la resistenza Beiträge zu Faschismus, deutscher Besatzung und dem Widerstand in Italien (2)

schriftenreihe limovobi erlangen www.resistenza.de VIELEN DANK für die finanzielle Unterstützung:

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ISTORECO (Istituto per la storia della Resistenza) Reggio Emilia Das Institut organisiert auch einmal jährlich die "Sentieri Partigiani" - eine gute Gelegenheit, selber ZeitzeugInnen zu treffen. Information und Kontakt: www.istoreco.re.it

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Alberto Custodero: S. 33

Archiv Prof. F. Burdino: S. 32

Austellungskatalog Partigiani der Institute für Widerstand und Zeitgeschichte Modena, Parma, Reggio Emilia 2001: S. 4, 6, 16, 30, 34, 35 la resistenza Fränkische Schweiz - Verein e.V.: S. 31 Beiträge zu Faschismus, deutscher Besatzung Giampietro Lippi: „La Stella Rossa – Monte Sole“, Bolgna 1989: und dem Widerstand in Italien (2) S. 25 Schriftenreihe des Vereins zur Förderung alternativer Medien e. V. Bd. 1, Erlangen 2003 Laura Polizzi: S. 17 (links) ISSN 1612-5223 Le Montagne Della Libertà, Comune di Montefiorino e Istituto Herausgeberin: Storico della Resistenza e di Storia Contemporanea di Modena limovobi - Verein zur Förderung 1994: S. 7, 14, 15, 40 alternativer Medien e.V. Feldstr. 22, 91052 Erlangen, Fax 09131 - 205020 limovobi/Wolfgang Most: S. 2, 8, 9, 10, 11, 13, [email protected] www.limovobi.de 17 (rechts), 21, 22 (unten), 23, 24, 26, 27, 28, 36, 37, 38, 39, Titelblatt (Hintergrund) V.i.S.d.P.: Wolfgang Most Satz & Layout: schwarzer block Luigi Longo: Viva L’Italia Libera! Berlin (DDR) 1963: S. 12 [email protected] Druck: Rumpel-Druck, Nürnberg Marco Minardi: I bambini di Parma nel lager di Auschwitz (Materiali per la didattica della storia/2), Parma 2003: Erscheinungsdatum: 8. September 2003 S. 18, 19, 20

Die Broschüre la resistenza (1) kann kostenlos Museo Monumento al Deportato Politico e Razziale, bestellt werden: Carpi/Marco Ravenna: S. 22 (oben) http://www.resistenza.de Sui Sentieri Dei Partigiani, Edizioni CDA, Torino 1995: S. 7 INHALT

Seite 4 Seite 24 Befreiungskampf – ''Diese Leute morgen früh kein Brot'' Bürgerkrieg – Klassenkampf Der italienische Militärinternierte Carlo Porta Der antifaschistische Widerstand in Italien 1943 – 45 Seite 25 Zivile Opfer waren grausames Kalkül Seite 8 Das Massaker von Marzabotto Wir wollten ein anderes Leben Giacomo Notari: Die Hauptbotschaft war eigentlich Seite 27 der zivile Aspekt ''Dann folgte eine Explosion'' Bericht des Überlebenden Francesco Pirini aus Seite 10 Marzabotto ''Einen Strich für jedes Militärfahrzeug'' Annita Malavasi aus der 144. Brigade Garibaldi Seite 28 ''Wenn du keine Post bekommst, Seite 11 geht es mir prima'' ''Als Kommandant brauchte man Erinnerungen eines deutschen kein Abitur'' Deserteurs Zeitzeugenbericht von ''Mirko'' Seite 30 Seite 12 ''An ihre Namen erinnere ich Agitation, Sabotage, mich nicht mehr'' Attentat Deserteure bei der Resistenza GAP und SAP in italienischen Städten Seite 31 ''Von Massakern wurde nie etwas erzählt'' Seite 14 SS-Karstwehr ermordete in Avasinis 51 Einwohner ''Die Arbeit der Frauen war das Rückgrat der Resistenza'' Seite 32 Frauen im Widerstand Der Schrank im Palazzo Cesi Späte Prozesswelle gegen ehemalige Seite 18 deutsche Soldaten in Italien ''Giorgio kam nicht mehr zum Unterricht'' Die Verfolgung jüdischer Menschen Seite 33 in Parma: von den ''Rassegesetzen'' ''Völkerrechtliches Gewohnheitsrecht'' 1938 bis zur Shoa Der Prozess gegen Friedrich Engel aus völker- und kriegsrechtlicher Perspektive Seite 21 Teil des deutschen Seite 36 Lagersystems Der Widerstand in Italien Das Polizei- – zwischen Tradition und Konflikt und Durchgangslager Fossoli Seite 38 Seite 22 Jedes Jahr Deportation und Zwangsarbeit wird zur Schlacht geblasen Interview zum 25. April, dem Tag der Befreiung Seite 22 Italiens von der deutschen Besatzung Acht Pferde oder 40 Männer Zwangsarbeit in einer mittelfränkischen Seite 39 Munitionsfabrik Auswahlbibliografie 3 Friedensdemonstration am 25. Juli 1943 in Mailand Befreiungskampf – Bürgerkrieg – Klassenkampf Der antifaschistische Widerstand in Italien 1943 – 45

Doch der 8. September wird heute auch an der Seite Deutschlands werde auch als der Tag begangen, an dem der nach dem Machtwechsel weiter gehen. Widerstand - La Resistenza - gegen die Doch diese Doppelstrategie ging nicht „Am Abend des 8. September deutsche Besatzung Italiens begann. auf. Unter dem Vorwand kriegsbeding- Nur wenige Minuten nach der Waffen- ter Notwendigkeiten verlegte Deutsch- schien alles vorbei zu sein. Alle stillstandserklärung wurde der Befehl land ab 25. Juli verstärkt Truppen über Glocken Cumianas läuteten und zum Einmarsch deutscher Truppen den Brenner – unter Protest der Ita- alle fingen an zu tanzen.“ So gemäß des seit Monaten ausgearbeiteten lienerInnen. erinnert sich Ernesto Ferrero Plans „Achse“ erteilt und das Land des Die „Achse Berlin-Rom“, von Mussoli- aus dem kleinen Ort südlich ehemaligen Verbündeten besetzt. Aus ni 1936 als Begriff für die enge Verbin- von Turin, damals 19 Jahre alt, dem Achsenpartner der Achse Berlin- dung beider Länder eingeführt, war an den 8. September 1943, als Rom waren die „Badoglio-Verräter“ gebrochen. Offiziell erklärte Italien am der Waffenstillstand zwischen geworden. 13. Oktober als „Regno del Sud“ Italien und den Alliierten Deutschland den Krieg. bekannt gegeben wurde. Der Der besetzte Verbündete 28 Monate vorher, am 10. Juni 1940, Krieg schien damit für die war Italien an der Seite Deutschlands in Der ehemalige Generalstabschef Pietro den 2. Weltkrieg eingetreten. Italieni- Menschen in Italien zu Ende zu Badoglio, seit der Absetzung Benito sche Kriegsziele beinhalteten u. a. die sein. Mussolinis am 25. Juli 1943 Regie- „Ketten des Mittelmeeres zu sprengen“. rungschef, hatte sofort bei Regierungs- Ein Volk sei nur frei, wenn es Zugang antritt geheime Verhandlungen mit den zu den Weltmeeren habe, hatte Mussoli- Alliierten über einen separaten Waffen- ni unter dem Jubel der Bevölkerung in stillstand aufgenommen. Dem Bündnis- seiner Kriegsrede erklärt. 4 partner gegenüber betonte er, der Krieg Doch der Krieg nahm für Italien an In der zweiten Augusthälfte ‘43 legten tel- und Norditalien statt. allen Fronten einen schlechten Verlauf. Churchill und Roosevelt unter Geheim- In den 45 Tagen der Regierung Bado- Nur die Unterstützung Deutschlands haltung die Landung der Alliierten auf glio hatte der antifaschistische Wider- verhinderte z. B. ein Debakel für die ita- dem italienischen Festland für den 9. stand im Untergrund Aufwind bekom- lienische Armee in Griechenland. Die September fest, während über den Waf- men. Dadurch war es möglich, als Niederlage in der Sowjetunion sowie fenstillstand immer noch verhandelt Reaktion auf die Besetzung bereits am Nahrungsmittelknappheit und die Bom- wurde. Die Italiener wollten eine 9. September in Rom den CLN – das bardierung italienischer Städte führten Garantie für den Fortbestand des mon- Komitee zur nationalen Befreiung – zu zu Missstimmung in der Bevölkerung archistischen Staates und die Wieder- gründen. In ihm waren die unter dem gegen Mussolini und den faschistischen einsetzung als Kolonialmacht. Die Alli- Faschismus verbotenen Parteien (Kom- Parteiapparat. ierten versprachen lediglich eine baldi- munisten, Sozialisten), die neu entste- In den Städten Norditaliens kam es im ge Landung und die Verkündung des henden Liberalen und andere antifaschi- März 1943 zu Streikaktionen, den Waffenstillstands nicht früher als sechs ersten Massenprotesten in über 20 Jah- Stunden vor der Invasion, was die italie- ren faschistischer Herrschaft. nische Seite akzeptierte. Am 3. Septem- Im Januar 1943 beschlossen die Ameri- ber wurde der Waffenstillstand ge- Deutschland war es binnen kaner und Briten in Süditalien eine schlossen. weniger Stunden möglich zweite Front in Europa zu eröffnen. Sie in Italien einzumarschieren landeten am 10. Juli auf Sizilien. Damit Am Abend des 8. September wurde er bekamen die Stimmen unter den faschi- verkündet – früher als von italienischer stischen Politikern, unter den Militärs Seite erwartet. Die Alliierten begannen sowie in Finanz- und Industriekreisen am 9. September ihre Landung bei stische Organisationen vertreten. Man Aufwind, die Waffenstillstandsverhand- Salerno – viel weiter im Süden als von schuf eine geheime politische Führung. lungen mit den Alliierten – in Opposi- italienischer Regierung und Krone Durch ihren militärischen Arm und die tion zu Mussolini – für unausweichlich erhofft. Die Regierung Badoglio und regionalen Gruppen gelang es, die in erachteten. Der Faschistische Großrat das Königshaus flüchteten daraufhin den ersten Monaten vereinzelt operie- beschloss am 24. Juli 1943 eine Neuver- hinter die Linien der Alliierten nach renden Partisanengruppen und deren teilung der Macht zu Gunsten der Kro- Brindisi und etablierten dort mit Billi- Aktivitäten zu koordinieren. ne, darunter die Rückgabe des militäri- gung der Alliierten eine Monarchie. schen Oberbefehls an den König. Einen Die deutsche Führung hatte einen mög- Die historische Einschätzung Tag später, am 25. Juli 1943, ließ dieser lichen Kriegsaustritt Italiens seit der Resistenza den Duce verhaften. November 1942 einkalkuliert und trotz Die Menschen auf der Straße feierten der Beteuerungen Badoglios Maßnah- Die Resistenza war in erster Linie ein diesen Coup und verknüpften damit die men für diesen Fall ergriffen. 600.000 Befreiungskampf gegen eine fremde Hoffnung, dass der Krieg nun beendet Soldaten standen zur Umsetzung des Besatzungsmacht. In diesem Aspekt lag sei. Doch wurde diese Erwartung rasch Befehls „Achse“ bereit. So war es der (kleinste) gemeinsame Nenner zwi- zerstört. „Während für die Machtsiche- Deutschland möglich, binnen weniger schen militanten Kommunisten, libera- rungsoperation der herrschenden Eliten Stunden nach Verkündung des Waffen- len Antifaschisten und monarchistisch auch ein gemäßigter Faschismus (...) stillstands den Einmarsch in Italien zu eingestellten Militärs. Nationaler akzeptabel gewesen wäre, so führte der beginnen. Zeitgleich wurden die italie- Befreiungskampf bedeutete aber auch vom König und militärischer Führung nischen Besatzungstruppen auf dem gewisse Spannungen mit den Alliierten, (...) inszenierte Staatsstreich (...) zum Balkan, in Griechenland und Frankreich wenn etwa zum Winter 1944 der briti- Zusammenbruch des Faschismus, um von deutschen Soldaten entwaffnet und sche General Alexander „anordnete“, für kurze Zeit einer autoritären Militär- nach Deutschland deportiert. Traurige dass die Partisaneneinheiten ihre Akti- diktatur Platz zu machen.“1 Der ehe- Berühmtheit erlangte in diesem Zusam- vitäten einzustellen hätten, bis im Früh- malige Generalstabschef Badoglio menhang die griechische Insel Kephalo- jahr 1945 die Alliierten ihre Kampf- täuschte im Rahmen seiner Doppelstra- nia, auf der um die 5.000 Soldaten, die handlungen wieder aufnehmen würden. tegie den Deutschen vor, der Krieg an sich ihrer Entwaffnung widersetzten, Dieser „Alexanderbefehl“, der praktisch ihrer Seite gehe weiter. Der italieni- von deutschen Gebirgsjägern erschos- nicht umzusetzen war bzw. einer Auflö- schen Öffentlichkeit sollte hingegen der sen wurden. sung der Einheiten gleich gekommen Wille zur Zerschlagung des faschisti- wäre, wurde von vielen Kommandan- schen Apparates demonstriert werden, Der Widerstand formiert sich tInnen der Partisanen bewusst missach- ohne der antifaschistischen Opposition tet. Der alliierte Rückzug bedeutete für Handlungsmöglichkeiten zu geben. Ziel Italien wurde bis südlich von Neapel die Wehrmacht eine entscheidende war es, die wichtigsten faschistischen von deutschen Truppen besetzt, die in Erleichterung und so richtete man von Strukturen zum eigenen Nutzen zu den darauf folgenden Wochen auf die so deutscher Seite im Winter 1944/45 sein erhalten. Ohne großen Widerstand wur- genannte Gustavlinie, die circa 50 km Augenmerk auf die Bekämpfung der den die faschistische Partei PNF sowie nördlich von Neapel in West-Ost Rich- Partisaneneinheiten. Unter dem Aspekt das faschistische politische Gericht auf- tung das Land teilte, zurück gedrängt des nationalen Befreiungskampfes müs- gelöst – beides Institutionen, die man wurden. Im Mai 1944 rückten die sen auch die Bestrebungen des CLN nach dem 8. September unter der Regie- angloamerikanischen Truppen weiter gesehen werden, zu Kriegsende den rung Mussolinis wieder finden sollte. vor, im Juni 1944 wurde Rom befreit, nationalen Aufstand zu organisieren und Als weitere Maßnahme in diesem Dop- im August Florenz. Die Deutschen die großen Städte vor den Alliierten zu pelspiel wurde zwar die Entlassung errichteten daraufhin im Sommer 1944 befreien. politischer Gefangener verfügt, ausge- 350 km weiter nördlich eine neue Ver- schlossen davon blieben aber alle Anti- teidigungslinie – die Gotenlinie. Die Ein zweiter Charakter der Resistenza faschistInnen, darunter besonders Kom- Ausbildung langfristiger Widerstands- ergab sich durch die Einsetzung einer munisten und Anarchisten. strukturen auf militärischer und ziviler faschistischen Marionettenregierung. Ebene fand demnach vor allem in Mit- Die SS befreite am 12. September 1943 5 Mussolini aus seinem Gefängnis in den Soldaten eine große Gruppe der Wider- der bekannte Schriftsteller Primo Lévi, Abruzzen. 11 Tage später wurde er als standskämpfer dar. Vielen Soldaten aus gingen zum Widerstand in die Berge Regierungschef der Repubblica Sociale dem Süden war es nicht möglich, nach oder konnten sich in von PartisanInnen Italiana (RSI) eingesetzt. Auf Grund Hause zurückzukehren, da sie dafür kontrollierten Gebieten verstecken. Ihr ihrer Regierungssitze Gardone und Salò über die Frontlinie hätten gelangen Risiko war es, bei der Gefangennahme am Gardasee wurde diese auch Repu- müssen. Für sie eröffneten sich drei nicht nur als Partisanen bestraft zu wer- blik von Salò genannt. Damit war das „Möglichkeiten“: ihre Gefangennahme den, sondern zudem als Jude. (Vgl. alltägliche Leben wieder, wie vor dem durch die Deutschen, ihre Eingliede- „Giorgio kam nicht mehr zum Unter- 25. Juli, von faschistischen Strukturen rung in eine faschistische Armee oder richt“ und „Teil des deutschen Lagersy- durchsetzt. Man hatte also nicht nur ihr Weg in den Widerstand. stems. Das Polizei- und Durchgangsla- einen äußeren, sondern auch einen inne- Die Unterstützung der versprengten ger Fossoli“) ren Feind zu bekämpfen. Die Resistenza Soldaten führte zu ersten Widerstands- wurde dadurch auch zum Bürgerkrieg. aktionen der Bevölkerung, die vor allem Die Vielschichtigkeit der Resistenza Als drittes Charakteristikum hatte der von Frauen ausgeführt wurden. Sie zeigte sich am ausgeprägtesten in der Widerstand den Charakter eines Klas- besorgten Zivilkleidung, sammelten aus politischen Struktur des CLN. Neben diesem gemeinsamen Oberkommando stellten die Parteien einzelne Partisa- neneinheiten auf. Die Einheiten Giusti- zia e Libertà (Gerechtigkeit und Frei- heit) standen der neu gegründeten libe- ralen Aktionspartei (Partito d’Azione) nahe und machten etwa 20 Prozent aus. Die mitgliederstärksten Verbände waren die Garibaldi-Einheiten, die hauptsäch- lich auf Initiative der kommunistischen Partei Italiens entstanden waren und 50.000 PartisanInnen stellten. Die dritt- stärksten Formationen waren die so genannten Autonomen Einheiten, die keiner politischen Richtung nahe stan- den. In ihnen waren vor allem „ver- sprengte“ Soldaten organisiert und Anhänger der Monarchie, weshalb sie von anderen Partisanen auch (verächt- Sechs Soldaten in Zivilkleidung auf der Flucht lich) „Badoglio-Partisanen“ genannt wurden. Daneben entstanden Formatio- verlassenen Kasernen Waffen ein und nen, die anderen antifaschistischen senkampfes. Die Beteiligung der Arbei- brachten als Kundschafterinnen Solda- Organisationen, z. B. katholischen Krei- terInnen an der Resistenza trägt deutlich ten in Sicherheit. „In diesen Tagen ging sen oder der republikanischen Partei diese Züge. Der Feind – innerer wie es darum, versteckte Soldaten aus den nahe standen sowie die Mazzini-Einhei- äußerer – wurde mit dem Klassenfeind Wohnungen wegzubringen – das war ten, die von den Sozialisten organisiert gleichgesetzt. Tatsächlich hatten große unsere erste Stafettentätigkeit. Wir wurden. Wer welcher Einheit beitrat, Teile der italienischen Großindustrie erkundeten, wo Kontrollposten und richtete sich nicht nur nach der politi- mit den Faschisten sympathisiert und Straßensperren waren, und versuchten schen Einstellung, sondern wurde oft ihnen zum Aufstieg verholfen. alles an Informationen einzuholen, was durch praktische Begebenheiten – wel- wichtig war. Das gleiche taten wir auch che Einheit kämpfte in der nächsten für die antifaschistischen Politiker, die Umgebung, welche persönlichen Kon- Die Resistenza hatte nicht versuchten, den Widerstand zu organi- takte bestanden – gelenkt. nur einen äußeren, sondern sieren. Wir Stafetten sondierten die Neben den PartisanInnen in den Bergen Lage und suchten geeignete Orte für operierten in den Städten die GAP- oder auch einen inneren Feind zu geheime Treffen.“ Neben der Arbeit als SAP-Einheiten – von der kommunisti- bekämpfen Stafetten, der „klassischen“ Wider- schen Partei gegründet und unterstützt.3 standsaufgabe der Frauen, kämpften Ihre Mitglieder betrieben geheime Pres- einige von ihnen auch bewaffnet in den se- und Informationsstrukturen und „Diese drei Kriege [Befreiungskampf, Partisaneneinheiten mit. (Vgl. „Die führten Sabotageakte gegen die feindli- Bürgerkrieg, Klassenkampf] wurden Arbeit der Frauen war das Rückgrat der che Infrastruktur und Attentate gegen nicht von verschiedenen gesellschaft- Resistenza“ ) Exponenten der Besatzer und der lichen Kräften und Parteien geführt, Eine weitere zahlenmäßig große Gruppe Faschisten durch. Oft bestanden sie nur sondern befanden sich innerhalb jeder waren Jugendliche, die sich ihrer Wehr- aus kleinen Zellen von zwei bis drei Partei und jeder sozialen Kraft, die den pflicht für die neuen faschistischen Personen. (Vgl. „Agitation, Sabotage, bewaffneten Kampf führte, wenn auch Streitkräfte entziehen wollten. Auch Attentat. GAP und SAP in italienischen in unterschiedlicher Ausprägung.“2 Kriegsgefangene, die auf italienischem Städten“) Schon diese Charakterisierung lässt Gebiet inhaftiert gewesen waren und Über die militärische Bedeutung des unterschiedliche Akteurinnen und mit dem 8. September frei kamen, Widerstands gibt es unterschiedliche Akteure auf die Bühne treten. Neben schlossen sich den Partisanen an, Aussagen. Einige Autoren weisen dar- den schon erwähnten ArbeiterInnen, genauso wie Deserteure des deutschen aufhin, dass auf Grund der schlechten KommunistInnen, (älteren) Antifaschi- Heeres. (Vgl. „An ihre Namen erinnere Ausrüstung die militärische Bedeutung stInnen stellten in manchen Regionen, ich mich nicht mehr“) nicht groß gewesen sein kann. Kom- 6 so im Piemont, versprengte italienische Etliche jüdische Menschen, wie etwa mandant Nardo, ehemaliger Partisan einer Garibaldini-Einheit, wehrt sich Italien geführt habe, während die Ver- vehement gegen diese Behauptung. Er antwortung für die Massaker allein der schätzt, dass durch Widerstandsaktio- SS zuzuschreiben wären, nicht die Rea- nen der Resistenza etwa 20.000 deut- lität widerspiegelt: So war zwar der sche Soldaten gebunden waren und General der Waffen-SS Karl Wolff für dadurch von der Front ferngehalten die Durchführung der „Bandenbekämp- wurden. fung“, die nicht im Operationsbereich Eine wichtige Bedeutung hatte die Resi- des Heeres lag, zuständig, doch war er stenza bezüglich faschistischer Kolla- Kesselring bei dieser Aufgabe direkt borateure. Häufig wurde ihre Ent- unterstellt und musste gemäß dessen tarnung durch die Präsenz von Partisa- Vorgaben handeln. nen möglich. Im so genannten „heißen Sommer“ „Der Krieg kam 1944 verschärfte Kesselring die mög- mit dem 8. September lichen Repressalmaßnahmen gegen die in unsere Häuser.“ Bevölkerung. Der bewaffnete Wider- stand war zu diesem Zeitpunkt deutlich Die Bekämpfung des bewaffneten erstarkt und die militärische Lage der Widerstands wurde in Italien nach den Deutschen verschlechterte sich zuse- Richtlinien der so genannten Bandenbe- hends – die angloamerikanischen Trup- kämpfung durchgeführt, wie sie schon pen befanden sich auf dem Vormarsch. im Osten gegen Partisanen angewendet Für diesen Zeitraum galt beispielsweise worden waren. Dabei war es erklärtes die Anordnung, in Gebieten mit starker Ziel, die Bevölkerung durch massive Partisanenpräsenz präventiv Geiseln zu Drohungen von jeder Unterstützungs- nehmen, die dann im Fall von Angriffen leistung abzuhalten. Schon die Nicht- durch PartisanInnen hätten getötet wer- Kollaboration, das Nichtweitergeben den dürfen. Ein Befehl Kesselrings vom von Informationen über die Resistenza 17. Juni 1944 lautete: „(...) Wo Banden konnte als Unterstützung gelten und mit in größeren Zahlen auftreten, ist der in dem Tode bestraft werden. „Die Bevöl- diesem Bezirk wohnende, jeweils zu kerung sollte die Verantwortung für bestimmende Prozentsatz der männ- Vergeltungsmaßnahmen nicht bei den lichen Bevölkerung festzunehmen und Besatzern suchen, (...) sondern bei den bei vorkommenden Gewalttätigkeiten Partisanen und als Konsequenz diesen zu erschießen.“5 die Sympathie und Unterstützung ver- Bei der Verschärfung seiner Richtlinien weigern.“4 Zum anderen wurde die betonte Kesselring zum wiederholten Bevölkerung als Druckmittel gegen die Mal, dass den ausführenden deutschen PartisanInnen eingesetzt, die damit Soldaten keine Konsequenzen erwach- rechnen mussten, dass jede Wider- sen würden, selbst wenn sie drastische Weg in die Berge standshandlung mit Repressalien gegen Maßnahmen ergreifen würden. umliegende Dörfer geahndet wurde. Auf Grund etlicher Einzelbefehle ört- gezwungen, um die wachsende Unter- licher Kommandanten, die die Situation stützung der Partisanen durch die Die Verantwortung für die „Banden- immer mehr eskalieren ließen, sah sich Bevölkerung zu stoppen und um nicht oder Banditenbekämpfung“ lag seit Mussolini mehrfach veranlasst, bei der auch noch jenen Teil der Bevölkerung April 1944 bei Generalfeldmarschall deutschen Führung zu protestieren. gegen sich auf zubringen, der bislang , Oberbefehlshaber Gewisse Anordnungen wurden darauf- mit den Faschisten sympathisiert hatte. der Wehrmacht für das besetzte Italien. hin zurückgenommen, vor allem solche, Allerdings bedeutete dies nicht das Die Befehlsstruktur zeigt sehr deutlich, die die Tötung von Frauen und Kindern Ende der Massaker an der Zivilbevölke- dass die Aufteilung in eine Wehrmacht, zuließen. Zu diesem Versuch der Dee- rung. Eines der größten Massaker ereig- die einen angeblich „sauberen“ Krieg in skalation sahen sich die Deutschen nete sich im Oktober 1944 in Marza- botto im emilianischen Appenin, bei Warnung vor dem 770 Menschen getötet wurden. PartisanInnenaktivitäten Dass die Wehrmacht einen ''sauberen'' Krieg geführt habe, spiegelt nicht die Realität wider

Dieses von SS und Wehrmacht verübte Massaker entsprang einer „Politik der verbrannten Erde“. Die Deutschen „säu- berten“ dabei das Hinterland entlang der Frontlinie von PartisanInnen – aber auch von ZivilistInnen. (Vgl. „Zivile Opfer waren grausames Kalkül“) 7 Das erste Massaker an der italienischen seine Befehle angestachelt, italienische „Du wirst es haben / Kamerad Kessel- Zivilbevölkerung hatten deutsche Sol- ZivilistInnen als Repressalie zu töten.7 ring / Das Denkmal / Das du von uns daten schon vor dem 8. September 1943 Im Mai 1947 sprach ihn das Gericht in Italienern verlangst / Aber aus welchem verübt. Am 12. August fielen 30 Wehr- diesem Punkt schuldig8 und verurteilte Stein es erbaut sein wird / Entscheiden machtsangehörige beim Rückzug aus ihn zum Tod durch Erschießen. Im Juni wir / Nicht aus den rauchgeschwärzten Sizilien in das Dorf Castiglione di Sici- wurde die Strafe in lebenslängliche Haft Steinen / Der unschuldigen Dörfer lia ein und eröffneten eine Schießerei, umgewandelt. Im Oktober 1952 wurde gepeinigt von deiner Vernichtung / bei der 16 Personen getötet wurden. Ein Kesselring entlassen – angeblich wegen Nicht aus der Erde der Friedhöfe / Auf Anlass für diese Aktion ist nicht Kehlkopfkrebs, den er de facto nie hat- denen unsere jungen Genossen / In Frie- bekannt. Folgt man der Argumentation te. den ruhen / Nicht aus dem reinen des Historikers Gerhard Schreiber, so Schnee der Berge / Die dich für zwei liefert einzig das inzwischen schon Dem vorausgegangen war eine mehr- Winter herausgefordert hatten / Nicht geprägte Misstrauen gegen den Bünd- jährige Kampagne zu seiner Freilas- aus dem Frühling in den Tälern / Der nispartner Italien und rassistische Res- sung, die anfangs von Angehörigen und dich flüchten sah / Einzig aus dem sentiments gegen Italiener und Italiene- alten Militärs geführt wurde, ab 1950 Schweigen der Gefolterten / Härter als rinnen eine plausible Erklärung für die- jedoch von Teilen der bundesdeutschen jeder Stein / Einzig aus dem Fels dieses ses Verhalten.6 Presse mitgetragen wurde. Argumen- Paktes / Geschlossen zwischen freien tierten die alten Kameraden gerne mit Menschen / Die sich freiwillig gefunden der Aufstellung der neuen Bundeswehr haben / Aus Würde nicht aus Hass / Ent- ''Schöngeist'' Kesselring und dem Kalten Krieg (es sei ein „uner- schlossen sich zu befreien / Von der habe die Kunstschätze träglicher Gedanke, deutsche Soldaten Schande und dem Schrecken der Welt / als Verbündete von alliierten Armeen zu Solltest du auf diesen Straßen zurük- Italiens beschützt sehen, während ihre Kameraden kkehren wollen / Wirst Du uns in unse- unschuldig in alliierten Gefängnissen ren Dörfer finden / Tote und Lebende Wie aus Lageberichten des Sicherheits- sitzen“9 ), berief sich die Presse gerne mit der selben Verpflichtung / Ein Volk dienstes hervorgeht, fand innerhalb der auf den „Schöngeist“ Kesselring, der versammelt um das Denkmal / Das da Führung und Gesellschaft Deutschlands Italiens Kunstschätze beschützt habe heißt: nach Kriegseintritt Italiens oder trotz und, so im „Spiegel“ 1951, der es gar ORA E SEMPRE RESISTENZA desselben eine negative Neubewertung nicht über sein süddeutsches Herz Widerstand - Jetzt und immer“ des Bündnispartners statt. Zum einen gebracht habe, gegen Badoglios „Lum- lag es an den militärischen Misserfolgen pen“ länger als vier Wochen den „furor Heike Herzog Italiens, man konnte aber auch an anti- teutonicus“ anzuwenden.10 Eine Argu- italienische Ressentiments aus dem mentation, derer sich Kesselring auch Ersten Weltkrieg wieder anknüpfen. gerne selbst bediente, wenn er davon 1 Klinkhammer, Lutz: Zwischen Bündnis Das Rassenpolitische Amt der NSDAP sprach, dass auch in Italien Menschen und Besatzung. Das nationalsozialistische startete – um nur ein Beispiel zu nennen der Meinung seien, er habe ein Ehren- Deutschland und die Republik von Salò – im Juli 1941 eine Initiative, die sich mal, aber keinen Prozess verdient. 1943-1945, Tübingen 1993, S. 2. mit dem Vorschlag an die italienische Dieses Ehrenmal bekam er von ehema- 2 Pavone, Claudio: Una guerra civile. Botschaft wandte, ein Heiratsverbot ligen PartisanInnen aus Cuneo (in der Saggio storico sulla moralità nella zwischen Deutschen und Italienern bila- Region Piemont) in Form einer Gedenk- Resistenza, Torino 1994, zit. n.: Oliva, teral zu erlassen. tafel am dortigen Rathaus: Gianni: I vinti e i liberati, Mondadori Editore, Mailand 1994, S. 9. Denkmal für Kesselring 3 Gruppo oder Squadra d’azione patriotica – patriotische Aktionsgruppen. Im Februar 1947 begann der Prozess 4 Klinkhammer, Lutz: Stragi naziste in gegen den obersten Heeresführer Kes- Italia. La guerra contro i civili (1943-44), selring. Einer der Anklagepunkte laute- Sandkastendarstellung im Museum der freien Partisanenrepublik in Donizelli editore, Rom 1997, S. 91. te, er habe zwischen Juni und August Montefiorino: eine deutsche Einheit 1944 ihm unterstellte Truppen durch 5 Kesselring-Befehl, IMT, Bd. 39, S. 130- wird aus dem Gebüsch heraus 136: OB Südwest, 17.6.1944. angegriffen 6 Vgl. Schreiber, Gerhard: Deutsche Kriegsverbrechen in Italien. Täter, Opfer, Strafverfolgung, München 1996, S. 56. 7 Vgl. Staron, Joachim: Deutsche Kriegsverbrechen und Resistenza, Paderborn u. a. 2002, S. 152f. 8 Der zweite Anklagepunkt betraf die Verantwortlichkeit Kesselrings für die Erschießung von 335 Geiseln in den Fosse Ardeatine in Rom als Repressalmaßnahme für einen Bombenanschlag einer GAP- Gruppe gegen eine Polizeieinheit – auch in diesem Punkt wurde Kesselring schuldig gesprochen. 9 Zit. n.: Staron Joachim: Deutsche Kriegsverbrechen, S. 221. 10 Ebd. S. 223. sche Figur, sondern er gab Politikunter- richt. Es wurde nicht nur darüber gesprochen, was wir morgen mit den Deutschen machen, sondern auch wofür wir eigentlich kämpfen? Was wir nach dem Krieg in Italien verändern wollen? Insofern wird der militärische Faktor oft überbewertet. Und wir haben fast alle 1945 die Waffen abgegeben. Damit war aber unser Engagement nicht zu Ende. Ich bin wie viele ehemalige Partisanen lange Jahre Bürgermeister und Kreisrat gewesen. Im Laufe des Krieges haben uns die Engländer und die Amerikaner massiv mit Waffen unterstützt, so dass wir durchaus zu ernstzunehmenden militäri- schen Gegnern wurden. Ein Erfolg Giacomo Notari unserer Bewegung waren die Partisa- nenrepubliken: Sieben, acht Gemein- den, die ein zusammenhängendes Zeitzeugnisse befreites Gebiet bildeten. Wichtig für die Republiken war der zivile Aspekt. Nach 20 Jahren Diktatur gab es Wahlen, Lebensmittel und Medikamente wurden Wir wollten ein gerecht verteilt, Schulen für die Kinder organisiert. Dies war eigentlich die anderes Leben Hauptbotschaft, die diese Partisanenre- publiken verbreiteten. Hier wurde schon in kleinem Rahmen die Demokratie aus- Giacomo Notari (Deckname: probiert, die erst 1946 in Italien einge- “Willi”) schloss sich im Mai 1944 Eine kleine Partisanengruppe verminte führt wurde. der Resistenza an und war die Brücke, die zu unserem Dorf führte. Aber auf dem Weg dahin gab es natür- Partisan in einer Dadurch kam ich in Kontakt mit der lich Schwierigkeiten. Es hat sehr bald kommunistischen Garibaldi- Resistenza. Anfangs waren wir sehr Vergeltungsmaßnahmen gegeben. Nach Einheit wenige und schlecht ausgerüstet. Später den Massakern in Cervarolo, in Marz- sind wir mehr geworden und hatte bes- sere Waffen und Ausrüstung. So wurden Giacomo Notari: Ich komme aus wir zu einem ernsthaften Störfaktor und einem Bergdorf im Apennin, aus einem haben versucht unseren Beitrag zur Man musste sich sehr katholisch geprägten Umfeld. Inso- Befreiung zu leisten. entscheiden: Setzte man fern hatten wir keine besondere antifa- Unsere Motivation war nicht nur gegen schistische Vorbildung. Wir lebten in die Deutschen zu kämpfen, sondern den sich zur Wehr oder zog ganz ärmlichen Verhältnissen und Krieg so schnell wie möglich zu been- man mit den Faschisten betrieben Landwirtschaft. Wir erwirt- den. In den Partisaneneinheiten haben schafteten gerade so viel, dass es zum wir uns schon bald einen Kopf darüber Überleben reichte. Unsere faschistische gemacht, was aus dem Land nach dem abotto und in verschiedenen Dörfern der Regierung ging zwar in Nordafrika Län- Krieg werden soll. Wir wollten ein Toskana war es schwierig die Deut- der besetzen und führte in Spanien anderes Land aufbauen, das niemandem schen anzugreifen. Und das bringt einen Krieg, aber in unseren Dörfern gab es mehr den Krieg erklärt, in dem die Dör- Widerstandskämpfer natürlich in eine nicht einmal fließend Wasser oder Elek- fer Wasser und Licht haben und die Kin- schwierige Situation. Ein Beispiel: trizität. Und dann kam noch der Eintritt der zur Schule gehen können. Wir woll- Eines Tages hatten wir kein Brot mehr. in den Zweiten Weltkrieg dazu. ten die Monarchie abschaffen und eine Wir beschlossen in meinem Dorf Brot Mit der deutschen Besatzung ab 1943 demokratische Republik errichten, in zu holen. Während wir warteten, kamen wurde alles nur noch schlimmer. Es der Frauen auch wählen dürfen und Deutsche, die Lebensmittel für ihre wurden Leute aus unseren abgelegenen nicht nur Kinder für den Krieg gebären. Truppen beschlagnahmten. Wir haben Bergdörfern deportiert und es gab Mas- Die Partisaneneinheiten waren am uns auf dem Dachboden versteckt, von saker an Zivilisten mit vielen Toten. Anfang sehr kleine Gruppen, zuerst fast wo aus wir die Deutschen beobachten Auch die ärmsten Apennindörfer wur- ausschließlich Männer. Trotzdem hat es konnten und auch hätten erschießen den angegriffen und alles vernichtet immer eine Organisationsstruktur und können. Sie haben alles Brot, eine Fuh- oder mitgenommen. Das wurde von vie- auch Regeln gegeben. Diese wurden re Heu und ein Rind mitgenommen. len Leuten meines Alters als himmel- allerdings nicht einfach von oben vorge- Wenn wir diese Deutschen erschossen schreiende Ungerechtigkeit empfunden. schrieben, sondern wurden diskutiert. hätten, hätten andere Deutschen das Letztendlich musste man eine Entschei- Es gab immer einen demokratischen ganze Dorf umgebracht. So haben wir dung fällen: Setzte man sich zur Wehr Umgang zwischen den einzelnen Parti- sie mit dem Brot ziehen lassen. Und und versucht diesen Krieg zu bekämp- sanen und Partisaninnen und den einzel- mein Vater hat neues gebacken - aber fen oder zieht man wieder für die nen Kommandanten. Und dann gab es wir haben ein Massaker im Dorf ver- Faschisten, die mit den deutschen den politischen Kommissar. Dieser war mieden. Besatzern kollaborierten, in den Krieg. absolut keine militaristisch-hierarchi- 9 Annita Malavasi kam zur 144. Brigade Garibaldi. Deren Einheiten operierten im Bergland des Appenin südlich von Reggio Emilia. Insgesamt elf Frauen kommandierten in dieser Gegend die Annita Malavasi Partisaneneinheiten - eine davon war “Laila” arbeitete als Annita Malavasi. Botin, organisierte die Gegenspionage "In den Bergen musstest du draußen und wurde später schlafen, hattest keine Familie und kein Kommandantin Haus mehr. Insofern hatten es die Men- einer Partisanen- schen einfacher, die in der Ebene und in einheit in den der Stadt arbeiteten. Aber dieser Vorteil Bergen. wurde dadurch aufgehoben, dass du in besetztem Gebiet arbeitetest und stän- dig einem immer schärfer dir nachset- "Laila" (vorne links) mit anderen Frauen der zenden Feind ausgeliefert warst. Wir Resistenza im September 2001 bei dem Denkmal hingegen in den Bergen, die wir viel- für die Frauen in der Resistenza in leicht größere Unbequemlichkeiten im Castelnovo Monti Alltag auf uns nehmen mussten, konn- ten uns immerhin in großen Gruppen Zeitzeugnisse und in befreitem Gebiet aufhalten. Ich habe neun Monate in den Bergen verbracht, Freundinnen von mir die Einen Strich für jedes gesamte Zeit des Widerstands - 20 Monate. Draußen auf dem Erdboden zu schlafen, ist äußerst ungesund und Militärfahrzeug ungemütlich. Auch auf dem harten Steinboden eines Stalles oder einer Berghütte zu schlafen, ist nicht wesent- Annita Malavasi: "Die Partisanengrup- mationen überbracht hatten, nahmen lich bequemer. Das waren aber unsere pen mussten ihre militärischen Aktio- wir auch an militärischen Einsätzen teil, einzigen Unterschlupfmöglichkeiten. nen miteinander absprechen. Alle diese wir verminten Gebiete oder betrieben Oft haben wir uns zu sechst oder siebt Kontakte, über den politischen und Sabotage. An solchen Aktionen habe ich eine Decke teilen müssen. Wir haben militärischen Sinn von Aktionen, liefen sehr oft teilgenommen. Viele Stafetten uns aneinander gelegt, damit wir nicht über die Frauen, zum Teil über sehr wei- hatten eine Doppelfunktion: Gegenspio- erfroren, denn der Winter `44/45 war te Entfernungen. Es kam vor, dass Sta- nage, Weitergabe von Losungsworten, extrem kalt. Es hat von Weihnachten bis fetten von Reggio Emilia bis nach Mai- Versorgung, aber eben auch der direkte zum sechsten Januar ununterbrochen land fahren mussten. Wir wurden nicht Kampf." geschneit. Der Schnee lag einen Meter nur vorgeschickt um zu erkunden, was hoch, die Kälte und die Schneemassen unsere Leute machen konnten, sondern Annita Malavasi, Kampfname Leila, waren für uns ein großes Problem. wir mussten auch auskundschaften, was musste Ende August 1944 die Stadt Unterwegs mussten wir die Wege mit der Feind machte, wir mussten die Reggio Emilia verlassen und zu den unseren Beinen freiräumen - das war Truppenbewegungen der Deutschen Partisanen in die Berge gehen. Sie war enorm anstrengend. Die Verpflegung kontrollieren. beim Transportieren von Waffen war schlecht! erkannt worden, nachdem man bei Dieses Leben hat natürlich unsere Kör- einem verhafteten Partisanen ihren per verändert - was aber auch Vorteile Dieses Leben hat unsere Namen gefunden hatte. Nach eineinhalb hatte: So wurde man nicht erkannt, Tagen Haft und Verhör wurde sie wieder wenn man von den Deutschen kontrol- Körper verändert - was freigelassen. liert wurde, obwohl sie Fahndungsfotos natürlich auch Vorteile von uns hatten, weil wir nicht mehr so hatte "Wenn man mitbekam, dass Frauen aussahen. Etwas Selbstbeherrschung identifiziert wurden - denn wir arbeite- gehörte allerdings auch dazu, um ruhig ten ja im Untergrund - dann mussten sie durch einen Kontrollpunkt zu gehen, aus ihrem normalen, zivilen Leben raus wo du gefragt wurdest, ob du dieses Diese Gegenspionage sowie das Enttar- und in die Berge zu den Partisanen Mädchen kennst und dir dann dein eige- nen von eingeschleusten Spionen, die gehen und konnten nicht mehr als Sta- nes Foto vorgehalten wurde. Diese Ver- Kontrolle von Faschisten, wie sie sich fetten in der Stadt oder in der Po-Ebene änderungen, die wir, die unsere Körper in den Orten bewegten und was sie arbeiten. durchmachten, - und es gibt viele machten, all das lag in den Händen von Ein Mitglied der Kommunistischen Par- Freundinnen, die das gleiche erzählen Stafetten. Sie beobachteten, wo der tei hatte mich gewarnt, dass ich beo- können - hat dazu geführt, dass mich Feind stand und wie stark er war, um bachtet würde. Meine Familie stellte nach dem Krieg meine eigene Familie dann kämpfende Partisaneneinheiten daraufhin einen Antrag wegen Bomben- nicht wieder erkannt hatte." abzusichern und den Weg weisen zu gefahr aussiedeln zu dürfen. Der Freund können. jedoch riet: 'Wartet nicht auf die Ant- Ich habe so eine Antispionageeinheit wort, macht, dass ihr weg kommt, ihr 10 kommandiert. Nachdem wir die Infor- werdet überwacht!'" Zeitzeugnisse Als Kommandant brauchte man kein Abitur den ja als Deserteure gesucht, die eige- nen Leute wollten uns erschießen, die Deutschen deportieren. Marmiroli Camillo “Mirko” Durch Kontakte zum Widerstand wurde schloss sich Anfang Mai ich im April 1944 ins "Casa Roma" 1944 der Resistenza an und gebracht. Von dort begleiteten uns Sta- war Vizekommandant einer fetten - immer ein paar Kilometer, dann Garibaldi-Birgade. Vorher übernahm eine andere. Wir waren 45 nahm er als Leutnant junge Männer mit 7 Gewehren und einer der Infantrie in der Jagdwaffe - das war unsere glorreiche italienischen Armee am Bewaffnung. Wir waren politische Anal- Balkan-Feldzug teil. phabeten und wussten zunächst nicht, was man eigentlich hätte tun sollen, tun können. Einige Tage später sind wir zu einer Marmiroli Camillo: Beim Waffenstill- Gruppe von 7 Partisanen in der Provinz “Mirko“ (rechts) und “Volpe“, der eine stand war ich Soldat in Jugoslawien. Modena gebracht worden. Alles hat sich Garibaldi-Gruppe kommandierte Die Deutschen besetzten nicht nur Ita- sehr langsam entwickelt. Zuerst mussten lien, sondern auch andere Länder und wir Überfälle durchführen um an Waf- deportierten italienische Soldaten. Es fen zu kommen. Im Mai bekamen wir getötet, weil jemand auf die italieni- war eine schreckliche Zeit, ich dachte erstmals Unterstützung durch Fall- schen Besatzer geschossen hatte. Daran damals oft an meine Mutter. Zu der schirmabwürfe der Engländer. kann ich mich noch genau erinnern. Ich schwierigen Lage, der Arbeit und dem Viele von uns waren jung und konnten war nicht zum Exekutionskommando Hunger, kam für sie noch die Sorge um mit Waffen nicht umgehen. Bei mir war eingeteilt, sondern bei denen, die das mich und meine Brüder, die in Deutsch- das anders, ich hatte ja - leider - den Gebiet abgesperrt haben. Aber im Prin- land gelandet waren. Krieg in Jugoslawien erlebt. Einmal zip war ich mit dabei. Die Verbrecher, Wir hatten ein Schiff organisiert mit warfen die Engländer über 130 Sten- die das Kommando führten, haben Leu- über 500 italienischen Soldaten, die aus Maschinenpistolen und 4 schwere te für das Erschießen eingeteilt und sind Jugoslawien abhauen und zurück nach Maschinengewehre ab. Aber am Anfang dann weggegangen, haben andere die Italien wollten. Wir schipperten die hatten wir nicht mal genug Leute, um sie Drecksarbeit machen lassen. Der Krieg Küste entlang, aber niemand wollte uns. einzusetzen. Also mussten wir die Waf- war eine große Schweinerei. Am Ende sind wir in Ancona an Land fen erst einmal verstecken und lernen, In der Partisanenzeit habe ich auch viel gegangen - unbewaffnet und ausgehun- damit umzugehen. geschossen, aber da konnte man sich gert. Später wurden Untergruppen gebildet. nicht rausziehen. Als wir in die Berge Untergebracht wurden wir in einer alten Wir sind ins Enza-Tal gegangen, haben gegangen sind, haben wir das nicht aus Fabrik. Ich durfte raus und bin losgezo- unsere eigene Brigade aufgezogen und Lust zu töten getan. Mein Gewissen ist gen, weil ich eine schreckliche Lust hat- sie nach Antonio Gramsci benannt. Die- rein, ich habe niemand misshandeln te, wieder etwas zu essen. Ich hatte se Brigade hatte vier Bataillone, eines oder hinrichten lassen. Natürlich haben Weintrauben gesehen, und wie ein klei- davon kommandierte ich. Man brauchte wir geschossen. Wir haben auch Leute nes Kind bin ich hinter denen her gewe- dazu kein Abitur. Ich habe die Grund- gebracht bekommen um sie hinzurich- sen. Die Obstverkäuferin erzählte mir, schule besucht und als Handwerker wie man abhauen könnte. Auf dem gearbeitet, aber darauf kam es nicht an. Schiff waren sieben aus Reggio Emilia. Es ging darum, dass man ruhig blieb, in Wir waren ja zuerst Drei haben sich mit mir nach Hause einigen Situationen ein bisschen Mut politisch Analphabeten durchgeschlagen. Die anderen drei fan- hatte und Erfahrung. den es zu riskant und haben das mit der Bevor ich Partisan geworden bin war ich gewesen Deportation nach Deutschland bezahlt. 42 Monate Soldat, habe kistenweise Wir haben von den Leuten Zivilkleider Munition verschossen. Normalerweise ten, die uns als Faschisten präsentiert bekommen. Seine Sachen hergeben war siehst du im Krieg nicht, auf wen du wurden. Einmal wurde uns ein 19jähri- damals ein großer Akt, die Kleider- schießt, du schießt irgendwohin, weißt ger gebracht. Da meinte ich: Da ich nun schränke waren nicht so gut bestückt letztlich nie ob du getötet hast. mal Kommandant bin, wird er nicht auf- wie heutzutage. Und natürlich waren Man muss auch sagen, wie wir Italiener gehängt. Das war ein Junge, der mitge- das Sachen, die zu klein oder zu groß uns auf dem Balkan aufgeführt haben. macht hat, aber als er konnte, abgehauen waren. Aber so haben wir es geschafft Von Gebirgsjägern und faschistischer ist. Später kämpfte er mit uns und wir nach Reggio zu kommen. Wir hielten Miliz wurde z. B. ein ganzes Dorf aus- haben gemeinsam die Befreiung uns ein paar Monate versteckt. Wir wur- gerottet. Über 300 Zivilisten wurden gefeiert. 11 Agitation, Sabotage, Attentat GAP und SAP in italienischen Städten

Ein großer Teil der bewaffneten Widerstandsgruppen befand sich in den Bergen, wo den deutschen Truppen der Zugriff erschwert war. Doch auch in den Städten bildeten sich Gruppen, die mit allen Mitteln Widerstand leisteten: Die Aktionsgruppen der PartisanInnen GAP oder SAP ("gruppo" bzw. "squadra di azione partigiana"). Mario Rovinetti war bei der GAP in Bologna, Renzo Bianchi bei der SAP in Parma.

GAP und SAP setzten sich aus Frauen und Männern zusammen, die tagsüber ihrer Arbeit nachgingen und nachts im Widerstand aktiv wurden. Dabei arbei- teten die SAP eher näher an der Mas- senbasis, waren für Verpflegung und Organisation von Waffen, Agitation in den Stadtteilen und Fabriken zuständig, versuchten laut Rovinetti das was an GAP-Gruppe will Organisation noch da war, zu schützen Eisenbahngleise sprengen und zu entwickeln. Vor allem die GAP In Parma berichtete Renzo Bianchi vor hatte im engeren Sinne eine klandestine dem früheren Gestapo-Hauptquartier im Kleingruppenstruktur. In den Sektionen Palazzo Rolli über die Bedingungen, des Oberkommandos der PartisanInnen unter denen die Partisanen in der Stadt durch Sympathisanten unter den italie- (CLN) zugeteilten, aber weitgehend arbeiteten. Immer wieder mussten sie nischen Wehrpflichtigen erleichtert selbstverantwortlich agierenden Grup- sich wegen Spitzeln neue Aufenthalts- wurden. Bei einer dieser Aktionen pen waren je 5-6 Personen organisiert. orte suchen. Dann wurde meistens auch erbeutete Waffen wurden bei einem Zum Schutz vor Infiltration durch Spit- der Deckname gewechselt. Blumenhändler an einem der Friedhöfe zel waren die Gruppen streng separiert; Die italienischen Behörden übergaben von Parma verborgen, bis sie verteilt kein Mitglied sollte zu viel über andere politischer Aktivitäten verdächtige oder zu den PartisanInnen in den Ber- Gruppen wissen.Den Berichten von Gefangene an die Gestapo. Dort wurden gen gebracht werden konnten. Besagte Renzo Bianchi und Mario Rovinetti diese in provisorischen Zellen zusam- Aktion habe keine Repressalien nach mengepfercht und gefoltert. Zeugenaus- sich gezogen: Sie sei - gleich anderen - sagen dokumentieren den Einsatz von totgeschwiegen worden, weil die deut- Folgt dem Elektroschocks an allen Körperteilen. schen Besatzer und die Salò-Faschisten Einberufungsbefehl, lasst Im Februar 1945 seien über 70 Partisa- keine schlechte Figur machen wollten. nen in Parma, darunter Bruno "Andrea" Immer wieder schlossen sich italieni- euch einkleiden, nehmt Longhi, eine kleiner, stets unbewaffne- sche Polizei- und Armeeangehörige den die Waffen und setzt euch ter Agitator von hoher konspirativer PartisanInnen an. Die Empfehlung der Intelligenz und der militärische Kom- Untergrundorganisationen an die Wehr- in die Berge ab mandeur der SAP Eugenio "Cecio" pflichtigen habe damals gelautet: folgt Biaggi durch Spitzel verraten worden. dem Einberufungsbefehl, lasst euch ein- zufolge agierten GAP und SAP ähnlich: Longhi überlebte die Folter nicht, Biag- kleiden, nehmt die Waffen und setzt Sie verteilten Flugblätter und Plakate, gi wurde danach ins Konzentrationsla- euch in die Berge ab. sammelten Informationen über die Akti- ger Bozen verschleppt. Zu den Mitar- Bianchi, ein gelernter Drucker, stellte vitäten des Gegners, raubten Geld für beitern der Gestapo in Parma gehörte mit einem Matrizendrucker in der Via die politische Arbeit, sabotierten Tele- auch Otto Alberti. Er war an der Liqui- Garribaldi viele Flugblätter und fonlinien und Verbindungswege, störten dierung des Ghettos von Bialystok Bekanntmachungen der Partisaninnen Truppenbewegungen und Durchkäm- beteiligt und arbeitete bei Kriegsende in her. Er berichtete auch über die Vor- mungsaktionen, griffen deutsche Besat- einem Sonderkommando, das die Spu- sichtsmaßnahmen, die beim Verteilen zungstruppen und italienische faschisti- ren der Massenvernichtung verwischen zu treffen waren: Mehrere Gruppen ver- sche Verbände an und verübten Attenta- sollte. 1963 war er Hauptkommissar der einbarten einen festen Zeitplan und ver- te auf faschistische Funktionsträger und Kripo in Kiel. steckten Flugblätter im Futter ihrer Spione. Trotz der brutalen Repression schreck- Jacken. Dann wurde zum vereinbarten ten die SAP auch vor Angriffen auf Zeitpunkt für etwa 15 Minuten verteilt, 12 Kasernen nicht zurück, die zum Teil danach gingen alle ihrer Wege. Oft war Improvisationsvermögen stecke. Eines der größten befand sich in gefragt. Beim Versuch eine internatio- den Kellern des zentralen Krankenhau- nale Telefonverbindung zu sabotieren, ses von Bologna. Als diese Basis auf- erwies sich der Schaltkasten als zu hart flog, wurde sie von deutschen Truppen für die Äxte.. So entschloss man sich, mit Artillerie angegriffen. Trotz großer durch die entstandenen Löcher zu pin- Verluste konnten sich die meisten Parti- keln und auf diese Weise einen Kurz- sanInnen zurückziehen und andernorts schluss zu erzeugen. den Kampf wieder aufnehmen. Als typische Aktion schildert Rovinetti Am 31. August 1944 erschossen die den Angriff auf die deutsche Komman- Partisanen zwei berüchtigte Mitglieder dantur in Bologna. Partisanen drangen der faschistischen schwarzen Brigaden mit Benzinkanistern in das Hotel in der (Brigate Nere, BN). Darauf wurden 7 zentral gelegenen Via dell´Indipendenza politische Gefangene, die sich in deren ein und setzten das Treppenhaus von Gewahrsam befanden, von den Faschi- oben bis unten in Brand. Draußen waren sten zu Tode gefoltert. Die Leichname Posten aufgestellt, die Deutsche die flie- waren so entstellt, dass die Angehörigen hen wollten unter Beschuss nahmen. sie kaum identifizieren konnten. Einer Die siebte Brigade der GAP, der auch der zu Tode gefolterten sei Otello Mas- Rovinetti angehörte, war auch in der sani gewesen. Seine Tante habe immer Poebene aktiv. wieder vor dem Hauptquartier der BN Truppentransporte wurden angegriffen, seine Freilassung verlangt, bis sie mit Panzer wurden mit Spezialsprengkör- Schüssen verjagt worden sei. Als die pern mit zeitverzögerter Zündung, die Faschisten die Leichen ihrer Opfer auf von den Alliierten abgeworfen wurden den Friedhof warfen und alle bedrohten, und in die Kanonen deutscher Panzer die diese begraben wollten, ließ sich passten, gesprengt. Solche Aktionen Massanis Tante nicht einschüchtern. Sie zogen oft auch Massenerschießungen holte ihren toten Neffen am helllichten von ZivilistInnen nach sich. Tag nach Hause, bei der Totenwache Mario Rovinetti (oben) im September 2002 in wurde ihm das rote Halstuch umgelegt. Die GAP setzten sich überwiegend aus Marzabotto. Renzo Bianchi (unten links) während Die 7 Opfer der BN sollen von einem Frauen und Männern zusammen, die einer Stadtführung in Parma zu den Aktivitäten Spitzel namens Rosi verraten worden schon vor dem Waffenstillstand im anti- der SAP (Sommer 2001) sein, der sich später den Faschisten faschistischen Widerstand aktiv waren. anschloss. Ein weiteres Opfer war der Die Wurzeln dieses Widerstandes liegen 19jährige Bruno Vescovi. Dessen Bru- vor allem im seit den zwanziger Jahren der war nach dem Krieg in Parma poli- bestehenden kommunistischen Wider- tisch sehr aktiv, auch um das Andenken stand. Frauen gab es laut Mario Rovi- an Bruno zu wahren. Als Rosi nach sei- netti sowohl in der GAP als auch in der nem Tod 1996 in Parma begraben wor- SAP; sie konnten sich auf den Straßen den sei, habe Vescovi den Blumen- freier bewegen als die Männer. schmuck auf dem Grab zerstört und sei bald nach dem Verhör durch die Polizei Rovinetti, habe das Glück gehabt, dass an einem Herzinfarkt gestorben. Fast sei seine Eltern Antifaschisten waren. Wäh- es so, als ob der Faschismus 50 Jahre rend es in der Schule nur Gehirnwäsche später auch den Bruder getötet habe, gegeben habe, konnte der Vater zu Hau- erklärt Bianchi. se den Mund nicht halten, so dass er als In der Straße des heutigen Unigeländes, Junge von Lenin und der Sowjetunion in der sich der Sitz der BN befand war gehört habe. Aus der Arbeit in der auch ein Büro der faschistischen Partei. Fabrik habe er Kollegen gekannt, die Die Straße war damals nach einem organisiert waren und habe sich über Faschisten benannt, der beim Marsch diese einer kommunistischen GAP-Bri- auf Rom gestorben war. Mehrfach wur- gade angeschlossen. den die Straßennamen mit Schablonen Während viele seines Jahrganges einbe- übermalt: Die Straße wurde nach dem rufen worden waren und vom faschisti- gefallenen Partisanen Giordano Cave- schen Heer in die Berge gingen, konnte stro benannt und heißt heute so. Bianchi Rovinetti zunächst in der Stadt bleiben: merkt vergnügt an, dass die Faschisten Er war freigestellt, weil er tagsüber für es durchaus mit der Angst zu tun eine deutsche Luftwaffeneinheit bekommen hätten, da diese Aktion "kriegswichtige Arbeiten" leistete; wiederholt direkt vor ihrer Nase durch- nachts beteiligte sich an Aktionen. Erst geführt worden sei. als die Deutschen abzogen, wurde sein Passierschein ungültig. Mario Rovinetti In Parma wie in Bologna war es von verließ Bologna und schloss sich einer größter Wichtigkeit, Straßen, Hinterhö- GAP-Brigade in der Gegend von Mar- fe und Abkürzungen, ja sogar die zabotto an, wo er seine Arbeit im Unter- Abwasserkanäle wie seine Westenta- grund fortsetzte. sche zu kennen - alles das also, so Mario Rovinetti, "was der Feind nicht so gut kannte". In Kellern gab es Ver- PartisanInnengruppe im Appennino modenese "Die Arbeit der Frauen war das Rückgrat der Resistenza" Frauen im Widerstand

ber 1926 zur "Verteidigung des Staates" Auch Laura Polizzi berichtet von sol- geworden waren: Aufgrund des dabei chen Büchern in ihrem antifaschistisch geschaffenen Sondergerichtes schnellte orientierten Elternhaus: "Obwohl meine die Zahl der Verurteilten in die Höhe. Familie arm war und wir manchmal kei- Die Gefängnisse füllten sich mit Antifa- ne Schuhe hatten, kaufte mein Vater "...als Intellektuelle kamen sie schistInnen, die Mehrzahl davon kom- doch Bücher, die vom Faschismus ver- heraus." Die antifaschistische munistisch orientiert. boten waren, darunter ausländische Generation der 20er Jahre Werke, z. B. Victor Hugo u. a." Sie Die in den Gefängnissen bald organi- selbst jedoch nahm an der regen "Aus dem Gefängnis erhielt ich Briefe sierten politischen und ideologischen Diskussion der Männer in ihrer Ver- von meinem Onkel. Wie viele Gefange- Schulungen waren bei den mehrjährigen wandtschaft vorerst nicht teil, denn: ne bildete auch er sich dort weiter, die Haftzeiten von hohem Wert. Man "Ich dachte, ich bin eine Frau und diese Inhaftierten studierten gemeinsam. Als schmuggelte antifaschistische und mar- Dinge haben mich nicht zu interessie- Ungebildete kamen sie ins Gefängnis, xistische Literatur hinein, Bücher, die in ren." als Intellektuelle kamen sie heraus." Die Italien nicht mehr erhältlich waren, son- Doch in den Gefängnissen saßen durch- Partisanin Laura Polizzi aus Parma, Jg. dern aus dem Ausland eingeschleust aus auch Frauen, die aufgrund ihrer werden mussten. Gelang eine Vereinba- antifaschistischen Arbeit verhaftet wor- rung mit dem Wärter, der die Buchein- den waren. gänge überwachte, konnten "verdächti- Camilla Ravera, Jg. 1889, die sofort bei Ich dachte, ich bin eine Frau ge" durch "harmlose" Buchtitel ausge- ihrer Gründung Mitglied in der kommu- und diese Dinge haben tauscht werden und in das Innere wurde nistischen Partei geworden und ihren mich nicht zu interessieren ein Blatt mit dem Stempel der Zensur- GenossInnen in die Emigration nach behörde und der Unterschrift des Frankreich gefolgt war, wurde bei Gefängniswärters geklebt, das man einem Auftrag in Italien 1930 gefasst einem erlaubten Buch entnommen hat- und vom Sondergericht zu 15 Jahren 1926, schildert hier den Erfahrungshori- te. Dieses Vertauschspiel erkannten die Haft verurteilt, von denen sie fünf in zont derjenigen antifaschistischen Gefängniswärter selten, zumal viele dem von Nonnen geleiteten Frauenge- Generation, die Opfer des faschisti- Bücher nicht auf italienisch, sondern in fängnis von Perugia abbüßte. Sie kam 14 schen Sondergesetzes vom 25. Novem- einer Fremdsprache verfasst waren. hier in Einzelhaft und durfte nur selten Besuch empfangen; auf ihrem Hofgang weise die rassistischen Gesetze keines- begleitete sie nur die zuständige Nonne. wegs abgeschafft hatte. In der Familie "Massen-Maternage" Camilla Marcella Oriani, Jg. 1908, aus von Laura Polizzi ging somit der antifa- - so fing der Widerstand an Cusano Milanino, arbeitete in der kom- schistische Kampf weiter, doch noch munistischen Untergrundorganisation immer ohne ihre Beteiligung: "Ich frag- Frauen aus den unterschiedlichsten Mailands mit. 1935 aufgrund kompro- te die Männer in meiner Familie, ob ich Zusammenhängen ließen den sich selbst mittierenden Materials gefangen mitmachen könnte. Ihre Antwort war überlassenen Soldaten des italienischen genommen, wurde auch sie vor dem nein. Ich sei ein Mädchen. Eines Tage Heeres jede erdenkliche Unterstützung Sondergericht wegen Gründung eines kam ein etwas älteres Mädchen als ich zukommen. Diese in der italienischen kommunistischen Zirkels und subversi- zu uns, Lucia Sarzi. Sie arbeitete als Forschung als "Massen-Maternage" ver Propagandatätigkeit zu 10 Jahren Stafette für die Brüder Cervi und die bezeichneten Aktivitäten werden durch Haft in Perugia verurteilt. Dort versuch- kommunistische Partei1. Sie wurde von Tausende Aussagen bezeugt. Annita ten die politischen die unpolitischen, den Männern gleichberechtigt behan- Malavasi, Jg. 1921, die sofort mit der "kriminellen" Häftlinge zu politisieren delt. Das hat mich neugierig und nei- Untergrundorganisation der PCI (kom- und auch diejenigen Frauen zu errei- disch gemacht: Warum sie und ich munistische Partei Italiens) in Reggio chen, die ab dem 8. September 1943 nicht? Wir wurden Freundinnen, disku- Emilia in Kontakt trat, berichtet: "Um anstatt ihrer Männer als Geiseln verhaf- tierten über Politik, über Faschismus, den 8. September herum gab es die tet worden waren, weil diese sich nicht über die Bücher, die wir beide gelesen ersten Aktionen, mit denen sich die zum Militärdienst gemeldet hatten. hatten. Lucia war verwundert darüber, Frauen an der Resistenza beteiligten. In Gerade weil in diesem von Nonnen dass ich so viel wusste, aber nicht im diesen Tagen mussten viele Soldaten geführten Frauengefängnis von Perugia Widerstand tätig war, und sie fragte versteckt werden, wenn sie nicht an der die Insassinnen durch monotone religiö- mich, weshalb. Ich sagte ihr, das wäre, faschistischen Republik von Salò betei- se Übungen abgestumpft wurden, waren weil ich eine Frau sei und die Männer ligt sein wollten. Es blühte ihnen dann diese politischen Sensibilisierungsmaß- aus der Familie meine Beteiligung nämlich die Deportation in deutsche nahmen umso wichtiger. Viele, die nach ablehnten. Das konnte sie gar nicht ver- Lager. Die Reaktion von sehr vielen dem 25. Juli 1943 - dem Sturz des ita- stehen und auch nicht gutheißen und so Frauen war in diesem Tagen, Anziehsa- lienischen Faschismus - aus den sprach ich abermals mit meinem mitt- chen rauszusuchen und zu verschenken, Gefängnissen kamen, schlossen sich lerweile aus dem Gefängnis entlassenen damit sich die Soldaten umziehen und sogleich dem Befreiungskampf, der Onkel." Er begann nun tatsächlich von der Bildfläche verschwinden konn- "Resistenza" an. Giacomina Castagnet- damit, sie in der Geschichte von Kom- ten. Ich selbst bin mit meinen Geschwi- ti, Jg. 1925, die als junges Mädchen der munismus und Ökonomie zu unterrich- stern in die Kaserne von Reggio gegan- Resistenza beitrat, sah ihre Wider- ten: "Ich wurde dadurch Kommunistin. gen. Wir hatten uns doppelt angezogen, standstätigkeit auch als Teil einer schon Der andere Onkel gab mir kleine illega- so dass wir einen Teil unserer Kleidung länger bestehenden antifaschistischen le Aufgaben und eines Tages bringt er den Soldaten überlassen konnten. Sie Haltung unter Frauen: "Tatsächlich mich zum Fluss und zeigt mir einen warfen ihre Uniformen weg und sind waren es in Italien mehrere Frauen, die Revolver. Er lädt und leert ihn wieder: aufgrund ihrer antifaschistischen Arbeit ‚Bald wirst du ihn nutzten müssen, Lau- vom faschistischen Sondergericht ange- ra, denn bald müssen wir zu den Waffen Man hat so manche klagt und verurteilt worden sind. Es gab greifen.'" bereits eine Tradition unter den Frauen, Mit dem Waffenstillstandsabkommen Partisanin misstrauisch sich für Freiheit und Demokratie einzu- vom 8. September verschärfte sich tat- beäugt, gerade wenn es setzen, gegen den Faschismus zu kämp- sächlich die Situation. Neben den fen, was dann in ihrer Beteiligung am bereits politisch geschulten GenossIn- ein junges Mädchen mit Befreiungskampf mündete." nen, erkannten auch andere Frauen, dass einem Gewehr in der der Krieg damit keineswegs zu Ende Hand war "Weil ich ein Mädchen bin" war, sondern dass man sich im Gegen- - von der Schwierigkeit, teil auf einen harten Kampf gegen die Partisanin zu werden deutschen Besatzer und ihrer faschisti- schen KollaborateurInnen würde mit uns als ziviles Personal, das in den Der nach dem Sturz Mussolinis einge- gefasst machen müssen. Kasernen zur Verpflegung arbeitete, an setzten Regierung Badoglio misstrauten den Wachposten vorbeigekommen. Wir die meisten zutiefst, zumal er beispiels- gingen auch zu den Familien mit Söh- nen im wehrpflichtigen Alter und ver- Partisaninnen suchten sie zu überzeugen, sich nicht zum Wehrdienst zu melden, obwohl darauf Gefängnisstrafe, Deportation oder sogar die Todesstrafe stand. So haben wir viele aufwiegeln können." Über die Ereignisse des 8. September in Parma berichtet Laura Polizzi: "Die Antifaschisten gingen auf die Piazza Garibaldi und sagten der Bevölkerung, dass das Land besetzt werden würde. Sie sollten sich auf einen bewaffneten Kampf vorbereiten. Es sprachen die Christdemokraten, die Kommunisten und Sozialisten - alle vereint. Plötzlich hörte man einen Knall, wahrscheinlich 15 war es nur ein geplatzter Fahrrad- lichen Namen durfte von nun an nie- hat so manche Partisanin misstrauisch schlauch. Die Leute, die eben noch mand mehr erfahren -, wurde zunächst beäugt, gerade wenn es ein junges Mäd- beteuert hatten, für den Kampf bereit zu als Stafette für die kommunistische chen mit einem Gewehr in der Hand sein, flüchten alle total aufgeschreckt. Untergrundorganisation von Parma ein- war. Aber sie mussten einsehen müssen, Da kam ganz spontan eine Wut in mir gesetzt. "Die einzige Kommunikation, dass die Arbeit der Frauen wichtig war, hoch und ich stieg auf das Denkmal von die die Widerstandsgruppen miteinan- denn wenn es die Stafetten nicht gege- Garibaldi, von wo eben noch die Män- der hatten, lief über unsere Beine,", ben hätte, wären die Partisanengruppen erläutert Annita Malavasi, die den völlig voneinander isoliert gewesen." Kampfnamen "Laila" trug. Unter dem von Stafetten beförderten Was man den Frauen Material befanden sich auch Munition, nachsagte, sie seien Hinter den zeitgenössischen Berichten, Waffen, Sprengstoff: "Wir trugen in zartfühlend und weich, in denen lapidar von Stafettenarbeit die unserem Einkaufskorb obenauf die Kar- Rede ist, verbirgt sich eine äußerst toffeln und versteckt darunter die Muni- davon verspürte ich nichts gefährliche, anstrengende und unver- tion." (Giacomina Castagnetti) Die Par- zichtbare illegale Arbeit: "Die Arbeit tisaninnen leugnen dabei nicht ihre der Frauen war letztendlich das Rück- Angst. "Einmal war ich mit einer Tasche ner gesprochen hatten. Ich sprach an die grat der Resistenza", resümiert Laila, voller Handgranaten unterwegs, die wir Öffentlichkeit und rief, gerichtet die Unteroffizierin in der 144. Brigade zur Tarnung in Glühbirnenkartons ver- besonders an die Mädchen und Frauen: Garibaldi wurde: "Das liegt nicht daran, packt hatten. Ich habe die Tasche weit ‚Ja wie, eben noch habt ihr versprochen dass die Frauen irgendwas besonderes von mir gehalten - als ob das etwas zu kämpfen und jetzt flüchtet ihr und wären, was die Männer nicht sind. Es genützt hätte!" habt Angst? Ich habe ja keine Angst, ging lediglich darum, dass die Frauen Stafetten halfen, Verletzte und Kranke obwohl ich ein Mädchen bin!' Die Leu- eine relative Bewegungsfreiheit genos- an sicheren Orten zu verstecken und zu te blieben verwundert stehen. Mein sen und Arbeiten und Aktionen durch- kurieren, sie beschafften Geld, Lebens- Onkel umarmte mich und sagte: ‚Du führen konnten, die den Männern mittel und Kleidung für die kämpfenden PartisanInnen in den Bergen. Bei ihrer Arbeit mussten sich die Frauen über weite Strecken hinweg bewegen, mit dem Fahrrad, auf dem Lastwagen mit Nazifaschisten, in überfüllten Zügen den Bombardements ausgesetzt, doch meistens zu Fuß, bei jeder Witterung. Laila erinnert sich an einen Tag im November '44: "In unserer Gegend gibt es oft Nebel, wir waren zwölf Stunden unterwegs und es hat ununterbrochen geregnet. Der Nebel war so dicht, dass man keine Handbreit sehen konnte. Wir hatten einen Partisanen dabei, der ehe- mals Armeeoffizier war. Er hatte damals die Fähigkeit erworben, sich auch im Nebel zu orientieren. Anhand der Wet- terseite der Bäume, indem er die Rinde fühlte, erkannte er, wo Norden war. So haben wir uns einen Tag lang durchge- schlagen, im Nebel, im Regen, das Was- ser lief dir im Nacken rein, den Körper runter, in die Schuhe. Wir kamen abends an einen Stützpunkt. Ich war völlig fer- tig und habe rheumatisches Fieber Nach der Befreiung auf dem bekommen. Wir hatten eben keine Rathausplatz in Reggio Emilia unmöglich waren. Das ist natürlich dem beheizten Häuser, nur schlechte Ver- Feind bald klar geworden und es hat pflegung, unsere Körper waren musst jetzt in die Resistenza eintreten!'" erheblich Nachforschungsarbeiten geschwächt. Ich wurde sehr krank und Was dann folgte, erzählt sie heute, 60 gegen unsere Organisation gegeben. Es habe 15 Tage lang in einem Stall gele- Jahre später, mit einem Lachen: "Ich gab Verhaftungen, Folterungen und gen, mein Körper musste das ganz antwortete: ‚Ja, gerne. Aber erst muss Tötungen in unseren Reihen." allein machen." ich die Erlaubnis von meinem Vater ein- Die Stafetten verbanden die bewaf- holen.' Damals war man erst mit 21 fneten Formationen in den Bergen mit "Das erste Mal eine Organi- volljährig." Der Vater erklärte sich den Führungszentren im städtischen sation von Frauen" - die jedoch einverstanden. Untergrund, sie übermittelten Nachrich- Frauenverteidigungsgruppen ten, Befehle, transportierten illegale "Die Kommunikation lief Drucksachen, gefälschte Dokumente, Organisiert waren die Stafetten und all über unsere Beine" - Lebensmittel und Geld. "Die Frauen die unzähligen Frauen, die ihnen zuar- Stafetten selbst wussten, wie bedeutsam ihre beiteten indem sie z. B. in deutsche Arbeit war schließlich haben es auch die Militärlager einbrachen und Stoffe Laura Polizzi, die nun den Kampfna- Männer verstehen müssen. Denn natür- besorgten, die anschließend von 16 men "Mirka" annahm - ihren bürger- lich gab es Rückwärtsgewandte, man Näherinnen in getarnten Werkstätten für die Kämpfenden illegal hergestellt wur- den, in den GDD, den ‚Gruppen zur Verteidigung der Frau und zur Unter- stützung der bewaffneten Kämpfer' (Gruppi di difesa della donna e di assi- stenza ai combattenti). Diese Frauen- verteidigungsgruppen wurden zwischen Winter 1943 und Sommer '44 in Mai- land, Turin, Bologna und Florenz und vielen anderen Städten gegründet. Allerdings wurden sie offiziell erst im Sommer '44 von dem CLN, dem Natio- nalen Befreiungskomitee anerkannt und erhielten Geld für ihre Aktivitäten: Für die Redaktion diverser Frauenzeitun- gen, mit denen sie unter den noch nicht politisierten Frauen agitieren konnten, für die materielle Unterstützung, die sie schon lange den Gefangenen und deren Angehörigen zukommen ließen. In der Emilia Romagna waren die GDD extrem gut organisiert: "Es war das erste Mal eine Organisation von Frauen. In der Zeit, in der wir geheim und illegal Laura Polizzi 1944 und 2001 leben mussten, trafen wir uns häufig und sprachen darüber, dass wir das Frauenwahlrecht und andere Rechte für (Laila) Frauen forderten. Die Frauenverteidi- Mirka wurde von der kommunistischen gungsgruppen sind nach dem 8. Sep- Partei beauftragt, in der Gegend um ich während dieser Arbeit überhaupt tember eine große, eine wichtige Bewe- Reggio die GDD anzuleiten: "Dieses nichts." Die Partisanin Laila resümiert gung geworden. Es waren für mich die illegale Leben, wie war es? Viele mit einem kurzen Blick zurück auf den wichtigsten Organisationen, denn viel- Genossen, die aus anderen Gegenden "Kulturgeist, der seit Tausenden von leicht war dies das erste Mal in der kamen, hatten wie ich keinen festen Jahren hier herrschte": "Die untergeord- Geschichte Italiens, dass Frauen eine Wohnort. Wir hatten falsche Dokumen- nete Rolle der Frau als ‚Engel des Herd- eigene Organisationen hatten, deren te, einen Kampfnamen, der wiederum feuers' war nicht einfach zu verändern erstes Ziel es war, gegen den Krieg zu ein anderer war, als der im Dokument und es dauerte sehr lang. Man musste ja kämpfen, aber man dachte auch schon stand. Wir schliefen und aßen in Häu- nicht nur die Frauen anregen, ihre an die Nachkriegszeit." (Giacomina sern, die uns die legalen KämpferInnen Denkweisen zu verändern, sondern es Castagnetti) Eine weitere wichtige zur Verfügung stellten. Wir wussten am war auch nicht einfach, den Männern Funktion dieser GDD war es, Radio Morgen nicht, wo wir am Abend schla- klar zu machen, dass ihr Denken verän- London abzuhören und die Absichten fen würden." dern mussten, denn sie waren ja die der Deutschen und FaschistInnen zu Herren und wir oft nur ihre Sklavinnen. erkunden: "Ich habe eine Frauengruppe Vom "Engel des Herdfeuers" Es gibt heute viele Leute, die die Resi- von der Antispionageeinheit komman- keine Spur stenza klein reden wollen, die auch die diert. Wir waren ungefähr 40 Frauen. Es Beteiligung der Frauen und die Wichtig- gab viele, die vor dem Haus sitzend auf- Die Frauen, die in den Befreiungskampf keit ihrer Arbeit klein reden wollen. schrieben, wie viele Militärwagen der involviert waren, als Produzentinnen Doch der Faschismus hat uns lediglich Wehrmacht vorbeifuhren, welche Art von Kleidung und Lebensmitteln, als Armut, Hunger und Krieg geschenkt. der Bewaffnung sie hatten, usw. Diese "Gastgeberinnen" für Illegale und Ver- Für den Fall, dass es diese gesellschaft- Informationen wurden von den Stafet- folgte, als Stafetten, Kommissarinnen liche Negativentwicklung und Rückent- ten an die Partisanen oder auch an die oder mit der Waffe in der Hand: Sie alle wicklung wieder gibt, werden wir Frau- Alliierten weiter gegeben. Dadurch machten Erfahrungen, die weit über en die allerersten sein, die die Zeche zu wussten wir oft sehr schnell, wo sich ihren ihnen bislang zugestandenen bezahlen haben." der Feind befand und es konnten ent- Horizont hinausgingen. sprechende Aktionen durchgeführt wer- Nadja Bennewitz den. In einigen Fällen haben ganze Mirka, die schließlich - ohne Erlaubnis Familien mitgearbeitet, bzw. alle Frauen von der Partei - zu den kämpfenden Par- der Familie, die Großmutter, Mutter, tisanenformationen in die Berge ging, 1 Schwiegertochter und Tochter. Kessel- wurde dort aufgrund ihrer politischen Die Arbeit und Verbindung dieser beiden ring hat einmal gesagt, der italienische Kenntnisse zur Politkommissarin für Frauen wird u.a. in dem Museum der Brüder Cervi benannt: Widerstand hätte ein effektiveres Infor- die Schulung der jungen Partisanen Via F.lli Cervi, 9 42043 Gattatico (RE) mations- und Antispionagesystem ernannt. In dieser Funktion war sie auch www.fratellicervi.it gehabt als die Wehrmacht. Er wusste zuständig für das Verhör von Spitzeln: nicht, dass es oft Analphabetinnen "Ich musste auch die Verhöre überneh- waren, die lediglich Striche machten, men und wandte dabei zwar nicht die um zu zählen, wie viele LKW's an Methoden der Deutschen an, doch was Weitere Beiträge auf deutsch über ihrem Haus vorbeigefahren waren." man den Frauen nachsagte, sie seien Frauen im italienischen Widerstand zartfühlend und weich, davon verspürte unter: www.frauen.resistenza.de 17 Giorgio kam nicht mehr zum Unterricht

Die Verfolgung jüdischer Menschen in Parma: von den "Rassegesetzen" 1938 bis zur Shoa

gerade einmal aus 134 Personen, darun- den Schulbesuch verboten, den er bis ter Elenas Ehemann Mosè Renzo Levi dato mit viel Erfolg absolviert hatte. (deportiert und ermordet in Mauthau- Wurden wir dadurch besonders berührt? sen) und ihre beiden Söhne Bruno und (...) Ich fürchte, ich muss der Ehrlich- Fausto. keit halber zugeben, dass wir damals Seit dem 14. Jahrhundert waren in Par- eher von Indifferenz und Apathie ma und der Umgebung jüdische beherrscht waren." Gemeinden ansässig. Die Assimilierung jüdischer Glaubensangehöriger ab dem Italien im Krieg und die 19. Jahrhundert hatte die Zahl der Internierung nicht Gemeindemitglieder kontinuierlich italienischer Jüdinnen abnehmen lassen. und Juden Angekündigt durch das "Manifest der Rasse" vom 14. Juli 1938 und begleitet Die Entscheidung der faschistischen von einer aggressiven Pressekampagne Regierung, den Zuzug verfolgter jüdi- Liliana und Luciano Fano am 7. Dezember wurden Anfang September 1938 die scher Personen aus Europa zu stoppen, 1943 in Parma. Sie wurden am 10. April ersten antisemitischen Erlasse vom fiel zeitlich mit den Vorbereitung zum 1944 in Ausschwitz ermordet. Ministerrat bekannt gegeben. Im Kriegseintritt Italiens zusammen. Mitte November trat eine weitere Reihe legis- Mai 1940 beschloss Mussolini, die nicht lativer und administrativer Bestimmun- italienischen Jüdinnen und Juden, zwi- gen in Kraft, die die jüdische Minder- schen 5.500 und 6.000 Personen, in spe- "Alles begann an diesem schicksals- heit an den Rand der Gesellschaft ziellen Lagern zu internieren. Für die schweren 2. September 1938, als ich auf drängte. Auch in Parma wurden Jüdin- Männer war die Gefangenschaft in der Straße die furchtbare Nachricht aus nen und Juden aus den öffentlichen Lagern vorgesehen, während Frauen dem Lautsprecher erfuhr: ‚Die jüdi- Schulen, aus der Universität und den und Kinder in den Kommunen festge- schen Lehrkräfte und Schüler sind ab staatlichen Behörden ausgeschlossen. halten und nach und nach in Tarsia in dem kommenden von den öffentlichen Es wurde ihnen der Besitz von Grund- der Provinz Cosenza konzentriert wer- Schulen ausgeschlossen.' Für einen stücken und Häusern verboten, sie durf- den sollten. Fünf Tage nach Kriegsein- Moment wurde der Himmel pech- ten sich nicht mehr freiberuflich nieder tritt verkündete das Innenministerium, schwarz und alles um mich herum und lassen, konnten keine Handelszulassung alle nicht italienischen Jüdinnen und in mir brach zusammen." erwerben oder nichtjüdische Hausange- Juden, "die Angehörige solcher Staaten stellte einstellen. Somit wurden sie aus sind, in denen die Rassegesetzgebung dem politischen und gesellschaftlichen Gültigkeit haben", in Konzentrationsla- Leben verdrängt. Auch wenn aus Par- gern zu internieren. In den folgenden "Für einen Moment ma, anders als aus Triest, Padua oder zwei Jahren verlor das faschistische wurde der Himmel Pisa, keine tätlichen Angriffe auf Perso- Regime, bereits internierte Jüdinnen pechschwarz und alles nen jüdischen Glaubens bekannt wur- und Juden aus den annektierten Mittel- den, so empfanden doch auch hier die meergebieten auf die Halbinsel zu ver- um mich herum und in jüdischen StadtbewohnerInnen die anti- legen - darunter ca. 3.000 Menschen aus mir brach zusammen" semitischen Hetzkampagnen, besonders Jugoslawien und 1.000 aus Libyen. Im der Tageszeitung "Corriere Emiliano - Frühjahr 1943 waren es in Italien an die Gazetta di Parma", und die bestehenden 6.400 Jüdinnen und Juden, die von die- Mit diesen Worten beschrieb Elena Foà rassistischen Gesetze als einen Akt der ser Freiheitsberaubung betroffen waren: Levi kurz nach dem Ende des Zweiten Gewalt. In der öffentlichen Meinung 2.000 von ihnen waren in die Lagern Weltkrieges den Tag, an dem sie das hingegen fehlte das Bewusststein über verbracht worden, während die rest- erste Mal mit den antijüdischen Ge- das Ausmaß dessen, was da an Unge- lichen in den einzelnen Kommunen setzen des faschistischen Regimes heuerlichkeiten geschah, völlig. In die- interniert waren. Bekanntschaft machen musste und eine sem Sinne äußert sich auch der Zeitzeu- In der Provinz von Parma waren im Juni erste Ahnung von der Tragödie, die sich ge Giovanni Timossi, der sich an den 1940 ebenfalls zwei "polizeiliche Kon- bald darauf ereignen sollte, sie ergriff. Ausschluss seines jüdischen Schulka- zentrationslager" eingerichtet worden, Im Jahr 1938 bestand die kleine jüdi- meraden Giorgio Foà aus dem Lyzeum in denen die jüdischen Gefangenen sche Gemeinde in Parma laut der erinnerte: "Zu Beginn des dritten Schul- inhaftiert waren, die meisten von ihnen "Judenkartei", einer aufgrund der "Ras- jahres kam Giorgio nicht mehr zum aus dem Ausland, häufig aus Jugoslawi- 18 segesetze" angelegten Sonderdatei, Unterricht. Die Rassegesetze hatten ihm en. Bei ihrer Ankunft mussten sie eine Erklärung unterschreiben, mit der sie Errichtung der Repubblica Sociale Ita- aufgelöst, nachdem die Gefangenen in derart viele Regeln und Verbote akzep- liana (RSI) verschärften die Lage der das Durchgangslager von Fossoli bei tieren sollten, dass eine der Internierten politischen und jüdischen Gefangenen. Carpi verbracht worden waren. (Vgl. schrieb: "Ich halte es für überflüssig, Mit dem Polizeigesetz Nr. 5 vom 30. "Teil des deutschen Lagersystems"). dass sie uns die Dinge mitteilen, die November 1943, erlassen vom faschisti- Das Konzentrationslager von Scipione verboten sind: Es sind zu viele. Es wäre schen Innenministerium der RSI durch bei Parma dagegen, aus dem ebenfalls einfacher, uns zu sagen, was gestattet Guido Buffarini Guidi, wurde bestimmt, Gefangene im März 1944 nach Fossoli ist." Die ausländischen Internierten, alle italienischen Jüdinnen und Juden gebracht worden waren, wurde erst im größtenteils waren es ganze Familien, vorerst in örtlichen Konzentrationsla- Sept. 1944 aufgelöst, nachdem Partisa- lebten in einer materiell äußerst prekä- gern zu sammeln, bis sie in Sonderla- neneinheiten dort die letzten Gefange- ren Situation. Manches Mal kam die gern zusammen gelegt würden. Drei nen befreit hatten. ansässige Bevölkerung zu Hilfe und gab Tage später ließ der stellvertretende Lebensmittel, Kleidung und spendete Kommissar der faschistischen Partei Die Vernichtungslager Trost. Es sind einige Episoden doku- von Parma Guglielmo Ferri verlauten, mentiert, bei denen BewohnerInnen des dass die bereits bestehenden Konzentra- Die nach Fossoli gebrachten Gefange- Ortes mit den Internierten vertraut wur- tionslager wieder in Betrieb genommen nen blieben dort nur ca. drei Wochen. den und Freundschaft schlossen, werden sollten - eines der zwei Lager in Am Morgen des 5. April 1944 wurden obwohl es dagegen ein striktes Verbot Parma war auf Grund der Flucht aller die jüdischen BewohnerInnen Parmas in der öffentlichen Sicherheitsbehörden Gefangenen nach dem 8. September verschlossene Viehwagons verfrachtet gab. Nach dem 8. September 1943 ver- geschlossen worden, in dem anderen und mit dem Konvoi Nr. 9 nach suchten viele, aus der Internierung zu befanden sich allerdings noch immer Auschwitz deportiert. Der Zug trug die entkommen, um der Verhaftung durch Gefangene. Die erwachsenen jüdischen Aufschrift RSHA, "Reichssicherheits- die deutsche Polizei zu entgehen, doch Männer wurden dort interniert, während hauptamt", das für die Deportation in der Großteil von ihnen wurde abermals die Frauen und Kinder in örtliche die Vernichtungslager zuständig war. verhaftet und erneut in Lagern bis zur Gasthöfe verbracht wurden. Hier kamen Die Fahrt dauerte mit Stopps in Mantua Deportierung festgehalten. italienische und nicht italienische Jüdin- und Verona fünf Tage. In Verona wur- nen und Juden zusammen, deren den weitere Wagen angehängt, die nahe- Die deutsche Besatzung und gemeinsames Schicksal die Vernichtung zu ganz Europa durchquerten, bis sie in die Lager in der Republik in den Todeslagern werden sollte. Polen ankamen. Es waren fünf leidvolle von Salò Einige der Lager wurden im März 1944 Tage einer Reise, die nie zu enden schien. Die Besetzung Zentral- und Nordita- Laut den Akten des Archivs der liens durch die Deutschen und die Gedenktafel im Park für die Geschwister Fano und Della Pergola Gedenkstätte des Konzentrationslagers in Parma Auschwitz entgingen von den insgesamt 600 Personen aus dem Zug Nr. 9 nur 80 Frauen und 154 Männer nach der Ankunft der Gaskammer. Von den Frau-

"Es wäre einfacher, uns zu sagen, was gestattet ist."

en überlebten in der Folgezeit nur weni- ge die Strapazen und die Gewalt im Lager. 51 von ihnen kehrten nach dem Kriegsende nach Hause zurück. Die genaue Zahl der ermordeten Jüdinnen und Juden, die aus Parma stammten, lässt sich noch nicht mit Bestimmtheit nennen. Aufgrund der bislang zumeist von der israelitischen Kultusgemeinde in Parma gesammelten Nachrichten wird die Zahl der Opfer aus Parma auf 22 bis 24 Menschen geschätzt. Nur wenigen Menschen aus Parma gelang es, sich dank der Hilfe einiger Institutionen und Einzelpersonen der Deportation zu entziehen. Von diesen unterschiedlichen Helfern sei nur Ric- cardo Pellegrino herausgegriffen, Amts- richter aus Fornovo Taro, der die Aus- wanderung zahlreicher Jüdinnen und Juden aus Parma ermöglichte. Er beschaffte falsche Papiere und schuf wichtige Kontakte, sodass den Verfolg- ten die Flucht in die Schweiz und damit ihre Rettung gelang. 19 Der Vater arbeitete nun als Angestellter in einer Apotheke, während der kleine Luciano, der nicht mehr die Schule besuchen durfte, in das Privatinstitut "De La Salle" geschickt wurde. Im März 1942 kam noch der kleine Bruder Roberto zur Welt. Am 7. Dezember 1943 wurde die gesamte Familie einschließlich der Von links: Donato und Cesare Della Pergola wurden am Tag ihrer Ankunft in Großmutter Giulia Bianchini und des Auschwitz mit allen anderen Kindern aus dem selben Deportationszug in den Großvaters Enrico Fano von zuhause Gaskammern ermordet. Mutter Emilia Camerini wurde auch nach Auschwitz abgeholt und eingesperrt. Die Großel- deportiert. tern kamen in das Gefängnis San Fran- cesco, die Mutter Giorgina Padova mit den drei Kindern in das Lager Monticel- Einzelschicksale Gemeindevertreter stark gefährdet li, der Vater Ermanno nach Scipione. waren, zog sich die Mutter mit den bei- Die Kinder mussten den selben Weg mit den Söhnen, den Tanten, der Großmut- ihren Eltern gehen wie die anderen Die Familie Della Pergola- ter und anderen jüdischen Familien in Jüdinnen und Juden aus Parma: Von Camerini den Apenin zurück in dem Glauben, Fossoli nach Auschwitz. Die Großeltern somit der Gefangenschaft zu entgehen. kamen in andere Lager. Aus den Ver- Donato und Cesare waren die Söhne Am 12. Dez. 1943 wurden sie von nichtungslagern kehrte niemand von des Rabbiners Enrico Della Pergola und einem faschistischen Trupp gefangen ihnen zurück. von Emilia Camerini aus Parma. Als die genommen und in das Frauenkonzen- antijüdischen Gesetze in Kraft traten, trationslager von Monticelli Terme ver- Partisanen musste der 6-jährige Donato, sein Bru- frachtet, wo sie nahezu drei Monate der war erst drei, die öffentliche Schule blieben. Von dort aus kamen sie in das Nach dem 8. September 1943 wählte verlassen. In den Jahren von 1938 bis Lager von Fossoli und wurden alle, bis eine kleine Minderheit der Italiener den 1943 bewegte sich das Leben der Fami- auf die Großmutter, nach Auschwitz Weg in den Widerstand gegen die deut- lie zwischen dem Ausschluss aus dem deportiert. Am Tag der Ankunft wurden sche Besatzung und den Faschismus der öffentlichen Leben und der gleichzeiti- Donato und Cesare zusammen mit allen RSI und gründete die ersten Partisanen- anderen Kindern, die mit ihnen im sel- formationen. Auch einige Juden haben ben Zug deportiert worden waren, in daran teilgehabt, wobei zu bedenken ''Ein jüdischer Partisan hat den Gaskammern von Auschwitz bleibt, dass "ein jüdischer Partisan zwei ermordet. Es war der 10. April 1944. Mal so viel riskiert hat wie ein anderer." zwei Mal so viel riskiert Davon ließen sich jedoch Remo Coen wie ein anderer'' Die Familie Fano und Cesare Bassani nicht abschrecken. Coen, der den Kampfnamen "Raffaello" gen Hoffnung, dass sich die Dinge Liliana und Luciano Fano waren in Pel- erhielt, war 1916 in Parma geboren und eines Tages wieder einrenken würden. legrino Parmense zur Welt gekommen, hatte seinen Militärdienst geleistet. Im Diese Hoffnung, die mit dem Sturz wohin ihre Eltern schon 1931 gezogen Frühjahr 1944 wurde er Mitglied in der Mussolinis im Juli 1943 Wirklichkeit waren. Der Vater Ermanno, Doktor der 47. Brigade Garibaldi und erreichte den zu werden schien, wurde jedoch bald Chemie, führte dort die Ortsapotheke. Grad eines Majors. Am 20. November zerschlagen. Anstatt dass Krieg und 1938 erhielt er aufgrund der "Rassege- 1944 fiel er einer deutschen Durchkäm- Diskriminierungen ein Ende fanden, setze" Berufsverbot. Er war gezwun- mungsaktion, der "Operation Regen- kam die deutsche Besatzung. Während gen, mit seiner Familie nach Parma zu wetter", zum Opfer. Vom italienischen der Vater und andere Männer in die ziehen, um dort bei den Großeltern Staat wurde er nach dem Krieg für seine Schweiz flüchteten, weil sie als unterzukommen. Widerstandstätigkeit mit einer Silber- medaille ausgezeichnet. Cesare Bassani, Kampfname "Sam", war in Carrara zur Welt gekommen, wo der Vater eine Druckerei hatte. Cesare unterbrach sein Medizinstudium, um in der Resistenza zu kämpfen, und schloss sich der 1. Brigade Julia an. Während eines Bombardements wurde er am 2. Juli 1944 verwundet. Kurz nachdem er ins Krankenhaus eingeliefert wurde, erlag er seinen Verletzungen.

Stefania Campanini, Guido Pisi (Parma) (Übersetzung Nadja Bennewitz)

Das Privatinstitut “De La Salle di Parma“ - Schuljahr 1942/43. 1. Reihe, fünfter v. links: Luciano Fano. richtungen zur organisierten Zwangsar- beit oder zur organisierten Tötung. Trotzdem war es Schauplatz von Miss- handlungen, Folter und Hinrichtungen. Am 2. August 1944 fand die letzte Deportation statt. Danach lösten die Deutschen Fossoli aus Sicherheitsgrün- den auf und deportierten die verbliebe- nen Gefangenen nach Bozen. 70 politi- sche Gefangene, deren Transport als zu unsicher erschien, wurden einen Monat vorher in der Nähe von Carpi erschos- sen. Zwei Gefangenen gelang auf dem Weg zur Hinrichtung die Flucht. In den knapp sieben Monaten, in denen Fossoli von der SS geführt wurde, ver- ließen sieben Deportationszüge das Fossoli 2002 Lager, davon fünf nach Auschwitz. Ins- gesamt wurden von hier etwa 5.000 Teil des deutschen Menschen deportiert.

Lagersystems Mit absurder Präzision Das Polizei- und Durchgangslager Fossoli nahmen die Deutschen den Appell vor. ''Wieviel Stück?'' ''660 Stück!'' Mit der Besetzung Italiens durch die 19. Februar 1944: Deutschen nach dem 8. September 1943 der erste Transport am Vorabend seiner Deportation nach Ausschwitz verschärft sich die Situation jüdischer Menschen auf der Halbinsel. Bis dahin 1942 beschloss die italienische Regie- waren sie zwar aufgrund der 1938 erlas- rung in Fossoli ein Kriegsgefangenenla- Am Bahnhof von Carpi, von dem die senen Rassegesetze starken Diskrimi- ger einzurichten. Hier wurden ab Mai Deportationszüge losfuhren, steht heute nierungen ausgesetzt gewesen, aber kei- 1942 vor allem britische, neuseeländi- ein Gedenkstein, der an das Geschehene ner Verfolgung. Nun führen die Deut- sche und australische Soldaten aus dem erinnert. Das Lager Fossoli ist mittler- schen auch in Italien eine Politik der Nordafrika-Krieg in Zelten interniert. weile zerfallen und von Bäumen und Vernichtung ein. Am 14. November Anfang 1943 ersetzte man diese durch Sträuchern überwachsen. Seit 2002 gibt 1943 verabschiedet das von den Deut- Baracken. Nach dem 8. September 1943 es Planungen, das Lager als Gedenkstät- schen eingesetzte neue faschistische wurde Fossoli Teil des deutschen Lager- te einzurichten. Bisher hält das 1973 Regime ihr Regierungsprogramm, mit systems. Ab Januar 1944 übernahmen eröffnete, sehr sehenswerte und beein- dem Jüdinnen und Juden zu Nichtitalie- SS-Untersturmführer Karl Titho und druckende Museo Monumento al nerInnen und zu Angehörigen einer SS-Hauptscharführer Hans Haage mit Deportato im historischen Zentrum von feindlichen Nationalität erklärt werden. einer 40 Mann starken SS-Einheit das Carpi die Erinnerung wach. Damit beginnt die systematische Verfol- Kommando. Fossoli lag an der Nord- gung aller italienischen und in Italien Süd Verbindung der Eisenbahnstrecke Dieter Binz lebenden Jüdinnen und Juden. Bei die- über den Brenner und bot somit logisti- sem mörderischen Projekt wird die nach sche Voraussetzungen als Durchgangs- Museo Monumento al Deportato der bereits rassistisch ausgerichteten lager zur Deportation. Am 19. Februar Im Palazzo Pio, Piazza dei Martiri, Carpi Volkszählung im August 1938 angefer- 1944 verließ der erste Transport Fossoli Öffnungszeiten: Do/Sa/Sonn- und Feiertags tigte "Judenkartei" genutzt, um die nazi- in Richtung Bergen Belsen. 10 - 12.30 h und 15.30 - 19 h faschistischen Razzien und Vergel- Das Lager wurde jetzt in zwei Blöcke www2.comune.carpi.mo.it/musei/sito/depo/ tungsmaßnahmen schneller durchführen unterteilt: ein Block für jüdische Fami- Campo di Fossoli zu können. Es tritt eine Verordnung in lien, der zweite für politische Gefange- Das Lager Fossoli liegt ca. 6 km nördlich Kraft, die vorsieht, jüdische Menschen ne (PartisanInnen, Oppositionelle, von Carpi (im Museum ist eine in Konzentrationslagern zu sammeln. Wehrdienstverweigerer, Streikende aus Wegbeschreibung erhältlich). Es ist Von den ca. 40.000 Jüdinnen und Juden, Mailand und Turin... ). Während die umzäunt und von außen einsehbar. die vor dem Zweiten Weltkrieg in Ita- jüdischen Menschen - ein Drittel aller Geöffnet Sonntagnachmittag (Stand lien lebten, werden 8.500 verhaftet und jüdischen Deportierten aus Italien wer- September 2002). deportiert. 7.500 sterben in deutschen den über Fossoli "verbracht" - haupt- www.fondazionefossoli.org Lagern. Die größten Lager in Italien sächlich nach Auschwitz kamen, so Die Stadt Carpi erreicht man mit dem Auto sind neben Fossoli die von San Sabba di auch der Schriftsteller und Partisan Pri- von Norden kommend auf der Trieste, Bozen und Borgo San Dalmaz- mo Levi, wurden die politischen Gefan- Brennerautobahn A 22, letzte Ausfahrt vor zo. genen in unterschiedliche Vernichtungs- dem Autobahnkreuz mit der A 1 bei lager gebracht: Mauthausen, Bergen Modena. Mit dem Regionalzug Verona - Belsen, Buchenwald, Ravensbrück oder Modena, Bahnhof Carpi. Dachau. Literaturhinweis: Das Durchgangslager Fossoli war kein Primo Levi: Ist das ein Mensch? Vernichtungslager. Es gab keine Ein- München 1998 21 mächtigten für den Arbeitseinsatz Fritz Sauckel sahen vor, im Herbst '43 über 300.000 italienische Arbeitskräfte für die deutsche Industrie und Landwirt- schaft zu rekrutieren. Im Jahr 1944 soll- ten sogar 1,5 Millionen ItalienerInnen zur Verfügung stehen. Man versuchte auf der einen Seite, durch Prämien und Roberto Torelli wurde bei Appelle "Freiwillige" anzuwerben, was der Operation "Wallenstein", in einem bestimmten Umfang auch einer großangelegten gelang, da die materielle Situation sich Durchkämmungsaktion seit 1938 durch den Kriegseintritt Ita- gegen Partisanen und zur liens noch weiter verschlechtert hatte. Gefangennahme von Zum anderen wurden bei Razzien und Zwangsarbeitern, "vom Feld Vergeltungsmaßnahmen gegen die weg" verhaftet und nach Bevölkerung im Zuge der PartisanIn- Deutschland deportiert. nenbekämpfung - zumeist männliche - Deportation und Zivilisten verhaftet und nach Deutsch- land deportiert. Zwangsarbeit Etwa 600.000 italienische Soldaten, die Roberto Torelli: Ich bin Jahrgang auf dem Balkan, in Frankreich statio- 1927. Wenn man in dieser Zeit geboren Für die Entschädigung von Zwangsar- niert waren oder die deutsche Truppen wurde und zur Schule ging, war es beiterInnen aus West- und Südeuropa nach dem 8. September in Italien ent- schwierig ein antifaschistisches Be- sieht der Fonds der Bundesregierung waffneten, wurden nach Deutschland wusstsein zu entwickeln. Ich habe die und der Industrie ca. 276 Millionen deportiert. Sie sind nach den momenta- italienische Balilla-Jugend mitgemacht, Euro vor - fünf Prozent der Gesamtsum- nen Bestimmungen von Entschädi- das entspricht etwa der Hitlerjugend. me. Nach der Besetzung Italiens wur- gungszahlungen ausgeschlossen, da die Dort wurde mir was geboten, deren den die vormalig freiwilligen italieni- Stiftung der Industrie und das Bundesfi- Freizeitangebot nahm ich gerne an, schen "Arbeitsbrüder" in Deutschland nanzministerium sie als Kriegsgefange- denn ich komme aus einer sehr armen zu Gefangenen. Auch innerhalb Italiens ne deklariert, was sie damals faktisch Familie. Mein Vater emigrierte in den wurden Menschen von den Nazis ver- nicht waren. Die Nazis erkannten ihnen 30er Jahren als Arbeiter nach Deutsch- schleppt und zur Arbeit in Industrie, diesen Status ab und zogen sie zu land, kehrte aber wegen seiner Landwirtschaft oder an der Front Zwangsarbeit in der Industrie und zu Gesichtslähmung Anfang der 40er Jahre gezwungen. Die Organisation dieser Aufräumarbeiten heran. Ein bestelltes zurück. Er war politisch nicht sehr inter- Sklaverei lag in der Hand der Organisa- Gutachten des Völkerrechtlers Christian essiert und hatte nichts gegen meine tion TODT. Zu Beginn des Jahres 1945 Tomuschat soll die Haltung der Geldge- Aktivitäten bei der Balilla-Jugend. mussten 240.000 Menschen Frontbefe- ber untermauern. Tomuschat argumen- Mit 17 Jahren arbeitete ich gegen Ver- stigungsarbeiten leisten. tiert damit, dass das Vorgehen der Nazis pflegung auf einem Bauernhof im Auch ZivilistInnen und kriegsgefange- völkerrechtswidrig gewesen sei, also Appenin. Am 6. August 1944 kamen ne italienische Soldaten wurden nach müssten die italienischen Internierten deutsche Soldaten und befahlen: "Schu- Deutschland deportiert - wie Carlo Por- rechtlich heute als Kriegsgefangene he anziehen und mitkommen". Ich war ta und Roberto Torelli. betrachtet werden. 14.000 Italiener barfuß, denn bei der Arbeit wollte man haben bei der IOM (Internationale 1938 lief die deutsche Kriegsproduktion Organisation für Migration, die für die auf Hochtouren. Das Deutsche Reich Auszahlung der Gelder zuständig wäre) hatte hohen Bedarf an Arbeitskräften. Postkarte von Roberto Torelli aus dem Widerspruch eingelegt. Am Verwal- Lager an seine Familie Ab März diesen Jahres kamen "freiwil- tungsgericht Berlin ist eine Klage eines lige" ArbeiterInnen aus Italien nach Italieners in dieser Sache anhängig. Deutschland. Sie wurden in Italien von den Faschisten mit Fahnen und Musik verabschiedet und in Deutschland von den Nazis offiziell und feierlich begrüßt. Diese Menschen, die zum Arbeiten nach Deutschland kamen, waren neben Faschisten, die den Bünd- nispartner unterstützen wollten, arme BäuerInnnen und ArbeiterInnen. Die Arbeitslosigkeit in Italien war hoch und vor allem auf dem Land und im Süden herrschte Hunger. Doch mit der Abset- zung Mussolinis am 25. Juli 1943 wur- den aus den "Arbeitsbrüdern" Gefange- ne. Für mehr als 100.000 italienische ArbeiterInnen wurde damit Deutsch- land zum Gefängnis. Die Besatzung Italiens bot Nazi- Deutschland die Möglichkeit, auch die dortigen menschlichen Ressourcen aus- 22 zubeuten. Die Pläne des Generalbevoll- uns auch Luftwaffensoldaten: Wenn die Eisenbahn bombardiert wurde, mussten wir die Munition auf Lastwagen verla- den, die oben deutlich mit einem Roten Kreuz gekennzeichnet waren. Noch vor Tagesanbruch mussten die 30 - 40 Rot- Kreuz-LKW´s den Ort verlassen haben, damit sie nicht so leicht mit der Muni- tionsfabrik in Verbindung gebracht wer- den konnten. Die hygienischen Bedingung waren miserabel. Die Schlafbaracken und die Wagons, aus denen wir das Schießpul- ver ausladen mussten, waren voller Ungeziefer. Wir durften nur einmal in der Woche duschen. Für 75 Leute gab es nur fünf Duschen. Da waren wir unter- einander nicht immer solidarisch und haben uns auch schlecht behandelt. Ostern 1945 mussten wir zusammen mit Roberto Torelli einer deutschen Sprengmeistereinheit Zeitzeugnisse das ganze Gelände verminen. Ein paar Tage später traten alle Zwangsarbeiter unter deutscher Bewachung den Evaku- ierungsmarsch an. Aus der Ferne hörten Acht Pferde wir ein Erdbeben - das waren unsere 80 Bunker, die nun in die Luft flogen. Wir schliefen unter Bäumen und Brü- oder 40 Männer cken. Unsere Bewachung war der Über- setzer aus dem Lager - ein noch rüstiger Zwangsarbeit in einer mittelfränkischen 80-jähriger Mann aus dem Friaul, der Munitionsfabrik Italiener hasste. Irgendwer hatte schon alliierte Panzer gesehen. Der alte Mann bekam Angst und wollte nicht mehr sich nicht die guten Schuhe ruinieren. In schen Militär anschlossen, um nicht weiter: "Die älteren bleiben besser mit Unterhemd und kurzer Hose wurde ich Zwangsarbeit leisten zu müssen. Für mir hier und die jüngeren, die Rachege- mitgenommen. Die Deutschen schlepp- Kollaborateure gab es dort Toiletten, für danken haben, gehen alleine weiter." 60 ten uns dann von Bauernhof zu Bauern- die anderen nur ein großes Erdloch mit hof und zwangen uns, ein Drittel des Baumstamm. Viehbestands einzusammeln. Unsere Die gefangenen italienischen Soldaten Wenn die Eisenbahn Gruppe wurde schließlich getrennt, die wurden ein wenig besser behandelt als politischen Leute wurden nach Fossoli wir Zivilisten. Die Deutschen hofften, bombardiert wurde, und wir unpolitische Jungs nach Verona dass sie sich doch noch zum Militär- mussten wir die Munition in eine Kaserne gebracht. Ein Woche dienst bereit erklären würden. auf Lastwagen verladen, die später sperrten sie uns in Viehwagons. Ich erinnere mich noch an die Schilder Danach kam ich mit 120 anderen nach oben deutlich mit einem an den Türen: "Acht Pferde oder 40 Berlin. Wir mussten nach Bombenan- Roten Kreuz gekennzeichnet Männer". So standen wir zu vierzigst im griffen die "Krümel" auflesen: Eisentei- waren Viehwagon und bekamen einen Ballon le von zerstörten Fabriken einsammeln, mit 30 Litern Wasser für drei Tage die dann wohl wieder verwertet werden Eisenbahnfahrt. Ich hatte ein kleines sollten. Dann wurde ich in das Lager Deportiere und ich gingen. Unsere Stra- Anspitzermesserchen für Bleistifte einer Munitionsfabrik in Langlau bei tegie war, uns nicht wie ein Haufen zu dabei. Da kam mir die Idee, eines der Gunzenhausen (Mittelfranken) ge- bewegen, sondern kolonnenartig tags- Bretter im Fußboden durchzusägen, bracht. 225 ZwangsarbeiterInnen arbei- über auf der Straße zu gehen. Kamen nach unten zu gleiten und den Zug über teten dort. Etwa 150 Frauen aus der uns Deutsche entgegen, sagten wir, dass mich hinweg fahren zu lassen. Die Ukraine und 75 Italiener. Daneben gab wir nur zum nächsten Ort unterwegs Bodenbretter waren sehr dick. Niemand es viele einheimische Arbeitskräfte aus sind, dessen Namen ich auch immer hat mir geholfen, niemand hat daran der ganzen Umgebung. nennen konnte. Das hat auch funktio- geglaubt, dass man dieses Brett mit so Wir wurden hauptsächlich zum Be- und niert, ein bisschen, weil wir uns eine einem Messerchen durchschneiden kön- Entladen von Munitionstransporten ein- Form gaben und natürlich auch, weil ne. Meine Hände bluteten, aber ich gesetzt. Es war eine sehr große Anlage, sich die Deutschen inzwischen völlig im schaffte es. Als ich den Kopf rausstreck- ca. 80 Bunker mit Eisenbahnanbindung Auflösungsprozess befanden. Am 1. te, sah ich am Ende des Konvois die in einem Waldstück. Fast jede Nacht Mai überquerte ich den Brenner. Es fie- Anhängerkupplung baumeln, die mich verließen Munitionstransporte die len riesige Schneeflocken und die Deut- dann erschlagen hätte. So gab ich mei- Fabrik. In der Regel mussten wir 10-12 schen dachten nur noch daran wegzu- nen Fluchtversuch auf. Stunden pro Tag arbeiten, außer am Ich wurde in eine große Kaserne nach Sonntag. Normalerweise kommandier- Wiesbaden gebracht. Dort wurden auch ten uns ältere und auch invalide zivile Italiener ausgebildet, die sich dem deut- Vorarbeiter. Aber manchmal befehligten 23 Carlo Porta musste die Jahre Mit dem Vorrücken der Sowjets musste 1939 bis 1942 auf Grund seiner ich für ein Jahr ins Ruhrgebiet, ungefähr antifaschistischen Oppositions- 30 km von Essen entfernt. Eine große tätigkeit in einem süditalieni- Batteriefabrik - dort wurden auch Batte- schen Straflager verbringen. rien für Panzerfahrzeuge gebaut - wurde Nach seiner Entlassung wurde ständig bombardiert und wir mussten er vom örtlichen faschistischen immer wieder aufräumen. Ich musste Parteisekretär als Wehr- dann auch während der Luftangriffe pflichtiger gemeldet und zum arbeiten. Irgendwann habe ich aufge- Militär eingezogen, dem er sich hört mich vor den Bomben zu verste- eigentlich hatte entziehen cken und nur gehofft, dass alles gut wollen. Nach den Vorschriften geht. Unser Tag begann sehr früh. Man hätte er als "unzuverlässiger" Soldat gar nicht in Albanien wurde um 5 Uhr geweckt, danach ging stationiert werden dürfen. es 2 km zu Fuß zum Bahnhof. Zurück Wenige Tage vor dem 8. Sep- kamen wir oft erst abends um 9 Uhr. tember erging ein Befehl des Mittags aß man dort, wo man gerade italienischen Ministeriums, dass arbeitete. Es gab gestampfte Kartoffeln er unter Bewachung nach mit etwas Margarine. Für den restlichen Italien zurück zu schicken sei. Tag blieb uns nur Brot, das man sich in Aber zwischen der albanischen Portionen schnitt, um jede Stunde ein und italienischen Küste operier- winziges Stück davon zu essen. Und ten bereits englische U-Boote, abends, wenn wir Brot schnitten und die so wurde der Abfahrtstermin Krümel auf dem Tisch lagen, rissen sich Carlo Porta über den 8. September hinaus alle darum, den Tisch sauber zu verschoben. Schließlich wurde machen. Das schlimmste war der er von dort als Militärinter- abendliche Zählappell. Einer fehlte Zeitzeugnisse nierter nach Deutschland immer, manche waren einfach schon auf deportiert. ihren Lagern eingeschlafen. Wir mus- sten dann oft eine Stunde Gymnastik machen, auch im Regen. "Diese Leute morgen Den härtesten Kampf mussten wir Mili- tärdeportierte austragen, als Hitler beschloss, unseren Status als Kriegsge- früh kein Brot" fangene aufzuheben. Man forderte uns Der italienische Militärinternierte Carlo Porta auf, in die Division Monterosa einzutre- ten - eine Einheit der faschistischen Carlo Porta: Am 8. September feierte Häftlinge begraben seien. Wenn wir uns Schwarzhemden. Man hätte also zumin- meine Einheit gemeinsam mit etwa 150 entsprechend benähmen, würden wir dest nach Italien zurück kehren können. deutschen Soldaten das Kriegsende. Ita- überleben - wenn nicht, würden wir uns Ein Offizier aus Sardinien und ich liener und Deutsche legten ihre Unifor- bei den 16.000 wieder finden. Aber wir kämpften dafür, dass niemand sich dazu men weg. Kurz darauf erhielten die waren jung und konnten auch über man- bereiterklärte. Wir glaubten nicht, dass deutschen Soldaten jedoch den Gegen- che Dinge lachen. Am ersten Morgen sie uns nach Italien zurückschicken befehl, sie zogen ihre Uniformen wieder kamen Soldaten und riefen "Aufstehen! würden, sondern an die russische Front. an und nahmen uns fest - alle, vom ein- Aufstehen!" Und wir sagten: "Ah, auf Der Lagerführer befahl daraufhin: "Die- fachen Soldaten bis zum Offizier. geht's zum Kaffeetrinken." Bloß, dass se Leute morgen früh kein Brot" [diese Zu Fuß und mit Karren mussten wir den Kaffee nur sie tranken. Wir verstan- Worte sind Carlo Porta heute noch auf den, dass dies der Weckruf war, und die- Deutsch im Gedächtnis]. Die Ausein- se Worte habe ich nie verlernt. andersetzung dauerte zwei bis drei Wir haben die Leute zu In Neubrandenburg blieb ich ungefähr Monate, aber 300 Häftlinge haben nicht Tausenden sterben sehen. drei Monate lang. Wir mussten in einer unterschrieben. Irgendwann haben sie Ziegelfabrik fertige Steine auf LKW's aufgegeben, aber wir bekamen viele Aber ich habe nie den Mut und Züge verladen. Abende kein Brot. Es gab auch Lager, in verloren und mir gesagt, Im Lager war auch jemand von der denen die Unterschriften mit Gewalt bevor ich sterbe, sterben faschistischen Miliz und ein Soldat der erzwungen wurden. Armee, beide hätten mich eigentlich vor Eines Tages standen amerikanische der Führer und Mussolini - dem 8. September von Albanien nach Panzer da, es war soweit, wir waren und so war es dann auch Italien zurückbegleiten sollen. Sie hat- befreit. Wir sind dann in verschiedene ten deshalb meine gesamten Unterla- Gefangenenlager hin und her geschoben Richtung griechischer Grenze zu einem gen. Sogar diese beiden überzeugten worden, mal unter amerikanischer, mal Bahnhof laufen. Dort wurden wir in Faschisten wurden deportiert. Ich hatte unter sowjetischer oder englischer Ver- Eisenbahnwagons gepfercht und nach also die ganze Zeit große Angst, dass waltung. Mehrere Monate musste ich Deutschland deportiert. 17 Tage ver- meine Vorgeschichte als politischer auf eine Transportmöglichkeit nach Ita- brachten wir in diesen Wagons auf dem Gefangener herauskommen würde. lien warten. Am 12. September 1945 Weg über Berlin ins Durchgangslager Zum Glück wurden sie mit Arbeitskom- kam ich dann als einer der Letzten nach Neubrandenburg. mandos in andere Städte geschickt. So Hause zurück. Seit zweieinhalb Jahren Über 30.000 Häftlinge waren dort verloren wir uns aus den Augen und wussten wir nichts mehr von unseren inhaftiert. Gleich zur Begrüßung er- meine Unterlagen sind nie mehr aufge- Angehörigen und waren in großer Sor- wähnte der Lagerführer das Massengrab taucht. ge, was wir vorfinden würden, wenn wir 24 hinter dem Lager, in dem bereits 16.000 zurückkehrten. Zivile Opfer waren grausames Kalkül Das Massaker von Marzabotto

nInnen unter ihrer starken Beobachtung. Heute leben kaum mehr Im September 1944 wurde die 16. Pan- Menschen auf dem Monte Sole zergrenadierdivision "Reichsführer SS" südöstlich von Marzabotto. Nur an diesen Frontabschnitt verlegt. Diese wenige überlebten das Nazi- Division zog eine regelrechte Blutspur Massaker zwischen 29. quer durch die Toskana und tötete nach September und 1. Oktober 1944. Erkenntnissen des Historikers Carlo Diejenigen, die in die zerstörten Gentile etwa 2500 ZivilistInnen und Ortschaften zurück kehrten, schickte mindestens 10.000 Italiener fanden noch Monate nach Kriegsende den Tod durch von zwangsweise zum Arbeitseinsatz nach deutschen Soldaten gelegte Deutschland. Am 28. September wurde Minen. Das Massaker war von der Befehl erteilt, das ganze Gebiet einem gemischten Verband aus "von Partisanen zu säubern", um die SS und Einheiten des Heeres Verteidigung und den Rückzug der verübt worden. Was als Deutschen zu sichern. militärische Aktion geplant war - endete in einer Reihe grausamer Die Ereignisse Massaker an der Zivilbevölkerung. Am frühen Morgen des 29. September wurde das Gebiet von Einheiten der SS und der Wehrmacht umstellt. Sie erhiel- Im Winter 43/44 scharte Mario Musole- ten Unterstützung von einzelnen ortsan- Indischer Partisan der Formation Stella Rossa. Als si aus Marzabotto, Kampfname "Lupo", sässigen Faschisten, die, getarnt durch Soldat der Commonwealth-Truppen geriet er in eine Partisanengruppe um sich. Nach SS-Uniformen, den Deutschen Wege, Kriegsgefangenschaft, konnte fliehen und schloss dem Vorbild der jugoslawischen Parti- Häuser und mögliche Verstecke zeigen sich der Resistenza an. sanInnen unter Tito, die unter dem roten sollten. Die Einheiten ermordeten in Stern kämpften, nannte er die Einheit den folgenden Tagen 770 Zivilpersonen "Stella Rossa". Zur Zeit des Massakers auf brutale und sadistische Weise. "Es war der 29. September um neun Uhr bestand sie aus ca. 800 Leuten, darunter Kampfhandlungen gegen Partisanen morgens. Als ich vom Herannahen der 90 Frauen und eine größere Gruppe fanden nur wenige statt. Deutschen erfuhr, flüchtete ich nach geflohener Kriegsgefangener. Bei Scope kam es zu einem ersten kur- Casaglia. Ich habe meine Familie ver- Das Gebiet zwischen den Flüssen Reno zen Gefecht. Doch den PartisanInnen lassen und war nicht bei ihnen, als sie und Setta, das zu den Gemeinden Mon- gelang es, sich auf den Monte Sole ermordet wurde. Es waren meine Mut- zuno, Grizzana und Marzabotto gehört, zurückzuziehen. In Ca di Derino waren ter und meine 12-jährige Schwester, lag zwischen den Fronten: Die Alliier- ca. 30 PartisanInnen und im benachbar- acht Cousins und vier Tanten, die alle ten waren von Süditalien bereits bis ten Cadotto, wo sich der Kommando- am 29. und 30. September in Cerpiano zum benachbarten Gebirgszug vorge- stand befand, ca. 20 von ihnen. Hier ermordet wurden. Am 29. haben sie sie drungen, die Deutschen belagerten die wurden in den folgenden Gefechten die verletzt. Am 30. kamen die Nazis gegenüberliegende Bergkette. Auf zwei meisten PartisanInnen getötet, darunter zurück, um sie umzubringen. wichtigen Verkehrsstraßen und zwei auch ihr Kommmandant "Lupo". Den In Casaglia hörten wir die Schüsse der Eisenbahnlinien, darunter die direkte Überlebenden gelang es, sich im Wald Deutschen immer näher kommen. Wir Zugverbindung zwischen Bologna und zu verstecken und - vermutlich in einer konnten den Rauch der in Brand gesetz- Mittelitalien, transportierten die Nazifa- Kampfpause - der Einkreisung durch ten Häuser sehen. Niemand wusste schisten Truppen, Waffen und Waren. die Deutschen zu entkommen. wohin und was machen. Letztendlich Dies machte die Gegend zu einem wich- tigen Aktionsgebiet der "Stella Rossa", Überlebende berichten die Sabotageaktionen und Überra- Diese Division zog eine schungsangriffe deutsche und faschisti- Zum Zeitpunkt des Massakers lebten regelrechte Blutspur quer sche Einrichtungen und Einheiten nicht nur Einheimische auf dem Berg, durchführte. sondern auch Flüchtlinge aus Bologna, durch die Toskana Seit dem Angriff der Alliierten im Som- die in den Bergen Schutz vor Bombar- mer 1944 auf die "Gotenlinie", die deut- dements gesucht hatten. Andere waren haben wir uns in die Kirche geflüchtet. sche Verteidigungslinie in Norditalien, von den Deutschen aus der Toscana Als die Nazis dorthin kamen, hatte ich waren die beiden Berge Monte Caprara hierher verschleppt worden. Angst, ihnen ins Gesicht zu sehen. Sie und Monte Sole für die Deutschen die Nur durch glückliche Zufälle gelang es schlossen das Kirchentor und alle im letzten natürlichen Bollwerke vor einigen wenigen, dem Massaker zu ent- Inneren schrieen vor Entsetzen. Wenig Bologna. Deshalb standen die Partisa- kommen, so Lidia Pirini aus Cerpiano: später kamen sie zurück und führten uns 25 sie ihn vor dem Altar. Ich hatte eine einige Nazis tauchten mit furchteinflö- Hand auf den Mund meines Cousins ßenden Gesichtern auf. In ihren Händen Giorgio gepresst, aus Angst, er würde trugen sie Handgranaten und sie sahen schreien. Sie ermordeten auch eine uns an, als würden sie ihre Beute aussu- Frau, die gelähmt war und sich nicht chen (...). Dann flogen Handgranaten rühren konnte." durch die Tür und die Fenster: Wir Der Partisan Adelmo Benini von der schrieen, weinten, flehten, die Mütter "Stella Rossa" verlor bei dem Massaker hielten ihre Kinder fest, schützten die seine Frau und beide Kinder. Er erfuhr Gesichter und suchten verzweifelt in der Nacht vom 28. auf den 29. Sep- Schutz. Ich fiel ohnmächtig zu Boden." tember vom Anrücken der Deutschen und warnte seine Frau, die mit den bei- Anerkennung von Kesselring den Mädchen fluchtartig das Haus ver- ließ und nach Casaglia flüchtete. Nach "Bandenaktion beendet, mit Vernich- den bisher gemachten Erfahrungen ging tung der Bande Roter Stern." Dafür gab man davon aus, dass die "männliche es eine Anerkennung von Kesselring. Matrix des Krieges" respektiert werde: Doch nur zwei Tage später klagten die Bei vorangegangenen Razzien, waren Deutschen wieder über eine Zunahme die Männer zu Zwangsarbeit ver- der Bandentätigkeit. Lediglich die logi- schleppt worden, den Frauen, Kindern stische Struktur der "Stella Rossa" war und Alten war jedoch nichts geschehen. zerstört worden. Lutz Klinkhammer So glaubte sich die Zivilbevölkerung in zieht den erschreckenden Schluss: Da der Kirche von Casaglia sicher. Die den durchführenden Einheiten schnell Kämpfenden zogen sich in die angren- klar gewesen sein dürfte, dass sie die zenden Wälder zurück, um keine Zivili- "Stella Rossa" nicht vernichten konn- stInnen zu gefährden. ten, sei die Tötung der ZivilistInnen Doch Adelmo Benini musste vom Berg grausames Kalkül gewesen. Man habe aus zusehen, was unten in Casaglia eine möglichst große Zahl von Opfern geschah: gebraucht, um eine erfolgreiche Aktion "Voller Panik stellten wir fest, dass die melden zu können. Nazis keineswegs Frauen und Kinder Mauerreste des Ostchores der Kirche von Casaglia. verschonten. Das sah man, als sie sie 1989 wurde das betroffene Gebiet zum In den Tagen vom 29. September bis zum 1. mit Stößen und Fußtritten zum Friedhof "Parco Storico di Monte Sole", zum Oktober finden die Massaker statt. Von überall her jagten. Wir sahen, wie sie das Tor zum historischen Park von Monte Sole flüchten sich die BewohnerInnen des Monte Sole in die Kirche von Casaglia, in der Hoffnung, dort in Friedhof aufschossen und sie alle auf erklärt. Sicherheit vor der deutschen Razzia zu sein. Doch den Stufen zur Kapelle zusammen- alle - mit Ausnahme eines Priesters, einer pferchten, die Großen hinten, die Klei- Nadja Bennewitz und Dieter Binz gelähmten Frau und zwei Kindern, die sofort nen vorne; als ich merkte, wie sie mit erschossen werden - werden von den Soldaten aus den Maschinengewehren zielten, warf der Kirche getrieben und später auf dem Friedhof ich mich den Bergrücken hinunter und 1 Alle Zeitzeuginnenberichte stammen aus: erschossen. schrie die Namen der meinigen, (...). Ich Giorgi, Renato: Marzabotto parla, konnte sehen, wie sie mit Maschinenpi- Marsilio Editori, Venezia 1999 zum Friedhof. Wir mussten uns vor der stolen und Gewehren mitten in die Gedenkstätte Parco Storico Monte Sole in Kapelle aufstellen; sie platzierten sich Unschuldigen schossen. Sie warfen der Emiglia Romagna, südlich von Bologna: in der Hocke, um gut zielen zu können. Handgranaten und die Soldaten töteten Autobahn Bologna - Florenz, Ausfahrt Sie schossen mit Maschinenpistolen Einzelne, die noch am Leben waren und Sasso Marconi: Bundesstraße 64 und Gewehren. Ich wurde von einem klagten." (Superstrada SS 64) entlang des Flusses Maschinengewehr am rechten Ober- Nicht weit von der Kirche von Casaglia Reno in Richtung Porretta; Marzabotto schenkel getroffen und fiel ohnmächtig entfernt befand sich der Andachtsraum durchfahren bis zum Ortsteil Pián di zu Boden.1" von Cerpiano. Hier hatte die SS 49 Per- Vénola; dort links abbiegen in Richtung sonen eingesperrt, darunter 19 Kinder. "Parco Storico di Monte Sole/Casaglia", Kurz nach ihrer Ankunft warf die SS hinter Bahnübergang nach Handgranaten in den Andachtsraum. 30 Flussüberquerung rechts halten. Dann Wir mussten uns der Größe kleine Bergstraße hoch bis zur Hochebene Menschen waren sofort tot. Der achtjäh- nach vor der Kapelle des Monte Sole. rige Fernando Piretti war am Leben Sede legale: Via San Martino 25, 40043 aufstellen; sie platzierten geblieben. Weil er glaubte, die Nazis Marzabotto (Bo) sich in der Hocke, um gut seien abgezogen, zog er die sechsjähri- Sede Ufficio: Via Porrettana Nord 4 d/e/f, ge Paola Rossi unter dem toten Körper 40043 Marzabotto (Bo) zielen zu können ihrer Mutter hervor, der sie vor dem Tod bewahrt hatte. Doch die Nazis kamen Joachim Staron: Fosse Ardeatine und Elena Ruggier gelang es, sich zusam- am nächsten Morgen zurück, um die Marzabotto: Deutsche Kriegsverbrechen men mit ihrer Tante, einem Cousin und Überlebenden durch gezielte Schüsse zu und Resistenza, Paderborn u. a. 2002 töten. Die dritte Überlebende, die Leh- einem Bekannten in der Sakristei zu Friedrich Andrae: Auch gegen Frauen und verstecken, von wo aus sie das weitere rerin Antonietta Benni, schaffte es gera- Kinder. Der Krieg der deutschen Geschehen beobachten konnten: "Der de noch rechtzeitig, die beiden Kinder Wehrmacht gegen die Zivilbevölkerung in Priester konnte deutsch und redete mit unter einer Decke zu verstecken. Sie Italien 1943 - 1945, München/Zürich (2) zweien von ihnen. Sie lachten ständig berichtet: "Wir hatten gehofft, dass sie 1995 und zeigten auf ihre Gewehre und weil uns nichts antun würden. Stattdessen 26 der Priester beharrlich blieb, erschossen öffnete sich nach kurzem die Tür und Zeitzeugnisse Es folgte eine Explosion ...

Meine Schwester war mit unserem Cou- hier ein. Plötzlich tauchten Reder und sin und anderen Jugendlichen in die seine Leute wieder auf, die alle im Haus Pfarrkirche nach Casaglia gegangen. in den Keller einsperrten. Sie benutzten Francesco Als sie ankamen, war die Kirche bereits die Küche, wärmten sich an dem bren- Pirini mit ca. 90 Personen gefüllt. Die Solda- nenden Ofen und fingen an, die Frauen ten trieben die Leute dann zum Fried- einer Inspektion zu unterziehen. Ein Francesco Pirini ist einer der hof, wo die gesamte Gruppe mit Onkel von mir war einer der Überleben- wenigen Überlebenden von Maschinengewehren beschossen wurde. den. Er hatte seine Frau und sechs Kin- Marzabotto. Nachdem er fast Meine Schwester bekam einen Schuss der die Woche zuvor verloren. Er 50 Jahre nicht über seine in ihr Hüftgelenk. Sie knickte ein und bemerkte die seltsame Inspektion und Erlebnisse sprach, berichtet er fiel, starb aber nicht an der Verletzung. versteckte ein Mädchen mit meiner heute als Zeitzeuge über die Sie blieb verletzt auf der Erde liegen Schwester unter einem umgedrehten damaligen Ereignisse. und die anderen fielen tot auf sie. Das Holzkübel. Dadurch entgingen die bei- war am 29. September 1944, einem den dem nachfolgenden Schicksal der Freitagvormittag. Sie blieb dort bis zum Frauen. Denn kurz darauf wurden alle, Samstagnachmittag liegen, als ein Bau- einschließlich einer Ordensschwester, Francesco Pirini: Am 29. September er aus der Gegend kam, der verzweifelt von Reder und seinen Soldaten verge- 1944 bekamen wir in Cerpiano mit, dass seine Familie suchte. Er fand seine waltigt. Dann mussten sie das Haus ver- es eine deutsche Durchkämmungsaktion Angehörigen tot unter dem Berg von lassen. Die Gruppe der Überlebenden gab. Meine Mutter hat mich fortge- Leichen. Er hörte meine verletzte zog nach Bologna und brauchte über schickt. Mit 17 Jahren befand ich mich Schwester und befreite sie. Trotz des einen Monat, bis sie dort Mitte Novem- im "Risikoalter", zum Militär eingezo- Steckschusses machte sie sich in Rich- ber ankamen. gen zu werden. Es war schon häufiger tung Cerpiano auf. Sie wollte nach Hau- Ich hielt mich die ganze Zeit über im vorgekommen, dass die Deutschen hier- se gehen, um zu sehen, was mit den Wald versteckt. Als die Soldaten ihr her kamen und Häuser ansteckten oder anderen geschehen war. Auf ihrem Weg Lager aufbauten, hatte ich die Hoffnung jemanden suchten. sah sie in einiger Entfernung deutsche aufgegeben, nach Cerpiano zurückkeh- Soldaten. Da sie offensichtlich auf sie ren zu können. Im Wald war ich auf Ich versteckte mich auch diesmal in schießen wollten, ließ sie sich in einen einem Waldstück, von dem aus ich Cer- Straßengraben die Böschung herunter- piano sehen konnte. Um zu sehen, was fallen. Somit entging sie den Schüssen. Meine Schwester blieb dort vor sich ging, legte ich mich in Im Graben stieß sie auf drei andere verletzt auf der Erde unmittelbarer Nähe flach auf den Wald- Frauen, die sich dort bereits versteckt boden und konnte folgendes beobach- hielten. Vorerst blieben sie zusammen. liegen und die anderen ten: Die Frauen behandelten ihre Wunde fielen tot auf sie Ungefähr 16 Soldaten der SS waren durch Waschungen mit eigenem Urin angekommen. Sie hatten die älteren und brachten ihr bei, wie man Wunden Männer, Frauen und Kinder in unser desinfiziert. andere Leute gestoßen. Wir hatten Kirchlein getrieben. Dann folgte eine Nach ein paar Tagen kamen alle aus gemeinsam den Fluss überquert und Explosion. Ich hörte Schreie und Stöh- ihrem Versteck. Sie suchten nach ihren unterhalb eines Dorfes herausgekom- nen aus dem Inneren der Kirche, das Familien und fanden Tote und Leichen- men. Wir waren durchnässt und dreckig nach und nach abflachte und schließlich berge. Sie setzten die Verstorbenen in und versuchten Unterschlupf bei ein aufhörte. Plötzlich wurde versucht, die einem Massengrab bei. paar Bauernhäusern zu finden, was uns Tür von innen zu öffnen. Ein älterer In Cerpiano war das große Steinhaus jedoch verwehrt wurde. Eine der Bäu- Mann kam raus. Er wurde jedoch von nicht zerstört worden. Aus diesem erinnen, Margarita Janelli, hat sich zwei Soldaten sofort niedergeschossen. Grunde fanden sich die Überlebenden jedoch dazu überreden lassen, Brot zu Diese Ereignisse habe ich selbst beob- backen und uns Essen in den Wald zu achtet, andere wurden mir von den bringen. Durch ihre 5 Brotlaibe konnten Persönliches Gedenken in wir 10 Tage überleben. Überlebenden erzählt. den Ruinen am Monte Sole Später sahen wir ein Gefecht zwischen Deutschen und anderen Soldaten. Da sie gegen die Deutschen kämpften, waren wir der Meinung, dass das diejenigen waren, auf die wir warteten. In der fol- genden Nacht machten wir uns in Rich- tung dieser Soldaten auf. Dadurch über- schritten wir die damalige Front und befanden uns im schon befreiten Gebiet der Alliierten. 27 Zeitzeugnisse "Wenn du keine Post bekommst, geht es mir prima" Erinnerungen eines deutschen M. E., auch bekannt Deserteurs als Alberto und Egbert

eingegliedert wurden, bildeten sie eine seiner guten Sprachkenntnisse - "ich ''Flieger-HJ" und betrieben den Bau von sprach englisch, ich sprach französisch, Segelfliegern. ich sprach italienisch" - einem Kriegs- M. E. - er möchte hier nur mit Eigentlich wollte M. E. Journalist wer- gefangenenlager bei Anzio Nettuno als diesen Initialen genannt werden den, aber sein Vater zwang ihn zu einer Dolmetscher zugeteilt. Nebenbei - war als junger Wehrmachts- kaufmännischen Ausbildung. Noch kurz schmuggelte er auch Flüchtlinge aus soldat während des Krieges in vor Kriegsbeginn durfte er nach Eng- dem Lager. Er brachte auch italienische Afrika und Italien. In seinem land reisen, lernte Marjorie, Billy und Prostituierte zu den Deutschen. Sie soll- Kopf haben sich die Bilder der andere jungen EngländerInnen kennen ten Soldaten und Offiziere davon abzu- Soldaten und ZivilistInnen und bekam dort einen Eindruck von halten, Frauen zu vergewaltigen. An eingeprägt, die vor seinen Presse ohne allgegenwärtige Zensur. diese Vorfälle erinnert sich M. E., der Augen gestorben sind. "Aber Nach seinem Arbeitsdienst meldete er sich von seinen italienischen FreundIn- viel schrecklicher waren die sich Ende 1940 freiwillig zur Flieger- nen Alberto nennen ließ, noch sehr Erlebnisse, die ich zu Hause ausbildung nach Schleißheim. Bald genau: Nachdem er durch Hilferufe gesehen habe. Wie Hitler plagten ihn Gewissensbisse, dass er geweckt wurde, stürmte er nur mit Uni- gesagt hat: Wir radieren. Aber vielleicht auf seine englischen Freunde formhose bekleidet auf die Straße: "A dann haben die Engländer schießen müsste. "Also gut, ich werde soccorso, also Hilfe, Hilfe! Deutsche radiert." denen was husten. Ich mime Bauch- Soldaten sind nach einem Saufgelage schmerzen. Bei der Fliegerausbildung raus und haben Frauen gesucht, um sie saß ja der Fluglehrer vorne, hinten saß zu vergewaltigen. Dann habe ich die der Schüler. Auf einmal kotzte ich dem Pistole genommen und in die Luft Was M. E. dazu bewegte zu desertieren, hinten in den Kragen, und ab der Zeit geschossen. Ich bin in ein Haus, wo ich ist eine etwas längere Geschichte. Als war ich nicht mehr flugtauglich. Kann einen, der sich neben eine Frau legen Junge war er begeisterter Pfadfinder man ja verstehen, nicht?" Danach erleb- wollte, zurückriss und sagte: mein lie- und wünschte sich ein abenteuerliches te der Flugschüler als Kradmelder den ber Freund, raus hier! In diesem Rückzug der deutschen Truppen aus Moment wusste keiner wer ich war - Nordafrika. Es folgte seine Versetzung meine Rangabzeichen konnte ich ja Also gut, ich werde denen nach Italien, er transportierte Lebens- nicht auf der nackten Schulter anbrin- was husten. Ich mime mittel, Waren und die Beute deutscher gen. Dann habe ich sie alle rausge- Offiziere von Süden nach Norden. Von schmissen." Bauchschmerzen. Bei der seiner Mutter konnte er ein wenig italie- nisch. Bald darauf bekam er den Auftrag, Fliegerausbildung saß ja Während er in Süditalien auf eine Fähre Viehherden nach Norden zu treiben, die der Fluglehrer vorne, wartete, lernte er eine italienische Frau dann nach Deutschland transportiert und im Anschluss ihre Familie kennen. werden sollten. Ihm wurden sechs oder hinten saß der Schüler. Der Bruder bat ihn, jemanden in seinem sieben Italiener und ein Panjewagen Auf einmal kotzte ich dem Laster nach Rom mitzunehmen. "So zugeteilt. Auf dem Weg tauschten sie kam ich über die Frau zu deren Bruder, mit der Bevölkerung Vieh gegen hinten in den Kragen, und der beim Widerstand war. Er brachte Lebensmittel und Quartier. "Es kam vor, ab der Zeit war ich nicht noch zwei andere mit, die sich unter den dass ich 120 Schafe hatte und zum Apfelsinen versteckt haben." Schluss kamen nur 80 an. Ja, was macht mehr flugtauglich man bei einem Fliegerangriff, da laufen Das war seine erste Begegnung mit der die Schafe halt weg." Aus Alberto und Resistenza, die er nicht mehr genau zu den Italienern wurde eine "verschwore- Leben. Seine Mutter war Sängerin mit datieren vermag - auf jeden Fall war es ne Gemeinschaft". Sie trugen sich mit Ausbildung bei einer italienischen Pri- noch vor dem 8. September 1943. Wäh- dem Gedanken eine Widerstandsgruppe madonna und zu Hause gaben sich rend dieser Zeit kam er viel herum, mar- zu bilden. Einmal wurde die Gruppe KünstlerInnen aus vielen Ländern die schierte bei verschiedenen Truppentei- Zeuge, wie deutsche SS-Einheiten eine Türklinke in die Hand. Den Sohn faszi- len, zeitweise auch bei einer Propagan- Gruppe Frauen zu Schanzarbeiten nach nierte besonders die Fliegerei. Als die dakompanie. Nach der Landung der Monte Cassino verschleppten. Einige 28 Pfadfinder in Haan der Hitler-Jugend Alliierten in Sizilien wurde er wegen Frauen starben, als sie von einem über- füllten Laster stürzten. Nur mit Mühe eine Frau namens Maria zu einer Parti- fizier genannt hatte. Auf der Suche nach konnte Alberto seine Gefährten zurüc- sanengruppe in der Nähe von Rom, die dieser Gruppe erhielt er bei Privatleuten khalten. "Wir wären alle erschossen sich zum Teil aus ehemaligen Spanien- Unterschlupf. In einem Taubenhaus in worden, sie hatten Waffen und es kam kämpfern zusammensetzte. Als Alberto Den Haag wurde aus M. E., auch Verstärkung." sich einem Hinterhalt gegen einen deut- bekannt als Alberto, Egbert. Als deut- schen Konvoi beteiligen sollte, weigerte sche Truppen dieses Stadtviertel durch- Im März 1944 erhielt Alberto einen er sich - niemanden, egal auf welcher kämmten, wurde Egbert auf der Flucht Urlaubsschein, entschloss sich nach Seite, war er bereit zu töten. Die Parti- festgenommen. Da Deserteuren die Hause zu fahren und verabredete sich sanInnen drohten daraufhin, ihn als Hinrichtung drohte, gab er sich diesmal mit den anderen für die Zeit nach seiner deutschen Spion hinzurichten und für einen Italiener aus, der gemeinsam Rückkehr. sperrten ihn in einen Schweinestall. mit den Deutschen gegen die Engländer In Deutschland stand er vor Trümmer- Besagte Maria löste in der Nacht Bretter kämpfen wolle. Sehr schwierig sei es landschaften, viele Freunde waren tot aus der Rückwand, brachte Brot, Käse gewesen, auch bei malariabedingten oder verschollen, fünf von sechs Tanten und Wasser. Er hatte Fieber, sie wusste Fieberanfällen kein deutsches Wort zu verbrannt. "Der Mutter habe ich gesagt: von seiner Gonorrhoe und Malaria. Ihr sprechen. Auf dem Weg zu einem Ver- Mama, ich desertiere jetzt." Seine Mut- Vater war ein ranghoher Partisan. Heute hör gelang ihm später die Flucht. Bei ter war sehr besorgt, weil sie nun wahr- denkt M. E., dass er wegen seiner einer christlichen Widerstandsgruppe scheinlich nichts mehr über den Ver- Krankheit und Marias Hilfe seiner Hin- konnte er bis Kriegsende unterschlüp- bleib ihres Sohnes erfahren würde. richtung entging. "Frauen haben eine fen. Aber das ist eine andere lange "Wenn du keine Post mehr bekommst, große Rolle bei mir gespielt. Frauen Geschichte. geht es mir prima", entgegnete M. E., habe ich mein Leben zu verdanken." "aber sobald du Post bekommst, ist das Die Partisanen hätten auch seine Krank- Der spätere Reisejournalist erhielt kei- die Todesnachricht. Also freu dich, heit als Vorwand genommen, weil sie nerlei Entschädigung, weil er seine wenn du keine Post bekommst." ihn gar nicht hinrichten wollten, da sei- Geschichte nicht mit Dokumenten bele- ne Haltung ihnen auch imponiert habe. gen konnte und seine ZeugInnen gestor- Auf dem Rückweg nach Italien verließ ben oder nicht aufzufinden waren. Aber er bereits kurz vor Rom den Zug und In der Apotheke holte er wieder seine er sieht das Ganze letztlich gelassen: versteckte sich auf der Flucht vor einem Uniform. Mit einem Marschbefehl in "Ich habe das ja nicht getan, um Geld zu Feldjäger in der Damentoilette. Dort der Tasche gelangte er in ein Lazarett bekommen". bemerkte eine Frau den Deserteur, die für Soldaten mit Geschlechtskrankhei- ihn, da er sich als krank ausgab, in die ten am Gardasee. Dort, in Riva, freun- Apotheke ihrer Tante brachte. Gegenü- dete er sich mit einem deutschen Unter- ber seinen Beschützerinnen gab er sich offizier an, der Kontakt zur Stauffen- Ja, was macht man bei als Franzose mit einer deutschen Mutter berggruppe suchte. Seinen Aufenthalt aus: Monsieur Bilancourt. Seine deut- im Lazarett konnte er als Mitglied des einem Fliegerangriff, da sche Uniform blieb in der Apotheke Kameradenkabaretts in die Länge zie- laufen die Schafe halt weg zurück, während der "Franzose" nach hen. Im August jedoch erhielt er einen Rom gebracht und in einer Stadtwoh- Marschbefehl nach Holland. Er setzte nung versteckt wurde. sich erneut von der Truppe ab und woll- Es begann eine Zeit des ständigen Ver- te sich einer Widerstandsgruppe Für Deserteure gab es nach dem Krieg stecktseins. Als Deserteur war er seinem anschließen, die ihm besagter Unterof- kaum Anerkennung und positive Reak- Umfeld wehrlos ausgeliefert. Er lebte in tionen. M. E. erinnert sich an ein ständiger Ungewissheit über sein weite- Gespräch mit dem Pfarrer, den er als res Schicksal. Kind sehr geschätzt hatte. Der Geistli- 1940: Auszeichnung che machte ihm nach dem Krieg Vorhal- Von der Apotheke holte ihn eine Fah- vom Führer für M.E. tungen, weil er desertiert war und seiner rerin in einem Fiat mit zerschossenem Mutter Sorgen bereitet hätte. Später Spiegel ab. Sie trug eine Pistole. Als sie fand er heraus, dass sein Pfarrer selber wortlos mit ihm in einen abgelegenen Offizier war - es entfährt ihm ein "Pfui Waldweg fuhr, ausstieg und hinter dem Deibel". Wagen verschwand, befürchtete er, jetzt erschossen zu werden. Die Frau stieg Matthias Brieger, Maike Dimar, jedoch wieder ins Auto, als ob nichts Wolfgang Most gewesen wäre. Beim Weiterfahren glaubte er aus dem Augenwinkel Monatsbinden liegen zu sehen. Rom war zu diesem Zeitpunkt bereits Das Gespräch mit M. E. fand im Januar "offene Stadt", was er nicht wusste. Von 2003 statt. seinen HelferInnen wurde er auf Herz und Nieren geprüft; so befragte ihn ein Die Recherchen zu diesem Beitrag wur- italienischer Widerstandskämpfer, der den von der Rosa Luxemburg Stiftung in der Fremdenlegion französisch gefördert. gelernt hatte. Vor Aufregung vergaß der "Franzose" seinen Namen und nannte sich "Boulanger". Dennoch überstand er diese und andere rätselhafte Überprü- fungen. Nach einer Zwischenstation in einem anderen Bauerndorf brachte ihn 29 "An ihre Namen erinnere ich mich nicht mehr"

Deserteure Man kann nicht mit Sicherheit behaup- in der Resistenza ten, dass die Deserteure mit gefestigten Widerstandswillen repräsentativ sind. Fernando Cavazzini, Kampfname Toni, Familie unter den Bomben sie davon war Partisan im Emilianischen Appenin. überzeugt hatte, dass dieser unerträgli- Auch in seiner Einheit gab es Deserteu- che Zustand, dieser Krieg, ... beendet re: "Diejenigen, die bei uns waren, werden müsse". waren alles ehemalige Wehrmachtsol- Andere, wie der in Berlin geborene daten, keine überzeugten Nazis. Leute, Aktivist der GAP mit dem Kampfnamen die keine Lust auf den Krieg hatten. Das "Enz" kamen aus antifaschistischen war auch der Grund, weshalb sie bei uns Hans Schmidt Milieus. "Enz", dessen Familie in deut- zum großen Teil nicht an bewaffneten schen Lagern ermordet worden war, Aktionen gegen deutsche Wehrmacht- Über 100.000 deutsche geriet in die Fänge der SS, wo er zu seinheiten teilnehmen wollten. Sie Soldaten desertierten im Tode gefoltert wurde, ohne die Stellun- kannten die Leute, bis kurz vorher Zweiten Weltkrieg. Gegen gen der PartisanInnen verraten zu waren das ihre Kollegen gewesen und Deserteure, derer sie habhaft haben. sie wollten sich da raushalten. Sie haben wurde, ging die Wehrmachts- zwar bei uns mitgearbeitet, waren wich- justiz mit erbarmungsloser In La Spezia hatte sich Kapitän zur See tige Unterstützer, aber wollten an den Härte vor: 22.750 so genannte Rudolf Jacobs wegen der Massaker von direkten bewaffneten Aktionen oft nicht Fahnenflüchtige wurden zum deutschen Truppen zur Zusammenarbeit teilnehmen. Vielleicht wäre das anders Tode verurteilt. Viele wurden mit den PartisanInnen entschlossen. gewesen, wenn wir irgendwelche noch in den letzten Kriegstagen Bereits vor seinem Übertritt lieferte er besonderen Nazieinheiten hätten an- umgebracht. Informationen. Im Spätsommer 1944 greifen müssen." setzte er sich nahe Lerici ab, fiel aber schon am 3. November 1944 im Kampf Deserteure wurden durch Agitation von Die Zahl der Desertionen in Italien hat- gegen italienische Faschisten. Von der antifaschistischen Kräften in den eige- te bereits im Sommer 1944 ein erhebli- Gemeinde Sarzana wurde er posthum nen Reihen, der Resistenza oder der ches Ausmaß. Laut einem Bericht der ausgezeichnet. Alliierten in ihren Entscheidungen Geheimen Feldpolizei vom Juli 1944 beeinflusst; zum Teil spielten die Faszi- desertierten in der Gegend von Civitella Hans Schmidt aus Berlin war Mitglied nation des Landes, Kenntnis der Spra- 721 Soldaten. Zahlenangaben zum Aus- der Sozialistischen Arbeiterjugend che, Beziehungen zu einheimischen maß der Beteiligung deutscher Deser- gewesen und 1935 für einige Monate im Männern und Frauen oder Kontakte zu teure an den Partisanenkämpfen gibt es KZ Columbia bei Berlin inhaftiert. 1944 PartisanInnen eine wichtige Rolle. jedoch nicht. unterstand er als Funker der in Albinea/Reggio Emilia. Schmidt hat- Zweckorientierte Kriegsinterpretatio- Battaglia1 kam durch eine Befragung te seit Monaten Kontakt zu den Parti- nen und verklärende Kriegserinnerun- ehemaliger PartisanInnen zu dem sanInnen. Gemeinsam mit Oddino Cat- gen führten in der deutschen Nach- Schluss, "dass sich der Übergang von tini plante er die Gründung einer Parti- kriegsgesellschaft zu einer Ächtung der Deutschen in die Reihen der italieni- saneneinheit, die deutsche Deserteure Deserteure. Ihren Witwen wurden bis in schen Widerstandsbewegung nicht auf aufnehmen sollte. Schmidt wollte den die 90er Jahre Renten verweigert. Die Einzelfälle beschränkt, sondern ein PartisanInnen die Funkanlage überge- Bundesregierungen ließen sich bis 2002 bedeutendes Ausmaß erreicht" habe. ben und zwei Luftwaffenoffiziere aus- Zeit, Deserteure zu rehabilitieren. Wer liefern, die verbrecherische Befehle sich jedoch den PartisanInnen gegeben hatten. Andere Wehrmachtsan- anschloss, bleibt als "Kriegsverräter" Diejenigen, die bei uns waren, gehörige - Erwin Bucher, Erwin Schlun- von der Rehabilitation ausgeschlossen. waren alles ehemalige der, Karl-Heinz Schreyer und Martin Auf die Seite der gegen den Nationalso- Koch - unterstützen ihn. Die Aktion war zialismus kämpfenden Gegner zu wech- Wehrmachtsoldaten, keine bereits angelaufen, als ein alliiertes seln, gilt weiter als Straftatbestand. überzeugten Nazis - Flugzeug Leuchtfeuer abwarf und in der Stellung Alarm auslöste. So flog alles Matthias Brieger Leute, die keine Lust auf den auf und die fünf wurden inhaftiert. Krieg hatten Schmidt gelang es eine Handgranate mit 1 Roberto Battaglia: Deutsche Partisanen in in seine Zelle zu nehmen. Sein Plan, der italienischen Widerstandsbewegung, Der Partisan Alberto Qualierni sagte sich und die Offiziere umzubringen, die in: Internationale Hefte der ihm: "An ihre Namen erinnere ich mich ihn verhören sollten, scheiterte; die Gra- Widerstandsbewegung 2, (1960), Heft 4, nicht mehr. Was den Grund ihrer Deser- nate wurde entdeckt und er erschossen. S.73-82 tion betrifft, so erinnere ich mich dass Bucher wurde auf der Flucht erschos- Die Recherchen zu diesem Beitrag wur- sie, wenn sie überhaupt etwas sagen sen, die drei anderen hingerichtet. den von der Rosa Luxemburg Stiftung wollten, erzählten, dass die Trennung Schmidt ist heute Ehrenbürger der gefördert. 30 (...) oder das Zugrundegehen ihrer Gemeinde Albinea. "Von Massakern wurde nie etwas erzählt" SS-Karstwehr Urlaubsort Pottenstein ermordete in Avasinis "Von Massakern wurde 51 Einwohner nie etwas erzählt" Die Recherchen sind aufwändig, sie führen bis nach Norditalien SS-Karstwehr ermordete in Avasinis in die Provinz Udine. Dort liegt 51 Einwohner das Bergdorf Avasinis, ein 800- Seelen-Ort an den Hängen des Monte Cuar. Die Spuren weisen sich in nördlicher Richtung absetzte. Im beim Dorf vorbeigekommen sind. auch in die von vielen Anschluss an das kurze Gefecht begab "Ermittlungen sprechen sich in diesen Urlaubern geliebte Fränkische sich die Truppe ins nahe gelegene Ava- Kreisen schnell herum", meinte ein Kri- Schweiz im Städtedreieck sinis und metzelte erbarmungslos 51 minaler, der auch Absprachen der SS- Bayreuth-Bamberg-Nürnberg. Bewohner nieder, darunter fünf Kinder Leute untereinander vermutete. Vieles Hier wurde im bekannten im Alter von zwei bis zwölf Jahren und deutet darauf hin. Urlaubsort Pottenstein 1942/43 zwei Frauen, die 75 und 81 Jahre zähl- die sogenannte SS-Karstwehr ten." Die letzte Hoffnung setzt Lückemann gedrillt, die bei der Partisanen- auf ein Rechtshilfeersuchen an Italien, bekämpfung in Italien und Jahrzehntelang blieben die Mörder in das im August 1999 gestartet wurde. Slowenien eine blutige Spur Uniform im Dunklen. Erst das Wiesen- zog. Das SS-Karstwehrbataillon thal-Dokumentationszentrum in Wien, wurde im August 1943 nach das weltweit NS-Verbrechen recher- Es habe wahrscheinlich Kärnten verlegt und war chiert, wies die deutsche Justiz im anschließend bei Tarvis im keine Truppe gegeben, die August 1995 schriftlich auf das Massa- Einsatz. Im November 1943 ker hin. Der Würzburger Staatsanwalt- so viele Verbrechen an der wurde die Elitetruppe dem schaft wurde das Verfahren schließlich Zivilbevölkerung beging Höchsten SS- und Polizeiführer im Juli 1997 zugeteilt. Parallel dazu Italiens, Karl Wolff, zur wie die Karstwehr unter ermittelte Würzburg wegen zahlreicher Partisanenbekämpfung im weiterer Massaker durch die Pottenstei- fast einjähriger Führung Adriatischen Küstengebiet ner Karstwehr in Slowenien 1943 und von SS-Standartenführer unterstellt. 1944 - ergebnislos. Geschichtsprofessor Hans Brand Tone Ferenc von der Universität Ljubl- jana fällte ein klares Urteil: Es habe Die Mühlen der Justiz mahlen langsam. wahrscheinlich keine Truppe gegeben, Die Militärstaatsanwaltschaft Padua Die Staatsanwaltschaft in Würzburg die so viele Verbrechen an der Zivilbe- hatte lange vorher wegen der Gräuel in ermittelt seit Juli 1997 gegen unbekann- völkerung beging wie die Karstwehr Avasinis ermittelt und auch heimische, te Angehörige der SS-Karstwehrdivi- unter fast einjähriger Führung von SS- zivile Augenzeugen vernommen. Die sion wegen eines Massakers an 51 Ein- Standartenführer Hans Brand. deutschen Fahnder erbaten Aktenein- wohnern von Avasinis am 2. Mai 1945 - sicht, um vielleicht doch noch auf dem Tag, als die Kapitulation der deut- Wie der Leitende Oberstaatsanwalt Cle- Täterhinweise zu stoßen. schen Streitkräfte in Italien in Kraft trat. mens Lückemann in Würzburg auf Die arglose Bevölkerung glaubte, der Anfrage erklärte, wurden im Zuge bei- Heute erinnert in Avasinis ein mächtiger Krieg wäre vorbei und wähnte sich in der Verfahren insgesamt 134 ehemalige Gedenkstein, auf dem die Namen der Sicherheit. "Die Glocken der Kirchtür- SS-Karstwehrsoldaten vernommen. Opfer eingemeißelt sind, an den 2. Mai me der umliegenden Dörfer läuteten Lückemann hat "keinen Zweifel an der 1945. Die Gemeinde Trasaghis, zu der zum Tag unserer Befreiung", erinnerte Richtigkeit der Schilderungen" über das das Dorf gehört, veröffentlichte 1995 sich eine Zeitzeugin. Der renommierte Blutbad. Zwar konnten sich die Vetera- eine Gedenkschrift, in der Lokalhistori- Militärhistoriker Gerhard Schreiber nen unisono daran erinnern, in diesem ker Pieri Stefanutti den "grausamen schilderte in seinem Buch "Deutsche Gebiet gewesen zu sein, doch keines- Rachefeldzug" rekonstruierte und Kriegsverbrechen in Italien" den Über- falls in Avasinis selbst. Für die deutsche Augenzeugen zu Wort kommen ließ. fall: "Am Morgen jenes Maitages grif- Justiz steht aber fest, dass Teile der Bürgermeister Ivo Del Negro will die fen Partisanen einen SS-Verband an, der Division zum betreffenden Zeitpunkt Erinnerungen wach halten, um damit 31 "bei einer wahrhaften Förderung des Friedens mitzuwirken". werden. Die deutschen Staatsanwalt- schaften müssten die Akten anfordern Der Schrank und eigene Verfahren einleiten, wie im Fall Siegfried Engel geschehen: Eben- im Palazzo Cesi falls in Turin wurde der ehemalige SS- Offizier zu lebenslanger Haft verurteilt. Späte Prozesswelle gegen ehemalige Er soll für den Tod von 246 Geiseln ver- antwortlich sein, darunter die 59 Opfer deutsche Soldaten in Italien einer "Sühnemaßnahme" am Turchino- Pass. Das Hamburger Landgericht ver- Mit der Faust habe Renninger auf den Dort wurden in den 50er bis Anfang der urteilte den "Todes-Engel", wie ihn die Tisch geschlagen und entschieden „no“ 60er Jahre noch von den Alliierten Häftlinge im Gefängnis von Genua gesagt. Nein, den Befehl habe er nicht angelegte Akten über Kriegsverbrechen nannten, letztes Jahr wegen Mordes zu verweigern können, er sei nur der Aus- gestapelt, die an die zuständigen Mili- sieben Jahren Haft. Lediglich auf das führende gewesen und habe nicht ent- tärstaatsanwaltschaften hätten ver- Massaker am Turchino-Pass bezog sich schieden, jemanden zu erschießen. schickt werden müssen. Doch die das Urteil, seine weiteren Verbrechen Gerne erzählt Alberto Custodero, Jour- Unterlagen verblieben im Schrank, der blieben unerwähnt. Außerdem ist unge- nalist aus Turin, von seinem Besuch bei verschlossen und mit der Tür zur Wand wiss, ob der 93-Jährige seine Haftstrafe Anton Renninger; als er 1998 von Turin gestellt wurde. Während des Kalten überhaupt antreten muss: Das Gericht extra nach Erlangen fuhr, um mit einem Krieges wollte man auf den NATO- hält Engel für haftunfähig und seine alten Foto den mutmaßlichen Verant- Partner Deutschland Rücksicht nehmen. Verteidigung hat Revision gegen das wortlichen für das Massaker in Cumia- Auf deutscher Seite sind in jener Zeit Urteil eingelegt. na ausfindig zu machen, ihn zu seiner von den Staatsanwälten, die häufig Im Prozess gegen Anton Renninger Zeit in Italien zu befragen und aus dem schon vor 1945 im Dienst waren, konnte in Turin kein Urteil gefällt wer- Buch von Marco Comello vorzulesen. Ermittlungsakten über deutsche Kriegs- den. Der ehemalige SS-Obersturmfüh- Ein gutes Jahr später, also erst über ein verbrechen ohnehin schnell wieder rer starb im Jahr 2000 vor dem Ende halbes Jahrhundert nach Kriegsende, geschlossen worden. So staubten die seines Verfahrens. Bevor seine Vergan- erhob die Militärstaatsanwaltschaft Unterlagen unberührt im "Schrank der genheit in Erlangen kurz vor seinem Turin Anklage gegen Renninger wegen Schande" vor sich hin. Tod bekannt wurde, war er Ehrenvorsit- Mordes an den 51 Geiseln. Erst Mitte der Neunziger Jahre öffnete zender eines Reitsportvereins und ein ein Justizbeamter auf Suche nach Unter- angesehener Mann im öffentlichen lagen für das Verfahren gegen Erich Leben der Stadt. Mittels gesammelter Priebke den Schrank. Nahezu 700 Dokumente Geschichts- Akten kamen wieder zum Vorschein Giulio Nicoletta, der am 3. April 1944 verfälschungen verhindern und wurden diesmal an die zuständigen als Anführer einer Partisaneneinheit mit Militärstaatsanwälte verschickt. Nun ihm über die Freilassung der Geiseln in konnte jede Staatsanwaltschaft ent- deutscher Hand verhandelt hatte, erin- scheiden, ob Ermittlungen aufgenom- nert sich: "Ich bin dort auf jemanden Auf den Schreibtischen der italieni- men werden sollten. Es folgte eine Rei- getroffen, der sich mit Renninger vorge- schen StaatsanwältInnen stapelten sich he von Prozessen und Verurteilungen, stellt hat. Am Anfang war er sehr aufge- plötzlich Berge von Akten über ehema- zum Beispiel im Prozess gegen den bracht. Die Partisanen hätten angegrif- lige Wehrmachtssoldaten oder SS- deutschen Kripo-Beamten und ehemali- fen, sie hätten darauf geantwortet - das Angehörige, denen die Beteiligung an gen SS-Hauptsturmführer Theo Sae- schrie er mehrmals. Ich sagte, beschlie- Kriegsverbrechen in Italien zur Last vecke: Er wurde wegen der Erschießun- ßen wir das ganze. Sagen Sie mir, was gelegt werden. Während der 20 Monate gen auf dem Mailänder Loretoplatz in wir tun müssen. Daraufhin hat er sich dauernden deutschen Besatzung wurden Abwesenheit zu lebenslanger Haft ver- ein bisschen beruhigt und mir mitge- etwa 10.000 Zivilpersonen umgebracht, urteilt. Solche Urteile haben für die teilt, dass bereits 51 Zivilisten erschos- nicht eingerechnet sind Militärangehö- Betroffenen jedoch kaum Folgen, denn sen waren." rige und WiderstandskämpferInnen. nach dem Grundgesetz dürfen Deutsche "Dass die Gerechtigkeit wenigstens for- Anlass für das späte juristische Vorge- nicht an andere Staaten ausgeliefert mal statt fände und Renninger im Pro- hen war ein alter Aktenschrank im zess in Turin verurteilt würde", hätte Palazzo Cesi, dem Sitz der Militär- sich Giulio Nicoletta gewünscht. Mag Generalstaatsanwaltschaft im Rom. Anton Renninger (links) auf auch der eigentliche Befehl von weiter einem Volksfest bei Pinerolo oben gekommen sein, Renninger habe zumindest den Fehler begangen zu gehorchen: "Eine typisch deutsche Tra- dition". Eine grundlegende Funktion solcher Prozesse ist es, hebt der Turiner Militärstaatsanwalt Dr. Pier Paolo Rivello hervor, "mittels der gesammel- ten Dokumente und Zeitzeugenberichte Geschichtsfälschungen zu verhindern".

Wolfgang Most

Alle Zitate stammen aus Interviews, die vom Verein zur Förderung alternativer Medien im September 2000 in Turin geführt wurden. Sie sind im Internet 32 nachzulesen unter. www.resistenza.de verstoßen haben. Die Legitimität des Partisanenkampfes wird von bürger- licher Seite immer wieder angezweifelt. Gleich Engel sprach Staatsanwalt Kuhl- mann in seinem Plädoyer von "Partisa- nen, modern ausgedrückt Terroristen"

Der Nürnberger "Geiselmordprozess" Tatsächlich haben nach der Haager Landkriegsordnung (HLKO) von 1907 Partisanen keinen Kombattantenstatus und bei ihrer Bekämpfung, heißt es recht unpräzise, seien in besonderen Fällen Repressalien gegen die Zivilbe- völkerung gerechtfertigt. Gleichzeitig gilt aber auch Art. 50 der HLKO: "Kei- ne Strafe in Geld oder anderer Art darf über eine ganze Bevölkerung wegen der Handlungen einzelner verhängt werden, 1998: Alberto Custodero zu Besuch bei Anton Renninger in Erlangen für welche die Bevölkerung nicht als mitverantwortlich angesehen werden kann." "Völkerrechtliches Gewohnheitsrecht" Der Prozess gegen Friedrich Engel aus völker- und kriegsrechtlicher Perspektive

Am 4. Juli 2002 verurteilte das Soldaten Straffreiheit zu. In Italien wur- Da die Haager Landkriegsordnung den Hamburger Landgericht den de dieser Befehl Hitlers durch den dor- Begriff Geisel noch nicht kennt und die ehemaligen SS- tigen Oberbefehlshaber Generalfeld- Ausführungen zum Thema Kriegsre- Obersturmbannführer Friedrich marschall Kesselring, dem seit April pressalie vage sind, kommt in dieser Engel zu sieben Jahren Haft 1944 auch die Partisanenbekämpfung Frage dem VII. Nürnberger Nachfolge- wegen des Mordes an 59 oblag, umgesetzt und eine Strafverfol- prozess von 1948 besondere Bedeutung Partisanen und Gefangenen 1944 gung nochmals ausdrücklich verboten. zu. Bezeichnenderweise blieb die am Turchino-Pass bei Genua. Für die Auswirkungen, die solche Rechtsprechung der Alliierten in diesem Trotzdem sieht es so aus, als Befehle auf die italienische Zivilbevöl- wichtigen Prozess bei späteren Ver- könne der 93-Jährige für seine kerung hatten, stehen gut 250 italieni- handlungen durch die BRD - auch im Verbrechen nicht mehr zur sche Ortsnamen, in denen teilweise die Fall Engel - weitgehend unberücksich- Verantwortung gezogen werden, gesamte Dorfbevölkerung massakriert denn das Gericht hält Engel für wurde. haftunfähig. Zu dem in der Presse Als im Sommer 1944 die Partisanentä- "Befehlsnotstand" und als "letzter großer tigkeit deutlich zunahm, erweiterte Kes- Kriegsverbrecherprozess" selring den Befehl zur Geiseltötung "völkerrechtlich zulässige bezeichneten Hauptverfahren wesentlich, indem er diese nun über- Repressaltötungen" waren kam es erst, nachdem Engel in haupt nicht mehr von der konkreten seit den 50er Jahren immer Italien 1999 in Abwesenheit Tötung deutscher Soldaten abhängig wegen 246-fachen Mordes zu machte. Vielmehr sollten alle Orte "in wieder die Stichworte, lebenslänglicher Haft verurteilt denen sich Banditen nachweisen" lie- mittels derer Kriegs- worden war; die weiteren Morde ßen, in denen "Anschläge auf deutsche verbrecher in der BRD spielten im Hamburger Prozess oder italienische Soldaten beziehungs- keine Rolle. weise Sabotageaktionen" begangen straffrei davon kamen wurden, niedergebrannt werden, alle Männer über 18 erschossen und die Wesentliche Grundlage für den Terror Frauen in Arbeitslager interniert wer- tigt. Der Völkerrechtler Prof. Norman gegen die italienische Zivilbevölkerung den. Paech geht sogar davon aus, dass die war der "Bandenbekämpfungsbefehl" Das bisher skizzierte legt nahe, dass die heutige Rechtsprechung es "nicht nur Adolf Hitlers vom 16.12. 1942, deutsche Führung ebenso wie Teile der versäumt (hat), dem Urteil aus Nürn- ursprünglich zur Bekämpfung der Parti- Untergebenen bei Repressalien gegen berg zu folgen, sie hat es auch bewusst sanen an der Ostfront erlassen. Dieser die italienische Zivilbevölkerung, ins- unterlaufen". Im sog. Geiselmordpro- befahl der Truppe "ohne Einschränkun- besondere aber bei den Geiseltötungen, zess ging es um die Frage des Festset- gen auch gegen Frauen und Kinder gegen damals geltendes Völker- und zens von Vertragsgeiseln und Repressal- jedes Mittel anzuwenden, wenn es nur Kriegsrecht, aber auch gegen diesbe- geiseln. Die Richter verdammten Gei- zum Erfolg" führte und sicherte den zügliche Vorschriften der Wehrmacht seltötungen als ein "Gräuel" und "barba- 33 risches Überbleibsel aus der Vorzeit", anerkannten jedoch letztlich das Recht zur Geiselnahme und Geiseltötung unter Bezugnahme auf die Theorie der Kol- lektivverantwortlichkeit und die gewohnheitsrechtlich begründete Gehorsamspflicht der Zivilbevölkerung in einem besetztem Land. Allerdings machten sie die Rechtmäßigkeit der Geiselnahme und Geiseltötung von genau definierten Voraussetzungen abhängig. Dazu zählten u. a.: * Das Verbot, Geiseln aus Rache oder militärischer Zweckmäßigkeit zu töten * Die Verpflichtung nachzuweisen, dass die Bevölkerung aktiv oder passiv an dem zu sühnenden Vergehen Anteil genommen hatte *Die Gewähr, dass vor der Geiselnahme oder Geiseltötung alle anderen Mög- lichkeiten zur Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung erschöpft waren * Der Nachweis, dass es unmöglich gewesen ist, die Täter zu ergreifen * Die Bekanntmachung der Namen und Adressen der genommenen Geiseln Die meisten dieser und weiterer Voraus- setzungen, die sich für die Nürnberger Richter aus dem Völkerrecht, dem Gewohnheitsrecht oder unter Kulturna-

Verstorbene deutsche Kriegsverbrecher werden in Italien auch durch die rot- Nach dem 8. September 1943 hergestelltes deutsches Plakat: grüne Bundesregierung durch beschuldigt wurde, an Geiselerschie- ''Deutschland ist wirklich Eure Kranzniederlegungen geehrt ßungen beteiligt gewesen zu sein. Das Freundin'' erste Ermittlungsverfahren gegen den "Henker von Genua" wurde am 1. Juli durch das damalige "völkerrechtliche tionen allgemein akzeptierten Gebräu- 1969 eingestellt. Auch ein zweiter Gewohnheitsrecht" gedeckt, nur die Art chen und Praktiken ergaben, waren bei Anlauf endete 1993 mit der Einstellung. der Ausführung rechtfertige den Tatbe- den von deutschen Befehlshabern auf Damals suchte die Staatsanwaltschaft stand des Mordes, denn diese sei dem italienischen Kriegsschauplatz aufgrund von Angaben der Alliierten besonders grausam gewesen. Weil befohlenen Geiseltötungen nicht erfüllt Kriegsverbrecherkommission Engel Engel die Art der Exekution selbst ange- - auch nicht im Fall von Friedrich wegen Mordes. Die beauftragte Lud- ordnet hätte, könne er sich nicht auf Engel. wigsburger Zentralstelle zur Aufklärung einen Befehlsnotstand berufen. nationalsozialistischer Gewaltverbre- "Befehlsnotstand" und "völkerrechtlich Die Schuld chen und Hamburger Ermittlungsbehör- zulässige Repressaltötungen" waren seit der deutschen Behörden den konnten Engels Adresse nicht den 50er Jahren immer wieder die ermitteln - er stand im Telefonbuch. Stichworte, mittels derer Kriegsverbre- Nicht zuletzt aufgrund der Verbrechen Doch selbst für die sieben Jahre braucht cher in der BRD straffrei davon kamen. der Nazis verzichtete der deutsche Engel nicht in den Knast: Das Gericht Gemessen an den o. g. Ausführungen Gesetzgeber auf die Möglichkeit der hielt den 94-jährigen Hobbygärtner, aus dem Nürnberger Nachfolgeprozess Verjährung von Mord. Eine Verurtei- auch ohne ärztliche Prüfung, für nicht erfüllte die Erschießung der 59 Geiseln lung wegen mehrfachen Mordes zieht haftfähig. am Turchino-Pass sehr wohl den Tatbe- fast immer eine lebenslange Haftstrafe stand des Mordes. Fünf der Erschosse- nach sich. Im Fall des ehemaligen Ober- Die nachträgliche nen waren unter 18 Jahren, sie hatten sturmbannführers Engel argumentierte Legitimation der Verbrechen somit keinen Kombattantenstatus. 17 Richter Seedorf allerdings, dass "wegen Geiseln waren Partisanen und 42 andere der außergewöhnlichen, unglaublich In dem Hamburger Verfahren wurde politische Gefangene. Ob ihre "aktive langen Zeitspanne zwischen 1944 und zum wiederholten Male die nationalso- oder passive" Teilnahme an dem Bom- 2002 keine unverhältnismäßig hohe zialistische Praxis der Geiselerschie- benanschlag auf das Kino erwiesen war, Strafe verhängt werden" dürfe. Es sei ßung gerechtfertigt, was einer nachträg- spielte im Engel-Verfahren keine Rolle. die Schuld der Strafverfolgungsbehör- lichen Bestätigung faschistischen Auch der Nachweis, dass es unmöglich den, vor allem der italienischen, dass 50 Unrechts gleichkommt. Laut Urteilsver- gewesen war, die Attentäter zu ergreifen Jahre nichts geschehen sei. Er unter- kündung durch Richter Seedorf war die oder durch andere Maßnahmen wieder 34 schlägt dabei, dass Engel schon 1950 Exekution als "Repressalienmaßnahme" Ruhe und Ordnung herzustellen, wurde im Hamburger Verfahren nicht erbracht. dung ist es nicht unwahrscheinlich, dass Grenadierdivision "Reichsführer SS" Wie hätte dieses auch möglich sein sol- Engel in der Revision freigesprochen hat in Italien zahlreiche Massaker len - zwischen dem Anschlag auf das wird. begangen, denen insgesamt etwa 2000 deutsche Soldaten-Kino am 15. 5. 1944 Während das Urteil gegen Engel in der Zivilisten zum Opfer gefallen sind. und der Exekution auf dem Turchino- bürgerlichen Presse weitgehend als Sommer ist der ranghöchste, noch Pass lagen gerade mal 4 Tage. Auch auf besonnen und ausgewogen gelobt wur- lebende Beteiligte am Massenmord in die völkerrechtlich dringend gebotene de, kritisierte der frühere zweite Bürger- Sant´Anna di Stazzema, bei dem 560 Bekanntmachung der Namen der Gei- meister von und Landesvor- ZivilistInnen, darunter auch Kinder, seln ist wahrscheinlich verzichtet wor- sitzende der FDP, Ingo von Münch, das ermordet wurden. Die italienische Justiz den, denn Kesselring hatte schon am 12. Urteil als zu hart. Direkt nach dem bat auch die Zentralstelle zur Aufklä- 1. 1944 befohlen: "Die Erschießung von Urteil zweifelte er am Tatbestand Mord rung nationalsozialistischer Gewaltver- Geiseln ist nicht bekannt zu geben." und erklärte in Bezug auf den Richter: brechen um Rechtshilfe. Die Ermittlun- Immer wieder wurde in Kriegsverbre- "Wer den Krieg nicht bewusst miterlebt cher-Prozessen behauptet, nicht nur hat, kann die damaligen Ereignisse Repressaltötungen an sich seien zuläs- offensichtlich nicht immer gerecht beur- Gleichzeitig ist die sig, sondern auch eine Quote von 10 teilen." Er lamentierte in der Zeitung Diskussion um deutsche ermordeten Geiseln für einen toten "Die Welt": Von den deutschen Opfern deutschen Soldaten sei mit dem Völker- sei im Engel-Prozess zu wenig die Rede NS- oder Kriegsverbrechen recht vereinbar. Die HLKO nennt keine gewesen, diese seien "unbewaffnet und vor dem Hintergrund konkreten Zahlen, stellt aber fest, dass arglos" gewesen, die Partisanen hätten deutscher Militäreinsätze Sühnemaßnahmen keinen exzessiven jedoch "heimlich", also heimtückisch Charakter annehmen und nur der ihre Bombe deponiert, dementspre- in aller Welt hochaktuell Abschreckung, nicht jedoch der Rache chend sei das Urteil eine "falsche Ent- dienen dürften. Im Nürnberger Geisel- scheidung". gen der Ludwigsburger begründen den mordprozess wurde eine feste Quote In der liberalen Öffentlichkeit, aber Anfangsverdacht des Mordes, weshalb ausdrücklich verneint. auch in der antifaschistischen Linken jetzt auch das LKA Baden-Würtemberg Richter Seedorf führte jedoch zugun- fand der skandalöse Prozess gegen Frie- ermittelt. Der 82-jährige Sommer gilt sten des Angeklagten einen Führer- drich Engel so gut wie keine Beachtung. als Hauptverdächtiger, denn er hatte als Befehl vom März 1944 an, an dem sich Dabei hat der Prozess nochmals viele Kompanieführer eine verantwortliche die SS und Engel orientiert hätten. Tat- grundsätzliche Fragen im juristischen, Funktion in Sant´Anna. sächlich hat die Legende von den aber auch im gesellschaftlichen Tötungen im Verhältnis 10:1 im berüch- Umgang mit Opfern und Tätern des Felix Krebs tigten Massaker in den Fosse Ardeatine deutschen Faschismus aufgeworfen. ihren Ursprung, bei dem am 23. 3. 1944 Viele Täter, nicht nur Engel, sind mit Der Artikel ist die gekürzte und als Vergeltung für ein Bombenattentat milden, zumeist gar keinen Strafen aktualisierte Version eines Redebeitrags zur 335 Menschen in Rom ermordet wur- davongekommen. Viele Opfer, so z. B. Veranstaltung: "Deutsche Kriegsverbrechen den. Zuvor hatten italienische Partisa- die widerrechtlich verschleppten italie- in Italien - Zu den Prozessen gegen zwei nen bei einem Anschlag 32 Polizeiange- nischen ehemaligen Militärinternierten, ehemalige Hamburger SS-Männer", gehalten im Dezember 2002 in Hamburg. hörige getötet und 68 verletzt, ein 33. haben bis heute keine Entschädigung Er stützt sich maßgeblich auf G. Schreiber: Opfer starb später an seinen Verletzun- erhalten. Verstorbene deutsche Kriegs- Deutsche Kriegsverbrechen in Italien, gen. Hitler ordnete eine Vergeltung von verbrecher werden in Italien auch durch München 1996. 10:1 an. die rot-grüne Bundesregierung durch Abgesehen davon, dass Friedrich Engel Kranzniederlegungen geehrt. 59 Geiseln als Vergeltung für fünf getö- Gleichzeitig ist die Diskussion um deut- tete deutsche Marineangehörige ermor- sche NS- oder Kriegsverbrechen vor den ließ, unterschlug Richter Seedorf dem Hintergrund deutscher Militärein- bei seinem Rekurs auf das Massaker in sätze in aller Welt hochaktuell. Und die den Fosse Ardeatine jedoch, dass die Debatte um die Wehrmachtaustellung dortigen Verantwortlichen für ihre Gei- des Hamburger Instituts für Sozialfor- selerschießung zur Rechenschaft gezo- schung hat gezeigt, dass große Teile in gen wurden. Alle drei Hauptverantwort- Militär und Politik die Wehrmacht lichen wurden 1946 bzw. 1947 von immer noch als traditionswürdig einem britischen Militärgericht zum betrachten. Tode verurteilt. Das Gericht entschied, dass die Ermordung von 335 Gefange- Ein neuer NS-Prozess wegen nen keine "rechtmäßige Repressalie" Kriegsverbrechen in Italien? darstelle, sprach vielmehr von "bluti- gem Terror", von einem "Racheakt" und Gegen einen weiteren NS-Kriegsverbre- einer "Ungeheuerlichkeit." cher aus Hamburg, den ehemaligen SS- Untersturmführer Gerhard Sommer, Von deutschen Opfern und sowie gegen 7 seiner Kameraden wird anderen Phantomen momentan in Italien durch den Militär- staatsanwalt von La Spezia ermittelt. Der Anwalt von Friedrich Engel wie Sommers Einheit, die 16. SS-Panzer- auch die Hamburger Staatsanwaltschaft haben Revision gegen das Urteil bean- tragt. Angesichts des überaus milden Das 1944 verteilte Plakat Urteils, der sehr entgegenkommenden wirbt für den Eintritt in die Prozessführung und der Urteilsbegrün- Spezialeinheit Der Widerstand in Italien: Zwischen Tradition und Konflikt

Das erste wichtige Datum ist das Jahr sie hat das Werk vollendet, das mit der 1946. Nach einem ruinösen Krieg stellt italienischen Einheit 1861 begonnen sich Italien die Frage nach der Zukunft. wurde. Es wird eine Entwicklungslinie Das Land wird von einer großen Koali- gezeichnet, in der Risorgimento und tion aller Parteien regiert, die am Wider- Resistenza die identitätsstiftenden Ele- Die Resistenza in Italien ist stand beteiligt waren. Am 2. Juni, beim mente sind, während der Faschismus als heute wieder - was sie lange Referendum über die künftige Staats- reine Episode ausgeklammert wird. Zeit nicht mehr war - zu form, entscheidet sich eine knappe Diese erste Phase geht 1947 durch das einem Symbol geworden. Mehrheit für die Republik und gegen Auseinanderfallen der großen Koalition Wie sich die Auslegung der die Monarchie. Nationalfeiertag wird abrupt zu Ende: Es war die kommunisti- Resistenza im Laufe der der 25. April. Dies ist besonders interes- sche Partei, die die Koalition aufgrund Jahre entwickelte und sant: Der 25. April war nicht das Krieg- des Beitritts zur NATO verließ. Dieser veränderte: kein einfaches Bruch wird 1948 durch den Wahlsieg Thema, denn trotz seiner der Christdemokraten bestätigt: erste geringen Dauer (20 Monate Der 25. April war nicht Folgen des beginnenden Kalten Krie- zwischen September 1943 das Kriegsende, sondern ges. und April 1945) und obwohl Im selben Jahr spaltet sich auch die Par- er nur einen Teil Italiens das Datum des tisanen-Vereinigung ANPI (Associazio- betraf, ist dieser bewaffnete Partisanenaufstands in ne Nazionale Partigiani d'Italia), aus der Befreiungskampf ein äußerst den Großstädten die katholischen und liberalen Gruppen komplexes Phänomen. austreten. Zudem besteht eine enge Zwischen 1948 und 1955 wird die Resi- Verknüpfung zwischen der sende selbst, sondern das Datum des stenza von beiden politischen Fronten Interpretation der Resistenza großen Partisanenaufstands in den (der christdemokratischen DC und ihren und den politischen Großstädten Norditaliens. Von Anfang Koalitionspartnern auf der einen, den Ereignissen in Italien von an wird der Widerstand zur legitimie- Kommunisten auf der anderen Seite) als 1945 bis heute. Im folgenden renden Grundlage der neuen, Republik Grundlage ihrer so unterschiedlichen soll die Entwicklung dieser gemacht (die Verfassung tritt erst 1948 Identität in Anspruch genommen: Der Interpretation anhand in Kraft). Dadurch wird auch eine histo- politische Kampf ist besonders hart; wichtiger Daten rische Kontinuität angestrebt: Die Resi- staatliche Organe starten eine regelrech- 36 rekonstruiert werden. stenza ist ein zweites "Risorgimento", te Verfolgungskampagne gegen die ehe- maligen kommunistischen Partisanen. Aktion von Bauern, Arbeitern, Ange- der Regierung, wird sie als Mittel zum Zehn Jahre nach Kriegsende wird die stellten, Männern und Frauen darzustel- Angriff gegen die kommunistische Par- Resistenza von der Zentrumskoalition len. Der Antifaschismus soll die legiti- tei benutzt. Die Legitimierung der PCI unter Scelba noch direkter zur Grundla- mierende Grundlage des demokrati- als tragende Kraft der Resistenza wird ge des neuen Staats ernannt; anderer- schen Staates werden und einen Orien- in Frage gestellt, man unterscheidet seits werden die Partisanenvereinigun- tierungspunkt im sozialen und kulturel- jetzt zwischen einer "guten", demokrati- gen ausgeschlossen und die Rolle der len Wandel bieten. Einmal mehr wird schen, westlich orientierten Resistenza Armee stärker betont. der Faschismus als "Feind im Inneren", und einer "roten" Resistenza, die angeb- als Episode oder Unfall in der lich die kommunistische Revolution als Das Jahr 1960 bringt eine zweite Wende Geschichte angesehen. Eine Besonder- Ziel verfolgte. im Verständnis der Resistenza: Am 25. heit in diesem Kontext stellt die Rolle März bildet der Christdemokrat Tam- der kommunistischen Partei PCI dar, die broni eine Regierung, die von Monar- als starke, auf der Resistenza gegründe- chisten und den Neofaschisten der MSI te Partei das Recht reklamiert, zusam- 1985 wird die Resistenza unterstützt wird. Dies sorgt für neue men mit den anderen antifaschistischen Einigkeit innerhalb der Resistenza, die Kräften an der Regierung beteiligt zu zum Museumsexponat gemeinsam Streiks und Großdemonstra- werden. tionen organisiert (in Reggio Emilia Diese Instrumentalisierung der werden bei den Unruhen 5 Menschen "Ora e sempre - resistenza" - "Jetzt und Geschichte findet eine Fortsetzung nach getötet). Am 22. Juli tritt Tambroni immer - Widerstand" war 1968 der Slo- 1992, als die Korruptionsskandale in zurück: Trotz des Widerstands durch gan der Studentenbewegung. Eine neue wenigen Monaten zur Auflösung der Großteile der DC, der Wirtschaft und Generation tritt auf den Plan. Sie kriti- alten Mitte-Links-Parteien führen. dem Vatikan ist der Weg frei für eine siert zwar die Väter und die Art und Öffnung nach links. Weise, wie sie den 25. April feiern, aber 1994 kommt eine Mitte-Rechts-Koali- Die neuen "Mitte-Links"-Regierungen gleichzeitig will sie auch mit ihren tion an die Regierung, die neben einer (mit Unterstützung der sozialistischen "alternativen" Demos dabei sein. Die ganz neuen Organisation (Forza Italia) Partei PSI, die seit 1956 jede Zusam- Partisanenbande als kleine Einheit der auch die neofaschistische Partei Allean- menarbeit mit der kommunistischen demokratischen Selbstverwaltung wird za Nazionale und die demagogisch- Partei aufgekündigt hat) tragen weiter den Institutionen und dem "Compro- fremdenfeindliche Lega Nord umfasst. zur Legitimation der Resistenza bei. messo storico", dem "historischen Für die politische und soziale Welt, die Das Staatsfernsehen bringt Berichte und Kompromiss" zwischen DC und PCI sich mit den Werten der Resistenza historische Dokumentationen, das Kul- entgegengesetzt. Auch in den späteren identifizierte, ist dies ein echter Schock: tusministerium macht die Geschichte "bleiernen Jahren" zwischen 1975 und Am 25. April 1994 findet in Mailand die bis 1947 zum obligatorischen Lernstoff 1980 bleibt diese Spaltung zwischen größte Demonstration seit 1946 statt, für die Schule, neue Filme über den dem offiziellen Bild der Resistenza und bei der über 400.000 Menschen gegen Widerstand werden gedreht. dem Versuch der sozialen Bewegungen, die Regierung demonstrieren. Die Resi- sich als die richtigen Erben der Resi- stenza wird wieder zu einem starken, Zum Anlass des 20. Jubiläums wird stenza darzustellen, weiterhin bestehen. generationenverbindenden Element der 1965 versucht, durch große zentrale In den links regierten Regionen, in kollektiven Identität. In diesen Jahren Feierlichkeiten die Einheit der Resisten- denen die Führungsklasse direkt aus der erscheint auch das wichtigste Essay von za zu betonen und sie als gemeinsame Resistenza stammt, wird der Widerstand Claudio Pavone, "Una guerra civile. immer mehr zu einem wesentlichen Sazio storico sulla moralitá della Resi- Faktor der kollektiven Identität. Vie- stenza" (Ein Bürgerkrieg. Historische Sportfest “Gegen das lerorts wird die lokale Geschichte neu Abhandlung über die Moralität der Vergessen der Resistenza und geschrieben, in dem die Zeit 1943 - 45 Resistenza). Der Autor spricht von der der heldenhaften Partisanen'' als Ziel und Endpunkt einer hundertjäh- Resistenza als von einem dreifachen rigen Entwicklung dargestellt wird. Krieg (Bürgerkrieg, Befreiungskrieg, Klassenkampf). 1985 wird bei den Gedenkveranstaltun- gen zur Resistenza der Höhepunkt der Historisierung erreicht. Gerade als zum Der Text basiert auf einem Vortrag von ersten Mal ein Sozialist Ministerpräsi- Massimo Storchi zur Ausstellungs- dent wird (Bettino Craxi) und ein Anti- eröffnung "Partigiani" in Freiburg und faschist und Partisan wie Sandro Pertini einem Gespräch, das im September zum Staatspräsidenten gewählt wird, 2002 im istituto storico in Reggio Emilia mit ihm geführt wurde. wird die Resistenza zum "Museumsex- Massimo Storchi (Jg. 1955) ist ponat" der nationalen Geschichte, zu Historiker am "Istituto storico della einer historischen und unproblemati- Resistenza". Forschungsgebiete: schen Selbstverständlichkeit. Der 25. Faschismus in der Emilia Romagna, April wird zu einem formellen Feiertag, Resistenza und Nachkriegszeit. Veröff. der den jüngeren Generationen kaum in Auswahl: noch etwas vermitteln kann. Uscire dalla guerra. Ordine pubblico e dibattito politico a Modena. 1945-46, Diese Tendenz zur "Einmottung" findet Franco Angeli 1995; mit dem Fall der Mauer in Berlin 1989 Combattere si può, vincere bisogna. La scelta della violenza tra Resistenza e ein Ende. Die Resistenza wird zum dopoguerra. Reggio Emilia 1943-46, Konfliktelement in der Auseinanderset- Marsilio 1998. zung der Linken. Vor allem von Seiten der sozialistischen Partei, 1989 noch an 37 Jedes Jahr wird zur Schlacht geblasen Interview zum 25. April, dem Tag der Befreiung Italiens von der deutschen Besatzung

Guido Pisi: Für Berlusconi ist die Erin- Hat diese Aggression der Medien- nerung an die Resistenza überholt und kampagne einen Einfluss auf die damit demontiert er ein Erbe, das in Gesellschaft, sagen wir etwas verein- gewisser Weise in der italienischen Ver- fachend, dass seit der Eröffnung der fassung zusammengefasst ist. Seine Diskussion durch Berlusconi ein Riss Idee einer Änderung der Konstitution, z. durch die italienische Gesellschaft Straße in Parma B. der Umwidmung des 25. April, führt geht? damit unweigerlich in die Richtung Wer begeht wo und in welcher eines radikalen "zur Diskussion Stel- Guido Pisi: Ich glaube nicht, dass das Weise den 25. April? Die lens" der Werte, welche die Resistenza Land ein Spiegel der Polemik ist, die italienische Öffentlichkeit für das Nachkriegsitalien geschaffen über die Zeitungen und die Politik trans- schielt auf die politischen hat. Dabei bedient er sich natürlich alter portiert wird. Davon ausnehmen muss Würdenträger: Wo würdigt der Argumente und Beschuldigungen wie man natürlich immer die Splitter, die am Staatspräsident Ciampi den etwa, dass die Erinnerung an die Resi- meisten politisiert sind, wie etwa aktive Widerstand, die so genannten stenza immer von der Linken hegemo- Postfaschisten oder die total entfernt Resistenza, was macht nisiert worden sei und verfälscht auch in davon sind, wie die engste Wählerschaft Regierungschef Berlusconi? grober Weise die Geschichte, indem er der Lega Nord. Aber für den Rest, glau- Diese Frage besitzt großen die Ereignisse, die er heranzieht, z. B. be ich, gilt dies nicht. symbolischen Gehalt. Die mit dem Kommunismus Stalins gleich- Außerdem hat Berlusconi mit einer wei- Schärfe und Polemik der setzt. teren Gleichsetzung, nämlich der Gefal- Diskussionen im Vorfeld um die In dieser Diskussion geht es nicht mehr lenen der Resistenza und der Ermorde- Bedeutung dieses Tages nimmt allein um einen Gegensatz zwischen ten in den Foibe1 im Friaul, ein sehr seit der Regierungskoalition Faschisten und Antifaschisten, sondern schwaches Modell gewählt. Das Thema Berlusconis aus Forza Italia, um eine politische Schlacht zwischen der Foibe war schon immer ein Leib- den Neofaschisten der Alleanza den Parteien: Zum einen die politischen und Magenthema der neofaschistischen Nazionale und den Separatisten Erben der damaligen antifaschistischen Rechten gewesen. Und damit hatte es der Lega Nord von Jahr Koalition (u. a. auch Kirchen und Kon- für Berlusconi einen disqualifizierenden zu Jahr zu. servative) und zum anderen einer Koali- Charakter, da es politisch eindeutig kon- tion aus den Erben der Faschisten der notiert ist. Zum anderen ist dieses The- Republik von Salò, welche die Erinne- ma auf Grund seiner Komplexität nicht Wir sprachen mit Guido Pisi aus Parma rung an die Resistenza aus naheliegen- einfach und eindeutig zu bewerten. So über die diesjährigen Auseinanderset- den Gründen ablehnen und Parteien wie gelingt die Gleichsetzung getöteter Par- zungen um den 25. April. Guido Pisi etwa die Lega Nord und Forza Italia, die tisanen und mit Getöteten in den Foibe war bis Sommer 2002 Leiter des Istitu- gar keine Wurzeln mehr in diesem Erbe nicht so leicht, wie die Gleichsetzung to storico della Resistenza di Parma. haben, da sie erst später entstanden sind. Gefallener der Resistenza und mit gefal- lenen Faschisten generell. Guido Pisi: Die Diskussion um die Welche strategischen Absichten ver- In diesem Sinne war die Thematisierung Erinnerung an die Resistenza ist eine folgt Berlusconi mit dieser Diskus- der Foibe als Kampagne für die Mas- Konstante in der Geschichte der gesam- sion? senmedien nicht geeignet. ten italienischen Republik. Um den 25. April herum bildeten sich immer Kon- Guido Pisi: Berlusconi konnte schon troversen um das, was wir den öffent- immer gut Konfliktsituationen schaffen licher Gebrauch der Geschichte der und über sein Medienimperium mit 1Die Foibe sind tiefe Schluchten in den Resistenza nennen. So wurde auch die- aggressiven Propagandakampagnen Bergen um Triest, in die die jugoslawi- ses Jahr zur Schlacht geblasen zwischen polarisieren. Viel weniger gelingt es, die schen Partisanen v. a. in den letzten dem Mitte-Rechts-Regierungsbündnis Regierungsfunktion als Mediation im Tagen des 2. Weltkrieges, nach der Befreiung Triests, getötete italienische und der Mitte-Links-Opposition. Land erfolgreich durchzuführen. Auch Faschisten, Mitläufer und Kollaborateu- die Krise im Verhältnis mit der öffent- re warfen. Das Thema ist in den letzten Verein zur Förderung alternativer lichen Meinung, die durch Unpopula- Jahren verstärkt in die politische Medien: Worüber wurde denn dieses rität der Position der italienischen Diskussion gerückt. Jahr gestritten? Regierung im Irakkrieg entstanden ist, sind gute Gründe, um das alljährliche Thema des 25. April in dieser Aggressi- 38 vität aufzunehmen. Auswahl- Tagebücher und Selbstzeugnisse Natalia Ginzburg: Familienlexikon, bibliografie Frankfurt a. M. 2000 Carlo Levi: Christus kam nur bis Eboli, München 1982 Primo Levi: Ist das ein Mensch? Die Atempause, Allgemein München/Wien 1988 Emilio Lussu: Marsch auf Rom und Umgebung, Roberto Battaglia/Giuseppe Garritano: Der italienische Wien 1991 Widerstandskampf 1943 - 1945, Berlin 1970 Luigi Pintor: Servabo: Erinnerungen am Ende des Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jahrhunderts, Berlin 1998 Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn (1941-1945). Dokumentenedition Europa unter Faschismus dem Hakenkreuz Band 6, Berlin/Heidelberg 1992 Lutz Klinkhammer: Zwischen Bündnis und Besatzung, F. W. Deakin: Die brutale Freundschaft. Hitler, Tübingen 1993 Mussolini und der Untergang des italienischen Erich Kuby: Verrat auf deutsch. Wie das Dritte Reich Faschismus, Stuttgart u. a. 1962 Italien ruinierte, Hoffmann & Campe, Hamburg 1982 Sven Reichardt: Faschistische Kampfbünde. Gewalt und Jens Renner: Der neue Marsch auf Rom. Berlusconi und Gemeinschaft im italienischen Squadrismus und in der seine Vorläufer, Zürich 2002 deutschen SA, Köln 2002 Storia e Documenti. Semestrale dell`Istituto Storico Hans Woller: Die Abrechnung mit dem Faschismus in della Resistenza e dell`Età Contemponranea di Parma, Italien 1943 - 1948, München 1996 Parma 1989ff. Deutsche Kriegsverbrechen Frauen im Widerstand Matthias Arnig: Späte Abrechnung. Maria Addis Saba: Partigiane. Tutte le donne della Über Zwangsarbeiter, Schlußstriche und Berliner Resistenza, Mursia, Milano 1998 Verständigungen, Frankfurt a. M. 2001 Franca Pieroni Bortolotti: Le donne della resistenza Gerhard Schreiber: Deutsche Kriegsverbrechen in antifascista e la questione femminile in Emilia Romagna: Italien. Täter, Opfer, Strafverfolgung, München 1996 1943-45, Vangelista, Milano 1978 Anna Bravo/Anna Maria Bruzzone: In guerra senza armi, Deserteure Laterza, Roma/Bari 1995 Anna Maria Bruzzone/Rachele Farina (a cura di): Fietje Ausländer (Hg.): Verräter oder Vorbilder? La Resistenza taciuta, La Pietra, Milano 1976 Deserteure und ungehorsame Soldaten im Mario Mammucari/Anna Miserocchi (a cura di): Nationalsozialismus, Bremen 1990 Le donne condannate dal Tribunale speciale recluse nel Norbert Haase: Deutsche Deserteure, Berlin 1987 carcere di Perugia (Quaderni dell`ANPPIA), La Pietra, Milano 1979 Norbert Haase/Gerhard Paul (Hg.): Die anderen Soldaten. Wehrkraftzersetzung, Vergessene Kämpfe, hrsg zur Ausstellung Partigiani. Gehorsamsverweigerung und Fahnenflucht im Gegen Faschismus und deutsche Besatzung. Institut für Zweiten Weltkrieg, Frankfurt a.M. 1995 Romanische Sprachen und Literaturen der Universität, Frankfurt a. M. 2001 Romane und Erzählungen Shoah und jüdischer Widerstand Italo Calvino: Wo Spinnen ihre Nester bauen, München 1999 Myriam Anissimov: Primo Levi. Die Tragödie eines Beppe Fenoglio: Das Geschäft mit der Seele, Optimisten. Eine Biographie, Philo, Berlin 1999 Berlin 1997 Raul Hilberg: Die Vernichtung der europäischen Juden, Natalia Ginzburg: Alle unsere Gestern, Frankfurt a. M. 1990ff. Frankfurt a. M. 2002 Jonathan Steinberg: Deutsche, Italiener und Juden - Primo Levi: Wann, wenn nicht jetzt?, der italienische Widerstand gegen den Holocaust, München/Wien 1986 Göttingen 1997 Gino Vermicelli: Die unsichtbaren Dörfer. Klaus Voigt: Zuflucht auf Widerruf - Juden und andere Partisanen im Ossola Tal, Zürich 1990 Verfolgte des Hitlerregimes in Italien 1933-45, 2 Bde., Stuttgart 1993 39 PartisanInnen in Montefiorino la resistenza Beiträge zu Faschismus, deutscher Besatzung und dem Widerstand in Italien (2) ISSN 1612-5223 www.resistenza.de