Stand der Untertitelung für Gehörlose und Hörgeschädigte in Österreich

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Philosophie

an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von Slavica SERDAR

am Institut für theoretische und angewandte Translationswissenschaft Begutachterin: Univ.-Prof. Dr. Larisa Schippel

Graz, 2012 Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen nicht benützt und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Ich habe diese Diplomarbeit bisher weder im In- noch im Ausland in irgendeiner Form als Prüfungsarbeit vorgelegt.

[Unterschrift]

[Ort], [Datum]

Menschen, die mich immer tatkräftig unterstützen und begleiten, widme ich in erster Linie den Erfolg dieser Diplomarbeit: meiner Familie und meinen Freunden.

Ein ganz besonderer Dank gilt meiner Betreuerin Univ.-Prof. Dr. Larisa Schippel.

An dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an den Österreichischen Rundfunk für die Kooperation.

Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG ...... 7

2 GRUNDLAGEN ...... 11

2.1 SITUATION DER GEHÖRLOSENGEMEINSCHAFT IN ÖSTERREICH ...... 11

2.1.1 BUNDESGESETZE ...... 11 2.1.1.1 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970) ...... 12 2.1.1.2 Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG, BGBl. I Nr. 82/2005) ...... 12

2.2 GEHÖRLOSENVEREINE UND GEHÖRLOSENVERBÄNDE ...... 13

2.2.1 DER ÖSTERREICHISCHE GEHÖRLOSENBUND (ÖGLB) ...... 13

2.3 DER BEGRIFF „GEHÖRLOS“ ...... 14

3 DIE UNTERTITELUNG ...... 15

3.1 ALLGEMEINE MERKMALE DER UNTERTITELUNG ...... 15

3.1.1 WAS MUSS BEACHTET WERDEN? ...... 16

3.1.2 DER RÄUMLICHE UND ZEITLICHE FAKTOR ...... 16

3.1.3 DIE GRUPPE DER TILGUNGEN ...... 17

3.1.4 ZUSAMMENFASSUNG ...... 18

3.2 DIE UNTERTITELUNG FÜR GEHÖRLOSE ...... 19

3.2.1 DIE INTRALINGUALE UND INTERLINGUALE UNTERTITELUNG ...... 19

4 EMPIRISCHER TEIL ...... 21

4.1 DER ÖSTERREICHISCHE RUNDFUNK ...... 21

4.1.1 ORF-GESETZ ...... 22

4.2 ÖSTERREICHISCHE INFORMATIONSGESELLSCHAFT UND MEDIEN ...... 27

4.3 ORF-INTERNETNUTZUNG FÜR GEHÖRLOSE UND HÖRGESCHÄDIGTE ...... 27

4.3.1 AUSBAU DER TVTHEK ...... 30

4.4 FERNSEHNUTZUNG ALLGEMEIN ...... 31

4.5 ORF-FERNSEHEN FÜR GEHÖRLOSE UND HÖRGESCHÄDIGTE ...... 32

4.6 SENDUNGEN MIT UNTERTITELUNG ...... 33

4.6.1 ARTEN DER UNTERTITELUNG BEIM ORF ...... 33

4.6.2 ORF-RICHTLINIEN ZUR UNTERTITELUNG ...... 34 4.6.2.1 Untertitelung zu Sendungsbeginn und -ende ...... 34

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4.6.2.2 Farben der Untertitel ...... 35 4.6.2.3 Form der Untertitel ...... 35 4.6.2.4 Satzzeichen ...... 36 4.6.2.5 Eckige Klammern ...... 37 4.6.2.6 Geräusche und Musik ...... 37 4.6.2.7 Ausnahmefall ...... 37

4.6.3 ORF 1 ...... 37 4.6.3.1 Vormittagsprogramm ...... 38 4.6.3.2 Nachmittagsprogramm ...... 40 4.6.3.3 Vorabendprogramm ...... 41 4.6.3.4 Primetimeprogramm ...... 42 4.6.3.5 Nachtprogramm ...... 43

4.6.4 ORF 2 ...... 43 4.6.4.1 Vormittagsprogramm ...... 43 4.6.4.2 Nachmittagsprogramm ...... 44 4.6.4.3 Vorabendprogramm ...... 44 4.6.4.4 Primetimeprogramm ...... 44 4.6.4.5 Nachtprogramm ...... 44

4.6.5 ORF III ...... 45 4.6.5.1 Untertitelungsangebot für Gehhörlose und Hörgeschädigte ...... 45

4.6.6 ORF SPORT PLUS ...... 46 4.6.6.1 Untertitelungsangebot für Gehörlose und Hörgeschädigte ...... 46

4.6.7 HITLISTE DER SENDUNGEN ...... 46

4.6.8 MAGAZIN „LESEN STATT HÖREN" ...... 48

4.6.9 UNTERTITELUNGSQUOTE ORF ...... 48

4.7 QUALITÄT DER ORF-UNTERTITELUNG ...... 49

4.7.1 TECHNISCHE ASPEKTE ...... 50

4.7.2 OPTISCHE GESTALTUNG DER UNTERTITEL ...... 51

4.7.3 LINGUISTISCHE ASPEKTE ...... 52 4.7.3.1 Telenovela: „Alisa – Folge deinem Herzen“ ...... 52 4.7.3.2 Telenovela: „Um Himmels Willen“ ...... 53 4.7.3.3 Kochsendung: „Frisch gekocht mit Andi und Alex“ ...... 53 4.7.3.4 US-amerikanische Sitcoms: „How I met your mother“, „Maclom Mittendrin“, „Scrubs“, „Die Simpsons“, „Mein cooler Onkel Charlie“ ...... 54

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4.7.3.5 Informationssendung: Heute in Österreich – Sommerzeit ...... 54 4.7.3.6 Nachrichtensendung: ...... 55 4.7.3.7 Sportübertragungen: Fußball Europameisterschaft 2012 ...... 55 4.7.3.8 Parlamentsdebatten ...... 56

4.7.4 ZUSAMMENFASSUNG ...... 56

4.8 AUSBAU DER LIVE-UNTERTITELUNG ...... 57

4.8.1 SCHWACHSTELLEN DER LIVE-UNTERTITELUNG ...... 58

4.9 AUSTAUSCH MIT ANDEREN LÄNDERN ...... 59

4.10 VERGLEICH ZU ANDEREN ÖFFENTLICH-RECHTLICHEN FERNSEHSENDERN ...... 59

4.11 PRIVATE FERNSEHANSTALTEN IN ÖSTERREICH ...... 60

4.12 ZUKUNFTSPLÄNE DES ORF IM BEREICH DER UNTERTITELUNG ...... 61

5 SCHLUSSFOLGERUNGEN ...... 63

6 BIBLIOGRAPHIE ...... 65

6.1 INTERNETQUELLEN ...... 67

7 ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...... 69

8 ANHANG ...... 70

8.1 ORF-RICHTLINIEN ZUR VEREINHEITLICHUNG DER UNTERTITEL ...... 70

8.2 UNTERTITELUNG ORF1 UND ORF2 – MAIL VOM 01.06.2012 ...... 78

8.3 FRAGEN AN GABRIELE KLETTER VOM GEHÖRLOSENSERVICE DES ORF ...... 79

8.4 MAIL AN DEN ORF AM 01.06.2012 ...... 84

8.5 FRAGEBOGEN ...... 88

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1 Einleitung

1Die vorliegende Diplomarbeit beschäftigt sich mit dem Stand der Untertitelung für gehörlose und hörgeschädigte Menschen in Österreich. Im Zuge des Seminars „Untertitelung / Übertitelung“ am Institut für angewandte und theoretische Translationswissenschaft, unter der Leitung von Dr. Alexander Künzli, entwickelte sich mein Interesse und Motivation, diesem Thema meine Diplomarbeit zu widmen. Letztendlich konnte die Arbeit unter der Betreuung von Univ.-Prof. Dr. Larisa Schippel verwirklicht werden.

Im österreichischen Fernsehen ist der Großteil aller Sendungen nicht tonsubstituiert. Diese Tatsache dient als Gegenstand dieser wissenschaftlichen Untersuchung. Ziel dieser Arbeit ist es, Daten zum Angebot für gehörlose und hörgeschädigte Menschen aufzubereiten und zu bewerten. Als Untersuchungsgegenstand dient dabei der Österreichische Rundfunk (ORF) bzw. das Fernseh- und Internetangebot des Senders. Darüber hinaus werden die in Österreich geltenden Gesetze für die Adressatengruppe erörtert und relevante Medienberichterstattungen seitens des ORF und diverser Verbände und Vereine der Gehörlosengemeinschaft miteinbezogen.

Menschen, die über kein oder nur ein eingeschränktes Hörvermögen verfügen, sind auf visuelle Information angewiesen. Der ORF ist ein wichtiges Kommunikationsmedium in politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und religiösen Bereichen. In Österreich bietet der ORF der hörenden Gesellschaft ein breites Spektrum an Unterhaltung und Information, jedoch ist das Fernsehangebot für Hörbehinderte stark eingeschränkt bzw. mit zusätzlichen Kosten und Aufwand verbunden. Mit dieser Arbeit soll geprüft werden, inwieweit die Fernsehnutzung für gehörlose und hörgeschädigte Menschen eingeschränkt ist. Darüber hinaus wird ebenfalls die Qualität der untertitelten Fernsehsendungen untersucht.

Am Großteil des täglichen Fernsehangebotes im ORF kann die Gehörlosengemeinschaft keinen Anteil haben und wie in den meisten Fällen wird der Mangel an finanziellen Mitteln als Hauptgrund für diesen Umstand genannt (Gespräch vom 04.08.2010). Zwischen dem ORF und der Adressatengruppe herrschen immer wieder rege Diskussionen um die Qualität und Quantität des Angebots. Zahlreiche Institutionen wie z.B. der Österreichische

1 Anmerkung: In dieser Arbeit wurde aus sprachökonomischen Gründen auf die Hervorhebung der weiblichen Form verzichtet. 7

Gehörlosenbund (ÖLGB), Dachverband der Landesverbände und Vereine in Österreich, setzen sich dafür ein, dass Medien wie zum Beispiel Fernsehen von der Gehörlosengemeinschaft uneingeschränkt genutzt werden können.

In Österreich leben ca. 500.000 Gehörlose und Hörgeschädigte, die seit Anfang 2004 ebenfalls verpflichtet sind, Rundfunkgebühren zu zahlen, jedoch entspricht das Fernsehangebot des ORF nicht ganz den Erwartungen der Hörbehinderten in unserer Gesellschaft. Die Gehörlosenverbände in Österreich setzen sich daher sehr stark dafür ein, dass der ORF seiner Verpflichtung nachkommt und die Anliegen behinderter Menschen berücksichtigt (http://www.oeglb.at/netbuilder/docs/stellungnahme_oeglb_regierungsvorlage_orf-g.pdf Datum 02.07.2012). Damit dieses Ziel umgesetzt werden kann, wäre ein Ausbau des Untertitelungsangebotes notwendig. Von Barrierefreiheit und Chancengleichheit ist in der Medienberichterstattung des ORF zu lesen, wie jedoch die Umsetzung voranschreitet, wird im Zuge dieser Diplomarbeit analysiert (http://kundendienst.orf.at/service/technik/untertitel.html Datum: 02.07.2012).

Der erste Teil dieser Arbeit bietet eine Zusammenfassung über die Situation der Gehörlosengemeinschaft, zeigt Fakten und Zahlen auf und liefert einen Überblick über die Gehörlosenvereine und Gehörlosenverbände in Österreich. Darüber hinaus wird der Begriff „gehörlos“ erläutert, da es vielfältige Formen von Hörschädigungen gibt und der Beeinträchtigungsgrad Auswirkungen auf das Lesevermögen der Gehörlosen hat. In diesem Kapitel wird auch ein Einblick in die geltenden Bundes- und Landesgesetze gegeben, die für die Adressatengruppe von großer Bedeutung sind. Auf diese Weise wird ein barrierefreier Zugang zu bestimmten Gütern und Dienstleistungen gesichert und eine angemessene Gleichstellung und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht.

Der zweite Teil widmet sich den allgemeinen Merkmalen der Untertitelung. Die Untertitler sind vor das Problem gestellt, gesprochene in geschriebene Sprache umzuwandeln. Der Leser soll einen Überblick über die zu beachtenden Punkte, einschränkenden Faktoren und Gruppen der möglichen bzw. notwendigen Tilgungen bekommen. Im nächsten Schritt wird die Untertitelung für die Gehörlosengemeinschaft erläutert, da sich die Untertitelung für Hörgeschädigte in vielen Punkten von der für ein hörendes Publikum unterscheidet.

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Im dritten Teil der Diplomarbeit wird die Arbeit bzw. das Gehörlosenservice des ORF zusammengefasst. Es soll gezeigt werden, welche Möglichkeiten der ORF ausschöpft, um das Fernsehangebot barrierefreier zu gestalten. In den letzten Jahren wurde das Fernsehangebot des ORF durch die Spartensender ORF 3 und Sport Plus erweitert. Die ORF-Richtlinien zur Untertitelung werden herangenommen, um zu veranschaulichen, welche Anpassungen der ORF vornimmt, um untertitelte Fernsehsendungen für die Gehörlosengemeinschaft zugänglicher zu machen. Darüber hinaus wird die Qualität der ORF-Untertitelung stichprobenartig im ORF 1, ORF 2 und ORF 3 getestet. Sendungen mit Live-Untertitelungen, amerikanische Sitcoms und österreichische Produktionen werden einer Analyse unterzogen. Die Analyse wird sich den technischen Aspekten, der optischen Gestaltung der Untertitel und den linguistischen Aspekten widmen. Ein weiterer Punkt geht auf die Zukunftspläne des ORF im Bereich der Untertitelung für gehörlose und hörgeschädigte Menschen ein.

Im Rahmen der Arbeit wurde ein Interview mit Frau Mag. Gabriele Kletter vom Gehörlosenservice des ORF geführt. Zu diesem Zweck fand ein Treffen im Fernsehzentrum am Küniglberg in Wien statt. Frau Mag. Kletter, Leiterin der Untertitelungsabteilung, nahm sich Zeit und beantwortete alle wichtigen Fragen zum Gehörlosenservice des ORF.

Die Adressatengruppe sollte ebenfalls anhand eines Fragebogens die Möglichkeit bekommen, bestimmte Wünsche bzw. Anregungen bezüglich der ORF-Untertitelung zu äußern. Der ausgearbeitete Fragebogen enthielt Fragen zum Geschlecht, Alter und Art der Beeinträchtigung des Gehörs. Darüber hinaus sollte die Zielgruppe folgende Fragen beantworten: • Wie informieren Sie sich über das Fernsehangebot mit Untertiteln? • Wie viele Stunden sehen Sie unter der Woche durchschnittlich fern? • Zu welchen Zeiten sehen Sie fern? Wie empfangen Sie Fernsehsendungen? • Welche drei untertitelten Sendungen sehen Sie regelmäßig? • Welche drei Sendungen würden Sie gerne untertitelt sehen? • Welche Sender schauen Sie sich bevorzugt an? • Sind sie mit dem Angebot der Gehörlosensendungen zufrieden? • Können Sie sich vorstellen, aktiv an der Gestaltung von Gehörlosensendungen mitzuwirken? • Glauben Sie, dass bis 2015 alle Fernsehsendungen in ORF 1 und ORF 2 untertitelt sein werden?

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Zu diesem Zweck wurde Kontakt mit den entsprechenden Gehörlosenverbänden und Gehörlosenvereinen aufgenommen, jedoch zeigten sich diese nur telefonisch kooperativ. Obwohl zugesichert wurde, dass der ausgearbeitete Fragebogen an die Adressatengruppe ausgeschickt wird und sich auch die Mitarbeiter an der Umfrage beteiligen werden, kam kein einziger Fragebogen aufgefüllt zurück. Der Fragebogen liegt der Diplomarbeit im Anhang bei, jedoch ist er kein Bestandteil im empirischen Teil der Arbeit.

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2 Grundlagen

Das folgende Kapitel setzt sich mit der Situation der Gehörlosengemeinschaft und den geltenden Gesetzen in Österreich auseinander, gibt einen Überklick über die bestehenden Gehörlosenverbände und Gehörlosenvereine, erläutert den Begriff „gehörlos“ und die Bedürfnisse der Gehörlosen in unserer Gesellschaft in bezug auf die Untertitelung.

2.1 Situation der Gehörlosengemeinschaft in Österreich

Bereits im Jahr 2003 erstellte das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz in Zusammenarbeit mit anderen Bundesministerien einen Behindertenbericht. Ein zweiter Bericht folgte 2008 und lieferte eine umfassende Zusammenstellung von Daten und Fakten über die Situation von Menschen mit Behinderungen in Österreich.

Laut dem Bericht der Bundesregierung über die Lage von Menschen mit Behinderungen in Österreich (2008) sind 2,5 Prozent der Bevölkerung (ca. 202.000 Personen) von dauerhaften Hörbeeinträchtigungen betroffen. Frauen sind häufiger davon betroffen als Männer (2,7 Prozent bzw. 2,1 Prozent der Bevölkerung). Dauerhafte schwerwiegende Hörbeeinträchtigungen treten dagegen sehr selten auf, 0,7 % der Bevölkerung sind davon betroffen (Bericht der Bundesregierung 2008:11).

Die Statistik Austria, die Dienstleistungen auf dem Gebiet der Bundesstatistik erbringt, hat in einer Erhebung herausgefunden, dass die am häufigsten auftretenden Probleme für Menschen mit Behinderungen in der Freizeit auftreten. 21,2 % der befragen Personen gaben an, nicht an diversen Formen von Freizeit- und Erholungsaktivitäten teilnehmen zu können (Bericht der Bundesregierung 2008:14).

2.1.1 Bundesgesetze In Österreich werden Menschen mit Behinderungen durch zahlreiche Bundes- und Landesgesetze geschützt. Diese Gesetze sind von enormer Bedeutung, da auf diese Art und Weise ein barrierefreier Zugang zu bestimmten Gütern und Dienstleistungen gewährleistet wird, der der gesamten Öffentlichkeit bzw. Bevölkerung des Landes zur Verfügung steht

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(Bericht der Bundesregierung 2008:4). Für eine adäquate Gleichstellung und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sind die Grundvoraussetzungen ein barrierefreier Zugang

• zu Wohnungen, Gebäuden und Verkehrsmitteln, • zu Ausbildung und Beschäftigung, • zu Gütern und Dienstleistungen, • zur Information und • zur Teilnahme an Wahlen und Verfahren (Bericht der Bundesregierung 2008:26f).

Wie bereits erwähnt, ist der ORF ein wichtiges Kommunikationsmedium. Ein barrierefreier Zugang zur Information sollte für hörbehinderte Menschen uneingeschränkt bzw. ohne zusätzliche Kosten und Aufwand verbunden sein, damit eine adäquate Gleichstellung und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben möglich ist.

Das Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970) und das Bundes- Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG, BGBl. I Nr. 82/2005), die fast identisch sind, erläutern, in welchem Ausmaß bzw. über welchen Zeitraum Beeinträchtigungen auftreten müssen, damit diese Gesetze in Kraft treten und eine Gleichstellung in verschiedenen Lebensbereichen gewährleisten.

2.1.1.1 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG, BGBl. Nr. 22/1970) „§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilnahme am Arbeitsleben zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.“

2.1.1.2 Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG, BGBl. I Nr. 82/2005) „§ 3. Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.“

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2.2 Gehörlosenvereine und Gehörlosenverbände

Zahlreiche Institutionen in Österreich setzen sind für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ein. Die Gehörlosengemeinschaft wird durch eine Reihe von Vereinen und Verbänden vertreten.

2.2.1 Der Österreichische Gehörlosenbund (ÖGLB) „Der Österreichische Gehörlosenbund (ÖGLB) besteht seit 1913 als Dachverband über die Landesverbände und Gehörlosenvereine in Österreich, mit dem Ziel, die Interessen, Bedürfnisse und Möglichkeiten aller gehörlosen Menschen zu fördern und voranzubringen.“ (Jarmer 2006)

Der ÖGLB setzt sich insbesondere für die Förderung der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) und die Gleichberechtigung gehörloser und hörender Menschen ein. Auch die politische Interessensvertretung gehörloser Menschen, sowohl national als auch international, zählt zu den Aufgaben des ÖGLB. Darüber hinaus werden gehörlosenrelevante Themen wie Bildung, Lebensqualität, Angebote für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gefördert (ibid.).

Wofür steht der ÖLGB noch?

1. Frühförderung, Schulbildung, Weiterbildung, Arbeitsmarkt (das heißt: Leben) in Österreichischer Gebärdensprache 2. Politische Aktivitäten zur Reform der Bildungssituation der Gehörlosen 3. Einbringung von Petitionen und Stellungnahmen mit dem Ziel einer Regelung und Verbesserung der staatlichen, gesellschaftlichen, sozialen und kulturellen Stellung aller gehörlosen Menschen 4. Untertitel im ORF und Dolmetsch-Einblendungen bei Informationssendungen, Angebot für gehörlose Kinder 5. Zusammenarbeit mit den Landesverbänden, Vereinen und Organisationen der Gehörlosen und mit den Ambulanzen für Gehörlose (ibid.)

Wie unter Punkt vier ersichtlich, setzt sich der ÖGLB verstärkt für die Ausweitung der Untertitel im ORF ein. Ein weiteres Ziel sind Dolmetsch-Einblendungen bei

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Informationssendungen für die gebärdensprachigen Menschen in Österreich und auch gehörlose Kinder sollten verstärkt im Fernsehangebot des ORF berücksichtigt werden.

2.3 Der Begriff „gehörlos“

Das Gehör erfüllt verschiedene wichtige Funktionen. Einerseits in der menschlichen Entwicklung von Sprache und Kommunikation und andererseits ist unser Gehör die Quelle der Information über wichtige Ereignisse unserer unmittelbaren Umgebung. Darüber hinaus werden Warnsignale vermittelt, die für unsere körperliche Sicherheit wichtig sind und auch soziale Integration ist eine wichtige Funktion des Gehörs (Gotthardt-Pfeiff 1991:11).

Als „gehörlos“ werden Menschen bezeichnet, die „infolge einer extremen Schädigung ihres Gehörs selbst bei bestmöglicher Schallverstärkung durch elektroakustische Hörgeräte keine oder nur ganz begrenzte auditive Wahrnehmungseindrücke haben, insbesondere Sprache nicht über das Ohr aufnehmen und diskriminieren können; sie sind beim Sprachverstehen und bei der Eigenkontrolle des Sprechens weitgehend auf optische bzw. kinästhetische Reize angewiesen“. (Krüger 1982:20)

Ausgehend von der Einteilung nach dem Zeitpunkt der Schädigung wird unterschieden zwischen:

1. Gehörlosen: von Geburt an gehörlos oder bis zum 2. Lebensjahr ertaubt 2. Frühertaubten: Verlust des Gehörs bis zum 6. Lebensjahr 3. Spätertaubten: Verlust des Gehörs nach dem 6. Lebensjahr

Oft werden Begriffe wie „schwerhörig“, „taubstumm“ und „taub“ anstelle von „gehörlos“ verwendet. In der Gehörlosengemeinschaft wird der Begriff „taubstumm“ als negativ empfunden, da viele damit soviel wie „dumm“ und „ungebildet“ assoziieren (Burghofer/Braun 1995:13).

„Unter dem Terminus „schwerhörig“ werden hingegen im Vergleich zu „gehörlos“ alle vorübergehenden oder andauernden Einschränkungen des Hörvermögens hinsichtlich der Wahrnehmung akustischer Reize und vor allem normallauter Umgangssprache verstanden“. (Burghofer/Braun 1995:13)

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3 Die Untertitelung

Die Untertitelung für Hörgeschädigte unterscheidet sich in vielen Punkten von der für ein hörendes Publikum. In diesem Kapitel werden die allgemeinen Merkmale der Untertitelung näher erläutert. Ziel ist es aufzuzeigen, welche Anpassungen vorgenommen werden müssen, damit eine untertitelte Sendung bzw. ein untertitelter Film als gutes Gesamtwerk für das Zielpublikum gilt. Im Anschluss an die allgemeinen Merkmale zur Untertitelung folgt eine nähere Auseinandersetzung mit den Kriterien für gehörlose und hörgeschädigte Zuschauer. Faktoren wie z.B.: die Lesegeschwindigkeit und Komplexität des untertitelten Textes müssen für die Zielgruppe angepasst werden.

3.1 Allgemeine Merkmale der Untertitelung

Zur Erläuterung des Begriffs Untertitel eignet sich die folgende Definition am besten:

„Als Untertitel bezeichnet man eine gekürzte Übersetzung eines Filmdialoges, die synchron mit dem entsprechenden Teil des Originals auf dem Bildschirm bzw. auf der Leinwand zu sehen ist.“ (Hurt/Wilder 1998:261)

Durch die Gegebenheit der technischen Umstände hat der Übersetzer wenig Zeit und Platz für die Untertitelung und muss daher „eine klare Sprache mit kurzen Sätzen und möglichst einfacher Syntax benutzen, ebenso wie eine sorgfältige Interpunktion, um dem Publikum das inhaltliche Erfassen des Untertitels zu erleichtern“. Darüber hinaus ist zu beachten, dass bei Zeilenumbrüchen jeder Untertitel eine logische syntaktische Einheit bildet (Cedeño Rojas 2007:88).

Der Übersetzer kann Zeit und Platz sparen, indem er Dialogteile auslässt oder umformuliert, die durch den Filmkontext verstanden werden können. Darüber hinaus können größere Sinneinheiten zusammengefasst, Syntax und Vokabular vereinfacht werden (Cedeño Rojas 2007:88). Da es sich um die Übersetzung von gesprochener Sprache handelt, sind diese Eingriffe ein notwendiger bzw. unumgänglicher Schritt bei der Produktion von Untertiteln.

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3.1.1 Was muss beachtet werden? Als erstes muss sich der Übersetzer mit der Tatsache auseinandersetzen, dass ihm am Bildschirm wenig Platz zur Verfügung steht. „Im Fernsehen sind es ungefähr 30 Zeichen pro Zeile, im Kino aufgrund der großen Leinwand und besseren Bildqualität bis zu 40 Zeichen“. In der Regel erscheinen Untertitel in der Form von Zweizeilern auf dem Bildschirm, da Mehrzeiler als unübersichtlich gelten und Einzeiler scheiden als Option aus, weil das Auge eine gewisse Zeit braucht, um das Einblenden eines neuen Untertitels zu registrieren (Reinart 2004:81).

Eine weitere wichtige Mindestanforderung besteht darin, dass für den Zuschauer immer erkennbar sein muss, wer gerade spricht. Aus diesem Grund sollten Untertitel nicht vor dem Beginn einer Äußerung eingeblendet werden. Jedoch dürfen Untertitel stehen bleiben, wenn der Sprecher seinen Redebeitrag beendet hat. Um die Zuordnung zu erleichtern, sollten nicht zwei Sprecher in einer Zeile gleichzeitig eingeblendet werden. Für ein gehörloses und hörgeschädigtes Publikum hat es sich durchgesetzt, dass die Zuordnung der Sprecher durch die Kennzeichnung mit verschiedenen Farben erleichtert wird (ibid.:81).

Die Lesegeschwindigkeit des Publikums ist für die Erstellung eines gelungenen Untertitels ebenfalls ausschlaggebend. Der Zuschauer sollte in der Lage sein, in der zur Verfügung stehenden Zeit den vollständigen Untertitel zu lesen. In der Regel werden 7-10 Zeichen in der Sekunde eingeblendet, da z.B. das Alter des Zielpublikums, Medium und Komplexität der Untertitel zu berücksichtigen sind. Zwischen der Einblendung der Untertitel sollte das Intervall ca. 0,25 Sekunden betragen (ibid.:82).

3.1.2 Der räumliche und zeitliche Faktor Wie bereits erwähnt, hat die Untertitelung das Problem der Kürzung zu bewältigen. Gottlieb nennt auch den räumlichen und zeitlichen Faktor als einen der formalen Zwänge, denen die Untertitelung ausgeliefert ist (Gottlieb 1992:164).

Der „räumliche Faktor“ beschreibt den Umstand, dass nur eine bestimme Anzahl von Untertitelzeilen sowie Zeichenzahl je Zeile eingeblendet werden kann. Diese Begrenzungen sind von der Bildschirm- bzw. Leinwandgröße abhängig. Gottlieb geht von ein bis zwei Zeilen mit je 35 Zeichen je Zeile aus (ibid.). An dieser Stelle soll angemerkt werden, dass

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diese Zahlen sich auf die Untertitelung im Fernsehen beziehen, jedoch weichen die Richtlinien für die Filmuntertitelung im Kino nicht wesentlich ab. Der „zeitliche Faktor“ bezieht sich auf die Tatsache, dass die Lesegeschwindigkeit des Zuschauers und die Sprechgeschwindigkeit der zu untertitelnden Person nicht identisch sind. Gottlieb stützt sich auf schwedische Studien aus den frühen 70er Jahren. Diese geben an, dass ein durchschnittlicher Zuschauer etwa fünf bis sechs Sekunden benötigt, um zwei Zeilen mit 60 bis 70 Zeichen zu lesen (ibid.).

Um der Frage nachzugehen, wie eine Kürzung des Ausgangsdialogs erreicht wird, nennt Gottlieb zehn Strategien: expansion, paraphrase, transfer, imitation, transcription, dislocation, condensation, decimination, deletion und resignation. Die ersten sieben Strategien fallen unter die Kategorie einer angemessenen Übersetzung. Condensation wird als der Prototyp der Untertitelung gesehen, denn es bleiben Sinn und im Großteil der stilistische Gehalt des Originaldialogs erhalten. Es gehen nur redundante sprachliche Komponenten verloren. Die Strategien der decimination und deletion hingegen führen zu einem Verlust sowohl auf semantischer als auch stilistischer Ebene. An dieser Stelle kann sich der Übersetzer durch Ton und Bild des zu untertitelnden Filmes helfen (nach Gottlieb „positive Feedback from the audiovisual tracks“). Handelt es sich um die Übersetzung von schwierigen idiomatischen Wendungen bzw. kultur- oder sprachspezifischen Elementen, können sich Ton und Bild als erschwerend auswirken („negative Feedback from the audiovisual tracks“). An dieser Stelle muss der Übersetzer manchmal die Strategie der resignation anwenden und den Inhalt des Originals verändern (Gottlieb 1992:166).

Jedoch „a conscientious and talented subtitler is able to operate with minimal loss of information, to the – often subconscious - delight oft he audience“ (Gottlieb 1992:165).

3.1.3 Die Gruppe der Tilgungen Sigrun Döring (2006) widmet sich in ihrem Werk „Kulturspezifika im Film: Probleme ihrer Translation“ unter anderem den spezifischen Anforderungen bei der Translation und nennt hinsichtlich der Untertitelung eine Gruppe an Tilgungen:

• Tilgung von Namen, Titeln und Anreden • Tilgung von Ausrufen und Interjektionen • Tilgung von Orts- und Zeitangeben, Angaben der Art und Weise

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• Tilgung von Wiederholungen von Sätzen bzw. Satzteilen • Tilgungen von elementaren Sprechakten • Tilgung von äußerungseinleitenden und –abschließenden Floskeln • Tilgung von semantischen Redundanzen • Tilgung von Sätzen bzw. Satzteilen • Komprimierung von zwei oder mehr Adjektiven / Substantiven / Verben zu einem • Entverbalisierung durch Substantivierung • Änderungen bei Tempus, Modus, Satzart • Ellipsen • Pronominalisierungen

3.1.4 Zusammenfassung Die Übertragungsform Untertitelung bringt für den Zuschauer den Vorteil, dass das ursprüngliche Original nicht verändert wird, denn Bild und Ton bleiben erhalten. Durch das Zusammenspiel von nonverbalem und verbalem Verhalten der Schauspieler ergibt sich eine Einheit. Als Nachteil ist die Tatsache anzusehen, dass die Übersetzung zusätzlich eingeblendet und somit das Publikum vom Bild des Filmes abgelenkt wird. Darüber hinaus wird auch ein Teil des Bildes durch die Einblendung der Untertitelzeilen abgedeckt und dadurch wird das ursprüngliche Original bzw. die Wirkung auf das Publikum verändert. Der Fokus wird zwischen Bild, Ton und Untertitelzeilen gelenkt und hat zur Folge, dass mehr Konzentration seitens der Zuschauer notwendig ist (Döring 2006:24).

Bei der Untertitelung ergeben sich auch die Probleme, dass der Zuschauer schneller hört als liest und der Übersetzer mit beschränkten Untertitelzeilen und Zeichenzahl zu kämpfen hat. Gilt es Szenen zu untertiteln, in denen sehr viel bzw. schnell gesprochen wird, wird der Übersetzer vor eine weitere Hürde gestellt. Darüber hinaus sind Probleme wie Markierung des Sprecherwechsels und Szenen mit mehreren Sprechen zu bewältigen (Döring 2006:25).

In einem Film, der in der Ausgangssprache wiedergegeben wird, wirkt die gesprochene Sprache auf das Publikum als ein spontaner und frei formulierter Kommunikationsakt. Weitere Besonderheiten beziehen sich auf die Formulierung von unvollständigen Sätzen und Interjektionen. Die Untertitelung verwandelt die gesprochene in geschriebene Sprache und für so manchen Gegner dieser Übertragungsart wirken die Untertitel wie Telegramme (Döring 2006:25). Für ein „verdorbenes“ Publikum bringt eine Synchronisation nicht unbedingt den

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Vorteil eines flüssigen Kommunikationsaktes. Kennt man die Ausgangssprache und Zielsprache eines Filmes, wird eine holprige Übersetzung bzw. Synchronisation schnell aufgedeckt und ein Authentizitätsverlust ist unvermeidbar. Viele kennen das Gefühl, wenn man sich einen synchronisierten Film anschaut und gewisse Passagen sprachlich nicht korrekt klingen, zum Beispiel wenn eine zu wörtliche Übersetzung aus der Ausganssprache vorgenommen wurde.

3.2 Die Untertitelung für Gehörlose

In vielen Punkten gibt es Überschneidungen zwischen den allgemeinen Merkmalen der Untertitelung und der Untertitelung für ein gehörloses Publikum. Für den Untertitler kommen zusätzlich noch einige erschwerende Faktoren hinzu. Unterschiede ergeben sich z.B. in bezug auf die Lesegeschwindigkeit und die Gruppe der möglichen Tilgungen. Die Tonspur eines Filmes enthält verschiedene Informationen, sowohl linguistische als auch andere Elemente, die für das Gesamtbild eines Filmes bzw. einer Sendung ausschlaggebend sind, jedoch für ein gehörloses Publikum durch Untertitel substituiert werden müssen.

3.2.1 Die intralinguale und interlinguale Untertitelung Es wird zwischen zwei verschiedenen Arten von Untertitelungen unterschieden: intralinguale Untertitelung (Untertitelung für Hörgeschädigte und Gehörlose) und interlinguale Untertitelung (Untertitelung von der Ausganssprache in die Zielsprache, zum Beispiel bei ausländischen Filmen). Fälschlicherweise wird sehr oft angenommen, dass die interlinguale Untertitelung für alle Zielgruppen angemessen ist, jedoch ist dies nicht der Fall. Die Tonspur eines Filmes bzw. einer Fernsehsendung enthält zwei Arten von Informationen. Einerseits sind der Inhalt und die Aussprache in einem Dialog ausschlaggebend für die linguistische Information und andererseits sind auch Elemente außerhalb eines Dialoges, wie zum Beispiel die Filmmusik, ein wichtiger Bestandteil eines Gesamtbildes für das Fernsehpublikum.

Die interlinguale Untertitelung gibt den gesprochenen Inhalt wieder, während der Zuschauer teilweise unbewusst durch Betonung bestimmter Wörter bzw. Satzteile, die passende Filmmusik zu bestimmten Szenen usw. zusätzliche Information über den Film erhält, die einen Dialog unterstreichen. Die intralinguale Untertitelung hingegen richtet sich an ein hörgeschädigtes Publikum und diese bereits erwähnten Komponenten müssen durch Untertitel substituiert werden (De Linde/Kay 1999:1).

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Obwohl sich die interlinguale und intralinguale Untertitelung an ein unterschiedliches Publikum wenden, bestehen ausschlaggebende gemeinsame Überschneidungen. Beide Arten der Übertragung haben einen gemeinsamen audiovisuellen Kontext, gesprochene Sprache wird in eine geschriebene Form umgewandelt und der Dialog muss auf eine Art und Weise gekürzt werden, die mit den technischen Voraussetzungen des Mediums übereinstimmt. Darüber hinaus gilt es die Lesekompetenz des Publikums zu beachten (De Linde/Kay 1999:1).

Wie bereits festgestellt wurde, gibt es vielfältige Formen von Hörschädigungen und der Beeinträchtigungsgrad hat Auswirkungen auf das Lesevermögen der Gehörlosen. Menschen, die von Geburt an gehörlos sind, haben ein geringeres Lesevermögen als Menschen, die ihr Gehör erst zu einem späteren Zeitpunkt verloren haben (De Linde/Kay 1999:11).

Aufgrund des Platz- und Zeitmangels besteht das Ziel darin, „to present the nearest equivalent meaning in written form“. Bei der Untertitelung für Gehörlose sollte darauf geachtet werden, dass die Sätze kurz gehalten werden und ein hoher Prozentsatz an geläufigen und kurzen Wörtern verwendet wird (ibid.:11).

„The audio track carries two distinct forms of information: phonological information which contributes linguistically to the dialogue, and non-speech information which typically consists of meaningful and non-meaningful sounds. These have to be compensated for within the constraints of the medium.” (ibid.:12).

Die Untertitelung für Gehörlose unterscheidet sich in vielen Punkten von der Untertitelung für ein hörendes Publikum. Im empirischen Teil der Diplomarbeit werden die ORF-Richtlinien zur Untertitelung näher erläutert und somit auch wichtige Faktoren zur Untertitelung für ein gehörloses Fernsehpublikum.

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4 Empirischer Teil

In den vorangegangenen Kapiteln wurde ein Überblick über die Gehörlosengemeinschaft in Österreich gegeben und eine Auseinandersetzung mit der Adressatengruppe fand statt. Darüber hinaus war es wichtig zu klären, welchen allgemeinen Merkmalen die Untertitelung zu Grunde liegt und wo die Unterschiede zur Untertitelung für ein gehörloses und hörgeschädigtes Publikum liegen.

Der empirische Teil dieser Diplomarbeit widmet sich der Frage, inwieweit der ORF seiner Verpflichtung nachkommt und sein gesamtes Fernsehprogramm bzw. auch zusätzliches Service im Internet barrierefrei gestaltet. Zu Beginn des Kapitels wird der Österreichische Rundfunkt vorgestellt und anschließend folgt eine schrittweise Analyse zum Stand der Untertitelung für gehörlose und hörgeschädigte Menschen in Österreich.

Eine Redaktionsbefragung zur Untertitelung zeigte, dass die Auswahl der zu untertitelten Sendungen von der Leitung der UT-Abteilung entschieden wird, jedoch wird die Auswahl mit den produzierenden Redaktionen besprochen. Nach Angaben des ORF gibt es mit den deutschsprachigen Ländern seit Jahren einen guten Austausch hinsichtlich der Untertitelung. Die Frage nach dem Kontakt zur Konsumentengruppe zeigt, dass es keine empirischen bzw. standardisierten Befragungen mit Gehörlosen gibt, aber der Leiter der Abteilung steht in regelmäßigem Kontakt mit der Zielgruppe (Schulz 2001:221f).

Die Einschaltquote spielt bei der Entscheidung, welche Sendung mit Untertitel ausgestrahlt werden soll, ebenfalls eine Rolle. Seit Beginn der Untertitelung ist die Reichweite ein auschlaggebender Faktor für die Sendungsauswahl. Darüber hinaus werden auch die Sendezeit und der öffentlich-rechtliche Auftrag als Kriterium herangenommen (Mail vom 01.06.2012).

4.1 Der Österreichische Rundfunk

Der Österreichische Rundfunk (ORF) ist als Stiftung des öffentlichen Rechts konstituiert und durch das ORF-Gesetz geregelt. Als größter Medienanbieter Österreichs hat der ORF in jedem der neun Bundesländer ein Landesstudio und produziert vier Fernsehprogramme (ORF1, ORF2, ORFIII und ORF Sport Plus). Der Generaldirektor wird alle fünf Jahre

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gewählt und agiert als Alleingeschäftsführer des gesamten Unternehmens. Zu seinen Aufgaben zählen die Vertretung des ORF nach außen und die Führung von Geschäften nach den gesetzlichen Vorschriften. Alexander Wrabetz ist bereits in seiner zweiten Amtsperiode Generaldirektor des öffentlich-rechtlichen Senders (ORF-Kundendienst 2010a).

Am 4. August 2010 wurde ein Interview mit Frau Mag. Gabriele Kletter vom Gehörlosenservice des ORF durchgeführt. Zu diesem Zweck fand ein Treffen im Fernsehzentrum am Küniglberg in Wien statt. Frau Mag. Kletter, die für die Untertitelung zuständig ist, nahm sich Zeit und beantwortete alle wichtigen Fragen zum Gehörlosenservice des ORF. Im Anschluss an das Gespräch bot sich die Möglichkeit an einer Mitarbeitersitzung teilzunehmen. Spezielle Themenpunkte waren die Live-Untertitelung, die Arbeit mit dem Spracherkennungssystem „Dragon NaturallySpeaking“ und weitere Pläne des ORF zum Ausbau der Untertitelung für Gehörlose und Hörgeschädigte.

Das Interview mit Frau Mag. Gabriele Kletter ermöglichte einen guten Einblick in die Arbeit des ORF. Sowohl die technischen Voraussetzungen als auch die Richtlinien für die Untertitelung für Gehörlose und Hörgeschädigte wurden in dem Gespräch erläutert. Seitens der ORF-Medienerstattung und auch in dem Anfang August 2010 geführten Interview ist ein stetiger Ausbau des Untertitelungsangebotes zugesichert worden. Inwieweit diese Ziele erreicht wurden, wird in den folgenden Kapiteln näher analysiert werden.

4.1.1 ORF-Gesetz Die neue Gesetzesvorlage des ORF (2009) enthält einen Programmauftrag, der Barrierefreiheit für behinderte Menschen umfasst.

Im Rahmen des Programmauftrages sieht das ORF-Gesetz eine angemessene Berücksichtigung der Anliegen behinderter Menschen vor. Dem ORF-Gesetz zufolge „sollen nach Maßgabe der technischen Entwicklung und der wirtschaftlichen Tragbarkeit“ die Informationssendungen so gestaltet sein, dass gehörlose und hörgeschädigte Menschen die Sendungen ohne Probleme verfolgen können. Die Gesetzesvorlage sieht auch einen barrierefreien Zugang zu Fernsehsendungen bzw. Fernsehprogrammen vor. Darüber hinaus sollen die Maßnahmen zur Untertitelung für Gehörlose und Hörgeschädigte kontinuierlich erhöht werden. „Mittelfristig ist vom ORF eine Untertitelung aller seiner Fernsehsendungen mit Sprachinhalten anzustreben“. Das ORF-Gesetz sieht auch die Entsendung eines

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Behindertenvertreters in den Publikumsrat vor. Durch diese Maßnahme sollen Empfehlungen bzw. Wünsche der gehörlosen und hörgeschädigten Menschen berücksichtigt werden (Bundeskanzleramt 2009). Die Vertreter behinderter Menschen im Publikumsrat des ORF sind Dr. Elisabeth Pittermann, Fachärztin für Innere Medizin und ärztlicher Abteilungsvorstand, und Mag. Erich Fenninger, Bundesgeschäftsführer der Volkshilfe Österreich. Die Behindertensprecherin der Grünen, Helene Jarmer, äußert sich wie folgt dazu: "Diese Vorgangsweise widerspricht klar dem Selbstbestimmungsrecht laut UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung und auch dem ORF-Gesetz". Laut ORF Gesetz § 28 Abs. 4 heißt es: "Der Bundeskanzler hat für die weiteren Mitglieder Vorschläge von Einrichtungen bzw. Organisationen, die für die nachstehenden Bereiche bzw. Gruppen repräsentativ sind, einzuholen." (http://www.bizeps.or.at/news.php?nr=11074 Datum 13.01.2012)

Der Österreichische Gehörlosenbund (ÖGLB) als Interessensvertretung der gehörlosen und gebärdensprachigen Menschen in Österreich hat in einem offenen Brief den Gesetzesentwurf des ORF kommentiert. Der ÖGLB hat hervorgehoben, dass „der Gesetzesentwurf den ORF nach wie vor legitimiert, die Untertitelungsquote aus wirtschaftlichen Gründen herabzusetzen“ und damit verstößt der ORF gegen die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen muss so gestaltet sein, dass „Menschen mit Behinderungen für die Allgemeinheit bestimmte Informationen rechtzeitig und ohne zusätzliche Kosten in zugänglichen Formaten und Technologien, die für unterschiedliche Arten der Behinderung geeignet sind, zur Verfügung“ gestellt werden (Jarmer 2010).

Der ÖGLB hat in seinem offenen Brief (2010) einen Stufenplan vorgeschlagen, um die Untertitelungsquote anzuheben:

31.12.2009: 33 % Untertitelungsquote 31.12.2010: 45 % (Erhöhung gegenüber 31.12.2009 um +12 %) 31.12.2011: 55 % (Erhöhung gegenüber 31.12.2010 um +10 %) 31.12.2012: 70 % (Erhöhung gegenüber 31.12.2011 um +15 %) 31.12.2013: 85 % (Erhöhung gegenüber 31.12.2012 um +15 %) 31.12.2014: 100 % (Erhöhung gegenüber 31.12.2013 um +15 %)

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Auch der Sprecher für Menschen mit Behinderungen der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) Dr. Franz-Joseph Huainigg fordert vom ORF einen Etappenplan. „Die britische BBC liefert ein tolles Beispiel – sie unterstützt mit 100 Prozent Untertitelung die Rechte gehörloser Menschen. Der ORF hinkt als öffentlich- rechtlicher Sender hinterher“ (BIZEPS 2009).

Von vielen Seiten und Organisationen in Österreich wird gefordert, dass der ORF Menschen mit Behinderungen nicht wie Menschen zweiter Klasse behandelt. Sie sind verpflichtet Rundfunkgebühren zu bezahlen und daher sollten gehörlose ORF-Zuschauer den Großteil des Fernsehprogrammes konsumieren können. Hannes Märk, ORF-Teletext Redaktion, äußerte sich noch vor der Einführung der Rundfunkgebühren wie folgt zu diesem Thema:

"Wenn wir aber über den deutschsprachigen Raum hinaus sehen, dann gibt es vor allem und als Beispiel das große Vorbild Großbritannien. Dort ist allerdings die Situation komplett anderes als in Österreich. Erstens müssen alle Fernsehsender eine bestimmte Anzahl von Sendungen, also eine bestimmte Quote mit Untertiteln ausstrahlen. Das ist schlicht und einfach Gesetz dort. Zweitens zahlen dort die Hörbehinderten, also die stark Schwerhörigen und Gehörlosen Fernsehgebühren und treten dort daher ganz anders auf.“ (http://vgarchiv.orf.at/austria/de/specials/gehoerlosigkeit/mi_gehoerlosigkeit_wissen schaft.htm Datum: 11.01.2012).

Im Jahr 1980 begann der ORF im Rahmen von ORF Teletext mit der Untertitelung von Fernsehsendungen und das Ausmaß des Angebotes betrug damals fünf Stunden pro Woche. Der ORF untertitelte im Jahr 2009 rund 33 Prozent seines Fernsehangebotes in ORF 1 und ORF 2. Im vierten Quartal von 2010 lag die Untertitelungsquote bereits bei 44,47% und im Dezember steigerte sich der Anteil auf 45 Prozent. Bis Ende 2011 wurde seitens des ORF eine Untertitelungsquote von rund 55 Prozent angestrebt und in den Folgejahren soll dieses Angebot sukzessive ausgebaut werden http://kundendienst.orf.at/programm/behinderung/barrierefreiheit.html (Datum 01.07.2012).

Das Untertitelungsangebot umfasst derzeit Sendungen wie

• Zeit im Bild • Heute in Österreich

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• Konkret: Das Servicemagazin • die Jahreszeitensendung - derzeit "Winterzeit" • Orientierung • kreuz und quer • Frisch gekocht mit Andi und Alex • Die Millionenshow mit Armin Assinger • Die Barbara Karlich Show • Soko Donau und Soko Kitzbühel • sämtliche österreichische Fernsehfilme • internationale Blockbuster • Sport-Highlights (die Fußball-WM und die alpine Ski-WM) • Event-Fernsehen wie der TV-Vierteiler "Säulen der Erde" • anlassbezogene Sondersendungen zu Wahlberichterstattungen, Hochzeiten der Königshäuser, Gottesdienste, Aktionstage usw. (http://kundendienst.orf.at/technik/untertitel.html Datum: 12.01.2012).

Nach Angaben des ORF war aufgrund der technischen Möglichkeiten nur ein schrittweiser Ausbau der Untertitelung möglich. Live-Sportereignissen und Parlamentsübertragungen sollen in Zukunft entsprechende Priorität eingeräumt werden (ORF-Kundendienst 2010b).

Im Juli 2011 äußerte sich der Staatssekretär Josef Ostermayer in der Nationalratsdebatte über den ORF-Bericht, dass die Auflagen der neuen ORF-Gesetzesnovelle positive Wirkung zeigen. Das Untertitelungsangebot für gehörlose und hörbehinderte Menschen sei um 17 Prozent gestiegen (http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20110706_OTS0232/nationalrat-ostermayer-zum- orf-bericht-auflagen-zeigen-wirkung Datum: 12.01.2012).

Seitens des ORF wird der Schwerpunkt auf die Untertitelung und nicht auf die Gebärdensprache gelegt. Die Verantwortlichen sind der Meinung, dass durch die Untertitelung alle hörbehinderten Menschen erreicht werden, während mit der Gebärdensprache nur ein kleiner Prozentsatz innerhalb der Zielgruppe angesprochen wird (Gespräch vom 04.08.2010). Ein weiterer Grund für die Untertitelung von Fernsehsendungen anstatt des Gebärdensprachdolmetschens ist nach Meinung von Hannes Märk der niedrige Kenntnisstand der Gebärdensprache innerhalb der Adressatengruppe.

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„Das hat historische Gründe in Österreich, überhaupt im deutschsprachigen Raum: Die Gebärdensprachen waren verboten in den Schulen. Das hat dazu geführt, dass die Gehörlosen praktisch mit wilder Gebärdensprache aufgewachsen sind; die Gebärdensprache ist aber nicht unterrichtet worden und die Gebärdensprache galt nicht als wirklich geeignetes Kommunikationsmittel, das haben die Hörenden gedacht, die hörenden Pädagogen selbstverständlich. Das ändert sich jetzt langsam im Bewusstsein; es gibt eine sehr engagierte junge Gehörlosengemeinschaft, die sagt: " das ist meine Muttersprache, wenn ich taub geboren bin und diese Sprache will ich auch auf dem Schirm haben." Wir werden in Zukunft sicher darauf reagieren müssen und werden schrittweise versuchen die Gebärde sinnvoll bei mehreren Fernsehprogrammen auch tatsächlich auszustrahlen." (http://vgarchiv.orf.at/austria/de/specials/gehoerlosigkeit/mi_gehoerlosigkeit_wissen schaft.htm Datum: 11.01.2012)

Die ÖGS ist in Österreich seit dem 6. Juli 2005 als eigenständige Sprache anerkannt. Der Nationalrat beschloss eine Änderung der Österreichischen Bundesverfassung und verankerte die Österreichische Gebärdensprache als eigenständige Sprache. Mit BGBl. I Nr. 81/2005 wurde diese Bestimmung in Art. 8 Abs. 3 B-VG am 9. August 2005 im Bundesgesetzblatt kundgemacht (http://www.bizeps.or.at/news.php?nr=6228 Datum: 11.11.2011).

Bei einer Befragung unter Gebärdensprachdolmetschern bei verschiedenen Fernsehanstalten zeigten sich folgende Daten und Fakten für den ORF auf: Der Zeitaufwand des Dolmetscheinsatzes beträgt inklusive der Fahrzeit sechs bis sieben Stunden. Dabei entfallen drei bis vier Stunden auf die Vorbereitungszeit, eine Stunde auf die Nachbereitungszeit und der reine Dolmetscheinsatz dauert ungefähr 30 Minuten. Die Dolmetscher gaben an, dass eine Dolmetschzeit von 35 bis 40 Minuten das absolute Maximum sei. Die Dolmetscher des ORF arbeiten als freiberufliche Mitarbeiter auf Honorarbasis und im Honorar sind Vorbereitung, Fahrzeiten und Samstagsbereitschaft inkludiert. Die zwischen dem ORF und den Dolmetschern vereinbarte Bezahlung entspricht dabei dem Verhandlungsziel. Die Arbeitsbedingungen werden als gut eingestuft, das Feedback vom Sender als positiv und beruhigend, das Redaktionsteam als verständnisvoll und hilfreich. Die Dolmetscher gaben unter dem Punkt Perspektiven/Wünsche/Vorschläge an, dass regelmäßige Weiterbildungen wichtig wären und diese sollten vom Sender finanziert werden (Prillwitz 2001:280).

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Bestimmungen sind ein wichtiger Schritt in Richtung Barrierefreiheit, jedoch müssen sie in Bereichen wie zum Beispiel Arbeitswelt, Bildung oder Information umgesetzt werden, damit sich im alltäglichen Leben und in den verschiedensten Lebensbereichen gehörloser Menschen eine Verbesserung bemerkbar macht. In Österreich werden Menschen mit Behinderungen basierend auf der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, der existierenden Rechtsgrundlage, dem Bundesbehindertengleichstellungsgesetz (BGStG), dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) und dem Bundesverfassungsgesetz (B-VG) gegen Diskriminierungen geschützt (http://www.oegsbarrierefrei.at/default.asp Datum: 11.11.2011).

4.2 Österreichische Informationsgesellschaft und Medien

„Die uneingeschränkte Nutzung bzw. Benutzbarkeit neuer Medien trägt wesentlich zum selbst bestimmten Leben behinderter Menschen bei. Je weiter die Informationsgesellschaft in ihrer Entwicklung voranschreitet, desto mehr wird die Wahrnehmung von sozialen und wirtschaftlichen Chancen und Möglichkeiten von der Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologie abhängig. Die fehlende Möglichkeit, die neuen Technologien nutzen zu können, führt zu sozialer Ausgrenzung (Bericht der Bundesregierung 2008:112).

Wie aus dem Bericht der Bundesregierung hervorgeht, ist es für Menschen mit Behinderung ein wichtiges Kriterium, dass sie an Medien wie Fernsehen und Internet teilnehmen können, damit soziale Ausgrenzung verhindert wird. Im empirischen Teil dieser Arbeit wird dieser Aspekt für die gehörlosen und hörgeschädigten Menschen in Österreich untersucht. Als größter Medienunternehmer dieses Landes bietet der ORF sowohl im Fernsehen als auch im Internet seine Dienste an. Es besteht die Notwendigkeit zu klären, inwieweit dieses Angebot für die Gehörlosengemeinschaft zugänglich ist und vom ORF an die Zielgruppe angepasst wird.

4.3 ORF-Internetnutzung für Gehörlose und Hörgeschädigte

Sowohl in Österreich als auch in den meisten Ländern dieser Welt hat die Bedeutung der Internetnutzung in den letzten Jahren stark zugenommen. Medien wie Zeitung, Radio und Fernsehen sind größtenteils über das World Wide Web verfügbar und werden von immer mehr Menschen auf diese Art und Weise genutzt. Darüber hinaus bietet uns das Internet die 27

Möglichkeit sowohl aktuelle als auch veraltete Informationen bzw. Nachrichten abzurufen.

In der nachstehenden Tabelle der ORF Medienforschung, die seit dem Jahr 1996 bis 2011 die Internet-Nutzung der Österreicher (ab dem 14. Lebensjahr) verzeichnet, kann dieser Trend sehr gut nachverfolgt werden (http://mediaresearch.orf.at/internet.htm Datum: 12.11.2011).

Abb. 1: Frequenz der Internet-Nutzung

Für Menschen, die von Geburt an gehörlos sind, stellt die Benutzung von komplizierten Ausdrucksweisen und Formulierungen eine große Barriere dar (Bericht der Bundesregierung 2008:112). Daher ist es wichtig, dass auch Medien wie das Internet an die Bedürfnisse dieser Zielgruppe angepasst werden.

Das Online-Angebot des ORF ist nicht für die Gehörlosengesellschaft angepasst. Den Nutzern der Homepage wird zwar die Möglichkeit gegeben, die Schriftgröße zu ändern, jedoch wird die Barriere der komplizierten Ausdrucksweisen und Formulierungen nicht überwunden. Das Umstellen der Schriftgröße ist allerdings nicht auf der Startseite möglich sondern nur unter dem Link http://tvthek.orf.at/.

Unter dem Link http://tv.orf.at/untertitel/ werden täglich die nächsten untertitelten Sendungen des Rundfunkbetreibers auf ORF 1 und ORF 2 aufgelistet. Darüber hinaus werden

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Informationen zu Veranstaltungen, Beratung und Hilfe für Gehörlosengemeinschaft zusammengestellt. Die nachstehende Grafik zeigt den Aufbau der Homepage auf und soll auf ihre Benutzerfreundlichkeit für die Zielgruppe der Gehörlosen untersucht werden.

Abb. 2: Homepage zur Untertitelung

Am 10. Jänner 2012 wurde die Homepage erneut aufgerufen und wie vom ORF angekündigt, werden je nach Uhrzeit die nächsten Sendungen mit Untertitelung auf ORF 1 und ORF 2 aufgelistet. Im oberen rechten Eck ist ein Zugriff auf die Links „Highlights“, „TVthek“ und „Suche“ möglich. Die Links „Highlights“ und „TVthek“ sind jedoch nicht auf die Bedürfnisse der Adressatengruppe angepasst. Es handelt sich um Seiten, die für ein hörendes Publikum ausgerichtet sind. Unter „Highlights“ und „TVthek“ kann sich ein Gehörloser das ausgestrahlte Fernsehangebot des ORF durchlesen, jedoch ist der überwiegende Teil ohne Untertitelung. Unter „Suche“ besteht die Möglichkeit, nach bestimmten Stichworten und Kategorien, Eigenschaften (2-Kanal Ton, Untertitel und Hörfilm) und für einen bestimmten Zeitraum Sendungen zu finden. Dieser Link erweist sich als durchaus hilfreich, da nicht das ganze Fernsehprogramm nach untertitelten Sendungen durchsucht werden muss, sondern eine Auswahl nach bestimmten Kriterien vorgenommen werden kann. Im rechten mittleren Bereich der Homepage sind weiteres die Links „Untertitelte Sendungen finden“, der 1:1 dem Link „Suche“ entspricht, und „Neuigkeiten“ aufrufbar. Unter „Neuigkeiten“ findet sich schon über einen längeren Zeitraum ein Text über die Herbstoffensive des ORF zu mehr Barrierefreiheit.

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Im rechten unteren Bereich werden für die Gehörlosengemeinschaft mit den Links „Beratung“, „Termine“, „Sport“ und „Seelsorge“ die ORF-Teletextseiten zu „Lesen statt Hören“ in Bildschirmformat eingeblendet.

Seit November 2009 können alle Video-on-Demand- und Live-Stream-Angebote des ORF im Internet unter http://tvthek.ORF.at aufgerufen werden. Darüber hinaus werden alle vom ORF mit Untertiteln ausgestrahlten Sendungen für Menschen mit Hörbehinderung zugänglich gemacht.

Durch eine etwas umständliche Aufforderung wird man auf der Website auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht, dass Untertitel eingespielt werden können.

„Sollten Sie die Untertitel direkt im Player wünschen, dann öffnen Sie bitte die Playlist in einem externen Player und schalten die Untertitel an oder verwenden Sie den Vollbildmodus Ihres Browserplugins und aktivieren Sie die entsprechende Funktion“.

Nach näherer Betrachtung der untertitelten Sendungen auf der TVthek Homepage, wird schnell ersichtlich, dass keine ORF-Richtlinien zur Untertitelung für Gehörlose beachtet werden. Die eingespielten Untertitel erscheinen in einer weißen Schrift am Bildschirm und teilweise werden sie zu schnell eingespielt bzw. werden wichtige Inhalte weggelassen. In manchen Fällen passiert es auch, dass falsche Untertitel ausgestrahlt werden, z.B. zur Dokumentationssendung „Universum“ wurden Untertitel einer Parlamentssitzung eingespielt. Eine Auflistung über die ausgestrahlten Sendungen ist vorhanden, jedoch ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich, welche Sendungen mit Untertitel versehen sind.

4.3.1 Ausbau der TVthek Der barrierefreie Zugang der TVthek soll im Jahr 2012 auf 40% gesteigert werden. In der nachstehenden Statistik wird das Angebot in Prozent dargestellt und enthält sowohl die Untertitelung als auch Audiodeskription, Gebärdensprache und Transkripte (Mail vom 01.06.2012).

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Abb. 3: Barrierefreies Angebot auf der TVthek in Prozent

An dieser Stelle dürfen die traditionellen Medien nicht unterschätzt werden. Fernsehen zählt nach wie vor zu den beliebtesten und regelmäßig betriebenen Freizeitaktivitäten. Das nächste Kapitel widmet sich daher der Untertitelung im ORF.

4.4 Fernsehnutzung Allgemein

Obwohl die Nutzung des Internets sehr stark zugenommen hat, konnte sich das ORF- Fernsehen im Jahr 2011 als stärkstes Medium durchsetzen. Nach Angaben der ORF- Medienforschung verbrachten die Österreicher im Jahr 2011 durchschnittlich 118 Minuten pro Tag vor den Fernsehgeräten und damit sei eine gleich lange Nutzung des ORF- Fernsehangebotes wie im Vorjahr gegeben. Im Schnitt sahen 3,632 Millionen Zuschauer (2010: 3,603 Millionen) die TV-Programme ORF 1 und ORF 2. Diese Daten und Fakten wurden auf der ORF-Homepage veröffentlicht. (http://medienforschung.orf.at/index2.htm?fernsehen/fernsehen_jahresanalyse_2011.htm Datum: 09.01.2012).

Auf der gleichen Homepage unter dem Link „Fernsehnutzung in Österreich“ wird jedoch eine durchschnittliche TV-Nutzungszeit für das Jahr 2010 mit 162 Minuten pro Tag angegeben und im Vergleich zum Jahr 2009 (153 Minuten pro Tag) eine Steigerung verzeichnet. Ein Anstieg der TV-Reichweite wurde ebenfalls 2010 erreicht: 4,4 Millionen Österreicher und damit 100.000 Personen mehr als im Jahr 2009 nutzten das Medium Fernsehen. Ein erhöhter TV-Konsum wurde bei fast allen Zielgruppen verzeichnet.

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(http://medienforschung.orf.at/index2.htm?fernsehen/fernsehen_nutzungsverhalten.htm Datum: 09.01.2012).

Seit 26.Oktober 2011 wurden die ORF-Spartensender ORF III Kultur und Information und ORF SPORT gestartet. Die ORF-Medienforschung verzeichnete im Jahr 2011 einen besonders intensiven Anstieg der Live-Streams und Video-on-Demand-Angebote, die auf der Videoplattform ORF-TVthek abrufbar sind. Pro Monat wurden durchschnittlich 8,7 Millionen Abrufe verzeichnet und damit positioniert sich http://TVthek.ORF.at als wichtigstes Zusatzservice des ORF (http://medienforschung.orf.at/index2.htm?fernsehen/fernsehen_jahresanalyse_2011.htm Datum: 09.01.2012). Aufgrund dieser starken Positionierung und des umfangreichen Angebotes an Information im Internet, wird auch dieses Medium auf Barrierefreiheit für Gehörlose und Hörgeschädigte untersucht.

4.5 ORF-Fernsehen für Gehörlose und Hörgeschädigte

Österreich zählt eindeutig zu den Synchronisationsländern und daher muss der Gehörlosengemeinschaft durch die Untertitelung von Fernsehsendungen ein Zugang zu aktuellen Informationen ermöglicht werden. Damit leistet der ORF einen wichtigen Beitrag zur Integration der Gehörlosen. Als gehörloser in einer hörenden Welt zu leben, bedeutet den Verzicht auf eine Vielzahl sozialer und kultureller Entfaltungsmöglichkeiten, die Hörenden problemlos und jederzeit zur Verfügung stehen (Ebbinghaus/Hessmann 1989:26).

Damit Gehörlose das Informationsmedium Fernsehen nutzen können, muss ein zentrales Problem bewältigt werden: die Visualisierung von akustischen Informationen. Die visuelle Vermittlung von gesprochener Sprache kann entweder durch die Einblendung von Untertiteln oder durch die Verdolmetschung in die Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) geschehen.

In dieser Arbeit werden nur Sendungen bzw. Informationsangebote zur Analyse herangezogen, die speziell für Gehörlose und Hörgeschädigte untertitelt wurden. Diese

Sendungen wurden vom ORF in Form eines durchgestrichenen Ohrs gekennzeichnet, jedoch wurde die Kennzeichnung durch das Signal „UT“ ersetzt. Filme in Originalsprache mit deutschen Untertiteln werden nicht berücksichtigt, da sie nicht den ORF-Richtlinien zur Vereinheitlichung der Untertitel für Hörgeschädigte entsprechen.

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Die ÖGS ist in Österreich seit dem 6. Juli 2005 als eigenständige Sprache anerkannt. Der Nationalrat beschloss eine Änderung der Österreichischen Bundesverfassung und verankerte die Österreichische Gebärdensprache als eigenständige Sprache. Mit BGBl. I Nr. 81/2005 wurde diese Bestimmung in Art. 8 Abs. 3 B-VG am 9. August 2005 im Bundesgesetzblatt kundgemacht (http://www.bizeps.or.at/news.php?nr=6228 Datum: 11.11.2011).

Diese Bestimmungen sind ein wichtiger Schritt in Richtung Barrierefreiheit, jedoch müssen sie in Bereichen wie zum Beispiel Arbeitswelt, Bildung oder Information umgesetzt werden, damit sich im alltäglichen Leben und in den verschiedensten Lebensbereichen gehörloser Menschen eine Verbesserung bemerkbar macht. In Österreich werden Menschen mit Behinderungen basierend auf der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, der existierenden Rechtsgrundlage, dem Bundesbehindertengleichstellungsgesetz (BGStG), dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) und dem Bundesverfassungsgesetz (B-VG) gegen Diskriminierungen geschützt (http://www.oegsbarrierefrei.at/default.asp Datum: 11.11.2011).

4.6 Sendungen mit Untertitelung

Der Beginn der Untertitelung beim ORF begann im Zuge einer Bedarfsanalyse zur Untertitelung für Gehörlose und Hörgeschädigte. Damals machte sich der ORF auf die Suchen nach Schnellschreibern, die der Adressatengruppe sowohl live als auch aufgezeichnete Sendungen zugänglich machten.

4.6.1 Arten der Untertitelung beim ORF Der ORF unterscheidet drei Arten der Untertitelung für Gehörlose und Hörgeschädigte: die Untertitelung von Filmen und Serien, die „Semi-Live“-Untertitelung und die Untertitelung mittels Spracherkennung (Gespräch vom 04.08.2010).

Wenn Filme oder Serien untertitelt werden, erhalten die Mitarbeiter des ORF das Material in digitalisierter Form, also den Timecode, und untertiteln im Haus. Zuständig dafür ist jeweils ein Redakteur und ein Programmassistent (ibid.).

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Bei „Semi-Live“-Untertitelungen liegt digitalisiertes Material nur teilweise vor und dieses wird dann in Form von Untertiteln vorbereitet. Jegliche Information, die nicht vor Beginn der Sendung zur Verfügung steht, wird live untertitelt. Das ist z.B. bei der Nachrichtensendung „Zeit im Bild“ der Fall. Hier diktiert dann ein Redakteur einem Schnellschreiber die Information, die auf dem Bildschirm live erscheinen soll. Seitens des ORF wurde bestätigt, dass die Schnellschreiber sehr teuer sind. In den meisten Fällen haben sie nebenbei auch andere Berufe und sind daher nur nachmittags einsetzbar. Das hat zur Folge, dass jede Live- Sendung überbezahlt ist (ibid.).

Die Untertitelung mittels Spracherkennung ist erst seit kurzem im Einsatz und konnte durch die Zusammenarbeit des ORF mit dem Parlament ermöglicht werden. „Hierbei diktiert ein trainierter Sprecher Wörter in ein Headset oder Mikrophon, die dann sofort als geschriebener Text auf dem Bildschirm erscheinen. Die dafür zuständigen Untertitler bzw. Re-Speaker müssen eigens eingeschult und ihre Stimme auf die Spracherkennungssoftware eingestellt werden“. (ibid.)

4.6.2 ORF-Richtlinien zur Untertitelung Derzeit umfasst das Untertitelungsteam des ORF 31 Mitarbeiter, die sich an folgende internen Richtlinien zur Vereinheitlichung der Untertitelung halten (Gespräch vom 04.08.2010). Das Handbuch weist nicht explizit darauf hin, dass es sich um Richtlinien zur Untertitelung für Gehörlose handelt, jedoch sind die Richtlinien der Zielgruppe deutlich angepasst und diese Tatsache wurde auch seitens des ORF bestätigt.

4.6.2.1 Untertitelung zu Sendungsbeginn und -ende

Zu Beginn jeder untertitelten Sendung werden die Untertitel mit dem Namen des bearbeitenden Redakteurs versehen. Dabei steht der Name des Redakteurs unter dem Titel der ausgestrahlten Sendung. Im weiteren Verlauf wird der Sendungstitel nicht mehr geschrieben. Bei sogenannten Patchwork-Filmen, wenn mehr als drei Untertitler an einem Film arbeiten, werden die Redakteure nicht genannt. Am Ende der Sendung steht der Copyright-Untertitel (zum Beispiel ORF Enterprise TXT, 2012, [email protected]). Diese Richtlinie ist auch bei Live-Sendungen einzuhalten.

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4.6.2.2 Farben der Untertitel Die Untertitelbalken werden zur besseren Sichtbarkeit mit einem schwarzen Balken hinterlegt. Beim ORF werden die Farben nach der Wichtigkeit der Hauptfiguren bzw. Personen vergeben. Somit kann besser nachverfolgt werden, welche Person gerade spricht. Zur farblichen Personenspezifizierung werden die Farben blau, gelb und grün vergeben.

1. Hauptfigur/Moderator: blau 2. Hauptfigur/Redakteur beim Aufsager, Interview: gelb 3. In Ausnahmefällen wird die Farbe grün vergeben, z.B. bei Theaterausschnitten und Archivaufnahmen.

Um die Wichtigkeit der Personen zu bestimmen, wird empfohlen sich am Abspann zu orientieren. Sind z.B. eine weibliche und männliche Figur für die Handlung einer Sendung sehr wichtig, wird dem Mann die Farbe blau und der Frau gelb zugeteilt. Ist ein Erzähler vorhanden, wie zum Beispiel bei der Serie „Desperate Housewives“, soll die Farbe blau vergeben werden. Diese Richtlinien zur Zuweisung der Farben bringen für ein gehörloses Publikum den Vorteil, dass von einer Regelmäßigkeit des Ablaufes bzw. ein besseres Folgen der Sendung erreicht wird.

Zusätzlich zu den unterschiedlichen Schriftfarben wird durch die Platzierung der Untertitelbalken verdeutlicht, welche Person spricht. In diesem Fall werden die Balken unter die sprechende Person gesetzt bzw. so nah wie möglich unter die betreffende Person.

4.6.2.3 Form der Untertitel Die Untertitel sollen nach Sinneinheiten gegliedert werden, d.h. dass Wörter, die zusammengehören, nicht getrennt sondern in der gleichen Zeile stehen sollten. Darüber hinaus sollte die erste Zeile kürzer als die Zweite sein, falls die Einteilung nach Sinneinheiten dadurch nicht verletzt wird. Handelt es sich um kumulative Untertitel, hat die zweite Zeile mit Bindestrich und Leerzeichen zu beginnen. Bei rechtsbündigen Untertitel ist ein Leerzeichen zu setzen, damit sie nicht zu nah am rechten Rand kleben.

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4.6.2.4 Satzzeichen Hinsichtlich der Satzzeichensetzung schreiben die Richtlinien zur Vereinheitlichung genaue Vorgaben zur Einhaltung. Geht ein Satz über mehrere Untertitel hinaus, endet die erste Satzhälfte mit einem Leerzeichen und drei Punkten ebenso wie unvollständige Sätze. Die zweite Satzhälfte beginnt dann mit zwei Punkten und einem Leerzeichen. Drüber hinaus sollte kein Satz länger sein als drei zweizeilige Untertitel.

Um Gedanken, Rückblenden, Selbstgespräche, Geräusche in Rückblenden oder Träume zu signalisieren, werden Klammern zur besseren Veranschaulichung gesetzt.

Anführungszeichen hingegen sollen Töne aus zum Beispiel dem Radio oder Fernseher signalisieren. Auf die gleiche Art und Weise werden direkte Zitate untertitelt. Die ORF-Richtlinien schreiben vor, dass Zitate nicht umgeschrieben werden dürfen. Textpassagen, die unter Anführungszeichen gesetzt werden, müssen dem Original entsprechen. Jedoch ist es zulässig, einzelne Passagen auszulassen, falls es sich um ein zu langes Zitat handelt.

Einfache Anführungszeichen werden gesetzt, um Ironie oder eine übertragene Bedeutung zu verdeutlichen.

Kommen Buch- und Filmtitel oder Titel der Sendung im Text vor, müssen diese durch die Setzung von Anführungszeichen markiert werden. Es sind keine Anführungszeichen notwendig, wenn eine Sendung im Untertitel angekündigt wird.

Die ORF-Richtlinien sehen vor, dass auch bei Telefongesprächen keine Rufzeichen gesetzt werden, jedoch wird ein Sprecherwechsel durch einen Bindestrich signalisiert.

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4.6.2.5 Eckige Klammern Eckige Klammern sind zur Kennzeichnung in einem getexteten Beitrag zu verwenden. Diese sind nicht nötig, wenn ein Studiogast oder Interviewpartner spricht bzw. in einem Live- Gespräch. In diesen Fällen besteht keine Verwechslungsgefahr mit einem Sprecher.

4.6.2.6 Geräusche und Musik Geräusche werden meistens mittig positioniert und durch Sterne (*) gekennzeichnet. Wird länger als 20 Sekunden nicht gesprochen, wird ebenfalls ein Stern eingesetzt, um Sprechpausen zu signalisieren.

Handelt es sich um einen Liedtext, wird dieser mit einem Rautesymbol (#) angekündigt. Bei fremdsprachigen Liedtexten wird zuerst die Originalversion eingeblendet, satzweise gelb auf blau, und darunter die deutsche Übersetzung in weiß und Klammern. Sollten sich nicht alle Strophen eines Textes ausgehen, sind jene wegzulassen, die für die eingespielte Handlung nicht relevant sind. Nur in Ausnahmefällen ist die englische bzw. deutsche Version einzublenden.

4.6.2.7 Ausnahmefall Die Richtlinien des ORF zur Vereinheitlichung der Untertitel (2009) geben auf der letzten Seite noch einen Ausnahmefall an.

„Falls durch die Einhaltung dieser Regeln der überwiegende Teil einer Sendung in Eckerl, Farbe bzw. in Klammern stehen würde, muss man sich einen neuen Standard überlegen, um eine Farb-/Klammer-/Eckerlorgie zu vermeiden“.

Diese Ausnahmeregelung soll es der Adressatengruppe ermöglichen, einer Sendung so einfach wie möglich zu folgen.

4.6.3 ORF 1 Auf der Teletextseite 777 können im ORF die Untertitel individuell eingeschaltet werden und somit wird seitens des Fernsehsenders gewährleistet, dass sich Hörende durch die Einblendung der Untertitel nicht gestört fühlen. In den Programmzeitschriften sowie auf der

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ORF-Website werden Sendungen für die Gehörlosengemeinschaft durch „UT“ gekennzeichnet.

Das Lesen von Untertiteln fällt vielen Gehörlosen nicht leicht, insbesondere wenn ein schneller Wechsel von Textzeilen stattfindet. Hinzu kommt die Tatsache, dass dialogische Passagen nicht leicht zugeordnet werden können. Vor allem jedoch ist zu kritisieren, dass es keine ausreichende qualitative und quantitative Versorgung mit untertitelten Fernsehsendungen gibt (Ebbinghaus/Hessmann 1989:25).

Im ORF 1 können die Gehörlosen auf einige Sendungen zurückgreifen, die mit Teletext- Untertitel ausgestrahlt werden. Auffällig ist jedoch, dass hauptsächlich US-amerikanische Serien untertitelt werden und der Schwerpunkt nicht auf politische oder kulturelle Informationssendungen gelegt wird.

4.6.3.1 Vormittagsprogramm Das Vormittagsprogramm des ORF 1 strahlt für die Gehörlosengemeinschaft die Serien „Malcom Mittendrin“, „Scrubs – Die Anfänger“, „Gilmore Girls“ und „Mein Cooler Onkel Charlie“ aus, jedoch handelt es sich dabei um Wiederholungen vom Vortag. Das Ski-Sportereignis FIS Weltcup Superkombination der Herren wird mittels Spracherkennungssystem live untertitelt. Sowohl der Countdown als das Rennen mit der Dauer von 1 h 28 min werden mit Untertitelung ausgestrahlt. An dieser Stelle ist positiv hervorzuheben, dass der ORF seinen Vorsätzen nachkommt und versucht große Sportereignisse für die Adressatengruppe zugänglich zu machen.

Die Nähere Betrachtung des Vormittagsprogrammes zeigt, dass der Schwerpunkt auf Sendungen für Kinder liegt, jedoch werden nicht alle Kindersendungen für die Zielgruppe der gehörlosen und schwerhörigen Kinder mit Untertitelung versehen. Nach Angaben des ORF werden Angebote für Kinder seit Beginn der ORF-Untertitelung regelmäßig ausgestrahlt. Zu diesen regulären Sendungen zählen:

• 1, 2 oder 3 • Forscherexpress • Hallo Okidoki

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• Trickfabrik • Miniversum

Durch die Ausweitung des Untertitelangebotes ist auch das Angebot für Kinder in den letzten Jahren gestiegen. Kindersendungen werden vor allem zu Mittag und am frühen Nachmittag ausgestrahlt. Derzeit werden im ORF auch folgende Kinderserien untertitelt:

• Das Dschungelbuch • Simsalagrimm • Wickie und die starken Männer • Disneys Arielle • Victorious • Sonny Munroe

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Abb. 4: Vormittagsprogramm ORF 1

4.6.3.2 Nachmittagsprogramm Im Nachmittagsprogramm wird eine Doppelfolge von „How I Met Your Mother“ und „Malcom Mittendrin“ untertitelt. Darüber hinaus befindet sich erneut auch das Ski- Sportereignis FIS Weltcup Superkombination der Herren, diesmal die Abfahrt, im Programm. Als Alternativprogramm zur Superkombination wird auch die Serie „H2O – Plötzlich Meerjungfrau“ untertitelt.

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Abb. 5: Nachmittagsprogramm ORF 1

4.6.3.3 Vorabendprogramm Das Vorabendprogramm ist fast zur Gänze untertitelt mit Sendungen wie „Anna und die Liebe“, „Scrubs – Die Anfänger“, „How I Met Your Mother“, „Die Simpsons“ und „Mein Cooler Onkel Charlie“. Das Untertitelungsangebot am Vorabend erscheint für die Adressatengruppe wenig abwechslungsreich zu sein, da fast ausschließlich die gleichen US- Serien ausgestrahlt werden und diese sind auch alte Folgen, die seit Jahren im ORF wiederholt werden.

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Abb. 6: Abendprogramm ORF 1

4.6.3.4 Primetimeprogramm In der Primetime wird nur der Film, die Komödie „im 7 Himmel – Nachricht von Tom“ untertitelt. Der ORF untertitelt den Hauptabendfilm in den meisten Fällen.

Abb. 7: Primetimeprogramm ORF 1

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4.6.3.5 Nachtprogramm Im Nachtprogramm werden je nach Tag Spielfilme und Wiederholungen mit Untertitelung ausgestrahlt.

Abb. 8: Nachtprogramm ORF 1

Der Zugang zu aktuellen Informationen wird den Gehörlosen im ORF 1 nicht ermöglicht, da hauptsächlich Serien untertitelt werden. Beachtet man die Tatsache, dass der ORF 1 im Vormittagsprogramm und Nachtprogramm nur Wiederholungen vom Vortag ausstrahlt, werden für die Gehörlosengemeinschaft durchschnittlich 362 min täglich mit Untertiteln versehen.

4.6.4 ORF 2 Das Fernsehprogramm des ORF 2 hingegen bietet eine größere Vielfalt an untertitelten Sendungen aus Bereichen wie Politik, Religion und Kultur.

4.6.4.1 Vormittagsprogramm Erneut muss an dieser Stelle kritisiert werden, dass im Vormittagsprogramm hauptsächlich Wiederholungen ausgestrahlt werden. Zu dieser Tageszeit werden die Kochsendung „Frisch gekocht mit Andi und Alex“, Telenovelas wie „Wege zum Glück“ und „Herzflimmern – Liebe zum Leben“ mit Untertitelung ausgestrahlt.

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4.6.4.2 Nachmittagsprogramm Das untertitelte Nachmittagsprogramm beginnt mit dem Reise- und Kochmagazin „Schlemmerreise um die Welt“, anschließend folgen die neuen Episoden der Kochsendung „Frisch gekocht mit Andi und Alex“ und die Telenovelas „Wege zum Glück“, „Herzflimmern – Liebe zum Leben“ und „Sturm der Liebe“. Darüber hinaus wird die Talkshow „Barbara Karlich“ untertitelt, aber bis zu diesem Zeitpunkt befinden sich im Untertitelungsangebot keine Informationssendungen.

4.6.4.3 Vorabendprogramm Um 17.00 Uhr wird der Gehörlosengemeinschaft die erste Möglichkeit gegeben, sich über aktuelle Tagesthemen durch die Nachrichtensendung „Zeit im Bild“ zu informieren. Anschließend wird die Informationssendung „Heute in Österreich“ untertitelt. Dabei handelt es sich um eine neue Informationssendung des ORF, die für die Zuseher wichtige Ereignisse aus allen neun Bundesländern zusammenfasst. Darüber hinaus wird das Magazin „Wintertzeit“, das Service-, Gesundheits- und Gesellschaftsthemen behandelt, mit Teletext- Untertitel versehen.

Im Vorabendprogramm wird die Informationssendung „Konkret – Das Servicemagazin“ untertitelt, deren Themenspektrum Bereiche wie Konsumentenschutz, Arbeits- und Sozialrecht, Umwelt, Medizin ebenso wie Essen, Trinken, Lebensmittel, Wohnen, Lifestyle, Wellness und Reisen umfasst.

4.6.4.4 Primetimeprogramm Um 19.30 Uhr wird die wichtigste Nachrichtensendung des ORF mit Untertitelung ausgestrahlt, die „Zeit im Bild“ und anschließend das „Wetter“. Via ORF 2 Europe ist die „Zeit im Bild“ ebenfalls gebärdengedolmetscht zu sehen. Auch im ORF 2 wird der Hauptabendfilm in den meisten Fällen mit Teletext-Untertitel ausgestrahlt.

4.6.4.5 Nachtprogramm Das Nachtprogramm zeichnet sich hauptsächlich durch die Untertitelung von Wiederholungen aus, dabei handelt es sich um Sendungen aus dem Nachmittags- und Vorabendprogramm. Das

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Vormittagsprogramm beginnt ebenfalls mit bereits ausgestrahlten Sendungen, wobei auch ein hörendes Publikum von den vielen Wiederholungen im ORF-Programm nicht verschont wird.

Aus dem Bereich Religion werden die Sendungen „Orientierung“ und „Kreuz und Quer“ untertitelt, die sich mit aktuellen Geschehen aus der Welt der Religion beschäftigen.

Im ORF 2 wird der Gehörlosengemeinschaft ein besserer Zugang zu aktuellen Tagesthemen und Informationssendungen aus verschiedenen Bereichen ermöglicht. Durchschnittlich werden 9 h 50 min täglich mit Teletext-Untertitel ausgestrahlt.

4.6.5 ORF III Nach Angaben des ORF basiert das Sendeschema des Spartensenders ORF III auf vier Hauptsäulen:

• Kultur, Religion, Volkskultur und Regionalität • österreichische Zeitgeschichte und Zeitgeschehen • Information und europäische Integration • Kunst und Kultur

Darüber hinaus steht jeder Wochentag unter bestimmten Schwerpunkt, zum Beispiel sollen Montags Dokumentationen im Mittelpunkt stehen, Dienstags sind Kunst und Kultur am Programm, Mittwochs Religion und Wissenschaft, Donnerstags liegt der Schwerpunkt auf Themen wie Europa und internationales Geschehen, Freitags widmet sich ORF III Österreich und dem österreichischen Film, Samstags Zeitgeschichte und am Sonntags steht alles im Zeichen Oper, Theater und Kontert (http://kundendienst.orf.at/unternehmen/menschen/gremien/110512_2.html Datum: 12.01.2012).

4.6.5.1 Untertitelungsangebot für Gehhörlose und Hörgeschädigte Das Untertitelungsangebot des ORF III bietet dem gehörlosen Publikum wenig Abwechslung. Die Analyse eines Tagesprogrammes hat ergeben, das zum Beispiel am Thementag Mittwoch, Religion und Wissenschaft, die Sendung „Reisen und Speisen“ insgesamt fünf Mal und „Naturreich“ zwei Mal ausgestrahlt wird. Aus dem Bereich Religion steht die Sendung

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„Kreuz und Quer“ über den Tag verteilt fünf Mal am Programm, jedoch wird nur eine Folge mit Untertitelung gezeigt. Drei Sendungen des Formats „Reisen und Speisen“ werden untertitelt, wobei es sich nur bei einer Ausstrahlung um keine Wiederholung handelt.

4.6.6 ORF Sport plus ORF Sport plus überträgt die verschiedensten Sportarten, wobei das Hauptaugenmerk auf österreichischem Live-Sport liegt. Der Programmablauf ist ein Rotationsprinzip und das Tagesprogramm zwischen 20.15 Uhr und 23.15 Uhr wird mehrmals an unterschiedlichen Tagen und Uhrzeiten blockweise widerholt. Das Ziel dieses Ablaufes ist eine Regelmäßigkeit im Programm für das Fernsehpublikum (http://kundendienst.orf.at/unternehmen/menschen/gremien/110512_2.html Datum 12.01.2012).

4.6.6.1 Untertitelungsangebot für Gehörlose und Hörgeschädigte Der ORF Spartensender Sport plus enthält im Programm kein Untertitelungsangebot für gehörlose und hörgeschädigte Menschen.

4.6.7 Hitliste der Sendungen Die Hitliste für das Jahr 2011 zeigt die meistgesehenen Sendungen unter Erwachsenen (ab 12 Jahren) und für das Jahr 2010 die meistgesehenen TV- bzw. Spielfilme. Um weitgehend soziale Ausgrenzung zu vermeiden, ist es von großer Bedeutung, dass der Gehörlosengemeinschaft die Möglichkeit gegeben wird, an TV-Großereignissen teilzunehmen.

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Abb. 9: Hitliste 2011 der meistgesehenen Sendungen

Unter den meistgesehenen Sendungen für das Jahr 2011 zeigt sich eine Untertitelungsquote, die eher zufriedenstellend ist. Die „Zeit im Bild“ um 19.30 Uhr im ORF II gehört zu den beliebtesten Sendungen und wird auch mit Untertitel ausgestrahlt. Die Berichterstattungen vom Opernball, dem Villacher Fasching oder Neujahrskonzert und die Informationssendung „Bundesland Heute“ werden hingegen nicht untertitelt. Auf ORF 1 hingegen gehören zu den meistgesehenen Sendungen große Sportereignisse wie Skispringen und Skifahren. Diese werden mittlerweile mit Hilfe eines Spracherkennungssystems live untertitelt.

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Abb. 10: Hitliste 2010 (Top 20) der meistgesehenen TV- bzw. Spielfilme

Die meistgesehenen TV- bzw. Spielfilme des ORF sind in der Primetime ausgestrahlt worden, daher auch mit Untertitelung für Gehörlose und Hörgeschädigte.

4.6.8 Magazin „Lesen statt Hören" Seit Jänner 1981 besteht ein eigenes Gehörlosen-Teletextmagazin „Lesen statt Hören“. Auf den Teletextseiten 770 bis 776 können Hörbehinderte Informationen über die Aktivitäten der Vereine in ganz Österreich, Beratungstermine, Adressen von Institutionen und Organisationen sowie spezielle Nachrichten für diese Zielgruppe abrufen.

4.6.9 Untertitelungsquote ORF Die Untertitelungsquote des ORF setzt sich zusammen aus Sendungen, die aus der Eigenproduktion, dem Untertitelungsarchiv, dem Service-Wiederholung, dem Import bzw. Austausch von Untertitel und dem Ankauf von Untertitel stammen. Unter „UT-Archiv“ fallen beim ORF alle Sendungen aus Mehrfachausstrahlungen, das „Service-Wiederholung“ bezeichnet die klassische Wiederholung von Sendung und diese ist in den meisten Fällen zeitnah mit der Erstausstrahlung. Die Kategorie „UT-Import/Austausch“ bezeichnet DVD-

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Untertitel von großen Filmverleihern wie Disney und Warner Bros. bzw. werden auch Untertitel von öffentlich-rechtlichen Sendern aus Deutschland und der Schweiz (ARD, ZDF, SF und ) hier zusammengefasst.

Alle Angaben sind in Stunden und wurden von dem ORF Gehörlosenservice zur Verfügung gestellt.

Abb. 11: Untertitelanteil am Fernsehprogramm 2012 (ORF1 und ORF2)

Wie aus der Grafik entnommen werden kann, werden nach derzeitigem Stand nur ungefähr 12% der UT vom ORF im Haus produziert. Der Großteil entfällt auf das UT-Archiv bzw. auf das Service-Wiederholung.

4.7 Qualität der ORF-Untertitelung

Der ORF versucht schrittweise sein Untertitelungsangebot auszubauen und nachdem die Frage nach der Quantität bereits näher erläutert wurde, wird sich dieses Kapitel der Qualität der untertitelten Sendungen widmen. Wie bereits erwähnt wurde, besteht ein Austausch zwischen Österreich, Deutschland und der Schweiz, um der Konsumentengruppe ein noch vielfältigeres und größeres Angebot an Sendungen zu ermöglichen.

Eine direkte Bewertung der Qualität der untertitelten Sendungen anhand eines Fragebogens erfolgt durch die Zielgruppe nicht. Nach Angaben des ORF gibt es zwar Konsumentenreaktionen, die in der Redaktion einlangen oder bei den regelmäßigen Gesprächen mit der entsprechenden Gruppe geäußert werden, aber eine empirische Befragung wird nicht durchgeführt. Um jedoch mehr Feedback zu erhalten, verfolgen die Mitarbeiter der

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Untertitelungsredaktion Äußerungen der Gehörlosengemeinschaft in Chatrooms im Internet (Schulz 2001:222f).

Um die Frage nach der Qualität der ORF-Untertitelung zu klären wurden stichprobenartig Sendungen des ORF 1, ORF 2 und ORF 3 getestet. Sowohl Sendungen mit Live- Untertitelungen und Nachrichten als auch amerikanische Sitcoms und österreichische Produktionen wurden einer Analyse unterzogen. Als Qualitätskriterien dienten dabei die Richtlinien des ORF zur Vereinheitlichung der Untertitel und die erarbeiteten Kriterien aus Kapitel drei der Diplomarbeit. Die Analyse betrachtete technische Aspekte, die optische Gestaltung der Untertitel und linguistische Aspekte.

Nach Angaben des ORF gelten im Haus die Qualitätsansprüche der Richtlinien zur Vereinheitlichung der Untertitel, jedoch wurden zum Beispiel die Mindeststehzeiten angepasst, da der ORF davon ausgeht, dass das Zielpublikum durch die veränderten Nutzungsgewohnheiten routinierter im Mitlesen geworden ist. Darüber hinaus wird versucht so wenig wie möglich vom Ausgangstext zu verändern und vereinfachen.

Die timecodierten Fiktionsprogramme (zum Beispiel Filme und Serien) werden bei IMS London oder bei Vicomedia aus Deutschland zugekauft. Zur internen Produktion fallen hauptsächlich Live-Programme, aktuelle Magazine des ORF und Sendungen, die durch einen ausgeprägten österreichischen Dialekt geprägt sind (Mail).

4.7.1 Technische Aspekte Die technischen Aspekte sind „alle Merkmale von Untertiteln, die aufgrund technischer Einschränkungen nur bedingt vom Untertitel-Autor zu beeinflussen sind bzw. daraus resulieren“ (Hezel 2009:192).

Die Untertitel beim ORF umfassen bei den meisten Sendungen aus der Kategorie „UT- Archiv“ oder „UT-Import/Austausch“ zwei Zeilen. Auffällig ist, dass Sendungen, die im Haus untertitelt werden, dreizeilig sind. Es handelt sich dabei größtenteils um Nachrichtensendungen oder Informationssendungen, die eine hohe Informationsdichte beinhalten. In diesen Fällen werden die Untertitel so positioniert, dass keine wichtigen Inhalte im Bild verdeckt werden.

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Die Standzeit der Untertitel variiert beim ORF und aus diesem Grund konnte keine Norm festgelegt werden. Die Geschwindigkeit der Untertitel ist bei Live-Sendungen und Nachrichtensendungen hoch und somit ist es nicht einfach einen Leserhythmus zu entwickeln.

Im ORF werden die Untertitel als Teil des Fernsehbildes ausgestrahlt und es sind keine zusätzlichen Kanäle oder Bandbreiter erforderlich. Die Informationen sind verschlüsselt, laufen verdeckt innerhalb des Fernsehbildes und können jederzeit mit einem speziellen Decoder aufgerufen werden (Schulz 2001:226).

Wurde im Telexet oder auf der Website des ORF angezeigt, dass eine Sendung mit Untertitel ausgestrahlt wird, dann waren diese auch unter der Teletextseite 777 aufrufbar. Sowohl bei Live-Sendungen als auch bei eingespielten Filmen, Dokumentationen und Serien war die Untertitelung vorhanden. Es ist auch vorgekommen, dass die Übertragung der Untertitel während einer Sendung für einige Minuten ausgesetzt hat. In diesen Fällen wurde ein roter Balken mit der Schrift „ohne Gewähr“ eingeblendet.

4.7.2 Optische Gestaltung der Untertitel Unter die Kriterien der optischen Gestaltung der Untertitel fallen die Schriftart, die Untertitelbalken, die farbliche Spezifizierung der Personen und die Gestaltung der Dialoge.

Bei den meisten untertitelten Sendungen konnte eine Schriftart festgestellt werden, die sich durch hohe, klare und gut zu lesende Buchstaben kennzeichnete. Nur bei Live-Übertragungen wie zum Beispiel den Ski-Weltmeisterschaften wurde die Schriftart und die Positionierung geändert: die Untertitel waren bei diesen Übertragungen niedriger, schmaler und etwas schlechter zu lesen. Darüber hinaus wurden die Untertitel nicht im unteren Bereich des Bildschirmes positioniert sondern im oberen Bereich.

Zur besonderen Hervorhebung der Untertitel wurde die Schrift durch einen schwarzen Balken hinterlegt. In den meisten Fällen handelte es sich immer um ein- oder zweizeilige Balken und sehr selten wurden dreizeilige verwendet. Ein weißer Balken mit blauer Schrift wurde ebenfalls verwendet, um anzuzeigen, dass Hintergrundgeräusche oder Musik zu hören sind. Eine versetzte Positionierung der Untertitelbalken macht es auch einfacher zu erkennen, welche Person im Bild gerade spricht.

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4.7.3 Linguistische Aspekte Verschiedene Studien zeigen auf, dass Gehörlose und Hörgeschädigte eine Wort-für-Wort- Untertitelung bevorzugen. Auch der ORF gibt an, näher am Originaltext zu bleiben und weniger zu vereinfachen. Als Grund wird die Tatsache genannt, dass die Zuschauer durch die veränderten Nutzungsgewohnheiten routinierter beim Mitlesen sind (Mail vom 01.06.2012). Jedoch zeigt die Analyse des untertitelten Fernsehprogrammes, dass Zusammenfassungen des gesprochenen Textinhaltes und Eingriffe in die Satzstruktur vorgenommen werden:

• längere Sätze werden in mehrere kürzere Sätze aufgeteilt • Nebensätze werden größtenteils vermieden • die Zeitformen Konjunktiv und Passiv werden sehr selten verwendet • indirekte Rede wird durch direkte Rede ersetzt

Für die Qualitätsanalyse wurden folgende Sendungen herangenommen:

4.7.3.1 Telenovela: „Alisa – Folge deinem Herzen“ Die Telenovela „Alisa – Folge deinem Herzen“ wurde unter anderen Sendungen einer Untersuchung zur Qualität der ORF – Untertitelung herangezogen. Während der Analyse wurde der Ton des Fernsehgerätes ausgeschalten, um sich in die Situation eines gehörlosen Menschen hineinzuversetzen und herauszufinden, ob es möglich ist, der Handlung der Serie zu folgen.

In den meisten Fällen werden die Richtlinien des ORF zur Untertitelung eingehalten. Den Hauptdarstellern werden bestimmte Farben zugeordnet, die Schrift ist durch einen schwarzen Balken hinterlegt und es kommen hauptsächlich ein- oder zweizeilige Untertitel vor. Auf Hintergrundgeräusche und Musik wird hingewiesen. Darüber hinaus werden die Untertitel so positioniert, dass klar ersichtlich ist, welche Person gerade spricht.

Die optische Gestaltung der Untertitel gestaltet sich als sehr übersichtlich und fehlerfrei, jedoch erweist sich bei dieser Telenovela die Untertitelung des gesprochenen Inhalts als sehr mangelhaft. Die Untertitelung der Dialoge setzt während der ganzen Sendung über einen längeren Zeitraum aus. Man sieht, dass die Personen sprechen, jedoch wird der Inhalt nicht untertitelt. Wenn die Untertitelung wieder einsetzt, ist nicht klar, worauf sich der untertitelte Text bezieht, zum Beispiel wird bei einem Telefongespräch nur eine Seite des Gesprächs mit

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Untertiteln ausgestrahlt. Es ist fast nicht möglich der Handlung zu folgen, da die Untertitel zu lange stehen bleiben und sehr viel ausgelassen wird. Als weiteres Beispiel wird auch eingeblendet, dass die Personen im Bild gerade lachen, aber der Witz bzw. die witzige Situation wird nicht untertitelt. Immer wieder sprechen die Personen, aber der Inhalt der Konversation wird nicht angezeigt.

Der Mundbildvergleich lässt sehr schnell darauf schließen, dass der Zuschauer nicht adäquat informiert wird. Ein Gehörlosenpublikum, das im Lippenlesen sehr versiert ist, wird in weiterer Folge auch sehr schnell zu der Erkenntnis kommen, dass die Untertitelung nicht mit den mündlichen Äußerungen der Darsteller übereinstimmt.

4.7.3.2 Telenovela: „Um Himmels Willen“ Während der Analyse der Sendung „Um Himmels Willen“ wurde der Ton nicht ausgeschaltet, um festzustellen, welche Inhalte nicht untertitelt werden. Bei dieser Unterhaltungsserie treten die gleichen Mängel wie bei der Telenovela „Alisa – Folge deinem Herzen“ auf. Wichtige Inhalte, die zum Verständnis der Sendung notwendig wären, werden nicht untertitelt und die Untertitel bleiben viel zu lange im Bild.

An dieser Stelle soll ein Beispiel genannt werden, dass sich in dieser Form durch die ganze Sendung zieht. In der Unterhaltungsserie wird zum Beispiel über ein Kloster und ein wichtiges Bild gesprochen. Zwei Personen sitzen in einem Gasthaus und unterhalten sich über einen längeren Zeitraum über ein Kloster, ein geheimnisvolles Bild und sie hecken einen gemeinsamen Plan aus. Einer der Darsteller hat eine Skizze in der Hand und zeigt sie der anderen Person. Während der gesamten Konversation wird nur folgender Untertitel eingeblendet: „Das Original dieser Kopie war im Bild versteckt“. Es ist unmöglich der Handlung der Serie zu folgen und teilweise tragen die Untertitel mehr zur Verwirrung bei. Vorkommende Hintergrundgeräusche wurden manchmal durch Untertitel angezeigt jedoch nicht durchgängig.

4.7.3.3 Kochsendung: „Frisch gekocht mit Andi und Alex“ Die Kochsendung „Frisch gekocht mit Andi und Alex“ weißt keine erheblichen Mängel im Bereich der Untertitelungsqualität auf. Teilweise werden Tilgungen vorgenommen, jedoch werden keine wichtigen Inhalte ausgelassen.

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Was diese Sendung von anderen unterscheidet, ist die Tatsache, dass die beiden Köche im Dialekt sprechen und dieser wird auch in der Untertitelung übernommen. Zum Beispiel steht anstatt „ich“ eine Aussprache, die für den Tiroler Dialekt kennzeichnend ist „isch“ im Untertitel. Nicht nur die Färbung durch den Dialekt der beiden Köche sondern auch sprachliche Abkürzungen werden übernommen.

Weitere Beispiele:

„Nicht zu viel. Mehr Hitze brauch ma nicht.“ „Die Sauce lass’ma einkochen.“ „Das isch wie daheim.“ „Probiern S’ruhig aus.“ „Gemma zum Rohr.“ „Heut hab ich’s nicht mit der Hitze.“ „Pfiat euch.“

4.7.3.4 US-amerikanische Sitcoms: „How I met your mother“, „Maclom Mittendrin“, „Scrubs“, „Die Simpsons“, „Mein cooler Onkel Charlie“ Die US-amerikanischen Sitcoms „How I met your mother“, „Maclom Mittendrin“, „Scrubs“, „Die Simpsons“ und „Mein cooler Onkel Charlie“ weisen im Hinblick auf die Untertitelung eine deutlich bessere Qualität auf. Die Untertitel werden durchgängig eingeblendet und zu lange Dialoge werden zwar gekürzt, aber in einem Ausmaß, der es möglich macht der Handlung zu folgen und es werden keine wichtigen Inhalte ausgelassen. Hintergrundgeräusche werden immer durch Untertitel angezeigt.

4.7.3.5 Informationssendung: Heute in Österreich – Sommerzeit In der Informationssendung “Heute in Österreich” werden für die Zuschauer wichtige Ereignisse des Tages aus allen neun Bundesländern Österreichs präsentiert. Für das gehörlose und hörgeschädigte Publikum werden dreizeilige Untertitel eingeblendet. Aufgrund der hohen Informationsdichte ist auffällig, dass die Untertitel über einen zu langen Zeitraum im Bild stehen bleiben und wichtige Inhalte ausgelassen werden. Zum Beispiel wurde in der Sendung vom 11.06.2012 ein Beitrag über die Krankheit Parkinson ausgestrahlt, jedoch wichtige

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Informationen über die Krankheit nicht untertitelt bzw. sehr stark zusammengefasst. Das gleiche Problem wurde auch bei Interviews beobachtet. Es ist oft nicht eindeutig, welche Person spricht. Darüber hinaus bleiben alte Untertitel eingeblendet, während bereits ein neues Thema vom Moderator angekündigt wird. Die Positionierung der Untertitel verdeckt keine wichtigen Hinweise im Bild.

4.7.3.6 Nachrichtensendung: Zeit im Bild In der Nachrichtensendung „Zeit im Bild“ werden die Kommentare der Moderatoren nur leicht vereinfacht, jedoch werden die Berichterstattungen zu den aktuellen Tagesthemen sehr unterschiedlich behandelt. Die Veränderungen sind dadurch gekennzeichnet, dass Sätze teilweise ganz ausgelassen bzw. sehr stark verändert werden und zwischendurch findet eine 1:1 Untertitelung statt. Fast durchgängig werden dreizeilige Untertitel eingespielt. Um dem Zielpublikum besser zu veranschaulichen, welche Person gerade spricht, werden unterschiedliche Methoden angewendet: Entweder wird der Name der Person im Untertitel eingeblendet oder der Zuschauer muss dem Bild entnehmen.

Nach der „Zeit im Bild“ wird auch „Das Wetter“ untertitelt. An dieser Stelle ist anzumerken, dass alle wichtigen Informationen eingeblendet werden, Auslassungen kaum vorkommen bzw. ausgelassene Passagen aus dem Kontext entnommen werden können.

4.7.3.7 Sportübertragungen: Fußball Europameisterschaft 2012 Die Fußball Europameisterschaft 2012 wurde vom ORF mittels Spracherkennungssoftware untertitelt. Bei den optischen Aspekten ist auffällig, dass die Untertitel kleiner sind und die Standzeit kürzer. Teilweise werden die Untertitel bereits nach einer Sekunde ausgeblendet. Zu Beginn des Spiel werden für das Zielpublikum Informationen über das Stadion, die Kosten der Europameisterschaft, die Austragungsländer, den Teamchef, das Wetter oder die Schiedsrichter (zum Beispiel, dass der Schiedsrichter 40 Jahre alt und Architekt ist) eingespielt. Die tatsächlichen Kommentare der Moderatoren über das laufende Spiel werden anfangs nicht untertitelt. Daher kann davon ausgegangen werden, dass es sich um bereits vorbereitete Untertitel handelt. Die Nationalhymnen der Mannschaften werden sowohl in der Originalsprache als auch deutschen Übersetzung im Bild angezeigt, wobei die Originalfassung mit einem blauen Balken und weißer Schriftfarbe und die Übersetzung mit einem schwarzen Balken und

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ebenfalls weißer Schriftfarbe untertitelt wird. Als zusätzliche Information werden auch die Komponisten der jeweiligen Hymnen eingeblendet. Auffällig waren einige Rechtschreibfehler in der Untertitelung und darüber hinaus setzte die Untertitelung über einen längeren Zeitraum aus, obwohl die Moderatoren das Spiel kommentierten.

4.7.3.8 Parlamentsdebatten Die Sondersitzungen des Nationalrates werden live aus dem Parlament untertitelt bzw. findet auch eine Verdolmetschung in Gebärdensprache statt, jedoch ist die Verdolmetschung nur auf ORFIII zu sehen. Am 27.06.2012 wurde die Sondersitzung des Nationalrates zum Transparenzpaket live aus dem Parlament im ORF2 übertragen. Auf ORF2 war es möglich die Untertitel einzublenden, jedoch nach dem Übertragungswechsel von ORF2 auf ORFIII war eine Zuschaltung der Untertitelung nicht möglich, obwohl diese Parlamentsdebatte im Teletext mit Untertitel angekündigt wurde.

4.7.4 Zusammenfassung Aufgrund der Kosten für die Untertitelung nutzt der ORF alle Möglichkeiten, um sein Angebot auszuweiten. Die eigenen Richtlinien gelten somit nur für selbst produzierte bzw. in Auftrag gegebene Untertitel und dieser Anteil liegt nach derzeitigem Stand bei ungefähr 20%. Die großen Unterschiede im Bereich der Qualität lassen sich darauf zurückführen, dass deutsche Untertitel für fremdsprachige Filme eigesetzt werden, um das Angebot auszuweiten. Darüber hinaus handelt es sich in solchen Fällen um Sendungen aus der Kategorie UT- Import/Austausch oder UT-Archiv, die kostenlos übernommen oder zugekauft werden. In diesen Fällen weichen die Untertitel von den ORF Richtlinien ab und derzeit mangelt es dem ORF sowohl an finanziellen als auch personellen Ressourcen, um eine adäquate Anpassung vorzunehmen (Mail vom 01.06.2012).

Der ORF gibt an, bis dato keine negative Kritik vom betreffenden Zielpublikum erhalten zu haben (Mail vom 01.06.2012).

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4.8 Ausbau der Live-Untertitelung

Der ORF und das österreichische Parlament haben in Form eines dreijährigen Pilotprojektes die Untertitelung mittels Spracherkennung zur Anwendung gebracht. Dieses sogenannte "Re- Speaking"-System ermöglicht es, dass erstmals Übertragungen der Parlamentsdebatten mit Live-Untertiteln ausgestrahlt werden. Die Kosten in der Höhe von 70.000 Euro werden vom Parlament und dem ORF getragen.

„Bisher war die Untertitelung von Live-Sendungen im ORF aufgrund der sprachlichen Komplexität und der oftmals hohen Sprechgeschwindigkeit ein sehr aufwendiges Verfahren, weshalb sich der Anteil an Live-Untertitelung auf Wahlberichterstattung, ausgewählte Sportgroßereignisse und ähnliche Sondersendungen konzentrierte.“ (ORF-Kundendienst 2010c)

Für die Fußball-Europameisterschaft 2008 untertitelte der ORF alle 31 Fußballspiele, das entspricht einem Ausmaß von insgesamt 100 Stunden. Dieses Fußballerlebnis wurde unter dem Einsatz von sechs Redakteuren, die jeweils zu Zweit arbeiteten, für Menschen mit Hörbehinderungen zugänglich gemacht (Bericht der Bundesregierung 2008:263).

Mittlerweile hat der ORF sein Live-Untertitelungsangebot stark ausgebaut und nicht nur die österreichischen Parlamentsdebatten sondern auch große Sportereignisse wie etwa die Champions League, Ski-WM und Formel 1 werden live untertitelt. Mag. Gabriele Kletter, Geschäftsführerin des TELETEXT-Gehörlosenservices, äußerte sich wie folgt dazu:

"Die Herausforderungen an die Untertitler sind in den vergangenen Jahren nicht nur quantitativ enorm gestiegen, sondern wir arbeiten auch permanent an der qualitativen Verbesserung. Die Weiterentwicklung der Technik ermöglicht Fortschritte, und so beschreiten wir etwa mit der Spracherkennung seit November 2009 ganz neue Wege auf dem Gebiet der Live-Untertitelung." (http://orf.oewabox.at/cgi- bin/ivw/CP/Service/Unternehmenskommunikation/Unternehmenskommunikation/v1 kudi/Technik Datum: 12.01.2012)

Laut ORF sollen mehr Live-Berichte mittels Spracherkennung ausgestrahlt werden. Das

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Angebot soll durch folgende Sendungen ausgeweitet werden:

• Skiflug-WM • Biathlon-WM • Fußball-EM • Olympische Sommerspiele • Paralympics Sommerspiele

4.8.1 Schwachstellen der Live-Untertitelung Die Mitarbeiter des ORF verwenden die Spracherkennungssoftware „Dragon NaturallySpeaking“ im Zusammenspiel mit einer Untertitelungssoftware und um Fehler zu korrigieren, steht auch ein Schnellschreibersystem zur Verfügung. Das Programm enthält einen Wortschatz von 100.000 Wörtern und wandelt gesprochene Wörter in Untertitel am Bildschirm um. Die zuständigen Untertitler bzw. Re-Speaker müssen eigens eingeschult werden, damit ihre Stimme von der Spracherkennungssoftware erkannt wird. Ändert sich z.B. die Stimmlage eines Re-Speakers aufgrund einer Verkühlung, könnte dies negativen Einfluss auf die Spracherkennung haben. Das Arbeiten mit dem Programm erfordert eine hohe Konzentration und viel Übung. Darüber hinaus müssen sich die Sprecher alle 20 bis 30 Minuten abwechseln (Gespräch vom 04.08.2010).

Generell sei man jedoch mit der Software nicht zufrieden, da viele Begriffe vom System falsch erkannt und die Sätze vor dem Senden oftmals noch korrigiert werden müssen, um Verständnisfehler beim Publikum zu vermeiden (ibid.).

Die Spracherkennungssoftware wurde ursprünglich für Anwender entwickelt, die mit einem definierten Wortschatz arbeiten, wie es zum Beispiel der Fall bei Anwälten und Ärzten ist. Aus diesem Grund war die Technologie anfangs nicht an die Anforderungen einer Nachrichten- oder Sportsendung angepasst. Der ORF versucht daher durch die Zusammenarbeit mit den Kollegen aus Deutschland und der Schweiz sowie den Herstellern der Software die Qualität zu verbessern (Mail vom 01.06.2012).

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Die altbewährte Methode mit Schnellschreibern wird bei den zentralen Informationssendungen des ORF, wie zum Beispiel Zeit im Bild, Heute in Österreich, Konkret, Thema, Report und politischen Diskussionen) zur Anwendung gebracht, da sie noch immer die verlässlichste Variante ist (Mail 01.06.2012).

4.9 Austausch mit anderen Ländern

Der ORF untertitelt nicht alle Sendungen im Haus und daher kommt es auch zum Austausch mit anderen deutschsprachigen Ländern, besonders mit der Schweiz und Deutschland. Das untertitelte Material wird dann dem jeweiligen Nutzer immer gratis zur Verfügung gestellt. Vor allem beim Einsatz des Spracherkennungssystems „Dragon NaturallySpeaking“ konnte der ORF von der Erfahrung der Schweizer profitieren (ibid.).

4.10 Vergleich zu anderen öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern

Nach Betrachtung der Situation in anderen europäischen Ländern wird deutlich, dass das Angebot des Österreichischen Rundfunks im europäischen Vergleich sehr bescheiden ausfällt und starker Nachholbedarf besteht. Länder wie Großbritannien und Irland untertiteln bereits seit 2007 100 Prozent ihres Programms. In Schweden und Belgien werden 65 Prozent und in Frankreich 60 Prozent des Programms mit Untertiteln ausgestrahlt. In der Schweiz wird die gesamte Primetime von 19:00 bis 20:00 Uhr untertitelt. Der WDR hat angekündigt die Untertitelungsqoute auf 90 Prozent zu steigern und die ARD hat im letzten deutschen Wahlkampf alle Wahlkampfsendungen untertitelt (http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/508303/100-Programm-fuer-100- Gebuehren Datum: 15.09.2010).

In Ungarn geht man noch einen Schritt weiter. Für alle öffentlich-rechtlichen und landesweit frei empfangbaren Privatfernsehsender wird gesetzlich vorgeschrieben, dass die Fernsehprogramme mit Untertiteln oder in Gebärdensprache zu versehen sind. Diese Regelung trat im Juli 2010 in Kraft und bezieht sich zunächst auf Nachrichtensendungen und Programme von öffentlichem Interesse. Die Untertitelungsquote soll jährlich verdoppelt werden und bis 2015 sollen 75 Prozent des Fernsehangebotes untertitelt werden (Jarmer 2010:3).

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Zieht man die Tatsache hinzu, dass in Österreich 500.000 hörbehinderte Menschen leben, sollte es für den ORF ein wichtiges Ziel sein, das Fernsehprogramm für diese Zielgruppe auszuweiten. Die Zukunftspläne des ORF in bezug auf Barrierefreiheit gehen in die richtige Richtung und es liegt jetzt an den Verantwortlichen, diese in die Tat umzusetzen.

"Für den ORF ist es Teil seines öffentlich-rechtlichen Selbstverständnisses, den barrierefreien Zugang zu seinen Programmen in den nächsten Jahren verstärkt zu ermöglichen", erklärt ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz. "Der ORF ist damit der einzige Rundfunkanbieter in Österreich, der diese wichtige soziale Verantwortung wahrnimmt. Das nun startende Pilotprojekt zwischen Parlament und ORF-Gehörlosenservice ist ein klares Bekenntnis dazu, allen Menschen in Österreich Zugang zum umfassenden Informations- und Unterhaltungsangebot des ORF zu ermöglichen." (ORF-Kundendienst 2010c)

4.11 Private Fernsehanstalten in Österreich

In Österreich wurde das Privatfernsehgesetz im Juli 2001 verabschiedet und somit eine rechtliche Grundlage für private Fernsehanstalten geschaffen. Der größte österreichische Privatsender ATV ging am 1. Juni 2003 das erste Mal auf Sendung, zu der Zeit noch als ATVplus (http://atv.at/contentset/110332-History Datum: 14.01.2012). Im Jahr 2004 folgte ein weiterer privater Sender mit dem Namen Puls 4 und 2009 startete ServusTV den Sendebetrieb.

Eine Analyse des Sendeprogrammes der Privatsender in Österreich zeigte, dass sich kein Untertitelungsangebot für gehörlose und hörgeschädigte Menschen finden lässt. Dennoch wurden die drei Fernsehanstalten kontaktiert, um sicherzugehen, dass die Analyse korrekt vorgenommen wurde. Darüber hinaus sollte festgestellt werden, ob es in Zukunft Pläne gibt, das Untertitelungsangebot auszubauen.

Bereits nach einem Tag wurde die Anfrage von Bettina Rieder von ServusTV beantwortet. Nach Angaben des Senders wird derzeit keine Untertitelung angeboten, jedoch soll es bereits erste Gespräche mit den entsprechenden Gehörlosenverbänden gegeben haben. Wie bzw. ob dieses Projekt tatsächlich in naher Zukunft umgesetzt wird, konnte ServusTV nicht bestätigen.

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Die Privatsender ATV und Puls 4 haben keine Stellung zu der Frage genommen, ob das Fernsehprogramm bzw. eine Teil des Programmes mit Untertitel ausgestrahlt wird.

4.12 Zukunftspläne des ORF im Bereich der Untertitelung

Das ORF-Gesetz verpflichtet den ORF laut §31/11/2.d. zur „Erhöhung des Anteils barrierefrei zugänglicher Sendungen“. Dieser Paragraph bezieht sich auf alle Fernsehprogramme des ORF und auch die Online-Angebote. Der ORF möchte besonders im Bereich der Eigenproduktion den Untertitelanteil ausbauen. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass mehr Serien und Spielfilme, Blockbuster im Hauptabendprogramm, österreichische Produktionen, Dokus und Shows mit Untertitel ausgestrahlt werden.

Ab 1. März 2012 sollen folgende Sendungen ins Fernsehprogramm aufgenommen werden:

• Sport 20:00 Uhr • Seitenblicke • Sport am Sonntag • Bürgeranwalt

Ab 1. Juni 2012 soll das Angebot zusätzlich erweitert werden:

• Tierzuliebe • Kulturmontag

Ab 1. September kommen noch hinzu:

• Zeit im Bild 2 • ZiB 20:00 Uhr • Im Zentrum

Der Etappenplan des ORF sieht im Jahr 2013 eine Ausweitung des Angebotes für gehörlose und hörgeschädigte Menschen auf 65% des Fernsehprogrammes vor (Mail am 01.06.2012).

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Abb. 12: Etappenplan des ORF

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5 Schlussfolgerungen

Nach eingehender Betrachtung der Situation der Untertitelung für Gehörlose und Hörgeschädigte in Österreich wird deutlich, dass ein starker Nachholbedarf in diesem Bereich besteht. Im Vergleich zum Jahr 2010 hat keine wesentliche Verbesserung stattgefunden. Durch den Spartensender ORF III konnte der ORF seine Untertitelungsquote steigern, jedoch ist der große Anteil an Wiederholungen kein guter Schritt in Richtung Barrierefreiheit und Chancengleichheit.

Der ORF baut das Gehörlosenservice stetig aus, jedoch besteht noch immer ein Mangel an Informationen, der sich von Seiten des ORF schneller beheben lassen könnte. Vor allem im Vergleich zu anderen europäischen Ländern fällt auf, wie bescheiden das untertitelte Fernsehprogramm des ORF ist. Gehörlose und Hörgeschädigte sollten jedoch nicht wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden, da sie ebenfalls Rundfunkgebühren bezahlen. Ihnen sollte die Möglichkeit gegeben werden, sich an tagesaktuellen Themen und wichtigen Informationen zu beteiligen.

Der ORF gibt oft an, dass ein finanzieller Mangel die Hauptursache für die mangelnde Anzahl an untertitelten Sendungen sei. Immerhin wird es als Teil des öffentlich-rechtlichen Selbstverständnisses gesehen, dass Programme in den nächsten Jahren barrierefreier gestaltet werden. Nun müssen die notwendigen Schritte unternommen werden.

Positiv ist hervorzugehen, dass mittlerweile Parlamentsdebatten in das Informationsangebot für Gehörlose und Hörgeschädigte aufgenommen wurden, wobei ein Spracherkennungssystem zum Einsatz kommen wird. Man kann davon ausgehen, dass dieser Schritt in Richtung Barrierefreiheit auch auf den Einzug der ersten gehörlosen Abgeordneten, Helene Jarmer von den Grünen, zurückzuführen ist. Seitens des ORF wurde bestätigt, dass die Kosten sowohl vom Parlament als auch vom ORF getragen werden. Darüber hinaus werden mit Hilfe des Spracherkennungssystems auch große Sportereignisse mit Untertitelung ausgestrahlt.

Als einzige öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt in Österreich muss sich der ORF seiner Aufgabe als wichtigste Informationsquelle deutlicher bewusst werden und versuchen die Gehörlosengemeinschaft als gleichberechtigte Bürger zu behandeln. Es ist nicht zumutbar,

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dass die erste Informationssendung erst um 17.00 Uhr und auch nur im ORF II mit Untertiteln ausgestrahlt wird. Tagesaktuelle Themen sollten viel früher zur Verfügung gestellt werden.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Tatsache, dass im Vormittagsprogramm hauptsächlich Wiederholungen vom Vortag ausgestrahlt werden. Darüber hinaus wird der Schwerpunkt auf Unterhaltungssendungen gelegt, die ebenfalls zum tausendsten Mal gesendet wurden.

Im Internet wird keine Rücksicht auf eine angemessene Anpassung der Untertitel für ein gehörloses Publikum vorgenommen. Es ist teilweise nicht zu erkennen, wer im Bild spricht bzw. ob Geräusche oder Musik im Hintergrund gespielt werden. Diese Mängel ermöglichen kein entspanntes Fernsehen und es gehen wichtige Faktoren für das Verstehen einer Sendung verloren.

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6 Bibliographie

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6.1 Internetquellen

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7 Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Frequenz der Internet-Nutzung...... 28 Abb. 2: Homepage zur Untertitelung...... 29 Abb. 3: Barrierefreies Angebot auf der TVthek in Prozent...... 31 Abb. 4: Vormittagsprogramm ORF 1...... 40 Abb. 5: Nachmittagsprogramm ORF 1...... 41 Abb. 6: Abendprogramm ORF 1...... 42 Abb. 7: Primetimeprogramm ORF 1...... 42 Abb. 8: Nachtprogramm ORF 1...... 43 Abb. 9: Hitliste 2011 der meistgesehenen Sendungen...... 47 Abb. 10: Hitliste 2010 (Top 20) der meistgesehenen TV- bzw. Spielfilme...... 48 Abb. 11: Untertitelanteil am Fernsehprogramm 2012 (ORF1 und ORF2)...... 49 Abb. 12: Etappenplan des ORF...... 62

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8 Anhang

8.1 ORF-Richtlinien zur Vereinheitlichung der Untertitel

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8.2 Untertitelung ORF1 und ORF2 – Mail vom 01.06.2012

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8.3 Fragen an Gabriele Kletter vom Gehörlosenservice des ORF

Interview am 04.08.2010

1. Können Sie uns generell einen Einblick in das ORF-Untertitelungsservice für Gehörlose und Hörgeschädigte (GuHG) geben?

G.K.: Es gibt eigentlich drei Arten bzw. Teile der Untertitelung für GuHG. Wir unterscheiden zwischen der Untertitelung von Filmen und Serien, der „Semi-Live“-Untertitelung und der Untertitelung mittels Spracherkennung.

Wenn Filme oder Serien untertitelt werden, bekommen wir das Material dafür in digitalisierter Form, also den Timecode, und untertiteln dieses bei uns im Haus. Zuständig dafür ist jeweils ein Redakteur oder eine Redakteurin und ein Programmassistent.

Bei „Semi-Live“-Untertitelungen erhalten wir nur teilweise digitalisiertes Material, das dann in Form von Untertiteln vorbereitet werden kann. Jegliche Information, die nicht rechtzeitig vor Beginn der Sendung zur Verfügung steht, wird dann live untertitelt. Das ist z.B. bei der Sendung Zeit im Bild oder bei Parlamentsdebatten der Fall. Hier diktiert dann ein Redakteur einem Schnellschreiber die Information, die auf dem Bildschirm live erscheinen soll. Die meisten Schnellschreiber sind oft sehr teuer und können, da sie nebenbei auch andere Berufe ausüben, oft nur nachmittags eingesetzt werden. Das ist leider ein großes Problem und hat zur Folge, dass jede Live-Sendung überbezahlt ist.

Der Untertitelung mittels Spracherkennung ist erst seit kurzem im Einsatz und konnte durchdie Zusammenarbeit des ORF mit dem Parlament (Anmerkung der Interviewer: Helene Jarmer ist eine gehörlose österreichische Politikerin der Grünen und Abgeordnete zum Nationalrat. Sie ist auch der Hauptgrund für die Untertitelung) realisiert werden. Da die finanziellen Mittel des ORF für diese Form der Untertitelung nicht ausreichend waren und das Parlament Interesse zeigte vermehrt Parlamentsdebatten mit Untertiteln auszustrahlen, einigte man sich auf eine gemeinsame Anschaffung der so genannten Dragon NaturallySpeaking Spracherkennung. Hierbei diktiert ein trainierter Sprecher Wörter in ein Headset oder Mikrophon, die dann sofort als geschriebener Text auf dem Bildschirm erscheinen. Die dafür zuständigen Untertitler bzw. Re-Speaker müssen eigens eingeschult und ihre Stimme auf die

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Spracherkennungssoftware eingestellt werden. Die Mitarbeiter brauchen dafür ca. 200 Stunden Programmtraining. Ändert sich z.B. die Stimmlage eines Re-Speakers aufgrund einer Verkühlung, könnte dies negativen Einfluss auf die Spracherkennung haben. Die Spracherkennungssoftware kam innerhalb des ORF zum ersten mal im Zuge der Live- Untertitelung der Fussball WM 2010 zum Einsatz, wobei die Programme Dragon NaturallySpeaking und der hausinterne FAB Subtitler zusammengelegt wurden. Zur Spracherkennungssoftware ist zu sagen, dass diese eigentlich nicht für das Fernsehen, sondern für Personengruppen wie Ärzte und Rechtsanwälte konzipiert wurde, da diese immer die gleiche Terminologie verwenden. Besondere Schwächen hätte das Programm bei der Erkennung von Anglizismen gezeigt.

2. Werden bei Ihnen alle Sendungen im Haus untertitelt oder kommt es auch zum Austausch mit deutschsprachigen Ländern?

G.K.: Wir arbeiten sehr eng mit der Schweiz zusammen, aber auch mit Deutschland. Der Austausch von untertiteltem Material wird dann dem jeweiligen Nutzer immer gratis zur Verfügung gestellt. Wir haben bereits sehr viel von der Erfahrung der Schweizer beim Einsatz der Spracherkennung profitiert.

3. Wie viele Mitarbeiter umfasste ihr Team?

G.K.: Derzeit sind 31 Mitarbeiter bei uns angestellt.

4. Arbeiten Gehörlose bzw. Hörgeschädigte bei der Aufbereitung von Untertiteln mit?

G.K.: Nein, es arbeiten keine gehörlosen bzw. hörgeschädigten Mitarbeiter bei uns. Wir stehen aber in engem Kontakt mit Gehörlosenvereinen und es werden Umfragen durchgeführt. .

5. Der ORF gibt an, dass er plant bis 2015 100% seines Fernsehprogrammes mit Untertiteln zu versehen? Ist dies ihrer Meinung nach realisierbar?

Frau Schabas (Untertitlerin beim ORF Gehörlosenservice): Das würde bedeuten, dass auch alle Werbesendungen untertitelt werden müssten. Meines Erachtens ist dies nicht realisierbar.

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Im Anschluss an das Gespräch mit Frau Kletter durften wir mit den verantwortlichen Redakteuren und Untertitlern über ihre Arbeit bei der „Live-Untertitelung“ der Fussball WM 2010 sprechen und bekamen eine kurze Einführung in die Arbeit mit dem Spracherkennungssystem Dragon NaturallySpeaking.

Es wurde uns mitgeteilt, dass die Spracherkennungssoftware Dragon Naturally Speaking im Zusammenspiel mit der Untertitelungssoftware des ORF am besten funktioniere und auch so zum Einsatz käme. Generell sei man jedoch nicht zufrieden, da viele Begriffe vom System oft falsch erkannt werden und Wörter deshalb am Bildschirm oft in anderer Form erscheinen. Ein Redakteur müsse die Sätze vor dem Senden oftmals noch korrigieren, um Verständnisfehler beim Publikum zu vermeiden (zum Beispiel wird die Nationalmannschaft der Schweiz NATI genannt, jedoch vom Programm mit NAZI untertitelt). Frau Schabas erklärte uns, dass bei Nutzung der Spracherkennungssoftware jedem Untertitler zu Beginn ein Grundvokabular von ca. 30-40.000 Wörtern zur Verfügung stehe. Dieses kann jedoch angereichert und in Gruppen unterteilt werden. Man könne z.B. eine Gruppe eigens für Sport, Kultur oder Politik anlegen, und alle Wörter, die dieser Gruppe nicht entsprechen, automatisch aus dem System werfen. Es können auch Dokumente in das System geladen und das Vokabular so angereichert werden. Sobald ein Satz gesprochen und mit dem Wort „Punkt“ beendet wird, sendet das System den Satz automatisch auf den Bildschirm. Beistriche werden als solche angezeigt. Das System hatte z.B. Probleme den Punktestand 0:0 anzuzeigen und tat dies nur, wenn man das Wort „Makro“ zuvor in ein Mikrophon sprach, also „Makro Null zu Null“. Solche und ähnliche Unstimmigkeiten mit dem System müsse man sich merken bzw. notieren, um Fehler bei der Ausstrahlung zu vermeiden. Mit Sprachen, die besondere Betonung auf einzelne Wörter legen, wie z.B. im Koreanischen, hätte das System weniger Probleme bei der Erkennung von Wörtern im Gegensatz zu z.B. englischen Ausdrücken.

Wenn die gesprochenen Wörter am Bildschirm erscheinen, können diese entweder anhand von Vorschlägen des Computers oder durch ein Anklicken des falschen Wortes vor dem Senden korrigiert werden. Frau Schabas betonte, dass die Müdigkeit oft ein großes Problem darstelle, da sich die Stimme nach einigen Stunden automatisch verändere und Fehler öfter zustande kämen. Die für Untertitel übliche Standdauer betrage bei einer vollen Zeile zwischen 2,20-3 Sekunden und bei zwei Zeilen ca. 7 Sekunden. Bei der Untertitelung der Fußball WM

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2010 wurden die Untertitel zu Beginn zu schnell eingespielt. Die Standdauer wurde im Laufe der WM heruntergesetzt.

Im Anschluss an das Gespräch durften wir an einer internen Sitzung teilnehmen, in der einzelne Probleme beim Einsatz der Spracherkennungssoftware zur Sprache kamen. Frau Gabriele Kletter erklärte, dass sie in Korrespondenz mit der Schweiz stehe und bot Lösungsvorschläge für folgende Probleme:

− Oft traten Verzögerungen beim Senden der Sätze bzw. Wörter auf. Dies könnte durch regelmäßiges Speichern immer nach 20 Minuten behoben werden. − Das System ist oft zu langsam. Ein Vorschlag seitens der Mitarbeiter war, Dragon NaturallySpeaking mehrmals, jeweils wöchentlich upzudaten. − Eintrainierte Vokabeln bzw. Wörter verschwanden oft spurlos. − Das System hat Probleme kurze Wörter wie „er“ zu erkennen. Kommentar aus der Schweiz: Je mehr man mit dem System arbeitet, desto schlechter wird es. − Kopfhörer dichten nicht gut ab: wenn jemand im Gang laut redet, kann es passieren, dass es am Bildschirm erscheint.

In der Pressesitzung wurde auch bekannt gegeben, welche Sendungen ab September zusätzlich untertitelt werden bzw. wie viel davon vom ORF selbst übernommen wird und welche Sendungen fremd vergeben werden. Im Haus werden untertitelt: Frischt gekocht, Herbstzeit und Kreuz&Quer (Hohes Haus, Heimat Fremde Heimat optional). Fremdvergeben werden ausländische Sendungen wie CSI N.Y und Dr. House. Dabei wurde betont, dass alles, was im Dialekt gesprochen wird, nicht fremd vergeben wird.

Da die Anzahl untertitelter Sendungen gesteigert werden soll, steigt parallel dazu auch die Anzahl der Arbeitsstunden. Es wurde außerdem über das Recht auf Ruhezeit der Mitarbeiter zwischen den Sendungen gesprochen.

Der ORF bietet seinem Publikum die Möglichkeit sich versäumte Sendungen auf seiner werbefreien Online-Plaform http://tvthek.ORF.at auch einige Tage nach Ausstrahlung Sendungen ansehen zu können. Nach mehrmaligem Versuch, dieses Angebot zu nutzen, mussten wir jedoch feststellen, dass es uns nicht gelang, die Untertitel hinzu zu schalten. Im Gespräch mit den Untertitlern des ORF wurde uns diesbezüglich mitgeteilt, dass das Format

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der Untertitelung im ORF aus technischen Gründen nicht in die TV-Thek übernommen werden könne.

Im Anschluss wurden uns die allgemeinen Richtlinien zur Vereinheitlichung der UT beim ORF zur Verfügung gestellt. Alle im ORF untertitelten Sendungen basieren auf diesen Richtlinien.

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8.4 Mail an den ORF am 01.06.2012

Empfänger: Slavica Serdar Absender: Gerhard Schmied und Sabine Schinhan, Redaktion Untertitelung

Sehr geehrte Frau Serdar, Frau Mag. Kletter ist derzeit auf Urlaub, aber ich hoffe, wir können Ihnen weiterhelfen.

Wird es in Zukunft auch ein Angebot für gehörlose Kinder geben bzw. einen Ausbau des Angebots?

UT-Angebote für Kinder gibt es seit Beginn der Untertitelung, eine Reihe von Kindersendungen werden seit Jahren regelmäßig untertitelt. Derzeit haben wir diese „Regulars“ im Programm:

1, 2 oder 3 Forscherexpress Hallo Okidoki Trickfabrik Miniversum

Bedingt durch die stetige Programmausweitung (sieh Frage Quote) wird natürlich auch das Angebot für Kinder sukzessive erweitert, vor allem durch Serien zu Mittag und am frühen Nachmittag. Derzeit haben wir diese Kinderserien im Programm:

Das Dschungelbuch Simsalagrimm Wickie und die starken Männer Disneys Arielle Victorious Sonny Munroe

Welche Zukunftspläne gibt es im Bereich der Untertitelung für gehörlose Menschen?

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Das ORF-Gesetz in seiner gültigen Fassung verpflichtet den ORF lt. §31/11/2.d. zur „Erhöhung des Anteils barrierefrei zugänglicher Sendungen“ in allen seinen Fernsehprogrammen und Online-Angeboten. Mehr Informationen dazu finden Sie im angefügten Etappenplan 2012 (PDF im Anhang).

Wie sind die genauen aktuellen Zahlen zur Untertitelungsquote? (werden die Wiederholungen von Sendungen zu der aktuellen Quote gerechnet?)

Die aktuellen Quoten 2012 (Stand April) für ORF eins und ORF 2 finden Sie ebenfalls als PDF im Anhang. Die UT-Quote auf ORF III hält mit Stand April im Schnitt bei 26,72 %. Zum besseren Verständnis noch ein paar Infos: „UT-Archiv“ umfasst Sendungen aus Mehrfachausstrahlungen, „Service-Wiederholung“ ist die klassische WH zeitnah zur Erstsendung, „UT-Import/Austausch“ sind DVD-Untertitel der großen Filmverleiher (Disney, Warner usw.) bzw. UT von unseren öffentlich-rechtlichen Schwestern in Deutschland und der Schweiz (ARD, ZDF, SF, Arte).

Wirkt sich die Einschaltquote auch darauf aus, ob eine Sendung untertitelt wird oder nicht?

Einschaltquoten bzw. Reichweiten waren in den Anfängen der Untertitelung natürlich ein zentraler Faktor bei der Sendungsauswahl. Später waren die lückenlose Abdeckung des Haupt- und Spätabendprogramms sowie in weiterer Folge des Nachmittags- und Vorabendprogramms die Planungsziele. Bei einer Quote von knapp 60 % spielen diese Faktoren inzwischen so gut wie keine Rolle mehr. Neben der Sendezeit ist auch der öffentlich-rechtliche Auftrag ein Kriterium für die Auswahl von Sendungen (zB jetzt neu im Angebot: Bürgeranwalt, Kulturmontag, ab Herbst ZiB 2 etc.)

Gibt es inzwischen neue Richtlinien zur Untertitelung? (Mir wurden damals die Richtlinien zur Vereinheitlichung der UT aus dem Jahr 2009 mitgegeben)

Generell gelten unsere Qualitätsansprüche weiterhin, jedoch haben wir die Mindeststehzeiten angepasst, da wir davon ausgehen, dass durch veränderte Nutzungsgewohnheiten die ZuschauerInnen routinierter im Mitlesen sind. Weiters versuchen wir, näher am Text zu

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bleiben, und vereinfachen weniger. Unsere Richtlinie gilt natürlich nur für selbst produzierte oder in Auftrag gegebene Untertitel. Für ein größtmögliches Angebot nutzen wir aber auch Untertitel von anderen TV-Sendern, die wir austauschen, oder von Filmproduktionsfirmen. Teilweise sind das leider deutsche Untertitel für fremdsprachige Filme, aber die nützen unseren gehörlosen oder hörbeeinträchtigten ZuseherInnen noch immer mehr als gar keine.

Welche externen Firmen werden mit der Untertitelung beauftragt? Welche Sendungen werden intern untertitelt?

Die meisten timecodierten Fiktionsprogramme (Filme, Serien) werden bei IMS London bzw. bei Vicomedia aus Deutschland zugekauft (siehe „UT-Ankauf“ in UT-Quote). Intern werden hauptsächlich Live-Programme (Sport, News, Unterhaltung), aktuelle Magazine sowie Filme und Serien mit starkem Österreich-Bezug (Dialekt!) untertitelt.

Welche Technik wird zur Untertitelung eingesetzt? Hat in den letzten Jahren eine Optimierung der Technik stattgefunden?

Für Filme, Serien oder Dokumentationen wird nach wie vor die klassische Methode der timecode-gesteuerten Untertitelung angewandt. Im Bereich der Live-Untertitelung wird seit 2010teilweise mit einer Spracherkennungs-Software gearbeitet. Da diese Technologie ursprünglich für Anwender mit relativ eng definiertem Wortumfang (Ärzte, Anwälte usw.) entwickelt wurde, war hat sie anfangs den höheren Anforderungen einer Nachrichten- oder Sportsendung nicht gewachsen. Gemeinsam mit unseren Kollegen aus D und CH sowie den Software-Herstellern arbeiten wir daher ständig an der Verbesserung der Spracherkennung. Die "klassische" Methode mit SchnellschreiberInnen, die live noch immer die verlässlichste ist, kommt bei den zentralen Informationssendungen zur Anwendung (ZiB, Heute in Ö, konkret, Thema, Report und politische Diskussionen).

Bei meinen Recherchen ist mir auch aufgefallen, dass es Unterschiede in Hinblick auf die Untertitelungsqualität zwischen zum Beispiel Telenovelas wie "Um Himmels Willen" und US-amerikanischen Sitcoms wie "How I Met Your Mother" gibt! Lässt sich das auf einen bestimmten Grund zurückführen?

Die von Ihnen angeführten Beispiele sind UT aus dem Bereich Austausch bzw. Ankauf: Die

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Telenovela haben wir kostenlos von der ARD übernommen, die Sitcom wurde aus dem Archiv eines deutschen Herstellers zugekauft. In solchen und ähnlichen Fällen kommt es immer wieder vor, dass diese UT von den ORF-Richtlinien abweichen. Leider haben wir weder die personellen noch finanziellen Ressourcen, diese UT an den ORF-Standard anzupassen. Bis dato haben wir von ZuseherInnen auch keine negative Kritik betreffend der Qualität solcher UT erhalten. Im Gegenteil: Einige Gehörlose fanden es anfangs sogar interessant, wie UT in der Schweiz oder in Deutschland aussehen.

Wir hoffen, Ihnen damit helfen zu können, und wünschen Ihnen viel Erfolg mit Ihrer Diplomarbeit!

Mit freundlichen Grüßen,

Gerhard Schmied und Sabine Schinhan Redaktion Untertitelung ORF Promotion & Programmservice GmbH & Co KG Würzburggasse 30 A-1136 Wien Tel: +43(0)1/87077-12819 Fax: +43(0)1/87077-13723 mailto: [email protected]; [email protected]

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8.5 Fragebogen

FRAGEBOGEN: STAND DER UNTERTITELUNG FÜR GEHÖRLOSE UND HÖRGESCHÄDIGTE IN

ÖSTERREICH

INSTITUT FÜR TRANSLATIONSWISSENSCHAFT

1. GESCHLECHT

MÄNNLICH WEIBLICH

2. ALTER

UNTER 19 20 BIS 30 31 BIS 40 41 BIS 50 ÜBER 51

3 .WIE WÜRDEN SIE SICH SELBST BEZEICHNEN?

ICH BIN GEHÖRLOS ICH BIN SCHWERHÖRIG ICH BIN SPÄTERTAUBT

ANDERE MÖGLICHKEIT:

4. WIE INFORMIEREN SIE SICH ÜBER DAS FERNSEHANGEBOT MIT UNTERTITELN?

FERNSEHZEITUNG TELETEXT INTERNET

FREUNDE/BEKANNTE ERFAHRUNG SONSTIGES

5. WIE VIELE STUNDEN SEHEN SIE UNTER DER WOCHE DURCHSCHNITTLICH FERN?

0h BIS 1h 01 BIS 2h 2h BIS 4h 4h BIS 6h MEHR ALS 6

6. ZU WELCHEN ZEITEN SEHEN SIE FERN?

VORMITTAG (VON 6:00 BIS 13:00 UHR) NACHMITTAG (VON 13:00 BIS 18:00 UHR)

VORABEND (VON 18:00 BIS 20:00 UHR) HAUPTABEND (von 20:00 BIS 22:00 UHR)

SPÄTABEND (VON 22:00 BIS 6:00 Uhr) GAR NICHT

7. WIE EMPFANGEN SIE FERNSEHSENDUNGEN?

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ANALOG SATELLIT RECEIVER DIGITAL SATELLIT RECEIVER KABEL

ANTENNE ANDERE MÖGLICHKEIT:

8. WELCHE DREI UNTERTITELTEN SENDUNGEN SEHEN SIE REGELMÄßIG? 1. 2. 3.

9. WELCHE DREI SENDUNGEN WÜRDEN SIE GERNE UNTERTITELT SEHEN? 1. 2. 3.

10. WELCHE SENDER SCHAUEN SIE SICH BEVORZUGT AN?

11. SIND SIE MIT DEM ANGEBOT DER GEHÖRLOSENSENDUNGEN ZUFRIEDEN?

JA NEIN

12. KÖNNTEN SIE SICH VORSTELLEN, AKTIV AN DER GESTALTUNG VON

GEHÖRLOSENSENDUNGEN MITZUWIRKEN.

JA NEIN

13. GLAUBEN SIE, DASS BIS 2015 ALLE FERNSEHSENDUNGEN IN ORF 1 UND 2 UNTERTITELT

SEIN WERDEN?

JA NEIN

VIELEN DANK FÜR IHRE TEILNAHME AN DIESEM FRAGEBOGEN!

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