stimmungen und das Vorkommen in Wohngebieten und städtischen Parkanlagen minimieren heute den Jagddruck auf Papageien in Deutschland. Verwilderte Papageien gelten in Deutsch- land als heimisch (vgl. Tab. 2) und sind besonders geschützt (vgl. MAHLER 2001, SCHMOLZ 2001).

Nach KLAUSNITZER (1993) werden zur Charakterisierung der Urbanisierung bei Vögeln eini- ge Erscheinungen aufgeführt, die wichtigsten sollen im Folgenden genannt werden. (1) Die Stadt ist das Optimalbiotop für die betreffende Art, dies soll in diesem Kapitel näher disku- tiert werden. (2) Es kommt zu einer Erweiterung der ökologischen Amplitude (Nischenexpan- sion), z. B. des Grades der ökologischen Plastizität in neuen, suboptimalen Habitaten (vgl. Kap. 5.2.3). (3) Urbane Populationen sind relativ stabil, sie reproduzieren sich selbst, und es findet nur ein geringer Austausch mit der Umgebung statt. Regelmäßige Zuwanderung ist für den Bestand der Art nicht erforderlich (vgl. Kap. 5.2.4). Die Stadt als Optimalbiotop für den Halsbandsittich zeichnet sich durch ein großes und viel- fältiges Nahrungsangebot aus, Brutplatzmangel tritt hier allenfalls lokal auf (Kap. 5.2.3). Halsbandsittiche mussten sich in Mitteleuropa auf ein völlig neues Nahrungsspektrum umstel- len und außerdem mit starken jahreszeitlichen Schwankungen des Nahrungsangebotes zurech- tkommen, besonders mit Engpässen im Winter.

Alle 12 bei ALI & RIPLEY (1969) aufgeführten Nahrungspflanzen von P. krameri in Indien stimmen nicht mit den festgestellten Nahrungspflanzen der Art in Heidelberg überein (vgl.

Tab. 19, Anhang). Bei DEL HOYO et al. (1997) wird aus der asiatischen Heimat von P. krameri nur die Gattung Prunus genannt, die übereinstimmend in Heidelberg von den Vögeln als Nah- rung genutzt wurde (vgl. Tab. 19, Anhang), mit Afrika gibt es hier keine Übereinstimmungen in den Nahrungspflanzen. Freilebende Papageien nutzen in Deutschland über 85 heimische und fremdländische Baum- und Straucharten als Nahrung (FRANZ & KRAUSE 2003b). 50 % der 42 in Heidelberg für Halsbandsittiche nachgewiesenen Futterpflanzen sind Neophyten

94 5 Diskussion

(vgl. Tab. 19, Anhang), was am hohen Anteil von exotischen Zierpflanzen in Städten begrün- det liegt. Im Rahmen dieser Arbeit wurden für P. krameri 12 neue Nahrungspflanzen ermittelt (vgl. Tab 19, Anhang und www.papageien.org, 2003). Halsbandsittiche suchen die Nahrung meist in Schwärmen. Dies liegt in ihrer Ernährungswei- se begründet, da ihre Nahrung (Früchte und Sämereien) nicht gleichmäßig verteilt, sondern geklumpt vorkommt (vgl. BAIRLEIN 1996). Meist fraßen Halsbandsittiche in einer Höhe von 5-15 m, sie mieden dabei den Boden. Nur selten wurden in Deutschland bisher Halsbandsitti- che auf dem Boden sitzend gesehen (vgl. Kap. 4.7, FELLENBERG 1986, 1989, KÖPKE 1987, www.papageien.org, 2001). In diesem Zusammenhang war bemerkenswert, dass Yucca- Blüten in nur 60-80 cm Höhe ausschließlich von diesjährigen Halsbandsittichen gefressen wurden, zusätzlich probierten die Jungvögel von weiteren potentiellen Nahrungspflanzen in der Umgebung. Jungvögel, die ein breiteres Nahrungsspektrum als Adulte nutzen, sind auch bei Austernfischern bekannt (BAIRLEIN 1996). Die Artenzahl (und Hybriden) der Bäume in Heidelberg lag wesentlich über der im angren- zenden Forst (vgl. Abb. 42, 43). Gleichzeitig war die Dominanz weniger Baumarten im Forst sehr deutlich ausgeprägt (vgl. Kap. 4.5.2). Die Platane, der bedeutendste Brut- und Schlaf- baum für Halsbandsittiche, stellte in Heidelberg mit einer relativen Abundanz von 13 % den häufigsten Stadtbaum dar. Viele Nahrungsbäume besaßen eine relative Abundanz von nur 1 %. Selbst im Forst waren fast alle Baumarten als Nahrungspflanzen von Papageien in Deutschland nachgewiesen (vgl. Abb. 43). Dass Wälder von P. krameri gemieden werden, hängt somit nicht direkt mit als Nahrung ungeeigneten Baumarten zusammen, möglicherwei- se aber mit deren geringer Artenzahl. Sicherlich spielen auch die Höhenlage und fehlende offene Strukturen des Forstes eine Rolle (vgl. CRAMP 1985), eine Habitatstrukturanalyse könnte hierüber genaue Auskunft geben. Neben 42 verschiedenen Nahrungspflanzen nutzten Halsbandsittiche in Heidelberg im Som- mer auch künstliche Futterstellen, die allerdings nicht immer regelmäßig aufgesucht wurden

(Kap. 4.4.2) (vgl. ERNST 1995, KRAUSE 2001). Eine Abhängigkeit der Halsbandsittiche von

Winterfütterungen wird von einigen Autoren vermutet (z. B. BEZZEL 1985, MAHLER 1996), von anderen hingegen bezweifelt (z. B. ZINGEL 1997). Die von Halsbandsittichen verzehrten Mengen können beachtlich sein. An einem Winterfutterplatz in Neckarhausen war innerhalb von 2-3 Tagen die Menge von 10 Litern Futter (hauptsächlich Sonnenblumenkerne) durch die

Sittiche aufgebraucht und wurde erneuert (ERNST 1990). Zwar schienen die Familien in Heidelberg nach der Brutzeit von den Brutplätzen in ergiebige natürliche Nahrungsgründe abzuwandern, aber zumindest ein Teil der Vögel kehrte früh mor-

95 5 Diskussion gens zur künstlichen Futterstelle zurück (Kap. 4.4.2). Halsbandsittiche nutzten in Heidelberg die ergiebigsten Nahrungsquellen und verhielten sich in der Nahrungswahl überwiegend op- portunistisch. Im Laufe der Arbeit wurden bei Halsbandsittichen deutliche Unterschiede in der Aktivität im Tagesverlauf festgestellt. Morgens und abends waren die Tiere deutlich mobiler als in den Mittagsstunden (vgl. Abb. 40). 93 % der beobachteten Halsbandsittich-Besuche an der unter- suchten künstlichen Sommerfutterstelle fanden morgens vor 9.00 Uhr statt (Abb. 41), nur einmal wurde hier ein Sittich nach 10.00 Uhr beobachtet. Eine hohe Aktivität zeigte P. krameri morgens von 6.00 bis 8.00 Uhr, wenn die Vögel auf den Schlafbäumen erwachten und in Gruppen zu bestimmten Nahrungsbäumen flogen. Ein 2. Aktivitätsmaximum lag abends von 19.00 bis 21.00 Uhr, wenn sich die Halsbandsittiche sammelten, um gemeinsam zu fressen und danach auf die Schlafbäume zu fliegen (vgl. Abb. 40). Über die Mittagszeit hielten sie eine lange Ruhepause am jeweiligen Aufenthaltsort ein. Zwischen 11.00 und 16.00 Uhr wurden fressende Halsbandsittiche im gesamten Untersuchungszeitraum pro Zeitintervall von einer Stunde nur je einmal beobachtet. In Indien findet die Nahrungsaufnahme bedingt durch den tropischen 12-Stunden-Tag von

6.00-9.00 Uhr und von 16.00-18.00 Uhr statt (vgl. SHIVANARAYAN et al. 1981). Die hauptsächliche Nahrungsaufnahme (mind. 48 % der Beobachtungstage) beschränkte sich in den Untersuchungen in Heidelberg auf etwa 4 Stunden am Tag (vgl. Abb. 40, S. 66). Mög- licherweise stellt ein geringer Energiebedarf einen Faktor für die erfolgreiche Besiedlung des Halsbandsittichs in Mittel- und Westeuropa dar, denn in Ruhephasen liegt der Energiever- brauch bei Vögeln durchschnittlich 25 % niedriger als während der Aktivitätsphasen

(BAIRLEIN 1996). Gibt es nur 2 Hauptaktivitätsphasen am Tag, so könnte dies der Energieein- sparung dienen. Über Energiebudgets (Time-Energy-Budget), das Erstellen eines Zeitplanes für alle von einem Vogel gezeigten Verhaltensweisen, ließe sich der tägliche Energiebedarf (Daily-Energy-Expenditure) von Halsbandsittichen bestimmen. Vergleichswerte bei Turmfal- ken ( Falco tinnunculus ) zeigen einen deutlich höheren täglichen Energiebedarf in den Som- mermonaten im Vergleich zum Winter, was hauptsächlich in einer erhöhten Flugtätigkeit be- gründet liegt (MASMAN in BAIRLEIN 1996). An dieser Stelle soll nur kurz auf die Winterver- träglichkeit der Halsbandsittiche eingegangen werden, da dies immer wieder kontrovers dis- kutiert wird. Halsbandsittiche sind in verschiedenen Höhenzonen der Tropen verbreitet und leben in Indien von Meereshöhe bis in 1600 m (CRAMP 1985), in Afrika bis 2000 m ü. NN (FRY et al. 1988). An mitteleuropäische Winterverhältnisse ist P. krameri von Natur aus aber nicht angepasst,

96 5 Diskussion dies zeigt sich in der Frostempfindlichkeit seiner Füße (L OW 1989, ROBILLER 1997). Ein Drit- tel der in Heidelberg untersuchten Sittiche an Fassaden besaß verkürzte Krallen oder Zehen

(Kap. 4.8.2), ERNST (1995) beobachtete in Köln 12 Tiere mit Fußdeformationen. Trotz dieser Beeinträchtigung können Halsbandsittiche mehrere Jahre überleben und auch erfolgreich brü- ten (vgl. ERNST 1995 und Kap. 4.8.2). Auch sehr strenge Winter überleben Halsbandsittiche recht gut (vgl. KAHL -DUNKEL & WERNER 2002), in Innsbruck wurden sogar Temperaturen bis

-23,8 °C überstanden (NIEDERWOLFSGRUBER 1990). Gelegentlich treten dennoch Winterver- luste auf (KRAUSE 2001). Liegt die Lufttemperatur unterhalb der artspezifischen Thermoneutralzone, muss der Vogel vermehrt Energie zur Aufrechterhaltung der Körpertemperatur (Homoiothermie) aufbringen.

Nach BAIRLEIN (1996) gibt es eine Reihe von Aspekten für Vögel, die Anpassungen an eine kalte Witterung auszeichnen. Dies sind (1) eine erhöhte Stoffwechselenergie für die Homoio- thermie, (2) die Bildung von Schlafgemeinschaften mit Körperkontakt und (3) ein vor Luft- bewegungen geschützter Schlafplatz. (1) Die erhöhte Stoffwechselenergie von P. krameri muss im Winter durch ein ausreichendes Nahrungsangebot kompensiert werden, das sicher- lich teilweise im Angebot von Futterstellen begründet liegt (vgl. BEZZEL 1985, MAHLER 1996). (2) Schlafgemeinschaften kommen das ganze Jahr über vor, aber im Winter sitzen Halsband- sittiche näher beieinander (KAHL -DUNKEL 2002). Über den Energieverbrauch der Tiere auf den Schlafplätzen ist bisher nichts bekannt. (3) Die Schlafplätze von P. krameri liegen häufig an Wasserflächen oder über Asphalt (vgl. Tab. 11). Solche Standorte weisen nachts im Ver- gleich zum Umland eine erhöhte Temperatur auf (vgl. WEGENER 2004). Gelbkopfamazonen in Stuttgart übernachten im Winter sogar in Abluftkaminen (RIEDEL in SCHMOLZ 2001). Eingebürgerte Halsbandsittiche in Europa werden der Unterart P. k. manillensis zugeordnet

(FORSHAW 1989, ZINGEL 1990) oder zeigen intermediäre Merkmale zwischen den beiden in- dischen Unterarten (C. BUTLER schriftl.). Die Beschreibungen der Unterarten in Literaturan- gaben sind oft unzureichend, da bei der Schnabelfärbung für ♂♂ und ♀♀ keine Unter- schiede gemacht werden (z. B. FORSHAW 1978, CRAMP 1985, ROBILLER 1997, LOW 1989). Die Population in Heidelberg dürfte auf Individuen einer intermediären Form zwischen P. k. manillensis und P. k. borealis zurückgehen (vgl. Kap. 4.10), die es nach Beschreibungen von

Ulrike Ernst auch in Köln gibt (ERNST 1995: 22). In der Literatur gab es auch Diskrepanzen zur beobachteten Irisfärbung. Meist wurde die Iris als gelblichweiß beschrieben, bei Jungtie- ren soll die Iris bläulich sein oder schon bei Nestlingen als weißer Ring erkennbar sein

(CRAMP 1985, FORSHAW 1978, LOW 1989, ERNST 1995, ROBILLER 1997). Nach eigenen Beo- bachtungen besaßen die adulten Halsbandsittiche in Heidelberg einen deutlichen hellblauen

97 5 Diskussion

Irisring um die Pupille, der im Sonnenlicht sehr hell erschien und nach außen hin von einem gelblichweißen Ring abgelöst wurde (vgl. Abb. 45). Es sollte in den häufig zitierten Beschrei- bungen darauf hingewiesen werden, dass die Iris bei Adulten zweifarbig (innen blau, außen weißlich) ist. Bei allen Jungtieren, die aus den Nestern schauten, war die schwarze Pupille erweitert und von einem dunkelbraunen Irisring umgeben (vgl. Abb. 4).

In Europa, aber auch weltweit traten, nach LEVER (1987) und FRY et al. (1988) bisher haupt- sächlich indische, aber kaum afrikanische Unterarten von P. krameri als erfolgreiche Neozoen auf. Eine mögliche Ursache könnte in der Lage der Brutzeit begründet liegen. Indische Unte- rarten brüten in ihrer Heimat von Januar bis April/ Mai (auch bis Juli) (ALI & RIPLEY 1969) und somit in der trockenkühlen bzw. trockenheißen Zeit vor dem Monsun (STANG 2002). In Mitteleuropa fallen die Brutmonate auf den Winter und das Frühjahr, sodass zur Jungenauf- zucht und danach ein ausreichendes Nahrungsangebot vorhanden ist. Afrikanische Unterarten brüten hingegen nach ZINGEL (1990) von August bis November. Dies erklärt die Kopulation eines einzelnen ♂ der afrikanischen Unterart P. krameri krameri außerhalb der regulären Paarungszeit mit einem ♀ von P. eupatria im August 2003 (Kap. 4.10). Zu diesem Zeitpunkt, der nach Ende der Brutzeit der Halsbandsittiche im Rhein-Neckar-Raum lag, waren bei den indischen Halsbandsittichen keine Kopulationen festzustellen. Manche Populationen in Afrika brüten aber auch zu ähnlichen Zeitpunkten wie in Indien (FRY et al. 1988). Eine Erklärung des Erfolges indischer Unterarten als Neozoen durch die Lage der Brutzeit liefert somit eine nur teilweise befriedigende Antwort. Wahrscheinlich ist die enge Bindung an den Menschen, wie sie in Indien besonders stark ausgeprägt ist (ALI & RIPLEY 1969), eine der Hauptursachen des Erfolges von Halsbandsittichen als Neozoen. Dies zeigt sich darin, dass sich zumindest in Europa P. krameri bisher nur in Städten und deren Umland etablierte. Von Vorteil ist hierbei das neugierige und unspezialisierte Verhalten der Tiere (vgl. Kap. 4.7), welches die Erschlie- ßung neuer Ressourcen in der Wahl von Brutplätzen und Nahrung (vgl. Kap 5.2.3 und Kap. 5.2.5) in sich ständig verändernden urbanen Habitaten erleichtert. In Westafrika wird hinge- gen von ungewöhnlich scheuen Halsbandsittichen der Nominatform berichtet (LIETZOW 2001).

Die 3 von KLAUSNITZER (1996) genannten Charakteristika der Urbanisierung treffen alle für P. krameri in Heidelberg zu. Die Urbanisierung von Halsbandsittichen im Sinne von ökologi- scher Anpassungsfähigkeit ist wahrscheinlich eine der Hauptgründe der erfolgreichen Besied- lung dieser Art in Europa.

98 5 Diskussion

5.2.6 Bewertung von P. krameri als Neozoon in Deutschland

Neozoen stellen besonders auf Inseln mit einem hohen Teil an Eigenevolution eine der größ- ten Bedrohungen für die Biodiversität dar (SAVIDGE 1987, PRIMACK 1995). Die seit 1886 auf

Mauritius eingebürgerten Halsbandsittiche (LEVER 1987), werden u. a. als ein Brutplatzkon- kurrent für den nah verwandten Echosittich ( Psittacula echo ) angesehen (FORSHAW in ERNST 1995), dessen Wildbestand allerdings durch intensive Schutzmaßnahmen von 12 auf ca. 130 Exemplare im Jahre 2001 angestiegen ist (www.worldparrottrust.org, 2003). In Deutschland ist bisher nicht bekannt, dass die Einbürgerung einer fremden Art zum Aus- sterben einer heimischen Art geführt hat. Dies liegt an der stark durch die Eiszeiten geprägten Vergangenheit Mitteleuropas (vgl. Tab. 1), in der sich keine isolierte Biozönose vergleichbar der von Inseln evoluieren konnte. Als Neozoen eignen sich besonders Arten, die (1) konkurrenzstark und euryök sind, (2) leis- tungsfähige Dispersionsmechanismen besitzen oder (3) Haus- und Nutztiere des Menschen sind (vgl. KINZELBACH 1998). Für den Halsbandsittich treffen die Punkte (1) und (3) zu, aber sein Dispersionsvermögen tritt im Vergleich zu anderen Vogelarten nur beschränkt in Er- scheinung. Die seit etwa 30 Jahren existierenden Vorkommen in Europa bleiben bisher auf

Städte und deren Umland beschränkt (vgl. KRAUSE 2001). Als Schädlinge eingestufte Neozoen wie Kartoffelkäfer ( Leptinotarsa decemlineata ) und Reb- laus ( Dactylosphaera vitifolii ) werden aus ökonomischen Gründen einheitlich negativ bewer- tet und auch bekämpft, die Auswirkungen anderer Neozoen wie Bisam ( Ondatra zibethicus ) oder Wandermuschel ( Dreissena polymorpha ) werden hingegen kontrovers diskutiert

(KINZELBACH 1998). Halsbandsittiche wurden in Heidelberg von der Bevölkerung zu 75 % positiv, zu 11 % nega- tiv und zu 14 % unentschieden bewertet (WEGENER 2004). Eine negative Bewertung kam hauptsächlich durch direkte Betroffenheit zustande, d. h. wenn die Papageien in Hausfassaden brüteten oder durch ihre laute Stimme störten, außerdem wurden Fraßschaden und Faunenver- fälschung genannt (WEGENER 2004). In wissenschaftlichen Studien wurde zwar die Konkur- renz um Brutplätze zwischen P. krameri und anderen heimischen Vogelarten beobachtet

(ERNST 1995), aber eine Verdrängung heimischer Arten durch Halsbandsittiche fand bisher nicht statt (Kap. 5.2.2). In der Wissenschaft überwiegt die Akzeptanz von Neozoen, da Zoozönosen niemals konstant, sondern raum-zeitliche Prozesse sind (KINZELBACH 1998). Halsbandsittiche sind in Deutsch- land ein mittlerweile etabliertes Neozoon und ein fester Bestandteil der Avifauna des Rhein- gebietes. 99 5 Diskussion

Probleme ökonomischer Art treten hauptsächlich durch Sekundärschaden an Wärmedämmun- gen von Fassaden auf, die sich in Zukunft noch verstärken könnten. Der Schaden am SHA wurde einschließlich der Kosten für Nistkästen auf 2000-3000 € beziffert. Ein Problem mit Halsbandsittichen als Fassadenschädlinge in Heidelberg wird sich wahrscheinlich in Zukunft noch verstärken. Auch in Köln sind bereits Wärmedämmfassaden besiedelt, die Entwicklung sollte hier besonders aufmerksam verfolgt werden. Halsbandsittiche sind an Fassaden auf Brutplatzsuche. Eine ausreichende Zahl an Nistkästen kann den Druck auf die Fassade als Brutplatz und den damit verbundenen Schaden reduzieren, allerdings sollten auch kleinere Verletzungen im Putz versiegelt werden, da auch sie Halsbandsittichen den Höhlenbau er- möglichen können (vgl. Kap. 4.2.7). Halsbandsittiche konnten bei einem fachmännischen Verschließen der Fassadenhöhlen diese nicht mehr eröffnen. Schaden an Obst wurde haupt- sächlich für Walnüsse und Äpfel angegeben, aber nicht beziffert (Kap. 4.6.4). Der Halsband- sittich ist aufgrund seiner selbst erhaltenden und immer noch steigenden Bestände in Deutsch- land und Europa ein etabliertes Neozoon. Ökologisch gesehen besteht zur Regulation des Halsbandsittichs in Deutschland allerdings kein Handlungsbedarf. Ökonomischer Schaden an betroffenen Wärmedämmfassaden kann durch ein ausreichendes Angebot an Nistkästen redu- ziert werden. Eine weitere Entwicklung seiner Bestände sollte unbedingt verfolgt werden. Da Halsbandsittiche einfach zu beobachten und die Populationsgrößen an den Schlafbäumen relativ leicht zu erfassen sind, stellen sie ein ausgezeichnetes Forschungsobjekt dar.

100 6 Zusammenfassung

6 Zusammenfassung

Halsbandsittiche leben seit 1972 in der Rhein-Neckar-Region, die Erstbrut fand 1974 im Schlosspark Neckarhausen statt. 2003 wurden zwischen Heidelberg und Ludwigshafen 1300 Individuen durch Einflugszählungen an den 3 Schlafbäumen bestimmt. Der Anteil adulter ♂♂ an der Population betrug ca. 20 %. Die Tiere in Heidelberg zeigen intermediäre Merkmale zwischen den indischen Unterarten Psittacula krameri borealis und P. k. manillensis . Als Einzeltiere wurden auch ein ♂ (blaue Mutationsform) von P. k. manillensis in Heidelberg und Neckarhausen sowie ein beringtes ♂ der afrikanischen Unterart P. k. krameri in Ludwigshafen angetroffen. Obwohl in den großen deutschen Halsbandsittich-Populationen wie in Köln oder Wiesbaden jeweils nur ein Schlafplatz existiert, waren es im Rhein-Neckar-Raum auf einer Strecke von 22 km 3 unterschiedliche Schlafplätze, die zeitgleich genutzt wurden. Dies deutet auf 3 vo- neinander unabhängige Gründerpopulationen hin. In Heidelberg wurden innerhalb von 9 Mo- naten 5 verschiedene Orte von den Sittichen zum Nächtigen aufgesucht. In einem Fall wurden 2 Schlafplätze gleichzeitig genutzt, die nur 330 m voneinander entfernt lagen. Die Anzahl der Halsbandsittiche in Heidelberg schwankte durch einen Austausch mit der Subpopulation aus Neckarhausen nach der Brutzeit zwischen 116 und 503 Individuen. In Heidelberg wurden 45- 50 BP des Halsbandsittichs beobachtet und gemeldet. Eine mit ca. 70 BP höhere Zahl der BP für Heidelberg wurde indirekt über die Anzahl adulter ♂♂ an den Schlafbäumen ermittelt. Nischenexpansion in der Wahl von neuartigen Bruthöhlen fand um das Jahr 2001 statt. Zum ersten Mal brüteten in Europa Halsbandsittiche in Wärmedämmfassaden. Nachdem in Hei- delberg Halsbandsittiche erstmals 1990 brüteten, betrug der Anteil der Fassadenbrüter 2003 schon über 50 % von 45 nachgewiesenen BP, wobei auf 2 Gebäudekomplexe schon etwa 20 BP entfielen. Auch in Köln traten 2003 Halsbandsittiche an Wärmedämmfassaden auf. Die Reproduktionsrate der Population in Heidelberg lag nach Zählungen an den Schlafbäu- men der Halsbandsittiche bei etwa 2 Jungtieren/ Brut. 2 BP mit 2-jährigen (nicht ausgefärb- ten) ♂♂ brüteten erfolgreich. Die Bruthöhlen lagen an Fassaden (3,3-14,8 m) nur zu 36 % über 10 m, in Bäumen (5,9-20 m) dagegen zu 70 %. Eine bevorzugte vertikale oder horizontale Orientierung der Bruthöhlen wurde nicht festgestellt. In der EPS-Schicht von Fassaden mit einer Breite von nur 8 cm brüteten Halsbandsittiche erfolgreich. Baumhöhlen waren vom Innenraum her geräumi- ger. Einschlupflöcher an Bruthöhlen erreichten 5-8 cm im Durchmesser, maximal 9 x 18 cm.

101 6 Zusammenfassung

Nach Temperaturmessungen im August/ September 2003 ergaben sich deutliche Unterschiede in der Thermik zwischen Fassaden- und Baumhöhlen. Maximale und minimale Temperaturen lagen in 2 Fassadenhöhlen um 2-4 °C höher als in einer Baumhöhle. 9 Gebäude mit Wärmedämmfassaden wurden untersucht, hiervon erhöhte sich trotz der stän- digen Anwesenheit der Halsbandsittiche nur in einem Fall die Anzahl der Höhlen. In dieser Fassade befand sich gleichzeitig der Schlafplatz eines Buntspechtes. Halsbandsittiche konnten versiegelte Bruthöhlen in Fassaden nicht wieder eröffnen, allerdings vorhandene Verletzun- gen im Putz erweitern. Nistkästen wurden von P. krameri erst als Brutraumersatz akzeptiert, als offene Fassadenhöhlen nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung standen. Während der Handschwingenmauser von P. krameri wurden die äußeren HS 9 und 10 erst im August und September abgestoßen, über einen Monat nach Sammelbeginn. Bei Steuerfedern gab es neben einer Hauptmauser der Adulten bis Ende Juli auch noch eine Mauser der Juveni- len Mitte bis Ende August. Als Nahrung wurden von P. krameri in Heidelberg 42 verschiedene Pflanzenarten genutzt. Im Untersuchungszeitraum war die Ernährung zu 90 % frugivor, zu 10 % wurden andere Pflan- zenteile aufgenommen. Die Nahrung wurde meist in einer Höhe von 5-15 m über dem Boden verzehrt. Jungtiere kamen ausnahmsweise auch auf eine Höhe von nur 60-80 cm herab, um Yucca -Blüten zu fressen. Die Hauptaktivität bei der Nahrungsaufnahme lag für Halsbandsittiche im Untersuchungszeit- raum morgens zwischen 6.00 und 8.00 Uhr und abends zwischen 19.00 und 21.00 Uhr (MESZ). Eine künstliche Futterstelle wurde von P. krameri morgens fast ausschließlich vor 9.00 Uhr aufgesucht. Künstliche Futterstellen erwiesen sich im Sommer nicht als obligato- risch. Im Stadtgebiet Heidelberg lag die Zahl der Baumarten deutlich über der des angrenzenden Forstes. Auch im Forst waren fast alle Baumarten für Papageien in Deutschland nachgewie- sene Nahrungspflanzen. Der mit 13 % des Baumbestandes häufigste Baum in Heidelberg war die Ahornblättrige Platane ( Platanus x hispanica ), in ihr fanden 86 % der Baumbruten von P. krameri statt. Der mit 34 % häufigste Baum im Forst war die Rotbuche ( Fagus sylvatica ). Viele bedeutende Nahrungsbäume des Halsbandsittichs in Heidelberg besaßen eine relative Abundanz von nur 1 % am gesamten Baumbestand. Eine Konkurrenz um Brutplätze zwischen Halsbandsittichen und der heimischen Avifauna konnte in dieser Arbeit nicht nachgewiesen werden. 62 % der Fassadenhöhlen blieben unbe- setzt. Eine erfolgreiche Baumbrut von P. krameri wurde durch das Einnisten von Honigbie- nen ( Apis mellifera ) in die Höhle vereitelt. An den untersuchten Fassadenhöhlen (n = 63) tra-

102 6 Zusammenfassung ten 2003 keine Bienen auf. Halsbandsittiche waren die häufigsten Brutvögel an Wärmedämm- fassaden, gefolgt von Staren ( Sturnus vulgaris ). Eine Konkurrenz mit anderen heimischen Vögeln um Nahrung wird bei dem großen Nahrungsangebot in Heidelberg aufgrund der zahl- reichen Baumarten und der künstlichen Futterstellen ausgeschlossen. Fassadenreparaturen einschließlich dem Anbringen von Nistkästen wurden bei der größten Kolonie in Neuenheim mit 2000-3000 € angegeben. Bei 30 % der daraufhin untersuchten adulten Halsbandsittiche fehlten Krallen oder Zehen- glieder, wahrscheinlich durch Frosteinwirkung. Jüngere Tiere waren deutlich weniger betrof- fen. Als Prädatoren für Halsbandsittiche traten in Heidelberg Habicht ( Accipiter gentilis ), Rotmi- lan ( Milvus milvus ), Wanderfalke ( Falco peregrinus ) und Tiger ( Panthera tigris ) auf. Halsbandsittiche stellen naturschutzfachlich aufgrund ihrer Konzentration auf urbane Habitate bisher ökologisch kein ernsthaftes Problem dar. Sie gelten nach dem Gesetz als heimisch und sind besonders geschützt. Durch die Anwesenheit von Menschen an den Schlafplätzen wurden Halsbandsittiche kaum beeinträchtigt, selbst an Brutplätzen waren die Vögel äußerst störungstolerant. Im Raum Heidelberg findet zurzeit eine Ausbreitung von P. krameri sowohl in der Fläche als auch in der Nutzung neuer Bruthabitate durch Wärmedämmfassaden statt. Ein weiterer Ans- tieg der Bestände ist zu erwarten.

103 Summary

Summary

Since 1972 Ring-necked Parakeets have been observed in Heidelberg, Germany. Since the first breeding record in Neckarhausen (1974), the population size increased rapidly. In 2003 there were 1300 Ring-necked Parakeets living in 3 subpopulations in the area of Heidel- berg and Mannheim. In the post-breeding season 116-503 Ring-necked Parakeets were counted on the roost in Heidelberg. High deviations may be explained on account of an ex- change of between two subpopulations. In 2003 the population size of P. krameri in the Rhine Valley (Germany) was 5500-5700 birds. In Heidelberg the proportion of adult males within the population by demographic counts was c. 20 %. The specimens in the region around Heidelberg seem to be an intermediate form between P. k. manillensis and P. k. borealis except single records of a blue mutation P. k. manillensis and one ringed P. k. krameri in Ludwigshafen 2003. Ecological niche expansion of this species took place in the years around 2001. Additional to natural nesting cavities in trees P. krameri started breeding in holes of thermal insulation of buildings in Heidelberg - 24 couples (c. 50 % of known breeding pairs) in 2003. Although P. krameri usually breeds in roof or wall of buildings in , this is the first record of hatch- ings of this species in thermal insulation of façades. Ring-necked Parakeets were only inter- ested in 8 sited nest boxes on the façade when the nest holes in façades were sealed. Damage was reduced, when a sufficient amount of nest boxes was sited on the façade. An increasing number of cavities in thermal insulation could only be observed on a building with a wood- pecker’s roost at the same time. The height of 64 % of the façade holes (3,3-14,8 m) was lower than 10 m, 70 % of the tree cavities (5,9-20 m) were sited higher than 10 m. Breeding holes had an entrance with 5-8 cm in diameter, maximum 9 x 18 cm. Although the Styrofoam layer in thermal insulation of the façades only measured 8 cm, each breeding pair (n = 10) of P. krameri in an investigated colony on buildings bred successfully. This nesting behaviour also appears in another Population of P. krameri isolated from Heidel- berg - in Cologne. Restoration costs (including nest boxes for P. krameri ) for façades of 3 buildings were amounted to 2000-3000 €. In all investigated thermal-insulation cavities (n = 63) no nest of wild bees could be found. In one case honey bees ( Apis mellifera ) occupied a breeding hole of P. krameri during the breed- ing season, the hatching failed.

104 Summary

86 % of the investigated natural nesting holes of P. krameri in Heidelberg were found in Lon- don Plane ( Platanus x hispanica ), the most common tree in Heidelberg. Maximum and minimum temperature in two façade cavities in August/ September was about 2-4 °C higher than in a cavity of a London Plane. Total reproductive rate was estimated by roost counts at about 2 fledged chicks per breeding pair. Even 2 breeding pairs with a 2-year-old male bred successfully. Moult showed a diversified time-pattern for primaries and two periods for rectrices. In Heidelberg 42 forage plants for P. krameri could be registered of which 50 % were exotic species. Ring-necked Parakeets lived 90 % on fruits and 10 % on other parts of plants in May- September 2003. The avoidance of habitat by P. krameri could not be explained by missing forage plants. The birds fed mainly between 06.00-08.00 and 19.00-21.00 hrs. (CEST). In the morning a feeding station in a garden has been used by P. krameri mainly before 09.00 hrs. Negative influence of Ring-necked Parakeets on native avifauna in competition for breeding cavities or nutriment could not be confirmed. Predators for P. krameri in Heidelberg were Northern Goshawk ( Accipiter gentilis ), Red Kite (Milvus milvus ), Peregrine Falcon ( Falco peregrinus ) and Tiger ( Panthera tigris ). 30 % of adult P. krameri showed reduced parts on claws or toes due to heavy frost. Breeding areas and roosts often had a high rate of disturbance. In Germany P. krameri is a native and protected species. The population size of P. krameri in Germany is still growing. Although the parakeets are restricted to urban habitats, there is an expansion of area and new breeding habitats are settled.

105 7 Danksagung

7 Danksagung

Ich danke: Prof. Dr. Lothar Beck für die intensive Betreuung der Arbeit und die zahlreichen Hilfestel- lungen, Prof. Dr. Harald Plachter für die Annahme des Zweitgutachtens, Mitarbeiter des Amtes für Umwelt, Energie und Gesundheitsförderung in Heidelberg für das Ausschreiben der Arbeit, die tatkräftige Unterstützung und die Benutzung der internen PC- und Kopiermöglichkeiten, insbesondere Frau Maria Romero, Rüdiger Becker, Alfred Brechter und Christian Schäfer, dem Regierungspräsidium Karlsruhe für die Befreiung vom BNatSchG, dem Tiergarten Heidelberg für die freundliche Unterstützung und das Entgegen- kommen bei der Arbeit, insbesondere Direktor Klaus Wünnemann, Frau Sandra Reichler und Mitarbeitern für Hilfe, Informationen und die Befreiung vom Eintrittspreis des Zoos, dem Leiter des St.-Hedwig-Altenheims Michael Ganz, Hausmeister Kurt Straub, den Schwes- tern und dem Personal für die vielen Informationen, Hilfestellungen und die Erlaubnis, die Bruthöhlen an der Fassade zu untersuchen, Benedikt Freitag von der St.-Josefs-Klinik für das Bereitstellen des Endoskops, Dirk Schnei- der für Hilfe an der Ludolf-Krehl-Klinik, Tobias Bertsch für Unterstützung mit der Hubsteige, Roland Heuser und der Firma Chirotech für die Bereitstellung der Messfühler, Software und Datenlogger, Michael Preusch für Kletterpartien, Hilfe und Informationen, Detlev Franz und Tobias Krause für den regen Gedankenaustausch im „Halsbandsittich-Forschungsteam Deutschland“, Dr. Regine Buyer mit den Jungs der AG „Halsbandsittich“ von der Elisabeth-von-Thadden- Schule in Wieblingen für den Austausch von Informationen und Gedanken, Dr. Sabine Diet- rich für die zahlreichen Hilfestellungen und das Korrekturlesen, außerdem den vielen Mithelfern und Informanten, die im Text erwähnt sind oder hier leider keinen Platz mehr fanden, meinen Eltern, die mich und mein Studium immer unterstützen, der „AKW-WG“ Matze Vömel, Steffi Krannich und Marc Niggemann für die freundschaftli- che, konstruktive Kritik und unentbehrliche Hilfe sowie die unzähligen Spiele-Abende, Rac- lette-Essen, Diskussionsrunden, und ganz besonders für die langjährige Freundschaft im nicht immer einfachen Studium. Am Ende möchte ich noch Steffi Wegener für die enge Zusammenarbeit danken, ohne die viele Aspekte dieser Arbeit nicht möglich gewesen wären. Für ihre Hilfsbereitschaft, darunter auch die Bereitstellung der Unterkunft, und ganz besonders für unsere Freundschaft.

106 8 Literatur

8 Verwendete Literatur

ALI , S. & RIPLEY , S. D. (1969): Handbook of the Birds of India and Pakistan, together with those of , Nepal, and Sri Lanka, Vol. 3. Oxford University Press: Bombay, London. BAARS , W. (1981): Die Weichfresser. Stuttgart, Ulmer. BAIRLEIN , F. (1996): Ökologie der Vögel. Physiologische Ökologie – Populationsbiologie - Vogelge- meinschaften – Naturschutz. Fischer, Stuttgart. BAUER , H.-G. & BERTHOLD , P. (1997): Die Brutvögel Mitteleuropas. Bestand und Gefährdung. 2. Auflage. Aula, Wiesbaden. BEAMAN , M. & MADGE , S. (1998): Handbuch der Vogelbestimmung. Verlag Eugen Ulmer. BERGMANN , H.-H. (1987): Die Biologie des Vogels. Aula, Wiesbaden. BEZZEL , E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas – Nonpasseriformes – Nichtsingvögel. Wiesbaden. BEZZEL , E. & PRINZINGER , R. (1990): Ornithologie. Ulmer, Stuttgart. BEZZEL , E. (1998): Neubürger der Vogelwelt Europas. In: GEBHARDT , H., KINZELBACH , R. & SCHMIDT -FISCHER (Hrsg.): Gebietsfremde Tierarten – Auswirkungen auf einheimische Arten, Lebensgemeinschaften und Biotope. Situationsanalyse. Ecomed, Landsberg: 241-260 BLOMENKAMP , A. (1999): Freilebende Edelsittiche ( Psittacula eupatria, P. krameri ) im Schloßgarten Wiesbaden-Biebrich. Papageienkunde 3: 75-87 BLUME , D. (1997): Die Buntspechte – Gattung Picoides . Westarp-Wiss., Magdeburg. BUTLER , C. (2001): Project . Cheltenham Bird Club Winter 2001: 24-27 BUTLER , C. (2002): Space invaders. The newsletter: the magazine of Bolton RSPB Members' Group Winter 2002: 18-19. CRAMP , S. (1985): Handbook of the Birds of , the Middle East and North Africa. The Birds of the Western Palearctic 4. Oxford University Press: 379-387 DE GRAHL , W. (1990): Papageien. Ulmer, Stuttgart. DEL HOYO , J. ELLIOTT , A. & PARGATAL , J. (1997): Handbook of the birds of the world. Vol. 4. Sand- grouse to cuckoos. Lynx, Barcelona. ENGLÄNDER , H., FRICK , S. & PRESTEL , D. (1994): Sammelbericht Rheinland. Charadrius 30 (1): 55 ERNST , L. (1990): Halsbandsittich in Neckarhausen. Arbeitsgemeinschaft der Züchter von Großsittich- und Papageienarten (AZ-AGZ) 6: 335-339 ERNST , U. (1995): Afro-asiatische Sittiche in einer mitteleuropäischen Großstadt: Einnischung und Auswirkung auf die Vogelfauna. Diplomarbeit Universität Köln. ETCHECOPAR , R. D. (1969): L’extension de Psittacula krameri (la Perruche à collier rose) au Moyen- Orient. Oiseau et la Revue francaise d’Ornithologie 39: 178-181 FELLENBERG . W. (1986): Sammelbericht Westfalen. Charadrius 22: 108

FELLENBERG , W. (1989): Ornithologischer Sammelbericht für Westfalen. Charadrius 24 (4): 212 FELLENBERG , W. (1992): Sammelbericht Westfalen. Charadrius 28 (2): 104 FLOWER , S. S. (1933): Notes on some birds in Egypt. Ibis, series 13/3: 34-46 FORSHAW , J. M. (1978, 1989): of the world. Weldon Publishing. Willoughby. FRANZ , D., KRAUSE , T. & SIMON , L. (2002): Zur Verbreitung und Biologie des Halsbandsittichs Psittacula krameri am Oberrhein. Fauna Flora Rheinland-Pfalz Beiheft 28: 237-251

107 8 Literatur

FRANZ , D. & KRAUSE , T. (2003a): Biologie und Verbreitung des Halsbandsittichs in Deutschland – Teil 1. Papageien 5: 163-167 FRANZ , D. & KRAUSE , T. (2003b): Biologie und Verbreitung des Halsbandsittichs in Deutschland – Teil 2. Papageien 6: 209-213 FRIEDRICH , A. (1987) in: Ornithologische Schnellmitteilungen für Baden-Württemberg (Informations- brief). Neue Folge Nr. 14 FRY , C. H., KEITH , S., URBAN , E. K. (1988): The Birds of Africa Vol. III. Academic Press, London. GEBHARDT , H., KINZELBACH , R. & SCHMIDT -FISCHER , S. (1998): Gebietsfremde Tierarten – Auswir- kungen auf einheimische Arten, Lebensgemeinschaften und Biotope – Situationsanalyse. Ecomed, Landsberg. GOODMAN , S. M. (1982): The introduction and subspecies of Rose-ringed Parakeets. Avic. Magazine 89: 84-93 GORGAS , M. (1976): Halsbandsittiche erobern die Stadt. Das Tier 1: 54 GRIESOHN , T. (1984): Brutversuch des Halsbandsittichs ( Psittacula krameri ) in Westfalen. Charadrius 20: 253 GRIMMET , R., INSKIPP , C. & INSKIPP , T. (1999): A Guide to the Birds of India, Pakistan, Nepal, Bang- ladesh, Bhutan, Sri Lanka and the Maldives. Princeton Univerity Press, Princeton, New Yersey. HARDY , J. W. (1964): Ringed Parakeets nesting in Los Angeles, California. Condor 66: 445-447 HAVELKA , P. & MITTMANN , H.-W. (1997): Spechte – Baumeister und Problemvögel. Arbeitsblätter Naturschutz (23). HEINZEL , H., FITTER , R. & PARSLOW , J. (1996): Pareys Vogelbuch. Parey, Berlin. HÖLZINGER , J. (2001): Die Vögel Baden-Württembergs Bd. 2: Nichtsingvögel. Ulmer, Stuttgart: 85- 105 HOPPE , D. (1997): Exoten im Park. WP-Magazin 4: 20-25 HOWARD , R. & MOORE , A. (1991): A Complete Checklist of the Birds of the World. 2. Aufl. Aca- demic Press, London. HUME , A. O. (1890): Nests and Eggs of Indian Birds, 2nd edn. Vol. 3. R. H. Potter, London. HÜE , F. & ETCHECOPAR , R. D. (1970): Les Oiseaux du Proche et du Moyen Orient. N. Boubée, Paris. KAHL -DUNKEL , A. (2002): Warum konnte Köln zur Hochburg der Halsbandsittiche ( Psittacula krame- ri ) in Deutschland werden? Charadrius 38: 162-168 KAHL -DUNKEL , A. & WERNER , R. (2002): Winter distribution of Ring-necked Parakeet Psittacula krameri in Cologne. Vogelwelt 123: 17-20 KEGEL , B. (2001): Die Ameise als Tramp. Heyne, München KEIJL , G. O. (2001): Halsbandparkieten Psittacula krameri in Amsterdam, 1976-2000. Limosa 74: 29- 32 KINZELBACH , R. (1998): Neozoen. In: GEBHARDT , H., KINZELBACH , R. & SCHMIDT -FISCHER , S. (Hrsg.): Gebietsfremde Tierarten – Auswirkungen auf einheimische Arten, Lebensgemeinschaf- ten und Biotope – Situationsanalyse. Ecomed, Landsberg: 3-14 KLAUSNITZER , B. (1993): Fauna. In: S UKOPP , H. & WITTIG, R. (Hrsg.): Stadtökologie. Fischer, Stutt- gart: 239-268 KOLAR , K. (2000): Die Papageien. In: Grzimek, B. (Hrsg.): Grzimeks Tierleben. Bd. 8. unveränderter Nachdruck der dtv-Ausgabe von 1979/ 80. Lizenzausgabe Weltbild Augsburg: 280-281 KÖPKE , G. (1987): Halsbandsittich ( Psittacula krameri ) – Brutvogel in Hamm. Charadrius 24 (4): 258f

108 8 Literatur

KRAUSE , T. (2001): Zur Verbreitung des Halsbandsittichs (Psittacula krameri ) im Rheinland im Kon- text der gesamten westeuropäischen Verbreitung. Diplomarbeit am Geographischen Institut der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, Bonn. KRETSCHMAR , E. (1999): Exoten in der Avifauna NRWs. Charadrius 35 (4): 1-15 KUTTLER , W. (1993): Stadtklima. In: S UKOPP , H. & WITTIG , R. (Hrsg.): Stadtökologie. Fischer, Stutt- gart: 113-151. LAMBA , B. S. (1966): Nidification of some common Indian birds: 10. The Rose-ringed Parakeet, Psit- tacula krameri SCOPOLI . Proc. R. Zool. Soc. Calcutta 19: 77-85 LENSINK , R. (1996): De opkomst van exoten in de Nederlandse avifauna; verleden, heden en toe- komst. Limosa 69: 103-130 LEVER , C. (1977): The Naturalized of the British Isles. Hutchinson. London. LEVER , C. (1987): Naturalized Birds of the World. Longman. London, New York. LIETZOW , E. (2001): Einiges über den Afrikanischen Halsbandsittich. AZN 11: 442-445. LOW , R. (1989): Das Papageienbuch. Ulmer, Stuttgart. LOW , R. (1992): Parrots: Their Care and Breeding. 3rd edn. Blandford, London. LOW , R. (1999): Die Vielfältigkeit der Halsbandsittiche. In: Die Voliere 6: 180-182 LOW , R. (2002): Asiatische Edelsittiche. Gefiederte Welt 3: 82-85 LUDWIG , M., GEBHARDT , H., LUDWIG , H. W. & SCHMIDT -FISCHER , S. (2000): Neue Tiere und Pflan- zen in der heimischen Natur. BLV, München MAHLER , U. (1996): Neubürger der Vogelwelt Baden-Württembergs. In: GEBHARDT , H., KINZELBACH, R. & SCHMIDT -FISCHER , S. (Hrsg.): Gebietsfremde Tierarten – Auswirkungen auf heimische Arten, Lebensgemeinschaften und Biotope. Situationsanalyse. Ecomed, Landsberg: 262f MAHLER , U. (2001): Psittacula krameri – Halsbandsittich. In: HÖLZINGER , J. (Hrsg.): Die Vögel Ba- den-Württembergs. Ulmer, Stuttgart: 92-98 MAITRA , S. K. & DEY , M. (1995): Pinealocyte-response in Rose-ringed Parakeets ( Psittacula krameri ) to melatonine administration varies in relation to the reproductive phase of annual testical cycle. Biological Rhythm Research 26: 88-99 MAYER , J. & SCHWEGLER , H.-W. (2002): Welcher Baum ist das? Bäume, Sträucher, Ziergehölze. Franckh-Kosmos, Stuttgart. MERZ & PLESSING (1992): Ökologisches Gutachten zum Wieblinger Schloßpark – mit Pflege- und Entwicklungskonzept. Gutachten im Auftrag der Stadt Heidelberg. Amt für Umweltschutz und Gesundheitsförderung. MICHELS , H. (1997): Zur Verbreitung und Bestandsentwicklung des Halsbandsittichs ( Psittacula kra- meri ) in Düsseldorf. Jber. Naturwiss. Ver. Wuppertal 50: 129-132 MOLL , E. (1982): Papagei als Gartenschädling. Gartenpraxis 2: 11-13 MÜLLER , A., KRETSCHMAR , E. & GLINKA , S. (1999): Avifaunistischer Jahresbericht `98 für NRW. Charadrius 35 (4): 166 MUÑOZ GALLEGO , A. R. (2003a): Cotorra de Kramer, Psittacula krameri . In: MARTI , R. & DEL MORAL , J. C. (Hrsg.): Atlas de las Aves Reproductoras de España. Dirección General de la Co- nervación de la Naturaleza – Sociedad Española de Ornitologia. Madrid: 636-637 MUÑOZ GALLEGO , A. R. (2003b): Cotorra Argentian, Myiopsitta monachus . In: MARTI , R. & DEL MORAL , J. C. (Hrsg.): Atlas de las Aves Reproductoras de España. Dirección General de la Co- nervación de la Naturaleza – Sociedad Española de Ornitologia. Madrid: 638-639

109 8 Literatur

NIEDERWOLFSGRUBER , F. (1990): Halsbandsittich Psittacula krameri Brutvogel in Innsbruck/ Tirol. Monticola 6: 122-124 NIETHAMMER , G. (1963): Die Einbürgerung von Säugetieren und Vögeln in Europa. Parey, Hamburg, Berlin. NÖLLERT , A. & NÖLLERT , C. (1992): Die Amphibien Europas. Franckh-Kosmos, Stuttgart: 364 Nordrhein-Westfälische Ornithologengesellschaft (2000): Avifaunistischer Jahresbericht 1999. Cha- radrius 36 (4): 189 ORIANS , G. H. (1986): Site Characteristics Favoring Invasions. In: MOONEY & DRAKE (Hrsg.): Ecol- ogy of Biological Invasions of North America and Hawaii. Springer, New York. OWRE , O.T. (1973): A consideration of the exotic avifauna of southeastern Florida. Wilson Bulletin 85: 491-500 PAGEL , T. (1997): AZ-Nachzuchtstatistik 1995. AZ Nachrichten – Vereinigung für Artenschutz, Vo- gelhaltung und Vogelzucht (AZ) e.V. 1: 22-59 PIOTROWSKI , S. (2003): The birds of Suffolk. Helm, London. PITHON , J. A. & DYTHAM, C. (1999a): Breeding performance of Ring-necked Parakeets Psittacula krameri in small introduced populations in southeast England. Bird Study 46: 342-347 PITHON , J. A. & DYTHAM, C. (1999b): Census of the British Ring-necked Parakeet Psittacula krameri population by simultaneous counts of roosts. Bird Study 46: 112-115 PITHON , J. A. & DYTHAM, C. (2002): Distribution and population development of introduced Ring- necked Parakeets Psittacula krameri in Britain between 1983 and 1998. Bird Study 49: 110-117 POLEY , D. (1993): Halsbandsittiche auch anderswo. Gefiederte Welt 6: 208-209 REICHHOLF , J. (1989): Siedlungsraum – Zur Ökologie von Dorf, Stadt und Straße. Mosaik Verlag: 38 REUSCH , D. (2003): Grauschnäpper als Nutznießer eines Mauerlochs vom Buntspecht. Der Falke 50: 56

ROBILLER , F. (1997): Papageien, Bd. 2: Neuseeland, Australien, Ozeanien, Südostasien, Afrika: 396- 401 ROTHMALER , W. (2002): Exkursionsflora von Deutschland. (Hrsg.: Jäger, E. & Werner, K.). Spek- trum, Heidelberg, Berlin. SAVIDGE , J. A. (1987): of an island forest avifauna by an introduced snake. Ecology 68: 660-668 SHIVANARAYAN , N., BABU , K. S. & ALI , M. H. (1981): Breeding biology of Rose-ringed Parakeets Psittacula krameri at Maruteru. Pavo 19: 92-96 SCHMIDT -NIELSEN , K. (1999): Physiologie der Tiere. Spektrum, Heidelberg, Berlin. SCHMOLZ , M. (2001): Amazona ochrocephala oratrix RIDGWAY , 1887 – Große Gelbkopfamazone. In: HÖLZINGER , J. (Hrsg.): Die Vögel Baden-Württembergs. Ulmer: 106-110. SCHÜRMANN , A. M. W. (1981): Deutschland – deine Papageien. Kosmos 44-49 SCOPOLI , J. A. (1770): Bemerkungen aus der Naturgeschichte. Hilscher, Leipzig. SCOTT , S. N., CLEGG , S. M., BLOMBERG , S. P., KIKKAKWA , J. & OWENS , I. P. F. (2003): Morphologi- cal shifts in island-dwelling birds: The roles of generalist foraging and niche expansion. Evolu- tion 57 (9): 2147-2156 SEITRE , R. (1998): Halsbandsittiche in Indien. WP-Magazin 4: 39-45 SIBLEY , C. G. & AHLQUIST , J. E. (1990): Phylogeny and classification of birds. A study in molecular evolution. Yale University Press, New Haven & London. SMITH , G. A. (1972): Some observations on Ring-necked Parakeets. Avicult. Mag. 78: 120-137 110 8 Literatur

SNOW , D. W. (1978): An Atlas of Speciation in African Non-Passerine Birds. Trustees of the British Museum (Natural History), London. SNOW , D. W. & PERRINS , C. M. (1998): The Birds of the Western Palearctic. University Press, Oxford, New York: 866 STANG , F. (2002): Wissenschaftliche Länderkunden: Indien. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt. STASTNY , K. (1992): Vögel – Handbuch und Führer der Vögel Europas. Naturbuch, Augsburg: 261- 265 STORCH , V. & WELSCH , U. (1997): Systematische Zoologie. 5. Aufl. Fischer, Stuttgart, Jena, Lübeck, Ulm: 645 STORCH , V., WELSCH , U. & WINK , M. (2001): Evoultionsbiologie. Springer, Berlin, Heidelberg: 175 STREIT , B. (1991): Verschleppung, Verfrachtung und Einwanderung von Tierarten aus der Sicht des wissenschaftlichen Naturschutzes. In HENLE , K. & KAULE (Hrsg.): Arten- und Biotopschutzfor- schung in der Bundesrepublik Deutschland. Jülich: 208-224 SUKOPP , H. & WITTIG , R. (1993): Stadtökologie. Fischer, Stuttgart, Jena, NewYork. VINCENT , J. (1972): A new addition to the list of South African birds (Ring-necked Parakeet). Ostrich 56: 169. WEATHERHEAD , P. J. (1983): Two principal strategies in avian communal roosts. Am. Nat. 121: 237- 243 WEGENER , S. (2004): GIS-gestützte Arealanalyse der Population der Halsbandsittiche ( Psittacula krameri ) in Heidelberg. Diplomarbeit im Fachbereich Geographie, Heidelberg. WEIGMANN , G. (1998): Neozoen im Siedlungsbereich. In GEBHARDT , H., KINZELBACH , R. & SCHMIDT -FISCHER , S. (Hrsg.): Gebietsfremde Tierarten – Auswirkungen auf einheimische Ar- ten, Lebensgemeinschaften und Biotope. Situationsanalyse. Ecomed: 25-35 WEISSENBACHER , B. K. H. & Allen, D. (1985): Rose-ringed Parakeet breeding attempts in the Trans- vaal. Ostrich 56: 169 WERNER , F. (1999): Nachzuchtstatsitik 1997. Vereinigung für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogel- zucht (AZ) e.V. (2): 84-126 WERNER , F. (2001): Nachzuchtstatsitik 1999. Vereinigung für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogel- zucht (AZ) e.V. (5): 241-251 WIKELSKI M., WREGE P. H. (2000): Niche expansion, body size, and survival in Galapagos marine iguanas. Oecologia 124 (1): 107-115 WILLIAMSON , M. (1996): Biological invasions. Chapman & Hall, London. ZINGEL , D. (1990): Zum Vorkommen des Halsbandsittichs ( Psittacula krameri ) im Schloßpark von Wiesbaden-Biebrich. J. Nass. Ver. Naturk. 112: 7-23 ZINGEL , D. (1993): Zum Vorkommen des Halsbandsittichs im Schloßpark von Wiesbaden-Biebrich. Gefiederte Welt 117: 64-66, 96-98 ZINGEL , D. (1997): Halsbandsittich Psittacula krameri (SCOPOLI 1769). Avifauna von Hessen. Hessi- sche Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz: 1-6 ZINGEL , D. (2000): 25 Jahre frei lebende Papageien in Wiesbaden. Jahrbücher des Nassau- ischen Vereins für Naturkunde 121: 129-141

111 8 Literatur: Internetadressen

Internetadressen

BUTLER , C. (2001-03): Project Parakeet. In: users.ox.ac.uk /~wolf0977/projectparakeet.html

CARR , K. (2003): Monk Parakeets in North America. In: www.monkparakeet.com/ fl.htm

FRANZ , D. (2001-03): Papageien vor der Haustür. In: www.papageien.org /df/Df_alex.htm

Gesetz über Natur- und Landschaftspflege (2003): In: www.naturschutzrecht.net /BNatSchGNov/bnatschg01.htm

International Union for Conservation of Nature and Natural Resources (IUCN) (2000): 1994 Categories & Criteria (version 2.3). In: www.redlist.org /info/categories_criteria1994.html#categories

KNUDSEN , P. H. (2000): Monk parakeets in Brussels. In: hjem.get2net.dk /phk/parakeeteng.htm

Koninklijke Nederlandse Natuurhistorische Vereniging afdeling Amsterdam (2003): Hals- bandparkiet. In: www.knnv.nl /amsterdam/halsbandparkiet.htm

KUSTERMANN , H. (2003): Dämmen mit Styropor – Der aktive Beitrag zum Umweltschutz. In: www.quadlock.de /Daemmen_mit_Styropor_Aktiver_Umweltschutz_030818.pdf

The Wildfowl and Wetlands Trust (2003): Hybrid Ruddy Duck x White-headed Ducks. In: www.wwt.org.uk /threatsp/hybrid/

RODDA , D., HAVERSON , P., JONES , C. & MAUREMOOTOO , C. (2003): 2000-2001 Season. In: www.worldparrottrust.org /wpt12/echoparakeet.htm

WEISERBS , A., JANSSENS , M. & JACOB , J.-P. (2003): Une troisième perruche nicheuse en Ré- gion bruxelloise : la Perruche alexandre, Psittacula eupatria . In: www.aves.be /perruche_alexandre.htm

112 9 Anhang

9 Anhang

Abkürzungsverzeichnis II

Abbildungsverzeichnis III

Tabellenverzeichnis V

Weitere Tabellen VI

Weitere Papageienarten als Neozoen in Deutschland VIII

I 9 Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Untersuchungsgebiete in Heidelberg Bergheim LKK Ludolf-Krehl-Klinik, Bergheimer Straße, offenes Parkgelände und Einzelbäume Neuenheim SHA St.-Hedwig-Altenheim¸ Hauptgebäude (SHA-A) in Mönchhofstraße 28, zusammen drei bebrü- tete Nachbargebäude mit 2 Wohnheimen (SHA-B und SHA-C) in Quinckestraße 50 und 52 in Wohngebiet im Gartenstadtcharakter und einer großen Platane Neuenheimer Feld Chirurgie Garten der Chirurgischen Klinik, Kirschnerstr. 112; ca. 1,5 ha offenes Parkgelände ND Neckardamm auf Höhe des Zoos mit Baumbestand ST-WH Studenten-Wohnheime, Im Neuenheimer Feld 686-696; Wohngebiet an offenem Parkgelände UP Institut für Umweltphysik, Im Neuenheimer Feld 229; an offenem Parkgelände Zoo Tiergarten Heidelberg; ca. 10 ha offenes Parkgelände mit großen Platanen Weststadt LHS Landhausschule, Landhausstr. 20; Einzelne Platanen in Schulhof ZÄ Garten in der Zähringerstraße mit Platane (in WEGENER 2004) Südstadt BF Bergfriedhof, ca. 15,5 ha offenes und geschlossenes Parkgelände mit Platanen und Wald HG Helmholtz-Gymnasium, Rohrbacher Str. 102; grenzt an Bergfriedhof und Wohngebiet Wieblingen ETS Elisabeth-von-Thadden-Schule; in ca. 2,8 ha offenem Parkgelände GW Grenzhofer Weg, Baumgruppen und Gartengelände JGS Johannes-Gutenberg-Schule, Wieblinger Weg 21; Gelände mit einzelnen Baumgruppen MBS Marie-Baum-Schule, Maria-Probst-Straße 25; Gelände mit einzelnen Baumgruppen VDI Viktor-Dulger-Institut, Maaßstraße 26; Industiegebiet, Einzelbäume; nahe Gartengelände Schlafplätze S1-5 Schlafbäume in Heidelberg S6-7 Schlafbäume in Neckarhausen S8 Schlafbäume in Ludwigshafen

Biologische Abkürzungen AS Armschwinge (n) (secondary, secondaries) BP Brutpaar(e) (breeding pair(s)) HS Handschwinge(n) (primary, primaries) KJ Kalenderjahr (calendar year) SF Steuer- oder Schwanzfeder(n) (rectrix, rectrices) Sonstige Abkürzungen

AZ Vereinigung für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogelzucht (AZ) e.V. Ba-Wü Baden-Württemberg BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz (Federal Nature Conservation Act) EPS expandierender Polystyrol-Hartschaum = Styropor HD Heidelberg K1-8 Nistkasten (K1-K8) k. A. keine Angabe LfU Landesanstalt für Umweltschutz LU Ludwigshafen MA Mannheim MESZ Mitteleuropäische Sommerzeit (Central European Summer Time: CEST) NABU Naturschutzbund NL Niederlande () NRW Nordrhein-Westfalen (North Rhine-Westphalia)

II

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: ♂ des Halsbandsittichs ( Psittacula krameri ) mit schwarzem Halsband, das vom Kinn in den Nacken verläuft und in ein rosafarbenes Band übergeht. Dem Tier fehlt eine Kralle am linken Fuß...... 10 Abb. 2: ♀ des Halsbandsittichs ( Psittacula krameri ), ihm fehlen das schwarz-rosafarbene Halsband und der Zügelstreif des ♂...... 11 Abb. 3: Juveniler Halsbandsittich ( Psittacula krameri ). Deutlich erkennbar sind die Spitzen und die hellen Ränder der Handschwingen...... 11 Abb. 4: Junge Halsbandsittiche ( Psittacula krameri ) schauen aus der Nisthöhle. Typisch sind gelbe Augenlider, ein roter Ober- und Unterschnabel mit breiter weißer Wachshaut und gelber Spitze. Die Augen erscheinen völlig dunkel...... 12 Abb. 5: Blaues Halsbandsittich-♂. Das Nackenband ist bei dieser Mutationsform weißlich. Die Aufnahme entstand in Neckarhausen. Das auffällige Tier wurde aber mehrfach auch in Heidelberg gesehen. Der völlig schwarze Unterschnabel dieses ♂ ist typisch für die indische Unterart P. k. manillensis ...... 13 Abb. 6: Bestandsentwicklung des Halsbandsittichs in Südengland von 1996-2002. Daten nach Maximalzahlen an den Schlafplätzen (nach PITHON & DYTHAM 2002, ergänzt nach BUTLER 2001, 2002 und C. BUTLER schriftl.) ...... 15 Abb. 7: Anzahl der Individuen des Halsbandsittichs in Hamburg nach Maximalzahlen pro Jahr (Zufallsbeobachtungen) von 1987-2001. Seit 2001 wurden keine Individuen mehr beobachtet. Quelle: Staatl. Vogelschutzwarte Hamburg...... 18 Abb. 8: Handschwingenmauser bei einem Halsbandsittich ( Psittacula krameri ). HS 6 wird zuerst abgestoßen, dann wird hiervon aufsteigend und absteigend gemausert. Das abgebildete ♀ besitzt bereits eine neue HS 6, HS 5 fehlt und HS 7 befindet sich im Wachstum...... 21 Abb. 9: Lage der Vorkommen des Halsbandsittichs im Rhein-Neckar-Raum nach eigenen Beobachtungen und Meldungen 2003. Gelb markiert ist die Lage der Schlafplätze, in Grün sind Sichtungen von Halsbandsittichen dargestellt. TK 1:100 000 (verkleinert dargestellt)...... 26 Abb. 10: Lage der Untersuchungsgebiete für Halsbandsittiche in Heidelberg...... 26 Abb. 11: Demographische Zählungen an Schlafplatz S3. Die niedrigsten Sitzplätze lagen in 4 m Höhe direkt über dem Radweg am Neckarufer (Spitze des untersten Pfeils, Radweg hier nicht sichtbar). Die meisten Sittiche saßen aber im oberen Drittel der Bäume...... 29 Abb. 12: links: Verschiedene Maße einer Bruthöhle rechts: Bestimmung des maximalen Horizontalmaßes in einer Fassadenhöhle an einer Gebäudekante (Ansicht von oben) ...... 30 Abb. 13: Aufbau der Schichten einer Fassadendämmung...... 31 Abb. 14: Den Halsbandsittichen wurden als Brutersatz 2 verschiedene Kastentypen angeboten...... 32 Abb. 15: Federtypen beim Halsbandsittich: Steuerfedern (SF), Handschwingen (HS) und eine der Armschwingen (AS); Vergleichsskala: 5 cm...... 34 Abb. 16: Bezeichnungen der Feder. HS 8 Sie ist kenntlich an der distal eingebuchteten Außenfahne und der nicht verengten Innenfahne...... 34 Abb. 17: Schlafbaumzählungen in Heidelberg, Neckarhausen und Ludwigshafen 2003. Erläuterung: B: Beobachtung eines einzelnen hellblauen Halsbandsittich-♂ am Schlafbaum bei einer Gesamtzählung; ...... 40 Abb. 18: Anteile der Kategorien a, b, c und d am Schlafplatz (Kategorien vgl. Text) ...... 43 Abb. 19: Brutgebiete und von Halsbandsittichen besuchte Gebäude in Heidelberg. Alle Fundorte liegen in der Oberrheinebene (linker Bildabschnitt), aus dem Odenwald (rechter Bildabschnitt) sind keine Funde bekannt. Liegt ein Kästchen im Vordergrund eines Kreises, so bedeutet dies ein Überwiegen von Gebäudebruten im gleichen Gebiet, bei einem Kreis im Vordergrund dominieren Baumbruten...... 44 Abb. 20: Prozentuale Verteilung der Halsbandsittich-Bruten (n = 21) auf verschiedene Bäume in Heidelberg ...... 45 Abb. 21: Das St.-Hedwig-Altenheim (SHA) in HD-Neuenheim. Gelbe Punkte markieren die Lage der Halsbandsittich-Bruthöhlen. Bruthöhle 1 liegt in einer Platane, Bruthöhlen 2-11 liegen in der Fassade...... 47

Abb. 22: 7 Halsbandsittiche an der Fassade von SHA-A. Sterne symbolisieren 2 ♀♀ an mittlerweile verschlossenen Bruthöhlen (SHA-3 oben und SHA-4 unten)...... 47 Abb. 23: Kohlmeise ( Parus major ) an einer Fassadenhöhle mit die Kante übergreifendem Einschlupfloch (ST-WH)...... 48 Abb. 24: Anteile der kurzschwänzigen Halsbandsittiche (= Diesjährige) auf den Schlafbäumen Mitte Juni 2003. Gesamtzählung durch Stefanie Wegener (WEGENER 2004)...... 49 Abb. 25: Vertikale Verteilung der Fassadenhöhlen (n = 63) sowie Halsbandsittich-Bruten in Gebäuden (n = 14) und Bäumen (n = 13). Bruterfolg (qualitativ) ist nur für Fassadenhöhlen angegeben. ... 51 Abb. 26: Innenmaße bebrüteter Höhlen (n = 12, gefüllt) und unbebrüteter Höhlen (n = 16, ungefüllt). Ein Datenpunkt entspricht einer vermessenen Höhle. Quadrate kennzeichnen Baumhöhlen, Dreiecke kennzeichnen Fassadenhöhlen...... 52 Abb. 27: Maße der Einflugslöcher bei von Halsbandsittichen bebrüteten (ausgefüllt) und unbebrüteten (ungefüllt) Höhlen...... 53 Abb. 28: Temperaturverlauf vom 01.08.-11.09.03 in 2 Fassadenhöhlen. Farbgebung in Legende bei entsprechender Außentemperatur...... 54 Abb. 29: Temperaturverlauf vom 01.08.-11.09.03 in 1 Baumhöhle. Farbgebung in Legende bei entsprechender Außentemperatur...... 54 Abb. 30: Veränderungen an einem Nistkasten (K5) durch Halsbandsittiche...... 55 Abb. 31: Offene Fassadenhöhlen im Gebiet des SHA und Veränderungen an künstlichen Nistkästen im Verlauf der Untersuchung...... 56 Abb. 32: EPS-Block in einem Baum mit begonnener Höhle am 16.06.03 (links) und am 27.09.03 (rechts)...... 57 Abb. 33: Anzahl offener Fassadenhöhlen an Gebäuden (2003)...... 57 Abb. 34: Buntspecht-♂ ( Picoides major ) schaut aus seiner Schlafhöhle (ETS), 30.07.03...... 58 Abb. 35: Mauser der Handschwingen (HS) nach Federfunden in Heidelberg (2003): HS 1-8 (links) und HS 9+10 (rechts); ...... 59 Abb. 36: Mauser der Steuerfedern (SF) nach Federfunden in Heidelberg 2003: SF 2-6 (links) und SF 1 (rechts); ...... 59 Abb. 37: Anteil der kurzschwänzigen (mausernden) Individuen am Schlafbaum S3 in Heidelberg Anfang August 2003...... 60 Abb. 38: Umfärbung juveniler ♂♂ in das Adultgefieder. links : ♂ mit deutlichem, partiell ausgebildetem Halsband auf der rechten Kopfseite am 11.06.03. rechts : ♂ mit schwacher Halsbandzeichnung in der regulären Mauser am 15.09.03. 61 Abb. 39: Übersicht der Nutzung verschiedener Pflanzenteile durch Halsbandsittiche in Beobachtungen (n = 133) zwischen dem 09.05. und dem 28.09.03...... 62 Abb. 40: Aktivitätsmuster von Halsbandsittichen im Tagesverlauf (MESZ) bei der Nahrungssuche an natürlichen Futterquellen vom 15.05.-16.09.03. Angegeben in grau: Anteil der Beobachtungstage, an denen Nahrungsaufnahmen im entsprechenden Zeitintervall festgestellt wurden...... 63 Abb. 41: Vogelarten an einer künstlichen Sommerfutterstelle im Zeitraum vom 01.07.-25.08.03 zwischen 7.00 und 12.00 Uhr (MESZ) mit n = 461 Besuchen. Beobachtungszeit (t) = 339 min in 9 Tagen...... 64 Abb. 42: Relative Abundanzen der Stadtbäume (n = 30.000) in Heidelberg. Namentlich angegeben sind nur für Halsbandsittiche wichtige Baumarten im Beobachtungszeitraum...... 66 Abb. 43: Relative Abundanzen der Baumarten im Forst bei Heidelberg...... 67 Abb. 44: Belegung der Fassadenhöhlen (n = 63) im Untersuchungszeitraum Mai-September 2003 ... 68 Abb. 45: Schnabelfärbungen bei Halsbandsittichen in Heidelberg...... 75 Abb. 46: Weitere Papageienarten im Rhein-Neckar-Raum 2003: ...... 76 Abb. 47: Errechnete mögliche Demographie der Halsbandsittichpopulation 2003 in Heidelberg. Unterstrichen sind gesicherte Zähldaten, die übrigen Werte sind abgeleitet...... 80

Tabellenverzeichnis Tab. 1: Übersicht über die Besiedlungsetappen in Mitteleuropa nach KINZELBACH (1998), verändert. 6 Tab. 2: Begriffsbestimmungen aus NIETHAMMER 1963, SUKOPP & WITTIG 1993, WEIGMANN 1998 und dem Bundesnaturschutzgesetz 2002 (aus www.naturschutzrecht.net 2003) ...... 7 Tab. 3: Systematische Einordnung des Halsbandsittichs (nach ALLEN et al. in DEL HOYO , ELLIOTT & PARGATAL 1997, HOWARD & MOORE 1991, ROBILLER 1997, SIBLEY & AHLQUIST 1990) ...... 9 Tab. 4: Kurzbeschreibung der Unterarten von Psittacula krameri (nach FRY et al. 1988, ROBILLER 1997, CRAMP 1985, LIETZOW 2001) ...... 12 Tab. 5: Verbreitung der Unterarten von P. krameri (nach ROBILLER 1997) ...... 13 Tab. 6: Bruten von Halsbandsittichen in Europa (ohne Deutschland) ...... 14 Tab. 7: Auswahl an Einbürgerungen von Halsbandsittichen weltweit (ohne Europa)...... 15 Tab. 8: Exemplarische Darstellung einer Einflugszählung (17.08.03) am Schlafbaum S3 in Heidelberg...... 27 Tab. 9: Übersicht über den Sammelzeitraum ...... 35 Tab. 10: Wechsel und Mindestnutzungsdauer der Schlafplätze (S1-5) in Heidelberg ...... 38 Tab. 11: Charakterisierung der Schlafplätze S1-8; ...... 39 Tab. 12: Entfernungen (km) zwischen den Schlafbäumen; ...... 39 Tab. 13: Brutgebiete und Fassadenbesuche von Halsbandsittichen in Heidelberg. Gebietsabkürzungen vgl. Abkürzungsverzeichnis, Anhang. Kursiv dargestellt ist das Brutgebiet Studenten- Wohnheime (ST-WH) (V.ZIEGENBALG mündl.), das zur Brutzeit nicht untersucht wurde...... 46 Tab. 14: Übersicht zur Ermittlung der Reproduktionsrate - Methoden und Ergebnisse (vgl. Text) ..... 50 Tab. 15: Aktivitäten der Halsbandsittiche (2003) an den Nistkästen K1- K8 (vgl. Text)...... 55 Tab. 16: Beobachtete Mausertypen (ohne HS) und Federbruch bei ♂♂ , ♀♀ und Juvenilen vom 02.06.- 16.09.03 in Heidelberg 2003...... 61 Tab. 17: Besuche verschiedener fruchtverzehrender Vogelarten in einer Süßkirsche ( Prunus avium ) am 25.05.03, Iqbal-Ufer, Heidelberg. Als Besuch wurden sitzende und einfliegende Vögel gewertet...... 71 Tab. 18: Gesamtpopulation des Halsbandsittichs 2003 in Deutschland. Angegeben sind maximale Zählergebnisse an Schlafbäumen, Erstbruten nach HÖLZINGER (2001) und www.papageien.org, 2003...... 91 Tab. 19: 42 In Heidelberg nachgewiesene Nahrungspflanzen von Halsbandsittichen im Untersuchungszeitraum (2003). Wenn nicht anders erwähnt, wurden von Halsbandsittichen nur Früchte gefressen. Mit einem „+“ gekennzeichnete Pflanzen wurden in dieser Arbeit erstmals als Futterpflanze für P. krameri beobachtet (vgl. www.papageien.org, 2003). Abkürzungen: Blü: Blüte; Fr: Frucht; Bla: Blatt; Kn: Knospe; T: Trieb ...... VI Tab. 20: Zusammenstellung von 25 im Freiland Deutschlandsaufgetretenen Papageienarten mit Bestandsangaben (und Brutpaarzahlen). Die Tab. hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Abkürzungen: A: Österreich; B: Belgien; Ba-Wü: Baden-Württemberg; BP: Brutpaar(e); D: Deutschland; GB: Großbritannien; NL: Niederlande; NRW: Nordrhein-Westfalen; ...... VII

Weitere Tabellen Tab. 19: 42 In Heidelberg nachgewiesene Nahrungspflanzen von Halsbandsittichen im Untersuchungszeitraum (2003). Wenn nicht anders erwähnt, wurden von Halsbandsittichen nur Früchte gefressen. Mit einem „+“ gekennzeichnete Pflanzen wurden in dieser Arbeit erstmals als Futterpflanze für P. krameri beo- bachtet (vgl. www.papageien.org, 2003). Abkürzungen : Blü: Blüte; Fr: Frucht; Bla: Blatt; Kn: Knospe; T: Trieb

*in Deutschland Neophyt nach ROTHMALER (2002). Art (wissenschaftlich) Art (deutsch) Neue Futterpflanze für P. krameri in Deutschland Acer campestre Feldahorn + Acer pseudoplatanus Bergahorn Acer saccharinum Silberahorn (Kn)* + Aesculus hippocastanum Gemeine Rosskastanie* (Fr, Kn) Ailanthus altissima Götterbaum* Amelanchier lamarckii Kupfer-Felsenbirne* + Betula pendula Birke Carpinus betulus Hainbuche Catalpa bignonioides Trompetenbaum* Cornus mas Kornelkirsche Corylus colurna Baumhasel* (Blü) Cotoneaster salicifolius Weidenblättrige Zwergmispel* + Euonymus planipes Flachstieliger Spindelstrauch* + Fraxinus excelsior Esche Fraxinus ornus Blumenesche* + Hedera helix Efeu Juglans regia Walnuss Malus domestica Apfel Malus floribundus Japanischer Zierapfel* + Morus nigra Schwarzer Maulbeerbaum* Paulownia tomentosa Blauglockenbaum* (Fr, Bla) Populus spec. Pappel (Blü) Prunus avium Süßkirsche (Blü, Fr) Prunus cerasifera Kirschpflaume* Prunus domestica f. syriaca Mirabelle Prunus padus Traubenkirsche + Prunus serotina Späte Traubenkirsche* Pterocarya fraxinifolia Kaukasische Flügelnuss* Pyracantha coccinea Feuerdorn* Pyrus communis Birne Quercus robur Stieleiche Rhus typha Essigbaum* Robinia pseudoacacia Robinie* (Blü, Fr) Salix spec. Weide (Blü) Sambucus nigra Schwarzer Holunder Sophora japonica Japanischer Schnurbaum* (Blü, Fr) Staphylea pinnata Pimpernuss Tamarix ramosissima Sommertamariske* (T) + Tilia platyphyllos Sommerlinde + Tilia spec. Linde Viburnum opulus Schneeball + Yucca spec. Yucca* (Blü) +

Tab. 20: Zusammenstellung von 25 im Freiland Deutschlands aufgetretenen Papageienarten mit Bestandsanga- ben (und Brutpaarzahlen). Die Tabelle hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Abkürzungen : A: Österreich; B: Belgien; Ba-Wü: Baden-Württemberg; BP: Brutpaar(e); D: Deutschland; GB: Großbritannien; NL: Niederlande; NRW: Nordrhein-Westfalen; Art Deutscher Name Bestand in Quelle Deutschland Agapornis lilianae Erdbeerköpfchen 1 Brut 1969 Stuttgart HÖLZINGER 2001 Agapornis taranta Tarantapapagei Brut in Ba-Wü BAUER & BERTHOLD 1997 u. a. Amazona aestiva Blaustirnamazone Brut 1893 NRW, 1 BP BAUER & BERTHOLD in Hürth 1991-99, s. u. 1997, K. PÖLL mündl. Amazona amazonica Venezuelaamazone 1 Ex. Wiesbaden, ver- FRANZ schriftl. u. a. paart mit A. aestiva ; www.papageien.org mit Hybriden 12 (2003) Amazona ochrocephala Gelbscheitelamazone max. 7; Brutverdacht ZINGEL 1993 Amazona oratrix Gelbkopfamazone ca. 50 (6 BP) (2003) HÖLZINGER 2001, M. SCHMOLZ mündl. Ara ararauna Ararauna Einzeltiere; Brut in NL LENSINK in KRETSCHMAR 1999 u. a. Aratinga erythrogenys Guayaquilsittich Einzeltiere ZINGEL 2000, www.papageien.org 2001 Aratinga finschi Veraguasittich Einzeltiere www.papageien.org 2001 Aratinga holochlora Grünsittich Einzeltiere www.papageien.org 2002 Cacatua galerita Gelbhaubenkakadu Einzeltiere in Ba-Wü; HÖLZINGER 2001, BAUER Brut in A & BERTHOLD 1997 Melopsittacus undulatus Wellensittich Einzelbruten in D; auch ZINGEL 2000, BAUER & in B und A BERTHOLD 1997 u. a. Myiopsitta monachus Mönchssittich mehrfach Bruten in D, SCHÜRMANN 1981, max. 100 Ind. um 1980, ZINGEL 1997, KRAUSE heute Einzeltiere 2001 u. a. Nandayus nenday Nandaysittich Einzeltiere HÖLZINGER 2001 Nannopsittaca panychlora Tepuisittich Brut 1930 in Nieder- BAUER & BERTHOLD sachsen 1997 Nymphicus hollandicus Nymphensittich Einzeltiere; Brut in NL KRETSCHMAR 1999 u. a. Platycercus elegans Pennantsittich Einzeltiere ZINGEL 2000 Platycercus eximius Rosella Einzeltiere ZINGEL 2000 Poicephalus senegalus Mohrenkopf 1 BP 1982 in Wiesba- ZINGEL 1993 u. a. den, heute Einzeltiere Polytelis swainsonii Schildsittich Einzeltiere ERNST 1995 Psittacula alexandri Bartsittich Einzeltiere ERNST 1995, ZINGEL 2000 Psittacula caniceps Graukopfedelsittich Einzeltiere ERNST 1995 Psittacula eupatria Großer Alexandersittich ca. 30 BP (2003) KRETSCHMAR 1999, ZINGEL 2000 u. a. Psittacula krameri Halsbandsittich 5500-5700 (ca. 1.000 FRANZ & KRAUSE BP) (2003) schriftl., eigene Erhebun- gen Psittacus erithacus Graupapagei Einzeltiere; Bruten in NIETHAMMER 1963, GB ZINGEL 2000, HÖLZINGER 2001

Weitere Papageienarten als Neozoen in Deutschland

In Heidelberg traten neben den erwähnten Papageienarten 2003 (Kap. 4.2) weitere Papageien auf. Aus Heidelberg (10.06.) und Wieblingen (20.05.03) wurden frei fliegende Nymphensitti- che ( Nymphicus hollandicus ) gemeldet (D. SCHNEIDER , R. BUYER mündl.). Überreste von Nymphensittich und Wellensittich ( Melopsittacus undulatus ) fanden sich in einem Turmfal- kenhorst in Wieblingen (S. KNAUER schriftl.). Eine Amazone ( Amazona spec .) hielt sich im

Winter 2002/ 03 in Wieblingen auf (S. KNAUER mündl.). Eine weitere Amazone, wahrschein- lich eine Blaustirnamazone ( Amazona aestiva ) wurde nach mündlicher Mitteilung im August 2003 in Kirchheim gefunden und eingefangen. Neben dem Halsbandsittich haben weitere entflogene Papageienarten in Deutschland ab den 1980ern gebrütet. Dargestellt sind die verschiedenen Arten nach Angaben in der Literatur.

Großer Alexandersittich (Psittacula eupatria ), Alexandrine Parakeet Die Population dieser südasiatischen Art nahm in Wiesbaden-Biebrich von 2 BP (1988) auf

23 BP (2000) zu, mit einem Bestand von etwa 65-85 Tieren (1999/ 2000) (ZINGEL 2000). Während einige Exemplare mit den Halsbandsittichen zu den Wiesbadener Schlafbäumen fliegen, übernachtet der größte Teil rund ums Jahr in den Bruthöhlen (ZINGEL 2000). ZINGEL (2000) berichtet von wenigen immaturen Individuen im Schlosspark Biebrich und sieht eine mögliche Erklärung im Abwandern der Tiere. Neben Wiesbaden gibt es Große Alexandersit- tiche auch in Köln (ERNST 1995), Düsseldorf (www.papageien.org, 2001) und Bonn (ZINGEL 2000). In Ludwigshafen wurde 2003 ein ♀ des Großen Alexandersittichs, das mit einem be- ringten Halsbandsittich-♂ der afrikanischen Nominatform P. k. krameri verpaart war, zu- sammen mit den anderen Halsbandsittichen an den Schlafbäumen gesehen. An 3 Beobach- tungstagen war dieses Paar immer im gleichen Astbereich anzutreffen und kopulierte sogar noch im August. Zu diesem Zeitpunkt konnten bei allen anderen Halsbandsittichen keine Ko- pulationen oder Paarbindungen beobachtet werden. Eine Abhängigkeit der Großen Alexan- dersittiche von Winterfütterungen schließt ZINGEL (2000) aus. Von einem handzahmen ♂ unter Halsbandsittichen in Innsbruck berichtet POLEY (1993). Große Alexandersittiche leben in wenigen Exemplaren auch in England (users.ox.ac.uk 2002, C. BUTLER schriftl.) und 20-30 Tiere (9 BP) in Brüssel (2000) (www.aves.be, 2002).

Mönchssittich (Myiopsitta monachus ), Monk Parakeet Brutvorkommen dieses südamerikanischen Sittichs, der in selbst errichteten bis zu 250 kg schweren Gemeinschaftsnestern aus Zweigen brütet (ZINGEL 1997), sind derzeit in Deutsch-

land nicht bekannt (D. FRANZ mündl.). Letztendlich fehlgeschlagene Einbürgerungsversuche dieser Art gab es bei Görlitz (1893), im Berliner Zoo (1927), im Tierpark Hellabrunn in Mün- chen (1931) und im Duisburger Zoo (GORGAS 1976). Im Winter 1979/ 80 sollen etwa 100

Vögel bei Geiselwind (Bayern) gelebt haben (SCHÜRMANN 1981). Vom letzten Brutvorkom- men dieser Art in Hessen berichtet ZINGEL (1997). Ab Mitte der 1980er Jahre lebte eine klei- ne Population von etwa 30 unberingten Mönchssittichen im Park von Bad Weilbach (Hoch- taunuskreis) östlich von Wiesbaden. 1988 befanden sich Gemeinschaftsnester mit 4 bzw. 5 Nistkammern auf 2 Ahornblättrigen Platanen (Platanus x hispanica ) und eines in einer Rot- buche ( Fagus silvatica ). 1994 und 1995 waren in 5 Platanen einkammerige Nester vorhanden.

1995 brüteten noch 2 Paare, 1996 erlosch der Bestand bei Bad Weilbach (ZINGEL 1997).

ZINGEL (1997) schließt nicht aus, dass die unsteten Sittiche in ein anderes Gebiet abgewandert sind, aber von einer weiteren Ansiedlung ist wurde bislang nichts mehr bekannt (D. FRANZ mündl.). Tobias KRAUSE (2001) erwähnte 2 Exemplare in Goch. Brutvorkommen gibt es in Europa besonders in Spanien (Barcelona, Madrid, Murcia, Valen- cia, Torremolinos) mit insgesamt 1300 BP (2003), auf den Kanarischen Inseln (Lanzarote,

Fuerteventura, Gran Canaria, Teneriffa, La Palma) und Balearen (Mallorca) (BEAMAN &

MADGE 1998, MUÑOZ GALLEGO 2003b, D. FRANZ schriftl.). In England leben etwa 30 Tiere in Borehamwood bei London (users.ox.ac.uk 2002, C. BUTLER schriftl.), in Belgien etwa 60 Exemplare in Brüssel (hjem.get2net.dk, 2000). Weitere Vorkommen gibt es auch in Tsche- chien, Italien und Frankreich (BEAMAN & MADGE 1998, B AUER & BERTHOLD 1997, HEINZEL et al. 1996). In den USA ist der Mönchssittich in vielen Städten erfolgreich eingebürgert, u. a. in New York, Chicago und New Orleans. 1999 wurden allein in Florida 3300 Mönchssittiche gezählt (www.papageien.org, 2003, www.monkparakeet.com, 2000).

Mohrenkopf (Poicephalus senegalus ), Senegal In Wiesbaden-Biebrich erbrütete ein Paar 1982 3 Jungen in einer Platanenhöhle in 15 m Höhe neben einer Halsbandsittichhöhle, ein weiteres Exemplar wurde 1989/ 90 gesehen (ZINGEL 1993). In Köln wurde mehrfach ein Exemplar dieser afrikanischen Art auf den Schlafbäumen der Halsbandsittiche gesehen (ERNST 1995). Einzeltiere überleben wohl mehrere Jahre, u. a. in Düsseldorf (T. KRAUSE schriftl.). Seit über 3 Jahren (2003) gibt es in Zülpich-Merzenich

(NRW) ein frei fliegendes Exemplar (BENDER schriftl.). Ein Tier soll schon mehrere Jahre in

Stuttgart leben (D. FRANZ mündl., vgl. MAHLER 2001).

Blaustirnamazone, Rotbugamazone (Amazona aestiva ), Turquoise-fronted Parrot Beobachtungen dieser südamerikanischen Art liegen für den Biebricher Schlosspark ab 1980 vor (ZINGEL 1990), 1994 bestand hier erstmals Brutverdacht (ZINGEL 2000). Bis 1998 hielten sich maximal 4 Rotbugamazonen auf (ZINGEL 2000). Die Amazonengruppe in Wiesbaden bestehend aus einem Elternpaar A. aestiva x A. amazonica (s. u.) und seinen Nachkommen umfasste 2003 etwa 12 Tiere (D. FRANZ schriftl.). 1991-1999 brütete ein Paar in einem Schleiereulenkasten eines Kirchturms in Hürth

(ENGLÄNDER 1994, MÜLLER et al. 1999). Aktuell gibt es keine Brutnachweise mehr, aber es werden immer noch vereinzelte Beobachtungen gemacht (KRETSCHMAR 1999). 2001 wurden in Hürth 12 Individuen gezählt (D. FRANZ mündl., s. u.). Aktuell wird von 2-3 frei fliegenden

Vögel in Hürth berichtet (K. PÖLL mündl., G. STAHLHUT schriftl.).

Venezuelaamazone (Amazona amazonica ), Orange-winged Parrot

Erstmals beobachtete ZINGEL (2000) ein beringtes Individuum dieser südamerikanischen Art mit Fußdeformationen 1997 im Schlosspark Wiesbaden-Biebrich. Im Februar/ März 1998 balzte ein Vogel mit einer ebenfalls beringten Rotbugamazone mit fehlender Kralle. Im Okto- ber 1998 wurden dann die beiden Vögel zusammen mit 3 Jungen beobachtet, offensichtlich gab es hier eine erfolgreiche Brut mit 3 Hybriden (ZINGEL 2000, s. o.). Seit Ende Oktober 1999 wurden dann nur noch 2 der 3 Jungtiere beobachtet. 1999 kam es wohl zu keiner erfolg- reichen Brut, im Frühjahr 2000 wurde aber das Mischpaar bei der Balz und beim Inspizieren von Bruthöhlen beobachtet (ZINGEL 2000).

D. FRANZ (mündl.) geht bei der Gruppe in Hürth bei Köln ebenfalls von einem Mischpaar Venezuela- x Rotbugamazone mit seinen Nachkommen aus (s. o.).

Gelbscheitelamazone (Amazona ochrocephala ), Yellow-crowned Parrot

ZINGEL (1993) äußert Brutverdacht für diese süd- und mittelamerikanische Art, von der in Wiesbaden mehrfach 1-7 Exemplare gesehen wurden, darunter auch unberingte Vögel.

Gelbkopfamazone (Amazona oratrix ), Yellow-headed Parrot 1984 trat erstmals ein Einzelvogel dieser mittelamerikanischen Art in der Stuttgarter Wilhel- ma auf, der durch Fütterungen den Winter überstand. 1985 gesellte sich ein 2. Vogel hinzu und die erste Freilandbrut verlief im darauf folgenden Jahr mit 3 flüggen Jungen erfolgreich

(HOPPE 1997). Der Brutbestand wurde für 1999 mit 7 Paaren angegeben (MAHLER 2001). Dr.

G. SCHLEUSSNER von der Stuttgarter Wilhelma beziffert den Bestand seit den 1990er Jahren auf konstant etwa 30-40 Individuen, er beobachtete 1997 eine Gruppe von 28 auf Platanen

übernachtenden Amazonen in der Nähe des Cannstatter Bahnhofs, häufig sollen die Tiere paarweise unterwegs gewesen ein. Das Aufenthaltsgebiet der Tiere erstreckte sich über die Wilhelma, den Rosensteinpark und den Kurpark Bad Cannstatt. Außerhalb dieses Gebietes wurden nur wenige Amazonen gemeldet. Die Tiere übernachteten teilweise auch in Abluft- kaminen (MAHLER 2001). Im Herbst 1998 wurde ein Tier von einem 69-Jährigen angeschos- sen, da die in seinem Garten rastenden Tiere nicht hierher gehören würden. In der Kühltruhe des Mannes fand man ein 2. Tier, das er bereits 1996 getötet hatte (Schorndorfer Nachrichten vom 1.9.1999 in www.papageien.org, 2002). Der Bestand der Gelbkopfamazonen wurde für 2003 mit etwa 50-60 Vögeln angegeben, es wurden maximal 46 Tiere gezählt, durch die Auftrennung der Population seien aber nicht alle

Amazonen gemeinsam zusammen anzutreffen (M. SCHMOLZ mündl.). Der Aktionsradius der Tiere erstreckt sich nun in einem Radius von etwa 10 km um den Rosensteinpark und die

Wilhelma (M. SCHMOLZ mündl.). In den USA lebt diese Art verwildert in Südost-Florida und

Los Angeles (ORIANS 1986). Die Gelbkopfamazone in Stuttgart ist neben dem Halsbandsittich im Rhein-Neckar-Raum die einzige Papageienart, die in Ba-Wü einen dauerhaften frei lebenden Bestand aufgebaut hat. Sie lebt seit 20 Jahren in Stuttgart (2004) und gilt wie der Halsbandsittich als heimisch und wahrscheinlich bald als etabliert.

Wellensittich (Melopsittacus undulatus ), Budgerigar Wellensittiche sind mit etwa 15 Mio. Exemplaren in Deutschland die häufigste Papageienart in Gefangenschaft (www.papageien.org, 2001). Trotz Einzelbruten in Deutschland (vgl.

NIETHAMMER 1963) und zeitweise erfolgreichen Ansiedlungen in Großbritannien wie 1969 auf Tresco (Scilly Isles), wo 1975 schon mehr als 100 Vögel frei lebten (STASTNY 1992), konnte sich in Europa bisher keine Populationen dauerhaft etablieren (www.papageien.org, 2001). Mögliche Gründe für die misslungenen Ansiedlungsversuche in Europa sind die gerin- ge Größe und Wehrhaftigkeit, die Anfälligkeit gegenüber feucht-kalter Witterung - Wellensit- tiche stammen aus Halbwüsten Australiens - sowie eine fehlende Standorttreue (vgl. www.papageien.org, 2001). Entflogene Wellensittiche werden häufig erbeutet, in Berlin stell- ten sie 9 % der Beutetiere des Baumfalken (FIUCZYNSKI in KLAUSNITZER 1993). Auch in ei- nem Turmfalkenhorst in Heidelberg wurden Überreste von Wellen- und Nymphensittich, nicht aber vom Halsbandsittich gefunden (S. KNAUER schriftl.).

Erklärung:

Ich versichere hiermit, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegeben Hilfsmittel und Quellen verwendet habe.

Diese Arbeit wurde in der jetzigen oder einer ähnlichen Form bei keiner anderen Hochschule eingereicht und hat noch zu keinem Prüfungszweck gedient.

Marburg, den

(Unterschrift des Autors)